Blutschwur von lunalinn (Bis in den Tod...) ================================================================================ Kapitel 36: Revanche -------------------- „Ihr habt es also nicht gezählt.“ Vermutlich wäre den meisten Menschen angst und bange geworden, wenn sie von diesen blutunterlaufenen, grünen Augen fixiert worden wären. Die tiefe Stimme wurde durch den Mundschutz gedämmt, was die Erscheinung des Mannes noch gruseliger erscheinen ließ. Nun, sie beide hatten sich, ebenso wie der Rest ihrer Organisation, an ihn gewöhnt, auch wenn Kisame unumwunden zugab, dass er ihn nicht zum Feind haben wollte – was nicht bedeutete, dass er je vor ihm kuschen würde. Neben ihm schob sich Itachi die nassen Haare über die Schulter, während er selbst sich die Tropfen mit dem Handrücken aus der Stirn wischte. Sie waren gegen Abend direkt in das Unwetter hineingelaufen und hatten in der Taverne direkt nach Kakuzu gefragt, um es hinter sich zu bringen. Danach würden sie sich eine heiße Dusche gönnen und ihre Kleidung trocknen. „Haben wir letztes Mal auch nicht“, erwiderte er, zuckte dabei mit den Schultern. „Und es hat alles gepasst, nicht wahr?“ Anscheinend war das nicht die Antwort, die Kakuzu hatte hören wollen, denn er verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. Mit unzufriedenem Ausdruck sah er wieder zu dem geöffneten Koffer herunter, in dem sich die gebündelten, grünen Scheine befanden. „Vertrauen ist die sicherste Art zu sterben. Kontrolle sichert dagegen das Überleben“, hörte er ihn brummen und tauschte einen Blick mit seinem Partner. Nun, für gewöhnlich mochte diese Philosophie nicht falsch sein, doch gerade sie beide hatten sich in Bezug auf einander schon seit einiger Zeit nicht mehr daran gehalten. Klar, dass jemand wie Kakuzu, der seine Partner so schnell wie möglich loswerden wollte, diese Ansicht vertrat. Von draußen blitzte für eine Sekunde gleißendes Licht auf, durchflutete den kleinen Raum, in dem sie ihr Treffen abhielten. Wenig später folgte grollender Donner, der an ein wütendes Raubtier erinnerte und das stetige Prasseln des Regens für wenige Sekunden übertönte. „Denke nicht, dass es der Kerl wagen wird, dich zu hintergehen“, ergriff Kisame wieder das Wort. „Dafür hat er zu viel Schiss vor dir.“ Dieses Argument schien Kakuzu zwar nicht vollends zu beruhigen, doch vorerst gab er sich damit zufrieden, da er bloß finster knurrte. Das Gasthaus, in dem sie sich befanden, war eher als Absteige zu bezeichnen, was keinen von ihnen beiden wunderte, denn der Taki-nin war als Geizhals bekannt. Nicht, dass sie beide ein Problem damit gehabt hätten, schließlich legten sie keinen Wert auf großartigen Luxus, dennoch kam er nicht umhin, die Spinnenweben in den Ecken für einen Moment zu mustern, ehe er sich wieder an Kakuzu wandte. „Es wundert mich, dass du allein bist. Wollten Konan und du nicht losziehen, um Raiga anzuwerben?“ Nicht, dass er es in irgendeiner Form bedauerte, dem anderen mit Itachi allein gegenüber zu stehen, doch nachfragen wollte er schon. Mit etwas Glück hatte der wahnsinnige Mistkerl nicht mal die paar Tage mit Kakuzu durchgestanden und sah sich bereits die Radieschen von unten an. Kisame musste zugeben, dass dies seine ohnehin schon gute Laune noch gesteigert hätte. „Nun, was das angeht“, begann Kakuzu und goss sich selbst etwas von dem Sake ein, den Kisame mit hoch gebracht hatte. „Kurosuki Raiga ist schon vor einigen Tagen ums Leben gekommen. Die genauen Umstände sind nicht bekannt, doch war der Kyuubi wohl in der Nähe.“ Kisame stutzte und auch Itachi neben ihm schien diese Wendung zu überraschen, wenngleich er kaum eine Regung zeigte. „Ich kann nicht behaupten, dass es mich sonderlich traurig stimmt“, fügte Kakuzu recht trocken an und nahm einen Schluck aus dem Porzellanschälchen. Das glaubte er ihm aufs Wort und es war eines der seltenen Male, in denen er mit dem Alten einer Meinung war. Kisame griff nach der Flasche und goss in die beiden verbliebenen Schälchen etwas Sake. Es wunderte ihn zwar, dass der Uchiha seines nicht stehen ließ, sondern bedächtig daran nippte, doch er sagte nichts. Vermutlich war ihm kalt und der Sake wärmte immerhin etwas von innen. Er selbst genoss den brennenden Geschmack in seinem Hals, schenkte Kakuzu und sich selbst dann noch mal nach. „Glaub mir, mit seinem Tod wurde uns eine Menge Ärger erspart“, meinte er ehrlich. „Kommt schon jemand Neues infrage?“ „Bisher nicht“, gab Kakuzu gleichgültig zurück. „Meinetwegen können die sich damit ruhig Zeit lassen. In meinem Metier arbeitet man am effektivsten allein…so kommt mir niemand in die Quere oder behindert mich.“ Gut, das war deutlich, doch überraschend war es natürlich nicht. Sie alle wussten, wie Kakuzu dieser Team-Regel gegenüber eingestellt war. Kisame neigte ein wenig den Kopf, dachte kurz darüber nach. „Mag sein…trotzdem stelle ich es mir ohne einen Partner recht langweilig vor“, bemerkte er dann, warf Itachi einen knappen Seitenblick zu. Kakuzu schnaubte abfällig. „Langeweile ist mir viel lieber als irgendwelche Komplikationen“, stellte er klar, ehe er ein Kopfnicken in Richtung des Uchihas sandte. „Mit dem da würde eine Mission vielleicht noch erträglich sein, genau wie mit Konan, aber du, Hoshigaki, würdest mir vermutlich ein Kopfgeld nach dem anderen versauen…“ „Was soll das denn heißen?“, knurrte der Hüne, doch Kakuzu führte es nur zu gern weiter aus. „Du genießt deine Kämpfe zu sehr. Unnötige Kämpfe kosten Zeit…und ich verliere nicht gern Zeit, wenn es um Geld geht. Dementsprechend wäre eine Zusammenarbeit mit den meisten von euch kontraproduktiv fürs Geschäft.“ Er trank den letzten Rest Sake aus dem Porzellangefäß und stellte es auf den Tisch zurück, ehe er sie beide anfunkelte. „So…und nun halte ich euch freundlich dazu an, auf euer eigenes Zimmer zu gehen. Ich muss das Geld schließlich noch zählen. Das wird eine Weile dauern.“ Kisame blinzelte einmal, während er realisierte, dass sie soeben rausgeschmissen wurden. Da es sich jedoch um Kakuzu handelte, sollte er wohl nicht mal irritiert sein, dennoch schüttelte er den Kopf. „Wirklich unheimlich freundlich“, wiederholte er spöttisch, erhob sich aber. Itachi tat es ihm gleich, jedoch ließ der Taki-nin sie beide noch einmal innehalten, bevor sie den Raum verließen. „Pain lässt im Übrigen ausrichten, dass ihr euch in Richtung Yume-Gakure aufmachen sollt. Er wird euch bald durch Zetsu neue Anweisungen erteilen.“ Kisame runzelte die Stirn, hatte bislang noch nicht von diesem Dorf gehört, doch da Itachi ein knappes Nicken von sich gab, fragte er nicht nach. Sein Partner würde schon etwas über ihr neues Ziel wissen, zumal Kisame keinen Drang verspürte, noch länger mit Kakuzu zusammenzusitzen. Also schnappte er sich Samehada, welches er an die Wand gelehnt hatte, und verließ mit Itachi den Raum. „Ich hätte den Sake nicht bei ihm stehen lassen sollen“, fiel es ihm ein, als er die Tür ihres Zimmers schloss und das Licht einschaltete. Das Zimmer war nicht viel größer als Kakuzus, trotzdem es für zwei Personen ausgerichtet sein sollte. Zwei Futon, ein ramponiert aussehender Schrank aus demselben Holz wie der kleine Tisch in der Ecke und ein angrenzendes Bad. Itachi knöpfte seinen Mantel auf, pellte sich aus dem nassen Stoff, ehe er ihn an einen Haken an der Wand hängte. Seine dunklen Haare tropften noch, hinterließen Flecken auf dem Shirt, das er trug. „Es ist noch nicht allzu spät“, hörte er ihn sagen. „Du könntest neuen holen.“ Kisame warf ihm einen Blick zu. „Trinkst du was mit?“, erkundigte er sich interessiert, woraufhin Itachi jedoch den Kopf schüttelte. „Lieber nicht.“ „Ach was…du hast doch vorhin sogar probiert“, versuchte er es ein weiteres Mal. „Ja…und ich finde immer noch, dass es widerlich schmeckt“, gab der Uchiha zurück, woraufhin Kisame schmunzeln musste. „Aber es wärmt, nicht wahr?“ „Das tut eine heiße Dusche auch…und davon bekomme ich weder Übelkeit noch Kopfschmerzen.“ „Als hättest du schon mal einen Kater gehabt…“ Kisame untermalte seine Worte mit einem amüsierten Schnauben, versuchte aber nicht weiter, den Uchiha zu überreden. Immerhin war der wohl alt genug, um zu wissen, was er wollte und was nicht – wobei er unweigerlich wieder beim Thema von letztens war. Er würde es wohl erstmal dabei belassen. „Wenn du magst, kannst du zuerst duschen gehen?“, bot er an. „Siehst durchgefroren aus.“ Und bevor sich der Jüngere eine erneute Erkältung zulegte, ließ er ihm gern den Vortritt. „So schlimm ist es nicht, aber danke“, gab der Uchiha zurück und verschwand im Bad. Kisames Blick fixierte ein paar Sekunden die Tür, wobei er sich durch die ebenfalls feuchten Haare fuhr. Vielleicht lieber kein Sake. Auch wenn er einiges vertrug, machte Alkohol ihn manchmal…übermütig und in der Situation brauchte er das nicht. Auch wenn der zweite Kuss mehr als nur seine Neugierde angeregt hatte. Er hätte gelogen, hätte er behauptet, dass es ihm keinen Spaß gemacht hätte. Kisame legte Samehada ab und hängte seinen Mantel neben Itachis auf, während er sich Zeit nahm, darüber nachzudenken. Nicht zum ersten Mal vermutete er, dass Itachis Verhalten ein bedeutender Faktor bei dieser Geschichte war. Kisame war ein Jäger und er mochte es, wenn die Beute zappelte. Dass Itachi meistens recht kontrolliert war, sich kaum Blößen gab, übte einen Reiz auf Kisame aus. Er war zweifellos der Erste, der Itachi auf diese Weise geküsst hatte. Der Erste, der diesen glasigen Blick und diese Unsicherheit zu sehen bekam. Es brachte sein Blut in Wallung, wenn er daran dachte – und ja, das musste dem Raubtier in ihm geschuldet sein. Sicherlich hatte er auch Bedenken…zum Beispiel den Umstand, dass er noch nie einen Mann gehabt hatte. Itachi zu küssen, hatte ihm gefallen, was bedeutete, dass er nicht grundsätzlich abgeneigt war, doch zwischen Küssen und Sex bestand schon ein Unterschied. Nun, es hatte ihn bisher nie gestört, Itachi nahe zu sein, bei ihm zu liegen, also konnte er sich anscheinend damit anfreunden – um es mal vorsichtig auszudrücken. Und selbst wenn nicht, sie mussten es ja nicht unbedingt bis zum Äußersten treiben. Sofort sowieso nicht, wieso sich in der Hinsicht stressen? Dann war da noch ihre Partnerschaft, die zumindest Kisame mittlerweile als Freundschaft ansah. Auf keinen Fall wollte er, dass es wieder so seltsam wie neulich zwischen ihnen wurde. Das Risiko würde immer vorhanden sein, wenn sie die Grenze überschritten…wobei er sich fragte, ob sie das nicht bereits getan hatten. Itachi hatte sicher auch deswegen einen Rückzieher machen wollen und es war Kisame gewesen, der das nicht zugelassen hatte. Er konnte sich jetzt nicht plötzlich anders entscheiden. Zumal er es auch nicht wollte. Außerdem waren sie zwei erwachsene Männer. Sie sollten wohl in der Lage sein, sich zusammenzuraufen, wenn es am Ende doch nicht so lief, wie sie es sich vorgestellt hatten. Sie reisten schließlich seit Jahren zusammen und kamen gut miteinander aus. Alles konnte man sowieso nicht voraussehen und Kisame war nicht der Typ, der sich mit zu vielen unnützen Sorgen aufhielt. Er blickte auf, als sich die Tür schneller als erwartet wieder öffnete und der Uchiha in Shirt und Hose heraustrat. Die dunklen Augen blickten ihn auffordernd an, während er sich mit einem Handtuch die nassen Haare trocknete. So wie sie ihm jetzt offen über die Schultern fielen, wirkten sie viel länger, als wenn er sie zusammengebunden trug. Er verfolgte mit, wie sich ein paar Wassertropfen aus den kürzeren Ponysträhnen lösten und sich den Weg über Itachis Schlüsselbein bahnten. „Du kannst“, hörte er ihn sagen und eiste seinen Blick los, begab sich ins Bad. Obwohl ihm Nässe und Kälte dank seiner robusten Haut weniger ausmachten, freute er sich auf die heiße Dusche – auch wenn diese bemerkenswert klein war. Schmutzig graue Kacheln an den Wänden und am Boden ließen sie nicht einladender wirken, aber er sollte sich wohl nicht beschweren. Zumindest schien es trotz der schmuddeligen Farbe sauber zu sein und er würde gerade so unter den Duschkopf passen, wenn er sich etwas bückte. Der Spiegel war noch beschlagen, da es bloß ein winziges Fenster gab, das man anscheinend kippen, nicht aber komplett öffnen konnte. Kisame schob den weißen Vorhang zur Seite, stieg in die Dusche und drehte an dem Hahn, woraufhin zuerst kaltes, schließlich aber warmes Wasser auf ihn nieder prasselte. Er wartete, bis es heiß genug war, ehe er zum Shampoo griff und sich damit einseifte. Vor allem nach diesem Mistwetter fühlte es sich wohltuend an und er ließ die Schultern einmal kreisen, atmete tief durch. Für ein paar Sekunden genoss er es, blendete alles andere aus und fühlte sich innerlich völlig ruhig. Schließlich drehte er das Wasser ab und griff nach einem der Handtücher, rubbelte sich damit einmal durch die kurzen Haare, ehe er sich die Shorts überzog und rüber ging. Itachi saß auf dem Fensterbrett, ein Bein angewinkelt, während er das andere herabhängen ließ. Er schien in seinen Gedanken versunken, sah hinaus in die Ferne, einen Arm dabei auf das Knie gestützt. Auch als Kisame die Tür zum Bad hinter sich schloss, drehte sich der andere nicht zu ihm um. Für einen Moment verweilte sein Blick auf seinem Partner, doch dann setzte er sich auf einen der beiden Futon, lehnte sich an die Wand. „Weißt du etwas über dieses Yume-Gakure?“, fragte er in die Stille hinein. Itachi antwortete nicht sofort, schaute weiterhin durch die Scheibe, obwohl Kisame sich nicht vorstellen konnte, dass es dort draußen etwas Besonderes zu sehen gab. Um sie herum war nur Wald und Wiese, aber Kakuzu hatte diesen abgeschiedenen Ort bestimmt absichtlich ausgewählt – davon abgesehen, dass ihre Unterkunft mehr als günstig war. „Es ist ein altmodisches, kleines Dorf am Rande Hi no Kunis“, hörte er Itachi sagen und blickte auf. „Altmodisch?“ „Sie sind ein Volk von Samurai und leben für sich, fernab von anderen Dörfern“, fuhr sein Partner fort. „In dem Fall frage ich mich, was wir da sollen“, bemerkte Kisame stirnrunzelnd. „Ich meine, das klingt nicht danach, als gäbe es dort irgendetwas Interessantes für uns zu erfahren, oder?“ Itachi zuckte leicht mit den Schultern, ehe er sich zu ihm umwandte. „Vielleicht ist das Dorf auch nicht das Ziel“, sprach er seine Überlegung laut aus. Kisame konnte sich zusammenreimen, was er damit meinte, und kommentierte es mit einem Schnauben. „Denkst du, wir treffen in der Nähe die anderen?“, erkundigte er sich und verschränkte die Arme vor der Brust. „Hoffentlich nicht schon wieder wegen einem neuen Partner für Kakuzu…oder zumindest keinem aus meiner Heimat. Bin froh genug, dass sich die Sache mit Raiga erledigt hat.“ Itachi musterte ihn einen Moment lang still. „Ja…daraus hast du keinen Hehl gemacht.“ „Du warst auch nicht traurig, als Orochimaru ausgestiegen ist“, brummte der Hüne. Sein Partner reagierte darauf, indem er eine Braue hochzog. Bevor er jedoch etwas sagen konnte, kam Kisame ihm zuvor. „Ich weiß, er wollte deinen Körper…verschlingen oder was auch immer. Aber glaub mir, Raiga war wirklich niemand, den man um sich haben will – und das gilt für so gut wie alle, die ich aus dieser Truppe kannte.“ Anscheinend weckte dies ein wenig die Neugierde in dem Uchiha, auch wenn es unerwartet kam. Itachi war selten derjenige, der ein privates Thema von sich aus anschnitt – meistens übernahm Kisame diesen Part, wenn er dabei auch forscher vorging. „Gab es niemanden, mit dem du einigermaßen ausgekommen bist?“ Das war vorsichtig formuliert, so wie er es von dem anderen gewöhnt war. Irgendwie ironisch, wenn er so über die Frage nachdachte, doch mit den Mitgliedern Akatsukis, die ja alle aus den verschiedensten Dörfern stammten, kam er besser aus als mit den eigenen Landsleuten. „Das ist nicht so einfach zu beantworten“, gab er schließlich zurück. „Einige konnte ich von Anfang an nicht ausstehen, so wie Raiga und Zabuza. Viel Gerede und nichts dahinter, haben sich beide immer wieder maßlos überschätzt…“ Auch wenn er zugeben musste, dass Zabuza ihn mit diesem Jungen überrascht hatte. Zwar war er ein überheblicher Mistkerl gewesen, doch er hatte wohl irgendetwas richtig gemacht, so viel wie Haku von ihm gehalten hatte. Ihm war noch gut im Gedächtnis geblieben, wie dieser sich damals dafür eingesetzt hatte, dass sie in dieser Hütte unterkommen durften, und ebenso, wie schnell sich Zabuza hatte überreden lassen. „Andere kannte ich nur oberflächlich, so dass sie mir relativ egal waren“, erzählte er weiter. „Viel miteinander zu tun hatten wir ohnehin nicht. Auch, wenn wir als Truppe bezeichnet worden sind, haben wir selten im Team gearbeitet. Jeder hatte seine Fähigkeiten und bekam demnach entsprechende Missionen zugeteilt.“ Itachis Blick ruhte auf ihm, während er ihm zuhörte, ihn dabei auch nicht unterbrach. Obwohl sie einander so gut kannten, wusste der Hüne nicht, was dem anderen gerade durch den Kopf ging. Sah er Parallelen zu seinem eigenen Leben in Konoha? Es war selten, dass sie derartige Gespräche führten, zumindest seitdem Kisame damit aufgehört hatte, den Jüngeren provokant auszuhorchen, so wie es zu Beginn ihrer Partnerschaft der Fall gewesen war. "Bevor ich zu ihnen gehörte, habe ich Befehle von Suikazan Fuguki entgegen genommen." Sein Blick glitt kurz zu Samehada, welches noch immer an der Wand lehnte. Er konnte sich kaum noch daran erinnern, wie es sich angefühlt hatte, es nicht zu besitzen. Samehada hatte ihm aufgrund seines immensen Chakras nie Probleme gemacht...und ihre grausame Natur schien wie füreinander geschaffen. "Er war mein Meister. Hat mir immer gepredigt, wie wichtig es sei, dass man seiner Heimat gegenüber loyal ist. Dass es Dinge gibt, die nur bestimmte Leute tun können. Leute wie ich. Ich sei dafür geboren worden, hat er gesagt." Kisame schnaubte verächtlich. „Reden konnte er ziemlich gut." Ein paar Sekunden war es so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Sein Blick glitt zu Itachi, der dort saß und ihm in die Augen sah, ohne eine Miene zu verziehen. Nein, er konnte wirklich nicht in seiner Mimik lesen. "Gibst du ihm die Schuld für die Morde an deinen Kameraden?" Kisame kannte niemanden, der eine solche Frage dermaßen neutral klingen lassen konnte. Lange musste er darüber nicht nachdenken, denn die Antwort lag klar auf der Hand. "Die Befehle kamen von ganz oben. Hätte ich sie nicht ausgeführt, hätte es ein anderer getan. Das war nichts Persönliches...also nein. Ich bin keiner von denen, die herumjammern oder ihre Taten auf andere schieben müssen, um sich zu rechtfertigen. Vielleicht hat Kiri mich geprägt, vielleicht lag es immer in meiner Natur...wer weiß. Fakt ist, dass ich immer getan habe, was von mir verlangt wurde. Ich habe es nie infrage gestellt, nie gezögert, auch wenn es zu Anfang ein widerliches Gefühl war." Es war nie das Töten an sich gewesen, sondern vielmehr die Tatsache, dass die Leute ihn für ihren Kameraden hielten. Nicht, dass er sich groß Mühe gegeben hatte, mit einem von ihnen je warm zu werden. Er sah wieder zu seinem Partner, der langsam nickte, sich aber nicht äußerte. Kisame musterte ihn einen Moment, ehe sich ein sarkastisches Grinsen auf seine Lippen legte. „Bei dir ist es doch dasselbe, nicht wahr? Was diese ANBU über dich gesagt haben, bevor du sie erledigt hast...ich wette, ihre Meinung über dich war auch nicht viel besser, bevor du deinen Clan ausgelöscht hast." Es mochte eine Herausforderung sein, Itachi irgendwelche Emotionen zu entlocken, doch unmöglich war es nicht. Da war ein düsteres Flackern in seinen Augen, das ihm schon einige Male aufgefallen war. Damals, als sie seinen Bruder getroffen hatten oder eben dieser Vorfall mit den ANBU und es machte Kisame wieder bewusst, dass selbst Itachi ein Mensch mit Grenzen war. Sie alle hatten ihre Grenzen. "Geringfügig." Er beobachtete, wie sich der Uchiha nun gegen das Fenster lehnte, dabei beide Beine vom Fensterbrett hängen ließ. Der kurze Anflug von Bitterkeit war aus seinem Gesicht verschwunden, als er ihn wieder ansah. „Niemand lässt sich gern Befehle von einem Dreizehnjährigen geben...das solltest du am besten wissen." Kisames Grinsen wurde noch etwas breiter; das konnte er wohl kaum abstreiten. Sicher, er war von den Gerüchten um den Jungen beeindruckt gewesen, doch im Endeffekt hatte er ihn nicht so einfach anerkennen können. "Ehrlich gesagt, hat mir deine Arroganz nicht gefallen", meinte er belustigt, was Itachi stutzen ließ. „Denke, deinen ANBU-Kameraden ging es genauso, ne?" Eigentlich brauchte er keine Antwort darauf, das Schweigen reichte ihm. Kisame glaubte, dass dies Itachis Fluch war, so wie er selbst in den meisten Fällen für einen begriffsstutzigen Schläger gehalten wurde. Die Menschen neigten dazu, über andere zu urteilen, ehe man sie kennengelernt hatte - und weder Itachi noch er selbst waren Ausnahmen. "In der Regel haben sie mich akzeptiert", gab er schließlich zurück. "Zumindest, solange ich anwesend war." Kisame fragte sich, ob es noch einen anderen Grund dafür gab, dass sein Partner nicht gerade beliebt gewesen war. Sein Talent hatte sicher Neider auf sich gezogen, dann kam er noch dazu aus einem berühmten Clan. Nein, es gab bestimmt massig gute Gründe, Itachi eher zu meiden - nicht, dass das eine Rolle für ihn spielte. "Du hast mir noch nicht erzählt, warum du ihn umgebracht hast." Kisame hielt inne, sah den Uchiha irritiert an, als dieser plötzlich den Ball zurückspielte. Es war nicht so, als hätte er die Geschichte noch weiter ausführen wollen, aber gut. "Wenn du es unbedingt wissen willst...schön. Und du könntest mir im Gegenzug etwas über diesen Shisui erzählen." Man merkte dem Jüngeren an, dass ihn die Erwähnung des Namens aus dem Konzept brachte. Er öffnete den Mund, nur um ihn sofort wieder zu schließen, die Lippen fest aufeinandergepresst. Vielleicht lag es an diesem dämmrigen Licht, dass er sich einbildete, Itachi sei noch etwas blasser geworden. Anscheinend hatte er da einen wunden Punkt getroffen, auch wenn er wirklich nicht darauf abzielte, dass sich der andere schlecht fühlte. Er fragte aus Interesse, weil ihm auch nach all den Jahren immer wieder auffiel, dass sie kaum etwas voneinander wussten. "Kisame..." Der Hüne neigte den Kopf, blickte ihn abwartend an. Er würde ihn nicht zwingen, ihm mehr zu erzählen, als er wollte - das konnte er auch gar nicht. Allerdings hoffte er darauf, dass Itachi das nicht einfach so im Raum stehen ließ. Diese Hoffnung schwand jedoch binnen der nächsten Sekunden, da sich sein Partner nicht regte, sondern still vor sich hinblickte. Kisame wollte gerade etwas sagen, als der Uchiha lautlos von der Fensterbank glitt, um sich neben ihn zu setzen. Nah genug, dass sich ihre Schultern beinahe berührten, aber eben immer noch mit etwas Abstand. "Er war mein Cousin", riss ihn Itachi aus den Gedanken. "Und mein bester Freund." Kisame überraschte das nicht; es hatte eine wichtige Person sein müssen, andernfalls hätte Itachi den Namen nicht ein-zweimal im Unterbewusstsein gemurmelt, so wie es auch ihm selbst schon im Schlaf passiert war. Wobei er schon ahnte, dass die Frage nach Fuguki eher daher rührte, dass er vor ihm Samehadas Meister gewesen war. Es war ein Name, der geläufig war…und auch Kisame meinte, Uchiha Shisuis Namen nicht nur von Itachi gehört zu haben. Zwar konnte er ihn nicht direkt mit etwas in Verbindung bringen, aber es hatte einst viele bekannte Mitglieder des Uchiha-Clans gegeben – bevor Itachi dem ein Ende gesetzt hatte. „Um die Mangekyou Sharingan zu erwecken, muss man eine bestimmte Bedingung erfüllen“, fuhr sein Partner unvermittelt fort. „Der Schmerz über den Verlust eines Menschen, der einem viel bedeutet…löst diese Fähigkeit aus.“ Kisame brauchte ein paar Sekunden, um zu verstehen, was er damit meinte. Er hatte ein Déjà-vu, es war genau wie damals, als er Itachi nach dessen Bruder gefragt hatte. Es machte ihn nicht zum ersten Mal stutzig, denn es schien, als hätte der Uchiha zwei Persönlichkeiten. Kisame war sich bewusst, dass es bei ihm nicht anders war; auch er hatte diese grausame Seite an sich, die er gegenüber Itachi nicht auslebte. Letzterer wirkte schon wieder so, als würde ihn nichts davon berühren, so emotionslos, wie er vor sich hin schaute. „Shisui war die Person, die mir immer am nächsten stand. Es war die einzig logische Entscheidung, ihn zu töten, um diese Augen zu bekommen.“ Obwohl sie nebeneinander saßen und über solche privaten Dinge redeten, bekam der Hüne das Gefühl nicht los, dass sich Itachi von ihm distanzierte. Vielleicht lag es an der Art, wie er es erzählte oder wie er seinem Blick auswich, doch es hielt ihn davon ab, Fragen zu stellen. Logisch…das hing wohl davon ab, was Itachis Antrieb bei dieser Sache gewesen war. Da er die Mangekyou Sharingan mit ziemlicher Sicherheit für die Vernichtung seines Clans gebraucht hatte, war Shisuis Schicksal wohl besiegelt gewesen. Schmerz, hatte Itachi gesagt, demnach musste er ihm wirklich viel bedeutet haben. Irgendwie bekam er das Gefühl nicht los, dass ihm der andere etwas verschwieg, doch er kannte ihn zu gut, als dass er nachgebohrt hätte. Nicht jetzt. „Fuguki hat Kiri-Gakure verraten und Informationen an unsere Feinde verkauft“, beendete er die Stille, als Itachi nichts mehr von sich gab. „War ziemlich ironisch, weil er ja derjenige war, der mir eingetrichtert hat, dass der Schutz unseres Dorfes über allem steht.“ Der Uchiha warf ihm einen Seitenblick zu, vernahm wohl die Bitterkeit in seiner Stimme. Ja, bitter war es tatsächlich und er fühlte immer noch Abscheu, wenn er daran dachte. Es war der Tag, an dem ihm vollends bewusst geworden war, dass diese Welt aus Lügen bestand. Seine eigene Existenz basierte auf Verrat und Täuschung. „Er hat die ganze Zeit gedacht, dass ich ihm loyal bin…hat nicht erwartet, dass ich ihn genauso beseitigen würde, wenn man es mir befiehlt, und seine Deckung vernachlässigt. Im Endeffekt war er auch nur eine Mission, die ich ausgeführt habe, weil es meine Pflicht war.“ Er zuckte die Schultern, ehe er sarkastisch grinsend die Zähne bleckte. „Du hast mal gesagt, dass wir erst, wenn wir sterben, wissen, wer wir wirklich sind. Glaubst du das immer noch? Nach allem, was wir getan haben und immer noch tun?“ Itachi ließ sich mit seiner Antwort Zeit, lehnte sich an die Wand in seinem Rücken und schloss für einen Moment die Augen. Als er sie wieder öffnete, wich er seinem Blick nicht mehr aus und er war so durchdringend, dass es den Älteren schauderte. Diese Augen, auch wenn sie nicht rot glühten, waren das Eindrucksvollste an seinem Partner. „Ja“, murmelte dieser nur. Kisame wusste nicht, wie er das deuten sollte; sie hatten beide so viel auf dem Kerbholz, dass er sich das nicht vorstellen konnte. Sie waren keine guten Menschen und sie würden das auch niemals sein. Ihr Pfad war von Leichen gepflastert und nichts würde sich daran ändern – das ließen ihre Ziele nicht zu. Kisame würde zudem niemals leugnen, dass ihn das Töten berauschte, denn es war das, was ihn ausmachte. So wie sich Itachi irgendwann die Augen seines Bruders holen würde. Sie waren beide Abschaum…daran bestand kein Zweifel. „Sieht dir gar nicht ähnlich, die Dinge so positiv zu sehen“, überspielte er seine Gedanken schließlich feixend. Diese melancholische Stimmung missfiel ihm, auch wenn sie ihm erst jetzt richtig bewusst wurde. Es war unnötig, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, denn sie hatten diesen Weg gewählt. Verglichen mit seinem Leben in Kiri-Gakure war die Reise mit seinem Partner mehr als angenehm und was noch kommen würde, konnte sowieso keiner kontrollieren. Itachi warf ihm einen undefinierbaren Blick zu. „Vielleicht sehe ich manche Dinge nur in einem anderen Licht?“ „Poetisch“, spottete der Hüne und stieß den Uchiha mit der Schulter an. „Und wie siehst du mich, huh?“ Itachi lehnte sich ihm etwas entgegen, blickte zu ihm auf. „Nicht als Monster von Kiri.“ Kisame rang sich ein schiefes Grinsen ab, denn er hatte nicht vergessen, welche Worte in ihrem Streit gefallen waren, auch wenn ihm klar war, dass Itachi nicht wirklich so über ihn dachte. Nicht mehr jedenfalls. „Gut zu wissen“, erwiderte er amüsiert und neigte den Kopf seinem Partner zu. Da war es wieder, dieses Funkeln in den dunklen Augen, das ihm durch Mark und Bein fuhr. Es war nicht zu leugnen, dass Itachi ein hübsches Gesicht hatte, das gerade mit diesem Ausdruck sehr einnehmend war. Wie konnte ein Mann so lange Wimpern haben? Gab bestimmt genug Frauen, die dafür töten würden. Es überraschte ihn, als sich kühle Finger an seine Wangen legten, über seine raue Haut strichen, ehe sie ihn ein Stück zu sich herunterzogen. Dass Itachi seine Revanche so früh umsetzte, hatte er nicht erwartet – nicht, dass er etwas gegen die weichen Lippen hatte, die sich gegen seine drückten. Weniger zurückhaltend als das erste Mal, aber nicht so forsch, wie es Kisames Art war. Es gefiel ihm. Er schlang einen Arm um die Hüfte seines Partners und zog diesen näher an sich heran, während sie den Kuss vertieften. Itachi lernte schnell, das musste man ihm lassen, und Kisame konnte nicht anders, als irritiert zu blinzeln, kaum dass er den leichten Schmerz in seiner Unterlippe registrierte. Hatte Itachi ihn gerade gebissen? Der Jüngere löste sich langsam von ihm und…war das ein Lächeln? Na ja, die softe Variante davon, aber irgendwie ging es als eines durch. Ein seltenes, selbstzufriedenes Lächeln. „Ausreichend revanchiert?“ Kisame funkelte ihn aus seinen Raubtieraugen belustigt an. „Fürs Erste…“, gab er zurück. „Ich hoffe, du bist auf die Fortsetzung gefasst.“ Hatte er ihn doch tatsächlich nicht nur geküsst, sondern auch noch gebissen. Das war ziemlich dreist, wo sich Kisame die Mühe machte, auf seine scharfen Zähne aufzupassen…und es stachelte ihn an. „Hm.“ Der Uchiha streckte sich einmal, ehe er sich ihm wieder zuwandte. „Es ist spät. Du kannst dich gern zuerst hinlegen“, wechselte er plötzlich das Thema und lehnte sich wieder an die Wand. Kisame juckte die besagte Fortsetzung in den Fingern, doch er mahnte sich zur Geduld. Hatte er nicht vorhin noch zu sich selbst gemeint, dass sie nichts überstürzen sollten? Itachi machte ihm das nicht besonders leicht, aber er hatte dann doch genügend Beherrschung. Auf diese Weise hatte es einen noch größeren Reiz… „Aufmerksam von dir“, kommentierte er das Angebot grinsend. Itachi erwiderte nichts, sah ihm still dabei zu, wie er sich hinlegte. Schon recht zynisch, dass die Tatsache, dass Kakuzu im selben Haus wie sie beide nächtigte, eher beunruhigend war. Kisame würde seine Hand nicht dafür ins Feuer legen, dass der Alte sie nicht für die richtige Summe verkaufen würde. Aber da sie sich ohnehin jede Nacht mit der Wache abwechselten, machte es keinen gravierenden Unterschied. „Übrigens…was auch immer du damals angenommen hast“, ließ ihn Itachis Stimme noch einmal innehalten, als er schon halb döste. „Ich habe nie behauptet, dass ich sie geknallt habe.“ Kisame enthielt sich einer Antwort…das breite Grinsen konnte er jedoch nicht verhindern. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)