♥ Mit den Waffen einer Frau ♥ von Bojana (MamorU ♥ UsagI) ================================================================================ Kapitel 24: Vertraute Dreisamkeit und Pete ------------------------------------------ Schon damals als sie Saori kennengelernt hatte, flößte ihr diese Frau einen heiden Respekt ein was auch immerwährend anhielt, bis sie ihr in diesem Augenblick in die Augen sah. Mit einem Grimasse, welches ein Lächeln repräsentierte, stellte sie das Tablett galant auf den Couchtisch ab und deutete mit einer ausladenden Geste Saori sich zu bedienen, wobei sie sie mit Argusaugen beobachtete. Ihre filigranen, Finger, die langen manikürten Fingernägel, die im Schein des Kunstlichtes rot lackiert leuchteten. Ihre eigenen versteckte sie sicherheitshalber hinter einem der grünen Zierkissen. Für eine Maniküre fehlte ihr einfach die Zeit und die Lust und ihr eigener in zart Rose gehaltener Nagellack wies die Spuren von nervösen Knabberattacken auf. Usagi war beinahe in jeglicher Hinsicht die Tochter ihres Vaters, einem Analytiker der sich die Karriereleiter mit seinem herausragenden Verstand bis an die Spitze erkämpft hatte. Keiner war besser als er und doch besaß sie nicht ein Achtel seiner Intelligenz. Mit ihrer Mutter konnte sie sich genauswenig messen. Ikuku war vor der Babypause mindestens genauso erfolgreich, wenn nicht noch mehr. Sie hatte Politik als Hauptfach studiert und war eine der Spitzenkandidatinnen für die nächste Wahl, als sie mit ihr schwanger wurde und somit gezwungen war ihr Amt nieder zu lege. Von Freunden und Familie hatte Usagi auf eine schmerzhafte Art und Weise erfahren müssen, dass ihre Chancen zu gewinnen außerordentlich gut waren. Sie nahm sozialer Projekte an und bearbeitete sie zielsicher und fokussiert, als seinen sie pinschige Legosteinchen. Einen nach den Anderen und das auch noch mit solchem Fingerspitzengefühl, dass ihr die Parteien buchstäblich aus den Händen fraßen. Sogar Shingo ihr jüngerer Bruder war auf bestem Weg auf die Überholspur zu wechseln. Als Klassenprimus hatte er es geschafft seine Jahrgänge zu übertrumpfen und hat sogleich drei Schulstufen übersprungen. Kurzum war er das jüngste Genie auf dem Gebiet der Ökologie und bereitete im jungen Alter von sechzehn Jahren sein erstes eigenständiges Projekt, aus dem Plastikabfall der Menschen Energie zu gewinnen, vor. GEO brachte erst kürzlich einen Artikel über ihn, in den sie Shingo als Wunderkind betitelten. Sie war nicht neidisch auf ihn, auch nicht auf ihre Mama, die ihre Kariere erneut in Angriff nahm, nachdem sie sich versichert hatte, dass ihre Mutterpflichten zufriedenstellend erfüllt waren und erlaubte ihren Kindern nun ihre eignen Flügel auszubreiten um zu fliegen. Sie war die einzige, die dabei ins stolpern geriet. Als Kind berühmter Eltern aufzuwachsen war relativ einfach und nicht so kompliziert, wie es viele von ihnen gerne in die Welt hinausposaunten. Es gab nichts was ihr nicht gewährt wurde. Ihr Vater las ihr jeden Wunsch von den Augen ab. Ihre Mutter betütelte sie beide aber gemaßregelt wurden sie trotzdem. In gewisser Linie unterschieden sie sich aber dennoch von den anderen Kindern von Politikern und hochrangigen Tieren, da ihre Eltern niemals eine Nanny in Anspruch genommen haben. Ikuku und Kenji waren der felsenfesten Überzeugung gewesen, dass sie die Rolle die ihnen zustand, an niemand fremden weitergeben wollten und sei es auf Kosten ihrer beider Karieren. Dafür war sie ihnen aus vollstem Herzen dankbar und eigentlich hatte sie sich fest vorgenommen, genauso wie Shingo sie stolz zu machen, aber scheiterte kläglich an ihrer eigenen Faulheit. Ihre Interessen galten weder der Politik, noch der Ökologie, Wirtschaft oder Physik, obwohl sie sich für die Dinge an denen Shingo beteiligt war, sehr wohl begeistern konnte. Wenn sie schon nicht ihre Elefantenhirne besaß, so konnte sie sie wenigstens unterstützen und ihnen zur Seite stehen, was sie jedes Mal aufs Neue auch tat. Tagein, tagaus über die Jahre hinweg. Sogar als als sie gerade einmal acht Jahre alt war begleitete sie ihre Eltern überallhin. Ihre Manieren waren im Vergleich zu ihrem winzigen Gehirn tadellos, sodass sie jedes Mal haushoch gelobt und betätschelt wurde, nur war sie jetzt keine acht Jahre mehr. Es wurde als selbstverständlich erachtet, dass sie sich den Anstandsregeln beugte. Alles Andere wäre fatal gewesen. Natürlich war das auch einer der Gründe wieso ihre Familie Mamoru, das fast gleichwertige Genie, mit offenen Armen empfing. Sogar Kenji, der ihrem letzten Verehrer damit drohte, ihm den Kopf abzureißen und seine Körperteile kreuz und quer auf dem halben Globus zu vergraben, schien auf einmal begeisterter Befürworter ihres Freundes. Wahrscheinlich sahen sie ihn als ihre Chance ihr gescheitertes Schuldasein ins Gegenteil zu kehren und tatsächlich gab sich Mamoru alle erdenkliche Mühe sie nach vorne zu bugsieren, nur dass es auch für jemanden wie ihn äußerst schwer war jemanden wie sie, die so viel Ambition besaß wie ein Wachbär, irgendwo hin zu bugsieren außer ins Crown auf ein Eis, denn dafür war sie immer zu haben. Später, als er bemerkte, dass sie sogar das letzte, verbleibende Schiff mutwillig gegen den nächsten Eisberg zu steuern gedachte, versuchte er sie mit dem Crown zu bestechen, was allerdings eine ganz schlechte Idee war. Wütend zog sie damals ihre perfekt gezupften Augenbrauen zusammen und ermahnte ihn freundlich aber blutrünstig wie ein halbverhungerter Tiger, ihr nicht mit Dingen zu drohen, die ihm später leid tun könnten. Kurzum! Sie verweigerte jedes weitere Treffen, bis er klein Bei gab. Vielleicht, so dachte sie einmal, hatte sie das privilegierte Leben dann doch unbrauchbar für das wahre Leben dort draußen gemacht, aber warum nur sie und nicht Shingo?! Sie ging in sich und dachte darüber nach, bis ihr einleuchtete, dass jede berühmte Familie sein spezielles schwarzes Schaf groß zog. Die einen wussten damit zu leben, die Anderen versteckten ihre Ausgeburten der Hölle vor dem Licht der Öffentlichkeit. Usagi entschied für sich dafür, eine Symbiose aus Beidem zu bilden, sehr zum Leidwesen ihrer Eltern, aber immerhin war sie nicht dumm. Potenzial! So hatte es ihr Vater eines schönes Nachmittags penibelst freundlich formuliert, als sie zusammen in ihrer perfekt gepflegten Gartenydille frühstückten. Die Blumen dufteten an diesem Morgen besonders intensiv und sogar das Vogelgezwitscher erklang kitschig, a la Lovemovie überall um sie herum. „In dir steckt so viel Potenzial Schätzchen!“, sagte er unverblümt und führte sich dabei die nächste Gabelladung seines Schinken-Käse-Omlettes in den Mund, nur um gleich darauf vor einem zu tief fliegenden Piepmatz erschrocken zu werden und an seinem Bissen fast zu ersticken. Seither steht eine überdimensional große Vogelscheuche inmitten dieses grandiosen Stückchen Paradieses und blickte die Eindringlinge, wie sie ihr Vater mit Vorlieb nannte, bitterböse an. Pete, so nannte sie ihn wurde seit diesem Zeitpunkt ihr persönlicher Schattenspender, wenn sie unter seinen dicken, in karo Stoff gehüllten Würstchenarmen gemütlich machte und ein Buch las. Später entwickelte sich eine Art ganz spezielle Freundschaft daraus und sie begann ihm ihre Geheimnisse und tief verwurzelten Ängste anzuvertrauen. Was sie zu ihm hinzog war einfach. Er stand wie eine Art Monument auf einem prächtigem Gelände, dem sogar die Gartenzeitschriften nacheiferten, und erhob sich dennoch mit seiner grotesken Hässlichkeit so stolz wie es nur die wunderschöne Freiheitsstatue auf Liberty Iseland im New Yorker Hafen vermochte. Pete war in gewisser Weise wie sie! Ein Außenseiter, der seinen Zweck erfüllte und dabei still blieb, aber durchaus herausstach wie eine Leuchtreklame auf der Route 66 bei Nacht. Sie beide waren ein Widerspruch in sich und somit irgendwie Verbündete. Eines Winters, als die Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt fielen und sie ihn von der anderen Seite der Glasscheibe im Warmen beobachtete, wurde ihr ganz schlecht vor Sorge und das obwohl sie wusste, dass ihm die Kälte weit weniger ausmachte als ihr. Natürlich wusste sie, dass Pete ein toter Gegenstand war, nur half es ihrem Seelenfrieden kein bisschen es sich weiterhin einzureden und so schlich sie sich, als alle tief und fest schliefen hinaus in den Garten und spenierte ihm eine ihrer alten rosa Kuscheldecken. Am Morgen darauf frühstückten sie erneut zusammen. Kenjis Blick erhaschte Pete, dann taxierte er sie, die sich nicht weiter zu helfen wusste und grinsend mit den Schultern zuckte. Höchstwahrscheinlich bezweifelte ihr Daddy zu diesem Zeitpunkt das angesprochene Potenzial oder er sah es als eine brandneue Geschäftsidee. Bei ihm konnte sie sich da nie sicher sein. Fakt war jedoch, dass er es nie ansprach und Pete die Decke, den ganzen Winter über gönnte und sie liebte ihn dafür umso mehr. Zurück zu Saori! Was Pete wohl sagen würde, wenn er sie so sehen könnte oder ihr Daddy, aber wie sie bereits sagte. Sie war die Tochter ihres Vaters und auch wenn sie nicht seinen messerscharfen Verstand besaß, so vererbte er ihr den richtigen Riecher für falsche Schlangen und dieses Mädchen, entschied sie, war eine davon. Zum Teufel mit ihrer naiven Gutmütigkeit. Soeben hatte sie ihren Beitrag geleistet, dass sich eine Königskobra der Extraklasse bei ihrem Freund einnistete. Im Geiste sah sie Petes finsteres Gesicht und wäre Mamoru in diesem Moment nicht in das Wohnzimmer spaziert, so hätte sie sich ganz sicher selbst eine verpasst. Da hatte sie ihr Studienfach! Es hieß Idiotie oder noch besser Idiotie trug den Namen Usagi. Das Tsukino lies sie dabei außen vor, denn ihre Familie hatte bereits mit ihrem eigenen schwarzen Schaf alle Hände voll zu tun, da verschwieg sie ihnen lieber ihren Zweitnamen. Was für eine Erzieherin könnte sie schon werden, wenn sie noch nicht einmal im Stande war das offensichtliche zu sehen??! Hätte Buddha nicht ein wenig mehr Mitgefühl haben können und die Schlauheit besser unter ihr und Shingo verteilt, aber nein. An ihr wurde mit Material gespart, was nicht nur ihr Gehirn betraf, sondern auch ihre Größe. Mit ihren 1,65 konnte sie ja noch nicht einmal Modell werden und eine Stimme zum singen war ihr auch nicht vergönnt worden, höchstens für die Dusche, also entfiel auch eine Überfliegerkarriere als Popsängerin. An Saori hatte Buddha nicht gespart. Wie fies! 1,75 weiche, glänzende Locken und ein Busen, mit bloßem Auge und ohne Pus Up geschätzt eine 75 D, hinzu kamen die wunderschönen Augen von Bambi und nicht zu vergessen ein Hintern, mit dem sie bestimmt Walnüsse knacken konnte, dafür aber ein hundsmiserabler Charakter. Nachdem Usagi wusste, das sie gelauscht hatte und sich allen Anschein nach auch daran erfreute, war etwas in ihr gestorben, was sie bis dato immer geliebt hatte. Der Glaube daran, dass in jedem Menschen etwas Gutes lag. „Habt ihr beiden schon einen Film ausgesucht?!“, hörte sie Mamoru fragen, doch sprach er Saori an und nicht sie, beziehungsweise meinte er auch sie damit, richtete aber die Frage an die falsche Bambi. Das Lächeln welches jetzt folgte war strahlend echt. In Usagi drehte sich der Magen um. „Pizza, wie du ja bereits weist ist im Müll gelandet.“, fuhr er fort ihr zu erzählen und ergriff beiläufig die Fernbedienung, um sich durch die Netflix Liste zu wühlen. „Nein, das wusste ich nicht, aber ist ja auch egal. Ich habe ohnehin keinen allzugroßen Hunger!“ Miststück, schrie es in Usagi. Mamoru hielt inne und sah aus den Augenwinkeln heraus zu Usagi, deren Telefon sich im genau richtigen Moment meldete. Ein kurzer Blick auf den Display und sie drückte auf -Anruf annehmen-. „Hi Dad, was gibt’s?!“ Mamoru stellte den Fernseher auf lautlos und Saori sperrte ihre Lauscher auf. Von Usagi hielt sie nicht viel, aber ihre Eltern beeindruckten sie dafür umso mehr. Nach einigen Worten von ihrem Vater, verhärteten sich Usagis Gesichtszüge und ohne lange darüber nachzudenken stand sie auf und verließ mit besorgter Mine den Raum. Sofort drückte Mamoru Saori die Fernbedienung in die Hand, mit der Bitte in seiner Abwesenheit einen Film für sie auszusuchen und eilte großen Schrittes Usagi hinterher. Schon wieder?!, dachte sich die Brünette und verdrehte genervt die Augen. Musste er ihr hinterherlaufen wie ein liebeskrankes Hündchen und umgekehrt?! Naja! Was solls! Dann würde sie eben einen Film aussuchen, der ihnen beiden gefiel. Bei ihrer Auswahl berücksichtigte sie Usagi in keinster Weise. Er sah ihr dabei zu wie sie von einem Ende des Schlafzimmers zum anderen tigerte und hörte, dass nun Kenjis Stimme lauter geworden war, sodass er einige Gesprächsfetzen mitbekommen konnte. „Ich sagte doch, dass du mich sofort abholen sollst!“, erboste sich Usagi mit hochrotem Kopf. Beinahe konnte er es aus ihren Ohren rauchen sehen. „Gib mir doch bitte Mamoru!“, war das letzte was er zu hören bekam, als ihm auch schon das besagte Handy von einer wutschnaubenden Blondine in die Hand gedrückt wurde. „Mamoru hier! Was ist passiert?!“ Aufmerksam verfolgte er Kenjis Ausführungen über den Autounfall, bei dem Shingo der Beifahrer war und obwohl ihm Kenji versicherte, dass es Shingo gut ging und bis auf ein paar Nähte und einen gebrochenen Oberarm, zum Glück nicht viel mehr passiert war, konnte er Usagis Reaktion darauf vollends nachvollziehen. Inzwischen war die wutkennzeichnende Röte einen erschreckend ungesunden Aschton gewichen und sie sah ihn mit großen Augen, sitzend, von seinem Bett aus an. Nachdem er Kenji versichert hatte sich um Usagi zu kümmern, legte er auf. Zügig kam er auf sie zu und setzte sich direkt neben sie. Was darauf folgte waren seine starken Arme, in denen sie das Gefühl hatte, von allem Bösen beschützt zu sein. „Alles ist ok! Er hatte großes Glück!“, flüsterte er ihr ins Ohr und drückte ihr dabei einen beruhigenden Kuss auf den Scheitel. „Nichts ist okay Mamoru. Ich habe ihn gewarnt!“ Er verstand nicht so recht was sie ihm damit sagen wollte. Gewarnt, aber wovor?! Die Auflösung der offen stehenden Frage löste sich sogleich, als sie zu sprechen begann. Ihre Stimme zitterte. „Dieser Kerl, Songoku oder Sokoku, oder wie der Typ auch immer heißt, der an diesem speziellen Projekt mit Shingo arbeitet nimmt es mit dem Alkoholkonsum nicht so genau. Ich meine damit, dass er nicht nur beim Weggehen einen über den Durst trinkt sondern auch tagsüber und außerdem ist er um ganze fünfzehn Jahre älter als Shingo. Was ein Mann seines Alters mit einem kleinen Jungen zu suchen hat, geht mir einfach nicht in den Schädel. Bei der Arbeit! Ja okay! Das verstehe ich, aber privat?! Er hat drei Kinder mit der ersten Ehefrau und eines mit der zweiten. Soweit ich weiß steht Ehefrau Nummer drei auch schon in den Startlöchern, stellt sich nur die Frage, wann er auch sie schwängern und sitzen lassen wird und ganz nebenbei übt er einen schlechten Einfluss auf meinen minderjährigen Bruder aus, aber wie Shingo nun mal ist, lässt er sich weder von mir noch von Papa etwas sagen. Er meint wohl, nur weil er eine Inteligenzbestie ist, dass er den Rat von seiner Familie nicht nötig hätte.“ „Und Ikuku?!“, unterbrach er sie in ihren Ausführungen. Usagi schüttelte den Kopf. „Mama hält sich vorerst aus dieser ganzen Sache raus. Sie setzt auf die diplomatische Seite und vertraut in Shingos Urteilsvermögen.“ „Und das du es womöglich übertreiben könntest mit deiner Fürsorge?!“, fragt er vorsichtig. „Nein!“, pfefferte sie ihn an. „Er hat diesen Unfall gebaut und ganz bestimmt war er dabei 'NICHT' nüchtern. Ich weiß, dass er von Shingo sehr viel hält, aber er scheint zu vergessen, dass er trotzt seiner Position noch ein Kind ist!“ Sie verschwieg ihm absichtlich, dass dieser Typ sich einzig und allein mit Shingo abgab um öfter in die Nähe ihrer Familie zu kommen und insbesondere ihr. Erst letztens als er bei ihnen zum Abendessen eingeladen war, hatte er nicht nur Ikuku, sondern auch ihr einen Strauß roter Rosen mitgebracht. Als er sich unbeobachtet fühlte, folgte eine diskrete Einladung zum Essen, welche sie sofort ausschlug, aber solche Männer wie ihn kannte sie nur zu Genüge und wusste dementsprechend, dass er nicht so leicht aufgeben würde. Nach seiner dritten Einladung hielt er sich bedeckt, aber sie ahnte, dass es noch nicht zu Ende war. Ihre Vermutung war, dass er über Shingo und ihre Familie an sie herankommen wollte, was sich sicherlich in den Ohren ihrer Eltern vollkommen absurd anhören würde, da er ein Mann mit Rang und Namen in der Wirtschaftsbranche war, aber nichts desto trotz beschlich sie bei diesem schmierigen Typen ein ganz schlechtes Gefühl, aber vielleicht hatte Mamoru ja recht und sie übertrieb es, denn seither hatte er sie mehr ignoriert, als angesehen. Gut möglich, dass sie sich etwas einbildete, aber was sie sich nicht einbildete war, dass ein ausgewiefter Fuchs wie er nicht gut für ihren Bruder war und der Unfall war der beste Beweis dafür. Sie würde sich nicht wundern, wenn da mehr als nur Alkohol im Spiel gewesen wäre. Mamoru unterbrach ihre trübsinnigen Gedanken indem er ihr Kenjis Worte wiederholte und ihr versicherte, dass es ihrem Bruder gut ging und er möglicherweise sofort nach Hause entlassen werden konnte. Dies aus seinem Mund zu hören fühlte sich beruhigend an und trotz ihres Streites von gerade eben, war und ist er der einzige Mensch, der es vermochte ihr alle Ängste und Sorgen zu nehmen, genauso wie Pete und das obwohl er die ganze Zeit über schwieg. Als sie sich auf den Weg zurück ins Wohnzimmer machten, kam auch schon der Pizzalieferant. Sie überließ es Mamoru ihn in Empfang zu nehmen und ging schnurstracks weiter zu Saori. „Hey! Ich dachte ihr kommt gar nicht mehr. Alles okay?!“, fragte sie sie mit geheuchelter Fürsorge. „Ja alles paletti! Hast du etwas finden können?!“ „Oh ja klar!“, meinte sie aufgeregt und deute ihr mit einer Kopfbewegung zum Fernseher. „Das Comeback“, fragte sie überrascht falls sie sich täuschen sollte. Ein Boxerfilm mit Russel Crowe mit dem sie rein gar nichts anfangen konnte. Sie hatte sich ihn einmal mit Mamoru angesehen, aber solchen Filmen konnte sie rein gar nichts abgewinnen. Saori hingegen schien davon begeistert und ganz ohne Zweifel würde sich Mamoru dem anschließen, also beschloss sie den Mund zu halten und ihn zusammen mit ihnen anzusehen. Sie konnte ja, wenn ihr langweilig wurde ihre Mädchen aus den Betten trommeln und die verschlafene WhatsApp Grüppchen wachrütteln. Wie erwartet, war Mamoru mit Saoris Filmauswahl zufrieden und sie griff dafür als Erste nach dem größten Stückchen Salamipizza im Karton. Es gab nichts auf dieser Welt was ein köstliches Eck Pizza nicht aus der Welt schaffen konnte und so biss sie genüsslich hinein. Köstlich. Mamoru stand immer noch zwischen den zwei Frauen und dachte darüber nach, wo er sich nun hinsetzen sollte. Auf dem Zweisitzer wo Usagi saß war sehr wenig Platz, sodass sie sich zusammenquetschen müssten, dafür aber neben Saori auf dem komfortablen Dreisitzer der Garnitur. Der dazugehörige Ohrensessel befand sich in seinem Schlafzimmer. Ihm blieb sozusagen keine andere Wahl als sich neben Saori zu setzen, was er dann auch tat. Sobald er Platz genommen hatte und ihm Saori von der Seite aus einen Teller in die Hand drückte, streifte er mit seinem Blick Usagi. Sie war gerade dabei sich die Kissen zurechtzurücken und es sich bequem zu machen. Den zweiten Karton Pizza platzierte sie auf ihren ausgestreckten Oberschenkeln und nahm sich gerade das zweite Stückchen heraus. Gerade als er sich erneut dem Film zuwenden wollte, bekam er mit wie sie zu ihm hinübersah. Sie meinte wahrscheinlich, dass er es nicht mitbekommen würde, aber er konnte ganz klar sehen, wie sie, immer wenn sie von irgendetwas genervt war, die Augen verdrehte und mit einem Mal fühlte sich Mamoru sichtlich unwohl. Es fühlte sich so an, als säße er auf einen Berg voller Ameisen, die ihn von allen Seiten piecksten, auf ihm herumkrabbelten und ihn einfach nicht zur Ruhe kommen lassen wollten und das alles wegen ihrem Augenroller, von dem er nicht wusste ob er dem Film oder ihm galt. Kein weiteres Mal fasste sie ihn ins Auge sondern folgte Saoris Beispiel und sah sich in aller Ruhe den Film an. Er hingegen konnte seinen Blick nicht von ihr wenden. Zum Einen weil erkannte, dass sich ihre Auseinandersetzungen in den letzten Wochen häuften und sie in keinster Weise mit den Streitereien aus ihrer Jugendzeit glichen und zum Anderen weil sie mit ihren Worten, so beleidigend sie auch waren mitten ins Schwarze getroffen hatte. Sie waren nun ganze zwei Jahre zusammen. Usagis Schulzeit neigte sich in weniger als drei Wochen dem Ende und eine Ausbildung zur Kindergartenpädagogin stand an, was verbunden mit Praxis und einer Hochschulausbildung für sie eine kleine Herausforderung darstellte. Er zweifelte nicht daran, dass sie es nicht schaffen könnte, aber hinsichtlich dessen vertrat er die Meinung ihres Vaters, dass sie so viel mehr sein konnte. Usagi aber war voll und ganz in ihrem Element, als sie ihm erzählte, dass sie genommen wurde und sie sich nichts Schöneres vorstellen konnte als mit Kindern zu arbeiten und so verkniff er es sich sie zu belehren wie viele Türen ihr sonst noch offen standen. Offen gestanden, waren ihre Noten zwar nicht die Besten, aber immer noch gut genug um zu studieren. Er hoffte damals, dass sie ihre Meinung diesbezüglich noch ändern würde, aber als er sie das erste Mal mit dem dreijährigen Nachbarjungen im Garten ihrer Eltern verstecken spielen sah, und dabei ihre strahlenden Augen und ihr glockenhelles Lachen vernahm, wusste er mehr denn je, dass ihre Entscheidung goldrichtig war. Er selbst hatte nun mehr ein Semester und vom Juuban Hospital einen Arbeitsplatz sicher in der Tasche. Eigentlich könnte es gar nicht besser laufen, wenn da nicht dieser Streit zwischen ihnen Beiden immer noch in der Luft schweben würde. Es war zu viel gesagt worden von beiden Seiten aus, was nicht mehr zurückgenommen werden konnte und das Bild der Beziehung welche sie hatten, welches er als als perfekt erachtete, fing unaufhaltsam an auszubleichen. Die satten Farben bröckelten und nach und nach verlor es seinen einstigen Glanz. Anstatt einer Beziehung die sie zusammen führten oder vielmehr führen sollten wurde ihm schmerzhaft bewusst, dass sie eine sie aneinander vorbei geführt hatten. Mit aller Macht kämpfte er dagegen an, versuchte es aufrecht zu erhalten, aber war sich nun zum ersten Mal nicht mehr sicher, ob er dazu auch in der Lage war, zumal sie sich, je älter sie wurden voneinander weg bewegten anstatt zueinander. Alles was er dachte zu wissen, fühlte sich nicht mehr real an, außer seiner Liebe zu ihr, die in keinster Weise Schaden genommen hatte und mit jedem Tag der verging immer weiter wuchs, doch würde allein diese Liebe ausreichen um das zu kitten, was kaputt gegangen war oder würde ihr eines Tages der Mann begegnen der perfekt für sie war und mit seinen Gefühlen, genauso wie sie umzugehen wusste. Sie hatte recht mit dem, als sie sagte, dass er selbst gar nicht mehr wusste was er empfand, denn er hatte sich so sehr auf sein Ziel fokussiert und darauf, dass alles perfekt lief, dass er darüber hinaus sich selbst verloren hatte. Er wusste wer er war, seinen Namen, wer seine Eltern und seine Familie waren aber wer war Mamoru Chiba tatsächlich?! Wer war der Mann in seinen Inneren?! Und so sehr er versuchte dem auf den Grund zu gehen, erkannte er dass er Zeit brauchen würde um sich dessen klar zu werden, nur ob Usagi so lange Geduld mit ihm haben würde war fraglich. Sie war um ganze fünf Jahre jünger als er, lebensfroh, offen und sah der Welt mit einem solchen Optimismus entgegen, von dem er nur träumen konnte. Er wusste das er ein Egoist war, sie auch weiterhin an sich zu binden, aber der Schmerz allein bei der Vorstellung sie verlieren zu können war weitaus größer, als die Gewissheit, dass er ihr womöglich mit seinen Wesen Schaden zufügen könnte und so beschloss er es auch weiterhin zu versuchen, weiter an dem Bestand ihrer Beziehung festzuhalten, denn wenn sie nicht mehr als Liebe verband, so säßen sie heute nicht hier wo sie sind und ganz genau das war es was ihm in diesen Moment die Augen öffnete. Er saß an der falschen Stelle neben Saori, nicht neben seinem Engel. Mamoru wusste, dass ihre Eifersucht übertrieben und völlig aus der Luft gegriffen war und doch fühlte sich sein Handeln mehr denn je falsch an, aber wenn er jetzt aufstand und die Plätze wechselte würde er sich zum kompletten Idioten machen und so wandte er sich zum Fernseher, gerade als eine Faust durch die Lüfte schoss und Russell Crowe mitten ins Gesicht traf. Es vergingen weitere zehn Minuten und der Film näherte sich jäh dem Ende entgegen, als er Usagi aufschnauben hörte. „Das ist wohl einer der dümmsten Filme, die ich je in meinem Leben gesehen habe.“ So kannte er sie. Kein Blatt vor dem Mund und musste es sich unterdrücken zu grinsen. „Er ist aber nach einer wahren Begebenheit!“, konterte ihr Saori entsetzt. „Das macht es auch nicht besser!“, antwortete sie pikiert , schwang ihre Beine auf den Boden und griff sogleich nach ihrem Saftglas. „Lass mich raten!“ Zu Usagi zugewandt musterte sie die Brünette selbstbewusst. „Du magst nur Liebesfilme!“ „Die Realität ist hässlich genug und wenn ich mir einen Film ansehe, dann wünsche ich mir ein atemberaubendes Feuerwerk, ein Happy End wie es sonst nur in Märchen zu finden ist und nicht ein Anblick von lädierten Körpern und Ringkämpfern!“ Sie meinte es so, denn ihre Lippen die sich bei ihrer Aussage kräuselten und der unglaublich helle Glanz in ihren Augen entlarvten sie als unverbesserliche Träumerin. „Du magst es also angelogen zu werden!“, schlussfolgerte Saori sachlich. Auwei! Das ging total in die falsche Richtung. Mamoru machte sich bereits auf ein Donnerwetter gefasst, welches jedoch ausblieb. Unwissend hatte er die Augen zusammengekniffen und als er sie wieder öffnete blickte er in kristallklare Blaue Irden, die vor Selbstbewusstsein und Scharfsinn wie zwei Sterne in rabenschwarzer Nacht aufleuchteten. Die Beine übereinander geschlagen, den Kopf leicht schief gelegt unterzog sie Saori einer sogenannten Leibesvisitation. Fehlte nur noch der altbekannte Spruch wenn ein Soldat nicht den Anforderungen des Militärs entsprach „Ausgemustert – untauglich – für den vorgesehenen Dienst nicht geeignet!“ „In einer fiktiven Welt wie der Filmbranche ja, wobei meine Mum sagt, dass Lügen leider das Schmieröl sozialer Gesellschaften sind. Lügen ist moralisch verwerflich, aber für das soziale Miteinander unerlässlich. Sie sind ein Fundament unserer Gesellschaft, was nicht bedeutet, dass ich dem zustimme, denn wenn es eines gibt was ich vom Grund auf verabscheue, dann sind es Lügner und ganz besonders jene die denken, dass sie undurchschaubar wären!“ Lautstarkes Knistern erfüllte die Luft. Saoris schoss, eine für sie untypische Röte, in die Wangen. „Wenn eine angesehen Politikerin es sagt, dann wird es wohl oder übel stimmen!“, versuchte sie Usagi gegen zu halten, aber erfolglos. „Und wenn nun hundert Menschen auf einer Brücke stehen würden und einer hinunterspringt, nur weil er der die Überzeugung vertritt es überleben zu können, ihm eventuell zehn weitere folgen, dann springst auch du hinterher, oder wie darf ich das verstehen?!“ „Wir sprechen hier nicht von einer Gehirnwäsche, sondern von Lügen?!“ „Worin liegt der Unterschied?!“ Usagis ganze Körperhaltung veränderte sich. Ihr Rücken war geradegebogen, die Schultern gestrafft und Mamoru sah in diesem Moment nicht Usagi, sondern ein Abbild ihrer Mutter. Die junge Ikuku, wie sie voller Stolz ihre Wahlkampagne präsentierte. „Ich glaube, dass wir diesbezüglich nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen werden!“, beschloss Saori die Sache zu beenden, damit das Gespräch nicht ausuferte, doch Usagi war erst gerade warm geworden. Sie fühlte sich überraschend wohl in der Rolle die sie spielte, die ihr, wie Mamoru fand, wie auf den Leib geschneidert stand. „Was rechtfertigt eine Lüge?!“, hackte sie unbeirrt weiter. Saori schwieg eisern. Mit einem Seitenblick versuchte sie Mamoru dazu zu bewegen einzuschreiten, aber so wie er Usagi kannte, würde sie nicht einlenken, bis sie eine Antwort bekam und so zuckte er hilflos mit den Schultern. Er wusste vom vornherein, dass es eine schlechte Idee war, Saori bei ihm übernachten zu lassen und da hatte er nun seinen Salat. In Usagi tobte es. Sie vertrat Lügen also, aber nicht weil sie für die Politik oder für die Gesellschaft unumgänglich waren, sondern weil sie selbst log und das zu ihrem eigenen Gunsten und da wagte sie es ihr vorzuwerfen, dass sie angelogen werden wollte. Sie hätte platzen können vor lauter Wut, aber um Mamoru nicht in eine unangenehme Situation zu bringen, schaltete sie einen Gang runter. An seinen geweiteten Augen erkannte sie, dass er nur darauf wartete, dass sie in die Offensive ging, aber für heute hatte sie genug von Streitigkeiten. Sie hatte genug gesehen und gehört um sich ihr Urteil bilden zu können. Sie wollte spielen! Kein Problem, aber dann mit vollem Einsatz! „Ich glaube, dass ich zu müde bin um an dieses Thema nüchtern heran zu gehen.“, meinte sie und gähnte zur Bestätigung lautstark. Er fühlte wie sich Saori allmählich entspannte und in die Sitzpolsterung sinken lies. Etwas an dieser Unterhaltung war gar nicht koscha, aber er kam nicht dahinter was er übersehen hatte. Die Situation entspannte sich und sie halfen zusammen, die Essensreste und leeren Gläser zu beseitigen. Inzwischen hatte sich das Unwetter gelegt und Usagi verabschiedete sich als Erste um ins Bett gehen zu können, während Mamoru für Saori das Bettzeug holte und ihr half die Couch auszuziehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)