Grauzone von sharx (Was sonst noch passiert ist) ================================================================================ Kapitel 9: schlechte Kunde -------------------------- Kapitel 9 schlechte Kunde Langsam wurde es kälter. Wie jedes Mal, wenn sich das Jahr langsam dem Ende zu neigte, fiel es mir schwer morgens aus dem Bett zu kommen. Nicht, dass es mir je wirklich leicht gefallen war, doch wer stand schon gerne auf, wenn es draußen noch dunkel war? Leider gab es genug, denen die morgendliche Dunkelheit und damit einhergehende kühle Luft, nichts ausmachte. Liam tauchte regelmäßig auf und warf mich aus dem Bett. „Seid froh, dass es noch nicht schneit sonst würde ich euch ganz anders wecken“, sagte er und warf mir meine Hosen zu. All zu übel nahm ich ihm diese Behandlung nicht. Er wusste, eben so gut wie ich, dass ich gerne schlief. Zu dem machte es keinen guten Eindruck ständig zu spät beim Training aufzutauchen. Hope hatte Wort gehalten und war, eine Woche nach mir, in der Siedlung aufgetaucht, mit Informationen für Achilles und ein paar Briefen aus der Stadt. Sie ließ sich nicht anmerken, dass sich zwischen ihr und mir etwas verändert hätte. Sie gab sich kühl und abweisend. Allerdings nur solange andere in der Nähe waren. Eines Abends, Ende Oktober, kam sie mich besuchen. Es war das erste Mal überhaupt, dass sie mich hier besuchte und ich hatte lange Zeit angenommen, dass sie nicht wusste in welcher der Hütten ich untergebracht war. Überrascht sah ich sie an, als ich die Tür öffnete und sie davor stehen sah, ein leicht überhebliches Lächeln auf den Lippen und verschränkten Armen. „Ist es gestattet eure Räumlichkeiten zu betreten oder habt ihr etwas zu verbergen?“ fragte sie, als ich, noch immer überrascht, keine Anstalten machte, sie herein zu bitten. Wortlos trat ich zur Seite und ließ sie herein. Da ich in keiner Weise mit ihr gerechnet hatte, herrschte das übliche Chaos im Raum, doch zumindest war es einigermaßen sauber. Da ich nicht all zu oft hier war gab es nicht wirklich viel, dass ich schmutzig machen konnte. Nur dass ich gerne meine Sachen einfach auf den Boden warf, anstatt sie ordentlich zurück zu legen. „Was verschafft mir die Ehre eures Besuches?“ fragte ich und schloss die Tür. Zur Sicherheit schob ich den Riegel vor, denn ich hatte keine Lust nun von Liam unterbrochen zu werden. „Wie wäre es mit...“ sie ließ ihre Finger über den Tisch gleiten, der mitten im Raum stand, voll mit Karten und Papieren, „Ich wollte euch sehen.“ Sie wandte sich mir zu und lehnte sich an den Tisch. „Immerhin ist seit unserem letzten Treffen unter vier Augen bald ein Monat verstrichen.“ Diese Worte machten mich etwas verlegen wo ich sie damals nicht wirklich hatte alleine lassen wollen. Aus ihrer Sicht musste es so aussehen, als wäre mir die Sache doch nicht so ernst. „Ich hatte auf eine günstige Gelegenheit gewartet“, wich ich aus. „Es ist beinahe unmöglich sich alleine mit euch zu unterhalten.“ Das stimmte. Entweder unterwies sie andere Assassinen im Anschleichen und unbemerktem Töten, oder sie unterhielt sich mit Liam, dem Chevallier oder Achilles. Bei einigen dieser Unterhaltungen durfte ich dabei sein, doch danach wurde sie so gut wie immer aufgehalten oder aber mich hielt man auf. Es war wirklich nicht leicht und ich wollte hier, wo so viele zusehen konnten, nicht einfach zu ihrer Unterkunft gehen. Das war zu offensichtlich. Vorsichtig trat ich auf sie zu und blieb vor ihr stehen. „Glaubt nicht, ich hätte euch auch nur einen Tag lang vergessen.“ Denn das hatte ich nicht. Vor allem aber dachte ich an diese eine Nacht und träumte ab und an davon. Mittlerweile war ich mir nicht mehr sicher, ob es wirklich passiert oder doch nur eine Ausgeburt meiner Fantasie war. „So etwas hört eine Frau gerne.“ Ihre Stimme war, im Vergleich zu dem herrischen Ton beim Training, wie ausgewechselt. Mit einem amüsierten Lächeln sah sie an mir herunter. „Sagt mir eins. Habt ihr nur dieses eine Hemd oder sehen bei euch alle Kleidungsstücke identisch aus?“ Sie berührte einen der Knöpfe und auch ich sah an mir herunter. All zu viele Hemden besaß ich wirklich nicht und ich trug, in der Tat, das selbe Hemd wie vor einem Monat. Es wunderte mich, dass es ihr aufgefallen war. „Ein paar unterschiedliche habe ich schon. Nur nicht all zu viele.“ Und alle hatten schon die ersten Nähte und Flecken, die ich nicht mehr heraus bekam. Dieses hier, war noch eines meiner besseren. Vielleicht sollte ich mir bei Gelegenheit ein neues zulegen. Hope ging darauf überhaupt nicht ein. Sie war mehr damit beschäftigt den Knopf, den sie eben noch so interessant gefunden hatte, langsam zu öffnen. Ich trat noch etwas dichter an sie heran und sie hob den Blick. Sachte strich ich ihr über die Wange, dann zum Kinn und zog sie leicht zu mir heran. Sie schloss die Augen, noch bevor sich unsere Lippen trafen. Ganz langsam schob ich mich noch näher an sie heran, schlang einen Arm um ihre Taille und ließ die andere Hand vorne vom Kinn her über den Hals abwärts gleiten. Ein Klopfen an der Tür sorgte dafür das wir uns abrupt voneinander lösten. „Shay?“ Eindeutig, das war die Stimme von Liam. Ich sah zu Tür, wo sich die Klinke nach unten bewegte. Wie gut, dass ich den Riegel vorgeschoben hatte und er nicht herein konnte. Was konnte er um diese Zeit von mir wollen? Wir waren mit dem Training durch. Er hatte mich an diesem Tag genug gescheucht. Wieder klopfte es, energischer dieses Mal und mit einem tiefen Seufzen wandte ich mich der Tür zu. „Schon gut, lasst die Tür ganz“, sagte ich etwas lauter um das Klopfen zu übertönen. Das Klopfen erstarb und ich entriegelte die Tür. Liam stand dort, ernst und mit einem leicht besorgten Ausdruck auf dem Gesicht. „Was gibt es? Ist etwas passiert?“ fragte ich und versuchte ihm den Blick nach drinnen zu versperren. „Das kann man wohl sagen.“ Er sah mich nicht an, hielt den Blick gesenkt und machte den Eindruck, als wäre ihm mehr als unwohl in seiner Haut. So sah er nur dann aus, wenn etwas wirklich unangenehmes passiert war. Und ich wusste, dass er es mir nicht zwischen Tür und Angel erzählen wollte. Daher trat ich zur Seite und ließ ihn herein. „Normalerweise hätte ich bis morgen früh gewartet aber...“ Er sah auf und erblickte Hope, die sich eine der Karten genommen hatte. Vermutlich um so zu tun, als wäre sie offiziell hier und nicht aus privaten Gründen. Sein Blick huschte zwischen Hope und mir hin und her, dann seufzte er. „Ich wusste nicht, dass ihr Besuch habt.“ Gerade, als ich mir eine Ausrede einfallen lassen wollte um Hopes Anwesenheit zu begründen, kam sie mir zuvor. „Schon gut, Liam. Ich glaube, das was Shay und ich zu besprechen haben, kann auch noch etwas warten.“ Sie legte die Karte zurück auf den Tisch und kam zu uns, zur Tür. „Ich bin sicher, das diese Angelegenheit noch einen Tag warten kann.“ Dabei sah sie mich an und zwinkerte, so das Liam es nicht sehen konnte. Dann ging sie an uns vorbei und verschwand in die Nacht. Einen Augenblick standen Liam und ich nur da und sahen ihr hinterher, dann ließ ich die Tür ins Schloss fallen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Also, was ist so wichtig, dass es nicht bis morgen warten kann?“ Kurz sah er mir in die Augen, wandte sich aber schnell ab. „Ich habe eine Nachricht erhalten. Eine, die in gewisser Weise auch euch betrifft. Aus Boston.“ Warum konnte er nicht einfach gleich auf den Punkt kommen? Dieses drum herum Gerede ging mir bei ihm doch ab und an auf die Nerven. „Und was für eine Nachricht war das?“ Ich konnte mir nicht denken, dass es etwas gab, das so wichtig sein konnte. „Ihr wisst, dass ich Kontakte zu vielen anderen Standorten der Bruderschaft habe und auch, dass Achilles mir von sehr vielen Aktivitäten erzählt.“ Natürlich wusste ich das. Liam würde sicher selbst Mentor werden, wenn es an der Zeit war. Achilles bereitete ihn darauf vor. Für mich war es nichts neues, daher nickte ich nur und schwieg. „In Boston gab es einen Zwischenfall. Soweit ich weiß, war es eine gut geplante Aktion, von mehreren Assassinen zugleich ausgeführt. Ein Schlag gegen die Templer, die planten, die Bruderschaft in Glouchester auszumerzen. Es gab Hinweise und Berichte von Spionen. Sie mussten handeln bevor der Plan der Templer...“ „Kommt bitte zur Sache“, unterbrach ich ihn. Die Aktivitäten anderer Assassinen interessierten mich nur wenig, solange es nichts mit meinen Missionen zu tun hatte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es irgend etwas mit den Artefakten zu tun haben konnte. Liam sah verärgert aus. Er mochte es gar nicht, wenn ich ihn unterbrach. „Also gut. Ich mach es kurz. Selena ist tot.“ Die Worte standen im Raum und ich brauchte einen Moment um zu verstehen was er da gesagt hatte. Was hatte ein Angriff auf Templer mit dem Tod von Selena zu tun? Nach mehreren Sekunden des Schweigens sagte ich dann: „Was soll das heißen, sie ist tot? Ich verstehe nicht...“ „Laut meinen Informationen hatte sie engen Kontakt zu den Templern in Boston und New York. Sie wurde oft mit bekannten Mitgliedern des Ordens gesehen und wurde durch ihr Handeln zu einer Gefahr. Daher hatte man beschlossen sie...“ „Eine Gefahr? Wie sollte sie eine Gefahr darstellen“ Das war nicht zu fassen. Selena, die einen halben Zusammenbruch hatte, nach dem sie einen Mann getötet hatte. Die kaum eine Klinge führen konnte. Die ein so loses Mundwerk besaß, dass sie sich damit selbst schadete. Wie sollte sie eine Gefahr für die Bruderschaft darstellen? „Ihr habt sie kennengelernt, Liam. Sie war harmlos.“ Offenbar hatte ich mich nun im Ton vergriffen, doch mir war das egal. Ich dachte, Liam hätte mir den Abend verdorben, in dem er auftauchte, doch das hier war weit schlimmer als das bloße verderben eines Treffens mit Hope. „Es war nicht meine Entscheidung“, sagte er kühl und verschränkte nun seinerseits die Arme vor der Brust. „Ich habe mit dieser Angelegenheit nichts zu tun. Ich überbringe nur die Nachricht, weil ich dachte, dass es euch interessieren könnte.“ Nun, interessieren tat es mich wirklich. Und nun, da ich wusste, warum er so weit ausgeholt hatte mit seiner Erzählung, wollte ich alles wissen. Alles, was er über die Sache wusste. Und ich wollte wissen wer es gewesen war, der Selena getötet hatte. Es dauerte nicht lange, bis Liam mit seiner Geschichte fertig war. Ich unterbrach ihn nicht noch einmal, während er erzählte. Demnach hatte es ein gut durchdachtes Attentat gegeben, an mehreren Orten zur selben Zeit nur, dass der Assassine, der sich um Selena hatte kümmern sollen, kurz vorher gestürzt war und ein anderer einspringen musste, der für diese Aufgabe nicht vorbereitet war. Die anderen beiden Attentate hatten reibungslos funktioniert, doch Selena hatte man danach nicht aus den Augen gelassen, bis sie wieder in ihrer Unterkunft war. Dort hatte der Assassine auf sie gewartet und war beim Attentat selbst ums Leben gekommen. Selena war, dem Dienstmädchen zu folge, ein paar Tage danach an der Verwundung gestorben. Das es auch den Angreifer erwischt hatte, machte es etwas erträglicher, doch nur ein wenig. Selena hatte sich nicht kampflos geschlagen gegeben. Eine Weile trat Stille ein. Liam und ich hatten uns an den Tisch gesetzt und ich hatte mir einen Becher Rum eingeschenkt, um das alles besser verarbeiten zu können. Nun saß ich da und starrte auf den halbvollen Becher. Wieso nur machte ihr tot mir so zu schaffen? Sie war nur eine flüchtige Bekanntschaft gewesen und doch tat es weh. „Tut mir leid“, kam es irgendwann von Liam und ich sah auf. Er wirkte wirklich so, als täte es ihm leid, doch das machte sie nicht wieder lebendig. Erst Genievre, die kurz nach unserem Stelldichein bei einem Auftrag ums Leben gekommen war und nun Selena. Die zweite Frau, die mir etwas bedeutet und die ich nun verloren hatte. Würde es mit Hope genau so werden? Allein der Gedanke, Hope könnte etwas zustoßen, war grauenhaft. Wieder trat Stille ein und ich spürte, das Liam mich ansah. Ich hatte mich wieder meinem Becher zugewandt, trank jedoch nicht. Mir war der Appetit darauf vergangen. Irgendwann erhob er sich und legte mir kurz eine Hand auf die Schulter. „Ich lass euch dann besser allein. Wir sehen uns morgen, beim Training.“ Zur Antwort hob ich nur die Hand und lauschte seinen Schritten die zur Tür gingen, kurz innehielten und dann verschwanden. Lange saß ich noch da, starrte auf den Rum und versuchte mir einzureden, dass es keinen Unterschied machte, was passiert war. Das es notwendig gewesen war. Doch ich konnte mir nicht vorstellen wie irgend etwas, dass Selena getan hatte, einen Anlass dazu geben konnte, sie töten zu lassen. Nur weil sie mit Templern gesehen worden war, hieß das noch lange nicht, dass sie bewusst für sie gearbeitet hatte. Vermutlich hatte sie die ganze Zeit über keine Ahnung gehabt. Am nächsten Morgen brauchte länger ich um in die Gänge zu kommen und beim morgendlichen Training war ich nicht wirklich bei der Sache. Hope sah ab und an fragend zu mir herüber, doch ich wandte mich ab. Ich wollte keine Fragen beantworten oder über das reden, was Liam mir am Vortag anvertraut hatte. Zu dem hatte ich einen Entschluss gefasst. Es war besser wenn ich mich nicht der Illusion hingab, es könnte etwas aus uns werden. Gut, ich mochte Hope wirklich sehr, doch wenn es wirklich zu einer Beziehung zwischen uns kommen sollte und sie dann starb... Das würde ich nicht überstehen. Besser, wir beließen es dabei und kümmerten uns um unsere Aufgaben. Ich musste diese verdammten Artefakte finden. Vielleicht war es danach möglich, sich um persönliches zu kümmern. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)