Ära des geeinten Zeitalters von linkbravery ================================================================================ Erinnerung 13 ------------- Ich stolperte über meine Füße und landete der Länge nach im Gras. Grummelnd stützte ich meinen Kopf auf die Hände. “Sagt mal Welpen, wollt ihr, dass ich mir den Hals breche?” Die vier Fuchs-Welpen saßen einen Schritt von mir entfernt und hatten ihre Kopfe schief gelegt. Das Bild sah richtig niedlich aus. Trotzdem war das gefährlich gewesen. “Hört auf, mir zwischen den Beinen herum zu rennen. Irgendwann verletze ich einen von euch.” Sie verstanden nicht. Seufzend ließ ich mich fallen. Ein Quietschen von den Welpen ertönte. Ich fuhr hoch und stürzte auf die Kleinen los. Sofort rannten sie in verschiedene Richtungen davon. Einen erwischte ich trotzdem. Aber schon spürte ich, wie zwei der Fellknäule gegen mein Bein rannten. Erneut stolperte ich. Ein erneuter Stoß ließ mich schwanken. Och nö. Mit einem lauten Platschen landete ich im Wasser. Der Welpe in meinem Arm fing sofort panisch an, sich zu währen und zu meckern. Dass Füchse es nicht mochten, nass zu werden, hatte ich sehr schnell gelernt. Ich musste etwas strampeln, um den Kopf nach oben zu bekommen. Gleich darauf setzte ich den Kleinen auf meinen Schopf, damit ich die Hände frei hatte. Wieder an Land holte ich meine Tunika vom Felsen und wickelte den Welpen darin ein. Dabei funkelte ich die anderen Drei an. “Das habt ihr jetzt davon! Was macht ihr, wenn sich euer Bruder erkältet?” Alle drei ließen die Ohren hängen. Das gerade nicht beachtend, hob ich den zitternden Kleinen auf Augenhöhe. “Du hast dir da ja ein paar Schwestern ausgesucht. Bist du sicher, dass du in der richtigen Familie geboren wurdest?” Er gab ein herzzerreißendes Quietschen von sich und streckte seine Pfote nach mir aus. Seufzend ließ ich ihn an meine Brust sinken und begann, ihn trocken zu rubbeln. Dabei lehnte ich mich an den warmen Stein. Ein lautes Lachen ließ mich zusammen zucken und fast den eingewickelten Welpen fallen lassen. Die drei Mädchen rannten über einander, um sich hinter mir zu verstecken. Langsam hob ich den Kopf, um den unerwünschten Eindringling entgegen sehen zu können. Und da stand er - an der gleichen Stelle wie immer. Verdammter zweibeiniger Echsenverschnitt. Der zitternde Fellknäule drängten sich an mich, also hob ich sie auch hoch und wickelte sie mit in meine Tunika. Er kam näher. Aber nicht stampfend, wie man es von seiner Statur erwarten würde, sondern eher schlendernd. “Hallo. Dich trifft man auch immer hier an.” Ich nickte zur Begrüßung. “Hallo. Und nein, gestern war ich nicht hier.” Zu meiner vollsten Verblüffung gluckste er. “Na, dann habe ich wohl Glück.” Ich runzelte die Stirn. An so etwas wie Glück glaube ich nicht. Und ich würde nicht gerade jetzt damit anfangen. “Kein Glück?” Den Kopf schüttelnd, beobachtete ich ihn. “Schicksal?” “Auch nicht.” “Na, dann ist ja gut.” “Häh?” Seine Gedanken erschlossen sich mir nicht gerade. Doch er wank ab. Verwirrt. Stattdessen deutete er auf den Stoffballen in meinen Armen. “Was ist passiert?” “Hab mit den Kids fangen gespielt.” Eher unbewusst zog ich die Knirpse noch enger zu mir. “Bist du nicht etwas alt dafür?” “Nie.” Er beobachtete mich - warum auch immer. Mir war leicht unwohl dabei, weshalb ich zwei Schritte zur Seite tat, weg vom Wasser. Er gab ein belustigtes Geräusch von sich. “Jetzt guck nicht wie ein verschrecktes Rehkitz. Ich schmeiß dich schon nicht in den Teich.” “Sicher?” “Ja.” Einer der Welpen kämpfte sich aus meinem Kleidungsstück und quietschte leise. “Ist ja gut.” Ich kniete mich hin und ließ die Kleinen runter. Sie sahen mich noch kurz an, bevor sie im hohen Gras verschwanden. Vor allem der einzige Junge sah mich dabei recht besorgt an - oder ich bildete es mir durch das verwuschelte Fell nur ein. Als ich wieder aufstand, bemerkte ich den interessierten Blick des Schwarzen. “Ist was?” “Sprichst du die Sprache der Tiere?” Verwirrt blinzelte ich ihn an. “Nein…” Kurz versagte mir die Stimme. “Wie kann ich das lernen?” “Diese Fähigkeit ist angeboren.” “Mist.” Deprimiert ließ ich die Schultern sinken. “Ich hätte gewettet, du kannst das. Na ja, so kann ich mich täuschen.” “Hm?” Fragend sah ich wieder auf. “Warum?” “Wie du mit den Tieren umgehst. Deswegen hätte ich darauf gewettet, dass du sie verstehst.” Ich sah an ihm vorbei zu den Eichhörnchen auf den Bäumen. “Schön wäre es.” Sein Blick wanderte zwischen den Nüsseknackern und mir hin und her. Seufzend lehnte er sich neben mich an den Felsen. “Ich frage gar nicht erst.” Ich musste den Kopf in den Nacken legen, um ihn ansehen zu können. “Danke.” Er nickte und war erst einmal ruhig. Dem schloss ich mich an. Minuten später hörte ich, wie er sich bewegte und mir etwas vors Gesicht hielt. Ich brauchte kurz, um den Gegenstand zu erkennen. “Eine Taschenuhr?” “Nimm sie.” Verwundert befolgte ich den Befehl. Die Uhr lag schwer und kalt in meiner Hand. Erst, als ich sie etwas weiter weg hielt, erkannte ich das filigrane Muster. Es sah aus, wie Efeupflanzen. “Sie sieht wunderschön aus.” “Freut mich. Aber darum geht es gerade nicht.” Fragend sah ich wieder zu ihm. Er hatte sich zu mir gedreht, sich seitlich an den Felsen gelehnt und die Arme verschränkt. “Mach sie auf.” Nickend tat ich wie mir gehießen. Die Zeiger sahen aus wie irgendein edles Metall. Und auch das Ziffernblatt wirkte, als ob es mehr wert hätte, als unser gesamtes Familienvermögen. Ich konnte nur trocken schlucken. “Pass auf, ich erklär dir, wie man eine Uhr ließt.” Ich hatte das Gefühl, mir würden die Augen raus fallen, als ich ihn anstarrte. “Ist was?” “Ich kann nicht einmal die Symbole entziffern.” “Wie jetzt?” Er schien wirklich fassungslos. “Ich kann nicht lesen.” “Warum denn das?” “Weil ich es nicht wert bin.” Er starrte mich stumm und mit offenem Mund an. Und ich biss mir auf die Lippen. Irgendwann würde ich verinnerlichen, dass andere Völker andere Kulturen hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)