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Satanismus - Unschuld ist heilig und Hass erlaubt Satanismus

Autor:  halfJack

Eine ganze Menge von Leuten dachte früher, dass Gothics und Satanisten das Gleiche wären. Doch die meisten der in die Schwarze Szene Integrierten wehren sich vehement gegen eine Bezeichnung als Satanisten. Einige vertreten häufig noch die Ansicht, Satanisten würden Kinder opfern und einem Satan frönen und wollen sich von einer solchen Einordnung (verständlicherweise) distanzieren. Dabei lassen sie völlig außer Acht, was den Satanismus eigentlich ausmacht.
All jene Beispiele von "Kindern und Jungfrauen als Menschenopfer" sind bestenfalls Ausdruck eines individuellen Satanismus', bei dem sich jemand gedacht hat, er könne für seine Taten einfach mal das Böse schlechthin zum Grund erklären. Viele "echte" Satanisten würden an dieser Stelle ziemlich entrüstet sein, sich mit solchen kriminellen Vollidioten wie dem Ehepaar Ruda vergleichen zu lassen.

Die Form des Satanismus, die auf der satanischen Bibel von LaVey beruht und auf die sich mittlerweile die meisten berufen, lässt Opferungen aller Art völlig außen vor und verabscheut sie sogar. Die Grundregeln 9 bis 11 besagen nämlich, man solle keine Kinder verletzen, keine Tiere töten, wenn sie einen nicht angreifen oder man sie verzehren möchte, und man soll keine Menschen in der Öffentlichkeit belästigen.

Satan steht eher für die Individualität an sich, für das eigenverantwortliche Denken und Handeln im Menschen und dafür, sich nicht von einem höheren Gott oder einer überirdischen Kraft unterdrücken zu lassen. Darum könnte auch jeder Atheist dieser "Lehre" angehören. Hinzu kommt, dass dieser (autarke) Satanismus die Bibel nicht verneint; es ist eher eine weitere Form des Christentums, die sich von ihm abgezweigt oder vielmehr von der Kirche losgelöst hat.
Im Neuen Testament, also im Christentum, war Satan durchaus ein Zeichen des Bösen. Im Alten Testament und demnach in allen ursprünglichen Religionen, die einen einzigen Gott verehren, aber nicht. Die ersten monotheistischen Anschauungen enthielten nicht das absolute Böse, sondern betrachteten es als einen Teil vom Ganzen. Häufig wird der im Alten Testament beschriebene "Geist", der später die Rolle des Teufels einnimmt, als ein Prüfer angesehen. Er stand direkt unter Gott als einer seiner Angehörigen, der für Gott die Menschen auf ihren Glauben prüfen sollte, und er war demnach nichts zwingend Schlechtes. Natürlich rief er das Böse im Menschen hervor, aber das hing schließlich wiederum vom Menschen ab.
Die anderen beiden, eher neuzeitlichen Ansichten beruhen darauf, dass man Gott als den Unterdrücker des Menschen sieht und Satan als dessen Befreier, wie Prometheus, der den Menschen das Feuer brachte und dafür in den Orkus verbannt wurde. Da steht Luzifer als Lichtbringer im Mittelpunkt. Allerdings ist diese Meinung auch ein wenig benachteiligend für den Menschen, da Luzifer schließlich erst aus dem Himmel verbannt wurde, als er sich weigerte, vor Adam, der Krone der Schöpfung Gottes, in die Knie zu gehen. Warum sollte Luzifer dem Menschen also wohlgesonnen sein, wenn er ihn nur als einfachen unwürdigen Lehmklumpen ansah? Diese Anschauung nennt man jedenfalls gnostisch umgewerteten Satanismus.
Beim zweiten, dem integrativen Satanismus werden Gott und Teufel gleichgesetzt, sie sind Teil ein und derselben Kraft im Menschen. Das muss ebenfalls nichts zwingend Übernatürliches sein, wenn man erneut auf atheistische Ansichten verweist.

Viele, die sich satanistischen Vorstellungen angeschlossen haben, waren - wenn überhaupt - nur deswegen gegen das Christentum, weil sie es als Unterdrückung ansahen und die in der Bibel beschriebenen Opferungen verachteten. Für sie hat jedes Leben den gleichen Wert, egal ob Mensch oder Tier. Wie gesagt, dem unschuldigen Leben darf kein Leid angetan werden. (Darum werden einige Satanisten auch zu Vegetariern.) Besonders in der Lehre von LaVey spielt das eine große Rolle.
Bei Crowley, Begründer des Satanismus vor LaVey, der sich selbst als das Tier 666 bezeichnete, sah das anfangs allerdings auch ein wenig anders aus, so viel möchte ich noch hinzufügen. Man muss ihm zugestehen, dass er wahrscheinlich nur so geworden ist, weil seine Eltern einer fanatischen christlichen Sekte angehörten, wobei sich Crowley jedoch in seiner extremen Anschauung später geändert hat und weniger radikal auftrat.
Es gibt genauso christliche Glaubensorden, die völlig neben der Spur laufen und denen anscheinend nur Bekloppte angehören. Solche Vereinigungen, die zum Beispiel meinen, nicht Gott sondern Satan hätte die Welt erschaffen, um Gott zu ärgern und die Seelen der Menschen in dieser Welt gefangen zu halten. Um von dort ins Paradies zu kommen, müsse man so schnell wie möglich durch Verhungern Suizid begehen. Oder solche seltsamen christlichen Messen, bei denen Sperma und Menstruationsblut als der Leib Christi verzehrt wird. Da steht das Christentum dem Satanismus in nichts nach.

Satanismus und kirchliches Christentum sind sich in vielen Dingen erstaunlich ähnlich. Es gibt positive Sachen und negative, wobei ich für mich persönlich sagen muss, dass die positiven auf der Seite des Satanismus eindeutig überwiegen. Dafür ist er letztendlich aber auch gefährlicher. Gefährlich ist zum Beispiel, dass keine Unterscheidungen vorgenommen werden, was die Bezeichnungen im Satanismus anbelangt. Alles, egal in welche Richtung es geht, kann unter Satanismus eingeordnet werden, selbst irgendwelche tier- oder kinderopfernden Idioten. Natürlich haben die einzelnen Orden ihre Namen, aber es gibt im Grunde genommen keine einheitliche "Kirche" (abgesehen von der Church of Satan, aber bei der geringen Mitgliederzahl...).
Beim Christentum gibt es zumeist zwei verschiedene Glaubensbekennungen, katholisch und evangelisch, und der Rest wird anders genannt oder es sind irgendwelche Randerscheinungen und Sekten, die allerdings alle davon distanziert betrachtet werden können. Geht es jedoch um den Glauben um Satan oder einfach nur um Ansichten, die als solche bezeichnet werden können und alles gänzlich Übernatürliche verloren haben, dann wird meist an das Bild des Teufels gedacht, das im Neuen Testament auftaucht, wie ich bereits weiter oben erklärte.

Verallgemeinerung und Irrglauben sind meist die Folge. Dabei bauen beide "Religionen" aufeinander auf - der Satanismus greift eine ganze Menge Dinge aus der Bibel auf, die widersprüchlich sind, und wandelt sie deshalb in eine ebenfalls auf diesen Grundlagen aufbauende Philosophie um (wohlgemerkt nicht bei allen Ausrichtungen).

Ein Beispiel:
William Blake - Die Hochzeit zwischen Himmel und Hölle
"Wenn Jesus Christus der größte Mensch ist, solltest du ihn in höchstem Maße lieben. Höre doch, wie er das Gesetz der zehn Gebote bekräftigt hat: Spottete er nicht über den Sabbat und somit auch über den Sabbatgott? Mordete er nicht jene, die um seinetwillen gemordet wurden? Wandte er nicht das Gesetz ab von der Ehebrecherin? Stahl er nicht die Arbeit anderer, sich selbst zunutze? Legte er nicht falsches Zeugnis ab, als er vor Pilatus sich zu verteidigen unterließ? War er nicht begehrlich, als er für seine Jünger betete und sie den Staub von ihren Füßen schütteln hieß gegen die, die ihnen Herberge weigerten? Ich sage dir, keine Tugend kann bestehen, ohne dass diese zehn Gebote gebrochen werden. Jesus war ganz Tugend und handelte aus innerem Antrieb, nicht nach Regeln."

Die Grundgedanken des Satanismus sind nicht schlecht. Außerdem ist dieses Thema in der Literatur sehr interessant: Charles Baudelaire, John Miltons "Paradise Lost", Dantes "Inferno" oder die Trilogie "His Dark Materials" von Philip Pullman, der von allem ein wenig in seine Erzählung eingebaut hat.
Gesellschaftsrebellion durch Satanismus dagegen finde ich inhaltlos. Oder wenn man daraus Kommerz macht, wie Marilyn Manson oder Cradle of Filth. Bei den Berühmtheiten aus Amerika scheint es ja ein Trend zu sein, irgendeiner Organisation anzugehören, wie beispielsweise Tom Cruise. Und wenn man mal hinter die Fassaden blickt, dann sind nicht nur Orden wie Church of Satan in dieser Richtung orientiert, auch Scyntology, die Illuminaten oder Freimaurer, sie alle haben ihre Wurzeln bei derlei Gruppierungen, den Rosenkreuzern, O.T.O. (Ordo Templi Orientis), die in anderer Richtung als Satanismus bezeichnet werden und die ursprünglich aus den christlichen Ritterorden entstanden sind.

Dass viele nur irgendwelchen Trends nachjagen, sehe ich da als echtes Problem. Es gibt schon zu viele, die als Modegothics (oder mittlerweile Emos?) rumlaufen. Und vielleicht ist gerade das ein Grund, um ein wenig mehr in dieser Richtung aufzuklären, damit nicht so viele Trugschlüsse entstehen. Wenn ich mal die Bücher von Ravensburger ansehe, in denen Satanismus eine Rolle spielt, dann muss ich feststellen, dass dort hoffnungslos falsch ausgelegt und/oder verallgemeinert wird. Natürlich gibt es auch solche Gruppen und ich will ihren Stellenwert als Satanismus nicht bestreiten, aber echter Satanismus ist das für mich nicht.
Na ja, ich bin kein Satanist, generell glaube ich an nichts außer mich selbst (obwohl das wieder die beste Voraussetzung für diese "Glaubensrichtung" wäre). Ich finde es nur schade, dass besonders dieses Thema so voller Missverständnisse steckt.

 

Literatur:

LaVey, Anton Szandor: Die Satanische Bibel & Die Satanischen Rituale, Zeltingen-Rachtig 2007.

Schweer, Thomas: Satanismus, München 2004.

Schmidt, Joachim: Satanismus. Mythos und Wirklichkeit, Marburg ²2003.

Dvorak, Josef: Satanismus. Schwarze Rituale, Teufelswahn und Exorzismus. Geschichte und Gegenwart, München 2000.

Homosexuell Erkrankte können trotzdem Christen sein Humor

Autor:  halfJack

Auch unsere christlichen Brüder und Schwestern, die homosexuell erkrankt sind, können in unseren Kreis aufgenommen werden, schließlich sind wir alle sündig und kämpfen in unserem Leben um Absolution. Wir müssen uns gegen unsere Sexualität richten und dem allmächtigen Wort Gottes vertrauen, denn Sex darf keine Macht über uns haben! Wir müssen uns dagegen zur Wehr setzen, besonders gegen die uneinsichtigen Homosexuellen, die nichts an ihrem Verhalten ändern. Sie verschmutzen die Umwelt und sind für die globale Erwärmung verantwortlich, sonst hätte Gott diese Übel nicht über uns geschickt. Komisch, warum steht nichts zur Klimakatastrophe in der Bibel? Das ist ja seltsam, dabei sollte es doch möglich sein, dass ein einziges Buch über 2000 Jahre lang zutreffend ist. Dass Gott es in seiner Allmacht geschafft hat, ist wirklich Wahnsinn. Es schaffen ja noch nicht einmal die Leute bei Microsoft eine Anleitung für Windows zu schreiben, die auch nur ein einziges Jahr lang zutrifft. (Daran zeigt sich wieder, dass der Mensch nicht allwissend und perfekt ist wie Gott und so.) Da wir uns allerdings in einer Stagnation befinden, ist es logisch, dass so ein Buch, das ja keinen Bezug zur Realität benötigt, immer up to date ist. Dann können wir gleich mal damit anfangen, uns gegen die Regierung zu stellen, weil die in diesem Jahr die Käfighaltung von Hühnern verboten hat. Das ist so unchristlich! Die Tiere müssen den Menschen unterworfen werden, darum dürfen sie auch in irgendwelchen Käfigen zugrundegerichtet werden! Am besten machen wir mit den Homosexuellen (diesen Sodomisten!) das Gleiche, wenn sie sich nicht gegen die Auslebung ihrer bösen Neigungen richten. Wir stecken sie in Käfige und brennen sie mit dem ganzen psychisch kranken Pack nieder. Ein Glück, dass Kain Abel getötet und nicht gevögelt hat. Amen.

Das Leben ist nur sinnloser Zufall. Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Schicksal. Bestimmung. Gott.
Das ist alles Schwachsinn.
Die Leute wollen, dass ihr Leben einen Sinn ergibt. Sie wollen sich hinsetzen und wie kosmische Detektive alle bisherigen Ereignisse in ihrem Leben unter die Lupe nehmen, die wichtigsten Wendepunkte identifizieren, die sie geprägt haben, und diese Momente rückwirkend mit einer mystischen Aura ausstatten. Als würden die himmlischen Mächte des Universums wie ein Autorenteam die Fernsehserie unseres Leben schreiben, damit beauftragt, sich ungeheuer verwickelte Handlungsstränge auszudenken, die sich dann am Ende der Staffel in Wohlgefallen auflösen sollen. Niemand möchte glauben, dass das alles völlig willkürlich abläuft und die Richtung, die wir mit unserem Leben einschlagen, nur auf einer komplexen Reihe von Zufällen beruht, kleinen Atompilzwolken, in deren Fallout wir leben.

"Mein fast perfektes Leben" von Jonathan Tropper

Stolz der Toten Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Solch ein Toter ist anders als einer, der gleich nach dem Tod eingeäschert wird, dachte ich. Die Toten in der Wanne hier haben sich gleichsam zu Dingen verdichtet, sind kompakte Gegenstände geworden, losgelöst vom Leben. Ein Toter, der schnell eingeäschert wird, ist nicht so gegenständlich, dachte ich, er ist weder Gegenstand noch Bewusstsein, sondern geht über in einen undefinierbaren Zwischenzustand. Bei eiliger Einäscherung bleibt ihnen keine Zeit, gegenständlich zu werden. Die Toten, die die Wanne füllten, hatten diesen gefährlichen Übergangszustand überwunden. Ich betrachtete mir diese Gegenstände.
Ja, schienen sie zu sagen, wir sind Gegenstände, und sehr präzis gemacht. Wer eingeäschert wird, hat keine Maße und kennt nicht das sichere Gefühl der Schwere.
So verhält es sich, dachte ich. Der Tod ist gegenständlich. Bisher hatte ich den Tod nur unter dem Aspekt des Bewusstseins betrachtet. Doch nach dem Aufhören des Bewusstseins wird der Tod gegenständlich.

Als der Krieg zu Ende ging, musste er in den Herzen der Erwachsenen verdaut werden, und das unverdaulich Harte wurde ausgeschieden.
"Eure Hoffnung war eine schwere Verantwortung für uns. Doch der nächste Krieg ist eure Sache."
Der nächste Krieg wird beginnen, ob wir wollen oder nicht, und dann werden wir im Strom der leeren Hoffnung ertrinken.
"Ihr seid es, die den nächsten Krieg beginnen werden! Wir Toten können nur noch zuschauen und kritisieren."

Die Verantwortung beim Gebären ist genauso schwer wie bei einem Mord.
Der Embryo und die Leichen, das sind beides eine Art von Menschen, bei denen der Körper keine Verbindung mit einem Bewusstsein hat. Es sind Menschen, aber sie sind nur eine Verbindung aus Fleisch und Knochen.

Kenzaburō Ōe

Buchvorstellung: Sterben für Jerusalem Buchvorstellung

Autor:  halfJack

Dieter Breuers
Sterben für Jerusalem

Der Erste Kreuzzug

Vor 900 Jahren ging der Erste Kreuzzug zu Ende - ein historisches Ereignis, das bis heute nichts von seiner Faszination eingebüßt hat und das immer wieder Gegenstand historischer Abhandlungen und romantischer Verklärung wurde.
Doch was mit frommen Absichten, hehren Zielen und mit dem Ruf "Gott will es!" auf den Lippen begann, verkam recht bald zu einem elenden Unternehmen: Brutalität, Neid, Hemmungslosigkeit, Habsucht, Hunger und Streit waren an der Tagesordnung.
Anhand der spannenden Lebensgeschichten verschiedener fiktiver Personen lässt Dieter Breuers eine Welt erstehen, die uns auch heute noch Schauer über den Rücken jagt.

Insgesamt finde ich dieses Buch sehr gut gelungen, weil es die historischen Fakten liefert, ohne zu sehr ins Detail abzuschweifen. Wenn ich komplett über den Ersten Kreuzzug aufgeklärt werden möchte, dann lese ich schließlich ein Fachbuch. Viele Autoren von historischen Romanen neigen dazu, alles endlos aufzudröseln und letztendlich keine guten Geschichten zu erzählen, weil sie sich zu sehr an das Geschehnis halten und damit jedes Buch gleich klingt. Dann gibt es wiederum Leute, die so ausschweifen, dass von der eigentlichen Geschichte kaum mehr ein Hauch von Wahrheit bleibt und alles eher wie ein Fantasyroman anmutet. Breuers findet einen guten Mittelweg. Er beleuchtet die Fakten, ohne auszuschweifen. Er kreiert fiktive Charaktere, die er mit dem tatsächlichen Geschehnis verbindet, ohne sie zu sehr in einen gefühlsbeladenen Mittelpunkt zu stellen. Und er nutzt einen knappen, für historische Romane ungewohnten Schreibstil.
Es gibt zum Teil auch Negatives zu vermerken. Bei manchen Dingen weiß man nicht, wie sehr sich der Autor auf Quellen stützt und wie viel er sich selbst erdacht hat. Beispielsweise das Finden der Longinuslanze. Dazu gibt es im Buch auch kein Quellen- bzw. Literaturverzeichnis. Natürlich bemängle ich beides nicht, weil es sich nun einmal um einen Roman, nicht um ein Fachbuch handelt. Dennoch besitzt das Buch ein Personen- und Sachregister. Großer Pluspunkt. Damit können wenige Romane aufwarten.
Man könnte auch bemängeln, dass Breuers die Geschichte des Ersten Kreuzzuges aus einem ausschließlich negativem Blickwinkel beleuchtet. Allerdings soll es schließlich gegen alle Verklärung gehen. Das merkt man dem Schreibstil übrigens an. Hart, kühl, brutal. Dennoch wird hier von Menschen geschrieben, nicht von Bestien. Darum erkenne ich durchaus eine Nähe zur Realität. Die kurzen Sätze trafen noch dazu genau den Punkt. Dadurch wurde ich des Lesens kein einziges Mal müde.
Gut finde ich auch das prägnante Fazit, das zum Schluss gezogen wird, auch wenn es das Christentum wiederum ein wenig verteufelt. Die ganze Zeit über ist auf allen Seiten der Gedanke vorhanden, selbst den richtigen Glauben zu vertreten und gegen Ungläubige zu kämpfen. Aber letztendlich beten alle gleich und mehr oder weniger auch den gleichen Gott an. Da die Christen zu diesen brutalen Mitteln griffen und die Stätten des anderen Glaubens vernichteten, stehen sie am Ende im schlechtesten Licht da. Und ihren Sieg verdanken sie allem Anschein nach weniger einer göttlichen Fügung, als vielmehr Rücksichtslosigkeit, Glück und der Legitimation ihrer Handlung durch ein irregeführtes Dogma.
Also, alles in allem ist das Buch auf jeden Fall empfehlenswert.

Rule of Rose (PS2) Videospiele

Autor:  halfJack

Rule of Rose
Konsole:
PS2
Genre: Survival Horror

Rule of Rose wurde nie in Deutschland veröffentlicht, weshalb ich mich extra dafür bei Ebay angemeldet habe, um es mir aus Frankreich zuschicken zu lassen. Von vielen Leuten wird dieses Spiel als verabscheuungswürdig beschrieben, weil es ein Horrorspiel ist, das unschuldige Kinder diffamieren würde. Das Produktionsteam hat sich für Rule of Rose beispielsweise an Goldings "Herrn der Fliegen" orientiert. Hier wird die Grausamkeit psychologisch durch Kinder verkörpert.
 

"Rule of Rose" stirred up some controversy before it was even released in this country. Sony of America dropped it, citing content that clashed with the public image they wanted to maintain here. If not for Atlus, ever the purveyors of fringe titles, no U.S. gamers might ever have seen it. Even now that it's here, I suspect the game is just too strange and different to ever appeal to more than a very select group.
So just what is "Rule of Rose" anyway? It's a horror story set in the 1930s, in a run-down orphanage and a giant airship. I won't use the term "survival horror" since this is much more of a pure adventure than an action game. The protagonist, Jennifer, is a young woman with a mysterious past who follows a young boy on the bus to the orphanage and quickly becomes trapped in a nightmarish society run by creepy little children. The leaders, three young girls calling themselves the "Red Crayon Aristocrats", give Jennifer a series of unsettling storybooks they draw themselves, all featuring a different animal. They then order Jennifer and another girl, Ashley, to bring them presents, or face terrible punishments. While looking for the first gift Jennifer finds and frees a dog called Brown, and together they must rise through the ranks of the girls' social structure, and try to find a way to escape.
Comparisons to Capcom's "Haunting Ground" are inevitable, given the prominent inclusion of the dog. But Jennifer's canine companion is actually handled quite differently than Fiona's in that game. Brown cannot be trained to attack enemies, although sometimes he will try to hold them off on his own. Instead he is used primarily to sniff out items Jennifer can use. In the inventory screen you highlight a "Find" item, then a press of the appropriate button sends Brown after it. This allows you to find the presents needed to appease the Aristocrat girls, as well as extra health items, but it does lead to a lot of traipsing back and forth through the environments.
Jennifer is also a much less defenseless heroine than "Haunting Ground"'s Fiona. Along the way she will find weapons, some of them quite vicious, and is not afraid to use them against the creepy children who lurk about the airship and orphanage. They wear a variety of animal masks and will try to grab onto Jennifer or knock her down. Usually they appear in packs and will quickly surround Jennifer, so it's almost always better to dodge them rather than fight. The game's combat is sluggish and unwieldy, and you're never completely sure your attacks will hit their intended target.
Aside from the item-hunting gameplay, the main thing that might turn people away is the mature content, and believe me there's a lot of it. Children's cruelty to animals is a central theme of the story, along with the ways they can socially exclude and emotionally torment each other. Some of the things the Aristocrat girls do to Jennifer, and make her do to others, are quite disturbing. "Rule of Rose" will make you squirm. And while the masked kids who attack Jennifer are twisted and demonic, they are still children, and yes, Jennifer can kill them (and occasionally has to). This is absolutely not a game you should let your own children play, or even watch. Without spoiling too much, there is also an unrequited love subplot involving one of the young girls, who is revealed to be a lesbian. It is handled with subtlety and taste, but it is there.

(Customer Review on Amazon by C. Forman)
 

Hier ist gut rübergebracht, worum es in dem Spiel geht und wie es aufgebaut ist. Ich muss allerdings sagen, dass ich mir bei dem Trailer zu Rule of Rose (Youtube) das Spiel anders vorgestellt habe. Es soll ja eine Menge kontroverse Diskussionen in Gang gesetzt haben. Natürlich sind die Kinder tatsächlich ein wenig durchgedreht und es gibt auch so manches Mal eine Szene, die einem sehr abstrus erscheint. Aber die Gegenreaktion zu diesem Spiel ist tatsächlich übertrieben. So schlimm ist Rule of Rose wirklich nicht.
Es hat wunderschöne Zwischensequenzen und eine sehr gute Grafik auch während des Spielens. Der Soundtrack ist auch toll, erinnert aber keinesfalls an Horror. Generell würde ich das Spiel nicht unbedingt in die Ecke Survival Horror stecken, auch wenn eine andere Einordnung schwer ist. Die Themen sind ernst, es tauchen auch schaurige Monster auf, die aus der Horrorversion von Alice im Wunderland stammen könnten. Die Märchen, an denen sich das jeweilige Kapitel orientiert, werden ähnlich behandelt wie in den Liedern von Oomph!.

Oft gestaltet sich das Spiel allerdings wie eine große Suchaktion, da man meist nur dem Hund Brown hinterherrennt, um irgendeinen Gegenstand zu finden. Dabei sollte man darauf achten, sich niemals an Kleinigkeiten aufzuhalten. Denn Brown findet nicht nur die wichtigen Gegenstände zum Vorankommen im Spiel oder auch Proviant, um die eigene Lebensanzeige aufrechtzuerhalten. Man findet auch Wäscheklammern, alte Socken, Schleifenbänder und jede Menge Glasmurmeln (ich hatte über 30 Stück). Der Hund hat auch eine Schallplatte, Parfümflaschen und eine Filmrolle gefunden, bei denen ich überhaupt nicht weiß, wozu die da sein sollen.
Wie auch immer, man sollte sich mit dem Suchen jedenfalls nicht unbedingt aufhalten.

Ein echtes Übel ist das Kampfsystem. Jennifer kann sich durchaus zur Wehr setzen, wesentlich besser als Fiona bei Haunting Ground. Dafür hilft Brown aber auch nicht viel und das Kämpfen ist mehr Glückssache als alles andere. Wenn man sich vielen Gegnern gegenüber sieht, ist es am besten, einfach wegzulaufen. Egal mit welcher Waffe, man trifft die Gegner kaum, zumindest nicht gezielt und vorausschaubar. Vorteilhaft ist natürlich, dass auch die Gegner oft an einem vorbeispringen.
Die meiste Zeit ist Jennifer damit beschäftigt, gekonnt mit einer Schaufel oder einer sonstigen Waffe durch ihre Gegner hindurchzuschlagen. Kein Wunder, sie schaut dabei noch nicht einmal hin, sondern macht grundsätzlich die Augen zu! Sie ist schwach und stirbt sehr schnell. Wenn sie getroffen wird, dann fällt sie hin und braucht erst einmal eine Stunde, um wieder aufzustehen. Währenddessen können die Gegner in aller Seelenruhe weiter auf sie einhacken. Und wenn ihre Lebensanzeige sehr weit gesunken ist, dann bewegt sie sich so schnell wie eine alte Oma, der man von hinten in die Kniekehlen latscht.
Was auch sehr schön ist: man kann die Kamera nicht überall selbstständig bewegen. Es gibt nur eine Möglichkeit, bei langen Gängen oder Räumen die Kamera von einer der beiden Richtungen einzustellen. Sozusagen eine duale Kameraschwenkung. In vielen freien weiten Räumen ist das aber überhaupt nicht möglich, zum Beispiel bei einigen Bosskämpfen. Das wäre an sich nicht schlimm, wenn die Kamera zumindest das gesamte Geschehen zeigen würde. Doch besonders beim ersten Kampf sieht man den Gegner die meiste Zeit gar nicht.
Darauf kommt es vielleicht nicht an, aber es mindert jedenfalls die Lust aufs Kämpfen. Für manche Leute wäre dieses Spiel deshalb eine Katastrophe, denn selbst ich rege mich darüber schon auf, auch wenn man sich daran gewöhnen kann. Wichtig ist eben, dass man immer viel ausweicht, hinter den Gegner kommt und nur dann zuschlägt, wenn man weiß, dass man es zwei, drei Mal auf einmal versuchen kann.
Ansonsten ist die Handlung wirklich der wichtigste Punkt in diesem Spiel, warum man es sich vielleicht doch zulegen sollte.

Aus dem Leben eines Taugenichts Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

"Alles ist so fröhlich, um dich kümmert sich kein Mensch. Und so geht es mir überall und immer. Jeder hat sein Plätzchen auf der Erde ausgesteckt, hat seinen warmen Ofen, seine Tasse Kaffee, seine Frau, sein Glas Wein zu Abend und ist so recht zufrieden... Mir ist's nirgends recht. Es ist, als wäre ich überall eben zu spät gekommen, als hätte die ganze Welt gar nicht auf mich gerechnet."
Joseph von Eichendorff

"Er ist Mensch, und er ist es so sehr, dass er überhaupt nichts außerdem sein will und kann: eben deshalb ist er der Taugenichts, denn man ist selbstverständlich ein Taugenichts, wenn man nichts weiter prästiert, als eben nur Mensch zu sein."
Thomas Mann

Gerechtfertigter Tod ist Realismus Literatur, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Es gibt das Gute nicht. Und wenn einer das Gute repräsentiert, dann lügt er.

Mein Gott und dein Gott kennen einander nicht. Von Gott zu sprechen ist eine Art, von sich selbst zu sprechen. Deshalb ist Moral ein anderes Wort für Lüge.

Weit draußen unterm schwarzgefleckten Himmel, aus dem Boden schießt das weißeste Eis. Barfuß und stolpernd weiter. Die Sohlen schreien. Es regnet glühende Nägel, denen nicht zu entkommen ist. Schwefelmeere brodeln mit weltfüllendem Gestank. In diesem Augenblick senkt sich der universale Arsch Gottes aus dem Weltraum und scheißt seine Schöpfung ins Exit. Für immer. Welch ein Glück, denkt man, während man in der göttlichen Scheiße erstickt.

Die Intellektuellen huren heute mit der Öffentlichkeit genauso wie vorher mit Gott. Wer das für einen Vorwurf hält, weiß nicht, was Gott war und was die Öffentlichkeit ist.

Manchmal beherrscht einen das Gefühl, ganz und gar in diesem Mediengewebe aufzugehen. Du bist nichts als ein Teil dieses Mitteilungszusammenhangs. Und es gibt außer diesem Zusammenhang nichts. Du wirst beatmet. Das heißt informiert. Du selber musst nicht mehr leben.

Das Gegenteil von Kritik ist nicht Lob, sondern Zustimmung. Das ist etwas anderes als Lob. Lob ist Überheblichkeit über den, den man lobt. Lob ist Anmaßung, wie Kritik Anmaßung ist. Machtausübung beides. Wenn man nicht zustimmen kann, soll man den Mund halten.

Vor allem anderen sind wir eine Gesellschaft von Verfolgten und Verfolgern. Und jeder ist beides, Verfolgter und Verfolger. Jeder hat eine deutlichere Erfahrung vom Verfolgtsein als davon, selber Verfolger zu sein. Wir merken deutlicher, was uns angetan wird, als was wir anderen antun.

Wir stoßen einander von den Planken eines sinkenden Schiffs.

Wie verständlich sind mir die Mörder. Schon wegen der Notwendigkeit, die sie zum Ausdruck bringen. Sie geben zu, dass sie nicht anders können.

Er dürstet nach Unmenschlichkeit, weil er sein will wie die, die ihn so gemacht haben.

Kein Verbrechen kommt ohne Utopie aus. Keine Utopie ohne Verbrechen.

Schriftsteller sind ununterbrochen (und ununterbrechbar) mit dem Notieren ihres Alibis beschäftigt.

Eine Figur, deren Tod man für vollkommen gerechtfertigt hält, das wäre Realismus.

Martin Walser

Passierschein A 38 (Autobahn von Bochum nach Dresden) Bericht

Autor:  halfJack

"Entschuldigung, aber Sie können sich nicht exmatrikulieren, wenn Sie noch Leistungsnachweise erhalten wollen. Sie sind dann nicht mehr in unserem System erfasst."
"Aber die Dozenten haben doch noch Monate Zeit, um die Nachweise herauszugeben. Ohne Exmatrikulation kann ich mich in der neuen Uni nicht immatrikulieren."
"Da müssen Sie mal bei denen nachfragen."
Als ob ich das nicht schon mehrmals getan hätte, dachte ich genervt, wobei mir voller Unmut der nächste Tag einfiel. Dann hätte ich die Chance, persönlich zu der neuen Universität in Dresden zu gehen. Gleichzeitig läge Bochum dann allerdings längst hinter mir. Immer mehr stellte sich mir die Frage, wie das funktionieren sollte. Wie hätte ich es auch innerhalb eines knappen Monats schaffen sollen, alle meine Hausarbeiten zu schreiben, obwohl ich zu dieser Zeit Stunden brauchte, um hinter meinen Modulbescheinigungen herzurennen, obwohl einige Dozenten spurlos das Land verlassen zu haben schienen, obwohl ich mit dem bevorstehenden Umzug genug zu tun hatte, später ohne Internetzugang sein würde und ohne die Möglichkeit, Bibliotheken zu besuchen? Ein knapper Monat unter diesen Umständen. Eigentlich hätte ich drei Monate Zeit gehabt. Doch jedes vorige Wochenende war dafür draufgegangen, unzählige Bücher, DVDs und CDs einzupacken, die von unseren Verwandten die lange Strecke vom Sauerland bis nach Merseburg gebracht wurden, 350 km weit.
Meine Freundin und ich hatten mit Sicherheit nicht die Idee, das alles ohne Umzugsunternehmen zu schaffen. Aber der Vater meiner Freundin schien zuversichtlich und meinte, er hätte Beziehungen, um an einen Transporter heranzukommen, der schon reichen würde, damit wir uns nicht für zwei Tage ein teures Unternehmen leisten mussten. Damit begann die Odyssee.
Auf den ersten Blick sah es in der Wohnung so aus, als seien die meisten Dinge schon zusammengeräumt. Wir waren davon ausgegangen, dass die Bücher den größten Stress bedeuten würden, belaufend ungefähr auf 3000 Stück. Es war Donnerstagmorgen. Meine Freundin musste noch zur Arbeit und ich bemühte mich, Kiste um Kiste mit unseren Habseligkeiten zu füllen. In weiser Voraussicht, die sich später als nutzlos herausstellen sollte, hatte ich bereits eine Tasche mit allen wichtigen Dingen gepackt, die ich in den kommenden Tagen der Heimatlosigkeit benötigen würde. Aus diesem Grund hatten wir eine ganze Ladung Wäsche gewaschen, die dummerweise noch immer nicht trocken war. Beim Einräumen war viel Müll angefallen, da wir in den letzten Wochen Zeitungen und Tüten gesammelt hatten, um die Bücher und den ganzen Rest sicher zu verstauen. Noch dazu war ich überrascht, wie viele Glasflaschen sich plötzlich angesammelt hatten. Leere Alkoholflaschen von den letzten Gelagen. Aber irritierenderweise auch ein kompletter Bierkasten (natürlich leer), den der Freund meiner Mutter, Wolfgang, im Keller "vergessen" hatte. Direkt neben einer Werkzeugtasche von ihm, die er jedes Mal aus Faulheit hatte stehen lassen, wenn er nach einem Besuch wieder abfuhr, bei der er uns jedoch stets vorhielt, dass sie sich noch immer in unserem Besitz befinden würde. Da meine Freundin jeden Tag mit dem Auto zur Arbeit fuhr, musste ich das alles zu Fuß erledigen. Dazu muss gesagt werden, dass unser Haus auf einem Berg lag. Im Sauerland gibt es bekanntermaßen viele Berge. Dagegen war unsere Erhebung sicher nur ein Hügel. Ein solcher Hügel kann sich allerdings erstaunlich schnell in den Kilimandscharo verwandeln, wenn man ihn ein paar Mal runter und wieder hoch gelaufen ist, während man mit mehreren Glasflaschen, wahlweise einem Bierkasten beladen ist, um zum Glascontainer und zur Leergutannahme des Einkaufszentrums zu gelangen. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich diesen Weg gehen musste, bis alles weggeschafft war. Zur weiteren Information, wir wohnten im dritten Stock, selbstverständlich ohne Aufzug.
Danach machte ich mich so schnell wie möglich daran, die Bettkästen unserer Polsterliegen auszuräumen. Gegen Mittag sollte der Vater meiner Freundin mit dem Transporter kommen. Da wir sowieso neue Liegen kaufen wollten, mussten die alten erst einmal weggebracht werden. Ich hatte in den Tagen zuvor mit der Caritas telefoniert. Die wollten unsere Betten allerdings nicht haben, wie erwartet. Sie hätten angeblich keine Lagerkapazitäten für solcherlei Möbelstücke. Ich erinnerte mich daran, dass wir einem solchen Umstand zwei Jahre zuvor unsere Küche verdankten. Eine komplette Einbauküche von verstorbenen Verwandten meinerseits, die von der Caritas nicht angenommen wurde, da sie deren Zustand nicht den hilfsbedürftigen Armen zumuten könnten. Für meine Freundin und mich war sie komischerweise noch gut genug, obwohl wir uns nicht als "hilfsbedürftig" bezeichnen würden. Wenn man sein Geld vom Staat bekommt, hat man womöglich andere, das heißt höhere Ansprüche. Glücklicherweise hatte ich kurz vor dem Umzug von der Neuen Arbeit in Arnsberg gehört. Die hatten zwar keine Zeit, um die Liegen abzuholen, versicherten uns allerdings, dass sie diese auf jeden Fall annehmen würden. Ich bangte noch immer, während ich in aller Eile die Wäsche abnahm, gerade rechtzeitig, als der Vater meiner Freundin bereits klingelte. Mit der Küche war ich noch immer nicht fertig, was leider nicht meinen Erwartungen entsprochen hatte. Dagegen hatte ich allerdings erwartet, mehr Schwierigkeiten mit dem Heruntertragen der Betten zu haben. Desweiteren stellte sich meine Angst als unbegründet heraus, dass die Neue Arbeit die Polsterliegen vielleicht doch nicht haben wollen würde. Im Gegensatz zur Caritas waren die jedoch hellauf begeistert und nahmen unsere Betten mit Kusshand. Wir hätten keinerlei Zeit mehr gehabt, um für etwaige Entsorgungen einen Termin zu vereinbaren, auch die natürlich nur gegen ein entsprechendes Entgelt.
Gen Nachmittag waren schließlich auch meine Mutter und deren Freund anwesend, meine Freundin, sowie eine ihrer Arbeitskolleginnen und deren Freund. Ich hatte die Küche aufgegeben und räumte den Rest aus dem Arbeitszimmer zusammen, unsere gesamten Unterlagen. Im Treppenhaus hatte sich eine Kette gebildet. Selbst unser Nachbar half uns beim Tragen, wobei uns beispiels- und üblicherweise die Waschmaschine die größten Schwierigkeiten bereitete. Dabei fiel mir erst einmal auf, wie viel Elektronik wir besaßen: zwei Fernseher, zwei DVD-Player, sogar noch einen Videorekorder, zwei Musikanlagen - am meisten hatte ich mir um meinen Schallplattenspieler und um die Playstation 2 Sorgen gemacht. Eine Playstation 1 besaßen wir auch noch, die zweite Playstation 2 hatte ich schon zuvor einer Freundin auf "unbestimmte Zeit ausgeliehen".
Mir war bereits vorher aufgefallen, wie klein der Transporter ausfiel, in welchem der Vater meiner Freundin vorgefahren war. Doch noch hegte ich Hoffnung... bis die letzte Kleinigkeit im Wagen verstaut war und wir feststellen mussten, dass in der Wohnung dem Augenschein nach noch alles stand. Das bedeutete, dass der Transporter vorerst die 350 km nach Merseburg gefahren und entladen werden musste, um dann wieder 350 km zurück ins Sauerland für die nächste Beladung zu fahren. Der Vater meiner Freundin setzte sich mit einem Lächeln und ohne ein Wort in den Transporter und sollte erst am nächsten Tag wieder auftauchen.
Er hatte für die Nacht zwei Zimmer in einem Etaphotel gebucht. Bis 22 Uhr musste man eingecheckt haben, sonst bekam man keinen Code für die Türen und die Buchung verfiel trotz Bezahlung. Zwar war zu diesem Zeitpunkt noch genügend Spielraum zum Einchecken, doch meine Mutter hielt meine Freundin und mich dazu an, erst einmal das zu erledigen und dann zum weiteren Einräumen zurückzukommen. Eine bescheuerte und sprittverschwendende Idee, dachte ich anfangs. Bis sich herausstellte, dass das angeblich gebuchte Etaphotel im Osten von Dortmund gar nicht unseren Namen vermerkt hatte. Der Vater meiner Freundin hatte versehentlich einen Fehler gemacht und ein Hotel im Westen von Dortmund, kurz vor Bochum gebucht. Wir standen an der Rezeption, ich schaute verstört auf die Uhr. Und sagte kein Wort, während ich mich wieder ins Auto setzte und losfuhr. Das würden wir schon schaffen, es wäre nicht weit, versicherte ich meiner Freundin. Dabei wusste ich ganz genau, wo das Etaphotel liegen musste und dass die Strecke alles andere als zügig erreichbar sein würde. Zum Glück gehörte es noch nie zu meinen Stärken, mich an Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten.
Fünf Minuten vor 22 Uhr kamen wir an. Und fuhren vom Zentrum des Ruhrgebiets sofort wieder zurück ins hochsauerländische Zentrum, wo wir meine aufgelöste Mutter antrafen. Sie hatte voller Grauen bemerkt, dass in der Küche noch fast alle Schränke voll waren, und sich so schnell wie möglich ans Ausräumen gemacht. Die gesamte Zeit, die wir für das Zurücklegen unseres Weges benötigt hatten, hatte sie mit dem Anhäufen von weiteren Kisten verbracht. In der Küche stand nur noch das Lebensnotwendigste: die Kaffeemaschine.
Komischerweise fanden wir an diesem Abend vor Erschöpfung jede Kleinigkeit sehr lustig. Weit nach Mitternacht kamen wir erst im Etaphotel an und wussten, dass wir am Morgen sehr früh aufstehen mussten. Die Wohnung hatten wir im Chaos hinterlassen. Am Nachmittag des nächsten Tages sollte die Wohnungsübergabe sein...

Historiographie im Zirkel philologischer Zuschreibungen Philosophie, Zitatsammlung

Autor:  halfJack

Vor dem frühen neunzehnten Jahrhundert wurde die Historiographie als Zweig der Redekunst und damit als passender Gegenstand für die Theorie der Rhetorik betrachtet. Im Gefolge der Bemühung, historische Studien wissenschaftlicher zu gestalten, wurde jedoch die Ehe der Historiographie mit der Rhetorik im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts geschieden. Der zweifache Angriff auf die Rhetorik, zum einen seitens der romantischen Poetik, und zum anderen von Seiten des Positivismus, führte dazu, dass die Rhetorik von der westlichen Hochkultur in Acht und Bann geschlagen wurde. "Literatur" als Praxis des "Schreibens" nahm nun den Platz ein, den vormals die Redekunst innehatte, und die "Philologie" verdrängte die Rhetorik als die allgemeine Wissenschaft der Sprache. Das theoretische Problem der Geschichtsschreibung wurde von da an im Rahmen der Frage nach der Beziehung von Geschichte und Literatur erörtert. Da die Literatur aber gewöhnlich als das geheimnisvolle Ergebnis "dichterischer Kreativität" galt, war das Problem unlösbar. Hinsichtlich des Verhältnisses der Geschichte zur Philologie wurde allgemein anerkannt, dass die Philologie nichts anderes sei als die auf die Untersuchung sprachlicher Phänomene angewandte "historische Methode". Nun wurde aber die "historische Methode" ihrerseits einfach als die auf das Studium historischer (dokumentarischer) Zeugnisse angewandte "philologische Methode" betrachtet, womit sich das Methodenproblem in einem ausweglosen tautologischen Zirkel verfing.

Hayden White