An awkward guide how to love if you're slightly German von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 24: Wahrhaftig ein Monatmorgen -------------------------------------- Montag, 17. Oktober Die Kreide kratzte in einem unüberhörbar quietschenden Ton über die Tafel und ließ die Schüler in ihren Stühlen zusammenzucken. Ludwig war so in seinen Gedanken versunken, dass er nicht bemerkte, wie unwohl sich seine Schüler fühlten, bis eine leise Stimme aus der letzten Reihe ungewöhnlich laut wurde. »Herr Beilschmidt?«, murmelte eine Schülerin, sichtlich genervt und wartete darauf, dass sie bemerkt wurde, doch sie musste sich ganze zwei Mal wiederholen, bis Ludwig sie bemerkte. »Ja, Sarah?«, murmelte er verwundert und stoppte in seiner Bewegung, während alle anderen erleichtert aufseufzten. Erst jetzt sah er ihre Gesichter, die jede Regung von gequält zu befreit zeigten und er schob seine Brille zurecht. »Habe ich etwas verpasst? Sie wirken allesamt eher gequält, als froh darüber, neues Wissen zu erwerben«, fragte er beinahe vorwurfsvoll. »Die Kreide… ich… glaube wir alle währen Ihnen sehr dankbar, wenn Sie es unterlassen könnten, dieses Geräusch zu machen.«  Die blonde Sechzehnjährige lächelte schmal. »Es ist wirklich schwer sich auf den Stoff zu konzentrieren, wenn einem die Ohren dabei bluten.«   »Oh«, machte Ludwig nur und er lächelte schmal. »Tut mir wirklich sehr leid. Es scheint, als wäre heute tatsächlich ein Montagmorgen.«   »Ganz offensichtlich«, kam es aus der hinteren Reihe und ein Kichern folgte, das Ludwig nicht einzuordnen vermochte. »Möchtest du das für alle einmal laut wiederholen, Jean?«, fragte Ludwig die gerade ertönte Stimme und taxierte den Jungen mit den dunkelbraunen Haaren, der frech grinste. »Nein, aber danke für die Aufmerksamkeit. Ich halte sie in Ehren, wenn wir leider ohne sie nach England fahren, Herr B.«  Die eine Hälfte der Klasse lachte über diese Unverschämtheit und die andere sank tiefer in ihre Stühle zurück in Erwartung eines Brüllens, doch Ludwig lächelte nur triumphierend. »In Ordnung… dann kommen wir also zurück zum ‚Present Perfect Progressive‘, dass du so sehr verspottest, Jean. Vielleicht könntest du mir ja sagen, wie folgender Satz korrekt übersetzt heißt?«  Ludwig tippte mit der Kreide auf das gerade geschriebene. Der Blonde ließ sich nicht anmerken, wie genervt er innerlich war und dass ihm der Vormittag so unendlich lang vorkam, aber schlussendlich war auch die 10. Klasse von vor Hormonen sprühenden Teenagern bevölkert, die sich beweisen wollten und auch wenn ihm dieses Verhalten zuwider war, zog er seinen Stoff eisern durch. Insgeheim freute er sich jedoch auf die Mittagspause, in der er mit Feliciano verabredet war. Für gewöhnlich machte ihm die Arbeit sehr viel Spaß, hier und da gab es Klassen, die er gerne unterrichtete und manche eher weniger, aber das hielt sich alles in der Waage. Der heutige Tag fühlte sich jedoch an, als würde er nie enden wollen und nervös trommelte er mit den Fingern auf dem Pult herum, bis sich jemand erbarmte, die Frage zu beantworten und sie endlich weitermachen konnten. Diesmal war es nicht Feliciano, der an seiner Tür stand und sich von den ausschwärmenden Schülern hinausspülen ließ, sondern Ludwig, der sich auf den Weg zum Kunstraum machte. Auf dem Weg dorthin schnappte er hier und da einige Gespräche der Schüler auf, doch nichts davon war besorgniserregend. Am Kunstraum angekommen, klopfte er höflich und öffnete dann die Tür, nur um eine Meute freudig schreiender Teenager beim Spielen zu stören. Es dauerte einen Augenblick, bis er Feliciano Vargas zwischen all den Schülern wahrnehmen konnte und ein schräges Lächeln zierte seine Lippen. »Wenn du eine anständige Note willst, musst du sich schon etwas besser anstellen, Marie«, hörte Ludwig seinen Mitbewohner sprechen, während die anderen sich in zwei verschiedene Teams aufgeteilt hatten und die beiden Spieler anfeuerten. Auf den ersten Blick sah er ein weißes Holzbrett, das an den Außenkanten mit Holzleisten gesichert war und jeweils links und rechts an den schmalen Seiten zwei verschieden farbige Kreise in rot und blau eingezeichnet hatte. Das Wort ‚Airhockey‘ kam ihm in den Sinn, als er sah, dass sowohl Feliciano als auch die Schülerin jeweils einen Spielgriff in den Händen hielten und ihre ‚Tore‘ vor dem Puck verteidigten. »Herr Vargas, Sie sind wirklich zu flink«, gab besagte Schülerin zu und keuchte, als sie nur haarknapp ein Tor abwenden konnte. »Das liegt daran, dass ich auch ein ausgezeichneter Fußballspieler bin und weiß, wann jemand in meinen Punktebereich einzudringen versucht.«  Er lachte leise und wehrte einen Angriffsversuch ab. »Du wirst heute ganz sicher keinen Punkt mehr machen und außerdem ist die Stunde vorüber. Gib auf und geh in die Pause!«   »Wenn Sie versuchen, mich damit abzulenken, haben Sie sich aber ganz tief geschnitten. Ich bin eine Kämpferin!«, erwiderte Marie und verteidigte ihr Tor. Es dauerte einen Augenblick, bis Ludwig die Sprache wiederfand, aber als er sich zu Wort meldete, starrten ihn alle an. »Wenn das hier Kunst ist, habe ich mich immer für die falschen Kurse entschieden«, murmelte er vor sich hin und der Italiener lächelte schmal, bevor er zum Blonden hinüberstarrte. Er formte ein ‚Luddy‘ mit seinen Lippen, sagte aber nichts, bis Marie die Gelegenheit nutzte und den Puck ins Tor jagte. »Jaaa!«, jubelte sie gefolgt vom Chor ihrer Unterstützer, während auf der anderen Seite die Fans von Feliciano sie ausbuhten. »Du hast doch nur die Gunst der Minute genutzt. Wenn Herr Vargas ernst macht, hast du keine Chance!«, meckerte einer der Jungen und Marie kicherte. »Du bist der nächste, den ich hochnehme, Frederick!«, beschwor sie und die Meute löste sich leise tuschelnd auf, während sich jeder seine Tasche schnappte und das Klassenzimmer in die Pause schleichend verließ. Feliciano klatschte freudig in die Hände, während er sich lautstark von seinen Schülern verabschiedete. »Vergesst bitte nicht, morgen eure Pinsel mitzubringen. Wir haben hier leider nicht genug für jeden von euch und wir haben Großes vor!«   Er winkte zufrieden, bis sich auch der letzte Schüler davongestohlen hatte und drehte sich dann zu Ludwig um. »Wollten wir uns nicht oben treffen?«, fragte er schmunzelnd und zog seinen Freund an der Hand näher zu sich, während sie ihre Finger miteinander verschränkten. »Muss ich wohl überhört haben«, antwortete Ludwig, während er das Airhockeyfeld in Augenschein nahm. »Hast du das gebaut?« »Ja, mit den Kindern. Es ist nicht schwer in der Herstellung und sie brauchten etwas, das sie wachmacht«, erklärte der Italiener nur, während er Ludwigs Hand zärtlich küsste. Anerkennend nickte Ludwig und streichelte Feliciano über die Wange, ehe ihm bewusst wurde, dass sie sich noch immer an ihrem Arbeitsplatz befanden und dass derartige Gesten unangebracht waren, wenn sie die Tür nicht verschließen konnten. Um ganz ehrlich zu sein, hatte er sich die ganze letzte Woche schon gefragt, welche Art von Lehrer Feliciano wohl sein mochte, wenn er in seiner Freizeit eher nachlässig und nachgiebig war. Dass Ludwig sehr wohl strikt war und seine Schüler oft zu besserem Benehmen aufforderte, sollte Feliciano mittlerweile bewusst geworden sein, doch der Italiener war ein verschlossenes Buch mit sieben Siegeln für ihn. Er war nach außen hin immer freundlich und schien zufrieden und doch hatte er dunkle Geheimnisse, wie die Vergangenheit mit seinem Bruder oder dass er keine lebenden leiblichen Verwandten außer diesem Lovino hatte, wie Ludwig mittlerweile wusste. Obwohl sie die letzten drei Nächte miteinander verbracht hatten, wussten sie doch kaum etwas über einander und Ludwig hatte sich dazu entschlossen, einige Geheimnisse während der gemeinsamen Mittagspause zu lüften. Er hatte sich frühmorgens vor dem Unterricht sogar die Mühe gemacht, über den Tisch und die Schränke im Streitschlichterraum zu wischen, damit es ansehnlich für sie beide war und sie sich wohl fühlten. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er Felicianos Hand nahm und sie seinerseits küsste. »Ich habe mir die Freiheit herausgenommen, etwas Leckeres zu zaubern und ich hoffe, dass du Hunger hast.«   »Ist es Pasta? Bitte lass es Pasta sein!«, seufzte Feliciano und genoss die offensichtliche Zuneigung des Deutschen. Er schmiegte seine Wange an die Hand Ludwigs und kicherte zufrieden vor sich hin. Doch ehe der Blonde ihm eine Antwort geben konnte, schwang die Tür auf und ein lautes »Heeeeya!«  hallte durch den Kunstraum. Ein himmelblaues Augenpaar mit zugehörigen blonden Fransen, in einer dunkelgrünen Bomberjacke, stand grinsend im Raum und wedelte wie wild mit den Armen vor sich hin, ehe besagte Person erstarrte und die anderen beiden Männer im Raum irritiert taxierte. »Oh… Ludwig? Feliciano!«   »Mr. Jones?«, murmelte Ludwig vor sich hin, ehe er sich vor lauter Schreck ruckartig von Feliciano entfernte und genügend Abstand zwischen sie brachte. »Das ist nicht…« »…wie es aussieht? Ich dachte solche bescheuerten Sätze bekommt man nur in schlechten deutschen Filmen zu hören! Hoho, also… Hallo, Sie beide…«  Alfred grinste selbstgefällig vor sich hin und klopfte sich dann auf die Brust. »Als ich bemerkt hab, dass Sie beiden einander kennen, hätte ich das aber ganz sicher nicht erwartet, eh…«  Er kratzte sich kurz am Kinn, ehe er fortfuhr, bevor die anderen beiden im Raum etwas sagen konnten. »Eigentlich… wollte ich etwas wegen der Klassenfahrt besprechen, Feliciano, aber das hat sicher Zeit, bis Sie zwei Turteltäubchen fertig sind. Ist immerhin Ihre Pause, also…«  Alfred zwinkerte ihnen zu und verschwand so schnell, wie er gekommen war. Feliciano neben Ludwig reagierte schneller, als der Deutsche, bevor sich dieser davonmachen konnte, fasste er seine Hände. »Du wirst ihm jetzt nicht hinterhergehen und irgendwas erklären, verstanden?«, murmelte der Italiener ungewohnt scharfsinnig und verengte die Augen zu Schlitzen. »Du hast mir ein Essen versprochen und wir verbringen die Mittagspause zusammen, Luddy. Das mit Alfred kannst du danach noch immer klären und ich weiß, das hast du vor!« Ludwig seufzte hörbar aus lächelte dann schmal. »Du hast recht. Wir können ja nicht immer irgendetwas dazwischen kommen lassen…«   »Ve, zum Glück… ich habe nicht geglaubt, dich überzeugen zu können«, stieß Feliciano aus und schmiegte sich an Ludwigs Arm an. »Grazie! Danke, danke, danke!«  Er überschüttete Ludwigs Hand mit vielen kleinen Küssen, ehe sich der Deutsche räusperte. »Wollen wir?« »Aber natürlich!«     * * * Im alten Streitschlichterraum angekommen, staunte Feliciano nicht schlecht, dass Ludwig sehr wohl ein wenig mehr vorbereitet hatte, als erwartet. Auf dem einst staubigen Tisch war ein hübsches aber dezentes helles Tischtuch ausgebreitet, auf dem zwei Teller mit passendem Besteck angerichtet waren. Dazu war in der Mitte des Tisches ein dreiarmiger Kerzenständer aus Porzellan aufgestellt worden, in dem drei perlmuttfarbene Kerzen in verschiedenen Höhen thronten. Sichtlich nervös nahm Ludwig Felicianos Hand. »D-das Essen habe ich heute Morgen vorbereitet, als du geschlafen hast und daher müssen wir es aufwärmen, aber ich bin mir sicher, dass es gut schmecken wird.«   »Das denke ich auch!«, gab Feliciano beeindruckt zurück und widerstand dem Drang, sich an die Brust seines Freundes zu schmiegen. Er wollte auch nicht zu anhänglich wirken, also lächelte er nur freudig und ließ sich auf einem der Stühle nieder. »Das sieht schon total schön aus, Luddy.« Der Deutsche hatte sich zwar beim ersten Besuch in diesem Raum gefragt, wozu die Schüler hier eine Mikrowelle gebraucht hatten, doch diese kam ihm gerade recht, während er seine Mahlzeit darin aufwärmte und den Blickkontakt mit Feliciano mied. Er war schon ziemlich aufgeregt und hoffte, dass das Essen schmeckte, das er für den quirligen Italiener vorbereitet hatte und weil es sich um ein italienisches Gericht handelte, war er umso nervöser. Feliciano wusste ganz sicher besser zu kochen als er, aber das Original italienische Kochbuch, das er besaß hatte ihn mehr als einmal gut verköstigt und darauf baute er auch diesmal. In der Zeit die das Elektrogerät brauchte um das Essen zu erwärmen, versuchte er etwas Smalltalk zu betreiben. »Ich muss zugeben, ich hatte leider keine Sopressata zur Hand, wie das Rezept vorgeschlagen hat, aber ich denke, es wird mir auch ohne gelungen sein. Ich habe die andere Salami verwendet, die du am Samstag mitgebracht hast«, stammelte Ludwig vor sich hin, sich den Nacken reibend. »Schon in Ordnung, manchmal muss man vom Rezept abweichen, um Meisterwerke zu erschaffen«, ermutigte ihn der Italiener und lächelte sanft. »Setz dich doch, solang. Ich möchte deine Hand halten…«   Ludwig tat, wie ihm geheißen, aber er war sichtlich nervös und seine Hand zitterte, als er die warme Felicianos in seine nahm. Sobald die Mikrowelle ihre getane Arbeit ankündigte, sprang der Blonde jedoch aufgeregt vom Stuhl und holte etwas ungeschickt die heiße Schale heraus, die er mit einem Backhandschuh, den er sich nachträglich doch aus seiner Tasche angelte. Er stellte das Gericht vor ihnen neben den Kerzen ab und legte eine Edelstahlzange dazu. »Und hier… haben wir traditionelle Cannelloni… Hoffentlich jedenfalls.«  Sein schräges Lächeln brachte Feliciano zum Kichern. »Es riecht wunderbar, es sieht gut aus und du hast es gekocht. Warum bist du so nervös? Ich liebe Pasta, egal in welcher Form!«  Bernsteinfarbene Augen trafen auf blaue und der Deutsche lächelte müde, während Feliciano sich eine Portion nahm und voller Vorfreude daran roch. »Ich kann es kaum erwarten, zu probieren.« Dass er Ludwig mit dieser Aussage noch nervöser machte, wusste er natürlich nicht, aber mit zittrigen Fingern nahm sich auch der Deutsche etwas von dem Essen. Der erste Biss des Brünetten wurde voller Argwohn von Ludwig analysiert und jeder Augenaufschlag und jedes Geräusch wurde gründlich überprüft, ehe Feliciano wie ein Honigkuchenpferd zu grinsen anfing. »Es ist perfetto, Luddy! So und nicht anders haben sie zu schmecken«, lobte er das Gericht mit glänzenden Augen, ehe er sich genüsslich einem weiteren Bissen hingab. Es dauerte noch zwei weitere Bissen, bis sich Ludwig sicher war, dass ihn Feliciano wirklich nicht veralbert hatte und er dann ebenfalls probierte. Er hatte zum ersten Mal die Cannelloni versucht, weil er selber gern herumprobierte, aber sie schmeckten ihm auf Anhieb gut, obwohl sie aufgewärmt waren.  Er hatte glücklicherweise den richtigen Moment gewählt, sodass sie auch von innen recht heiß waren. Seine größte Sorge war gewesen, dass die Sauce zwar köchelte, aber die Füllung noch vollkommen kalt war. Die Befürchtung, dass die Technik gegen ihn arbeitete, war gar nicht so abwegig. Ein Lächeln schlich sich auf sein leicht gerötetes Gesicht, während er Feliciano sein Essen verschlingen sah und sein Herz begann plötzlich wie wild zu schlagen. Was hatte dieses Wochenende doch seine Welt verändert, immerhin hatte er noch vor genau einer Woche versucht, den Italiener zu meiden wo er konnte. Woran lag es, dass seine Bedenken so schnell zerschlagen wurden und warum fühlte er sich so wohlig warm und überhaupt nicht seltsam dabei? Normalerweise machte er sich um jede Kleinigkeit einen Kopf, aber er hatte es bisher auf ein Minimum reduzieren können und allein der Anblick des Italieners reduzierte seinen Stress um gefühlte 100% und entfachte in ihm ein Gefühl der Leidenschaft. Etwas, das Ludwig bisher nur aus Romanen kannte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)