O(h) und A(h) Romanze von Saph_ira ================================================================================ Kapitel 27: Folge 27 (Die Maske fällt) -------------------------------------- André! Warum musste ihm das nur widerfahren? Sie hätte gleich den schwarzen Ritter anschießen sollen und nicht zulassen, dass André mit ihm kämpfte! Aber woher sollte sie auch wissen, dass es zu so etwas überhaupt kommen würde? Gestern Nachmittag hatte sie eine dunkle Vorahnung, als würde etwas schreckliches passieren... Jedoch hätte sie nie im Leben gedacht, dass es so schrecklich sein würde. Der schwarzer Ritter hatte André beim Schwertkampf am linken Auge verletzt und nun lag ihr Freund auf seinem Zimmer im Bett und ließ sich vom Doktor Lasonne behandeln. Fast seine ganze linke Gesichtshälfte war mit einem Verband bedeckt und Oscar haderte mit ihrem Gewissen. Ihr blutete die ganze Zeit das Herz, ihren Freund so leidend zu sehen und sie schwor sich insgeheim, den schwarzen Ritter zu fassen und ihn dafür büßen zu lassen. Auf dem Anwesen ließ sie ihn keinen einzigen Moment aus den Augen und als Sophie den Doktor nach der Untersuchung aus dem Zimmer geleitete, kam sie an sein Bett heran. André öffnete mühsam sein gesundes Auge. „Wer war dieser schwarze Ritter?“, brachte er leise von sich. Oscar war ein wenig irritiert. Wieso interessierte ihn der schwarzer Ritter? Er musste vorerst an sich denken und schnell genesen! Oder wollte er damit von seinem Schmerz ablenken? Wenn dem so war, dann würde sie ihm natürlich dabei helfen. „Ich musste ihn leider entwischen lassen“, sagte sie deshalb leicht mit belegter Stimme und André verzog daraufhin, soweit es ihm möglich war, ein verwunderten Gesichtsausdruck. „Was sagst du da?“ Das war ihm in der Tat unbegreiflich. Solange er Oscar kannte und er kannte sie mittlerweile sehr gut, hätte sie niemals von ihrem festgesetzten Ziel abgelassen. „Warum hast du diesen Mann nicht bis ans Ende der Welt verfolgt und ihn anschließend gefangengenommen?“ Den Grund hätte er gerne gewusst. „Du weißt warum. Ich konnte dich doch nicht verletzt zurücklassen und ihn verfolgen.“ Oscar musste erst einmal einen dicken Kloß herunterschlucken. Seine Fragen fügten merkwürdige Stiche in ihrem Herzen zu, auf die sie keine Erklärung fand. Das klang so, als würde ihn nichts mehr anderes interessieren, als an diesem schwarzen Ritter Rache zu nehmen. Nun gut, den gleichen Gedanke hatte sie auch, aber um diesen Dieb würde sie sich später kümmern. Im Zimmer wurde es etwas heller. Oscar drehte sich halbwegs um und schaute über die Schulter zum Fenster. „Es beginnt zu dämmern“, meinte sie und hörte sogleich ein schwaches Flüstern vom Bett: „Ich bin froh, dass mein Auge verletzt wurde und nicht deines, Oscar.“ Wie? Oscar glaubte sich verhört zu haben und schaute erschrocken zu ihm. Ihr blieb dabei fast das Herz stehen. Eine Träne glitzerte in seinem Auge und dabei versuchte er zu lächeln. Oscar war bestürzter als noch vor wenigen Augenblicken und eine eigenartige Schwäche ergriff ihren Körper. „Ach, André, sag doch nicht so etwas.“ Sie kniete sich zu ihm ans Bett und nahm seine Hand in die ihre. Andrés Auge weitete sich etwas überrascht. So eine zarte, vorsichtige Berührung war er von ihr bestimmt nicht gewohnt. Aber dann lächelte er sie noch mehr an und Oscars Herz zerbarst noch mehr. Wie konnte er Angesichts der schlimmen und für ihn bestimmt schmerzhaften Situation, so unbekümmert wirken? Sie schaute sein Gesicht genauer an, so als versuche sie darin eine Antwort zu finden und je mehr sie ihn betrachtete, desto mehr blieb die Zeit für sie stehen. In dem Grün seines Auges glaubte sie etwas Verborgenes zu sehen, was nur für sie galt und ihr Blut durch die Adern noch wärmer fließen ließ. Für wenige Augenblicke war sie wie versteinert und doch hörte sie, wie ihr Herz immer schneller schlug. Ein angenehmes Rauschen entstand in ihrem Kopf und sie senkte ihren Blick auf seine Lippen, die noch immer zu einem Lächeln vergezogen waren. Plötzlich bekam sie den Wunsch, diese Lippen zu berühren und dessen Geschmack zu kosten... Aber würde André das wollen? „Es ist in Ordnung, Oscar...“, hauchte er ganz leise, als hätte er ihre Gedanken gehört. Das war bestimmt ein Zauber, eine unbekannte Magie... „Es wird alles wieder gut, ich verspreche es dir...“, sagte sie und beugte sich zu ihm näher vor. André hielt seinen Atem an und ließ ihn ganz langsam durch die Nase entweichen. Denn das, was gerade geschah, müsste bestimmt ein Traum sein! Oscar berührte zaghaft seine Lippen mit den ihren und verharrte so in der Position. Das war ihrerseits sehr seltsam und gleichzeitig wunderschön. Wenn es ein Traum war, dann sollte es nie enden... Aber das war kein Traum und obwohl die Sekunden wie eine Ewigkeit zu dauern schienen, endete das alles noch bevor es richtig beginnen konnte. Oscar entfernte sich schon von ihm und schaute ihn mit ihren klaren, blauen Augen an. Sie war selbst von ihrer Tat verwundert, aber zeigte es nicht. „Alles in Ordnung?“, fragte André vorsichtshalber nach. „Entschuldige, das war nicht mit Absicht.“ Oscar berührte ihre Lippen mit ihren Fingern und spürte noch diese angenehme Wärme von den seinen. Was war nur in sie gefahren? Das war doch nicht zu fassen! Scham und Verlegenheit stiegen in ihr hoch. Was würde André über sie denken? „Es war schön.“ André versuchte noch breiter zu lächeln, aber verzog stattdessen schmerzlich das Gesicht und biss leicht verkrampft die Zähne zusammen. „André!“ Oscar griff erneut nach seiner Hand und ihre Finger schlossen sich noch fester um die seine. „Soll ich Doktor Lasonne zurückholen?“ „Nein, Oscar, bleib bei mir...“ André erwiderte den Druck ihrer Finger und umfasste mit seiner freien Hand ihren Handrücken. Der schneidende Schmerz an seinem rechten Auge unter dem Verband ließ nach und er entspannte sich etwas. „Ich werde dein Geschenk für immer in meinem Herzen tragen... Denn es schlägt nur für dich... Mein Leben lang...“ Wovon sprach er? Was für ein Geschenk? Sie hatte ihn doch nur... „Du redest wieder Unsinn, André...“ Oscar wäre jetzt am liebsten aufgestanden und weggelaufen. Aber sie konnte nicht, weil ihr Freund sie brauchte und sie wollte ihn nicht ausgerechnet jetzt alleine lassen. Ihre Gefühle spielten verrückt, aber mit ihnen würde sie sich später auseinandersetzen. „Das ist aber wahr, Oscar... Den Geschmack deiner süßen, weichen Lippen werde ich niemals vergessen...“, gestand André und schaute ihr wieder tief in die Augen, dass ihr beinahe wieder der Atem stockte. „Warum, André?“, wollte sie wissen und seine Lippen formten nur drei Worte: „Ich liebe dich.“ Oscar hatte es geahnt. Noch während sie ihm die Frage gestellt hatte, hatte ihr eine innerliche Stimme diese Antwort bereits zugeflüstert. Nun hatte sie es jetzt von ihm selbst gehört und wusste mit einem Mal nicht, was sie tun oder sagen sollte. Liebte sie ihn auch? Ja, sagte wieder diese innerliche Stimme zu ihr und in diesem Moment hörte sie Andrés leicht besorgte Stimme: „Oscar?“ „Mir geht es gut, keine Sorge.“ Oscar schenkte ihm ein Lächeln, um ihn zu beruhigen. „Ich danke dir für deine Worte, sie bedeuten mir viel.“ Sie neigte sich wieder zu ihm vor, so dass ihre Nasenspitzen sich fast leicht berührten. „Du bedeutest mir viel, André. Aber vorerst musst du gesund werden und dann können wir über die Liebe reden, so viel du willst.“ „Ja, Oscar, das können wir machen.“ André befreite seine Hand aus der ihren und strich durch ihr weiches Haar. Am Nacken hielten seine Finger an und Oscar verstand. Sie schenkte ihm erneut einen Kuss, aber diesmal etwas länger und inniger. Je länger der Kuss dauerte, desto höher schlug ihr Herz und sie fühlte sich berauscht. Oscar spürte die ganze Leidenschaft und Liebe, die von André ausgingen und ihr kam es so vor, als hätte sie endlich gefunden, wonach sie schon so lange gesucht hatte. Nämlich, eine reine und bedingungslose Liebe und das auch noch von dem Mann, mit dem sie von klein auf zusammen war. Es war schon ein schönes Gefühl, den Freund aus Kindertagen zu lieben und dabei eine falsche Schwärmerei zu dem Grafen zu vergessen, der ihr nur Leid und Enttäuschung gebracht hatte. Mit André würde so etwas niemals passieren, das spürte sie mit jeder Sehne ihres Körpers, denn André war immer für sie da und hatte sie niemals im Stich gelassen. Jetzt würde sie sich um ihn kümmern und jederzeit für ihn da sein. Wie in guten, so auch in schlechten Tagen. Wie in Freundschaft, so auch in der Liebe und das auch noch für immer und ewig, bis der Tod sie scheidet... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)