Blutschwur von lunalinn (Bis in den Tod...) ================================================================================ Kapitel 31: Partner ------------------- Vollkommene Finsternis herrschte um ihn herum, als er schließlich wieder zu sich kam. Die Luft war stickig und da war nicht einmal ein kleiner Lichtstrahl, sodass es ihm nicht möglich war, sich zu orientieren. Sein Kinn fühlte sich steif an, wobei sich der Schmerz nicht mehr allein darauf beschränkte, sondern sich nun auch noch durch seine Stirn zog. Was war passiert? War er tatsächlich bewusstlos gewesen? Er brauchte ein paar Sekunden, um sich zu sammeln und zu realisieren, dass er auf etwas lag. Etwas, das sich leicht bewegte…und in sein Haar atmete. Innerlich gefror alles in ihm, so dass er wie gelähmt liegen blieb, seine Finger in den Stoff unter sich grub. „...Kisame?“ Ein nasales Stöhnen antwortete ihm, viel zu nahe an seinem Ohr, und er wusste nicht, ob er Erleichterung fühlen sollte oder nicht. Sie waren diesen Oto-nin gefolgt, plötzlich war ihnen der Boden unter den Füßen weggebrochen und sie waren gefallen, erinnerte er sich. Anscheinend war er auf dem Hünen gelandet, wenn er ihre Lage richtig deutete, und in dem Moment war Itachi froh, dass es dunkel war. Er versuchte, sich vorsichtig aufzurichten, wobei er sich auf Kisames breiter Brust abstützen musste, was diesen murren ließ. „Wärst du so gütig, dein…Knie da wegzunehmen?“, grollte es unter ihm und Itachi stutzte. Dann verstand er und rollte sich abrupt seitlich von dem Älteren runter, um die Situation nicht noch unangenehmer zu machen, als sie bereits war. Dass er sein Knie in Kisames Schritt gedrückt hatte, war zwar keine Absicht gewesen, doch besser machte es das wohl nicht. „…entschuldige.“ Er bemerkte selbst, dass er sehr undeutlich sprach, tastete mit den Fingern sein Kinn ab, das sich dicker als normal anfühlte. In ein paar Tagen würde sich das bestimmt zu einem gut sichtbaren Farbenspiel in seinem Gesicht entwickeln. „Kannst du dir sonst wohin stecken“, knurrte der Ältere bloß, wobei er immer noch etwas nasal klang. Vermutlich war seine Stirn mit der Nase des anderen kollidiert, als er auf ihn gefallen war. Natürlich war das nicht der eigentliche Grund, weswegen Kisame so wütend war. Itachi entschied, nicht weiter darauf einzugehen, sondern sich lieber Gedanken darum zu machen, wo sie sich befanden. Außer den Geräuschen aus unmittelbarer Nähe konnte er nichts Verdächtiges hören, so dass er davon ausging, dass sie allein hier waren. Zumindest noch. Wer wusste schon, wie lange das so bleiben würde? Er richtete sich auf, wobei sich seine Beine ungewohnt wacklig anfühlten, doch immerhin knickte er nicht ein. Vorsichtig setzte er einen Schritt vor den anderen, wobei er jedes Mal erst antestete, ob da überhaupt fester Boden war. Schließlich berührten seine Finger kaltes Gestein und er tastete sich an der Wand entlang. Es wunderte ihn, dass von Kisame gar nichts mehr kam, doch er versuchte nicht darauf zu achten, sondern konzentrierte sich auf seine Umgebung. Hätte er seinen Partner angesprochen, hätte er es wohl höchstens schlimmer gemacht, so dass er lieber stumm blieb. Irgendwann musste sich Kisame beruhigen – jedenfalls hoffte er das. Der Uchiha hielt inne, als seine Hände eine Art Halterung in der Wand fanden – und tatsächlich konnte ihnen das helfen, sich besser zurechtzufinden. Tief atmete er durch, ehe er Fingerzeichen schloss und ein vergleichsweise kleines Katon entzündete. Viel mehr hätte er mit dem schmerzenden Kiefer auch nicht hinbekommen, doch es reichte aus, um die Fackel zu entzünden und ihnen Licht zu spenden. Itachis Blick glitt zuerst zu Kisame, der sich gerade ebenfalls aufrichtete, sich mit grimmiger Miene umsah. Beiläufig wischte sich der Hüne über die Nase, an der etwas Blut klebte. Die Raubtieraugen wanderten durch den Raum, blieben schließlich an dem einzig möglichen Ausgang hängen. Die Decke über ihren Köpfen schien aus demselben Gestein wie die Wände zu bestehen und er vermutete, dass sie durch eine Art unterirdischen Gang gefallen sein mussten. Der Haufen aus Geröll und Erde, der sich an der gegenüberliegenden Seite sammelte, ließ darauf schließen, dass sie nicht auf demselben Wege hier rauskamen. Hatten die Oto-nin den Gang verschlossen, um sie in eine bestimmte Richtung zu treiben? Was lauerte hier noch auf sie? „Der Dreck geht diesmal auf dein Konto!“ Seine Sharingan fixierten seinen Partner, der ihn anfunkelte, als wünschte er ihm die Pest an den Hals. Tat er wahrscheinlich auch…und Itachi konnte es ihm nicht gänzlich verdenken. Dennoch brachte es überhaupt nichts, wenn sie sich weiter stritten. „Und du glaubst, Schuldzuweisungen bringen uns hier aus?“, entgegnete er ruhig. „Nein“, schnappte Kisame. „Aber es hält mich davon ab, dir den Hals umzudrehen – also sei dankbar!“ Itachi verbiss sich jede weitere Provokation, schaute den Haimenschen nur an, während er seine nächsten Worte überdachte. Das Feuer der entzündeten Fackel warf Schatten, die über die Wände tanzten, spendete jedoch keine Wärme – bei Kisames Ausdruck bekam man jedoch ohnehin das Gefühl, die Eiszeit herrsche wieder. „Wir sollten hier nicht länger bleiben“, meinte der Uchiha bloß und nahm die Fackel aus der Halterung. Kisame schnaubte daraufhin nur, ehe er sich abwandte und den einzig verfügbaren Ausgang fixierte. Mit Sicherheit würden sie nicht einfach so passieren können, das wäre zu einfach. Die Oto-nin mussten irgendeinen Plan verfolgen, wenn sie sie absichtlich hierhergelockt und den Eingang verschüttet hatten. Da Kisame anscheinend beschlossen hatte, nichts mehr dazu zu sagen, ging er an diesem vorbei, hielt dabei die Fackel etwas höher, um besser sehen zu können. Der Gang erinnerte an einen Tunnel, war recht eng und nicht besonders hoch, so dass Kisame bestimmt gebeugt laufen musste. Er drehte sich nicht zu dem anderen um, auch wenn es ihm seit langer Zeit nun zum ersten Mal schwer fiel, ihm den Rücken zu kehren. Doch das hatte er sich selbst zuzuschreiben, schließlich hatte er ihn bewusst ausgetrickst. Es war nicht so, dass er kein schlechtes Gewissen deswegen hatte. Zumal er dem Älteren auch noch ziemlich harsche Worte entgegengeschleudert hatte. Worte, von denen er gerade mal die Hälfte auch so gemeint hatte. Vielleicht hatte er übertrieben, doch ihre Wirkung hatten sie nicht verfehlt. Er versuchte, es zu verdrängen, konzentrierte sich lieber auf den Weg vor ihm, allerdings fiel es ihm nicht leicht. Er konnte spüren, wie Kisames Blick in seinem Nacken brannte…ebenso wie die Schmerzen, die durch seinen Kiefer pulsierten. Dann stutzte er plötzlich, blieb ohne Vorwarnung stehen – woraufhin Kisame hinter ihm knurrte. „Was ist?“ Itachi antwortete nicht sofort, horchte stattdessen auf. Hatte er sich das eingebildet? Er zog die Stirn in Falten, bedeutete seinem Partner mit einer Handbewegung zu warten. Es war wieder vollkommen still in der Höhle, so dass seine Anspannung langsam verflog. „…ich dachte, ich hätte etwas gehört“, murmelte er. „Eine Art Zischen…“ Kisame gab ein genervtes Geräusch von sich. „Wenn das schon wieder eine Schlange ist, kannst du dich gern allein drum kümmern“, brummte er ihm zu. „Ich hab genug davon.“ Itachi verstand die Anspielung auf sein Gen-Jutsu, kommentierte das aber nicht. Jedoch warf er dem Hünen einen Blick über die Schulter zu, den dieser finster erwiderte. Wie erwartet stand der andere gebeugt, war zu groß für den Tunnel. „Hoffen wir, dass ich mich geirrt habe“, sagte er leise. Kisame nickte, wenn auch widerwillig, das merkte man ihm an. Zumindest redete er wieder einigermaßen normal mit ihm, mehr konnte Itachi wohl auch nicht verlangen. „Wenn wir hier drin kämpfen, werden wir wahrscheinlich verschüttet“, bemerkte er trocken. Jedenfalls würden sie hier drin nur schwer ihre Jutsu anwenden können, das stand fest. Seine eigenen Feuerkünste würden innerhalb weniger Sekunden den ohnehin schon knappen Sauerstoff vollständig aufzehren und sie somit einen qualvollen Erstickungstod sterben lassen. Und auch wenn Wasser Kisames Element war, konnte Itachi nicht das Gleiche über sich behaupten, wollte das Risiko des Ertrinkens lieber nicht eingehen – zu lebhaft war ihm noch die Erinnerung an Kisames Wassergefängnis im Gedächtnis, als dass er dies noch einmal erleben müsste. Zumal er Kisame gerade in Anbetracht der momentanen Spannungen zwischen ihnen keine Gelegenheit bieten wollte, seinem Verlangen nach Vergeltung nachzugeben, an deren Ende er sich mitunter dazu hinreißen lassen würde, sich seiner zu entledigen. Itachi ging weiter, wollte nicht riskieren, dass die Fackel abbrannte und sie wieder im Dunkeln standen. Das wäre mehr als ungünstig. Jedoch ertönte das eigenartige Geräusch nach kurzem erneut und diesmal musste Kisame es ebenfalls vernommen haben. Es war diesmal mehr ein Schlurfen als ein Zischen und es kam näher. Itachi spannte sich an, ehe er einen Blick mit dem Hünen tauschte. Dieser verengte die Raubtieraugen, ehe er ihm bedeutete, weiterzugehen – gut, viele andere Optionen hatten sie ja auch nicht. Vielleicht war es nur irgendein wildes Tier. Wohl zu ihrer beider Erleichterung endete der Tunnel endlich, wenngleich es nicht viel mehr Licht als zuvor gab. Bedeutete das, dass sie auch auf diesem Wege nicht zurück an die Oberfläche gelangen konnten? Möglicherweise gab es weitere Tunnel, die hier rausführten…? Es musste irgendeinen Ausweg geben. Kisame trat neben ihn, kaum dass sie wieder etwas mehr Platz hatten. Der Raum ähnelte dem vorigen, es gab außer den Fackeln an den Wänden nichts zu sehen. Itachi wandte sich zur Seite, tauschte eine der Fackeln in den Halterungen aus und zündete eine weitere mit seinem Katon an. „Itachi…“ Der Uchiha blickte auf, als er die Stimme seines Partners hörte, wollte sich gerade umdrehen, als ihm etwas auffiel. Der Boden unter seinen Füßen fühlte sich so eigenartig an, uneben, als würden spitze Steine dort liegen…und als er nach unten sah, verstand er auch, warum dies so war. Einige spitze Knochenreste ragten aus der Erde hervor und ein paar davon waren eindeutig keinen Tieren zuzuordnen. Anscheinend waren sie nicht die ersten Menschen, die hier gelandet waren. Langsam drehte er sich zu seinem Partner um und es kostete ihn alle Mühe, seine stoische Miene beizubehalten, als sein Blick auf etwas Großes hinter Kisame fiel. Was zur Hölle war das für ein…Wesen? Er konnte nicht fassen, dass sie es überhaupt hatten übersehen können. Es ging auf zwei stämmigen Beinen, die recht menschlich wirkten, ebenso wie der Unterleib, der von einer kurzen, zerfledderten Hose bedeckt war. Der Torso schien aus Stein zu bestehen, einer Art Panzerung, die sich auch über die Arme zu ziehen schien. Statt Händen besaß es rechts eine Zange und auf der linken Seite eine Art Bohrer. Das Ding war mit Sicherheit einen Kopf größer als Kisame und noch breiter als dieser. Der reptilienartige Schwanz peitschte auf den Boden und das Wesen drehte ihnen sein verformtes Gesicht, aus dem ihnen nur ein gelb leuchtendes Schlangenauge entgegen glotzte, zu. Wenn es mal ein Mensch gewesen sein sollte, erinnerte nicht mehr viel daran, denn es wies keine menschlichen Züge mehr auf. Der Mund der Kreatur war ein lippenloser, breiter Riss, aus dem scharfe Zähne hervorblitzten. „Das ist echt krank…“, hörte er Kisame sagen und pflichtete ihm im Stillen bei. Es war kein Geheimnis, dass Orochimaru Experimente an Menschen vornahm, und wenn man sich dieses Ding ansah, kam man recht schnell zu dem Schluss, dass hier etwas gründlich schief gelaufen war. Hielt er es deswegen hier unten? Damit es unliebsame Eindringlinge aus dem Weg räumte? Er trat wieder neben Kisame, woraufhin das Wesen mit seinen deformierten Armen über den Boden schleifte, den verschorften, haarlosen Kopf in ihre Richtung drehte. Dabei gab es erneut dieses Zischen von sich und eine große gespaltene Zunge wurde sichtbar. „Vielleicht kann es uns verstehen“, überlegte er, woraufhin Kisame abfällig die Nase rümpfte. „Hast du dir das Vieh mal angesehen? Das ist doch kein Mensch mehr…auch wenn es vielleicht mal einer war.“ Er zog Samehada und machte sich bereit, sich dem Wesen entgegen zu stellen. Dieses jaulte daraufhin auf, schien aggressiver zu werden, denn es schlug die Zange mit so viel Wucht auf den Boden, dass dieser erbebte – hoffentlich hielt die Höhle stand. Zwar hatten sie hier mehr Platz als im Tunnel, doch einen Kampf zu provozieren, hielt er für unklug. Jedoch gab es kein Zurück mehr, denn das Monster polterte nun auf Kisame und ihn los. Sie wichen gleichzeitig zu verschiedenen Seiten aus und es prallte mit dem Kopf voran gegen die Höhlenwand. Von oben rieselte Erde auf sie herab, doch dem Wesen schien das egal zu sein, denn es rappelte sich auf und jagte direkt wieder auf seinen Partner zu. Er sah, wie Kisame einen Schlag mit Samehada abwehrte, jedoch einen halben Meter nach hinten geschoben wurde. Die Ablenkung für sich nutzend, sah sich der Uchiha um, wobei es ihm selbst mit seinen Sharingan schwer fiel, in dem dämmrigen Licht etwas zu erkennen. Hinter sich hörte er das Monster brüllen und Kisame fluchen, doch er wandte sich nicht um, sondern konzentrierte sich auf die Wände; sein Partner würde das Vieh in Schach halten können. Tatsächlich fand er einen weiteren Ausgang, genauso schmal und eng wie der vorige, so dass immer nur einer vorangehen konnte. Er drehte sich wieder zu Kisame, welcher soeben durch die Wucht eines Treffers samt Samehada gegen die Wand geschleudert wurde. „Kisame!“, rief er ihn, richtete die Fackel dabei auf den Ausgang. Sein Partner kam direkt wieder auf die Beine, drehte ihm den Kopf zu, während er sich das Blut vom Mund wischte. Obwohl ihm die Aussicht auf Flucht sichtlich widerstrebte, schien er diesmal nicht dagegen anreden zu wollen, denn er nickte nur grimmig. Dann jedoch stutzte der Hüne und Itachi musste sich reflexartig zur Seite werfen, die Fackel aus der Hand verlierend. Das Monster zog derweil seinen Bohrer aus der Erde und polterte wieder auf ihn zu, versuchte ihn zwischen die Zangen zu kriegen. Itachi wich abermals aus, jedoch hatte er den Schwanz des Viehs vergessen, welcher ihn nun erwischte und über den Boden schleuderte. Er spürte seine Rippen ächzen, keuchte auf, während er sich taumelnd wieder erhob. Abermals erzitterte die ganze Höhle, als das Wesen brüllend auf ihn zukam, und der Uchiha verengte die Augen, welche in der Dunkelheit rot aufleuchteten. Bevor er jedoch das Mangekyou Sharingan einsetzen konnte, geriet das Vieh ins Straucheln und kippte plötzlich zur Seite. Zischend wand es sich und Itachi sah, wie Kisame Samehada schulterte, an dem dunkles Blut klebte. Sicher…die Beine des Wesens waren nicht von seinem Panzer überzogen und somit eine Schwachstelle, die Samehada ausgenutzt hatte. Kisame und er wechselten einen kurzen Blick, ehe sie beide herumfuhren und auf den Ausgang zu rannten. Orochimarus Experiment brüllte erneut auf und stürzte ihnen nach, jedoch waren sie bereits aus seiner Reichweite. Itachi konnte die Hand vor Augen nicht erkennen, so dunkel war es in dem engen Gang, aber er hatte keine andere Wahl, als weiterzulaufen. Zwar glaubte er nicht, dass sich das Monster hier durchzwängen konnte, doch er wollte ihr Glück nicht auf die Probe stellen. Hinter sich hörte er Kisame, konzentrierte sich allerdings weiterhin auf den Weg vor ihm. Es musste hier irgendwo rausgehen. Als sie ein paar Minuten später endlich wieder an der Oberfläche waren, schnappten sie beide nach Luft. Mittlerweile hatte die Abenddämmerung eingesetzt, tauchte den Wald, in dem sie sich immer noch befanden, in orangefarbenes Licht. Sowohl Kisame als auch er selbst sahen mitgenommen aus und Itachi sehnte sich nach einem Bad, um die Erde aus seinen Haaren und seiner Kleidung zu bekommen. Allerdings mussten sie sich erst einmal neu orientieren und herausfinden, in welcher Richtung Ame lag. Er blickte auf, als sich Kisame seufzend durch die blauen Haare fuhr, dabei den Blick über ihre Umgebung schweifen ließ. Anscheinend wusste er auch nicht viel mehr als er selbst, wenn er auch nichts sagte. Der Uchiha war sich darüber im Klaren, dass eine Aussprache zwischen ihnen immer noch ausstand, doch gerade war der falsche Zeitpunkt dafür. Sie waren beide erschöpft und sie sollten einen Unterschlupf finden, bevor die Nacht hereinbrach. Kisame sah nur kurz zu ihm, ehe er sich abwandte und wortlos einen Weg einschlug. Da Itachi weder diskutieren wollte noch eine bessere Idee hatte, folgte er dem anderen. Tatsächlich fanden sie nach etwa einer Stunde eine Taverne, die nicht allzu weit von der Grenze zu Ame-Gakure entfernt lag. Nun, auch sie beide mussten einmal Glück haben, schließlich war schon genug schief gelaufen. Sie würden demnach schon in spätestens zwei Tagen ankommen, um die anderen Mitglieder zu treffen. Itachi hielt die Augen geschlossen, während er unter der Dusche stand und das Gefühl des heißen Wassers auf seiner Haut genoss. Nach dem anstrengenden Tag empfand er das hier als wahre Wohltat, kostete es länger aus als nötig. Allerdings war er da nicht der Einzige, denn Kisame hatte sich vor ihm auch seine Zeit gelassen. Zudem half es, seine Gedanken zu ordnen und zu überlegen, ob er ihren…Streit ansprach. Konnte man das Streit nennen? Itachi fuhr sich mit den Händen über das nasse Gesicht, öffnete die schwarzen Augen wieder und lehnte sich an die gekachelte Wand in seinem Rücken. Er presste kurz die Lippen zusammen, ehe er mit den Fingern über sein Kinn fuhr. Die Verfärbungen an seinem Bauch, wo ihn das Monster getroffen hatte, konnte er verbergen, Kisames Spuren möglicherweise auch, wenn er den Kragen des Mantels hochzog. Leise seufzte er, während er immer noch mit sich haderte; es war nicht seine Art, Fehler zuzugeben, was weniger mit Stolz als mit seiner Selbstdarstellung zu tun hatte. Was er Kisame entgegen geschleudert hatte, war eine unnötige Lüge gewesen. Er hielt ihn nicht bloß für das Monster von Kiri, im Gegenteil…er hatte seit Shisui nie einen loyaleren Freund gehabt. Freund…er benutzte das Wort schon wieder, obwohl er gerade das nicht hatte tun wollen. Deswegen hatte er Kisame doch provoziert, damit dieser verstand, dass es Grenzen gab. Itachi senkte den Kopf, fühlte die Tropfen, die über seine Nasenspitze nach unten fielen. Der Wasserdampf tauchte das kleine Bad in weißen Nebel, welcher nur geringfügig durch den Spalt des Fensters entwich. Bei einem Shinobi sollte stets der Verstand über den Gefühlen stehen, doch die Theorie war so viel einfacher als die Praxis. Selbst logisch betrachtet war es ein Fehler, sich Kisame zum Feind zu machen, und da ihm Madara auch schon ins Gewissen geredet hatte – wenn auch aus eigennützigen Motiven –, blieb ihm keine große Wahl. Es half wohl alles nichts – so oder so, sie mussten miteinander reden. Als er schließlich ihr gemeinsames Zimmer betrat, fand er den Hünen an der Wand sitzend vor, wo er gerade Samehada in seine Verbände wickelte. Vermutlich hatte er bis jetzt die scharfen Schuppen des Schwertes gereinigt und poliert, das tat sein Partner nach den Kämpfen oft. Wie auch er selbst trug Kisame nur ein Handtuch um die Hüften und eines über den Schultern. Ihre Kleidung hing bereits gewaschen über der Heizung, würde bis morgen wohl trocken sein. Unweigerlich glitt Itachis Blick über die verfärbte Haut an Kisames muskulöser Brust, die sich bis zum Schlüsselbein zog. Die Blessuren würden nicht lange bleiben, anders als bei ihm selbst, da seine Haut weniger robust war – dafür wurde er seltener im Kampf verletzt, da er sich nicht ohne Rücksicht auf Verluste ins Getümmel warf. Kisame sah nicht auf, schien nicht vorzuhaben, ein Gespräch zu beginnen. Einen Moment lang sah er den kräftigen Händen dabei zu, wie sie regelrecht liebevoll die Stofflagen um die Schuppen Samehadas legten. Es war nicht der einzige Widerspruch, den der Hüne mit seinem groben Äußeren erzeugte…und dem Uchiha wurde erneut bewusst, dass er das nicht so stehen lassen konnte. Er kniete sich dem anderen gegenüber hin, suchte dessen Blick, doch Kisame ignorierte ihn weiterhin, so dass er schließlich das Wort ergriff. „Was ich vorhin gesagt habe-“ „Wenn du dich entschuldigen willst, lass es besser“, fuhr ihm der Hüne ruppig über den Mund. „Kisame…“ Der Angesprochene schnaubte verächtlich, ehe er sich ihm wieder zuwandte. „Ich bin kein Idiot, falls du dich erinnerst“, grollte er. „Stell dir vor, Itachi, ich kann eins und eins zusammenzählen, auch wenn ich nicht verstehe, warum du ausgerechnet jetzt damit anfängst, uns zu sabotieren.“ Zweifellos war da einiges Wahres dran, doch alles wusste der andere nun einmal auch nicht. Ihm das vorzuhalten, hätte allerdings nur zu endlosen Diskussionen geführt. „Es war falsch, dich mit dem Gen-Jutsu zu belegen“, gab er zu. „Aber du hast mir keine andere Wahl gelassen und das weißt du.“ Er sah, wie Kisame die Brauen zusammenzog, wohl erst widersprechen wollte, jedoch noch einmal innehielt. Es war nicht so, als hätte Itachi nicht versucht, ihm zu sagen, dass das seine Angelegenheit sei. Sein Partner hatte ihn nicht mal ausreden lassen, sofort entschieden, dass er mitkommen würde. „Mag sein“, brummte dieser und widmete sich wieder Samehada. „Das ist trotzdem kein Grund, mich zu hintergehen – und rede dich da nicht raus!“ Wie auch? Dass sein Handeln falsch gewesen war, hatte er ja bereits zugegeben. „Hast du schon vergessen, was alles passiert ist? Wie es am Anfang war?“, fuhr Kisame fort und wickelte die letzten Bandagen um Samehada. „Ich kann darauf verzichten, dass es wieder so wird. Wenn ich dir den Rücken kehre, will ich sicher sein, dass du mir kein Kunai reinrammst.“ „Ich-“ „Dein Sharingan gegen mich zu benutzen, ist dasselbe“, fuhr der andere fort und blitzte ihn zornig an. Indirekt, schließlich hatte er nicht versucht, den anderen zu töten, doch er verstand, was dieser ihm damit sagen wollte. „Ich weiß, dass du diese Dinge gesagt hast, damit ich wütend werde und nicht mehr nachfrage. Ist dir sogar gelungen.“ Kisame fasste sein geschwollenes Kinn ins Auge, einen Ausdruck grimmiger Zufriedenheit im Gesicht, der allerdings schnell wieder verschwunden war. „Du hättest den zweiten Schlag wie den ersten abwehren oder ausweichen können, wenn du gewollt hättest. Ich habe in den letzten Jahren jedes Mal gegen dich verloren…und dann lande ich so einen voraussehbaren Treffer?“ Nein, sein Partner war wirklich niemand, der sich leicht hinters Licht führen ließ. Gerade deswegen und weil er ihm inzwischen so nahe stand, stellte er die größte Gefahr für seine Pläne dar. Kisame kannte ihn mittlerweile viel zu gut und der Uchiha merkte, wie er bei dem Hünen seine Schutzwälle fallen ließ. Er durfte sich so etwas nicht erlauben. „Hast du dieses Ding deshalb aufgehalten?“, fragte er schließlich nur und Kisame schnaubte leise. „Auch wenn du dich wie ein Mistkerl verhalten hast – wir sind Partner“, gab er zurück. „Und ich will, dass das so bleibt…du kannst mir nicht erzählen, dass du nicht dasselbe willst. Von mir aus respektiere ich deine Geheimniskrämerei in Zukunft, sag mir einfach, dass es mich nichts angeht, aber ich will weder belogen noch ausgetrickst werden, verstanden?“ Es war eines der Versprechen, die Itachi dem anderen nicht geben konnte. Er würde nicht Wort halten können, das wusste er bereits jetzt. Allerdings konnte er dieses Angebot kaum ausschlagen, denn es eröffnete ihm eine Möglichkeit für die Zukunft. Er atmete durch, erwiderte Kisames unnachgiebigen Blick fest. „Du hast Recht mit dem, was du sagst. Mit allem.“ Es war Kisame anzusehen, dass er damit nicht gerechnet hatte; die besten Lügen waren immer die, die nicht allzu weit von der Wahrheit entfernt waren. Er spürte wieder diese Taubheit, an die er sich schon viel zu sehr gewöhnt hatte und die nichts mit seinen Verletzungen zu tun hatte. „Keine Lügen mehr“, bestätigte er. „Im Gegenzug musst du mir ebenfalls etwas versprechen.“ Kisame seufzte, lehnte Samehada an die Wand, ehe er sich wieder ihm zuwandte und die Arme verschränkte. „Es gibt immer einen Haken, nicht wahr? Also, sag schon.“ „Wenn ich eines Tages deine Hilfe benötige, wirst du mich unterstützen. Nur ein einziges Mal wirst du keine Fragen stellen, sondern tun, worum ich dich bitte. Wenn du mir dein Wort darauf gibst, werde ich von jetzt an ehrlich zu dir sein.“ Itachi selbst hätte dies an Kisames Stelle nicht unbedingt akzeptiert, doch etwas sagte ihm, dass der andere darauf eingehen würde. Er hoffte, dass er es tun würde. Wie Kisame bereits gesagt hatte, auch der Uchiha hing an ihrer Partnerschaft – allerdings würde Sasukes Zukunft immer über allem stehen. Er sicherte sich hiermit gleichzeitig ab. „Ein einziges Mal, huh? Meinetwegen“, brummte der Hüne widerwillig. „Ich will dir vertrauen…und ich hoffe für dich, dass ich das nicht noch einmal bereue.“ „Wirst du nicht.“ Wie leicht einem die Lügen über die Lippen gehen konnten, wenn man erst einmal damit angefangen hatte. Man verstrickte sich so leicht in diesem Geflecht…und vielleicht wollte Itachi selbst glauben, dass es so war. Machte das nicht eine gute Lüge aus? Dass man sie selbst ein wenig glaubte? Sie zu seiner Realität machte? Kisame blickte ihn skeptisch an, dann jedoch verlor seine Mimik etwas von der Verbissenheit, die er seit seinem Gen-Jutsu an den Tag gelegt hatte. „Hm…tut es noch weh?“, fragte er völlig aus dem Kontext gerissen. Itachi brauchte ein paar Sekunden, um zu verstehen, was er überhaupt meinte, so dass er aus Reflex die Schultern zuckte. „Ich habe es verdient, nicht wahr?“, meinte er lediglich. „Wenn ich ehrlich bin…“, gab der Hüne zurück, wobei das altbekannte Grinsen seine scharfen Zähne entblößte. „Das wird dir in ein paar Tagen ordentlich Farbe ins Gesicht bringen.“ Itachi unterdrückte nur mühsam ein Augenrollen, spürte aber, wie das drückende Gefühl auf seiner Brust verschwand. Anscheinend verzieh ihm der Ältere tatsächlich, sonst würde er nicht schon wieder solche Sprüche reißen. „Es wäre mir lieb, wenn das unter uns bleibt“, murmelte er und brachte Kisame damit zum Schmunzeln. „Keine Sorge“, versicherte er. „Ich habe nicht vor, damit zu prahlen.“ „Beruhigend.“ Gegen seinen Willen erwischte er sich dabei, wie sich seine Mundwinkel zu einem schwachen Lächeln formten. Dass die Versöhnung mit Kisame so eine Wirkung auf ihn hatte, sollte er wohl als unheimlich empfinden. Allerdings hatte es eher den gegenteiligen Effekt auf ihn, denn alles, was er fühlte, war Erleichterung…und Zuneigung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)