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Inflagranti

von

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Neuzugang

Dieses Teil habe ich damals fast gleichzeitig mit KoD angefangen...genau genommen sogar etwas eher... ^^'

Hier ist Haruka fast komplett das Gegenteil von dem, was sie in KoD darstellt. Trotzdem hoffe ich, daß es sie in dieser FF nicht weniger liebenswert macht.
 

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Inflagranti
 

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Kapitel 1: Neuzugang
 

Endlich war es Frühling. Lächelnd blinzelte Michiru der Sonne entgegen.

Der Wind strich leicht durch ihr Haar und ließ ihr Kleid aufflattern.

Mit einem tiefen Seufzer, welcher den letzten Rest des Winters aus ihrem Gemüt scheuchte, ließ sie sich ins Gras sinken. Wie sehr hatte sie es vermisst, ihr Frühstück im Freien genießen zu können.

Gerade als sie nach ihrer Lunchbox griff, hielt ihr jemand von hinten die Augen zu.

"Wer bin ich?" drang eine verstellte Stimme an ihr Ohr.

"Elza", stieß Michiru erfreut hervor und sprang auf.

Übermütig fielen die beiden Mädchen sich in die Arme.

"Ach meine Michi", lachte Elza,

"Es ist so schön, endlich wieder hier zu sein!"

"Hat dir Atlanta etwa nicht gefallen?" war das türkishaarige Mädchen überrascht.

"Doch, doch", wehrte Elza ab,

"Aber zu Hause ist es doch am schönsten! Außerdem war ich ja nicht zum Spaß in Amerika. Ich war ja nichtmal meine Eltern besuchen."

Michiru ließ sich wieder ins Gras sinken und zog Elza mit sich.

"Du mußt mir alles erzählen", drängelte sie,

"Wieviele Goldmedaillen hast du bekommen?"

Elza seufzte.

"Was ist denn los?" erschrak Michiru ein wenig,

"Ist es nicht so gut gelaufen?"

"Nicht so gut?" lachte die Rothaarige sarkastisch,

"Es war der totale Reinfall! Egal, wie sehr ich mich auch angestrengt habe, es hat immer nur bis zur Silbermedaille gereicht."

Michiru´s Augen wurden ganz groß.

"Aber du bist die beste Läuferin, die ich kenne", presste sie überrascht hervor,

"Bist du etwa aus dem Training?"

"Ich bin so gut wie immer - sogar besser", gab Elza zurück.

"Und wieso hast du dann nicht eine einzige Goldmedaille?" war Michiru verwirrt.

"Es gab da eine neue Läuferin", seufzte Elza und legte sich zurück.

Sie blinzelte und schloß dann ihre Augen.

"Keiner kannte sie oder hat auch nur irgendwann vorher einmal von ihr gehört, aber dennoch ist dieses Mädchen jedesmal an mir vorbeigezogen, als wäre es nichts."

"Sie hat dich jedesmal besiegt?" war Michiru überrascht.

Elza nickte.

"Sie war so schnell wie der Wind!"

Michiru wollte etwas sagen, doch genau in diesem Moment läutete die Schulglocke.

"Schon so spät?" erschrak Türkishaarige,

"Komm, wir haben Mathe und du weißt ja, wie der Okudera ist."

"Oje", seufzte Elza,

"Is dieser Miesepeter etwa immernoch in Vertretung? Wann kommt denn die Takamoto wieder?"

"Arme Elza", grinste Michiru,

"Das wird dich jetzt hart treffen - die Takamoto kommt gar nicht mehr wieder und der ehrenwerte Sensei Okudera ist zu unserem festen Mathematiklehrer aufgestiegen."

"Oh nein!" Elza sah plötzlich sehr geschlagen aus.

Fast widerwillig erhob sie sich und schritt neben Michiru her zum Klassenzimmer.

"Wieso grad dieser Grisgram? Hatten die denn keine anderen Ersatzlehrer?" murrte sie mißmutig.

"Es gab sicherlich genug Auswahl", entgegnete Michiru,

"Aber der Direktor meinte, da Okudera die Klasse nun schon so gut kennen würde, wäre es das Beste, wenn er sie auch behalten würde."

"Na prima", seufzte das rothaarige Mädchen ironisch,

"Das kann ja noch was geben!"
 

Kaum das Michiru und Elza auf ihren Plätzen saßen, betrat auch schon Mr. Okudera den Klassenraum, gefolgt von einem gutaussehendem, blondem Jungen.

Sofort wurde getuschelt und spekuliert, wer dieser Junge wohl sein könnte.

"Hey", stieß Michiru Elza in die Seite,

"Wenn der in unsere Klasse kommt, dann dürfte hier bald ne Menge los sein! Man, ist der süß! Elza? ELZA?"

Diese reagierte jedoch gar nicht und starrte gebannt nach vorne.

"Elza was hast du denn?" versuchte Michiru es erneut, die fand, daß ihre Freundin sich plötzlich seltsam benahm.

"Miss Kaioh", wurde sie jedoch von dem Lehrer zur Ordnung gerufen,

"Wenn sie ihre kleine Unterhaltung beenden und sich nach vorne drehen würden, dann könnte ich der Klasse endlich den neuen Mitschüler vorstellen, womit wahrscheinlich auch gleichzeitig ihre Neugier befriedigt würde!"

Michiru zuckte zusammen und wurde rot.

"Jawohl Okudera-sama", murmelte sie verlegen und versuchte, sich ganz klein zu machen.

Die Mädchen um sie herum kicherten albern, was nicht gerade dazu beitrug, daß Michiru sich besser fühlte.

"So! Da dies nun geklärt zu sein scheint, darf ich ihnen Ten´ou Haruka vorstellen. Er wird ab heute diese Klasse besuchen. Wenn sie irgendwelche Fragen haben, dann stellen sie sie ihm bitte jetzt", erklärte der Lehrer.

Augenblicklich hoben sämtliche Mädchen der Klasse ihre Hände und warteten gar nicht ab, bis Mr. Okudera sie aufrief.

"Wie alt bist du, Ten´ou-san?"

"Woher kommst du?"

"Hast du hier schon eine Freundin?"

"Meine Damen", rief der Lehrer sie zur Ordnung,

"Derart private Fragen bitte ich sie doch, in ihrer Freizeit zu stellen!"

Er drehte sich zu Haruka um und sagte:

"Verzeihen sie dieses undamenhafte Benehmen."

Und dann zuckte Michiru erneut zusammen.

"Ich empfand das keinesfalls als undamenhaft, sondern eher als unverschämt", klang eine wundervoll tiefe, weiche Stimme in ihren Ohren.

Sie hob den Blick und taf genau den Haruka´s.

Ein Schauer lief ihr über den Rücken.

Zwar hatten diese Worte arrogant und hart geklungen, aber was sie in diesen Augen sah, ließ sie alles vergessen und einfach nur noch dahinschmelzen.

"Ten´ou-san-bitte setzen sie sich auf einen der freien Plätze, damit wir mit dem Unterricht beginnen können",griff der Lehrer jeglichen, weiteren Diskussionen vor.

Haruka nickte und schritt langsam durch die Reihen.

Zwischen dem Pult von Michiru und Elza blieb er stehen. Kurz traf sein Blick den von Elza und ein kurzes, ergeiziges Aufflackern bewies dem rothaarigem Mädchen, daß sie sich nicht getäuscht hatte.

Michiru´s Herz klopfte derweil bis zum Hals.

Der Platz zu ihrer Linken war frei...

>Er wird sich zu mir setzen<, zitterte sie innerlich,

>Dieser Traumtyp wird tatsächlich ab heute neben mir sitzen!<

Sie getraute sich gar nicht, zu Haruka aufzusehen und hielt gebannt den Atem an. Nur sehr zögerlich hob Michiru schüchtern ihren Blick und erschrak. Flüchtig streiften Haruka´s Augen die ihren, während er sich wieder in Bewegung setzte und ohne ein Wort oder auch nur die kleinste Geste an dem Pult hinter Michiru Platz nahm.

>Verdammt<, fluchte Michiru innerlich.

So hatte sie sich das nun nicht vorgestellt...

Schlimm genug, daß ihr Wunsch sich nicht erfüllt und Haruka nicht den Platz neben ihr gewählt hatte, nein, er mußte ausgerechnet das Pult genau in ihrem Rücken wählen.

Längst hatte der Lehrer mit dem Unterricht begonnen, aber Michiru bekam davon rein gar nichts mit. Sie war viel zu beschäftigt damit, sich selbst immer nervöser zu machen. Sie stellte sich Fragen wie `ob er mich wohl beobachtet´ oder `ob ich ihm gefalle´?

Erst als Elza sie am Ärmel zupfte und ihr ein kleines Zettelchen hinschob, fand sie wieder in die Realität zurück. Sie vergewisserte sich, daß der Lehrer nichts mitbekommen hatte und faltete den Zettel auseinander.

>>Lass die Finger von Haruka. Ich erzähl dir in der Pause warum<<, stand darauf.

>>Kennst du ihn etwa?<< schrieb Michiru zurück.

Elza verdrehte die Augen, seufzte leise und schrieb die Antwort.

>>Ich hab dir doch von dieser Läuferin erzählt, die immer an mir vorbeigezogen ist...<<

>>Und was hat das mit diesem Traumtypen zu tun?<<, war Michiru´s nächste Frage.

>>Verstehst du nicht? Das war Haruka! Diese Ten´ou ist ein Mädchen<<

"WAS?"

Michiru war aufgesprungen. Zu spät fiel ihr auf, daß sie sich ja noch mitten im Mathematikunterricht befand.

Sofort lief sie rot an.

"Miss Michiru", trat der Lehrer auch gleich auf sie zu,

"Könnten sie mir vielleicht gnädigerweise verraten, was sie an meinem Unterricht so schockierend finden?"

"Äh...nichts...", stammelte das türkishaarige Mädchen,

"...es...es hat nichts mit ihrem Unterricht zu tun. Wirklich!"

In der nächsten Sekunde hätte sie sich für diese Aussage am liebsten auf die Zunge gebissen.

Sie sah, wie der Blick des Lehrers neben ihr Pult auf den Boden wanderte und auf den kleinen Zettel traf, den sie in der Aufregung hatte fallen lassen. Als der Lehrer sich nach dem Stück Papier bückte, schloss Michiru resignierend die Augen.

Elza´s Kopf landete mit einem Knall auf dem Pult und alle Schüler starrten den Lehrkörper erwartungsvoll an.

Dieser jedoch explodierte nicht wie erwartet, sondern holte nur hörbar tief Luft. Sein Blick fiel auf Michiru.

"Miss Michiru...", er wand seinen Blick nach links,

"...Miss Elza...", wieder schweifte sein Blick und er traf Haruka.

"...Bitte gehen sie vor die Tür."

Wortlos verließen die beiden Freundinnen das Klassenzimmer. Währenddessen hielt Haruka völlig ausdruckslos dem Blick des Lehrers stand. Ihr war klar, was auf diesem Zettel stehen mußte.

Auch sie hatte Elza wieder erkannt.

Als der Lehrer sich wieder dem Unterricht widmete, stahl sich ein amüsiertes Lächeln auf die Lippen des Blonschopfs. Nun wußten zumindest drei Personen, daß sie kein Junge war. Dies jedoch konnte das Spiel lediglich interressanter machen.
 

Vor der Klassentür derweil, eröffneten sich gerade ganz andere Dimensionen...

"Haruka ist wirklich ein Mädchen?" fragte Michiru nun bereits zum dritten Mal.

"Wie oft denn noch?" seufzte Elza,

"Sie ist gegen mich gelaufen und hat mich jedes Mal besiegt. Ihr Name und dieses Gesicht haben sich in mein Hirn gebrannt! Glaubst du etwa, ich könnte mich so täuschen?"

"Nein", murmelte Michiru,

"Wahrscheinlich nicht."

Elza legte ihr die Hand auf die Schulter.

"Aber es wäre dir lieber, wenn ich mich irre", sagte sie mitleidig.

Michiru blickte sie an. Einen Moment noch schien sie wirklich traurig zu sein, dann jedoch hellte ihr Blick sich auf.

"Nicht wirklich", lächelte sie,

"Es wäre zwar schön gewesen, mal wieder einen interressanten Jungen in der Klasse zu haben, aber ein neues Mädchen ist doch auch ok. Und Zeit zum Verlieben war ja schließlich noch nicht."

"Das ist die Michiru, die ich kenne", lachte Elza.
 

"Ich möchte, daß sie bis zur nächsten Mathematikstunde die beiden nächsten Seiten des Buches durcharbeiten", schloss Sensei Okudera den Unterricht.

Sofort kam Unruhe in der Klasse auf.

Auch Haruka schlug ihr Buch mit einem Seufzer zu.

Sie steckte es ein und wollte den Klassenraum grade verlassen, als der Lehrer sie zurückhielt.

"Haruka? Könnten sie einen Moment warten? Ich habe etwas mit ihnen zu bereden."

Haruka verdrehte die Augen, doch sie wartete gehorsam, bis alle Schüler den Raum verlassen hatten. Eine bedrückende Stille breitete sich aus.

Die hochgewachsene Blondine wartete darauf, daß der Lehrer sie brach, doch stattdessen reichte er ihr den kleinen, zusammengefalteten Zettel. Haruka nahm ihn entgegen und las ihn.

Sie konnte nicht verhindern, daß ein kurzes, amüsiertes Lächeln über ihre Lippen huschte. Dieses jedoch schien dem Lehrer gar nicht zu gefallen.

"Hatten sie das damit bezweckt?" fuhr er Haruka an,

"Spielen sie dieses Versteckspiel, um meinen Schülerinnen den Kopf zu verdrehen und sie vom lernen abzuhalten?"

"Ich spiele kein Versteckspiel", gab Haruka trocken zurück,

"Ich bin, was ich bin und..."

"Sie sind eine junge Dame!" fiel Mr. Okudera ihr aufgebracht ins Wort,

"Sie haben nicht nur die Schüler mit ihrer Verkleidung getäuscht, sondern auch die gesammten Lehrkörper und die Schulleitung! Das ist..."

"Ich habe niemanden getäuscht", wurde nun auch Haruka etwas lauter,

"Ich bin eben nicht so ein Modepüppchen wie ihre anderen Schülerinnen. Das war ich nie! Glauben sie etwa, ich will aussehen wie irgend ´ne dahergelaufene Transe in diesem fürchterlichen, karierten Faltenteil? Wohlmöglich noch mit ´nem passendem Schleifchen im Haar und Farbe zum Abwinken im Gesicht?"

"Miss Ten´ou", knurrte der Lehrer drohend,

"Ich dulde keinen solchen Tonfall mir gegenüber. Sie werden jetzt mit mir zum Direktor kommen und der wird darüber entscheiden, wie wir mit einer vorlauten Göre umgehen, die allen den starken Mann vorspielt und nicht das geringste bißchen Anstand besitzt!"

"SIE können gern zu Direktor Tomoe gehen und ihm darüber Bericht erstatten, daß sie nicht in der Lage sind, Männlein vom Weiblein zu unterscheiden. ICH werde jetzt meine Pause genießen und mich darüber amüsieren, daß sie sich lächerlich machen", grinste Haruka überheblich.

Sie drehte sich einfach um und ging Richtung Tür.

Der Lehrer wollte grade explodieren, als Haruka ohne stehenzubleiben lachte:

"Ach ja...und danken sie Dr. Tomoe nochmals von mir. Ich weiß es zu schätzen, daß er mir meine Prinzipien mit dieser Schuluniform zugesteht und werde mich dafür großzügig erkenntlich zeigen!"

Dem Lehrer blieben die Worte im Halse stecken.
 

"Warum kommt der Okudera nicht endlich raus?" schimpfte Elza,

"Ich will in die Pause!"

"Der stellt Haruka bestimmt zur Rede. Schließlich hat sie alle angelogen", spekulierte Michiru.

Elza sah sie an.

"Nur, weil sie die Jungenschuluniform trägt?" fragte sie,

"Das ist doch kein Verbrechen. Und dafür, daß wir Zettelchen geschrieben haben, kann sie doch schließlich auch nichts!"

"Mach das mal dem Okudera klar", seufzte Michiru,

"Und außerdem hat sie schließlich nichts gesagt, als Okudera-sama sie als Jungen vorgestellt hat. Das nimmt er ihr sicherlich sehr übel."

Elza wollte noch etwas erwiedern, doch da öffnete sich die Tür des Klassenzimmers.

Haruka kam heraus und zur Überraschung der beiden Freundinnen machte sie keineswegs einen niedergeschlagenen Eindruck. Im Gegenteil - sie schien äußerst amüsiert.

Vor Elza blieb sie stehen und fragte:

"Noch fleißig im Training? Nun bekommst du ja noch genug Chancen, gegen mich zu laufen..."

Sie drehte ihren Kopf ein wenig und sah Michiru an. Einige Sekunden lang geschah absolut gar nichts, dann grinste Haruka:

"Traumtyp..."

Mit einem siegessicheren Lächeln drehte sie sich um und ließ die beiden Mädchen einfach stehen. Die schöne leuchtend rote Färbung von Michiru´s Gesicht, alsauch Elza´s Lachanfall bekam sie gar nicht mehr mit.
 

"Ich werde nie wieder in die Schule gehen", schimpfte Michiru und trat wütend gegen ihren Schrank.

"Übertreibst du da nicht ein wenig?" lachte Elza, welche auf Michiru´s Bett saß.

"Übertreiben? ÜBERTREIBEN?" kreischte Michiru fast,

"Der blöde Okudera hat ihr unseren Brief gezeigt. Sie hat es gelesen!"

"Na und?" war Elza noch immer recht erheitert,

"Es stand doch gar nix schlimmes auf dem Zettel. Und mit dem `Traumtypen´ stehst du garantiert nicht allein da, weil alle anderen Mädchen auch dachten, daß Haruka ein Junge ist!"

"Aber von mir weiß sie jetzt sicher, daß ich sie süß finde", meckerte Michiru weiter.

Elza´s Augen wurden groß wie Unterteller.

"Du findest sie süß?"

"Nein!" stieß Michiru entsetzt hervor,

"Ich fand IHN süß, aber ER ist eine SIE und sie hat diesen Brief gelesen und sie macht sich über mich lustig - allein wie sie das gesagt hat `Traumtyp´...hast du nicht gesehen, wie sie gegrinst hat? Und diese Überheblichkeit! Sie kam aus der Klasse, als hätte der Okudera sie auch noch gelobt für diesen ganzen Mist. Diese Arroganz...das ist...das ist..."

"Mensch Michi, hol mal Luft", bremste Elza ihren Redeschwall,

"Du bist doch nur sauer, weil du nicht gleich erkannt hast, daß Haruka ein Mädchen ist. Sie hat absolut nichts getan. Sie hat sich ganz ruhig an das Pult hinter dir gesetzt!"

"Eben!" konterte Michiru,

"Warum grade genau hinter mir? Sie hätte sich ebensogut auf jeden anderen freien Platz setzen können, aber nein - sie muß sich genau hinter MICH setzen. Das war doch reine Schikane! So hat sie mich genau im Blick - ich sie aber nicht. Sie macht sich einen Spaß daraus..."

"Michiru", legte Elza ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter,

"Das grenzt ja fast schon an Verfolgungswahn! Haruka hat - außer mir - noch niemanden aus unserer Klasse je zuvor gesehen. Sie hat grade mal zwei Minuten vorne gestanden. Ihre Sitzplatzwahl war reiner Zufall. Sie hätte sich genauso gut auch woanders hinsetzen können!"

Michiru blickte ihrer Freundin in die Augen.

"Du hast recht", seufzte sie schließlich,

"Ich hab mich wohl ziemlich kindisch benommen, oder?"

"Wie ´ne Fünfjährige", betätigte Elza lachend.

Michiru stimmte mit in das Lachen ein.

"Komm, lass uns ein Eis essen gehen", sagte sie schließlich.

"Das ist ein Wort", grinste Elza,

"Nix wie los!"
 

"Was hälst du davon, wenn wir am Wochenende ins Kino gehen?" fragte Elza, während sie genüßlich ihr Eis schlemmte.

"Was läuft denn?" wollte Michiru wissen.

"Nichts besonderes", gab Elza zurück,

"Aber ich dachte, nachdem ich ´ne Weile nicht hier war, wäre es doch schön, wenn wir am Wochenende etwas zusammen unternehmen."

"Gut", lachte Michiru,

"Dann gehen wir also ins Kino."

Sie bekam gar nicht mit, wie Elza plötzlich ernst wurde und interressiert nach draußen sah.

"Sag mal", fragte das rothaarige Mädchen schließlich,

"Ist das da hinten nicht Haruka?"

"Wo?"

Michiru sprang herum. Sie spähte in die Richtung, in welche auch Elza blickte, doch sie konnte nichts entdecken.

"Wo denn?" fragte sie nochmals.

"Na da", bekundete Elza,

"Vor dem Juwelier."

"Ich seh nichts", sagte Michiru und wollte sich grad wieder ihrem Eisbecher widmen, als ihr fast die Augen übergingen.

"Was?" sprang sie auf und klebte im nächsten Moment regelrecht an der Fensterscheibe.

"Wieso hat sie ein Motorrad? Wenn sie in unsere Klasse gekommen ist, kann sie doch auch erst 17 sein!"

Elza zuckte mit den Schultern.

"Keine Ahnung. Auf jeden Fall ist sie es sicher! Was es mit dem Motorrad auf sich hat, kann ich mir auch nicht erklären."

Fast trotzig ließ Michiru sich wieder auf die Sitzbank fallen. Sie verschrenkte die Arme vor der Brust und schnaufte:

"Ich wußte es! Die spielt ein falsches Spiel. Da ist doch etwas absolut oberfaul!"

Elza mußte grinsen.

"Fängst du schon wieder an?" fragte sie ruhig,

"Was hast du eigentlich gegen sie? Du kennst sie doch gar nicht. Dafür das sie ein Motorrad hat gibt es sicher eine ganz logische Erklärung."

"Na auf diese Erklärung bin ich aber mal gespannt", gab Michiru etwas zickig zurück.
 

Am nächsten Morgen stand Michiru vor der Klassentür und wartete auf Haruka. Elza beobachtete sie mit einem Grinsen.

Als das rothaarige Mädchen Haruka erspähte, wurde ihr Grinsen noch breiter. Jetzt würde es sicherlich etwas zu lachen geben.

Haruka wollte grade an Michiru vorbei gehen, als diese sie zurückhielt.

"Sag mal, Haruka-san war das gestern dein Motorrad?"

Erstaunt blieb die Blondine stehen und sah sie an.

"Gestern?" fragte sie.

"Ja gestern", brauste Michiru gleich auf,

"Ich habe dich gesehen. Du brauchst gar nicht zu leugnen!"

Erst schien Haruka ziemlich verwirrt, doch dann grinste sie:

"Ach, du meinst gestern Nachmittag?"

"Natürlich gestern Nachmittag", stieß Michiru hervor.

Haruka´s Grinsen wurde noch breiter.

"Beobachtest du mich etwa?"

"Was?" pustete Michiru.

"Na klar", lachte das blonde Mädchen amüsiert,

"Die Kleine läuft mir nach! Ich schein ja ganz schön Eindruck auf dich gemacht zu haben.."

"Spinnst du?" kreischte Michiru, als Haruka sich umdrehte und sie einfach stehenließ.

Eine derartige Verdrehung der Tatsachen hatte sie wirklich noch nie erlebt.

Haruka indes sah nochmals kurz über die Schulter und grinste:

"So ein hübsches Ding wie du hat durchaus Chancen..."

Dann verschwand sie im Klassenraum.

Michiru lief vor Wut rot an.

Mit geballten Fäusten stand sie da, wie ein Vulkan vor dem Ausbruch.

Elza trat zu ihr.

"Sie hat dich ganz schön alt aussehen lassen", grinste sie.

Michiru schnappte nach Luft.

"Soetwas ungehobeltes", schnaubte sie,

"Was bildet die sich eigentlich ein, wer sie ist? Kein Mensch wagt es, so mit mir zu sprechen!"

"Sie hat es aber getan", grinste Elza,

"Und ich muß sagen, sie war gar nichtmal so schlecht. Ich habe dich noch niemals wirklich sprachlos erlebt."

"Findest du das etwa auch noch komisch?" fuhr Michiru sie an,

"Ich dachte, du wärst meine beste Freundin. Wieso hälst du zu dieser Zicke?"

"Ich halte nicht zu ihr", gab Elza gelassen zurück,

"Du hast sie rausgefordert und sie hat dir Paroli geboten - das ist alles! Was hat sie denn schon schlimmes gesagt?"

"Was sie gesagt hat?" zischte Michiru,

"Du fragst allen Ernstes, was sie schlimmes gesagt hat? Du hast es doch gehört! Dieses Mannsweib stellt es so dar, als wäre ich scharf auf sie. Wahrscheinlich weiß das bald die ganze Schule und mein guter Ruf ist ruiniert!"

"Michiru", versuchte Elza sie zu beruhigen,

"Sie hat doch nur einen kleinen Scherz gemacht. Seit wann bist du so engstirnig? Bisher hattest du in unserer Stufe immer das letzte Wort. Sie lässt sich nur einfach nicht die Butter vom Brot nehmen - das ist alles."

"Die will mich fertig machen", knurrte Michiru.

"Jetzt übertreibst du aber", meinte Elza bestimmt,

"Sie ist einfach schlagfertiger als du. Und das ärgert dich."

"So Eine kann mich gar nicht ärgern", schnaufte Michiru,

"Ich werd ihre dummen Sprüche einfach ignorieren!"

Damit verschwand auch sie ins Klassenzimmer. Elza folgte ihr.

Als Michiru sich auf ihren Platz setzte, lehnte Haruka sich etwas zu ihr vor und flüsterte:

"Heute Abend um acht bei mir? Romantisches Dinner, Kerzenschein, ein gemeinsames Bad und danach..."

Weiter kam sie nicht. Michiru war herumgesprungen und hatte ihr eine schallende Ohrfeige verpasst. Schweratment stand das grünhaarige Mädchen da - die Hand noch immer erhoben.

Alle Mitschüler starrten sie fassungslos an und auch die Lehrerin, welche grad den Raum betreten hatte, blickte fragend auf die Szenerie.

Nur Haruka lächelte amüsiert.

"Wir sprechen uns noch", murrte Michiru und setzte sich wieder auf ihren Platz, als wäre nichts gewesen.

Alle in dieser Stufe kannten Michiru nur zu gut und wußten, daß sie jetzt besser nichts fragten. Selbst die Lehrerin hielt sich zurück und fing lieber mit dem Unterricht an.

Haruka lehnte sich grinsend zurück.

>So eine kleine Kratzbürste<, dachte sie,

>Aber für ein Mädchen hat sie ´ne ganz beachtliche Wumme!<

Erst jetzt wurde ihr bewußt, daß ihre Wange brannte wie Feuer.

Diese Michiru gefiel ihr von Minute zu Minute besser.

Egal wo sie auch immer gewesen war - nie hatte ihr jemand Paroli bieten können. Schon gar kein Mädchen. Haruka´s Grinsen verwandelte sich in ein sanftes Lächeln. Vielleicht würde ihr Aufenthalt hier noch sehr viel interressanter werden, als sie es noch gestern angenommen hatte...
 

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Fortsetzung folgt...

Haruka´s Spiel

Haruka´s Spiel
 

Die beiden nächsten Tage verliefen ohne weitere Zwischenfälle.

Michiru ging Haruka gekonnt aus dem Weg und vermied jede Konfrontation mit ihr, schon irgendwie zum Leidwesen Haruka´s, deren Interesse an Michiru durch dieses Verhalten eher wuchs als nachließ.

Nun war das türkishaarige Mädchen auf dem Weg zum Sportplatz.

Elza hatte Training und Michiru wollte ihr dabei zusehen und etwas zeichnen. Als sie um die Ecke der großen Turnhalle bog, sah sie Elza auch schon.

Diese unterhielt sich grade mit einer Teamkollegin.

"Elza", rief Michiru und winkte.

Das rothaarige Mädchen sah auf und lächelte ihr zu. Doch nicht nur Elza, sondern auch die Andere war nun auf sie aufmerksam geworden.

Als sie sich zu Michiru umdrehte hielt diese gleich in ihrer Bewegung inne.

"Hallo Süße", grinste Haruka,

"Willst du mir beim Training zusehen?"

Sofort stand Michiru wieder kurz vor einer Explosion.

Doch dann riss sie sich zusammen, holte einmal tief Luft und trat mit einem honigsüßem Lächeln zu den beiden Läuferinnen.

"Könnte ich dich mal ganz kurz sprechen, Elza? Es ist wichtig", sagte sie mit, schon fast erschreckend, freundlichem Tonfall.

Selbst für Haruka hatte sie ein kurzes Lächeln übrig.

Diese zog irritiert eine Augenbraue hoch und verschrenkte ihre Arme vor der Brust.

"Tut mir leid", sagte Elza,

"Ich muß zum Start - habe jetzt einen Probelauf. Du kannst dich ja solange mit Haruka unterhalten. Sie ist schon gelaufen."

Und schon war sie weg.

>Das hat sie doch mit Absicht getan<, knurrte Michiru innerlich.

Langsam drehte sie sich zu Haruka um und fand natürlich das erwartete, triumphierende Grinsen auf deren Lippen vor.

"Du malst?" fragte Haruka und riss Michiru somit aus ihrem krampfhaften Versuch, freundlich zu wirken.

"Äh...was?" presste sie hervor.

"Na das da...", lachte Haruka und deutete auf die Zeichenmappe unter Michiru´s Arm,

"...bist du gut?"

"Gut genug", gab Michiru zurück.

"Darf ich mal sehen?" fragte Haruka und wollte nach der Mappe greifen.

"Finger weg", stieß Michiru hervor und wich einen Schritt zurück.

Haruka hielt überrascht inne, doch dann stahl sich wieder dieses freche Grinsen auf ihre Lippen.

"Wohl doch nicht so gut", fing sie direkt wieder an, Michiru zu sticheln,

"Naja, Mädchen sollten sowieso lieber kochen lernen und Nähkurse besuchen!"

"Das mußt du grade sagen", knurrte Michiru,

"Motorrad fahren und Hochleistungssport ist auch nicht grade weiblich. Von deiner unmöglichen Art dich zu kleiden mal ganz abgesehen!"

"Was gefällt dir nicht an meinen Klamotten?" fragte Haruka und sah an sich herunter.

Sie trug eine kurze, orangefarbene Trainingshose und ein hellgrünes Achselshirt und erst jetzt wurde Michiru klar, wieso sie Haruka grad nicht sofort erkannt hatte.

Ihre schlanken, durchtrainierten Beine wirkten keinesfalls männlich und das, was sich unter dem dünnen Stoff des Shirts abzeichnete, war sogar mehr als weiblich.

Als Haruka sah, wie eindringlich Michiru sie betrachtete, stahl sich gleich ein erneutes Grinsen auf ihr Gesicht.

"Gefalle ich dir?" fragte sie lauernd und Michiru zuckte zusammen.

"Spinnst du?", meckerte sie, als sie sich wieder etwas gefangen hatte,

"Seh ich aus, als leide ich an Geschmacksverirrung?"

"Nein", hauchte Haruka und lehnte sich zu ihr herunter,

"Du siehst aus, als würdest du mich gern berühren..."

Michiru hielt den Atem an.

Haruka´s tiefe, weiche Stimme direkt an ihrem Ohr und deren heißer Atem, verursachten ein sonderbar, flaues Gefühl in ihrer Magengegend. Fast unmerklich fingen ihre Hände an zu zittern und sie mußte sich mit aller Gewalt zusammenreißen, um nicht in sich zusammen zu sacken.

"Das würdest du dir wohl wünschen", versuchte sie so gleichgültig wie möglich hervorzubringen, war sich aber sehrwohl bewußt, daß dieser Versuch absolut gescheitert war.

"Nein", flüsterte Haruka auf verführerische Weise, ohne sich auch nur einen Millimeter zu bewegen,

"Nicht nur das! Viel lieber würde ich DICH berühren..."

Michiru sog hörbar Luft in ihre Lungen und hielt erneut den Atem an.

Zu ihrem Glück kam genau in diesem Moment Elza angelaufen.

"Haruka. Du sollst mal zum Trainer kommen. Er will über deine Zeit reden!"

"Schon unterwegs", rief die Blondine und lief los, jedoch nicht, ohne sich nochmals kurz zu Michiru hinunterzulehnen und ihr ins Ohr zu flüstern:

"Erregender Gedanke, nicht wahr?"

Michiru zuckte nur zusammen.

Erst als Elza neben ihr zum Stehen kam und sie fragend anschaute, fand sie ihr altes Ego zurück.

"Diese arrogante Kuh", meckerte sie los,

"Wie konntest du mich einfach mit ihr alleine lassen?"

"Was ist denn passiert?" war Elza erstaunt,

"Es sah aus, als wärt ihr ganz gut miteinander klar gekommen."

"Klar gekommen?" keifte Michiru,

"Weißt du, was dieses verdorbene Individuum getan hat?"

"Nein, was?" war die Rothaarige erstaunt.

"Sie hat...", polterte Michiru gleich los, biss sich aber im nächsten Moment auf die Zunge.

Sie konnte Elza doch nicht sagen, daß Haruka ihr - bereits zum zweiten

Mal - ein eindeutiges Angebot gemacht hatte.

"Ach nichts", schüttelte die Malerin den Kopf,

"Ich hab wohl bloß überreagiert. Können wir gehen?"

"Sorry, ich muß noch bleiben", erwiederte Elza leicht geknickt,

"Der Trainer will, daß ich gegen Haruka laufe. Er meint, von ihr könnte ich noch viel lernen. Aber wir sehen uns heute Abend. Wir wollten doch ins Kino. Sei mir nicht böse."

Dann lief sie zurück zu den Bahnen.

>Noch viel von ihr lernen<, gingen ihre Worte Michiru durch den Kopf.

"Wenn du wüßtest, WAS du von der noch alles lernen könntest", murmelte sie und verließ dann den Sportplatz.
 

Um 20.00 Uhr saß Michiru neben Elza im Kino.

Seit die Beiden sich vor einer halben Stunde getroffen hatten, hatte die rothaarige Läuferin ununterbrochen von Haruka erzählt.

Michiru stand kurz davor an die Decke zu gehen und atmete erleichtert auf, als endlich das Licht erlosch und die ersten Bilder über die Leinwand huschten.

"Verdammt, wo bleibt sie nur?" flüsterte Elza beim dritten Werbespott.

"Wer?" sah Michiru sie überrascht an,

"Wollte noch jemand herkommen?"

"Ja doch", nickte Elza,

"Ich habe..."

"Sorry, ich hatte ´ne kleine Autopanne", ertönte es leise hinter Michiru.

Diese drehte sich um und sah direkt in Haruka´s Augen, welche sich etwas zu den Mädchen gelehnt hatte.

"Hallo Süße", grinste sie,

"Schön, daß du auch hier bist."

Sie ließ sich auf dem Sitz neben Michiru nieder und diese warf Elza einen vernichtenden Blick zu.

"Wieso hast du sie eingeladen?" fauchte sie so leise nur möglich ins Ohr ihrer Freundin.

"Sei doch nicht gleich sauer", beruhigte Elza,

"Sie ist doch neu in Tokyo und kennt hier niemanden. Es wäre doch schade, wenn sie das ganze Wochenende allein verbringen müßte, wo sie doch so nett ist."

"Nett", spottete Michiru,

"Wenn du wüßtest, WIE nett!"

"Hey, wollt ihr den Film nicht sehen?" fragte Haruka und hatte so wieder Michiru´s ungeteilte Aufmerksamkeit.

"Sorry, aber im Grunde hasse ich Kino", sagte Michiru, wieder versucht, so freundlich wie möglich zu wirken,

"Ich glaube, ich gehe besser. Ihr könnt euch ja auch ohne mich amüsieren."

"Du gehst doch nicht etwa wegen mir?" fragte Haruka, als Michiru sich an ihr vorbeizwängte.

"Als ob du so wichtig wärst", murmelte Michiru, doch Haruka hatte es gehört.

"Bin ich nicht?" grinste die Blondine provozierend, griff nach Michiru´s Handgelenk und zog sie zurück.

Diese verlor das Gleichgewicht und landete direkt auf Haruka´s Schoß.

"Spinnst du?" fauchte Michiru,

"Was soll der..."

Sie verschluckte den Rest.

Einige Kinobesucher begannen, sich aufzuregen, da der Hauptfilm gerade angelaufen war. Elza versuchte, sie zu beruhigen und entschuldigte sich immer wieder, doch weder Michiru, noch Haruka bekamen irgendetwas von dem Tumult mit.

Sie sahen sich nur gegenseitig an und bewegten sich nicht.

>Ich kann gar nicht glauben, daß sie wirklich ein Mädchen ist<, schoss es durch Michiru´s Kopf,

>Sie ist so stark... Warum fühl ich mich so wohl? Ich kann sie doch überhaupt nicht ausstehen.<

"Wunderschön...", hauchte Haruka kaum hörbar.

"Was...?" stieß Michiru etwas erschreckt hervor.

"Deine Augen", lächelte Haruka,

"Du hast wunderschöne Augen."

"Danke", lächelte Michiru.

Sie wußte selbst nicht wieso, aber sie hatte zum ersten Mal das Gefühl, daß Haruka sie nicht ärgern wollte, sondern dieses Kompliment absolut ehrlich gemeint hatte.

Doch schon im nächsten Moment war dieser Anflug eines positiven Gefühls für Haruka auch schon wieder verschwunden. Sie spürte, wie sanft eine Hand über ihren Po glitt und sprang sofort mit einem spitzen Schrei auf.

"Du...du...", knurrte sie.

"Ich?" fragte Haruka mit einem schelmischen Grinsen.

"Ach vergiss es", fauchte Michiru und verließ erhobenen Hauptes den Kinosaal.

"Was hat sie?" fragte Elza verwirrt.

Haruka zuckte mit den Schultern.

"Kriegt wohl ihre Tage."

Elza blickte sie skeptisch an.

"Aber ich kann sie doch nicht einfach so gehen lassen", sagte sie,

"Wir waren verabredet und sie ist schließlich meine beste Freundin!"

Sie wollte aufstehen, doch Haruka hielt sie zurück.

"Lass nur. Ich hol sie zurück."

Sie erhob sich und verließ ebenfalls den Raum. Schon nach wenigen Sekunden erblickte sie Michiru, welche im Vorraum auf einem Sessel saß und schmollte.

Sie trat zu ihr. Michiru sah hoch und wollte direkt weglaufen, doch Haruka hielt sie fest.

"Hey...", sagte sie, in einem, fast entschuldigendem, Tonfall,

"Es war meine Schuld. Ich hätte von Anfang an absagen sollen. Man darf sich nicht zwischen zwei Freundinnen drängen. Geh wieder rein zu Elza - sie macht sich Vorwürfe. Ich werd nach Hause fahren."

"Aber...", wollte Michiru einwenden, doch Haruka unterbrach sie.

"Kein `aber´. Ich hab eh noch zu tun. Also mach dir mit deiner Freundin ´nen schönen Abend."

Michiru nickte, erhob sich und ging an Haruka vorbei.

Diese ergriff die Gelegenheit und gab ihre einen Klaps auf den Hintern. Sofort fuhr Michiru wütend herum. Haruka hob abwehrend die Hände und grinste:

"Bin schon weg."

Das war sie dann auch im nächsten Moment.
 

Elza hatte sich zwar gewundert, daß Michiru ganz allein zurückkam, doch nachdem diese ihr erklärt hatte, daß die Blondine noch zu tun hätte, war sie beruhigt gewesen.

Sie hatte schon befürchtet, einen Streit zwischen Haruka und ihrer besten Freundin heraufbeschworen zu haben. Nach einer Stunde jedoch, hielt sie es nicht mehr aus.

Sie zupfte Michiru am Ärmel und fragte:

"Sag mal, was hast du eigentlich gegen Haruka? Sie ist doch wirklich nett. Also, ich komm sehr gut mit ihr aus."

"Ich hab nichts gegen sie", flüsterte Michiru,

"Ich mag nur ihre Art nicht."

"Wieso das?", war Elza verwirrt,

"Sie ist doch immer nett und zuvorkommend."

"Ja", murrte Michiru ironisch,

"Bei dir vielleicht. Aber wenn ich mit ihr allein bin, dann verhält sie sich wie ein widerlicher Macho!"

"Du übertreibst", meinte Elza.

"Pfff..", machte Michiru nur,

"Ich geh mir etwas zu trinken holen. Willst du auch was?"

Elza schüttelte den Kopf.

Sie konnte sich das Verhalten ihrer Freundin nicht erklären. Ratlos sah sie ihr nach, wie sie den Kino saal verließ.

Als Michiru in den Vorraum trat, mußte sie kurz blinzeln, um sich wieder an die Helligkeit zu gewöhnen. Eigentlich hatte sie nicht mehr die geringste Lust, in den Vorführsaal zurückzukehren.

Zum einen gefiel der Film ihr nicht besonders und zum anderen, hatte sie ganz andere Dinge im Kopf.

Wieso bemerkte Elza nicht, daß Haruka es ständig darauf absah, Michiru zu provozieren? War die Blondine wirklich eine so gute Schauspielerin, daß sie Elza Glauben machte, sie wäre eine echte Freundin?

Oder war die Läuferin einfach nur blind, wenn es um Haruka ging?

Michiru sah auf.

Was, wenn weder das Eine, noch das Andere stimmte?

Was, wenn nur sie allein sich täuschte?

Vielleicht war Haruka ja wirklich ganz nett und sie selbst einfach nur zu verbohrt, um dies zu akzeptieren.

Vielleicht wurmte es sie auch nur, daß ihre beste Freundin plötzlich noch Interresse an der Freundschaft zu einem anderen Mädchen hatte...

"Nein", murmelte Michiru,

"Ich bin nicht eifersüchtig. Ich war es noch nie! Warum auch? Dazu gibt es keinen Grund."

In diesem Moment sah sie etwas, das ihre Aufmerksamkeit erregte.

So gerade eben hatte sie noch gesehen, wie jemand das Gebäude verlassen hatte und sie war sich sicher, daß es Haruka gewesen war.

>Sie hat doch vorhin gesagt, daß sie heim fährt<, dachte Michiru,

>Da stimmt doch was nicht.<

Sie wußte selbst nicht wieso - im Grunde konnte es ihr egal sein - aber ihre Neugier siegte.

Schnellen Schrittes verließ auch sie das Kino und sah sich draußen um.

Sie hatte sich nicht getäuscht. Auf der anderen Straßenseite sah sie Haruka und was noch viel interessanter war - diese war nicht allein.

Ein junges Mädchen mit langen, dunklen Haaren war bei ihr. Sie schienen sich sehr gut zu kennen, denn sie unterhielten sich angeregt miteinander und dann legte Haruka dem Mädchen eine Hand auf die Wange.

"Ich wußte doch, daß sie etwas zu verbergen hat", knurrte Michiru,

"Sie hat doch behauptet, daß sie in Tokyo niemanden kennen würde."

Als Haruka mit dem Mädchen zwischen zwei Häusern verschwand, schlich Michiru näher heran.
 

"Da hinten ist sie", grinste Haruka und deutete ihrem Gegenüber die Richtung.

"Die mit den türkisen Locken?" fragte das Mädchen und Haruka nickte.

"Alle Achtung, Haruka. Geschmack hattest du ja schon immer. Die sieht aus, als käme sie aus gutem Hause und hätte den Hochmut mit Löffeln gefressen."

"Das hat sie", bestätigte Haruka,

"Sie ist Mamas verwöhnter, kleiner Liebling und verträgt es absolut nicht, wenn sie nicht das letzte Wort hat."

"Und du glaubst allen Ernstes, daß du dieses Püppchen rumkriegst?"

"Du kennst mich, Mei - ich gebe nicht so schnell auf", grinste Haruka,

"Dieses Mädchen ist eine Herausforderung der besonderen Art."

"Klar", lachte die Schwarzhaarige,

"Mädchen die dir nachlaufen fandest du ja schon immer uninterressant. Aber an der wirst du dir bestimmt die Zähne ausbeißen. Die macht auf mich nicht den Eindruck, daß sie sich jemals freiwillig auf ein Mädchen einlässt. Und schon gar nicht auf eines wie dich!"

"Das dachtest du von dir selbst auch immer", lachte Haruka,

"Und trotzdem hab ich dich am Ende rumgekriegt."

"Ich wüßte zu gern, was dir das Ganze bringt, Haruka", grinste Mei,

"Solltest du sie aller Wahrscheinlichkeit zum Trotze doch bekommen, lässt du sie danach ja doch wieder fallen. Wozu also diese ganze Anstrengung?"

"Das verstehst du nicht", entgegnete Haruka,

"Ich liebe die Herausforderung einfach. Wenn ich etwas erreicht habe, dann verliert es seinen Reiz und etwas Neues muß ran. Ich bin eben ein Mensch, der immer eine Aufgabe braucht."

Mei schüttelte den Kopf

"Was machst du eigentlich, wenn sich eines deiner `Opfer´ mal wirklich in dich verliebt? Bist du wirklich so kalt, daß dir die Gefühle eines Menschen so egal sind?"

"Meistens sind sie das tatsächlich", gab die Blondine zu,

"Aber mach dir da mal keine Sorgen. So, wie ich mich verhalte, wird sie sich garantiert nicht in mich verlieben. In mich kann man sich gar nicht verlieben! Sie soll mich nur interressant finden und neugierig sein..."

"Warts nur ab, Haruka. Irgendwann kommt der Tag, an dem DU dich verliebst und dann geht dein Spiel nach hinten los!"

"Ich mich verlieben?" lachte Haruka,

"Niemals! Vorher friert die Hölle zu. Und jetzt komm - sie hat uns gesehen."
 

"Na warte nur, Miss Ten´ou. Ich werde herausfinden, was du zu verbergen hast und dann kannst du dich warm anziehen", murmelte Michiru und schlich den Beiden vor sich immer weiter nach.

Als sie endlich stehenblieben, versteckte Michiru sich hinter einer Mauernische.

Leider war es hier zwischen den Häusern recht dunkel und hören konnte sie auch nichts. Also schlich sie noch ein Stückchen näher und hockte sich hinter ein paar Mülltonnen.

"Haruka, du bist unverbesserlich", hörte sie das dunkelhaarige Mädchen kichern.

"Das ist mein Ernst", klang Haruka´s dunkle, weiche Stimme an Michiru´s Ohren,

"Ich beweise es dir."

Dann vernahm Michiru nur noch ein sonderbares Seufzen.

Umständlich versuchte sie, an den Mülltonnen vorbeizuschielen, was jedoch nicht so ganz funktionierte. Kurz atmete sie tief, dann spähte sie über die Mülltonnen hinweg.

"Haruka", japste das dunkelhaarige Mädchen, welches von eben jener an die Wand gedrängt worden war.

Ihre Hände hielten den Kopf des Mädchens und eigentlich war dieser Anblick eindeutig.

"Sie wird doch nicht etwa..."

Weiter kam Michiru nicht. Wild und fordernd presste Haruka ihre Lippen auf die des Mädchens, woraufhin dieses sofort ihre Arme um Haruka schlang und sich fest an sie presste.

Haruka´s Hände wanderten am Körper des Mädchens abwärts und griffen energisch in deren Pobacken.

Im nächsten Augenblick schepperte etwas sehr laut und die beiden Mädchen sahen auf.

"Was war das?" hörte Michiru das dunkelhaarige Mädchen fragen.

"Das war nichts", erklang Haruka´s Stimme,

"Wahrscheinlich eine Katze, die in den Mülltonnen wühlt."

Erleichtert atmete Michiru auf, als die Beiden sich erneut küssten.

Sie hatte so gerade eben noch in der Mauernische verschwinden können, nachdem sie, bei ihrem geschocktem Rückzug, die hinterste Mülltonne umgeworfen hatte.

Jetzt schlich sie auf Zehenspitzen zurück Richtung Kino.
 

Zufrieden sah Haruka den Schatten zwischen den Häusern verschwinden.

"Sie ist weg, Mei. Der Köder ist gelegt", sagte sie und sah ihre Freundin grinsend an.

"Vielleicht hast du sie aber auch für immer verschreckt", spekulierte diese.

"Das glaube ich nicht", wurde Haruka´s Grinsen noch breiter,

"Dafür ist die Kleine viel zu neugierig."

"Was hättest du eigentlich gemacht, wenn wir uns nicht zufällig im Kino getroffen hätten?" bremste Mei jegliche Euphorie in Haruka,

"Ich meine, wie groß ist schon die Chance, sich in einer Stadt wie Tokyo nach fast einem Jahr zufällig wiederzutreffen?"

Haruka zog eine Augenbraue hoch und blickte ihr Gegenüber fast vorwurfsvoll an.

"Das ist Fügung des Schicksals, Mei. Ein kleiner Wink, der nur wieder einmal mehr beweist, daß ich alles bekomme, was ich will..."

Sie grinste überheblich.

"Obwohl ich ihre Aufmerksamkeit auch bekommen hätte, wenn wir beide uns nicht zufällig über den Weg gelaufen wären."

"Daran habe ich keinerlei Zweifel", lachte die Schwarzhaarige,

"Du findest immer einen Weg."

"So ist es", nickte Haruka selbstbewußt,

"Es gibt immer einen Weg."

Mei schüttelte resignierend den Kopf und lachte.

"Unverbesserlich."

Haruka lachte mit.

"Bin mal sehr auf ihr Verhalten in der Schule am Montag gespannt."

Die Schwarzhaarige nickte.

"Erzählst es mir bei Gelegenheit mal, ja? Ich werd jetzt nach Hause verschwinden. Mir ist kalt."

"Kalt?" schnurrte Haruka herausfordernd.

Mei sah sie an und schüttelte grinsend den Kopf.

"Das ist doch nicht dein Ernst?"

"Und ob das mein Ernst ist", flüsterte die Blondine und drängte Mei an die Wand zurück,

"Du weißt, daß ich keine halben Sachen mag und was ich anfange, daß beende ich auch..."

Ihre Hand glitt zwischen Mei´s Schenkel und diese ließ sogleich einen Seufzer von sich.

Hatte sie vor ein paar Sekunden wegen ihres kurzen Rockes noch gefroren, so stieg jetzt eine unglaubliche Hitze in ihr auf.

"Du versuchst ja nichtmal, dich zu wehren", hauchte Haruka in ihr Ohr und knabberte an ihrem Hals.

"Wen wunderts?" japste Mei,

"So wie du mich grad geküsst hast..."
 

"Wo warst du denn?" fragte Elza aufgebracht, als sie Michiru endlich auf sich zukommen sah.

Der Film war längst zu Ende und die Läuferin hatte überall nach Michiru gesucht.

"Ich brauchte frische Luft", gab diese knapp zurück.

Erst jetzt fiel Elza auf, wie nervös und blass ihre Freundin war.

"Du wirst doch wohl nicht krank?" war sie besorgt.

Michiru schüttelte den Kopf.

"Nein, nein. Mir ist nur ein wenig übel. Lass uns bitte schnell nach Hause gehen, ja?"

Elza nickte. Michiru wurde für sie immer mehr zu einem Rätsel.

Als die beiden Freundinnen nebeneinander her gingen, sah Michiru sich immer wieder unsicher um, so, als suche sie jemanden oder wolle sicher gehen, niemandem zu begegnen.

Wie richtig Elza mit ihrer Vermutung lag, war ihr jedoch nicht klar und fragen wollte sie nicht. Michiru würde sich ihr schon anvertrauen, wenn sie es für richtig hielt.
 

Das gesammte Wochenende hatte Michiru weder das Haus verlassen, noch sich bei Elza gemeldet. Ihr ging einfach nicht aus dem Kopf, was sie da in dieser kleinen Gasse gesehen hatte.

Haruka hatte dieses Mädchen geküsst. Und es war kein freundschaftlicher Kuss gewesen, nein, es war ein Kuss voller Leidenschaft und heißblütiger Begierde.

Dieses an sich war natürlich kein Verbrechen. Schließlich mußte jeder selbst für sich wissen, was er wollte oder nicht, aber die Tatsache, daß Haruka wohl eindeutig lesbisch war, hatte in Michiru etwas ausgelöst, was sie nicht verstand.

Sie hatte lange hin und her überlegt, was es wohl war.

Anfänglich glaubte sie, es sei Abscheu, doch das war es nicht.

Sicher, es war ein Schock für sie gewesen, hatte sie doch noch nie zuvor gesehen, wie zwei Mädchen sich küssten, aber als abstoßend empfand Michiru dies nicht.

Sie hatte sich sogar gefragt, ob sie eifersüchtig sei, aber auch das war es nicht. Sie konnte Haruka nach wie vor nicht ausstehen - warum also sollte sie eifersüchtig sein?

Und dann, urplötzlich war er da, dieser Gedanke.

Sie wußte, was sie so geschockt und dieses seltsame Gefühl in ihr hinterlassen hatte. Die Gewissheit, daß Haruka´s anzügliche Sprüche eben nicht nur Sprüche waren.

Das Gefühl, welches Michiru nun seit zwei Tagen in sich trug, welches sie daran hinderte vor die Tür zu gehen und auch den Gedanken an den morgigen Schultag fast unerträglich machte, war Angst.

Sie hatte Angst, Haruka zu begegnen.

Angst, daß sie bei der nächsten dummen Anmache nicht explodieren, sondern rot anlaufen würde, daß sie nicht cool bleiben und sich verraten könnte.

Mit einem lauten Seufzer ließ Michiru sich aufs Bett sinken. Die Arme hinter dem Kopf verschränkt starrte sie an die Decke und fragte sich, wie sie Haruka nun noch gegenübertreten sollte.

Sicher, Haruka wußte nicht, daß Michiru ihr nachgeschlichen war und sie gesehen hatte, aber für Michiru machte diese Tatsache es auch nicht leichter. Wie sollte sie sich jetzt verhalten?

Jedesmal wenn sie Haruka nun sehen würde, würde sie auch diesen Kuss wieder vor ihrem geistigen Auge sehen - dessen war Michiru sich sicher. Obwohl...

"Ach Michiru, du spinnst doch", schimpfte sie sich selbst,

"Sie hat ein Mädchen geküsst - na und? Das kann dir doch ganz egal sein. Und gegen ihre dummen Sprüche kannst du dich noch allemal wehren. Sie weiß ja nicht, daß du es weißt!"

Ihre Finger klammerten sich an das Kopfkissen und sie kuschelte sich fest hinein.

"Einfach keine Gedanken machen", murmelte sie und war bald darauf eingeschlafen.
 

Michiru hatte es am nächsten Morgen tatsächlich geschafft, sämtliches Unwohlsein aus ihrem Körper zu verbannen.

Bis zur Mittagspause verlief ihr Tag auch äußerst ruhig, da der Vormittag komplett aus Kursen bestand und sie weder Elza, noch Haruka begegnete. Jetzt saß sie im Schatten des großen Kirschbaumes und wollte gerade ihr Mittagsmahl genießen, als Elza sich zu ihr gesellte.

"Ich hoffe, du hast dich am Wochenende erholt", sagte sie,

"Ich hab mir echt Sorgen gemacht, weil du dich nicht gemeldet hast und deine Mum mir am Telefon sagte, du seist nicht zu sprechen."

"Tut mir leid", entgegnete Michiru und es klang ehrlich,

"Aber du mußt dir keine Sorgen machen. Es geht mir wieder gut."

Elza nickte zufrieden und holte ebenfalls ihre Lunchbox hervor.

Schweigend verzehrten sie ihr Mittagessen, bis...

"Hey Elza! Heute Nachmittag wieder Training?"

Noch bevor diese antworten konnte, sah Michiru genau in diese dunklen, blaugrünen Augen und eine - mittlerweile übliche - Begrüßung wurde ihr provozierend entgegen gehaucht.

"Hallo Süße! Ich hab dich vermisst."

"Hey, Haruka. Setz dich zu uns", freute sich Elza und griff somit einem befürchteten Wutausbruch Seitens Michiru vor.

Diese jedoch blieb seltsam ruhig und konzentrierte sich nach einem gemurmelten `hallo´ wieder auf ihr Essen.

Elza war mehr als verwirrt. Sie kannte Michiru nun bereits fünf Jahre und sie wußte, daß ihre Freundin es hasste, wenn jemand auf diese Weise mit ihr sprach - besonders, wenn dieser Jemand Haruka war.

Warum Michiru diese Abneigung gegen die hochgewachsene Blondine hegte, konnte Elza sich allerdings nicht erklären.

Gut, Haruka war ein wenig vorlaut, um nicht zu sagen dreist, aber war sie dies doch irgendwie auf eine sehr liebenswerte Art. Und sie schien Michiru wirklich zu mögen. Elza war sich sicher, daß Haruka´s kleine Sticheleien in Michiru´s Richtung einfach nur deren Art waren, Michiru zu deuten, daß sie diese mochte.

"Na, war der Film am Freitag denn noch gut?" fragte Haruka schließlich.

"Mir gefiel er", bekundete Elza, woraufhin Haruka zu Michiru sah.

"Und was ist mit dir? Nachdem ich weg war, konntest du den Film doch endlich genießen."

Michiru versteifte sich unmerklich und starrte ins Nichts.

Elza war etwas ratlos, während Haruka in sich hineingrinste.

Die Rothaarige stieß ihrer Freundin auffordernd in die Rippen, doch diese reagierte noch immer nicht.

>Genießen<, schoss es Michiru immer wieder durch den Kopf.

Vor ihrem geistigen Auge sah sie wieder diese kleine Gasse, dieses dunkelhaarige Mädchen und...Haruka. Dieser Kuss... Und wie dieses fremde Mädchen ihn genossen hatte...

Elza schüttelte resignierend den Kopf und sah dann Haruka an.

"Ihr ging es am Freitag nicht so gut", antwortete sie nun anstelle Michiru´s,

"Sie war frische Luft schnappen und hat den Film nicht zu Ende gesehen."

"Das tut mir leid", sagte Haruka und stubste Michiru an,

"Vielleicht solltest du weniger Süßes essen und dich nicht immer so künstlich aufregen. Aufregung ist Gift für den Körper - selbst für einen so jungen und schönen wie deinem!"

Mit weit aufgerissenen Augen starrte Michiru Haruka an.

>Schon wieder eine versteckte Anmache<, dachte sie, wußte aber nicht zu reagieren.

Haruka lachte.

"Aha! Hab ich dich also ertappt. Du stopfst dich heimlich mit Süßigkeiten voll und..."

"Halt den Mund!" fuhr Michiru sie an und sprang auf,

"Wenn es um Heimlichkeiten geht, bist DU ja wohl die Meisterin und wer hier wen ertappt hat, bleibt die Frage."

"Ich weiß nicht, wovon du sprichst", gab Haruka trocken zurück,

"Als ob ich nötig hätte, heimlich Süßigkeiten zu futtern. Ich gehe mit allem was ich tue immer offen und ehrlich um."

"Ach ja?" keifte Michiru,

"Wer steht denn knutschend in irgendwelchen dunklen Gassen, obwohl sie kurz zuvor noch sagte, daß sie nach Hause fährt? Ich jedenfalls nicht!"

Elza sah auf.

Haruka fing an zu grinsen und Michiru wurde plötzlich ganz still.

Röte stieg ihr ins Gesicht.

"Du hast mich bespitzelt?" murmelte Haruka amüsiert.

"Nein, ich...ich...es war Zufall! Du hattest gesagt, du fährst heim und...was sollte ich denn denken? Ich wollte dich zur Rede stellen, weil...argh! Ich hasse dich!"

Michiru sprang herum und lief einfach davon.

Haruka sah ihr amüsiert nach.

"Du hast einen Freund?" fragte Elza überrascht.

Haruka blickte sie an.

"Nein, nicht direkt."

"Ahh...", grinste Elza,

"Ich verstehe. Wie ist sie so?"

"Sie ist nicht meine Freundin", stellte Haruka klar,

"Jedenfalls nicht mehr."

"Jetzt versteh ich auch, wieso Michiru am Freitag so blass war", kicherte Elza,

"Mit soetwas hatte sie sicher nicht gerechnet."

"Sieht so aus", lachte Haruka.

In ihr breitete sich Zufriedenheit aus. Alles lief genau, wie sie es wollte.
 

>Diese dämliche Ziege<, tobte Michiru vor sich hin,

>Das alles ist doch pure Absicht. Wieso hat die es so auf mich abgesehen? Zu Elza ist sie doch auch immer nett.<

Wütend trat sie ein kleines Steinchen beiseite.

Im Grunde war Michiru auf sich selbst wütend, was diesem Zustand jedoch keinesfalls Abruch verlieh. Im Gegenteil.

Wie hatte sie nur so dumm sein können, sich so leichtfertig zu verraten?

Nun wußte Haruka, daß sie ihr nachgeschlichen war und was die Blondine sich bei dieser Tatsache nun denken mußte, war mehr als klar.

"Verdammt, Michiru. Du bist so ein Trottel!" schimpfte sie sich.

Es läutete, doch die Lust auf ihren Kunstkurs war Michiru gründlich vergangen. Sie holte ihr Zeichenzeug aus ihrem Schließfach und schlenderte zur Tribüne des Sportplatzes.

Um diese Zeit fand noch kein Training statt und so würde sie niemand sehen können. Sie brauchte Ruhe und mußte sich abreagieren. Das konnte sie am besten, in dem sie sich irgendwohin zurückzog und zeichnete.

Als sie ihren Skizzenblock öffnete und nach einem geeignetem Motiv Ausschau hielt, zuckte sie zusammen.

Unten an den Bahnen stand Haruka.

Sie trug einen Trainingsanzug und hatte ihre Sporttasche bei sich.

"Wieso ist die nicht im Unterricht?" murmelte Michiru und nahm ein wenig Deckung.

In diesem Moment tauchte auch der Trainer auf.

"Dann wollen wir mal, Miss Ten´ou", hörte Michiru ihn sagen.

Haruka nickte, stellte ihre Tasche beiseite und schlüpfte aus ihrem Trainingsanzug.

In derselben kurzen Hose und dem Muskelshirt vom letzten Freitag nahm sie ihre Startposition ein. Auf das Zeichen des Trainers hin lief sie los.

>Wahnsinn<, dachte Michiru,

>Ich habe noch niemals jemanden so schnell und so leichtfüßig laufen

sehen.<

Sie richtete sich auf, um besser sehen zu können.

Haruka schien sich überhaupt nicht anzustrengen. Sie flog gradezu über die Aschebahn und ihr durchtrainierter Körper zog Michiru mehr und mehr in seinen Bann.

Langsam ließ sie sich auf einen Stuhl sinken, griff nach der Zeichenkohle und ließ ihre Hand wie von selbst über das weiße Papier gleiten.

Schon nach wenigen Minuten hatte sie Haruka´s Lauf auf das Papier gebannt. Michiru betrachtete ihr Werk und mußte lächeln.

Mit einer schnellen Bewegung schrieb sie `Wild Wind´ über die Zeichnung um gleich darauf mit ihrem Blick wieder auf die Bahn hinunterzuschweifen. Haruka war dabei, sich wieder anzukleiden und Michiru hörte, wie der Trainer sich gar nicht mehr einbekam vor Begeisterung.

Zumindest in dieser Hinsicht mußte Michiru ihm zustimmen.

Haruka war eine unglaubliche Läuferin. Kein Wunder, daß sie Elza bei jedem Lauf besiegt hatte.

Selbst jetzt, nachdem sie mehere Runden gelaufen war, schien Haruka´s Atmung ganz ruhig und sie schwitze nicht. Demnach hatte sie sich zurückgehalten und trotzdem Zeiten erzielt, welche den Trainer gar nicht mehr aus seiner Euphorie entließen.

Nachdem dieser seinen Redeschwall endlich beendet und den Sportplatz verlassen hatte, drückte Haruka kurz ihr Kreuz durch und streckte sich.

Dabei fiel ihr Blick auf die Tribüne und Michiru zuckte ertappt zusammen.

"Beobachtest du mich schon wieder?" rief Haruka ihr zu.

Michiru atmete tief durch, griff ihr Zeichenzeug und ging die Tribünentreppe zum Sportplatz hinunter.

Unten erwartete Haruka sie bereits.

"Nicht, daß du etwas falsches denkst", fing Michiru gleich an,

"Ich war rein zufällig hier. Ich habe überhaupt keinen Grund, dir nachzulaufen."

"Schon gut, schon gut", hob Haruka beschwichtigend die Arme,

"War doch blos ´n Witz."

Sie warf sich ihre Sporttasche über und wand sich um zum gehen.

"Du läufst unglaublich gut", hörte sie Michiru´s sanfte Stimme hinter sich.

"Findest du?" fragte Haruka und drehte sich wieder zu ihr um.

Es war Michiru sichtlich unangenehm, aber sie riss sich zusammen.

"Ja...", flüsterte sie fast schüchtern,

"Es ist...angenehm, dir...zuzusehen..."

"Du überrascht mich", entgegenete Haruka in einem ruhigen, fast sanften Tonfall.

"Warum?" hob Michiru abrupt ihren Kopf und war durch diese Geste nur wenige Zentimeter von Haruka´s Gesicht entfernt.

Sofort wurde sie wieder total unsicher und wollte sich ein Stück zurückziehen, doch Haruka´s sanftes Lächeln ließ sie ihr Vorhaben vergessen.

Die Blondine hob ihre Hand und legte sie auf Michiru´s Wange.

"Bisher hast du immer nur Schimpfworte und einen bösen Ton für mich übrig gehabt", flüsterte sie, während ihre Fingerspitzen sich leicht über Michiru´s Haut bewegten,

"Aber vielleicht..."

"Was?" presste Michiru atemlos hervor.

Sie konnte sich einfach nicht von Haruka´s Berührung losreißen. Von dieser zarten Berührung nicht und auch von diesen unergründlichen Augen nicht.

Haruka lächelte.

"War es auch...`angenehm´, mir beim küssen zuzusehen?"

Michiru schluckte.

Sie wollte verneinen, wollte sich gegen diesen falschen Verdacht zur Wehr setzen, doch kein Laut drang über ihre Lippen.

Haruka näherte sich ihr stetig und Michiru war wie paralysiert.

Erst als sie Haruka´s Atem auf ihren Lippen spürte, fand sie zu sich selbst zurück. Sie holte aus und zum zweiten Mal zeichneten ihre Finger sich in einem roten Abdruck auf Haruka´s Wange ab.

"Ich hab versucht, freundlich zu sein", fauchte sie,

"Aber du willst es ja nicht anders!"

Sie drehte sich um und stapfte wütend davon.

Haruka rieb sich die malträtierte Wange.

"Hätte mich auch ein wenig gewundert, wenn ich dich so schnell rumbekommen hätte", murmelte sie und grinste.
 

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Fortsetzung folgt...

Klare Verhältnisse

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Schweigend schlenderte Michiru neben Elza her.

Irgendwann brach Elza das Schweigen.

"Die Kitura hat dir Strafpunkte gegeben, weil du den ganzen Nachmittag nicht im Unterricht warst."

"Egal", murmelte Michiru völlig in Gedanken.

"Vielleicht schickt sie eine Nachricht an deine Eltern", startete das Rothaarige Mädchen einen weiteren Versuch.

"Pech", war alles, was Michiru darauf erwiederte.

Elza blieb stehen.

Michiru machte noch zwei Schritte, hielt dann jedoch auch inne und sah ihre Freundin fragend an.

"So geht es nicht weiter", sagte Elza entschlossen.

Michiru kam zu ihr zurück und fragte:

"Wovon sprichst du?"

"Das mit dir und Haruka", antwortete Elza bestimmt,

"Dieses ewige Gezoffe ist unerträglich. Sie ist wirklich in Ordnung. Gib ihr doch einfach mal eine Chance."

"Das kann ich nicht", murmelte Michiru,

"Bitte glaub mir Elza. Ich würde ja gerne, aber es geht nicht."

"Ist es deshalb, weil sie auf Mädchen steht?" wollte die Läuferin wissen.

Michiru sah sie überrascht an.

"Sie hat es dir gesagt?"

"Hat sie", bestätigte Elza,

"Heute in der Mittagspause. Aber gedacht hatte ich mir das eh schon. War bei ihr doch etwas zu deutlich."

Michiru nickte.

"Aber das ist es nicht, Elza. Wirklich."

"Und was dann?" wollte diese wissen.

Michiru schluckte.

Dann sagte sie zögerlich:

"Ich glaube, sie...will was von mir."

Als Elza nichts sagte, fuhr sie fort:

"Sie macht ständig irgendwelche Anspielungen, baggert mich auf absolut dreiste Weise an und hat mir im Kino sogar an den Po gegriffen. Aber ich bin nicht wie sie! Mir ist das unangenehm."

"Vielleicht bist du einfach zu verklemmt", stellte Elza fest,

"Mir hat sie auch schon gesagt, daß ich einen scharfen Hintern hätte und wie es sich wohl anfühlen möge, wenn ich jemanden mit meinen Beinen umschlinge. Das ist halt ihre Art. Sie flirtet doch nur ein wenig. Also, mir machen ihre Sprüche nichts."

"Dich wollte sie ja auch nicht küssen", brauste Michiru auf und wurde im nächsten Moment ganz klein.

"Sie...wollte dich küssen? Wann?" war Elza total verdattert.

"Heute Mittag auf dem Sportplatz", antwortete Michiru leise.

Elza holte tief Luft. Im Moment schien sie nicht zu wissen, was sie sagen sollte, denn damit hatte sie wirklich nicht gerechnet. Dann jedoch fand sie ihre Selbstsicherheit zurück.

"Bist du dir sicher, daß sie das wollte? Ich meine, vielleicht hast du dich auch getäuscht."

Michiru schüttelte den Kopf.

"Kein Irrtum möglich. Ich hab ihre Lippen schon fast gespürt. Im letzten Moment hab ich ihr eine Ohrfeige gegeben und dann bin ich weggelaufen."

"Du hast sie geschlagen?" war Elza erschrocken,

"Warum? War das denn wirklich nötig? Warum sagst du ihr nicht einfach, daß du das nicht willst. Ich bin mir sicher, daß sie dich dann mit ihren Anmachen verschonen würde."

"Das würde sie nie", wurde Michiru nun wieder leicht böse,

"Sie wird erst dann Ruhe geben, wenn sie mich entweder im Bett hatte oder ich in eine andere Stadt ziehe. Sie spielt irgendein verdorbenes Spiel und hat mich als ihr Opfer auserkohren!"

"Das bildest du dir ein", widersprach Elza,

"Soetwas würde sie nie tun!"

Sie war von Haruka´s Unschuld überzeugt.

"Woher weißt du das?" ereiferte sich Michiru,

"Du kennst sie genauso viel oder wenig wie ich. Vor drei Tagen hat sie mit irgendeinem Mädchen in einer schmutzigen Gasse rumgeknutscht und ich will gar nicht wissen, was sie noch getan haben, nachdem ich weg war! Und heute wollte sie MICH küssen. Sie nimmt, was sie kriegen kann, aber nicht mit mir!"

"Michiru...", wollte Elza sie beruhigen, doch diese wehrte ab.

"Sorry, ich hab meine Zeichenmappe im Klassenraum liegen lassen. Ich muß nochmal zurück. Warte nicht auf mich."

Und schon lief Michiru zurück Richtung Schule.

Sie wollte nicht weiter diskutieren. Ihre Meinung zu Haruka stand und die würden auch Elza´s fürsprechende Worte nicht ändern.
 

Langsam lief Michiru durch das leere Schulgebäude.

Die ungewohnte Stille wirkte irgendwie bedrückend an diesem, sonst so belebten, Ort. Erst jetzt, ohne die vielen Schüler, fiel Michiru auf, wie groß dieses Gebäude war. Der Flur zu ihrem Klassenzimmer schien gar kein Ende zu nehmen.

Draußen begann es bereits zu dämmern und Michiru beschleunigte ihre Schritte. Sie wollte das Schulgebäude wieder verlassen haben, bevor es völlig dunkel wurde.

Als sie ihren Klassenraum endlich erreicht hatte und grad die Klinke betätigen wollte, hielt sie irritiert inne. Aus dem Raum drangen Geräusche.

>Das kann doch gar nicht sein<, dachte sie,

>Nach Schulschluss ist der Aufenthalt im Gebäude doch verboten.<

Vorsichtig legte Michiru ein Ohr an die Tür und lauschte.

"Ich hab soetwas noch nie getan", hörte sie eine gedämpfte Mädchenstimme.

War das nicht Kyoko aus ihrem Kunstkurs?

"Dann wird es höchste Zeit", erklang eine zweite Stimme.

"Haruka", murmelte Michiru,

"Was hat dieses verquere Machoweib nun schon wieder vor?"

Aber egal, was es war - Michiru würde ihr die Suppe schon versalzen. Nachdem sie einmal tief Luft geholt hatte, drückte sie die Klinke herunter und stieß die Tür zum Klassenzimmer auf.

"Erwischt", donnerte sie direkt los,

"Direktor Tomoe wird es freuen zu erfahren wer..."

Die Worte blieben ihr im Halse stecken.

Kyoko war entsetzt von Haruka zurückgesprungen, welche nur mit Boxershort und offenem Hemd bekleidet, mehr auf dem Lehrerpult lag, alsdaß sie saß.

Verlegen schloss das braunhaarige Mädchen ihre Bluse und lief hektischen Schrittes an Michiru vorbei aus der Klasse.

Diese stand wie zur Salzsäule erstarrt vor der großen Tafel und schien mindestens genauso geschockt wie Kyoko. Nichteinmal zu einem Augenaufschlag war sie fähig, als Haruka sich langsam erhob, ihre Hose hochzog und Kyokos Slip, welcher am Boden gelegen hatte, in ihrer Hosentasche verschwinden ließ.

Erst als die hochgewachsene Blondine mit einem breiten Grinsen und immernoch offenem Hemd auf sie zukam, fand Michiru ein wenig zu sich selbst zurück.

"Was hast du getan?" flüsterte sie fast apathisch,

"Hast du etwa wirklich mit ihr..."

"Noch nicht so ganz...", brachte Haruka´s Stimme sie zum Schweigen.

Sie klang irgendwie anders als sonst. Etwas tiefer, weicher, auf sonderbare Weise erotisch.

Michiru lief ein Schauer über den Rücken, so sehr drang diese Stimme durch ihren Körper. Ihre Gedanken überschlugen sich.

Was geschah da mit ihr?

"Du hast ein echt gutes Timing, weißt du das, Süße?" hörte sie erneut Haruka´s Stimme, welche nicht ein bißchen dieser prickelnden Erotik eingebüßt hatte.

Michiru sah auf.

>Oh Gott, lass mich sterben<, dachte sie, als ihr Blick über das weiße Hemd glitt, welches offen über Haruka´s Schultern hing, den gelockerten Schlips, dessen weicher Stoff die Haut zwischen ihren nackten Brüsten streichelte...

"Wie konnte ich dich nur jemals für einen Jungen halten?" rutschte es Michiru heraus.

Haruka hielt kurz inne und sah an sich hinunter.

Mit einem Lächeln und überirdischem Glanz in den tiefen, dunklen Augen hob sie den Kopf wieder und machte einen weiteren Schritt.

Sie war Michiru nun ganz nahe und diese wich die letzten paar Zentimeter an die Tafel zurück, was den Abstand zwischen ihnen jedoch nur unwesentlich vergrößerte.

"Vielleicht...weil du mich von Anfang an wolltest?" wisperte Haruka,

"Da durfte ich eben kein Mädchen sein..."

"Nein", formten Michiru´s Lippen fast lautlos, als Haruka´s Hand über ihre Wange strich, weiter in Richtung Nacken glitt und dort mit ihren Haaren spielte,

"Du irrst dich."

Sie fühlte Haruka´s Körper ganz dicht an ihrem, die langsamen, aber dennoch fordernden Bewegungen und ihre Knie drohten, nachzugeben.

Während Haruka´s rechte Hand noch immer durch ihre türkisen Locken strich, fuhr ihre linke über deren Hüfte, streichelte kurz ihren Po, glitt dann ein wenig höher und zog Michiru noch fester an ihren Körper.

"Was tust du?" japste diese kaum hörbar.

Sie fühlte Haruka´s Wange über ihre streichen, spürte deren heißem Atem auf ihrem Hals und wurde sich darüber bewußt, daß ein elektrisierendes Kribbeln sich in ihrem ganzen Körper ausbreitete.

"Bitte...", keuchte sie erneut,

"...was tust du nur?"

Haruka´s Lippen strichen sacht über ihren Hals.

"Ich mache da weiter, wo du mich unterbrochen hast", hauchte sie.

"Haruka bitte...", war alles, was Michiru hervorbrachte,

"...Kyoko..."

"Sie ist nicht mehr hier", klang es leise an ihre Ohren,

"Und du bist mir sowieso viel lieber."

Jetzt fand Michiru langsam ihre Körperbeherrschung zurück.

"Haruka, lass das", befahl sie mit etwas festerer Stimme und wollte diese von sich drücken, was sie jedoch nicht zuließ.

Ihre Finger klammerten sich um Michiru´s Handgelenke und drückten sie mit sanfter Gewalt gegen die Wand.

"Lass dich doch einfach fallen", wisperte sie,

"Ich weiß, daß du es willst."

"Nein", schrie Michiru und schaffte es nun tatsächlich, sich aus Haruka´s Griff zu wenden.

So schnell, daß die Blondine gar nicht reagieren konnte, hatte sie ihre Fingernägel über Haruka´s Wange gezogen, welche sogleich zu bluten begann.

Etwas irritiert strich Haruka mit den Fingern über die Schrammen und betrachtete dann das Blut auf ihren Fingerspitzen.

Den Blick, mit welchem sie Michiru dann ansah, ertrug diese einfach nicht.

"Du bist selbst Schuld", fauchte sie,

"Vielleicht kapierst du jetzt endlich, daß ich nicht so Eine bin und lässt mich in Ruhe!"

Sie lief aus der Klasse und ließ Haruka allein zurück.

Im Moment war ihr alles egal - nur weg von hier.

Tränen bahnten sich den Weg in ihre blauen Augen, verschleierten ihr die Sicht. Sie fluchte und beschimpfte sich selbst dafür, daß sie weinte.

Woher nur kam dieser fürchterliche Schmerz?
 

Mit einem lauten Knall schmiss Haruka die Wohnungstür ins Schloss. Ihre Schultasche flog in irgendeine Ecke und auch ihre Schuhe fielen diesem Schicksal zum Opfer.

"Verdammt", fluchte sie,

"Du bist so eine Idiotin, Ten´ou!"

Hektisch befreite sie sich von allen Klammotten, welche zur Schuluniform gehörten und ließ sie achtlos am Boden liegen.

Nur mit Socken und Boxershort bekleidet stapfte sie ins Bad und riss das Arzneischränkchen auf. Sie griff nach der Alkohollösung und einem Wattebausch.

"Diese Furie", zischte sie und fing an, die blutigen Schrammen auf ihrer linken Wange zu desinfizieren.

Bei jeder Berührung mit der Watte gab sie zischende Geräusche von sich, welche dem brennenden Schmerz Ausdruck verliehen.

Doch dann entspannte sich ihr Gesichtsausdruck.

Fast ausdruckslos starrte sie ihr Spiegelbild an.

"Du bist so dumm", flüsterte sie.

Sie wußte, daß sie nicht auf Michiru, sondern nur auf sich selbst wütend war.

Wie hatte sie das nur tun können?

Gut, sie war nicht wirklich grob zu Michiru gewesen, genau genommen war sie nur so weit gegangen, wie Michiru sie gelassen hatte - wenn sie Haruka hatte auch nur gewähren lassen, weil sie so geschockt und überrumpelt

war - dennoch war es nichts weiter, als ein Verführungsversuch gewesen. Ein Verführungsversuch, welchen Michiru anfänglich zuzulassen schien. Aber wirklich gewollt hatte diese es nicht.

Normalerweise war soetwas kein Problem für Haruka. Sie hatte im Laufe der Zeit die Erfahrung gemacht, daß sie jedes Mädchen bekam, welches sie wirklich wollte.

Ob nun früher oder später tat nichts zur Sache.

In der Ruhe lag die Kraft und es gab ja auch immer genug `Ausweichmöglichkeiten´, bis sie ihr eigentliches Ziel erreichte.

Warum also hatte sie dieses Mal das klare `nein´ nicht akzeptieren können? Ein paar Stunden zuvor auf dem Sportplatz hatte sie es doch auch gekonnt. Was war anders gewesen als sonst?

Lag es nur an der Tatsache, daß Michiru sie inflagranti erwischt hatte und Haruka einen gewissen Erregungsgrad ihres Körpers natürlich nicht leugnen konnte?

Nein! Natürlich war sie recht hormongesteuert - was sie auch nicht

störte - aber dennoch hatte Haruka sich immer unter Kontrolle gehabt.

Sie hatte in ihrem Leben weitaus delikatere Situationen erlebt, war aber immer Herr ihrer Sinne und auch ihrer Triebe gewesen.

Warum also hatte sie nicht aufhören wollen, als Michiru sie darum gebeten hatte?

"Verfluchte Scheiße", donnerte sie los und schlug gegen die Seitenwand der Duschkabine.

Durch dieses unüberlegte Handeln war nun wohl alles zerstört.

Nicht nur, daß sie alles, was sie bisher bei Michiru erreicht nun wohl auch wieder kaputt gemacht hatte, nein, wenn die türkishaarige Malerin sie beim Direktor anschwärzen würde, würde sie wohl auch der Schule verwiesen. Dieses an sich interessierte Haruka zwar reichlich wenig und auch die Tatsache, daß sie dann erneut die Schule wechseln mußte, war ihr egal. Aber das dieses bedeuten würde, daß sie alles hier - eingeschlossen

Michiru - zurücklassen mußte, machte sie rasend.

Es wäre das allererste Mal, daß sie ein Mädchen nicht bekommen würde und dieser Umstand kratzte an ihrem Ego.

Aber war es wirklich nur das?

Lag es nicht vielleicht auch daran, daß Haruka sich zum ersten Mal in ihrem Leben irgendwie zu Hause fühlte?

Sie wollte nicht weg von hier.

Leider warf auch diese Feststellung ein weiteres `warum´ in ihr auf.
 

"Michi-Kind, was ist los?" rief Miss Kaioh besorgt, als ihre Tochter ins Haus stürmte, Schuhe und Schultasche an Ort und Stelle fallenließ und schluchzend nach oben verschwand.

Sie ging ihrer Tochter nach, klopfte an ihre Tür und wollte direkt eintreten, doch Michiru hatte abgeschlossen.

"Michiru. Bitte mach auf. Was ist denn passiert?"

"Geh weg", kam es tränenerstickt von drinnen.

"Hat dir jemand etwas getan?" fragte die Mutter besorgt,

"Oder stimmt in der Schule etwas nicht?"

"Es ist nichts", erwiederte Michiru,

"Lass mich einfach, ok?"

Auch Michiru´s Vater war aufmerksam geworden und trat zu seiner Frau. Diese blickte ihn hilfesuchend an.

"Möchtest du nicht darüber reden?" fragte nun der Vater durch die verschlossene Tür,

"Reden bewirkt manchmal Wunder."

"Ich will nicht reden, verdammt", wurde Michiru leicht böse,

"Das hilft mir auch nicht weiter. Geht einfach!"

"Was ist nur mit ihr?" fragte Mrs. Kaioh ihren Mann,

"So kenne ich sie gar nicht. Ich habe unsere Tochter niemals fluchen gehört."

Ihr Mann lächelte.

"Mach dir keine Sorgen, Liebling. Ich denke, das ist ganz normal. Unsere Tochter ist kein Kind mehr - sie ist schon 17 und eigentlich hatte ich schon viel früher mit soetwas gerechnet."

"Was heisst, du hast damit gerechnet?" war Mrs. Kaioh etwas verwirrt,

"Du meinst doch nicht etwa...?"

"Doch, das meine ich", betätigte Michiru´s Vater,

"Das ist wohl ihr erster Liebeskummer."

"Sie...ist verliebt?" hakte die Frau nochmals nach,

"Aber in wen? Ich hab sie in letzter Zeit von keinem Jungen sprechen hören."

"Mach dir keine Gedanken", lachte Mr. Kaioh,

"Sie wird uns ihren Prinzen schon vorstellen, wenn es an der Zeit ist."
 

Michiru lag auf ihrem Bett und schluchzte.

Die Tränen versiegten langsam, aber das Zittern, welches ihren Körper seit einer halben Stunde gefangenhielt, wollte nicht weniger werden.

Es hatte genau mit der ersten, flüchtigen Berührung von Haruka begonnen.

>Haruka...<

Michiru sah auf ihre Handgelenke.

Nein. Wehgetan hatte sie ihr nicht, auch wenn der Griff der Blondine der Kraft eines Schraubstocks gleichkam.

Im Gegenteil. Nie zuvor war Michiru auf sanftere Art berührt worden.

Sie hatte all diese Berührungen zwar nicht gewollt, aber dennoch waren sie so angenehm gewesen, daß sie sie auch nicht wirklich hatte beenden wollen. Sie waren mehr als nur angenehm gewesen...

Langsam tastete Michirus Hand an ihrem Körper abwärts.

Zögerlich zogen ihre zarten Finger den knielangen Rock soweit nach oben, daß der Weg zwischen ihre Schenkel frei war.

Sie atmete noch einmal tief durch und strich dann langsam über den kühlen Stoff ihres Seidenslips. Ein Stück spreizte sie ihre Beine und schloss dann fast resignierend die Augen, als sie ihre Hand noch ein wenig weiter schob und die Hitze ihres feuchten Höschens fühlte.
 

"Verdammt Haruka, was ist denn heute los mit dir?" japste Elza und sank völlig geschafft ins Gras.

Auch Haruka´s Atmung war schnell und sie beugte sich vorn über, um besser Luft zu bekommen.

Elza lag mittlerweile lang ausgestreckt auf dem Rücken und konnte noch immer kaum sprechen.

"Du bist gelaufen, als wäre der Teufel persönlich hinter dir her", bekundete sie mit pfeifenden Lungen,

"Wovor willst du weglaufen?"

Haruka richtete sich wieder auf und blickte sie an.

"Ich laufe nicht weg", sagte sie kalt,

"Niemals!"

Sie drehte sich um und wollte gehen.

Elza blickte sie erstaunt an. Irgendetwas stimmte nicht mit der großen Blondine. So hatte sie sie noch nie erlebt.

Ohne lange zu überlegen fragte sie einfach:

"Ist es wegen gestern?"

Nicht nur, daß Elza mit dieser Frage erreicht hatte, das Haruka stehenblieb, nein, der rothaarigen Läuferin war auch nicht entgangen, wie Haruka unter ihren Worten zusammengezuckt war.

"Was weißt du von gestern?" fragte Haruka tonlos und drehte sich wieder zu Elza um.

Diese hatte sich aufgerichtet und kam nun wieder vollends auf die Beine.

"Nur, was Michi mir erzählt hat. Ich weiß allerdings nicht, ob ich es glauben soll."

"Glaub es ruhig", gab Haruka zurück,

"Sie ist deine Freundin und würde dich gewiss nicht anlügen."

"Das nicht", gab Elza sofort zurück.

Ihr war nicht entfallen, daß diese Situation Haruka äußerst unangenehm zu sein schien.

"Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß du allen Ernstes versucht haben sollst, sie zu küssen. Und das auch noch mitten auf dem Sportplatz. Außerdem weißt du, daß sie nicht auf Mädchen steht."

Haruka´s Blick hellte sich auf.

Scheinbar hatte Michiru ihr nicht erzählt, was am späten Nachmittag noch im Klassenzimmer passiert war.

"Doch", sagte sie,

"Ich wollte sie küssen. Kannst du mir das übel nehmen? Ich meine - sieh sie dir an. Sie ist wunderschön und im Kopf hat sie auch was. Jeder Mann der Welt würde sie haben wollen - warum also nicht auch eine Frau wie ich?"

Elza nickte zögerlich.

Nach kurzem Schweigen fragte sie:

"Liebst du sie?"

Haruka stutzte.

Einen Augenblick lang hatte Elza das Gefühl, daß Haruka sich einfach umdrehen und gehen würde, doch dann lächelte sie.

"Nein. Ich war noch nie verliebt und außerdem wäre es ganz schön selbstzerstörerisch von mir, mich in eine Heterofrau zu verlieben, oder meinst du nicht?"

Die Rothaarige senkte kurz den Blick. Dann sah sie ihr Gegenüber wieder an und sagte:

"Das wäre es wohl. Aber warum wolltest du sie dann küssen?"

"So bin ich halt", gab Haruka trocken zurück,

"Mir war einfach danach und außerdem kann ich nicht leugnen, daß ich Michiru garantiert nicht von meiner Bettkante schubsen würde. Aber Sex hat nicht gleich automatisch etwas mit Liebe zu tun."

Wieder nickte Elza nur.

"Sonst noch was?" fragte Haruka leicht genervt.

"Ja", antwortete die Rothaarige prompt,

"War sie das?"

Sie deutete auf Haruka´s geschundene Wange.

Diese zog eine Augenbraue hoch, doch dann wurde ihr Blick finster.

"Das geht dich nichts an", knurrte sie und ließ die andere Läuferin einfach stehen.

Elza sah ihr ratlos nach.

Hatte Michiru tatsächlich die ganze Zeit recht gehabt?

Sie hatte nie den Eindruck gehabt, daß Haruka so oberflächlig und kaltherzig war, doch nach allem, was diese gerade zu ihr gesagt hatte, wußte die Läuferin wirklich nicht mehr, was sie denken sollte.

Endweder war Haruka tatsächlich gefühlskalt, oder sie log, daß sich die Balken bogen.

"Na warte", murmelte Elza,

"Ich werd schon noch herausfinden, woran ich bei dir bin, Ten´ou Haruka!"
 

Während der gesamten Mathestunde warf Elza immer wieder verstohlene Blicke zu Haruka.

Diese bemerkte davon nichts, denn ihr Augenmerk galt einzig Michiru.

Aber irgendwie sah sie sehr nachdenklich aus, befand Elza. Der Blick der Rothaarigen schweifte auf Michiru. Diese folgte dem Unterricht.

>Hm...aber sie würden gut zusammenpassen. Was den Dickkopf angeht, stehen sich die beiden in Nichts nach.<

Elza schüttelte sich.

>Was denke ich denn da? Ich kann meine beste Freundin doch nicht mit einem Mädchen verkuppeln.<

Herr Okudera erklärte grade etwas und nahm auf seinem Pult platz. Sofort senkte Michiru den Blick und lief rot an. Elza wurde aufmerksam.

>Was geht da vor? Woran denkt sie?<

Wieder blickte Elza zu Haruka.

Diese hatte zwar nicht sehen können, daß Michiru errötet war, aber wie die türkishaarige Künstlerin immer kleiner wurde, war ihr nicht entgangen.

Und scheinbar kannte Haruka den Grund dafür, denn sie grinste amüsiert.

>Die haben doch was zu verbergen<, dachte Elza,

>Da steckt mehr dahinter, als dieser nicht stattgefundene Kuss von gestern Mittag. Außerdem würde Michiru sich wegen soetwas niemals so vergessen und einen anderen Menschen verletzen."

Nun traf Haruka´s Blick auf Elza.

Als sie bemerkte, daß diese sie beobachtete und scheinbar voller unbezähmbarer Neugier steckte, wurde ihr Grinsen überheblich. Sie lehnte sich zurück, verschrenkte die Arme vor der Brust und warf einen kurzen, vielsagenden Blick zu Michiru.

>Ich bin mir sicher, daß die Schrammen auf ihrer Wange von Michi sind. Aber was hat sie wohl getan, daß Michiru so reagiert hat?"

Haruka lächelte immernoch und Michiru war sichtlich nervös.

>Ich krieg es schon raus<, schienen Elza´s Augen Haruka sagen zu wollen.

"Niemals", formten deren Lippen lautlos zur Antwort.
 

Endlich war die letzte Stunde vorbei.

Elza beeilte sich, um Michiru nicht zu verpassen. Als sie diese endlich entdeckte, rief sie sie sogleich.

Michiru jedoch regierte gar nicht und ging einfach weiter.

"Michiru", rief Elza nochmals und lief ihr nach.

Als sie die junge Künstlerin endlich eingeholt hatte, sah diese sie erstaunt an.

"Elza? Was ist los?"

"Was los ist?", pustete diese,

"Du bist gut. Ich habe dich mehrmals gerufen. Warum bist du einfach weitergegangen?"

Michiru schien noch überraschter.

"Wirklich? Tut mir leid. Ich war völlig in Gedanken und habe dich gar nicht gehört."

"Na, da bin ich ja mal gespannt, was dich derart beschäftigt, daß du mich nichtmal rufen hörst", sagte Elza.

Michiru errötete leicht, drehte sich schnell weg und ging weiter.

"Michiru", mahnte Elza und schloss mit ihrer Freundin auf.

"Es ist nicht so wichtig", meinte Michiru, ohne Elza anzusehen.

Diese seufzte einmal tief.

Dann entschloss sie sich, alles auf eine Karte zu setzen.

"Es geht um Haruka, nicht wahr?"

Michiru blieb abrupt stehen.

"Wie kommst du darauf?" presste sie unsicher hervor.

"Also doch", flüsterte Elza,

"Du hast ihr diese Schrammen verpasst. Michiru! Was hat sie dir getan?"

Sie fasste ihre Freundin bei den Schultern und schüttelte sie.

"Michi bitte! Hat sie dir irgendwie wehgetan? Du mußt es mir sagen."

Einen Moment hatte Elza den Eindruck, Michiru würde anfangen zu weinen, doch dann lächelte diese sanft.

Sie legte ihrer Freundin eine Hand auf die Wange und sagte:

"Mach dir keine Sorgen, Elza. Es ist nichts. Sie konnte nur wieder einmal ihr loses Mundwerk nicht halten und da ist es halt mit mir durchgegangen. Nichts weiter."

Elza nickte, schien jedoch nicht wirklich zufrieden.

"Aber du mußt es mir sagen, wenn sie dir etwas tun sollte oder nochmal aufdringlich wird."

Michiru sah sie überrascht an.

"Es tut mir leid, daß ich dir nicht geglaubt habe", murmelte Elza schuldbewußt,

"Ich weiß jetzt, daß du Recht hattest. Ihre Anmachen in deine Richtung waren gezielt."

"Schon gut", lächelte Michiru jetzt.

Sie holte einmal tief Luft und sagte:

"Und jetzt genug Trübsal geblasen. Wir haben Schule aus und da möchte ich nicht über dieses Machoweib nachdenken. Lass uns einen Tee trinken gehen."

"Das machen wir", stimmte Elza nur zu.
 

Als die Beiden gemütlich beisammen saßen, fiel Michiru die Unruhe ihrer Freundin auf.

Irgendetwas brannte dieser auf der Seele und die Künstlerin war sich sicher, daß es um Haruka ging.

Sie griff nach Elza´s Hand und als diese sie überrascht ansah, lächelte sie sanft.

"Frag doch einfach", sagte sie leise.

Elza schüttelte den Kopf.

Michiru seufzte einmal tief, dann sagte sie:

"Ich hab Haruka mit einem Mädchen erwischt. Genauer gesagt, mit Kyoko aus meinem Kunstkurs."

Elza sah sie erstaunt an.

"Erwischt?" fragte sie zaghaft,

"Was heißt erwischt?"

Eigentlich war diese Frage vollkommen überflüssig, denn in Michiru´s Augen konnte sie genau sehen, wobei diese Haruka erwischt hatte.

"Wo?" traute Elza sich, weiter zu fragen,

"Und wann?"

"Gestern Nachmittag", entgegnete Michiru,

"Als ich zurück zur Schule gegangen bin. Ich bin in unseren Klassenraum rein und da...da lagen sie auf dem Lehrerpult..."

Sie verstummte.

Einen Moment schwieg auch Elza, doch dann fing sie an zu grinsen.

"Ach deswegen bist du heute so rot geworden, als der Okudera sich auf das Pult gesetzt hat."

Es war keine Frage, eher eine Feststellung und Michiru nickte zögerlich.

"Sie waren beide halb nackt...", fuhr sie leise fort,

"...aber das ist es gar nichteinmal. Kyoko war das Ganze mindestens genauso peinlich wie mir und sie lief einfach weg. Ich war plötzlich ganz allein mit Haruka und sie...sie..."

"Also hat sie dir doch wehgetan", brauste Elza auf, der die Veränderung an Michiru während dieser Worte nicht entging,

"Was hat sie dir getan? Los, sags mir! Hat sie dich..."

Michiru schüttelte den Kopf.

"Sie hat mich nicht angefasst - falls du das meinst."

Elza atmete erleichtert auf, doch Michiru sprach noch weiter.

"Naja, eigentlich hat sie doch... Aber...sie hat mir nicht wehgetan. Nicht körperlich jedenfalls."

Nun schien Elza verwirrt.

Sie sah ihre Freundin fragend an.

"Was heißt...nicht körperlich? Michiru sprich bitte nicht in Rätseln!"

Michiru´s Augen wurden glasig und sie hielt nur mit Mühe die Tränen zurück.

"Sie hat...sie hat mich...gestreichelt. Durchs Haar, über den Rücken, meinen Po...und mich ganz fest an sich gezogen. Ihre Lippen strichen über meinen Hals und...ich...konnte ihren erregten Atem hören..."

Wieder verstummte sie und senkte den Kopf.

"Deswegen hast du ihr also diese Schrammen verpasst", stellte Elza fest,

"Meiner Meinung nach ist sie viel zu billig davon gekommen. ´Ne richtige Tracht Prügel hätte sie verdient!"

"Nein", schreckte Michiru etwas auf,

"Ich habe sie gekratzt weil...weil..."

"Weil was?" ließ die Läuferin jetzt nicht mehr locker,

"Was kann sie denn noch Schlimmeres getan haben? Sags mir Michiru!"

Nun fing Michiru an zu schluchzen und warf sich ihrer Freundin dann in die Arme.

"Ach Elza", wimmerte sie leise,

"Ich war so verwirrt. Ich hatte solche Angst, aber es fühlte sich so gut an. So...so...richtig. Ich habe mich gewehrt, weil ich den Wunsch hatte... Ich...ich wollte mehr!"

Elza konnte nichts mehr sagen.

Sie drückte ihre Freundin nur noch etwas fester an sich und strich ihr beruhigend übers Haar.

Nach einigen Minuten beruhigte Michiru sich etwas und drückte sich von Elza weg.

Aus verweinten Augen sah sie sie an und schluchzte:

"Bin ich jetzt unnormal, Elza?"

Diese mußte wohl auch erstmal verarbeiten, was die zierliche Künstlerin ihr da gerade gestanden hatte, denn sie machte einen recht hilflosen Eindruck. Dann jedoch lächelte sie und legte Michiru eine Hand auf die Wange.

"Du bist nicht unnormal", sagte sie leise,

"Du bist einfach ein Teenager und wirst langsam erwachsen. Es ist völlig normal, das bestimmte Reize und Berührungen eine gewisse Erregtheit auslösen."

"Meinst du wirklich?" blieb Michiru unsicher.

"Ganz sicher", nickte Elza und zog Michiru wieder an sich.

"Mach dir nicht so viele Gedanken. Wenn du erstmal Klarheit über dich selbst hast, dann wirst du über diese Unsicherheit, welche du jetzt verspürst, nur noch lachen können."

Tröstend wiegte Elza ihre Freundin leicht hin und her, bis...

"Jetzt verstehe ich!"

Erschreckt sahen Beide auf.

Haruka stand vor ihnen und machte einen leicht verärgerten Eindruck.

"Gar nichts verstehst du", fuhr Elza sie an doch die Blondine beachtete sie gar nicht.

Obwohl Michiru den Kopf gesenkt und versucht hatte, es zu verbergen, waren Haruka ihre rotgeweinten Augen nicht entgangen.

Plötzlich schien Haruka´s Gesichtsausdruck gar nicht mehr so kalt und ihr Blick wirkte schuldbewußt.

"Michiru", sagte sie leise,

"Ich würde gerne mit dir reden. Allein!"

Michiru blickte zögerlich auf und sah, daß sowohl Haruka, alsauch Elza sie fragend anblickten.

Schließlich nickte sie ihrer Freundin zu und sagte:

"Es ist schon ok, Elza."

"Wenn du es sagst", meinte diese und erhob sich.

"Wir sehen uns dann morgen in der Schule", sie wand sich Haruka zu und meinte im mahnendem Tonfall:

"Und wir auch!"

"Ich hab schon verstanden", gab Haruka zurück.

Als Elza gegangen war, setzte sie sich zu Michiru an den Tisch.

Diese getraute sich gar nicht, ihr Gegenüber anzusehen. Nervös ließ sie ihren Blick wandern.

"Ich wollte mich bei dir bedanken", hörte sie dann Haruka´s Stimme, woraufhin sie diese überrascht ansah.

"Bedanken? Wofür?" fragte die junge Künstlerin.

Haruka zögerte.

Zum ersten Mal schien sie Michiru nicht überheblich und total von sich selbst eingenommen.

"Dafür, daß du mich nicht beim Direx verpfiffen hast. Ich wäre wahrscheinlich von der Schule geflogen und..."

Sie zögerte kurz bevor sie weitersprach.

"Naja...damit wäre ich wohl sogar noch gut weggekommen. Der Okudera hätte sicherlich Strafanzeige wegen sexueller Nötigung gestellt..."

Wieder wurde Michiru unsicher.

Es war ihr gar nicht recht, daß Haruka dieses Thema angesprochen hatte.

"Schon gut", murmelte sie,

"Vergessen wir es einfach."

Haruka nickte nur, denn auch ihr schien es sehr unangenehm, über dieses Thema zu reden.

Sie saßen Beide da, getrauten sich nicht, sich anzusehen und sagten kein weiteres Wort.

Irgendwann durchbrach Michiru die bedrückende Stille, indem sie nach ihrer Tasche griff, sich erhob und sagte:

"Ich werde dann mal nach Hause gehen."

Haruka nickte wieder nur, doch als Michiru schon ein paar Schritte gegangen war, sprang sie auf und rief:

"Ich kann dich nach Hause fahren, wenn du willst."

Michiru blieb stehen und drehte sich zu ihr um.

Die Blondine kam zu ihr und sah sie fragend an.

"Ich glaube nicht, daß das so eine gute Idee wäre", gab Michiru leise von sich und blickte wieder beschämt zu Boden.

"Warum nicht?" war Haruka leicht enttäuscht,

"Sieh es einfach...als Wiedergutmachung."

Michiru seufzte und holte hörbar Luft.

"Also gut", willigte sie dann ein,

"Aber bilde dir ja Nichts darauf ein. Ich bin nicht wie du!"

"Schon klar", konnte Haruka nun wieder lächeln,

"Es ist ein reiner Freundschaftsdienst. Versprochen."

Jetzt stahl sich auch auf Michiru´s Lippen ein leichtes Lächeln.
 

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Fortsetzung folgt...

Von Zuneigung und Verachtung

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"Sag mal...hast du noch so ´n paar Überraschungen auf Lager?" fragte Michiru, als die Beiden die Strandpromenade entlang fuhren.

"Was meinst du?" war Haruka etwas ratlos.

"Naja", sagte die Künstlerin ganz ohne Scheu,

"Du hast scheinbar Privilegien beim Direktor, die niemand sonst an der Schule hat - wenn selbst der Okudera dir nicht beikommen kann, du hast ein Motorrad und fährst dieses wunderschöne Cabrio. Entweder bist du ständig sitzengeblieben und sehr viel älter, als wir alle glauben, oder..."

"Oder was?" lachte Haruka.

"Ich weiß nicht", gab Michiru zu,

"Selbst wenn du schon volljährig sein solltest - das erklärt noch längst nicht, wie du das alles bezahlen kannst. Hast du so reiche Eltern?"

"Hab ich nicht", grinste Haruka,

"Genau genommen habe ich gar keine Eltern mehr. Für mich sind sie gestorben. Und um deine andere Frage auch gleich zu beantworten - ich bin 18. Meinen Führerschein habe ich in Amerika gemacht, wo ich auch meine Ausbildung als Rennfahrerin gemacht habe. Damit verdiene ich auch mein Geld. Ich fahre Rennen. Mit dem Motorrad und auch Autorennen."

Michiru sagte plötzlich gar nichts mehr.

Sie sah Haruka nur mit großen Augen an.

Diese sah kurz zu ihr rüber und konzentrierte sich dann wieder grinsend auf die Straße. Der Fahrtwind zerrte an ihren Haaren und Michiru glaubte, plötzlich einen ganz anderen Menschen neben sich zu haben.

Sie konnte nicht das geringste negative Gefühl für die androgyne Blondine empfinden. Haruka schien auf einmal so frei und ungebunden. Irgendwie wild und endlos glücklich.

>Sie ist hübsch<, schoss es durch Michiru´s Kopf,

>Warum nur versteckt sie ihre Weiblichkeit so?<

Sie lehnte sich in ihren Sitz zurück, schloss die Augen und genoß den Wind, welcher um ihre Nase wehte.

Haruka blickte immer wieder verstohlen zu ihr rüber.

>Was ist an ihr so anders, als an anderen Mädchen?< fragte sie sich,

>Gut, sie ist außergewöhnlich schön, aber das allein ist es nicht. Was hat sie an sich, daß ich sie so begehre?<

Keine fünf Minuten später brachte Haruka den Wagen vor Michiru´s Haus zum stehen.

"Da wären wir also", sagte sie und stellte den Motor ab.

"Ja...", flüsterte die Türkishaarige,

"...da wären wir also."

Sie zögerte noch kurz, dann sah sie Haruka schüchtern an und sagte:

"Danke fürs fahren. Wir sehen uns dann morgen in der Schule."

Haruka nickte und Michiru wollte aussteigen, doch urplötzlich sprang die Blondine mit einem `warte´ aus dem Wagen.

Sie lief ums Auto herum und öffnete Michiru galant die Wagentür.

Diese sah sie erstaunt an.

"Mylady", lächelte Haruka und machte eine leichte Verbeugung.

Die junge Künstlerin errötete leicht und stieg dann elegant aus dem Auto.

"Haruka bitte...", presste sie beschämt hervor,

"Wenn das nun jemand sieht."

"Na und?", meinte die Blondine keck,

"Ich hab einiges wieder gut zu machen und außerdem geht es Niemanden etwas an!"

Sie ging wieder zur Fahrerseite und sprang geschmeidig auf den Sitz.

"Bis morgen, Süße", lachte sie und zwinkerte.

Dann startete sie den Motor und fuhr lachend davon.

Michiru hatte den Reflext, sich wieder über die `Süße´ aufzuregen, doch dann lächelte sie nur.

"Du bist ein unmöglicher Mensch", flüsterte sie und ging Richtung Haus.
 

"Schau sie dir an", flüsterte Mr. Kaioh,

"Sie scheint richtig aufzublühen."

"Ein hübscher, junger Mann", nickte seine Frau,

"Und so elegant."

"Siehst du?" seufzte er,

"Da hast du den Grund für den Liebeskummer unserer Kleinen. Und scheinbar war er völlig unbegründet."

Sie traten schnell vom Fenster zurück und nahmen auf dem Sofa platz.

Grade rechtzeitig, denn Michiru schloss in diesem Moment die Haustür auf und trat ein.

"Hallo Ma, hallo Pa", trällerte sie und setzte sich zu ihnen.

"Du bist ja so gut gelaunt", stellte ihre Mutter fest,

"Hat das einen bestimmten Grund?"

"Ich fühl mich einfach nur gut", gab Michiru zurück.

"Soso, einfach nur gut...", wiederholte Michiru´s Mutter mit seltsam klingendem Unterton.

"Mum", mahnte Michiru grinsend,

"Was immer du jetzt auch denkst - du liegst falsch!"

"Ich denke gar nichts", fing nun auch die Mutter an zu grinsen.

"Wann willst du uns deinen Kavalier denn mal vorstellen?" mischte sich der Vater jetzt ebenfalls ein.

Michiru holte hörbar tief Luft und spielte die Entsetzte.

"Ihr habt mich beobachtet? Schämt euch!"

Alle drei lachten los.

Als sie sich wieder beruhigten, erhob Michiru sich und sagte:

"Aber mal im Ernst. Ihr täuscht euch. Haruka geht in meine Klasse und hat mir freundlicherweise angeboten, mich nach Hause zu fahren. Mehr nicht!"

"So fängt es immer an", schmunzelte Mrs. Kaioh,

"Zuerst sind sie nur freundlich - fahren einen heim oder tragen einem die Bücher, dann laden sie einen ins Kino oder zum Tee ein und schließlich, eher du dich versiehst, liegst du unter ihnen..."

"Aber Mama!"

Dieses Mal war Michiru wirklich entsetzt.

Ihre Mutter jedoch lachte nur.

"Unmöglich", murmelte Michiru kopfschüttelnd, jedoch mit einem breiten Grinsen,

"Und sowas will mein Vorbild sein."

"So ist sie halt", lachte Michiru´s Vater,

"Und anders möchte ich sie auch gar nicht haben. Sie ist genau richtig, wie sie ist!"

Michiru nickte.

"Solange sie solche Sprüche nicht in der Öffentlichkeit macht."

Dann verschwand sie lachend nach oben.
 

Haruka saß mit angezogenen Beinen, das Kinn auf die Knie gestützt, am Strand und starrte ins Nichts.

Die Sonne ging langsam unter und malte wunderbare Farb-und Lichtreflexe auf die leicht bewegte Oberfläche des Ozeans. Möwen zogen ihre Kreise, stießen ursplötzlich aufs Wasser hinab, um sich dann mit einem erjagten Fisch wieder gen Himmel zu erheben.

Eine Krabbe bahnte sich ihren Weg durch den feinen Sand, ganz dicht an Haruka´s Fuß vorbei.

Diese jedoch nahm nichts von alledem wahr. Ihre Gedanken kreisten um das geschehene der letzten zwei Stunden.

"Michiru", murmelte sie.

Was geschah da bloß mit ihr?

Wieso verhielt sie sich so wider ihrer Natur?

Haruka schüttelte sich.

Warum um alles in der Welt, hatte sie sich bei Michiru bedankt?

Nur, weil diese sie nicht bei Direktor Tomoe angeschwärzt hatte?

Das konnte doch nicht der Grund sein. Haruka hatte sich noch nie für irgendetwas bedankt.

Abwesend fuhren ihre Fingerspitzen über die Schrammen auf ihrer Wange.

"Ich müßte sauer auf sie sein, aber ich bin es nicht", redete sie leise vor sich hin,

"Warum nicht? Warum möchte ich einerseits aufgeben, obwohl ich dich andererseits noch immer besitzen will?"

Ihr Blick schweifte zum Horizont.

>Will ich sie wirklich nur besitzen?<
 

Michiru saß an ihrem Schreibtich und erledigte ihre Hausaufgaben.

Keines der Fächer stellte eine wirkliche Herausforderung für sie dar. Sie war eine sehr gute Schülerin und hatte meist alles schon begriffen, bevor der Lehrer es zu Ende erklärt hatte.

Selbst an der Mugen Gakuen fiel ihr nichts wirklich schwer.

Plötzlich kam Michiru ein Gedanke. Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und kaute versonnen auf ihrem Bleistift herum.

Wie war Haruka an die Mugen Gakuen gekommen?

Sie war nichtmal eine durchschnittliche Schülerin. Obendrein war sie aufmüpfig und in einigen Fächern sogar mehr als faul.

Die Mugen Gakuen war eine Elite - Schule, welche nur die besten Schüler Japans aufnahm.

>Ich frage mich, wie sie die Aufnahmeprüfung geschafft hat.<

Michiru erhob sich und trat ans Fenster.

Ihr Blick fiel auf die Oberfläche des Ozeans, auf welchem sich die untergehende Sonne spiegelte. Und ohne das Michiru es steuern konnte, waren die Gedanken an Haruka wieder da.

>Du wirst immer geheimnisvoller. Ich wüßte zu gern, was mich bei dir noch alles erwartet...<

Da öffnete sich leise die Tür und Michiru´s Mutter trat ins Zimmer.

Michiru bemerkte es im ersten Moment gar nicht.

Erst als Ihre Mutter sich räusperte, drehte sie sich herum.

"Mum", stieß sie hervor,

"Ist irgendetwas?"

Mrs. Kaioh setzte sich auf das Bett ihrer Tochter und lächelte sie an.

"Ich dachte, du wolltest vielleicht mit mir reden, mein Schatz", sagte sie.

Michiru verdrehte kurz die Augen und ließ sich auf ihren Schreibtischstuhl sinken.

"Mum...", seufzte sie,

"...ich habe doch vorhin schon gesagt, daß Haruka mich nur nach Hause gefahren hat."

"Und da bist du dir ganz sicher, mein Kind?" fragte Mrs. Kaioh,

"Ich meine, offensichtlich mag er dich. Sonst hätte er wohl ein anderes Mädchen heimgefahren."

"Selbst wenn", entgegnete Michiru,

"Das hat doch nichts zu sagen. Elza und ich mögen uns auch, aber deswegen sind wir doch nicht gleich ein Liebespaar!"

"Das ist doch etwas ganz anderes", erklärte ihre Mutter,

"Ihr seid schließlich beide Mädchen. Zwischen Mädchen und Jungen ist das etwas anderes!"

"Aber Haruka ist..."

"Ein gutaussehender, junger Mann", unterbrach die Mutter sie,

"Warum willst du das nicht wahrhaben, Kind? Es ist doch etwas schönes, verliebt zu sein."

"Mum", schüttelte Michiru den Kopf,

"Ich bin wirklich nicht verliebt. Haruka ist..."

"Ich will doch nur nicht, daß du plötzlich schwanger wirst und dir die ganze Zukunft verbaust", ließ ihre Mutter sie wieder nicht ausreden.

Jetzt wurde Michiru ein wenig ärgerlich.

Sie stand auf und machte einige Schritte auf ihre Mutter zu.

"Mum", sagte sie in festem Tonfall,

"Erstens bin ich 17 Jahre alt - demnach also sehrwohl aufgeklärt, zweitens bin ich NICHT verliebt und drittens ist Haruka ein Mädchen!"

Mrs. Kaioh sah sie überrascht an.

"Ein Mädchen?" fragte sie mit erstickter Stimme,

"Soll das etwa heißen..."

Sie sprach nicht weiter.

Michiru seufzte und setzte sich neben ihre Mutter.

"Nein, Mum. Das heißt es nicht. Haruka ist nur eine Freundin - wie Elza. Und selbst diese Freundschaft steckt noch in den Kinderschuhen. Um ehrlich zu sein, haben wir zwei bis gestern nur gestritten."

"Warst du darum so traurig?" fragte ihre Mutter.

Michiru zuckte zusammen.

Nicht die Streitereien waren der Grund, warum sie gestern so sehr hatte weinen müssen, das wußte sie. Aber sie konnte ihrer Mutter doch unmöglich den wahren Grund dafür nennen.

"Ja", sagte sie,

"Es gab da gestern ein kleines Mißverständnis und ich habe mich ziemlich darüber aufgeregt. Aber alles hat sich geklärt."

"Wenn das so ist...", war Michiru´s Mutter ein wenig enttäuscht,

"Und ich dachte, mein kleines Mädchen hätte sich endlich verliebt."

Sie stand auf, ging zur Tür, lächelte ihrer Tochter nochmals kurz zu und verließ dann deren Zimmer.

Michiru starrte abwesend auf die, mittlerweile wieder geschlossene,Tür.

"Vielleicht...", murmelte sie, verwarf dann aber gleich wieder, was sie hatte sagen wollen.
 

Nervös stand Elza am Schultor.

Es war fünf Minuten vor Unterrichtsbeginn und sie hatte bisher weder Michiru, noch Haruka gesehen.

"Hätte ich dich gestern bloß nicht mit ihr allein gelassen", flüsterte sie.

Gerade, als sie sich auf den Weg zum Klassenzimmer machen wollte, entdeckte sie Michiru, welche völlig abgehetzt angerannt kam.

Direkt vor Elza blieb sie stehen, stützte sich auf die Freundin und schnappte wild nach Luft.

Die Rothaarige blickte sie erstaunt an.

"Puh", japste Michiru,

"Gerade noch so geschafft."

"Hast du verschlafen?" fragte Elza und Michiru nickte, um nicht sprechen zu müssen.

"Soetwas kenne ich ja gar nicht von dir", fuhr Elza fort, als die Beiden sich in Bewegung setzten.

"Ich war gestern spät im Bett", sagte Michiru,

"Da hab ich heute morgen den Wecker überhört. Zum Glück hat meine Mum mich geweckt."

Nun nickte Elza.

"Und was war gestern noch?" fragte sie dann direkt weiter.

Michiru blickte sie an.

"Was soll gewesen sein?"

Elza verdrehte die Augen.

"Stellst du dich jetzt dumm oder was? Willst du mir nicht erzählen, was mit Haruka war?"

"Ach so", grinste Michiru,

"Nichts besonderes. Wir haben uns ausgesprochen, die Fronten geklärt, sie hat mich heim gefahren und jetzt können wir Freunde werden."

Elza blieb abrupt stehen,was Michiru dazu veranlasste, langsamer zu werden und sich zu ihr umzudrehen.

"Was ist?" fragte die türkishaarige Künstlerin unschuldig.

"Das fragst du noch?" pustete Elza los und schloss wieder mit Michiru auf,

"Gestern hast du dir wegen ihr die Augen aus dem Kopf geheult und wärst froh gewesen, sie nie getroffen zu haben und heute willst du mit ihr Freundschaft schließen! Also, langsam werd ich echt nicht mehr schlau aus dir."

Michiru grinste nur und betrat das Klassenzimmer.

Sie setzte sich ohne ein Wort an ihr Pult und holte ihre Mathematiksachen heraus. Elza setzte sich ebenfalls und blickte ihre Freundin auffordernd an. Diese jedoch schwieg weiterhin.

Elza´s Blick wanderte kurz zu Haruka´s leerem Pult, dann sagte sie:

"Entweder hat sie auch verschlafen oder sie erscheint heute gar nicht."

"Soll das eine Anspielung sein?" fragte Michiru.

Elza atmete tief durch.

"Was soll ich denn auch denken, wenn du so geheimnisvoll tust?" nörgelte sie,

"Du hast noch nie verschlafen und heute kommst du fast zu spät zum Unterricht und Haruka ist auch nicht da. Ihr wart gestern Abend zusammen, also denke ich mir meinen Teil."

"Und was wäre das für ein Teil?" wurde Michiru leicht zickig,

"Glaubst du jetzt etwa, ICH hätte ihr etwas getan? Sozusagen aus Rache für alles, was sie verbockt hat?"

"Ich kenn dich, Michiru", blieb Elza eisern,

"Du lässt es nicht einfach so auf dir sitzen, wenn dir jemand in deine Prinzipien reinpfuscht. Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Entweder, du hast es ihr heimgezahlt und sie hat die Stadt wieder verlassen, oder..."

Sie verstummte plötzlich.

"Oder was?" wollte Michiru wissen.

Elza jedoch sah sie nur fassungslos an und schüttelte leicht den Kopf.

Zu ihrem Glück betrat Mr. Okudera gerade das Klassenzimmer und so konnte Michiru nicht weiter fragen.

Bereits nach wenigen Minuten Unterricht aber, steckte Elza ihr einen Zettel zu.

Michiru öffnete ihn, wurde sichtlich rot und zerknüllte ihn wütend.

So leicht jedoch gab Elza nicht auf. Eine Minute später schob sie Michiru einen weiteren Zettel zu.

>>Verdammt Michiru. Mir kannst du es doch sagen. Wir sind doch Freundinnen!<<

>>Da gibt es nichts zu sagen. Du bist schon genauso schlimm, wie meine Eltern!<< stand als Antwort drunter, als Elza den Zettel zurück bekam.

Nun war die Sportlerin vollends verwirrt.

Was hatten Michiru´s Eltern mit dieser Sache zu tun?

"Miss Elza. Nur weil sie eine der hoffnungsvollsten Nachwuchssportlerinnen dieser Schule sind, entbindet sie das nicht automatisch von der Teilnahme am Unterricht", zog der Lehrer die Aufmerksamkeit der Rothaarigen auf sich.

"Tut mir leid", murmelte sie schuldbewußt und senkte beschämt den Blick.

Mr. Okudera seufzte tief.

"Sie und Miss Michiru waren einmal meine besten Schülerinnen. Aber seit Ten´ou Haruka in diese Klasse geht, sind sie ständig unaufmerksam oder stören sogar den Unterricht. Wenn sich das nicht ändert, werde ich sie Beide bei Direktor Tomoe melden müssen."

"Was hat Haruka damit zu tun?" sprang Michiru erbost auf,

"Sie ist doch nichtmal hier!"

"Richtig", bemerkte der Lehrer nachdenklich,

"Wo ist Miss Haruka eigentlich? Weiß das jemand? Vielleicht sie, Miss Michiru?"

Der letzten Frage hatte er eine besondere Betonung beigedacht und sofort wich Michiru´s Wut der Unsicherheit.

"Natürlich nicht", presste sie hervor,

"Woher soll gerade ich wissen, warum Haruka heute nicht in der Schule ist?"

"Nun...", begann der Lehrer,

"Sie scheinen sich sehr mit ihr angefreundet zu haben. Auf jeden Fall sehe ich sie ständig zusammen."

"Was?" kreischte Michiru,

"Ich? Befreundet? Mit diesem...", sie suchte nach Worten in ihrer überrumpelten Unsicherheit und fand in der selbstauferlegten Hast nur ein passendes Wort, Haruka´s gesamte Erscheinung zu beschreiben,

...Freak?"

Sie wurde sich bewußt, daß Alle sie anstarrten und wollte etwas zu ihrer Verteidigung sagen.

"Seh ich aus, als würde ich mich mit Loosern abgeben?"

Schon in dieser Sekunde bereute Michiru alles, was sie gerade gesagt hatte. Und eine weiter Sekunde später, wäre sie am liebsten gestorben.

Von der Klassenzimmertür her, war ein dumpfes Geräusch zu vernehmen. Sämtliche Blicke wanderten in besagte Richtung.

Dort stand Haruka.

Ihr Gesicht zeigte keinerlei Regung und glich einer Maske.

Auch ihr Körper war stocksteif, nur ihre Trainingstasche hatte sie fallenlassen. Ihr Blick war finster, kälter noch, als am ersten Tag.

"Haruka...", presste Michiru leise hervor und als hätte diese nur darauf gewartet, drehte sie sich um und ging.

"Haruka, bitte...", rief Michiru und lief ihr nach.

"Miss Michiru", brachte Sensei Okudera verärgert hervor, doch diese reagierte gar nicht und warf die Klassentür hinter sich ins Schloß.

"Haruka. Bitte warte!" rief sie der Blondine zu, während sie den Gang hinunter lief, doch diese ging einfach weiter.

Als sie sie endlich eingeholt hatte, fasste sie nach deren Arm.

"Es tut mir leid", sagte die junge Künstlerin, als sie Haruka zu sich herumzog.

Doch sofort verstummte sie.

Mit kalten Augen und glanzlosem Blick sah Haruka sie an.

Sofort ließ Michiru ihren Arm los.

Einen Moment lang starrten sie sich an, dann drehte Haruka sich wieder um und ging.

"Haruka, bitte...", versuchte Michiru es noch einmal,

"Ich meinte es nicht so. Der Okudera hat mich vor der ganzen Klasse bloßgestellt - da ist es mir so rausgerutscht. Ich wollte das nicht sagen!"

Haruka blieb stehen.

"Aber du hast es gesagt", meinte sie tonlos, ohne sich umzudrehen.

Michiru sah, wie sie ihre Fäuste ballte und dann sah Haruka sie über die Schulter hinweg an.

"Ich dachte, du wärst anders, aber das bist du nicht. Verstehst du jetzt, warum mir die Gefühle der Menschen egal sind?"

Dann ging sie.

Michiru hatte nicht mehr den Mut, ihr zu folgen.
 

Nun war Haruka schon stundenlang mit dem Motorrad herumgefahren und ihre Wut war noch immer nicht verraucht. Wie hatte sie nur so dumm sein können zu glauben, daß Michiru sie aufeinmal mochte?

Nur, weil sie sich gestern für wenige Augenblicke wie Freunde behandelt hatten?

An den Klippen brachte Haruka das Motorrad zum stehen.

Sie nahm den Helm ab und trat bis an den Rand des Abgrunds.

Der Wind wehte durch ihr Haar, blies ihr einzelne Strähnen ins Gesicht und trug den salzigen Geruch des Meeres bis hier herauf. Das Rauschen der Brandung klang wie eine schöne Melodie.

All das hier, schien sie endlich etwas zu beruhigen. Sie atmete tief durch und schließlich lächelte sie ein wenig.

"Was solls?" sagte sie zu sich selbst,

"Sie ist sowieso nur eine von Vielen. Kann mir doch egal sein, ob ich sie nun ins Bett bekomme oder nicht."

Sie ging zurück zu ihrer Maschine, setzte den Helm wieder auf und gab Gas.
 

Michiru war nicht wieder in die Klasse zurückgegangen.

Sie fühlte sich einfach schrecklich.

Wie hatte sie soetwas nur sagen können?

Es stimmte zwar, daß Haruka keine besonders gute Schülerin war und sie Michiru anfänglich wie ein Stück Fleisch behandelt hatte, aber hatte die zierliche Künstlerin deswegen das Recht, sie als Looser zu bezeichnen? Außerdem hatte sie sich doch gestern mehr oder weniger bei ihr entschuldigt für ihr machohaftes Verhalten.

Nicht nur das - sie hatte Michiru sogar gezeigt, wie charmant sie sein konnte, ihr einen winzigen Eindruck, der wirklichen Haruka gegeben.

Und nun war dieser kleine Anfang wieder zunichte gemacht.

"Ich bin ja so blöd", fluchte Michiru leise,

"Wieso konnte ich nicht einfach meinen Mund halten?"

Ohne es zu merken, war sie zum Sportplatz gegangen.

Erst jetzt wurde ihr bewußt, wo sie sich befand. Ihr Blick schweifte über die Rasenfläche inmitten der Aschebahnen und sie seufzte.

Ohne es verhindern zu können, sah sie wieder Haruka in ihrem kurzen Trainingsoutfit vor sich, wie sie lasziv lächelte und hauchte:

"Erregender Gedanke, nicht wahr?"

Dann sah sie sie wie den Wind über die Bahn fegen.

Das Spiel der Muskeln ihres durchtrainierten Körpers.

Und dann der Vorfall im Klassenzimmer...

Die elektrisierenden Berührungen, der heiße Atem, die Erotik, welche in dieser tiefen, sinnlichen Stimme lag...

Michiru schüttelte sich.

Im Grunde konnte Haruka ihr doch egal sein.

Sie kannten sich kaum und die Blondine hatte sie ständig nur aufs dreisteste angebaggert.

Warum also, war sie ihr nicht egal?

Nur, weil sie ein einziges Mal nett zu ihr gewesen war?

"Nein", sagte Michiru fest,

"Ich mag sie einfach."

Warum, das wußte sie selbst nicht so genau, aber sie konnte nicht leugnen, daß es ihr auch irgendwie geschmeichelt hatte, daß Haruka sie wollte.

Es war eine völlig neue Erfahrung und machte auch ein wenig stolz, daß nicht nur die Männer scharf auf sie waren, sondern auch eine Frau sie begehrte.

Und das gerade Haruka diese Frau war, bereitete ihr sogar ein wenig Herzklopfen.

"Ich muß mich bei ihr entschuldigen", murmelte Michiru,

"Irgendwie muß ich das Alles wieder hinbekommen."

Entschlossen verließ sie das Schulgelände und begann, nach Haruka zu suchen.
 

Elza stand total neben sich.

Wieso war Michiru nicht zurück in den Unterricht gekommen?

Den ganzen restlichen Schultag war die junge Künstlerin nicht mehr aufgetaucht und Elza sorgte sich um sie.

"Warum liegt ihr plötzlich so viel an Haruka?" fragte sie sich selbst,

"Erst sagt sie, sie könne sie nicht ausstehen und nun rennt sie ihr blindlinks hinterher. Wer weiß, was dieser weibliche Casanova mit ihr angestellt hat."

Sie sah auf die Uhr.

Es war kurz nach 18 Uhr. Das Training hatte doch mehr Zeit in Anspruch genommen, als sie gedacht hatte.

Ohne lange zu überlegen schlug sie den Weg zu Michiru ein.

Als sie gegen 18.30 Uhr dort ankam und läutete, öffnete Mrs. Kaioh ihr die Tür.

"Elza", lächelte sie freundlich,

"Das ist ja nett, daß du uns auch mal wieder besuchen kommst. Wie geht es dir?"

"Danke gut", lächelte das rothaarige Mädchen, während sie Mrs. Kaioh´s Geste folgte und das Haus betrat.

"Ist Michiru zu Hause? Ich wollte mit ihr reden."

Mrs. Kaioh sah sie erstaunt an.

"Sie ist nach der Schule noch nicht nach Hause gekommen. Hat sie dir denn nicht gesagt, ob sie noch etwas vorhätte?"

Elza ließ den Kopf sinken.

"Verdammt", fluchte sie kaum hörbar, doch ihr Gegenüber hatte es dennoch verstanden.

"Ist etwas passiert?" fragte sie gleich,

"Hattet ihr etwas Streit?"

"Nein", seufzte Elza,

"Wir nicht, aber sie und Haruka..."

"Haruka?" unterbrach Mrs. Kaioh sie,

"Dieses große, blonde Mädchen, das aussieht wie ein Junge?"

Elza blickte sie erstaunt an.

"Sie kennen Haruka?"

"Naja, kennen wäre wohl zuviel gesagt", entgegnete Michiru´s Mutter,

"Ich habe sie gestern kurz gesehen, als sie Mi-chan nach Hause gebracht hat. Wieso haben die beiden denn gestritten? Michiru meinte gestern, sie wären befreundet."

Jetzt war Elza noch erstaunter.

"Das hat Michi wirklich gesagt?"

Mrs. Kaioh nickte.

"Sie strahlte übers ganze Gesicht, nachdem Haruka sie heimgebracht hatte. Einen Moment lang hatte ich sogar den Eindruck, sie wäre verliebt. Aber dann sagte sie mir, daß Haruka ein Mädchen sei."

Elza zuckte zusammen.

Das also hatte Michiru heute Morgen gemeint.

Sie schien tatsächlich nicht allein mit der Vermutung, daß ihre beste Freundin in ein Mädchen verliebt war.

"Warum haben die Zwei sich denn gestritten?" riss Michiru´s Mutter Elza aus ihren Gedanken.

"Nunja...", begann sie zögerlich zu sprechen,

"Haruka kam heute Morgen zu spät zum Unterricht und als Sensei Okudera Michi fragte, ob sie wüßte, was mit Haruka wäre, weil er sie ständig zusammen sehen würde, da wurde Michi plötzlich ziemlich böse. Sie fragte, ob der Sensei allen Ernstes glauben würde, daß sie mit einem Losser wie Haruka befreundet wäre. Leider kam Haruka genau in diesem Moment in die Klasse. Sie hat es gehört und ist daraufhin ohne ein Wort wieder verschwunden. Michi ist ihr nachgelaufen und seit dem, habe ich Beide nicht mehr gesehen."

Mrs. Kaioh war fassungslos.

"Das hat Michi-chan wirklich gesagt? Aber warum tut sie soetwas? Sie schien Haruka doch wirklich gern zu haben."

"Das hat sie auch", murmelte Elza,

"Wahrscheinlich viel zu sehr..."

Mrs. Kaioh sank auf einen Sessel und legte die Hände in den Schoß.

"Elza?" fragte sie und als diese sie ansah, fuhr sie fort:

"Ist...ist meine kleine Michiru in dieses Mädchen...verliebt?"

Elza wurde nervös.

Sie fühlte sich unwohl und wußte nicht, was sie sagen sollte.

"Du kannst ruhig ehrlich zu mir sein", sagte Mrs. Kaioh sanft,

"Ich bin meiner Kleinen nicht böse. Auch, wenn ich gestehen muß, daß ich gerne einmal Enkel gehabt hätte, aber wichtiger für mich ist, daß mein Mädchen glücklich ist."

Elza holte einmal tief Luft.

"Ich weiß es nicht", sagte sie dann wahrheitsgemäß,

"Manchmal denke ich, es ist so, dann wieder glaube ich, sie kann Haruka nicht ausstehen. Das einzige, was ich sicher weiß ist, daß Haruka lesbisch ist und Michiru es ihr scheinbar sehr angetan hat."

Mrs. Kaioh nickte und lehnte sich zurück.

"Dann ist Michiru wirklich verliebt."

Elza sah Mrs. Kaioh erstaunt an.

Diese lächelte.

"Warum sonst, sollte Michiru erst soetwas sagen und diesem Mädchen dann hinterherlaufen? Sie ist wahrscheinlich verwirrt über ihre eigenen Gefühle und weiß nicht, wie sie sich verhalten oder es Haruka sagen soll."

Elza wußte nicht mehr, was sie noch sagen sollte.

So locker wie Michiru´s Mutter konnte sie das Alles nicht verarbeiten.

"Ich werde besser langsam nach Hause gehen. Meine Mum wartet sicher schon auf mich", sagte sie, verbeugte sich höflich und verließ das Haus.
 

Seufzend starrte Michiru auf ihren Tee.

Stundenlang war sie durch die Stadt geirrt in der Hoffnung, Haruka irgendwo zu finden. Erst um 17 Uhr hatte sie aufgegeben und war in ein Café gegangen.

Die Stadt war viel zu groß, um einen einzelnen Menschen zu finden, von welchem man absolut nicht wußte, wo er sich aufhielt.

"Vielleicht ist sie ja auch nach Hause gefahren", murmelte Michiru traurig,

"Warum hab ich sie gestern bloß nicht gefragt, wo sie wohnt?"

Plötzlich blickte sie auf.

Was, wenn Haruka die Stadt nun wieder verlassen würde?

Dann würde Michiru sie nie wiedersehen und wohl auch nie Klarheit über ihre Gefühle bekommen. Das durfte nicht geschehen.

Hastig legte sie etwas Geld neben ihre halb ausgetrunkene Tasse Tee und verließ das Lokal.

Sie steuerte die nächste Telefonzelle an und griff sich das dicke Telefonbuch. Sehr schnell jedoch mußte sie feststellen, daß Haruka´s Nr. und Adresse darin nicht verzeichnet war.

"Verdammt", flüsterte sie,

"Wie soll sie denn auch da drinnen verzeichnet sein? Sie wohnt ja noch nicht lange in Tokyo."

Da hatte Michiru eine Idee.

Sie wählte die Nummer vom Sekreteriat der Mugen Gakuen.

Nachdem es einige Male geläutet hatte, hob am anderen Ende eine junge Frau ab.

"Kaioh Michiru", brabbelte selbige gleich drauf los,

"Ich möchte gern mit Direktor Tomoe sprechen."

"Einen Moment bitte", kam es vom anderen Ende,

"Ich verbinde."

Mehr oder weniger geduldig wartete Michiru.

Endlich meldete sich Direktor Tomoe.

"Hier ist Kaioh Michiru", sagte diese erleichtert in den Hörer.

"Miss Michiru", entgegnete der Direktor freudig überrascht,

"Die größte Hoffnung unserer Schule. Was gibt es denn? Kann ich ihnen bei irgendetwas behilflich sein?"

"Das können sie in der Tat", gab Michiru zurück,

"Eine meiner Mitschülerinnen hat heute ihr Aufgabenheft liegen lassen. Und weil sie jetzt wohl ihre Hausaufgaben nicht erledigen kann, wollte ich es ihr gerne bringen. Leider weiß ich nicht, wo sie wohnt."

Michiru biss sich auf die Unterlippe.

Sie hatte noch niemals gelogen und sie hatte kein gutes Gefühl dabei, einen Erwachsenen - und dann auch noch den Direktor - dermaßen anzuflunkern.

"Das ist wieder typisch für sie, Miss Michiru", lachte Dr. Tomoe,

"Wie immer hilfsbereit. Um welche Schülerin handelt es sich denn?"

Michiru schluckte ihr schlechtes Gewissen runter und sagte:

"Ten´ou Haruka. Sie ist erst seit kurzem auf unserer Schule."

"Miss Haruka?" stieß der Direktor überrascht hervor,

"Sie war mir als Einzelgänger bekannt. Es erfreut mich zu hören, daß sie an meiner Schule scheinbar schnell Freundschaften geschlossen hat."

"Naja...", fing Michiru an, doch Direktor Tomoe schien gar nicht zuzuhören.

"Sie wohnt ganz in der Nähe der Schule", sprudelte es geradezu aus ihm heraus,

"Der dritte Wohnturm im Poldern."

"Ich danke ihnen", entgegnete Michiru höflich.

"Keine Ursache", bekam sie als Antwort,

"Richten sie Miss Haruka meine besten Wünsche aus und sagen sie ihr, daß sie für die japanische Meisterschaft in acht Wochen unsere größte Hoffnung ist."

"Das mache ich", gab Michiru noch zurück, bevor sie sich verabschiedete und das Telefonat beendete.

Nun stand sie in der kleinen Zelle, als wüßte sie nicht, was sie tun sollte.

Sie holte einmal tief Luft, um wieder zu sich zu finden.

"Ich habe ihre Adresse", wurde sie sich schließlich bewußt,

"Ich hab es tatsächlich geschafft!"

Ohne noch weiter lange nachzudenken, verließ Michiru die Telefonzelle und schlug schnurstracks den Weg zum Mugen Poldern ein.
 

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Fortsetzung folgt...

Atsuko

Nur ganz kurz vorweg ein paar Worte an Demi:

Der Titel dieser FF sollte dir die Frage, welche im Kommentar bezüglich des letzten Kapi´s aufgekommen ist, eigentlich schon beantworten, bevor du dieses Kapi hier gelesen hast. *zwinka*
 

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Haruka fühlte sich gut.

Nachdem sie erfolgreich gegen ihre Gedanken gekämpft hatte, war sie zum Tigers gefahren.

Sie war bereits an ihrem ersten Abend in Tokyo über diese Bar gestolpert und sie hatte ihr auch auf Anhieb zugesagt.

Ein Bekannter von ihr arbeitete hier als so eine Art Türsteher und alles andere, was hätte nicht gerade laufen können, ließ sich hier mit der passenden Menge Geld regeln.

Und davon besaß sie nun wirklich genug.

Im Grunde war das hier auch nichts weiter, als ein etwas noblerer `Bagger-Schuppen´.

Aber das störte Haruka keineswegs.

Im Gegenteil - genau darum war sie hier.

Sie hatte nicht vor, heute Nacht allein nach Haus zu gehen und wie es schien, brauchte sie dieses auch nicht zu fürchten, denn bereits nach kurzer Zeit sprach sie ein Mädchen mit langen, blauen Locken an.

"Hey! So hübsch und so einsam?" fragte sie, als sie sich neben Haruka auf einen Hocker an der Theke setzte.

Haruka lächelte entwaffnend und sagte:

"Vielleicht habe ich nur auf dich gewartet!?"

"Ich heiße Atsuko", fuhr die Blauhaarige mit einem ebensolchen Lächeln fort,

"Bist du öfter hier?"

"Wenn mir danach ist", gab Haruka zurück.

"Ach...", grinste Atsuko,

"Und heute ist dir danach?"

"Du hast es erfasst", flötete Haruka,

"Möchtest du was trinken?"

Atsuko nickte:

"Gern. Ein Glas Sekt wäre nicht schlecht."

Haruka bestellte der jungen Frau - welche mindestens fünf Jahre älter war als sie - das gewünschte Getränk und schenkte ihr ein honigsüßes Lächeln.

"Und...darf ich auch deinen Namen erfahren?" fragte Atsuko, als der Kellner ihr den Sekt hinstellte.

"Du darfst", lachte die androgyne Blondine,

"Haruka."

"Haruka...", seuselte Atsuko verträumt und nippte an ihrem Sekt,

"Ein wunderschöner Name. Der Sekt schmeckt einfach traumhaft...Haruka."

Dem letzten Wort dachte sie eine besondere Betonung zu.

"Lässt du mich probieren?" fragte Haruka in laszivem Tonfall.

Atsuko nippte nochmals an dem Glas und hauchte:

"Wenn du willst..."

Haruka erhob sich von ihrem Hocker, trat an Atsuko heran, fasste sie am Kinn und zog sie zu sich.

"Danke", flüsterte sie und küsste das Mädchen flüchtig.

"Du hast recht", wisperte sie danach, Atsuko noch immer am Kinn haltend,

"Süß und prickelnd."

"Du weißt, was du willst", sagte Atsuko mit sündigem Blick.

"Genau wie du", gab Haruka nicht weniger sündig zurück.

Sie lächelte entwaffnend und hielt Atsuko dann auffordern den Arm hin. Diese stieg von ihrem Hocker und hakte sich bei Haruka ein.

Schnell legte die Blondine noch einen Geldschein auf die Theke und führte ihre Eroberung dann aus der Bar.

"Wow. Scharfes Teil", pfiff Atsuko durch die Zähne, als sie an Haruka´s Motorrad stehen blieben.

"Nicht so scharf wie du", grinste diese anzüglich und drückte die Blauhaarige an die Hauswand der kleinen Seitenstraße.

Sofort fand ihre Zunge den Weg in Atsuko´s Mund und diese seufzte erstickt auf, als Haruka´s Hand sich unter ihren Rock schob und fordernd ihren Schenkel hinaufglitt um dann fest in ihre linke Pobacke zu greifen.

Plötzlich jedoch unterbrach Atsuko den Kuss und schob Haruka etwas von sich weg.

Haruka grinste frech, denn ihr war klar, warum ihr Gegenüber dies getan hatte. Bei derartigem Körperkontakt ließ ihre Weiblichkeit sich nuneinmal nicht mehr verbergen.

"Du bist ja gar kein Kerl", kam es auch im selben Moment von dem Mädchen.

"Ist das etwa ein Problem für dich?" fragte Haruka wölfisch.

Atsuko zögerte kurz, dann stammelte sie:

"Nein...ich meine...ich weiß nicht. Bisher hab ich nur mit Männern... Ich...habe keine Ahnung wie zwei Frauen..."

"Probieren geht über studieren", seuselte Haruka und schob ihr erneut die Zunge in den Mund.

Ihre rechte Hand wanderte nach vorn und fand zielstrebig ihren Weg in Atsuko´s Slip.

Diese versuchte, einen Seufzer zu unterdrücken, was ihr jedoch nicht wirklich gelang.

Zu geschickt stimmulierten Haruka´s Finger ihre süßeste Stelle und als sie diese Finger nur Augenblicke später in sich spürte, löste sie den wilden Kuss um einem wohligem Stöhnen Freiheit zu verschaffen.

Ihre Finger krallten sich in Haruka´s Jacke und diese drückte Atsuko wieder fest gegen die Wand.

"Du bist echt heiß", hauchte Haruka ihr herausfordend ins Ohr.

"Bitte...hör nicht auf", keuchte Atsuko erregt.

Sie hatte sich längst verloren und weder Haruka´s Charme, noch ihren Argumenten etwas entgegenzusetzen.

Wieder fanden sich ihre Lippen und ihre Zungen umspielten einander wild und fordernd.

Haruka fühlte die feuchte Hitze zwischen ihren Fingern und das Zittern des zierlichen Körpers ihrer Gespielin. Sie wußte, daß es an der Zeit war, ihr Treiben zu unterbrechen.

Ohne Vorwarnung zog sie ihre Hand zurück und beendete den verzehrenden Kuss.

Heftig atmend und völlig benebelt sah Atsuko sie an.

Haruka strich ihr lächelnd mit den feuchten Fingern über die Lippen und flüsterte:

"Wenn du mehr willst, komm mit zu mir."

Geradezu willig ließ die Blauhaarige sich wieder zum Motorrad ziehen.
 

Enttäuscht läutete Michiru ein weiteres Mal, doch wieder geschah nichts.

"Bitte lass sie nicht abgereist sein", murmelte sie und lehnte sich gegen die Wand.

Ihr Blick schweifte über den, mit einem dunkelgrünen Teppich ausgelegtem, Flur. Außer der Tür zu Haruka´s Wohnung gab es hier nur noch zwei weitere Türen.

Eine, die zur Feuertreppe führte und eine, die wohl so eine Art Geräteraum für die Werkzeuge des Hausmeisters war.

"Ein privates Apartment mit Teppich im Hausflur", flüsterte Michiru,

"Sie scheint echt im Geld zu schwimmen."

Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, daß es bereits fast 18.30 Uhr war.

Sollte sie warten, in der Hoffnung, daß Haruka nicht abgereist war oder sollte sie heim gehen?

Sicher warteten ihre Eltern schon auf sie.

"Nein", sagte sie zu sich selbst,

"Du wirst auf sie warten, Michiru. Du hast dich daneben benommen und wirst jetzt gefälligst auch die Größe besitzen, dich zu entschuldigen!"

Mit einem Seufzer ließ sie sich an der Wand hinabgleiten und blieb mit angezogenen Beinen neben Haruka´s Wohnungstür sitzen.

Nach einer Weile schloss sie die Augen.

Als sie sie wieder öffnete, stellte sie erschreckt fest, daß sie eingeschlafen war.

Mittlerweile war es nach 22.00 Uhr und Michiru mußte wohl oder übel einsehen, daß Haruka nicht mehr nach Hause kommen würde.

Traurig erhob sie sich und ging zum Fahrstuhl.

Sie blickte nochmals zur Wohnungstür und betätigte dann den Fahrstuhlruf.
 

Haruka war zufrieden mit sich selbst.

Sie spürte den Fahrtwind und die enge Berührung ihrer Eroberung in ihrem Rücken.

Und die zierlichen Finger, welche stetig die Konturen ihrer Brüste über dem Stoff ihres Hemdes nachstrichen bewiesen, daß dieses, ohne Frage wirklich hübsche Mädel, sich nicht aus Angst vor dem Motorrad fahren so fest an sie drückte.

Als sie das Motorrad endlich in der Tiefgarage des Wohnturms zum Stehen brachte, sanken die zarten Finger zwischen Haruka´s Beine.

"Du kannst es wohl kaum erwarten, was?" lachte diese und entfernte die Hand wieder aus ihrem Schritt.

Atsuko stieg ab und sah sie schuldbewußt an.

"In der Tat", lächelte sie,

"Ich bin neugierig, was du noch alles so zu bieten hast."

Haruka zog sie zu einem leidenschaftlichen Kuss an sich und sah ihr danach tief in die Augen.

"Du wirst gar nicht genug bekommen können", flüsterte sie und zog Atsuko zum Lift.

Als sich die Fahrstuhltür hinter ihnen schloss und Haruka den 71. Stock drückte, machte sich ein freches Grinsen auf Atsuko´s Lippen breit.

Sie lehnte sich an Haruka, fuhr mit dem Zeigefinger über deren Brust und fragte:

"Weißt du, daß ich schon immer mal Sex im Fahrstuhl haben wollte?"

"Welch glückliche Fügung", seuselte Haruka und küsste ihr Gegenüber wild.

Noch während des Kusses machte Atsuko sich an Haruka´s Hemdknöpfen zu schaffen.

Mit einem Seufzer schloss diese die Augen, als eine warme, feuchte Zunge über ihre Kehle hinab auf ihren Brustkorb glitt. Tastende Finger suchten sich den Weg zu ihren Brüsten, umschlossen sie zaghaft, um sie dann sehr schnell verlangend zu massieren.

Haruka stöhnte leise, fuhr mit den Fingern durch die blauen Locken und dirigierte Atsuko weiter abwärts.

Diese ging langsam in die Knie, wobei sie ihre Hände über Haruka´s nackte Haut gleiten ließ, ihre Zunge einen feuchten Streifen hinterließ und der Blondine immer öfter Laute der Lust entlockte.

Schließlich fanden die zitternden Finger den Hosenbund und öffneten geschickt Knopf und Reißverschluß.

Haruka´s Seufzen wurde ein wenig lauter, als Atsuko´s Zunge am Rand des knappen Slips über ihre Haut glitt.

"Mach weiter", bettelte sie fast ohne Stimme.

Atsuko jedoch richtete sich langsam wieder auf und suchte nach Haruka´s Lippen.

Während des Kusses ließ sie zögerlich ihre Hand in deren Hose gleiten. Durch den dünnen Slip konnte sie die unglaubliche Hitze spüren und Haruka´s geräuschvolle Atmung raubte ihr fast den Verstand.

Sie zog ihre Hand wieder zurück und streifte der Blondine das Hemd über die Schultern.

Dieser jedoch schien alles viel zu langsam zu gehen.

Sie drückte die Blauhaarige an die Wand, ging in die Knie und zog ihr blitzschnell den Slip herunter.

Ohne Umschweife schob Haruka den kurzen Rock nach oben und ihre Zunge fand zielstrebig die begehrte Stelle.

Atsuko kreischte auf und krallte sich in Haruka´s blonden Schopf.

Mit einem kurzen Ruck kam der Fahrstuhl zum stehen, doch keine von Beiden nahm es wahr.

"Haruka...", japste die Blauhaarige,

"das ist...das ist..."

Ihre Stimme verlor sich und sie drückte ihr Becken etwas weiter vor.

Mit einem leisen Summen öffnete sich die Lifttür.

Haruka jedoch ließ sich auch dadurch nicht beirren. Sie wußte, daß nur ihre Wohnung in diesem Stockwerk existierte.

Auch als Atsuko plötzlich ganz still wurde und versuchte, sie sanft wegzudrücken, wollte sie nicht aufhören und hielt dagegen.

"Haruka", stieß Atsuko hervor und drückte abermals gegen deren Schultern.

"Was denn?" war diese sichtlich genervt und sah zu Atsuko hoch.

Mit einem Kopfnicken deutete das blauhaarige Mädchen ihr, einen Blick hinter sich zu werfen.

Haruka verdrehte die Augen und sah dann über ihre Schulter. Sekundenschnell erhob sie sich und drehte sich um.

"Michiru...", presste sie überrascht hervor,

"Wie...was..."

"Ich wollte mich bei dir entschuldigen", entgegnete diese schnippisch,

"Aber wie ich sehe, hat dich das alles weit weniger beschäftigt als mich."

Sie drehte sich um und lief zur Feuertreppe.

"Michiru warte...", rief die Blondine und lief ihr nach.

"Lass mich in Ruhe", knurrte diese giftig,

"Geh zurück zu deiner Dirne!"

Haruka fasste sie am Handgelenk und zog sie zu sich herum.

Durch den finsteren Blick der Künstlerin ließ sie sich gar nicht einschüchtern.

"Warum sagst du soetwas?" fragte sie direkt,

"Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig für das, was ich tue!"

"Hab ich das gesagt?" murrte Michiru.

"Nein", gab Haruka zurück,

"Aber du benimmst dich, als würdest du das erwarten. Du wolltest dich entschuldigen - also tu es!"

Michiru riss sich von Haruka los und zischte:

"Ich denk ja gar nicht dran!"

"Weiber", fluchte Haruka und ging zu ihrer Wohnungstür,

"Diese Eifersüchteleien gehen mir gehörig auf den Zeiger!"

"Ich bin nicht eifersüchtig", schrie Michiru,

"Ich kann dich ja nichtmal leiden!"

"Ach nein?" flötete Haruka anzüglich und kam wieder auf sie zu,

"Und warum starrst du mich dann so an?"

Michiru wurde rot und senkte den Blick.

"Ich starre dich nicht an", murmelte sie.

"Wirklich nicht?" flüsterte Haruka, welche nun wieder direkt vor ihr stand.

Sie legte ihr den Zeigefinger unters Kinn und zog ihren Kopf sanft nach oben.

"Als ich das letzte Mal oben ohne war, hast du beschämt weggesehen. Dieses Mal hast du mich angesehen..."

"Das stimmt nicht", gab Michiru genauso leise zurück.

Sie versank in Haruka´s Augen und als diese sich zu ihr hinunterbeugte, wehrte sie sich nicht.

"Du bist so schön", wisperte Haruka und ihre Lippen berührten ganz sanft und kaum spürbar die von Michiru.

Zuerst schloss diese ergeben die Augen, doch schon im nächsten Moment stieß sie Haruka weg und verpasste ihr eine saftige Ohrfeige.

"Du bist echt abstoßend", fauchte sie,

"Bleib bei Deinesgleichen!"

Haruka sah sie kalt an.

"Zicke", murrte sie und holte ihren Wohnungsschlüssel hervor.

Sie deutete Atsuko, welche die ganze Zeit nur schweigend zugesehen hatte, zu ihr zu kommen. Als die Blauhaarige folgte, umschlang sie diese mit einem Arm, zog sie fest an sich und küsste sie demonstrativ.

Danach warf sie Michiru einen kurzen Blick zu und sagte:

"Du bist auch nur eine von Vielen!"

Sie zog Atsuko in die Wohnung und schloss die Tür.
 

Michiru wußte gar nicht, was sie denken oder fühlen sollte.

Sie stand einfach nur da und starrte auf die geschlossene Wohnungstür.

Was war nur passiert?

Und warum war es geschehen?

All diese scharfen Worte...

Vor 24 Stunden noch war es genau das Gegenteil gewesen. Da war Symphatie und dieses warme Gefühl.

Jetzt gab es nur Kälte, Wut und Fassungslosigkeit.

Geistesabwesend betrat Michiru den Lift, welcher noch immer in dieser Etage stand. Sie wußte absolut nicht, ob sie weinen oder schreien sollte.

Die Fahrstuhltür schloss sich mit einem Surren und der Lift setzte sich in Bewegung.

"Du bist so dumm", murmelte sie, war sich aber nicht bewußt darüber, ob sie nun Haruka oder sich selber meinte.

Den Blick starr auf den Boden gerichtet, fiel ihr das weiße Hemd ins Auge, welches dort achtlos herumlag.

Ein leichtes Zittern befiel Michiru´s Körper.

Ohne es eigentlich zu wollen streckte sie ihre Hand aus und hob das Kleidungsstück auf. Einen Moment lang sah sie es nur abwesend an, dann presste sie es an ihren Körper und schloss die Augen.

>Es riecht nach ihr<, war ihr einziger Gedanke.
 

Atsuko stand ein wenig unbeholfen in der Gegend herum.

Sie sah zu, wie Haruka fluchend durch die Wohnung tobte und immer wieder gegen das eine oder andere Möbelstück trat.

"Soll ich lieber wieder gehen?" traute sie sich irgendwann zu fragen.

Sofort blieb Haruka still stehen und sah sie an.

"Wenn es das ist, was du willst", sagte sie schroff.

Atsuko lächelte amüsiert und trat kopfschüttelnd auf die Blondine zu.

Sie schmiegte sich an sie und malte mit dem Zeigefinger kleine Kreise auf Haruka´s, noch immer nacktem, Oberkörper.

"Du weißt genau, was ich will", sagte sie leise,

"Die Frage ist nur, ob du es noch willst. Jetzt, wo deine kleine Freundin weiß, daß ich hier bin, zerstörst du damit bestimmt alles, was von eurer Beziehung noch existiert."

"Sie ist nicht meine Freundin", stellte Haruka sofort klar,

"Sie ist nur eine Bekannte."

"So so...eine Bekannte also", schmunzelte die Blauhaarige und sah Haruka keck an,

"Den Eindruck hatte ich aber gerade nicht."

"Sie bedeutet mir nichts", entgegnete Haruka,

"Alles was sie tut ist, mir auf die Nerven zu gehen!"

"Wirklich?" flötete Atsuko,

"Du bist dir ganz sicher, daß du nicht lieber sie als mich hier hättest?"

"Ganz sicher", antwortete Haruka im Brustton der Überzeugung.

Und um ihrer Aussage noch weitere Kraft zu verleihen, zog sie Atsuko fest an sich und küsste sie.
 

Als Michiru die Haustür aufschloss, kam ihre Mutter ihr auch schon entgegen gelaufen.

"Gehts dir gut, Kind?" fragte sie besorgt,

"Elza war vorhin hier und hat mir erzählt, was in der Schule los war."

"Sie hat es dir erzählt?" war Michiru fassungslos.

Sehr schnell jedoch gewann die Wut in ihrem Bauch wieder Überhand.

"Mir gehts gut", sagte sie knapp, schlüpfte aus ihren Schuhen und ging zur Treppe.

"Hast du dich mit Haruka gestritten?" rief die Mutter ihr hinterher.

Michiru blieb auf der Treppe stehen und sah zu ihrer Mutter zurück.

"Haruka? Wer ist das?"

Dann verschwand sie in ihr Zimmer.

Verwirrt blickte Mrs. Kaioh ihr nach.

Dieser Streit schien Michiru wirklich nahe zu gehen. Und die Reaktion ihrer Tochter zeigte ihr nur allzu deutlich wie sehr diese Haruka mögen mußte. Nach einigem Zögern folgte die Frau ihr.

Zaghaft klopfte sie an die Tür und fragte:

"Michi-Schatz. Darf ich reinkommen?"

"Von mir aus", kam es mürrisch von drinnen.

Mrs. Kaioh öffnete die Tür und sah, wie ihre Tochter am Schreibtisch stand und damit beschäftigt war, zusammengeknüddelte Papierkugeln aus den einzelnen Blättern ihrer Kunstmappe zu fertigen.

Der ganze Boden war schon übersäeht mit den Zeichen ihrer Wut.

Auch als Mrs. Kaioh sich nach einem dieser zerknäuelten Blätter bückte und es aufhob, hörte Michiru nicht damit auf, weitere Zeichnungen in ihr unweigerliches Ende zu schicken.

Erst als ihr bewußt wurde, daß ihre Mutter die Zeichnung wieder entknäuelt, daß Papier glattgestrichen hatte und schweigend die darauf enthaltene Zeichnung betrachtete, beendete sie ihr Unterfangen.

Mit auf den Schreibtisch gestützten Händen, zusammengebissenen Zähnen und hängendem Kopf stand sie da und drehte ihrer Mutter den Rücken zu.

"Sie ist ein sehr hübsches Mädchen", kam es dann plötzlich von dieser.

Bei diesen Worten zuckte Michiru zusammen, schwang herum und sah ihre Mutter fassungslos an.

Diese jedoch bemerkte es gar nicht, da sie sich bereits nach einem weiteren Papierknäuel gebückt und es entfaltet hatte.

Ein kurzes Lächeln huschte über ihre Lippen, dann sah sie ihre Tochter an, welche schnippisch den Kopf zur Seite drehte.

"Du solltest es ihr sagen", sagte die Mutter ernst.

"Was?" fauchte Michiru,

"Das sie eine arrogante Kuh ist, die nix kapiert und tut, als wüßte sie alles besser? Hormongesteuert wie ein Karnickelbock durch die Gegend rennt und sich auch noch cool dabei vorkommt?!"

"Nein", grinste Mrs. Kaioh sichtlich amüsiert,

"Das solltest du ihr besser nicht sagen, wenn du möchtest, daß alles wieder in Ordnung kommt."

"Und was soll ich ihr dann deiner Meinung nach sagen?", zickte Michiru in altklugem Tonfall.

"Wie wärs mit der Wahrheit?" seufzte Mrs. Kaioh,

"Sag ihr, daß du dich in sie verliebt hast!"

"Was???" stieß Michiru geschockt hervor.

Sie starrte ihre Mutter an, als käme diese von einem anderen Stern.

Als sie sich wieder ein wenig gefasst hatte, pustete sie los:

"Jetzt gehts aber los, Mum! Ich bin nicht verliebt! Haruka kann mir gestohlen bleiben. Außerdem sind wir beide Mädchen!"

"Tut das etwas zur Sache?" fragte ihre Mutter trocken,

"Wenn man verliebt ist, ist man verliebt. Dann fragt man nicht in wen oder warum! Also sag es ihr."

"Ich bin nicht verliebt in sie", knurrte Michiru in drohend, langsamen Ton,

"Sie ist eine arrogante Kuh!"

"Wovor hast du nur solche Angst?" fragte ihre Mutter kopfschüttelnd,

"Sie mag doch Mädchen."

"Woher...", war Michiru überrascht, doch dann verstand sie und murmelte:

"Elza. Warum hat sie es dir erzählt?"

"Ich hatte mir das sowieso schon gedacht, nachdem du mir gesagt hast, daß Haruka ein Mädchen ist", lächelte Mrs. Kaioh,

"Also sag es ihr doch einfach."

"Es gibt nichts zu sagen", fauchte Michiru,

"Ich bin nicht in sie verliebt! Ich bin normal!"

"Das ist eine harte Wortwahl", tadelte Mrs. Kaioh,

"Hälst du Haruka etwa für unnormal?"

Michiru sackte auf ihren Schreibtischstuhl, sah schuldbewußt zu Boden und seufzte:

"Nein. Natürlich nicht. Ich war nur so sauer!"

"Und heute morgen?" fragte ihre Mutter und trat zu ihr,

"Warst du da auch sauer oder warum hast du das zu Sensei Okudera gesagt?"

"Ich weiß es nicht", murmelte Michiru,

"Ich hab mich so geschämt. Es war mir einfach peinlich, daß Sensei Okudera uns als so eng befreundet dargestellt hat. Ich wollte einfach nicht, daß jemand denkt, Haruka und ich wären...wir wären..."

"Ein Paar?!" beendete Mrs. Kaioh den Satz.

"Genau", nickte Michiru,

"Ich wollte doch nur mit ihr befreundet sein - nichts weiter."

"Bist du dir sicher, daß du wirklich nur Freundschaft für das Mädchen empfindest?" fragte die ältere Frau mitfühlend.

Michiru sah sie an und nickte:

"Ganz sicher Mum. Aber jetzt bin ich mir nicht mehr wirklich sicher, ob ich diese Freundschaft überhaupt noch will."

"Da kann ich dir leider auch nicht helfen", lächelte die Mutter sanft und strich Michiru übers Haar,

"Ich weiß nicht, was alles zwischen euch vorgefallen ist. Ich kann dir nur den Rat geben, ehrlich zu sein. Sei es nun zu ihr...oder zu dir selbst!"

Sie küsste Michiru aufs Haar und verließ das Zimmer.

Dabei legte sie noch die beiden Zeichnungen aufs Bett, welche sie die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte.

Als die Tür sich schloss, erhob Michiru sich und trat an ihr Bett. Sie griff nach den beiden Blättern und betrachtete das oben liegende Bild.

Es zeigte Haruka in ihrer Schuluniform, wie sie - die Tasche lässig über der Schulter tragend - über den Schulhof ging.

Ein Lächeln huschte über Michiru´s Lippen.

Sie hatte dieses Bild nach dem Ereignis auf dem Sportplatz gemalt. Als sie Haruka von der Tribüne aus gezeichnet hatte, diese sie um ein Haar geküsst und sich so ihre zweite Ohrfeige eingefangen hatte.

Es war das zweite Bild, welches Michiru von Haruka gezeichnet hatte. Lächelnd legte sie es beiseite und schaute sich das andere Blatt an.

Sofort verschwand ihr Lächeln und sie wurde rot.

>Oh nein! Wieso mußte Mum ausgerechnet dieses Bild sehen?< schoss es ihr durch den Kopf und sie warf sich aufs Bett.

Beschämt vergrub sie den Kopf zwischen den Kissen.

Das zerknitterte Bild lag direkt neben ihr.

Es zeigte Haruka nackt auf einer Couch liegend mit einer Rose in der Hand...
 

Haruka lag auf dem Rücken und zupfte verträumt in Atsuko´s Haaren.

Diese lag in ihrem Arm und hatte die Augen geschlossen. Sie schien sich sichtlich wohl zu fühlen und genoß die Nähe der androgynen Blondine sehr. Irgendwann seufzte sie leise und riss Haruka damit aus ihren Gedanken. Diese blickte Atsuko etwas irritiert an, welche nun mit dem Kinn zwischen Haruka´s Brüsten lag und sie forschend ansah.

"Weißt du, daß du unglaublich gut bist?" fragte die Blauhaarige leise schmunzelnd.

Haruka grinste:

"Kann ich nicht sagen. Hatte noch nie die Chance, es anzutesten."

Atsuko lachte.

"Du bist wirklich eine Verrückte."

Sie beruhigte sich wieder.

"Aber mal im Ernst", sagte sie lächelnd,

"Ich hätte nie gedacht, daß ich mit einer Frau so heißen Sex haben könnte. Um ehrlich zu sein, hatte ich nie Besseren!"

"Danke", grinste Haruka,

"Das fass ich als Kompliment auf."

"Es war auch Eines", hauchte Atsuko und rutschte ein Stück auf Haruka hoch.

Die Blondine hatte bereits ergeben die Augen geschlossen und erwartete den folgenden Kuss um ihn heißblütig zu erwiedern.

Sehr schnell begann Atsuko wieder, leise zu Seufzen, was Haruka nur noch mehr anspornte.

Ihre Hände glitten verlangend über den nackten Körper auf sich.

Dann, ganz plötzlich, packte sie ein wenig fester zu und drehte sich um die eigene Achse.

Atsuko sah ihr fest in die Augen und lächelte verheißungsvoll. Wieder fanden beider Lippen sich zu einem wilden Kuss, dann wanderten Haruka´s Lippen langsam abwärts.

Atsuko stöhnte auf und durchwühlte das kurze Haar ihrer Gespielin.

"Deine Lippen machen mich wahnsinnig", keuchte sie,

"Ich kann diese Michiru einfach nicht begreifen!"

Sofort stoppte Haruka alle Aktivität und starrte Atsuko an.

"Warum sagst du das jetzt?" fragte sie böse.

Atsuko sah sie ein wenig benommen an.

Es fiel ihr sichtlich schwer, die von Haruka eben erweckten Empfindungen zu unterdrücken.

"Und warum wirst du gleich so sauer, wenn ich nur ihren Namen erwähne?" stellte sie dann jedoch direkt eine Gegenfrage.

"Ich weiß nicht, wie es dir geht", drehte Haruka schnippisch den Kopf zur Seite,

"Aber ich finde es nicht unbedingt prickelnd, beim Sex über eine andere Frau zu sprechen!"

"Genauso wenig prickelnd wie ich es finde, wenn ich in dir bin - du aber Ihren Namen keuchst", entgegnete Atsuko trocken.

Entsetzt sah die Blondine sie an.

"Ich habe...was??"

Atsuko seufzte, stand auf und fing an sich anzukleiden.

"Du kannst dir selbst vielleicht etwas vormachen", sagte sie dabei ruhig,

"Aber mich kannst du nicht hinters Licht führen! In den letzten zwei Stunden hast du mehr als einmal ihren Namen genannt. Mir kann es egal sein - das mit uns war sowieso nur ein One-Night-Stand, aber...überleg dir mal, wie lange du noch so stur bleiben und dir selbst damit wehtun willst."

"Was bildest du dir ein?" fuhr Haruka sie an,

"Du kennst mich doch überhaupt nicht! Nur weil wirs einmal zusammen getrieben haben, hast du noch lange nicht das Recht, mir in mein Leben zu pfuschen. Ich weiß sehr genau, was ich tue und es geht mir gut dabei. Außerdem bin ich nicht stur!"

"Bist du doch", grinste die Blauhaarige,

"Stur wie ein Esel. Nicht nur, daß du beim Sex ihren Namen gekeucht

hast - du hast auch hinterher die ganze Zeit an sie gedacht! Du magst dieses Mädchen und im Grunde hast du nur mit mir geschlafen, um ihr eins auszuwischen. Nur wie lange wird dein Dickschädel die Tatsache verdrängen können, daß du nicht nur ihr, sondern ganz besonders auch dir selbst damit wehtust?"

"Verdammt nochmal", schrie Haruka sie jetzt an,

"Sie ist mir vollkommen egal! Sie geht lediglich in meine Klasse und sieht rattenscharf aus. Ich steh auf Mädchen und ich steh auf Sex. Ich wollt sie halt gern mal vögeln - das ist alles!"

"Wenn du meinst", grinste Atsuko,

"Ich glaube, du willst sehr viel mehr von ihr. Aber das ist dein Ding. Vielleicht sehen wir uns mal wieder."

Sie schenkte Haruka einen Handkuss und verließ das Schlafzimmer.

"Warte", rief Haruka, warf sich schnell ein Hemd über und lief ihr nach.

An der Haustür holte sie sie ein.

"Gibts noch was?" lächelte Atsuko.

Haruka zögerte.

Die Blauhaarige lächelte amüsiert, als Haruka den Kopf senkte.

"So schüchtern?" fragte sie sanft, fast mütterlich und legte der Blonden eine Hand auf die Wange,

"Wo ist die draufgängerische Bikerin von gestern Abend geblieben?"

Haruka sah sie an.

"Die habe ich im Bett liegen lassen", scherzte sie, jedoch wenig überzeugend.

Dann wurde sie wieder ernst und sagte:

"Du hast recht. Ich mag Michiru. Aber ich bin nicht verliebt in sie. Ich war noch nie verliebt. Ich versuche, eine Freundschaft mit ihr aufzubauen, aber sie treibt mich immer wieder so zur Weißglut mit ihrem Rumgezicke."

Fast hilfesuchend blickte sie Atsuko an.

Diese lächelte wissend und schüttelte leicht den Kopf.

"Weil sie verliebt in dich ist!" sagte sie,

"Sie weiß eben nicht, wie sie sich verhalten soll!"

Sie öffnete die Tür und ging zum Fahrstuhl.

"Die ist niemals verliebt in mich", rief Haruka ihr nach, nur den Kopf aus der Tür gestreckt,

"Sie hasst mich!"

"Wenn du dich ihr gegenüber weiterhin so machohaft verhälst", lachte Atusko,

"dann wird sie das bald sicherlich!"

Die Fahrstuhltür öffnete sich und Atsuko verschwand.
 

Haruka indes schloss die Wohnungstür und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar und lachte leise.

"Michiru und verliebt in mich. Lächerlich!"

Den Kopf gesenkt fiel ihr Blick auf ihren Körper, welchen das offene Hemd kaum verhüllte.

Ihr leises Lachen verstummte und ihr Blick wurde ernst. Langsam ging sie zu dem großen Garderobenspiegel und sah hinein. Zögerlich schob ihre rechte Hand das Hemd ein wenig über die Schultern bis es an den Oberarmen hing.

"Wie sollte ein so vollkommenes Wesen wie sie mich lieben können?" flüsterte sie abwesend.

Dann zog sie das Hemd wieder hoch und wickelte es eng um den Körper.

"Blödsinn", knurrte sie,

"Ich habe noch nie jemanden gebraucht!"

Fast energisch drehte sie dem Spiegel den Rücken zu und ging wieder ins Schlafzimmer.

Als ihr Blick auf das Bett fiel, hielt sie inne. Vor ihrem geistigen Auge sah sie, wie Atsuko und sie sich darin welzten und heftig liebten.

Doch je mehr sie sich erinnerte, desto mehr veränderte Atsuko sich, bis Haruka schließlich eine atemlose Michiru in den Armen hielt.

Sie schüttelte hektisch den Kopf und kniff die Augen zusammen um diese Fantasie abzuschütteln.

"Nein! Nein! Nein!" presste sie hervor,

"Ich begehre sie nur - ich liebe sie nicht!"

Zögernd öffnete sie ihre Augen wieder.

Den Blick fest auf das zerwühlte Bett gerichtet, setzte sie langsam einen Fuß vor den anderen. Schließlich ließ sie sich auf das Schlafmöbel nieder und strich mit der rechten Hand leicht zitternd über den weichen Stoff. Ihre linke hob sich wie in Trance an ihre Wange, wo die Fingespitzen sanft über die verkrusteten Schrammen tasteten.

"Michiru...", hauchte sie.
 

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Fortsetzung folgt...

Heute so und morgen so

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Michiru wußte gar nicht, wie lange sie nun regungslos auf dem Bett gelegen hatte. Den Kopf noch immer in ihrem Kissen verborgen, lag sie einfach nur da und versuchte, an nichts zu denken.

Eine Weile war ihr dies sogar fast gelungen, doch so langsam spürte sie, daß der Sauerstoff knapp wurde - so fest presste sie ihr Gesicht ins Kissen. Dennoch etwas widerwillig drehte sie sich langsam auf die Seite.

Ihre blauen Augen suchten ihren Radiowecker und sie war erstaunt, daß sie anscheinend nur wenige Minuten dagelegen hatte.

"Es kam mir wie eine Ewigkeit vor", murmelte sie vor sich hin.

Sie legte sich auf den Rücken und starrte an die Decke.

Erneut stieg ein kurzes Schamgefühl in ihr auf, als sie an das Bild dachte, welches ihre Mutter gesehen hatte. Doch die zarte Röte verschwand schnell wieder aus ihrem Gesicht und machte einem leichten Lächeln platz.

>Aber ich scheine sie recht gut getroffen zu haben...<

Sie dachte daran, wie Haruka vorhin vor ihr gestanden hatte. Ihr nackter Oberkörper, die offene Hose...

Sie schmunzelte.

>Naja...zumindest mit ihrer Oberweite lag ich richtig, aber sie hat viel mehr Muskeln als ich dachte.<

Ihr Gesicht wurde wieder etwas ernster und ihre Augen bekamen einen verträumten Glanz.

>Sie ist absolut vollkommen...<

Fast energisch setzte Michiru sich auf.

"Was denkst du da schon wieder?" schallt sie sich selbst,

"Und selbst wenn sie gut aussieht - sie ist zum Einen ein Mädchen und zum anderen hat sie sich absolut unmöglich verhalten! Du solltest sie endlich vergessen!"

Ihr Blick schweifte über den Fußboden.

Mindestens 20 Papierknäule zierten den hellblauen Teppich.

>Habe ich wirklich schon so viele Zeichnungen von ihr gefertigt? Warum??<

Ihr Blick traf auf den Schreibtischstuhl.

Dieses unscheinbare, weiße Stück Stoff, welches achtlos auf der Sitzfläche lag, hielt sie gefangen, veranlasste sie, sich zu erheben und es aufzunehmen. Zwischen ihren Fingern fühlte sie den kühlen Stoff und sah wieder das Bild vor sich, welches sich ihr bot, als die Fahrstuhltür sich geöffnet hatte.

Fest kniff Michiru die Augen zu und presste das weiße Hemd an sich.

Im Geist hörte sie das Stöhnen dieser blauhaarigen Ziege und Haruka´s keuchenden Atem.

Mit einem lauten Schluchzen warf sich das Mädchen aufs Bett, das Hemd noch immer fest an ihren Körper gepresst.

"Haruka...", wisperte sie mit brüchiger Stimme,

"Warum bist du so zu mir? Ist dir denn wirklich alles so egal?"
 

Haruka lag rücklings auf dem Bett und starrte an die Decke.

>Michiru...<, ging es ihr immer wieder durch den Kopf.

Sie dachte daran, wie sie das türkishaarige Mädchen zum ersten Mal gesehen hatte.

Deren Blick, als der Lehrer sie - Haruka - vorgestellt hatte.

Schon da war es für Haruka klare Sache gewesen, daß sie dieses Mädchen haben wollte.

Sie hatte ihre Partnerschaften - im Grunde waren diese immer nur phasenweise Bettgeschichten, denn Monogamie war für die Blondine ein Fremdwort - immer nach zwei verschiedenen Kriterien ausgesucht.

Entweder mußten sie gut im Bett sein oder supergut aussehen.

Und Michiru sah gut aus.

Genau genommen, hatte Haruka niemals ein hübscheres Mädchen in ihrem Leben gekannt. Und sie kannte Einige...

Ein schmutziges Grinsen befiel Haruka bei diesem Gedanken.

Sehr bald jedoch wurde es zu einem belustigtem Grinsen, denn sie dachte daran, wie sie Michiru in die Falle gelockt und ihr dieses delikate Schauspiel mit Mei geboten hatte und wie diese ihre Spanneraktivität am nächsten Tag in der Schule selbst verplappert hatte.

Jede noch so kleine Begegnung mit der zierlichen Künstlerin ging Haruka durch den Kopf. Die `beinahe-Küsse´, die Ohrfeigen und die Nähe bei dem Vorfall im Klassenraum...

Haruka schmunzelte.

Da hatte sie es nicht darauf angelegt, daß Michiru sie erwischte, aber scheinbar war das Schicksal auf ihrer Seite gewesen. Und nachdem Kyoko beschämt die Flucht ergriffen hatte, da war es passiert.

Auch wenn Michiru`s Stimme sie immer wieder angefleht hatte

aufzuhören - ihr Körper war anderer Ansicht gewesen.

Sie hatte die intimen Berührungen genossen, sich regelrecht nach ihnen verzehrt...zumindest für einen Augenblick.

Haruka seufzte leise.

Wie weich Michirus Haut war.

Und wie gut sie roch...

Haruka dachte daran, wie sie Frieden geschlossen und wie gut sie sich plötzlich verstanden hatten. Während der kurzen Autofahrt zu Michiru nach Hause schien sich alles zwischen ihnen geändert zu haben.

So, als würden sie sich schon ewig kennen und ewig befreundet sein.

Und dann diese harten Worte.

Als Looser und Freak hatte das türkishaarige Mädchen sie bezeichnet.

Vor der gesamten Klasse hatte Michiru ihre beginnende Freundschaft verleugnet und sie beleidigt.

Sie hatte sich als genau das hochmütige, verzogene Reiche-leute-kind erwiesen, was sie ja auch war.

"Einmal ordentlich durchgevögelt und dann weggeschmissen gehören solche Zicken", murmelte Haruka,

"Dann kriegen sie wenigstens auch mal zu spüren, wie wertlos sie sind..."

Doch trotz dieser harten, kalten Worte, konnte Haruka nicht wirklich sauer sein.

Das heißt, sie war schon sauer, aber...sie hasste Michiru nicht.

Aus irgendeinem unerfindlichen Grund, konnte Haruka dieses Gefühl nicht aufbringen, wenn es um Michiru ging.

Niemals hatte Haruka damit Probleme gehabt, jemanden zu verachten und zu hassen. Eigentlich waren diese Gefühle anderen Menschen gegenüber entweder von vorn herein da oder enstanden binnen kürzester Zeit, wenn Andere nicht nach ihrer Pfeife tanzten.

"Looser... Freak...", flüsterte Haruka.

Sie hatte andere Menschen schon für weit weniger zerstört, aber Michiru..?

Wütend schlug Haruka auf ihr Kissen.

"Verdammt! Warum kann ich sie nicht hassen?"

Sie erahnte die Antwort, drängte sie aber gleich zurück, bevor sie richtig Gestalt annehmen konnte.

In ihrem Kopf sah sie Michiru lächeln, sah sie beschämt zu Boden blicken, sah sie schimpfen wie einen Rohrspatz und sah sie wutentbrannt mit geballten Fäusten.

Egal, wie Haruka sie auch immer erlebt hatte, sie war in jeder Situation einfach unglaublich süß.

"Michiru...", hauchte Haruka,

"Warum will ich dich noch immer so sehr? Warum erregt der Gedanke an dich mich so sehr, obwohl du so abweisend bist und mich scheinbar hasst? Oder ist es gerade deshalb?"

Ihr Gesicht hellte sich auf. So mußte es sein!

Bei jedem Mädchen, welches sie wollte, war Haruka am Ende erfolgreich gewesen. Niemals hatte sie Eine verschmäht oder sich gar von ihr abgewand. Michiru war die Erste.

"Ja", nuschelte Haruka vor sich hin,

"Sie hat meinen Ergeiz geweckt...den Jagdtrieb in mir...so sehr, wie noch keine Andere vor ihr..."
 

Am nächsten Morgen saß Michiru nervös auf ihrem Platz.

Der Klassenraum war noch völlig leer, was auch kein Wunder war, denn Michiru war fast eine halbe Stunde zu früh.

Sie war mit Absicht so zeitig erschienen, denn hätte sie riskieren müssen, daß Haruka vielleicht schon da war und sie beim eintreten anstarrte, hätte sie wahrscheinlich auf dem Absatz kehrt gemacht und wäre davon gelaufen. Aber sie wollte nicht feige sein.

Jetzt saß sie hier und kämpfte gegen ihre Nervosität.

Immer wieder stellte sie sich vor, wie Haruka wohl auf sie reagieren würde, wenn sie in die Klasse kam. Wahrscheinlich würde sie sie mit ihrem eiskalten Blick durchbohren, oder sie einfach ignorieren.

Eine Szene würde die Blondine ihr gewiss nicht machen. Dafür war sie zu stolz und auch sonst so überhaupt nicht der Typ dafür.

So in Gedanken verging die Zeit wie im Flug und schon bald betraten die ersten Schüler den Klassenraum.

Direkt unter ihnen war auch Elza.

Als sie Michiru erblickte, hellte ihr Gesicht sich auf und mit einem erleichtertem Lächeln kam sie zu ihr.

"Michiru", stieß sie hervor,

"Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Kein Auge hab ich heute Nacht zubekommen, weil ich nicht wußte, wo du bist und ob sie...ob sie..."

Bei den letzten Worten war Elza`s Stimme leiser geworden und schließlich ganz abgebrochen.

Fast beschämt senkte sie den Blick.

"Ob sie mir etwas getan hat?" lachte Michiru leise und griff nach Elzas Hand.

Sofort blickte diese ihre Freundin an.

"Ich wußte doch nicht...ich meine...", stammelte Elza.

"Schon gut", unterbrach Michiru sie,

"Sie und ich passen einfach nicht zusammen. Wir können einfach nicht anders, als uns zu streiten, wenn wir uns treffen. Wir sind zu verschieden, um befreundet zu sein."

"Für eine Freundschaft vielleicht...", sagte Elza leise,

"Aber was ist mit mehr? Ich meine...Gegensätze ziehen sich an und..."

Michiru ließ sie nicht ausreden.

"Ich weiß, was du sagen willst, Elza. Und ich kann dich beruhigen - ich bin nicht verliebt in sie!"

Als sie Elza`s ungläubigen Blick bemerkte, fuhr sie fort:

"Eine Zeit lang, habe ich mich auch gefragt, ob ich vielleicht verliebt in sie sei, ja, ich habe sogar ein oder zweimal gedacht, daß es wirklich so ist, aber...es ist nicht so. Ich mag sie - auch jetzt noch, daß kann ich nicht leugnen, aber wir sind zu verschieden. Es klappt einfach nicht. Besser, wenn sie ihren und ich meinen Weg gehe!"

Elza nickte, obwohl sie nicht wirklich überzeugt schien.

Für weitere Einwände jedoch blieb vorerst keine Zeit, da der Lehrer gerade den Raum betrat.

Kurz zuckte Michiru Angesichts dieses Umstandes zusammen.

>Sie kommt nicht mehr zur Schule<, war ihr Gedanke und irgendwie tat dieser Gedanke weh.
 

In der Pause stellte Elza ihre Freundin direkt zur Rede.

Während der gemeinsamen Unterrichtsstunden war der Läuferin natürlich nicht entgangen, daß Michiru immer wieder verstohlen zu Haruka´s leerem Platz gesehen hatte.

Außerdem kannte sie ihre Freundin zu gut, um nicht zu bemerken, daß dies Alles keinesfalls spurlos an ihr vorübergegangen war.

Ihr war klar, daß Michiru´s Lächeln nur eine Maske war und so ließ sie sich davon auch überhaupt nicht beirren.

"Was hat denn diese Erkenntnis bei dir ausgelöst?" fragte sie,

"Ich meine, an dem Tag, als sie dich heimgefahren hat, war sie plötzlich ein ganz toller Mensch, aber gestern..."

Sie brach kurz ab und sah Michiru abwartend an, doch als diese nichts sagte und sich weiterhin ihrem Lunch widmete, sprach Elza weiter:

"Du hast gesagt, du magst sie. Aber wenn das so ist - warum hast du das dann gestern bei Sensei Okudera gesagt? Solche Dinge sagt man nicht über Menschen, die man mag!"

Michiru legte ihr Essen beiseite und sah ihre Freundin an.

Man konnte dieser die Spannung auf Michiru´s Antwort ansehen.

Nachdem die junge Künstlerin einmal tief durchgeatmet hatte, begann sie leise zu sprechen.

"Ich wollte das nicht sagen. Ich weiß, ich hätte tausend andere Antworten geben können, aber...ach verdammt!"

Sie drehte sich von Elza weg.

"Bei jedem Anderen hätte ich mich nicht so vergessen, aber der Sensei hat Haruka schon seit dem ersten Tag gefressen und er hat uns von Anfang an miteinander in Verbindung gebracht. Er weiß garantiert, daß Haruka auf Mädchen steht und er versucht alles, um ihr beizukommen. Ich hatte Angst, daß...das..."

Sie begann zu schluchzen.

Elza legte die Arme um sie und zog sie an sich.

"Schon gut...", flüsterte sie,

"Du bist mir keine Rechenschaft schuldig. Du warst verwirrt und hast einen Fehler gemacht - das passiert. Aber ich weiß, daß Haruka dir nicht egal ist. Ich bin doch deine beste Freundin. Du kannst mit mir über alles reden. Trag deinen Kummer nicht mit dir allein rum. Ich möchte nicht, daß es dir so schlecht geht."

"Danke", murmelte das türkishaarige Mädchen und wischte sich über die Augen,

"Aber es ist wirklich nichts."

"Hast du sie denn gestern noch eingeholt?" wollte Elza wissen.

"Habe ich", bestätigte Michiru,

"Aber sie hat mir nicht zugehört. Sie hat mich nur kurz angesehen und gesagt, daß ich auch nicht anders wäre, als die Anderen."

Sie senkte den Blick und murmelte:

"Womit sie ja wohl auch Recht hat. Ich habe mich wie ein Vollidiot verhalten. Ich an ihrer Stelle würde mich jetzt auch hassen..."

"Ich denke nicht, daß du so streng mit dir sein solltest", widersprach die Rothaarige ihr,

"Gut, du hast Mist bebaut und dich daneben benommen, aber dem gleich mit Hass zu begegnen wäre doch etwas übertrieben. So schätze ich Haruka nun wirklich nicht ein. Ok, sie mag etwas überheblich, wenn nicht sogar arrogant sein, etwas von sich selbst eingenommen und recht robust für ein Mädchen, aber...sie hat doch auch sehr nette Seiten. Und am Ende ist und bleibt sie dasselbe wie du und ich - ein Mädchen. Eines ohne Eltern oder sonst irgendeines Menschen in ihrem Leben, der für sie da ist und ihr beisteht. Sie ist ganz sicher nicht so kalt wie sie immer tut. Rede mit ihr und du wirst sehen, daß sie dich nicht hasst!"

Michiru seufzte.

Elza schaute sie voller Zuversicht an und lächelte aufmunternd.

"Es hat keinen Sinn", sagte Michiru ruhig,

"Ich war gestern bei ihr zu Hause, aber...das hat alles nur noch schlimmer gemacht..."

"Du warst bei ihr?" war Elza verwirrt,

"Aber wie..."

"Ich habe mir ihre Adresse bei Dr. Tomoe erschlichen", ließ Michiru sie gar nicht ausreden,

"Ich wollte mich unbedingt bei ihr entschuldigen und habe den ganzen Abend auf sie gewartet. Als sie spät Abends noch immer nicht heimkam dachte ich, sie hätte die Stadt wieder verlassen. Doch als ich gehen wollte und die Fahrstuhltür sich öffnete da...da..."

Sie sprang auf und ballte die Hände zu Fäusten.

Ihr ganzer Körper zitterte und Elza konnte nicht definieren ob es Wut oder Schmerz war, welcher Michiru gefangen hielt.

"Sie waren beide halb nackt! Sie und diese blauhaarige Schnepfe. Sie hatten...Haruka hat...ach verdammt, sie schleppt alles ab, was sie kriegen kann! Ich war so überrascht, so verunsichert und...als sie mich dann auch noch total dreist angebaggert hat - obwohl dieses Flittchen dabei war - da bin ich halt wieder sauer geworden. Sie hat nur gelacht und gesagt, ich wäre sowieso nur eine von Vielen gewesen..."

Sie senkte wieder den Kopf.

"Es bringt nichts, Elza. Sie ist, wie sie ist und ich kann nicht über meinen Schatten springen. Vielleicht ist es sogar das Beste, daß sie die Stadt anscheinend doch wieder verlassen - oder zumindest die Schule gewechselt hat."

Elza stand in Michiru´s Rücken und so konnte diese ihr überraschtes Gesicht nicht sehen.

Und auch nicht, wie die Überraschung einem wissendem Grinsen wich.

Erst als Elza zu sprechen begann, zuckte sie kurz zusammen und fuhr dann herum.

"Du bist doch verliebt in sie!"

Michiru wollte protestieren, doch die Rothaarige ließ sie gar nicht zu Wort kommen.

"Leugne nicht! Du benimmst dich, als wäre sie deine Freundin und würde dich betrügen. Und sie benimmt sich wie ein Trotzkopf. Ihr Beide macht nichts weiter, als auf gänzlich unbeholfene Art und Weise um die Andere herumzuschlawenzeln und irgendwie ihre Aufmerksamkeit zu erhaschen. Man sollte euch für eine Woche von der Außenwelt abgetrennt gemeinsam in einen Raum sperren. Dann bleibt euch Beiden nix anderes übrig, als endlich Klartext miteinander zu reden."

"Zwischen uns gibt es nichts mehr zu reden", sagte Michiru bestimmt und ließ ihre Freundin einfach stehen.

"Gott, ist Liebe kompliziert", schüttelte Elza den Kopf und ging ebenfalls.
 

"Blödes Mistding", fluchte Haruka und schlug in Richtung des nervtötenden Gräusches.

Mit einem lauten Scheppern landete der Radiowecker auf dem Fußboden, wo er auch sogleich sein Leben aushauchte.

Murrend rollte die Blondine sich wieder in ihre Decke ein und wollte sich gerade erneut ins Reich der Träume zurückziehen, als vom Schreibtisch her erneut ein solch nervtötender Piepton erklang.

Einige unverständliche Laute hervorknurrend, vergrub sie ihren Kopf unter dem Kissen, doch der verfluchte Zweitwecker schrillte permanent weiter und drang selbst noch durch die dickste Polsterung.

"Scheißteil", schrie Haruka und bereits in der selben Sekunde fegte ihr Kopfkissen den Übeltäter vom Schreibtisch.

Der schrille Piepton ging in eine leierndes Pfeifen über, welches augenblicklich eine Gänsehaut bei Haruka hervorrief.

"Ja, verdammt. Ich steh ja schon auf", fluchte sie.

Mit energischen Schritten stapfte sie Richtung Schreibtisch, hob den kleinen, schwarzen Kasten von ihrem, am Boden liegendem, Kopfkissen und zerrte mit einem fast irrem Glanz in den Augen das Kabel aus der Rückseite des Gerätes.

"So", fuhr sie das kleine Ding in ihrer Hand an,

"Du wirst mich nie wieder ärgern!"

Dann warf sie ihn locker über ihre Schulter und schlich gähnend Richtung Bad.

"Selbst die Technik hat sich jetzt schon gegen mich verschworen", murmelte sie,

"Aber nicht mit mir!"

Als sie den Wasserhahn aufdrehte, hob sie den Kopf und sah ihrem Spiegelbild direkt in die Augen.

"Guten Morgen, Schreckgespenst", murrte sie ihrem verstrubbeltem Abbild zu und warf sich eine Ladung kaltes Wasser ins Gesicht.

Sie griff nach ihrer Zahnbürste, drückte etwas Zahncreme darauf und begann ihr allmorgentliches Ritual.

Nachdem die Kälte des Wassers auch den letzten Zipfel ihres Körpers durchströmt hatte, es in ihrem Mund nicht mehr nach eingeschlafenen Füßen schmeckte und ihre Haare sich wieder in ihrem üblichen, `geordnetem´ Strubbellock befanden, trottete Haruka gemächlich Richtung Küche. Während sie Wasser für einen Kaffee aufsetzte, blickte sie kurz auf die Uhr.

"Halb neun", murmelte sie,

"Ich glaub, ich meld mich krank."

Damit war das Thema Schule erledigt.

Als sie zehn Minuten später in Boxershort und Muskelshirt auf der Couch vor dem Fernseher saß, an einem Mikrowellencroissant kaute und genüßlich ihren Milchkaffee schlürfte, kam ihr die Idee, sich mal wieder mit Mei zu treffen.

Sie war die einzige von Haruka´s `Verflossenen´, mit der sie auch heute noch guten Kontakt pflegte. Was nicht zuletzt daran lag, daß es zwischen ihnen immer gestimmt hatte.

Mei hatte nie irgendwelche Forderungen an Haruka gestellt und sie und ihren Lebenstil akzeptiert. Außerem hatten sie auch außerhalb des Bettes diesselbe Wellenlänge und viel Spaß miteinander.

Warum, trotzdem scheinbar alles zwischen ihnen stimmte, nie ein richtiges Paar aus ihnen geworden war, hatte Haruka sich nicht ein einizes Mal ernsthaft gefragt. Und sie war Mei dankbar dafür, daß diese niemals dieses Thema aufgebracht hatte.

"Ja", grinste Haruka,

"Ich ruf noch kurz in der Schule an und dann hol ich sie ab."

Mit einem Haps verschwand das letzte Stück Croissant in ihrem Mund und der Tag konnte beginnen.
 

"Nun werd mal endlich wach", lachte Haruka,

"Du siehst aus, als wäre es mitten in der Nacht."

Sie strubbelte mit ihrer Hand durch den sowieso schon völlig verstrubbelten, dunklen Haarschopf.

Das Mädchen mit den langen, dunklen Haaren seufzte:

"Mensch Haruka! Seit wann bist du so früh am Morgen so gut gelaunt? Normalerweise köpfst du jeden, der es wagt, dich vor 11.30 Uhr zu wecken und jetzt klingelst du mich hier um kurz nach neun am Morgen aus dem Bett."

"Ich bin halt nur gut drauf und stecke voller Unternehmungsgeist", grinste die Blondine.

"Und warum muß gerade ich darunter leiden?", murrte die Andere.

Haruka setzte sich neben sie, schlang einen Arm um sie und zog sie fest an sich.

"Du weißt genau, daß du der einzige Mensch auf der Welt bist, mit dem ich diese Anfälle von guter Stimmung teile, Mei", grinste sie und schenkte dem Mädchen noch den unschuldigsten Dackelblick, zu welchem sie in der Lage war.

"Ich Glückspilz", stöhnte Mei ironisch, lachte jedoch gleich darauf mit Haruka zusammen los.
 

Nur eine knappe halbe Stunde später saßen die Beiden in Haruka´s Ferrari und fuhren Richtung Stadtrand.

Haruka kannte da ein schönes Lokal mit Seeblick, wo die Beiden Brunchen wollten. Als sie ankamen, war Mei sichtlich angetan.

"Wow", brachte sie bewundernd hervor,

"Geschmack hattest du ja schon immer - egal, um was es ging.

Haruka grinste, sich der Doppeldeutigkeit um Mei´s Worte sehrwohl bewußt:

"Nicht wahr?"

Sie führte das dunkelhaarige Mädchen in das Lokal und steuerte zielstrebig einen kleinen Tisch mitten vor dem riesigem Panoramafenster an. Galant bot sie Mei an, Platz zu nehmen, verneigte sich sogar leicht und schob ihr den Stuhl ran.

"Du kannst so charmant sein, wenn du willst", lächelte Mei, als Haruka ihr gegenüber Platz nahm.

"Was heißt `wenn ich will´ ?", spielte die Blondine die Beleidigte,

"Ich bin immer charmat!"

"Ja", lachte Mei,

"Charmant wie eine Seegurke mit dem Feingefühl eines Vorschlaghammers."

"Das war jetzt nicht nett", erwiederte Haruka und zog eine Schnute.

"Aber ehrlich", entgegnete Mei.

Haruka holte einmal tief Luft, schüttelte kurz ihr Haar und seufzte:

"Und trotzdem magst du mich. Wenn doch nur alle Frauen so unkompliziert wären wie du..."

"Du meinst...dich toll finden, sich von deinem Charme verzaubern lassen, jede Warnung in den Wind schlagen, mit dir ins Bett steigen, aber keinerlei Ansprüche an dich stellen...?" grinste das Mädchen verschmitzt.

Haruka schien zuerst protestieren zu wollen, doch dann verdrehte sie kurz die Augen und sagte:

"Korrekt. Du hast es mal wieder voll getroffen."

"Macht dir diese Michiru etwa Kummer?" war Mei gleich ernsthaft besorgt,

"Ist irgendetwas schief gelaufen?"

"Etwas?" lachte Haruka bitter,

"ALLES ist wohl treffender. Aber egal - ich mag nicht darüber reden. Die Sache ist gelaufen und vorbei. Sie ist nicht mehr interessant!"

"Nicht mehr interessant? Das sind ja ganz neue Töne", Mei war deutlich überrascht,

"Seit wann gibst du auf?"

"Ich gebe nicht auf", murrte Haruka,

"Ich habe nur kein Interesse mehr an ihr."

Damit war die Sache für sie klargestellt.

Mei schien das jedoch ganz anders zu sehen.

"Du verlierst doch nicht grundlos das Interesse an einem Mädchen. Und schon gar nicht an einem Mädchen wie dieser Michiru", redete sie einfach weiter,

"Ich habe sie gesehen Haruka und sie ist wirklich bildhübsch. Wenn ich es mit deinen Worten sagen müßte, dann wäre sie die absolute Krönung deiner Sammlung. Was muß passieren, daß du an einem solchen Mädchen das Interesse verlierst?"

Haruka wollte nicht antworten, das bemerkte Mei sofort, nachdem ihr die Antwort schneller rausgerutscht war, als sie überhaupt darüber nachdenken konnte.

"Sie ist einfach zu weit gegangen!"

Der Biss auf die Zunge brachte nichts mehr, außer unnötigen Schmerzen.

Mei zog die Augenbrauen hoch und fragte:

"Zu weit gegangen? Wie soll ich denn das jetzt verstehen? Seit wann hast du Grenzen?"

"Schon immer", gab Haruka ein wenig schnippisch von sich,

"Und die beginnen genau dort, wo diese Weiber glauben, sich in mein Privatleben einmischen zu können!"

"Also dort, wo Gefühle ins Spiel kommen", stellte Mei amüsiert fest.

Haruka warf ihr einen finsteren Blick zu, schenkte es sich dann jedoch, etwas dazu zu sagen.

Nun war das dunkelhaarige Mädchen sichtlich erstaunt.

"Du widersprichst nicht?" fragte sie irritiert und strich sich eine Haarsträhne zurück.

Haruka sah die Bedienung, welche genau in diesem Moment kam um die Bestellung aufzunehmen, als Zeichen diese Unterhaltung für beendet zu erklären.

Sie lächelte sogar wieder, nachdem die Bedienung auf ein freches Zwinkern ihrerseits errötete und verschüchtert grinsend den Tisch verließ.

Das Lächeln verschwand jedoch sofort wieder, als sie Mei anblickte.

Diese wartete ganz offensichtlich noch immer auf eine Antwort und hielt das Thema keinesfalls für erledigt. Haruka konnte ihr die Neugier förmlich an der Nasenspitze ansehen.

"Was denn?" fragte sie so ahnungslos, daß Mei es ihr fast abgekauft hätte.

Nach ein paar Sekunden jedoch war sie sich sicher, daß die Blondine nur ablenken wollte und widerholte:

"Wie kommt es, daß du nicht widersprichst?"

"Weil es nichts zu widersprechen gibt", antwortete Haruka trocken.

Mei zog wieder die Augenbrauen hoch und sie sah aus, als könne sie nicht glauben, was sie da eben gehört hatte.

"Du denkst falsch meine Liebe", griff die Blonde jeder weiteren Frage voraus,

"Dieses verzogene Gör hat mich vor der gesamten Klasse als Freak beschimpft! Glaubst du wirklich, ich würde sie jetzt noch haben wollen und damit meine eigene Ehre in den Dreck werfen? Alle würden denken, ich sei dieser Ziege hörig!"

Mei´s Gesichtsausdruck wechselte von Überraschung, über fassungsloses Erstaunen, bis hin zu ernsthafter Nachdenklichkeit. Sie schien das Gehörte erst irgendwie verarbeiten zu müssen und es dauerte eine kleine Weile, bis sie darauf reagierte.

"Bleibt lediglich die Frage, ob nun dein, ein wenig fehlgeleiteter, Stolz oder wirklich ernsthafte Gefühle uns gerade total in die Irre führen...?"

Sie schien ihrer Worte wirklich nicht sicher zu sein.

"Uns?" fragte Haruka völlig baff,

"Also...ich für meinen Teil sehe völlig klar und bin keinesfalls verwirrt. Das einzige, was mich verwirrt ist, warum du von "uns" sprichst. Was hast du denn mit der ganzen Sache zu tun?"

Mei wollte grinsen, doch es gelang ihr nicht wirklich.

"Ich versuche gerade zu verdauen, daß du - ausgerechnet du! - dich knallhart verliebt hast", sagte sie irgendwie unsicher,

"Das denke ich jedenfalls."

Sie sah so aus, als sei sie sich niemals in ihrem Leben so unsicher gewesen.

Das widerum verunsicherte auch Haruka.

Der Effekt sich über Mei´s Worte aufregen zu wollen war gänzlich verschwunden. So hatte sie ihre dunkelhaarige Freundin noch nie erlebt.

Von Anfang an hatte Mei immer die Fäden gezogen, ihre weiblichen Reize und Fähigkeiten perfekt eingesetzt, um am Ende immer ihre Bestätigung von Haruka zu bekommen. Sie hätte es zwar niemals zugegeben, aber Mei hatte sie immer genau dorthin bekommen, wo sie das androgyne Mädchen hatte haben wollen und das Ganze so geschickt, daß selbst Haruka es erst sehr spät gemerkt hatte, daß nicht sie die Fäden in der Hand hatte.

Zum ersten Mal schien Mei sich absolut nicht sicher, was Haruka betraf.

"Ich bin nicht verliebt", sagte die Blonde brüsk, um die eigene Unsicherheit zu überspielen.

Mei sah sie nachdenklich an und jede weitere Sekunde drückenden Schweigens, brachte Haruka näher an einen Nervenzusammenbruch.

"Und was, wenn doch...?" kam es endlich zögerlich von der Dunkelhaarigen.

Haruka schluckte.

>Was wenn doch?<

Das war wirklich eine gute Frage.

War sie wirklich verliebt in Michiru?

Bisher war sie noch nie verliebt gewesen, woher also sollte sie wissen, wie es sich anfühlte, verliebt zu sein?

Sicher war nur, daß bei Michiru irgendetwas anders war, als bei allen anderen Mädchen zuvor. Sollte es wirklich Liebe sein?

Mei schien ihren inneren Konflikt an ihrem Gesicht zu erkennen.

Fast mitfühlend griff sie nach Haruka´s Hand und sah ihr in die Augen, als diese erstaunt den Blick hob.

"Liebst du sie?" fragte sie ruhig und sachlich.

Die Frage war ehrlich und nicht gedacht, um Haruka zu ärgern.

Diese holte einmal tief Luft und antwortete:

"Ich weiss es nicht..."

Aus dieser Antwort ging deutlich hervor, daß Haruka sich nicht mehr gegen diesen Gedanken sträubte. Im Gegenteil.

Mei war sich sicher, daß Haruka gerade nicht zum ersten Mal darüber nachgedacht hatte und zu dem Schluß gekommen war, daß es immerhin möglich war, daß sie sich in Michiru verliebt hatte.

"Ich weiss es nicht...", wiederholte Haruka nocheinmal, dieses Mal mit etwas festerer Stimme,

"Ich weiss es wirklich nicht. Genauso wie ich nicht weiter weiss. Erst Recht nicht, wenn es wirklich so ist."

Sie sah Mei genau in die Augen.

"Zum ersten mal in meinem Leben habe ich nicht die geringste Idee, wie mein Leben weitergehen soll. Ich bin überfordert."

Das war brutal ehrlich und Mei hatte ganz klar Probleme, sich auf die "neue" Haruka einzustellen.

"Ich kann dir da leider auch nicht helfen", brachte sie verlegen hervor,

"Zuerst wirst du dir Klarheit über deine Gefühle verschaffen müssen. Und danach dann über ihre..."

Sie zuckte etwas unbeholfen mit den Schultern und versuchte, Haruka ein zuversichtliches Lächeln zu schenken.

Zuerst regte die Blondine sich nicht, dann jedoch lachte sie leise und entspannte sichtlich.

"Ich werd´s versuchen", versprach sie fast,

"Aber für heute lassen wir dieses Thema gut sein, ok?"

Mei zog die Augenbrauen hoch, dann jedoch mußte sie lächeln.

"Ok", gab sie zurück,

"Ich hab sowieso Hunger. Wo bleibt nur diese Bedienung?"

Sie blickte suchend zur Theke.

Haruka folgte ihrem Blick und lachte:

"Die traut sich bestimmt nicht mehr hierher, so verlegen wie sie vorhin war."

"Wenn ich verhungern muß, weil du immer so dreist baggerst, dann kostet dich das noch ein Mittag - und ein Abendessen", grinste Mei.

Doch in diesem Moment kam die Bedienung durch die Schwingtür zur Küche und steuerte auf die Beiden zu.

"Sie traut sich doch noch", grinste Mei und Haruka antwortete mit einem Grinsen:

"Mir widersteht Keine!"

>Wirklich Keine...?<
 

Michiru lief zu ihrem Klassenraum.

Glücklicherweise hatten sie und Elza die nächsten Stunden getrennt Unterricht. Sie wollte nicht mehr über das Thema Haruka und eventuelle Gefühle zu dieser reden. Sie wollte nichteinmal mehr darüber nachdenken.

Vergessen war eigentlich alles, was sie noch wollte.

Vielleicht würde ihr das jetzt gelingen, wo Haruka nicht mehr zur Schule kam.

Kurz bevor Michiru den Klassenraum erreichte, räusperte sich jemand leise hinter ihr und tippte leicht auf ihre Schulter.

Fast als hätte sie nur darauf gewartet, schwang Michiru herum, doch es war nicht Haruka.

Beinahe etwas enttäuscht blickte sie Murakami aus der Parallelklasse ins Gesicht.

Er war 2 Jahre älter als Michiru, obwohl er in dieselbe Stufe ging und ihr eigentlich bisher auch nur dadurch aufgefallen.

"Entschuldige Michiru-san", stammelte er leicht unbeholfen herum und gab ihr damit die Zeit, sich zu fassen.

Er hingegen schien immer nervöser zu werden und bekam kein weiteres Wort heraus.

"Ja...?" fragte Michiru schließlich und sah ihn forschend an.

Murakami räusperte sich erneut und sprach dann endlich kratzig weiter.

"Bitte denk jetzt nichts Falsches von mir Michiru-san, aber... Ich habe es mir wirklich reichlich überlegt und... Die Sache ist die...ich..."

Michiru zog die Augenbrauen hoch.

"Beendest du auch mal einen deiner Sätze?" fragte sie leicht irritiert,

"Das würde mir nämlich sehr helfen, dich zu verstehen."

Murakami ließ die Schultern hängen und wirkte niedergeschlagen.

"Ich hab´s wohl verpatzt, was?" sah er das Mädchen geknickt an.

Irgendwie fand Michiru das niedlich.

Er hatte sich solche Mühe gegeben und sich sicher immer wiederzurechtgelegt, was er ihr hatte sagen wollen und nun stand er da, wie ein begossener Pudel und hatte sein Anliegen nichteinmal loswerden können.

"Nein", lächelte sie,

"Ich bin doch noch da und wenn du mir etwas sagen möchtest, dann höre ich dir auch gerne zu."

Murakami´s Blick hellte sich auf.

"Wirklich?" presste er überrascht hervor, stellte seine Bedenken jedoch sofort zurück und sprudelte nur so heraus mit seiner Botschaft.,

"Ich wollte sagen, daß ich dich schon lange mag und dich einfach fragen, ob du nicht vielleicht einmal mit mir ausgehen würdest?"

Michiru blinzelte.

"Du willst mit mir ausgehen? Ausgerechnet mit mir?" war jetzt sie überrascht.

Murakami nickte nur und sah sie abwartend an.

"Das ist...", sie sprach nicht weiter.

>Ein Rendevouz<, schoss es ihr durch den Kopf,

>Mein erstes Rendevouz...<

"Und...?" traute Murakami sich zögerlich zu fragen und bekam so wieder Michiru´s Aufmerksamkeit.

"Ich..", begann sie, brach aber gleich wieder ab.

>Es gibt nur ein erstes Rendevouz....<

Sie zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen und sah ihr Gegenüber an.

"Ich fühle mich wirklich geschmeichelt, aber im Augenblick habe ich leider kaum Zeit für soetwas. Du kannst mich aber gerne nocheinmal fragen, wenn es wieder etwas ruhiger ist."

Sie zwinkerte und ging wieder Richtung Klassenraum.

Bei erreichen der Tür drehte sie sich nocheinmal um und winkte Murakami.

Dann verschwand sie in der Klasse.

Murakami blickte ihr bis zur letzten Sekunde nach und winkte ihr zurück.

"Das war die netteste Abfuhr meines Lebens", grinste er und ging.
 

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Fortsetzung folgt...

Die Ruhe vor dem Sturm

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Als um 17 Uhr die Schulglocke läutete, hatte Michiru es sehr eilig.

Sie hatte sich fest vorgenommen, sich nicht mehr sinnlos den Kopf zu zerbrechen und das Leben endlich wieder zu genießen.

Der Frühling war in einen angenehmen Frühsommer übergegangen und Michiru fand es an der Zeit, den frisch gereinigten Pool einzuweihen.

Ihre Hausaufgaben konnten auch einmal warten und so tauchte sie nur eine knappe Stunde später ins wohlige Nass des hauseigenen Pools ein.

Kaum das ihr Körper gänzlich im Wasser verschwand, stieg ein euphorisches Glücksgefühl in ihr auf.

Wie sehr hatte sie das über den Winter vermisst.

Eine Schwimmhalle bot einfach nicht das gleiche Gefühl, wie Schwimmen unter klarem Himmel.

Am liebsten schwamm Michiru natürlich im Meer, aber das war um diese Jahreszeit doch noch reichlich kalt und so zog sie den Pool im Garten vor.

Im Wasser fand das Mädchen immer zur Ruhe und so fühlte sie sich nach kurzer Zeit so gut, wie schon lange nicht mehr.

Alle trüben Gedanken waren wie weggeblasen und sie ließ sich einfach im Wasser treiben.

Die Ruhe wurde jäh gestört, als eine ziemlich wütende Elza laut schimpfend im Garten auftauchte.

"Dir gehts wohl zu gut, was? Ich warte mir am Schultor die Beine in den Bauch und du planscht seelenruhig im Pool rum. Es ist doch noch viel zu kalt zum Schwimmen!"

Michiru richtete sich auf und blinzelte gegen die tiefstehende Sonne in Elza´s Richtung.

"Es ist nicht zu kalt und ich dachte, du hättest noch Training", gab sie zur Antwort.

"Du weißt sehr genau, das ich heute kein Training habe", wurde Elza nur wenig ruhiger.

Sie ließ sich auf eine der Sonnenliegen fallen und sah Michiru tadelnd an.

"Du bist davongelaufen, weil du nicht mehr mit mir über Haruka reden wolltest. So ist es doch?!"

Michiru zuckte fast zusammen, als ihre Freundin diesen Namen nannte.

Seufzend stieg sie aus dem Wasser und griff nach ihrem Handtuch.

Nachdem sie sich ein wenig abgetrocknet hatte, setzte sie sich auf die Liege neben Elza und blickte diese an.

"Du hast Recht. Ich bin absichtlich schnell verschwunden nach der Schule."

Sie klang sehr ehrlich.

"Und ich wollte wirklich nicht mehr über Haruka reden. Aber es ist nicht, wie du es vielleicht denkst. Was geschehen ist, ist nuneinmal geschehen und niemand kann etwas rückgängig machen. Wenn Haruka wirklich nocheinmal zur Schule kommt, dann werde ich versuchen, mich mit ihr auszusprechen, aber solange sie nicht erscheint, ist es absolut sinnlos, sich weiter den Kopf zu zerbrechen!"

Sie erhob sich und legte Elza eine Hand auf die Schulter.

"Ich versuche nur, endlich normal mein Leben weiter zu leben und es wäre sehr schön, wenn ihr Alle das endlich verstehen würdet."

Elza sah zu ihr hoch.

"Ich war wohl ziemlich dumm was?"

Sie seufzte leise.

"Mir hätte klar sein müssen, daß du dir noch viel mehr Gedanken über all das machst, als ich. Genauso wie ich hätte wissen müssen, daß du einen so klaren Verstand besitzt, wie kaum jemand in unserem Alter."

"Es ist schon ok", lächelte Michiru,

"Ich gebe zu, ich habe mich nicht immer wie ein Mensch mit klarem Verstand verhalten. Weder dir - noch Haruka gegenüber. Aber es kann einfach nicht so weitergehen. Es muß endlich wieder Normalität in unseren Altag einkehren, sonst steht am Ende sogar noch unsere Freundschaft auf dem Spiel. Ich will mich weder mit Haruka streiten, noch möchte ich weiterhin mit dir über sie streiten. Ich will einfach nur in mein ganz normales Leben zurück. Mit Schwimmen, Eis essen oder Kino und vor allem, freiem Kopf für den Stoff in der Schule."

"Will heißen, wir gehen am Wochenende ins Kino?" grinste Elza breit.

Michiru zog die Augenbrauen hoch, fing aber gleich darauf ebenfalls an zu grinsen.

"Aber nur, wenn du jetzt mit Schwimmen gehst!"

Noch ehe Elza sich versah, hatte Michiru sie hochgezogen und samt Klamotten in den Pool befördert.

Pustend kam sie wieder an die Oberfläche.

"Dir gehts echt zu gut, was?" schnaubte sie in Michiru´s Richtung,

"Stell dir vor, ich hätte mein Handy in der Hosentasche gehabt!"

"Du hast doch gar kein Handy", lachte Michiru,

"Du bist doch der Meinung, du hast genug zu tun und da brauchst du nicht noch auf Schritt und Tritt Leute, die dich anrufen."

"Du kennst mich eindeutig zu gut", murmelte die Rothaarige und bespritze Michiru mit einer guten Ladung Wasser.

Diese tauchte sekundenschnell unter, wieder auf und lachte:

"Wenn du mich im Wasser besiegen willst, dann mußt du schon früher aufstehen."

"Das werden wir ja sehen", lachte Elza und startete gleich einen neuen Versuch.

Endlich schien das Eis gebrochen, das "Problem" Haruka vergessen und wieder Normalität eingekehrt bei den Freundinnen und sie genossen ihr Spiel im Wasser.
 

Haruka und Mei hatten den ganzen Tag miteinander verbracht.

Das Thema Michiru allerdings war nicht mehr angesprochen worden.

Natürlich hatte Haruka ihre Freundin auch nach Hause gefahren und selbst nach dem Abschied kam nicht die kleinste Bemerkung, bevor diese im Haus verschwand.

Kopfschüttelnd gab die Blondine Gas und fuhr los.

Sie fühlte sich das erste Mal seit langem wieder richtig gut und die laue Nacht verleitete sie dazu, noch nicht heim zu fahren.

Sie wollte ihren inneren Frieden einfach noch ein wenig auskosten.

Als kenne ihr Unterbewußtsein genau den richtigen Ort dafür, landete sie wenig später vorm Tigers.

Ein Cocktail würde sicher nicht schaden und den Wagen konnte sie zur Not stehenlassen, falls es nicht bei dem Einen bleiben würde.

Unter der Woche war in der Bar nicht viel los und so war es angenehm leer, als Haruka den Laden betrat.

Sie steuerte die Theke an und setzte sich auf einen Hocker.

Wortlos stellte der Keeper ihr einen Cocktail vor die Nase und sie grinste ihn an.

"Hast du die Dinger schon vorbereitet, falls ich zufällig mal reinschneie?"

Der junge Mann lachte.

"Das hättest du wohl gerne. Aber eigentlich war der da für mich gedacht. Gib es zu - du hast es gerochen."

"Das du dich während der Arbeitszeit betrinken willst?" neckte Haruka und zog das Glas näher zu sich.

"So hätte ich das jetzt nicht gesagt", überlegte der dunkelhaarige Barkeeper,

"Aber irgendwo hast du schon recht. So wenig wie heute war hier schon lange nicht mehr los und da dachte ich mir..."

"Schon klar", unterbrach Haruka ihn lachend,

"Ich würde hier keinen Abend nüchtern rausgehen an deiner Stelle."

"Dann gestattest du ja", grinste er sie spitzbübisch an, während er sich einen neuen Cockteil mixte.

"Immer", gab die Blondine zurück und widmete sich ihrem Getränk.

Mit Toshi war sie gleich an ihrem ersten Abend in dieser Bar zusammengestoßen und sie hatten sich auf Anhieb verstanden. Er war sechs Jahre älter als sie, Jungeselle und arbeitete hier ganz sicher nicht nur wegen des Geldes. Genau wie sie ging er nicht gern allein nach Hause, wenn er in Feierlaune war und obendrein gefiel ihnen derselbe Typ Mädchen.

"Und was machst du so den lieben, langen Tag?" gesellte der dunkelhaarige Toshi sich zu ihr,

"Wie war die mit den blauen Locken vom letzten Mal?"

Er grinste, als Haruka ihn ansah.

"Frag sie doch beim nächsten Mal selbst", gab sie nach einigen Sekunden zur Antwort und nippte an ihrem Glas.

"Ach komm schon", forderte Toshi sie auf,

"Du bist doch sonst nicht so zurückhaltend.

"Willst du damit sagen, ich tratsche?" fragte sie entrüstet.

"Das natürlich nicht", beruhigte der Keeper sie,

"Aber du hüllst dich auch nicht unbedingt in Schweigen."

Er erwartete eine kleine Attacke ihrerseits, umso erstaunter war er, als sie ihn anblickte und fragte:

"Bin ich wirklich so schlimm?"

Die Frage klang, als wäre sie ernst gemeint und genau darum stutzte Toshi.

"Seit wann interessiert es dich, ob du schlimm bist oder nicht? Das sind ja ganz neue Töne an dir."

>>Seit es mich interessiert, was Michiru von mir denkt<<, ging es durch Haruka´s Kopf, aber sie sagte:

"Es hat mich noch nie interessiert. Solange ich bei den Frauen wirke, sollen doch alle denken, was sie wollen."

"Recht so", grinste Toshi und trank seinen Cocktail.

>>Und warum interessiert es mich, was Michiru von mir denkt? Hat Mei wirklich Recht?<<

Damit war es vorbei mit der Zufriedenheit, die Haruka bis gerade eben noch verspürt hatte und Michiru war wieder in ihren Gedanken.

So sehr in ihren Gedanken, daß sie nichteinmal bemerkte, daß Toshi´s Aufmerksamkeit offenbar nicht mehr in ihre Richtung ging.

"Aber holla, da wird ja die Milch in der Kanne ranzig...", murmelte er und stieß Haruka an.

Diese begriff im ersten Moment gar nicht, was los war.

"Schau dir die mal an", pfiff der Dunkelhaarige durch die Zähne und deutete unauffällig zur Eingangstür.

"Was?"

Haruka verstand ihn noch immer nicht und schwang irritiert herum.

In der nächsten Sekunde war Michiru vergessen und sie begriff die Worte ihres Kumpels.

Am Eingang stand eine junge Frau in einem superkurzem, superengem, schwarzen Kleid. Ihre feuerroten Haare züngelten wie Flammen bei jeder Bewegung über ihre Schultern auf den schwarzen Stoff und drohten, nicht nur diesen, jeden Augenblick in Brand zu setzen.

"Der Teufel ist eine Frau...", presste Haruka leise hervor und Toshi erwiederte:

"Und sie ist Sünde pur..."

Fast wehrlos schmachteten die Beiden dem sündigen Wesen entgegen, welches sich ihnen mit wiegenden Schritten näherte.

"Ich hatte auf nette Gesellschaft gehofft, aber das ich solches Glück haben würde, damit hatte ich nicht gerechnet", erklang eine tiefe, weiche Stimme und Toshi begann zu schwitzen.

"Was...was darf ich der Lady denn anbieten?", stotterte er ein wenig.

Auch Haruka´s Augen hafteten noch auf der Rothaarigen, doch Toshi´s Gestammel riss sie in die Realität.

>>Man, das is ja schon richtig peinlich...<<, dachte sie beim Anblick ihres Kumpels,

>>Kann man sich von einer Frau wirklich derart vorführen lassen?<<

"Eine grüne Witwe hätte ich gerne", lächelte die Schönheit ihn an und wandte sich dann Haruka zu,

"Der Süße hier läd mich sicher dazu ein."

Ein weiteres, sündiges Lächeln.

Automatisch, vielleicht auch aus Gewohnheit, nickte Haruka.

Toshi machte sich nur widerwillig an seine Aufgabe. Es war ihm sichtlich nicht recht, diese Frau Haruka zu überlassen.

Das die Wahl der Rothaarigen jedoch scheinbar auf Haruka gefallen war, konnte er selbst mit dem charmantestem Lächeln nicht ändern.

Das Mädchen nahm auf dem Hocker direkt neben der Blondine Platz und lehnte sich direkt etwas zu ihr.

"Deinem Freund scheint es nicht zu gefallen, daß wir jetzt allein sind. Er schaut die ganze Zeit zu uns rüber", sagte sie leise und lächelte amüsiert.

Haruka blickte kurz zu Toshi und dann wieder ihr Gegenüber an.

"Du glaubst, er ist eifersüchtig?" fragte sie und bekam ein Nicken zur Antwort.

"Ja, es gefällt ihm nicht, daß ich dich ausgesucht habe."

Normalerweise hätte ein solcher Satz Haruka´s Ego platzen lassen, doch seltsamerweise fehlte das Prickeln, welches eine solche Frau sonst bei ihr auslöste. Und dennoch spielte sie ihr übliches Spiel.

"Du hast mich ausgesucht?" fragte sie interessiert,

"Ausgesucht wofür?"

"Als Begleitung für einen netten Abend", lächelte die Rothaarige entwaffnend,

"Und wenn du dich bewährst, wird vielleicht sogar mehr als nur ein Abend daraus..."

Sie hatte sich erneut vorgelehnt und Haruka die letzten Worte vielversprechend entgegengehaucht.

Diese grinste ein wenig spitzbübisch und als Toshi sich wieder zu ihnen gesellte und dem Mädchen seinen Cocktail hinstellte, wurde ihr Grinsen noch breiter.

Die Rothaarige sah dies als Sieg und rutschte etwas näher an Haruka heran, bevor sie von ihrem Cocktail trank.

"Und hast du schon den Namen unserer Schönheit erfahren?" wandt Toshi sich an Haruka.

"Ich muß dich enttäuschen", gab diese zurück,

"Bisher hat sie ihn noch nicht verraten."

Ein charmantes Lächeln in Richtung der Rothaarigen war Aufforderung genug für diese, ihren Namen zu nennen.

"Ihr könnt mich Kotori nennen."

Sie lächelte wieder sündhaft.

"Und wie darf ich euch nennen...?"

Ihr Stimme senkte sich ein wenig, sie lehnte sich wieder zu Haruka, legte ihre Hand auf deren Knie und schob sie langsam ein wenig aufwärts.

Haruka lachte leise, sah ihr direkt in die Augen und hielt ihre Hand fest.

"Ich bin Haruka", hauchte sie,

"Und der Superkeeper da drüben heisst Toshi."

Zeitgleich mit diesem Satz befreite Haruka ihr Bein von der eindeutigen Berührung Kotori´s.

Das, noch immer vor Charme sprühende, Lächeln auf ihren Lippen jedoch, ließ Kotori diese Zurückweisung keinesfalls als ein endgültiges Nein sehen.

Eher sah sie es als Einladung zu einem prickelndem Spiel.

Toshi schien das auch zu bemerken, denn er versuchte verbissen, Kotori´s Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

"Ich hab dich hier noch nie gesehen", sagte er an sie gerichtet,

"Eine Frau wie du wäre mir ganz sicher aufgefallen."

Kotori lächelte entwaffnend.

Sie lehnte sich über die Theke ganz nah zu ihm, bis nur noch wenige Zentimeter ihre Lippen von den seinen trennten und flüsterte:

"Mich hat noch nie ein Mann vergessen..."

Toshi verzehrte sich geradezu nach dem rothaarigem Vamp und Haruka gefiel das Spielchen, welches Kotori betrieb.

Dieses Mädchen, welches ihrem Kumpel das letzte bißchen klaren Verstand zu rauben schien, war genau wie sie selbst. Sie wußte, was sie wollte und auch, wie sie es bekam.

Allerdings war sie sich sicher, zwei üblich hormongesteuerte Kerle vor sich zu haben und so lag der letzte Trumpf auf jeden Fall bei Haruka.

Diese ging jetzt zum Angriff über.

"Und was hast du sonst noch alles so zu bieten?" fragte sie lockend.

Kotori hauchte Toshi einmal kurz über die Lippen und drehte sich wieder zu Haruka.

Erneut legte ihre Hand sich sanft auf Haruka´s Schenkel, kurz oberhalb des Knies. Sie suchte direkten Blickkontakt zu ihr und ihre dunklen Augen versprachen alles, was Haruka sich je gewünscht hatte.

"Alles wovon du schon immer geträumt hast", schnurrte Kotori ihr entgegen.

"Meine Träume hat noch nie Eine erfüllen können", gab Haruka nicht weniger herausfordernd zurück,

"Was macht dich Glauben, daß du es kannst?"

Kotori erhob sich von ihrem Hocker und schob sich mit sanften Druck zwischen Haruka´s Beine. Ihre Hand strich dabei erneut langsam aufwärts und dieses Mal hielt Haruka sie nicht zurück.

Kaum 10cm vor ihrem Ziel kam ihre Hand wieder zur Ruhe und ihre dunklen Augen funkelten die Blondine lockend an.

"In deinen Augen liegt endloses Verlangen und ungestillte Sehnsüchte und nur wer wagt gewinnt auch etwas."

"Touché", lachte Haruka leise,

Und was bist du bereit zu wagen?"

"Alles", war die klare Antwort und Toshi wußte, daß er verloren hatte.

Diese Zwei hinderte sicher niemand mehr an einer gemeinsamen Nacht. Mißmutig wollte er sich entfernen, als Haruka´s Worte ihn zurückhielten.

Sie waren zwar nicht an ihn gerichtet, aber dennoch warfen sie ein völlig neues Licht auf die Sache.

"Dein Einsatz ist zu hoch, schönes Mädchen."

Haruka klang weiterhin überlegen, aber irgendetwas war anders als sonst und das fiel Toshi gleich auf.

Warum redete die Blondine so viel?

Dieses Mädchen war so willig, daß sie sie gleich hier auf der Theke hätte nehmen können, wenn sie es gewollt hätte.

>>Was für eine neue Masche hast du denn nun wieder?<< brannte die Frage auf seiner Zunge.

Interessiert wartete er auf den weiteren Ablauf dieser Sache.

Kotori stand noch immer zwischen Haruka´s Beinen und drückte deren Knie´ mit ihrem Körper auseinander.

"Warum sollte er zu hoch sein?" schnurrte sie erneut und schob ihre Hand wieder aufwärts.

Ein elektrisierendes Kribbeln füllte plötzlich Haruka´s Magengegend aus, sammelte seine Energie, schlug wie ein Blitz direkt in ihre Wirbelsäule und kroch unaufhörlich aufwärts bis direkt in ihren Kopf, wo es in sekundenschnelle ihr Hirn lahmzulegen drohte.

Sie biss sich kurz auf die Lippe, um die Kontrolle über sich zu behalten und begann sofort danach zu lächeln.

Kotori´s Hand hatte ihr Ziel erreicht und bewegte sich nicht mehr.

Ihr Blick wechselte von Überraschung, über Ungläubigkeit bis hin zu Erkenntnis und kein Laut drang über ihre Lippen.

Ihre Hand ruhte noch immer reglos in Haruka´s Schritt, als diese sagte:

"Wer zu hoch pokert, verliert."

Sie drehte sich weg, löste sich so von der Berührung und grinste Toshi an.

"Ich schätze, sie braucht jetzt jemanden zum Reden."

Ein freches Zwinkern und sie drehte sich um, um zu gehen.

Jedoch nicht, ohne Kotori nochmals anzulächeln und ihr einige letzte Worte mitzugeben.

"Nimms nicht so tragisch. Noch gestern wärst du unter meinen Fingern dahingeschmolzen, aber die Regeln in meinem Spiel haben sich geändert."

Lächelnd verließ sie die Bar, während Toshi eine Weile brauchte, um zu begreifen, daß Haruka´s "neue Regeln" ihm gerade einen Freifahrtschein verschafft hatten.
 

Spät am Abend, als Michiru bereits lange in ihrem Bett lag, kam auch Haruka nach Hause.

Noch immer hatte sie ein leichtes Grinsen auf den Lippen und sie schmiss sich erledigt auf die Couch. Ihr Blick schweifte durch die leere Wohnung, die ungewohnt ruhig war.

"Warum habe ich das gemacht?" fragte Haruka sich selbst.

Sie drehte sich auf den Rücken und starrte an die Decke.

"Die war sowas von heiss und ich hätte sie haben können..."

Ihr Lächeln wurde zu einem Grinsen.

"Toshi wird seinen Spaß mit ihr haben!"

Dennoch blieb die Frage, warum sie das getan hatte.

Sie setzte sich auf und erhob sich von der Couch. Zielstrebig ging sie zur Terassentür, öffnete sie und trat auf den Balkon.

Der Blick auf die nächtliche Stadt hatte etwas beruhigendes, fand die Blondine. Und der leichte Wind, welcher sanft an ihren Haaren zerrte, schien die Antworten zu flüstern, welche sie sich nicht auszusprechen getraute.

>>Weil ich nicht sie wollte.<<

Leise lachte Haruka auf.

"Ihr habt ja alle Recht. Ich wollte sie von Anfang an und ich will sie noch immer", sie grinste, als würde ihr Geständnis tatsächlich jemand sehen,

"Nur der Grund ist nicht mehr derselbe wie er es am Anfang war..."

Sie klang beinahe amüsiert und schüttelte über sich selbst den Kopf.

Das soetwas jemals möglich war, hätte sie sich nie erträumen lassen.

Lächelnd ging sie zurück in die Wohnung und verschwand im Bad. Nachdem sie sich bettfertig gemacht hatte, ließ sie sich in die Kissen fallen und war fast augenblicklich eingeschlafen.
 

Am folgenden Morgen ging Michiru das erste Mal seit langem ohne ungutes Gefühl den Weg zur Schule. Sie hatte ruhig geschlafen in der letzten Nacht und nachdem mit Elza endlich alles geklärt war, verursachte selbst der Gedanke an Haruka kein mulmiges Gefühl mehr in ihrer Magengegend.

Sollte diese heute zur Schule kommen, würde Michiru versuchen, ein normales Gespräch mit ihr zu führen und kam sie nicht, würde sie auch nicht weiter darüber nachdenken.

Als Michiru das Klassenzimmer betrat, saß Elza bereits an ihrem Platz und grinste sie an.

Michiru ging zu ihrem Pult und setzte sich.

"Und? Schon überlegt, in welchen Film wir gehen?" fragte sie ihre Freundin.

Elza antwortete:

"Ich richte mich da ganz nach dir. Du kennst mich doch - ich schaue fast Alles."

"Dann suchen wir heute Abend gemeinsam etwas aus", lächelte Michiru,

"Auswahl gibt es ja genug."

Elza nickte und kramte in ihren Büchern.

"Hast du die Mathehausaufgaben?", fragte sie leise,

"Was hat der Okudera sich dabei bloß wieder gedacht? Das war doch Stoff für Achtklässler!"

Michiru konnte ihr nur zustimmen.

"Vielleicht ist ihm entgangen, daß dieses hier eine Schule für Hochbegabte ist."

Sie lachte.

"Das wird es wohl sein", schloss auch Elza sich an.

"Das ist der vorgeschriebene Lernstoff für den 10. Jahrgang der Mugen Gakkuen!"

Michiru alsauch Elza verstummten.

Kimiko, das Mädchen neben Elza hatte dies gesagt und sah die Beiden mit demselben Blick an, den Sensei Okudera immer zur Schau trug.

"Wenn euch der Stoff zu einfach ist, dann wechselt doch die Schule oder beschwert euch beim Direktor."

Elza dreht sich etwas genervt zu ihr herum.

"Und wenn du nichts besseres zu tun hast, als anderer Leute Gespräche zu belauschen, wundert es mich nicht, daß dir der Stoff zu schwer ist", grinste sie breit.

Kimiko verzog das Gesicht.

Sie wollte gerade etwas erwiedern, als der Mathematiklehrer den Raum betrat.

Schnell drehten alle sich nach vorne, um nicht gleich wieder einen Verweis vom Sensei zu bekommen.

>>Sie kommt also wieder nicht zur Schule.<<

Kurz blickte Michiru verstohlen zu Elza rüber.

Natürlich wußte ihre Freundin, was sie dachte, das war Michiru klar, aber sie wußte auch, daß Elza sie nicht mehr darauf ansprechen würde.

Sie war eben ihre beste Freundin und darüber war Michiru froh.

Der Matheunterricht verlief ohne jeden Zwischenfall.

Mr. Okudera nannte nichteinmal Haruka´s Namen, obwohl sie doch fehlte.

Das kam Michiru schon ein wenig seltsam vor, aber sie dachte nicht weiter darüber nach.

Konzentriert folgte sie dem Unterricht und hing selbst dann noch mit der Nase in ihrem Buch, als Mr. Okudera zum Leherwechsel den Klassenraum verließ.

Elza mußte sie regelrecht auffordern, ihr ihre Aufmerksamkeit zu schenken.

"Wann treffen wir uns denn heute Abend?" fragte sie und wiederholte nochmals, da ihre Freundin nicht reagierte.

Erst nach dem zweiten Mal sah Michiru auf und schien zu überlegen.

"Wie wäre es mit 19 Uhr? Da könnten wir vorher noch ein wenig Bummeln gehen", antwortete sie schließlich.

"19 Uhr ist gut", stimmte Elza zu,

"Ich hol dich dann ab, ok?"

Michiru nickte und da kam schon Mrs. Katajama, die Lehererin für modernes Japanisch, herein.
 

Als Haruka die Augen öffnete fühlte sie sich ausgeruht und erholt. Sie hatte sehr gut geschlafen und war bereit, sich heute Allem zu stellen.

Sie erhob sich aus dem Bett und trottete ins Bad, um sich frisch zu machen.

Nach einer kurzen Dusche fühlte sie sich wie neu geboren und kleidete sich in aller Ruhe an.

Diese Ruhe jedoch kam ihr nur Sekunden später abhanden.

Ihr Blick war auf die Digitaluhr ihrer Stereoanlage gefallen und nun war Eile angesagt.

"Shit! Schon viertel vor elf", fluchte die Blondine.

Ihr war völlig entfallen, daß sie am gestrigen Morgen sämtliche Wecker ins Jenseits befördert hatte und so nichts und niemand mehr für zeitiges Aufstehen ihrerseits sorgte.

"Kein Wunder, daß ich so fit bin", murrte Haruka vor sich her, während sie die Wohnung verließ,

"Mathe kann ich heute in den Wind schreiben. Und das, wo dieser blöde Okudera mich sowieso schon gefressen hat."

Sie beschleunigte ihre Schritte, um wenigstens zur dritten Stunde noch pünktlich zu kommen, obwohl modernes Japanisch nun wirklich nicht zu ihren Lieblingsfächern gehörte.

Eilig lief sie die Treppen im Schulgebäude hinauf und dann den langen Gang, der zu ihrem Klassenzimmer führte.
 

Michiru hatte gerade ihr Unterrichtsmaterial herausgeholt, als die Klassentür sich erneut öffnete.

Fast automatisch hoben alle die Köpfe und sahen zur Tür.

Haruka blickte sich kurz um und ging dann direkt zu Mrs. Katajama und machte eine leichte Verbeugung.

"Es tut mir leid, daß ich mich verspätet habe", sagte sie und wartete auf die Antwort der Lehrerin.

Michiru schluckte leicht und konzentrierte sich sofort auf ihre Bücher.

Elza schüttelte leicht den Kopf, als sie das sah und grinste.

"Es ist in Ordnung, Miss Ten´ou, sie können sich setzen. Nur bei ihrem Mathematiklehrer werden sie sich noch entschuldigen müssen", sagte die Lehrerin und entließ Haruka auf ihren Platz.

Als Haruka an ihrem Pult vorbei ging, blickte Michiru kurz auf.

Nur den Bruchteil einer Sekunde, weil sie verhindern wollte, daß die Blondine es bemerkte, doch ihr Plan ging nicht auf.

Ihre Blicke trafen sich und Michiru fühlte sich ertappt.

Haruka jedoch lächelte nur und setzte sich auf ihren Platz.

>>Sie hat gelächelt?<<

Michiru verstand die Welt nicht mehr. Hilfesuchend sah sie zu Elza rüber, doch diese zuckte nur mit den Schultern.

>>Ist sie etwa nicht mehr böse auf mich?<<

Am liebsten hätte das türkishaarige Mädchen sich umgedreht und Haruka einfach gefragt, aber sie riss sich zusammen.

Die Pause würde die Gelegenheit bieten, mit Haruka zu reden. Und zwar ohne das irgendwer es mitbekam.

Michiru waren sehrwohl Kimiko´s interessierte Blicke aufgefallen und sie wollte der Klassensprecherin keinen Grund geben, sie beim Lehrer anzuschwärzen.

Außerdem hatte sie keine Lust auf weitere Mißverständnisse und die würde es geben, wenn Kimiko von der ganzen Sache Wind bekam.

Von Mrs. Katajama´s Unterricht bekam Michiru nicht sehr viel mit.

Sie war damit beschäftigt, jede nur erdenkliche Variante des bevorstehenden Gespräches mit Haruka im Kopf durchzuspielen. Auf nichts wollte sie unvorbereitet sein.

Als die Stunde sich endlich dem Ende neigte, hatte Michiru den Entschluß gefaßt, Haruka gezielt und einfach anzusprechen.

Gleich nachdem Mrs. Katajama die Klasse verlassen hatte, stand sie auf und drehte sich zu Haruka herum.

Diese hatte sich auch bereits erhoben und sah Michiru etwas überrascht an.

Kurz zögerte das kleinere Mädchen noch, doch schnell schob sie ihre Bedenken beiseite und begann zu sprechen.

"Ich muß mit dir...", sie brach ab, den Haruka hatte genau diesselben Worte zu exakt der gleichen Zeit gesagt.

Auch sie sprach nicht weiter und sah noch erstaunter aus.

Dann jedoch lachte sie auf.

"Du zuerst", sagte sie und verstummte gleich wieder, denn auch Michiru waren diese Worte über die Lippen gekommen.

>>So wird das nie etwas<<, dachte Michiru und schüttelte kurz den Kopf.

"Lass uns zum Kiosk gehen. Dabei können wir uns unterhalten."

Haruka nickte zustimmend.

"Ich wollte mir sowieso etwas zu essen holen."

Elza folgte den Beiden in "sicherem Abstand". Sie wollte einfach in der Nähe sein, falls Michiru Unterstützung benötigte.

Die Zwei bemerkten sie nichteinmal.

Nach einigen Metern begann Haruka das Gespräch.

"Dann lass hören, worum es geht", forderte sie Michiru auf.

Diese wollte sich auf keine Nein-erst-du-und-dann-ich-Klamotte einlassen und so folgte sie der Aufforderung.

"Ich denke, du und ich hatten einen denkbar schlechten Start miteinander."

"Miteinander?" fragte die Blonde und zog eine Augenbraue hoch.

Michiru sah sie an und sofort riss Haruka sich zusammen.

"Entschuldige. Sprich weiter."

Michiru nickte und sah wieder nach vorn.

"Es hat viele Mißverständnisse gegeben und manchmal habe ich wohl auch überreagiert..."

"Manchmal?"

Haruka biss sich auf die Zunge. Das hatte sie nicht sagen wollen, es war ihr einfach so herausgerutscht.

Michiru blieb stehen und sah sie erneut an.

"Ja, vielleicht auch ein wenig öfter als manchmal. Genau darum geht es ja. Ich will mich bei dir für mein Verhalten entschuldigen und dich um eine zweite Chance bitten."

Haruka blinzelte.

"Du willst was?" fragte sie ungläubig.

"Noch eine Chance", wiederholte Michiru ernst.

Haruka machte keinerlei Anstalten zu antworten, sie sah eher so aus, als könne sie das wirklich nicht glauben.

Michiru jedoch deutete es falsch und dachte, Haruka sei sich nicht sicher, ob sie ihr noch eine Chance geben wollte.

Niedergeschlagen drehte sie sich von ihr weg und senkte den Kopf.

"Du willst mir also keine weitere Chance geben", murmelte sie,

"Irgendwie verständlich."

"Natürlich gebe ich dir eine Chance."

Michiru glaubte, sich verhört zu haben und schwang erfreut herum.

"Wirklich?" rief sie dabei aus, biss sich aber sofort auf die Lippe.

Haruka grinste üblich arrogant und sah sie mit dem Blick des Siegers an.

"Heißt, wir gehen heute Abend aus?" fragte sie und erwartete eindeutig keinen Widerspruch.

>>Bleib ruhig Michiru<<, rief diese sich zur Ordnung und zauberte ein kleines Lächeln auf ihre Lippen.

"Heute Abend bin ich leider schon mit Elza verabredet", sagte sie,

"Aber wenn sie nichts dagegen und du Lust hast, kannst du uns ja begleiten."

"Ein Date zu dritt?" fragte Haruka,

"Das ist aber nicht sehr romantisch."

"Das ist auch kein Date", stellte Michiru klar,

"Es wäre selbst dann kein Date, wenn Elza nicht dabei wäre."

"Das sagst du jetzt noch", grinste Haruka,

"Aber sehr bald denkst du anders darüber."

"Wieso tust du das?", sah Michiru sie scharf an.

Ihre Beherrschung ließ eindeutig nach.

"Was mach ich denn?" wollte Haruka unschuldig wissen,

"Du hast mich um eine Chance gebeten und ich gebe sie dir!"

"Du machst immer alles kaputt", beschwerte Michiru sich beinahe,

"Ich mache dir ein Friedensangebot und du ziehst alles in den Schmutz. Du machst dich lustig über mich und nutzt es gleich wieder aus, um mich dumm anzumachen. Ich will keine Beziehung mit dir. Ich bin nicht wie du!"

"Beziehung?" Haruka hustete.

Sofort bereuhte Michiru ihre Wortwahl.

"Wer redet von einer Beziehung? Sehe ich so aus, als wäre ich scharf darauf, mich an die Leine legen zu lassen?" fragte Haruka ein wenig amüsiert,

"Nein meine Liebe. Ein Date hat nichts mit einer Beziehung zu tun. Zuersteinmal muß man ja erst prüfen, ob der ganze Zeitaufwand sich überhaupt lohnt."

"Ob es sich lohnt?" ereiferte Michiru sich nun,

"Du hälst dich wohl wirklich für unwiderstehlich, was?"

"So war das überhaupt nicht gemeint", verteidigte Haruka sich,

"Und viele Frauen denken nunmal so von mir. Das hab ich mir nicht ausgesucht!"

"Nicht ausgesucht", murrte Michiru,

"Aber alles dafür getan, um diesen Ruf zu bekommen."

"Das ist eine andere Sache", stellte die Blondine klar,

"Ich weiß nunmal, wie und womit man bei Mädchen Eindruck macht."

"Klar", lachte Michiru bitter,

"Deswegen mußt du ja auch ersteinmal herausfinden, ob es sich lohnt deine Zeit für mich zu verschwenden."

"Du hast das völlig falsch verstanden", versuchte Haruka erneut zu erklären,

"Ich meinte nur..."

Weiter kam sie nicht, weil Michiru ihr ins Wort fiel.

"Es ist mir egal, was du meintest! Ich wollte dir noch eine Chance geben und du hast es vergeigt."

"Du wolltest mir eine Chance geben? Soweit ich mich erinnere, war das gerade noch andersherum", fiel nun Haruka ihr ins Wort,

"Kannst du nicht ein einziges Mal zugeben, daß du im Unrecht bist?"

"Was?" wurde Michiru nun richtig wütend,

"Was bildest du dir eigentlich ein?"

"Ich bilde mir überhaupt nichts ein", vertrat Haruka ihren Standpunkt, was Michiru jedoch nicht mehr interessierte.

"Teste bei einer anderen, ob sie deine Zeit wert ist. Meine Zeit jedenfalls ist mir zu schade für dich!"

Sie drehte sich um und ging wütend davon.

"Was glaubst du eigentlich, wer du bist?" rief Haruka ihr nach.

Sie hatte es wirklich versucht, aber Michiru´s Gehabe trieb sie einfach auf die Palme.

"Ich habe solche dummen Versuche gar nicht nötig. Du wirst schon sehen!"

Damit gingen Beide ihrer Wege.
 

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Fortsetzung folgt...

Wer Wind saeht, wird Sturm ernten?!

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Nur kurz vorweg - ich bin nicht wirklich zufrieden mit diesem Kapi. ^^'

Schreib - und Tippfehler bitte überlesen. ^^
 

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Resignierend sah Elza Michiru auf sich zukommen.

>>Die Zwei werden sich wohl nie einig.<<

Kurz verdrehte sie die Augen und seufzte, dann hatte Michiru sie schon erreicht.

"Das war dann wohl scheinbar gar nichts", sah Elza sie fragend an.

"Sie ist einfach unmöglich", presste Michiru durch die Zähne,

"Ich habe mich wirklich bemüht, Fassung zu bewahren, aber sie macht es einem absolut unmöglich, ruhig zu bleiben!"

"Was hat sie denn dieses Mal getan?" schmunzelte Elza.

Es fiel ihr langsam sichtlich schwer, die Sache noch ernst zu nehmen.

Für sie war der Fall klar und Haruka, alsauch Michiru, standen sich in nichts nach.

Michiru bemerkte das jedoch nicht.

Sie war viel zu beschäftigt damit, sich über Haruka zu ärgern.

"Sie hat mein Friedensangebot gleich wieder dazu genutzt mich anzubaggern und es so darzustellen, als hätte ich Interesse an ihr!"

"Das hast du doch auch", lachte Elza,

"Auch wenn du wirklich nicht in sie verliebt sein solltest, so ist sie dir doch aus irgendeinem Grund wichtig. Warum sonst all die Mühe?"

Der Impuls, sich weiterhin zu ereifern, war plötzlich verschwunden und Michiru stutzte.

"Du hast Recht", kam es nachdenklich über ihre Lippen,

"Warum tue ich das überhaupt alles?"

Elza grinste sie an.

Sie fand, das war Antwort genug und Michiru verstand es wohl.

>>Langsam frage ich mich wirklich, ob sie nicht alle Recht haben.<<

Sie verdrehte die Augen.

Irgendwie hatten sie Recht.

Das hatte sie sich nicht erst einmal eingestanden.

"Ok", seufzte Michiru,

"Ich gebe mich geschlagen. Ich mag sie."

"Du...magst sie...?" Elza sah sie abschätzend an.

"Lass das", mahnte Michiru, musste aber sehr schnell lachen.

"Ist gut, ist gut. Ich mag sie sogar sehr."

Das war mehr, als Elza erwartet hatte.

"Gut", grinste sie,

"Wenn das so ist, machst du beim nächsten Mal einen neuen Versuch und hörst jetzt sofort auf, dich über sie aufzuregen."

"Genau so ist es", bestätigte Michiru,

"Ich möchte nämlich noch in Ruhe etwas essen, bevor der Unterricht weitergeht."

Sie schenkte Elza ein Lächeln und schlug sofort den Weg zu ihrem Lieblingsplatz ein.

Elza blinzelte ungläubig.

"Wieso ist das plötzlich so einfach?" murmelte sie und rief dann:

"Hee! Warte doch auf mich."

Schnellen Schrittes lief sie ihrer Freundin hinterher.

Es brannte ihr auf der Seele, mehr aus Michiru herauszubekommen, doch die hüllte sich für den Rest des Schultages in Schweigen.
 

"Was ist eigentlich los mit dir?" fragte Michiru, nachdem Elza zum wiederholten Male nicht auf sie reagiert hatte.

"Nichts", wehrte diese sogleich ab,

"Ich war nur in Gedanken."

"Das bist du seit heute Morgen ständig", stellte Michiru fest und grinste leicht.

Sie wußte genau, was ihre Freundin beschäftigte, aber sie wollte das Thema nicht schon wieder diskutieren.

Glücklicherweise hatten sie, nach dem Gespräch mit Haruka heute Morgen, keinerlei gemeinsamen Unterricht mit dieser gehabt und so gab es für Elza keinen Anlaß, das Thema erneut anzusprechen.

Sie hatte es Michiru versprochen, nicht mehr ständig rumzubohren und ohne ein "ok" von dieser, würde sie ihr Versprechen auch halten.

Unschuldig durchstöberte Michiru die aktuellen Filme im Aushang des Kino´s.

Elza konnte sich nicht wirklich auf die Filmauswahl konzentrieren.

"Was ist dir denn lieber?" fragte Michiru,

"Eher Horror oder doch lieber Komödie?"

"Ich brauch etwas, daß ablenkt", murmelte das rothaarige Mädchen,

"Besser etwas zum lachen."

Michiru war geradezu bester Laune und schmunzelte über Elza´s Antwort.

Sie kaufte zwei Tickets für "Ice Age2" und schloss mit ihrer Freundin auf, welche schon ein paar Schritte vorausgegangen war.

"Ich hoffe, das geht in Ordnung", sagte sie und hielt Elza die Karten unter die Nase.

Die nickte nur und ging weiter.

Grinsend folgte Michiru ihr in den Kinosaal, wo sie sich einen Platz relativ nahe dem Treppenaufgang zur Loge suchten.

>>Langsam finde ich das echt lustig<<, dachte Michiru und stieß ihre Freundin leicht an.

"Magst du Popcorn?" versuchte sie, ganz unschuldig zu wirken.

"Wenn du welches magst", war alles, was Elza dazu sagte.

Michiru seufzte leise.

"Eigentlich hatte ich gedacht, daß wir einen schönen Abend verbringen", klang sie leicht enttäuscht,

"aber Haruka scheint immer und überall zwischen uns zu stehen."

Das war das Stichwort.

Elza hob den Kopf und sah ihr genau in die Augen.

"Dann sag ihr endlich, was du für sie fühlst", brachte sie ohne Umschweife hervor,

"Egal, was es ist. Wenn sie Klarheit hat, dann bekommst du sie auch und alles kann wieder seinen gewohnten Gang nehmen."

"Ich dachte, das hätten wir geklärt", ließ Michiru sich in ihren Sitz sinken,

"Ich werde mit ihr reden und ich werde ehrlich zu ihr sein. Wenn sich die Gelegenheit dazu bietet!"

"Wenn?" widerholte Elza nur fragend.

"Ja, wenn" betonte Michiru nochmals und wollte das Thema endlich beenden.

"Gelegenheit", grinste Elza breit.

Michiru zog die Augenbrauen hoch und folgte ihrem Fingerzeig mit dem Blick.

>>Oh nein!<<

Michiru fühlte, wie ihre Knie weich wurden und eine leichte Übelkeit in ihr aufstieg.

Elza hatte sie eiskalt erwischt und all ihre Selbstsicherheit war dahin, als ihr Blick auf Haruka traf, welche im Eingang zum Kinosaal stand.

"Jetzt oder nie", grinste Elza und Michiru war klar, daß es nun keine Ausrede gab.

>>Wieso muß sie ausgerechnet heute hier auftauchen? Und wieso steht sie ausgerechnet auf Komödien?<<, dachte Michiru verzweifelt.

Dann atmete sie einmal tief durch und bemühte sich um Fassung.

"Also gut", sagte sie leise und stand auf,

"ich sag es ihr."

Sie wollte an Elza vorbei, doch als sie erneut zu Haruka blickte, verharrte sie reglos.

"Was ist denn jetzt wieder...?", stöhnte Elza und sah ebenfalls zum Eingang.

Zwar hielt Haruka sich noch immer dort auf und sie hatte Michiru auch noch nicht gesehen, aber sie war nicht allein...

Ein Mädchen mit einem schwarzen Pferdeschwanz war eben hereingekommen, hatte der Blondine einen großen Becher Popcorn in die Hand gedrückt und sich dann vertrauensseelig bei ihr eingehakt.

"Ist das nicht Kotori, Kimiko´s Schosshündchen?" fragte Elza kratzig, doch Michiru reagierte nicht.

Fragend sah Elza sie an und biss sich gleich auf die Lippen.

Michiru starrte noch immer in Haruka´s Richtung und hatte sich keinen Millimeter bewegt. Ihre Hände waren mit solcher Kraft zu Fäusten geballt, daß sie zitterten und um ihre Mundwinkel herum zuckte es verdächtig.

"Tu jetzt nichts unüberlegtes", versuchte Elza sie zu beruhigen und zog sie auf ihren Sitz zurück.

Michiru plumpste einfach nur auf das Sitzmöbel und kochte weiterhin innerlich vor Wut.

>>Das tut sie mit Absicht<<, war der einzige Gedanke, der in ihrem Kopf noch Platz hatte.

Nachdem Elza sich vergewissert hatte, daß ihre Freundin nicht jeden Augenblick auf Haruka losgehen würde, sah sie sich erneut zu dieser um und genau in diesem Augenblick entdeckte Haruka sie.

Sie schenkte ihr ein kurzes Lächeln und ein Nicken zur Begrüßung, bevor ihr Blick dann auf Michiru fiel und sich merklich verfinsterte.

Elza schluckte hart, als sie das sah und ihr wurde fast etwas mulmig Zumute, als Haruka sich mit ihrer Begleiterin in Bewegung setzte und genau auf sie zusteuerte.

"Schön dich zu sehen Elza", kam es in sonderbarem Ton von Haruka, als sie an Elza vorbei ging.

Michiru zuckte zusammen und starrte verbissen auf den Boden.

"Ja...", brachte die Rothaarige nur kehlig hervor und bewegte sich ebenfalls keinen Millimeter.

Noch nie hatte Haruka in einem solchen Tonfall mit ihr gesprochen und Elza konnte seine Bedeutung höchstenfalls erahnen.

Irgendwie klang es bedrohlich, andererseits lauernd und letztenendes auch wieder nicht anders, als sonst wenn sie sprach.

Auf jeden Fall spürte sie zum ersten Mal das, was Michiru schon von Anfang an beteuert hatte, daß es von Haruka ausgehen würde.

Oder zumindest ein wenig davon.

>>Michiru<<

Elza sah sie an.

Noch immer hielt ihre Freundin den Kopf gesenkt und ihr Haar verbarg ihr Gesicht, aber Elza war sich sicher, daß sie weinte.

>>Sie hat sie nichtmal begrüsst. Wie verletzend...<<

"Michi...", hauchte sie mitfühlend und griff nach deren Hand.

Diese zog so blitzschnell zurück, daß Elza erschrak.

Noch bevor die Läuferin sich wieder gefasst hatte, hob Michiru ihren Kopf und sah sie an.

"Es ist ok Elza", sagte sie und ein sanftes Lächeln zierte ihre Lippen,

"Sie ist ein freier Mensch und sie hat jedes Recht, böse auf mich zu sein."

Elza nickte zögerlich.

Auch wenn ihre Freundin lächelte und es nach Aussen wirkte, als berühre es sie nicht, so hatten ihre Augen etwas anderes gesagt.

>>Michi...<<, seufzte Elza innerlich,

>>Selbst ein Blinder sieht, was sie dir bedeutet...<<

Umso unerklärlicher fand sie es plötzlich, daß Haruka es scheinbar nicht verstand...oder nicht verstehen wollte?!
 

Während der ganzen Zeit konnte Elza sich nicht auf den Film konzentrieren.

Sie beobachtete Michiru, welche den Film scheinbar genoss und sogar hin und wieder herzlich lachte, obwohl so viel Schmerz in ihren Augen lag.

Und sie beobachtete Haruka, welche für diesen Schmerz verantwortlich war und die es nichteinmal kümmerte, wie Michiru sich gerade fühlte.

Hätte es sie interessiert, hätte sie sich ganz sicher niemals so verhalten, wie sie es gerade tat.

Kotori hing an ihr, wie eine Klette und saß fast schon mehr auf Haruka´s Schoß, als auf ihrem eigenen Sitz.

>>Ist ja beinahe widerlich, was für eine Show die da bieten<<, dachte Elza und spürte, wie immer mehr Wut in ihr aufstieg.

Und als Haruka irgendwann aufstand und sich in den Vorraum begab, zögerte sie keine Sekunde und folgte ihr.

"Ich hol etwas Popcorn", flüsterte sie Michiru noch schnell zu und verließ den Kinosaal.

Draußen schlug ihr die Helligkeit der Neonröhren förmlich entgegen und sie mußte einige Male blinzeln, bis ihre Augen sich an das Licht gewöhnt hatten.

Dann fand sie beinahe sekundenschnell, was sie suchte.

Ohne weiter nachzudenken steuerte sie auf die hochgewachsene Blondine zu und blieb direkt hinter ihr stehen.

"Warum tust du das?" fragte sie barsch und bekam so direkt sämtliche Aufmerksamkeit, die sie hatte haben wollen.

Haruka drehte sich zu ihr um und sah sie an.

"Was mache ich denn?" fragte sie nach kurzem Zögern kühl zurück.

"Du weißt sehr genau, wovon ich rede", stellte Elza gleich klar und wartete auf eine Antwort.

Haruka zog eine Augenbraue hoch und ein leicht überhebliches Grinsen schlich sich auf ihre Lippen.

"Ich beweise deiner kleinen Freundin, daß ich es nicht nötig habe, ihr nachzulaufen und hab ein Date. Das ihr ausgerechnet heute hier seid, konnte ich nicht wissen."

Sie drehte sich wieder von Elza weg um ihr so zu zeigen, daß das Gespräch für sie beendet war.

Diese jedoch ließ sich nicht so einfach abschütteln.

"Und warum ausgerechnet Kotori?" fragte sie energisch, als sie Haruka an der Schulter fasste, um sie wieder zu sich zu drehen.

Haruka wich der Berührung aus und sah sie ausdruckslos an.

"Was hast du für ein Problem mit ihr? Sie ist ein sexy Häschen!"

"Über Geschmack lässt sich streiten", murrte Elza leise und sprach gleich weiter,

"Aber das tut hier überhaupt nichts zur Sache! Sie ist Kimiko´s Schoßhündchen und die hat Kotori garantiert nur auf dich angesetzt, um Michiru eins auszuwischen."

"Leidet deine kleine Freundin unter Verfolgungswahn?" lachte die Blondine amüsiert auf,

"Erst glaubt sie, ich will ihr an die Wäsche und jetzt denkt sie, Kimiko setzt ihretwegen Kotori auf mich an. Am Ende will noch die gesamte Schülerschaft was von ihr."

Sie lachte.

Elza verzog das Gesicht und kämpfte gegen den Impuls, Haruka an die Gurgel zu gehen.

"Michiru weiss überhaupt nicht, daß ich hier bin. Sie glaubt ich hole Popcorn", sagte sie so ruhig wie möglich,

"Sie würde gar nicht wollen, daß ich mit dir rede."

"Und warum tust du es dann?" fragte Haruka gleich zurück und es klang genervt.

>>Diese arrogante Kuh!<<

Elza konnte ihre Wut nicht mehr bezähmen.

"Das frage ich mich jetzt allerdings auch", schnaufte sie,

"Du bist ganz genau so, wie Michiru dich von Anfang an eingeschätzt hat! Ich hatte eigentlich ein anderes Bild von dir und dachte, du seist eigentlich ein netter Mensch, aber du bist nichts weiter als ein egoistisches Machoschwein. Michiru hat besseres als dich verdient!"

Noch bevor die Blondine etwas erwiedern konnte, drehte Elza sich um und ließ sie stehen.

Haruka sah ihr nach und ihr Blick verfinsterte sich erschreckend.

"Und was verdient sie? Etwa dich?" murrte sie sarkastisch.
 

"Wo ist das Popcorn?" fragte Michiru verdutzt als Elza zurückkam.

"Popcorn?" wiederholte diese irritiert.

Zu sehr ärgerte sie sich noch über Haruka.

Schnell jedoch sammelte sie sich und sagte:

"Das war grad aus und ich hatte keine Lust zu warten, bis neues fertig ist."

Sie setzte sich wieder und sah zur Leinwand.

Michiru zog verwundert die Augenbrauen hoch.

Sie fragte jedoch nicht und sah sich ebenfalls den Film weiter an.

Nach ein paar Minuten jedoch sah sie ihre rothaarige Freundin wieder an.

"Ich glaube, ich hol mir eine Cola", brachte sie flüsternd hervor und wollte aufstehen.

"Ich geh schon", kam Elza ihr zuvor und sprang regelrecht auf.

Fast fluchtartig verließ sie den Kinosaal und Michiru wunderte sich nicht schlecht.

"Was ist nur plötzlich los mit ihr?" murmelte sie vor sich her und wußte fast im selben Moment die Antwort.

So unauffällig wie nur möglich drehte sie sich etwas nach hinten, um sich Gewissheit zu holen.

In der nächsten Sekunde fuhr sie jedoch beinahe hektisch herum.

Die Plätze von Haruka und Kotori waren leer...

Ohne es verhindern zu können kam ihr diese Atsuko und die Szene im Fahrstuhl vor Augen.

>>Sie hat sie abgeschleppt. Warum sonst sollten sie das Kino mitten im Film verlassen?<<

Wieder stieg Zorn in ihr auf.

Hinter dem Verhalten der Blondine mußte einfach Absicht stecken.

Und wenn es keine Absicht war, dann war sie einfach nur dumm.

Unruhig kaute Michiru auf ihrer Lippe herum.

Sie fragte sich, was wohl das kleinere Übel war.

Dummheit hinter Haruka´s Verhalten zu sehen oder eiskalte Berechnung?

Es konnte doch nicht sein, daß ein Mensch einem Anderen mit Absicht so wehtat, obwohl er vorgab, diesen Menschen gern zu haben.

Aber es konnte auch nicht sein, daß jemand wie Haruka, die eine Schule für Hochbegabte besuchte, mit beiden Beinen bereits fest im Leben stand und trotzdem nicht sah, wie grausam ihr Verhalten war.

>>Es muß Absicht sein<<, ging es ihr wieder durch den Kopf,

>>Sie will einfach nicht begreifen, wie sehr sie mich verletzt...<<

Dann jedoch war plötzlich ein Gedanke ganz anderer Natur in ihrem Geist.

>>Und was gibt ihr die Macht, mich so sehr zu verletzen...?<<

Beinahe als hätte jemand ihren Gedanken lesen können, senkte sie beschämt den Blick.

Die Antwort auf diese Frage war so klar, wie sie nur sein konnte.

Sie selbst hatte Haruka die Macht dazu gegeben!

Nur sie allein trug die Schuld an ihrem Schmerz und gab Haruka die Macht, sie in kürzester Zeit in die tiefste Hölle zu schicken.

>>Und andersherum?<<

Es gab immer zwei Seiten einer Medaille...

Sie biss sich auf die Unterlippe, um ihren Gedanken Einhalt zu gebieten.

Als Elza kurz darauf zurückkam, sah sie ihr jedoch augenblicklich an, daß etwas nicht stimmte.

"Ist etwas passiert?" fragte sie besorgt, als sie Michiru die Cola reichte.

Natürlich war auch ihr nicht entgangen, daß Haruka und ihre Begleiterin verschwunden waren und draußen hatte sie sie nirgends erblicken können.

"Hat sie irgendwas gemacht?" fragte sie beinahe ohne Unterbrechung weiter.

Michiru jedoch schüttelte den Kopf.

"Ich hab nichteinmal mitbekommen, daß sie gegangen sind", antwortete sie und brachte irgendwie ein Lächeln auf ihre Lippen.

Elza sah sie skeptisch an.

"Aber irgendetwas ist doch", versuchte sie es nochmals,

"Ich seh es dir an der Nasenspitze an."

Wieder schenkte Michiru ihr ein Lächeln.

"Ich hatte nur gerade eine Erkenntnis, wenn du so willst", erklärte sie flüsternd,

"Ab heute wird Haruka mich nicht mehr reizen können."

Sie trank von ihrer Cola.

"Und jetzt lass uns den Film zu Ende sehen."

Elza blinzelte sie ungläubig an, wie sie wieder zur Leinwand blickte und scheinbar keinerlei Probleme damit hatte, sich wieder voll und ganz auf den Film zu konzentrieren.

Etwas widerwillig schaute auch sie wieder nach vorn.

Irgendetwas war passiert - dessen war sie sich ganz sicher - und sie verstand einfach nicht, warum Michiru sich ihr nicht mehr anvertraute.

Sie waren einmal beste Freundinnen gewesen, aber seit Haruka aufgetaucht war, wurde ihre Freundin immer stiller und es gab mittlerweile mehrere Dinge, die Michiru ihr scheinbar nicht mehr anvertrauen wollte.

Elza war entschlossen, ihre Freundin nicht zu drängen und jede ihrer Entscheidungen zu akzeptieren, ihr weiterhin die beste Freundin zu sein, aber sie würde auch Haruka ab jetzt mehr im Auge behalten und sich notfalls auch einmischen.
 

Es war Sonntag Nachmittag, als Elza sich entschloß, Michiru einen Besuch abzustatten.

Seit Freitag Abend nach dem Kino war nichts mehr von ihrer Freundin gekommen und sie sorgte sich.

Morgen früh würden sie in der Schule zwangsweise wieder auf Haruka treffen und Elza wollte vorher einfach nochmals sichergehen, daß mit Michiru alles in Ordnung war.

Mrs. Kaioh öffnete ihr und war angenehm überrascht.

"Elza. Schön das du kommst."

Sie lächelte und bat das Mädchen herein.

"Danke", gab diese höflich zurück, während sie eintrat,

"Ich wollte nur mal sehen, was Michi-chan so treibt. Sie hat sich das ganze Wochenende nicht gemeldet."

Mrs. Kaioh seufzte tief.

Sie führte Elza ins Wohnzimmer und setzte sich auf einen Sessel.

Elza wurde etwas mulmig, denn Michiru´s Mutter schien ernsthaft besorgt zu sein.

Sie nahm nichteinmal Platz und blickte die Frau, der Michiru fast aufs Haar glich, besorgt an.

"Stimmt etwas nicht?" fragte sie vorsichtig.

Mrs. Kaioh sah sie an und erwiderte:

"Das frage ich dich, Elza."

Sie klang leicht verzweifelt, ließ Elza jedoch nicht zu Wort kommen und sprach gleich weiter:

"Was ist nur mit meinem Mädchen? So verbohrt kenne ich sie gar nicht."

Elza zog die Augenbrauen hoch.

Sie wußte nicht genau, wie sie ihr Gegenüber verstehen sollte und fragte daher:

"Was genau meinen sie mit verbohrt?"

Mrs. Kaioh seufzte erneut.

"Ich meine das mit ihr und diesem Mädchen...dieser Haruka."

Nun seufzte auch Elza.

Sie ließ sich auf die Couch sinken, faltete die Hände in ihrem Schoß und begann dann, frei zu reden.

"Ich weiss es auch nicht."

Sie wollte Michiru nicht verraten, aber sie mußte endlich mit jemandem Klartext reden und da sowohl Michiru, alsauch Haruka dazu nicht bereit waren, tat sie es halt jetzt.

"Ich war mir sicher, daß Haruka verliebt in Michiru ist. Aber ich war mir auch sicher, daß Michiru diese Gefühle erwidert und das ist offenbar nicht so."

"Doch, es ist so!"

Überrascht blickte Elza ihr Gegenüber an.

Mrs. Kaioh lächelte wissend.

"Glaub mir Elza...ich kenne mein Töchterchen und ich war selbst mal ein Teenie. Michiru mag dieses Mädchen und zwar auf eine Weise, wie sie noch Niemanden vorher mochte. Aber sie ist absolut verbohrt und will es sogar sich selbst nicht eingestehen. Von dir möchte ich jetzt wissen, warum das so sein könnte? Du bist ihre beste Freundin, Elza. Dir erzählt sie doch bestimmt, wenn etwas vorfällt."

"Ich wünschte, das würde sie!"

Elza hatte diese Worte nicht laut sagen wollen, doch nun waren sie ihr herausgerutscht.

Jetzt konnte sie auch weiterreden.

"Sie erzählt mir schon eine Weile kaum noch etwas. Vielleicht bin ich selber Schuld daran."

Sie seufzte erneut.

"Ein paar Mal hat sie sich mir anvertraut und dabei kaum ein gutes Haar an Haruka gelassen... Ich habe ihr nicht geglaubt und sie ausgelacht, weil Haruka mir gegenüber immer korrekt und höflich war. Vielleicht hat sie deswegen aufgehört, mit mir zu reden. Ich bin eine schlechte Freundin. Sie hat sich mir anvertraut und ich habe ihr nicht geglaubt. Dabei hatte sie die ganze Zeit Recht mit Haruka..."

Sie konnte ihre Emotionen kaum zügeln und ließ nun traurig den Kopf sinken.

Mrs. Kaioh mußte lächeln.

Sie stand auf und legte Elza eine Hand auf die Schulter.

Diese hob den Kopf und sah sie unverständig an.

"Mach dir keine Vorwürfe", sagte sie sanft,

"Du bist ihre beste Freundin und sie weiss das. Außerdem denke ich nicht, daß es etwas geändert hätte, wenn du Michi geglaubt hättest."

"Nicht?" war das rothaarige Mädchen verwirrt,

"Aber..."

"Kein aber", lächelte die Frau sie an,

"Ich weiss nicht, was sich alles abgespielt hat, seit ihr Haruka kennt und ich kann dieses Mädchen leider auch nicht einschätzen, da ich bisher noch nicht das Vergnügen hatte, aber ich kenne meine Michi."

Sie richtete sich auf und machte ein paar Schritte.

"Mein Mädchen hat einen Faible für Kitsch und ihre romantische Ader überschreitet alles, was ich bisher kannte. Als Kind schwärmte sie immer von einem goldenen Ritter auf einem weißen Pferd, der sie - und nur sie - sein Leben lang gesucht hatte und dessen Liebe seinem Schimmel Flügel wachsen ließ, um sie auf sein Wolkenschloß zu bringen."

Sie machte eine kurze Pause und fuhr dann lächelnd fort:

"Vielleicht träumt sie noch heute davon, aber Haruka ist kein Prinz..."

Elza blinzelte ungläubig.

In Gedanken spielte sie die gerade gehörten Worte in Bildern ab und seltsamerweise hatte dieser Prinz mehr als nur Ähnlichkeit mit Haruka.

>>...aber Haruka ist kein Prinz...<<

"Nein", murmelte sie,

"Das ist sie nicht. Sie ist ein Casanova, wie er im Buche steht, ein Macho, der es nicht anders kennt, alsdaß die Mädchen ihm zu Füßen liegen..."

"Ein Macho sucht Bestätigung", lächelte Mrs. Kaioh,

"Nur Unsicherheit braucht immer wieder Bestätigung über die eigene Person."

Elza verstand nicht, was Michiru´s Mutter ihr damit sagen wollte.

"Und was hat das mit Michi-chan zu tun?" fragte sie neugierig.

Mrs. Kaioh lachte leise.

"Geh rauf zu ihr und finde es heraus."

"Ich soll...?"

Sie sprach nicht weiter, da Mrs. Kaioh bereits zustimmend nickte.

"Also gut...", murmelte das rothaarige Mädchen und atmete nochmals tief durch.

Sie erhob sich und schlug den Weg nach oben ein, nachdem sie nochmals den auffordernden Blick von Mrs. Kaioh gesucht hatte.

An der Tür angekommen lauschte sie kurz und als sie nichts hörte, klopfte sie vorsichtig an.

"Michi? Ich bins, Elza", rief sie durch die geschlossene Tür, aber sie bekam keine Antwort.

"Darf ich reinkommen?" versuchte sie es nochmals und tat es einfach, als sie keine Antwort bekam.

"Michi...?", fragte sie zaghaft, doch ihre Freundin war nicht da.

Das Zimmer war leer.

Die Terrassentür stand weit auf und der Winde wehte die dünnen Vorhänge aufwärts, ganz nahe an die Staffelei, welche gleich Elza´s ganzes Augenmerk bekam.

Langsam schritt sie darauf zu, vergessend, daß sie sich ja nicht in ihrem eigenen Zimmer befand und Michiru es wohl auch kaum gutheissen würde, wenn jemand gegen ihren Willen eines ihrer unvollendeteten Werke ansah.

Doch beinahe wie von selbst machte sie einen Schritt nach dem anderen und hatte die Staffelei bald erreicht.

Zögernd schritt sie um diese herum und sah sich das Bild an.

Sie schluckte und ihr Mund stand offen, so sehr überraschte es sie, was sie dort sah.

Das Bild war keinesfalls unvollendet, doch die Farbe verriet, daß die letzten Pinselstriche erst kurze Zeit her sein konnten.

>>Unglaublich...<<

Das Bild zeigte das von Mrs. Kaioh gerade erwähnte Wolkenschloß...

Geflügelte Einhörner schwebten vor seinen Toren und auf einem schneeweißem Pegasus brachte der Prinz in goldener Rüstung seine Prinzessin in dieses Himmelreich.

Die Prinzessin war die junge Künstlerin, welche das Bild erschaffen hatte und der Prinz war niemand anderer, als Ten´ou Haruka.

>>Sie hat Recht<< schoss es durch Elza´s Kopf,

>>Mrs. Kaioh hat genau richtig gelegen.<<

Jetzt wurde Elza einiges klar.

Haruka brachte alles mit, was Michiru sich von ihrem Märchenprinzen immer erträumt hatte.

Nur leider war sie kein Märchenprinz.

Sie war ein Mensch aus Fleisch und Blut mit allen Stärken und Schwächen eines Menschen.

Sie war nicht nur ein Mädchen, sie besaß auch nicht den, von Michiru erträumten, Edelmut.

"Es gibt zuviele andere Mädchen in Haruka´s Leben...", murmelte sie und begriff plötzlich jedes noch so kleine Problem, welches Michiru mit Haruka hatte.

In diesem Moment öffnete sich die Tür zu dem kleinen Bad und Michiru kam heraus.

"Elza?" fragte sie erstaunt, während sie ihr Haar trocknete,

"Ich hab dich gar nicht kommen hören."

"Äh...ich habe angeklopft", brachte die Rothaarige schnell hervor,

"Und als du nicht geantwortet hast, bin ich einfach hereingekommen. Sei mir nicht böse, ja?"

Michiru trat an ihren Kleiderschrank und lachte hell.

"Warum sollte ich dir böse sein?" fragte sie, während sie sich Kleidung zusammensuchte,

"Ich freu mich doch immer über deine Besuche."

Elza zog die Augenbrauen hoch.

Wieso war ihre Freundin plötzlich so guter Laune?

Oder war das mal wieder nur eine Fassade?

"Ähm...schön, daß du dich freust", gab die Rothaarige irritiert von sich,

"Ich wollte mich eigentlich nur erkundigen, wie es dir geht."

Michiru blinzelte sie an und lächelte schließlich.

"Gut geht es mir. Aber du bist doch nicht nur deswegen extra hierher gekommen?"

Elza schüttelte leicht den Kopf.

"Natürlich nicht. Ich dachte, weil Haruka Freitag Abend doch..."

"Haruka? Wer ist das?"

Elza verstummte.

Was war das nun wieder?

Michiru´s Reaktion zeigte deutlich, daß sie das Thema Haruka absolut nicht wollte, aber ihre Stimme klang wie immer und sie lächelte weiterhin.

"Ähm...", war alles, was das rothaarige Mädchen hervor bekam.

Michiru kam zu ihr und legte den Arm um ihre Taille.

"Du, sei mir bitte nicht böse Elza, aber wie du siehst, bin ich gerade aus dem Bad gekommen und ich würde mich gern fertig machen."

Sie schob ihre Freundin aus dem Zimmer, bis hinunter vor die Haustür.

"Mein Dad kommt heute von einer Geschäftsreise heim und ich wollte ihn überraschen. Wir reden morgen in der Schule, ja?"

Sprach es aus, schob ihre Freundin nach draußen und schloss die Tür hinter ihr.

"Was war das denn jetzt?" murmelte Elza verdutzt.

Kopfschüttelnd sah sie nochmal auf die geschlossene Tür und machte sich dann seufzend auf den Heimweg.
 

Am folgenden Morgen hatte Elza es eilig wie nie, zur Schule zu kommen.

Die ganze Nacht hatte sie kaum geschlafen und sich den Kopf über ihre beste Freundin zerbrochen.

Sie wußte zwar nicht, was sie tun konnte oder sollte, aber Michiru ging es in keinem Fall so gut, wie sie es alle Glauben machte.

Irgendetwas mußte geschehen, denn so konnte es keinesfalls mehr weitergehen.

Als sie sich dem Schultor näherte, wurden Elza´s Schritte plötzlich langsamer.

Sie glaubte, ein Spuk würde sie narren und sah nochmals genauer hin.

In der nächsten Sekunde stand sie still und blinzelte fassungslos zum großen Flügeltor.

Dort stand ihre beste Freundin und unterhielt sich mit Murakami aus der Parallelklasse und es machte den Eindruck, als verband die Beiden einiges mehr, als nur ein harmloses Gespräch unter Schulkollegen.

"Was hat das denn nun wieder zu bedeuten?", murmelte Elza vor sich hin und setze sich langsam wieder in Bewegung.

Als sie näher herankam hörte sie Michiru´s klares, helles Lachen.

"Hallo Michi-chan, was ist denn so lustig?" begrüßte sie ihre Freundin und sah Murakami nur einmal skeptisch an.

"Oh hallo Elza", entgegnete Michiru leicht überrascht,

"Es ist nichts. Murakami hat mir nur einen Witz erzählt."

"Einen Witz also?" wiederholte Elza und sah den älteren Jungen an.

Der nickte eifrig und bestätigte:

"Ja genau. Nur leider bin ich wohl der schlechteste Witze Erzähler, den die Welt je gesehen hat."

"Das stimmt doch gar nicht Kami-chan", stieß Michiru ihn leicht in die Seite, was ihn sichtlich erröten ließ.

"Kami-chan???" echote Elza, welche dabei war, grad völlig ihren Glauben zu verlieren,

"Wie darf ich denn das jetzt wieder verstehen?"

Murakami war die Situation sichtlich unangenehm und er versuchte, so wenig wie möglich aufzufallen.

"Was daran verstehst du nicht?" fragte Michiru an ihre Freundin gewandt,

"Murakami und ich mögen uns. Sehr sogar..."

Um ihre Aussage zu untermahlen lehnte sie sich etwas an ihn.

Elza blinzelte ungläubig.

>>Das meint sie nicht ernst...<<

"Michiru ich...",

sie stotterte ein wenig,

"...ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Wenn du das alles tust, um Haruka eins auszuwischen, dann..."

"Was hast du bloß immer mit Haruka?" unterbrach Michiru sie,

"Das hier hat absolut nichts mit Haruka zu tun und genau genommen interessiert es mich überhaupt kein bißchen, was Haruka tut oder auch lässt!"

Elza zog die Augenbrauen hoch.

Dann jedoch zuckte sie mit den Schultern und holte einmal tief Luft.

"Ok", sagte sie ruhig,

"Aber es ist nicht fair ihn in diese Sache mit hineinzuziehen und das weißt du genauso gut wie ich. Denk an meine Worte, wenn dein Schuß nach hinten losgeht."

Sie sahen sich schweigend in die Augen und Elza befand, daß alles gesagt war.

Michiru jedoch schien das anders zu sehen, denn sie öffnete die Lippen um Einspruch zu erheben, doch dann schien offenbar etwas anderes ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Unverhofft schwang die junge Künstlerin herum und klebte in der nächsten Sekunde an Murakami´s Lippen.

Elza riss geschockt die Augen auf und ihre Kinnlade klappte runter.

Murakami schien ebenfalls leicht überrumpelt, aber er tat nichts, diesen überraschenden Kuss zu beenden.

Hektisch sah Elza sich um, um sich zu vergewissern, daß niemand dieses Schauspiel mitbekam und sofort sah sie klar.

Haruka hatte mal wieder auf dem Lehrerparkplatz geparkt und kam nun direkt auf sie zu.

>>Oh verdammt, das kann nicht gutgehen<<, dachte Elza und biss sich auf die Unterlippe.

Nur Sekunden später war die Blondine mit ihr auf selber Höhe, würdigte sie nur eines arroganten Augenaufschlages und ging einfach weiter.

Nur kurz traf ihr Blick auf Michiru und Murakami, doch dieser Sekundenbruchteil reichte aus, Elza dieses gefährliche Aufflackern in ihren Augen sehen zu lassen.

>>Das gibt Probleme<<, dachte sie, noch während Haruka im Schulgebäude verschwand,

>>Riesenprobleme...<<

"Du machst alles nur noch schlimmer", schimpfte sie in Michiru´s Richtung,

"Geht euch doch einfach aus dem Weg!"

Dann ließ sie ihre Freundin und deren `neue Eroberung´ ganz einfach stehen.

Michiru sah ihr nach und bemerkte zuerst gar nicht, wie Murakami sie ansah. Schließlich jedoch begegnete sie seinem Blick und ihr Gewissen wurde noch schlechter, als Elza´s Reaktion es sowieso schon gemacht hatte.

"Deine Gefühle sind also nicht echt?" fragte er leise und Michiru senkte beschämt den Blick.

Sofort sah sie jedoch wieder auf und erklärte:

"So ist das nicht, glaub mir. Ich mag dich wirklich, aber..."

Sie sprach nicht weiter.

"Aber eben nicht auf diese Weise", vollendete Murakami ihren Satz.

Nach einem kurzen Zögern nickte sie befangen.

Zu ihrer Überraschung jedoch wurde er nicht wütend.

"Ich hätte es mir eigentlich denken müssen", lächelte er,

"Nach all den Gerüchten die hier über euch Zwei die Runde machen, mußte ja etwas dahinter sein."

Er grinste.

"Auch wenn ich den Gedanken für abwegig hielt, du seist lesbisch und ihre Geliebte."

Michiru verschluckte sich beinahe, so eilig hatte sie es, die Wahrheit klarzustellen.

"Ich bin auch nicht lesbisch und wenn es einen Grund gab, Haruka das gerade sehen zu lassen dann nur den, ihr das auch endlich klarzumachen!"

"Wenn du es sagst", entgegnete er und Michiru war sich nicht sicher, ob er ihr nun glaubte, oder sich eher über sie lustig machte.

"Wir sollten gehen. Der Unterricht beginnt gleich", sagte er jedoch gleich freundschaftlich und lächelte sie erneut an.

"Du...bist mir nicht böse?" fragte sie vorsichtig.

Er schüttelte den Kopf.

"Nein, bin ich nicht. Zur Wiedergutmachung kannst du ja mal mit mir ins Kino oder Eis essen gehen."

>>Ich habe ihn benutzt und er ist trotzdem so nett zu mir...<<

Ihr schlechtes Gewissen wurde quälend.

"Das mache ich", nickte sie dennoch und lächelte,

"Danke."

"Du brauchst mir nicht zu danken", gab er zurück,

"Ich habe diesen Kuss genossen. Und das nimmt mir niemand mehr."

Sein Lächeln zeigte Michiru, daß es keinerlei weiterer Worte bedurfte und so gingen sie gemeinsam ins Schulgebäude.
 

Die erste Doppelstunde nahm Elza gelassen.

Zwar war Mathe direkt am Montag Morgen immer genau das, was sie nicht brauchte, doch heute kam es ihr gerade Recht.

Kaum jemand getraute sich, bei Mr. Okudera aus der Reihe zu tanzen und selbst Haruka verhielt sich dieses Mal still.

Genau genommen würdigte sie Michiru nichtmal eines Blickes.

Auch ihre beste Freundin war hochgradig konzentriert auf den Unterrichtsstoff und so genoß Elza zum ersten Mal in ihrem Leben die Mathestunde bei Mr. Okudera.

Nach Mathematik jedoch wurde es problematischer.

Biologie stand auf dem Stundenplan und der Biolehrer hatte eine Schwäche für Mikroskope und Gruppenarbeiten.

Leider teilte er die Gruppen auch ein und so sah Elza ihre schlimmste Befürchtung kurz darauf bestätigt.

Michiru und sie gehörten immer zu einer Gruppe, da der Lehrer ihre Zusammenarbeit schätze und Naomi dazugestellt zu bekommen, war auch kein großes Übel. Sie war nett und wisbegierig und man konnte gut mit ihr arbeiten.

Leider gehörte noch eine vierte Person zur Gruppe und, als hätte Elza es sich nicht schon von vornherein gedacht, war diese Person natürlich niemand anderes als Haruka.

>>Fortuna muß grad Urlaub haben<<, seufzte das rothaarige Mädchen innerlich, als der Name der Blondine fiel.

Sofort suchte ihr Blick nach ihrer besten Freundin, welche erstaunlicher Weise überhaupt nicht reagierte.

"Hm...", machte Elza nur und trottete zum Materialienraum, um ein Mikroskop zu holen.

Plötzlich war Naomi an ihrer Seite und lächelte sie an.

"Ich finde es toll mit euch in einer Gruppe zu sein", strahlte sie,

"Du und Michiru-san seid beinahe Vorbilder für."

Elza zog die Augenbrauen hoch und sah sie an.

"Vorbilder?" lachte sie leicht amüsiert,

"Wieso denn das?"

"Michiru-san malt so wunderschön und ihre Violinmusik ist einfach traumhaft", schwärmte Naomi,

"Und du bist so sportlich und direkt. Dich mag fast jeder an dieser Schule."

"Wirklich?" war Elza überrascht,

"Das wußte ich ja gar nicht."

Schnell warf sie einen flüchtigen Blick zurück auf Michiru, um sich zu vergewissern, daß alles in Ordnung war, doch die saß noch immer an ihrem Platz.

Sich sicher darüber, daß auch Haruka noch immer am selben Platz saß, griff Elza nach einem der Mikroskope im Schrank und prallte dabei beinahe mit Naomi zusammen, die ihr zuvorkommen wollte.

"Entschuldige", brachte diese hervor,

"Lass mich das machen."

Sie wollte Elza das Gerät abnehmen, doch diese zog zurück und wehrte ab:

"Laß nur Naomi. Ich mach das schon selbst. Aber danke, daß du mir helfen wolltest."

Sie drehte sich um, und ließ das Mädchen einfach stehen.

>>Tut mir ja leid, daß ich so kurz angebunden bin, aber ich muß Michi im Auge behalten<<, dachte sie dabei, und das sie das bei Gelegenheit auch wieder bei Naomi gutmachen würde.

"Dann wollen wir mal", sagte Elza an Michiru gerichtet, als sie das Mikroskop auf den Tisch stellte.

Michiru nickte nur und als Naomi mit den Glasträgern und diversen anderen Kleinigkeiten ankam, war nicht mehr die Zeit, für private Gespräche.

Als beinahe "eingespieltes Team" arbeiteten die Mädchen in der Gruppe und beschränkten ihre Gespräche auf das Nötigste, eben Biologie.

Nur Haruka nicht.

Die hochgewachsene Blondine saß nach wie vor an ihrem Platz, kippelte mit dem Stuhl und tippte auf ihrem Handy herum.

>>Die glaubt auch, sie hätte es nicht nötig<<, dachte Elza bei sich.

"Besitzt du wenigstens die Güte Protokoll zu führen, wenn du schon nichts anderes tust?" sagte sie ein wenig ärgerlich und packte Haruka Papier und Stift vor die Nase.

Diese hielt kurz inne, legte dann ihr Handy beiseite und grinste Elza überlegen an.

"Nein", kam es mindestens genauso überheblich,

"die habe ich nicht!"

Damit schob sie Zettel und Stift zurück in Elza´s Richtung und griff wieder nach ihrem Handy.

>>Ich werde mich nicht von ihr reizen lassen<<, befahl die Rothaarige sich selbst,

>>Es reicht, daß Michiru das immer wieder tut!<<

"Dann lass es halt", zuckte sie mit den Schultern und drehte sich zurück zu Michiru und Naomi.

Letztere hatte, ebenso wie Michiru, welche gar nicht reagierte, mitbekommen, was sich gerade abgespielt hatte.

"Das ist doch kein Beinbruch", lachte sie und begab sich nun ihrerseits zum Pult der Blondine,

"Vielleicht mag Haruka-san überhaupt kein Bio. Sie kann sich später gern meine Unterlagen ausleihen."

Beinahe angewidert sah Elza den Triumph in Haruka´s Gesichtsausdruck.

>>Wieso rennen der die Weiber so nach?<< fragte sie sich und konzentrierte sich kopfschüttelnd auf ihre Arbeit.

"Lass sie doch", flüsterte Michiru,

"Wenn es sie glücklich macht."

Elza sah sie an und Michiru´s Lächeln wich der Unsicherheit.

"Es tut mir leid, daß ich mich immer wieder so blöd benehme. Verzeihst du mir?"

Die leisen Worte klangen ehrlich und Elza lächelte nach wenigen Sekunden.

"Natürlich verzeihe ich dir", gab sie zur Antwort,

"Schließlich sind wir Freundinnen."

Michiru war erleichtert.

Die kurzen Seitenblicke auf Haruka, welche damit beschäftigt war, Naomi schöne Augen zu machen, hatten keinerlei Einfluß auf ihre Laune und so brachten Elza und sie die Aufgaben ziemlich allein zum Abschluß.

Auch beim Abbau gedachte Haruka nicht, sich zu beteiligen und flirtete weiterhin mit Naomi.

Als es zur großen Pause läutete, waren sie schneller verschwunden, als Elza hätte Einwände erheben können und so waren sie und Michiru schließlich die letzten, die sich noch im Biologieraum befanden.

"Ihr Verhalten ist einfach unmöglich", bemerkte Elza, während sie ihre Tasche packte.

Michiru seufzte nur.

Elza sah sie an und grinste:

"Naja, du hast dich auch nicht gerade vorbildlich verhalten."

"Ich weiß", gab Michiru zu,

"Aber mein Verhalten war nur immer die Antwort auf ihres. Meistens jedenfalls."

"Das mag sein", nickte Elza,

"Aber wärst du eine wirkliche Lady, hättest du darüber gestanden."

"Ich hab nie behauptet, eine Lady zu sein", lachte Michiru und hängte sich ihre Schultasche um,

"Ich glaub nichtmal, daß ich das will."

"Und ich glaub nicht, daß du das überhaupt kannst!" ein scharfes Lachen folgte.

Elza´s alsauch Michiru´s Blick wanderten zur Tür, in welcher Haruka stand und abfällig grinste.

"Was willst du noch hier?" fragte Elza leicht unfreundlich,

"Die Pause hat vor über fünf Minuten schon angefangen."

Lässig, beinahe selbstherrlich stolzierte Haruka auf die beiden zu, blieb an ihrem Pult stehen und griff nach ihrem Handy.

"Vergessen", flötete sie, hielt es hoch und steckte es dann ein.

Dann drehte sie sich wieder um und wollte gehen, doch soweit kam es nicht.

"Was lässt dich glauben, daß du das Recht hast, all diese Dinge zu tun?"

Langsam, beinahe gemächlich, drehte die Blondine sich herum und sah Michiru direkt in die Augen.

"Ich tue das, wonach mir gerade ist und außer dir hat sich bisher noch niemand daran angestoßen!" gab sie trocken von sich.

"Du bist so widerlich arrogant!"

Elza starrte Michiru entsetzt an.

Bis vor einer Sekunde hatte sie noch gehofft, halbwegs gut aus diesem unvorhergesehenem Zusammentreffen herauszukommen, jetzt jedoch sah sie absolut schwarz.

"Besser arrogant als so eine eingebildete Ziege wie du", konterte Haruka gelassen,

"Ich teile Menschen zumindest nicht nach den Kategorien "gut genug" oder "nicht gut genug" für mich ein. Für mich sind alle Menschen gleich - egal wer oder was sie sind oder woher sie kommen."

"Ach sind sie das?" fauchte Michiru,

"Das aus deinem Mund ist der größte Hohn, dem ich je begegnete! Du beurteilst Frauen nur nach zwei Kriterien. Und zwar, wie scharf sie aussehen, oder wie willig sie sind! Gefühle sind dir doch absolut egal und auch sonst interessiert es dich wenig, wen oder was du zerstörst. Solange du bekommst, was du willst bist du zufrieden, aber wehe wenn nicht. Du solltest Menschen nicht nach ihrem Auftreten, ihren Vorlieben und ihren Hobbies beurteilen!"

Elza stand da mit offenem Mund.

Noch hatte Haruka nicht gekontert, aber das würde sicher nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Michiru jedoch schien absolut in Fahrt zu sein.

Ohne noch auf irgendetwas zu achten, meckerte sie haltlos weiter.

"Du bist einfach nur oberflächlich, Ten´ou Haruka und deine widerlich arrogante Art bestätigt das nur. Und wenn du noch so nett Lächeln kannst und dein Aufreißercharme bei den Mädchen den Eindruck erweckt, du seist eine Art Gentleman, so bist du doch nichts weiter, als eine fürchterlich schlechte Schauspielerin. Suhl dich weiter in deinem Trugbild der Beliebtheit und spring von einem Bett ins nächste, aber halte dich mit deinem armseligem Selbst aus meinem Leben raus!"

Einen Moment lang herrschte eisiges Schweigen.

Elza fühlte die Anspannung, welche im Raum lag und bereitete sich auf den Ausbruch Seitens Haruka vor.

Die jedoch lachte nur gelangweilt.

"Bist du jetzt fertig?"

Michiru trat direkt vor sie und sah ihr genau in die Augen.

Wieder herrschte absolute Stille und Elza fühlte ihren Puls in den Schläfen hämmern.

"Du bist das letzte, Tenóu Haruka. Einfach nur Abschaum!"

Michiru´s Worte klangen angewidert und ihr Blick beugte sich nicht einem Millimeter.

Haruka´s Blick hingegen verfinsterte sich.

Um ihre Mundwinkel begann es zu zucken und sie biss die Zähne zusammen.

"Kleines Flittchen", murrte sie,

"Du bist es nicht wert, daß ich mir an dir die Finger schmutzig mache!"

"Im Gegensatz zu dir muß ich mich nicht durch sämtliche Betten vögeln, um Bestätigung von meiner Umwelt zu bekommen", zischte Michiru ihr entgegen,

"Was auch gleich unweigerlich für deinen Bekanntenkreis spricht!"

"Dann bist du halt ne verklemmte Ziege", schloss Haruka das Thema ihrer Meinung nach,

"Langweilig, verzogen, hochmütig und alles, was ein Reicheleute Töchterchen nur sein kann."

Michiru holte aus und wollte sie ohrfeigen, doch Haruka fing ihren Arm geschickt ab und hielt ihren Unterarm wie ein Schraubstock umklammert.

"Wenn ich so ein Stück Dreck bin in deinen Augen, dann komm mir nie wieder so nahe!" zischte sie drohend, stieß Michiru zurück und verließ den Klassenraum.

Elza stürzte mit einem Aufschrei auf Michiru zu, welche etwas unsanft auf dem Hinterteil gelandet war.

"Ist alles in Ordnung? fragte sie besorgt,

"Hat sie dir wehgetan?"

Michiru erhob sich und stöhnte:

"Sie ist ganz schön stark für ein Mädchen."

Dabei rieb sie über die Stelle ihres Armes, die Haruka gerade festgehalten hatte.

"Aber ich denke, jetzt sind die Fronten ein für alle Mal geklärt."

Elza konnte sich ein sarkastisches Auflachen nicht verkneifen.

"Ich glaube eher, jetzt geht der Krieg erst richtig los. Jetzt hasst sie dich."

"Denkst du wirklich?" sah Michiru sie an,

"Ich habe nur die Wahrheit gesagt."

"Die Wahrheit ist aber genau das, was die meissten Menschen nicht ertragen", entgegnete Elza,

"Und besonders wohl Menschen wie Haruka nicht!"

Sie hatten den Biologieraum bereits verlassen und sich einen abgelegenen Platz auf dem Pausenhof gesucht.

"Nicht mein Problem", zuckte das türkishaarige Mädchen mit den Achseln,

"Wir haben uns nichts mehr zu sagen - sie und ich - und fertig."

"Wenn du da mal Recht behälst", murmelte Elza ganz leise, ließ jeden weiteren Einwand jedoch ruhen.

Michiru hatte ihr Essen ausgepackt und schien für kein weiteres Gespräch bereit.

So verbrachten sie die ganze Pause schweigend mit Essen, das nur minder im Magen landete, als mehr dafür diente, sinnlos damit herumzuspielen.

Und am Ende der großen Pause erhob Michiru sich plötzlich und lächelte Elza an.

"Wir sehen uns dann später", sagte sie und war so schnell weg, daß Elza ihr nur noch nachrufen konnte, aber keine Antwort mehr erhielt.

"Ich hasse es, wenn sie das tut", murrte sie vor sich hin und ging dann ebenfalls zu ihrer nächsten Unterrichtsstunde.
 

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Fortsetzung folgt...

Michiru´s Ehre und andere "Kleinigkeiten"...

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Energischen Schrittes verließ Haruka das Schulgebäude.

Als sie über den Schulhof eilte, kam in ihr die Frage auf, warum sie überhaupt so sauer gewesen war.

Gut, Michiru hatte ihr so ziemlich jede schlechte Eigenschaft zugeschrieben, welche nur möglich war und das auch noch in Elza´s Beisein, aber...im Grunde hatte sie ja nur die Wahrheit gesagt.

Haruka wußte, daß sie ein absoluter Macho war, eingebildet und hochnäsig, von sich selbst eingenommen wegen allem, was sie bisher in ihrem jungen Leben erreicht hatte.

Das sie die Mädchen benutzte und mit den Gefühlen der anderen Menschen spielte, aber dies hatte sie selbst nie gestört.

Worte wie die, welche sie eben gehört hatte, waren ihr schon oft an den Kopf geworfen worden, doch waren sie immer an ihrer harten Schale abgeprallt. Haruka war, seit sie denken konnte ,immer so überzeugt von sich selbst gewesen, daß sie über solche Worte nur hatte müde lächeln können.

Dieses Mal jedoch, hatten diese Worte wie ein Schwert ihre harte Schale durchbrochen und sich tief in ihr Herz gebohrt.

Der Schmerz, welchen diese Tatsache verursachte war Haruka fremd.

Ihre Schritte verlangsamten sich.

Warum fühlte sie sich so mies?

Warum mußte ihr Gewissen gerade bei Michiru ständig die Oberhand gewinnen?

Dieser Frage erneut auf den Grund zu gehen, hatte Haruka in diesem Augenblick jedoch keine Zeit.

Sie hatte gerade das große Eingangstor der Schule erreicht, als sie zwei Jungen entdeckte, welche sich angeregt unterhielten.

Einen von beiden kannte sie.

Es war Yagisawa Yutaka.

Sie hatte vor kurzem mal indirekt etwas mit ihm zu tun gehabt...

Die ersten Gesprächsfetzen, welche die hochgewachsene Blondine aufschnappte waren ´Michiru-chan` und ´Ten´ou-kun`.

Sofort reagierte sie, sprang zurück und verbarg sich in Höhe der beiden Jungen auf der anderen Seite der Mauer. Interessiert lauschte sie dem Gespräch.

"Und das soll ich dir glauben?", drang die eine Stimme an ihre Ohren.

"Wenn ich es doch sage", hörte sie die Stimme von Yutaka,

"Ten´ou-kun ist gar kein Junge. Sie hatte was mit der Freundin meiner Schwester."

»Toll«, stöhnte Haruka innerlich,

»Wenn einer von euch auch nur mal halb so viel Mann wäre wie ich, dann hättet ihr auf dem Sportplatz schon längst gesehen, daß ich kein Kerl bin!«

"Und woher willst du wissen, daß sie nicht gelogen hat?" vernahm die Blondine wieder die erste Stimme.

»Man! Jeder Idiot hat mittlerweile mitgekriegt, das ich weiblich bin«, verdrehte Haruka die Augen, doch bereits im nächsten Moment gingen eben selbige ihr über.

"Ich war eben neugierig und hab sie in der Dusche beobachtet", vernahm sie Yutaka´s Antwort.

»WAS?«

Fast hätte sie laut geschrien.

Sofort ballten ihre Hände sich zu Fäusten und ihr Blick verfinsterte sich.

»Na warte, elender Milchbubi! Mich beim duschen zu beobachten. Das wirst du büßen...«

"Sie ist auf jeden Fall ein Mädchen", sprach Yutaka weiter,

"Und gar nichtmal so unansehnlich. Im Ernst - solche Dinger!"

Vor ihrem geistigem Auge sah Haruka fast das Bild, wie dieser widerliche Typ vor seinem Kumpel stand und ihm mit den Händen deutete, wieviel Oberweite sie jeden Morgen aufs Neue ärgerte und ihr den letzten Nerv raubte mit dem Versuch, alles so gut wie möglich zu kaschieren.

Und als sie das `wow´ des Anderen hörte, wäre es fast mit ihr durchgegangen.

»Der hat bestimmt maßlos übertrieben«, dachte sie wütend,

»Ist schließlich auch ´n Kerl - oder will zumindest mal einer werden... Nur Pech für ihn, daß ich ihn nach dieser Aktion leider töten muß...«

Beim letzten Satz schlug sie mit der Faust in ihre Handfläche.

"Und was hat Michiru-chan mit der zu tun?" fragte der Erste in diesem Moment,

"Ich meine...sie ist so vornehm, so zart, so gut erzogen..."

"Scheinbar will dieser Möchte-gern-Sunnyboy Ten´ou was von unserer Schulschönheit", fiel der `Totgeweihte´ ihm ins Wort.

»Ja. Sie ficken!«, dachte Haruka sarkastisch, doch da wurde das belauschte Gespräch noch interessanter.

"Michiru-chan und so ne Lesbe? Niemals! Sie kann jeden Jungen unserer Schule haben. Sie würde sich nie auf so einen Pseudo-Kerl einlassen", sagte der Erste im Brustton der Überzeugung.

"Wenn du dich da mal nicht täuscht, Tamahome", konnte Haruka Yutaka `fast grinsen hören´,

"Ich hab da was anderes läuten hören... Michiru-chan soll ganz angetan sein von dieser Ten´ou. Selbst Sensei Okudera sagt, sie wären unzertrennlich."

"Yutaka", pustete Tamahome fast entsetzt,

"Das glaubst du doch wohl selber nicht. Michiru-chan und eine Lesbe? Dafür ist sie viel zu anständig!"

"Wenn ich es dir doch sage", versuchte Yutaka ihn zu überzeugen,

"Michiru-chan hat was mit der. Und ich finde, das können wir keinesfalls hinnehmen..."

Seine Stimme hatte einen merkwürdigen Unterton.

"Und wie hast du dir das gedacht?" fragte Tamahome,

"Sollen wir der Ten´ou eine Abreibung verpassen?"

"Das kann noch warten", wehrte Yutaka ab,

"Sie sollten eine Chance bekommen. Beide! Und demnach würde ich sagen, versuchen wir ersteinmal, unsere Schulschönheit zu bekehren. Wenn das nicht ausreicht, können wir der Ten´ou immernoch ein neues Gesicht verpassen."

"Wie meinst du das? `Michiru-chan bekehren´ ?" fragte Tamahome leicht dümmlich.

"Wie schon?" war die genervte Antwort,

"Wir zeigen ihr nur, was sie alles verpasst..."

Er lachte schadenfroh und sein Kumpel schloss sich ihm an.

Letzterer jedoch verstummte sehr schnell wieder.

Zuerst maß Yutaka dem keinerlei Bedeutung zu.

Doch als Tamahome, auch nach wiederholtem, freundschaftlichem Anstoßen, sich nicht wieder seinem Lachen anschloss und stattdessen nur leicht shockiert in seine Richtung starrte, wurde auch dieser mißtrauisch.

"Was ist? Was hast du?" fragte er,

"Man. Keine Panik! Wir werden ihr nicht wehtun. Wir zeigen ihr nur, wie es ist, einen echten Kerl zwischen den Beinen zu haben..."

Das Gesicht von Tamahome nahm immer ensetztere Züge an. Und bereits in der nächsten Sekunde wußte Yutaka auch warum.

"Ach...und DU Witzfigur willst dieser `Kerl´ sein?" vernahm er eine tiefe Stimme in seinem Rücken.

Als er erschrocken herumfuhr sah er genau in Haruka´s kalte Augen.

"Ten´ou-kun", presste er überrascht hervor und man sah ihm an der Nasenspitze an, daß er nicht wußte, was er noch hätte sagen sollen.

"Das hat sich ja wohl erledigt", entgegnete Haruka kühl,

"Du hast doch gesehen, daß ich kein Junge bin!"

Sie hielt sich die Hände in einigem Abstand vor die Brust um ihm so zu deuten, wie lange sie dem Gespräch der Beiden schon gefolgt war.

Yutaka schluckte.

Dann jedoch warf er alle Unsicherheit ab und sagte trocken:

"Na und? Ich habe nur geredet und Michiru-chan nichts getan. Du hast für nichts Beweise. Was also willst du machen? Mich beim Direx anschwärtzen?"

"Nein", lächelte Haruka überheblich,

"Ich verpass dir ein neues Gesicht!"

Und noch eher Yutaka irgendwie hätte reagieren können, hatte sein Nasenbein Bekanntschaft mit Haruka´s Faust gemacht.

Blutend landete er am Boden.

"Tickst du nicht mehr sauber?" fuhr er die Blondine an,

"Glaubst du ernsthaft, ich würde mir die Finger an deiner kleinen Lesbenschlampe dreckig machen?"

Sofort war Haruka über ihm, packte ihn am Kragen und zog ihn ein Stück vom Boden hoch.

"Ich habe kein Problem damit, wenn du mich beleidigst", knurrte sie ihm entgegen,

"Aber ich werde es nicht hinnehmen, daß du Michiru beleidigst!"

"Oh. Die große Liebe", spottete Yutaka und sah zu seinem Kumpel, welcher etwas unschlüssig neben dieser Szenerie stand,

"Die kleine Kampflesbe will unbedingt Michiru-chan´s Ehre verteidigen."

In blinder Wut holte Haruka aus und schlug ihm mit der Faust voll ins Gesicht.

Das sie sich dabei selbst verletzte, ignorierte sie und holte gleich erneut aus. Zum zuschlagen kam sie jedoch nicht mehr, da Tamahome nun seinerseits in der Schlägerei mitmischte und ihr einen harten Tritt in die Seite gegeben hatte.

Unsanft wurde sie gegen die Schulmauer geschleudert.

"Na? Gibst du auf?" fragte Yutaka, der mittlerweile wieder auf den Beinen war,

"Gegen uns beide zusammen hast du keine Chance!"

Haruka spieh neben sich auf den Boden und wischte sich das Blut von der Schlefe. Langsam erhob auch sie sich wieder und knurrte:

"Das wird sich ja zeigen!"

Yutaka lachte:

"Sieht so aus, als würde unser Plan sich ändern, Tamahome. Verpassen wir diesem Mannsweib zuerst das neue Gesicht, bevor wir uns ihrer Liebsten widmen..."

"Du Schwein!" schrie Haruka, sprang ihn direkt an und riss ihn zu Boden.

Er hatte einige harte Schläge einzustecken, bevor Tamahome die tobende Blondine von ihm herunterziehen und sie mit einem Faustschlag zu Boden befördern konnte.

Dennoch war Yutaka erstaunlich schnell wieder auf den Beinen und nun gingen sie gleichzeitig auf Haruka los.

Einige Zeit konnte diese den Beiden durch geschicktes Ausweichen und gut gezielte Schläge stand halten, doch irgendwann erlahmten ihre Kräfte und sie wurde langsamer. Immer öfter traf einer der Beiden sie und als ein kräftiger Schlag sie in der Magengegend erwischte, ging sie angeschlagen vorn über. Ein harter Schlag mit dem Ellbogen in die Rippen und sie ging vollends zu Boden.

Röchelnd und blutspuckend blieb sie liegen.

"So", japste Yutaka, ebenfalls recht angeschlagen,

"In Zukunft wirst du dir wohl zweimal überlegen, mit wem du dich anlegst..."

Um seine Aussage zu unterstreichen, trat er Haruka nochmals in die Rippen.

"Sofort aufhören!" erklang da eine helle Mädchenstimme.

"Na sowas", murmelte Yutaka grinsend, als er schräg über seine Schulter blickte,

"Da haben wir ja die andere Hälfte des Gespanns."

Michiru hatte den Kampfplatz mittlerweile erreicht und Yutaka beiseite geschoben.

"Haruka", rief sie geschockt aus und warf sich neben dieser auf die Knie.

Vorsichtig bettete sie deren Kopf in ihrem Schoß und strich ihr die blutigen Haarsträhnen aus dem Gesicht.

Haruka stöhnte nur kurz auf.

"Seit ihr vollkommen durchgeknallt?" schrie Michiru die beiden Jungen an,

"Ihr müsst euch ja wahnsinnig stark vorkommen. Ein Mädchen derart zusammenzuschlagen und dann auch noch zu zweit! Ich werde euch Direktor Tomoe melden!"

"Das würde ich an deiner Stelle lieber nicht tun", grinste Yutaka böse.

"Willst du mir Angst machen?" fuhr die Türkishaarige ihn an,

"Vergiss es! Dr. Tomoe wird euch der Schule verweisen."

"Michiru lass...", stöhnte Haruka leise, was ihr Michiru´s Aufmerksamkeit brachte.

"Aber...wir können sie doch nicht einfach damit durchkommen lassen", war die junge Künstlerin entsetzt,

"Sie haben dich zusammengeschlagen. Ich werde..."

"Nichts wirst du", unterbrach Haruka sie bestimmt und richtete sich langsam etwas auf.

Auf ihren rechten Arm gestützt sah sie zu Michiru auf und keuchte:

"Ich habe angefangen."

"Du...?" war Michiru fassungslos.

"Ja sie", bestätigte Yutaka kalt.

Dann lehnte er sich etwas zu Michiru hinunter und grinste:

"Sie wollte deine Ehre verteidigen..."

"Halt endlich dein Maul und verpiss dich!" zischte Haruka.

Yutaka lachte nur und verschwand zusammen mit Tamahome.

Michiru starrte Haruka nur ungläubig an.

Diese kämpfte sich langsam auf die Beine und lehnte sich dann angeschlagen gegen die Mauer.

Als ihr Blick auf Michiru traf, welche noch immer am Boden hockte lachte sie spöttisch.

"Tja. Da hattest du wohl vorhin Recht. Bist du jetzt zufrieden? Ich habe meine Abreibung bekommen."

Sie hustete und spuckte wieder Blut.

Als sie erneut aufsah, stand Michiru direkt vor ihr und sah ihr genau in die Augen. Haruka war unsicher, was das nun zu bedeuten hatte, also reagierte sie, wie für sie üblich.

"Was ist? Willst du mir jetzt noch unter die Nase reiben, wie erbärmlich ich bin, daß ich immer alles mit Gewalt regeln muß?"

Ein kleines Lächeln huschte über Michiru´s Lippen und sie streichelte sanft Haruka´s leicht gefärbte Wange. Die Blondine blickte sie nur irritiert an.

Und als Michiru ihr einen leichten Kuss auf die Lippen hauchte, war Haruka vollends verwirrt. Mit hochgezogenen Augenbrauen starrte sie Michiru ratlos an.

"Du Dummerchen", lächelte diese,

"Wenn du dein kleines, hormongesteuertes Hirn mal ein bißchen häufiger aktivieren würdest, hätte das uns beiden eine Menge Ärger erspart!"

Haruka verstand noch immer nicht.

Michiru schüttelte den Kopf und verdrehte resignierend die Augen.

"Na komm", grinste sie,

"Stütz dich auf mich. Ich bring dich nach Hause."

"Ich brauche keine Hilfe", mukierte sich Haruka, als Michiru nach ihrem Arm griff.

Sie zog den Arm zurück und war im nächstem Moment erleichert, daß Michiru ihre Worte ignoriert hatte.

Ein stechender Schmerz durchzuckte ihren Oberkörper und hätte sie zu Fall gebracht, wenn Michiru sie nicht aufgefangen hätte.

"Siehst du?" sagte diese tadelnd,

"Und jetzt stell dich nicht so an und komm!"

"Aber mein Auto...", versuchte die Blondine es nochmals, doch Michiru ließ sie gar nicht ausreden.

"Das wird schon nicht wegfahren. Wir können es abholen lassen!"

Haruka gab es auf.

Im Grunde war sie auch irgendwie froh, daß Michiru ihr helfen wollte. Allein wäre sie wohl nichtmal bis zu ihrem Wagen gekommen.

Geschweige denn nach Hause.
 

"Wir haben es gleich geschafft", presste Michiru zwischen den Zähnen hervor.

Es war ein ganzes Stück Arbeit gewesen, Haruka bis zum Wohnturm zu bringen.

Auch wenn diese immer wieder verlauten ließ, daß Michiru dies nicht zu tun bräuchte und sie alleine klar käme, so war sie dennoch kaum in der Lage sich aus eigener Kraft aufrecht zu halten und hing ganz schön auf Michiru´s Schultern.

Je weiter sie kamen, desto schwerer schien Haruka zu werden. Als sie endlich im Fahrstuhl standen, konnte auch die junge Künstlerin sich kaum noch auf den Beinen halten.

"Wo hast du die Schlüssel?" wollte sie von der Blondine wissen.

Ein wenig umständlich und mit sehr vorsichtigen Bewegungen beförderte Haruka mit der linken Hand ihren Schlüsselbund aus ihrer Hosentasche.

Als Michiru danach greifen wollte zog Haruka zurück und knurrte:

"Das schaff ich auch allein!"

Die Künstlerin atmete tief ein und schüttelte resignierend den Kopf.

Die Fahrstuhltür öffnete sich und Michiru schleppte Haruka die letzten Schritte bis zur Wohnungstür.

"Bist du dir sicher, daß du das schaffst?" fragte sie leicht ungeduldig, als Haruka auch beim dritten Versuch das Schlüsselloch verfehlte.

Diese drehte sich mit dem Gesicht zu Michiru und schaffte es trotz ihrer Schmerzen, ein arrogantes Grinsen auf ihre Lippen zu bringen.

Sie waren sich ganz nahe, da Michiru Haruka noch immer stützte und so verstand die Türkishaarige die geflüsterten Worte sehr deutlich.

"Wollen wir wetten...?"

Selbstherrlich und auf gewisse Weise erotisch klangen diese Worte. Irgendwie auch herrausfordernd... Sie sahen sich tief in die Augen und gerade als Michiru sich fragte, was das Ganze nun sollte, hörte sie das Türschloß klicken.

"Madame?" grinste Haruka und deutete mit der linken Hand auf die offene Wohnungstür.

"Darauf bist du jetzt wohl sehr stolz, wie?" fragte Michiru spitz,

"Ich will gar nicht wissen, wieviele Mädchen du schon vor dieser Tür geknutscht hast, daß du das Türschloß so viel zielsicherer triffst, wenn du nicht hinsiehst!"

Haruka grinste nur frech.

Dieses Grinsen jedoch verging ihr schnell wieder und wich einem schmerzverzerrtem Gesichtsausdrruck, als Michiru sie in die Wohnung schleifte.

"Zuerst verfrachten wir dich mal auf die Couch", bestimmte Michiru, doch bereits bei den ersten Schritten ins Wohnzimmer, verwarf sie diese Idee wieder.

"Wann hast du das letzte Mal aufgeräumt?" fragte Michiru, doch eine Antwort erwartete sie gar nicht.

"Dann halt ins Bett", seufzte sie,

"Wo ist das Schlafzimmer?"

"Dahinten rechts", antwortete Haruka und blickte in besagte Richtung.

Doch als Michiru die Tür mit dem Fuß aufstieß, näherte sie sich einem Nervenzusammenbruch.

"Wofür hast du einen Kleiderschrank?" fragte sie und verdrehte die Augen nach einem Blick auf die Unzen von Wäschebergen, welche sich nicht nur auf dem Bett türmten.

Sie machte wieder kehrt und brachte Haruka zurück ins Wohnzimmer.

"Dann wirst du wohl sitzen müssen", sagte sie, während sie mit dem Fuß noch schnell ein paar Autozeitschriften von Sessel kickte.

"Danke", stöhnte Haruka, als sie endlich saß,

"Wenn du mir jetzt noch das Telefon reichst, dann kannst du danach gehen."

Michiru sah sie an.

"Das glaubst du doch wohl selbst nicht", wetterte sie dann,

"Ich werd dich ersteinmal notdürftig versorgen und einen Arzt rufen."

"Ein Bekannter von mir ist Arzt", widersprach Haruka,

"Und genau den wollte ich ja auch anrufen. Du siehst also - kein Grund noch mehr Zeit an mich zu verschwenden."

"Erstens lässt du es mal meine Sorge sein, mit wem ich meine Zeit ´verschwende` oder nicht", sagte Michiru bestimmt,

"Und zweitens werde ich nicht eher gehen, bis ich von einem Arzt gehört habe, daß du allein bleiben kannst. Und versuch erst gar nicht, zu widersprechen!"

Den letzten Satz hatte sie nur noch hinzugefügt, da sie genau gesehen hatte, daß Haruka schon wieder Einwände erheben wollte.

So aber schwieg diese und sah nur mißmutig zu, wie Michiru das Telefon von der Station nahm. Als die junge Künstlerin jedoch eine Nummer eingeben wollte, hielt Haruka sie zurück.

"Du brauchst nur die Eins zu tippen. Die Nummer meines Bekannten ist da gespeichert."

Michiru tat dies und hörte sogleich am anderen Ende das Freizeichen.

Nach dem vierten Mal läuten meldete sich ein junger Mann.

"Akita Mitamura", drang seine Stimme an Michiru´s Ohr.

"Ja hier Kaioh Michiru. Ich bin Mitschülerin von Ten´ou Haruka. Sie..."

Weiter kam Michiru nicht.

Mitamura unterbrach sie.

"Hat Haru sich mal wieder geprügelt? Was ist es denn diesmal? Eine gebrochene Nase?"

Michiru stutzte kurz, dann sagte sie:

"Wenn ich das wüßte, bräuchten wir keinen Arzt!"

"Schon klar, Süße", lachte der Mann,

"Sag Haru, daß ich auf dem Weg bin."

"Ich bin nicht ihre...", doch auch dieses Mal kam Michiru nicht dazu, den Satz zu beenden.

Mitamura hatte bereits aufgelegt.

Fassungslos starrte sie den Hörer an und legte ihn schließlich kopfschüttelnd wieder auf die Station.

"Ungehobelter Kerl", murmelte sie und wandt sich wieder an die Verletzte.

"Wo ist das Bad? Ich hoffe doch, du hast einen Erstehilfekasten."

"Natürlich nicht", brummte Haruka ironisch,

"So wie Fische nicht schwimmen können. Selbstverständlich besitze ich einen Erstehilfekasten! Gegenüber vom Schlafzimmer."

Sofort entschwand Michiru und kam gleich darauf mit dem gewünschten Objekt zurück. Noch ein weiteres Mal ging sie ins Bad, um eine Schale mit Wasser und ein Tuch zu holen.

Dann begann sie vorsichtig, Haruka´s Wunden zu reinigen.

Diese gab keinen Mucks von sich, obwohl Michiru sich sicher war, daß sie ihr einige Male ziemlich wehtat.

Erst als Michiru alle Wunden am Kopf gesäubert hatte und mit den Worten `und jetzt zieh dein Hemd aus´ einen weiteren, blutigen Wattebausch wegwarf, zeigte die Blondine eine Regung.

"Was soll ich?" fragte sie leicht erstaunt.

"Schraub die Hormone zurück und zieh dein Hemd aus", grinste Michiru überheblich,

"Ich muß nachsehen, ob du sonst noch irgendwo offene Wunden hast."

"Ich hab keine offenen Wunden am Oberkörper", wehrte Haruka ab,

"Dann wär das Hemd doch blutig!"

Michiru´s Grinsen wurde amüsiert.

"Seit wann schämst du dich?"

"Ich schäme mich nicht", verteidigte die Blondine sich,

"Warum sollte ich?"

"Eben", bestätigte Michiru,

"Ich habe dich bereits oben ohne gesehen. Also sei nicht so verklemmt und gib dein Hemd her!"

Sie machte sich an Haruka´s Hemdknöpfen zu schaffen und diese machte rein gar nichts.

Erst als Michiru beim dritten Knopf angelangte, hielt sie inne.

Haruka´s Atemzüge waren tief und ungleichmäßig, was Michiru beim Blick auf das freigelegte Dekolltè bewußt wurde. Unsicher hob sie den Kopf und sah genau in Haruka´s blaugrüne Augen.

Einen Moment lang verharrten die Beiden völlig regungslos, bis Michiru langsam Haruka´s Hemd losließ.

Die Erotik ihres Handelns war nun wohl auch ihr aufgefallen.

"Mach das besser selbst", lachte sie verlegen,

"Ich hol mal grad schnell frisches Wasser."

Haruka sah ihr nach, wie sie schnell ins Bad verschwand und lächelte amüsiert.

»Aber ich bring sie immernoch durcheinander.«

Sie öffnete die restlichen Knöpfe und zog langsam das Hemd aus. Lange brauchte sie nicht zu suchen, um die ersten blauen Flecken und Blutergüsse zu finden.

»Der wird schön«, dachte sie bei einem Blick auf den linken Rippenbogen, wo ein Großteil ihrer Haut sich in sämtlichen Farben präsentierte.

Als Michiru mit dem Wasser zurückkam und die Schüssel auf den Tisch gestellt hatte, sah sie die Blondine erschreckt an.

"Das sieht ja böse aus", kommentierte sie den immer größer und farbenprächtiger werdenden Bluterguß auf Haruka´s linker Seite.

Diese winkte nur ab und sagte:

"Ich hatte schon schlimmere."

"Lehn dich mal etwas nach vorne", bat Michiru und schritt links um Haruka herum.

"Oh mein Gott", wisperte sie leise,

"Das Ding ist riesengroß. Es geht über die gesammte Seite bis auf den Rücken..."

"Das ist nur ein Bluterguß", spielte Haruka es runter,

"In zwei Wochen sieht man nix mehr davon."

Als Michiru soweit um den Sessel herumgeschritten war, daß Haruka sie über die rechte Schulter hin wieder ansehen konnte, blieb das türkishaarige Mädchen wie angewurzelt stehen und starrte auf Haruka´s rechte Schulter.

"Gefällt es dir?" fragte die Blondine, als Michiru auch nach einigen, weiteren Sekunden fasziniert auf besagte Stelle schaute.

"Ich wußte ja gar nicht...das du tätowiert bist...", flüsterte sie.

"Wie auch?" lachte Haruka,

"Bisher hast du mich ja auch immer nur von vorn nackt gesehen."

Michiru jedoch reagierte gar nicht auf die kleine Neckerei und hob langsam die Hand.

Vorsichtig strichen ihre Fingerspitzen über den geduckten Schneeleoparden, welcher aussah, als würde er seinen Betrachter jeden Moment anspringen.

"Tat das nicht weh?" fragte Michiru.

"Die Prügelei von heute tat mehr weh", gab Haruka zur Antwort.

Das schien Michiru wieder auf den Boden zu holen.

"Deine Verletzungen, genau...", sagte sie und trat vor Haruka.

Diese lehnte sich zurück und genoß Michiru´s Blicke, welche über ihren nackten Oberkörper wanderten.

Das türkishaarige Mädchen schluckte merklich und befeuchtete ihre Lippen. Schließlich drehte sie sich hektisch weg und sagte:

"Offene Wunden hast du jedenfalls keine."

Zu ihrem Glück ging in diesem Moment die Türklingel und so konnte Michiru vor Haruka verbergen, daß sie rot wurde.

Hastig eilte sie zur Wohnungstür.

"Das wird der Arzt sein", meinte sie und öffnete.

Tatsächlich stand ein junger, schwarzhaariger Mann mit einer modernen Nickelbrille und Arzttasche vor der Tür.

"Akita Mitamura. Angenehm", deutete er ein Nicken an und hielt Michiru die Hand entgegen.

Kaum das diese sie ergriffen hatte, schritt Mitamura auch schon an ihr vorbei und fragte:

"Wo ist der kleine Raufbold? Hat ihr Gegener wenigstens mehr abbekommen?"

Michiru wollte etwas sagen, doch da war Mitamura schon im Wohnzimmer und hatte Haruka entdeckt.

"Haru, altes Haus. Du hast aber auch schonmal besser ausgesehen", lachte er und sie erwiederte:

"Danke. Das kann ich nur zurückgeben."

Sie schloss sich seinem Lachen an.

Michiru war total baff.

Sie schloss die Tür, deren Klinke sie immernoch in der Hand hielt und ging dann langsam Richtung Wohnzimmer. Im Türrahmen blieb sie stehen. Mitamura untersuchte Haruka gerade und diese, alsauch der uminöse, junge Arzt schienen die Schlägerei und deren Folgen als etwas ganz Normales, wenn nicht gar Lustiges zu empfinden.

"Wen hats denn diesmal erwischt?" fragte Mitamura, als er Haruka´s Rippen abtastete.

Sie zog zischend Luft in ihre Lungen und sagte dann etwas schmerzlich:

"Zwei Typen von meiner Schule. Die brauchten mal ne Abreibung!"

"Wenn sie nur halb so viel wie du abbekommen haben, dann haben sie die ja gekriegt", war Mitamura amüsiert.

"Das haben sie", bestätigte Haruka grinsend,

"Besonders dieser Idiot von Yutaka."

"Und womit haben die beiden Jungs sich diese Abreibung verdient?" wollte Mitamura wissen.

Haruka sah auf und ihr Blick traf Michiru´s.

Sofort verschwand das Grinsen aus ihrem Gesicht und sie zögerte mit der Antwort.

Michiru blickte sie abwartend an.

Schließlich riss Haruka sich von Michiru´s Augen los und sagte:

"Er hat mich beim duschen beobachtet."

"Was?" spielte Mitamura den Entsetzten,

"Und der lebt noch?"

"Blödmann", murrte Haruka, schloss sich aber gleich wieder dem Lachen des jungen Arztes an.

"Ich mach mal das Bett fertig", zog Michiru kurz die Aufmerksamkeit der Beiden auf sich.

Sie lächelte und verschwand Richtung Schlafzimmer, doch Haruka hatte den Eindruck, daß das sie irgendwie verärgert war.
 

Michiru machte sich direkt daran, den Wäscheberg von Haruka´s Bett in das Bad schräg gegenüber zu schaffen. Als sie vorhin den Erstehilfekasten geholt hatte, hatte sie dort eine Waschmaschiene gesehen.

Nachdem der Wäschewust vom Schlaf - ins Badezimmer umquartiert worden war, blieb Michiru am Fußend des Bettes stehen und sah sich um.

Sie seufzte einmal tief und begann dann damit, auch die Kleidungsstücke vom Fußboden, dem Schreibtischstuhl und anderen Möbelstücken zu sammeln.

Ob da nun saubere Kleidungsstücke bei waren oder nicht, beachtete Michiru dabei gar nicht und türmte alles fleißig vor der Waschmaschine auf. Schließlich hatten die Sachen ja auf dem Fußboden rumgelegen.

Sehr schnell wuchs der Wäscheberg im Bad auf eine erschreckende Größe. Im Gegenzug dazu sah Haruka´s Schlafzimmer nun fast wohnlich aus. Bis auf die vielen Motorsportzeitschriften und eine zentimeterdicke Staubschicht auf sämtlichen Möbelstücken war Michiru recht zufrieden.

Sie hatte gerade das Bett frisch aufgeschlagen, da kam Haruka auf Mitamura gestützt ins Schlafzimmer.

"Schau mal du Raufbold", lachte der junge Arzt,

"Dein Häschen hat für dich aufgeräumt."

"Laber nicht so ´nen Stuss", knurrte Haruka, noch eher Michiru etwas sagen konnte.

"Wieso?" blieb Mitamura weiterhin fröhlich,

"Willst du mir etwa ernsthaft erzählen, daß du selbst aufgeräumt hast?"

"Davon redet doch keiner", murrte Haruka, als sie endlich einigermaßen bequem im Bett platz gefunden hatte.

Kurz sah sie zu Michiru rüber.

Diese hatte die Arme vor der Brust verschrenkt und wartete grinsend auf das, was Haruka ihrem Bekannten nun sagen würde.

"Sie ist nicht mein Häschen", sagte die Blondine schließlich,

"Sie ist nur...", wieder sah sie kurz zu Michiru,

"...eine gute Freundin..."

Erleichtert sah Haruka, daß sie anscheinend das Richtige gesagt hatte, denn Michiru lächelte zufrieden.

Es war irgendwie ein komisches Gefühl, diese Worte auszusprechen und dabei Michiru lächelnd am Fußende ihres Bettes stehen zu sehen.

Eigentlich war Haruka sich sicher gewesen, daß die junge Künstlerin ihre Wohnung niemals betreten würde.

Genauso sicher wie sie noch bis vor wenigen Stunden war, daß Michiru und sie niemals wieder auch nur ein freundliches Wort miteinander wechseln würden.

"Soso", riss Mitamura sie da amüsiert aus ihren Gedanken,

"Also `nur´ eine gute Freundin. Seit wann hast du denn sowas?"

»Na toll! Muß der Blödmann ausgerechnet in ihrer Gegnwart davon anfangen?« dachte Haruka und suchte angestrengt nach einer passenden Antwort.

Diese erübrigte sich aber im selben Augenblick, da Michiru nun das Reden übernahm.

In der von ihr gewohnten, wohlerzogenen, liebenswerten Art schenkte sie Mitamura ein gewinnendes Lächeln und sagte:

"Sie sagt die Wahrheit. Wir gehen in diesselbe Klasse und sind befreundet. Nicht mehr und nicht weniger. Ich bin weder ihr Häschen, noch die Süße irgendeines dahergelaufenen Sunnyboy - Doktors..."

Sie grinste siegreich.

"Sie hat dich voll erwischt", lachte Haruka ihren Bekannten an.

"Das sehe ich genauso", meinte dieser,

"Eine sehr schlagfertige, junge Dame."

Auch er lachte wieder.

Michiru schloss sich dem kurz an und verschwand danach Richtung Küche, um Tee zu kochen, wie sie sagte.

Kaum das die junge Künstlerin verschwunden war, sah Mitamura Haruka an.

"Sie ist eine Klassefrau. Wenn du klug bist, lässt du sie nicht wieder gehen!"

Er zwinkerte ihr zu.

Haruka ließ sich in die Kissen zurücksinken und sah an die Decke.

"Dafür müßte ich sie erstmal haben, aber das habe ich nicht. Ich will es auch gar nicht!"

"Und das soll ich dir glauben?" fragte Mitamura irritiert,

"So eine Göttin und du willst sie nicht? Hat Tokyo dich weich gemacht?"

"Ich will sie nicht", brauste die Blondine in dem Moment auf,

"Muß ich mich durch sämtliche Betten vögeln, um Bestätigung von meinem Umfeld zu bekommen? Wenn das so ist, sollte ich besser meinen Bekanntenkreis wechseln!"

Mitamura hob abwehrend die Hände.

"Friedlich, friedlich!" bekundete er,

"Ich wollte dir nicht zu nahe treten. Du wirst schon wissen, was gut für dich ist."

Er ging zur Tür und drehte sich nochmal um.

"Mindestens vier Tage Bettruhe und danach langsam angehen lassen. Eine nette Krankenschwester hast du ja..."

Haruka wollte gerade lospoltern, doch da verschwand er schon kichernd.

Ein paar Sekunden später jedoch tauchte sein Kopf nochmals in der Tür auf und er lachte:

"Ach übrigens...", er wartete, bis Haruka ihn ansah,

"Die Kleine hat dich bereits fest in der Hand!"

Noch ein freches Zwinkern und er war entgültig verschwunden.
 

Sehr viel Auswahl was Türen anging, hatte Michiru nicht mehr.

Und nachdem sie eine Abstellkammer geöffnet hatte, aus welcher ihr gleich sämtliches Zeug entgegenpurzelte, fand sie die Küche auch fast auf Anhieb. Kaum jedoch, daß sie eingetreten war, blieb sie wie angewurzelt stehen. Prüfend sah sie sich um und schließlich breitete sich ein amüsiertes Grinsen auf ihren Lippen aus.

"Hätte ich mir denken können, daß die Küche der einzig saubere Raum in dieser Wohnung ist", murmelte sie,

"Ich frag mich, ob der Herd jemals benutzt wurde..."

Sie öffnete einige Schränke und hatte schließlich alles gefunden, was sie brauchte.

Als sie den Wasserkocher angestellt hatte kam Mitamura in die Küche. Michiru sah ihn fragend an.

"Ihr Nasenbein ist angebrochen", fing er gleich an zu erklären,

"Sie hat einige Platzwunden am Kopf, aber keine Gehirnerschütterung. Einige Rippen sind geprellt und zwei Finger ihrer rechten Hand gebrochen. Ansonsten hat sie ein paar kleine Stauchungen, blaue Flecken und Blutergüsse. Wegen der Rippen sollte sie ein paar Tage liegenbleiben."

Michiru nickte:

"Ich kümmere mich um sie."

Einen Moment lang standen beide ziemlich planlos in der Gegend herum, dann sagte Mitamura etwas verlegen:

"Also...ich geh dann mal wieder. In ein paar Tagen werd ich nochmal nach ihr sehen."

"Ist gut", erwiederte Michiru nur und widmete sich wieder dem Tee.

Als sie einige Minuten später mit einem Tablett wieder das Schlafzimmer betrat, saß Haruka relativ aufrecht an die Kissen gelehnt im Bett und starrte aus dem Fenster.

Obwohl sie Michiru auf jeden Fall gehört hatte, regte sie sich nicht. Erst als diese das kleine Tablett auf dem Nachttisch abstellte, kam von Haruka eine Reaktion.

Weiterhin aus dem Fenster starrend sagte sie tonlos:

"Du mußt das nicht tun. Geh nach Hause - ich komm allein klar."

"So?" fragte Michiru etwas lauernd,

"Ich denke ja eher, daß man dich keine zwei Minuten allein lassen kann - wie uns diese sinnlose Prügelei wohl deutlich gezeigt hat."

Wütend fuhr Haruka herum, doch als sie in Michiru´s Augen blickte, wurde sie direkt wieder ruhig, fast ein wenig unsicher.

"Sie war nicht sinnlos", murmelte die Blondine und drehte schnippisch den Kopf weg.

"Schlägereien sind immer sinnlos", beharrte Michiru,

"Du hättest die Beiden beim Direx melden können, dann hätten sie ihre Strafe schon bekommen."

"Ach ja?" zickte Haruka,

"Und was hätte ich Dr. Tomoe deiner Meinung nach sagen sollen? Das dieser Pimpf mich beim duschen beobachtet hat - was ich allerdings nur weiß, weil ich ihn belauscht habe??"

"Natürlich nicht", lächelte Michiru.

"Und was hätte ich sonst sagen sollen, Fräulein Neunmalklug?" fragte die Blondine gereizt.

"Die Wahrheit", kam es unverblümt.

Abermals wollte Haruka laut werden und erneut verschluckte sie wieder alles, als sie in Michiru´s Augen sah.

"Eine andere Wahrheit gibt es nicht", sagte sie, sichtlich um Beherrschung bemüht,

"Der Penner hat mich nackt gesehen und auch noch damit geprahlt. Das konnte ich nicht hinnehmen!"

"Warum kannst du nicht ein einziges Mal zugeben, daß du etwas für einen anderen Menschen und nicht für dich selbst getan hast? Hast du etwa Angst, daß man dich dann für weniger stark und cool halten könnte?"

Erschrocken zuckte Haruka zusammen, so erzürnt und bestimmt hatten diese Worte geklungen.

Michiru stand mit vor der Brust verschrenkten Armen neben ihrem Bett und sah sie strafend an.

"Und wenn es dir noch so wenig in den Kram passt", gab sie Haruka überhaupt keine Chance sich zu sammeln,

"Jeder Mensch ist irgendwann einmal auf einen Anderen angewiesen. Niemand kann immer alles allein schaffen. Und jeder sehnt sich danach, nicht für immer allein zu sein. Auch ein noch so kaltes Herz blüht auf, wenn es Liebe erfährt!"

"Albernes Weibergewäsch", winkte Haruka abfällig ab,

"Liebe ist was für kleine Mädchen und Träumer. Im wahren Leben gibt es keinen Platz für Sentimentalitäten. Nur ein blöder Ausrutscher in die Gefühlswelt und du wirst von der Gesellschaft gnadenlos ausgeknockt!"

"Das ist deine Meinung", bemerkte das türkishaarige Mädchen unbeeindruckt,

"Ich jedenfalls drehe mich nicht weg, wenn ein anderer Mensch meine Hilfe benötigt. Du brauchst Hilfe und - ob es dir nun passt oder nicht - ich werde mich so lange um dich kümmern, bis dein ungehobelter Freund sagt, daß du wieder allein klarkommst!"

"Aber ich will nicht..."

"Keine Widerrede", flötete Michiru, während sie das Schlafzimmer verließ.

"Die Frau schafft mich", stöhnte Haruka und ließ sich ins Bett zurückfallen.

Ein schmerzlicher Aufschrei entwich ihr, denn ihre Rippen waren von dieser Aktion nicht so angetan.

"Verdammte Scheiße", presste die Blondine gequält hervor,

"Ich mach diesen Blödmann alle, wenn ich wieder die Alte bin."

Unter ständigen, fast unterdrückten Schmerzlauten machte Haruka es sich so bequem als möglich und schloss die Augen. Schlafen war die beste Möglichkeit, diese verfluchte Bettruhe hinter sich zu bringen.
 

Leise schloss Michiru die Schlafzimmertür wieder.

Sie hatte Haruka´s Aufschrei gehört und war sofort zurückgeeilt. Diese jedoch war so beschäftigt mit Fluchen und Jammern, daß sie Michiru gar nicht bemerkte.

Ein sanftes Lächeln huschte über die Lippen des Mädchens.

»Sie ist gar nicht so hart wie sie immer tut. Im Grunde ist sie ein verängstigtes, kleines Kind...«

Dieser Gedanke schien Michiru gleichermaßen komisch alsauch absurd.

Haruka lebte bereits allein, betrieb Motor - und Hochleistungssport, hatte - für ein Mädchen ihres Alters - enorme, körperliche Kräfte und soetwas wie Angst vor dem Gegener kannte sie wohl auch nicht.

Und dennoch war Michiru sich sicher, daß auch in Haruka ein sensibler, verletzlicher Mensch steckte, welcher sich nach einem Beschützer sehnte.

Sie blickte nocheinmal nachdenklich auf die geschlossene Schlafzimmertür.

»Vielleicht können wir ja jetzt doch noch Freundinnen werden...«

Wieder ein Lächeln, dann machte sie sich an die Arbeit.

Zuerst einmal mußte alles in die Wege geleitet werden für die nächsten Tage. Haruka konnte nicht allein bleiben, also mußte Michiru sich für ein paar Tage von der Schule beurlauben lassen.

Da der offizielle Unterrichtsschluß des Tages erst vor knapp einer Stunde war, würde sie im Sekreteriat jetzt auch noch jemanden erreichen.

Sie nahm das Telefon, setzte sich auf die Couch und wählte die Nummer. Sehr schnell nahm eine der Sekreterinnen ab und nach einem kurzen Wortwechsel wurde Michiru mit dem Büro des Direktors verbunden.

"Miss Michiru", war Dr. Tomoe richtig erfreut,

"Womit kann ich ihnen denn heute dienlich sein?"

"Es tut mir leid, daß ich sie schon wieder um etwas bitten muß", entschuldigte sich Michiru,

"Aber Ten´ou Haruka ist ziemlich krank und bedarf dringender Pflege. Da sie doch aber keine Verwandten oder ähnliches hat, wollte ich das übernehmen. Darum möchte ich um Beurlaubung bitten. Elza könnte mir ja jeden Tag das Lehrmaterial bringen. Dann könnte ich den Stoff auch gleich mit Miss Ten´ou zusammen durchgehen."

"Sie sind so hilfbereit, Miss Michiru. Miss Haruka kann sich glücklich schätzen, hier gleich eine Freundin wie sie gefunden zu haben."

"Danke", gab Michiru höflich zurück.

"Miss Elza?" fragte Dr. Tomoe dann,

"Ist das nicht eine dieser amerikanischen Austauschülerinnen? Ich werde anordnen, daß sie am Ende des Schultages immer die Unterrichtsunterlagen für sie und Miss Haruka im Lehrerzimmer ausgehändigt bekommt."

"Das ist sehr freundlich", erwiederte Michiru,

"Es wird wohl ein - bis zwei Wochen dauern, bis Miss Ten´ou wieder zum Unterricht kommen kann."

"Geht in Ordnung", sagte Dr. Tomoe,

"Melden sie sich bei mir, wenn sie Beide wieder am Unterricht teilnehmen."

"Das werden wir machen. Nochmals vielen Dank", verabschiedete Michiru sich.

"Richten sie Miss Ten´ou eine gute Besserung aus", hörte das Mädchen den Rektor noch sagen, dann war das Gespräch beendet.

"So. Jetzt noch Elza anrufen und dann kann es losgehen", murmelte Michiru bei einem Blick auf das Wohnzimmerchaos.

Nach dem Wählen tönte das Freizeichen am anderen Ende eine kleine Ewigkeit in Michiru´s Ohr und sie wollte gerade wieder auflegen, als eine völlig abgehetzte Elza sich meldete.

"Ich bins - Michiru."

"Michi", pustete die Läuferin gleich los,

"Wo warst du denn aufeinmal? Deine Kunstlehrerin hat mir gesagt, daß du heute nicht in ihrem Unterricht warst. Ich hab mir schon richtige Sorgen gemacht!"

"Beruhige dich", sagte Michiru eindringlich,

"Nach diesem blöden Streit war mir nicht nach malen, also bin ich Heim gegangen. Das heißt - ich wollte es. Zwei Jungs aus einem höherem Jahrgang haben Haruka vor der Schule zusammengeschlagen und ich habe sie nach Haus gebracht..."

"Sie wurde zusammengeschlagen?" unterbrach Elza sie geschockt,

"Wie geht es ihr? Sie ist doch hoffentlich nicht schwer verletzt?"

"Naja", meinte Michiru,

"Sie hat einige Platzwunden, die Nase ist angebrochen und die Rippen sind geprellt. Ach...und zwei Finger sind gebrochen. Ansonsten Hat sie natürlich ein paar Blutergüsse und blaue Flecken."

"Oh man!", stöhnte Elza,

"Da wird sie ja ne Weile keinen Sport betreiben können. Was sagen die Ärtze dazu? Bist du noch mit ihr im Krankenhaus?"

"Wir sind bei ihr zu Hause", erklärte die Türkishaarige,

"Haruka´s Bekannter ist Arzt und hat sie versorgt. Leider ist sie für ein paar Tage ans Bett gefesselt und ich werde sie solange pflegen. Darum wollte ich dich bitten, die Tagesunterlagen für uns beide im Lehrerzimmer abzuholen und nach der Schule hier bei Haruka vorbei zu bringen."

"Was???" rief Elza entsetzt aus,

"Du willst die ganze Woche über bei Haruka bleiben? Aber...das geht doch nicht! Dann seid ihr ja ganz allein. Du kannst doch nicht einfach so bei ihr wohnen. Ihr seid...ich meine...sie ist..."

"Ein siebzehnjähriges Mädchen mit ziemlich schmerzhaften Verletzungen", unterbrach Michiru sie bestimmt,

"Ich werde mich um sie kümmern, solange es nötig ist. Dr. Tomoe weiß bescheid. Ich wäre dir also sehr dankbar, wenn du das ab morgen für mich tun könntest. Und jetzt muß ich mich an die Arbeit machen. Tschühüß!"

"Aber Michiru du..."

Sprachlos blickte Elza den Hörer an, aus welchem nur noch ein langezogener Piepton zu hören war. Etwas verärgert legte sie den Hörer auf die Station zurück.

"Einfach aufgelegt", murmelte sie,

"Das soll noch einer verstehen. Zuerst macht sie ihr in aller Öffentlichkeit eine Szene und beschimpft sie aufs Härteste und dann zieht sie am selben Tag noch bei ihr ein. Dabei weiß sie genau, wie Haruka ist. Die wird ihr das mit schlechter Laune und blöden Anmachsprüchen danken!"

Geschlagen schüttelte Elza den Kopf.

Diese Beiden konnte einfach niemand verstehen.
 

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Fortsetzung folgt...

Ein schwieriger Patient

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Michiru wußte, daß es unhöflich war, ihre beste Freundin einfach so abzuspeisen, aber sie hatte jetzt weder Zeit, noch Lust, mit dieser über ein Pro oder Kontra ihres Handelns zu diskutieren.

Zielstrebig ging sie ins Bad und warf die erste Ladung Wäsche in die Maschine. Danach machte sie sich daran, die Abstellkammer aufzuräumen. Dabei fand sie gleich alles, was sie zum Putzen der restlichen Wohnung benötigte.

Nachdem sie das Parkett in der Diele gewischt hatte stellte sie fest, daß es bereits nach zwanzig Uhr war.

Ihre Eltern waren nun sicherlich beide daheim.

Ein guter Zeitpunkt also, um sie anzurufen und ihnen zu sagen, daß sie die nächsten Tage bei Haruka bleiben würde.

Zu ihrer Erleichterung ging ihre Mutter ans Telefon.

"Mum? Ich wollte euch nur sagen, daß ich die nächsten Tage bei Haruka bleibe. Sie ist krank und muß das Bett hüten", überfiel Michiru ihre Mutter regelrecht.

"Ja...aber...", stotterte diese,

"Ist denn ihre Mutter nicht da?"

"Sie hat keine Mutter", erklärte Michiru,

"Sie hat Niemanden hier in Tokyo. Darum will ich mich ja auch um sie kümmern. Direktor Tomoe sagt, das ginge in Ordnung und Elza bringt uns jeden Tag die Unterlagen vom Unterricht."

"Was gibt es denn?" hörte Michiru ihren Vater im Hintergrung fragen.

"Sie will ein paar Tage bei Haruka bleiben", klärte ihre Mutter ihn auf.

"Das kommt gar nicht in Frage", meinte Mr. Kaioh gleich darauf,

"Sie ist gerade mal 17! Wenn sie uns den jungen Mann mal richtig vorgestellt hat und lange genug mit ihm zusammen ist, dann können wir über soetwas vielleicht einmal reden. Vorher sicher nicht!"

"Du mißverstehst da etwas, Schatz", beruhigte Michiru´s Mutter ihn,

"Haruka ist nicht Michi´s Freund. Diese Haruka ist ein Mädchen. Außerdem ist sie krank und hat hier keine Verwandten."

"Ein Mädchen?" war Mr. Kaioh überrascht,

"Sachen gibts. Dieses Mädchen sieht aus wie ein junger Mann. Irgendwie fallen Michi´s Freundinnen immer etwas aus der Rolle! Erst dieser amerikanische Wirbelwind und dann ein Mädchen, daß wie ein Mann rumläuft. Naja, solange Michi mit ihnen klarkommt..."

"Also geht es in Ordnung?" fragte Michiru.

Nach kurzem Zögern antwortete ihre Mutter:

"Ja. Es ist ok. Aber melde dich zwischendurch bitte."

"Geht klar", lachte Michiru,

"Bis dann Mum. Gib Dad einen Kuss von mir."

"Mach ich. Ach...und Michi?"

"Was gibts noch?" fragte diese, wobei sie schon hatte auflegen wollen.

"Sei nett zu ihr", konnte sie ihre Mutter beinahe Grinsen hören,

"Ein liebendes Herz ist schnell gebrochen!"

"Mum!!!" pfiff Michiru in den Hörer, doch ihre Mutter lachte nur und legte auf.

Grummelnd legte Michiru das Telefon auf die Station zurück.

"Warum glauben Mütter immer, alles besser zu wissen? Haruka und ich ein Paar? Eher lernen Elefanten fliegen!"

Vor sich hin murmelnd machte sie sich wieder ans Putzen.
 

Nach weiteren zweieinhalb Stunden war Michiru fast zufrieden mit dem Ergebnis. Es gab zwar sicher noch die eine oder andere Kleinigkeit zu tun, aber für heute wollte sie es gut sein lassen.

Immerhin war es auch bereits fast 23 Uhr und so langsam bemerkte sie, wie geschafft und müde sie war.

Sie beschloss, nocheinmal nach Haruka zu sehen und sich dann schlafen zu legen.

Leise öffnete sie die Schlafzimmertür. Haruka schien zu schlafen. Alles war dunkel und Michiru konnte ihre ruhigen Atemzüge hören.

Das türkishaarige Mädchen überlegte, ob sie überhaupt Licht machen sollte. Schließlich wollte sie Haruka nicht wecken.

Da bemerkte sie aber, daß der Schalter einen Dimmer hatte.

In Anbetracht dieser Tatsache konnte Michiru nicht verhindern, daß wieder ein wenig Sarkasmus in ihr aufstieg.

»War klar, daß sie sowas im Schlafzimmer hat. Man muß ja schließlich `Atmosphäre´ schaffen, wenn man punkten will.«

Sie schüttelte mißbilligend den Kopf.

Als sie das Licht soweit aufgedreht hatte, daß sie zwar halbwegs sehen konnte, aber dennoch alles in einem difusem Halbdunkel lag, schritt sie auf das große Bett zu.

Und wieder dieser Sarkasmus.

»Wenn dieses Bett nur halb so groß wäre, hätten immernoch bequem zwei Leute darin Platz. Sie überlässt aber auch nichts dem Zufall!«

Im nächsten Moment jedoch war jeglicher Zynismus wie weggeblasen und ein warmes Gefühl um ihr Herz machte sich bemerkbar.

Haruka sah einfach zu niedlich aus.

Wie sie so da lag, völlig in ihre Decke verdreht, die Beine angezogen und den Schlaf der Gerechten schlummernd. Ihr Pyjamaoberteil war etwas hochgerutscht und gab ein Stückchen des Blutegusses und des Verbandes preis. Der Verband um ihre Stirn war ebenfalls ein wenig verrutscht und hatte ihren Pony so weit zurückgeschoben, daß nicht eine Strähne in ihr hübsches Gesicht fiel. Die Platzwunde an der Lippe, das Pflaster auf der Nase, das Feilchen am rechten Auge und - nicht zuletzt - das Pflaster über ihrer linken Augenbraue ließen sie wirken, wie einen kleinen Lausbuben, welcher den Kampf um die Förmchen gegen den Nachbarsjungen eindeutig verloren hatte.

Michiru´s Blick wanderte auf das kleine Tablett auf dem Nachttischt.

Haruka hatte den Tee getrunken und auch die Tabletten genommen, welche Mitamura da gelassen hatte. Das Obst jedoch, welches Michiru ihr dazu gelegt hatte, war vollkommen unberührt.

Wieder sah sie Haruka an.

»Selbst mit all diesen Schrammen und Pflastern im Gesicht sieht sie noch hübsch aus... Ich frage mich, warum sie ihre Weiblichkeit immer so versteckt. Mit etwas Zurechtmachen und in einem schicken Kleid wäre sie bestimmt die Königin auf jedem Ball...«

Ein Lächeln huschte über Michiru´s Lippen.

Haruka war ein Rohdiamant, welcher wahrscheinlich in Nichts zu übertreffen war...wenn er nur den richigen Schliff bekäme.

Aber alles zu seiner Zeit.

Jetzt brauchte Michiru ersteinmal etwas, daß sie zur Nacht anziehen konnte. Schließlich konnte sie ja nicht in ihrer Schuluniform schlafen.

Kurzerhand ging sie zum Kleiderschrank und öffnete ihn leise.

Dem riesigen Wäscheberg - an welchem sie wohl noch bis morgen Abend zu waschen haben würde - nach zu urteilen, war sie überrascht, überhaupt noch Kleidungsstücke im Schrank vorzufinden. Und noch überraschter war sie, als sie gleich bei ihrem ersten Griff einen marineblauen Seidenpyjama hervorholte.

"Na wer sagst denn?" murmelte sie zufrieden.

In diesem Moment regte Haruka sich mit einem leisen Seufzer.

Offensichtlich hatte sie selbst im Schlaf Schmerzen, wenn sie sich bewegte. Michiru wartete noch einen Moment ab, ob Haruka auch wirklich nicht aufgewacht war und verschloss dann leise wieder den Schrank.

Auf Zehenspitzen schlich sie zur Tür und löschte das Licht. Und wie aufs Stichwort begann Haruka leise zu schnarchen.

Ungläubig starrte Michiru ins dunkle Zimmer.

"Sie ist wirklich wie ein kleiner Straßenrowdie", schmunzelte sie, ließ die Schlafzimmertür einen Spalt breit geöffnet und ging zurück ins Wohnzimmer.

Schnell hatte sie sich ihrer Schuluniform entledigt und griff nach dem Oberteil des Pyjamas. Als sie es angezogen hatte und an sich herunter sah, mußte sie erneut schmunzeln.

»Oh man! Die Hose brauch ich wohl gar nicht erst anzuprobieren...«

Als sie es dennoch tat, sah sie ihre Vermutung bestätigt.

Zwar hätte sie die Hosenbeine umkrempeln können, aber das wäre sicher nicht sehr modisch gewesen und abgesehen davon war es auch hinderlich beim schlafen.

Also zog sie sie wieder aus und begnügte sich mit dem Oberteil. Nachdem sie die Ärmel etwas umgekrempelt hatte, saß es fast perfekt. Abgesehen davon, daß es ihr fast bis zu den Knien reichte.

Müde und völlig geschafft ließ Michiru sich auf die Couch sinken und war auch sehr schnell eingeschlafen.
 

Michiru´s Mutter kramte in deren Kleiderschrank herum.

Sie wollte ihrer Tochter ein paar Sachen packen - die brauchte sie schließlich, wenn sie einige Tage bei Haruka blieb.

Sollte Michiru sich morgen nicht melden, würde sie einfach in der Schule anrufen und dort nach Haruka´s Adresse fragen.

Als die Frau ihrer Meinung nach genug eingepackt hatte, überlegte sie kurz. Ein Grinsen befiel sie und sie nahm die kleine Reisetasche mit in ihr Schlafzimmer.

Nachdem sie ein wenig in ihrem Schrank gekramt hatte, fand sie, wonach sie suchte.

Es war noch in Folie eingepackt und bei einem Blick darauf mußte die Frau schmunzeln.

»Zwar sind die Umstände etwas anders, als ich es mir gedacht hatte...aber seinen Zweck wird es sicherlich dennoch erfüllen.«

Schnell ließ sie es ebenfalls in der Reisetasche verschwinden.

In diesem Moment betrat ihr Mann das Zimmer.

"Was machst du?" fragte er.

"Ich packe nur ein paar Sachen für Michi. Sie braucht doch schließlich etwas zum anziehen", entgegnete sie ihm.

"Aus deinem Schrank?"

Die Frage klang skeptisch.

"Ich hatte ihr ein neues Nachthemd gekauft und es ihr noch nicht gegeben", klärte Michiru´s Mutter auf.

Ihr Mann nickte.

"Ist noch etwas?" fragte sie.

Er seufzte.

Dann sah er sie an und fragte:

"Michiru ist doch ein sehr liebes Mädchen, nicht wahr?"

Sie blickte ihn irritiert an.

"Wie meinst du das? Natürlich ist sie ein liebes Mädchen!"

"So meine ich das nicht", wehrte er ab,

"Sie ist jung, sie ist hübsch, liebenswert und hat ein gutes Herz. Wie also kommt es, daß sie überhaupt keine Freunde hat außer dieser Elza und jetzt diesem sonderbaren Mädchen? Einen Freund hat sie auch nicht. Sie war bisher noch nichteinmal verliebt. Wieso ist sie so anders, als andere Mädchen in ihrem Alter?"

Nun seufzte Michiru´s Mutter.

"Vielleicht ist sie anders, als andere Mädchen, aber sie ist gesund und munter und nur das ist wichtig! Sie wird immer unser kleiner Engel sein, egal was kommt."

Mr. Kaioh nickte.

"Du hast recht. Und so sehr aus der Rolle wie der rothaarige Wirbelwind und dieser weibliche Sunnyboy fällt sie ja nun auch wieder nicht."

Er schien zufrieden und verließ das Schlafzimmer.

"Vielleicht hat sie mehr von diesem `weiblichen Sunnyboy´ -wie du sie nennst-, als du dir jemals vorstellen könntest", murmelte Michiru´s Mutter.
 

Langsam schlug Haruka die Augen auf.

Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, daß es bereits 8:15 Uhr war.

»Scheiße! Schon wieder verschlafen«, schoss es ihr durch den Kopf und schnell sprang sie auf.

Das heißt - sie wollte es, aber bereits bei der ersten Bewegung zuckte ein Schmerz durch ihren Oberkörper, welcher ihr sämtliche Luft aus den Lungen drückte und sie ins Bett zurückfallen ließ.

Schlagartig fiel es ihr ein.

Yutaka, die Prügelei und...

"Michiru!"

Haruka fasste sich an den Kopf.

Unter ihren Fingern fühlte sie den Verband.

»Wieso war sie aufeinmal so nett zu mir? Wenn ich an die Worte denke, die sie mir kurz vorher noch an den Kopf geschmissen hat...«

Doch daran zu denken hatte sie gar keine Lust.

Überhaupt fand sie die gegebene Situation absolut inakzeptabel.

Seit gestern Nachmittag schon lag sie sinnlos im Bett herum.

Das mußte geändert werden.

Sie beschloss, zuersteinmal ins Bad zu gehen, danach schön zu frühstücken und dann irgendetwas sinnvolles mit ihrem Tag anzufangen.

Das Mitamura ihr mindestens vier Tage Bettruhe verordnet hatte, interessierte sie herzlich wenig.

Vorsichtig arbeitete sie sich aus dem Bett hoch.

Und es war wirklich harte Arbeit.

Bei jeder Bewegung tat irgendetwas höllisch weh und zweimal sah sie schon fast Sternchen vor ihren Augen tanzen. Als sie endlich halbwegs stand, atmete sie tief durch.

"Man! So hat es mich noch nie erwischt", pustete sie geschafft.

Sie blickte zur Tür.

"Zu weit", murmelte sie nur und schlich langsam ums Bett herum.

Zum ersten Mal war sie froh, ein zweites Bad direkt an ihr Zimmer angrenzend zu besitzen.

Nur noch einen Schritt...

Ein wenig unbeholfen tastete sie nach der Klinke, während sie sich mit einer Hand noch immer am Bett abstützte. Freihändig stehen hätte wohl nicht eine Sekunde funftioniert. Leider erwies der Abstand vom Bett zur Tür doch als ein wenig größer, als Haruka ihn in Erinnerung hatte.

"Mensch Haruka! Stell dich nicht so an. Die zwei Schritte wirst du wohl noch schaffen ohne dich irgendwo abzustützen. Du bist schließlich noch keine Rentnerin!" schimpfte sie sich selbst und holte nochmals tief Luft.

Währendessen ließ sie das Bettgestell los und steuerte die Badezimmertür an. Leider war bereits der tiefe Atemzug mit einem Mal so schmerzhaft, daß sie heftig zusammenzuckte.

Dieses Zucken rief weitere, stechende Schmerzen hervor und sie verfehlte die Klinke. Hart knallte sie gegen die Tür. Schmerzlich schrie sie auf und fiel zu Boden.

"Verfluchte Rippen", presste sie gequält hervor und krümmte sich zusammen.

In diesem Moment flog die Schlafzimmertür auf und jemand stürzte herein.

"Haruka! Was tust du?"

Ein Mädchen fiel neben ihr auf die Knie.

"Michiru?" fragte Haruka schmerzlich.

"Natürlich", antwortete diese und versuchte, Haruka sanft wieder auf die Beine zu bringen.

Diese war völlig mit ihren Schmerzen beschäftigt, bis sie endlich wieder auf ihrem Bett saß.

Erst da hob sie den Kopf und sah Michiru an.

"Was machst du morgens um halb neun in meiner Wohnung?"

Ihr Blick verfinsterte sich.

"Ist das mein Pyjamaoberteil?"

Michiru wurde leicht rot und senkte etwas den Kopf.

Sie zupfte verlegen an der blauen Seide herum und sagte leise:

"Naja...ich hatte doch keine Sachen dabei und schließlich konnte ich ja nicht in meiner Schuluniform schlafen..."

"Niemand hat gesagt, daß du hier übernachten sollst", entgegnete Haruka kühl,

"Warum bist du nicht Heim gegangen?"

"Aber...", wollte Michiru einwenden, doch die Blondine ließ sie gar nicht ausreden.

"Bleib mir weg mit deinen Argumenten und geh endlich nach Hause. Ich brauche deine Hilfe nicht!"

Jetzt gewann Michiru ihre Selbstsicherheit zurück.

Sie verschrenkte die Arme vor der Brust und fragte:

"Ach nein? Und wieso mußte ich dich dann gerade vom Boden aufkratzen?"

"Das war ein Unfall", verkündete Haruka im Brustton der Überzeugung.

"Soso, ein Unfall", wiederholte Michiru,

"Genauso ein Unfall, wie die Verteidigung meiner Ehre es war, was?"

"DAS war kein Unfall", brauste das blonde Mädchen direkt auf,

"Ich konnte doch nicht zulassen, daß..."

Sie verstummte.

Offenbar war ihr erst jetzt klar geworden, daß sie gerade im Begriff war zuzugeben, daß Michiru ihr wohl doch nicht so egal war und das sie sehrwohl in der Lage war, etwas mal nicht nur für sich selbst zu tun.

Schippisch drehte sie den Kopf weg und sagte gelassen:

"Außerdem hat er mich nackt gesehen. Das ist viel schlimmer!"

"Ja ja und Elefanten können fliegen", winkte Michiru amüsiert ab,

"Du hast für mich gekämpft. Und auch wenn ich der Meinung bin, daß es immer eine andere Lösung als Gewalt gibt, so hast du es dennoch für mich getan. Also ist es nur Recht und Billig, wenn ich mich jetzt um dich kümmere, bis es dir wieder besser geht."

"Ich will deine Hilfe nicht", beharrte Haruka,

"Ich bin es gewohnt allein zu sein und auf Niemanden Rücksicht nehmen zu müssen."

"Auf mich mußt du keine Rücksicht nehmen", meinte Michiru keck,

"Ich komm hier schon klar."

"Wieso bist du so verdammt hartnäckig?" war Haruka sichtlich genervt.

"Bin ich das?" grinste die Türkishaarige unschuldig,

"Liegt wohl in meiner Natur. Und jetzt leg dich wieder hin!"

"Ich will mich aber nicht hinlegen. Ich muß, verdammt nochmal, aufs Klo!"

Michiru stutzte.

"Ach deswegen bist du aufgestanden?!"

"Nee", grummelte Haruka ironisch,

"Ich wollte für die Olympiade trainieren!"

Michiru zögerte einen Moment, dann trat sie vor Haruka und sagte:

"Na dann komm."

Haruka sah zu ihr auf.

"Wie jetzt?"

"Na ich helfe dir ins Bad", lächelte Michiru und griff nach Haruka´s Arm.

"Verflucht, lass das", meckerte diese,

"Ich kann das allein! Ich bin schließlich kein Krüppel!"

"Das habe ich ja gerade gesehen - wie du das allein kannst", blieb Michiru hart,

"Und jetzt hör auf, es mir unnötig schwer zu machen!"

"Das war ein Unfall, verdammt", stieß Haruka sie zurück,

"Es geht mir gut!"

Sie stand auf und klopfte sich demonstrativ gegen die Rippen.

"Siehst du? Ich bin in Ordnung!"

Michiru sah sie skeptisch an.

"Na gut", murmelte sie schließlich,

"Ich glaube dir ja. Dann gehe ich derweil etwas zu Essen machen, während du dich frisch machst."

Haruka nickte nur und Michiru ging.

Im Türrahmen blieb sie nochmals stehen und sah zu Haruka.

"Sonst noch was?" fragte diese gereizt.

"Und du bist dir sicher, daß es dir gut geht?" fragte das Mädchen zaghaft.

Haruka klopfte sich ein weiteres Mal gegen die Rippen und grinste:

"Geist über Materie!"

Michiru nickte und schloss die Tür.

Augenblicklich fiel Haruka zusammengekrümmt aufs Bett und stöhnte schmerzlich in die Kissen.

"Scheiß Materie", wimmerte sie.
 

Michiru schloss die Augen.

»Warum ist sie nur so dumm?«

Sie lehnte an der Schlafzimmertür und hörte Haruka´s gedämpftes Wimmern.

»Ihr blöder Stolz wird ihr irgendwann noch das Genick brechen. Was ist so schlimm daran zuzugeben, daß man Schmerzen hat? Warum will sie immer stark sein? Vor mir kann sie doch ruhig ehrlich sein.«

Sie öffnete die Augen wieder und strich mit der Hand sanft über die glatte Oberfläche der Tür.

»Sie muß schreckliche Schmerzen haben...«

Doch es half nichts.

Haruka war zu stolz um Michiru´s Hilfe anzunehmen und diese konnte sie schließlich nicht dazu zwingen.

Überzeugt, daß Haruka es auch irgendwie allein schaffen würde ins Bad zu kommen, steuerte Michiru die Küche an und wollte ein Frühstück vorbereiten.

Was sie in der Küche fand, war jedoch mehr als dürftig.

Es gab ein wenig Obst, im Kühlschrank lag eine halbe Pizza, eine Dose Pilze, ein paar Schokoriegel, ein Glas Erdnussbutter, zwei Dosen Cola und Milch.

In einem Schrank fand sie eine halbleere Jumbopackung Schokoflakes und ein unberührtes Päkchen Müsli.

Das war alles.

Also griff Michiru nach dem Müsli und holte die Milch aus dem Kühlschrank. Sie hantierte eine ganze Weile in der Küche herum und war so beschäftigt, daß sie gar nicht mitbekam, wie Haruka langsam hereinkam.

Als diese sich endlich auf einen Stuhl niedergelassen hatte fragte sie:

"Was soll das werden?"

Michiru fuhr herum.

"Du bist schon fertig?" war sie überrascht und lächelte dann,

"Frühstück! Du hast bestimmt Hunger."

Haruka wollte zwar wieder leugnen, allerdings war ihr Magen damit gar nicht einverstanden und knurrte demonstrativ.

Dies war ihr ziemlich peinlich und sie wollte sich rechtfertigen, doch Michiru kam ihr zuvor.

"Das war dann wohl ein `ja´. Hier, iß das."

Sie stellte der Blondine ein Schälchen vor die Nase und gab ihr einen Löffel.

Während Michiru auch den Tee auf den Tisch stellte und sich schließlich selbst mit einem Schälchen an den Tisch begab, beäugte Haruka mißtrauisch, was Michiru ihr da aufgetischt hatte.

"Was ist?" fragte diese, als sie sah, daß Haruka nicht aß,

"Ist etwas nicht in Ordnung?"

"Was soll das sein?" fragte Haruka skeptisch.

"Wonach sieht es denn aus?" stellte Michiru eine Gegenfrage.

"Meine Schokoflakes sind es nicht", stellte Haruka sofort klar,

"Auch wenn es ähnlich aussieht. Könnte dieses komische Müsli sein, daß da schon ewig im Schrank lag, aber...was ist denn das rote Zeug da drin? Gibt es rotes Müsli?"

Michiru lachte hell auf.

Haruka zuckte zusammen.

Dieses Lachen ging durch und durch und verursachte eine wohlige Gänsehaut. Verwirrt blickte sie Michiru an.

"Probier doch einfach", lächelte diese.

Zögerlich schob Haruka sich eine Löffel in den Mund.

Michiru sah sie abwartend an.

Haruka aß einen zweiten - und einen dritten Löffel voll.

Schließlich hellte ihr Gesicht sich ein wenig auf und sie sagte:

"Das schmeckt gar nichtmal so schlecht. Was ist da alles drin?"

"Das ist dieses `komische´ Müsli", antwortete Michiru betont,

"Ich habe kleine Bananen - und Erdbeerstückchen hineingeschnitten. Mehr nicht."

Haruka´s Augen wurden ganz groß.

"Bananen? Ich wußte gar nicht, daß die so gut schmecken."

Und schon schaufelte sie das Müsli weiter in sich hinein.

Michiru lächelte zufrieden und aß ebenfalls.

Als sie zwischenzeitlich einen Schluck Tee nahm, bemerkte sie wie beiläufig:

"Ach übrigens... Ich habe festgestellt, daß du keinen grünen Tee hast, darum mußte ich Schwarzen machen. Wir müssen unbedingt grünen Tee kaufen."

Haruka verschluckte sich und hustete.

"Wir?" fragte sie fassungslos,

"Was heißt hier `wir´? Und überhaupt - wieso `müssen´? Ich trinke sehr gerne schwarzen Tee. Deshalb habe ich ihn ja auch im Haus. Grünen Tee kann ich nicht ausstehen!"

"Ich trinke ihn aber am liebsten", widersprach Michiru,

"Und darum müssen wir welchen haben!"

Haruka ließ den Löffel fallen.

"Was soll das alles?" wollte sie aufgebracht wissen,

"Du tust ja gerade so, als würden wir zusammen wohnen. Ich habe nicht gesagt, daß du hierbleiben kannst!"

"NOCH nicht", flötete Michiru und brachte ihre Schüssel weg,

Aber du wirst es noch. Du weißt nämlich sehr gut, wie gehandycapt du bist."

"Ach, mach doch, was du willst", zischte Haruka und sprang auf.

Schnurstracks verließ sie die Küche.

Als sie außer Sichtweite war, griff sie an ihre linke Seite und verzog schmerzlich das Gesicht.

"Verdammt, keine hektischen Bewegungen", formten ihre Lippen fast lautlos.

Als der Schmerz endlich nachließ schaute sie nochmal zurück zur Küche.

Michiru hatte wohl nichts bemerkt.

Sie wand sich Richtung Schlafzimmer.

Dabei fiel ihr Blick auf den Sessel. Ordentlich gefaltet lag da ihr blauer Pyjama. Und erst jetzt fiel ihr auf, daß überhaupt alles ordentlich war.

Die Zeitschriften lagen fein säuberlich gestapelt auf dem Fernsehtisch, nicht ein Wäschestück war zu sehen, die Überreste der letzten Fast Food Party waren verschwunden und sogar Staub war gewischt.

In diesem Moment zog ein Geräusch aus der Küche ihre Aufmerksamkeit auf sich.

Michiru spülte das gerade benutzte Geschirr.

Wieder fiel ihr Blick auf den Pyjama.

»Warum tut sie das alles? Sie wollte mich pflegen, aber hier die Putzfrau zu spielen gehört doch nicht dazu!«

Sie machte einen Schritt auf den Sessel zu und griff langsam nach dem Pyjamaoberteil.

Vor ihrem geistigen Auge sah sie Michiru wieder wie vorhin vor sich stehen. Mit zerzausten Haaren und diesem erschrockenen Ausdruck im Gesicht.

Die blaue Seide umhüllte ihre weiße Haut, welche genau so zart und weich wirkte, wie das seidene Schlafgewand selbst.

Die Ärmel hatte sie hochgekrempelt, aber immernoch ertrank sie fast in dem Oberteil. Es war ein komisches Gefühl gewesen, Michiru in diesem Pyjama zu sehen.

»Er steht ihr viel besser als mir...«

Sie lächelte kurz.

Ihre Finger spielten mit dem seidenen Stoff. Langsam strich sie damit über ihre Wange und schloss die Augen.

»Ihre Haut ist sicher genau weich...«

In der nächsten Sekunde riss sie die Augen auf.

Ungläubig starrte sie auf das Oberteil in ihrer Hand.

»Was denke ich denn da? Sie ist auch nicht besser als die Anderen. Nur ihre Schuldgefühle halten sie hier!«

Sie wollte das Kleidungsstück gerade zurücklegen, als Michiru ins Wohnzimmer kam.

Erschrocken sah Haruka sie an.

Michiru sah, was die Blondine da in der Hand hielt und sagte:

"Ach ja, dein Pyjama. Du kannst ihn mit in die Wäsche werfen. Wenn ich heute einkaufen gehe, dann geh ich auch schnell zu Hause vorbei und hole ein paar Sachen."

Haruka reagierte nicht.

Sie stand wie versteinert da und starrte auf den Pyjama.

Es war wirklich ein sonderbares Gefühl gewesen, Michiru darin zu sehen. Aber noch seltsamer war das Gefühl, Michiru die nächste Zeit bei sich zu wissen und sie beim nächsten Mal statt in einem von Haruka´s Pyjamas vielleicht in einem sexy Nachthemd zu sehen.

Haruka schluckte.

Ihre Knie wurden weich.

»Meint das Schicksal es nun gut mit mir, oder will es nur wieder gnadenlos zuschlagen?« dachte sie.

Zögerlich hob sie den Blick und sah Michiru an.

"Warum tust du das Alles?" fragte sie.

Michiru zog die Augenbrauen hoch.

"Du kannst vielleicht Fragen stellen", seufzte sie,

"Das weiß ich selbst nicht so genau. Vielleicht, weil du mir einfach nicht egal bist und ich irgendwo in mir hoffe, daß wir doch noch Freunde werden können."

Haruka schien kurz zu überlegen, doch dann wurden ihre Gesichtszüge wieder hart.

"So? Meinst du?" fragte sie lauernd,

"Und das du eben einfach nur zu wohlerzogen bist und dir dein schlechtes Gewissen deswegen auferlegt, hier bei mir zu bleiben, auf die Idee kommst du nicht?"

"Ich habe kein schlechtes Gewissen", gab Michiru leicht gereizt zurück,

"Dazu habe ich überhaupt keinen Grund!"

"Wer redet von einem Grund?" lachte Haruka bitter,

"Ich sagte, daß deine gute Erziehung es dir auferlegt. Zuerst sagst du mir, daß ich gefühlskalt und egoistisch bin, daß die Welt ohne Menschen wie mich besser dran wäre und dann spielst du plötzlich die besorgte `Was-weiß-ich-nicht-was´ und faselst was von Freundschaft. Und alles nur, weil dieser dämliche Yutaka sein Maul nicht halten konnte. Hätte der nix gesagt, hättest du mich für diese Prügelei nur noch mehr verachtet!"

Michiru zuckte zusammen.

"Hast du wirklich so wenig Vertrauen in die Menschen, daß du in allem immer etwas Böses siehst? Du hast doch gerade selbst mehr oder weniger zugegeben, daß du dich für mich geprügelt hast. Kannst du dir nicht vorstellen, daß ich dir dafür ernsthaft dankbar bin? Das mein Handeln absolut nichts mit Gewissen, sondern einfach nur mit Menschlichkeit zu tun hat?"

"Menschlichkeit", murmelte Haruka,

"So ein Schwachsinn! Jede noch so primitive Tiergattung besitzt mehr Menschlichkeit - wie du es so schön nennst - als die gesamte Menschheit.

Und du bist auch nicht besser als alle Anderen!"

Michiru wollte es nicht, aber sie konnte nicht verhindern, daß ihr Tränen in die Augen stiegen.

Um Haruka ihren Schmerz nicht zu zeigen, lief sie zurück in die Küche und schmiss die Tür zu.

"Michiru, ich wollte nicht...", rief Haruka ihr nach, doch die Tür war bereits zu.

Natürlich war ihr nicht entgangen, daß Michiru geweint hatte.

"Du bist so ein Trottel, Ten´ou", schalt sie sich leise,

"Du wolltest doch nur genügend Abstand zwischen euch wahren. Ihr wehzutun war vollkommen unnötig!"

Wütend warf sie das Pyjamaoberteil auf den Sessel zurück und ging langsam ins Schlafzimmer. Mit ein paar bösen Flüchen in Richtung ihrer schmerzenden Rippen, lag sie endlich wieder im Bett und schloss die Augen.

»Sie ist doch selbst schuld. Wenn sie sich nicht so aufgedrängt hätte, wäre ich nie so ausfallend geworden!«

Das sie gerade selbst mit aller Gewalt ihr schlechtes Gewissen ignorierte, verdrängte sie.
 

Michiru saß schluchzend in der Küche.

Warum war Haruka wieder so gemein geworden?

Sie hatte doch nur nett sein wollen.

Vielleicht war es wirklich keine so gute Idee gewesen, hierzubleiben.

Warum war sie überhaupt hier geblieben?

In einem hatte Haruka nämlich Recht gehabt:

Michiru hasste jede Art von Gewalt.

Menschen, welche ihre Differenzen mit Prügel klärten, waren ihr zuwider. Selbst dann, wenn es für einen `guten´ Zweck war. Wenn Michiru es recht bedachte, wäre sie wegen dem, was gestern war auf jeden anderen Menschen furchtbar böse gewesen. Anfänglich war sie es ja gewesen, aber nach Yutaka´s Worten...?

Nein, sie war nicht wegen ihres Gewissens hier. Ganz sicher nicht.

Sie war Haruka auch nicht einfach nur dankbar. Neben der Dankbarkeit war da auch noch ein anderes Gefühl.

Und zwar Sorge.

Doch nicht nur wegen der Verletzungen, welche die Blondine erlitten hatte, sorgte sie sich. In dem Moment als Haruka ihr befohlen hatte, die Schlägerei nicht dem Direktor zu melden, war ihr klar geworden, daß diese immer versuchte, alles allein zu tragen.

Aber kein Mensch konnte immer allein sein und Michiru wollte ihr zeigen, wie schön es sein konnte, wenn man Jemandem vertraute.

Mittlerweile war Michiru sich sicher, daß allein Haruka´s Einsamkeit sie zu dem gemacht hatte, was sie war. Das androgyne Mädchen tat ihr schrecklich leid und sie fühlte sich dazu verpflichtet, ihr etwas Gutes zu tun.

Michiru zuckte zusammen.

»Mitleid«, schoss es ihr durch den Kopf,

»Bin ich tatsächlich nur wegen meines Gewissens hier?«
 

Elza saß gelangweilt im Unterricht.

Ohne Michiru war die Schule nicht dasselbe. Und zu allem Überfluß hatte sie in den letzten beiden Stunden auch noch Mathematik.

Das rothaarige Mädchen seufzte innerlich bei dem Gedanken an Sensei Okudera. In diesem Moment zupfte jemand an ihrem Ärmel.

Es war Kimiko, welche rechts neben ihr saß.

"Wo ist denn Michiru heute? Ist sie krank?" flüsterte sie dem rothaarigen Mädchen zu.

Elza verdrehte die Augen.

Kimiko war soetwas wie eine wandelnde Tageszeitung. Wenn man den neuesten Klatsch und Tratsch erfahren wollte, dann war man bei ihr immer genau an der richtigen Adresse.

Obendrein war sie eine Intrigantin sondergleichen.

"Keine Ahnung", gab die Läuferin deswegen leise zur Antwort und konzentrierte sich wieder auf die Lehrerin.

"Du bist doch ihre beste Freundin", gab Kimiko jedoch nicht auf,

"Und da weißt du nicht, ob sie krank ist?"

"Kimiko", presste Elza durch die Zähne,

"Nerv mich nicht! Ich habe keine Lust wegen dir vor die Tür zu müssen!"

Das wirkte.

Kimiko gab Ruhe.

»Warum interessiert dieses Waschweib sich plötzlich für Michi? Bis jetzt hat sie Michiru nichteinmal eines Blickes gewürdigt...«

Es klingelte zur Pause und Elza wurde für den Augenblick aus ihren Gedanken gerissen.

Sehr schnell jedoch wurden ihre Gedanken wieder auf das Thema gelenkt. Kimiko sprach sie erneut an.

"Komm schon. Du mußt doch wissen, was mit Michiru los ist."

"Ich weiß es aber nicht", gab Elza brüsk zurück,

"Und überhaupt - seit wann interssiert es dich, was mit Michiru ist?"

"Ich frag doch nur", tat Kimiko unschuldig,

"Weil Haruka auch nicht da ist und die Beiden sich doch gestern so gestritten haben..."

"Du hast gelauscht?" fuhr Elza sie an.

Kimiko wich einen Schritt zurück.

"Ich habe nicht gelauscht", verteidigte sie sich,

"Was kann ich dafür, wenn ich den Materialienraum aufräumen muß und ihr euch im Bioraum so lautstark anzofft?"

"Zum einen haben `wir´ uns überhaupt nicht angezofft und zum anderen Hättest du dich ja bemerkbar machen können. Schon allein aus reiner Höflichkeit!" war die Läuferin sichtlich erbost.

"Höflichkeit", lachte Kimiko,

"Die beiden sind auch alles Andere als höflich miteinander umgegangen. War wohl der erste Ehekrach, wie? Und letzte Nacht gab es dann die Versöhnung. Wahrscheinlich liegen die Beiden jetzt noch im Bett!"

"Michiru und Haruka sind kein Paar", war Elza nun richtig wütend,

"Sie sind beide Mädchen!"

"Bla bla bla...", machte Kimiko genervt,

"Die Paradelesbe hat doch eh schon die halbe Stufe durch. Ist längst kein Geheimnis mehr, daß unser Läuferas mit Mädchen vögelt. Nur Pech für Michiru, daß Haru ihr nie treu sein wird!"

Sie lachte dreckig.

Elza sprang auf sie zu und packte sie am Kragen.

"Jetzt hör mir mal zu, du kleine Schlange", knurrte sie böse,

"Michiru hat nichts mit Haruka! Das sie heute Beide fehlen ist purer Zufall. Und wenn du auch nur einer Menschenseele deine Lügen auftischst und Michiru-chan in deine dummen Gerüchte verstrickst, dann lernst du mich kennen!"

Sie stieß das Mädchen von sich.

Kimiko funkelte sie einen Moment böse an und drehte dann schnippisch den Kopf beiseite.

"Als ob diese eingebildete Ziege mich interessieren würde", sagte sie geschwollen,

"Mich interessiert einzig und allein Haruka!"

Ein erneutes Klingelzeichen wies den Anfang der nächsten Doppelstunde.

»Na toll«, seufzte Elza innerlich,

»Jetzt hab ich wegen der die ganze Pause vergeudet. Und jetzt auch noch der Okudera. Das Schicksal kann ja so grausam sein...«

Bereits in diesem Augenblick betrat der Lehrer das Kassenzimmer.

Nach der Begrüßung - welche bei Sensei Okudera immer etwas genervt, wenn nicht gar lustlos vonstatten ging - blickte dieser einen Moment schweigend auf die leeren Plätze von Haruka und Michiru.

Alle Schüler folgten seinem Blick.

Über Kimiko´s Gesicht huschte ein hinterhältiges Grinsen. Sie erhob sich und verneigte sich höflich.

"Wenn sie jemanden suchen, der Haruka das Lehrmaterial bringt, würde ich diese Aufgabe gerne übernehmen", sagte sie an den Lehrer gerichtet.

Einige Sekunden starrte der Lehrer sie an, als hätte er nicht verstanden.

Dann jedoch hob er abwehrend die Hand und entgegnete:

"Das ist sehr nett von ihnen, Miss Kimiko. Aber Miss Elza wird das übernehmen."

»Mußte der das jetzt unbedingt rausposaunen?« dachte die Läuferin grimmig.

Als sie sich verstohlen umsah bekam sie die Bestätigung für die, von ihr erwartete Reaktion.

Einige Schüler tuschelten miteinander und Kimiko warf ihr einen kalten Blick zu.

»Was tust du mir nur an, Michi«, fragte sie sich,

»Da wird noch so einiges auf uns zukommen.«
 

Michiru saß am Küchentisch und studierte den, von ihr zusammengestellten, Einkaufszettel.

Ob sie nun aus Mitleid, falschem Schuldgefühl oder noch einem anderen Grund hiergeblieben war, hatte sie aufgegeben sich zu fragen.

Tatsache war, daß Haruka verletzt war und Michiru angeboten hatte, ihr zu helfen, solange es nötig war. Und genau das würde sie auch tun - egal wie unfreundlich die Blondine auch immer sein mochte.

Was Michiru einmal angefangen hatte, das würde sie auch beenden. In dieser Hinsicht war sie genauso dickköpfig, wie Haruka.

Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, daß es bereits nach zwölf war.

"Zeit für ihre Medikamente", murmelte sie.

Sie holte die Tabletten und füllte ein großes Glas mit Wasser.

Ein wenig mulmig war ihr schon bei dem Gedanken, Haruka jetzt wieder gegenüber zu treten.

Aber es half nichts. Da mußte sie jetzt durch.

Sie holte nocheinmal tief Luft und ging dann entschlossenen Schrittes Richtung Schlafzimmer. Vor der Tür jedoch, gewann die Unsicherheit wieder Oberhand und sie hielt inne.

»Was, wenn sie wirklich sauer auf mich ist?« fragte sie sich,

»Oder wenn sie wieder Streit anfängt? Was, wenn ich ihr lästig bin?«

Dann jedoch schüttelte sie den Kopf.

»Nein! Vielleicht mag sie mich nicht besonders, aber sie hasst mich auch nicht. Und auch wenn sie vorhin so gemein war - wirklich rausgeworfen hat sie mich nicht.«

Sie zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen und betrat ohne weiteres Zögern das Schlafzimmer.

Und schon Bruchteile einer Sekunde später traf sie fast der Schlag.

Haruka hatte wohl nach etwas anderem zum anziehen gesucht und dabei fast die Hälfte der noch im Schrank vorhandenen Kleidung auf dem Fußboden verteilt. Auch die Zeitschriften waren größtenteils wieder im gesamten Raum verteilt.

Haruka saß, in einem grauen Jogginganzug gekleidet, Play Station-spielenderweise, mitten auf ihrem Bett, umgeben von Unmengen Süßigkeiten, Chipstüten und mindestens einer halben Millarde Krümel.

Aus den Kopfhörern, welche sie trug, schlug Michiru - ihrer Meinung nach noch immer unerhört laut - eine derart grausame Musik entgegen, daß ihr dazu nur noch der Begriff `jedes bißchen Verstand beleidigender Krach´ einfiel.

Natürlich bemerkte die Blondine sie nicht.

Also stellte Michiru das Glas Wasser auf den Nachttisch und zog Haruka dann kurzerhand die Kopfhörer weg.

"Heee", protestierte diese sofort, aber als sie Michiru sah, verstummte sie gleich wieder.

Michiru stand da, mit vor der Brust verschrenkten Armen, tippte immer wieder mit dem Zeigefinger auf ihren Oberarm und sah Haruka strafend an. Irgendwie erinnerte sie Haruka an ihre Mutter, immer, wenn sie - als der kleine Rabaucke, der sie ja schon immer gewesen war - mal wieder etwas ausgefressen hatte.

Haruka konnte nicht verhindern, daß Michiru´s Ausstrahlung ihr im Moment eine gehörige Portion Respekt einflößte, was sie natürlich total verunsicherte.

"Was ist?" war alles, was sie - ein wenig patzig - hervorbrachte.

Michiru sah sie weiterhin strafend an.

"Was glaubst du eigentlich, was du da machst?" fragte sie schließlich lauernd.

Haruka sah auf das Pad in ihrer Hand und dann auf die Reste ihrer Süßigkeitenorgie.

Ihr Blick wanderte über Schokoladenflecke auf der Bettwäsche, Unzen von Krümeln und eine umgefallene Colaflasche, aus welcher es noch fleißig auf den Boden tropfte.

Sie sah Michiru wieder an.

"Und?" fragte sie ahnungslos.

Jetzt verlor Michiru die Geduld.

"Das fragst du noch?", war sie fast fassungslos,

"Du weißt allen Ernstes nicht, was los ist? Sieh dich doch mal um!"

"Hab ich doch gerade", gab Haruka unwissend zurück.

Michiru gab einen undefinierbaren Laut von sich.

Dann holte sie tief Luft und stellte sich erhobenen Hauptes vor die Blondine.

"Ten´ou Haruka", sagte sie in einem Tonfall, welcher Haruka schwer an den einer Lehrerin ihrer letzten Schule erinnerte,

"Du bist absolut unmöglich! Der Arzt hat dir Bettruhe und Schonung verordnet und was machst du? Du feierst eine Ein-Mann-Party und verwandelst das Zimmer in weniger als drei Stunden zu einem absoluten Saustall! Schau dir die Schweinerei auf dem Bett an. Willst du darin etwa schlafen?"

Haruka sah erneut auf die Krümelberge in ihrem Bett.

"Das sind doch nur Krümel", sagte sie unschuldig,

"Die sind schnell beseitigt."

Dabei wischte sie mit der Hand eine große Ladung Krümel vom Bett.

"Siehst du? Kein Problem!" grinste sie Michiru an.

"Denkst du?" schimpfte diese und zog mit viel Schwung die Decke vom Bett.

Die Krümel wirbelten durch die Luft und segelten in einem knusprigen Niederschlag auf Haruka herab.

"Iiih", protestierte selbige,

"Was für eine Sauerei!"

"Ach nee", grinste Michiru ironisch,

"Meine Worte!"

Haruka sah sie an.

Eigentlich war sie wütend.

Michiru hatte sie, ihrer Meinung nach, in ihrer Privatphäre gestört, aber wie das türkishaarige Mädchen so dastand und sie vorwurfsvoll anblickte, konnte sie sich ein Grinsen nur schwer verkneifen.

»Sie ist so süß«, schoss es ihr durch den Kopf.

Dieser Gedanke jedoch schaffte es, den Drang nach einem Grinsen zu verdrängen.

Und da sie sich nun absolut nicht sicher war, wie sie reagieren sollte, entschied sie sich für den neutralen Mittelweg.

"Ich hab da wohl ein ganz schönes Chaos veranstaltet, was?" fragte sie schuldbewußt.

Michiru zögerte.

Eigentlich hatte sie jetzt ein heftiges Wortgefecht erwartet, vonwegen `das ist meine Wohnung. Hier mach ich, was ich will. Du kannst ja gehen, wenn es dir nicht passt´. Nun mußte sie erst einmal einen Moment überlegen.

Dann jedoch lächelte sie und sagte:

"Hast du wirklich. Aber es gibt nichts, was sich nicht wieder in Ordnung bringen lässt."

Haruka verstand und versuchte langsam aufzustehen.

Michiru griff ihr sofort unter die Arme und half ihr langsam ins Wohnzimmer.

"Geht schon", befreite die Blondine sich vorsichtig, aber bestimmt von Michiru,

"Ich muß nur langsam gehen."

Diese sah ihr einen Moment etwas enttäuscht nach, dann jedoch holte sie das Wasserglas und die Tabletten und folgte der Blondine.

Haruka saß mittlerweile auf der Couch.

Michiru stellte ihr das Glas vor die Nase und hielt ihr die Medikamente hin.

"Hier. Da sind starke Schmerzmittel bei. Trink also genügend Wasser."

Haruka nahm beides - die Tabletten und das Glas Wasser - und konnte sich ein `ja Mama´ nicht verkneifen, bevor sie das Glas an ihre Lippen setzte.

Michiru sah sie fassungslos an.

Haruka jedoch zeigte keinerlei Regung.

Auch nicht, als sie das Glas wieder auf den Tisch stellte.

»Hoffnungslos«, dachte sie, schüttelte den Kopf und sagte:

"Ich geh dein Bett neu beziehen. Du kannst dich bestimmt allein beschäftigen."

"Immer", kam es in einem seltsam, neckischen Tonfall zurück.

Michiru reagierte gar nicht mehr darauf und ging ins Schlafzimmer.

Haruka griff sich eine Zeitschrift und versuchte, es sich so bequem wie möglich zu machen. Erfreut stellte sie dabei fest, daß die Schmerzmittel eine sehr gute, schnelle Wirkung zeigten.

Nach einer kleinen Weile kam Michiru zurück und nahm ihr gegenüber in einem Sessel Platz.

"So. Alles wieder sauber. Hast du irgendwelche bestimmten Wünsche, was das Essen angeht?"

"Meine Salzstangen sind alle. Da bräuchte ich neue. Und neue Erdnusslocken wären auch fein", kam es direkt zurück.

"Dummkopf", sagte Michiru streng,

"Ich rede von richtigem Essen. Reis oder Fisch. Von mir aus auch Suppe oder Pizza. Eben etwas, daß auch Nährwerte besitzt und nicht nur leere Kalorien."

Haruka zog die Augenbrauen hoch.

Michiru sah ihr an der Nasenspitze an, daß Haruka sich anscheinend überwiegend von Süßigkeiten und Fast Food ernährte.

"Lass nur", seufzte sie,

"Ich mach das schon. Sag mir einfach, was du absolut nicht magst und danach kann ich mich dann richten."

"Bohnen und Käse", kam es wie aus der Pistole geschossen.

Michiru war richtig überrascht wegen der klaren, schnellen Antwort.

"Na, da mußtest du ja nicht lange überlegen", lachte sie.

"Das muß ich nie", sagte Haruka wie beiläufig und konzentrierte sich wieder auf ihre Zeitschrift,

"Egal, in welcher Lage!"

Michiru hatte die kleine Stichelei zwar genau bemerkt, reagierte jedoch gar nicht darauf.

"Impulsiv wie ein kleines Kind", grinste sie stattdessen.

Empört sah Haruka von ihrer Zeitschrift auf, doch ein einziger Augenaufschlag Seitens Michiru, nahm ihr jeglichen Wind aus den Segeln.

Ein wenig zerknirscht sah sie wieder auf ihren Artikel.

Michiru erhob sich und brachte das Glas in die Küche.

Als sie wiederkam, fing sie an Staub zu wischen und zwischenzeitlich eine neue Ladung Wäsche in die Maschine zu werfen. Haruka schenkte diesem Anfall von Putzwahn keinerlei Beachtung und für Michiru schien die ganze Situation selbstverständlich zu sein.

So, als wäre es immer schon so gewesen.

Irgendwann, nachdem sie den Fernseher von einer Zentimeter dicken Staubschicht befreit hatte, bemerkte sie fast beiläufig:

"Ich werde Elza bitten hierzubleiben, solange ich einkaufen bin."

Haruka sah sie an.

Das schien ihr dann doch nicht zu gefallen.

"Ich brauche keinen Babysitter", sagte sie säuerlich,

"Bis gestern war ich auch immer allein!"

"Bis gestern warst du auch gesund", widersprach Michiru,

"Aber im Moment brauchst du jemanden, der zur Not für dich da ist. Und zwar rund um die Uhr!"

"Ich brauche niemanden", wurde Haruka laut,

"Hör endlich auf mich zu bemuttern!"

"Jetzt halt aber mal endlich die Füße still", fuhr Michiru sie scharf an,

"Jeder andere würde mit deinen Verletzungen wahrscheinlich den ganzen Tag jammernd im Bett liegen und froh sein, wenn sich jemand um ihn kümmert. Du beißt stattdessen die Zähne zusammen und zeigst vor meinen Augen nicht das geringste bißchen Schwäche. Aber auch, wenn du sie nicht zeigst - du hast Schmerzen und brauchst Pflege! Wenn du weiterhin so unvernünftig sein willst... Bitte! Ich werde dich nicht daran hindern, aber verlange nicht von mir, daß ich genauso unvernünftig bin. Ich lasse dich nicht allein und damit Basta!"

"Du bist echt nicht auszuhalten, weißt du das?", gab die Blondine ein wenig gereizt von sich und stand umständlich auf,

"Mach doch, was du willst. Ich jedenfalls werd mich in mein Bett verziehen und Musik hören."

Sie hinkte Richtung Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich.

"Das ist doch schonmal ein kleiner Anfang", murmelte Michiru und machte sich zufrieden wieder an ihre Arbeit.
 

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Fortsetzung folgt...

Haruka und Elza

Eine Kleinigkeit zu Weihnachten.

Ob das Kapitel gefällt oder nicht...naja... ^^'

Schreibfehler und Sonstiges bitte zu entschuldigen - ich hatte irgendwie keine Lust Korrektur zu lesen. *hüstel*
 

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Elza stand vor einem der drei großen Wolkenkratzer im Infinity Poldern und sah unschlüssig an dem Riesen hoch.

Hier wohnte sie also.

Man hatte ihr Haruka´s Adresse zusammen mit den Aufgaben für ihre beiden Freundinnen gegeben.

Elza überlegte.

Konnte sie Haruka überhaupt als Freundin sehen?

Anfänglich waren sie zwar sehr gut miteinander ausgekommen, aber seit da diese Sache mit Michiru lief, stellte sich die Blondine auch ihr gegenüber ziemlich stur. Das rothaarige Mädchen blickte auf die Unterlagen in ihrer Hand und dann auf die Klingeln.

»Ten´ou«

Da stand es.

Elza mußte daran denken, wie sie das erste Mal gegen das blonde Mädchen gelaufen war.

Sie war etwas besonderes - das hatte Elza gleich gespürt. Und als Haruka mühelos an ihr vorbeizog und sie einfach abhängte, da war sie sich sicher gewesen.

Dieses Mädchen würde eine wichtige Rolle in Elza´s Leben spielen.

Was für eine Rolle, darauf wäre sie damals jedoch nicht gekommen. Elza hatte geglaubt, all ihr Können und ihren Ehrgeiz von nun an ins Training zu hängen, um gut genug zu werden. Gut genug, um irgendwann wieder gegen Haruka laufen - und sie schlagen zu können.

Das dieses Mädchen fester Bestandteil ihres täglichen Lebens werden würde, damit hatte Elza nicht gerechnet. Und noch viel weniger damit, daß diese ihrer besten Freundin nachstellen würde.

Ihr kam der Streit vom Vortag in den Sinn.

Wie sehr die beiden sich angeschrien hatten, die vielen Vorwürfe und letzten Endes die bösen Beleidigungen.

Und nun saß Michiru da oben und spielte Krankenschwester für den Menschen, den sie angeblich am meisten verachtete und mit dem sie nie wieder etwas zu tun haben wollte.

"Verdrehte Welt", murmelte Elza und betrat das Hochhaus.

Nachdem sie - wie ihr vorkam - unendlich lang mit dem Lift gefahren war und vor Haruka´s Wohnungtür nochmals kurz gezögert hatte, klingelte sie.

Es dauerte nicht lange und Michiru öffnete ihr.

"Ich bin dir ja so dankbar, Elza. Komm doch rein", überfiel diese das rothaarige Mädchen gleich.

Ein wenig zögerlich kam Elza der Aufforderung nach.

Suchend sah sie sich um und als sie sich Michiru gegenüber im Wohnzimmer niederließ fragte sie:

"Wo ist sie?"

"Haruka?" fragte Michiru, erkannte aber sogleich, wie dumm die Frage war,

"Entschuldige Elza. Ich steh ein wenig neben mir. Sie ist im Bett. Wahrscheinlich schläft sie."

Elza nickte.

Sie schien nicht so genau zu wissen, wie sie mit der Situation umgehen sollte.

"Ist sie jetzt wenigstens freundlich zu dir?" fragte sie schließlich, eigentlich nur, um überhaupt etwas zu sagen.

Michiru lachte.

"Naja, `freundlich´ wäre wohl ein bißchen zuviel gesagt, aber wir streiten nicht unentwegt", erklärte sie Elza,

"Eigentlich kommen wir ganz gut miteinander aus, solange ich von uns nicht in der `wir Form´ rede und ihr nicht sage, daß sie Hilfe braucht. Erst vorhin haben wir wieder gestritten, weil ich sagte, daß du solange hierbleibst, wenn ich zum einkaufen gehe. Ich meine, du mußt doch zugeben, daß..."

"Moment mal! Pause! Cut!!!" Elza war aufgesprungen und vollzog mit ihren Händen das Aus-Zeichen.

Michiru sah sie fragend an.

Elza setzte sich wieder und sah sie forschend an.

"Sagtest du grade, ICH soll hier die Krankenschwester spielen, solange du gemütlich durch die Läden schlurfst und dir einen schönen Nachmittag machst?"

"Es handelt sich hier nicht um einen Einkaufsbummel, sondern um einen dringend nötigen Großeinkauf. Haruka scheint sich überwiegend von Leckereien zu ernähren, denn außer einem Schälchen Erdbeeren, ein paar Bananen und einer Packung Müsli hat sie leider absolut keine Lebensmittel im Haus. Und da wir ja etwas frühstücken mußten, ist jetzt nur noch ein wenig Müsli da..."

Erneut unterbrach Elza ihre Freundin.

"Ich sollte euch die Unterlagen bringen", sagte sie,

"Aber es war nie die Rede davon, daß ich hier den Babysitter spielen soll. Dazu habe ich nämlich weder Zeit noch Lust!"

Michiru seufzte tief und lehnte sich in die Polster zurück.

"Warum seid ihr Sportler nur alle so hitzköpfig?" sagte sie und irgendwie klang es gleichzeitig resignierend, alsauch arrogant,

"Haruka sagte auch, sie bräuchte keinen Babysitter. Richtig sauer ist sie geworden. Dabei redet hier niemand von Babysitting! Es ist doch nur zur Sicherheit, falls etwas passiert."

"Was kann ihr im Bett schon großartig passieren?" fragte Elza etwas aufgebracht,

"Und außerdem - wenn sie mich nicht hier haben will, dann werde ich auch ganz sicher nicht bleiben. Es reicht mir schon, daß ihr Beide euch ständig streitet. Da muß ich mich ganz sicher nicht einreihen."

"Wieso Streit?" war Michiru etwas verwirrt,

"Sie hat doch gar keinen Grund, mit dir zu streiten. Außerdem mag sie dich."

"Aber sie will mich nicht hier haben - das hast du doch gerade selbst gesagt", beharrte Elza,

"Ich bleibe nicht gegen ihren Willen in ihrer Wohnung."

"Elza bitte", sagte Michiru fast flehendlich.

Sie rutschte etwas auf der Couch vor und griff nach den Händen ihrer Freundin.

"Bitte", sagte sie nochmals leise,

"Sie muß es ja gar nicht wissen. Du bleibst hier im Wohnzimmer. Im Augenblick schläft sie sowieso. Es ist doch nur, falls irgendetwas passieren sollte. Sie ist im Moment so hilflos wie ein Kleinkind. Bitte Elza..."

"Lass diesen Dackelblick", drohte Elza, wobei sie aber schon grinsen mußte,

"Mensch Michi. Irgendwann bringst du mich noch in Teufels Küche mit diesem Blick. Damit wickelst du mich doch immer wieder um den Finger. Hat diesem Blick eigentlich schon jemals wer widerstanden?"

Michiru lachte:

"Nicht in den ganzen 17 Jahren meines Lebens."

Dann zog sie sich hektisch die Jacke ihrer Schuluniform über, rannte in die Küche um den Einkaufszettel zu holen, suchte nach einem Wohnungsschlüssel und schlüpfte in ihre Schuhe.

"Danke Elza", flötete sie dabei,

"Ich verspreche dir, mich zu beeilen. Wie gesagt, nur für alle Fälle."

Sie grinste und verließ die Wohnung.

Kurz bevor sie die Tür schließen konnte jedoch, rief Elza nochmal nach ihr.

Michiru blickte sie abwartend an.

"Du solltest deinen Blick mal bei ihr versuchen", sie deutete Richtung Schlafzimmertür,

"Vielleicht wird sogar sie dadurch noch weich."

Beide lachten und schon im nächsten Moment war Elza allein.
 

Michiru hatte wirklich nicht zuviel versprochen.

In nur zwei Stunden hatte sie alle Einkäufe erledigt und schleppte jetzt vier ziemlich schwere Taschen zu sich nach Hause. Dort würde sie schnell ein paar Sachen zusammen packen und hoffen, daß ihr Vater daheim war, um sie mit dem Auto zu fahren.

Doch schon, als sie das Haus von weitem sah, zerschlug sich ihre Hoffnung. Der Wagen ihres Vaters stand nicht vor dem Haus.

"Na toll", murmelte sie,

"Jetzt muß ich wie ein Packesel Bus fahren."

Als sie alle Tüten ins Haus geschleppt und die Tür wieder geschlossen hatte, sank sie geschafft zu Boden.

"Man. Das Zeug ist auf Dauer fast so schwer wie Haruka."

Gerade als sie sich ein wenig erholt und wieder erhoben hatte, kam ihre Mutter die Treppe herunter.

"Michi", rief sie, als sie die vielen Tüten sah,

"Was ist passiert? Wo ist Haruka?"

"Ganz ruhig", beruhigte das Mädchen ihre Mutter,

"Sie liegt zu Hause im Bett und Elza ist bei ihr. Ich mußte einkaufen. Stell dir vor - sie hat fast nur Süßigkeiten im Haus."

Michiru´s Mutter schmunzelte.

"Wenn ihre Wohnung jetzt noch einem Schlachtfeld gleicht, dann komme ich doch noch in Versuchung, einen Jungen in ihr zu sehen."

Michiru zog die Augenbrauen hoch.

"Du hast recht", sagte sie nachdenklich,

"Sie ist wirklich ein Junge. In jeder Hinsicht - außer biologisch natürlich."

»Ob sie es hasst, ein Mädchen zu sein und wirklich lieber ein Junge wäre? Das soll es ja geben...«

Sofort jedoch verwarf sie ihre Gedanken wieder, denn ihre Mutter verlangte ihre Aufmerksamkeit.

"Ich habe dir ein paar Sachen zusammengepackt, Michi", sagte sie,

"Du brauchst schließlich etwas zum anziehen."

"Du bist die Beste", strahlte Michiru ihre Mutter an,

"Dann kann ich ja direkt den nächsten Bus nehmen."

"Mit diesem ganzen Zeug willst du Bus fahren?" war Mrs. Kaioh überrascht.

"Was bleibt mir denn übrig?" fragte Michiru,

"Laufen wäre Wahnsinn."

"Du nimmst natürlich ein Taxi", sagte ihre Mutter bestimmt,

"Das Geld dafür gebe ich dir."

"Danke Mum", seufzte Michiru.

Sie war ihrer Mutter wirklich dankbar.

Der Einkauf war doch anstrengender gewesen, als sie gedacht hatte und wenn sie ehrlich war, machte sie sich auch ein wenig Sorgen.

Wenn Haruka nun bemerkt hatte, daß sie Elza da gelassen hatte und mit dieser tatsächlich einen Streit anfing. Am Ende wären sie Beide sauer auf Michiru.

Als ihre Mutter mit etwas Geld wiederkam fragte diese:

"Soll ich dir sofort ein Taxi rufen, oder trinkst du noch einen Tee mit mir?"

"Sei mir nicht böse, Mum", entschuldigte das Mädchen sich,

"Aber ich möchte Elza nicht so lang mit Haruka allein lassen. Außerdem muß sie ja auch noch Hausaufgaben machen und vielleicht noch trainieren."

"So so", grinste Mrs. Kaioh,

"Du willst sie also nicht so lange allein lassen? Eifersüchtig?"

"Nein, Mum", seufzte Michiru,

"Haruka ist nur eine Freundin. Und außerdem nicht gerade pflegeleicht und das will ich Elza nicht antun."

Mrs. Kaioh grinste nur weiterhin, drehte sich zum Telefon und rief ein Taxi.
 

Bereits zehn Minuten später traf der bestellte Wagen ein.

Nachdem alle Taschen verstaut waren, verabschiedete sich Michiru von ihrer Mutter.

"Danke Mama", lächelte sie und umarmte sie.

"Schon gut, Engelchen", gab ihre Mutter zurück,

"Pass auf dich auf und bestell Haruka gute Besserung von mir."

"Mach ich", rief Michiru noch beim Zuschlagen der Autotür.

Michiru gab die Adresse an und der Fahrer gab Gas.

Die ganze Fahrt über war Michiru ziemlich unruhig. Irgendwie war da ein ungutes Gefühl, welches von Minute zu Minute wuchs.

Vielleicht hätte sie Elza doch nicht bei Haruka lassen sollen?

Als das Taxi vor dem Wohnturm hielt, lagen Michiru´s Nerven blank. Hektisch bezahlte sie den Fahrer und schleppte die Taschen ins Haus. Der Fahrstuhl brauchte ewig und Michiru war versucht, böse Flüche über die Technik auszustoßen.

Nervös tänzelte sie von einem Bein aufs andere.

Haruka war bestimmt aufgestanden.

Die verordnete Bettruhe hatte sie sowieso von Anfang an wenig interessiert. Sie langweilte sich im Bett. Und wenn sie wirklich aufgestanden war, dann war sie auf Elza getroffen.

"Was hast du da bloß angerichtet?" murmelte sie und stieß einen erleichterten Seufzer aus, als der Lift endlich hielt.

Sie stellte die Einkaufstaschen vor die Tür und kramte nach dem Schlüssel. Mittlerweile war sie so nervös, daß sie Probleme hatte, das Schlüsselloch zu finden. Nachdem die Tür endlich aufschwang und Michiru die Tüten schnell in die Wohnung befördert hatte, lief sie schnell ins Wohnzimmer.

Es war leer.

"Elza?" rief Michiru.

Das einzige jedoch, was zu hören war, war laute Musik aus Haruka´s Schlafzimmer.

Sie ging einige Schritte weiter ins Wohnzimmer hinein und lauschte.

"Elza?" rief sie dann nochmal.

Diesmal in Richtung Küche.

Keine Antwort.

»Bestimmt hat Haruka Streit mit ihr angefangen und sie ist einfach gegangen«, schoss es ihr durch den Kopf.

Sie sah sich um.

Die Unterlagen stapelten sich auf dem Tisch, doch von Elza´s Sachen war nichts zu sehen.

"Spinnst du? Mach keinen Scheiß", schallte Elza´s Stimme da zwischen den schrecklichen Tönen aus der Stereoanlage an Michiru´s Ohr.

"Jetzt bist du dran! Ich mach dich fertig", gleich darauf Haruka´s Stimme.

»Mist«, dachte Michiru und sprintete los,

»Ich hätte sie nicht allein lassen dürfen!«

Sie stieß die Schlafzimmertür auf und blieb im nächsten Moment wie angewurzelt stehen.

"Ich traue meinen Augen nicht", murmelte sie vor sich hin.

In diesem Augenblick entdeckte Elza sie.

"Hallo Michi", rief sie,

"Schon zurück?"

Auch Haruka sah sie nun an.

Erst war Michiru total erstarrt, dann jedoch verfinsterte sich ihre Miene.

"Oh-oh...", machte Haruka, als sie sah, wie es in Michiru zu brodeln begann.

"Was glaubt ihr eigentlich, was ihr da macht?" polterte diese da auch schon los,

"Ich denke, ihr kratzt euch gegenseitig die Augen aus, mach mir totale Sorgen und mein Gewissen bringt mich um, weil ich euch einfach allein gelassen hab und ihr...ihr sitzt einfach da und...und...argh!"

Sie drehte sich um und marschierte schnurstracks zurück ins Wohnzimmer.

Elza sah Haruka fassungslos an.

"Wir haben doch nur Play Station gespielt", murmelte sie,

"Warum ist sie so sauer?"

Haruka deutete mit dem Finger Richtung Fußboden, auf welchem sie saßen.

Elza´s Blick wanderte über die Reste der Pizza aus dem Kühlschrank, unzählige Play Station Spiele, leeres Schokoladenpapier - und Chipstüten. Einen zertretenen Cookie, ebenso zertretene Chips und unzählige andere Krümel und mehr oder weniger plattgetretene Leckereien.

Alles wunderschön auf dem hellblauen Teppich verteilt und mittendrin sie Beide.

"Wir haben wohl ein wenig Unordnung gemacht?" grinste Elza verlegen.

Haruka grinste nicht minder verlegen.

"Besonders tragisch, daß ich gestern schon ein solches Chaos angerichtet habe."

"Oh-oh", kam es nun von Elza,

"Und was machen wir jetzt?"

Haruka überlegte kurz, dann zuckte sie mit den Achseln.

"Weiter spielen. Sie wird sich schon beruhigen."

Sie klopfte Elza zuversichtlich auf die Schulter und widmete sich wieder dem Spiel.
 

Michiru hatte die Einkäufe in die Küche gehieft und begab sich wütend ans auspacken.

Da hatte sie sich selbst die schlimmsten Vorwürfe gemacht, daß sie Elza trotz Haruka´s eindeutiger Abneigung, heimlich zum aufpassen da gelassen hatte und was taten sie?

Sie freundeten sich binnen kürzester Zeit an.

Und was noch viel schlimmer war, sie hatten das bereits zweimal aufgeräumte Schlafzimmer in ein erneutes Schlachtfeld verwandelt.

Michiru gab sich so viel Mühe und Haruka zeigte nicht das geringste bißchen Dank.

"Warum ist sie so gemein? Ich verlange ja nichts, nur Freundlichkeit und ein kleines bißchen Anerkennung für das, was ich tue. Warum kann sie mit Elza so frei umgehen und mit mir nicht?" murmelte sie sauer.

Im nächsten Moment riss sie den Kopf nach oben und starrte ins Leere.

»Oh nein! Ich bin doch nicht etwa wirklich eifersüchtig?«

"Nein. Das ist keine Eifersucht. Es ist doch völlig normal, daß ich von ihr genauso behandelt werden will, wie sie Elza behandelt - nach allem, was ich hier für sie tue."

Und schon im nächsten Moment wurden ihre Gedanken von einer sensationellen Idee verdrängt.

Ihr Blick hellte sich auf, ein Lächeln erschien auf ihren Lippen, welches aber bald zu einem zufriedenen Grinsen mutierte. Schnell packte sie die restlichen Einkäufe aus und machte sich an die Arbeit.
 

"Und du meinst das wirklich ernst?" fragte der Junge mit den blondierten Haaren.

"Wenn ichs dir doch sage, Tetsuro. Erst neulich hat Kaioh-san gesagt, wie schade sie es findet, daß nur ein Mädchen Manns genug ist, sich an sie heranzumachen. Sie meinte, es würde ihr zwar sehr schmeicheln, daß dieses Mädchen Haruka sei, aber viel lieber wäre es ihr, wenn der Captain der Fußballmannschaft Interesse an ihr hätte und der bist ja wohl du!?"

Das Mädchen mit dem Pferdeschwanz tippte mit dem Zeigefinger wiederholt gegen die Schulter des Jungen.

"Kaioh-san mag mich wirklich?" fragte dieser begreifend,

"Ich hatte immer gedacht, daß sie mich überhaupt nicht wahrgenommen hat. Nie habe ich mich getraut, sie anzusprechen. Und jetzt sowas..."

Er blickte das Mädchen vor sich an.

"Und sie will ganz sicher nichts, von Ten´ou-kun? Ich meine, laut aktuellem Schulhofklatsch, haben die Beiden doch angeblich was miteinander."

"Du kannst mir glauben, Tetsuro", versicherte sein Gegenüber,

"Ich habe mit eigenen Ohren gehört, wie Kaioh-san das gesagt hat und ich kann dir aus sicherer Quelle versichern, daß Haruka sich `auf diese Weise´ nur an einem einzigen Mädchen interessiert."

Tetsuro´s Augen wurden groß.

"Du willst mir doch nicht etwa sagen, daß DU mit dieser Ten´ou zusammen bist?"

Er grinste sie schief an.

Das Mädchen grinste ebenfalls und zwirbelte mit den Fingern an ihren schwarzen Haaren. Testuro stieß sie freundschaftlich in die Seite und zwinkerte.

"War klar, daß mein Schwesterchen sich so eine Gelegenheit nicht entgehen lässt. Ten´ou-kun ist schon richtig berühmt, wegen ihrer sportlichen Leistungen und Geld hast du ja schon immer als besonders sexy empfunden."

"Du hast vergessen, wie gut Haruka-chan zu alledem auch noch aussieht. Ich finde ihre männliche Art auch ohne ihr Geld einfach total sexy!"

Seine Schwester grinste.

"Mit Haruka an der Seite braucht man sich auch nicht dafür zu schämen, mit einem Mädchen auszugehen."

"Und wie siehts mit mehr aus?" fragte Tetsuro neckend,

"Ich meine, Sex mit ner Frau ist schließlich was ganz anderes, als der mit den Hechten, die du dir sonst angelst."

"So weit sind wir noch nicht", gab das Mädchen zu,

"Aber mit ihr wird es sicher eine Wahnsinns Erfahrung. Ich muß sie nur davon überzeugen, daß sie in dieser Stadt keine bessere als mich finden kann!"

"Ahh...", verstand der Junge,

"Sie weiß also noch nichts von ihrem Glück."

"Das wird sich ändern, sobald sie wieder zur Schule kommt", grinste seine Schwester ihn an,

"Sie wird mir nicht widerstehen können!"

"Daran habe ich nicht die geringsten Zweifel", grinste nun auch Tetsuro wieder,

"Gegen dich kommt niemand an."

"Ganz recht", erklang es selbstbewußt,

"Kurakawa Kimiko bekommt immer, was sie will!"
 

"Shit", fluchte Elza und warf das Pad von sich,

"Gegen dich hat man ja gar keine Chance. Es macht keinen Spaß, immer nur zu verlieren!"

Haruka grinste.

"Tja, wer mich schlagen will, der muß sich echt anstrengen."

"Ja", murmelte Elza,

"Es reicht dir wohl nicht, daß du mich bei jedem Lauf um Längen schlägst. Jetzt machst du mich sogar beim spielen absolut nieder."

"Nimms locker", sagte Haruka,

"Ich bin halt einfach nur besser im Training als du. Wenn du fleißig übst, dann schaffst du es bald schon, wenigstens mal ein Spiel gegen mich zu gewinnen."

Sie brach in Gelächter aus, welches jedoch schnell in ein schmerzhaftes Wimmern überging. Sie hielt sich die Rippen und jaulte irgendwelche Flüche vor sich her.

Nun war es an Elza, zu lachen.

"Oh! Hat diese böse, kleine Prellung unserer

Miss-ich-bin-nicht-zu-schlagen etwa den Hahn abgedreht?"

"Kann lachen wirklich so wehtun?" fragte Haruka jammernd.

"Wie´s scheint", grinste Elza, was auch Haruka wieder zum lachen brachte.

"Falls ihr Hunger habt - das Essen ist fertig", erklang es da von der Tür her.

Haruka, alsauch Elza sahen sie erstaunt an.

"Du...hast gekocht?" brachte Haruka schließlich hervor.

"Natürlich", lächelte Michiru,

"Irgendetwas mußte ich ja tun und da wir heute alle noch kein warmes Essen hatten, habe ich halt schnell eine Kleinigkeit zubereitet."

"Hast du Hunger?" fragte Haruka an Elza gewandt und diese grinste.

"Immer", sagte sie,

"Und wie siehts mit dir aus?"

"Dito", lachte Haruka und nachdem sie sich, mehr oder weniger elegant, vom Boden erhoben hatte, folgten sie und Elza Michiru in die Küche.

"Hey! Das riecht gut", flötete Elza direkt los,

"Was gibts denn Feines?"

"Zuerst mal eine schöne Frühlingssuppe", lächelte Michiru und stellte den dritten, gefüllten Teller auf den Tisch.

Die beiden Sportlerinnen setzten sich und begannen zu essen.

"Wow", entfuhr es Haruka,

"Das schmeckt viel besser, als das Instantzeug, das ich immer kaufe. Von welcher Firma ist die Suppe?"

Michiru legte ihren Löffel beiseite und tupfte sich mit einer Serviette die Mundwinkel ab.

"Das Patent für dieses Rezept liegt bei der Firma `Kaioh&Gemüsehändler´ ", antwortete sie ein wenig gehoben,

"Der Gemüsehändler liefert die Zutaten und ich mache daraus die Suppe. Anfragen und Bestellungen bitte in meinen Schulspint werfen oder einfach essen, bevor es kalt wird!"

Bereits bei ihren eigenen Worten hätte Michiru lauthals loslachen können, doch als sie nun die dümmlichen Gesichter von Haruka und Elza sah, hätte sie sich am liebsten zu Boden geworfen vor lachen.

Dennoch riss sie sich zusammen, nahm ihren Löffel wieder zur Hand und aß weiter.

Die beiden Anderen starrten sie weiterhin sprachlos an.

Nach einigen Löffeln voll Suppe konnte Michiru sich das Grinsen jedoch nicht mehr verkneifen.

"Ihr glotzt wie die Schafe", seufzte sie belustigt,

"Alles was ich euch sagen wollte war, daß die Suppe mein eigenes Rezept ist und ihr sie essen solltet, bevor sie kalt wird."

Jetzt schienen Beide zu begreifen, denn ihre Gesichter nahmen wieder menschliche Züge an und Elza löffelte gleich darauf fröhlich die Suppe in sich hinein.

Haruka sah Michiru noch einen Moment lang nachdenklich an. Dann aß auch sie weiter.

Nachdem die Vorsuppe verspeist war, stellte Michiru die Teller in die Spüle und brachte stattdessen Reisbällchen, Sushi, Garnelen und drei verschiedene Soßen auf den Tisch.

"Du willst mir doch wohl nicht sagen, daß du das auch alles selbst gemacht hast?" fragte Haruka irritiert.

"Habe ich! Was dagegen?" flötete Michiru und stellte beiden Mädchen je ein Schälchen Salat vor die Nase.

"Für dich, Elza, mit Oliven - weil du die ja so magst - und für dich...", sie sah Haruka an,

"...ohne Käse."

Sie lächelte.

Als sie auch ihren Salat holte murmelte Haruka:

"Du hast es nicht vergessen?"

"Natürlich nicht", lachte Michiru während sie sich setzte.

Haruka zuckte zusammen, denn eigentlich hatte sie diese Worte gar nicht laut aussprechen wollen.

Elza kaute bereits an einem Reisbällchen und schmatzte mit vollen Backen:

"Michiru vergißt nie etwas. Wenn du vergesslich bist, wende dich an sie. Sie kann dir selbst in Jahren noch sagen, was wohl jeder andere vergessen hätte."

Haruka´s Blick wanderte wieder zu Michiru.

»Ob sie wirklich gar nichts vergisst?«

Der Gedanke gefiel der Blondine irgendwie überhaupt nicht, also konzentrierte sie sich aufs Essen.

Je mehr sie aß, desto mehr fragte sie sich auch, wann sie zum letzten Mal so gut gegessen hatte.

Ihre Ernärung bestand hauptsächlich aus Süßigkeiten, Kuchen, Instant - und Fast Food. Hin und wieder schnappte sie sich auch mal etwas Obst, aber meist nur, wenn ohne größere Mühe nichts anderes erreichbar war.

Salat zumindest hatte sie schon ewig nicht mehr gegessen.

Obwohl sie Salat liebte. Aber sie war einfach zu ungeschickt, um welchen zu machen.

»Blödsinn«, grinste Haruka innerlich,

»Du bist nicht ungeschickt, sondern faul! Obwohl...«

Sie überlegte.

»...ein vernünftiges Dressing würde ich bestimmt nicht hinkriegen...«

So vor sich hin sinnierend bemerkte Haruka nicht, wie sehr sie ihre Gedanken durch ihre Mimik nach außen trug.

Erst als Michiru sie ansprach bemerkte sie, daß Beide sie ansahen.

"Stimmt irgendwas nicht?" fragte Michiru,

"Du schaust so seltsam. Stimmt was mit dem Essen nicht?"

"Nein", widersprach Haruka schnell,

"Es schmeckt alles wunderbar. Wirklich!"

Sie stopfte sich ein Reisbällchen in den Mund und wäre im nächsten Moment fast erstickt.

Als sie endlich wieder Luft bekam und den Rest Reis mit einem Schluck schwarzen Tee hinuntergespült hatte, grinste sie kurz verlegen und murmelte:

"Entschuldigung."

Schmunzelnd sah Michiru zu, wie die Blondine sich wieder dem Essen widmete.

Auch Elza langte kräftig zu.

Michiru hatte nie ein Mädchen so viel wie Elza futtern sehen, doch das sollte sich heute ändern.

Haruka stellte Elza´s Rekord, auch beim futtern, in den Schatten. Eine ganze Weile stand Elza Haruka in nichts nach - weder, was die Menge, noch die Geschwindigkeit anging - doch irgendwann wurde sie zuerst langsamer und hörte schließlich ganz auf zu essen.

"Ich bin pappsatt", seufzte sie und lehnte sich zurück.

"Hat es denn geschmeckt?" wollte Michiru wissen.

"Was für eine Frage?" pustete Elza,

"Es war wie immer ein Gedicht!"

"Danke", lächelte Michiru ein wenig beschämt.

"Und wie hat es dir geschmeckt?" fragte sie an Haruka gerichtet, doch schon im nächsten Moment vergaß sie ihre Frage.

Die Blondine stopfte noch immer fröhlich alles in sich hinein und hatte nicht einmal mitbekommen, daß Michiru sie angesprochen hatte.

Erst als auch die letzten Reiskrümel und das letzte Salatblatt in Haruka´s Magen verschwunden war, lehnte sie sich zurück und seufzte zufrieden:

"Das war das beste Essen meines Lebens."

"Du bist eben nichts Gutes gewohnt", grinste Elza sie an.

"Was das Essen angeht, könntest du damit sogar Recht haben", grinste Haruka zurück.

"Dann solltest du mal mein Sashimi probieren", warf Michiru ein, während sie gleichzeitig anfing, den Tisch abzuräumen.

"Sashimi?" echote Haruka.

"Vergiss den Fisch", zog Elza die Aufmerksamkeit wieder auf sich,

"Du mußt mal eine ihrer Torten probieren. Oder ihr Teegebäck..."

Mit immer größeren Augen sah Haruka Michiru an.

"Du kannst auch backen? Und sogar Torten??"

"Natürlich", lächelte Michiru,

Ich habe schon als kleines Mädchen meiner Mum gerne in der Küche geholfen."

Haruka nickte und meinte:

"Für mich war die Küche immer Feindesland."

"Aber futtern kannst du gut", lachte Elza.

"Kein Kunststück", gab Haruka zu verstehen,

"Wenns so gut schmeckt! Aber jetzt bin ich absolut voll. Krieg keinen Krümel mehr runter."

"Na, wenn das so ist...", flötete Michiru geheimnisvoll und ging an den Kühlschrank,

"...dann muß ich die Karamelcreme wohl allein essen."

Sie holte ein Schälchen mit besagter Karamelcreme, Sahne und Schokosplittern hervor und präsentierte sie grinsend.

"Nachtisch bekomm ich immer runter", bekundete Haruka.

Michiru konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

Bevor sie jedoch verbal reagieren konnte, meldete Elza sich zu Wort.

"Platz hätte ich zwar auch noch, aber so langsam muß ich mal nach Hause. Ich habe nämlich noch Hausaufgaben zu machen und leider keine Schulschwänz - Erlaubnis so wie ihr."

"Ach ja... Verletzt zu sein hat auch seine Vorteile", sinnierte Haruka,

"Keine Schule, gutes Essen..."

"...Und Bettruhe", unterbrach Michiru sie,

"Nach dem Essen wirst du dich gleich wieder hinlegen."

"Muß das sein?" murrte Haruka genervt,

"Ich hab schon Druckstellen vom vielen liegen."

"Keine Widerrede", beharrte Michiru,

"Außerdem hast du wesentlich mehr Unordnung geschaffen, als im Bett gelegen."

"Touché", lachte Elza und sah Haruka an,

"Du mußt zugeben, daß sie Recht hat."

"Gar nichts hat sie", knurrte Haruka,

"Ich weiß selbst, was für mich am besten ist!"

"Entschuldige, daß ich daran meine Zweifel habe", brachte Michiru trocken hervor,

"Nach allem, was ich seit gestern gesehen habe."

"Ich hab dich nicht gebeten, Kindermädchen zu spielen", wurde Haruka gleich etwas lauter.

"Oh-oh. Dicke Luft", murmelte Elza,

"Ich mach, daß ich nach Hause komme."

Sie erhob sich und verließ schnellen Schrittes die Küche.

"Bis morgen, ihr Beiden", rief sie nochmal von der Wohnungstür aus, welche dann auch gleich darauf ins Schloss fiel.

"Siehst du?" murrte Haruka,

"Jetzt hast du sie verscheucht. Dabei hätte ich so gerne noch eine Runde mit ihr gespielt."

"Verscheucht hast einzig und allein du sie", erwiederte Michiru,

"Wenn du nicht bei jeder kleinen Bemerkung von mir an die Decke gehen würdest, dann wär sie auch noch hier. Aber ich will jetzt auch gar nicht mit dir streiten."

"Wer streitet hier?" muckierte Haruka,

"Ich sagte nur, daß ich jetzt wieder Langeweile schieben muß."

"Das heißt also, daß ich langweilig bin?" stellte Michiru leicht gekränkt fest.

"So meinte ich das nicht", wehrte Haruka ab,

"Aber du mußt doch zugeben, daß wir wenig gemeinsam haben. Oder hättest du etwa Lust, mit mir Play Station zu spielen?"

Michiru´s Antwort überraschte sie.

"Ich habe soetwas zwar noch nie gemacht, aber wenn du mir zeigst, wie es geht, dann hätte ich schon Lust."

Einen Moment lang wußte Haruka gar nicht, was sie sagen sollte.

"Schau nicht so fassungslos", lachte Michiru,

"oder glaubst du, ich lerne sowas nicht?"

"Nein...natürlich nicht", stotterte die Blondine nach Fassung ringend.

"Na, dann komm", grinste Michiru, stützte Haruka und dirigierte sie Richtung Schlafzimmer.

Diese kam sich überrumpelt vor und so ging sie einfach mit.

Fast mechanisch erklärte sie Michiru die Funktion der einzelnen Knöpfe.

Es kam ihr vor, als formten ihre Lippen die Worte von selbst, denn ihre Gedanken waren absolut nicht bei der Sache.

»Es ist seltsam, so mit ihr hier zu sitzen. Vorhin mit Elza empfand ich es normal, aber jetzt? Ist es wirklich so schwer vorzustellen, daß ein Mädchen wie sie sich für soetwas interessiert? Und selbst wenn sie es nur meinetwegen tut - um mir die Langeweile zu vertreiben - bleibt immernoch die Frage, WIESO tut sie das für mich?«

"Das ist alles?" rissen Michiru´s Worte sie aus ihren Gedanken.

"Das ist alles", nickte Haruka.

Michiru zupfte nochmal kurz an ihrem Kleid, setzte sich gerade hin und sagte:

"Ok. Kann losgehen."

Haruka blickte sie skeptisch an, startete dann aber das Spiel.

"Was muß ich jetzt machen?" fragte Michiru, während das Spiel lud.

"Noch gar nichts", grinste Haruka, welche Michiru´s angespannte Haltung sichtlich amüsierte.

Als endlich etwas - für Michiru halbwegs verständliches - über den Bildschirm lief, fragte sie erneut:

"Was muß ich machen?"

"Gar nichts", entgegnete Haruka, diesmal jedoch weit weniger belustigt.

Sie nahm die nötigen Einstellungen vor und Michiru, welche immer hibbeliger wurde fragte fast jede Sekunde, was sie denn nun tun müsse.

Mit jedem weiteren Mal wurde Haruka genervter und sie war froh, daß sie endlich bei der Wagenwahl waren. Sie wählte ihren Lieblingswagen und wartete auf Michiru.

Diese jedoch tat gar nichts. Sogar das Fragen hatte sie aufgegeben.

Haruka verdrehte die Augen.

»Kann man wirklich SO wenig Ahnung haben?«

"Du mußt dir ein Auto aussuchen", stöhnte sie.

"Oh", machte Michiru erfreut,

"Ich darf mir eins aussuchen? Dann...ja dann...",

sie zappte die Autos durch,

"...nehm ich den hier. Der ist so schön rosa. Sieht irgendwie niedlich aus."

»Typisch Mädchen«, seufzte Haruka in Gedanken und sagte:

"Du kannst dein Auto doch nicht wegen der Farbe aussuchen. Du mußt einen mit viel PS und wenig Spritverbrauch wählen. Etwas windschnittiges mit Klasse!"

"Ich will den", beharrte Michiru.

Haruka zuckte mit den Schultern und drückte Start.

Bereits nach wenigen Sekunden schimpfte Michiru zum ersten Mal.

"Der fährt ja gar nicht! Wieso bleibt der einfach stehen?"

"Du mußt den roten Knopf drücken - nicht den Grünen", erklärte Haruka und schon klang ein Jauchzen an ihre Ohren.

"Er fährt, er fährt!"

...Und zwar direkt gegen eine Bande...

"Da habe ich doch gar nicht hingelenkt", schimpfte Michiru.

Zähneknirschend kämpfte sie mit dem Pad, bis sie endlich wieder gerade auf der Fahrbahn stand. Als sie ein wenig Gas gab, sah sie die anderen Autos direkt auf sich zukommen.

"Heee! Wo fahren die denn hin?" kreischte sie.

"Nur in die richtige Richtung", stöhnte Haruka,

"Du bist nämlich eine Geisterfahrerin."

"So was blödes", meckerte Michiru und begann erneut das Pad zu malträtieren, um ihren Wagen in die richtige Richtung zu bringen.

Wieder verdrehte Haruka die Augen.

Das war ihr von Anfang an klar gewesen. Schöne Mädchen eigneten sich allenfalls, um mit ihnen etwas anzufangen, aber für solche Spiele waren sie untauglich. Um eben jenem nervtötendem Gekreische aus dem Weg zu gehen, hatte sie ihrer Spieleleidenschaft immer nur mit Jungs gefrönt - Elza ausgeschlossen.

»Elza«, seufzte Haruka innerlich,

»Warum bist du nicht noch etwas geblieben? Mit dir hat es wenigstens Spaß gemacht.«

Sie blickte kurz zu Michiru rüber.

Diese fluchte und schimpfte die ganze Zeit wie ein Rohrspatz. Sie lehnte ihren gesammten Oberkörper mit in Richtung des Pads und ihr verbissener Gesichtsausdruck ließ Haruka schmunzeln.

»Aber süßer als Elza ist sie...«

Haruka räusperte sich.

»Was denkst du da schon wieder? Sie will deine Freundschaft, sagt sie - mehr nicht. Und das sie sich nicht auf eine Bettgeschichte einlässt, hat sie mehr als einmal deutlich gemacht!«

Wieder ein flüchtiger Blick.

Ihr Gesichtsausdruck änderte sich von genervt, über unschlüssig, bis schließlich ein verschmitztes Grinsen alles beherrschte.

»Aber vielleicht ist das des Rätsels Lösung. Wenn ich nett zu ihr bin, komm ich ihr so eventuell näher und dann krieg ich sie vielleicht doch noch ins Bett.«

Sofort verdrängte sie den Gedanken wieder.

»So ein Quatsch! ...Aber...wer weiß?«

Ihr Grinsen wurde schmutzig und mit einem unglaublichem Gefühl der Überlegenheit, steuerte sie ihren Wagen über die Ziellinie.

Gelassen lehnte sie sich zurück - jedenfalls, soweit ihre Rippen dieses zuließen - und schaute Michiru beim Fahren zu.

Obwohl - fahren konnte man es eher nicht nennen, was Michiru da veranstaltete. Mal gab sie zu wenig Gas - was zur Folge hatte, das ihr rosa Vehicle über die Fahrbahn kleckerte und mal gab sie zuviel Gas - was wiederum die Folge hatte, daß Michiru die Kontrolle verlor und in irgendetwas hineinfuhr, was sich gerade bot.

Als alle anderen Autos längst die Ziellinie passiert hatten, hatte das türkishaarige Mädchen gerade mal ein Viertel der Strecke geschafft.

Erneut fuhr sie gegen einen Reifenstapel.

"So ein dummes Spiel", fluchte sie und warf das Pad weg.

"Immer langsam", beruhigte Haruka,

"Das Pad kann nix dafür, wenn du ungeschickte Finger hast!"

Michiru, welche des Spieles wegen schon ein wenig missgelaunt war, warf Haruka einen bösen Blick zu.

"Wer hat hier ungeschickte Finger?" zischte sie.

"Na du", neckte Haruka, welche sich in diesem Moment wirklich nichts Böses dabei dachte, denn mit all ihren Kumpels spaßte sie auf diesselbe Weise.

Michiru jedoch war diese Art von Humor gänzlich fremd und da sie nicht gerne verlor - was sie ja eben leider haushoch getan hatte - führte Haruka´s Spruch dazu, daß Michiru aufsprang, ihr ganzer Körper sich anspannte und sie die Blondine anfuhr.

"Ach? Und deine Finger sind also geschickt?" zickte sie,

"Du kannst weder malen, noch schreiben - deine Sauklaue ist eine echte Zumutung, du bist nichtmal dazu in der Lage, dir einen Apfel zu schälen oder eine Banane ins Müsli zu schneiden. Selbst um den Nothalt des Fahrstuhls zu betätigen, sind deine Finger nicht in der Lage. Was solls, daß sich jederzeit die Tür öffnen kann und...ach vergiss es!"

Sie schnappte nach Luft.

Haruka indes grinste.

Sie wußte genau, daß Michiru auf die Sache mit Akiko anspielte.

"MEINE Finger sind geschickt", fuhr Michiru betont fort,

"Ich kann schneidern, stopfen, malen, modellieren und Violine spielen. Spielst du ein Instrument? Ganz sicher nicht. Zu soetwas sanften sind deine Hände nicht fähig. Du kannst nur sinnlose Spielekonsolen damit bedienen und Leute verletzen."

"Ach?" bemerkte Haruka, nun ein wenig spitzfindig.

Langsam stand sie auf und ging auf Michiru zu.

Direkt vor ihr blieb sie stehen.

"Ich kann also nicht sanft sein?" fragte sie lauernd,

"Elza sagte doch, du würdest niemals etwas vergessen. Entweder hat sie gelogen oder du lügst!"

Michiru sah ihr wütend ins Gesicht, doch bereits in der nächsten Sekunde kroch die Erkenntnis in ihr hoch und sie wirkte leicht erschreckt.

"Das im Klassenzimmer war also nicht sanft?" fragte Haruka, legte ihren Arm um Michiru´s Taille und zog sie leicht zu sich.

Diese war nun völlig verunsichert und hob scheu den Blick.

"Und an diese Berührung erinnerst du dich wohl auch nicht mehr?" fuhr die Blondine mit gesenkter Stimme leise fort.

Ihre Finger strichen zart über Michiru´s Wange und ihr Blick traf Michiru´s.

»Da ist es wieder«, schoss es dieser durch den Kopf,

»Wieso bin ich unfähig, meinen Blick von ihr zu lösen? Warum gehorchen meine Beine nicht, obwohl ich weglaufen will? Will ich überhaupt wirklich weglaufen? Ich weiß es nicht...«

Verzweiflung stieg in ihr auf.

Sie wußte, was jetzt geschehen würde und sie war unfähig, sich dagegen zu wehren.

"Und das beim Fahrstuhl, war das etwa auch nicht sanft?"

Haruka´s Stimme war nur noch ein leises Wispern.

Ihre Finger hoben Michiru´s Kinn zaghaft etwas an und sie hauchte ihr einen flüchtigen, zarten, beinahe nur angedeuteten, Kuss auf die Lippen.

Danach drehte sie sich auf dem Absatz um und ging zum Bett.

"Ach...und nur falls es dich interessiert...", sagte sie beiläufig, während sie die Decke zurückschlug,

"...ich spiele Klavier."

Erst jetzt gewann Michiru an Fassung zurück.

"Du...spielst Klavier?" fragte sie überrascht.

"In der Tat", gab Haruka zurück und machte es sich bequem,

"Du solltest Menschen nicht nach ihrem Auftreten, ihren Vorlieben und ihren Hobbys beurteilen. Deine eigenen Worte!"

"Versenkt", gab Michiru geschlagen zu,

"Ich wollte dich auch eigentlich gar nicht so anfahren. Aber dieses dämliche Spiel..."

Haruka lachte kurz amüsiert auf.

"Ich weiß", winkte sie ab,

"Genau deshalb habe ich dich ja auch geärgert. Du bist eine schlechte Verliererin und es macht einfach Spaß, in so einer Situation ein wenig zu sticheln."

"Du wolltest mich also die ganze Zeit nur ärgern?" fragte Michiru gespielt vorwurfsvoll und Haruka nickte.

"Gut", trällerte Michiru unschuldig,

"Dann muß ich die Karamelcreme wohl jetzt alleine essen."

Schnell lief sie lachend aus dem Schlafzimmer.

"Heee!" protestierte Haruka,

"So hatten wir nicht gewettet. Ich bin schwer verletzt!"

Einen kurzen Augenblick herrschte Schweigen, doch dann erschien Michiru mit den beiden Dessertschälchen und Löffeln in der Hand im Türramen.

"Glaubst du wirklich, daß ich so grausam bin?" lächelte sie und kam ins Zimmer zurück.

"Ich weiss nicht", erwiderte Haruka und sah unschuldig zur Zimmerdecke,

"Du bist jedenfalls eine echt harte Nuss und ein riesiger Eisberg vorraus auf hoher See ist einladender, als deiner schlechten Laune zu begegnen."

Sie lachte leicht und Michiru begegnete dem mit einem sanften Lächeln.

Das Eis schien endgültig gebrochen.
 

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Fortsetzung folgt...



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Von:  leewen
2015-05-17T09:10:23+00:00 17.05.2015 11:10
Ist schon traurig das die Geschichte nicht weiter geht sie
War auf jeden Fall lustig und deine schreib weiße ist toll
:) trotzdem traurig

Von: abgemeldet
2008-08-12T14:06:38+00:00 12.08.2008 16:06
Auf die Gefahr hin dass du das hier nicht lesen wirst, dein Steckbrief sagt jedenfalls dass du stillgelegt bist - ich find es schade dass die Geschichte nicht weitergeht. Hätte gern gewusst wie´s ausgeht.
Von:  Mauseschatz008
2008-07-13T15:54:06+00:00 13.07.2008 17:54
Voll geil Story mach so weiter!!!!

Von: abgemeldet
2008-02-01T16:01:10+00:00 01.02.2008 17:01
die geschichte ist klasse.bitte schnell weiter schreiben.
Von: abgemeldet
2007-06-02T16:05:46+00:00 02.06.2007 18:05
Hi!
Ich find deine ff einfach spitze!!!
Dein schreibstil ist klasse, du kannst situationen so gut beschreiben, dass sich sich alles voll gut vorstellen kann!
HOFFE du schreibst weiter!!!!!BIIIIIITTTTTEEEE!

schickst mir dann auch ne Ens, ja????wäre superlieb!

:)mia
Von: abgemeldet
2007-05-21T19:01:25+00:00 21.05.2007 21:01
ich hab mir gesagt ich schreib erst nen Kommi wen ich ales gelesen habe und nun bin ich richtig erstaunt!!
Das is so schön erzählt ach und witzig auch! ^-^
Ich mag deinen Schreibstil! :3

Ich hoffe du schreibst bald weiter! ^o^

Charlie
Von:  Syu-chan
2007-05-14T14:26:39+00:00 14.05.2007 16:26
Hallo!
Ich finde deine Art zu schreiben einfach Klasse. Du kannst sowohl Gefühle, Streitereien als auch komische Situationen unheimlich gut ausdrücken. Bis jetzt hatte ich noch nie soviel Spaß gehabt wie mit deinen Geschichten! Man kann sich super in die Charaktere hinein versetzen und da macht es auch nichts das manches in deinen Geschichten nicht perfekt ist, aber gerade diese Ecken und Kanten begeistern mich sehr!!!
Hoffe du findest bald die Zeit weiter zu schreiben und ich hoffe es wird noch viele Geschichten von dir geben!
Also wenn du richtige Bücher schreiben würdest wärst du einer meiner Lieblingsautoren!
GLG
Von: abgemeldet
2007-05-13T13:06:40+00:00 13.05.2007 15:06
1. Die Story is richtig geil!!!
2. Ich hoffe doch sehr das du weiter schreibst!?!?!

Kiara
Von:  Draconian
2007-04-21T22:10:58+00:00 22.04.2007 00:10
MEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEHR!
Von: abgemeldet
2007-03-26T16:40:41+00:00 26.03.2007 18:40
hab dis aus zufall gelesen im internet nach geschichten über die beiden gesucht und deine gefunden gute schreibweise intressante story toller aufbau und dann der schock nach 11 erstmal schluss *heul*

hoffe du bist schon fleißig am schreiben nur um dis weiter zu lesen hab ich mich hier angemeldet
mach weiter

büdde büdde schnell weiter schreiben ^^


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