Seelenkrank von MarryDeLioncourt ================================================================================ Kapitel 11: Wie ich Juka kennenlernte ------------------------------------- Juni Es wurde immer wärmer und jetzt, da es Tim wieder richtig gut ging, feierten wir am Wochenende auch wieder wilde Partys. Anfangs war ich selbstverständlich dabei, jedoch fragte ich mich eines Abends, ob ich das wirklich wollte? Hatte ich ernsthaft vor immer nur in Tims Bude zu hocken und mich abzuschießen? Und dann war da noch Nici. Hatte sie vielleicht doch Recht, dass ich ein bisschen kürzer treten sollte? Das war das erste Mal, dass ich mir ernsthaft Gedanken machte, wie es mit mir weitergehen sollte. Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, wollte ich nicht als drogenabhängiger Junkie auf der Straße landen und ein Leben als ewiger Loser führen. Eigentlich wollte ich genau das Gegenteil erreichen, jedoch konnte ich das so, wie es im Moment lief wohl vergessen. Aber was war, wenn ich heute nicht zu Tim ging? Da bewies ich Stärke und konnte allen zeigen, dass das Leben auch Spaß macht ohne ständig high zu sein. Nici hatte heute ihren Mädelsabend mit Nadja, also beschloss ich kurzfristig alleine loszuziehen. Das einzige, was ich vorher noch erledigte war Zigaretten kaufen. Ich kannte da eine kleinere Cocktailbar, die ich letztendlich, nach einigen Minuten der Unentschlossenheit, aufsuchte. An der Eingangstür hing ein Plakat mit der Aufschrift Visual-Kei-Night. Ich grinste. Was mich da wohl erwartet? Schon von draußen hörte man den Bass der Musik dröhnen, der den Gesang fast verschluckte. Ich drängte mich an einer Traube kichernder Mädchen vorbei, die mir hinterher schauten. Als ich dir Bar betrat, umgab mich sogleich ein dünner Nebelschleier und ein süßlicher Geruch gemischt mit dem von Disconebel stieg mir in die Nase. Ich schaute mich ein bisschen um und wurde von den Vorbeigehenden angerempelt, die sich einen Weg zu der kleinen Tanzfläche bahnten. Es gab nur einen größeren Raum, in dem mehrere Tische standen, die fast alle belegt waren. Weiter hinten führten ein paar Treppen zu einer Senke, die als Tanzfläche diente. Dort hatte auch ein DJ sein Mischpult aufgebaut und wippte zum Takt der Musik. Ich drängte mich durch die Massen und sicherte mir einen freien Tisch am Fenster. Der riesige Kronenleuchter inmitten des Raumes passte perfekt zu dem edlen Ambiente. Ich hängte meine Jacke über die Stuhllehne und bestellte einen Manhattan. Es lief logischerweise viel japanische Rockmusik, was ab und an auch mal ziemlich cool war. Unter den extravagant gekleideten Lolitamädels der Visual Kei Szene fiel ich nicht weiter auf. Ich mochte diesen Style mit Rüschen, Spangen und ausgefallenen Schnick Schnack irgendwie. Nachdem ich etwa eine viertel Stunde nur damit beschäftigt war Leute zu beobachten, blieb mein Blick an einem jungen Japaner hängen, der an der Bar stand und mit einem anderen Typen redete. Er stach vor allem durch seine Größe und die weißblonden Haare heraus. Er trug eine figurbetonte Lederhose mit Nietengürtel und ein weißes enganliegendes Hemd mit einer silbrig weiß glänzenden Weste darüber. Ein schwarzer Schal war legere um seinen Hals gewickelt. Auf einmal küssten sich die beiden. War er etwa schwul? Dann trafen sich unsere Blicke und nach einer Weile kam er zu mir. Er war leicht geschminkt und seine türkisblauen Augen strahlten mich freundlich an. „Hallo Süßer. Könntest du mir vielleicht mal kurz dein Feuer borgen?“ „Klar doch.“ Ich fühlte mich irgendwie komisch. Ich war es gewohnt, wenn Nici mich Süßer nannte und auch bei Tim oder Flo würde mich das nicht stören, aber ein wildfremder junger Mann? „Ich bin übrigens Juka.“ Er nippte an seinem Sektglas. Sollte ich die Unterhaltung weiterführen? Warum eigentlich nicht? „Freut mich. Ich bin Lukas.“ „Bist du alleine hier?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Ja, brauch irgendwie mal was anderes, ein bisschen Abwechslung.“ Juka zog den rechten Mundwinkel nach unten und zündete sich eine Zigarette an. „Kann ich verstehen, ab und an braucht man auch mal seinen Freiraum. Was machst du sonst so, wenn du dich nicht allein in Bars herumtreibst?“ „Sonst häng ich halt viel mit meinen Freunden rum, mache Musik oder andere Dummheiten.“ Juka zog die Augenbrauen hoch. „Dummheiten? Wie darf ich das denn verstehen?“ Ich musste lächeln. „Naja Partys feiern und so.“ „Ach wirklich? Vielleicht sollten wir mal zusammen feiern gehen.“ Ich wusste nicht warum, aber irgendwie machte mich Juka nervös, aber auf eine Art und Weise, wie ich sie eigentlich nur kannte, wenn ich ein Date hatte. „Können wir gern tun. Sind oft im Underground unterwegs, komm doch da mal vorbei.“ „Trotzdem ist es ungewöhnlich heutzutage alleine weg zu gehen oder nicht?“, fragte Juka weiter. Ich zuckte mit den Schultern. „Weiß nich…kann auch ganz amüsant sein und man lernt mal neue Leute kennen.“ „Das stimmt. Du hast vorhin erwähnt, dass du Musik machst.“ Ich nippte an meinem Glas, während Juka und dann auch ich uns eine Zigarette anzündeten. „Ja, aber die Band gibt’s noch nich so lange…probieren uns gerade noch ein bisschen aus, aber es wird und ich hoffe irgendwann werden wir erfolgreich.“ „Und was machst du? Spielst du ein Instrument oder singst du?“ Wieder musste ich grinsen. „Ich bin der Sänger…kann aber auch en bisschen Gitarre spielen.“ „Mhh…ich steh auf hübsche Sänger…aber das Musikbusiness ist nicht immer ganz ohne und man sollte nicht davon ausgehen, dass da einem jeder wohlgesonnen ist.“ Juka sprach so davon, als hätte er selbst Erfahrung damit gemacht und ich fand es noch immer verwunderlich, wenn er mich als hübsch bezeichnete. Ich sollte mehr trinken und mich daran gewöhnen. „Ja, das glaub ich, aber noch steckt Nocturna in den Kinderschuhen.“ „Bist du vergeben?“, fragte er nach einer kurzen Redepause. Ich nickte stumm, weil ich eigentlich nicht über meine Beziehung reden wollte. Es wäre mir irgendwie auch lieber gewesen Juka wüsste nicht, dass ich eine Freundin hatte. Doch warum gerade diese Gedanken? Ich war ein bisschen verwirrt. „Und was sagt sie zu deiner Band?“ Ich fing an Juka zu mögen und aus irgendeinem unerklärlichen Grund fiel es mir leicht mich mit ihm zu unterhalten. Es war so ungezwungen. „Manchmal denk ich ihr geht das alles auf die Nerven und ich bin mir nicht sicher, ob ich sie wirklich liebe.“ „Komm, ich spendiere dir jetzt ein Gläschen Sekt. Oder nein, ich lasse gleich eine ganze Flasche an unseren Tisch kommen.“ Er schien zur Bar zu schweben und sein graziler Gang faszinierte mich ungemein. Als ich mich dabei ertappte, dass ich eher unbewusst auf Jukas Hintern starrte, wurde mir auf einmal ganz heiß. Was war nur in mich gefahren? Mit eisgekühltem Sekt und einem passendem Glas für mich kehrte Juka zurück und füllte unsere beiden Gläser randvoll. Ich kippte den Rest von meinem Manhattan runter. „Und wie lange bist du schon mit deiner Freundin zusammen?“ „Naja, eigentlich erst drei Monate, aber wir waren vor einem halben Jahr schon mal zusammen. Allerdings habe ich unsere Beziehung da beendet, weil…naja, das is ne lange Geschichte.“ Juka fixierte mich mit seinen unglaublichen Augen und zog elegant an seiner Zigarette. „Der Abend ist noch jung oder nicht?“ Ich zuckte mit den Schultern und trank einen Schluck. Ein Glück hatte er halbtrocknen Sekt bestellt. „Naja, ich hab ne miese Vergangenheit…ich versteh mich nich besonders gut mit meinen Eltern, weil ich nich so bin, wie sie mich gern hätten. Vor ein paar Jahren rutschte ich dann in diverse Kreise und hab es ein bisschen übertrieben…mein bester Freund konnte mich vor ner Überdosis bewahren. Seit dem bin ich bei meinen Eltern unten durch und meine Freunde ebenfalls. Meine Freundin versucht mich oft aufzumuntern, dass alles wieder gut wird und so, aber das funktioniert nich so richtig.“ Juka unterbrach mich nicht ein einziges Mal. Sein Gesichtsausdruck war jetzt ernster und er hörte mir einfach nur zu, so wie es noch keiner getan hatte. „Ja, das ist wirklich nicht besonders schön. Meine Familie kam auch erst nicht richtig damit klar, dass ich schwul bin. Aber was genau tut deine Freundin denn, um dich aufzumuntern?“ „Naja, was man halt so tut…sie redet mir gut zu, drängt mich dauernd, dass ich das mit meinen Eltern klären soll und so…aber reden bringt nichts mehr. Das hab ich schon oft genug versucht…is kompliziert und Nici beschwert sich dann immer, wenn ich zu viel trinke oder schlechte Laune hab.“ „Vielleicht ist sie dann nicht die Richtige…hast du darüber schon Mal nachgedacht?“ Ich musste lachen. Mittlerweile fand ich Juka wahnsinnig sympathisch und lieb. Dennoch überraschte mich seine direkte Art. „Das hab ich mich auch schon gefragt und manchmal zweifle ich an unserer Beziehung, aber dann auch wieder nich.“ „Mh oder aber du stehst einfach nicht auf das weibliche Geschlecht“, stellte er mehr fest, als er sagte, doch dieser Gedanke warf mich völlig aus der Bahn. War ich tatsächlich schwul? Oder bi? Juka schenkte mir ein hinreißendes Lächeln. Er besaß wirklich feminine Züge in Gesicht und Körperbau. Von seinen Beinen würde wahrscheinlich fast jede Frau träumen und seine Bewegungen waren ebenfalls sehr elegant und nicht so plump. „Kann ich dich mal was fragen?“, wechselte ich deshalb schnell das Thema. „Na klar.“ „Läufst du immer so rum, wie jetzt?“ „Ja schon. Ich mag es aufzufallen und versuche auch immer dort einzukaufen, wo man Einzelteile bekommt.“ „Und du stehst auch nur auf Männer“, stellte ich eher fest, als das ich fragte. Er grinste mich an und warf mir einen verführerischen Blick zu. „Ja tue ich. Ich wohne mit zwei Transen in einer WG. Also manchmal können die einem ja ganz schön auf die Nerven gehen, vor allem, wenn es um die abendliche Garderobe geht.“ Mittlerweile war es fast um sechs und wir saßen fast alleine in der Cocktailbar. Den letzten Schluck der dritten Flasche Sekt teilten wir gerecht auf unsere Gläser auf. „Sag mal, magst du mich mal in meinem Wellnesssalon besuchen kommen? Das würde mich echt wahnsinnig freuen. Ich könnte für dich sogar eine Gratismassage arrangieren. Das mache ich allerdings nur nebenbei, zusammen mit meinem besten Freund.“ Juka zwinkerte mir zu und setzte wieder sein charmantes Lächeln auf. „Na bei dem Blick kann ich dieses Angebot ja nicht ablehnen.“ Er kramte in seiner Tasche und schob mir dann eine Visitenkarte herüber. Wir verließen die Bar gemeinsam. Ich hatte etwas mit meinem Gleichgewicht zu kämpfen, weil der Sekt ganz schön rein gehauen hatte. Juka gab mir zum Abschied ein Küsschen auf die rechte und dann auf die linke Wange. „Du Juka…..Danke, dass du mir zugehört hast.“ „Dafür musst du dich doch nicht bei mir bedanken. Das habe ich sehr gern getan. So, nun aber ab ins Bett mit dir und lass dich mal bei mir blicken, hörst du?“ „Na klar. Schlaf schön.“ Wir lächelten uns noch ein letztes Mal an diesem Abend an. Dann machte ich mich auf den Heimweg. Ich fühlte mich super, befreit von allen Sorgen, als ob ich gerade mit einem Psychiater gesprochen hätte. Hatte ich in Juka einen neuen Freund gefunden? Ich war mir ziemlich sicher und das machte mich unglaublich glücklich. Leise schloss ich die Haustür auf und schlich auf Zehenspitzen in mein Zimmer. Als ich auf mein Handy schaute, weil ich wissen wollte, wie spät es war, hatte ich sechs unbeantwortete Anrufe und zwei Mitteilungen empfangen. An diesem Abend hatte ich es absichtlich zu Hause gelassen. Die Anrufe stammten von Tim, Flo und Basti, sowie eine SMS und die andere Nachricht hatte mir Nici geschrieben. Sie fragte was ich gerade so trieb und das sie mich liebte. In der zweiten SMS fragte mich Tim, ob ich denn noch am Leben sei und weshalb ich nicht an mein Telefon ging. Meine Klamotten ließ ich an der Stelle meines Zimmers fallen, wo ich gerade stand und plumpste müde in mein Bett. Es dauerte auch nicht lange, bis ich in einen traumlosen Schlaf fiel. Am nächsten Morgen kroch ich in meinen Bademantel und rauchte eine Zigarette. Die Kopfschmerzen, die ich vermutet hatte, blieben aus. In der Küche fand ich einen gedeckten Tisch vor, an dem meine Schwester saß. Als ich zur Tür eintrat kam sie gleich auf mich zugestürmt und umarmte mich. „Oh, bist du etwa ganz alleine?“ „Nein, Mutti hängt Wäsche auf. Sie wollte jeden Moment wieder da sein.“ Ich setzte mich neben Johanna und schmierte mir ein Brötchen mit Marmelade. Da erschien auch schon meine Mum und war sehr erstaunt, dass ich schon munter war. „Dafür, dass du so spät zu Hause warst, bist du aber schon früh auf den Beinen!“ „Das wundert mich auch. Hast du mich gehört?“ „Nein, aber als ich halb vier ein Blick in dein Zimmer geworfen habe, war dein Bett noch leer. Warst du mit deinen Freunden unterwegs?“ Ich schüttelte mit dem Kopf und schenkte mir Kaffee ein. Sie hatte einen Blick in mein Zimmer geworfen? Was sollte ich davon schon wieder halten. „Darauf hatte ich gestern keinen Bock. War alleine in einer Cocktailbar und habe da ne nette Bekanntschaft gemacht.“ Meine Mutter schien irgendwie erleichtert zu sein. Nach dem Frühstück traf ich mich mit Basti, der als erstes auch wissen wollte, wo ich gestern war. Auch ihm erzählte ich es, jedoch auch, wen ich kennengelernt hatte. „Was? War es nicht komisch sich mit nem Schwulen zu unterhalten?“ Ich lachte und rauchte eine Zigarette. „Das dachte ich anfangs auch, aber er war echt richtig nett. Warst du bei Tim?“ „Mal kurz, aber so gegen um elf bin ich dann auch wieder abgehauen, weil ich keine Lust mehr hatte. Eigentlich dachte ich, dass du später noch dort gewesen bist, weil die alle versucht haben dich anzurufen.“ „Na so ein Pech, dass ich mein Handy nich dabei hatte. Ich hatte da gestern absolut keinen Bock drauf. Hat auch was mit Nici zu tun.“ Basti grinste mich an. „Ach, sag bloß, du wirst doch noch vernünftig?“ „Vielleicht. Hast du Lust Juka mal kennenzulernen? Keine Angst, er ist echt mega lieb.“ „Na von mir aus.“ Ich zog die Visitenkarte aus meiner Tasche heraus und wir fuhren mit der S- Bahn zu der angegebenen Adresse. Als wir den Salon betraten, war ich wirklich erstaunt. Schon die Eingangshalle war sehr nobel eingerichtet. Ich fragte die Frau an der Rezeption nach Juka. „Oh tut mir leid, aber er hat gerade Kundschaft. Kann ich ihm etwas ausrichten?“ Ich schrieb meine Nummer auf einen Zettel. „Er soll sich mal bei mir melden. Wäre nett, wenn Sie den Zettel an ihn weiterreichen könnten.“ „Kein Problem.“ „Danke und tschüss.“ „Tschau.“ Wir beschlossen dann doch Tim mal einen Besuch abzustatten. Er war irgendwie total aufgebracht, als wir in seiner Wohnung angekommen waren. „Was ist denn mit dir los?“, fragte ich. „Da fragst du noch so blöd? Weißte, wir versuchen dich gestern die ganze Zeit zu erreichen und wer nich an sein Handy geht, bist du!“ „Ey, tut mir leid, ich hab es zu Hause vergessen. Deshalb musst du dich doch jetzt nicht so aufspielen. Das kann doch mal passieren. Oder hast du keinen anderen Freunde außer mir?“ Tim warf mir einen boshaften Blick zu. „Is doch so.“ Wir setzten uns ins Wohnzimmer und er kam langsam wieder runter. „Und wo warst du gestern?“ „Hab mich mit nem alten Bekannten getroffen. Kam ganz kurzfristig. Eigentlich wollte ich dann auch noch mal zu euch kommen, aber um sechs habe ich es dann doch lieber vorgezogen ins Bett zu gehen.“ „Kenne ich diesen alten Bekannten?“ Ich schüttelte mit dem Kopf und zwinkerte Basti unauffällig zu. Auch Flo erschien dann noch. Allen erzählte ich dieselbe Story, nur Basti wusste die Wahrheit. Ich gab auch keine weiteren Auskünfte darüber, wer denn mein alter Bekannte war. Plötzlich klingelte mein Handy. Zu erst dachte ich es wäre Nici, doch als ich auf das Display schaute, blinkte dort eine mir unbekannte Nummer auf. Am anderen Ende vernahm ich Jukas Stimme und er fragte, was ich wollte. „Ach, du hast mir schon gefehlt.“ Er war hocherfreut. „Und dann wollte ich dir noch jemanden vorstellen, aber du hattest ja gerade zu tun.“ Er fragte mich, ob ich ihn nicht heute Abend in seiner Transen WG besuchen wolle. „Das ist über dem Salon. Und bring deinen Freund doch mit.“ Ich lachte und wir verabschiedeten uns voneinander. Meine Freunde schauten mich alle ganz komisch an. „Das war Juka oder?“, fragte mich Basti. Ich grinste und nickte ihm zu. „Magst du ihn heute Abend mal mit besuchen kommen?“ „Klar, warum nicht. Aber nicht so lange, wegen Schule morgen.“ „Na das ist klar.“ Bevor ich nach Hause ging, besuchte ich Nici. Mit einem Lächeln schloss sie mich in ihre Arme und wir küssten uns. „Wie war es gestern bei dir?“ „Ganz lustig, aber Nadja und ich haben auch ein sehr ernstes Gespräch geführt.“ Ich zog die Augenbrauen hoch  und warf meiner Freundin einen fragenden Blick zu. „Naja, es ging um dich. Nadja ist noch immer der Meinung, dass es ein Fehler von mir war die Beziehung mit dir einzugehen. Wegen dieser einen Sache eben, weil sie denkt, ich kann dir nicht mehr helfen.“ Das machte mich irgendwie traurig, aber was hatte ich anderes erwartet. Schließlich war ich für meinen Ruf selbst verantwortlich. Bei Nadja kam aber wahrscheinlich noch die Eifersucht dazu, die sie empfand. Diesen Gedanken sprach ich jedoch nicht aus. „Da kann ich wohl auch nichts dran ändern, wenn sie so von mir denkt.“ „Warum musst du auch immer so pessimistisch sein?“, fragte sie genervt und ich ließ von ihr ab. „Müssen mich heut eigentlich alle so arschig verhalten? Erst Tim, dann du. Hab ich euch irgendwas getan?“ „Dann hör doch auf dich wie ein Arsch zu verhalten!“, platzte sie raus. „Ach jetzt bin ich es? Is wohl besser, wenn ich gehe“, erwiderte ich und kehrte ihr den Rücken. Doch hielt sie mich fest und zog mich zurück. „Tut mir leid, ich wollte nicht mit dir streiten…“ Ich seufzte tief. „Okay…ich muss noch Mal wohin…sollen wir uns später noch treffen?“ Nici sah mich leicht angefressen an. „Sollen tust du gar nichts…mach was du denkst“, gab sie mir schnippisch als Antwort. Ich verdrehte die Augen. „Schon klar…ich hab übrigens nen neuen schwulen Kumpel….“ „Du hast was?“ „Er heißt Juka und wir haben uns gestern zufällig kennengelernt…wollte ihn noch besuchen…“ Nici lachte jetzt. „Das heißt, du warst gestern gar nicht bei Tim?“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Na das gefällt mir. Ich bin ein bisschen stolz auf dich. Ich will dir den Umgang mit deinen Freunden ja nicht verbieten, aber vielleicht würde dir ein wenig Abstand guttun.“ „Wem sagst du das. Ich muss jetzt aber erst mal nach Hause. Kommst du mich heute Abend besuchen?“ „Mhh okay. Wann denn?“ „Um neun? Ich muss vorher noch Hausaufgaben machen und so.“ Ich rauchte vor meinem Haus noch eine Zigarette. Wiedermal war ich alleine. Basti und ich hatten uns halb sieben verabredet, um Juka besuchen zu gehen. Auch von Basti war er total entzückt. Juka machte uns auch gleich mit seiner Wohngemeinschaft bekannt, die mindestens genauso abgedreht waren wie er selbst. Unter ihnen befand sich auch sein bester Freund Kami. Heute fiel Jukas Klamottenwahl nicht ganz so ausgefallen aus, eher im schlichten schwarz. Doch sein transparenter dünner Wollpulli gab den Blick auf seinen muskulösen Oberkörper ein bisschen preis. Und funkelte da tatsächlich ein Piercing in seinem Bauchnabel? Kaum merklich schüttelte ich mit dem Kopf, um diese obszönen Gedanken loszuwerden. „Hey Basti, schön dich kennenzulernen“, sagte Juka. „Freut mich auch. Du scheinst Lukas ja echt beeindruckt zu haben.“ Ich äußerte mich nicht dazu. Juka bot uns ein Bier an und wir redeten dann noch ein bisschen. „Warum hab ich dich beeindruckt?“, richtete er die Frage an mich und mir schoss die Röte ins Gesicht. Ich hatte vergessen, wie direkt er war und im nüchternen Zustand war ich leider nicht ganz so schlagfertig. „Mhh, weiß nich…ich denk ich mag deine offene Art einfach…“, antwortete ich und Juka schenkte mir ein bezauberndes Lächeln, welches mein Herz schneller schlagen ließ. „Wie gesagt, ich steh auf hübsche Sänger.“ Verdammt, weshalb machte mich dieser Mann nur so verrückt? Ich erkannte mich selbst kaum wieder. Basti wollte schon eher los, weil er noch mit seinem Bruder verabredet war. „Okay, ich hab noch ein bisschen Zeit“, sagte ich und irgendwie hatte ich das Gefühl, Juka freute sich jetzt mit mir allein sein zu dürfen. „Wenn du möchtest bekommst du deine versprochene Massage.“ Oh fuck! Wollte ich das wirklich? „Da sag ich doch nicht nein“, antwortete mein Gehirn viel zu schnell. Na super. Ich dachte an die Narben und was Juka wohl dazu sagen würde? Nicht, dass ich mich dafür schämte und warum verflucht war es mir so wichtig, was er von meinem Körper hielt? Als ich meinen Pulli auszog, entging mir Jukas Blick nicht und ein zaghaftes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Und dann tat er etwas, das mir fast den Atem raubte, er strich über meine vernarbte Brust. Dann entlang meiner Arme und ich bekam eine scheiß Gänsehaut. Was zur Hölle passierte hier gerade? „Hast du dir das angetan?“, flüsterte er fast und ich nickte nur. „Wohl doch nicht so sexy, wie du gehofft hast“, konterte ich. „Es steht mir nicht zu das beurteilen, dafür kenne ich dich zu wenig…Luki.“ „Luki? Ernsthaft?“, fragte ich amüsiert. „Ja, ich finde das passt zu dir.“ Normalerweise hasste ich diese Verniedlichung meines Namen, aber wenn Juka das sagte, klang es irgendwie schön. „Tue was du nicht lassen kannst.“ Ich legte mich aufs Sofa und ließ Juka seines Amtes walten. Und wahrhaftig, dieser Mann wusste, was er tat und auf einmal wurde mir wieder heiß und kalt. Irgendwie machte es mich ganz verrückt und ich unterdrückte dieses Gefühl abermals. Leider verstrich die Zeit viel zu schnell und vielleicht war es auch besser, wenn ich jetzt ging. „Geht es dir wieder besser?“ Ich nickte und lächelte ihn an. „Ja, ich denke schon.“ „Ich weiß, wir kennen uns noch nicht so lange, aber wenn du mal jemanden zum Reden brauchst, ich werde immer für dich da sein.“ „Danke. Pass auf dich auf.“ Juka lächelte mich total süß an. Ich hatte noch Zeit, kurz unter die Dusche zu springen. Dann erschien Nici auch schon. Wir kuschelten uns auf mein Bett und schauten Fern. Sie saß zwischen meinen Beinen und lehnte sich an meinen Oberkörper. „Oh, ich bin irgendwie total müde“, bemerkte sie. „Willst du bei mir schlafen?“ „Nee, heute nicht, weil ich mein ganzes Zeug für morgen bei mir zu Hause habe. Ich will morgen früh keinen Stress haben.“ „Bist du mir jetzt böse, wenn ich dich nicht mehr nach Hause bringe?“ „Nee, ich schaffe das schon allein, keine Angst. Dann bis morgen!“ Wir küssten uns noch einmal und sie verschwand mit einem bezaubernden Lächeln hinter der Tür. Lächeln hinter der Tür. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)