An awkward guide how to love if you're slightly German von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 11: Saturn ------------------ With shortness of breath, I'll explain the infinite How rare and beautiful it truly is that we exist.   Sleeping at Last - Saturn Freitag, 14. Oktober Ludwig hatte erwartet, Feliciano im Restaurant anzutreffen, doch seine Hoffnung wurde jäh enttäuscht. Stattdessen lernte er Elizabeta Héderváry kennen, die außergewöhnlich hübsche und witzige Verlobte seines Bruders.  Die Ungarin hatte lange hellbraune Haare, die ihr in sanften Wellen über die Schulter fielen und ihr im Rücken etwa bis zum Gesäß reichten. Smaragdgrüne Augen starrten Ludwig unverhohlen entgegen und sie lächelte viel, während ihre Finger immer wieder nach Gilbert griffen oder mit seinem Haar spielten. Sie konnten sich beide kaum voneinander lösen und zumindest für Ludwig war das ein gewöhnungsbedürftiges Bild. Ludwig gab es zwar ungern zu, aber die beiden passten aufeinander wie der Topf zum Deckel und sie wirkten im Umgang harmonischer, als ursprünglich erwartet. Ludwig kannte seinen Bruder und dessen natürlich Reaktion auf Menschen… diese blieb jedoch unerwartet aus. Er benahm sich… anständig. Und normal. Und… er war gewöhnungsbedürftig ruhig und zivilisiert.  Gilbert hatte ihm oft davon erzählt, dass es in ihren jungen Jahren immer viele Reibereien zwischen ihnen gegeben hatte und dass Elizabeta eine würdige Gegnerin gewesen war (und besser mit einer Pfanne ausholen konnte, als man ihr vielleicht zutraute).  Aber er hatte es niemals für möglich gehalten, dass allen voran sein Bruder, wie ein verliebter Teenager nicht von einem Mädchen lassen konnte, das ihn gleichermaßen begehrte wie er es. Er wusste, dass sie einander Kontra geben konnten, doch die Hochzeit ließ sie beide wie liebeskranke Welpen wirken und in Anbetracht der bevorstehenden Hochzeit, war es den beiden auch vergönnt.  »Gilbert hat mir erzählt, dass du Lehrer bist?«, hörte Ludwig Eliza sprechen, die ihm direkt das ‚du‘ und ihren Spitznamen angeboten hatte.  »Ja, das stimmt. Ich unterrichte Englisch, Geschichte und Sport«, antwortete er wahrheitsgemäß und lächelte schmal. Der Deutsche nippte an seinem Getränk und starrte zwischen Gilbert und Eliza hin und her. Unbehagen stieg in ihm auf, aber noch war es an der Schwelle zum Erträglichen.  »Das ist wirklich cool! Ich hätte auch gerne Pädagogik studiert, aber ich war bis zu meinem 20. Lebensjahr jemandem verpflichtet und danach habe ich gearbeitet, um meine eigene Wohnung zu finanzieren und das Studium meines Bruders.«  Elizabeta lächelte und legte den Kopf schief. »Vielleicht werde ich das alles nachholen, wenn ich die Gelegenheit habe.«  Ihr Blick wanderte zu Gilbert. »Dein Bruder jedenfalls möchte, dass ich meinen Traum verwirkliche.«   Ludwig nickte Gilbert anerkennend zu und beobachtete schließlich seine Finger. Offenbar war sein Bruder erwachsen und verantwortungsvoll geworden, während dieser sich eine Frau geangelt hatte und das machte ihn schon irgendwie sprachlos. Kaum zu glauben, dass der rebellische Beilschmidt, dem keiner ein solch selbstloses Verhalten zugetraut hätte, ausgerechnet den Menschen gefunden hatte, der die guten Seiten in ihm zum Vorschein brachte.  Ihr Vater fragte bei jedem Telefonat, ob Ludwig sich langsam dazu entschieden hatte, sesshaft zu werden und zu heiraten, aber diese Frage stellte er nie Gilbert. Armin Beilschmidt kannte seine Söhne und ihre Charakterzüge sehr gut, also stellte er nie hohe Erwartungen an seinen Ältesten. Doch Ludwig musste feststellen, dass Gilbert ihn in allen Belangen überholt hatte, obwohl es ihm jetzt erst mit einem Schlag bewusst wurde. Bisher hatte er sich nie in Zugzwang gesehen, obwohl er sich mit seinen siebenundzwanzig Jahren recht alt und überlegen fühlte. Jetzt allerdings merkte er, dass am Erwachsenwerden sehr wohl etwas hing, das ihn reizte.  Allein das Gefühl jemanden zu haben, der so hinter einem stand wie Elizabeta es bei Gilbert tat und das, ohne dass es seine Persönlichkeit verdrehte, wie er es bei vielen anderen seiner Bekannten bemerkt hatte … Ludwig war zweifelsohne neidisch auf seinen großen Bruder und dies würde ein Geheimnis unter strengem Verschluss bleiben.  Er hatte ohnehin niemals vorgehabt, seine Prinzipien über Bord zu werfen und alles zu verwerfen, worauf er hingearbeitet hatte. Denn auch wenn er homosexuell war, hatte er immer auf einen gutbürgerlichen Job mit einer Familie hingearbeitet, weil man es von ihm erwartet hatte. Ein praktisch nicht umsetzbarer Plan, wie ihm zum allerersten Mal in seinem Leben klar wurde und der Gedanke störte ihn plötzlich.  Sein Blick wanderte über den Tisch hinüber zu den Tellern von Gilbert und Elizabeta, wo sie ihre Finger ineinander verschränkt hatten und einander verliebte Blicke zuwarfen. Ludwig konnte jedoch nur darüber nachdenken, wie froh er war, dass dieser Tisch für drei gedeckt war und er trotz all seiner Befürchtungen nichts von Feliciano gehört hatte.  Weder Gilbert noch Elizabeta hatten etwas von einem vierten Teilnehmer beim Essen erwähnt, also fühlte er sich in trügerischer Sicherheit und nickte in regelmäßigen Abständen, während seine Gesprächspartner von ihrem kürzlich erlebten erzählten.  Als jedoch der Kellner kam, der ihre Bestellung aufnehmen wollte, winkte Elizabeta ab. »Wir hätten gern noch ein viertes Gedeck und warten auf jemanden, könnten sie uns wohl noch etwas nachschenken oder ein Aperitif bringen?«  Sie lächelte charmant und Ludwig spürte, wie bei dem Wort ‚viertes Gedeck‘ sein Herz lautstark zu hämmern begann.  Seine schlimmsten Fantasien jagten durch seinen Kopf und er war froh darum, als Eliza nach zehn Minuten aufstand und die Toilette aufsuchte. »Auf wen warten wir?«, zischte Ludwig seinen Bruder an und er nippte noch verzweifelter an seinem Bier.  »Auf ihren kleinen Bruder, aber das habe ich dir doch aber schon vor zwei Wochen gesagt«, beantwortete Gilbert Ludwigs Frage und starrte seinem nächsten Verwandten unverhohlen ins Gesicht. »Warum bist du so rot?«  »Ich bin nicht rot«, verneinte Ludwig und rieb sich die Augen. »Bisher lief es einfach nur recht gut, ich dachte, wir würden den heutigen Abend zusammen verbringen. Zu dritt.«   »Veneciano ist ein echt netter Kerl, ihr werdet euch bestimmt verstehen. Du brauchst dir keine Gedanken um ihn machen.«  Gilbert winkte ab und wechselte das Thema. »Wie findest du sie?«  Er nickte in Richtung seiner Verlobten und grinste zwinkernd.  »Sie ist großartig, Gil.«  Sichtlich erleichtert, lehnte sich nun auch Ludwig in seinem Stuhl zurück. Er hatte sich vollkommen grundlos Gedanken gemacht und Elizabetas kleiner Bruder war nun mal nicht Feliciano Vargas, der immer und überall anwesend zu sein schien, wenn Ludwig vor die Tür trat.  Diese Zufälle konnten sich nun mal nicht dauernd häufen. Ludwig lachte beschwingt und leerte seinen Krug Bier in einem Zug, so wie Gilbert. Sie bestellten erneut und plauderten unbeirrt weiter.  »Nichts für ungut, aber du weißt ja, wie merkwürdig alle neuen Menschen für mich sind. Deine Verlobte ist ein Ding, aber ihr Bruder…das ist wie mit der Schwiegermutter, die kann man grundsätzlich auch nie leiden, oder?«  Ludwig lachte leise und wischte sich über die warme Stirn. Der Alkohol machte sich in seinem Verhalten bemerkbar und er räusperte sich, ehe er etwas Unziemliches von sich gab. »Jetzt weißt du, warum ich euch so lange nicht vorstellen wollte«, grinste Gilbert und blickte über Ludwig hinweg in die Ferne. »Davon mal abgesehen, brauchst du dich gar nicht mehr wundern, dort ist er.«   Noch während Ludwig den Kopf wandte, hörte er Elizabeta rufen. »Da ist ja mein kleiner Fratello! Hallo Feliciano!«   In seinem Kopf machte es ‚Klick‘, noch bevor er das brünette Energiebündel zwischen all den Gesichtern ausgemacht hatte, während er plötzlich stand und über ihr Separee hinwegblickte. »Elizabeta! Es tut mir so leid für die Verspätung!«   Vor lauter Überraschung riss Ludwig die Augen auf und das, obwohl er den Ausgang lange zuvor geahnt hatte und mit offenem Mund taxierte der den schmalen Italiener.  Feliciano warf sich Elizabeta in die Arme und sie drückten sich liebevoll Küsschen auf die Wange, ehe der Italiener dasselbe mit Gilbert praktizierte. »Gilbert, es ist so schön dich zu sehen!«  Ludwig Beilschmidt zuckte ruckartig zusammen und starrte seinen Arbeitskollegen nur entgeistert an. »Feli?«  Seine Stimme stockte und erreichte den Italiener mit den bernsteinfarbenen Augen abrupt.  Es wirkte für den Bruchteil einer Sekunde so, als würde die Welt selbst stehenbleiben, während sie einander genau musterten und sich Feli dann von Gilbert losriss. »Luddy! So eine wunderbare Überraschung!«  Als hätten sie sich nicht am selben Tag… gestritten… warf sich Feliciano dem blonden Deutschen in die Arme und drückte ihn so fest an sich, als wollte er herausfinden, ob Ludwigs Herz in dessen Brust genau so heftig schlug, wie sein eigenes. Ludwig war zu überrumpelt, um genau zu verstehen, was da gerade vor sich ging und obwohl er es geahnt hatte, traf es ihn wie einen Schlag.  Er spürte Felicianos heiße Wange an seiner eigenen und die Arme des Kleineren griffen in Ludwigs Nacken ineinander, als würden sie ihn nicht mehr gehen lassen wollen. Noch nie zuvor in seinem Leben hatte Ludwig eine so herzliche und stürmische Umarmung erhalten wie an diesem Tag und es war ihm für den Augenblick egal, dass er gerade all seine Gefühle wie ein offenes Tagebuch den Anwesenden präsentierte, denn auch seine Finger ruhten auf Felicianos unterem Rücken. »Feliciano!«, murmelte er und drückte den Italiener an sich.  Obwohl es nur wenige Sekunden gewesen sein konnten, fühlte sich Ludwig, als hätte diese Begrüßung ewig angedauert und als sich Feliciano von ihm löste, sahen sie einander unschlüssig an. »Da war so eine Ahnung, aber ich hatte Angst dich zu fragen«, hörte er den Italiener sprechen und erst jetzt wurde ihm bewusst, dass Gilbert und Elizabeta beide dümmlich grinsten.  »Also müssen wir euch einander gar nicht vorstellen?«, murmelte Eliza positiv überrascht.  »N-nein. Ich… wir sind Arbeitskollegen«, erklärte Ludwig knapp und ließ von Feliciano ab.  »Wir sind Freunde!«, widersprach ihm Feliciano, während ein Kellner kam und ein viertes Gedeck auf den Tisch brachte. Alle Anwesenden blickten sich wortlos an, ehe sie sich am Tisch niederließen und eine unangenehme Stille über sie hineinschwappte. Ludwig vernichtete in einem Zug das Bier, das der Kellner brachte und starrte unablässig auf das zu schnell geleerte Glas.  Eliza und Gilbert wirkten zwar amüsiert, doch Ludwig vermied jeglichen Blickkontakt mit Feliciano, der dicht bei ihm saß und leise vor sich hin summte. Eigentlich hätte er die Situation gerne richtiggestellt, doch die Gelegenheit ergab sich für ihn gar nicht erst, weil immer jemand sprach und er das Gefühl hatte, wenn er einen Einwurf machte, würde er das Thema unnötig aufbauschen. Diesmal kam der Kellner schneller, brachte ihnen erneut Getränke und nahm ihre Bestellungen auf, bei der Feliciano diesmal keine Bedenken äußerte, sondern sich ziemlich schnell für ein Gericht entschieden hatte.  Ludwig war so mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, dass er den Smalltalk, der um ihn herum betrieben wurde, kaum Beachtung schenkte. Er war so damit beschäftigt, Feliciano zu betrachten, dass ihm gar nicht auffiel, wie dieser ihm beunruhigte Blicke zuwarf. Sie hatten jedoch keine Gelegenheit darüber zu sprechen, denn sie waren nicht allein am Tisch. Viel zu sehr fürchtete er sich vor Gilberts Beobachtungsgabe und deren Konsequenzen, also lächelte er Feliciano nur entschuldigend an und wartete, bis sich eine Gelegenheit ergab, mit ihm allein zu reden.    * * * Nach einer gefühlten Ewigkeit, entschuldigten sich Elizabeta und Gilbert für einen kurzen Moment an die frische Luft, nachdem sie die geschlagenen letzten fünf Minuten nicht die Finger voneinander lassen konnten und erst als sie außer Sichtweite waren, seufzte Ludwig erleichtert auf. »Endlich sind sie weg…«, presste er zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hervor und packte Feliciano ungläubig bei den Schultern.  Dieser stammelte überrascht über die Aussage und Ludwigs plötzlicher Berührung und sein linkes Auge zuckte verräterisch. »Was ist denn los, Luddy? Du wirkst so beunruhigt.«   »Beunruhigt ist gut«, zischte Ludwig vor sich hin und legte die Stirn in Falten. »Ist dir das nicht unheimlich? Wir treffen immer und immer wieder aufeinander!«  Eigentlich wollte er etwas Anderes sagen, aber die Worte purzelten aus einem Mund und ließ resigniert von Feliciano ab.  »Freut dich das etwa nicht? Ist doch fast so, als wollte das Universum oder Gott, dass wir Freunde sind«, kicherte Feliciano und hakte sich bei Ludwig unter. »Ich freue mich jedes Mal, wenn ich dich sehe. Du denkst doch nicht, dass ich nervig bin, oder?«   »N-natürlich nicht«, antwortete Ludwig automatisch und spürte, wie eine verräterische Hitze sich auf seinen Wangen ausbreitete. »Obwohl ich mir natürlich verfolgt vorkomme.«   Feliciano grinste charmant. »Dabei stellt sich nur noch die Frage, wer hier wen verfolgt, meinst du nicht?«   Ludwig konnte nicht anders, als ebenfalls Lächeln, während Feliciano den Kopf schief legte. »Wer auch immer der Drahtzieher dahinter allem ist, scheint Pläne zu haben, die sich unserem Wissen entziehen.«  Er wollte Feliciano nicht mit der Nase darauf stupsen, dass er ihn begehrte, doch er hoffte, dass die kleinen Andeutungen ihm reichten.  »Für mich ist das in Ordnung… ich lese schließlich auch keine Bücher rückwärts«, antwortete Feliciano schlicht und eine Hand legte sich vertrauensvoll um Ludwigs Handgelenk. Beinahe so, als wollte der Italiener Ludwigs Puls fühlen, spürte er den fremden Zeige- und Mittelfinger auf seiner Haut.  Noch während Ludwig die sanften Finger bewunderte, hob er seinen Kopf und bemerkte die braunen Augen des Italieners, die um Aufmerksamkeit buhlten und die schmale Unterlippe, auf der Feliciano freimütig herumknabberte.  »Ludwig…«  Sein Name aus Felicianos Mund bewirkte ein wahres Wunderwerk der Gefühle in seinem Inneren und schaltete sein logisches Denken praktisch lahm.  Es war das erste Mal seit gefühlten Ewigkeiten, dass er tatsächlich einen realen Gedanken daran verschwendete, einem anderen Menschen körperlich nah zu sein und es war nicht das erste Mal, dass Feliciano das Ziel dieser Gedanken wurde.  Sein Körper widmete sich Feliciano ohne sein Zutun und er platzierte seine Hände auf Felicianos Schultern, sodass sich dessen Blick hob und den von Ludwig traf. Es herrschte Stille um sie herum und Ludwig fragte sich, was Feliciano in diesem Moment dachte, doch er sprach es nicht aus. Stattdessen betrachtete er die Lippen des anderen und überlegte, wie es sich wohl anfühlen mochte, diese auf seinen eigenen zu spüren. Nur allmählich begriff er, dass es für einen Rückzieher schon fast zu spät war, weil sie sich so nah wie noch nie zuvor waren und sowohl er als auch Feliciano ihre Köpfe zu neigen begannen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)