Seelenkrank von MarryDeLioncourt ================================================================================ Kapitel 50: Manchmal ist Flucht der einzige Ausweg -------------------------------------------------- Was hatte Jojo von dem Gespräch erwartet? Und wieder war sie sauer auf ihren Bruder. In ihr baute sich ein regelechter Groll auf. Dann konnte er sie eben nicht mehr leiden, na und? Ihr kam eine Idee, denn jetzt war es eh egal. sie schrieb Naoki, denn vielleicht hatte er ja Zeit und Lust zu ihr zu kommen. Jojo brauchte dringend Abwechslung und Naoki war ein Meister darin. Sie hoffte nur, dass es Nina gut ging. Sie war für ein paar Tage zu ihrer Familie gefahren. Ja Familie, toll. Auf die konnte Jojo ja dann mal nicht mehr zählen. Naoki schrieb ihr tatsächlich zurück und wenige Minuten später skypten sie. Jojo schüttete ihm ihr Herz aus und er wollte tatsächlich versuchen zu kommen. Sie holte ihn vom Flughafen ab und sie gingen erst mal in die Wohnung, dort gaben sie sich ordentlich die Kante. Naoki wollte unbedingt in den einen Club, wo heute so eine Elektroparty stieg. Jojo zog sich also um und die Party konnte beginnen. Der Club war voll nobel und davor erstreckte sich eine megalange Schlange. Jojo wollte schon abkotzen, doch Naoki grinste sie nur an und griff nach ihrer Hand. Der Türsteher begrüßte die beiden und ließ sie vor den ganzen Leuten hinein. „Praktisch, wenn man das Personal kennt.“ Sie gingen durch einen langen Flur mit roten Wänden, dann eine Treppe herauf und durch eine weitere Tür. Jetzt schlug Jojo Technomusik entgegen und ihr Puls schoss in die Höhe. Sie holten sich Getränke an der Bar und begannen zu tanzen. Normalerweise hasste Jojo Techno, aber heute schien alles anders zu sein. Sie schwebte und jeh mehr sie trank desto freier wurde ihr Geist. Der Beat floss durch ihren Körper und Naoki schien sich köstlich über sie zu amüsieren. Irgendwie kamen sie sich auch wieder näher und im Einklang mit der Musik bewegten sich ihre Körper gefährlich nahe beieinander. Jojo kam es irgendwie komisch vor, weil sie nicht müde wurde, eher im Gegenteil und die Zeit verging auch nicht. Schon seit Stunden tummelten sie sich auf der Tanzfläche mit hunderten von anderen Tanzwütigen, denen es wohl ähnlich ging. Jojo spürte auch keinen Schmerz in ihren High Heels, was sonst immer der Fall war. Sie hatte keine Ahnung wie spät es war, doch sie wollte nicht aufhören zu tanzen. Irgendwann leerte sich der Club und Naoki nahm ihre Hand und führte sie in eine ruhigere Ecke, in der man sich auch setzen konnte. Im Hintergrund dröhnte noch immer laute Musik. „Na Kleines, ist das nach deinem Geschmack?“ Er zündete sich elegant eine Zigarette an und schon wieder könnte sie dahinschmelzen. „Ja, ich bin nur etwas verwundert, dass ich die ganze Zeit so fit bin.“ „Ich hab den Barkeeper bestochen und er hat deinen Drink ein bisschen gepimpt.“ Jojo riss die Augen auf und boxte Naoki gegen den Arm. „Warum wirst du immer gewalttätig…tue nicht so, als ob es dir nicht gefällt…nur das runterkommen wird ein bisschen blöd.“ „Wieso mischt du mir einfach Sachen ins Getränk? Kannst du mich vorher nicht fragen?“ Naoki lächelte nur. „Jojo, jetzt hab dich nicht so. Außerdem kann an sich nicht viel passieren und ich schwöre dir, hier haben die keine gepunschte Scheiße. Aber das nächste Mal sage ich Bescheid. Zufrieden?“ Die beiden tanzten noch ein bisschen und traten dann den Heimweg an. Jojo fühlte sich noch immer voll fit, obwohl sie durchgetanzt hatten und die Sonne sich am Horizont schon zeigte. Allerdings spürte sie jetzt ihre Füße und Naoki trug sie das letzte Stück. Nun doch ein bisschen erschöpft sank sie aufs Sofa. „Danke für den tollen Abend.“ „Gern geschehen. Ich hoffe du hattest Spaß…willst du schlafen jetzt?“ Johanna zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, vielleicht.“ Sie beschlossen wirklich schlafen zu gehen und Jojo nahm Naoki mit in ihr Bett. Die nächsten Tage liefen ähnlich ab und sie könnte sich dran gewöhnen. Sie besuchten das Underground, doch dummerweise war Lukas auch dort und er war ja nicht gerade gut auf Naoki zu sprechen. Die beiden beide hatten wieder was geschmissen und deshalb blieb Jojo recht cool. Dennoch beschlich sie das dumme Gefühl, es könnte Ärger geben. Glücklicherweise war Lukas aber mit Jule beschäftigt. Naoki wollte aber unbedingt zu Flo und ihn begrüßen und dieser freute sich tatsächlich ihn zu sehen. Lukas und Jule wären so unglaublich perfekt zusammen und Jojo wurde fast ein bisschen neidisch. Plötzlich umfingen sie von hinten zwei Arme, es war Malen. Und sie Jojo mich mit auf die Tanzfläche. Hier war alles so anders als in dem Electroschuppen. Viel persönlicher und Jojo könnte heulen vor Glück. Malen und Jojo holten sich was zum Trinken und keinem schien aufzufallen, dass sie was genommen hatte. Noch mal heil davon gekommen. Sie setzten sich zu den anderen und Jojo mied es Lukas anzuschauen. Er sah so glücklich aus und sie bereute es so, was sie gesagt hatte. Sie hatte ihn doch so lieb, warum sah er das nicht ein. Was Johanna dann dennoch verwunderte war, dass er Naoki sehr freundschaftlich gegenüber trat. Sie redeten sogar miteinander. Sie ging wieder tanzen, weil sie diese Heuchelei nicht ertrug. Irgendwann wurde ihr furchtbar heiß und sie drohte zu hyperventilieren. Sie suchte Naoki auf, doch er war weg. Auch Malen fand sie nirgends, deshalb flitzte sie allein an die frische Luft. Die kalte Luft knallte ihr entgegen und erst dachte Jojo, es wäre ihr keiner gefolgt, bis sie Jule im Augenwinkel erhaschte. Oh nein, bitte nicht, sie würde Jojo sicher an Lukas verpfeifen. Sie setzte sich auf die Bank und Jule kam langsam näher. Mann, wie konnte man nur so unglaublich schön sein. Ihre langen blonden Haare flatterten im Wind. Sie hockte sich vor das Mädchen und zündete sich eine Zigarette an. „Alles klar bei dir? Du sahst gerade ein bisschen verloren aus.“ „Glaub schon…brauch nur gerade ein bisschen frische Luft.“ „Hast du zum ersten Mal härtere Drogen genommen?“ Jetzt war Jojo schockiert. War das so offensichtlich. „Ähm, ja“, log sie. Julietta zauberte aus ihrer Tasche eine Flasche Wasser. „Dann solltest du was Nichtalkoholisches trinken. Sonst ist der Kater morgen echt übel.“ Warum war sie auf einmal so freundlich? „Hat Lukas auch was gemerkt?“ „Nein, glaube nicht. Aber du solltest ihn wohl besser meiden, sonst flippt er echt aus.“ „Danke.“ „Keine Ursache, wir waren doch alle mal jung Jojo. Soll ich deinen Freund suchen? Ist wohl besser, wenn ihr geht.“ „Das wäre lieb…Jule ich dachte immer du magst mich nicht.“ Sie lächelte. „Das habe ich nie behauptet oder?“ Jojo schüttelte mit dem Kopf und gefühlte 20 Minuten später kam Naoki. Endlich. Oh nein, er hatte Lukas im Schlepptau und seinem Blick nach zu urteilen wusste er Bescheid. Sie fuhren mit dem Taxi irgendwo hin, wahrscheinlich zu unserer Wohnung. Doch als das Auto vor dem großen Gartentor hielt, bekam Jojo ein bisschen Angst. Naoki machte es sich im Wohnzimmer bequem und Lukas wies seine Schwester an nach oben zu gehen. Mann, der war echt sauer. Shit. Sie hockte sich auf den Teppich und wartete darauf, dass er etwas sagte. „Na, wie fühlt es sich an? Geht es dir wenigstens besser?“ Dieser Arsch, er wusste genau, dass sie gerade einen echt miesen Trip hatte. „Klar mir geht es blendend“, log Jojo, weil sie ihm nicht die Genugtuung geben wollte. „Jojo, du kannst mich nicht verarschen…ich weiß, wie ein scheiß Trip aussieht. Willst du mich irgendwie herausfordern? Oder was ist dein Plan?“ Wütend funkelte sie ihn an. „Ja will ich, deshalb ist Naoki auch da, weil ich genau weiß, dass es dich ärgert.“ Ihr Bruder lachte nur. „Hat dich dein lieber Naoki auch über die Folgen aufgeklärt? Schmeiß dir nur schön weiter Pillen ein, dann kannst du deiner Gesundheit Lebewohl sagen, aber das weißt du sicher. Oder hat er dir erzählt, dass es nicht so cool wie beim ersten Mal is, wenn du es öfter hintereinander nimmst?“ „Das kann dir doch egal sein, du redest doch eh nicht mehr mit mir.“ Lukas schüttelte mit dem Kopf und zündete sich eine Zigarette an. „Wenn es mir egal wäre, hätte ich dich dort im Club gelassen und dann ginge es dir noch beschissener.“ „Spielst du jetzt auf einmal wieder den fürsorglichen Bruder oder was?“ „Ja tue ich. Wenn ich sauer auf dich bin bedeutet das nicht automatisch, dass ich nich mehr auf dich aufpasse.“ Das traf Johanna und jetzt wusste sie, dass er sie noch immer liebte. „Du hast dir also Sorgen gemacht?“ „Natürlich hab ich das Trottelchen…und ich sag es dir wieder, Naoki ist ein echt beschissener Umgang.“ „Wann hast du eigentlich so viel mit ihm zu tun gehabt?“ „Als ich mit Juka in Tokio war und da haben wir genau das getan, was ihr macht, Drogen, Mädchen und am nächsten Tag schlechte Laune.“ Das erstaunte sie ein bisschen und sie hatte immer gedacht Lukas hatte nach seinem Drogendesaster nie mehr was angerührt. „Aber was wenn er sich geändert hat. Ich meine er ist voll lieb zu mir und trägt mich auf Händen.“ „Weil er Sex bekommt Jojo. Weise ihn doch mal zurück, dann wirst du schon sehen, wie er tickt.“ Eigentlich wusste sie das ja, aber sie wollte es nicht hören. „Wenn du willst kannst du die Nacht hierbleiben. Ich habe noch ein Hühnchen mit diesem Arsch zu rupfen.“ Bevor Jojo ihren Bruder aufhalten konnte, war er schon zur Tür raus. Verdammt, jetzt würde er Naoki sicher an Kragen gehen. Wie konnte es dieser Dreckskerl nur wagen Jojo Drogen zu verabreichen. Er wartete noch immer im Wohnzimmer und ich funkelte ihn feindselig an. Zwar hob er die Hand, um etwas zu sagen, doch das war sinnlos, denn da hatte er meine Faust schon in seinem Gesicht. Und die andere Seite auch, damit es gleichmäßig aussah. „Verpiss dich und lass deine Finger von Jojo.“ „Sie hat mich doch angerufen, weil sie sich von dir verlassen fühlte…scheinbar schaffst du es alle zu vergraulen, die dir mal wichtig waren Lukas.“ Ich sah ihn fragend an. „Wen meinst du damit? Etwa dich? Darauf kann ich gut und gern verzichten.“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Ich rede von Juka…den hast du ja mal voll hängen lassen.“ Oh oh, ein heikles Thema, dafür verpasste ich ihm noch eine. „Juka is meine Sache. Also geh jetzt besser, bevor du noch mehr Prügel bekommst.“ Ich schrieb Jule, das alles okay sei und sie gern noch mit den Jungs im Underground bleiben konnte. Ich hatte mich um eine zugedröhnte Jojo zu kümmern. Auch eine tolle Beschäftigung und ich fragte mich, warum sowas eigentlich immer mich traf. Leise kam meine Schwester ins Wohnzimmer geschlichen. Sie hatte eine Hose und ein T-shirt von mir an. Ich hatte immer noch keine große Lust mit ihr zu reden und drehte mir einen Joint. Sie setzte sich zu mir. „Bist du mir immer noch böse?“ Ich warf ihr einen scharfen Blick zu. „Was glaubst du denn?“ Ich holte mir noch ein Bier, wenn ich schon nicht mehr im Club trinken konnte, tat ich das eben hier. Ich spielte ja zu gern den Babysitter für meine jüngeren Geschwister. „Lukas, es tut mir leid.“ „Lass es einfach und erzähl mir nich, wie leid es dir tut. Weißt du Jojo, das hat Mama früher auch immer gemacht, mich beschimpft und dann wollte sie sich entschuldigen, aber so funktioniert das nich Süße.“ „Aber was kann ich denn tun, damit du mich wieder magst?“ „Um ehrlich zu sein, ich weiß es nich. Das sitzt tief und hätte mich vielleicht weniger getroffen, wenn es von jemand anderem gekommen wäre.“ „Hast du Mama damals verziehen?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Kam auf den Tag an. Manchmal ließ es mich völlig kalt und an anderen Tagen verfluchte ich sie dafür.“ Vielleicht war es gar nicht so schlecht mit meinem Schwesterchen über früher zu reden. Ich hielt ihr den Joint hin. „Verträgt sich das?“ Ich nickte. „Und mal ehrlich, diesem Schnösel vertraust du und mir nich. Ich frag mich echt, was ich dir getan hab.“ „Kannst du jetzt mal aufhören mir ein schlechtes Gewissen zu machen?“ „Niemals.“ Ich nahm einen tiefen Zug. „War Mama früher eigentlich so wie jetzt?“ Ich überlegte und schüttelte dann mit dem Kopf. „Sie war nich so lebhaft, dieser Ekel hat sie ganz schön unter seiner Fuchtel gehabt, aber sie wollte nie, dass wir das merken. Hat sie ja bei dir scheinbar auch geschafft.“ Eine Weile schwiegen wir und dann stellte mir Jojo eine Frage, die ich gar nicht so einfach beantworten konnte. „Lukas, warum bist du so?“ „Wie bin ich denn?“ „Naja, einerseits so fürsorglich und dann wieder so nachtragend.“ „Das Leben prägt einen nun Mal…so habe ich gelernt keinem zu vertrauen, weil man immer auf die Schnauze fällt. Juka ist ja das beste Beispiel dafür. Und davor gab es auch unzählige Menschen, bei denen ich mal besser die Klappe gehalten hätte.“ „Aber hast du nicht mal gesagt, dass du Juka auch ein bisschen provoziert hast?“ „Naja in gewisser Weise schon, er war unterwegs und ich hab mich abgeschossen und bin mit Naoki um die Häuser gezogen, weil ich ganz genau wusste, dass ihn das rasend machen würde.“ Ich zuckte kurz zusammen, als mich der Schmerz durchfuhr. Traurig lächelte ich. Dieser Mistkerl schaffte es immer noch mir weh zu tun. „Warum hast du nicht mit ihm geredet?“ Ich biss mir heftig auf die Unterlippe, weil das gerade ein Thema war, über das ich mal so gar nicht reden wollte. „Glaub mir, dafür war es schon lange zu spät. Juka merkte, dass es mir nicht passte, dass er so lange arbeitete. Sicher hab ich ihm das gesagt, doch ihm war es egal oder er nahm mich nicht ernst. Also tat ich das, worauf ich Lust hatte. Das traf ihn, aber er sagte nichts sondern…vögelte seinen Produzenten…hatte er mir zumindest erzählt.“ Jetzt schien auch meine Schwester zu merken, dass sie besser das Thema wechseln sollte. Ich entschuldigte mich und ging an die frische Luft. Dort sank ich an der Wand zusammen und musste heulen. Warum tat es nach all der Zeit noch immer so weh? Meine Schwester war mir gefolgt, natürlich, sie wusste was los war. „Lukas es tut mir leid, ich wollte nicht, dass du traurig bist.“ „Weißt du Jojo, du kannst mich dafür hassen, weil ich dich im Stich gelassen habe…aber ich würde es jedes Mal wieder so machen…und warum auch nich? Es ist okay, wenn man mal Schwäche zeigt. Ich wünsche das keinem, aber der Schmerz ist mit nichts vergleichbar.“ „Ja, es wäre okay, wenn du dich nicht den ganzen Tag zugedröhnt hättest und mit uns geredet hättest.“ Ich musste lachen. „Sagte das Mädchen, das sich seit zwei Tagen Pillen schmeißt. Kapierst du es denn immer noch nich? Ich wollte nich reden!“, fuhr ich sie jetzt an. „Aber warum denn nicht? Reden hilft immer Lukas.“ „Nein eben nicht und ich wusste in dieser Zeit genau, wie weit ich gehen konnte. Ich habe es zwar immer bis aufs letzte ausgereizt, aber mehr auch nicht. Ich hab auch jetzt keinen Bock mit dir darüber zu reden, wenn du es nicht kapierst okay. Dann lass mich aber auch in Ruhe.“ Ich holte mir den Wodka und hockte mich raus an den Pool. „Das meine ich Lukas, du ertränkst alles im Alkohol, jammerst aber rum, wenn ich mal Pillen schmeiße.“ „Das ist ja mal ein weltweiter Unterschied.“ Meine Schwester belästigte mich nicht weiter, gut so. Ich bekam wieder einen emotionalen Zusammenbruch, seit langem. Dabei hatte ich doch alles so gut im Griff gehabt. Ich hörte Stimmen, rührte mich jedoch nicht. Erst als Flo rief: „Hier ist er.“, setzte ich mich auf, starrte aber immer noch vor mich hin. Mein Freund gesellte sich zu mir und schickte alle anderen weg. Und irgendwie stellte ich jetzt mehr denn jeh fest, dass es verdammt gut tat ihn hier zu haben. Er nahm mir meinen Wodka weg und umarmte mich. „Wie ich sehe schweigt ihr zwei euch immer noch an.“ Ich nickte. „Ein Gespräch führt zu nichts…Flo, es ist doch manchmal okay sich vollkommen abzuschießen, weil man mit keinem reden will oder?“ „Hatten wir das nich erst kürzlich davon…da wolltest du es mir noch ausreden, aber prinzipiell geht das klar.“ „Das versteht Jojo nich…ich weiß nich, wie ich ihr das erklären soll…es artet immer aus und wir bekommen uns in die Haare.“ „Ich glaub das versteht auch nich jeder…geh noch mal zu ihr, nimm sie in die Arme und dann geht’s dir auch besser.“ Ich lächelte Flo an und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Du bist echt ein Goldschatz.“ Jojo war immer noch sauer. Ich setzte mich zu ihr und legte meinen Arm um ihre Schulter. Etwas zurückhaltend sah sie mich an und dann kam sie auf meinen Schoß gekrochen, so wie sie es früher schon immer getan hatte. Ich schloss meine kleine Schwester in meine Arme und spürte ihre Tränen an meinem Hals. So verharrten wir eine Weile, dann nahm ich ihr Gesicht zwischen meine Hände und wischte ihre Tränchen weg. „Frieden okay?“ „Okay“, schluchzte sie. „Eine Sache möchte ich dir trotzdem noch sagen…ich habe das damals als eine Art Selbstschutz getan Süße, alles andere hätte ich nicht ertragen. Du konntest mir nich helfen, auch wenn du das gern denken würdest. Juka hat mich verletzt, sehr sogar und es trifft mich heute noch, deshalb ist das gerade so ausgeartet. Ich hab dich sehr lieb meine kleine, aber manchmal musst du mich auch mal meine Dinge tun lassen. Du wirst es kaum glauben, aber ich weiß, was für mich das Beste ist.“ „Das war aber mehr als eine Sache. Also war es am Ende doch gut, dass ich Nina ausgeredete habe was mit dir anzufangen. So einen komplizierten Kerl, das ist für selbst für sie zu hoch.“ „Ja schon, nur lass mich sowas das nächste Mal bitte selbst klären okay? Oder komm damit vorher zu mir. Jetzt schlaf ein bisschen. Falls was sein sollte, kannst du gern hoch kommen.“ Ich gab ihr noch einen Kuss auf die Stirn und fiel dann selbst ins Bett. „Isses okay, wenn ich heute bei dir schlafe?“, fragte Jule. Ich nickte nur und ging mir die Zähne putzen. Jule war wohl das einzige Mädchen, was mit mir im Bett schlief ohne blödsinnige Hintergedanken. Das tat gut zu wissen. „Habt ihr euch wieder vertragen?“ „Irgendwie schon. Ich werde ihn niemals vergessen Jule. Juka hat mich geprägt, positiv als auch negativ, daran lässt sich nichts ändern…er belagert momentan noch immer das Siegerpodest…ich weiß nich ob ihn jemals ein anderer von dort hinunterstoßen kann.“ Jule schaute mich lange sehr nachdenklich an. Dann wurden ihre Züge weicher. „Er hat dir wirklich weh getan…und zwar so richtig…und das tut mir auch so unendlich leid, doch langsam glaube ich, dass du nach vorne schauen solltest.“ Jetzt kamen mir doch die Tränen und ich kuschelte mich in mein Kissen. Der Schmerz brannte in der Brust und wurde ein bisschen besser, als sich Jule an mich schmiegte und über meine Wange strich. „Manchmal würde ich so gern glauben, dass du Recht hast.“ „Ich glaube an dich. Du strahlst eine unglaubliche Magie aus, wenn du die Menschen mit deiner Musik entführst und ich liebe alles an dir Lukas…deine verletzliche Seele genauso wie deinen sonst so stolzen Charakter. Ich finde es schön, wie du dich um die Menschen kümmerst, die dir etwas bedeuten und schätze deine Ehrlichkeit. Deshalb werde ich dich nie aufgeben. Du bist einer meiner Lieblingsmenschen und das wirst du immer bleiben.“ Ich lächelte traurig und schüttelte ungläubig mit dem Kopf. „Wow…da verschlägt es mir glatt die Sprache…und das sagst du einfach so…ohne irgendwas von mir zu wollen…das ist irgendwie schön.“ „Es gab ne Zeit da wollte ich mit dir zusammen sein, doch mittlerweile kennen wir uns schon so lange und ich hab dich als Freund lieber...“ Ich starrte geistesabwesend zur Decke. „Außerdem hält mein Lebensstil eh keiner lange aus. Manchmal frage ich mich, ob es überhaupt möglich ist je wieder mit einem jemandem zusammen zu sein.“ „Wie meinst du das?“, fragte Jule. „Ich will damit sagen, dass ich seid der Beziehung mit Juka noch immer auf Männer stehe, das habe ich nich bedacht. Ich meine, Selene war auch ein attraktives Mädchen und sie hat sich den Arsch aufgerissen. Ich dachte immer ich kann beides und ich wollte nach Juka auch keinen anderen Mann mehr. Doch vielleicht sagt mir das auch nur mein Kopf, weil er an Juka hängt. Aber eigentlich zieht es mich mehr zu Männern hin als zu Frauen.“ Jule schaute mich an und lächelte. „Das hab ich doch neulich schon versucht dir zu sagen Dummerchen. Aber ich glaub ich muss jetzt schlafen. Ist es okay, wenn ich im Bett bleibe?“ Ich erwiderte ihr Lächeln. „Klar.“ Was für ein Abend und irgendwie tat sich Jojo schwer mit einschlafen. Ihr schlechtes Gewissen Lukas gegenüber war auch nicht besser geworden, als er sie umarmt hatte. Sie war gemein zu ihm gewesen und das hatte er nicht verdient. Auch, wenn er manchmal eigene Ansichten hatte, die sie nicht teilen konnte war er doch noch immer ihr Lukas und das würde er immer bleiben. Jojo holte sich noch ein Glas Wasser und wäre fast mit Flo zusammengestoßen, der gerade aus dem Bad stolperte. „Oh sorry!“, sagten sie fast zeitglich und Jojo musste lachen. „Na, is wohl schwer einzuschlafen?“, fragte sie Flo mit einem leichten Unterton in seiner Stimme, weil er sicher auch wusste, dass man mit Drogen im Blut voll aufgedreht ist. Sie zuckte mit den Schultern. „Mhh irgendwie schon.“ „Wenn du willst leiste ich dir noch ein bisschen Gesellschaft, es sollte nich mehr allzu lange dauern, bis die Müdigkeit einsetzt.“ „Oho, da kennt sich aber jemand aus.“ Flo grinste und machte eine lässige Bewegung mit der Hand. „Hab ja sonst nich viel erreicht, doch ich würde wohl nen guten Drogenberater abgeben.“ „Flo…meinst du das mit Lukas wird wieder?“ „Ich hoffe es…kann ihn aber auch versteh‘n.“ „Ich habe ein paar Dinge zu ihm gesagt, die echt gemein waren…vorhin musste ich an früher denken, als er sich immer mit unseren Eltern gezofft hat…er wirkte immer so taff. Doch heute glaube ich er war es nicht.“ Flo seufzte und drehte sich zu ihr. „Lukas hat seine Familie immer mehr bedeutet als mir. Ich hab meine seit mehr als 10 Jahren nich mehr gesehen und es vermisst mich keiner…naja doch Kevin. Das hat mich schon ein bisschen beeindruckt. Aber meine Eltern? Kein Plan wie es denen geht und das is irgendwie traurig, aber ich kenn es nich anders. Lukas war da schon immer anders und manchmal glaub ich heute noch, dass er auf den Tag wartet, an dem er sich mit euren Eltern versöhnt.“ „Glaubst du das wird passieren?“ „Keine Ahnung und ich bin glaub auch nich der, mit dem du über sowas reden kannst.“ Jojo war noch nie so richtig aufgefallen, dass Flo echt hübsch war. Doch vom Charakter vermutlich noch unmöglicher und unnahbarer als ihr Bruder. „Ich würde ihn nur manchmal gern mehr verstehen, aber ich kann nicht…ich denke oft, er sieht in mir immer die kleine Schwester, doch die bin ich nicht mehr Flo. Ich kann ihm helfen und für ihn da sein.“ Flo lächelte. „Dann zeig ihm das. Ich glaub er wird in dir immer seine Kleine sehen…aber mir geht es ähnlich…ich wünschte mir, ich hätte für ihn da sein können…doch ich war in Tokio…er braucht uns alle.“ Flo spielte etwas gedankenverloren an seinem Septumring herum und zündete sich eine Zigarette an. „Und du? Wie geht es dir?“ Er blies blaue Rauchwölkchen in die Luft. „Jeder Tag is ein Kampf…es gibt fast nichts, für das es sich zu leben lohnt…aber ich mach irgendwie weiter…was Lukas kann, kann ich auch.“ Jojo traten die Tränen in die Augen, weil sie schon lange nicht mehr etwas so trauriges gehört hatte. Und ihr Bruder schien der einzige Mensch zu sein, der Flo wirklich noch am Leben hielt. Nicht Basti oder Fabi, nein, nur Lukas. Die beiden musste viel verbinden und das rührte sie zutiefst. „Sag bloß du hast Mitleid mit mir kleine Jojo?“ „Natürlich habe ich das und verdammt ich bin nicht mehr die Kleine. Flo…was ich damit sagen will, wir sind alle für dich da…ich auch, weil wir dich mögen und wäre sehr schade dich nicht mehr zu haben. Ich bin vielleicht nicht mein Bruder, aber ich werde langsam erwachsen und verstehe Dinge besser als früher.“ Sie nahm Flo in die Arme und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. „Du bist deinem Bruder echt verdammt ähnlich…danke Süße. Ich denke wir sollten jetzt schlafen gehen.“ Meinem Schwesterchen ging es am nächsten Tag zum Glück etwas besser und sie hing mir die ganze Zeit am Rockzipfel. Flo kochte uns was zum Essen, was mich sehr verwunderte, denn das tat er fast nie. Ich war noch immer gerädert von gestern und baute einen Sonntag-Mittags-Joint. Jojo sah mich leicht schockiert an. „Um diese Uhrzeit schon?“ „Erstens ist Sonntag und zweitens kannst du mal schön ruhig sein.“ „Das musste ja kommen.“ Jule bestärkte mich, indem sie meine Kifferleidenschaft unterstützte. Was für eine Frau. Flo hatte asiatisch gekocht und es schmeckte vorzüglich. Danach haute ich mich noch ein bisschen in die Sonne. Mein kleiner Schatten verfolgte mich. „Jojo, ich bin ein bisschen am Arsch…und mir ist gerade nicht nach tiefsinnigen Gesprächen.“ „Schon okay, ich wollt dir nur sagen, dass ich jetzt nach Hause gehe.“ Ich umarmte sie und genoss wieder die warme Sonne, es gab nichts entspannteres. Doch was war das, irgendjemand schnappte mich an Füßen und Armen und ich versuchte zu strampeln. Allerdings half das nichts und ich landete mit einem riesigem Platsch im Pool. Nur gut, dass man durch meine nasse Hippiehose nahezu alles durchsah, aber das war mir gerade völlig egal. Ich kletterte aus dem Pool und rannte den beiden Chaoten nach. Das wurde mir dann allerdings zu dumm und ich schloss den Gartenschlauch an. Dann legte ich ihn zur Seite und wartete, als sei mir egal, dass ich im Pool gelandet bin. Fabi lugt um die Ecke und Flo kam von der anderen Seite. Beide grinsten scheinheilig. Blitzschnell sprang ich auf, schnappte mir den Schlauch und drehte voll auf. Erst traf es Flo, dann Fabi voll ins Gesicht. Das ging dann noch eine ganze Weile so, bis wir Frieden schlossen. Ich zog mich um. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)