Ära des geeinten Zeitalters von linkbravery ================================================================================ Kapitel 65 ---------- Fürs Protokoll: Ich hasste Montage, fast so sehr wie Mathe. Zur Abwechslung regte Scath sich nicht auf, dass ich auf seinem Tisch noch weiter schlief - oder es zumindest versuchte. Ein Knarren kam bis zu mir, gefolgt von Schritten und einem Stapel Bücher, der auf dem Lehrertisch landete. War es so spät, dass Frau Lonley schon da war? Sie kam doch sonst immer kurz vor knapp. “Keine Angst, Leute. Es ist noch Zeit.” Ah, gut. Ich vergrub meinen Kopf wieder in meinen Armen. “Link, komm mal bitte vor.” Verwirrt und vor allem müde blinzelnd sah ich nach vorne. “Bin unschuldig.” “Nein, bist du nicht. Und jetzt komm her.” Gähnend stand ich auf und tapste nach vorne. Zum Glück trug ich in dieser Ära nicht ununterbrochen eine Zipfelmütze. Dann wäre mein verpennter Eindruck perfekt. “Was´n los?” “Weißt du es wirklich nicht, oder schläfst du einfach noch?” “Ohm… Beides?” Frau Lonley schüttelte amüsiert den Kopf. “Du hast wirklich keine Ahnung, hm?” Der Versuch, etwas in meinem Gehirn zu finden, scheiterte kläglich. “Helfen Sie mir auf die Sprünge?” “Herr Gerodu.” Ich wartete auf weitere Informationen und sah sie dementsprechend fragend an. “Sommerferien?” Irgendwas klingelte da bei mir. Hah! “Trainingslager.” “Ja.” Jetzt, wo ich offensichtlich auf ihrem Wissensstand war, kam sie endlich zum Punkt. “Hast du ihm gesagt, er soll mich fragen, ob ich als Aufsichtsperson mitkommen möchte?” “Ja.” Ich sah sie erwartungsvoll an. “Und?” “Nichts und. Wie kommst du auf die Idee, ihm so etwas zu sagen?” War sie jetzt wütend oder enttäuscht? “Ich wusste nicht, welchen Lehrer ich sonst vorschlagen sollte.” Bloß nicht dieses hyperaktiven Musik-Lehrer. Dann wären die kompletten Ferien dahin. Erst sah Frau Lonley mich irgendwie geschockt an, bis sie tief durchatmete und mich fixierte. “Warum bist du überhaupt darauf eingegangen?” Ich zuckte mit den Schultern. “Das mag in Ihrem Unterricht vielleicht nicht ganz so rüber kommen, aber ich gehe gerne zu Ritterkunst. Außerdem gehöre ich sowieso nicht zu denen, die in den Ferien die Beine hoch legen und sich die ganzen sechs Wochen nicht bewegen.” “Darauf hätte ich gewettet.” Sie schüttelte verwirrt den Kopf. “Ich konnte von vornherein nicht glauben, dass du verpenntes Etwas dich freiwillig bewegst.” “Bin hyperaktiv. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen auch ein ärztliches Attest dazu geben.” Oma erklären, wozu ich das Ding brauchte, wäre lustig. “Du hast so etwas?” “Nicht nur ich.” Schon sah Lonley an mir vorbei zu meinem Bruder. Ich nickte dazu. "Ja, aber bei Scath ist es nicht so ausgeprägt.” Sie sah wieder zu mir. Es klingelte. “Setz dich.” Ich tat wie mir gehießen. “Guten Morgen.” Eine wirklich brauchbare Antwort kam nicht. “Warum versuche ich es bei euch eigentlich noch?” Frau Lonley setzte sich einfach auf ihren Schreibtisch. “Könnt ihr mir mal einen Teil eurer Aufmerksamkeit schenken?” Tatsächlich richteten sich die meisten Augenpaare auf unsere Klassenlehrerin. “Ihr habt doch bestimmt vorige Woche die kleine Meinungsverschiedenheit zwischen Herrn Gerodu und unserem Direktor mitbekommen.” Zustimmendes Gemurmel. “Weiß jemand - außer Link - worum es da ging?” “Irgendwas mit den Ferien.” Stimmt ja. Ich hatte auch meinem Bruder nichts erzählt. Zu meiner Verteidigung: Er hatte nicht gefragt. Nur Zelda schien etwas besser zugehört zu haben. “Herr Gerodu beschwerte sich darüber, dass nur die Wenigsten während des Sommers einen Finger krumm machen und er im nächsten Schuljahr wieder von vorne anfangen kann.” “Genau.” Frau Lonley nickte ihr zu. “Passt auf. Herr Gerodu ist auf mich zugekommen, um dafür eine Lösung zu finden. Er hatte den Vorschlag gemacht, dass die ganze Klasse ein Trainingslager absolviert. Keine Angst, nur ein bis zwei Wochen.” “Aber das ist doch normal, dass man über die Ferien abbaut.” Und meine Banknachbarin musste ihren Senf dazu geben. “Und du glaubst, dass sich Herr Gerodu dafür interessiert?” Ich sah sie dabei an. Tatsächlich blinzelte Theska mich verwirrt an. Kurz war sie ruhig, bis sie kleinlaut zugab: “Eher nicht.” Frau Lonley wirkte fast genauso verwirrt. “Kennst du ihn so gut?” “Nein. Es ist offensichtlich, so wie er sich am Anfang des Jahres über die Leistungen beschwert hat.” Ich stütze meinen Kopf auf den Händen ab. “Ich bezweifle, dass er noch einmal die Geduld aufbringt, das alles mit uns durchzukauen.” Stille im Klassenzimmer. Und Lonley seufzte. “Da muss ich Link Recht geben. Herr Gerodu wirkte nicht, als ob er mehrfach alles mit euch behandeln möchte. Er hatte das schon zu seiner Schulzeit angeprangert.” Da immer noch Stille herrschte, übernahm ich wieder. “Und was heißt das für uns?” “Was willst du, das es für euch heißt?” “Ich hätte nichts dagegen. Wir fahren sowieso nicht in den Urlaub, höchstens zu ein paar Verwandten.” Ich drehte mich zu Scath. “Oder habe ich irgendwelche Planung verpasst?” “Ja.” Mein Bruder sah mich mit verschränkten Armen an. “Ich fahr ne Woche bei Miri mit.” Ich wank ab. “Nichts, was mich betrifft.” Schon muste ich von ihm wegrutschen, um einen Schlag auszuweichen. Ein Klatschen erklang von vorne, was unsere Aufmerksamkeit dahin zurück zog. “Jetzt aber mal im Ernst. Ist irgendjemand hier die mittleren zwei Wochen nicht da?” Riko meldete sich - als Einziger. Als auch ihm das auffiel, ließ er den Arm sinken. “Heißt das, ich brauche nicht auf meine Cousine aufpassen?” Ein verhaltenes Kichern lief durch unsere Klasse. Auch Frau Lonley schmunzelte. “Möchtest du nicht zu deinen Verwandten?” “Ich kann auf dieses verzogene kleine Mistgör dankend verzichten.” “Verzogener als du?” Wie war das mit im richtigen Moment die Klappe halten? “Viel schlimmer.” Da er sich nicht einmal über meinen Vorwurf aufregte, schien etwas dran zu sein. Frau Lonley schüttelte amüsiert den Kopf. “Ich warte immer noch, dass ihr auch über eure versauten Ferien aufregt.” Stille. Eins, zwei… “Link hat Recht.” War klar… “Häh? Wobei?” Kentin sah zu mir. “Dabei, dass es Herr Gerodu nicht stören wird, weiter zu machen wo wir aufhören. Ich schätze Mal, es ist eher das Gegenteil der Fall.” Ich starrte nicht nur in sein, sondern auch in viele andere zustimmende Gesichter. Seufzend lehnte ich mich nach hinten. “Und ich habe mich auf die Diskussion des Jahrhunderts eingestellt.” Der Raum explodierte vor lachen. Anhang: “So, jetzt noch mal von vorne.” Ganon wirkte leicht neben sich, als es über uns sah. “Von euch hat keiner etwas dagegen, zwei Wochen seiner Sommerferien zu opfern?” Kollektives Kopfschütteln. “Warum nicht?” Stille. Feiges Pack. “Link.” Und schon sah er wieder zu mir. “Was hast du getan?” “Nichts.” Dass immer sofort ich dran war, ging mir langsam auf den Keks. “Wers glaubt.” Ganon sah mich weiterhin an, als ob ich irgendein schweres Verbrechen begangen hätte. Ich verschränkte die Arme vor der Brust. “Ich habe nur erwähnt, dass Sie im nächsten Schuljahr nicht darauf eingehen werden, wenn einzelne nachgelassen haben.” “Das Argument hat gereicht?” “Gucken Sie mich nicht so an. Ich bin selbst erstaunt.” Tatsächlich wanderten seine Augen über den Rest der Klasse. “Riko. Du bis doch sonst immer dagegen.” “Solange ich nicht auf meine Cousine aufpassen muss, mache ich alles.” Ganon blinzelte. “Also jetzt fühle ich mich von euch verarscht.” “Glauben Sie mir, so geht es mir seit heute morgen.” Ich konnte wieder mal meine Klappe nicht halten. “Ausgleichende Gerechtigkeit.” Und schon fing sich Ilyas gleich zwei fragende Blicke ein, aber meiner war offensichtlicher. “Na, was glaubst du, wie oft wir geschlossen dagestanden haben, weil du mal wieder irgendeine Schote gerissen hast?” Ich zuckte nur mit den Schultern, bevor ich wieder zu einem nicht minder verwirrten Lehrer sah. Premiere. Das war unter Garantie das erste Mal, dass ein Trupp junger Erwachsener uns Beide sprachlos gemacht hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)