Seelenkrank von MarryDeLioncourt ================================================================================ Kapitel 27: Jojo wird flügge und Flo macht Ärger ------------------------------------------------ Ich beschloss Malen im x-tra-x zu besuchen, denn der Laden lag ja immerhin auf meinem Heimweg. Sie war sehr erfreut, als ich hereinspaziert kam. „Na du. Komisch, du hast Zeit mal mir vorbeizuschauen. Mein Freund nicht!" Sie klang ziemlich genervt. „Also seid ihr doch noch zusammen?" „Na wer weiß, wie lange noch. Ich habe so langsam echt die Schnauze voll! Bei sich zu Hause hat er nur noch Ärger und wenn er dann zu mir kommt, ist er meist total breit. Da habe ich mir doch tatsächlich getraut mal was dazu zu sagen. Da tickt Flo voll aus. So von wegen, ich wüsste ja nicht, was er für Stress zu Hause und an der Arbeit hat. Ich kann nicht mehr. Mein Privatleben leidet echt sehr darunter." Malens Gesichtsausdruck verwandelte sich von wütend zu traurig. „Kannst du nicht mal mit ihm reden?" „Versuchen kann ich es, aber du weißt ja selbst, wie Flo ist. Vor kurzem hatte ich dieselbe Diskussion mit ihm bei der Probe. Wenn du willst, kannst du ja heute Abend noch auf ein Glas Wein bei mir vorbeikommen?" Nun konnte ich ihr endlich wieder ein Lächeln entlocken. „Unternimmst du nichts mit deinem Süßen?" Ich zog einen Flunsch." „Juka hat gerade viel zu tun, sind eben gerade viele neue Bands am kommen und so.“ „Ach, du Ärmster! Da statte ich dir selbstverständlich einen Besuch ab. Mein Freund hat mit Sicherheit sowieso keine Zeit für mich." „Schön, da freue ich mich. Arbeite du jetzt lieber weiter, sonst bekommst du meinetwegen noch Ärger." Eigentlich hätte ich diese Woche auch arbeiten sollen, aber mein Vater behauptete, dass er im Moment zu wenig Aufträge hätte. Ich vermutete, dass er es nicht gerne sah, wenn ich mich bei seinen Mitarbeitern beliebt machte. Trotzdem hoffte ich die kommenden Wochen wieder Geld verdienen zu können. Meine Schwester war auch schon zu Hause, mit einer Freundin. Ich begrüßte die zwei und hörte sie dann tuscheln und kichern. So langsam überkam mich ein Hungergefühl, also kochte ich Nudeln und Tomatensoße. „Oh Lukas, machst du ein bisschen mehr?" „Das hatte ich sowieso vor, Süße. Wie heißt deine Freundin eigentlich?" „Ach so, das ist Nina." Als die Nudeln kochten und die Soße abgeschmeckt war, setzte ich mich ins Wohnzimmer, um eine Zigarette zu rauchen. Sollte ich vielleicht mal mit Basti über Flo reden? Vielleicht war es ihm ja auch aufgefallen, dass er sich verändert hatte. Nach dem Essen unterhielt ich mich über Facebook ein bisschen mit ihm. Er schien auch gerade lange Weile bei seinem Bruder im Café zu haben, in dem er vorrübergehend als Aushilfe arbeitete. Meine Schwester und ihre Freundin kamen ins Wohnzimmer geschlichen und fragten, ob ich ihnen mal einen Augenblick behilflich sein könne. Oh Gott, Matheaufgaben aus der neunten Klasse. Da musste ich mich erst mal wieder einfinden. Dann versuchte es den beiden zu erklären. Während sie rechneten, blieben sie in der Stube. Basti teilte mir mit, dass er total happy mit Danielle sei und heute gleich nach der Arbeit nach Potsdam fahren würde. Ich fragte ihn, ob er etwas über Flo wüsste. Jedoch verneinte er dies und verabschiedete sich auch von mir, weil er noch ein bisschen arbeiten musste. „Lukas, wann habt ihr eigentlich wieder Bandprobe?" Jojo sah von ihrem Heft auf. „Donnerstagabend um sieben." Ich gähnte und fühlte mich auf einmal total schlapp. „Ich weiß aber nicht, ob da etwas bei rauskommt. Es wäre vielleicht besser, wenn ihr zum Konzert am Samstag kommt. Um so deine nichtgestellte Frage zu beantworten, hab ich Recht?" Jojo nickte. Falls dieses Konzert stattfinden sollte, denn im momentan lief in unserer Band so ziemlich alles schief, was nur schief gehen kann. Zu erst die Sache mit Flo, Chris hatte absolut keinen Bock mehr, weil wir uns nicht ausstehen konnten und er meinen Musikstil zum kotzen fand. Zu guter Letzt kam noch hinzu, dass auch Basti und Lena auf Kriegsfuß miteinander standen. Doch darüber wollte ich jetzt eigentlich überhaupt nicht nachdenken. Acht Uhr erschien Malen bei mir. Ich hatte extra den guten Rotwein aus der Vorratskammer geholt und schenkte uns ein. „Du hast doch vorhin erwähnt, dass Flo auch manchmal zur Bandprobe so erschienen ist. Hast du da mit ihm geredet?" Malen prostete mir zu und ich zurück. Dann drehte ich mein Glas in den Händen hin und her. „Ja, aber ob das soviel bewirkt hat, weiß ich nich. Ich bin sowieso gerade voll traurig, was die Band betrifft, weil ich glaube, dass das keiner von den anderen so ernst nimmt, wie ich. Die sehen das alles als ne Art Spaßband, machen eben nur so in ihrer Freizeit ein bisschen Musik. Aber ich will mehr als nur das." „Da gibt es wahrscheinlich nur zwei Möglichkeiten." „Ich weiß", seufzte ich und zündete mir eine Zigarette an. „Bei Chris ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis er aussteigt. Wenn ich ehrlich bin, ist es im Moment auch kein schönes Arbeiten, aber ich weiß auch nicht, was ich noch machen soll." „Es wäre sicher das Beste, wenn du deine Jungs mal so richtig zusammenscheißt." „Ja. Gleich Donnerstag, aber da befürchte ich Schlimmes." „Okay, Themawechsel. Wie läuft es sonst so mit Juka und dir?" Ich musste lachen. „Perfekt…ich habe mich nie besser gefühlt. Du scheinst ihn ja auch zu mögen?" „Ja. Ich mag ihn mehr als Nici. Und Juka ist da ja ein ganz anderer Typ Mensch und ich mag seine Ausstrahlung. Nici hingegen war mir fast ein bisschen zu nervig und ich konnte nie ernsthaft nachvollziehen, wie du es so lange mit ihr ausgehalten hast. Aber Juka hat schon was Feminines an sich oder?" Ich musterte Malen mit nachdenklichem Blick. „Mh, ein bisschen und das macht ihn irgendwie auch so anziehend. Ich hab Geschmack gel?", fragte ich spaßhaft. „Auf jeden Fall…allerdings hätte ich nie gedacht, dass du mal schwul wirst, weil ich habe dich immer noch so als den Frauenheld in Erinnerung. Aber ihr passt so toll zusammen." Ich lächelte. „Du meinst also, wir sind füreinander geschaffen?" Malen nickte und nippte an ihrem Weinglas. Ich tat es ihr gleich. „Ja, er liebt dich wirklich sehr und außerdem habe ich dich schon lange nicht mehr so glücklich gesehen." Als es fast um eins war, verabschiedete sich Malen von mir. Ich telefonierte noch kurz mit Juka und machte mit ihm ein Date aus. Am nächsten Morgen stand ich mit meiner Schwester auf und bereitete das Frühstück vor. „Du musst wohl die Woche gar nicht arbeiten?" „Nein. Ich hab ne kleine Auszeit." „Dann ist es aber lieb von dir, dass du mit aufstehst und mir Frühstück machst." „Mache ich doch gern. Ich muss noch einkaufen, brauchst du noch irgendwas?" Jojo schüttelte mit dem Kopf. „Ich wüsste nichts. Ach doch, du kannst mir nen schönen Joghurt mitbringen." Ich zog die Augenbrauen hoch und schmunzelte. „Einen schönen Joghurt? Was kann ich mir denn darunter vorstellen?" „Naja, zum Beispiel einen mit Schokoraspeln." „Das ist doch ein Wort." Nach einer Schweigeminute fragte ich: „Sag mal, rauchst du eigentlich in der Schule?" Auf einmal blickte meine Schwester zu Boden und schüttelte schnell mit dem Kopf. „Guck mich mal bitte an!" Ihr Gesicht war leicht gerötet. „Okay, ja. Aber ich kaufe mir keine." „Hör zu Jojo. Was du mit sechzehn Jahren machst, ist mir fast egal, aber du bist gerade mal vierzehn. Bitte unterlasse das in Zukunft. Jetzt sage ich dir das noch im Guten." Meine Schwester nickte und erhob sich schweigend vom Tisch. Der Donnerstag kam und ich überlegte, was ich den Jungs beziehungsweise Lena sagen konnte. Zuerst beschloss ich ein bisschen zu spät zu kommen. Auf dem Weg zum Proberaum rauchte ich noch in Ruhe eine Zigarette. Alle saßen auf der Bank, vor dem Raum, wie die Hühner auf der Stange und blickten in meine Richtung. Vorerst wollte ich gar nichts sagen und einfach ihre Reaktion abwarten. „Du bist heute aber ganz schön spät dran Lukas. Sonst bist du doch immer so pünktlich", bemerkte Flo mit einem seltsamen Unterton in seiner Stimme, den ich noch nicht so richtig deuten konnte. „Tut mir leid, aber ich habe noch eine kleine Schwester zu Hause, um die ich mich kümmern muss." Das saß schon mal. Gerade Flo, dem alles egal zu sein schien, regte sich als erster auf. Sehr amüsant. Ich schloss die Tür auf und alle stürmten zur Sitzecke, satt zur Bühne. Flo und Chris öffneten sich sofort ein Bier. Basti sah mich fragend an und ich nickte unauffällig in Richtung Flo und Chris. So verweilten wir fast eine halbe Stunde. Ohne, dass irgendjemand Anstalten machte anzufangen. Basti wollte aufstehen, aber ich schüttelte mit dem Kopf. Plötzlich wandte sich Flo doch tatsächlich an mich. „Wollen wir nicht langsam mal beginnen?" Ich zuckte nur mit den Schultern. „Ach von mir aus könnt ihr euer Bier noch austrinken. Ich hab den ganzen Tag Zeit." Ich blieb noch sehr gewählt in meiner Wortwahl. Meine Stimme klang trotzdem nicht freundlich. Am liebsten hätte ich Flo angeschrien. „Meinst du das ernst?" Das hatte er jetzt nicht wirklich gefragt? Ich biss mir auf die Unterlippe und versuchte mich in Zaum zu halten. „Natürlich. Sonst machst du das doch nicht anders, ohne dass dich meine Meinung dazu interessiert. Ich meine, wenn es nach dir gehen würde, wäre die Bandprobe ein großes Besäufnis!" Mein Blut begann zu kochen und alle starrten nur noch auf Flo und mich. „Wie bist du denn heute drauf? Tut mir ja echt leid, dass ich mir nach nem stressigem Tag ein Bier gönne!" Basti wusste wahrscheinlich, dass ich gleich ausrasten würde. „Mal? Ein Bier? Und das, weil du einen so stressigen Tag hattest! Und dann musst du dich auch noch um deine Beziehung kümmern, das ist is echt schlimm Florian!" Nun schienen alle vollkommen verblüfft zu sein. Ich wüsste nicht, wann ich Flo das letzte Mal bei seinem vollen Namen genannt hatte. „Ja, du hast Recht. Ich habe in letzter Zeit keine richtige Lust, das liegt aber nich nur an mir, sondern auch an dir! Außerdem dachte ich immer, dass gerade du mich verstehst…aber scheinbar sind jetzt andere Dinge wichtig." Ich schüttelte nur mit dem Kopf und zündete mir eine Zigarette an. „Du hast nichts kapiert oder? Ich habe dir und den anderen schon mal versucht zu erklären, dass ich nicht so ne dumme Teenieband auf die Beine stellen wollte und wenn nicht ich etwas sage, wer denn dann? Du etwa? Dich interessiert das nen Scheißdreck! Hauptsache high sein!" Flo schaute mich grimmig an. „Und ich habe euch allen auch schon mehrmals gesagt, dass ihr nicht in dieser Band spielen müsst! Wer unbedingt gehen will, soll gehen!" Wie ich erwartet hatte, erhob sich Chris und dann auch Flo. Das traf mich ganz schön. „Tja Lukas, da wäre das Konzert am Samstag wohl Geschichte!", sagte Flo noch mit bitterer Stimme. Ich verschränkte die Arme vor mir auf dem Tisch und vergrub meinen Kopf darin. Keiner sagte etwas. Langsam hob ich meinen Kopf wieder hoch und lachte. Warum wusste ich selbst nicht. „Und was jetzt?", fragte Basti. „Wir geben ein unplugged Konzert. Nur Gitarre, einem Hauch von Schlagzeug und Gesang." Basti und Lena schienen nicht ganz abgeneigt von diesem Gedanken zu sein und gaben mir ihre volle Unterstützung. Lässig erhob ich mich von meinem Stuhl und spazierte in Richtung Bühne. Ich hoffte nur, dass sich Basti und Lena zusammenreißen konnten. Doch scheinbar schien bei den beiden wieder alles okay zu sein. „Außerdem..... Flo kommt wieder, das versichere ich euch!" Lena und ich suchten alle langsameren Lieder zusammen, dann setzte ich mich an die Gitarre und Basti ans Schlagzeug. Lena und ich begannen zu singen. Es klang einfach fabelhaft. Nach der Probe stießen wir mit Sekt an. Ich erwachte. Es war schon nach Mittag. Um drei wollte ich meinen Jukaschatz besuchen gehen. Ich verschwand schnell im Bad, um mich ein bisschen zu stylen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)