Seelenkrank von MarryDeLioncourt ================================================================================ Kapitel 87: Die drei magischen Worte ------------------------------------ Nach Jules Tattoosession waren jetzt zwei Tage vergangen und Fabi konnte die Folie endlich entfernen. Gestern hatte er sich wieder mit seiner Mutter getroffen und ihr Verhalten nahm jetzt ein ganz neues Ausmaß an. Er konnte und wollte sich damit nicht befassen und doch traf es ihn so sehr. Eingekuschelt in eine Decke hockte er am Sofa beim Pool und zündete sich eine Zigarette an. Und trotz alledem kehrten seine düsteren Gedanken zum gestrigen Tag zurück.   „Hallo mein Schatz, ich wollte dir Volker vorstellen. Du wirst es nicht glauben, aber er hat mich entdeckt!“ „Wie er hat dich entdeckt? Ich meine, besser als das letzte Mal siehst du aus, aber was genau meinst du?“ „Hör zu kleiner, ich bin im Pornogeschäft und deine Mutter ist eine richtig heiße Schnitte, die mir eine Menge Kohle einbringt. Außerdem ist sie die perfekte Blondine mit blauen Augen…eben typisch deutsch. So mag ich es. Weißt du, ich bin nicht rechts oder so, aber die ganzen Ausländer gehen mir tierisch auf die Eier. Die sollen erst mal richtig deutsch sprechen lernen. Und ein ausländisches Mädchen kommt mir auch nicht vor die Kamera.“ „Spinnst du Mutti? Der Typ nutzt dich nur aus, siehst du das nich?“ „Schatz, du verstehst das nicht. Volker dreht gerade einen ganz großen Film.“ „In dem dich alle nackt sehen? Oder wie du es mit irgendwelchen Kerlen treibst? Das is widerlich…“ „Aber das bringt auch mir jede Menge Geld ein.“ „Super! Geld, das du dann versaufen kannst?“   Fabi sank auf dem Sofa zusammen und ein Bellen ließ ihn aufschrecken. Luzifer hopste vor der Couch herum und wedelte mit seinem Schwanz. Fabi nahm ihn hoch und drückte sein tränennasses Gesicht in das weiche Fell des Welpen. Dieser schmiegte sein Köpfchen an sein Herrchen und Fabi begann zu schluchzen. Wieder schweiften seine Gedanken ab.   „Jetzt auf, was du sagst Bürschchen. Deine Mutter ist eine tolle Frau und ich verarsche sie bestimmt nicht. Ich verwette meinen Arsch drauf, dass wir auch irgendwann miteinander auskommen.“ Dieser Volker-Widerling versuchte Fabi durch die Haare zu wuscheln, doch dieser entzog sich der Hand schnell. Wer weiß wo er mit der schon überall gewesen war. „Das bezweifle ich…denkst auch irgendwann mal an mich Mutti?“ „Ja erst heute…ach, da fällt mir ein, ich hab für die Wohnung eine Putzfrau bestellt. Naja, du weißt ja, es sah schon echt sehr unordentlich aus…ich hab gesagt mein Sohn hat eine Party gefeiert. Das ist doch okay oder?“ „Du hast was? Nur weil du es nich auf die Reihe bekommst deinen Scheiß aufzuräumen, muss ich das ausbaden? Ich bin sprachlos…“ „Hey, hey, jetzt nimm das deiner Mutter nicht übel, sie hat sich nichts dabei gedacht“, mischte sich Volker wieder ein. Fabi warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Ach ja? Du mit deiner eigeschränkten Sichtweise musst mir gar nichts erzählen…und von wegen nich rechts…verarschen kann ich mich selbst…!“ Fabi erhob sich vom Tisch und wollte schon gehen. „Schatz, was hast du jetzt vor? Willst du nicht mal mit deiner Freundin vorbeikommen? Du hast doch eine Freundin oder?“ Wut stieg in ihm doch. „Nein hab ich nich…ich hab nen Freund und der is zu eurem Bedauern auch noch Japaner…tschau.“     Miyavi wollte mit Fabi skypen und dieser Gedanke ließ sein Herz schneller schlagen. Als er den Vidoanruf entgegennahm, schlich sich das Lächeln automatisch auf seine Lippen. „Hey mein Hübscher…wie geht’s dir?“, fragte sein schöner Japaner. Fabi erzählte ein bisschen von seiner Woche und, dass er eine Überraschung für Miyavi hätte. „Ich hoffe zumindest, dass du es magst…“ „Jetzt machst du mich wirklich neugierig. Übermorgen flieg ich zu in Ordnung?“ Fabi nickte nur und ignorierte dieses unschöne Gefühl in seiner Magengegend. Was würde er dafür geben diesen wundervollen Mann jetzt sofort bei sich haben zu können. „Das halte ich gerade noch so aus“, versuchte er zu witzeln, doch Miyavi schien ihn besser zu kennen, als ihm bewusst war. „Fabi…was ist los. Deine Lippen lächeln mich an, doch in deinen Augen spiegelt dich diese Traurigkeit.“ Fabi biss sich heftig auf die Lippen und zündete sich noch eine Zigarette an. „Ich erzähl’s dir in zwei Tagen okay? Schon gut, das is nichts für ein Ferngespräch…mir geht’s super, versprochen…und jetzt muss ich glaub ich ein bissl pennen…“, würgte er ab und auch Miyavi begriff, dass es nichts brachte das Gespräch weiterzuführen. Es war Samstagabend, doch Fabi war gerädert von dieser beschissenen Woche und verzog sich zu Luzifer, wie er den kleinen Hund getauft hatte, ins Wohnzimmer und schaute Fern.   Miyavi hatte auch begriffen, dass mit seinem liebsten etwas ganz und gar nicht stimmte. Fabi war schon immer etwas unbeholfen gewesen, wenn es um seine Gefühle ging, doch das heute war anders. Und ob der ältere heute oder in zwei Tagen flog, spielte kaum eine Rolle, also telefonierte er mit seiner Freundin, die den Laden in Tokio vorübergehend übernahm und dann mit seinem Piloten. Der war zwar weniger erfreut von dieser spontanen Planänderung, dennoch versicherte er Miyavi, dass die Maschine in zwei Stunden abflugbereit sein würde. Während des Fluges versuchte er ein bisschen zu schlafen. Mit dem Taxi ging es dann schnell weiter zu Fabis Haus. Dort fand er den jüngeren zusammengerollt auf dem Sofa. Fabi schlief und der kleine Hund neben ihm auch? Moment Mal, wann hatte sein Freund erwähnt, dass er sich einen Hund holen wollen? Miyavi erinnerte sich nicht. Der Welpe schaute ihn an und wackelte mit dem Schwänzchen. Vorsichtig streichelte er sein Fell. Dann zog er die Decke beiseite, nahm Fabi behutsam auf seine Arme und trug ihn ins Schlafzimmer. Dort befreite Miyavi seinen liebsten von dessen Kleidung und hielt kurz inne, bevor er ihn zudeckte. „Das also ist deine Überraschung. Damit kann ich definitiv leben“, flüsterte er zu sich selbst, nicht ohne zu Schmunzeln und schlüpfte unter die Decke, bedacht darauf Fabi nicht zu wecken.   Fabi brummte der Schädel ein bisschen und das, obwohl er seit Tagen keinen Tropfen Alkohol anrührte. Vielleicht war es auch einfach nur dieser elendige Stress. Er blinzelte und ließ sich wieder in die Kissen sinken, da merkte er plötzlich, wie sich neben ihm etwas rührte. War Luzifer etwa im Bett? Doch ihm stockte der Atem, als er in sein Lieblingsgesicht blickte. Diese dunklen, fast schwarzen Augen und das schiefe Lächeln. Miyavi hatte seinen Kopf in die Hand gestützt und lächelte. „Wie…was tust du denn hier?“, fragte der jüngere sichtlich verwirrt. „Ich konnte es nicht mehr erwarten und da bin ich schnell zu dir geflogen. Schlimm?“ Fabi schüttelte den Kopf, als könne er das noch immer nicht fassen. „Ähm nee, ganz und gar nich…hast du mich etwa auch ausgezogen?“ Miyavis Lächeln wurde breiter. „Naja, ich hätte dich auch in Klamotten schlafen lassen können.“ „Das is schon ein bisschen…naja…pervers?“ Der schöne Japaner lachte. „Süßer…das muss dir nicht peinlich sein und meine Vorlieben kennst du ja mittlerweile. Außerdem musste ich doch deine Überraschung bewundern“, sagte er und schob die Decke bis zu Fabis Hüften. Diesem wurde auf einmal wieder heiß und kalt im Wechsel. „Woher willst du wissen, dass das die Überraschung is?“ „Oho, erwartet mich noch mehr? Jetzt bin ich gespannt.“ Peinlich berührt biss sich Fabi auf die Unterlippe. Würde er es jemals schaffen Miyavis schamlose Bemerkungen zu kontern? „Mh nichts…das is die Überraschung…hoff du magst es…aber ich dachte du wolltest erst in zwei Tagen kommen.“ „Nach dem Gespräch gestern? Wirklich?? Verrätst du mir endlich, was los ist?“ „Mir…kann das nich warten? Ich meine…es is gar nich so wichtig.“ Miyavis Miene wurde härter und er legte eine Hand an Fabis Wange. „Nicht ernst? Sag das noch mal und ich muss dich verprügeln. Süßer…ich hatte echt ein bisschen Angst um dich.“ „Angst weshalb?“ Der Japaner rollte mit den Augen. „Du magst mich vielleicht mit deinen Worten täuschen, doch dein Gesicht spricht Bände. Ich weiß, dass du nicht gern über deine Gefühle redest, aber wenn du eine richtige Beziehung mit mir führen willst, gehört das nun Mal auch dazu. Es ist furchtbar dich so leiden zu sehen. Ich möchte einfach für dich da sein, das ist alles.“ Diese Worte reichten aus, um bis ins tiefste seiner geschundenen Seele zu dringen. Noch nie hatte jemand für ihn da sein wollen und nach dem ganzen Desaster in Tokio hatte Fabi manchmal noch immer ein bisschen an Miyavi gezweifelt. Er konnte noch immer andere Typen haben, die weit aus besser waren als er. Doch der schöne Japaner lag jetzt hier bei ihm. In seinem Bett und wollte für ihn da sein. Die Tränen brachen von ganz allein aus dem Jungen heraus, der sich bis gestern noch so verloren vorkam. Und Miyavi tat das einzog richtige und zog seinen Schützling in eine liebevolle Umarmung. Schließlich erzählte Fabi seinem liebsten von der letzten Begegnung mit seiner Mutter und wie er dazu kam, Luzifer mitzunehmen. „Mein Liebling…ich bin da, solange du mich brauchst.“ Etwas irritiert blinzelte Fabi durch seinen Tränenschleier hindurch. „Wie jetzt? Musst du nich zurück nach Tokio?“ Ein verschwörerisches Grinsen umspielte Miyavis Lippen. „Ich wollt es dir noch nicht sagen, aber ich eröffne auch hier einen Laden, weil ich hier ohnehin viele Kunden habe.“ Der kleinere fiel seinem schönen Japaner um den Hals und unterdrückte einen weiteren Heulanfall. „Das klingt super…hast du Lust auf Frühstück?“ „Gern…“   In der Schule musste Fabi ein Referat halten und dann kam er auch noch mündlich dran. Er versuchte das Beste draus zu machen. Beim Umziehen vor dem Sportunterricht entging ihm nicht, wie Timo sein Tattoo begutachtete. „Krass, hat das nicht weh getan?“, fragte dieser dann. Fabi zuckte mit den Schultern. „War okay.“ Fabis Lungen schrien nur so nach einer Zigarette und endlich, als er aus der Turnhalle raus war, konnte er seinem Drang Befriedigung schenken. Lisa schloss zu ihm auf und bettelte ihn um eine Zigarette an. Schweigend reichte Fabi ihr die Schachtel. „Sag mal, hast du das eigentlich ernst gemeint?“ Fabi sah das Mädchen fragend an. „Was meinst du?“ „Naja…eben, dass du schwul bist.“ „Warum sollt ich das nich ernst meinen.“ Er nahm einen tiefen Zug. „Weil irgendwie kann ich mir das bei dir nicht vorstellen…und dieser Kerl, den du mir gezeigt hast…es passt einfach nicht zu dir, das ist alles.“ „Das is mal ne echt beschissene Aussage. Klingt fast so, als würde es dich stören. Ich hab mir das nich ausgesucht und wenn es dich so nervt…es zwingt dich keiner mit mir rumzuhängen.“ „Nein, so war das nicht gemeint…es ist okay.“ Abrupt blieb Lisa stehen und schaute geradeaus zu dem Mann mit dem schwarzen Poncho und den passenden Stiefeletten darunter, die ebenfalls Fransen trugen. Seine langen schwarzen Haare umrahmten sein blasses Gesicht. Neben ihm an der Leine hockte ein kleiner Labrador, der aufgeregt mit dem Schwanz wedelte. Fabi tätschelte erst den kleinen Hund und dann sah er den Mann an. Seine Hände legten sich um seine Hüften und die Gesichter der beiden näherten sich. Sie wirkten sehr vertraut miteinander und Fabis sonst so harten Gesichtszüge wurden weicher. „Hey, das is ja ne Überraschung. Dachte, du hast zu tun?“ „Alles schon erledigt. Und da dachte ich mir, dass ich dich ja von der Schule abholen könnte.“ Endlich schenkte Fabi seinem liebsten ein Lächeln und hauchte ihm ein Kuss auf die Lippen. Trotz der Kälte heizten ihm Miyavis Berührungen ganz schön ein. „Gehen wir nach Hause?“ „Und was dann?“, fragte der ältere verschwörerisch. Fabi stieg eine leichte Röte ins Gesicht. Wie immer wenn sein Freund dieses lüsterne Glitzern in den Augen hatte. „Klären wir, wenn wir da sind“, tat Fabi das Gespräch ab, doch Miyavi zog ihn an sich und küsste den jüngeren. Er erwiderte den Kuss und schon wurde ihm wieder ganz schummrig. Ob bewusst oder unbewusst schob sich Miyavis Hand unter Fabis Pullover und die Hitze begann sich allmählich an einer ganz bestimmten Stelle seines Körpers zu sammeln, deshalb riss er sich los. Jetzt wussten wohl alle in seiner Schule, dass er erstens vergeben und zweitens schwul war. Aber es machte ihm eigentlich gar nichts mehr aus. „Du bist süß, wenn du so schüchtern tust.“ Fabi steckte seinem liebsten die Zunge raus und nahm seine Hand. Doch als Miyavi loslaufen wollte, hielt ihn der jüngere noch zurück. Fragend schaute er seinen Lover an. Fabi schluckte etwas verlegen. „Miyavi…ich liebe dich…“ Nun war es gesagt und Fabi war froh darüber. Sein Freund lächelte ihn liebevoll an. „Ich liebe dich auch Fabi.“ Damit traten die beiden endlich den Heimweg an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)