O(h) und A(h) Romanze von Saph_ira ================================================================================ Kapitel 32: Folge 32 (Der Sturm beginnt) ---------------------------------------- „André! Wo ist André, um Gottes Willen! Lasst mich los, mein André ist in Gefahr!“ Oscar dachte an dieses Erlebnis, während sie ihre heiße Schokolade in den Händen hielt, aber nicht trank. Vor wenigen Stunden war ihre Kutsche vom wütenden Mob überfallen und sie war von André getrennt worden. Wenn Graf von Fersen, mit einer Truppe königlicher Soldaten, nicht zu Hilfe gekommen wäre, dann wären sie beide womöglich schon tot. Aber so waren sie mit Prellungen und blauen Flecken davon gekommen. Die Wunden am Körper würden verheilen, jedoch die am Herzen und an der Seele womöglich nicht. Oscar dachte darüber nach, wie sie immer und immer wieder den Grafen anschrie, während dieser sie in einer Gasse in Sicherheit gebracht hatte. Sie wollte sich keineswegs beruhigen, bis er ihr versprochen hatte, ihren Freund zu retten und sie sollte derweilen in der Gasse auf ihn warten. Das hatte er auch getan und ihr hatte nur ein einziger Gedanke im Kopf gekreist: „Mein André... du musst leben...“ Da war ein seltsames Gefühl aus Angst und Sorge um ihren langjährigen Freund und noch etwas... Dass André ihr viel bedeutete, hatte sie schon früher verstanden, aber diesmal war es viel intensiver... War das etwa Liebe? Die eine Art von Liebe, die André zu ihr schon seit vielen Jahren empfand? Aber wie war das möglich? Dank den unerwiderten Gefühlen und dem Freundschaftsbruch zu Graf von Fersen, hatte sie sich geschworen, niemals mehr diese weiblichen Gefühle in ihr zuzulassen! Sie wollte wieder wie ein Mann auftreten und lieber an der Seite ihrer Soldaten Kämpfe bestreiten, als noch einmal von der Liebe enttäuscht zu werden!   Langsam ging die Tür auf und Oscar schaute hinüber. André kam zu ihr in den Salon. Er war genauso am Kopf bandagiert wie sie. Der einzige Unterschied war, dass sie kein Arm in der Schlinge trug, im Gegensatz zu ihm. „Oscar, ich habe so eben erfahren, dass Graf von Fersen sicher in die Kaserne zurückgekehrt ist“, sagte er.   „Gott sei dank.“ Oscar war erleichtert wegen von Fersen und gleichzeitig schlug ihr Herz schneller bei dem Gedanken, was er für sie getan hatte. Er hatte André gerettet und sie war ihm dafür sehr dankbar. Ein Lächeln huschte über ihre Lippen und eine gewisse Freude stieg in ihr auf, dass André bei ihr war und sie ihn nicht verloren hatte. Sie wollte, dass er ihr noch ein wenig Gesellschaft leistete. „Möchtest du dich nicht zu mir setzen?“   André wirkte ein wenig unschlüssig zu sein und schien ablehnen zu wollen, aber dann überlegte er sich anders. „Ja, gerne.“ Er tat es wie geheißen, nahm einen Stuhl und setzte sich zu ihr an den Tisch. Sie sahen sich eine Weile stumm an und nur das Klopfen des Regens an die Fensterscheiben von draußen war zu hören.   „Hast du noch Schmerzen?“, fragte Oscar und berührte sachte seinen Arm, den er in einer Schlinge trug.   André zuckte unmerklich zusammen. Er war ein wenig von ihrer unerwarteten Berührung überrascht. „Mach dir meinetwegen keine Sorgen, Oscar, es geht schon.“   Irgendwie bekam sie das Gefühl, dass er nicht ganz ehrlich mit ihr war. Er musste doch Schmerzen haben, denn der wütende Mob hatte ihn übel zugerichtet und wollte ihn auch noch aufhängen! Oder tat er das, damit sie nichts davon mitbekam? So ähnlich, wie mit der tief verborgene Liebe zu ihr? Wenn er an dem verhängnisvollen Abend ihr seine Liebe vor etwa halben Jahr nicht gestanden hätte, hätte sie noch immer nichts davon gewusst oder bemerkt. „Das glaube ich nicht“, entfuhr es ihr und Andrés Auge weitete sich etwas. „Was glaubst du nicht, Oscar?“, besagte sein verwunderter Gesichtsausdruck.   Wie machte er das nur? Wieso verstellte er sich so? Oscars Brustkorb zog sich wehmütig zusammen. „Ich hätte dich beinahe verloren und du sagst, dass es dir gut geht. Das passt nicht zusammen, André, und deshalb glaube ich nicht, dass du keine Schmerzen hast.“   So unrecht hatte sie damit nicht, gestand sich André. Allerdings, der körperliche Schmerz war nicht so gravierend wie der Seelische nach unerwiderte Liebe zu ihr und obwohl sie davon wusste, wollte er sie nicht noch einmal damit konfrontieren. „Mach dir um mich wirklich keine Sorgen, Oscar“, meinte er deshalb ausweichend: „Der Doktor hat mich doch gut versorgt, so dass es mir wirklich besser geht. Ich bin eher froh, dass dir nichts passiert ist.“   „Mir geht es gut“, versicherte Oscar und ein schmerzlicher Stich durchdrang sie tief im Herzen. Ein Druck entstand in ihrem Brustkorb und sie senkte ihren Blick zur Seite, damit er nichts davon mitbekam. Ihre Hand blieb dennoch auf seinem Arm und spürte den rauen Stoff von der Schlinge. Es ging eine Veränderung in ihr vor und ihre Gefühle brachen durcheinander. Sie ahnte was das war, aber wollte es nicht noch einmal erleben und ihn erneut verletzen, wie damals an jenem Abend als er über sie fast hergefallen war. Er hatte seine Tat sofort bereut und ihr seine Liebe unter Tränen gestanden. Wie konnte es nur zu so etwas kommen? Nur weil sie ihn entlassen hatte und nicht wollte, dass er ihr weiter diente? Wenn ja, dann konnte sie seinen Ausbruch verstehen... Oscar hatte oft über diesen Abend nachgedacht und entschieden, dass sie lieber getrennte Wege gehen sollten. Doch das Schicksal brachte sie erneut zusammen und in der Kaserne, wo sie vor ein paar Monaten versetzt wurde, begegnete sie ihn als Soldat wieder. Er wollte sie nur beschützen und sie hatte ihn gelassen. Denn sie hatte sich schuldig gefühlt und er sollte sein Leben so führen, wie er es für richtig hielt. Nun, nachdem die Kutsche überfallen und er beinahe getötet wurde, fing sie an ihre Gefühle zu ihm langsam zu begreifen. Die Qual, die dabei in ihr herrschte, war kaum zu ertragen. Wie konnte aber André seine Liebesqual all die Jahre an ihrer Seite ertragen? Vielleicht sollte sie mit ihm darüber sprechen und ein für allemal die Sache zwischen ihnen klären? Jetzt und hier? Es schien sich ja gerade dafür die beste Gelegenheit zu bieten... „André...“ Oscar suchte nach ein paar passenden Worten und sammelte ihren Mut zusammen, um den ersten Schritt für das Gespräch zu machen. „Ich habe da etwas auf dem Herzen.“   „Wenn du willst, kannst du es mir sagen, Oscar.“ André spürte, dass sie in Zwiespalt geriet und legte ihr seine Hand auf den Handrücken. Etwas großes ging in ihr vor und diese Geste sollte ihr zum Verstehen geben, dass egal was sie zu sagen hat, er würde immer zu ihr stehen. Das verstand auch Oscar und war ihm dankbar dafür. Seine Hand fühlte sich warm und trocken an, weshalb Oscar ließ ihm deshalb gewähren. „Du weißt, ich liebte einmal Graf von Fersen, aber seit unsere Kutsche heute überfallen wurde und er uns gerettet hatte, bin ich mir nicht mehr sicher, ob das die Liebe war...“   „Oscar...“ André war baff. Es hörte sich nach einem Geständnis an und erfüllte ihn gleichzeitig mit der Hoffnung, die er schon längst begraben geglaubt hatte.   „Meine einzige Sorge galt und gilt noch immer dir...“, sprach Oscar weiter – mühsam und konzertiert. Es fiel ihr schwer, ihm ihre Gefühle zu öffnen, aber sie hatte sich das nun vorgenommen und es gab kein zurück mehr. „Ich fange an zu begreifen, was du mir wirklich bedeutest und gleichzeitig will ich mich nicht erneut verlieben. Vergib mir, André, ich weiß nicht was ich machen soll...“   André verstand, dass sie Angst hatte, erneut verletzt und von der Liebe enttäuscht zu werden. „Du kannst dich auf mich verlassen, Oscar. Ich werde dich nie in meinem Leben verlassen, weil ich nur dich liebe und schon immer geliebt habe. Wenn du Zeit brauchst, ich kann warten. So wie es immer zwischen uns war, so wird es weiterhin sein.“   „André...“ Oscar fehlten die Worte. Auch da gab er nicht auf und in seinem sanften Blick, sah sie all seine Liebe und Zuneigung, die er für sie empfand. Für kurz kam ihr der Gedanke, es erneut zu versuchen und sich ihren Gefühlen hinzugeben.   André hob seine Hand und strich ihr vorsichtig an die Wange. „Ja, Oscar, ich liebe dich aus tiefsten Herzen, für immer und ewig. Du bist mein Leben, mein Licht...“   Oscar schluckte hart. Seine Worte drangen ihr mitten durchs Herz und hinterließen schmerzliche, aber auch gleichzeitig wohle Spuren. „Dann liebe mich...“, formten ihre Lippen und sie zog sich selbst zu ihm. André schenkte ihr einen zärtlichen Kuss und sie fühlte sich auf einmal so geborgen, wie noch nie bisher. Sie begriff ihre Liebe zu ihm und nach diesem betörenden Kuss fielen ihr die Worte viel leichter aus dem Mund als vorher. „Ich danke dir für alles, André... Mein André, ich liebe dich aus tiefsten Herzen und nur mit dir, für dich werde ich ab nun leben...“, schwor sie ihm mit einem liebreizenden Glanz in ihren blauen Augen und versiegelte erneut seine Lippen mit einem innigen Kuss voller Hingabe und Liebe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)