Grauzone von sharx (Was sonst noch passiert ist) ================================================================================ Kapitel 13: Überleben --------------------- Kapitel 13 Überleben Die Welt bestand nur noch aus Schmerz und Kälte. Etwas anderes schien es nicht mehr zu geben. Jeder Atemzug war eine Qual. Ich wusste nicht, wie lange ich auf dem Felsen gelegen hatte. Es konnten Minuten oder auch schon Tage gewesen sein. Um mich herum war alles weiß und selbst mein Kopf war voll von undurchdringlichem Nebel. Beim Versuch mich aufzurichten übermannte mich beinahe der Schmerz. Ganz in der Nähe plätscherte Wasser. Ein Gedanke schaffte es in mein Hirn. 'Ich bin nicht tot'. Mühsam zog ich mich vorwärts bis meine Finger in eisiges Wasser tauchten. Beim Sturz hatte ich wohl das Meer verfehlt. Ein Wunder, dass ich noch lebte. Da hatte ich wohl Glück gehabt. 'Ich mache mir mein Glück', dachte ich und zog mich ein paar Zoll vorwärts. Irgendwie schaffte ich es über ein vereistes Stück zum Ufer hinüber. Schnee drang unter meine Jacke und das Hemd. Bald waren meine Kleider feucht vom Schmelzwasser. Die Kälte saugte mir das Leben aus den Knochen doch ich kämpfte mich weiter vorwärts. 'Nur noch ein Stück', sagte ich mir immer wieder. 'Nur noch ein Stück'. Mein linker Arm war kaum zu gebrauchen und meine Beine verweigerten mir ihren Dienst. 'Wenn du hier liegen bleibst finden sie dich und dann war alles umsonst. Sie werden dich töten und sich dieses verdammte Manuskript zurück holen.' Doch ich hatte keine Kraft mehr. Ich musste mich ausruhen. Wenn nur mein Kopf wieder richtig funktionieren würde... Als ich die Augen wieder öffnete sah ich ein Gesicht über mir. Nein, es war vorbei. Sie hatten mich doch noch in die Hände bekommen. Ich war zu schwach um mich zu wehren als man mich auf den Rücken drehte. Mir fielen die Augen zu und ich hoffte, dass es schnell ging. Doch der Gnadenstoß kam nicht. Mühsam versuchte ich zu blinzeln um zu verstehen was um mich herum passierte. Alles war undeutlich und verschwommen. Ich hörte Stimmen, konnte jedoch nichts verstehen. Jedes Mal wenn ich es schaffte die Lider zu heben sah die Welt anders aus. Eine Zeltplane. Kahle Äste von denen Schnee fiel. Etwas, das mich an einen Planwagen erinnerte. Segel die sich im Wind bauschten. Es war schwer Realität und Traum auseinander zu halten. Immer wieder kamen Erinnerungen an Lissabon hoch. Wie um mich herum die Stadt zusammenbrach und in Flammen aufging. War ich überhaupt aus der Stadt entkommen? Vielleicht hatte ich die Reise nach Hause und meinen Verrat an den Assassinen nur geträumt. Vielleicht war das alles hier nur ein Traum. Mein Zeitgefühl verschwand und es dauerte lange bis ich begriff, dass ich mich nicht in der Siedlung der Bruderschaft aufhielt. Hin und wieder sah ich jemanden, der meine Wunden versorgte, mir etwas zu trinken oder zu Essen gab, wobei ich kaum schlucken konnte, oder ich hörte eine ruhige Stimme die mit mir sprach, leises Summen oder auch Gesang. Nach einer Weile waren es immer die Selben, die sich um mich kümmerten. Ein älterer Mann und eine Frau und... Selena. Ich musste Fieber haben. Ganz sicher entsprang sie nur meiner Fantasie denn es war nicht möglich, dass sie hier war. Möglich dass schon Wochen vergangen waren als das Fieber langsam nachließ und mein Kopf etwas klarer wurde. Noch immer fiel es mir schwer mich zu bewegen oder zu unterscheiden, was real war und was nicht. Ich spürte, wie jemand meinen Arm bewegte und ein leichter Schmerz in der Schulter machte mir deutlich, dass ich nicht träumte. Als ich den Kopf drehte sah ich sie auf der Bettkante sitzen. Selena, die gerade dabei war, einen Verband anzulegen. Es konnte nicht ein. Sie war tot. Liam hatte es mir erzählt. Sie war bei einem Angriff ums Leben gekommen. Das ließ nur einen Schluss zu. „Bin ich tot?“ meine eigene Stimme war mir fremd. Heiser und schwach. Es waren die ersten Worte seit Wochen, die ich über die Lippen brachte. Sie hob den Kopf und sah mich an. Ihre Augen waren dunkel wie die Nacht doch sie lächelte. „Noch nicht“, sagte sie sanft und legte meinen Arm vorsichtig ab. „Aber ihr... seid doch tot.“ Ich verstand das nicht. Wie konnte sie hier sein, wo auch immer das war. Wieder lächelte sie, rückte etwas näher an mich heran und berührte sacht meine Schulter. „Nein, Shay. Ich lebe noch. Genau wie ihr.“ Liam hatte gelogen. Hatte er es nur getan um es mir leichter zu machen sie zu vergessen? Hatte er möglicherweise selber falsche Informationen bekommen? Was es auch war. Ich war froh, dass er falsch gelegen hatte. Die Tatsache, dass sie noch lebte und hier war, hatte allerdings auch einen Haken. Sie kümmerte sich um mich und ich konnte nichts dagegen tun. Zum Glück war sie nicht die Einzige, die sich um meine Gesundheit sorgte. Das Ehepaar, bei dem ich hier untergebracht war, die Finnegans, waren zum Großteil diejenigen, die nach dem Rechten sahen. Nur wenn sie sich ausruhten, war Selena da und übernahm ihre Aufgaben. Was mir daran so unangenehm war, war die einfache Tatsache, dass ich alleine kaum etwas zustande brachte. Ich konnte nicht alleine Essen, mich nicht aufrichten und... Ich konnte das Bett nicht verlassen um mich zu erleichtern. Ihr machte die ganze Situation wenig aus, was mir zeigte, dass sie in den vergangenen Jahren wohl mehr als einen Mann in einer ähnlichen Lage gesehen und versorgt hatte. Dennoch gefiel es mir nicht wenn sie mich nackt sah. Sie ließ sich nichts anmerken, wurde nur gelegentlich ungehalten wenn ich mich all zu lange sträubte. Ich war froh, als ich wieder in der Lage war mich selbst zu waschen. Sie bestand auf eine gewisse Reinlichkeit, was mir gehörig gegen den Strich ging. Es war jedoch leichter sich einfach zu fügen, zumal ich sonst Gefahr lief, dass sie bei der Versorgung meiner Verletzungen weniger sanft war. Ein Umstand, den ich nicht gerne in Kauf nahm. Die Tage vergingen und langsam heilten meine Wunden und Knochen. Beim Sturz hatte ich mir fast die Schulter gebrochen. Dazu waren zwei Rippen geprellt und das linke Handgelenk verstaucht. Die Kugel von Liam war von der Schutzweste stark ausgebremst worden und im unteren Rippenbogen steckengeblieben. Alles in allem hatte ich wirklich Glück gehabt. Von dem was draußen in der Welt vor sich ging erfuhr ich kaum etwas. Das Zimmer in dem ich lag hatte zwar Fenster, doch konnte ich nicht aufstehen und hinaus sehen. Auch erzählte mir niemand etwas. Für die Welt war ich tot und es war wohl ganz gut, dass ich nichts erfuhr. So musste ich mir keine Sorgen machen und konnte in Ruhe gesund werden. Für mich war es eine Erleichterung als ich es schaffte mich mit Hilfe im Bett aufzurichten und noch besser wurde es, als ich ein paar Schritte gehen durfte. Alleine konnte ich es zwar noch nicht, doch es hieß, dass ich auf dem Weg der Besserung war und es nur noch eine Frage von Tagen sein konnte, bis ich nicht mehr auf Hilfe angewiesen war. Noch immer schlief ich fiel und träumte schlecht. Auf der langen Seereise von Europa zurück hatte ich mich teils im Alkohol ertränkt doch hier gab es keinen. Zu dem war ich sicher, dass ich keinen bekommen würde, selbst wenn ich darum bat. Kurz nach dem ich zum ersten Mal seit Wochen das Bett verlassen hatte kam eine Nachricht bei den Finnegans an die sie dazu veranlassten für ein paar Tage zu verreisen. Am nächsten Tag war ich mit Selena allein. Wirklich allein. Die ganze Zeit über hatte ich mich gefragt, warum sie überhaupt hier war. Wir hatten uns nicht gerade im Guten voneinander getrennt. Ich konnte nur davon ausgehen, dass man sie gebeten hatte das alles zu tun. Sie selbst konnte kaum noch einen Grund haben freundlich zu mir zu sein. Nicht ein einziges Mal hatte sie gefragt was passiert war. Ohnehin redete sie nicht sonderlich viel und nun, da wir alleine waren, wurde es noch weniger. Dabei gab es kaum einen Moment, in dem sie nicht im Zimmer war. Bis spät in die Nacht saß sie an dem kleinen Tisch und schrieb oder sie hatte es sich nahe dem Fenster in einem Sessel bequem gemacht, mit einem Wollknäuel, und strickte. Mir kam es so vor, als würde sie nur gehen, wenn sie sich ums Essen kümmern musste. Sie tat alles um meine Situation zu verbessern, sorgte dafür das immer etwas zu trinken da war, dass ich zu essen bekam und auch, dass sich meine Muskulatur langsam wieder aufbaute. Auch fragte sie immer wieder ob ich etwas brauchen würde und wie es mir ging. In der dritten Nacht wachte ich auf und fand sie, als ich den Kopf zur Seite drehte, schlafend am Tisch. Sie musste über ihren Notizen eingenickt sein. Warum legte sie sich nicht hin? Dumme Frage. Sie blieb hier, weil ich noch immer nicht alleine zurecht kam. Irgendwie tat es mir leid, dass ich ihr solche Unannehmlichkeiten machte. Besser, wenn ich sie nicht weckte, doch ich musste dringend pinkeln. Vorsichtig drehte ich mich auf die Seite und unterdrückte ein Stöhnen als meine Rippen zu schmerzen begannen. Da war noch lange nicht alles wieder verheilt. „Warum weckt ihr mich nicht?“ Ich sah auf. Selena hatte sich am Tisch aufgerichtet und rieb sich die Augen. Offenbar hatte sie mich gehört. „Ihr braucht auch mal eine Pause.“ Das brauchte sie sicher. Mir war es nicht entgangen wie sich ihre eigene Verfassung in den letzten Tagen verschlechtert hatte. Auch wenn sie den Finnegans zugesichert hatte es alleine zu schaffen, war mir klar, dass sie sich mit dieser Aufgabe etwas übernommen hatte. Ich versuchte mich hoch zu stemmen und schon war sie an meiner Seite und half mir in eine sitzende Haltung. Dabei vermied ich es sie anzusehen. Mir war es noch immer unangenehm wenn sie mir helfen musste damit ich pinkeln konnte. Andererseits war es noch peinlicher würde ich ins Bett machen. Sie hatte mir eine kleine Geschichte erzählt als ich mich beim ersten Mal geweigert hatte mir von ihr helfen zu lassen. Ob es stimmte wusste ich nicht, doch als sie mir davon erzählte, wie sie selbst einmal in einer ganz ähnlichen Situation gewesen war, hatte ich meinen Stolz etwas weiter nach hinten geschoben. Dennoch war ich froh als ich hinterher wieder unter der Decke lag. Sie ließ sich neben mir auf der Bettkante nieder. „Ihr wisst, wenn ihr etwas braucht müsst ihr es nur sagen.“ Nein, das würde ich nicht tun. Je mehr ich ihre Freundlichkeit ausnutze um so schlimmer machte ich es. Ich wollte nicht in ihrer Schuld stehen. Als sie die Decke höher zog und mich sorgsam zudeckte kam ich mir wie ein kleines Kind vor. So musste es sein, wenn man als Kind krank war und sich die Mutter um einen kümmerte. Ob es wirklich so war konnte ich nicht wissen. Ich hatte nie eine Mutter gehabt und meine Tante... Das war nicht das Selbe. Irgendwie war es angenehm und fast wünschte ich mir, sie würde mir das Haar zurück streichen und mir sagen dass alles gut werden würde. Was für ein peinlicher Gedanke. Damit sie es mir nicht ansah senkte ich den Blick und drehte den Kopf leicht zur anderen Seite. Ich sollte mir keinerlei Hoffnungen machen. Sobald ich wieder genesen war, würde sie verschwinden. „Wie kann man nur so stur sein.“ Mit einem leichten seufzen stand sie auf, nahm den Nachttopf mit und ließ mich allein. Mir entging es nicht, dass sie am folgenden Tag noch wortkarger war als vorher und auch nicht, dass ihr Blick traurig wurde. Ein paar Mal wollte ich sie fragen was los war, ließ es jedoch bleiben. Sie verließ das Zimmer nun häufiger für ein paar Stunden und ich ertappte mich dabei wie ich da lag und auf ihre Schritte lauschte. Einen Tag später erwachte ich aus einem Albtraum und fand mich alleine im Zimmer wieder. Auf dem Nachttisch stand Wasser und ein Becher mit kaltem Tee. Wie lange hatte ich geschlafen? Draußen war es hell doch half mir das nicht weiter. Als ich mich drehte spürte ich zwar den üblichen Schmerz in den Rippen doch merkte ich auch, dass mein Kopf wieder mit Watte gefüllt war. Trotz der Decke war mir kalt und das Kopfkissen war feucht von Schweiß. Das Fieber war zurück. Auch das noch. Egal wie unangenehm es mir war, es wurde Zeit meinen Stolz zu begraben. „Selena?“ Es kam keine Antwort. Wo auch immer sie stecke, sie hatte mich nicht gehört. „Selena!“ rief ich nun etwas lauter doch noch immer antwortete sie nicht. War ihr etwas zugestoßen? Hatte sie es satt sich um mich zu kümmern und war gegangen? Durch die erneute Fieberattacke tauchten die wildesten Gedanken in meinem Kopf auf und leichte Panik machte sich breit. Ich versuchte mich hoch zu stemmen. Wieder protestierten meine Rippen bei der Bewegung doch ich biss die Zähne zusammen und schaffte es mich auf die Bettkante zu setzen. Mühsam kam ich auf die Beine und machte einen unsicheren Schritt Richtung Tür, dann noch einen. Als ich am Ende des Bettes anlangte begann es vor meinen Augen zu Flimmern. Ich schaffte es nicht zurück auf die Matratze und als mein Kreislauf zusammenbrach, krachte ich auf den Boden. Der Schmerz in den Rippen brachte mich zurück. Ich war unglücklich aufgekommen und meine ohnehin noch nicht verheilten Rippen waren wohl weiter geschädigt worden. Zumindest fühlte es sich so an. Mit einiger Anstrengung schaffte ich es zurück ins Bett und biss mir dabei auf die Lippen um nicht zu schreien. Ich war wirklich noch nicht so weit alleine zurecht zu kommen. Doch was sollte ich machen, wenn Selena nicht zurückkam? Wenn ihr etwas zugestoßen und sie nun selbst verletzt war? Trotz dieser Gedanken schlief ich wieder ein. Ein leise Summen neben mir weckte mich. Dann hatte sie mich doch nicht im Stich gelassen. Die Angst davor hier alleine liegen und auf den Tod warten zu müssen, löste sich. Ein kühles Tuch wurde mir auf die Stirn gelegt und jemand strich mir vorsichtig übers Haar, dann die Wange und den Hals. Es war nur noch angenehm und ich tat so, als würde ich schlafen, damit sie nicht aufhörte. Als sie mich vorsichtig an der Schulter rüttelte öffnete ich die Augen. Mit besorgtem Blick saß sie neben mir und hielt einen Becher mit frischem Tee in der Hand. Ich kannte diesen Tee und obwohl er abscheulich schmeckte trank ich ihn, ohne mich zu beschweren. Mitten in der Nacht wurde ich wieder wach. Im Zimmer war es dämmrig und ich erkannte sofort, dass Selena erneut hier im Zimmer eingeschlafen war. Dieses Mal im Sessel. Auf dem Tischchen neben ihr brannte eine einzelne Kerze und ich sah sie eine ganze Weile einfach nur an. „Legt euch schlafen“, sagte ich leise, als sie sich regte und sie schlug die Augen auf. „Ihr tut euch keinen Gefallen wenn ihr hier bleibt.“ Sie konnte sich ruhig schlafen legen. Ich fühlte mich besser als noch ein paar Stunden zuvor. Da konnte sie ruhig an sich selbst denken und sich erholen. Langsam richtete sie sich auf und kam dann zu mir rüber. Sie sah vollkommen fertig aus. „Ich möchte euch nicht alleine lassen.“ Darauf hin musste ich leicht lachen, was ich sofort bereute da mir davon die Rippen weh taten. Von meinem Sturz hatte ich ihr nichts gesagt. Ich wollte mir keinen Vortrag über Unverantwortlichkeit anhören müssen, den sie sicherlich auf Lager gehabt hätte oder, dass sie sich Vorwürfe machte, weil sie nicht dagewesen war. „Was soll mir schon passieren?“ Was fürchtete sie, dass ich in ihrer Abwesenheit anstellen konnte? Ich konnte ja noch nicht einmal alleine aufstehen ohne dabei auf die Nase zu fallen. Weglaufen war also nicht möglich. Genau so wenig konnte ich mir ansehen, was sie die ganze Zeit über schrieb. Davon abgesehen, dass ich es sicher nicht hätte lesen können. „Wie wäre es mit: Ihr könntet sterben?“ fragte sie und setzte sich auf die Bettkante, legte eine Hand auf meine Stirn. Warum nur taten ihre Berührungen so gut? Es lag so viel Wärme und Trost darin. Vielleicht hatte sie ja recht und es war wirklich so etwas wie ihre Bestimmung sich um andere zu kümmern. Wenn es so war dann tat sie das alles wirklich nur, weil ich ihr derzeit leid tat. „Wen würde das schon kümmern?“ ich schloss die Augen um sie nicht ansehen zu müssen. In den letzten Tagen hatte ich nicht das Gefühl bekommen, dass ich ihr wirklich wichtig war. Zwar hatte sie mich umsorgt doch das hatte sie auch bei Soldaten getan. Ich war nur einer von vielen. Der Schlag ins Gesicht traf mich völlig unvorbereitet. Er war nicht sonderlich kräftig doch da ich in keiner Weise damit gerechnet hatte, spürte ich ihn um so deutlicher. Überrascht sah ich sie an und erkannte zu meiner Bestürzung, dass sie nicht nur wütend sondern auch verletzt aussah. „Ist euch schon einmal der Gedanke gekommen, dass es durchaus Menschen gibt, denen ihr wichtig sein könntet? Vermutlich nicht.“ Sie stand auf und holte die Kerze vom Tisch. „Ihr habt recht. Ich tue mir wirklich keinen Gefallen wenn ich hier bleibe. Totale Zeitverschwendung.“ Bei den letzten Worten kippte ihre Stimme als würde sie gegen Tränen ankämpfen. „Selena...“ doch sie verließ das Zimmer ohne sich noch einmal umzudrehen. Was hatte ich da nun wieder angerichtet? „Großartig, Shay. Wirklich gut gemacht“, schalt ich mich selbst und fuhr mir mit den Händen übers Gesicht. Ich hatte sie wohl komplett falsch eingeschätzt. Ich war ihr wichtig. Noch immer. Am nächsten Morgen nahm ich mir vor mich zu entschuldigen. Egal was sie auch von mir verlangte, ich würde es tun. Selbst wenn es ums Waschen ging, würde ich mich nicht beklagen. Als sie das Zimmer betrat, mit einem Frühstückstablett in Händen und verquollenen kleinen Augen, bekam ich ein schlechtes Gewissen. Ich hoffte, dass sie mich ansehen würde doch tat sie es nicht. Immer wenn ich dazu ansetzte etwas zu sagen wandte sie sich ab, nahm etwas zur Hand oder bat mich beim Verbandswechsel etwas festzuhalten oder mich zu drehen. Sie wollte nicht mit mir reden, dass war eindeutig. Schon räumte sie ihre Sachen zusammen und wandte sich zum Gehen und ich hatte mich noch immer nicht bei ihr entschuldigt. „Ich habe Liam getroffen“, sagte sie unvermittelt und für einen Augenblick hörte ich erneut den Schuss der mein Leben beenden sollte. Langsam drehte sie sich zu mir um und sah mich an. „Er behauptet ihr wärt tot.“ Ich starrte sie an. Wenn sie mit ihm gesprochen hatte, dann wusste die Bruderschaft vielleicht schon in diesem Augenblick das ich noch lebte und wo ich war. „Was habt ihr ihm gesagt?“ fragte ich vorsichtig und konnte nicht verhindern dass man mir meine Panik anhören konnte. „Gar nichts. Irgend etwas ist zwischen euch Beiden vorgefallen und so wie er es gesagt hat, tut es ihm nicht wirklich leid.“ Einen Moment lang schloss ich die Augen und es machte sich Erleichterung bei mir breit. Er wusste also nicht, dass ich noch lebte. „Ihr müsst mir nicht sagen was passiert ist aber... wenn ihr jemanden braucht, der einfach nur zuhört...“ Meinte sie das ernst? Vermutlich schon, doch ich konnte es ihr nicht erzählen. Sie wusste nicht was ich war oder was ich getan hatte. Sollte sie erfahren dass wegen mir tausende unschuldige Menschen gestorben waren, würde sie womöglich selbst die Klinge ziehen und mich dafür töten. Nein, besser sie erfuhr es nicht. Ich hörte wie ihre Schritte sich entfernten. Langsam, als hoffte sie, ich würde doch noch etwas sagen. Dann war es still. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)