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Tage des Schreckens: Bild dir deine Meinung (auch ohne BILD) Medien, Politik

Autor:  halfJack

Wenn Menschen eine Meinung haben, dann suchen sie in jeder neuen Nachricht Hinweise, die ihre Annahme bestätigen, und stufen gegenteilige Informationen als weniger wichtig ein. Das heißt aber nicht, dass Medien keine Macht besäßen. Sie vermitteln uns von Beginn an nicht nur Informationen, sondern eben auch besagte Meinungen.
Die letzten beiden Einträge zum Thema Flüchtlinge, Fremdenfeindlichkeit, PEGIDA etc. habe ich über Falschannahmen geschrieben. Dieser Eintrag hier soll sich nun speziell mit der Vermittlung in den Medien, vor allem im Fernsehen, beschäftigen. Denn was mich an der ganzen Kiste zunehmend stört, eigentlich schon regelrecht beunruhigt, ist die Art und Weise, wie in den Medien flächendeckend mit der Thematik umgegangen wird. Hierbei möchte ich mich auf keine Seite stellen; mir war sowohl die übertriebene Propagierung der Willkommensstimmung nicht ganz geheuer – als würden wir gar nicht daran denken, dass damit viel Arbeit und eine enorme Verantwortung auf uns zukommen – als auch die jetzige Darstellung der letzten Ereignisse – als würde ganz Deutschland im Abgrund versinken und der Terror an jeder Ecke lauern.

Mittlerweile ist es normal, dass viele durch diverse Internetseiten schon längst über alles Bescheid wissen, bevor sie die Nachrichten einschalten oder erst recht eine Zeitung aufschlagen. Ist das der Grund, warum man das Gefühl bekommt, die Nachrichten seien nicht mehr zur Berichterstattung da, sondern um der ganzen Geschichte einen reißerischen Titel zu geben? Namensgebungen wie „Nacht der Gewalt“ oder „Woche des Schreckens“ machen es nicht besser. Das klingt verdächtig nach Horrorfilm, man denkt unwillkürlich an Blitz- und Donnerschlag im Hintergrund. Vor einigen Jahren kannte ich so etwas nur aus den Überschriften der BILD-Zeitung, nun sehe ich solchen Unsinn auf N24. Wobei „Unsinn“ vielleicht nicht unbedingt taktvoll klingt, denn die Geschehnisse sind schlimm genug. Man kann auch nicht immer verlangen, dass die Nachrichten stets distanziert und neutral bleiben, das erwarte ich auch gar nicht, aber die Auswahl und Inszenierung der Informationen ist meines Erachtens zu einseitig.
Vor einem Jahr hatte die übertriebene Propagierung der Willkommenskultur möglicherweise noch etwas Positives. Die Berichterstattung war einseitig, aber sie hatte wenigstens keinen negativen Effekt, führte sogar zu Initiative und Tatkraft, besonders bei den Jüngeren. Diese Tendenz kehrt sich nun mit der Angst ins Gegenteil um.

Ich möchte Merkel keineswegs in den Himmel heben, es gibt genügend Kritikpunkte, die man in den Nachrichten mal ansprechen sollte und die komischerweise stillschweigend hingenommen werden, aber eine Sache beim Kurs im Flüchtlingsthema ist doch irritierend. Sie sagte am Anfang: „Wir schaffen das!“, doch gleichzeitig mit dem mahnenden Zeigefinger, dass es nicht einfach werden würde, dass es Einschränkungen geben könnte und alle mithelfen müssten. Jetzt scheint es fast, als hätte nie jemand den zweiten Teil ihrer Aussage gehört. Es wird kritisiert, dass Merkel noch immer an ihrer Devise festhalte. Sonst regt sich doch auch jeder darüber auf, dass Politiker erst das eine sagen und später etwas ganz anderes machen. Verstehe ich das richtig, dass es nun so furchtbar ist, dass sich ein Politiker mal an sein Versprechen halten will und nicht vom Kurs abrückt? Kritik ist niemals verkehrt, aber nicht in einem Guss, indem man die Aufnahme von Flüchtlingen in Frage stellt, kurz nachdem man einen Amoklauf als Terrorakt verkauft hat.

Nun kann eingewendet werden, dass die Nachrichten das gar nicht eindeutig so darstellten oder dass es nicht flächendeckend geschieht. Aber wer macht sich ausreichend durch Zeitungen und Internetportale ein vollständiges Bild? Zumindest die Leute in meiner Umgebung machen das nicht, bei ihnen wird schlicht (auch jetzt noch!) die Meinung vertreten, die letzten drei, vier Anschläge hätten alle Terrorhintergrund und wären verschuldet durch die Flüchtlingskrise.
Bei den Ereignissen in München handelte es sich jedoch nicht um einen weiteren IS-Terroranschlag, sondern um einen Amokläufer, einen Deutsch-Iraner, der sich selbst eindeutig als Deutscher bezeichnete und dessen Motivation Fremdenhass war. Dafür spricht auch, dass seine Opfer sehr unterschiedlicher Nationalität waren: ungarisch, deutsch-türkisch, deutsch, türkisch, kosovarisch, griechisch und staatenlos. Das Motiv des Fremdenhasses entspräche demnach sogar dem Gegenteil von dem, was einige in meiner Umgebung behaupten.
Wer sich mit Kriminalgeschichte beschäftigt, weiß, dass das Empfinden der Bevölkerung, wie es um die Sicherheit bzw. Kriminalität steht, häufig nicht mit der tatsächlichen Kriminalitätsrate einhergeht. (Über Kriminalitätsstatistik könnte man an dieser Stelle auch ein Fass aufmachen, aber das würde hier den Rahmen sprengen; wer möchte, kann dazu trotzdem gern was sagen.)  Dieses Empfinden wird beeinflusst von größeren Ereignissen und natürlich von den Medien. Da wird so eine Anhäufung von Attentaten aufgebauscht zur „Woche des Schreckens“, weil es dem Tenor der Masse und mitunter der Politik gefällt. Die Medien vermitteln das, was die Leute hören wollen, und die Leute reden den Medien nach dem Mund.
In den „Tagen des Schreckens“ häuften sich scheinbar die Fälle von Menschen mit Migrationshintergrund. Aber dieser rassistische Amoklauf oder ein Fall, in welchem ein Mann seine Frau mit einem Dönermesser (in den Nachrichten wurde daraus gleich eine Machete gemacht) angreift, hat nichts mit Terror zu tun, trotzdem wird es in diesen Kanon gestellt. Warum? Um die Leute in Panik zu versetzen? Was ist mit Fällen von deutscher Kriminalität, wenn die sich mal häufen, warum wird das alles nicht in den Nachrichten breitgelatscht? Man merkt sofort, dass sich alles nur auf Terror ausrichtet, da sind auch die Anschläge in Thailand in weiter Ferne wichtig. Weil es das allgemeine Unsicherheitsgefühl der Leute wiederspiegelt und gerade gut zur Stimmung passt? Zumindest habe ich in den regulären Medien nichts davon gehört (anderen wird es da vielleicht anders gehen), wie in Japan ein Mann 19 Menschen in einem Heim umbrachte. Und was war das Motiv? Der Täter hasste Behinderte. Wird man sich vielleicht bei uns gedacht haben: Nee, passt nicht zur derzeitigen Stimmung, können wir weglassen.

Klar, das ist nur mein Empfinden, aber ich glaube, dass durch nicht wenige der Medien bestimmte Korrelationen vermittelt werden, die so gar nicht vorhanden sind und die mir äußerst bedenklich erscheinen. Dann werden Personen auf der Straße interviewt, die meinen, sie würden sich jetzt nicht mehr unbedingt auf öffentliche Plätze trauen, wo viele Menschen sind. Es könnte ja was passieren.

Ja, ich habe auch Angst. Zum Beispiel vor Kugelschreiberteilen. Wie viele Leute sterben in der westlichen Welt an verschluckten Kugelschreiberteilen? Es ist der Wahnsinn. Vor Schokoriegeln habe ich auch Angst. Wie ungesund Fettleibigkeit ist. Ich glaube, ich sollte rauchen, um nicht dick zu werden. Wenn ich dann noch überlege, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, bei einem Autounfall zu sterben, wir müssten alle panische Angst davor haben, in unsere Autos zu steigen und das nicht erst seit gestern. Zu Hause bleiben kann man aber auch nicht, denn die meisten Unfälle passieren im Haushalt, oder nicht? Was mache ich jetzt? Statistisch gesehen passiert am wenigsten im Fahrstuhl, habe ich mal gehört. Ich sollte vielleicht nur noch Fahrstuhl fahren. Oder Flugzeug fliegen. Wenn das Flugzeug dann in ein Hochhaus knallt, hat man letztlich wohl einfach nur Pech gehabt.