Blutschwur von lunalinn (Bis in den Tod...) ================================================================================ Kapitel 6: Tori --------------- Es war eine verzweifelte Aktion, als er einen Satz nach vorn machte, um sich an dem Geröll festzuhalten. Seine Finger rutschten ab, er spürte die Nägel abbrechen, doch der pochende Schmerz war nichts im Vergleich zu dem, als er nur wenige Sekunden später auf der Wasseroberfläche aufschlug. Das Klatschen hallte in seinen Ohren wider und jeder Knochen in seinem Körper schien zu vibrieren, während er in die Tiefe sank. Sein Mantel sog sich mit Wasser voll, fügte noch zusätzliches Gewicht zu seinem eigenen Körper hinzu. Die Luft wurde ihm knapp, er schluckte Wasser und konnte keinen Muskel rühren, um sich wieder nach oben zu ziehen. Die Hilflosigkeit griff nach ihm, schien ihn zu würgen und er konnte nichts dagegen tun. Er wollte nicht sterben…er durfte nicht sterben. Nicht so…nicht hier…und erst recht nicht jetzt! Er sah Sasukes verweintes Gesicht vor sich…erinnerte sich an seine grausamen Worte, bevor er ihn zurückgelassen hatte. Nein, er hatte noch eine Aufgabe zu erledigen…so durfte es nicht enden! Es waren seine letzten Gedanken, bevor sein Bewusstsein schwand und er sich in der Finsternis verlor… Als er wieder zu sich kam, fühlte er überdeutlich jeden schmerzenden Knochen in seinem Körper, so dass seine erste Reaktion, nämlich hochzufahren, in einem vergeblichen Versuch endete. Ein leises Stöhnen entwich ihm, als er sich darüber hinaus dem unangenehmen Pochen in seinem Kopf bewusst wurde. Es hämmerte so stark gegen seine Schläfen, dass ihm richtig übel davon wurde. Er blinzelte ein paar Mal, musste sich selbst an das schwache, dämmrige Licht erst einmal gewöhnen. Er lag auf etwas Weichem – vermutlich ein Futon – und jemand hatte ihn anscheinend in eine Decke gewickelt. Trotzdem war ihm kalt, was vermutlich seinem Zustand zu verdanken war…er kniff kurz die brennenden Augen zusammen, ehe er den Kopf zur Seite drehte und den Blick durch den Raum schweifen ließ. Wie es aussah, befand er sich in einem fremden Haus…auf dem Boden neben ihm befand sich eine Schüssel mit Wasser und daneben lag ein Lappen. Jemand musste ihn hierher gebracht haben, nachdem er von der Klippe gestürzt war. Vielleicht Kisame? Bei dem Gedanken an seinen Partner kochte die Wut in Itachi hoch, denn immerhin war es dessen Leichtsinn, der sie in diese Situation gebracht hatte. Andererseits musste sich der Uchiha eingestehen, dass er ebenfalls Schuld an dieser Misere trug, denn er hatte sich dazu entschieden, dem Haimenschen zu helfen. Hätte er sich nur um sich selbst gekümmert, wäre ihm das nicht passiert. Vor allem da Kisame vorher gemeint hatte, er sollte sich nicht einmischen. Wahrscheinlich durfte er sich das gleich anhören – falls es tatsächlich sein Partner war, der ihn hierher gebracht hatte. Hoffentlich war Kisame nicht so undankbar, wie er ihn einschätzte, und nutzte seine Situation aus. Aber wäre dies der Fall, so hätte er ihn auch erledigen können, anstatt ihn hierher zu bringen und sich um ihn zu kümmern. Itachi seufzte leise und schloss wieder die Augen, da der Schein der Öllampe seine Kopfschmerzen verschlimmerte. Dann hielt er jedoch inne und hob ungelenk den Arm, um sich den Pony beiseite zu streichen. Das Stirnband fehlte…offen fielen ihm seine Haare über die Schultern. Sein Blick glitt zu seinem Arm, der bandagiert worden war, und er musste sich gar nicht erst die Mühe machen, die Decke anzuheben, um zu erkennen, dass er komplett versorgt worden war. Das bedeutete jedoch auch, dass er abgesehen von den Bandagen komplett unbekleidet war. Ihm wurde unwohl bei dem Gedanken, Kisame oder jemand Fremdes könnte soweit in seine Intimsphäre eingedrungen sein. Andererseits war es für seine Gesundheit sicherlich förderlich, wenn man ihn nicht in der nassen Kleidung liegen ließ. Er entschied daher, es zu akzeptieren, immerhin war er kein pubertierender Jugendlicher, der sich über Schamgefühl aufregen musste. Zumal er generell ganz andere Sorgen hatte…und eine davon war, dass er sich kaum bewegen konnte. Vermutlich durfte er sich glücklich schätzen, dass er sich weder das Genick gebrochen hatte noch von einem Felsbrocken erschlagen worden war. Itachi hielt in seinen sarkastischen Gedanken inne und sah auf, als die Tür geöffnet wurde. Schon von der Größe her konnte es sich nicht um Kisame handeln, denn die Person war nicht viel größer als er selbst. Quietschend wurde die Tür wieder geschlossen und er hörte leise Schritte, die sich ihm näherten. Er spannte sich automatisch an, auch wenn das seine Wunden noch mehr schmerzen ließ…doch wem konnte er noch trauen? Da er das Stirnband verloren hatte, konnte er zwar hoffen, nicht als Nuke-nin enttarnt zu werden, doch er hatte den Mantel getragen…wobei Akatsuki nicht gerade bekannt war. Noch nicht zumindest. Wenn ihn jedoch jemand erkannte, würde man auf der Stelle die ANBU rufen, und in seinem momentanen Zustand wäre er geliefert. Sie würden ihn verhören, foltern und schließlich aufgrund seiner Verbrechen exekutieren lassen. Itachi hätte sich eher die Zunge abgebissen, als von seinen wahren Motiven zu berichten. Seine Augen folgten unablässig der Person, die sich nun die Kapuze vom Kopf zog und sich neben ihn kniete. Kurzes, braunes Haar umrahmte ein feminines Gesicht, aus dem ihm ein grünes Augenpaar überrascht entgegen blitzte. „Oh, du bist wach!“, hörte er das Mädchen sagen, während es seinen Rucksack achtlos auf den Boden schmiss. „Na, ein Glück…“ Itachi behielt es sich vor zu schweigen, während er sie musterte; sie konnte nicht viel älter als er selbst sein. Höchstens 18 Jahre, wenn er sich nicht verschätzte…und ein wenig beruhigte er sich. Zwar konnte ihm eine ausgebildete Kunoichi in seinem Zustand ebenfalls gefährlich werden, doch erstens hatte sie ihn offenbar gerettet und zweitens wirkte sie mehr wie eine Zivilistin. Zumindest konnte er kein Stirnband, Waffen oder ähnliches an ihr entdecken. „Als ich dich gefunden habe, dachte ich schon, du seist tot“, berichtete sie und tauchte den Lappen ins Wasser, wrang ihn aber gleich wieder aus. „Du hast kaum noch geatmet, weißt du? Da war überall Blut – das lief selbst aus deinen Ohren! Ich hab mich richtig erschrocken! Da war einiges gebrochen…du hast echt Glück, dass ich Ahnung von medizinischen Jutsus habe, sonst hättest du das nicht überlebt.“ Also doch eine Kunoichi…sonst würde sie nicht über solche Fähigkeiten verfügen. Still lauschte er ihr, sah keinen Sinn darin, sie zu unterbrechen. Anscheinend hatte sie ihn nicht als Nuke-nin erkannt, so wie sie auf ihn reagierte. „Normalerweise hätte ich dich ja direkt ins Krankenhaus gebracht, aber mein Zuhause ist näher dran, weißt du?“ Da hatte er wohl Glück im Unglück gehabt, denn in einem Krankenhaus hätte bestimmt jemand sein Gesicht aus dem Bingo-Buch gekannt. „Bist du irgendwo über Bord gegangen? Wobei deine Wunden echt heftig waren…vielleicht doch eher die Klippen? Mann, das muss richtig übel gewesen sein…würde drauf wetten, dass du die Gehirnerschütterung immer noch spürst, was? Dein Körper braucht viel Ruhe…auch wenn du schon fünf Tage geschlafen hast.“ Itachi stutzte, als sie das Letzte erwähnte; er war fünf Tage nicht ansprechbar gewesen? „Na ja, zwischendurch warst du schon wach…aber nicht so ganz bei dir. War ziemlich mühsam, dir ständig Wasser einzuflößen, damit du mir nicht austrocknest! Oh, und mach dir keine Sorgen, ich hab die Ausbildung als Medic-nin zwar nicht abgeschlossen, aber ich bin professionell genug für sowas! Also nur kein Schamgefühl, weil ich dich nackt gesehen und gewaschen hab!“ Wie konnte ein Mensch eigentlich so viel reden? Er hatte Mühe, den Worten überhaupt zu folgen, und wusste nicht recht, was er sagen sollte, als sie ihn nun so erwartungsvoll angrinste. „Ich bin übrigens Tori!“, stellte sie sich vor und blickte ihn auffordernd an. Als er nichts erwiderte, seufzte sie leise und fuhr sich durch das abstehende Haar. „Du könntest mir wenigstens deinen Namen sagen…ich meine, ich weiß, dass du nicht stumm bist. Du hast zwischendurch ein paar Worte gemurmelt…und ziemlich oft einen Namen genannt. Sasuke…aber das ist ja wohl nicht dein eigener Name, oder doch?“ Itachi spürte, wie sich etwas in ihm schmerzhaft zusammenzog…dann nickte er knapp. Es war besser, wenn er seinen richtigen Namen verschwieg. „Echt? Na ja, kann mir ja auch egal sein, ob du die Wahrheit sagst…es sei denn, du bist irgendein Verrückter, der auf der Flucht ist, weil er eine Menge Leute abgemurkst hat!“ Itachi sah sie unbewegt an, doch innerlich erstarrte er zur Salzsäule. Sein Herz schien seine Brust sprengen zu wollen, so heftig begann es zu rasen. Jedenfalls bis Tori anfing zu lachen und ihm den nassen Lappen auf die Stirn klatschte. „Hey, ich hab nur Spaß gemacht! Du bist ja noch ein halbes Kind! Außerdem bist du gerade ziemlich auf meine Hilfe angewiesen, was?“ Sie zwinkerte ihm zu und griff dann nach ihrem Rucksack, um darin zu kramen. „Ich hab dich übrigens mit Suppe gefüttert…war einfacher, aber so langsam solltest du wohl wieder kauen können, denke ich. Hier…versuch das gleich mal – ich helfe dir beim Aufsetzen!“ Sie stellte die Packung mit den Onigiri auf dem Boden ab und rückte dann ein wenig näher, um ihm unter die Arme zu greifen. Itachi hatte nicht wirklich etwas dagegen, immerhin musste sein Kreislauf langsam wieder in Schwung kommen, so elend es ihm auch ging. Zwar widerstrebte es ihm, sich von einer Fremden anfassen zu lassen, aber er kämpfte sein Missfallen zurück. Ein schmerzerfülltes Keuchen konnte er dennoch nicht unterdrücken, als sie ihm half, sich in einer sitzenden Position an die Wand zu lehnen. „Ja, so ist schon besser…ist dir übel?“ Er schüttelte sachte den Kopf, auch wenn ihm tatsächlich schlecht war. Prüfend wurde er angesehen, ehe sie eines der Onigiri auspackte und ihm dieses hinhielt. „So…probier mal!“ Da er wieder Gefühl in den Armen hatte, fiel es ihm nicht schwer, das Reisbällchen zu nehmen. Tatsächlich bemerkte er erst, wie hungrig er war, nachdem er einen Bissen zu sich genommen hatte. Reis hatte nie besser geschmeckt als in diesem Moment und er genoss ihn – obwohl sich sein Kiefer anfühlte, als sei er zertrümmert worden. Medic-Jutsu hin oder her…es hatte ihn halt wirklich übel erwischt. Jedoch ließ es sich aushalten, so dass er kommentarlos kaute. Tori sah ihm ein paar Sekunden lächelnd zu, ehe sie ihm eine Wasserflasche reichte. „Danke.“ Sie wirkte zuerst irritiert, dass er endlich mal etwas sagte, doch dann strahlte sie ihn an. Itachi kam der Gedanke, was sie getan hätte, wenn sie gewusst hätte, dass er tatsächlich ein Massenmörder war. Vermutlich hätte sie sich gewünscht, ihn in seinem Blut liegen gelassen zu haben. Davon ahnte sie jedoch nicht das Geringste und seinetwegen konnte das gern so bleiben. Sobald er wieder alleine laufen konnte, wäre er hier weg…und er würde Kisame finden müssen. Fünf Tage…der Hüne würde nie im Leben so lange nach ihm suchen. Wahrscheinlich war er längst zu Pain zurückgekehrt und hatte seinen Tod verkündet. Was Madara wohl dazu sagen würde? Itachi war sich nicht sicher, ob sein Vorfahre darüber betrübt wäre…immerhin unterschieden sich ihre Ziele nach dem Clan-Mord gewaltig. „Kein Problem…du kannst übrigens ruhig eine Weile bleiben. Ich wohne hier zwar mit meinem Freund…“ Diese Neuigkeiten alarmierten Itachi wiederum; sie war nicht allein? Mehr Menschen bedeuteten eine erhöhte Gefahrenquelle, falls man ihn erkannte. „…aber er ist gerade auf Mission. Für ihn ist das Shinobi-Dasein das Richtige, deshalb ist er oft unterwegs. Kann man nichts machen, was?“ Irrte er sich oder hörte er da einen traurigen Unterton? So viel, wie sie redete, war sie auch denkbar ungeeignet, um Kunoichi zu sein…viel zu vertrauensselig. Er hätte ihr nur in die Augen schauen müssen…ein unauffälliges Gen-Jutsu und schon wäre das ihr sicherer Tod gewesen. „Ich hab’s aufgegeben…auch als Medic-nin muss man bereit sein, jemanden zu töten, wenn es nötig ist. Tja…ich wäre da nur eine Behinderung, verstehst du? Deshalb bleib ich lieber hier und helfe manchmal im Krankenhaus aus…das reicht mir. Du hast Glück, dass ich gerade sowas wie Urlaub habe!“ Ein paar Minuten und schon kannte er ihre halbe Lebensgeschichte. Seine Kopfschmerzen linderte das viele Gerede nicht, eher im Gegenteil, aber er war nicht so undankbar, als dass er sie unterbrochen hätte. „Bleib also ruhig, bis es dir besser geht, ja?“, bot sie ihm freundlich an und er nickte zur Antwort. Kurz herrschte Schweigen zwischen ihnen, dann schmunzelte sie. „Bist eher der stille Typ, ja? Schade…aber gut, wenn du etwas brauchst, sag mir einfach Bescheid.“ Wieder ein Nicken und er war schlichtweg froh, dass sie ihn nicht ausfragte; jedenfalls noch nicht. Als er aufgegessen und einen Schluck getrunken hatte, legte er sich wieder hin. Eigentlich war es trotz allem leichtsinnig, sich auszuliefern…doch er lag hier seit fünf Tagen rum. Was hatte er noch zu befürchten? Nun gut, zumindest bis ihr Freund zurückkam, sollte er verschwunden sein. Mit diesem Gedanken schloss er die Augen und driftete in einen unruhigen Schlaf ab. So langsam riss Kisame doch der Geduldsfaden, denn es waren schon fünf Tage vergangen, seit er den Uchiha verloren hatte. Samehada hatte ihn, wie erwartet, relativ schnell gefunden, so dass er das Schwert inzwischen wieder gesichert auf dem Rücken trug. Unzufrieden blickte er aufs Wasser, während er auf einem steinernen Vorsprung nahe des Wassers saß und überlegte, wie er den Jungen am schnellsten finden konnte. Sein einziger Hinweis bisher war der schwarze Stofffetzen mit den roten Wolken vor zwei Tagen und da hatte er eigentlich gedacht, auf dem richtigen Weg zu sein. War Itachi noch weiter abgetrieben worden? Ertrunken oder irgendwo verendet? Frustriert griff er neben sich, warf einen größeren Stein ins Wasser – und stutzte, als seine Handlung mehr Wellen als erwartet schlug. Im nächsten Moment sprang er auf, als er eine Rückenflosse aus dem Meer ragen sah und er gleich darauf eine Art finsteres Grollen vernahm. Die Schwanzflosse des gut fünf Meter langen Hais peitschte durch die Luft und übergoss ihn mit einem Schwall Wasser. Kisame brummte finster, während er sich durch das nasse Haar strich…tja, selbst schuld, wenn man seinen Verbündeten mit Steinen bewarf. Er sollte wohl froh sein, dass da noch genügend Abstand zwischen ihnen war, so dass ihn das aufgerissene Maul mit den vielen Zahnreihen nicht erfassen konnte. „War keine Absicht“, entschuldigte er sich seufzend, ehe er sich noch mal erkundigte: „Was gefunden?“ Der Hai funkelte ihn aus seinen dunklen Augen beinahe vorwurfsvoll an, ehe er einfach wieder abtauchte. Verdutzt sah Kisame zu, wie sich die Rückenflosse immer weiter von ihm entfernte. Sowas…war da etwa jemand beleidigt? Er schüttelte den Kopf, wollte sich gerade abwenden, als ihm etwas auffiel. Ah, nun verstand er den Blick von eben…das nächste Mal sollte er seinen Verbündeten wohl belohnen, wenn dieser ihm den Hinweis schon praktisch vor die Füße warf. Er kniete sich hin, hob den dunklen Stoff vom Boden auf und drehte ihn in der Hand. Die kleine Metallplatte klimperte, zeigte ein durchgestrichenes Symbol, das ihm nicht unbekannt war. Immerhin ein Zeichen, das darauf hoffen ließ, dass der Uchiha noch nicht tot war. Gut, eigentlich war es eher schlecht, dass er immer mehr Kleidungsstücke fand, nicht aber Itachi selbst, doch ihn einfach aufzugeben, kam ihm…falsch vor. Seltsame Denkweise, wo er ihn eigentlich nicht leiden konnte…andererseits war es nicht seine Art, Schulden nicht zu begleichen. Mehr oder minder zufrieden schob er das Stirnband in seine Hosentasche und stand wieder auf. Wenn er Itachi – im besten Fall lebendig – gefunden hatte, würde er ihn erst einmal fragen, was ihm einfiel, ihm das Leben retten zu wollen. Auf die Antwort war er jetzt schon gespannt… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)