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Mangavorstellung: The Promised Neverland The Promised Neverland, Manga

Autor:  halfJack

Originaltitel: 約束のネバーランド Yakusoku no Neverland
Zeichnungen: Demizu Posuka
Story: Shirai Kaiu
Veröffentlichung: ab April 2018 bei Carlsen, bislang 8 Bände in Japan (Stand: Mai 2018)

Anlässlich meiner Weblogaktion zur Vorstellung eines aktuellen Manga beteilige ich mich wie immer selbst mit einem eigenen Beitrag. Es war für mich keine Frage, worauf meine Wahl fallen würde; ganz im Gegenteil kam ich auf die Aktion sogar zuerst wegen dieses Mangas und nicht umgekehrt.

The Promised Neverland

Inhalt:
Wohlbehütet wachsen die vielen unterschiedlichen Kinder in einem Waisenhaus auf. Sie sind keine Geschwister und die Frau, die sich aufopfernd um sie kümmert und von ihnen "Mama" genannt wird, ist nicht ihre echte Mutter. Dennoch leben sie alle im Grace Field House glücklich wie eine Familie zusammen. Die Kinder kommen als Babys in das Waisenhaus, die Außenwelt kennen sie nur aus Büchern und "Mama" ist ihre einzige Bezugsperson. Das ist für sie Normalität, sie werden gut umsorgt und bekommen leckeres Essen.
Normal sind für sie auch die tagtäglichen, harten Tests. Es sind Aufgaben zu ihren kognitiven Fähigkeiten, abgestimmt auf das jeweilige Alter. Diese Leistungstests sollen den schulischen Unterricht ersetzen und sie auf das spätere Leben vorbereiten.
Emma, Norman und Ray schneiden bei diesen Tests stets am besten ab. Mit ihren 11 Jahren sind die drei Freunde kleine Genies. Doch ihre gemeinsame Zeit wird bald enden. Denn spätestens mit 12 Jahren darf ein jedes Kind das Waisenhaus verlassen und kommt zu einer liebevollen Familie. So zumindest wurde es ihnen immer erzählt...

Wie bin ich auf die Serie aufmerksam geworden?
Yakusoku no Neverland gehört zu den Jump-Titeln, die ich bereits vorher übers Internet verfolgte und sehnlichst auf dem deutschen Markt erwartet habe. Serien, die im Weekly Shonen Jump veröffentlicht werden, sind meist eigentlich nichts Besonderes. Es sind Hits, keine Frage, aber sie richten sich an ein junges, tendenziell männliches Publikum und entsprechen daher oft dem immer gleichen Klischee von Action und Abenteuer, mit einer Prise Erotik. Es gibt auch Ausnahmen von dieser Regel, wie beispielsweise Death Note. Und das wiederum war mein Anreiz, mich mit Yakusoku no Neverland zu beschäftigen, da mir die Serie mit dem Hinweis empfohlen wurde, es gäbe gewisse Parallelen zu Death Note oder zumindest Ähnlichkeiten im Aufbau der Story. Die Handlung ist zwar gänzlich anders, doch tatsächlich wird das Denken, die Intelligenz der Hauptfiguren sowie der Gegner, ebenso wie die Spannung auf vergleichbare Weise entwickelt. Am Anfang erinnerte mich Grace Field House sogar ein wenig an Wammy's House. Nach Serien, die einem dieses Gefühl vermitteln, wie es Death Note einst vermochte, suche ich zwar häufig, aber meist vergeblich.

Was ist das Besondere?
Zuerst einmal denke ich, dass die Hauptfigur aus dem Rahmen fällt. Im Zentrum steht Emma, ein kleiner Wildfang mit starkem Gerechtigkeitssinn und Beschützerinstinkt, aber gleichzeitig ausgestattet mit Scharfsinn und einer fabelhaften Fähigkeit, die eigenen Gefühle zu überspielen. Als ich sie auf den ersten Illustrationen sah, hielt ich sie fälschlich für einen Jungen, obwohl sie ja auf dem Cover ganz offensichtlich einen Rock trägt. Seltsamerweise ging es nicht nur mir so und das ist wohl die erste Besonderheit: Man identifiziert Emma mit ihren abstehenden Haaren irgendwie sofort als einen typischen Hauptcharakter aus einer Shonenserie, aber sie ist erstens ein Mädchen und zweitens in ihrem Verstand nicht simpel gestrickt. Ich habe versucht, mein Gedächtnis nach anderen Shonenserien abzugrasen, aber weibliche Hauptfiguren sind absolut selten. Beim Shonen übernimmt zumeist ein männlicher Charakter die Identifizierung des Lesers, bei Shojo ein weiblicher, mit ein paar Ausnahmen, versteht sich. Heldinnen findet man hingegen beim Magical Girl oder Fantasy, diese werden allerdings trotzdem eher Shojo zugeordnet. Mir fielen nach einigem Überlegen die gleichnamige Hauptfigur aus Subaru von Soda Masahito ein und Shiina aus Mohiro Kitohs Naru Taru, doch beide Titel sind kein klassisches Shonen.
Yakusoku no Neverland weist zwar ein paar typische Grundaspekte auf, aber nach meinem Empfinden fällt es durch die gesamte Konzeption ein wenig aus der Rolle.

Um auf den Manga zum Schluss genauer einzugehen, muss ich etwas mehr von der Handlung verraten, als es im Klappentext der Fall ist. Daher sollte ab hier niemand weiterlesen, der nicht gespoilert werden möchte. Es ist kein riesiger Spoiler, sondern gehört schon zur Grundhandlung, doch wenn jemand vollkommen unvoreingenommen an den Manga herangehen möchte, könnte das durchaus zu viel Information sein.

...Noch da?
Okay, wie wird die Spannung erzeugt und was genau ist nun der Plottwist an der Geschichte?
Was am Anfang mit den ständigen Intelligenztests der Kinder noch so scheint wie eine Vorbereitung auf ihr späteres Leben, ist eigentlich nichts weiter als eine Qualitätsprüfung der Ware. Denn das Waisenhaus ist in Wirklichkeit kein Waisenhaus, sondern ein Bauernhof; das leckere Essen ist bloß Futtermittel, "Mama" ist der Landwirt und die Kinder sind das Schlachtvieh. Außerhalb der Mauern des Waisenhauses scheint die Welt, die sie aus den Büchern kennen, nicht mehr zu existieren. Stattdessen dienen sie skurrilen Monstern als Luxusnahrungsmittel und besonders das gut ausgebildete Gehirn der Kinder ist offenbar eine Delikatesse. Mehr durch Zufall kommen Emma, Norman und Ray hinter dieses Geheimnis und versuchen fortan unbemerkt aus dem Waisenhaus zu fliehen, zusammen mit all den anderen Kindern und bevor sie 12 Jahre alt werden und ihre Zeit abgelaufen ist.
Die "Kämpfe" werden folglich größtenteils auf mentaler Ebene zwischen den drei Kindern und ihrer "Mama" ausgefochten, Ränke werden geschmiedet, Fallen gestellt; daher ist der Vergleich zu Death Note tatsächlich ganz passend oder auch zu Detektivgeschichten wie Conan, die jedoch ihrerseits einem anderen bestimmten Schema entsprechen. Wir haben es also mit einer Geschichte zu tun, die in einem scheinbar niedlichen Setting mit unschuldigen Kindern ein Horrorszenario entwirft, das sich allerdings nicht auf dem Kontrast von heiler Welt gegen brutale Grausamkeit ausruht. Denn die Story ist ansonsten nicht durchweg mit Gewalt durchsetzt, sondern basiert vor allem auf Dialogen und Gedanken. Wer textlastige Comics mit solchen mentalen Kämpfen und einem Hauch Attack on Titan mag, sollte sich Yakusoku no Neverland vielleicht mal anschauen.

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Datum: 17.07.2018 11:18
Es freut mich sehr, dass Yakusoku deinen Geschmack getroffen hat.
Ich bin ja auch ständig auf der Suche nach "ähnlich wie Death Note" und habe dabei schon einen erstaunlich breitgefächerten Erfahrungsschatz aufgebaut.
Actiongeladene Mecha-Kämpfe von verstoßenen Prinzen mit mangelhaften Schachkenntnissen, krankhafte Masturbateure, Serienkiller mit homoerotischem Folterkeller oder der Aufstieg zum Drogenbaron haben ich in dieser Suche also schon abgeklappert, einige mit (Zufriedenheits)-Erfolg, andere die totale Enttäuschung. Einige großartige Werke und auf der anderen Seite überbewerteten Blödsinn.
Aber "dieses Gefühl" kam doch am meisten bei Yakusoku auf. Im Augenblick lese ich nicht weiter, damit ich dann wieder einen ganzen Batzen am Stück lesen kann. Über die Wochen verteilt einzelne Kapitel ist hier meiner Ansicht nach einfach die falsche Form, um es zu lesen.
Ich frage mich, wie die Umfragewerte der Serie im Shounen Jump sind. Einerseits wünsche ich der Serie keinen verfrühten Abbruch, andererseits will ich aber auch nicht, dass sie wegen großer Beliebtheit zu sehr in die Länge gezogen wird. Die wenigsten Jump-Mangas scheinen an der richtigen Stelle zu enden, was bei einem Manga wie diesem am schwersten zum Tragen käme.
Deep into that darkness peering, long I stood there wondering, fearing,
Doubting, dreaming dreams no mortal ever dared to dream before.


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