Zerrissen zwischen den Welten von Pureya ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Ich sah die Schriftrolle bereits von weitem. Und auch welches Siegel sie trug. Doch ich unterdrückte das Verlangen inne zu halten, brach das Siegel und rollte die Nachricht auf. "Hochlord Orava, ich hoffe es geht Euch gut und Ihr habt Euch die Worte König Graumähnes nicht zu Herzen genommen. Eure Gefolgsleute unterrichteten mich darüber, dass das Sanktum des Lichts Euch derzeit nicht entbehren kann, doch ich habe eine überaus wichtige Mission, welche ich nur Euch anvertrauen kann. Ich bitte Euch daher mich unverzüglich in Dalaran aufzusuchen. Hochachtungsvoll, Erzmagier Khadgar" Ich laß die Nachricht noch 3 mal, bevor ich sie auf den Tisch zurück legte. Ich wusste nicht genau wie ich mich nun fühlen sollte. Enttäuscht? Verärgert? Neugierig? Ja irgendwie das alles. Ich spielte mit dem Gedanken die Nachricht einfach zu ignorieren, oder einen der anderen Helden zu schicken. Aber natürlich verwarf ich diese Überlegungen sofort wieder. Das käme einer Beleidigung gleich und eigentlich war ich ja überhaupt nicht sauer auf Khadgar sondern einfach nur ein riesiger Idiot. Ich seufzte. "Schlechte Nachrichten?", fragte plötzlich eine Stimme hinter mir. Ich zuckte zusammen und wandte mich um. Delas sah mich unschuldig an. Ich verdrehte die Augen. "Nicht direkt. Khadgar ruft mich. Das wars wohl mit meinem Urlaub", sagte ich bedauernd. Delas hob eine Augenbraue. "Ach war das jetzt also doch Urlaub? Ich dachte du hattest so viel Arbeit zu erledigen?" Verdammte aufmerksame Elfe. "Du weißt schon was ich meine!", schnappte ich und wandte mich ab, um auf mein Zimmer zu gehen. Ich hörte ein leises Kichern hinter mir und ignorierte es geflissentlich. Die ganze Zeit über in meinem selbstgewählten Exil hatte ich nur ein schlichtes Gewand aus Leder getragen, wie es auch die Novizen zum Schwerttraining anhatten. Nur der Wappenrock der Silbernen Hand, welchen ich darüber trug unterschied mich von ihnen. Leider war das für Dalaran nicht gut genug. Meine Rüstung wartete bereits auf mich. Als ich sie anlegte konzentrierte ich mich nur auf ihr Gewicht, den Geruch des Leders und versuchte nicht an den Grund zu denken warum ich sie anlegte. Wahrheitshüter und Eidsucher funkelten mir bereits entgegen. Anders als meine Rüstung waren beide ohne jeden Makel. Zu mächtig war die Magie, die ihnen inne wohnte. Ich nahm das mächtige Schild in die Hand und fühlte wie mich seine Wärme erfüllte. Unwillkürlich lächelte ich. Erst jetzt bemerkte ich wie sehr mir diese Wärme gefehlt hatte. Zuversicht, von welcher ich erst nicht bemerkt hatte, dass sie fort gewesen war nahm ihren Platz wieder ein. Ich war bereit. Als ich auf der anderen Seite des Portals Dalarans Boden betrat wehte mir der unverkennbare Geruch der Großstadt entgegen. Interessanterweise unterschied er sich nur wenig von dem des Pestlandes. Scheinbar hatte Delas mein Erscheinen angekündigt, denn Belore, mein Wyvern wartete bereits auf mich. Liebevoll streichelte ich ihm durch die zottige Mähne, was er dunkel brummend genoss. "Es tut mir leid mein Großer. Ich hab dich vernachlässigt", murmelte ich in sein Ohr, doch er schnaubte nur leise. Ein Glück waren Wyvern selten nachtragend. Mit Greifen verhielt es sich wohl anders wie ich gehört hatte. Mit einem Satz schwang ich mich in den Sattel und Belore trabte hinaus in die Sonne. Der Weg war zwar nicht weit bis zur violetten Zitadelle, aber ich war froh einfach über die Massen, welche sich durch die Straßen von Dalaran schoben hinweg fliegen zu können. Man konnte nie ahnen wem man begegnete. Doch nun versuchte ich mich für die Begegnung zu wappnen welche mir unweigerlich bevorstand. Belore landete auf der breiten Treppe, welche zur Zitadelle hinauf führte und ich stieg ab. "Warte auf mich", flüsterte ich dem geduldigen Tier zu, welches sich sofort artig setzte und mehr als einem ungeduldigen Magier den Weg versperrte. Ich sah die Stufen hinauf und fühlte mich klein, ob der riesigen Türme der Zitadelle und der Macht ihrer Herren. Der Rat der Sechs hielt sich fast immer hier auf. Sie waren es die meinen Wahrheitshüter noch stärker gemacht und das bereits von Titanen als unüberwindlichen Wall erschaffene Schild nun endgültig unbesiegbar gemacht hatten. Zumindest wenn sein Träger sich als stark genug erwies. "Bloß keinen Druck", murmelte ich. Meine Beine nahmen mechanisch eine Stufe nach der anderen. Schon stand ich vor dem riesigen Eingang und bevor ich richtig in Panik geraten konnte, war ich auch schon hindurch und fand mich vor dem Rat der Sechs wieder. Unter ihnen natürlich Khadgar. Ich verbeugte mich leicht vor ihnen. "Ihr hattet mich rufen lassen", wandte ich mich direkt an Khadgar. Zu meiner Erleichterung hörte ich kein Zittern in meiner Stimme. Ein Lächeln zog sich über sein Gesicht. "In der Tat. Es tut gut Euch wieder zu sehen. Macht mir die Freude und begleitet mich auf einen kleinen Spaziergang." Ohne ein weiteres Wort ging er an mir vorbei. Ich schaute ihm verdutzt nach, verbeugte mich schnell zum Abschied vor den anderen Ratsmitgliedern und eilte ihm hinterher. Khadgar war bereits auf der ersten Stufe, bevor ich ihn einholte. Schweigend lief ich an seiner Seite und wurde immer unruhiger. Scheinbar war es doch etwas äußerst wichtiges, wenn er den Auftrag nicht mal vor dem Rat mit mir besprechen wollte. "So gern ich auch die Ausreden der Studenten höre, warum sie zu spät zum Unterricht erschienen sind, so denke ich doch es gibt einen besseren Rastplatz für Euren Begleiter", meinte Khadgar plötzlich milde schmunzelnd. Ich sah zu Belore hinab, welcher immer noch entspannt auf der Hälfte der Stufen saß und eine wachsende Zahl verärgerter Magier, die sich an ihm vorbei drücken musste, jedoch auch nicht den Mut aufbrachten irgendetwas gegen den trägen Berg aus Muskeln und Klauen zu unternehmen. "Oh. Verzeihung. Belore! Auf!", rief ich zu ihm hinab und sofort schnellten seine Ohren zu mir herum, kauerte sich nieder und sprang dann in die Luft, seine Flügel entfaltend. Ich kicherte leicht, als ein paar der umstehenden Magier vor Schreck laut aufkreischten. Wahrlich nicht alle sind für den Kampf geschaffen. Ich wandte erstaunt den Kopf, als ich Khadgar neben mir ebenfalls kichern hörte. Wir sahen uns an und dann brach das Lachen aus uns heraus. Erst am Fuss der Treppe beruhigten wir uns wieder. Anstatt auf der Straße zu bleiben bog Khadgar nach links ab auf den hübsch gepflegten Rasen, welcher Dalaran umgab. Das Gras war so dicht und weich wie ein teurer Teppisch und ich hatte schon mehr als einmal überlegt, dass er unmöglich ohne Magie so perfekt wachsen konnte. Schweigend gingen wir an der Zitadelle vorbei, ignorierten geflissentlich den weit offen stehenden Eingang zur Kanalisation und wussten natürlich absolut nichts davon, dass es dort unten einen mehr oder weniger illegalen Kampfring gab. "Wisst Ihr woran mich das Gras hier erinnert?", fragte Khadgar plötzlich unvermittelt. Ich schaute unsicher zu ihm, doch er hielt seinen Blick nach vorn gerichtet. "Nein." "An Sturmwind. Im Magierviertel ist überall genau solches Gras. Wart Ihr schon einmal dort?" Wieder schaute ich ihn an, diesmal mit zusammengezogenen Augenbrauen, aber sein Gesichtsausdruck wirkte vollkommen neutral. Scheinbar war die Frage ernst gemeint. "Nein", erwiederte ich deshalb erneut. "Zu schade." "Aber, in Silbermond und dem Immersangwald gibt es ebenfalls solch schönes Gras. Natürlich nicht überall..." Auch nach so langer Zeit war die Narbe, welche die Legion unserer wunderschönen Heimat zugefügt hatte nicht verblasst. Khadgar nickte zustimmend und wir liefen weiter. Hatte er mich nur gerufen, um über Gras zu plaudern? Wir erreichten die halb zerfallene Aussenmauer von Dalaran, stiegen über die herum liegenden Teile hinweg und beobachteten kurz einen Haustierkampf in der davor improvisierten Arena. "Ich hatte überlegt die Mauer endlich wieder ordentlich aufbauen zu lassen, aber dann entgeht einem leicht ein unvergleichlicher Ausblick", sagte Khadgar gedankenverloren und wieß auf den Rand der schwebenden Stadt. Er hatte recht. Schon oft hatte ich selbst inne gehalten, um einen Blick auf die verheerten Inseln oder einfach nur hinab ins tiefe, dunkelblaue Meer zu werfen. Wir setzten unseren Weg am Rand der Stadtmauer fort und waren nun vollkommen allein. "Ihr fragt Euch sicher, warum ich Euch riefen ließ." Ich nickte. "Nun zum einen wollte ich wissen, ob Ihr tatsächlich noch lebt, wie mir Eure Leute auffällig häufig versicherten." Ich sah ein Lächeln auf seinem Gesicht und konnte nicht anders als es zu erwiedern. "Aber natürlich habe ich auch einen weiteren wichtigen Auftrag für Euch." Wieder nickte ich, jedoch ernsthafter. Doch anstatt mir nun endlich diesen Auftrag zu erklären, verfiel er wieder in Schweigen. Ich beobachtete eine nah dahin schwebende kleine Insel. Nur ein Baum wuchs auf ihr. Wie groß wohl die Wellen währen, wenn sie plötzlich hinunter stürzen würde? "Hoch genug um Azsuna zu überfluten sicherlich", kam es plötzlich von Khadgar. Erschrocken wandte ich mich zu ihm. Er lachte laut auf. "Keine Sorge, Gedankenlesen habe ich mir noch nicht angeeignet. Aber ich habe auch schon oft darüber nachgedacht, wenn ich hier entlang komme." Ich stieß ihm meinen Ellenbogen in die Rippen und fiel in sein Lachen ein. "Nun werde ich mir nie wieder erlauben meine Gedanken schweifen zu lassen, solltet Ihr in der Nähe sein." "Verzeiht bitte." Ich winkte lachend ab. Und bemerkte dann, dass Khadgar stehen geblieben war. Ich drehte mich zu ihm. "Nein wirklich. Bitte verzeiht mir." Das Lachen war verschwunden. "Was auf der Feier geschah ist unentschuldbar. Graumähne ist längst zurück nach Sturmwind gekehrt, um weiter Varians Vermächtnis für Anduin zu verderben. Und ich muss leider sagen, dass er tatsächlich das denkt was er in der Nacht sagte." Ich wandte mein Gesicht von ihm ab. Ich wollte nicht, dass er sah wie sehr sich meine Augen bei diesen Worten und der Erinnerung an den Abend verdunkelt hatten. "Leider muss ich sagen, dass ich seinen Hass Euch gegenüber verstehen kann." Sofort öffnete ich den Mund, um zu protestieren, doch Khadgar hob eine Hand. "Lasst mich ausreden. Natürlich nicht Eurer Person gegenüber, schließlich kennt er Euch quasi nicht. Aber für das war Ihr steht." "Die Horde", flüsterte ich. "Die Horde", bestätigte Khadgar. "Die in seinen Augen für den Tod von Varian verantwortlich war. Oder, um noch deutlicher zu sein, Sylvanas Windläufer. Er hasst sie bereits mit allem was er hat, nachdem sie sein Volk aus ihrer Heimat vertrieb und seinen Sohn tötete. Und jetzt ist ausgerechnet sie der neue Kriegshäuptling der Horde. Und... was durchaus auch nicht gerade hilfreich ist. Sylvanas ist und war eine Hochelfe. Und auch wenn ihre jetzige Gestalt nur noch verzerrt an Eure erinnert, so wird es reichen, um Glenns Zorn noch mehr anzufachen." Ich schüttelte langsam den Kopf. "Mag sein, aber, was genau wollt Ihr mir damit sagen?" "Dass ich ganz einfach zu naiv gewesen bin. Ich selbst habe weder mit der Horde noch der Allianz Probleme, doch ich vergaß, dass nicht jeder das ebenfalls so sieht. Ich bildete mir ein, dass wir nun im Angesicht eines viel gefährlicheren Feindes diesen Wahnsinn hinter uns lassen könnten. Das war ein Fehler. Und dafür möchte ich Euch um Verzeihung bitten." Und bevor ich irgendetwas sagen konnte, kniete Khadgar plötzlich vor mir im Gras, den Kopf gesenkt. Ich konnte nur mit weit aufgerissenen Augen da stehen. "Solltet Ihr mir weiterhin grollen, so muss ich das natürlich akzeptieren, aber ich würde es wirklich bedauern", fügte er hinzu, nachdem sich die Stille unheimlich in die Länge gezogen hatte. "Oh nein, nein, also, nein. Ich bin Euch nicht böse, das war ich nicht eine Sekunde. Wie könnte ich auch? Nun steht endlich wieder auf!", rief ich aufgeregt. Lächelnd und leicht ächzend erhob er sich wieder. "Bitte, das war ein furchtbarer Moment, ja, aber es war nicht Eure Schuld. Es gibt nichts zu vergeben." Er legte eine Hand auf meine Schulter. "Ich danke Euch, dass Ihr es so seht. Dann hoffe ich, wir begegnen uns nun wieder häufiger." Ich nickte auf seine nicht richtig gestellte Frage und wir lächelten uns an. Ich fühlte wie eine Last von mir abfiel, die ich zuvor nicht hatte wahrnehmen wollen. "Gut, dann wenden wir uns doch nun wieder der Vernichtung der Legion zu", sein Ton war scherzhaft, aber ich sah auch wie Sorgen seine Augen verdunkelten. Doch was auch immer uns die Legion entgegen schicken würde, die Zuversicht strahlte wieder hell wie das Licht selbst in meiner Brust. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)