♥ Mit den Waffen einer Frau ♥ von Bojana (MamorU ♥ UsagI) ================================================================================ Kapitel 20: Veränderungen begleiten das Leben --------------------------------------------- Am Ausgang des Kinogebäudes nahmen sie Abschied voneinander. Minako und Makoto hatten vor die Nacht unsicher zu machen und Amis Plan war nach Hause zu gehen um zu lernen, trotz dem, dass sie bereits alle Prüfungen hinter sich gebracht hatten und eigentlich nicht mehr mit solchen Dingen wie Büchern rumhantieren mussten, aber es war nun ihr kleiner Nerd, der es nicht lassen konnte. Es war ihre Art der Entspannung. Nachvollziehen mussten sie es nicht können. Es war bereits später Abend, als sie sich mit Rei auf einer Parkbank im Juuban Park niederlies, keine fünf Minuten zu Fuß zu Mamorus Wohnung. Beide Hände, wie die Flügel eines Flugzeuges über die Rückenlehne gestreckt, lehnte sich Usagi zurück und blickte in den Himmel empor. Es würde eine sternklare Nacht werden. „Wie schön, dass wir mittlerweile auch am Abend auf eine störende Jacke verzichten können und auch die Ferien sind nicht mehr weit hin und dann …“, säuselte Rei verträumt, ihren Blick auf die vorbeiziehenden Passanten gerichtet. Noch immer waren Eltern mit ihren Kindern unterwegs. Unweit von ihnen ertönten Fahrradglocken, sodass sie das Gefühl hatten, dass es noch mitten am Tag wäre. „Und dann geht der Ernst des Lebens los!“, vollendete Usagi den Satz. Rei nickte grinsend, wohl wissend, dass ihre Freundin mehr Schiss vor dem sogenannten – Ernst des Lebens – hatte, als sie zugeben wollte. Dennoch fragte sie: „Freust du dich?!“ Aus den Augenwinkeln heraus vernahm sie, wie Usagi leicht zusammenzuckte, sich aber sofort darauf wieder entspannte und zur Bestätigung nickte. Sie konnte ihren inneren Zwiespalt nachempfinden. Ihr ging es nicht anders. So sehr sie sich alle freuten, so waren sie mindestens genauso aufgeregt und verunsichert. „Mamoru hat es gut. Er hat sogar das Studium bald hinter sich!“ „Ja, aber dann kommt die Arbeit und wie du ja weißt, wird Diese ihn mehr unter Beschlag nehmen als es das Studium getan hatte.“, gab ihr Rei zu bedenken. Schon vor einigen Wochen hatte Usagi darüber gegrübelt und sie machte sich sehr viele Gedanken darüber wie es wohl sein würde, wenn es so weit wäre. „Alles verändert sich!“, gab sie geknickt von sich und richtete sich auf. Um die leicht aufkommende Nervosität zu überspielen, richtete sie sich auf und pickte imaginäre Fussel von ihrem knielangen Valantrock. „Nur weil einige Veränderungen auf uns zukommen, müssen sie nicht zwingend schlecht sein.“ „Nein, aber wer versichert uns, dass sie gut sein werden und du kannst noch so optimistisch daherreden Rei, aber ich weiß, dass es dich bei weitem nicht so kalt lässt wie du tust. Du machst dir Sorgen, weil Yuitschiro sein letztes Studienjahr im Ausland verbringen möchte.“ „Du weißt davon?!“ Rei war verwundert, denn sie hatte niemanden davon erzählt, dass ihr Langzeitfreund vor hatte das kommende Wintersemester irgendwo am Arsch der Welt zu verbringen. Sie hatte diese Neuigkeit noch nicht so weit verarbeitet, als das sie in der Lage gewesen wäre ihren Freundinnen davon zu erzählen. Einerseits war sie wütend, aber andererseits … Sie gönnte es ihm von ganzen Herzen. „Mhm …“ „Aber woher-“ „Ich habe ihn letzte Woche in der Mall beim Einkaufen getroffen und gesehen, wie er sich einige Bücher über die USA gekauft hat. Naja und dann … du kennst ja Yuitschiro, hat er mir bei einer Tasse Kaffee alles erzählt!“. Rei nickte kaum sichtbar. Das Thema ging ihr viel zu nahe, doch sie war froh darüber, dass es ausgerechnet ihre beste Freundin angeschnitten hatte. Es fühlte sich befreiend an. „Du hast Angst! Stimmt's?!“ Augenblicklich saß Rei so gerade wie ein Stock und blickte aus ihren dunklen braunen Augen auf Usagi, die ihr aufmunternd zulächelte. „Wusste ich es doch, aber wieso hast du dann nicht eher mit mir darüber gesprochen?!“, wollte sie von ihr wissen. Es war ihr fremd, dass Rei irgendwelche Geheimnisse vor ihr barg, denn ansonsten sprachen sie doch über Gott und die Welt. Noch niemals hatten sie einander irgendetwas verschwiegen oder gar verheimlicht, geschweige denn so etwas weltbewegendes. „Ich wusste ehrlich gesagt nicht so wirklich damit umzugehen und dann bist du mit deinem Problem mit Mamoru dahergekommen und es war mir-“ „Eine willkommene Ablenkung!“ Schüchtern nickte Rei abermals. „So viel zu den großartigen Veränderungen des Lebens!“, ergänzte sie nachdenklich. „Sie ist nicht schlecht Usa und es bedeutet auch nicht, dass wir uns deswegen trennen werden!“ „Ach ja?! Dann sag mir doch bitte ehrlich, wieso du dann deswegen so durch den Wind bist?!“, hackte sie unbeirrt nach. „Bin ich ja gar nicht!“, empörte sich ihre Freundin sogleich. „Es wird schwer werden für mich ihn so lange nicht sehen zu können. Das ist alles!“ Usagi erwiderte nichts, sondern starrte auf die Spitzen ihrer weißen Ballerinas, als sie Reis grobe Stimme beinahe von der Bank springen lies. „Mamoru zieht nirgendwohin! Er bleibt in Tokio und nichts desto trotz veränder sich alles!“ „Was?!“, fragte sie tonlos und erstarrte zur Salzsäule, denn obwohl sie wusste, dass Rei es alles andere als bösartig meinte, hatte sie mit ihren Worten mitten ins Schwarze getroffen und somit den sensibelsten Punkt ihres Herzens. Sie schluckte. „Ja! Da hast du wohl recht!“ „So war es nicht gemeint Usagi und das weißt du auch, aber du musst zugeben, dass sich Dinge verändern. Egal ob wir alle zusammenbleiben oder nicht.“ „Was meinst du mit wir?! Du hast doch nicht etwas vor mit ihm zu gehen?!“, rief sie erschrocken aus. Rei kam erst gar nicht dazu zu antworten, denn gerade als sie den Mund aufmachen wollte, unterbrach sie eine inzwischen sehr vertraute Stimme. „Alles in Ordnung?!“ Momentan schoss Usagis Kopf nach oben, sodass ihr eine dicke Haarsträhne ins Gesicht klatschte. „Mrs. Atama?!“, fragte sie verblüfft, während die alte Dame von einem zum Anderen Ohr breit grinste. In den Händen hielt sie beiderseits Einkaufstüten. Ohne auf Usagi einzugehen stellte sie sie neben die Bank und drückte ihr, nicht gerade schmales Hinterteil, zwischen die Mädchen. Sie rückten noch ein Stückchen weiter auseinander um ihr Platz zu machen als Mrs. Atama sogleich die Augen verdrehte und sie böse damit anfunkelte. „Also bitte! So breit bin ich nun auch wieder nicht!“, tadelte sie. Sofort überschlugen sich Rei und Usagi mit Entschuldigungen und gut gemeinten Rechtfertigungen. Wild durcheinander redend, gestikulierten sie mit Armen und Beinen in dem Versuch sich zu erklären, bis es Mrs. Atama nicht mehr aushielt ihre strenge Mine zu wahren und lauthals auflachte und sie somit zum Schweigen brachte. „Ihr jungen Dinger nehmt die alten Leute viel zu ernst!“ „Tschuldigung!“, murmelte Rei und schob ihren Hintern, in der Hoffnung es nicht all zu offensichtlich zu machen, näher an Mrs. Atama. „Obwohl ich es ja gar nicht mag eingeengt zu werden. Ihr müsst nämlich wissen, dass man mit dem Alter ein klein wenig Platzangst bekommt!“ Und schon saß Rei mit einer Arschbacke auf der Lehne der Bank. Verblüfft hatte Usagi ihren kleinen Stunt beobachtet. Sie biss sich auf die Innenseite der Wange um nicht zu lachen, aber es half dennoch nichts. Ungefragt schlich sich ein dicker, fetter Grinser auf ihr Gesicht. Diese Frau war der Oberhammer. Kaum jemand auf dieser Welt schaffte es Rei zu verunsichern und dann kommt eine alte Frau und Rei ist sogar bereit auf Bäume zu kraxeln, oder zumindest auf Bänke zu hüpfen. „Was machen sie noch um diese Uhrzeit im Park?!“, wollte Usagi von ihr wissen. Rein der Höflichkeithalber, bevor sie sie nach Luna fragen konnte. Luna?! Bedeutete dieser Name auf Latein nicht Mond? Wenn sie sich recht erinnerte, hatte ihnen ihre Professorin in Latein, eine Geschichte über Luna erzählt, nur konnte sie sich nicht so recht erinnern, worüber sie handelte, aber der Name Luna, schien hängen geblieben zu sein. Als ob sie Usagi gefragt hätte, ob sie fliegen könnte, sah sie Mrs. Atama mit großen Knopfaugen an. Indes atmete Rei deutlich hörbar aus und machte es sich bequem, jedoch wahrte sie immer noch einige Zentimeter Sicherheitsabstand. Mrs. Atama deutete ihr mit den Zeigefinger auf den hohen Wohnblock, der selbst aus dieser Entfernung deutlich sichtbar war. „Na nach Hause gehen!“ „Ah ja genau! Sie sind ja Mamorus Nachbarin!“, haspelte sie nervös. „Dein Erinnerungsvermögen lässt zu wünschen übrig junges Fäulein, wenn ich bedenke wie oft wir uns im Flur begegnet sind. Sogar diese Brünette erkennt mich wieder und dabei hat sie mich, wenn's hochkommt vielleicht nur zehn, zwanzig Mal gesehen.“ „Brünette?!“, wollte sie verwirrt wissen. Wen meinte sie damit. „Saori! Sie meint damit Saori!“, mischte sich Rei in das Gespräch. „Heißt sie so?!“, wandte sich Mrs. Atama an Rei. „Wenn sie die 1,73 m schlanke, braunäugige Brünette meinen, dann ja. Sie ist Mamorus Studienkommilitonin.“ „Hmmm!“, machte Mrs. Atama nachdenklich und rieb sich mit ihrem kleinen, faltigen Zeigefinger über das Kinn. „Das sie eine Bekannte von Mamoru ist, wusste ich bereits, denn ich habe sie schon sehr viel früher als Usagi kennengelernt. Natürlich nur im Zuge dessen, das ich Mamorus unmittelbare Nachbarin bin, aber so oft wie sie jetzt zu ihm kommt, war sie in den letzten Jahren zusammen nicht.“ „Sie lernen zusammen für ihre Wiederholungsprüfungen!“, zischte Usagi zwischen zusammengebissenen Zähnen. „Und was meinen sie mit >so oftso< gab ihr dennoch zu denken. „Na mit so oft meine ich, dass ich zuerst dachte, dass sie Mamorus neue Untermieterin ist. Fünf mal die Woche jemanden zu besuchen?! Wer macht so etwas, außer die eigene Freundin, die ich im übrigen >nicht mehr< oft zu Gesicht bekomme. Natürlich hat mich das stutzig werden lassen. Wisst ihr! Ich bin nicht erst seit gestern Mamorus Nachbarin und ich habe, seit dem mein Mann gestorben ist, Buddha habe ihn selig, noch mehr auf ihn geachtet als vorher. Wie ihr wisst ist seine Mutter tödlich verunglückt, als er noch ein kleiner Junge war und sein Vater, Buddha habe ihn selig, hatte mit seiner Krankheit lange zu kämpfen. Er starb als Mamoru gerade einmal zehn Jahre alt war. Zum Übergang lebte Mamorus Onkel mit ihm, bis er sechzehn war und er ein Jobangebot in Europa bekam. Danach schlug sich Mamoru alleine durchs Leben. Mit großem Erfolg, wie wir alle sehen konnten.“ „Fünf mal die Woche?!“, hörte sie Usagi leise neben sich flüstern. Mrs. Atama drehte sich zu ihr. „Ich hoffe, dass ich nichts falsches gesagt habe?!“, fragte sie aufrichtig besorgt. Usagis Schultern sackten nach vorne. Die Hände auf dem Schoß gefaltet, wie bei einem Gebet, blickte sie ins Nichts. „Er hat mir nie erzählt, dass sie ihn so oft besucht.“ „Sie bleibt ja auch nicht lange.“, versuchte sie Mrs. Atama sogleich aufzuheitern, doch Usagis Mine blieb unergründlich. Rei legte ihre Hand auf Mrs. Atamas Schulter und nickte ihr freundlich zu. Damit signalisierte sie ihr, dass sie ruhig weiter sprechen sollte. Usagis Freundin wusste zwar nicht wieso, aber sie vertraute dieser Frau, dass sie in Usagis und Mamorus Fall mehr richtige Worte fand, als sie alle zusammen, denn schließlich kannte sie Mamoru als stille Beobachterin besser. Sie hatte ihnen bei ihren Besuch nur beiläufig erzählt, dass sie zwar nie eng befreundet mit der Familie Chiba war, aber seit dem Mamorus Mutter gestorben war, ihn und seinen Vater fast tagtäglich bekocht hatte. Danach, setze sie diese Angewohnheit hinfort, als sein Onkel zu ihm zog. Als auch Dieser ging, reduzierte Mamoru Mrs. Atamas, mit Liebe gekochten Gerichte, auf ein Minimum aus einem einzigen Grund. Er wollte es sich selbst beweisen, dass er es auch alleine schaffen konnte. Zwischen Mamoru und Mrs. Atama herrschte eine recht ungewöhnliche Freundschaft, die zwar auf Distanz gehalten wurde, aber dennoch inniger war, als zuerst vermutet. Sie hatte die Rolle der sorgenden Mutter übernommen, die auf den Spielplatz rannte, wenn sie ihn weinen hörte, die die Zauberpflaster klebte und ihn versicherte, dass alles gut werden würde und die ihn umarmte, wenn er auch ohne ersichtlichen Grund weinte. Rei wusste nicht, ob Mamoru das alles absichtlich verdrängte, oder ob er es aus irgendeinem, für sie nicht nachvollziehbaren Grund, vergessen wollte, denn er verhielt sich zwar Mrs. Atama gegenüber immer freundlich, aber nicht mehr emotional als zu irgendeinem anderen Bekannten. Vielleicht war das alles ja nur Show, aber auch dafür sah sie keinen triftigen Grund und deshalb ergriff sie die Gelegenheit um mehr zu erfahren. Vielleicht würde sie Usagi die Dinge erzählen, die sie ihnen womöglich vorenthalten hatte. Glücklicherweise verstand Mrs. Atama den Wink von Rei und umschloss mit ihrer Hand die von Usagi. „Wissen sie Kleines … Ich wusste bereits als ich sie das erste Mal sah, dass sie wiederkommen würden! Leider kann ich Ihnen nicht sagen, wieso diese Frau so oft bei Mamoru vorbeikommt, aber denken kann ich es mir allemal. Ich sehe es in ihren Augen, aber noch nie hat er Saori so angesehen wie sie. Schon damals, als sie nach dem Gewitter bei ihm übernachtet haben-!“ „Sie wissen davon?!“ In Usagi schrillten sämtliche Alarmglocken. „Wann soll das gewesen sein?!“, hörte sie Rei fragen, aber Mrs. Atama schenkte ihr lediglich einen strengen Blick, woraufhin Rei momentan den Mund zuklappte und schwieg. „Ich erinnere mich als sei es erst gestern gewesen, dabei war es vor Jahren. Sie kamen klatschnass durch den Gang getorkelt. Mamorus Arm lag fest um ihre Schulter geschlossen, während sie ununterbrochen schnieften. Bei jedem Donnergrollen zuckten sie zusammen oder schrie laut auf. Vielleicht hast du es nicht gefühlt weil du von Angst trunken warst, aber jedes mal als zu zusammengezuckt bist hat er dich näher an sich gedrückt. Immer wenn ich Mamoru im Flur begegnet bin hat er mich freundlich begrüßt aber an diesem Spätnachmittag nickte er mir lediglich zu, ohne mich auch nur anzusehen, denn seine Augen sahen nur Eines und das warst du Usagi.“ Im Verlauf der Geschichte, wechselte Mrs. Atama von dem >Sie< auf das >du< was sich sogleich viel persönlicher und echter anfühlte. Während Usagi sich diesen verhängnisvollen Sturm in Erinnerung rief und versuchte sich an genau diese Dinge zu erinnern, hörte Rei mit großen Ohren und Augen zu, doch Usagi war das vollkommen gleich. Sie fragte sich, wieso sie ausgerechnet diese Dinge nicht bemerkt hatte. An diesem Nachmittag hatte sie das Unwetter im Juuban Park vollkommen unvorbereitet erwischt. Panik überfiel sie, sobald es das erste Mal gedonnert hatte. Den Regenschwall, der sie kurz darauf wie tausend winzige Nadelstiche traf und in sekundenschnelle ihre Kleidung durchnässte, bekam sie kaum mehr mit. So sehr war sie in in diesem Zustand blanker Furcht gefangen gewesen, bis sie jemand von der Seite an sich zog und sie ins Trockene führte. Irgendwie wusste sie wer ihr Retter war, auch wenn sie nicht einmal den Kopf gehoben hatte um sich zu vergewissern. Das Einzige woran sie sich noch klar und deutlich erinnern konnte waren seine Worte. „Hab keine Angst Usako! Ich werde immer bei dir sein und dich beschützen!“, und sie fühlte sich so sicher wie noch niemals zuvor. Daran hatte sich auch nie etwas geändert, denn solange sie wusste, dass er da war, das er irgendwo auf dieser großen, weiten Welt existierte, war sie vor jedem Leid sicher. „Ich habe euch nachgesehen, bis er die Tür hinter sich zugezogen hatte und ohne zu wissen, was dahinter geschah war ich mir im Klaren, dass dieser Mann bis über beide Ohren in dieses quietschige, laute Mädchen mit den blauen Augen, verliebt sein musste. „Blödsinn!“, schnaubte Usagi ärgerlich. Sie wollte nicht wahrhaben, dass Mrs. Atama womöglich Recht haben könnte, obwohl sie es irgendwo tief in ihrem Herzen, ein ganz winziges bisschen, geahnt hatte, doch wenn sie es sich eingestehen würde, dann müsste sie auch akzeptieren, dass sie all die Zeit mit Streitereien verschwendet hatte, in der sie mit ihm zusammen hätte sein können. Die Zeit, in der andere Frauen die Chance bekommen hatten ihm näher zu kommen … ihm viel näher zu kommen, als sie selbst und das tat weh. Der Wahrheit in ins Angesicht zu blicken, schmerzte viel zu sehr. Es war leichter sich selbst zu belügen. „Wenn das alles Blödsinn ist, was ich erzähle, dann sag mir was hinter dieser Tür passiert ist und wieso du erst am nächsten Morgen nach Hause gegangen bist ... oh -pardon ...“ Gespielt ernst runzelte Mrs. Atama die Stirn. „Ich meine natürlich, wieso dich Mamoru am nächsten Morgen nach Hause gefahren hat!“ Usagi meinte sich verhört zu haben. „Haben sie etwa versteckte Kameras installiert oder wieso wissen sie das alles?!“, empörte sie sich. „Du weichst der Frage aus!“ Sie schnaubte ärgerlich, wohl wissend, dass sie in der Falle saß. Wölfe die einmal Blut gewittert hatten, liesen sich nicht von ihrer Fährte locken. Erneut lehnte sie sich zurück, sah weder Mrs. Atama, noch Rei an und schloss die Augen. Selbst in ihren eigenen Ohren hörte es sich an, als ob jemand eine Geschichte erzählen würde, nur das sie selbst der Erzähler war und in ihrem Geiste schritt sie zu einem großen Regal, welches gut versteckt in einem unsichtbaren Winkel ihrer Erinnerungen gut verborgen, aber groß und stolz thronte, holte daraus das dünnste Buch, welches jedoch schwerer wog als jedes Andere, fuhr mit der Hand bedächtig über den verstaubten Einband und öffnete die erste Seite. Verdrängte sie damals womöglich die Wahrheit? Hatte Mrs. Atma mit dem was sie sagte tatsächlich recht oder versuchte sie sich selbst bis jetzt mit einer Teilwahrheit zu betrügen? So oder so! Es gab keinen anderen Ausweg, als es ihnen zu erzählen. Mamoru hatte sie nicht einen Augenblick lang aus seinen Arm gelassen, geschweige denn aus den Augen. Zusammen war sie mit ihm in sein Schlafzimmer gegangen. Einzig und allein war ihr das große Bett aufgefallen und die schweren, grünen Vorhänge die er zusammenzog, damit sie die grellen Blitze nicht mitansehen musste. Danach suchte er mit nur einer Hand nach einem T-Shirt und einer Hose für sie. Er veranstaltete ein heiden Chaos in diesem penibelst aufgeräumten Schrank, bis er fand wonach er gesucht hatte. Ein graues, einfaches T-Shirt ohne Aufschrift oder Aufdruck und eine sehr weite schwarze Sweathose mit Zugbund. Sogar an dicke Socken hatte er gedacht. Mit den kleinen Berg Anziehsachen in der einen Hand und ihr in der Anderen führte er sie in das Badezimmer. In der ganzen Zeit hatten sie nicht eines, ein einziges Wort miteinander gewechselt und doch fühlte es sich so an, als ob sie ständig miteinander redeten. Er lies die Tür einen Spalt weit offen, während sie sich müde aus ihrer nassen Schuluniform schälte. Der erste Tag im Oberstufengymansium und schon hatte sie das Outfit komplett ruiniert. Sie fühlte sich schrecklich, was ihr der Spiegel in dem sie mit Entsetzen sah, bestätigte. Maskara war nicht nur über ihren Lidern verschmiert, sondern bedeckte leicht zwei drittel ihres Gesichtes. „Schöne Scheisse!“, hatte sie zwischen klappernden Zähnen gemurmelt. So schnell sie konnte duschte sie, wusch sich das Haar mit seinem Shampoo und fühlte sich augenblicklich von seiner Präsenz umnebelt. Wie sehr sie es genoss diesen Duft zu inhalieren, aber zugegeben hätte sie es niemals. Selbst dann nicht, wenn ihr jemand eine Pistole an die Schläfe gehalten hätte. An der Badezimmertür angelangt, tapste sie mit kleinen Schritten daran vorbei. Erst als sie Mamoru daneben stehen sah, lies sie die angestaute Luft aus den Lungen entweichen. Ihr war es bis dato noch nicht einmal bewusst gewesen, dass sie sie angehalten hatte. Belustigt glitt sein Blick an ihr hinunter. Sie hingegen wäre am liebsten vor lauter Scham im Erdboden versunken. Das Shirt war ihr um mindestens fünf Nummern zu groß und hing ihr bis über die Knie. In die Sweathose hätte sie drei mal hineingepasst. Sie hatte es dem Zugbund zu verdanken, dass sie überhaupt dort blieb, wo sie sollte, aber das Allerpeinlichste trug sie unter ihnen. Als sie daran dachte, fühlte sie bereits die verräterische Röte, die ihr über die Wangen kroch. An diesem Tag trug sie doch tatsächlich >Mamorus< Unterwäsche. Als ob er gefühlt hätte, dass es ihr unbehaglich wurde, ergriff er das Wort und bot ihr einen heißen Kakao an. Voller Freude hatte sie ihm zugestimmt, als auch der nächste Blitz den sporadisch erhellten Raum regelrecht flutete. Ihm folgend lautes Donnergrollen und sie fand sich im Schutz seiner Arme wieder. Er hielt sie fest an seinen Brustkorb gedrückt, aber dennoch zärtlich genug, damit es nicht schmerzte und ganz genau in diesem Moment sagte er die entscheidenden Worte. „Hab keine Angst Usako! Ich werde immer bei dir sein und dich beschützen!“, und noch während er sprach, löste er eine Hand von ihrer Taille und strich ihr zärtlich mit der Hand, das feuchte Haar aus dem Gesicht. Er hatte sie damals das erste Mal >Usako< genannt. „Außer natürlich, du wirst unverschämt, denn dann führe ich dich höchstpersönlich hinaus in den Regen!“, versetzte er mit rauer Stimme. Usagi versuchte zumindest böse zu schauen, doch es gelang ihr nicht im geringsten. Seine Augen funkelten schelmisch. Er versuchte sie sogar in einer solchen Situation auf die Palme zu bringen und beinahe hätte er damit Erfolg gehabt, hätte er sie nur nicht so angesehen, mit einer Intensität, die sie nirgends zuordnen konnte, denn sie war ihr noch niemals begegnet. Nachdem sie in der Küche den Kakao vorbereitet hatten, gingen sie eng beieinander zurück ins Wohnzimmer. Er nahm zuerst Platz. Sie sah sich um, nicht wissend wohin mit sich selbst. Das Panoramafenster bot freies Sichtfeld auf ein erschreckendes Naturschauspiel und war nicht ausgestattet mit Vorhängen, die es verdecken konnten, doch sie konnte ihm schlecht sagen, dass sie nur all zu gerne zurück in sein gemütliches Schlafzimmer gehen würde. „Möchtest du dich nicht setzen?!“, fragte er belustigt. Usagi spürte die Aufregung, ihr Herz pochte wie wild und ehe sie sich versah hatte es sich den wilden Rhythmus des Gewitters angepasst. Sie umklammerte fest die Tasse obwohl die Hitze unter ihren Handflächen bald Brandblasen versprachen. „Kön... kann ich in deinem Schlafzimmer warten bis es vorbei ist?!“ Vor lauter Stottern war sie kaum in der Lage eine einzige Silbe richtig auszusprechen. Mamorus Augenbraue schoss nach oben. „Wieso?!“ Mit dem Kopf deutete sie zum Panoramafenster und er verstand. „Usagi es ist nur ein Gewitter! Wasser und Lärm und nichts weiter!“, versuchte er ihr zu erklären, doch ihr Körper zitterte immer noch. Die Tasse brannte sich beinahe in ihr Fleisch, als er sie ihr abnahm und auf dem Couchtisch abstellte. In diesem Augenblick zuckte ein greller Blitz bedrohlich am Himmel. Ohrenbetäubender Donner erfüllte die Luft. Usagi schrie auf und nicht einen Moment später krallten sich ihre Finger in sein weiches Baumwollshirt. „Hab keine Angst! Alles ist gut! Ich bin ja da!“, murmelte er ganz nahe an ihrem Ohr. „Komm, wir gehen ins Schlafzimmer!“ Sie folgte ihm auf Schritt und Tritt, bis sie zusammen vor dem Bett standen. Nur zögerlich lies er sie los, hob die Bettdecke an und sie folgte der unausgesprochenen Einladung ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, doch als er sie damit zudecken wollte, packte sie ihn am Gelenk und hielt es schraubstockartig umklammert, als sei es das einzige Rettungsboot auf tobender See. „Bitte lass mich nicht allein!“, wisperte sie. Das Lächeln, welches bis dahin sein wunderschönes Gesicht zierte erstarb. Nun war er derjenige der nicht wusste wohin mit sich, bis sie, wie er vorhin die Decke anhob und ihm anbot sich neben sie zu legen und er tat ihr den Gefallen. In dieser Nacht vergaß sie, dass sie neben ihrem Streitkumpanen lag und das erste Mal ersetzten Streitigkeiten sanfte, scheue Berührungen. Sie war damals gerade einmal fünfzehn Jahre als, als sie die Nase in seinem Shirt vergrub und er sie daraufhin fest umarmte. Körper an Körper – Herz an Herz – lagen sie zusammen in seinem Bett. Sie lauschte seinen regelmäßigen Atemzügen, fühlte wie er ihr beruhigend mit dem Daumen über den Rücken streichelte und schlief ein, so als ob draußen Vöglein zwitschern würden. „Das war doch damals, als wir dich alle wie verrückt gesucht haben!“, schrie Rei uns sprang auf. Sie drückte den Zeigefinger tief in Usagis Brustkorb, sodass sie vor lauter Schreck laut aufschrie. „Und DUUUUUU bist die ganze liebe Nacht lang bei Mamoru gewesen?! In seinem Bett!!???!!“ „Ja!“, war alles was sie darauf zu sagen hatte und es fühlte sich herrlich an, trotzt dem spitzen Fingernagel ihrer Freundin zwischen ihren Rippen. Lediglich Mrs. Atama blieb ruhig. „Wisst ihr Mädchen, solche kleinen Veränderungen und unerwartete Situationen sind es die Menschen näher zueinanderbringen, zusammenschweisen! Es kann ein Gewitter sein, ein neuer Lebensumstand, ein ganz normaler Tag ...“, sie schluckte deutlich hörbar. „oder auch Krankheit! Gewiss ist jedoch, dass wir aus allen Positives ziehen können und es liegt an uns was wir daraus machen!“ Rei lies von Usagi ab. Mrs. Atamas Worte wirbelten in ihrem Kopf, ganz genauso wie in Usagis. „Seht mal!“, gluckste die Alte auf einmal quietschvergnügt und deutete hinauf gen Himmel. Die Blicke der Mädchen folgten ihrem Zeigefinger. Tatsächlich! Es braute sich ein Gewitter zusammen. Reis und Mrs. Atamas Blicke trafen sich. In stiller Übereinkunft, wussten sie was nun zu tun ist. „Ich muss los!“ „Häää! Wohin denn so schnell!? Du wirst mich doch nicht einfach so stehen lassen, jetzt wo ich Gefahr laufe vom nächsten Donner erschlagen zu werden!“, kreischte Usagi aufgebracht und war drauf und dran Rei an den Haaren festzuhalten, doch Mrs. Atama kam ihr zuvor und stellte sich fungierte als lebendes Schutzschild. „Ich muss auch noch einmal zurück, Zucker kaufen. Rei liebes, würdest du mich begleiten?!“ „Natürlich!“, antwortete diese zuvorkommend. „Und ich?!! Das liegt doch in der vollkommen verkehrten Richtung?!“, jammerte Usagi und sah flehentlich an den beiden Frauen hoch. Vor lauter Furcht zitterten ihr beide Knie. „Bis Mamoru sind es keine fünf Minuten zu Fuß!“ „Du verarschst mich doch?!“ Usagi meinte sich im falschen Film zu befinden. Sicher schlief Mamoru oder er lernte noch mit Saori und da würde sie einen Teufel tun und einfach so unangemeldet hineinschneien. Das würde doch aussehen, als ob sie die eifersüchtige Freundin wäre, was sie ja auch war, was sie ihm jedoch nicht unter die Nase reiben wollte, denn schließlich war sie erwachsen und sie konnte damit umgehen. „Tja! Dein Pech!“, flötete Reis Stimme und erst jetzt sah Usagi, dass sie bereits hinter der großen Eiche verschwanden. Es donnerte und sie sprang auf. Voll automatisiert und auf Flucht eingestellt setzten sich ihre Füße in Bewegung … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)