An awkward guide how to love if you're slightly German von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 12: Eine ehrenvolle Aufgabe ----------------------------------- Freitag, 14. Oktober Ein Räuspern ließ Ludwig zurückzucken und er starrte Feliciano einen Augenblick an. Mit leicht geöffneten Mündern und großen Augen wandten beide ihren Blick Elizabeta zu, die am Tisch stand und selig lächelte.  »Ich bin wieder da… Störe ich?«   Ludwig, sich seiner Situation bewusstwerdend, holte tief Luft und ließ von Feliciano ab, erschrocken seinen Bruder suchend, immerwährend den Kopf schüttelnd und doch keinen Ton sagend.  »Gilbert ist noch kurz zur Toilette gegangen«, murmelte Elizabeta, als konnte sie seine Gedanken lesen und ließ sich am Tisch nieder. Sie saßen glücklicherweise in einer Ecke des Restaurants, in der man sehr abgeschieden von den anderen Gästen speiste und das begrüßte Ludwig sehr, doch hatte man so auch keinen Überblick über den Eingang des Etablissements oder die Toiletten. Wer auch immer ins Separee, platzte mehr oder weniger überraschend hinein. Nervös leckte er sich über die Lippen, während er Felicianos Blick auswich, der scheinbar sofort wieder ungezwungen mit seiner Schwester plauderte. Nur hin und wieder bemerkte er, dass Feliciano ihn besorgt musterte, doch lächelte er nur schmal und fand plötzlich viele andere Dinge wieder interessant, die er bestaunen konnte, wie die Gemälde an der Wand.  Eines der Bilder, war ein Gemälde zweier Frauen, die einander zugewandt waren und ihre Hände ineinander verschränkt hielten. Die brünette linke Dame trug einen Lorbeerkranz auf dem Kopf, während die rechte einen Blumenkranz über ihrem blonden Haar trug. Im Hintergrund konnte man auf der linken Seite eine typisch italienische Landschaft mit Felsküste erkennen und auf der rechten Seite hinter der Blonden eine gotisch aufragende deutsche Stadt. Ein kleines Schild unter dem Gemälde betitelte das Bild mit dem Namen »Italia und Germania« von Friedrich Overbeck. Natürlich handelte es sich hierbei nicht um das Original, aber dennoch dachte Ludwig grimassierend: »Wie passend.«  Er ballte seine Hand zur Faust und platzierte sie auf seinem rechten Oberschenkel, wo er kaum merklich zitterte, während er versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Beinahe wäre er Feliciano aus Reflex nähergekommen, als ihm unter diesen Umständen lieb gewesen war.  Während er aufblickte und seinen Bruder aus mehreren Metern Entfernung poltern und schnattern hörte, umfasste seine linke Hand sein leeres Bierglas.  Erst jetzt, da er seinen Bruder blöken hörte, wurde ihm bewusst, was Elizabeta eigentlich gerade mitbekommen hatte und ihm rutschte das Herz in die Hose. Eine Hitze rollte seinen Hals hinauf zu seinen Wangen, wo sie verlieb und ihn wirken ließ, wie einen kleinen Schuljungen. Er hoffte inständig, dass Gilbert sich anderen Dingen widmete und er es auf den Alkohol schieben konnte. Elizabeta warf ihm, ebenso wie Feliciano, hin und wieder einen vieldeutigen Blick zu, aber nachdem Gilbert ein weiteres Bier für die drei Männer bestellte, konnte Ludwig sich seinem Getränk widmen und brauchte nicht immerzu aus den Augenwinkeln die ihm zugewandten Gesichter ignorieren.  Irgendwann stahl sich eine warme Hand in seine, verborgen unter dem Tischtuch des elegant gedeckten Tisches und mit einem Schlag ging sein Puls schneller als zuvor. Er hörte beinahe das Blut in seinem Kopf rauschen und bekam keinen vernünftigen Ton heraus.  Zu seinem Glück wurde das Wort nicht allzu oft an ihn gerichtet und Eliza und Gilbert erzählten von sich aus viel über ihre Pläne für die Hochzeit, während endlich, endlich ihr Essen gebracht wurde. Felicianos Hand, die er nur zum Essen entfernte, ließ Ludwig seine Nähe schmerzlich vermissen.  Es war ihm unangenehm, doch er beeilte sich mit dem Essen, seine Hand in freudiger Erwartung zwischen beide Stühle ausgestreckt und Feliciano ließ seine wie selbstverständlich nach getaner Arbeit in Ludwigs sinken und sie verschränkten sie ineinander. Ihm war gar nicht bewusst, was diese Nähe implizierte und warum er plötzlich nicht mehr von dem Italiener lassen konnte. Es war wie verhext, aber je mehr er das turtelnde Pärchen vor sich sah, desto natürlicher war es für ihn, Felicianos Nähe zu suchen. Und da dieser ohnehin zuerst auf ihn zugekommen war, befahl sich Ludwig auch, sich nicht schuldig wegen seiner Wünsche zu fühlen. Vorerst.  Begleitet von stetigem Herzklopfen verging eine halbe Ewigkeit, bis irgendwann der Tisch vom Essen befreit wurde und die Männer ein neues Bier vor sich stehen hatten. Elizabeta hatte sich selbst einen Obstschnaps gegönnt, aber nur gelegentlich daran genippt.  Schließlich erhob Gilbert das Wort und sah zwischen den am Tisch Anwesenden hin und her. »Also gut… mal abgesehen von diesem urigen kleinen Familientreffen…«  Er stockte und widmete Elizabeta besondere Aufmerksamkeit. »Eliza und ich haben euch nicht nur hergebeten, um euch einander vorzustellen, sondern auch, weil wir eine Bitte an euch beide haben.«   Seine vergleichsweise aufgeregt-schrille Stimme ließen Ludwig und Feliciano zusammenzucken, was sie dadurch bemerkten, dass sie ihre Finger ruckartig fester aneinanderdrückten.  Sie starrten sich einen Augenblick lang schweigend an, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Paar vor ihnen widmeten.  »Wir haben lange darüber nachgedacht, wen wir mit der ehrenvollen Aufgabe betrauen wollen, die Rollen der Trauzeugen zu übernehmen… aber so sehr wir auch gegrübelt haben, sind uns nur zwei Personen eingefallen, die dafür mehr als geeignet sind.«  Eliza lächelte schmal und fasste Gilberts Hände in ihre. »Wir wollen, dass ihr beide diese Aufgabe übernehmt. Ihr dürft gerne zusammen entscheiden, inwiefern ihr euch in die Pläne für die Hochzeit einbringen wollt, wenn ihr unser Angebot annehmt.«   Ludwig saß still da, mit offenem Mund und starrte seinen Bruder ungläubig an. Von allen Dingen, die sie hätten vorschlagen könnten, hatte ihn dies am meisten überrascht. Er hatte ja keinen blassen Schimmer, dass sein Bruder ihm einen solchen Wert beimaß, also stammelte er nur: »I-ich fühle mich geehrt, Gil… aber was ist denn mit Antonio und Francis? Sie sind doch deine besten Freunde, seit der Grundschule!«  Jetzt spürte er, wie die anderen drei ihn anstarrten und er schluckte nur merklich.  »Natürlich sind sie das, aber du bist mein Bruder. Du bist meine Familie und ich vertraue dir, dass du die richtigen Entscheidungen treffen wirst, im Gegensatz zu den anderen beiden Idioten. Außerdem hätte ich mich nie im Leben für einen von ihnen entscheiden können, das würden sie mir bis an unser Lebensende vorwerfen…«  Gilbert zuckte mit den Schultern und grinste frech, während seinem Bruder gerade ein paar Tränen in die Augen stiegen. »Äh, Ludwig, heulst du…?«   Der blonde Deutsche wischte sich mit dem Unterarm über die Augen. »Du hast wirklich keinen Funken Taktgefühl, Gil«, schniefte Ludwig und hatte sich wieder etwas gefasst, als er seinem Bruder entgegensah. Ihm war es zwar schon ein wenig peinlich, dass er so ergriffen von Gilberts Bitte war, aber alles in Allem hatte er diesen Ausgang garantiert nicht erwartet.  Ihre brüderliche Beziehung hatte er immer eher als rivalisierend empfunden und doch hatte Gilbert ihm den ultimativen Vertrauensbeweis in die Hände gelegt. »Danke, Gilbert. Ich werde dich nicht enttäuschen, das schwöre ich.«  Gilbert wirkte selber ein wenig überrumpelt, wegen Ludwigs Ausbruch der Gefühle und ein leichter Rotschimmer legte sich auf seine Wangen. »Das hoffe ich auch… immerhin wirst du auf die Ringe Achtgeben müssen, also wehe du verbockst es.«  Er grinste beschämt.  Während Ludwig noch einen Augenblick brauchte, sich zu sammeln, hörte er Elizabeta und Feliciano dabei zu, wie sich auch der Italiener aufrichtig bedankte. Offenbar war Feliciano weniger überrascht als Ludwig, doch das minderte nicht seine Freude über die ehrenvolle Aufgabe, die ihnen zugetragen worden war.  Ludwig konnte jedoch nicht umhin zu belächeln, dass diese Begebenheit dazu führen würde, dass sie noch viel mehr Zeit miteinander verbringen konnten. Er hatte zwar keinen blassen Schimmer, wohin das alles führte, aber Feliciano schien gern Zeit mit ihm zu verbringen und seine Nähe war ein wunderbares Kleinod.  Noch am Vormittag hatte er sich verrückt gemacht, dass ein weiteres Treffen womöglich die Dynamik zwischen ihnen zerstören konnte, doch was ihm erst jetzt wirklich bewusst wurde war, dass er sich nach der Nähe des Italieners verzehrt hatte. Dieser Gedanke ließ sein Herz schneller schlagen und er musste sich sehr zusammenreißen, Felicianos Hand nicht unbewusst fester zu drücken und seine Gemütslage allen Anwesenden offen darzulegen.  Stattdessen ließ er seinen Daumen über Felicianos Zeigefinger und Daumen streichen, was dazu führte, dass der Italiener ihn aus großen Augen anstarrte, aber so herzlich lächelte, dass es Ludwig ansteckte und er wie ein Honigkuchenpferd grinste.  Gilbert prostete ihm zu. »Freu dich nicht zu früh, Brüderchen. Das bedeutet auch, dass ihr unsere Junggesellenabschiede organisieren müsst.«  Der Weißhaarige lachte seine, wie Ludwig fand, dreckigste Lache und leerte das Bier in einem Zug.  Auch Elizabeta kicherte daraufhin und zwinkerte Ludwig zu. »Ihr werdet das schon hinbekommen, es wird schon gut gehen.«  »Keine Sorge, Gilbert. Wir werden etwas finden, dass dich nicht in Teufelsküche bringt.«  Ludwig erlaubte sich ein überlegenes Grinsen und wandte seinen Kopf um zu Feliciano, der an seinem Bier nippte. »Stimmt’s, Feliciano?«   Der quirlige Italiener tat es ihm gleich und stellte das Glas geräuschvoll ab, bevor er sich ein wenig mehr zu Ludwig hinüberlehnte und Gilbert zuzwinkerte. »Ve, du wirst dich schon wundern, was wir alles auf die Beine stellen werden!«   Die plötzlich non-existente Distanz zu Feliciano ließ Ludwig erröten und er räusperte sich. »Wenn Ihr mich kurz entschuldigt, ich gehe mal einen Moment vor die Tür.«  Es fiel ihm zwar schwer, Felicianos Hand loszulassen, doch er brauchte jetzt frische Luft. Er hatte das Gefühl, er wurde Stück für Stück von Feliciano vereinnahmt und dass er Dinge tat, die er für gewöhnlich bei keinem anderen anstandslos akzeptierte.  Als die kühle Nachtluft in seine Lungen einzog und heiße Wölkchen seine Lippen verließen, starrte er in den dunklen Nachthimmel auf, der sich klar und voller hellleuchtender Sterne über ihm auftat. Sein schnell pochendes Herz, für das Feliciano im nicht gerade geringen Maß verantwortlich war, machte ihn noch verrückt. Er verschränkte die Arme vor der Brust und ging ein paar Schritte die Straße hinauf.  »Luddy!«  Felicianos Stimme durchbrach die Stille der Nacht und er zuckte merklich zusammen. Einen Moment für sich, das war alles, was er wollte. Er spürte, wie seine Unterkiefer mahlten, er sich jedoch nicht umdrehte. »Geh einfach weiter«, befahl sich der große Deutsche. »Du kannst noch immer so tun, als hättest du ihn nicht gehört.«  Er musste erst die Unordnung in seinen Gedanken beseitigen, bevor er dem Italiener wieder in die Augen schauen konnte. Was im schlimmsten Falle passieren konnte war…  Plötzlich spürte er einen warmen Körper an seinen geschmiegt und Arme, die sich um seinen Torso schlangen. »Luddy, lauf doch nicht weg«, murmelte Feliciano in seinen Nacken hinein. Der Italiener kicherte und verschränkte seine Finger vor Ludwigs Bauch ineinander, während der Deutsche deutlich den Bauch einzog, bei dieser Berührung.  »Wa-was tust d-du da, Feli!«, bellte Ludwig und seine Stimme zitterte unweigerlich.  »Ich wollte eine Umarmung, aber du hast versucht wegzulaufen, ve, also muss ich mich damit zufriedengeben«, murmelte Feliciano nur und schmiegte sein Gesicht wie eine Katze an Ludwigs Schulterblättern hin und her, während sein warmer Atem über Ludwigs Hals hinwegfegte.  Ludwig Herz klopfte bedrohlich in seiner Brust, während er versuchte, nicht wie ein stotternder Idiot dazustehen und Feliciano anzumeckern. Insgeheim freute er sich doch über die Umarmung und er wollte Feliciano nicht das Gefühl geben, dass seine Anwesenheit unerwünscht war.  »Feli… lass doch mal für einen Moment los, ich… so… kann ich dich doch gar nicht richtig betrachten…«, murmelte er vor sich hin und war sich gar sicher, dass seine Worte in der Nachtluft unverstanden verloren gingen, doch Feliciano löste sich einen Augenblick von ihm, den Blick gesenkt und Ludwig drehte sich zu ihm herum. »I-ist alles in Ordnung?«   »Ja…«, hörte er Feliciano sagen und dann lehnte der Italiener seinen Kopf wieder gegen seine Brust. »Ludwig, bitte schick mich nicht weg.«  Das Flehen in seiner Stimme ließ Ludwig hart schlucken.  Der Angesprochene legte zögernd seine Arme um den Italiener und lehnte seinen Kopf an den Kleineren an. »Das habe ich nicht vor… ich… dachte einfach… so wäre es… bequemer. Für uns beide.«   Er musste sich sehr zusammenreißen, um das Zittern in seiner Stimme zu verbergen, aber schließlich war es ihm im selben Moment gleichgültig. Feliciano konnte vermutlich gerade spüren, wie sein Herz versuchte, aus seinem Brustkorb zu entkommen, also war jeder Versuch seine Gefühle zu verbergen für die Katz.  »Danke.«   Ludwig starrte an Feliciano vorbei zum Restaurant hinüber, wo gerade Eliza und Gilbert in die Nacht hinaustraten. Eigentlich hatte er nicht das Bedürfnis, dass Gilbert ihn so sah, doch andererseits war ihm im Moment alles egal. Er wollte einfach nur hier stehen, mit Feliciano im Arm und das Glück für einen Augenblick länger genießen, als es anhielt.  Sollte Gilbert doch einen seiner blöden Sprüche reißen… Ludwig würde damit fertig werden. Feliciano wollte bei ihm sein, das konnte vermutlich nicht mal ein Gilbert Beilschmidt ändern. Ein Lächeln legte sich auf Ludwigs Lippen, während er Feliciano einen Kuss auf die Haare drückte. Hosted by Animexx e.V. 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