Seelenkrank von MarryDeLioncourt ================================================================================ Kapitel 57: Rock'n Roll ----------------------- In den kommenden zwei Wochen spielten wir unsere kleine Tour und zu Beginn war es ungewohnt, weil ich schon so lange nicht mehr so viele Gigs hintereinander gespielt hatte, doch nach dem dritten Abend war ich Feuer und Flamme. Ich genoss die Bühne, zog meine nicht ganz unblutige Show ab und ließ vor allem die Herzen mancher Mädchen höher schlagen, wenn ich mein Oberteil auszog. Bei unserem Lied last night on earth fiel ich auf die Knie und sang aus voller Kehle. Ab und zu trank ich hinter Bühne einen Schluck und merkte immer mehr, wie mir das Adrenalin und der Alkohol zu Kopf stiegen. Beides in Kombination war der Höhepunkt meiner Show und ich nahm meine Umgebung kaum noch wahr. Nur die Musik zählte und danach brach ich völlig erschöpft im Backstage zusammen. Doch mein lieber Freund Flo holte mich einer Line wieder zurück ins Leben. Ich musste Juka finden, doch blieb mir das Suchen erspart, denn er kam schon zum Backstage gestürmt und ich rannte ihm in die Arme, strich über sein wundervolles Gesicht und küsste ihn. „Alles klar bei dir?“ Er schüttelte nur mit dem Kopf und lachte. Dann tranken wir noch mehr. Juka und Flo redeten irgendwas, dann wandte er sich mir zu. „Der meisterhafte Rockstar, wie er leibt und lebt.“ Ich grinste ihn selbstgefällig an. Gegen später wurde mir alles zuviel und ich hatte einen Horrortrip, drängte mich an allen vorbei, wollte nur noch an die frische Luft. Zwischendurch holte ich mir noch ein Bier und trank es in einem Zug fast leer. Auf ein einmal überschlug sich alles in meinem Kopf, ich stolperte den Stufen hinunter und fiel hin. Die Flasche zerbrach und ein stechender Schmerz fuhr durch meinen Unterarm. Mir wurde schwarz vor Augen.   Jojo musste irgendwie an Geld kommen und arbeitete nebenher in einem Striplokal also Gogotänzerin. Zwar war sie die Jüngste, doch bekam sie schon an den ersten Abenden mehrere Lapdances. Irgendwie fühlte sie sich geschmeichelt und irgendwie widerte es sie an. Sie trainierte zu Hause so oft es ihr möglich war, um ihren Körper wieder in Form zu bringen und es funktionierte erstaunlich schnell. Nur ihre Freundin Nina wusste von ihrem Nebenjob und sie wollte keinesfalls, dass ihr Bruder davon Wind bekam. Nach mehreren Wochen merkte sie jedoch schnell, dass es mehr als nervenaufreibend war ihre beiden Jobs weiterhin unter einen Hut zu bringen, denn tagsüber kam Jojo kaum zum Schlafen, weil Alice weinte und sie nicht alles Nina aufbürden wollte. Also redete sie mit ihrem Chef und er ließ mit sich verhandeln, dass Jojo nur vier Mal die Woche arbeiten musste. Levi gab den Versuch noch immer nicht auf, sie anzurufen. Irgendwann schrieb sie ihm, dass sie viel um die Ohren hatte und momentan nicht unbedingt dazu aufgelegt war sich mit Männern zu treffen. Umso überraschter war Jojo, als sie Mittwochabend auf die Bühne trat und ihn in der Menge dahinschmachtender, nach Frischfleisch sabbernder Männer erkannte. Sie tat so, als wäre sie sich seiner Anwesenheit unbewusst. Doch später buchte er sie für einen Lapdance und zog sie in eine eher abgelegene Ecke des Clubs, in der man auch ungestört reden konnte. Jojo glaubte, seine Dreadlocks waren länger als bei ihrer letzten Begegnung. „Nina hatte also Recht, hiermit verdienst du dein Geld.“, sagte er schon fast ein wenig besorgt. Jojo zuckte mit den Schultern und war kurz ein bisschen sauer auf ihre Freundin. Wie hatte sie ihm das nur erzählen können? „Ich muss schnell zu Geld kommen. Wie geht es dir?“ Er schaute sie mit durchdringlichem Blick an, den sie bisher nur von Naoki kannte, bevor er antwortete. „Mir geht es blendend. Ich will zwar nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen…aber irgendwie auch doch, warum tust du das hier Jojo? Macht es dich an, wenn sich diese Lackaffen da vorne an deiner Schönheit laben? Du hast besseres verdient.“ Sie sah leicht betreten zu Boden. „Du hast doch keine Ahnung…wir kennen uns ja auch kaum, woher willst du dann wissen, was gut für mich ist.“ „Das sage ich ja gar nicht, nur versuche ich dich zu verstehen. Außerdem würde es mich interessieren, warum du seit Monaten nicht an dein Handy gehst?“ Levi trank von seinem Wein und noch immer lag dieser seltsame Ausdruck in seinen Augen. „Es ist kompliziert…Dinge sind passiert mit denen ich erst Mal klarkommen muss. Außerdem muss ich weiterarbeiten.“ Er griff sachte nach ihrer Hand, bevor sie die Chance hatte sich zu erheben. „Ich kann den ganzen Abend für dich bezahlen…daran soll es nicht fehlen.“ Jojo seufzte. „Levi, ich kann nicht…“ „Ist es nicht immer kompliziert? Liegt es an mir? Wenn du mich nicht mehr sehen willst, dann sage es mir jetzt.“ Sie biss sich auf die Unterlippe. Was wollte dieser wunderschöne Mann eigentlich von ihr? Anscheinend besaß er Kohle wie Heu, wenn er sich den ganzen Abend ein Mädchen leisten konnte und sie besaß nichts. War eine alleinerziehende Mutter mit hunderten von Problemen, die er wahrscheinlich nicht nachvollziehen konnte. „Es liegt nicht an dir…in den letzten Monaten ist einfach zu viel schief gelaufen…mehr kann ich dir nicht sagen.“ „Okay, hast du Lust auf einen Ausflug? Zieh dich um, ich kümmere mich um das Finanzielle.“ Jojo wusste nicht, was sie sagen sollte, willigte jedoch dann ein, denn Levi war eine weit aus bessere Gesellschaft, als diese ekelhaften Typen. Draußen vor dem Club hatte er sein Motorrad geparkt. Er reichte ihr einen Helm, den sie zögerlich auf ihren Kopf setzte. Jojo hielt sich gut fest, weil sie ein bisschen paranoid war und noch nie bei einem Mann auf seiner Maschine mitgefahren war. Fühlte sich so Freiheit an? Levi half ihr runter und sie machten es sich in seinem Wohnzimmer bequem. Er schenkte ihr Wein ein und wirkte mit dem Glas in der Hand wie ein unnatürliches Wesen aus Romanen, die sie früher gelesen hatte. Bisher hatte sie Dreadlocks auch immer nur bei Punks oder Hippies gesehen, doch bei Levi wirkten sie so edel. „Levi, was willst du von mir? Ich bin nicht der Typ Mädchen, das gerade Bock auf eine Affäre hat.“ „Jojo, ich möchte dich einfach besser kennenlernen. Du wirkst ein bisschen ängstlich und, als hätte dich jemand schwer enttäuscht.“ „Ja vielleicht. Im Moment ist es wohl einfach mich zu enttäuschen, doch ich habe gelernt, dass ich auf mich allein gestellt bin. Das ist in Ordnung.“ Seine Gesichtszüge wurden weicher. „Nein, das ist nicht okay…keiner sollte allein sein.“ „Naja, ganz allein bin ich auch nicht. Ich habe meinen Bruder und meine Freunde. Mir geht es gut, doch bitte gib mir Zeit für mich.“ Mit seinen langen Fingern schwenkte er sein Weinglas hin und her. „Dann sag mir doch bitte was los ist. Ich gebe dir mein Wort, dass ich dich dann auch in Ruhe lasse.“, flehte er, auch wenn Jojo ihm nicht glaubte, dass er sie dann in Ruhe ließ. „Mein Ex hat mich verlassen und ich war schwanger. Jetzt habe ich eine kleine Tochter zu Hause und damit ich meinen Bruder nicht immer um Geld anbetteln muss, habe ich mir einen Job gesucht. Das war’s. Kann ich jetzt gehen? Auf mich wartet jemand“, platzte es aus ihr heraus und Levi fiel die Kinnlade runter. „Oh mein Gott, das hättest du doch sagen können, ich hätte dir geholfen oder dir Geld gegeben.“ Johanna verdrehte die Augen. „Kapierst du es nicht? Ich will dein Geld nicht Levi. Ich will allein klar kommen und das schaffe ich auch.“ Sie erhob sich, trank leer und rief ein Taxi. Ihre Verabschiedung fiel sehr dürftig aus.   Als sie nach Hause kam, stand das Babybett im Wohnzimmer und Nina schlummerte auf dem Sofa. Sie deckte ihre Freundin zu und lauschte an der Tür zu Lukas seiner Wohnung, ob noch jemand wach war. Flo hockte im Wohnzimmer. Jojo schenkte sich Wein ein und gesellte sich zu ihm. „Alles klar bei dir?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht…meinst du Lukas ist mir sauer, wenn er erfährt, dass ich heimlich in einem Striplokal arbeite?“ Flo schaute sie mit weit aufgerissenen Augen an und fing dann an zu lachen. „Sorry…hast du mir das jetzt echt erzählt? Lass es lieber und es bleibt unser kleines Geheimnis. Dein Bruder würde dir den Kopf abreißen Jojo…du bist sein ein und alles…wenn er mitbekommt, dass du deinen hübschen Körper für andere Männer verkaufst, räumt er dort vermutlich mit ner Shotgun auf.“ Jetzt musste auch sie lachen. „Das sieht ihm ähnlich…aber ich will ihn nicht immer um Geld anbetteln.“ Flo schüttelte verständnislos mit dem Kopf und zündete sich den Joint an, den er gerade gebaut hatte. „Dann such dir doch einen schönen Job…aber solltest du nicht erst mal für deine kleine da sein? Wenn es darum geht, dass dir dein Freiraum fehlt, sag Bescheid…jeder von uns unterstützt dich, das weißt du hoffentlich.“ „Moment mal, ist heut nicht euer letzter Gig? Warum bist du hier und nicht bei den anderen, um zu feiern?“ Er zuckte etwas gleichgültig mit den Schultern. „Ach, kennst uns doch…ist alles wieder mal ein bisschen ausgeartet und später ist Lukas noch irgendwo gestürzt und hat es geschafft sich mit dem Glas seiner zerbrochenen Flasche den kompletten Unterarm aufzuschneiden. Aber alles gut…der Krankenwagen war da und jetzt liegt er im Bett.“ „Shit, so ein Chaot…bist du nicht müde?“ Flo sah Jojo aus traurigen Augen an und schüttelte den Kopf. Sie nahm seine Hand und drückte sie kurz. Er lächelte. „Heute musste ich an Kami denken…er ist immer in meinem Kopf und ich weiß nich, wie ich ihn da rausbekomme.“ Erst jetzt fiel Jojo auf, dass Flo ziemlich kaputt aussah. Sicher hatten die Jungs auf der Tour auch nicht viel Schlaf bekommen, doch Kamis Tod nagte noch immer an ihm. „Da bin ich wohl die falsche Ansprechpartnerin…vielleicht solltest du jetzt trotzdem schlafen.“ Jojo ergriff seine Hand und begleitete ihn in sein Zimmer. Irgendwie wollte sie ihm gern helfen, doch wusste sie nicht genau wie. Deshalb legte sie sich einfach neben ihn und merkte, wie sehr ihr die Gesellschaft von jemandem fehlte. „Fühlt sich gar nich so verkehrt an, wenn man nich allein schlafen muss. Aber ich muss trotzdem kurz meine Hose ausziehen…keine angst mehr nich…nur in Klamotten schlafen is komisch“, amüsierte er sich. Jojo kannte Flo schon ihr ganzes Leben und deshalb empfand sie es auch nicht irgendwie befremdlich mit ihm in einem Bett zu schlafen. Außerdem war er schwul. Trotzdem beschämte es sie ein wenig, als er nur so in Unterhose wieder zu ihr ins Bett kam. Wollte nicht jedes Mädchen einen schwulen Kumpel, mit dem man über alles reden konnte?   Ich erwachte durch die Schmerzen in meinem rechten Arm. Der Platz neben mir war leer, deshalb zog ich meinen Bademantel über und ging nachschauen, ob es schon Kaffee gab. Mir wurde ein bisschen schummrig auf dem Weg hinunter und etwas durchgefroren wärmte ich mich am Kamin. Juka, nur in Unterhose bekleidet, brachte mir eine Tasse mit einer köstlich duftenden Flüssigkeit darin. Dann nahm er mein Gesicht zwischen seine Hände und küsste mich. „Alles okay mein Hübscher?“ Ich nippte an meinem Kaffee und schenkte Juka ein Lächeln. „Klar…war ein verrückter Abend und ich hab wiedermal Mist gebaut…“ Seine Miene wurde ernster. Das passierte nicht häufig, doch wenn Professor Matsamuto seine Stirn in Falten legte und mit besorgter Miene seinen hilfsbedürftigem Patienten begutachtet, hieß das nichts Gutes. Doch da war noch etwas in seinem Blick und ich war ihm eine Erklärung schuldig. „Luki…das gestern…was war los mit dir…“ Ich seufzte. „Juka es tut mir leid, aber ich hatte nen echten Aussetzer und glaub ich sollte echt mal kürzer treten….“ Ein süßes schüchternes Lächeln umspielte seine Lippen. „Süßer…du hast mich wirklich geschockt…und dann noch dein Unfall zum Glück war Jule schnell da. Mach das bitte nicht mehr…ich will dich nicht durch so einen Quatsch verlieren.“ Ich winkte ihm belustigt mit meiner freien Hand zu. „Hallo, ich stehe hier vor dir, mir geht es gut und ich hab nicht vor irgendwohin zu gehen.“ Juka gab mir einen Klaps auf den Hinterkopf und bereitete das Frühstück vor. Flo arbeitete seit kurzem im Tattoostudio, weil er endlich seinen Schweinehund überwunden hatte und sein Leben wieder in die Hand nahm. Jojo schaukelte Alice in den Schlaf und stellte sie mit dem Wagen an die frische Luft. Juka musste zur Arbeit und später wollten wir uns in der Stadt treffen. Solange erledigte ich noch ein paar Dinge.   Lukas schien es wieder gut zu gehen und Flo hatte ihm tatsächlich nichts erzählt. Aber unter der Bedingung, dass Jojo ihren Job noch heute kündigte und das tat sie dann auch. Sie hatte Flo versprochen noch im Tattoostudio vorbeizukommen, also hübschte sie sich ein bisschen auf und machte sich mit Alice auf den Weg in die Stadt. Jojo wollte keine der typischen Mamis sein, denen man ansieht, dass sie die Nacht wieder kein Auge zugetan hatten, sondern bewies genau das Gegenteil und schob den Kinderwagen in hochhackigen Winterstiefeln. Flo freute sich über ihren Besuch und zeigte ihr alles. Das Studio war edel in schwarz rot eingerichtet und seine Kollegen waren ganz angetan von ihrer Tochter. Sie schlummerte in ihrem Wagen und ließ sich auch nicht von Billy Idol wecken. Jojo schaute Flo zu und musste feststellen, dass er sich gar nicht so dumm anstellte. An seinem Körper selbst gab es ja kaum noch Platz für neue Tattoos, aber dass er sein Handwerk so talentiert beherrschte hätte sie nicht gedacht. „Kannst du mir auch eins stechen?“ „Klar, aber wie wäre es, wenn wir das heut Abend zu Hause machen?“ Jojo nickte und in dem Moment fing Alice mit weinen an. Sie verabschiedete sich und freute sich auf später. Endlich, ihr erstes Tattoo. Zuerst wirkte Flo ein bisschen gestresst und sie dachte schon, er hätte es vergessen, als er gegen neun dann doch zu ihr rüber kam. „Sorry…hab dich nich vergessen.“ Jojo zeigte ihm das Bild der etwas abgewandelten Horror-Alice und in fast fünf Minuten zauberte er den Entwurf auf das Papier. „Wow, viel schöner als meins.“ Er zwinkerte ihr zu. „Wohin willst du es haben?“ Sie schob ihr Top ein bisschen hoch und zeigte ihm die Stelle seitlich der Hüfte. Ihr Oberteil ließ sie oben und legte sich auf’s Sofa. Flo desinfizierte die Stelle und platzierte den Entwurf. Dann zeigte er es Jojo, ob sie zufrieden sei und legte los. Jojo wusste nicht, worauf sie sich einließ und als Flo die Nadel ansetzte, musste sie sich dermaßen zusammenreißen nicht zusammen zu zucken. Der Schmerz war übler, als sie erwartet hatte, doch sie biss die Zähne zusammen. Flo begann bei der Umrandung und kommentierte seine Arbeit ein bisschen, sodass Jojo ungefähr wusste, was als nächstes kam. Die Schattierung und das Ausmalen waren auch nicht ohne, doch Jojo wollte durchhalten und nach etwa zwei Stunden hatte der Künstler sein Werk vollendet und schien ganz zufrieden mit sich zu sein. Jojo schaute sich im Spiegel an und klatschte begeistert in die Hände. Flo klebte die kleine Alice auf ihrer Haut noch mit Folie ab und belehrte Jojo, allerdings eher aus Spaß, wie sie es pflegen musste. Ihr lief ein angenehmer Schauder über den Rücken, als Flo sie berührte. „Vielen vielen Dank. Bleibst du noch auf einen Drink hier?“ „Warum nicht.“ Die nächsten Tage verbrachten sie viel Zeit miteinander. Flo kam meist nach der Arbeit zu ihr, sie quatschten oder er unterrichtete Jojo im Zeichnen. „Schau, das Gesicht ist eigentlich einfach…zuerst die Augen…Nase…Mund…Haare…“ Er schien sich sehr zu konzentrieren und etwas betreten stellte Jojo fest, dass seine Zeichnung Kami nicht gerade unähnlich war. Über sein Gesicht huschte wieder dieses traurige Lächeln. „Er fehlt dir sehr nicht wahr?“ Flo nickte. „Aber er ist nun mal nicht mehr da, damit muss ich mich abfinden…“ „Ist es schwieriger als bei deiner Familie?“, sprudelte es aus ihr heraus. Hoffentlich nahm er ihr die Frage nicht übel. „Jojo, meine Familie habe ich seit Jahren nich mehr gesehen. Außer Kevin, der ab und an zu Besuch kommt…Lukas und ihr hier in der WG seid meine Familie. Davor war es Kami…also um deine Frage zu beantworten…ja, es war oder ist noch viel schlimmer.“ Sie konnte nicht anders und nahm Flo in die Arme. Das schien ihn ein bisschen zu überraschen, doch er lächelte sie an. Neugierig berührte sie seinen fast glatt rasierten Kopf und fuhr über die blauen und schwarzen Sterne links von seinem Undercut. „Tut das da oben nicht weh?“ „Glaub mir es gibt schlimmere Stellen“, witzelte er. Sie beschlossen dann noch the Walking Dead anzuschauen. Am Morgen wurde Jojo von dem kleinen Schreihals geweckt. Irgendwie waren Flo und sie auf dem Sofa eingeschlafen. Schon die zweite Nacht mit ihm. Sie stillte Alice und hatte kurz vergessen, dass sie ja jetzt tätowiert war. Dann duschte sie die kleine Maus und machte sie frisch. Flo schaute ihr dabei zu, weil er auch noch was lernen wollte, falls er mal Babysitten musste. Draußen war ein wundervoller Herbsttag und Jojo beschloss mit der kleinen in den Tierpark zu gehen. Lukas, Juka und Flo schlossen sich an. Lukas und Jojo hatten einen kleinen Vorsprung. „Lukas…ich muss dich unbedingt was fragen.“ „Oh Jojo, ich liebe es, wenn du Gespräche so beginnst, denn dann kann es nur um Jungs gehen“, amüsierte sich ihr Bruder. Sie seufzte. „Ja es geht um Jungs…genau genommen um einen Jungen…einen ganz besonderen und er läuft genau hinter uns.“ „Ja, da muss ich dir Recht geben…Flo is ein echtes Sahneschnittchen…aber auch eine echte Herausforderung. Willst du wirklich einen Typen, der deinem wahnsinnigen Bruder ähnelt?“ Jojo musste lachen und in dem Moment räusperte sich Alice. Sie schob ihr den Schnuller wieder in den Mund zurück und sie schlief weiter. „Hast du etwa was anderes erwartet? Ich mag in voll gern und die letzten Tage mit ihm waren sehr schön. Wir haben sogar im selben Bett geschlafen…und er ist so hübsch…vielleicht finde ich ihn auch einfach nur echt heiß, weil mir der Sex fehlt.“ „Auf diesen Tag habe ich mich gefreut…früher wolltest du mit mir nie über Sex reden…du scheinst doch älter zu werden.“ Jojo warf ihrem Bruder einen bösen Blick zu. „Ich meins ernst…was rätst du mir?“ „Wenn du wirklich nur Sex von ihm willst, sag ihm das. Flo ist offen für sowas und weißt dich maximal aus dem Grund zurück, weil du meine Schwester bist.“ „Und jetzt kommt das aber…“ „Richtig, jetzt kommt das aber…Flo ist schwul Kleines…und so reizend ich den Gedanken finde, dass ihr was miteinander haben könntet ist das glaub ich eher keine gute Idee.“ Jojo seufzte und sie warteten auf die anderen beiden. Lukas und Juka küssten sich. Sie alberten herum und sie vermisste dieses Gefühl oder einen Menschen an ihrer Seite, mit dem sie herumblödeln konnte. Plötzlich, als könnte er meine Gedanken lesen, schnappte sie Flo und tat so, als würde er sie in den Löwenkäfig werfen wollen. Jojo lachte, strampelte und kreischte auf einmal. Behutsam setzte sie Flo wieder ab und schuckelte Alice ihren Wagen, weil sie der Tumult geweckt hatte. „War ein Spaß du Süße…ich würde deiner Mami niemals etwas tun…dafür hab ich zu viel Schiss vor ihrem Bruder.“ „Nur deshalb?“, tat Jojo beleidigt. „Nein, so ein bezauberndes Mädchen würde ich niemals an die Löwen verfüttern.“ Ein schelmisches Lächeln huschte über sein Gesicht. „Ach nein? Da bin ich ja beruhigt. Jetzt schuldest du mir noch ein Tattoo.“ „Gern, aber das kostet langsam, da rettet dich auch kein Löwenkäfig…“ „Naja, ein bisschen Geld hab ich ja noch…das muss weg, sonst fragt mich Lukas noch, woher ich soviel habe.“ „Das war ein Witz. Klar bekommst du es umsonst.“ „Auch weil du Angst vor meinem Bruder hast?“ Flo zog die Stirn in Falten. „Seit wann bist du eigentlich so frech?“ Jojo zuckte unschuldig mit den Schultern. In dieser Nacht träumte sie von Flo und schreckte hoch, weil ihr Baby weinte. Wahrscheinlich zahnte sie wieder. Damit war nicht zu spaßen, denn das bedeutete für Jojo tatsächlich viele schlaflose Nächte. Doch da musste sie durch, schließlich traf es die Süße viel schlimmer, denn sie hatte Schmerzen. Diese versuchte sie ein bisschen mit Kamille zu lindern und irgendwie schlief Alice nur liegend auf ihr ein. Völlig fertig rief Johanna Nina an, ob sie vorbeikommen könnte und innerhalb der nächsten Stunde befand sich ihre beste Freundin in ihrer Wohnung. „Du bist ein Engel…ich muss duschen und mich ein bisschen aufputschen. Gehen wir danach was essen?“, rief sie ihr auf dem Weg ins Badezimmer zu und sie bejahte die Frage. Unter der Dusche schweiften ihre Gedanken wieder Mal zu Flo. Sollte sie ihn fragen, ob er später vorbeikommt? Oder sollte sie warten bis er mal wieder was unternehmen wollte? Naja, sie hatte noch genügend Zeit das zu überdenken. Nina stellte fest, dass Jojo echt ein bisschen fertig aussah und nahm Alice für den Rest des Tages. Johanna liebte sie dafür und gönnte sich ihren wohlverdienten Mittagsschlaf. Flo wollte dann tatsächlich noch vorbeikommen und eventuell mit dem zweiten Tattoo beginnen. Jojo hoffte, dass er keinen Rückzieher macht, wenn er die Stelle erfuhr. Sie setzte Punsch auf, weil es unerträglich kalt war. Dann stillte sie Alice und legte sie ins Bett, in der Hoffnung, dass sie diese Nacht mehr ruhiger schlafen würde. Wie beim letzten Mal zeichnete Flo ihren Entwurf innerhalb kürzester Zeit und die Stelle, unter Jojos Brüsten schien ihn nicht weiter zu stören. Ihr wurde heiß und kalt im Wechsel und sie ertrug den Schmerz. „Wie hast du es eigentlich geschafft nach deiner Schwangerschaft so schnell wieder so super auszusehen? Manche Frauen scheinen dafür Jahre zu brauchen.“ Jojo mochte seine direkte, ehrliche Art. Doch sie war ein bisschen enttäuscht, dass ihn ihr fast nackter Körper zuvor nicht wenigstens ein bisschen beeindruckt hatte. „Viel Sport, gesundes Essen und an der Stange tanzen.“ Sie lachten. „Sehr beeindruckend. Naja, du als Gogotänzerin warst bestimmt nicht der schlechteste Anblick.“ „Ich will ja nicht arrogant sein, aber ja…glaub da waren ein paar, die konnten mir nicht das Wasser reichen.“ „Trotzdem gut, dass du das nich mehr machst…dafür bist du zu schade.“ Sie würde ihn so gern fragen, ob er nicht vielleicht bisexuell war, traute sich aber nicht. Alice weinte durchs Babyfon und Jojo beruhigte sie. „Naja, aber verdienen tut man damit aber echt gut.“ Flo warf ihr einen tadelnden Blick zu. „Denk nich Mal dran…außerdem gibt es schönere Dinge als Geld. Klar man brauch es und gerade du wegen Alice und so…aber nich mit so nem beschissenen Job. Weißt du eigentlich, dass du wunderschöne Brüste hast? Und ich verfluche dich ein bisschen, dass ich eingewilligt habe dir das Tattoo heute zu stechen.“ Oh Gott! Jojos Herz hatte kurz ausgesetzt und wahrscheinlich bekam ihr Gesicht gerade die Farbe einer Tomate. Jetzt rief sie sich Lukas Worte wieder in den Sinn. Aber das brachte sie nicht so rüber sie ich gern gewollt hätte. Flo schien ihr kurzer Schock nicht zu entgehen und er amüsierte sich prächtig darüber. „Und ich hatte mich schon gefragt, ob du schwul oder bi bist.“, entgegnete Jojo. Nein, seine Miene nahm wieder diese ernsten Züge an. „Ich steh noch immer auf Männer, aber an Kami kommt keiner so leicht ran…“ „Sorry, ich wollte nicht wieder damit anfangen.“ „Schon okay…es ist nur so schwer über ihn zu reden…doch wird es auch besser, das hab ich heut gemerkt. Er wird nie wiederkommen und ich kann nich ewig allein bleiben…doch isses echt verdammt hart.“ Das enttäuschte Jojo ein bisschen, weil Flo wirklich ein lieber, hübscher Mann war, doch immerhin hatte sie jetzt einen schwulen Kumpel. Trotzdem würde sie ihm gern helfen, wusste aber nicht wie. „Hast du einen bestimmten Typ Mann, der dir gefällt?“ „Ich glaub ich hab ne Schwäche für Japaner und ich hatte damals auch überlegt was mit Juka anzufangen, aber sag das deinem Bruder bloß nich…das kommt natürlich nich in Frage…Miyavi is ganz süß, aber auch nich das, was ich will.“ „Vielleicht sollten wir mal wieder einen Trip nach Tokio machen, ich kann Naoki eine aufs Maul hauen und du…gehst auf…Männerjagd.“ Flo lächelte schwach. „Darüber hab ich tatsächlich schon mal nachgedacht…Kamis Familie besuchen und so…das mit Naoki kann ich auch für dich übernehmen. Fehlt er dir?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht…irgendwie schon…aber er weiß noch immer nichts von seiner Tochter.“ „Jojo, du musst es ihm sagen…vielleicht ändert sich dann für dich etwas.“ In dem Moment ertönte das Babyfon. Ohne es bemerkt zu haben, war ihr Flo gefolgt. „Isses okay, wenn ich heute bei dir schlafe?“ Jojo nickte nur und legte ihre schlafende Tochter wieder ins Bett. Flo hatte Recht und sie musste mit Naoki reden, da kam sie nicht drum herum, aber sie hatte Angst vor seiner Reaktion. Das letzte Mal war er zwar sehr charmant, doch das musste nichts bedeuten. Jojo fragte ihre liebste Nina um Rat. Auch sie fand den Gedanken nach Tokio zu reisen gar nich so schlecht, denn so konnte Naoki seine Tochter sehen. Nina schlug vor sich noch einen Tag um ihr Baby zu kümmern, sodass Jojo mit Flo reden konnte. Kein schlechter Plan. Doch Flo wollte schon übermorgen nach Japan fliegen. Das War zu knapp und sie verschob es. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)