Zerrissen zwischen den Welten von Pureya ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Eine unbekannte Zeit später klopfte es sachte an meiner Tür. Ich schwebte bereits in dem trägen Zustand zwischen Schlaf und aufwachen und grunzte ein herein. Die Tür schwang auf und eine nervös wirkende Initiantin trat ein. In ihren Händen hielt sie meine reparierte Rüstung. "Hochlord, Eure Rüstung ist fertig." Ich winkte zu einem Stuhl und sie legte sie darauf ab. Stöhnend erhob ich mich von meinem Bett und streckte mich. Ich spürte jeden Muskel, ließ es mir aber nicht anmerken und stand auf. "Hochlord, Aponi Lichtmähne möchte Euch sprechen", fügte die Initiantin hinzu. Ich nickte und dankte ihr geistesabwesend. Mit einer Verbeugung verließ sie den Raum. Mit den Gedanken weit weg wusch ich mich und legte meine Rüstung an. Das Metall glänzte wieder, aber ich fühlte die kleinen Beulen und Scharten, welche der Schmied nie würde entfernen können. Schwert und Schild ließ ich zurück und begab mich in das Sanktum. Wie immer ging ich zu erst zum Altar und dankte dem Licht und unseren glorreichen Anführern für ihr Geleit, danach begab ich mich zu dem weltlicheren Teil unserer Ordenshalle und fand Aponi Lichtmähne in den Band der uralten Könige versunken. Ich legte ihr eine Hand auf die massige Schulter und sie wandte sich um. Ein Lächeln erhellte ihre breiten Züge. "Schön Euch unversehrt wieder zu sehen, Hochlord", sagte sie und erhob sich. Meine Hand verschwand fast vollständig in ihrer, als sie sie schüttelte. "Ich danke Euch Aponi, aber bitte, lasst das Hochlord weg", sagte ich verlegen und lehnte mich ihr gegenüber an den Tisch. "Was wolltet Ihr so dringend von mir?" "Delas sagte Ihr seid heute zu dem Fest im 'Geifeierten Helden' eingeladen. Besteht die Chance, dass die Einladung für noch ein paar weitere gefeierte Helden hier gillt?" Sie versuchte so beiläufig wie möglich zu klingen, aber ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. "Ich denke man wird überaus geehrt sein, wenn Ihr mich dorthin begleitet", sagte ich und Aponi grinste glücklich. Ich klopfte ihr auf den Arm und wandte mich zum gehen. "Oh, und zieh etwas anderes als deine Rüstung an", sagte ich über die Schulter. "Hatte ich vor!", rief sie mir hinterher. Scheinbar war ich die einzige die Probleme damit hatte etwas anderes zum anziehen zu finden als schepperndes Metall. Mir kam der Gedanke noch einen der anderen Helden einzuladen, vielleicht wäre es ein gutes Signal noch ein Volk auf Seiten der Allianz an meiner Seite zu haben. "Boros?" Ich schaffte es nicht dem Hünenhaften Draenei auf die Schulter zu klopfen, so beließ ich es bei einer Berührung seines Armes. "Hochlord? Gibt es einen neuen Auftrag?", fragte er pflichtergeben. Ich schüttelte abwehrend den Kopf. "Nein, ich wollte fragen ob Ihr mich heute zu dem Fest begleiten würdet?" Boros wirkte überrascht. "Natürlich sehr gern, Hochlord, aber wie kommt Ihr auf mich?" "Nun, Lichtmähne begleitet mich ebenfalls und ich hielt es für angemessener wenn nicht nur Paladine auf der Seite der Horde dort erscheinen", antwortete ich ehrlich. Boros nickte verstehend. "Sehr diplomatisch gedacht, Hochlord. Ich werde versuchen Euch nicht zu blamieren." Ein Lachen blitzte in seinen Augen. "Wart Ihr schon einmal im 'Gefeierten Helden'?", fragte ich und begleitet ihn zu den Übungsatrappen. Boros lachte leise. "Ja, einmal, vor einer Ewigkeit. Ich weiß jedoch nicht mehr wie ich hinaus gekommen bin." Und er zwinkerte mir vielsagend zu. Ich unterdrückte ein Lächeln und beobachtete ein paar Adepten bei ihren Schwertübungen. "Nun, dann kennt sich dort zumindest einer von uns aus. Ich erwarte Euch dann später hinter dem Portal. Bitte in etwas weniger... breitem." Und ich wieß auf seine ausladende Rüstung. Er verbeugte sich leicht und wandte sich ab um die Fussstellung eines Adepten zu korrigieren. Den Rest des Tages widmete ich mich der Planung von Missionen und teilte meine Truppen für verschiedene Aufgaben ein. Obwohl sich mein ganzes Selbst darauf konzentrierte, konnte ich nicht verhindern, dass die Gedanken an den Abend wie eine bedrohliche Wolke über allem hingen. Irgendwann tippte mir Delas auf die Schulter und ich riss mich von einem Bericht eines Ritters über verderbte Murlocs los. "Es wird Zeit. Du musst dich noch umziehen", sagte sie drängend und ich ließ mich von ihr in die hinteren Gemächer ziehen. Sie half mir beim ablegen meiner Rüstung und ich schlüpfte in das blaue Kleid. "Wir sollten noch irgendwas mit deinen Haaren anstellen...", murmelte Delas und öffnete meinen gewohnten Pferdeschwanz. Rotblonde Haare fielen mir auf die Schulter. "Ein Glück reicht es bei Elfen schon sie einfach aufzumachen", sagte sie kichernd und kämmte die wallende Masse mit ihren Fingern durch. Ich betrachtete mich im Spiegel und erkannte mich selbst kaum. Das Sanktum war weitgehend leer und ich nicht böse darüber. Delas begleitete mich zum Portal, immer noch darüber lachend, dass ich aus Gewohnheit mein Schwert und Schild hatte mitnehmen wollen. Die wenigen Meister und Knappen, welche ihre Studien einer Nachtruhe vorgezogen hatten, versuchten mich nicht allzu offensichtlich anzustarren, aber ihre Blicke spürte ich trotzdem und wurde immer aufgeregter. Vor dem Portal drückte Delas mich aufmunternd an ihre Brust und ich nickte ihr zuversichtlich und dankbar zu. Aponi und Boros warteten auf der anderen Seite bereits auf mich. Selbstverständlich perfekt in festlicher Taurischer und Draeneischer Tracht gekleidet. Flankiert von beiden liefen wir durch das belebte abendliche Dalaran und auf das Gasthaus zu. Wie üblich standen davor die Worgenwächter, so grimmig dreinschauend wie eh und je. Ich zögerte kurz vor dem Eingang, doch Boros schenkte mir ein aufmunterndes Nicken und so straffte ich die Schultern und ging erhobenen Hauptes hinein. Niemand forderte mich zum gehen auf. Auch Aponi und Boros traten ein und sahen sich neugierig um. Ich tat es ihnen gleich. Der Raum wirkte riesig und war oppulent geschmückt. Ich bezweifelte, dass hier immer riesige goldene Banner von der Decke hingen und die Tische unter dem Gewicht von riesigen Mengen an Essen ächzten. "Dann, wünsch ich euch beiden viel Spaß", wandte ich mich an meine Begleiter und entließ sie aus meinem Geleid. Beide verneigten sich kurz und mischten sich dann unter die zahllosen Gäste. Ich ging ziellos im Raum herum, sah immer wieder ein bekanntes Gesicht und nickte zum Gruß, aber nirgends war der Mann zu sehen nach dem ich eigentlich insgeheim ausschau hielt. Eine halbe Stunde später war ich kurz davor mein halbvolles Glas mit Mondschein stehen zu lassen und mich klammheimlich weg zu schleichen. Boros und Aponi amüsierten sich köstlich und ich hatte Boros inzwischen schon dreimal dabei beobachtet wie er die Anekdote mit den 3 Teufelsorcs und dem Felshetzer vorführte. Das Publikum lachte ergeben. Ich hatte mich mit ein paar der anderen Champions unterhalten, welche gestern ebenfalls dabei gewesen waren, aber hatte mich nicht getraut nach Khadgar zu fragen. Und nun saß ich an meinem 3. Glas Mondschein und starrte eines der goldenen Banner an. Mein Bett schien mir als der schönste Ort den es auf Azeroth gibt. Da spürte ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter. Ich drehte mich um und da stand er. "Hochlord. Ich freue mich, dass Ihr meiner Einladung nachgekommen seid", begrüßte mich Khadgar mit einem warmen Lächeln. Mein vom Mondschein bereits etwas aufgeweichtes Gehirn schaffte es nicht sofort eine angemessene Antwort zu formulieren. "Ja...ja, natürlich", stammelte ich und fuhr mir nervös durch die Haare. "Ich hätte Euch fast nicht erkannt. Das Kleid steht Euch ausgezeichnet." Und er nickte anerkennend. Verlegen sah ich zu Boden, auch um mein rot angelaufenes Gesicht zu verbergen. "Sind denn nicht alle Eingeladenen gekommen?", fragte ich in dem verzweifelten Versuch eine sinnvolle Konversation zu führen. Khadgar schüttelte bedauernd den Kopf und ließ seinen Blick über die feiernde Menge schweifen. "Leider nein. Ich hatte gedacht, dass Jaina sich zumindest heute überwinden kann mit uns zu feiern. Aber..." Er verstummte und ich sah die Enttäuschung in seinem Gesicht. So gern ich auch etwas tröstendes zu ihm gesagt hätte, aber wie könnte ich? Schließlich war es nicht zu einem unerheblichen Teil meine Schuld, dass Jaina Prachtmeer sich nicht nur aus Dalaran sondern auch allem anderen in Azeroth entfremdet hatte. Es war Khadgars Entscheidung und Wille gewesen, mich in die Geheimnisse der Kirin Tor einzuweihen und mir ihre Hilfe zur Seite zu stellen, um gegen die eiserne Horde zu kämpfen und schon damals hatte Jaina nur widerwillig zugestimmt. Und jetzt, als er es ein weiteres mal getan hatte, um gegen die Legion in die Schlacht zu ziehen, hatte sie sich endgültig losgesagt. Keiner wusste wo sie sich aufhielt, doch ich zweifelte nicht daran, dass Khadgar ihr trotzdem Nachrichten zusenden konnte. Und, allerdings gab ich das kaum vor mir selbst zu, ich war nicht gerade unglücklich darüber, dass Jaina Prachtmeer hier nicht aufgetaucht war. Es mochte lange her sein, doch ich hatte ihre Säuberungsaktion der Kirin Tor und die Evakuierung aller Blutelfen aus Dalaran nicht vergessen. Bei dem Versuch meine Schwestern und Brüder zu retten hatte sie mich fast getötet und ich konnte ihr nur durch einen Sprung in die Tiefe unter Dalaran und einem rechtzeitig vorbei fliegenden Drachenfalken entkommen. Auf weitere Beschimpfungen konnte ich gut verzichten. Und so beließ ich es dabei meine Hand tröstend auf Khadgars Arm zu legen. Seine schlechte Stimmung verflog sofort und er lächelte mich entschuldigend an. "Doch wir sollten uns lieber über die freuen, welche gekommen sind, nicht wahr?" Und lachend stießen wir an. Khadgar und ich redeten ewig. Vielleicht war es auch nur eine Stunde, aber für mich stand die Zeit still und lief gleichzeitig mit doppelter Geschwindigkeit. Vermutlich fühlte ein Zeitdrache sich immer so. Als wir gerade dabei waren über Illidans Vergangenheit zu fachsimpeln unterbrach uns plötzlich eine sehr laute Stimme. "Khadgar! Hier habt Ihr Euch versteckt! Mein Freund, auf ein Wort!" König Genn Graumähnes Stimme war so dröhnend, dass man ihn vermutlich noch bis zum Brunnen hören konnte. Er legte Khadgar einen Arm um die Schulter und wollte ihn fortziehen, mich keines Blickes würdigend. Doch Khadgar bewegte sich keinen Zentimeter fort. "Genn, wenn Ihr so freundlich wäret kurz auf mich zu warten? Ich möchte gern noch mein Gespräch mit Hochlord Silberdorn beenden. Ich bin mir sicher was ihr zu sagen habt kann bis dahin warten", sagte er freundlich aber bestimmt. Ein Lächeln umzuckte meine Mundwinkel. Nun hefteten sich eisblaue Augen auf mich. Ich konnte Verachtung in jeder Faser von Graumähne für mich fühlen. Er schnaubte und ein Schwall an Alkoholdunst wehte mir entgegen. Offenbar war der König nicht mehr ganz nüchtern. "Es stimmt also, ihr zieht inzwischen die Horde Eurem eigenen Volk und der Allianz vor", fauchte er angriffslustig. Khadgar blieb ungerührt von dieser Anschuldigung. "Nein Genn, ich ziehe Höflichkeit vor. Deshalb solltet Ihr nun gehen." Genn spuckte vor mir auf den Boden. Ich wisch erschrocken einen Schritt zurück. "Verkleidet Euch ruhig als was Ihr wollt. Ihr täuscht niemanden! Khadgar mag auf Euch herein fallen, aber ich werde nie einem euresgleichen trauen!" Khadgar packte seinen Arm, welchen Graumähne unbewusst erhoben hatte. "Es reicht jetzt! Ich lasse nicht zu, dass Ihr meine Gäste beleidigt Genn. Gerade jetzt sollten wir geschlossen gegen unseren Feind stehen." Um uns herum war es still geworden und die umstehenden beobachteten gespannt was geschah. Graumähnes wutentbranntes Gesicht wandte sich jetzt Khadgar zu und mit beängstigender Geschwindigkeit verwandelte er sich in einen riesigen Worgen. Obwohl er den Erzmagier nun um einen Kopf überragte zeigte er sich nicht beeindruckt und hielt den nun an einem Ende mit scharfen Klauen bewaffneten Arm weiter fest. "Das dort ist der Feind Khadgar! Habt Ihr noch nicht genug verloren um das zu begreifen?", grollte Graumähne und zeigte anklagend auf mich. Ich konnte nur versteinert dastehen und wünschte mir nichts sehnlicher als mein Schild nun bei mir zu haben. Ich hatte Worgen schon unzählige Male bekämpft, aber niemals praktisch unbewaffnet und nur von einem Stück Stoff geschützt. Plötzlich wurden Genns klaffende Kiefer von einem purpurnen Band verschlossen. Auch um seine Handgelenke legte sich dieses Band und zog sie ihm auf den Rücken. Der geknebelte Worgenkönig ging in die Knie und sah hasserfüllt zwischen mir und Khadgar hin und her. Nun fiel mir auf, dass Khadgars Augen begonnen hatten hellblau aufzuleuchten. Er hatte Genn gefesselt. Sofort traten grimmig dreinblickende Worgen herbei. Khadgar hob einen Arm und sie blieben wie angewurzelt stehen. "Genug damit! Schafft ihn fort und lasst ihn in einem Zimmer ausnüchtern bevor er etwas noch unbedachteres tut", befehligte er die Worgen, welche ohne zu zögern Graumähne hochhoben und weg trugen. Inzwischen war es im ganzen Gasthaus totenstill und jeder Blick auf uns geheftet. "Verzeiht bitte diesen Zwischenfall. König Graumähne fühlt sich nicht gut, aber das ist kein Grund nicht weiter zu feiern", erhob Khadgar das Wort. Die meisten Gäste waren ebenso betrunken wie Genn und so kehrte die gute Stimmung schnell zurück. Ich stand mit gesenktem Kopf da und betrachtete den Steinboden auf welchem noch die Spucke von Graumähne glitzerte. "Verzeiht das alles bitte Orava." Khadgars Worte waren nur ein Flüstern. Langsam sah ich auf. "Nein, verzeiht mir bitte. Ich hätte nicht kommen sollen", würgte ich hervor, drehte mich um und ging. Ich weiß nicht ob Khadgar versuchte mich aufzuhalten, der Raum war so voll, dass er kaum eine Gelegenheit dazu gehabt haben konnte. Als ich es endlich raus auf die Straße geschafft hatte lief ich zurück zum Portal des Sanktums. Heiße Tränen liefen mir das Gesicht herunter, doch ich achtete nicht darauf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)