Grauzone von sharx (Was sonst noch passiert ist) ================================================================================ Kapitel 12: ein tiefer Fall --------------------------- Kapitel 12 ein tiefer Fall 'Es war meine Schuld.' Immer wieder tauchten diese Worte in meinem Kopf auf. Ich hatte dieses Beben ausgelöst. Ich hatte dieses Artefakt berührt. Es war in meinen Händen zerfallen und darauf hin war alles in sich zusammengebrochen. Was auch immer diese Kammer geschützt hatte war verschwunden, nur weil ich dort hinein gegangen und dieses schwebende Teil berührt hatte. Meine Schuld. Es ließ sich nicht leugnen. Wäre ich nicht gewesen, hätten all diese Menschen nicht sterben müssen. Der Gedanke fraß sich wie Säure in mich hinein und hinterließ einen dumpfen, nicht enden wollenden Schmerz. Als hätte ich nicht schon genug Schmerzen. Bei meiner Flucht aus der Stadt hatte ich mich verletzt. Erst auf dem Schiff hatte ich die Zeit gefunden mich darum zu kümmern und das Pochen überm Auge gespürt. Irgend etwas musste mich im Gesicht getroffen haben und es hatte mein Auge haarscharf verfehlt. Dazu kamen Prellungen und diverse kleine Schnitte. Ich würde es überleben. Wir blieben eine Woche im Hafen vor Anker. Aus dem Handel, der hatte betrieben werden sollen, wurde nichts. Die Menschen hatten genug andere Probleme. Ich blieb meist für mich und versuchte dieses Gefühl von Schuld abzuschütteln, doch es ging nicht. Jedes Mal, wenn ich an Deck kam und zur Stadt hinüber sah, überkam es mich von neuem. Die Rauchsäulen waren verschwunden doch eine Wolke aus Düsternis und Trauer lag über der Stadt. Zwei der Matrosen, die zur Zeit des Bebens an Land gewesen waren, befanden sich ebenfalls unter den zahllosen Opfern. Jeden Tag kamen neue Berichte und die Liste mit Vermissten und getöteten an Land wurde länger und länger. 500... 700... 1000... Ich wollte das nicht mehr sehen doch die Zeitungen zogen meinen Blick an wie ein Magnet. Als ich es nicht mehr aushielt ließ ich den Anker lichten und wir machten uns auf die Rückreise. Ich hatte die Hoffnung, mir würde es besser gehen, wenn ich die Stadt nicht mehr sehen musste, doch nachts träumte ich davon. Es ließ mich einfach nicht los und um zu vergessen begann ich zu trinken, um schlafen zu können. Rum hatten wir einigen an Bord. Zum Aufwärmen an kalten Tagen und es wurde nachts wirklich bitterkalt. Nach zwei Wochen auf See, und jeder Menge Zeit zum Nachdenken, schlichen sich andere Gedanken in meinen Kopf. Adéwalé hatte Achilles von einem Beben auf Haiti erzählt. Es ging dabei um eine Stätte der Vorläufer. Mir war eingefallen, was Adéwalé Achilles erzählt hatte. Über das Beben in Haiti. Dort hatte sich ebenfalls ein Tempel befunden. Ich hatte die Markierung auf der Karte noch im Kopf, war mir aber vorher nicht sicher gewesen. Nun war ich es. Es musste damals genau so gewesen sein wie bei mir. So etwas durfte nicht noch einmal passieren. Doch da war noch mehr. Achilles hatte mich geschickt, obwohl es bessere Kandidaten gegeben hatte. Chevallier, der älter und erfahrener war oder Liam, der mehr über die Vorläufer wusste als ich und den Achilles schon als Nachfolger handelte. Warum also hatte man mich geschickt? Nun, warum wohl. Ich war entbehrlich. Achilles hatte es nicht riskieren wollen jemand wichtigen zu verlieren. Er hatte Liam mit einer anderen Mission betraut, damit der nicht da war, als die Wahl auf mich fiel. Konnte es denn etwas anderes bedeuten, als dass Achilles genau gewusst hatte was passieren konnte? Und er hatte mich nicht darauf vorbereitet. Er hatte mich in diesen Tempel geschickt und meinen Tod in Kauf genommen. Während der endlosen Stunden auf See war meine Wut ins Unermessliche gestiegen. Auf Achilles, der mich losgeschickt hatte ohne die Risiken zu überdenken und auf die Vorläufer selbst, die uns in ihren Schriften nicht davor gewarnt hatten, wie gefährlich ihre Relikte waren. Im selben Atemzug erkannte oder besser ahnte ich, dass die Templer, die genau diese Artefakte gestohlen hatten, dies zum Schutz der Welt getan hatten. Sie hatten den Zusammenhang zwischen der Schatulle und dem Beben erkannt und sie und das Manuskript mitgenommen um solche Unglücke zu verhindern. Und ich hatte auf Anweisung von Achilles alles daran gesetzt diese Artefakte zurück zu holen. Konnte ich mich noch mehr hassen? War es nicht offensichtlich, dass alles, was ich für die Bruderschaft getan hatte, zu genau dieser Katastrophe geführt hatte? Die Fahrt dauerte lang. Viel länger als ich erwartet hatte. Mitte November waren wir aufgebrochen und Anfang Februar kamen wir an. Hier herrschte tiefster Winter, mit niedrigen Temperaturen und viel Schnee. Meine Wut war nur wenig abgeflaut und ich noch immer fest entschlossen Achilles die Meinung zu sagen. So wie bisher konnte es nicht weiter gehen. Er musste einsehen wie gefährlich diese Artefakte waren, sonst würden weitere Menschen sterben. Unangemeldet platzte ich mitten in ein Gespräch zwischen Achilles und Hope hinein. Ich hatte nicht warten wollen bis er Zeit hatte. Das hier musste jetzt geklärt werden, bevor er noch einmal einen solchen Fehler begehen konnte, doch Achilles wollte nicht zuhören. Schlimmer noch. Hope nahm Achilles in Schutz und tat meine Worte ab, als hätte ich mir das alles ausgedacht. Selbst Liam stellte sich gegen mich in dem er mich aus dem Zimmer schob. Sie wollten einfach nicht zuhören. Keiner von ihnen. Mir war klar, dass sie nicht aufhören würden nach weiteren Tempeln zu suchen. Blind wie sie waren, würden sie damit über kurz oder lang die Welt zerstören. Das konnte ich nicht zulassen. Wenn sie mir nicht zuhören wollten musste ich eben dafür sorgen, dass sie ihr Ziel nicht erreichten. Hope hatte sicher von weiteren Punkten erzählt und auch ich erinnerte mich, dass neben Lissabon und Haiti mindestens ein weiterer Ort markiert gewesen war. Sie würden versuchen die Schatulle erneut in Gang zu setzen um diesen Ort zu finden. In der Nacht schlich ich mich ins Haus. Ich hatte keine Ahnung wo ich nach den Artefakten suchen musste doch sicher bewahrte Achilles sie bei sich auf. Etwas unwohl war mir schon dabei. Immerhin waren die Assassinen meine Brüder, meine Familie. Das hier war mein zu Hause geworden. Doch ich musste es einfach tun. Um Schlimmeres zu verhindern. Es war absolut still als ich mich durch die Räume schlich. Wo auch immer die anderen waren, hier war niemand. Gut, denn so musste ich keine Fragen beantworten, oder mein Handeln rechtfertigen. Nach und nach suchte ich die Räume ab und betrat zum Schluss das Arbeitszimmer von Achilles. Mein Blick wanderte über die Einrichtung bis ich am Schreibtisch ein Schimmern wahrnahm. Die Schublade war verschlossen doch ich stemmte sie mit meiner Klinge auf und griff hinein. Das Manuskript. Immerhin eines der Artefakte. Die Schatulle wäre mir lieber gewesen, doch sie brauchten beides um einen Tempel zu finden. Ohne dieses Buch würden sie ganz schön dumm dastehen. Gerade als ich es unter meine Jacke geschoben hatte fand Achilles mich. Er musste geahnt haben, dass ich etwas unternehmen würde und ich machte mich auf das Schlimmste gefasst. Er griff mich an, doch auch ich war ein Assassine und er nicht mehr der Jüngste. Ich hatte von Liam genug gelernt, trat ihm die Beine weg und schaffte es durchs Fenster zu entkommen. Ein Sprung, der in einer Schneewehe endete, doch zumindest meine Landung etwas weicher machte. Dann machte ich mich an meine Flucht. Dabei hatte ich nicht einmal eine Ahnung wohin ich fliehen sollte. Ich hatte nun die ganze Bruderschaft gegen mich. Es war nahezu unmöglich zu entkommen ohne irgend jemanden dabei zu töten. Immer wieder wich ich Angreifern aus und versteckte mich so gut es ging. Ich hörte wie Hope rief und versuchte mich zum Aufgeben zu bewegen, sah, wie Liam schoss und mich beinahe unter einem Haufen Steinen begrub und dann sah ich die Klippe. In meinem Versuch alle zu umgehen, hatte ich nicht mehr darauf geachtet wohin ich gerannt war und stand vor der Wahl in den Tod zu springen oder von einem der Assassinen ermordet zu werden. Hinter mir hörte ich Schritte und als ich mich umwandte rutschte mir das Herz in die Hose. Achilles, Hope, Liam, Chevallier und noch ein paar andere schnitten mir den Weg ab und ich wusste, dass ich es niemals schaffen würde gegen sie alle zu bestehen. Zumal ich keinen von ihnen töten wollten. Hope unternahm einen letzten Versuch mich zur Vernunft zu bringen. Ich hörte ihrer Stimme an, dass sie nicht wollte, dass es so endete, doch es war zu spät. Ich hatte meine Entscheidung getroffen. Sie durften das Manuskript nicht zurückbekommen. So viele waren deswegen schon gestorben. Was machte da einer mehr noch für einen Unterschied? Zumal dieser eine so viel Leid damit verursacht hatte. Daher wandte ich mich ab und ging auf die Klippe zu. Liam rief nach mir und als ich nicht reagierte... Kurz bevor ich die Kante erreichte und mich zum Sprung bereit machte hörte ich den Schuss. Brennender Schmerz machte sich in meinem Rücken breit und ich fiel. Die Luft rauschte an mir vorbei. Mir kam ein tröstender Gedanke. Wenn ich im Meer landete und mein Körper unterging, dann verschwand mit mir das verfluchte Manuskript. Mit der Schulter schlug ich auf und mir schwanden die Sinne. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)