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A Pharao`s Story

Atemu x Yugi
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Morgen liebe Leser,
Semester beendet und schon gibt's ein neues Kapitel...
Viel Spaß dabei,
Cat Komplett anzeigen

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Der neue Pharao

~~Atemu~~
 

Die ersten Sonnenstrahlen spiegeln sich im Wasser des Nils und tauchen den Fluss in ein zartes Rot. Die Tiere der Wüste erwachen langsam und erfüllen die Stille mit ihren unterschiedlichen Lauten. Wie von selbst richte ich meinen Blick gen Osten, wo sich in einiger Entfernung die Türme des Palastes in Theben erheben, in dem unser Herrscher lebt. Die aufgehende Sonne reflektiert sich auf den Dächern und hüllt den Palast in ihr Licht ein.

Gebannt beobachte ich wie jeden Morgen den friedlichen Sonnenaufgang über dem Nil und genieße dieses besondere Schauspiel vom Rücken meines Wallachs Ikarus aus.
 

Ich beobachte es noch einige Minuten bevor ich Ikarus in den Nil treibe und mich von seinem Rücken ins Wasser gleiten lasse, das mir bis zur Hüfte reicht.

Eisig! Morgens ist das Wasser an dieser Stelle immer so kalt. Na, wenigstens hält diese Kälte die Krokodile von mir fern.

Ich forme meine Hände zu einer Schale und beginne mich zu waschen.
 

Nach der morgendlichen Wäsche bleibe ich noch etwas im kalten Wasser und schwimme hin und her um mich warm zu halten, bevor ich dann doch fröstelnd ans Ufer gehe, wo ich mich in die aufgegangene Sonne lege und trocknen lasse.

Es ist erstaunlich wie viel Kraft die Sonne schon so kurze Zeit nach dem Aufgehen hat.

Entspannt schließe ich die Augen und höre einfach nur den Tieren zu.
 

Einige Zeit später öffne ich die Augen wieder und setze mich auf.

Die Sonne steht schon ziemlich hoch und zeigt etwa die vierte Stunde(1) an.

Ich muss eingeschlafen sein, aber...

Suchend schaue ich mich um, aber es ist niemand anderes zu sehen.

Wo bleibt Yugi eigentlich? Er kommt doch auch jeden Morgen hier her. Warum heute nicht? Er weiß doch ganz genau wo ich zu finden bin.

Da mein Lendenschurz mittlerweile wieder trocken ist, steige ich auf Ikarus und reite etwas beunruhigt nach Hause zurück.
 

Dort angekommen bringe ich Ikarus in den Stall und werde auch gleich mit einem fröhlichen Wiehern von Stray begrüßt.

Nachdem ich Ikarus versorgt habe, gehe ich zu Stray und streichle seinen Kopf, den er mir entgegenstreckt. Dabei fällt mein Blick in seine Box.

Er ist weder ausgemistet noch hat er frisches Futter und Wasser.

Yugi macht das doch sonst immer als aller erstes. Was ist heute bloß los?
 

Ich gebe Stray Futter und Wasser, dabei macht Ikarus in der Nachbarbox lautstark auf sich aufmerksam.

Eifersüchtiger Kerl!

Danach gehe ich ins Haus und mache Frühstück.
 

Nachdem das Frühstück fertig ist, öffne ich die Tür zu Yugis Zimmer und trete ein. Ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus, als ich in sein Zimmer komme. Ich bleibe kurz stehen und präge mir dieses einmalige Bild ein: Yugi liegt in seine Decke eingekuschelt da und die Sonnenstrahlen fallen in Streifen über sein Bett.

Es sieht so aus als würde Yugi noch schlafen. Einfach süß.

Ich komme näher ans Bett und höre jetzt seine tiefen und regelmäßigen Atemzüge.

Das gibt’s doch nicht, der schläft tatsächlich noch! Na warte.

Ein Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht und ich setze meinen Plan gleich in die Tat um.

Leise schleiche ich mich in mein Zimmer um mir mein Kopfkissen zu holen, mit dem ich dann wieder vor dem schlafenden Yugi stehe.
 

~~Yugi~~
 

Angekommen im Herzen des Palastes.

Es ist dunkel um mich herum, doch plötzlich wird es hell, gleißend hell, und ich kann eine Person sehen, die nur als Silhouette zu erkennen ist. Ich habe aber keine Zeit die Gestalt länger zu beobachten, denn ein großer goldener Vogel ist plötzlich vor mir aufgetaucht.

Bei Ra, das ist ... der goldene Drache des Ra, ein Göttermonster.

Ängstlich weiche ich zurück. Ich sehe wie das Vieh seinen Schnabel weit öffnet und sich eine Kugel aus hellem, glänzenden Licht in dem Schnabel bildet.

Ich schließe nur noch die Augen und spüre dann wie die Kugel (>>Atemus Kissen<<) mich ins Gesicht trifft und mir die Luft wegbleibt.

Es ist aus.
 

„Aaahhh!“

Schreiend wache ich auf und finde mich senkrecht in meinem Bett sitzend wieder.

Ra sei Dank, es war nur ein Traum.

Mein Atem geht immer noch schnell und ich spüre einen feuchten Schweißfilm auf meiner Haut.

Es dauert noch ein paar Minuten bis ich mich an meine Umgebung gewöhnt habe und richtig wach bin.
 

Dann höre ich ein leises mir wohl bekanntes Kichern neben meinem Bett und in meinen Händen halte ich ein Kissen.

Atemu! Wie ich solche Angriffe hasse.

Wütend drehe ich mich um und schleudere ihm das Kissen entgegen.

„Du bist so gemein! Mich so aus dem Schlaf zu reißen ist nicht fair.“

Eine Antwort bekomme ich nicht von Atemu. Er steht einfach nur da und lacht mich aus.

Wieso kann er es einfach nicht lassen mich zu ärgern?
 

Ich verschwinde aus dem Zimmer und gehe zum Brunnen um mich zu waschen.

Als ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte, gehe ich wieder zurück in mein Zimmer, wo Atemu immer noch an dem gleichen Platz steht wie vorhin, als ich hinaus gegangen bin, aber sein Grinsen ist verschwunden.

Ohne ihn weiter zu beachten suche ich mir ein frisches Gewand aus meinem Schrank, das ich mir einfach überziehe, und beginne mein Bett zu machen.

Einfach ignorieren...so schwer ist das ja auch nicht.
 

„Yugi?“

Atemus Stimme klingt besorgt und fragend.

„Was?“, fahre ich ihn an und mache mit meiner Arbeit ungerührt weiter.

„Es tut mir leid.“

„Schon gut.“

Ich versuche meine Stimme so gleichgültig wie möglich klingen zu lassen und hefte meinen Blick auf die Decke.
 

Plötzlich spüre ich zwei Hände an meinen Hüften, die mir einen Schubs nach vorne geben, und ich lande bäuchlings auf meinem eben frisch gemachten Bett.

Was hat Atemu jetzt vor? Wie ist er so leise hinter mich gekommen?

Ein weiteres Gewicht auf meiner Bett lässt mich vermuten, dass sich auch Atemu auf dem Bett befindet.

Ich drehe mich zu ihm um und kann nur noch ein fieses Grinsen auf Atemus Gesicht erkennen, als er mich auch schon anfängt zu kitzeln.
 

Ich muss laut anfangen zu lachen und versuche mich aus Atemus Griff zu befreien, aber vergeblich. Er wandert mir jedes Mal mit seinen Händen nach und findet meine empfindlichsten Stellen spielend wieder.

Ich habe überhaupt keine Chance.

Langsam schwindet mein Sicht und ich habe auch Schwierigkeiten Luft zu bekommen.

Dann nehme ich durch mein Lachen Atemus Worte wahr:

„Gibst du auf, Yugi?“
 

Ich bin nur noch dazu fähig zu nicken und hebe ergeben meine Arme nach oben.

Endlich lässt er von mir ab und stüzt sich über mir ab.

„Bist du mir noch böse?“

„Nein. Du weißt doch, dass ich dir nicht lange böse sein kann.“

Wir schauen uns intensiv in die Augen und mir wird auf einmal die Situation bewusst, die sich gerade am Einstellen ist.

Mir wird heiß und ich breche sofort den Blickkontakt zwischen uns ab. Verlegen suche ich mir einen Punkt an der Wand und fixiere den.
 

Auch Atemu scheint die ungewöhnliche Athmosphäre wahrgenommen zu haben und geht von mir runter.

„Das Frühstück ist fertig. Wenn du soweit bist, komm in die Küche.“

Seine Haltung ist irgendwie steif und auch er schaut mich nicht an, als er aus dem Zimmer geht.

Ich stoße kurz die Luft aus und drehe mich dann zu meinem Spiegel um. Vor mir steht mein Spiegelbild mit einem roten Gesicht.

Na klasse. Warum muss ich in solchen Situationen immer rot anlaufen? Jetzt ahnt er sicher, dass ich mehr für ihn empfinde als Freundschaft.
 

~~Atemu~~
 

Verwirrt gehe ich hinunter in die Küche und setze mich auf einen der Stühle am Tisch.

Eine gefährliche Situation zwischen uns, aber warum ist Yugi auf einmal so rot angelaufen? Hegt er etwa auch mehr als Freundschaft für mich? Beruhen meine Gefühle für ihn sogar auf Gegenseitigkeit?

Schritte auf der Treppe holen mich in die Gegenwart zurück. Schnell nehme ich mir ein Brot und Früchte auf den Teller und beginne zu essen.

Schweigend setzt sich Yugi mir gegenüber und beginnt ebenfalls mit Essen.

Nach dem Essen machen wir gemeinsam den Abwasch und gehen dann unseren Pflichten nach.
 

~*~
 

Am frühen Abend sitzen wir zusammen in Yugis Zimmer und spielen Alquerque(2), als Pferdegetrappel auf dem Hof zu hören ist.

„Großvater!“

Yugi springt auf und stürmt aus dem Zimmer. Dabei wirft er das Spielbrett vom Bett und alles landet durcheinander auf dem Boden.

Na klasse, jetzt können wir nicht mehr weiter spielen.
 

Ich mache mich daran das Spiel aufzusammeln und wegzuräumen.

Danach gehe ich nach unten in die Küche, wo Yugi, sein Großvater und eine mir unbekannte Person schon sitzen.

Ich setze mich neben Yugi und schaue zu Shimon, der ein trauriges Gesicht macht. Yugi fragt sofort:

„Warum kommst du heute so spät, Großvater, und wer ist dein Begleiter?“
 

Es dauert noch eine Weile bis Shimon antwortet:

„Das ist Shadi, ebenfalls ein Berater des Pharaos. Pharao Akunumkanon ist tot. Wir fanden ihn heute Nachmittag in seinen Gemächern. Das zog noch einige Aufgaben für mich nach sich, Yugi, weshalb ich so spät heimkomme.“

Ungläubig schaue ich von einem zum anderen. Ihren Gesichtern nach zu urteilen gibt es noch eine schlechte Nachricht.

„Aber...“

Doch ich kann meine Frage nicht beenden, denn Yugi fällt mir ins Wort.

„Was passiert jetzt? Wer wird unser neuer Herrscher? Er hatte doch keine Kinder gehabt.“
 

Ein unangenehmes Schweigen macht sich im Raum breit.

Ich ahne, dass jetzt die andere Nachricht kommt.

Shimon steht auf und geht im Raum auf und ab. Dann dreht er sich zu uns um und erklärt:

„Doch, Yugi, er hat ein Kind zurückgelassen. Einen Sohn um genau zu sein.“

Er dreht sich zu mir um und schaut mir tief in die Augen.

Was soll das?
 

„Prinz Atemu, es ist an der Zeit Eure Pflicht zu erfüllen.“
 


 

(1)etwa zehn Uhr
 

(2)eine Art frühes Mühlespiel: Die Spielsteine sind kleine schwarze und weiße rund geschliffene Steine. Das Spielbrett ähnelt dem heutigen und die Regeln sind gleich.

Abschied...für immer?

~~Yugi~~
 

„...“

Geschockt sitze ich auf meinem Platz und versuche Großvaters Worte zu verstehen.

Ist er jetzt komplett verrückt geworden? Atemu kann kein Pharao sein, das...das geht einfach nicht. Nicht mein Atemu.

Ich schaue zu ihm und stelle fest, dass es Atemu nicht viel anders geht als mir. Er sieht ebenfalls verwirrt und überrascht aus.

„Bist du dir sicher, Shimon? Ich meine...wie kann das sein?“
 

Großvater setzt sich wieder zu uns und legt einen Papyrus vor Atemu auf den Tisch.

Ich neige mich etwas zur Seite um auch ein wenig sehen zu können.

Auf dem Papyrus sind drei Bilder zu sehen, die mit Pfeilen verbunden sind. Ein Bild zeigt den Pharao, das daneben zeigt eine mir unbekannte Frau und das Bild unter den ersten Beiden zeigt ein Kleinkind, das Atemu sehr ähnlich sieht. Aber was beweist das schon?

Auch Atemu scheint ähnliche Gedanken zu haben, denn er fragt Großvater:

„Was soll dieser Papyrus beweisen?“

Großvater macht uns auf die Abbildung eines Falke, die neben dem Kind gezeichnet ist, aufmerksam.

Diese Tätowierung kenne ich doch!
 

Verwirrt und etwas ängstlich schaue ich zuerst zu meinem Großvater und dann zu Atemu, der die Abbildung mit weit aufgerissenen Augen ansieht.

„Dieses Zeichen wurde dem Thronfolger direkt nach seiner Geburt eintätowiert. Es soll der Erkennung des wahren Erben dienen, da die Tätowierung nur einmal existiert. Glaubt Ihr mir jetzt, mein Prinz?“

Erstarrt sitze ich auf meinem Platz und langsam, sehr langsam, sickert die Erkenntnis, dass nur Atemu der Prinz bzw. jetzt Pharao von Ägypten sein kann und wohl auch immer wahr.

Ich, der Sohn eines einfachen Bürgers, habe mit dem Pharao von Ägypten mein bisheriges Leben bei meinem Großvater verbracht? Das ist ein sehr schlechter Scherz, oder?

Aber hier sieht niemand so aus, als ob es ein Scherz wäre. Großvater und Shadi sind zu ernst.

Ich fühle mich überfordert und verwirrt.
 

Shadi räuspert sich jetzt und macht zum ersten Mal seit seiner Ankunft auf sich aufmerksam.

„Ich störe nur sehr ungern, aber es wird Zeit, dass wir aufbrechen. Wir haben nicht viel Zeit. Alles andere muss im Palast geregelt werden.“

Großvater nickt nur und steht auf.

Shadi und Atemu tun es ihm gleich und sie gehen aus der Küche hinaus.

Wahrscheinlich müssen sie packen und Atemu einkleiden.

Bevor Großvater jedoch verschwindet, dreht er sich noch einmal zu mir um.

„Wärst du so lieb und machst bitte die Pferde fertig? Das wäre uns eine große Hilfe.“

Ich nicke und stehe ebenfalls auf.
 

~*~
 

Endlich fertig.

Stray ist gestriegelt und gesattelt. Atemu braucht nur noch aufzusteigen und loszureiten.

Irgendwie fühle ich mich wie ein Stallbursche. Ich bin total verschwitzt und rieche nach Pferd.

Normalerweise macht mir der Geruch nichts aus, ich mag ihn sogar, aber Atemu soll mich so nicht zu Gesicht bekommen.

Da ich ihm nicht über den Weg laufen will bis er weg ist, verschwinde ich leise in mein Versteck auf dem Heuboden.

Dort bin ich immer, wenn ich alleine sein will und nachdenken muss.

Auch jetzt kann ich meine Gedanken nicht von den neusten Ereignissen frei machen und mir fällt wieder ein, wo ich Atemus Tätowierung schon einmal gesehen habe.
 

~~~~~~Rückblick~~~~~~
 

Die Sonne brennt heiß vom Himmel herab. Draußen ist es kaum auszuhalten, da die Luft zu stehen scheint.

Atemu und ich sind noch keine fünf Minuten draußen und schon sind wir klatschnass geschwitzt, obwohl es noch früh am Morgen war.

So schnell wie möglich versuchen wir unsere Arbeit zu beenden und ins Haus zurück zu kommen, aber dort ist es auch nicht viel angenehmer als draußen.

Seufzend lasse ich mich auf einen Stuhl fallen und Atemu setzt sich mir gegenüber.

„Hast du Lust mit mir schwimmen zu gehen, Yugi? Das wäre angenehmer als hier in der Hitze herumzusitzen.“

WAS, er will JETZT noch RAUS?!
 

„Eigentlich nicht, Atemu. Außerdem ist der Nil mittlerweile schon voll mit Leuten. Dort möchte ich nicht unbedingt schwimmen.“

Atemu lächelt verschmitzt und entgegnete:

„Ich habe nicht vom Nil gesprochen.“

„Wo denn dann?“

„Lass dich überraschen. Kommst du mit oder willst du hier bleiben?“

Ok, eine Abkühlung könnte ich schon gebrauchen, aber die Situation gefällt mir nicht. Atemu und ich alleine?

Trotzdem bin ich neugierig geworden und willige schließlich ein.
 

~*~
 

Eine viertel Stunde später erreichen wir eine Felswand durch die ein schmaler Durchgang führt. Der Durchgang wird von einem Dornenbusch versteckt, der ein gerade noch groß genuges Schlupfloch für einen Menschen aufweist. Die Pferde binden wir draußen an eine Palme, da der Durchgang zu klein für sie ist.

Geduckt wandern wir durch die Felsen zu einem Lichtfleck am anderen Ende.

Ich muss mehrmals schlucken bei dem Gedanken an die Massen von Stein, die über uns sind und auf uns herunter fallen können.

Das Sonnenlicht blendet mich etwas beim Herauskommen, aber als ich dann die Bucht vor mir sehe, stockt mir regelrecht der Atem.

Es ist überwältigend hier: Palmen mit Früchten, die Schatten spenden, und ein kleiner blauer spiegelglatter See.

„Habe ich zu viel versprochen, Yugi? Wir haben unsere Ruhe und so gut wie kein verschmutztes Wasser.“

Ich nicke noch ziemlich überrumpelt von dem Anblick und frage mich, wie Atemu die hier entdeckt hat, aber das ist mir im Moment ziemlich egal. Ich möchte nur noch in das verlockende Wasser.
 

Keine zwei Minuten später stürmen wir nur mit einem Lendenschurz bekleidet ins kühle Wasser.

Wir schwimmen und versuchen uns gegenseitig unter Wasser zu drücken, wobei ich natürlich immer den kürzeren ziehe, weil ich einfach zu klein und schwach bin.

Bei meinen Versuchen Atemu unter Wasser zu drücken bemerke ich einen schwarzen Fleck an seiner Hüfte.

Was ist denn das? Hatte er das auch schon früher?

Als uns kalt wird, legen wir uns in den Sand und lassen uns die Sonne auf den Bauch scheinen.

Am Strand kann ich einen genaueren Blick auf Atemus Tätowierung werfen.

Sie sieht wie ein Falke aus, dem Symbol des Horus.

Wo hat er das her? Das ist das Symbol der Pharaonen.

Laut dem Gesetzt darf ein einfacher Bürger ein solches Zeichen nicht besitzen.
 

~~~~~~Rückblick Ende~~~~~~
 

Mir hätte gleich der Gedanke kommen müssen, dass Atemu mehr ist, als er zu sein scheint.

Vielleicht wäre ich dann nicht so geschockt oder ich hätte mich gar nicht erst in ihn verliebt.

Warum muss immer mir so etwas passieren? Habe ich nicht auch das Recht einmal glücklich zu sein?

Es ist zum Verzweifeln.

Das Schlimmste an der ganzen Situation ist, dass Atemu der zukünftige Pharao ist.

Ich werde ihn niemals wieder sehen und er wird sich wahrscheinlich in Kürze schon nicht mehr an mich erinnern. Jetzt kann er doch jede oder jeden haben.

Was interessiert ihn da schon ein einfacher Bauernjunge.

Verzweifelt schreie ich leise auf und haue mit der Faust auf den Boden.
 

„Yugi?“

Atemus Stimme und seine sich nähernde Schritte reißen mich aus meinen Gedanken.

Außer mir kennt nur noch er mein Versteck hier oben, weil er mir nach einem Streit hierher gefolgt ist. Die Erinnerung daran ist so peinlich:

Ich war total wütend auf Atemu und betitelte ihn mit allen mir bekannten Schimpfwörtern. Da ich wegen dem Streit auch traurig war, weinte ich noch dazu, denn er hat mich tief verletzt. Damals waren meine Gefühle für ihn schon mehr als nur Freundschaft gewesen. Ich war erschrocken, als Atemu dann plötzlich aus einer Ecke kam und mir gesagt hat, dass Großvater mich sehen will. Bis heute weiß ich nicht wie viel Atemu gehört hatte, aber ich bin mir sicher, dass er so gut wie alles gehört haben muss. An der Stalltür hat er auf mich gewartet, mich in den Arm genommen und sich ganz lieb bei mir entschuldigt.

Ich muss lächeln, als ich daran denke.

Bei Ra, war er da süß gewesen.
 

Atemus Schritte nähern sich der Leiter zum Heuboden und er ruft meinen Namen erneut.

Ich versuche so leise wie möglich weiter in mein Versteck hinter den Heuballen zu rutschen, aber das Stroh raschelt bedenklich laut bei meiner Bewegung und ich bleibe sofort still sitzen.

Hoffentlich hält Atemu den Verursacher des Geräusches für eine Maus und verschwindet wieder.

Doch schon höre ich, wie jemand die Leiter hinauf klettert, und weiß genau wer mich jetzt besuchen kommt.

Leider gibt es nur die Leiter als Weg von hier oben nach unten, denn aus dem Fenster will ich mich nicht stürzen.

Verschwinde einfach, Atemu, ich will dich jetzt nicht sehen.

Diesen Wunsch erfüllt er mir leider nicht und mir bleibt nur noch eine Möglichkeit.

Ich werfe mich Atemu vor die Füße, als er mich gefunden hat.
 

~~Atemu~~
 

„Da bist du ja, Yugi, aber was....“

Überrascht bleibe ich stehen und mustere ihn kurz bis mir klar wird, was Yugis Haltung bedeutet.

„Yugi, steh auf! Was soll denn das?! Du bist kein Sklave, sondern mein bester Freund. Ich will so etwas nicht von dir sehen.“

Ich kann das nicht verstehen. Warum tut er das? Sieht er in mir nur noch den Pharao? Ist alles, was zwischen uns gewesen war, vergessen? (Nur um Missverständnissen vorzubeugen: Freundschaftliche Gefühle sind gemeint.)

Das versetzt mir einen Stich ins Herz, denn ich hatte geglaubt, dass ich wenigstens für ihn auch noch ein ganz normaler Mensch sein kann.

Zögernd steht Yugi auf und setzt sich auf einen Strohballen, aber er schaut mich nicht an, als ich mich zu ihm setze.
 

Es herrscht lange Zeit Schweigen zwischen Yugi und mir, aber ich merke auch so, dass Yugi traurig und irgendwie abweisend ist.

Ich weiß nicht, wie ich ihn trösten soll, und bin deshalb selbst auch still.

„Atemu? Es wird Zeit.“

Shimon holt uns wieder in die Realität zurück und Yugi regt sich jetzt zum ersten Mal seit wir hier oben zusammen sitzen.

„Ihr solltet gehen, Pharao. Lasst die Anderen nicht warten.“

Das trifft mich wie ein Schlag gegen den Kopf und ich muss einmal schwer schlucken.

Yugi scheint wirklich schon alles vergessen zu haben oder schmerzt ihn der Abschied so sehr? Hat er ebenfalls mehr für mich empfunden als einfache Freundschaft?

Es tut richtig weh ihn so zu sehen und so will ich mich nicht von ihm trennen.
 

Ohne mir groß Gedanken über Anstand zu machen, nehme ich Yugi einfach in den Arm und flüstere in sein Ohr:

„Es tut mir leid, Yugi.“

Dann lasse ich ihn los und hole aus einem Beutel eine silberne Kette mit einem Falkenanhänger, das gleiche Bild wie meine Tätowierung, heraus, die ich Yugi umhänge.

„Hier. Damit du mich nicht so schnell vergisst. Komm mich bald besuchen.“

Yugi will sich wieder verbeugen, aber ich halte ihn fest und schüttle den Kopf.

Ich muss mich zusammen reißen um nicht gleich los zu weinen und auch Yugi kämpft mit den Tränen.

Ich hasse Abschiede. Besonders von geliebten Menschen.

Ein leises „Danke“ von Yugi erreicht mich noch, bevor ich die Leiter herunter klettere.

Stray steht schon bereit und die Anderen sind schon voraus geritten.

Ich reite jetzt auch los, aber bevor ich mich ganz von dem Haus entferne, schaue ich mich noch einmal um.

Ich werde das alles hier schrecklich vermissen. Vor allem natürlich Yugi.

Jetzt kann ich zwei Tränen nicht mehr zurückhalten und es folgen noch ein paar weitere.
 

Werde ich Yugi je wieder sehen können?

Beginn eines neuen Lebens

~~Atemu~~
 

Gegen Abend kann ich endlich in der Ferne den Palast in der untergehenden Sonne erstrahlen sehen.

Er ist noch größer als ich gedacht hatte. Die Pharaonen lassen es sich hier wirklich gut gehen.

Irgendwie fühle ich mich unwohl, wenn ich an mein zukünftiges Leben mit Fremden in diesem Palast denke.

Ohne diejenigen Menschen, die mir vertraut sind und die ich liebe. Ohne meinen Aibou.

Ein Seufzer des Bedauerns kommt unbewusst über meine Lippen.
 

„Atemu?“

Erschrocken blicke ich auf und sehe Shimon neben mir stehen.

Wie habe gar nicht bemerkt, dass er zu mir geritten kam. Wie lange ist er schon hier?

„Was gibt’s, Shimon?“

„Ich wollte Euch mitteilen, dass Shadi und ich entschieden haben eine Nacht in einem Dorf vor Theben zu verbringen. So können wir Euch noch mit den wichtigsten Regeln bekannt machen und Ihr werdet passend eingekleidet.“

Ich nicke als Bestätigung und Shimon wendet sein Pferd um wieder zu Shadi an die Spitze zu reiten, als ich ihn zurückrufe.
 

„Musst du wirklich fremdeln, Shimon? Das hört sich so distanziert und abweisend an. Ich habe doch 17 Jahre bei dir gelebt. Sprech wenigstens du mich mit ,du' an.“

Er neigt den Kopf und antwortet:

„Wie du wünschst, Atemu.“

Dann reitet er wieder zu Shadi und sie unterhalten sich angeregt. Das ist mir sehr recht, denn ich will jetzt meine Ruhe haben um mir über mein neue Situation klar zu werden.

Nie hätte ich gedacht, dass ich von einen auf den anderen Tag alles verlieren kann, was mir je etwas bedeutet hat.

Da ich den Anschluss nicht verlieren will, gebe ich meinem Pferd die Sporen und schließe auf.

Wir reiten noch etwa zwei Stunden weiter und übernachten dann in einem gemütlichen Gasthaus etwa drei Stunden von Theben entfernt.

Meine letzte Nacht als einfacher Bürger.
 

~*~
 

Der Weg am nächsten Morgen durch die Stadt zum Palast hinauf ist ziemlich unangenehm für mich.

Da Shadi und Shimon einige Schritte hinter mir reiten, bin ich der Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit.

Die Straße ist überfüllt von Leute, die am Straßenrand stehen und mir zu jubeln oder mich skeptisch mustern.

Besonders die Älteren unter ihnen sehen mich kritisch an. Gerade so als ob sie mir nicht zutrauen, dass ich Ägypten gut regieren könne.

Auch verunsichern mich die ungewohnten Kleider, die ich ab jetzt tragen muss. Alles wertvolle Gewänder mit schönen Stickereien aus Goldfäden. Für jeden Anlass habe ich ein spezielles Gewand.

Und natürlich Schmuck. Ganz viel Goldschmuck und der ist schwer. Besonders die Krone.

Ich würde lieber meinen einfachen Lendenschurz tragen.
 

Das Palasttor kommt in Sicht und Shimon wechselt an die Spitze um mich bei den Wachen anzumelden.

Wird jetzt jedes Mal, wenn ich irgendwo hin gehe, solche Aufmerksamkeit auf mich gelenkt?

Als wir näher kommen, höre ich wie sich einer der Wachen mit Shimon unterhält.

Kurz darauf öffnen sich die Tore und die Wachen knien sie mit gesenktem Kopf auf den Boden und murmeln dabei:

„Mein Pharao, seid willkommen.“

Ich will mich für den Gruß bedanken, aber ich erinnere mich noch rechtzeitig an eine Regel, die mir Shimon gestern gesagt hatte:

Ein Pharao neigt nur den Kopf um einen Gruß entgegen zu nehmen.

Also tue ich wenigstens das, auch wenn die Wachen es nicht sehen können.

Daran werde ich mich wohl gewöhnen müssen, aber leicht wird das nicht.

Nachdem wir das Tor passiert haben, wird es sofort wieder mit einem dumpfen Schlag geschlossen.

Das klingt so entgültig. Tja, Atemu, willkommen in deinem goldenen Gefängnis.
 

Der Palast wirkt noch größer von innen und überall laufen Menschen hin und her.

Auch erkenne ich viele Sklaven, die zwar gesund aussehen, aber beim genaueren Hinsehen erkennt man Striemen auf den Rücken mancher Sklaven.

Grausam. Warum müssen sie geschlagen werden?

Wir passieren ein weiteres Tor und kommen in einen prächtigen Innenhof.

Eine große Treppe aus Marmor führt zum zentralen Gebäude des Palastes: Dem Thronsaal und Gemächern der mächtigsten Personen im Land.

Also auch den meinen.

Die Strahlen der Mittagssonne lassen die Treppe golden erscheinen.
 

Vor der Treppe halten wir unsere Pferde an. Besser gesagt Shimon uns Shadi halten an, denn ich muss bremsen um nicht in die anderen rein zu reiten.

Sofort eilen Stallburschen auf uns zu, die die Pferde festhalten, während wir absteigen, und sie in die Ställe auf dem vorderen Hof bringen.

Erst jetzt bemerke ich die vielen Menschen, die sich auf und um die Treppe versammelt haben.

Da steht eine kleine Gruppe Priester, ein paar Adlige und viele, viele Sklaven.

Ich seufze leise. Müssen denn so viele mich begrüßen kommen? Es ist ihnen doch noch gar nicht bewiesen, dass ich der neue Pharao bin.

Aber gut, vielleicht ist es hier so üblich einen Besucher zu begrüßen, also dann lassen wir die Show mal beginnen.
 

Ich verkneife es mir den Stallburschen zu danken und versuche meine Unsicherheit durch majestätisches auftreten zu überspielen. Genauso, wie Shadi es mir gestern gezeigt hat.

Es muss wohl doch irgendwie nicht so ganz funktioniert haben, denn ich höre leises Lachen aus der Menge heraus und auch meine zwei Begleiter haben Mühe ein Lächeln zu unterdrücken.

„Du gewöhnst dich schon noch daran, Atemu. Kopf hoch.“

Vielen Dank auch Shimon. Das hilft mir jetzt gerade herzlich wenig.

Als ich nun mehr oder weniger hoheitsvoll die Treppe hinauf gehe, verbeugen sich alle vor mir und senken den Blick.

Dabei fällt mir aber trotzdem auf, dass einige mich verstohlen aus den Augenwinkeln mustern, auch ein Priester im blauen Gewand.
 

Ich betrachte ihn mir ebenfalls genau und habe sofort den Eindruck, dass ich mit ihm noch meine Probleme bekommen werde.

Viel Respekt kann ich sowieso nicht erwarten, da ich viel jünger als die meisten Berater hier bin. Respekt muss ich mir wohl erst noch verdienen.

Ich erreiche die großen Türen, die nachdem noch Shimon, Shadi und fünf andere Personen, auch der Priester von eben, hereingekommen sind, geschlossen.

Was kommt jetzt wohl?

Zuerst sehe ich mich um und vermute, dass wir uns im Thronsaal aufhalten.

So prächtig und mit einem großen Thron an der Stirnwand kann es nur der Thronsaal sein.

Der Thron scheint aus Gold zu sein und hat auf der Lehne die Gestalten von zwei Falken, die in der Mitte von ihnen die Sonnenscheibe hochhalten.

Er sieht schön aus und auf der Sitzfläche liegt auch ein rotes Kissen.

Da meine Begleiter langsam unruhig werden, wende ich mich erwartungsvoll zu ihnen um.
 

Shimon ergreift das Wort und stellt mir nun die anderen Personen vor, von denen drei Priester und zwei Berater sind.

Der Priester im blauen Gewand heißt seht und ist der Hohepriester des Seths. Außerdem ist er mein Cousin 4. Grades.

Wie viele Cousins habe ich denn noch?

Die Frau bei den Priestern ist Isis, die Hohepriesterin der Isis, und der andere ist Mahado, der Hohepriester des Horus.

Die beiden Berater sind je einer für das Finanzwesen und die Wirtschaft verantwortlich.

Shimon und Shadi sind die Oberhäupter einer der Gruppen.

Mir dröhnt jetzt schon der Kopf, aber den Gesichtern nach zu urteilen kommt heute noch einiges auf mich zu.
 

Doch bevor irgendwelche Fragen gestellt werden, stellt Shimon erst einmal mich vor:

„Und dies hier ist Atemu, Akkunumkonans leiblicher Sohn, und der zukünftige Pharao von Ägypten.“

Die Reaktionen hätten nicht gegensätzlicher zu der Szene an der Treppe ausfallen können.

Niemand verbeugte sich oder wirkte erfreut, sondern ausnahmslos alle starren mich an und mustern mich zweifelnd.

Was ist den jetzt los? Vorhin haben sie sich doch auch wie alle anderen verneigt.

Der Priester namens Seth ergreift als Erster das Wort.

„Ihr scherzt, Shimon.“

„Nein, Akkunumkonan hat einen Sohn, der wegen Gefahren für sein junges Leben, nicht im Palast, sondern bei mir aufgewachsen ist.“
 

Dabei wirft Shimon Seth einen verächtlichen Blick zu.

Gibt es da etwas was ich wissen sollte?

Danach werde ich Shimon später befragen, aber beide behalte ich im Auge.

Seth will gerade etwas erwidern, aber Isis fährt dazwischen und stellt nun ihrerseits eine Frage.

„Was macht Euch da so sicher, Shimon? Es gibt viele Jungen, die so aussehen.“

„Ich kenne nur noch einen, der eine solche Frisur trägt, aber schaut Euch diesen Papyrus an um alle Zweifel aufzuräumen.“

Er legt das mir schon bekannte Papier auf ein nahes Tischchen, das mir bisher noch nicht aufgefallen ist, und fordert mich auf den Mantel abzulegen.
 

Ich gehorche und wende mich um damit jeder im Raum das Tattoo sehen kann.

Dann bedeutet Shimon mir nach ein paar Minuten wieder den Mantel anzuziehen und beginnt mit der Erklärung.

Ich sehe wie sich die Zweifel langsam in Erkennung wandeln und zu Ehrerbietung werden.

Alle sehen nach Shimons Erklärung ziemlich betreten aus und suchen nach einer Entschuldigung.

Es herrscht betretene Stille im Raum.

Nicht hier auch noch! Erst verhält sich Yugi so seltsam, dann sind es die Menschen auf den Straßen und jetzt auch noch die Leute im Palast.

Sind Pharaonen denn keine Menschen mehr?

Da immer noch keiner etwas sagt, versuche ich das Gespräch wieder aufleben zu lassen.
 

Mit einer Handbewegung versuche ich ihnen klar zu machen, dass alles in Ordnung ist, und frage in die Runde:

„Ich würde mich gerne hinlegen. Gibt es noch etwas wichtiges zu besprechen oder kann ich mich zurückziehen?“

Shadi holt einen Zettel aus seinem Gewand und antwortet mir:

„Meiner Meinung nach wäre es wichtig einen Termin für Eure Krönung festzulegen und über das Begräbnis Eures Vaters zu sprechen.“

Die anderen nicken zustimmend, aber Seth will noch die Kriegsführung, ein Minister die Finanzen und der Andere den Handel mit den Nachbarländern besprochen haben.
 

Shimon findet, dass das zu viel für den ersten Tag ist und bestimmt, dass nur über die Krönung und die Finanzen gesprochen wird.

Also muss ich mir den restlichen Tag Debatten über Kleidung, Ort, Einladungen, Sicherheit bei der Krönung und die finanzielle Seite anhören.

Das ist langweilig. Ich wünsche mir ein Bett, wo ich mich hinlegen und endlich schlafen kann.

Ich akzeptiere die meisten Entscheidungen, aber bei den Einladungen bestehe ich noch auf einen Freund, den ich aussuche.

Endlich ist der Tag zu Ende und ich befinde mich in meinen Gemächern.

Shimon kommt noch vorbei um mir zu gratulieren, da ich diesen Tag nach anfänglichen Schwierigkeiten doch relativ gut gemeistert habe.

Dann bin ich endlich allein und gehe ich mein Bett.

Nach dem anstrengenden Tag hab ich gar keine Probleme einzuschlafen.

Ein ganz normaler Morgen

~~Yugi~~
 

Als ich aufwache ist es noch dunkel, aber ich höre leises Wiehern und Hufgetrappel auf dem Hof.

Was ist denn jetzt los?

Da ich von meinem Fenster den Hof überblicken kann, stehe ich leise auf, schleiche vorsichtig zum Fenster und schaue auf den Hof.

Ich bin erleichtert als ich nur meinen Großvater im Hof erkennen kann. Es sieht so aus, dass er gerade zum Palast reiten will.

Was will der denn schon so früh dort?

Hoffentlich ist nichts mit Atemu und es geht ihm gut.
 

Ich lege mich wieder ins Bett, aber ich kann nicht wieder einschlafen, denn ich muss an Atemu denken.

Auf einem Tisch neben meinem Bett liegt Atemus Abschiedsgeschenks.

Die silberne Kette mit dem Falkenanhänger.

Die Kette ist zwar schön, aber ich finde, dass sie nicht zu mir passt. Sie ist zu wertvoll für mich.

Wann soll ich sie überhaupt tragen?

Bei der Arbeit? Nein! Ich könnte sie verlieren und niemand würde sie bewundern können. Das wäre zu schade für das gute Stück.

Auch ihm Palast kann ich sie nicht tragen, falls ich dort mal als Besucher hinkommen würde, denn viele würden denken, dass ich sie gestohlen habe. Wo sonst soll ein Bauernjunge schon so eine wertvolle Kette herhaben. Im schlimmsten Fall denken die Wachen ich habe sie aus der Schatzkammer gestohlen.

Ich verwerfe diesen Gedanken jedoch rasch, weil er reine Illusion ist. Ein Bauernjunge im Palast – lächerlich.

Obwohl mein Großvater dort arbeitet, bin ich noch nie dort gewesen.
 

Um Atemu aus meinen Gedanken zu verbannen, wende ich mich meinem Fenster zu und sehe einen leichten roten Himmel.

Die Sonne geht auf.

Schnell stehe ich auf und beobachte den Sonnenaufgang.

Es ist immer ein faszinierendes Schauspiel, dass ich jedoch selten zu sehen bekomme, weil ich immer so lange schlafe.

Atemu liebt den Sonnenaufgang auch. Er hat jeden Morgen bei Sonnenaufgang im Nil gebadet.

Ich will doch nicht mehr an Atemu denken, aber jetzt stürzen verschiedene Erinnerungen wieder auf mich ein.

Ich seufze und stelle fest, dass ich Atemu nicht aus meinen Gedanken verbanne kann und zu jeder Zeit an ihn denken muss. Ich träume sogar von ihm.

Jedesmal wenn ich an ihn denken, bekomme ich auch eine Gänsehaut und ein komisches Gefühl in meinem Bauch.

Ob das schon Liebe ist?

Nach einem kräftigen Frühstück beginne ich mit der Arbeit, die mir heute überhaupt keinen Spaß macht.

Ich vermisse Atemu.
 

Ach Atemu wie geht es dir nur?
 

~~Atemu~~
 

Am nächsten Morgen werde ich von warmen Sonnenstrahlen geweckt und bin erst einmal verwirrt.

Wo bin ich denn hier?

Nur langsam kommen die Erinnerungen an gestern zurück.

Die Menschen in den Straßen, die Leute im Palast und dann auch noch das Treffen mit den Priestern.

Shimon hat mich hierher gebracht und ich bin tot müde ins Bett gefallen.

Ich hatte gar keine Zeit mir mein neues Zimmer genauer anzusehen.

Zimmer ist eigentlich die falsche Bezeichnung für diesen Raum. Gemach trifft es besser.
 

Der Raum ist riesengroß und alle Gegenstände sehen auch überdimensional groß aus, obwohl sie von der Größe hier rein gehören.

Schon alleine das Bett würde für drei Personen reichen.

Auch ist das Gemach sehr prunkvoll eingerichtet.

Die Möbel bestehen aus feinem Holz und sind kunstvoll mit Figuren – teilweise vergoldet – und goldenen Füßen verziert.

Sehr prachtvoll, aber mich erdrückt das alles.

Auch fühle ich mich sehr einsam in diesem großen Zimmer.

Obwohl Yugi nicht im gleichen Zimmer wie ich geschlafen hat, bin ich dort nie so einsam gewesen wie jetzt.

Ob es daran gelegen hat, dass Yugi in meiner Nähe war oder dieses Zimmer hier einfach nur zu groß ist, kann ich nicht sagen.
 

Ein leises Klopfen holt mich aus meinen Gedanken in die Wirklichkeit zurück.

Ich richte mich auf und rufe die Person vor der Tür herein.

Ein junger Mann mit blondem struppeligem Haar und nur mit einem Lendenschurz bekleidet kommt herein. Er ist größer als ich und hat eine muskulöse Gestalt.

Ich schätze ihn etwa so alt wie mich ein.

Ich bemerke auch, dass er eine selbstbewusste Ausstrahlung hat, nicht so schreckhaft und ängstlich wie die anderen Sklaven, die ich kennen gelernt habe und von denen es hier wahrscheinlich sehr viele gibt.

Er wirkt überhaupt nicht wie ein Sklave, wenn er nicht diese Kleidung tragen würde.
 

Trotzdem ist er, kaum dass er die Tür hinter sich geschlossen hat, auf die Knie gefallen und hat den Kopf gesenkt. Ich bedeute ihm aufzustehen.

An diese Regel werde ich mich wohl nie gewöhnen.

Er steht auf und verneigt sich daraufhin aber noch einmal vor mir.

„Ich wünsche Euch einen guten Morgen, mein Pharao. Die Nacht war hoffentlich erholsam.“

Ich verdrehe genervt die Augen und gähne erst einmal kräftig.

Diese Floskeln kann er sich eigentlich sparen.

„Also nicht. Woran hat es gelegen, dass Ihr nicht gut geschlafen habt. Vielleicht kann ich den Fehler beheben?“

Erstaunt ziehe ich die Augenbrauen.

Wie kommt er denn darauf? Ich habe dich gar nichts gesagt ...., aber gegähnt.

„Nein, alles ist in Ordnung. Ich habe sehr gut geschlafen. Darf ich nun erfahren mit wem ich es zu tun habe?“

Dieses arrogante Benehmen hört sich grauenvoll an. So bin ich doch überhaupt nicht. Diese Rolle passt gar nicht zu mir.
 

„Jono ist mein Name, Pharao. Ich bin Ihr persönlicher Sklave. Wenn Ihr einen Wunsch habt, lasst es mich wissen. Außerdem werde ich Ihnen gerne beim Anziehen, Frisieren und Baden behilflich sein, wenn sie es wünschen.“

Daraufhin verneigt er sich noch einmal und scheint auf weitere Anweisungen von mir zu warten.

Ich hätte schon Lust ein Bad zu nehmen, aber mich von jemandem waschen zu lassen? Von Yugi, vielleicht, aber bestimmt von keinem Fremden.

„Vielen Dank, Jono. Es ist genug, wenn du mir das Bad vorbereitest. Nach dem Bad brauche ich dich dann noch beim Frisieren.“

Er nickt und wendet sich schon von mir ab, aber ich rufe ihn noch einmal zurück.

„Außerdem wäre ich die dankbar, wenn du in meiner Gegenwart die Floskeln und das auf den Boden werfen unterlassen könntest.“
 

„Wie Ihr wünscht.“

Mit einer weiteren Verbeugung verschwindet Jono in einem angrenzenden Raum.

Dieser Raum ist mir noch gar nicht aufgefallen.

Kurz darauf höre ich das Rauschen von Wasser, das einige Minuten später wieder aufhört und Jono kommt wieder ins Zimmer.

„Es ist fertig. Ich suche Euch ein Gewand heraus und warte hier.“

Während ich aufstehe und mich auf den Weg ins Bad mache, verschwindet Jono noch einmal mit einem frischen Gewand dort.
 

Das Bad ist durch einem Vorhang vom übrigen Zimmer abgetrennt und um einiges kleiner.

Es wirkt auch nicht so prachtvoll, obwohl es aus Marmor gebaut worden ist, aber das ganze Gold fehlt.

Nässe und Feuchtigkeit scheinen wohl nicht so gut für dieses edle Metall zu sein.

Das Becken nimmt fast den ganzen Raum ein, aber ein Fenster bietet noch einen wunderschönen Ausblick über die Schlossgärten, die ich mir noch genauer ansehen werde.

Vor dem Fenster befindet sich noch eine breite Sitzbank, auf der jetzt mein frisches Gewand liegt.

Auch finde ich in den Ecken und leicht versteckten Winkeln Kerzen stehen, die jetzt nicht angezündet sind.

Ich stelle mir vor wie der Raum bei Nacht und mit den angezündeten Kerzen wirken muss.

Romantisch und sehr gemütlich.
 

Schnell mache ich mich frisch und wechsle mein altes Gewand gegen das Neue aus dem Schrank meines Vaters aus.

Dann komme ich wieder ins Zimmer zurück, indem Jono gerade das Bett macht und die Vorhänge geöffnet hat.

Jetzt stelle ich fest, dass ich in einem der Turmzimmern des Palastes untergebracht bin, denn ich sehr weit über Theben hinaus schauen. Ich entdecke sogar eine Hütte in sehr weiter ferne.

Könnte das das Haus von Shimon sein?

Als Jono mich kommen sieht, wendet er sich sofort mir zu und scheint sich ein Lachen verkneifen zu müssen.

Ich weiß selbst, dass ich ungestylt lächerlich aussehe. Aber soo lächerlich, dass es schon wieder lustig ist?

„Nein, mein Pharao, so könnt ihr nicht vor das Volk treten. Dieses Gewand ist Euch überall zu groß. Wartet ich hole Euch den Palastschneider.“

Damit ist er auch schon aus der Tür verschwunden, jedoch nicht ohne eine Verbeugung.

Während Jono nach dem Palastschneider sucht, mache ich mit die Haare zu meiner Stachelfrisur und lege den schweren Schmuck an.
 

Kaum bin ich mit allem fertig, höre ich wie jemand auf mein Gemach zu kommt und kurz darauf stehen Jono und der Palastschneider in der Tür, wo sich der Palastschneider auch gleich auf den Boden wirft.

Jono bleibt stehen und verneigt sich nur tief.

OK, ich habe ihm erlaubt in meiner Gegenwart das Auf-den-Boden-Werfen zu unterlassen, aber wenn andere dabei sind, sollte er es wohl doch lieber tun.

Ich rede später mit ihm darüber.

Ich gebe dem Palastschneider, dem es offensichtlich nicht gefällt auf dem Boden zu liegen, während ein Sklave stehen darf, ein Zeichen um sich zu erheben.

Einfach nur um die Situation zu entschärfen und zum Problem zu kommen, weswegen Jono den Palastschneider rufen musste, das Jono ihm dann auch sogleich erklärt.

„Der Pharao hat keine Gewänder, die ihm passen. Die Gewänder seines Vaters sind ihm zu groß und seine eigenen sich wohl noch in Arbeit?“

Ich wundere mich über Jonos bestimmten Tonfall und seine gehobene Ausdrucksweise, aber den Palastschneider stört dies überhaupt nicht. Er scheint es sogar gewöhnt zu sein.

„Richtig, sie sind noch nicht ganz fertig.“
 

Der Palastschneider kommt jetzt zu mir und begutachtet mich genauer.

„Es sind nur ein paar kleine Änderungen nötig. In einer halben Stunde könnte ich damit fertig sein.

„Dann ändern Sie's bitte“

Obwohl Jono bisher die ganze Konversation geführt hat, beende ich die Unterhaltung, denn ich habe noch ein Klopfen an der Tür gehört.

Also schicke ich den Palastschneider mit dem Gewand und noch drei Weiteren nach draußen und passe mit Jonos Hilfe ein etwas kleineres Gewand meines Vaters so an, dass ich es einigermaßen tragen kann.

Ich schicke auch Jono hinaus und rufe den vor der Tür Wartenden herein.
 

Shimon kommt mit einem Stapel Akten herein und legt sie auf den Schreibtisch. Dann holt er sich noch einen Stuhl herbei.

Stimmt ja, er will mich heute in die Staatsgeschäfte einweisen, aber bevor Shimon damit anfangen kann, will ich wissen, wie es Yugi geht.

Doch Shimon gibt darauf keine Antwort und beginnt mit seinem Vortrag.

Gelangweilt höre ich ihm zu, aber ich kann denke nur an Yugi.
 

Ach Yugi, was machst du jetzt wohl?

Atemus Krönung

~~Atemu~~
 

Ziemlich erschöpft und mit schwirrendem Kopf schleiche ich mich in einem ruhigen Moment in mein Gemach.

Shimons Unterricht ist schon langweilig und anstrengend gewesen, aber die Audienz für das Volk war eine kleine Katastrophe gewesen.

Ich falle müde in mein Bett und schließe erleichtert die Augen.

Das tut gut.

Auch die Kopfschmerzen lassen langsam nach und ich fange an zu dösen.

Jedoch habe ich nicht lange Ruhe, denn Shimon steht mit drei Priestern im Raum.

Was ist denn jetzt noch…? Ich möchte meine Ruhe haben!
 

Müde richte ich mich auf und mustere die drei, die mit Shimon eingetreten sind.

Seth, Mahado und Shadi.

Sie lassen keine Gedanken erkennen, die sie denken, aber bei Seth lässt eindeutig Genugtuung sehen und er flüstert Mahado etwas zu.

„Zwei Tage, wie ich es gesagt habe. Länger hält er nicht durch.“

Na warte, Freundchen. Dir beweise ich noch was ganz anderes, Seth.

Ich richte meine Aufmerksamkeit auf Shimon.

„Was gibt es noch, Shimon?“

„Deine Krönung steht bevor und das Begräbnis deines Vaters findet morgen statt.“

Ach ja, das habe ich total vergessen.
 

Die Priester wirken plötzlich ziemlich schockiert und schauen Shimon fassungslos an.

Keine Floskel und das „Du“ sind es wahrscheinlich.
 

Tja, dieses Privileg muss sich jeder erst einmal verdienen.

Um eine Diskussion zu vermeiden, stehe ich auf und setze mich an den Tisch im Zimmer, wo auch die Anderen Platz nehmen.

Dann klären mich die Priester über meine Pflichten bei dem morgigen Begräbnis auf.

Ich habe nicht wirklich viel zu tun.

Die ganze Zeit bleibe ich auf meiner Sänfte unter dem Baldachin sitzen und muss eine relativ gleichgültige Miene aufsetzen.

Gefühle gibt es für einen Pharao nicht - Egal ob Trauer, Freude, Freundschaft oder Liebe. Gefühle machen schwach und geben eine Angriffsfläche für meine Feinde.

Schwer wird mir das nicht fallen; Ich kannte meinen Vater nicht.

Mahado und Shadi verabschieden sich danach von uns. Seth und Shimon bleiben noch da.
 

Shimon gibt mir dann eine Liste in die Hand.

„Das ist die Liste der Personen, die zur Krönung eingeladen werden. Schau sie dir mal an.“

Ich lese mit die Liste durch und stelle fest, dass nur hohe Würdenträger und der Adel eingeladen sind.

Jedoch fehlt die wichtigste Person in meinem Leben völlig.

Yugi.

„Shimon, ich bestehe darauf, dass auch Yugi eingeladen wird.“

Irre ich mich oder muss Shimon ein Lächeln unterdrücken? Haben sie etwa schon darüber gesprochen?

Seth zeigt deutliches Unverständnis für meinen Wunsch einen Freund einzuladen.

„Ein Bürgerlicher, ich bitte dich, Atemu. Der hat auf einer solchen Feierlichkeit nichts verloren. Es gehört sich nicht so jemanden einzuladen.“

Ach, du willst mich duzen, Seth? Dir gebe ich dieses Privileg nicht, Priester.
 

Kühl mustere ich Seth, bevor ich ruhig antworte:

„Erstens, habe ich Euch nicht gestattet, mich so unförmlich anzusprechen, Priester Seth. Ich verbitte mir dies in Zukunft. Zweitens, Yugi ist kein Bürgerlicher. Er ist ein guter und langer Freund.“
 

Dann wende ich mich an Shimon, der scheinbar erfreut lächelt.

„Du teilst ihm die Einladung bitte heute noch mit und in zwei Tagen solle er sich entschieden haben.“

Wenn er kommt, muss ich nämlich noch etwas vorbereiten. Ich vermisse ihn ja so...

Vielleicht kann ich ihn ja überreden hier zu bleiben! - Wenn er überhaupt kommt.

So alleine auf dem Hof gefällt es ihm wahrscheinlich nicht besonders.

Niemandem mit dem er reden, spielen und Geheimnisse austauschen kann.

Mir geht es ähnlich, obwohl so viele Menschen um mich herum sind. Doch für diese bin ich Pharao und nichts anderes.

Bis auf Jono behandeln mich die anderen Sklaven wie einen Gott, dabei bin ich auch nur Mensch.
 

Ich richte meinen Blick wieder auf Seth, der sich leicht verbeugt und mir somit zeigt, dass er meinen Befehl akzeptiert.

1 zu 0 für mich.
 

Shimon reicht mir ein weiteres Blatt, auf dem die Speisen stehen, die angeboten werden.

Da ist ja alles dabei...

Obst aus dem eigenen Land und exotische Früchte aus mir fremden Ländern, alle erdenklichen heimische und ausländische Fisch- und Fleischgerichte und sehr, sehr viele unterschiedliche Beilagen.

Auch sind viele Backwaren und Desserts dort aufgelistet, von denen ich noch nicht einmal die Hälfte kenne.

Wer dabei nicht satt wird, dem kann ich nicht mehr helfen.
 

Mit Sicherheit bleibt noch genug für die Sklaven nachher übrig.. Auch sie sollen ein wenig feiern können.

Ich bestätige Shimon, dass er das Festmahl so vorbereiten lassen kann.
 

Als nächstes geht er zur Sitzordnung über.

Wie ich erwartet habe, hat Shimon mich an die Spitze der Tafel gesetzt und natürlich sitze ich erhöht.

Wie könnte es auch anders sein.

Dann folgen nach der Rangfolge die Priester auf der einen Seite und die Berater auf der anderen Seite.

Auf beiden Seiten schließen sich ihnen der Adel und die Botschafter aus den Nachbarländern an.

„Es bleibt jetzt nur die Frage, wo wir den Bürgerlichen Platz nehmen lassen.“

Oh, Seth kann auch noch sprechen.

Ich sehe dieses Mal über die Bezeichnung Yugis hinweg und schaue mir den Plan genauer an. Sogleich finde ich auch einen Platz für ihn, in der Reihe der Berater.

„Yugi sitzt neben Shimon und Odeon.“

Seth öffnet seinen Mund um etwas zu entgegnen, aber er überlegt es sich anders und schließt ihn gleich wieder.

Shimon greift zur Feder und trägt Yugi auf dem Platz ein, den ich für ihn bestimmt habe.

So kann ich mit ihm reden und mich später mit ihn zurück ziehen.
 

Shimons Teil ist erledigt und jetzt erläutert Seth mir die Zeremonie, die auf mich zukommt.

Ich muss zu Beginn einer religiösen Zeremonie beiwohnen, zu der auch das Volk Zutritt hat, und Ra ein Opfer bringen.

Die Götter werden angerufen und sollen gnädig gestimmt werden, bevor ich von Mahado die Krone entgegennehme , die ich mir selbst aufsetze.

Somit bin ich rechtmäßig als Pharao eingesetzt und ich werde zurück in den Palast getragen, während mir das Volk huldigt.
 

Im Palast muss ich zuerst die Glückwünsche der Botschafter und der Palastbewohner entgegennehmen. Dann beginnt das Festmahl und politische Gespräche werden geführt.

Wunderbar, ich freue mich schon sehr auf das politische Festmahl.
 

Seth macht mich auch noch auf eine andere Pflicht aufmerksam.

„An Euch, Pharao, ist es auch, einen Nachfolger zu zeugen. Die Damen aus Eurem Harem werden auch bei dem Fest anwesend sein. Es wäre eine gute Gelegenheit ein paar dieser Frauen kennen zu lernen und vielleicht ergibt sich schon etwas.

Ich soll WAS bitte machen? Keine Chance, Frauen interessieren mich absolut gar nicht!

Ich versuche, mein Entsetzen bestmöglich zu unterdrücken und nicke als Zeichen, dass ich verstanden habe.

Seth und Shimon verabschieden sich und verlassen das Zimmer.

Shimon dreht sich an der Tür noch einmal zu mir um und ich winke ihn zurück.

„Ist noch etwas, Atemu?“

Ich nicke und erkläre ihm dann, was ich mir wünsche.

„Yugi soll während der Feier im Palast neben mir sitzen. Könntest du dies organisieren? Zur Krönungsfeierlichkeit im Tempel braucht ihr nicht zu kommen.“

Shimon lächelt irgendwie wissend, während er antwortet:

„Das wird kein Problem sein, Atemu. Yugi wird da sein, auch wenn ich ihn auf sein Pferd binden muss.“

„Ich hoffe, soweit muss es nicht kommen.“

Dankbar schaue ich ihn an und schicke ihn dann auch nach draußen.
 

~~Yugi~~
 

Bevor es so dunkel wird, dass ich überhaupt nichts mehr sehen kann, gehe ich noch einmal um Haus und kontrolliere, ob alles in Ordnung ist.

Großvater wird heute wahrscheinlich wieder nicht nach Hause kommen...

Die Beerdigung vom ehemaligen Pharao und Atemus Krönung müssen vorbereitet werden.

Als ich aber am Stall vorbeikomme, bemerke ich, dass die Stalltür offen steht und ich nehme eine Stimme von drinnen wahr.
 

Mir läuft es kalt den Rücken herunter. Ich hasse die Dunkelheit und fürchte mich davor.

Atemu hat mich immer ausgelacht und damit aufgezogen.

Auch jetzt will ich nicht in den dunklen Stall, sondern entscheide mich erst einmal zu rufen.

„Wer ist da?“

Meine Stimme klingt ängstlicher als sie sollte, aber ich bleibe dort stehen und warte auf die Antwort, die auch gleich kommt.
 

„Ich bin's Yugi, Shimon.“

„Großvater! Was machst du hier?“

Ich bin erleichtert, dass kein Fremder sich Zugang zum Stall verschafft hat, und eigentlich froh Großvater zu sehen.

Trotzdem wundere ich mich, dass er Atemu momentan alleine lässt.

Das hat mit Sicherheit einen Grund.

„Lass uns zuerst ins Haus gehen oder muss noch etwas kontrolliert werden?“

Ich schüttle den Kopf und helfe Großvater die Stalltür zu schließen.

Im Haus geht Shimon sich umziehen, damit die wertvolle Palastbekleidung nicht verschmutzt wird.
 

Ich erwärme in der Küche Wasser, um Tee machen zu können.

Als ich gerade zwei Becher mit Tee gefüllt habe, kommt Shimon auch schon in die Küche und nimmt sich einen Becher.

Erschöpft lässt er sich auf einen Stuhl fallen und schließt für einen kurzen Moment die Augen.

„Es ist sehr anstrengend im Moment. Auch Atemu scheint leicht überfordert zu sein - oder er ist unkonzentriert.“

Ich setze mich zu Großvater und frage ihn warum er trotz den Probleme auch noch hierher kommt.

„Atemu hat den Wunsch geäußert, dass er dich, Yugi, bei seiner Krönung dabei haben will.“

Atemu lädt mich zu seiner Krönung ein. MICH, einen einfachen Bürger.

Wieso will er mich dabeihaben? Als Sklave etwa?

Als könnte Großvater meine Gedanken lesen, fügt er hinzu:

„Atemu möchte dich als Freund dabeihaben. Er überlässt dir die Entscheidung, ob oder ob nicht. Überlege gut, Yugi.“

Ich passe gar nicht in diese feine Gesellschaft.

Was bezweckt Atemu damit? Ich merke, dass mein Vertrauen in Atemu stark am schwinden ist.

In meinem Kopf schwirren viele Gedanken herum, aus denen sich eine Frage herauskristalisiert.

„Warum mich?“

„Er vermisst dich, Yugi. Vielleicht will er dich einfach wiedersehen. Außerdem vermisst du ihn auch.“

Da hat er gar nicht so unrecht.
 

~~Atemu~~
 

Der Tag meiner Krönung kommt viel zu schnell.

Von Shimon habe ich keine Antwort bekommen, ob Yugi jetzt kommt oder nicht kommen will.

Wahrscheinlich soll es eine Überraschung sein, aber ich will es wissen.

Auf irgendetwas muss ich mich doch freuen dürfen!

Ich habe den Eindruck, dass sich alles auf den heutigen Tag freut, nur ich kann mich nicht freuen.

Danach bin ich endgültig in diesem goldenen Käfig gefangen.

Doch die Menschen kann ich verstehen, denn für sie gibt es wieder jemanden, der über sie herrscht und für alles, was schief läuft, verantwortlich gemacht werden kann.

Ob Yugi auch wütend auf mich ist, wenn ich schwere Fehler mache?

Ich wünschte er wäre hier und würde mich unterstützen.

Nicht als Berater, von denen habe ich genug, sondern als Vertrauten, als Freund, der immer bei mir ist und dem ich vertrauen kann.

Als Freund, der meine Schwächen kennt und diese nicht ausnutzen wird.

Ich möchte ihn als Gleichgestellten bei mir haben; aber das ist unmöglich.

Yugi wird mich als Pharao sehen und sich von selbst unterwerfen.

Trotzdem ist es doch ein Versuch wert?
 

„Pharao Atemu?“

„Ja, Jono. Ich bin hier.“

Ist es schon so spät?

Ich habe gar nicht bemerkt wie die Zeit vergangen ist, so sehr bin ich in meinen Gedanken gewesen.

Schnell verlasse ich den Balkon und werde von Jono empfangen, der mein Gewand und den Schmuck schon bereit gelegt hat.

„Das Bad habe ich Euch schon vorbereitet, wenn Ihr möchtet, helfe ich Euch nachher beim Ankleiden und Frisieren, damit heute auch alles perfekt sitzt.

Ich nicke ihm zu, bevor ich ins Bad verschwinde, aus dem ich kurze Zeit später mit einem Lendenschurz bekleidet wieder herauskomme.

Jono hilft mir in mein Gewand, über dessen Gewicht ich sehr überrascht bin und erst einmal leicht einknicke.

Ein unterdrücktes Lachen von Jono quittiert meine Reaktion, dann erklärt er:

„In diesem Gewand sind viele Edelsteine und goldene Ornamente eingearbeitet. Die haben ein entsprechendes Gewicht. Deshalb wird es nur zweimal im Jahr getragen.“
 

Schnell hat mir Jono aus meinen Haaren eine Frisur gezaubert, auf der die Krone noch bequem Platz hat und nicht herunterfallen kann.

Zufrieden betrachtet er sein Werk und hängt mir dann eine Menge Schmuck um.

Ohrringe, Halsschmuck, die goldene Kette mit dem Falkenkopf, Armreifen, Oberarmreifen, Fußketten; alles aus reinem Gold und mit dem entsprechenden Gewicht.

Boah, wie soll ich das jeden Tag mit mir rumschleppen?

Ich mache täglich eine Menge Krafttraining, wenn ich das trage.

Doch das war leider noch nicht alles.

Jono hängt mir noch einen Umhang auf die Schultern.

Jetzt weiß ich, warum ich zum Tempel getragen werde und nicht hin reite.

Für ein Pferd ist das viel zu schwer. Für mich auch, aber das scheint nebensächlich.

Kaum habe ich mein Gleichgewicht gefunden, klopft es an der Tür und Mahado kommt mir einer kurzen Verbeugung herein.

„Wie ich sehe seid Ihr schon fertig, Prinz Atemu. Dann kann es ja losgehen.“
 

Mahado führt mich zur Sänfte, die von vier kräftigen Männern getragen wird und von einem Wachtrupp geleitet wird.

Mahado reitet auf einem Pferd voraus zum Tempel des Ra, wo auch die anderen Priester warten.

Die Vorhänge werden geschlossen und schaukelnd geht es zum Tempel, wo ich etwas später aus der Sänfte steige.

Alle Priester warten auf mich und geleiten mich zur Opferstätte, an der ich Ra opfere.

Begleitet werde ich von feierlichen Gesängen der Priester, die das Recht besitzen, hier singen zu dürfen.

Ra ist zufrieden gestimmt und jetzt beginnt die eigentliche Zeremonie.

Die Priester bitten für mich um ein langes Leben, eine gute Herrschaft, keine Kriege und einen Erben.

Wie allerdings ein Erbe zustande kommen soll, weiß ich nicht, denn das ich mich mehr zu Männern hingezogen fühle, weiß ich schon länger.

Da können keine Kinder entstehen.

Vielleicht reicht es ja, wenn ich einmal mit einer Frau schlafe..
 

Dann ist es endlich soweit.

Mahado geht zu einer wertvollen Truhe, öffnet sie und hält die Krone in die Höhe.

Ich bekomme einen Schreck.

Die soll ich auch noch zu den ganzen anderen Gewichten tragen? Täglich?

Na danke.

Wie ich es erklärt bekommen habe, nehme ich von Mahado die Krone entgegen und setze sie mit dem Rücken zum Volk auf.

Dann drehe ich mich zum Volk um, das auf die Knie gefallen ist und mir zujubelt.
 

Auch die Priester verbeugen sich tief. Dann geleiten sie mich zur Sänfte, mit der ich zurück zum Palast getragen werde.

Musik und eine jubelnde Menge begleiten mich.
 

Jetzt ist es also entgültig. Ich bin Pharao Atemu...

Der Vorschlag

~~Yugi~~
 

„Yugi! Wo bleibst du denn? Wir kommen noch zu spät.“

Typisch Großvater, immer muss er über pünktlich sein.

Dabei hat er mir gesagt, dass wir erst zu Beginn der Feierlichkeiten im Palast anwesend sein müssen.

Der Palast .... mir wird unbehaglich, wenn ich an dieses Gebäude denke, .... und an Atemu.

Ich bin immer noch der Meinung, dass ich dort nicht hingehöre, aber Atemu will mich dabei haben und ihn möchte ich auch wieder sehen.

Trotzdem er ist Pharao und ich bin nur ein einfacher Bürger.

Dieser Unterschied zwischen uns muss mir stets bewusst sein.

Wir gehören nicht zusammen. Auch wenn ich mir etwas anderes wünsche.

Damit ich einigermaßen gut aussehe, hat Großvater einen Schneider beauftragt mir ein neues festliches Gewand zu schneidern.

Es ist Violettfarben mit dünnen goldenen eingewebten Fäden.

Meine Augenfarbe kommt durch dieses Gewand gut zur Geltung.

Auf Wunsch von Großvater trage ich auch das Abschiedsgeschenk von Atemu, die silberne Kette mit dem Falkenkopf.

Damit das Gewand beim Reiten nicht verschmutzt wird, hat Großvater mir noch einen langen Mantel gegeben, der alles bedeckt.
 

~*~
 

Im Palast herrscht große Aufregung.

Besucher aus fernen Ländern wollen bewirtet werden und die Sklaven müssen noch das Essen vorbereiten sowie den Tisch denken und dekorieren.

Sie haben wirklich alle Hände voll zu tun.

Wie können die Botschafter da noch verlangen, dass sie von ihnen bedient werden?

Damit ich in diesem überdimensional großen Gebäude nicht irgendwo verloren gehe, bleibe ich in Großvaters Nähe, der sich auf den Tisch zu bewegt.

Scheinbar will er auf unsere Platz gehen.

Wo haben die mich eigentlich hingesetzt? Zu den Sklaven?

So wie es aussieht nicht.

Wir bewegen uns immer näher an den Thron heran, der an der Stirnseite aufgestellt ist. Daran anschließend erstrecken sich lange Tische mit vielen Stühlen.

In einer versteckten Ecke entdecke ich noch einen Tisch, der kreisförmig aufgestellt ist und an dem einige Frauen sitzen.

Großvater scheint an unseren Plätzen neben Atemu angekommen zu sein.

Er setzt sich auf den zweiten Platz und bedeutet mit mich direkt neben Atemu zu setzen.
 

Direkt neben Atemu? Warum?

Da ich den Leuten im Weg stehe und Gefahr laufe, dass mein Gewand dreckig wird, setze ich mich zwangsläufig auf meinen Platz.

Interessiert beobachte ich das Geschehen um mich herum.

Dabei fällt mir ein blonder Sklave auf, der die anderen hin und her scheucht und selbst noch einmal alles nachkontrolliert.

Auch trägt dieser im Gegensatz zu den Anderen wertvollen Schmuck um den Hals.

Wer ist das?

Ich frage Großvater danach und bekomme gleich eine Antwort:

„Das ist Jono. Er ist der persönliche Sklave von Atemu und deshalb ein Sklave von hohem Rang. Jono trägt die Verantwortung bei Festvorbereitungen und Ähnlichem. Wenn etwas nicht in Ordnung ist, wird Jono dafür bestraft.“

Aha, also können auch Sklaven in mächtige Positionen kommen und nutzen dann ihre Macht aus, wie man hier deutlich sehen.
 

Gerade schimpft er mit einer sehr jungen Sklavin, weil sie in der Hektik einen Löffel von der Platte verloren hat und dabei etwas von der Platte auf den Boden gefallen ist.

Unwirsch nimmt er ihr die drei Platten ab und schickt sie zurück in die Küche, aus der sie mit Eimer und Wischtuch heraus kommt um den Boden zu säubern.

Jono bringt die Platten in der Zwischenzeit zum Buffet.

Wie kann er einem so jungen Mädchen drei Platten aufladen und dann auch noch zum Tisch bringen lassen?

Ich schüttle nur den Kopf über so viel Unverständnis.

Hier könnte ich nicht leben und mich von diesen armen Menschen bedienen lassen.

Hoffentlich hat sich Atemu nicht so sehr verändert, aber unter diesen Menschen wird es wohl nicht ausbleiben.

Von den Anderen achtet niemand auf die Sklaven, sondern sie unterhalten sich lieber über Politik und Atemu.

Eine hohe Meinung über ihn hat hier keiner.

Ach, Atemu, warum kommst du nicht einfach wieder zurück. Ich vermisse dich. Hier hält dich sowieso nichts.
 

Trompeten, Pauken und Jubelrufe reißen mich aus meinen Erinnerungen, in denen ich gerade schwelge.

Wenn vorhin schon Chaos gewesen ist, dann herrscht jetzt Panik.

Jono schreit noch Anweisungen durch die Gegend und schickt die Sklaven auf ihre Plätze.

Er selbst stellt sich hinter Atemus Thron, wo sein Platz als persönlicher Diener von Atemu ist.

Die Gäste am Tisch haben sich alle erhoben und die Frauen haben ihre Gesichter verschleiert.

Ich stelle mich auch und will von Großvater wissen, was los ist.

„Atemu kommt:“, bekomme ich nur zur Antwort.

Großvater ist also in seine Beraterrolle geschlüpft.

Ich weiß nicht warum, aber ich werde nervös und viele Fragen schießen mir durch den Kopf.

Hat Atemu sich viel verändert? Geht es ihm gut?

Aber die wichtigste Frage ist wohl, ob er sich freut mich zu sehen.

Ich hoffe es.
 

Schon kommt Atemu in den Saal und alle verbeugen sich bzw. die Sklaven knien sich auf den Boden.

Ich schiele durch mein Pony zu Atemu und stelle fest, dass er sich in der kurzen Zeit eine Maske antrainiert haben muss, die keine Gefühlsregungen erkennen lässt.

Jedoch verraten mir seine Augen, die mich erkannt haben, dass er sich freut mich zu sehen.

Ich bin erleichtert und entspanne mich langsam.

Hinter Atemu geht ein Priester, dessen Blicke zwischen Atemu und mir hin und her fliegen, und der ein etwas angewidertes Gesicht macht.

Was hat der bloß?

Die finsteren Blicke, die er mir zuwirft, behagen mir überhaupt nicht.

Es kommt mir so vor, als hätte ich ihm irgendetwas getan, obwohl ich ihn überhaupt nicht kenne.

Auch bemerke ich Blicke von anderen Gästen, die ungläubig manchmal verwundert sind.

Dann kann ich leise geflüsterte Wortfetzen hören:

„...diese Ähnlichkeit...“ „....verwandt....“ „....Zwillinge....“

Wir sehen uns zwar ähnlich, sind aber nicht miteinander verwandt. Gott sei Dank oder leider?
 

Atemu hat sich auf seinen Platz gesetzt und der Priester von eben hat sich in die Tischmitte gestellt.

Er beginnt jetzt damit Länder aufzurufen, deren Botschafter vortreten, Atemu ihre Glückwünsche überbringen und ein Geschenk überreichen.

Aus Persien z.B. bekommt Atemu ein zahmes Tigerpärchen mit den Namen Rani und Kiara.

Was soll Atemu denn bitte mit ausgewachsenen Tigern? Das sind absolut keine Schmusekatzen.

Auch gibt es viele neue Sklaven für ihn.

Ich höre irgendwann nicht mehr zu und widme meine Aufmerksamkeit dem Tischschmuck, die um Längen interessanter als dieses Zeremoniell.

Hätte ich das nicht getan, wäre ich bestimmt gleich eingeschlafen.

Kann der das nicht etwas verkürzen?
 

Die Faszination der Tischdekoration hat mich so in den Bann gezogen, dass ich nicht bemerke wie der Priester endlich zu einem Ende kommt.

Eine Hand, die mir leicht über den Arm streicht, holt mich wieder in die Gegenwart zurück.

Wem diese Hand gehört, brauche ich gar nicht zu sehen, denn nur einer hat so eine zarte Haut.

Atemu.

Als ich der Hand folge, bestätigt sich meine Vermutung.

Atemu scheint erwartet zu haben, dass ich den Besitzer suche, und ich schaue direkt in seine Augen.

So intensiv habe ich seine Augenfarbe gar nicht in Erinnerung und seinen Gesichtsausdruck bin ich auch nicht mehr gewöhnt. So freundlich und gütig.

Hatte er den früher auch schon?

Schnell wende ich meinen Blick wieder ab, denn viel länger kann ich ihn nicht wirklich stand halten.

„Schön, dass du gekommen bist, Yugi.“

So eine weiche Stimme hatte der doch auch noch nicht, als er weg ist?

Atemu, du machst mir Angst.

Ich habe so das unbestimmte Gefühl, dass Atemu heute noch irgendetwas von mir will, und das behagt mit gar nicht.
 

Atemu eröffnet gerade das Buffet und die Sklaven nehmen die Teller von den Gästen, die sie dann beladen wieder zurück bringen.

Während dem Essen werden Gespräche über Politik und Handelsbeziehungen geführt.

Also alles ziemlich uninteressant.

Dann treten noch die Frauen auf und präsentieren einen sehr schönen Bauchtanz, aber mich lässt die Darbietung relativ kalt im Gegensatz zu einigen anderen Männern.

Auch Atemu scheint nicht besonders beeindruckt davon zu sein, aber er applaudiert freundlich und wirft der ein oder anderen Blicke zu.

Wohl auch eine seiner Aufgaben.

Während er mit den Frauen beschäftigt ist, mustere ich ihn etwas von der Seite.

Er hat sich verändert.

Allein schon seine Haltung. So aufrecht hat er in unserer Gegenwart nie gesetzt. Es sieht auch unecht aus.

Auch seine Ausstrahlung ist anders. Früher hat er Freude und Zuneigung ausgestrahlt, jetzt ist es Selbstvertrauen und Macht.

Kann er sich in so kurzer Zeit wirklich so stark verändern?
 

Das Fest neigt sich langsam dem Ende zu und viele der Gäste verabschieden sich.

Reise die etwas heute noch alle wieder zurück? Wahrscheinlich nicht.

Einige rufen zwar nach den Sklaven, die ihre Pferde satteln sollen, aber Andere werden von Sklaven aus der Halle in verschiedene Flure geführt.

Wohl zu ihren Zimmern.

Was machen wir eigentlich? Reitet Großvater mit mir noch zurück oder will er hier bleiben?

Ich will ihm bereits diese Frage stellen, aber da kommt Jono schon auf uns zu und meint:

„Die Zimmer für Eure Gäste sind gerichtet, mein Pharao.“

Atemu nickt daraufhin und bedeutet Großvater und mir ihm zu folgen.

Wir verbeugen uns und warten höflich bis Atemu sich erhoben hat.

Damit ist die Tafel nun entgültig aufgehoben und jeder verabschiedet sich.

Großvater und ich folgen Atemu und Jono durch Türen, Gänge und Flure mit Zimmern zu beiden Seiten bis wir vor einer großen Doppeltür mit dem Symbol des Pharaos anhalten.

Jono öffnet zuerst die Zimmertür zu den Zimmern des Pharaos und dann noch eine kleinere Tür neben dem Zimmer.

Diese Zimmer ist wohl für Atemu und mich vorbereitet worden.

Warum so nahe bei Atemu?
 

Atemu schaut mich kurz an und sein Blick sagt mir, dass er mich noch etwas bei sich haben möchte. Ohne Großvater.

Dieser verabschiedet sich auch schon und wünscht uns noch einen schönen Abend.

Ich folge Atemu in sein Gemach und bin erst einmal schockiert über die Größe und Pracht der Möbelstücke in diesem Zimmer.

Also hier könnte ich mich absolut nicht wohlfühlen. Trotz der ganzen Pracht wirkt dieser Raum unbewohnt.

Es fehlt etwas persönliches von Atemu. Kerzen oder Figuren vielleicht.

Während ich mich umsehe, hilft Jono Atemu aus seinen Kleidern und aus dem Schmuck.

Nachdem Atemu ein leichtes Gewand angezogen hat, schickt er auch Jono hinaus und ich bin jetzt mit ihm alleine.

Eine seltsame Stille liegt zwischen uns, die Atemu als Erster unterbricht.

„Du siehst gut aus, Yugi.“

Ich eröte leicht und gebe das Kompliment zurück.

Dann plaudern wir etwas über die vergangene Zeit nach Atemus Abschied.

Auch ist ihm aufgefallen, dass ich sein Abschiedsgeschenk trage, was er gut findet.
 

Schließlich scheint Atemu zum Kern des Gespräches zu kommen.

„Yugi, bist du nicht einsam, alleine auf dem großen Hof von deinem Großvater?“

Hoppla, eine sehr direkte Frage.

Ich versuche in Atemus Gesicht zu lesen, was er damit bezweckt, aber so wirklich kann ich es nicht erkennen.

Obwohl er während dem Gespräch seine Maske von vorhin abgelegt hat und jetzt der Atemu ist den ich kenne.

Ich muss mich wohl überraschen lassen, aber ich hasse sowas.

„Es ist schon irgendwie einsam ohne euch, aber ich habe genug Arbeit, die gemacht werden muss, und die Tiere.“

Diese Antwort scheint Atemu nicht zufrieden zu stellen, aber er fragt nicht weiter nach, sondern fährt fort:

„Ich vermisse dich, Yugi. Mir fehlt hier sehr viel und ich glaube dir geht es nicht viel anders. Deshalb möchte ich dir einen Vorschlag machen.“

Er kennt mich zu gut. Für ihn bin ich wie ein offenes Buch.

„Was für ein Vorschlag, Atemu?“

Das Misstrauen kann ich nicht ganz aus meiner Stimme verbannen, denn bei solchen Sätzen ist meistens nichts Gutes bei Atemu gekommen.
 

„Yugi, ich möchte, dass du hier bleibst, und mein Vertrauter wirst.“

Bedenkzeit

~~Yugi~~
 

„Ich möchte, dass du hier bleibst und mein Vertrauter wirst!“

Atemu überrumpelt mich mit seinem Wunsch total.

Was will er mit mir als Vertrauten? Ich habe doch keine Ahnung von Regierungsgeschäften.

Es gibt bestimmt andere, die dafür besser geeignet sind!

So ganz kann ich mir nicht vorstellen, warum er außgerechnet mir so eine wichtige Stellung geben will.

Wir kennen uns zwar sehr lange und vertrauen uns auch. aber reicht das aus?

Heute auf dem Fest habe ich den Eindruck bekommen, dass ich Atemu nicht richtig kenne.

Einige Verhaltensweisen sind mir bis zum Fest an Atemu noch völlig unbekannt gewesen. Diese Verhaltensweisen sind mir auch nicht besonders geheuer.

Aber es ist verlockent in seiner Nähe sein zu können, auch wenn er sich wahrscheinlich nicht für mich besonders interessieren würde.

Wie soll ich mich entscheiden?
 

„Und, Yugi? Was sagst du dazu? Nimmst du mein Angebot an?“

Er erwartet jetzt schon eine Antwort von mir!

Unsicher stottere ich also den Anfang vor mich hin:

„Es kommt....sehr über-....raschend, Ate....Pharao. Gebt Ihr mir noch etwas Bedenkzeit?“

Meine Stimme zittert erbärmlich, aber ich bekomme sie nicht unter Kontrolle.

Atemu antwortet mir sofort auf meine Frage..

„Nimm dir soviel Zeit wie du brauchst, Yugi. Du musst dich nicht heute entscheiden.“

Aber in einer Woche. Mehr Zeit steht mir laut Gesetz in diesem Fall nicht zu.

Atemus Stimme klingt jedoch irgendwie komisch. Enttäuscht!

Ich schaue zu ihm auf, aber er hat sich von mir weg gedreht und geht langsam in Richtung Tür.

„Komm! Wir gehen wieder nach unten. Sicher werde ich schon vermisst.“
 

Schweigend folge ich Atemu zurück zur Feuer.

Er hat Recht. Die Gäste haben ihn vermisst, aber mir schenkt keiner große Aufmerksamkeit. Dann merkt auch keiner, wenn ich nach Hause reite.

Ich muss dringend nachdenken.

Die Vertrautheit in Atemus Gemach ist jetzt wieder einer distanzierten Haltung gewichen.

Mit einer Verneigung verabschiede ich mich von Atemu, bevor alle anderen Gäste auf uns aufmerksam werden und auf sehr falsche Gedanken kommen könnten.

Ich lasse ihm den Vortritt und verschwinde unauffällig in der Menge, wo ich Großvater suche, den ich bald auf einem der Balkone finde.

Er ist in ein Gespräch mit einem ausländischen Botschafter vertieft.

Vorsichtig mache ich ihn auf mich aufmerksam und schließlich winkt er mich zu sich.
 

Seufzend folge ich dem Wink meines Großvaters und stelle mich höflich dem Gesprächspatner vor.

Er ist der persische Prinz.

Zwar sieht er nicht so aus, aber ich verbeuge mich trotzdem.

„Du siehst dem Pharao sehr ähnlich, Yugi. Seit ihr verwandt?“

Er beherrscht ägyptisch sehr gut, doch trotzdem höre ich einen leichten Akzent.

„Nur Zufall, Prinz!“

Ich werde Großvater einen flehenden Blick zu, denn ich muss dringend mit ihm reden.

Er verabschiedet sich freundlich von seinem Gesprächspartner und sucht dann mit mir eine ungestörte Ecke.
 

„Was gibt’s, Yugi?“

„Ich möchte nach Hause, Großvater. Kommst du mit oder was hast du noch vor?“

Großvater wirkt überrascht und will sofort wissen, was passiert ist, aber eigentlich ist ja nichts passiert.

Atemu hat mich nur gefragt, ob ich bei ihm arbeiten möchte!

Doch davon soll Großvater nichts mitbekommen, darum verneine ich seine Frage.

„Ich bin einfach nur müde.“

„OK. ich sage Atemu Bescheid, dass du gehst. Er muss der Wache befehlen dich gehen zu lassen. Ansonsten kommst du hier nicht raus. Ich werde über Nacht hierbleiben, wenn es dir nichts ausmacht.“

Ich nicke und gehe dann zu meinem Pferd.
 

~~Atemu~~
 

Kaum komme ich zurück in den Saal, stürmen schon wieder viele Menschen auf mich zu, die irgendetwas mit mir bereden wollen.

Egal ob eine Beglückwünschung, ein Vertrag oder einfach nur um ein Wort mit mir zu wechseln.

In diesem ganzen Gedränge verschwindet Yugi schnell aus meiner Nähe, was ich ziemlich schade finde.

Schließlich WILL ich IHN bei mir haben und zwar nur ihn.

Es reden nämlich auch Väter mit mir, die ihre Tochter gerne mit mir verheiraten möchten, aber ich lehne alle Angebote höflich, aber bestimmt, ab.

Zwar muss ich einen Nachfolger zeugen, aber dafür genügt auch eine Frau aus meinem Harem.

Heute Abend sehe ich diese Frauen zum ersten Mal und werde mich wohl für die Mutter meines Sohnes entscheiden, um die Sache so schnell wie möglich hinter mich zu bringen.

Sie sollen einen Tanz für mich vorbereitet haben.
 

Als sich der Ansturm endlich legt, freue ich mich schon auf ein bisschen Ruhe, aber Ruhe gibt es für mich nicht.

Shimon kommt auf mich zugeeilt.

„Kommst du zurecht, Atemu?“

Ich nicke, während ich mich umschaue und nach einem bestimmten Haarschopf suche, der sich normalerweise in Shimons Nähe aufhält, aber Yugi bleibt verschwunden.

„Wo steckt Yugi, Shimon?“

„Gut, dass du mich erinnerst! Er möchte nach Hause. Gibst du den Wachen am Tor Bescheid, dass er gehen darf?“
 

Er will schon gehen ohne mir eine Antwort gegeben zu haben? Ist irgendetwas vorgefallen? Ich wüsste nicht.

Mir ist es eigentlich nicht recht. Zum Einen möchte ich meine Antwort haben, zum Anderen wird es dunkel und Räuber fallen in letzter Zeit viele Reisende.

Gerade Yugi ist ein typisches Opfer.

Ich befürchte auch, dass ich ihn danach nicht wieder zu Gesicht bekommen werde.

Doch hier einsperren darf ich ihn nicht!

Denn dann habe ich ihn mit Sicherheit verloren.

Also gebe ich den Befehl, aber zwei Wachen müssen ihn begleiten. Ich darf hier leider nicht weg.

Ich kann ihn ja jeder Zeit besuchen, wenn er mir keine Antwort gibt, und ihn an mein Angebot erinnern.

Hoffentlich kommt er gut zu Hause an!
 

Für mich geht das Fest weiter und jetzt kommt noch ein weiterer Höhepunkt des Festes:

Die Wachen und Sklaven des Palastes müssen mir die Treue schwören.

Das Gesetz schreibt vor, dass jeder, der mir die Treue verweigert, getötet werden muss.

Dafür gehe ich mit meinen Beratern und Priestern auf den großen Balkon, der über den Hof reicht, wo sich schon alle versammelt haben soweit ich das sehen kann.

Der blonde Schopf von Jono und die lange Feder auf dem Helm des Hauptmannes stechen mit sofort ins Auge.

Mahado tritt an die Brüstung und spricht zuerst ein paar Worte an die Wachen und Sklaven, bevor er die Leitung dieser Zeremonie an Shadi weiter gibt.

„Grüßt den Pharao!“, schreit Shadi über den Hof.

Daraufhin knien sich alle in den Staub des Hofes und grüßen mich mit einem dreimaligen Hochlob.

Es folgt der Schwur und dann muss ich sie segnenl.
 

Im Gegensatz zu den anderen Zeremonie ist diese recht schnell und vor allem problemlos vollzogen worden.

Die Gäste, Berater, Priester und ich kehren wieder in den Festsaal zurück, während die Wachen und Sklaven ihren unterbrochenen Aufgaben nachgehen.

Jetzt unterhalte ich mich mit meinen Gästen und esse.

Alles recht langweilig, aber es muss sein.

Leider!

Zumindest kann ich so mit Hilfe von Shimon einige billigere Handelsabkommen aushandeln, aber das bleibt das einzig positive.
 

Erst gegen Mitternacht neigt sich das Fest seinem abschließenden Höhepunkt zu.

Dem Tanz der Frauen aus meinem Harem!

Ich habe diesen Tanz bisher erfolgreich verdrängen können, doch kommt mir seine Bedeutung wieder stärker ins Gedächtnis:

Heute Abend sollte ich mir schon die zukünftige Mutter meines Sohnes aussuchen und am Besten auch noch gleich zur Tat schreiten.

Doch ich liebe nun mal nur Yugi!

Das ist mir heute Abend sehr deutlich klar geworden, als er abgereist ist.

IHN will ich an meiner Seite haben! Sonst niemanden!

Aber das Königreich benötigt auch einen Nachfolger, den ich zeugen muss.

Ich werde diese Aufgabe so schnell wie möglich hinter mich bringen und dann nicht mehr daran denken.
 

Die Frauen haben sich bereits erhoben und in einer viereckigen Formation in der Tafelmitte aufgestellt.

Jede ist deutlich sichtbar und sie unterscheiden sich auch noch am Schleier.

Doch eine Frage drängt sich mir auf:

Wie soll ich mich für eine entscheiden, wenn ich sie ihr Gesicht nicht sehe?

Auch weiß ich nicht wie ich einer von ihnen das Zeichen geben soll, welches zeigt, dass sie meine Auserwählte ist.

Ich frage zwangsweise Shimon danach, der mir das dann sehr leise erklärt.

Auch ist es Shimon, der mir während dem Tanz die Damen mit Namen vorstellt.

Eine junge Frau, vielleicht 18 höchstens 20, hat es mir dann doch angetan.

Kariko ist ihr Name.

Ihr gebe ich am Ende auch unauffällig das Zeichen.
 

Nach dem Tanz ist dann auch das Fest endlich vorbei.

Alle Gäste verabschieden sich von mir und ziehen sich entweder in ihre Gästezimmer zurück oder reisen nach Hause, wenn der Weg nicht zu weit entfernt ist.

Ich ziehe mich schließlich auch in mein Gemach zurück, wo Jono schon auf mich wartet um mir beim Entkleiden zu helfen.

„Ein schönes Fest, nicht Pharao?“

„Ja! Ihr habt das Essen wirklich sehr gut organisiert, Jono. Wartet mit dem Abräumen bis morgen und das übrig gebliebene Essen könnt ihr Sklaven gerne haben. Schließlich hattet ihr die ganze Arbeit damit.“

„Ihr seid zu gütig, Pharao. Vielen Dank!“

Jono kämmt mir noch die Haare, bevor ich ihn dann weg schicke.

Kaum ist er weg, kommt auch schon Kariko durch die Geheimtür, die mein Gemach mit dem Harem verbindet.

Es wird eine lange Nacht werden.

Überraschendes Aufeinandertreffen

~~Atemu~~
 

Mittlerweile liegt das Fest schon einige Wochen zurück.

Die Nacht mit Kariku liegt ebenso einige Wochen zurück und die Mediziner haben mir endlich mitgeteilt, dass Kariku mit hoher Wahrscheinlichkeit schwanger ist.

Wenn alles gut geht, wird es ein Junge, was die Erbfolge ist sichert. Wenn dem nicht so ist, müssen wir es zwangsläufig noch einmal versuchen, was ich nicht unbedingt hoffe.

Die Palastbewohner gehen wieder ihren alltäglichen Arbeiten nach wie ich auch.

Meine Arbeit ist langsam Routine geworden und ich habe mich an das Leben hier gewöhnt.

Auch habe ich einige richtige Freunde hier gefunden: Jono, Shimon, Stadium und Mahagoni.

Sie unterstützen mich auf ihre Art so gut sie es können. Auch wenn sie so unterschiedlich sind.

Ich könnte eigentlich richtig glücklich sein, aber zu meinem Glück fehlt mir mein Gegenstück: Yugi.

Seit dem Fest habe ich ihn nicht mehr gesprochen geschweige denn gesehen.

Er scheint mich einfach nicht sehen zu wollen und Shimon bringt mir auch keine Nachrichten von Yugi.

Ob er mein Angebot annehmen will oder ablehnt, hat er mir auch noch nicht mitgeteilt und das will ich endlich wissen.

Deshalb habe ich für heute einen Entschluss gefasst:

Ich werde nach den Audienzen zusammen mit Shimon zu Yugi reiten und eine Antwort von ihm verlangen.

Es ist ja wohl nicht so schwer mit einem Ja oder einem Nein zu antworten! Da braucht Yugi keine Wochen für!
 

Der Tag vergeht schneller als ich gedacht habe.

Heute geht es um die Bestrafung von einigen Verbrechern, die in meinem Gefängnis schmoren.

Danach treffe ich mich mit meinen Priestern und Beratern um ihnen die Regierungsgeschäfte zu übertragen.

Seto hat natürlich an meinem Plan wieder mal etwas auszusetzen, aber ein scharfer Blick genügt mittlerweile um ihn zum Schweigen zu bringen.

Zum Abschied muss ich mich dann doch noch einmal frisch machen lassen, damit wir gleich starten können.

Jono steht mir dafür zur Verfügung, aber er scheint mit seinen Gedanken nicht so ganz bei der Sache zu sein, denn er hält mir meine Festrobe von der Krönung plötzlich vor die Nase.

„Jono, ich gehe reiten und werde nicht noch einmal gekrönt.“

„Entschuldigt, Pharao!“

Schnell holt er die richtigen Sachen aus dem Schrank und macht seine Sache bis zum Schluss besser.

Trotzdem macht er auf mich den Eindruck, das etwas nicht stimmt.

„Was ist los, Jono?“

„Es ist nichts, Pharao! Wirklich!“

Wer's glaubt! Doch ich kann mir schon denken, was er hat. Ich reite nämlich ohne Sklaven und Wachen durch die Wüste.

Ich möchte einfach keinen von denen dabei haben, aber ...... ich werfe Jono einen kurzen Blick zu.

„Würdest du gerne mit mir kommen wollen?“
 

Jono schaut mich überrascht an.

„Würdet Ihr mich wirklich mitnehmen?“

„Natürlich würde ich das. Du könntest mir sogar helfen, Jono.“

Ungläubig schaut er mich an, aber ich habe eine Idee bekommen.

Jono und Yugi sind sich charakterlich recht ähnlich, deshalb könnte er Yugi überzeugen, falls Yugi nicht mitkommen möchte. Mir wird er nämlich nicht glauben!

„Komm, mach dich fertig und sag im Stall Bescheid, dass drei Pferde fertig gemacht werden müssen. Meines, Shimons und du suchst dir eines aus.“

„Vielen Dank, Pharao!“

Jono fällt zum ersten Mal vor mir auf die Knie und bedankt sich mehrmals bei mir.

Ich erinnere ihn freundlich an unsere Abmachung, nach der er vor mir nicht knien muss, und er führt meine Anweisungen danach gleich aus.

Die letzten meiner Reisevorbereitungen treffe ich alleine.
 

~
 

Am Nachmittag habe ich die letzten Audienzen hinter mich gebracht und Shimon ist auch mit seinen Besprechungen fertig.

Für ihn ist es ungewöhnlich, dass er den Palast einfach so an seinem freien Tag verlässt und deshalb muss er noch letzte Anweisungen geben und Termine tauschen, damit das Leben im Palast ungestört weiter gehen kann.

Jono ist schon lange mit seinen Vorbereitungen fertig. Viel hat er auch nicht regeln müssen, denn das meiste regelt die Palastordnung von selbst.

Er kann beruhigt verschwinden, denn momentan sind keine größeren Feste geplant.

Ich bin sehr froh, dass er mitkommen möchte. So habe ich noch einen guten Freund dabei.

Auch Shimon freut sich über Jonos Begleitung.

Die Gespräche mit Jono sind immer unterhaltsam und er weiß viele Geschichten von den Palastbewohnern zu erzählen. Auch Shimon und ich bekommen einiges über unsere Stellung unter den Sklaven zu hören

So vergeht der Ritt wie im Flug.

Plötzlich sehen wir schon von weitem Shimons Haus. Yugi arbeitet davor in der Dämmerung am Gemüsebeet.

Shimon wundert sich was sein Enkel so spät noch am Arbeiten ist. Selbst Jono reagiert verwundert auf dieses Bild, obwohl er an Arbeit bis spät in die Nacht gewöhnt ist.

Er hat wahrscheinlich noch nie einen Bürger so lange arbeiten sehen.

Doch Yugi ist da eigen.

Wenn er eine Arbeit über den Tag nicht beendet hat, dann arbeitet er manchmal bis tief in die Nacht um sie zu beenden, bevor neue Aufgaben dazu kommen.
 

~~Yugi~~
 

Erst als ich die grünen Pflanzen nicht mehr von der dunklen Erde unterscheiden kann, höre ich auf mit der Arbeit an unserem Gemüse.

Im letzten Tageslicht räume ich mein Werkzeug weg, wasche mir die dreckigen Hände am Brunnen sauber und versorge dann noch Ikarus für die Nacht.

Mit einem freudigen Wiehern empfängt er mich auch schon an der Stalltür.

Da ja sonst kein Pferd auf dem Hof ist, lasse ich ihn meistens tagsüber frei herum laufen.

„Na, du wartest ja schon hier!“

Ich öffne ihm die Stalltür und Ikarus läuft von selbst in seine Box.

Das Futter, Wasser und Heu fülle ich noch schnell auf und schließe dann auch gleich, nach einer kurzen Streicheleinheit bei Ikarus die Stalltür wieder.

Bevor ich dann auch ins Haus gehe, fülle ich noch zwei Krüge mit Wasser. Den einen zum Kochen und den anderen zum Waschen.

Mittlerweile ist auch das letzte Tageslicht verschwunden.
 

In der Küche entzünde ich mir zu aller erst eine Laterne um beim Kochen Licht zu haben.

Dann verschwinde ich in die Vorratskammer und suche mir mein Abendessen zusammen.

Viel ist nicht mehr übrig!

Großvater muss dringend wieder einkaufen!

Trotzdem finde ich ein paar Stücke Kamelfleisch, Möhren aus eigenem Anbau und noch relativ frisches Obst zum Nachtisch.

Das Kamelfleisch ist eingelegt, sodass ich es nicht nur noch erwärmen muss.

Die Möhren muss ich aber kochen, denn roh vertrage ich sie nicht.

Also suche ich mir einen kleinen Topf, mache in der Kochstelle ein Feuer und schäle die Möhren in den Topf.

Dann setze ich sie mit ein bisschen Wasser auf und lasse sie kochen bis sie gar sind.

Das Kamelfleisch stelle ich im Krug dann direkt ins Feuer, um es etwas zu erhitzen.

In der restlichen Kochzeit heize ich mein Zimmer und fülle meine Waschschüssel auf.
 

Als ich wieder in die Küche gehe, höre ich plötzlich das Wiehern von mindestens drei Pferden.

Wer kommt denn so spät noch hier vorbei?

Großvater kann es nicht sein, denn unter der Woche kommt er meistens nicht nach Hause, weil er Atemu unterstützen muss.

Ich habe ihn sowieso schon seit Wochen nicht mehr gesehen.

Er kommt spät abends vorbei und reitet sehr früh morgens schon wieder zum Palast.

Dann können das nur noch Räuber sein!

„Bitte nicht das!“

Schnell lösche ich das Licht und das Feuer, aber es ist zu spät.

Die Personen sind schon an der noch nicht abgeschlossenen Tür und werden sie gleich öffnen.

Die Tür hätte ich gleich abschließen sollen!

Ich erstarre in der Küche und hoffe, dass die Leute vor der Tür gleich wieder verschwinden.
 

„Yugi?! Ich bin es und habe zwei Gäste dabei. Öffnest du uns die Tür?“

Die Angst wandelt sich in große Freude, als ich die Stimme von Großvater erkenne.

Das Entzünden der Lampe fällt mir mit meinen vor Freude zitternden Fingern ziemlich schwer, aber schließlich schaffe ich es doch.

Dann renne ich zur Tür und reiße die Tür regelrecht auf um Großvater freudig zu begrüßen, aber als ich die Besucher erkenne, halte ich jäh inne.

„Hallo, Yugi!“

„Pharao Atemu!“

Vor Schreck lasse ich die Lampe fallen und vergesse total den Gruß zu entrichten.

„Oh, Yugi, das war unsere letzte Lampe!“

„Ich habe noch ein paar Lampen mitgebracht, Berater Shimon. Hier!“

Ein für mich unbekannter Besucher reicht Großvater eine bereits entzündete neue Lampe.
 

„Vielen Dank, Jono! Kommt herein! Ich hasse es zwischen Tür und Angel zu reden. Was kochst du da, Yugi?“

„Eingelegtes Kamelfleisch mit Möhren!“

Großvater führt Atemu und Jono in die Küche, wo auch gleich ein neues Feuer in der Kochstelle entzündet wird.

Ich höre auch wie jemand den Tisch deckt und noch mehr Töpfe aufstellt.

Für vier Personen reicht das Essen ja auch nicht mehr.

Ich bleibe im Flur stehen. Total überrumpelt!

Was machen sie hier? Haben sie nicht genug im Palast zu tun?

Anscheinend hat Atemu als Pharao viel Freizeit und auch viele Freiheiten, aber Großvater hat doch immer so viel im Palast zu tun, oder nicht?

Erst als Großvater mich in die Küche ruft, geben mich meine Gedanken frei.

Ich schließe die Tür ab und komme dann in die Küche.
 

Der Mann namens Jono hantiert am Herd und kocht ein regelrechtes Festmahl.

Im Licht des Feuers sehe ich an seiner Kleidung, dass Jono ein Sklave im Palast ist.

Reitet Atemu jetzt nur noch mit einem Sklaven weg?

Früher hat es ihm nie etwas ausgemacht, dass er sich selbst um etwas zu essen kümmern musste.

Ich schaue mich nach Großvater um und sehe, dass die Tür zur Vorratskammer offen steht.

Da Atemu am Tisch sitzt, vermute ich dort meinen Großvater.

Also gehe ich kurzerhand dort hinein und werde natürlich gleich fündig.

„Du musst wieder einkaufen, Großvater.“

„Das sehe ich auch, Yugi. Morgen gehe ich in die Stadt zurück und besorge uns neue Nahrungsmittel. Für vier Personen reichen unsere Vorräte auch nicht aus.“

Ich stutze. Für vier Personen? Wir sind doch höchstens zwei, wenn Großvater mal zu Hause ist.

„Wie lange will Atemu denn bleiben?“

„Solange wie nötig!“

Was soll das denn jetzt für eine Antwort sein?

„Komm, lass uns essen und dann möchte ich schlafen gehen. Es war ein anstrengender Tag!“

Das kann ich mir vorstellen. Der Ritt hierher ist nicht einfach.
 

Als wir zurück kommen, hat Jono das Essen schon auf den Tisch gestellt und verteilt es gerade auf die Teller.

Großvater und Atemu sitzen auf ihren normalen Plätzen.

Mein Platz wäre jetzt normalerweise neben Atemu, aber dort will ich eigentlich nicht sitzen.

Doch mir bleibt nichts anderes übrig, denn Jono hat sich schon auf den einzigen anderen freien Platz gesetzt.

So muss ich mich zwangsweise neben Atemu setzen, der mich während dem Essen die ganze Zeit beobachtet.

Wie ich das hasse!

Das Essen schmeckt übrigens vorzüglich.

Jono ist ein sehr guter Koch.

Mich würde wirklich interessieren, was er im Palast macht, denn nicht jeder Sklave kann so gut kochen, aber ich traue mich nicht ihn danach zu fragen.

Er wirkt auch sehr sympathisch. Ganz anders als die Sklaven im Palast, die ich beim Fest gesehen habe.
 

Plötzlich richtet Atemu das Wort an mich und lenkt mich von Jono ab.

„Eigentlich hat es ja einen Grund, dass wir hier sind. Ich möchte dich noch einmal an mein Angebot erinnern, Yugi, und hätte gerne eine Antwort.“

Erstaunt ziehe ich die Augenbrauen hoch.

Von welchem Angebot spricht Atemu da?? Habe ich irgendetwas nicht mitbekommen?

Atemu hilft meinem müden Gedächtnis noch einmal auf die Sprünge.

„Während meiner Krönung habe ich dir Angeboten mein Berater zu werden.“

Ach ja, diiiiiiiiiiiiiiiiieses Angebot!

Das habe ich wohl erfolgreich verdrängt.

Verlegen lächle ich um meine Verlegenheit zu überspielen.

Um ehrlich zu sein, habe ich mit mir noch keine Gedanken darüber gemacht.

Jedoch will ich mein Leben hier nicht gegen ein Leben aus dem Palast eintauschen und auch nicht wie Großvater ständig hin und her reiten.
 

Doch das kann ich Atemu nicht einfach so vor versammelter Mannschaft ins Gesicht sagen.

So täusche ich eine gewisse Müdigkeit vor und mache Atemu deutlich, dass ich jetzt keine solche Probleme mit ihm wälzen möchte.

„Es tut mir sehr Leid, Pharao, aber Ihr müsst verstehen, dass Arbeit müde macht.“

Ich glaube mich schon aus dem Schneider, der hat Atemu eine besonderen Bitte an Shimon.

„Ist es in Ordnung, wenn ich in meinem alten Bett schlafe, Shimon? Falls es noch steht, natürlich!“

„Natürlich, Atemu! Es ist alles noch so wie du es verlassen hast. Jono, du kannst dann im Gästezimmer schlafen, wenn du möchtest.“

Jono bedankt sich höflich, aber er zieht es vor im Stall zu schlafen.

Verstehen kann ich ihn gut, dort würde ich auch gerne schlafen. Am besten soweit entfernt wie es nur geht von Atemu!
 

Nach dem Essen räume ich den Tisch ab und will Jono beim Abwasch helfen, aber er lehnt meine Hilfe dankend ab.

Irgendwie kommt mir der junge Mann, seit Atemu von seiner Krönung gesprochen hat, plötzlich sehr bekannt vor.

Aber gehe ich erst einmal in mein Zimmer und will eine Nacht über die Ereignisse heute schlafen.

Großvater und Atemu sind gegenüber und unterhalten sich dort noch ein wenig.

Leise ziehe ich mich um und wasche mich, bevor ich in mein Bett verschwinde.

Großvater kommt noch kurz vorbei und wünscht mir eine gute Nacht.

„Morgen muss ich mit dir reden, Yugi. Es ist wichtig.“

Kaum ist Großvaters verschwunden, steht Atemu in meinem Zimmer.

„Gute Nacht, Yugi!“

„Wünsche ich Euch auch, Pharao! Schlaft gut!“

Hoffentlich habe ich jetzt meine Ruhe!

Yugis Antwort

~~Yugi~~
 

Am nächsten Tag erwache ich ziemlich spät und es herrscht eine besondere Ruhe im sowie um das Haus. Sehr ungewohnt!

Gott sei Dank, Atemu und Jono sind weg!

Doch sobald ich zum Frühstück in die Küche komme, schlägt mir schon Jonos Anblick entgegen, der über den letzten Vorbereitungen für das Frühstück hängt.

Na, super!

Atemu und mein Großvater sitzen schon am Tisch und unterhalten sich angeregt.

„Guten Morgen, Yugi! Frühstückst du mit uns?“

Jono bemerkt mich von allen Anwesenden als Erster.

Jetzt erst wenden sich auch die anderen beiden mir zu und wünschen mir einen guten Morgen.

Atemu bietet mir auch den Platz neben sich an, aber ich habe nicht vor mit ihnen zu frühstücken.

Sie sollen beide nur verschwinden und im Palast bleiben.

„Nein, ich muss arbeiten. Das Gemüse wächst nicht von alleine und die Tiere müssen versorgt werden. Es ist schließlich schon spät.“

Bevor sie mich noch zurückhalten können, verschwinde ich schnell aus dem Haus.

Wenn Atemu eine Antwort haben will, soll er mich auch in Ruhe überlegen lassen.

Obwohl ... eigentlich habe ich die Antwort schon gefunden: Nein!

Ich weiß nur noch nicht, wie ich ihm das beibringen soll.
 

Im Stall werde ich von Ikarus freudig erwartet, aber er wirkt ein wenig unruhig.

Den Grund dafür höre ich gleich darauf: Stray begrüßt mich freudig aus der Nachbarbox.

Das gefällt meinem Pferd natürlich ganz und gar nicht.

Verständlich!

Ich werfe trotzdem einen kleinen Blick in Strays Box und stelle fest, dass er nicht versorgt wurde.

Doch bevor ich mich um ihn kümmere, versorge ich meinen Ikarus mit allem was er braucht. Eine extra Streicheleinheit mit eingerechnet.

Mir fällt dabei auf, dass sich Ikarus auf der Stelle hin und her bewegt und mit einem sehnsüchtigen Blick nach draußen schaut.

„Du willst raus, was? Glaub mir, ich will auch hier weg, aber es gibt noch Arbeit für mich. Wie wäre es mit einem Ausritt am Nachmittag zum Fluss? Ich brauche auch ein bisschen Ruhe.“

Die Freude in Ikarus Wiehern ist kaum zu überhören, fast so als hätte er verstanden, was ich ihm gerade gesagt habe.
 

Stray scheint meine Worte auch verstanden zu haben und reagiert mit einem lauten Wiehern darauf, aber um seine Bewegung muss sich Atemu selbst kümmern.

„Tut mir Leid, Stray! Dich werde ich nicht mitnehmen. Atemu muss mit dir dorthin reiten.“

Da ich Stray aber nicht einfach so ohne Futter und ein wenig Pflege stehen lassen kann, gehe ich noch kurz zu ihm in die Box.

Das Heu und ein Eimer Wasser sind schnell in die Box gebracht.

Ein paar Streicheleinheiten bekommt er auch noch von mir, denn ich kann seinem Pferdeblick nun mal nicht widerstehen.

Das weiß der Schlingel leider auch und nutzt die Sache schamlos aus.

Er drängt mich in die Ecke und verschwindet durch die Boxentür nach draußen.

Ich hasse dieses Pferd! Jetzt muss ich auch noch diesen Gaul einfangen.

„Ich freue mich schon auf das Bad im Fluss!“
 

Draußen läuft mir Atemu auch noch über den Weg und sieht das Desaster.

„Wie konnte das passieren, Yugi? Komm, wir müssen ihn einfangen.“

Dann mach mal, Atemu! Es ist dein Hengst.

Diese Gedanken kann ich leider nicht laut aussprechen.

Ich schaue lieber, dass Stray wieder in den Stall kommt und dort in Zukunft auch bleiben wird.

Aus dem Haus kommt auch noch Jono gelaufen und hilft uns das Pferd einzufangen.

Schnell merke ich aber, dass er nicht abhauen will, sondern einfach nur ein bisschen mit uns spielt.

Im Palast scheint wohl niemand Zeit dafür zu haben.

Er vermisst wohl auch so einiges im Palast.

Da wir keine Lust für diese Spielchen haben, ist Stray relativ schnell wieder im Stall.

Seine Reaktion darauf ist Schnappen und Beißen.

Atemu muss sich jetzt alleine um das Pferd kümmern.

Jetzt muss ich leider nach draußen in die Hitze und mich um unsere Pflanzen kümmern.
 

Am Brunnen hole ich mir schon gleich zwei Eimer Wasser mit zu den Beeten.

So muss ich nicht unnötig hin und her laufen.

Lange bleibe ich aber nicht alleine.

Atemu steht jetzt in Lendenschurz und mit freiem Oberkörper neben mir. Er greift zum Werkzeug und will ohne zu Zögern mit der Arbeit anfangen.

Ich kann dies jedoch nicht zulassen.

Ein Pharao, der Gartenarbeit verrichtet! Lächerlich!

„Ihr dürft mir nicht helfen, Atemu! Es entspricht nicht Euren Aufgaben, mein Pharao. Also legt bitte das Werkzeug weg und geht ins Haus.“

Ich will auch nicht mit ihm wie früher zusammenarbeiten.
 

~
 

Mit der Arbeit bin ich früher als erwartet fertig geworden und sattle Ikarus, bevor irgendjemand noch bemerkt, dass ich weg möchte.

Ich will meine Ruhe habe, um über Atemus Vorschlag in aller Ruhe nachdenken zu können.

Bisher habe ich darüber nämlich noch nicht nachdenken wollen, sondern gleich verneint. Dann habe ich diese Angelegenheit erfolgreich verdrängen können bis Atemu hier aufgetaucht ist.

Jetzt muss ich darüber nachdenken.

Doch bevor ich jetzt noch auf dem Hof ins Grübeln komme, steige ich auf und verlasse schnellstmöglich den Hof, wo er mir jederzeit über den Weg laufen kann.

Ich weiß nicht wie hartnäckig Atemu sein kann, aber ich kann mir vorstellen, dass er solange mit seinem Sklave hier bleibt, bis ich ihm eine Antwort gegeben habe.

Wenn ich ihn also loswerden will, muss ich mir einen guten Grund für eine Absage überlegen, und dafür brauche ich Ruhe sowie Abstand von ihm.
 

Der Ritt durch die Wüste zum See, wo Atemu und ich früher gemeinsam geschwommen sind, tut schon seinen Teil um mich zur Ruhe kommen zu lassen.

Ich kann beim Reiten immer so gut entspannen und nachdenken.

Doch an Atemu, seinen Vorschlage, Jono und Großvater will ich jetzt noch nicht denken.

Der See, der sich in einer kleinen Senke gebildet hat und von einem kleinen Seitenarm des Nils gespeist wird, kommt bald in Sicht.

Er glitzert schon kühlungversprechend in der heißen Sonne Ägyptens und so reite ich, ohne von Ikarus abzusteigen, gleich hinein.

Richtig erfrischend!

Von seinem Rücken lasse ich mich ins kühle Nass gleiten, wo ich mich treiben lasse und dann im Wasser ein wenig schwimme.

Ikarus gefällt das allerdings nicht so gut wie mir und so galoppiert er gleich wieder an das sichere Land zurück, wo er sich einen der wenigen schattigen Plätze sichert und mich beobachtet.

Ich bleibe aber noch im Wasser.

An die Gefahr von Krokodilen denke ich überhaupt nicht.

Ich genieße einfach die willkommene Abkühlung und wasche mir den Schweiß der Arbeit vom Körper.

Für das Problem mit Atemu bekomme ich auch gleich einen Geistesblitz und habe es somit schon gelöst.

Zumindest hoffe ich das!
 

~~Atemu~~
 

Ich beobachte zufällig durch das Küchenfenster wie sich Yugi heimlich vom Hof schleicht.

Auch Jono hat ihn bemerkt, aber er fährt mit seiner Arbeit fort.

Was hat der Kleine nur vor?

Ich will mit ihm reden, aber er weicht mir andauernd aus.

Die Sorge, dass er eine Dummheit machen könnte, nimmt zu und ich spiele mit dem Gedanken ihm nach zureiten.

Hier habe ich sowieso nichts zu tun. Shimon lässt mich ja eh nicht im Haus oder im Garten mithelfen, weil ich der Pharao bin.

Er denkt, dass sich diese Arbeiten nicht mehr für mich schicken.

Jono und Yugi unterstützen ihn natürlich dabei auch noch.

Ich sehe das Ganze aber entschieden anders.
 

Als ich so in Gedanken vertieft bin, hat Jono seine Arbeit beendet und kommt zu mir ans Fenster.

„Ich halte es für ungünstig, wenn Ihr ihm jetzt hinterher reitet.“

Fragend schaue ich meinen Sklaven an.

Dieser versucht mir darauf seine Sicht der Situation zu erklären.

„Es scheint, dass sich Yugi vor etwas fürchtet und deshalb immer wegläuft. Ihm fällt es aber schwer, Euch dies zu sagen. Er versucht SO das Problem zu lösen.“

Durch Jonos Erklärung bekomme ich den Eindruck, dass er ziemlich genau weiß, wovor sich Yugi fürchtet.

Ich bewundere es, wie die Sklaven uns beobachten und genau wissen, was los ist.

„Was, schätzt du, macht ihm Angst?“

Jono zögert sichtlich mit der Antwort und weicht meinen fordernden Blicken aus.

Jetzt bin ich mir ganz sicher! Jono weiß ganz genau, wer oder was Yugi so beschäftigt.

„Ich höre!“

„Ihr, mein Pharao!“
 

Diese Antwort erstaunt mich ziemlich.

Ich verstehe nämlich nicht, womit ich Yugi so verschreckt haben könnte.

Schließlich sind wir früher doch so gut miteinander ausgekommen.

Jetzt möchte ich erst recht Yugi nach reiten und mit ihm reden.

Doch Jono hält mich ganz bestimmt von diesem Plan ab.

„Lasst es bleiben! Das würde Eurem Vorhaben nicht besonders gut tun.“

„Was schlägst stattdessen du vor?“

„Entweder wartet Ihr bis Yugi vom Ausflug zurück ist oder ich werde nach Yugi suchen und mit ihm reden. Ich denke, es ist besser, wenn ich mich mal mit ihm unterhalte.“

Mir gefällt dieser Vorschlag eigentlich nicht, aber er ist momentan der Vernünftigste.

Ich glaube nicht, dass sich Yugi mit mir unterhalten wird, wenn er sich vor mir fürchtet.

Das kann ich jedoch nicht verstehen!

Was habe ich nur getan, um ihn so zu verschrecken?

Früher haben wir uns doch so gut verstanden! Wir haben quasi alles zusammen gemacht.

„Also gut! Sattel dir ein Pferd und reite in Richtung Nil. Du findest einen kleinen versteckten Nilarm und folgst diesem zu einem See. Dort findest du Yugi mit Sicherheit.“

„Sehr wohl, mein Pharao!“

Keine zwei Minuten später ist Jono schon unterwegs.

Ich hoffe, er hat Erfolg.
 

~~Yugi~~
 

Als ich am Horizont ein Pferd entdecke, befürchte ich schon, dass mir Atemu nach geritten ist.

Ich erkenne jedoch, dass das nicht Atemu ist, der da angeritten kommt. Trotzdem kenne ich den Reiter: Atemus Sklave!

Was will der denn hier?

„Endlich habe ich Euch gefunden, Yugi! Einen sehr versteckten Platz habt Ihr gewählt. Es ist aber sehr schön hier. Dies muss ein sehr guter Platz zum Nachdenken sein.“

Er redet mich ja wie Atemu an. Ich bin kein Pharao und auch sonst nichts.

„Hier kann man sehr gut nachdenken und kommt meistens zu einem Ergebnis.“

„Darf ich mich dazu setzen?“

Mit einer Handbewegung biete ich ihm einen Platz neben mir an. Jono sattelt sein Pferd ab und lässt es dann zu Ikarus ins Wasser.

„Dann seid Ihr doch sicher auch bei Eurem Problem zu einer Lösung gekommen, oder?“

Woher weiß er das? Hat Atemu ihm etwa etwas erzählt?

„Euch ist anzusehen, dass Ihr in Euren Gedanken Probleme wälzt. Ich habe im Palast gelernt, Menschen zu beobachten. Ein guter Sklave bedient nicht nur seinen Herrn, sondern ist für ihn auch ein Gesprächspartner, der Gedankenanstöße liefern muss. Es gibt jedoch Grenzen, die wir nicht überschreiten dürfen. Um die zu erkennen, müssen wir lernen zu beobachten. Vielleicht kann ich auch Euch helfen eine Entscheidung zu treffen. Ihr seht noch unentschlossen aus.“
 

Ein freundliches Angebot von Atemus Sklave!

Kann ich ihm trauen?

Ich werfe Jono einen abschätzigen Blick zu. Er hat die Augen geschlossen und lässt sich die Sonne aufs entspannte Gesicht scheinen.

Einen Grund ihm Misstrauen habe ich eigentlich nicht. Er ist Atemus Sklave, aber reicht das aus?

Vielleicht brauche ich einen Freund, wenn ich in den Palast ziehen werde.

Mein Gefühl sagt mir, dass er mir nichts Böses will.

Ich werde es versuchen. Doch bevor ich mit ihm Probleme wälze, muss er aufhören mich so ansprechen.

„Ich bin übrigens Yugi. Einfach Yugi und duze mich bitte.“

„Jono, persönlicher Sklave des Pharaos.“

„Wie ist es? Das Leben im Palast meine ich.“

„Ich kann es dir nur aus der Sicht eines Sklaven schildern. Du bekommst genug zu essen und ein wenig Geld, wenn du deine Arbeit gut machst. In gewisser Weise hast du sogar die Möglichkeit aufzusteigen. Dein Ansehen ist auch nicht schlecht, wenn du im Palast arbeitest. Du bekommst Kleidung und musst dich sogar täglich waschen. Selbst Bürgerliche können dies nicht täglich.“

Für Jono bestimmt keine schlechte Alternative zum Leben als Bettler, aber ist es das was ich will?
 

„Was ist mit Freiheit?“

„Als Sklave hast du nicht sehr viel, aber du sollst bestimmt nicht als Sklave in den Palast.“

Ich muss lächeln.

Der Kerl ist nicht dumm!

„Nein! Atemu möchte mich als seinen Vertrauten im Palast haben.“

Jono zieht scharf die Luft ein.

„Das ist eine hohe Stellung. Du bist damit dem Pharao fast gleichgestellt. Deine Aufgaben sind nicht festgeschrieben. Ich habe nur gehört, dass Vertraute meist sehr enge Freunde oder sogar Geliebte sind. Du scheinst dem Pharao sehr viel zu bedeuten, wenn er dir diese Stellung anbietet.“

„Wir sind als Geschwister groß geworden.“

Mehr möchte ich ihm nicht erzählen.
 

„Warum zögerst du noch? Der Pharao zeigt so, dass du ihm sehr viel bedeutest und er dich in seiner Nähe haben will.“

„Ich passe nicht in diese hohen Kreise. Bei der Hochzeit habe ich sie gesehen. Das ist nicht meine Welt. Wahre Freunde kann ich dort nicht finden.“

Jetzt habe ich einen Teil meiner Bedenken geäußert.

„Du wirst sehr viel Zeit mit dem Pharao verbringen. Einiges davon mit dem Pharao, aber mit Sicherheit auch sehr viel private Zeit. So schlimm wie du es dir vielleicht gerade ausmalst, ist es im Palast sicher nicht.“

Jono ist ziemlich offen und auch ehrlich.

Ihn wüsste ich gerne als Freund auf meiner Seite, bevor ich Atemu eine Antwort gebe.

„Ich hätte gerne noch einen Freund außer Atemu im Palast: Dich! Auch wenn sich der Umgang wahrscheinlich nicht ziemt.“

„Es gibt schon einige, die Sklaven zu ihren Freunden zählen können. Du gehörst schon jetzt dazu.“

Wir wechseln ein kurzes Lächeln und dann dränge ich zum Aufbruch.

Schließlich kommt die Dunkelheit schon über die Wüste gezogen und mit ihr die Gefahr.
 

~~Atemu~~
 

Unruhig gehe ich vor dem Haus hin und her.

Yugi und Jono sind für meinen Geschmack schon viel zu lange da draußen.

Hoffentlich ist ihnen nichts passiert.

Jetzt fängt auch noch die Dämmerung an und vom Horizont immer näher heran.

„Atemu, es bringt nichts, wenn du da draußen hin und her wanderst. Davon kommen die beiden auch nicht schneller zurück. Komm rein und iss etwas.“

Shimon versucht mich abzulenken, aber endlich entdecke ich das erlösende Bild: Zwei Reiter, die in unsere Richtung reiten.

Beim näher kommen erkenne ich Yugis Haarschopf und rufe nach Shimon.

„Sie sind zurück!“
 

Im Trab kommen sie angeritten und bleiben vor uns stehen.

Automatisch greife ich nach den Zügeln von Ikarus und helfe Yugi vom Pferd.

Dieser weicht meinen Berührungen jedoch bewusst aus.

Enttäuscht stelle ich fest, dass sich nichts zwischen uns geändert hat. Er bleibt weiterhin auf Abstand.

Ich rechne schon damit, dass ich mir einen neuen Vertrauten aussuchen muss.

Hoffentlich täusche ich mich da!

„Ich kümmere mich um die Tiere.“

Jono nimmt uns die Pflege der Pferde ab und Shimon geht mit ihm in den Stall, um ihm zu helfen.

Yugi und Jono wechseln noch einen Blick und dann bleiben wir alleine zurück.

„Ja!“

Was jetzt 'Ja'?

Verwirrt schaue ich ihn an. Eine kleine Erklärung bräuchte ich schon noch, Kleiner!

„Ich nehme Euer Angebot an, Pharao!“

Ich kann kaum glauben, was ich da höre.

Die Freude über diese gute Nachricht ist riesengroß.

Endlich nicht mehr alleine im Palast!

Vertrauter des Pharaos für einen Tag

~~Atemu~~
 

Am nächsten Morgen dränge ich regelrecht zum Aufbruch.

Hier habe ich mein Ziel endlich erreicht, aber dadurch musste ich meine Aufgaben im Palast stark vernachlässigen, obwohl ich Shimon schon soweit vertraue, dass er alles in meinem Sinne erledigt hat.

Trotzdem sollte ich zurück.

Ein Pharao muss präsent sein. Vor allem zu Beginn seiner Herrschaft!

Ungeduldig stehe ich also neben meinem Pferd und warte auf meine Begleiter.

„Jono, Yugi! Lasst uns aufbrechen!“

„Ich komme schon, mein Pharao!“

Jonos Stimme kommt aus dem Stall. Anscheinend bepackt er ein Lasttier oder macht Yugis Pferd für den Rückweg bereit.

Wo steckt der überhaupt?

Ungeduldig trete ich von einem Fuß auf den anderen und hinterlasse meine Spuren im Sand.
 

„Yugi! Werde endlich fertig mit deinen Vorbereitungen!“

Jono erscheint endlich mit einem Lasttier und Yugis Pferd.

Nun fehlt nur noch Yugi.

„Ich suche nach Yugi, wenn es euch recht ist.“

Nachdem Jono die Pferde angebunden hat, geht er ins Haus zurück.

Ich nicke zustimmend.
 

~~Yugi~~
 

„Yugi! Werde endlich fertig mit deinen Vorbereitungen!“

Atemu ist ziemlich ungeduldig.

Anscheinend kann er es nicht erwarten in den Palast zurück zu kommen.

Im Gegensatz zu ihm fällt es mir schwerer aufzubrechen. Ich habe mich hier sehr wohlgefühlt und soll jetzt alles zurücklassen, nur weil Atemu mich bei sich haben möchte?

War es richtig, dass ich zugesagt habe? Bin ich diesem Amt wirklich gewachsen? Will ich das überhaupt so?

Jono hat gestern meine Dinge zusammengepackt und heute morgen mein Pferd gesattelt. Atemu setzt mich unter Zeitdruck.

Die Zeit, die ich zum Abschied brauche, wird mir nicht gestattet. Läuft das jetzt immer so ab?

Meine persönlichsten Gegenstände packe ich noch in ein Tuch, bevor ich mich in meinem Zimmer umsehe.

Wohl eher meinem ehemaligen Zimmer!
 

Jonos leises Klopfen zeigt mir, dass Atemus Geduld zu Ende geht.

Mit einem letzten Blick in meine vertraute Umgebung verlasse ich sie und ziehe die Tür hinter mir zu.

„Ich bin soweit, Jono! Wir können los!“

Mit einem kurzen Blick verabschiede ich mich innerlich von dem Rest des Hauses.

Danach packe ich mein Tuch zu den anderen Sachen auf dem Lasttier und steige auf Stray.

„Hallo, mein Freund! Wenigstens dich habe ich noch!“

Atemu steigt ebenfalls auf. Er scheint froh zu sein, endlich aufbrechen zu können.

„Los!“

Damit treibt er sein Pferd zum Trab an. Auch Stray setzt sich in Bewegung und folgt Ikarus im Schritt.

Ich blicke noch so lange zurück bis ich das Haus hinter den Dünen nicht mehr erkennen kann.

Traurig blicke ich nach vorne, wo sich vor uns die Wüste erstreckt.
 

Atemu ist auf einer Düne stehen geblieben.

„Beeilt euch doch! Vor der Dämmerung möchte ich zurück im Palast sein.“

Meine Güte, den Ton eines Herrschers hat er mittlerweile gelernt!

Ich blicke mich zu Jono um, der mit dem Lasttier hinter uns hergeht … nein, rennt!

Was soll das denn? Wieso reitet er nicht auch?

Das kann er doch niemals durchhalten. Schon gar nicht, wenn Atemu keine Rücksicht auf ihn nimmt.

„Steig bei mir auf, Jono. So sind wir schneller.“

Jono lehnt aber ab.

„Erst, wenn der Pharao mir erlaubt, auf ein Pferd zu steigen, darf ich reiten. Solange muss ich hinter euch herlaufen und euch nicht zu behindern. Die erste Lektion, die Ihr erlernen solltet, Yugi, ist, dass Sklaven und Bedienstete Befehle erhalten, aber keine Rücksicht oder gar Unterstützung.“

Jono spinnt doch. Aber … vielleicht ist diese Welt ja wirklich nicht von Mitgefühl geprägt.

Also weiße ich Atemu dezent darauf hin, dass wir schneller vorankommen, wenn Jono reitet.

Tatsächlich erlaubt Atemu, dass Jono aufsteigen darf.
 

~
 

Im Licht der letzten Abendsonne erreichen wir Theben.

Ich sehe sie zum ersten Mal. Die Stadt ist schön.

Der Palast steht auf einer Erhebung und blickt über die Stadt. Die Abendsonne strahlt ihn an, sodass er golden aufblitzt.

„Waoh....“

„Beeindruckend, nicht? Ich war auch überwältigt bei meiner ersten Ankunft im Palast.“

Unbemerkt ist Atemu an meiner Seite aufgetaucht, als wir das Stadttor passieren.

Danach treibt er sein Pferd wieder an und reitet voraus. Ich werde immer langsamer, sodass Jono an meiner Seite auftaucht.

Er ist wieder vom Pferd gestiegen und läuft hinter uns her.

„Warum reitest du nicht mehr?“

„Hier in Theben gelten genauere Vorschriften. Sklaven dürfen nicht reiten und sich nicht unterhalten. Reite vor, du solltest mit Atemu zusammen in den Palast reiten. Jetzt bist du sein Vertrauter und hast eine Stellung zu wahren.“

Jonos Rat befolgend treibe ich Stray an und trete mit Atemu zusammen in den Palast ein.
 

Sofort treten Diener an uns heran und nehmen die Pferde entgegen.

Ich würde mich zwar lieber selbst um Stray kümmern, aber es ist wohl nicht üblich. Besser ich passe mich erst einmal an.

Atemu soll seine Entscheidung nicht bereuen!

„Folge mir, Yugi!“

Nach Atemu erklimme ich die riesige Treppe zum eigentlichen Palastgebäude.

Bevor sich die Eingangstüren vor mir schließen, sehe ich noch, wie Jono das Lasttier entlädt und durch einen anderen Eingang die Gegenstände in den Palast kommt.

„Wo bleibst du denn, Yugi?“

Der Pharao bewegt sich sicher durch das Labyrinth an Gängen, Sälen und Zimmern. Aufmerksam höre ich seinen Erklärungen zu, an welchem Saal wir gerade vorbeigegangen sind, wo ich mich aufhalten darf und wo welche Veranstaltungen stattfinden.

Ich habe Mühe mir alles zu merken. Zum Glück begegnen wir nur Sklaven und Bediensteten, die Atemu mir nicht vorstellt.
 

Vor einer großen Tür halten wir schließlich an.

Stolz wendet sich Atemu zu mir um.

„Und hier, Yugi, … wirst du wohnen. Ich hoffe, es gefällt dir!“

Damit öffnet er die Tür in ein riesiges prachtvolles Zimmer.

Überwältigt gehe ich hinein und schaue mich ehrfürchtig um.

In diesem Raum gibt es ein großes Himmelbett, ein Schreibtisch, zwei Türen und mehrere Tische mit Dekoration oder auch ohne. Eine große Terrasse gewährt mir einen Blick über Theben. Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich sogar den ganzen Tag die Sonne im Zimmer. Hinter den beiden Türen befindet sich einmal ein großes Badezimmer und zum anderen ein begehbarer Kleiderschrank.

„Es ist wunderschön, Atemu. Vielen Dank! Jono hat sogar schon meine Sachen hergebracht.“

Sogar das Tuch mit meinen persönlichsten Gegenständen hat er auf den Schreibtisch gelegt.

Bei Gelegenheit muss ich mich auch bei ihm bedanken!
 

Atemu lehnt zufrieden im Türrahmen des Zimmers.

„Meine Gemächer befinden sich am Ende des Ganges. Ich lasse dich jetzt alleine. Morgen beginnt dein erster Arbeitstag mit einem Frühstück bei mir, bei dem das Alltagsgeschehen besprochen wird. Ruh dich etwas aus!“

Atemu schließt beim Verlassen die Tür und ich bin alleine.

Dieses Gefühl kommt jetzt erst bei mir auf.

In diesem großen Raum fühle ich mich plötzlich so klein, bedeutungslos und einsam.

Wird das jetzt immer so bleiben? Ich hoffe nicht!

Dank der Erschöpfung durch die Reise falle ich schnell in einen erholsamen Schlaf.
 

~~Atemu~~
 

Yugi scheint es hier zu gefallen.

Zufrieden gehe ich in meine Gemächer und säubere mich von der Reise, bevor ich mich schlafen lege.

Die liegen gebliebene Arbeit kann bis morgen warten.

Dann kann Yugi auch gleich mithelfen.
 

~
 

Pünktlich zum Frühstück erscheint Yugi in meinen Gemächern.

Er sieht ausgeschlafen aus aber irgendetwas stört mich an ihm. Nur was?

Auch beim genauen Betrachten fällt mir nicht auf, was mich an seinem Anblick stört.

Naja, irgendwann werde ich es wissen!

„Schön, dass du gekommen bist! Setz dich und iss mit mir!“

Yugi setzt sich mir gegenüber und lässt seinen Blick über die Tafel wandern.

„So viel Neues! Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.“

Da ich die angebotenen Speisen etwas kennen gelernt habe und Yugis Geschmack sehr gut kenne, fülle ich seinen Teller und fordere ihn zum Probieren auf.

Skeptisch mustert er die Früchte, bevor er ein Stück probiert und begeistert den Rest zu sich nimmt. Danach greift er auch zu Brot und ihm vertrauten Gerichten.
 

Nach dem Frühstück räumt Jono zusammen mit einigen anderen Sklaven den Tisch frei.

„Vielen Dank, Jono!“

„Kann ich Euch noch etwas bringen, Pharao, Vertrauter?“

Ich winke ab und Jono zieht sich mit den Sklaven zurück.

Mit Yugi setze ich mich an meinen Schreibtisch und zeige ihm, welche Aufgaben ich zu erledigen habe und was Yugi für mich übernehmen wird.

Beispielsweise die Post!

„Mir ist es wichtig, dass du die Korrespondenz mit unseren Handelspartnern und die Bittbriefe übernimmst. Solltest du dir allerdings nicht sicher sein, wie du antworten könntest, besprich dich bitte zuerst mit mir. Außerdem hilfst du mir bei meiner Korrespondenz.“

Yugi hört mir aufmerksam zu und nickt immer wieder.

Zum Schluss gebe ich ihm meine liegengebliebene Post und ein paar Verhaltensratschläge.

„Am Mittag möchte ich mich mit meinen Priestern treffen und dich ihnen in deiner neuen Position vorstellen. Am Abend präsentieren wir dich dem restlichen Hofstaat und dem Volk. Kleide dich den Anlässen entsprechend ein!“

„Wie du wünscht, Atemu!“
 

~~Yugi~~
 

Ich verlässt das Zimmer mit der Post und meinen Aufgaben.

In meinem Zimmer setze ich mich an den Schreibtisch und beginnen damit die Post zu bearbeiten.

Doch schnell merke ich, dass ich müde werde.

Ich bin diese Art von Arbeit überhaupt nicht gewohnt!

Sehnsüchtig wandert mein Blick nach draußen in die Sonne und ich entschließe mich zu einem Besuch auf dem Markt.

Bis zum nächsten Termin mit Atemu habe ich noch genügend Zeit.

Mit einem Umhang verdecke ich mein Gesicht und schleiche mich unbemerkt aus dem Palast.
 

Auf dem Markt habe ich das Gefühl von Freiheit wieder.

Es riecht nach Neuem und Vertrautem, das morgendliche Treiben ist überschaubar.

Ich erhasche verschiedene Blicke auf die unterschiedlichsten Angebote und finde immer wieder etwas neues an den nächsten Ständen.

Durch meine Neugier wandere ich allerdings immer weiter ins das Labyrinth der Straßen hinein.

Als ich zurückkehren möchte, finde ich den Weg folglich nicht mehr und gelange noch tiefer in einsame Straßen hinein.

Mittlerweile habe ich auch das Gefühl verfolgt zu werden und drehe mich um.

„Oh, oh!“

Ich entdecke mehrere Männer hinter mir und stehe selbst in einer Sackgasse.

Sklavenhändler!

Mit dem Eintreffen dieser Erkenntnis werde ich von den Männern angegriffen und in einem Sack gefangen genommen.

Es wird dunkel um mich herum!

Sklave

~~Jono~~
 

Mit den Resten des pharaonschen Frühstücks in der Küche angekommen, werde ich sogleich mit mit Fragen bestürmt.

Und wie ist der Vertraute? Stimmt es, dass er als Sklave geboren wurde? Was hat er gegessen? Wie behandelt er uns? Und so weiter und so weiter.

Meine Antwort bleibt dagegen immer die Gleiche: Wartet ab. Irgendwann lernt ihr ihn kennen und könnt euch eine Meinung von ihm bilden.

Viel Zeit bleibt sowieso nicht zum Plaudern. Meine Aufgaben warten.
 

Gegen Mittag ist der Großteil erledigt, sodass ich mir eine Pause erlaube.

In der Küche sitze ich mit einigen Anderen beim Essen. Für uns gibt es die Reste des Mittagsbanketts, welches der Pharao und sein Hofstaat serviert bekommen.

Es bleibt immer genügend für uns übrig.

Am Tisch ist Yugi immer noch Thema Nummer 1.

„Der Neue kam heute gar nicht zum Essen. Seine Abwesenheit irritierte vor allem die Priester. Sie treffen sich nachher offiziell mit ihm und hätten vorher gerne einen Blick auf ihn geworfen.“

„Vor allem Seth ärgerte sich. So finster habe ich ihn schon lange nicht mehr schauen sehen. Zum Glück für uns hat er die Stelle des Neuen nicht mehr inne.“

„Er ist gerade so schlecht gelaunt, dass Samuel nur noch Scherben aufheben muss.“

„Hoffentlich hält der Neue diesem eisigen Wind stand. Seth kann ziemlich fies sein. Was meinst du, Jono?“

„Die Zeit wird es zeigen, Kimya.“
 

Meine Ruhepause wird jäh durch ein wütendes Rufen und die wichtigste Klingel im Palast gestört.

„Jono, dein Typ wird verlangt. Chefsache!“

Ich eile zu Atemus Gemächern, wo mich ein aufgeregter Pharao erwartet.

„Was ist geschehen, mein Pharao?“

„Yugi ist nicht mehr aufzufinden, Jono. Er hat sein Zimmer am Morgen verlassen und ist seit dem nicht mehr gesehen. In wenigen Minuten soll er den Priestern vorgestellt werden. Dieser Termin ist wichtig!“

Der Vertraute ist jetzt schon verschwunden! Das kann ich mir nicht vorstellen.

„Wünscht Ihr, dass ich den Palast gründlich nach Eurem Vertrauten absuche?“

Und Euch vorher für den Termin ankleide!

Atemu läuft zerstreut im Zimmer auf und ab.

„Ja, Jono, eine gute Idee! Mach dich gleich auf den Weg!“

„Gerne, mein Pharao! Darf ich Euch vorher noch bei den Vorbereitungen für den Empfang der Priester behilflich sein?“

Atemu hält inne und schaut am sich herunter.

Mit einem unterdrückten Grinsen lehnt er meine Hilfe aber ab.

„Nein, Jono! Das schaffe ich alleine. Vielen Dank!“

Mit einer Verneigung entferne ich mich.

Mit entsprechender Hilfe beginne ich systematisch den Palast nach dem Vermissten zu durchsuchen.
 

~~Yugi~~
 

Endlich zurück auf Thebens Marktplatz.

Wieder ist viel los.

Endlich bin ich dem Treiben des Pharaos für einen Moment entkommen.

Tu dies, tu das, bring mir dies, entferne das, arbeite schneller!

Ich kann ihn nicht mehr hören.

Atemu ist mittlerweile der perfekte Pharao geworden. Innerhalb von einer Woche!

Ich schlendere durch die Straßen und Gassen Thebens und gerate immer Tiefer ins Labyrinth der Stadt.

In einer dunklen Gasse wird es plötzlich dunkel und ich erwache auf einem dreckigen Strohlager umgeben von vielen anderen Menschen. Sogar Kinder schlafen hier.

Wo bin ich? Was ist passiert? Warum bin ich nicht mehr im Palast und … ich trage nur noch meinen Lendenschurz?!
 

Langsam richte ich mich auf und schleiche mir vorsichtig einen Weg zwischen den Schlafstätten suchend zur Tür.

Vorsichtig versuche ich die Tür zu öffnen, aber sie bleibt zu. Sie ist abgeschlossen.

„Mist!“

„Leg dich besser wieder schlafen oder tu so als ob. Sonst könntest du eine Menge Ärger bekomme. Hassan schlägt schnell zu.“

Wer ist Hassan?

Aber ich befolge den Ratschlag des Jungen, der an der Tür schläft.

Noch rechtzeitig komme ich an meinem Schlafplatz an, bevor von einer Wache die Tür aufreißt und herumbrüllt. Sie droht sogar mit einem Schlagstock.

Besser ich halte mich zukünftig an die Anweisungen.
 

~~Jono~~
 

Mit einer Schale Früchte für das Treffen des Pharaos mit den Priestern läufe ich Atemu auf dem Weg zum Thronsaal direkt in die Arme.

„Wo steckt er, Jono?!“

Ich erschrecke richtig bei der Frage.

„Ooh, seid gegrüßt, mein Pharao!“

Erwartungsvoll sieht mich meinen Herr an, während ich zögere.

„Also!“

„Nun, Pharao, die Suche war bisher … erfolglos. Yugi scheint, wie vom Erdboden verschwunden zu sein. Da Stray noch in seiner Box steht und seine Habseligkeiten im Zimmer sind, ist Yugi weder ausgeritten noch hat er den Palast absichtlich verlassen.“

Besorgt schaut der Pharao aus dem Fenster.

„Sucht weiter, Jono. Auch in Theben! Und erstattet mir täglich Bericht.“

Ich verneige mich tief.
 

~*~
 

Selbst Tage nach dem Verschwinden des kleinen Spiegelbildes des Pharaos fehlt von ihm immer noch jede Spur. Auch in Theben kann sich niemand an den Kleinen erinnern.

Entweder war er nie in der Stadt oder niemand hat ihn bemerkt!

Atemu macht sich von Tag zu Tag mehr Sorgen.

Ich kann es mir nicht länger mitansehen.

Heute gehe ich noch einmal in der Stadt auf die Suche nach Yugi.

Damit Atemu sich keine unnötigen Hoffnungen macht, erfrage ich keine Erlaubnis für diesen Ausflug. Entsprechend aufwendig muss meine Tarnung! Und dabei kann mir nur eine helfen!

„Kimya?“

In den Unterkünften treffe ich auf die besondere Sklavin.

„Ich brauche eine Verkleidung für die Stadt. Der Ausflug ist nicht genehmigt. Du weißt, was das heißt, Kim?“

Sie nickt und winkt ihn herein.
 

„Lass mal sehen!“

In einer Kiste mit verschiedenen Kostümen wühlt Kimya. Ihre erste Wahl fällt auf das Gewand eines Bürgers. Nach der Anprobe fält die Aufmachung sofort durch.

„Wenn ich mit dem erwischt werde, bin ich tot. Mein Sklavenmal ist zu sehen.“

„Es steht dir auch nicht, Jono.“

Nun überlegen sie gemeinsam. Auch andere Verkleidungen fallen aus ähnlichem Grund weg. Doch dann hat Kimya die zündende Idee.

„Jono, Sklavenhändler! Das ist die perfekte Verkleidung für dich. Sklaven arbeiten meistens als Sklavenhändlern für ihren Herrn.“

Zufrieden beschaut sich Jono die Gewänder und wirft Kimya ein zufriedenes Lächeln zu.

„Das ist perfekt! Vielen Dank, Kim! Am Abend bekommst du sie wieder zurück.“
 

Die erste Bewährungsprobe an der Palastwache besteht es mit Bravour. Ohne Fragen zu stellen, lassen mich die Wächter das Tor passieren.

Besser könnte die Verkleidung nicht sein!

Auch in der Stadt kann ich mich frei bewegen. Selbst die Sklavenhändler in der Stadt lassen mich in Ruhe.

Meine Suche führt mich wieder durch ganz Theben. Von den berühmten und gefüllten Plätzen gehe ich zu den fast leeren Plätzen und verwinkelten Ecken. Selbst vor dem Viertel der Lustknaben und Dirnen mache ich nicht halt.

„Ich kann es mir zwar nicht vorstellen, aber er ist ja sonst nirgendwo zu finden.“

Den wenigen Menschen, die ich nach ihm frage, ist er noch nicht begegnet.

Vielleicht ein Glück!

Doch dann sehe ich ihn vor einem der Lusthäuser. Er leert gerade einen Eimer in einen Ausguss. Dann arbeitet er zumindest noch nicht.

Ra sei Dank! Atemu wird mich nicht vierteilen.

„Yugi, endlich!
 

~~Yugi~~
 

Mittlerweile befinde ich mich nach einer längeren Wanderung durch die Wüste auf dem berühmten Sklavenmarkt von Alexandria wieder.

Sklavenhändler haben mich aus Theben entführt! Was für eine Ironie des Schicksals!

Einer der Händler zerrt mich aus der Reihe vor eine neugierige Menge.

„Dieser junge Mann sieht nur schmächtig aus, aber er kann anpacken. Und wie! Seht euch seinen perfekten Körper an. Er eignet sich auch für delikatere Aufgaben. Natürlich ist er genauso eine perfekte Begleitung für eure Frauen oder Tochter. In Theben genoß er eine exzellente Ausbildung.“

Trotz seiner preisenden Worte bleiben die hohen Gebote für mich aus. Der Sklavenhändler bringt mich zurück in die Reihe, doch bis zum Abend interessiert sich kein nennenswerter Kunde für mich.

Aber immer wieder taucht ein älterer Mann auf und bietet für mich. Er scheint Bauer zu sein und Unterstützung auf dem Hof zu suchen.

Doch ich werde nicht an ihn verkauft.

Stattdessen treffen sie einen Kollegen, der auf dem Rückweg nach Theben ist.

„Dieser bringt uns nichts ein. Gib ihn Mustafa für einen guten Preis.“
 

So führt mich meine Reise wieder mehrere Tage lang durch die Wüste.

Zurück nach Theben! In die Nähe des Palastes! In die Reichweite von Atemu!
 

Wie besprochen wurde ich dieses Mal direkt verkauft.

Mustafa leitet ein Lusthaus und sucht immer neue Talente oder Sklaven für die Reinigung.

Ich scheine durch mein Aussehen seine Aufmerksamkeit zu erregen und Angst steigt in mir auf.

Ich will kein Lustsklave sein! Wenn, es an der Zeit ist, dann wird nur ein Mann dieses Geschenk von mir empfangen.

„Wie ist dein Name, Kleiner?“

Den verrate ich dir sicher nicht!

„Farid. Nur Farid.“

„Der klingt nicht. Überlege dir einen anderen. Nur so kommst du ins Geschäft. Bis dahin hilfst du bei der Verköstigung mit.“

Mustafa winkt einen anderen Sklaven herbei, der mich zu meinem neuen Arbeitsplatz bringt. Eine Feuerstelle in einem dunklen Kellerloch!
 

Dort kocht ein stämmiger Mann eine Suppe, während andere Gemüse oder Früchte in Schalen anrichten.

Ein kleiner Junge bringt Krüge mit Wasser, Wein oder Saft hinaus und kommt mir leeren Gefäßen zurück.

Der Koch weißt mir gleich meine erste Aufgabe zu.

„Kleiner, bring die Abfälle in den Hinterhof.“

Dabei deutet er auf die Schalen und Reste in einer Ecke. Ich muss Schlucken, als ich dies sehe.

So viel Abfall! Und die Fliegen sind auch schon darauf! Aber immer noch besser, als meinen Körper zu verkaufen.

Beherzt fülle ich zwei Behältnisse und beginne meine Arbeit. Als die erste Aufgabe erledigt ist, wartet der Koch bereits mit der nächsten. Und so geht es weiter bis spät in den Abend, den nächsten Tag und so weiter.
 

Eines Morgens durchbricht ein Besucher die tägliche Routine.

Als ich die Eimer aus den Zimmern ausleere, höre ich eine bekannte Stimme meinen Namen rufen.

„Yugi, endlich!“

Ich kann allerdings nur einen Sklavenhändler auf der Straße entdecken.

Kommt er auf mich zu und winkt?!

Erschrocken kehre ich ins Haus zurück.

Nein, ich will nicht schon wieder gefangen genommen werden.

Es dauert aber nicht lange, bis mich mein neuer Meister zu sich rufen lässt.
 

Der Sklavenhändler von eben sitzt meinem Herrn gegenüber und sie schütteln gerade zufrieden die Hände.

Das kann für mich nichts gutes bedeuten!

„Meister, ihr habt mich rufen lassen?“

„Farid, du hast einen neuen Herrn. Dieser Mann hat dich gerade gekauft. Schade, du hättest mich reich machen können, aber der Preis war sehr gut.“

Der Sklavenhändler wendet sich nun mir zu. Überrascht muss ich die Luft anhalten.

Jono!

Er legt sich den Finger an die Lippen und ich verstehe.

Wie ein gehorsamer Sklave verneige ich mich vor meinem neuen „Meister“. Jono fesselt mir die Hände und bringt mich aus dem Büro.

„Ich erwarte Euren Boten mit der Bezahlung wie abgemacht.“

Jono wirft ihm ein Nicken zu.
 

Sobald wir uns nach Jonos Meinung weit genug vom Lusthaus entfernt haben, löst er meine Fesseln.

„Verzeiht mir, Yugi! Es gab leider keine andere Möglichkeit. Atemu wird sehr erleichter sein, dich wieder in seiner Nähe zu wissen.“

Jono verneigt sich tief. Schnell lasse ich ihn sich erheben.

Für Außenstehende muss das ein sehr interessantes Bild ergeben! Ein Sklavenhändler verneigt sich vor seinem Sklaven!

„Ich danke dir, Jono! Du hast mich gerettet. Bring mich bitte zurück in den Palast. Ich möchte nach Hause.“

„Natürlich! An den Palasttoren muss ich dich noch einmal fesseln, aber danach bist du wieder frei.“

Gemeinsam gehen wir schnell zurück. Dank Jono verlaufen wir uns kein einziges Mal.
 

Vor den Palasttoren nehmen wir wieder unsere Rollen an, damit wir unerkannt zurückkehren können. Die Palastwachen lassen uns ohne Schwierigkeiten passieren.

Erleichtert jubele ich innerlich auf.

Mein kleiner Ausflug ist doch noch ohne großen Schaden für mich zu Ende gegangen.

Doch ich habe mich zu früh gefreut. Eine andere Wache kommt zielstrebig auf mich zu.

„Händler, Ihr könnt den Sklaven mir überlassen.“

Erschrocken bleibt Jono stehen. Schnell senkt er seinen Blick und folgt der Aufforderung.

„Bedient Euch in der Küche, bevor ihr wieder auf Reisen geht.“

Entgeistert schaue ich zu Jono. Dieser starrt an mir vorbei. Als er sich wieder aus seinem Schockzustand gelöst hat, rennt er panisch in eine andere Richtung davon.

Das läuft gerade nicht nach Plan!

Ich beschließe meine Rolle noch ein wenig weiter zu spielen.
 

Zuerst bringt mich die Wache zu einem Bad und lässt mich von Sklavinnen waschen. Danach bekomme ich die Kleidung der Palastsklaven zum Umziehen.

Danach bringt er mich in die Schmiede. Dieser Ort überrascht mich ziemlich.

Wieso gerade zur Schmiede?

Erst als ich die Brandzeichen an der Wand sehe, begreife ich den Sinn.

Ich werde gebrandmarkt! Als Atemus Besitz!

„Nein!“

Ich versuche mich zu wehren, aber gegen die Wache und die Knechte des Schmiedes habe ich keine Chance. Der Schmied heizt ein Brandzeichen mit Atemus Symbol an, während mein Arm auf den Amboss gelegt wird.

Ohne zu zögern, brennt mir der Schmied dann das Zeichen auf den Oberarm.

Ich schreie vor Schmerzen auf. Ich fühle mich wie betäubt und langsam wird mir schwarz vor Augen.

Das ist ja unmenschlich!

„Nein, wartet, Schmied!“

Diese Stimme kommt von Jono.

Als mich die Hände loslassen, torkele ich ihm in die Arme. Erschrocken sieht er auf den verbrannten Arm.

„Verdammt, ich bin zu spät. Es tut mir leid, Yugi!“

Schmerz und Erniedrigung

~~Yugi~~
 

„Verdammt, ich bin zu spät. Es tut mir leid, Yugi!“

Vom Schmerz betäubt bekomme ich kaum noch etwas mit. Ich sehe noch wie der Wächter einige Anweisungen gibt und Jono eifrig nickt, aber ich verstehe nichts mehr.

Ich habe nur noch ein Gefühl.

Schmerz... Schmerz in meinem Arm...

Dann wird alles schwarz.
 

~
 

Als ich wieder zu mir komme, liege ich alleine auf einer Strohmatte in einem Zimmer mit einem Fenster an der Decke. Es fällt wenig Licht in den Raum.

Der Kerker? Aber … warum? Habe ich etwas verbrochen?

Ich bin verwirrt. Leider ist das Fenster zu hoch angebracht, um daraus die Umgebung sehen zu können.

So ein Mist!

Ich lasse mich zurück auf meinen Arm sinken. Die Bewegung löst einen dumpfen Schmerz im Arm aus.

An meinem linken Arm erkenne ich einen Verband, unter dem die Ursache liegen muss.

Natürlich kann ich mich auch nicht daran erinnern, was sich dort verbirgt.

Vorsichtig wickle ich den Leinenstoff von meinem Arm – irgendjemand muss es mir vorsorglich angelegt haben.

Darunter kommt verbrannte Haut zum Vorschein. Ein dunkles A sticht aus meiner hellen Haut hervor.

Ein Brandmal?!
 

MEIN Brandmal!

Ich bin gezeichnet worden!

Eine aufsteigende Gänsehaut lässt mich erschaudern.

Ich bin ein Besitz von Atemu … kein Freund mehr, sondern sein Besitz! Genau wie alle anderen Sklaven! Wie Jono!

Auf einen Schlag steigen alle Erinnerungen wieder vor meinem inneren Auge auf.

Jono hat mich hierher gebracht, nachdem der Wächter mich markiert hat. Dann bin ich ohnmächtig geworden.
 

Dann muss das hier Jonos Wohnbereich sein.

Oh Mann, er lebt ja echt mies, obwohl er der ranghöchste Sklave im Palast ist. Sind die anderen Sklaven etwa noch schlechter untergebracht?

Dabei gibt es doch ein paar bessere Orte im Palast, die unbewohnt sind.

Warum hat Atemu ihnen diese Orte nicht zum Wohnen gegeben?

Neugierig blicke ich mich um. Dabei entdecke ich die Tür.

Ob sie wohl abgeschlossen ist?

Langsam stehe ich auf. Meine Beine schwanken beachtlich, sodass ich mehrfach stolpere und falle, bevor ich stehen bleibe.

Nach ein paar Minuten wage ich es zu laufen. Die ersten Schritte sind zwar noch etwas unsicher, aber ich bleibe stehen.
 

An der Tür angekommen, muss ich mich erst einmal an der Wand festhalten. Der kurze Weg ist doch anstrengend gewesen.

So ganz gehorchen mir meine Beine immer noch nicht. Hoffentlich gibt sich das bald.

Vor der Tür ertönt ein Knall, dann ein Fluch und schließlich wird die mit Schwung aufgestoßen.

Zum Glück stehe ich an der Wand neben der Tür. Denn der Besitzer des Zimmers stürmt herein. Mit seinem Schwung hätte er mich sonst auf den Boden zurück befördert. Vor mir zum stehen kommend, verneigt er sich kurz.

„Yugi, endlich! Du bist wieder wach. Ra sei Dank! Was macht dein Arm?“

Der ist überhaupt nicht außer Atem!

Jono greift nach meinem Arm und begutachtet das Mal. Kurz blitzt in seinen Augen Traurigkeit auf. Doch schnell überdeckt er den Ausdruck mit seiner Fröhlichkeit wieder.

Wahrscheinlich will er mir keine Sorgen machen!

„Es verheilt gut. Trotzdem … du wirst für immer damit gezeichnet sein. Es tut mir so leid, Yugi!“

Plötzlich fällt er vor mir auf Knie.

„Es ist meine Schuld, was passiert ist. Ich hätte dir diesen Plan nie vorschlagen dürfen. Schließlich sollte gerade ich die Abläufe im Palast kennen. Bestrafe mich als Sühne!“
 

Den vor Selbstvorwürfen dasitzenden Jono ertrage ich nur schwer.

Ich gebe ihm doch gar keine Schuld!

„Steh auf, Jono! Es gibt nichts zu bestrafen. Du kannst doch nichts für das Brandmal. Du bestimmt nicht ...“

Nun erkenne ich, wem ich das Ganze wirklich zu verdanken habe.

Atemu!

„Du bist sehr großzügig, Yugi! Ich verdiene deine Vergebung nicht.“

Doch Jono steht nach diesen Worten auf und rückt mit neuen Information heraus.

„Leider mussten wir dich in unsere Reihen aufnehmen und dir eine Aufgaben zuteilen. Sonst schöpfen die Wachen verdacht und du wirst sterben.“

Irgendwie überrascht mich diese Neuigkeit überhaupt nicht.

„Solange ich nicht Atemus Sklave sein muss …“

Jono stockt für einen Moment.

„Ich habe mich dafür eingesetzt, dass du mit mir bei Atemu arbeitest. Als zweiter persönlicher Sklave! Dies ist die angenehmste Aufgabe für uns und so etwas verdienst du. Du kümmerst dich um sein Pferd und das Bad. Wenn du nicht willst, brauchst du ihm nicht zu begegnen. Ich stelle dich ihm auch nicht vor.“

Genau das, was ich wollte!
 

Doch Jono hat noch etwas anderes, worüber er sprechen möchte.

„So könntest du ihm auf vertrauliche Weise begegnen und rehabilitiert werden. Atemu kann dich wieder zu einem freien Mann machen. Dafür müsste er … nur wissen, was passiert ist.“

„Nein!“

Ganz sicher nicht, Jono! Atemu wird vorerst nichts erfahren.

Ich bin gerade zu wütend auf ihn und … irgendwie schäme ich mich auch ein bisschen. Ich habe Atemu mit Sicherheit enttäuscht. Einfach so nach dem ersten Tag verschwinden...

Jono hebt beschwichtigend die Hände.

„Du entscheidest, Yugi! Ruh dich noch einen Tag aus. Ab morgen müsst du mit mir arbeiten. Ich kann es leider nicht mehr länger herauszögern.“

Ich nicke.

„Bleibe ich bei dir … wohnen; Jono?“

„Das wäre das Beste. Ich schaue mal, was ich tun kann, wenn du wirklich hier wohnen willst.“

Unsicher schaut sich Jono in seiner Unterkunft um. Ich kann sehen, dass er sich sie schämt. Dabei kann er doch gar nichts dafür.

„Es wäre mir eine Freude!“

Vielleicht kann ich ihm so ein etwas besseres Gefühl geben.

Jono muss mich nun wieder verlassen. Er verspricht mir heute Abend etwas zu essen zu bringen und ein paar Verhaltensregeln beizubringen.
 

~~Atemu~~
 

Yugi ist immer noch nicht aufgetaucht.

Das ungute Gefühl in meiner Brust wächst. Ich bekomme Angst, dass ich ihn nicht wieder sehen werden.

Es muss etwas schreckliches passiert sein, sonst würden er sich doch gemeldet haben!

Mit diesen drüben Gedanken begrüße ich einen weiteren Tag als Pharao.

Von meinem Balkon aus beobachte ich wie die Sonne die Weiten der Wüste erhellt und allmählich die Schatten der Nacht aus der Stadt vertreibt.

Die ruhigen Morgenstunden genieße ich sehr. Perfekt wären sie, wenn ich sie mit meinem Zwilling teilen könnte.
 

Genauso wie in der Stadt beginnt auch im Palast die alltägliche Routine.

Jono betritt den Balkon, verneigt sich, fragt nach meinem Befinden und meinen Wünschen.

„Machst du mir ein Bad fertig, Jono?“

„Natürlich, Pharao!“

Damit zieht er sich zurück.

Ich warte noch einige Zeit, bevor ich das Bad betrete und mich ins warme Wasser sinken lasse.

Jono hat sich zwar alle Mühe gegeben und alles zu meiner vollsten Zufriedenheit hergerichtet. Trotzdem spüre ich Gleichgültigkeit in mir aufsteigen.

Ohne Aussicht auf eine Begegnung mit Yugi verlieren meine Tage deutlich an Wert.
 

Während des Bades bereitet Jono meine Tagesgarderobe im Nebenraum vor. Ein anderer Sklave, kleiner als Jono mit ähnlich blonder Frisur, bleibt bei mir im Bad zurück.

Habe ich einen neuen Leibsklaven bekommen? Warum weiß ich davon nichts?

Diese Fragen werden von wichtigeren Gedanken allerdings verdrängt. Mich beschäftigt gerade etwas anderes.

Glücklicherweise bleibt er außerhalb meines Blickfeldes stehen, sodass ich ungestört meinen Gedanken und Gefühlen nachhängen kann.

Erst auf ein Winken meinerseits, tritt der Fremde wieder zu mir und reicht mir ein Handtuch.

Jetzt bemerke ich den Größenunterschied zwischen uns. Und er wirkt in meiner Gegenwart ziemlich unsicher. Genau wie bei Yugi!

Es scheint ihm unangenehm zu sein, mir so nahe kommen zu müssen.

Kurzerhand nehme ich ihm das Handtuch aus den Händen und lege es mir selbst um. Der Junge hält währenddessen die Augen weiter gesenkt.

Als ich an ihm vorbeigehe, schnuppere ich einen Hauch von Yugis Duft in der Luft.

Den würde ich überall wiedererkennen? Aber … kann das überhaupt sein?

Ich wende mich noch einmal zu dem Sklaven um und begutachte ihn.

„Wer bist du?“
 

Genau in diesem Moment tritt Jono ein und erinnert mich an meine Termine. Ohne Antwort des anderen verlasse ich das Bad.

Wahrscheinlich reagiere ich einfach nur über, weil ich Yugi so stark vermisse.

Jono flüstert noch etwas mit dem Anderen und gibt ihm die nächsten Anweisungen, bevor er mir beim Ankleiden behilflich ist.

Zwischen uns herrscht heute zum ersten Mal eine unangenehme Stille. Auch merke ich, dass Jono heute besonders angespannt ist.

Dafür gibt es doch gar keinen Grund!

„Gibt es Neuigkeiten von ihm?“

Jono schüttelt traurig den Kopf. Ich lasse ebenfalls traurig meinen Kopf sinken.

Falls er etwas von Yugi gehört hätte, würde er es mir mitteilen. Da bin ich mir sicher!
 

Ein ungeduldiges Klopfen erinnert mich an den bevorstehenden Tag.

Bevor ich mich endgültig den Aufgaben stelle, rufe ich beide doch noch einmal zu mir.

Die unbeantwortete Frage spuckt mir wieder durch den Kopf. Ich hätte gerne eine Antwort.

Wieder wende ich mich direkt an den Neuen.

„Wer bist du?“

„Nur ein neuer Sklave, mein Pharao! Ich habe ihn unter meine Fittiche genommen.“

Jono ergreift ziemlich schnell das Wort für den anderen Sklaven. Ein wenig zu schnell!

„Du sprichst wohl nicht, Kleiner.“

Der Angesprochene schüttelt lediglich den Kopf.

Verstehen kannst du mich also. Zumindest etwas!

Nun wende ich mich noch an Jono.

„Wie kommt es, dass du mir einen neuen Sklaven nicht vorstellst? Vor allem, wenn du planst, ihn in meinen persönlichen Gemächern einzusetzen? So etwas erwarte ich von dir!“
 

Diesmal muss Jono schlucken. Unsicher wechselt er einen Blick mit seinem Begleiter.

„Ich dachte, dieser würde Euch zusagen, mein Pharao, und es wäre in Ordnung, wenn ich in der Nähe bleibe. Ist es Euer Wunsch, dass ich ihm eine andere Aufgabe zuteile?“

Mein Blick ruht länger auf dem knienden neuen Wesen. Er wagt es immer noch nicht aufzusehen.

An sich hat er seine Sache heute gut gemacht. Warum soll ich ihn also wegschicken?

„Nein, Jono! Er soll dich weiter unterstützen.“

Ein erneutes stärkeres Klopfen erinnert mich an den Wartenden.

Shimon erwartet mich schon ungeduldig vor der Tür.

Bevor ich die Tür schließe, schaue ich noch einmal zu den beiden zurück.

Jono wischt sich erleichtert über die Stirn. Der andere setzt sich auf.

Jetzt erhasche ich einen Blick in seine Augen. Violett – wie meine und doch ein wenig heller!

So viele Zufälle an einem Morgen??

Ich sehe weiter, wie Jono den anderen in die Arme nimmt und ihm etwas zuflüstert. In diesem Moment spüre ich Eifersucht in mir aufsteigen.

Seltsam … wegen einem Sklaven ...

Gut, dass ich jetzt erst einmal beschäftigt sein werde!
 

Unverhofft bekomme ich am Nachmittag ein paar freie Stunden. Irgendwie verspüre ich das dringende Bedürfnis selbst nach Yugi suchen zu wollen. Diesem Bedürfnis will ich nun folgen.

Also begebe ich mich zu den Ställen. Dort treffe ich meinen neuen Sklaven wieder. Ehrfürchtig verbeugt er sich und scheint auf meine Anweisungen zu warten.

„Sattle bitte mein Pferd.“

Eilig trifft er die entsprechenden Vorbereitungen. Ich beobachte ihn dabei sehr genau.

An mein Pferd lasse ich sicher nicht jeden heran!

Ich erkenne sofort, dass er ein Händchen für Pferde zu haben scheint. Brav lässt sich Ikarus alles gefallen. Selbst Yugis Pferd in der Nachbarbox stört sich nicht an der Hektik. Es lässt sich sogar mehrmals sanft über die Nase streicheln.

Das machen beide sonst nur bei mir und meinem kleinen Ebenbild.

Ich bin sehr beeindruckt von den Fähigkeiten des Neuen. Jono hat die Qualität dieses Sklaven gut erkannt und eingestetzt.

Als er mir Ikarus für den Ausritt fertig bringt, klopfe ich ihm zum Dank anerkennend auf die Schultern.

„Los, Ikarus! Lass uns einen Freund finden.“

Damit verlasse ich den Palast.
 

Die Suche nach Yugi bleibt leider ohne Erfolg. Selbst Spuren gibt es keine von ihm.

Einwohner haben weder ihn noch seine Leiche gesehen. Geier zeigen mir nur Tierkadaver an.

Es ist zum Verzweifeln! Yugi kann doch nicht einfach so vom Erdboden verschwunden sein!
 

Der Rückweg führt mich am Tempelberg vorbei. Aus Ratlosigkeit entscheide ich mich die Suche nach Yugi unter göttlichen Schutz zu stellen.

Der erste Weg führt mich zum Tempel von Ra. Falls Yugi noch am Leben ist, kann er ihn finden.

Eine andere Sehnsucht bringt mich dazu auch Osiris um Beistand zu bitten.

„Verschließe den Eingang zum Totenreich vor ihm, großer Herrscher! Es ist dafür doch noch viel zu früh. Ich bitte dich nur darum, großer Osiris.“

Vielleicht hat er Erbarmen und verschont Yugi.
 

Die Stille nach diesem Gebet wird von einem Priester unterbrochen, der sich neben mir niederlässt.

„Darf ich das Wort an Euch richten, verehrter Pharao?“

Eigentlich nicht! Doch genau das kann ich nicht sagen. Auch Priestern muss ich Gehör schenken. Diese Frage soll lediglich meine Aufmerksamkeit erregen.

„Natürlich, Seth! Was kann ich für Euch tun?“

Seth verneigt sich, bevor er spricht.

„Wir machen uns Sorgen um Euch. In letzter Zeit wirkt Ihr sehr angespannt und überlastet. Bleibt Euch keine Zeit mehr für einen Ausgleich? Euer Harem bietet doch verschiedenste Möglichkeiten. Oder sucht ihr nach anderen Ablenkungen?“

Kritisch mustere ich Seth.

Will er mir gerade erzählen, dass mir sexuelle Aktivität gut tun würde? Das steht dir nicht zu!

Unbemerkt von meiner Reaktion trägt der Priester sein Anliegen weiter vor.

„Natürlich könnt ihr Euch gerne auch einen Sklaven für solche Dienste auswählen. Meine sind überaus begabt in diesen Dingen. Es wäre mir eine Ehre, sie auch auszuleihen.“

Erwartungsvoll wartet er nun auf meine Antwort.

Spinnt der jetzt vollkommen? Auch Sklaven sind Menschen. Er kann sie doch nicht einfach so verleihen und missbrauchen!

„Vielen Dank, Seth! Falls es mich danach verlangt, komme ich bestimmt auf Euer Angebot zurück.“

Kopfschüttelnd verlasse ich den Tempel.
 

~
 

Wochen später erinnere ich mich wieder an Seths Worte.

Yugi ist immer noch nicht aufgetaucht.

Shimon hat mittlerweile die Hoffnung auf ein Wiedersehen aufgegeben und trauert um ihn.

Meine Hoffnung schwindet ebenfalls von Tag zu Tag mehr und macht der Verbitterung Platz.

Mit all meinen Problemen muss ich alleine fertig werden. Dabei wollte mich Yugi unterstützen!

Ich merke, wie sich mein Ton gegenüber allen verändert hat.

Obwohl mein zweiter Sklave sich in die Aufgaben eingefunden hat, fahre ich ihn oft grundlos an. Jono wagt nicht mehr sich in diesen Momenten auf seine Seite zu stellen. Die vertraulichen Gespräche zwischen ihm und mir fallen ersatzlos aus.

Ich merke, wie mir meine momentane Einsamkeit gar nicht gut bekommt. Doch es gibt gerade niemanden, mit dem ich mich umgeben möchte.
 

Nach der nächsten anstrengenden Unterredung fällt auch der letzte Skrupel von mir ab.

Ich brauche Ablenkung und ich suche sie mir heute.

Dafür gehe ich nicht in mein Harem, noch nehme ich Seths Angebot an.

Mein Ziel ist ein anderes. Ich bin heiß auf den kleinen Sklaven.
 

Entschlossen lasse ich ihn an diesem Abend zu mir rufen.

Sie lassen auch nicht lange auf sich warten.

„Ihr habt uns rufen lasse?“

Ich hätte wissen müssen, dass Jono mit dem anderen zu mir kommt.

Er wird direkt wieder gehen!

„Ich korrigiere, Jono! Dich habe ich nicht rufen lassen. Lass uns alleine!“

In Jonos Augen tritt Verwirrung.

Er beobachtet meine Blicke zu dem Kleineren und erkennt mein Ansinnen.

Jetzt schaut er mich entsetzt an.
 

„Verzeiht, erhabener unfehlbarer Pharao, dass ich noch einmal zu Euch sprechen muss.“

Oh, so hat Jono mich ja noch nie genannt! Ich bin gespannt was er als nächstes vorbringt.

Kurz wechselt er einen Blick mit meinem erwählten Gefährte für die heutige Nacht. Seine nächsten Worte wählt er mit noch mehr Bedenken.

„Es wäre mir eine Ehre, Euch mit meinen Erfahrungen dienen zu dürfen, Höchster aller Höchsten. Nehmt mich statt ihm!“

Zum ersten Mal seit längerer Zeit wagt Jono wieder Widerworte.

Mein Blick verfinstert sich. Jono zuckt unter ihm innerlich zusammen.

„Noch einmal, Jono! Lass uns alleine! Sofort!“

Ergeben verneigt er sich. Kurz habe ich den Eindruck, dass er noch etwas sagen möchte, aber er lässt es bleiben.

Mit einem ängstlichen Blick auf den anderen verlässt er meine Gemächer.
 

Endlich alleine!

Ausgiebig lasse ich meinen Blick über den reglos knienden Sklaven wandern.

„Zieh doch aus!“

Ja, ich will gleich zur Sache kommen ...

Langsam steht der Kniende auf. Er zögert. Dann schüttelt er seinen Kopf.

Seine Augen blicken mich an und fragen stumm nach dem Grund dafür.

Er ist wohl so naiv, dass er immer noch nicht ahnt, was ich von ihm erwarte.

„Wie du willst, dann mache ich es selbst!“

Ich trete vor ihn hin. Langsam berühre ich ihn an den Schultern, fahre seinen Rücken hinab, reize seine unbedeckten Brustwaren und halte schließlich am Knoten seines Lendenschurzes inne.

Gekonnt öffne ich den Knoten seiner einzigen Bekleidung, die im gleichen Moment der Schwerkraft folgend von seinen schmalen Hüften rutscht.

Mit einem Aufschrei verdeckt der Junge seine vordere Blöße mit den Händen.

Beschämt senkte er seinen Kopf zur Seite und blickt auf den Boden.

Meine Erregung beginnt in diesem Moment zu wachsen. Zum Glück ist sie noch durch meine Kleidung verborgen.
 

„Komm!“

Mit verführerischem Blick führe ich ihn zu meinem Bett.

Dort bringe ich ihn gekonnt in Position.

Mit einem Druck auf seine Schulter lasse ich ihn sich am Fußende auf den Boden knien. Seine Hüfte schließen perfekt mit der Bettkante ab. Den Oberkörper muss er aufs Bett legen. Auf Befehl nimmt er die Hände über den Kopf.

Nun liegt mir mein Ziel direkt vor Augen.

Begierig lasse ich meinen Blick über den bewegungslosen kleinen Körper wandern.
 

Voller Vorfreude tauche ich meine Hände in eine Schale mit Öl in der Nähe meines Bettes.

Vorsorglich habe ich am Nachmittag eine Schale mit Öl für mein Vorhaben anfertigen lassen.

Schließlich will ich meinen Sklaven weder gefährlich verletzen noch durch Schmerzen den Spaß daran verderben.

Ich beginne damit, ihm ausgiebig den Rücken zu massieren.

Er ist ziemlich angespannt. Kommt wahrscheinlich von der schweren Arbeit hier im Palast!

Ich lasse mir sehr viel Zeit. An der ein oder anderen Stelle kneife ich ihn zärtlich, um seine Lust zu wecken.
 

Immer wieder erzittert der kleinere Körper unter meinen Berührungen aufs Neue, aber die ersehnten lustvollen Geräusche bleiben aus.

Genießt er meine Berührungen etwa nicht? Dabei sollte er sich doch geehrt fühlen.

Als ich schließlich an den Hüften angekommen bin, fahre ich zum Abschluss seine Wirbelsäule einmal rauf, runter und wieder hinauf.

Jetzt windet er sich und versucht meinen Fingern zu entkommen.

Zufrieden grinsend beobachte ich ihn. Seine Bewegungen sehen so sinnlich aus.

"Du bist wunderschön."
 

Bevor ich mich seinem Po widme will, fahre ich ihm noch einmal durch die Haare.

Dabei spüre ich die Gänsehaut, die meine Berührung bei ihm auslöst.

Zufrieden grinsend wiederhole ich den Prozess.

Diesmal bleiben viele Haare an meinen öligen Fingern kleben und … rutschen durch die Bewegung nach oben? Der Ansatz ist nicht mehr blond … sondern schwarz?

Nun mischt sich unter meine Erregung noch Neugier.

Ich ziehe noch einmal an den Haaren und halte die blonde Mähne plötzlich in den Händen.

„Nein!“

Den Aufschrei meines Sklaven nehme ich kaum wahr.
 

Irritiert schaue ich mir den Gegenstand in meinen Händen näher an.

„Was versucht du vor mir zu verstecken, Kleiner? Du weißt doch … Ich weiß alles!“

Meine Stimme kann den erotischen Ton nicht daraus verbannen. Dieses Geheimnis steigert meine Lust noch mehr.

Mein Blick wandert nun zu seinem Kopf.

Ich erwarte auf eine Glatze oder lange Haare wie die einer Frau zu treffen.

Stattdessen bin ich auf den sich mit bietenden Anblick überhaupt nicht vorbereitet.

Erschrocken weiche ich vom Körper zurück. Meine Erregung verschwindet quasi sofort.

Ein mir bekannter Mix bunter Haare breitet sich über das Gesicht des Sklaven aus.

Die ganzen Zufälle … waren echt … und ich … habe … sie nicht … VERSTANDEN!!!

Shimons Lösung

~~Atemu~~
 

Das ist jetzt alles nicht wahr! Bitte, ich erwache gleich aus meinem Alptraum!

Doch leider es ist keiner.

Ungläubig wandere ich um den Sklaven herum. Auf der Suche nach einer besseren Position, die mir einen Irrtum aufzeigt.

Stattdessen gibt es immer mehr Anzeichen, die ich hätte erkennen müssen.

Die letzten Zweifel will ich dennoch ausräumen.

„Sieh mich an!“

Schweigend verweigert mein Gegenüber mit den Gehorsam. Er verharrt in der von mir gegeben Positionen.
 

Kurzerhand reiße ich ihn an den Schultern herum.

Ich starre in traurige, in Tränen schimmernde Augen hinein.

Dunkel trifft auf Hell! Rot auf Violett! Seelenspiegel auf Seelenspiegel!

„Yugi ...“

Mir entkommt nur ein Flüstern, ein Flüstern der Erkenntnis.

Fassungslos lasse ich von ihm ab und wende ihm den Rücken zu.

Der Schock durchdringt jede Faser meines Körpers.
 

Wie in Neben gehüllt gehe ich zur Tür und rufe die nächsten Wachen zu mir.

„Bringt mir Jono her! Egal was er gerade macht! Ich will ihn sehen ... Sofort!“

Danach lege ich vor Yugi frische Kleidung aus meinem Schrank aufs Bett.

„Hier! Wenn du möchtest, kannst du sie anziehen!“

Er schaut mich nicht an und ich kann ihn nicht anschauen.

Ich muss hier gerade ganz schnell raus!
 

Im Bad lasse ich mich mit meinen Kleidern ins kalte Badewasser fallen.

Ich brauche dringend einen klaren Kopf und die Kontrolle über meinen Körper zurück.

Oh bei Ra, was hätte ich meinem Zwilling da beinahe angetan?

Mir wird richtig übel, während ich daran denke. Ein Würgen kann ich noch unterdrücken, aber die ersten Tränen seit längerer Zeit kann ich nicht mehr verhindern.

Zum Glück sieht Yugi das gerade nicht. Hoffentlich hört er mich auch nicht.

Yugi ... es tut mir sehr leid!

Doch jetzt kommen mir weitere Fragen in den Sinn.

Warum hat sich Yugi nicht zu erkennen gegeben?

Und Jono … was hat er gewusst, wie hat er mitgemacht?
 

Als ich an meinen ehemaligen persönlichen Sklaven denke, werde ich sehr wütend.

Er hat mein Vertrauen missbraucht.

Dafür wird er seine Strafe noch bekommen und seinen Posten verlieren!

Unter den ganzen anderen Gefühlen bleibt die Freude über Yugis Erscheinen gedämpft.

Sicher bin ich froh, ihn wieder im Palast zu wissen und ihn unverletzt zu sehen, aber … da ist gerade so viel anderes.
 

Das Bild von meinem Brandzeichen an seinem Arm steigt in mir auf.

Für immer gezeichnet!

Eigentlich hätte das ja schon einen romatischen Touch.

Aber nicht unbedingt nach dem gerade Erlebten!

Dagegen muss ich zu aller erst etwas unternehmen. Yugi muss aus dem Stand der Sklaverei befreit werden.

Das kann nur ich …

Vielleicht schafft ein Priester sogar, dass das Brandzeichen nicht mehr zu sehen ist.
 

Ein Klopfen kündigt die Wachen mit Jono an. Ich werde unsanft an die Realität erinnert.

Wie erwartet finde ich Yugi nicht mehr in meinem Gemach vor, als ich das Bad wieder verlasse.

Wäre auch zu schön gewesen!

In trockener Kleidung rufe ich die Wartenden herein.

Jono wird vor mir auf die Knie gedrückt. Er schaut sich verwundert in Raum um.

Wahrscheinlich hält er nach Yugi Ausschau!

Ich bin noch viel zu fertig, um irgendetwas zu sagen. Geschweige denn als Pharao aufzutreten!

Stattdessen werfe ich ihm die Perücke in die Hände.

Er braucht nur einen kurzen Blick darauf zu werfen.

„Ihr wisst es jetzt also!“
 

„Mehr hast du dazu nicht zu sagen?“

Die Wut findet sich deutlich in meiner Stimme wieder.

In dieser Stimmung sollte ich keine Strafe verhängen, sonst ...

Jono zuckt zusammen und schaut ängstlich zu mir auf. Zum ersten Mal!

„Warum, Jono? Warum hast du nichts gesagt?“

Bevor ich ihn wegbringen lasse, will ich darauf eine Antwort haben.

Heute werde ich keine Strafe verhängen können. Dafür bin ich viel zu aufgewühlt.

„Ich hatte den Befehl dazu. Er wollte es nicht.“

„Und meine Befehle ignorierst du?! Welche sind wichtiger, Jono?“

Ich erwarte, dass er verlegen zugibt, dass es meine Befehle sind. Doch ich habe mich geirrt.
 

Jono schaut mir fest und direkt in die Augen.

Er ist von dem überzeugt, was er jetzt sagen möchte.

„Die eines Freundes, Atemu! Und dahinter muss selbst der Pharao zurückstecken.“

Verdammt! Wie soll ich ihn denn jetzt bestrafen? Das hier ist gerade eine Beleidigung des Pharaos.

Ich wende ihm meinen Rücken zu.

„Bringt ihn in den Kerker! Ich entscheide morgen, was mit ihm passiert.“

Erschöpft lasse ich mich auf mein Bett fallen und werde noch einmal vom Gefühlscocktail dieser Nacht überrollt.

Was für ein Tag! Morgen nehme ich mir frei!

Ich muss meine Gedanken sortieren!
 

Niemandem erlaube ich am nächsten Morgen meine Gemächer zu betreten. Weder Sklaven noch Priester!

Der Einzige, der es im Laufe des Tages wagt, meinen Befehl zu ignorieren, ist mein Ziehvater Shimon.

„Geht es dir gut, Atemu? Hast du Schwerzen?“

Er hört sich besorgt an.

Mit einer Handbewegung fordere ich ihn auf, meine Gemächer zu verlassen.

„Bis ich mich davon überzeugen kann, dass es dem kleinen Pharao gut geht und er gerade einfach nur bockt, werde ich bleiben.“

Da erdreistet Shimon sich, sich einfach auf mein Bett zu setzen. Er nimmt mir die Decke weg und gießt mir eine Schale kaltes Wasser ins Gesicht.

„Du wagst ...“

„Wenn du meinst, dich gerade wie ein Kind aufzuführen, weil du Yugi vermisst, dann behandle ich dich gerade auch wie eines. Mir fehlt er auch!“

So etwas kann sich nur Shimon bei mir erlauben. Leider weiß er das auch!

„Jetzt steh auf und lass uns als Pharao und Berater miteinander reden! Die Rolle als Vater passt nicht mehr...“
 

Irgendwie ... hat Shimon schon Recht.

Ich bin der Pharao und habe kein Recht dazu mich von Gefühlen und Gedanken kontrollieren zu lassen. Mein Volk verlangt von mir, dass ich es regiere.

Ich könnte schreien! All diese Zwänge und dann ... die Schuldgefühle wegen Yugi ...

Verzweifelt lasse ich mich in die Kissen sinken. Shimon setzt sich wieder zu mir.

„Na gut ... Atemu, was ist passiert? Irgendetwas beschäftigt dich. Lass uns darüber reden und danach nimmst du deine Pflichten wieder war.“

Unentschlossen schaue ich Shimon lange an.

Ist Yugi etwa noch nicht bei ihm gewesen? Weiß er noch nicht ...

Shimon beginnt zu lachen. Herzlich zu lachen?! Der lacht mich aus!

„Genau so hast du dich immer verhalten, wenn es Streit zwischen Yugi und dir gab.“

Gegen meinen Willen schleicht sich ein Lächeln auf meine Lippen.

Shimon kennt mich ... nein uns, wirklich gut.

Ich bin es ihm schuldig, diese Traurigkeit aus seinen Augen zu vertreiben. Sie lachen nämlich nicht. Leider ...
 

„Du hast Recht, Shimon. Ich habe jemanden verletzt und hätte ihn fast gebrochen. Jemanden, den ich schätze und lange vermisst habe. Yugi ist zurück, Shimon. Schon seit Wochen...“

Mir versagt die Stimme.

Shimons Augen weiten sich und zeigen Unverständnis.

„Wie Yugi ist zurück und du hast ihn verletzt? Atemu, hast du geträumt? Yugi muss tot sein. So lange haben wir nichts von ihm gesehen!“

Plötzlich sprüht der kleine alte Mann vor Zorn. Erschrocken fahre ich auf und muss einen seiner seltenen Wutausbrüche erleben.

„Pharao, solche Scherze sind nicht witzig! So viel solltest du bei mir gelernt haben. Und Yugis Andenken sollte gerade dir noch etwas bedeuten. Du warst sein bester Freund, Atemu!“
 

Beschwichtigend hebe ich die Arme.

„Shimon, bitte! Ich mache mich nicht darüber lustig. Glaube mir, ich habe Yugi gestern Abend leibhaftig wiedergesehen. Er lebt! Da kannst du dir sicher sein! Schau in seinen Gemächern nach, vielleicht findest du ihn dort. Ich weiß nicht, wo er jetzt ist. Denn ...“

Shimon scheint meinen Worten nun zu glauben und mustert mich ernst.

„Erzähle mir davon, Atemu, ... was ist gestern Abend passiert?“

Stockend berichte ich von gestern Abend.
 

Shimon mustert mich ernst, eingehend, aber er scheint mich nicht zu verurteilen.

„Da hast du Yugis Vetrauen zu dir ganz schön auf die Probe gestellt, Atemu!“

Ra sei Dank, Shimon glaubt mir!

Ich nicke zustimmend.

„Was hast du jetzt vor?“

„Ich möchte Yugi als meinen Vertrauten wieder einsetzen. Und ihm seinen Stand als freien Bürger zurückgeben. Und ... ihn als Freund zurückgewinnen ...“

Shimon begutachtet mich nachdenklich.

„Du bist der Pharao, Atemu. Lass ein Schreiben aufsetzen, indem Yugi seine Rechte als Bürger zurückbekommt. Das Mal wird allerdings nie verschwinden. Yugi sollte wissen, dass er das Dokument immer bei sich tragen soll. Zum Vertrauten könntest du Yugi danach wieder berufen. Wie gesagt, du bist der Pharao. Aber ... ob Yugi dich als Freund zurück will, ... diese Entscheidung kann nur er treffen. Ich kann mir vorstellen, dass du einiges dafür tun musst. Das muss ich dir aber nicht erzählen. Du kennst ihn und weißt, was er will.“

Bei letzten Satz schaut er mir tief in die Augen. So als ob er mit noch einen Hinweis geben will. Leider verstehe ich ihn nicht.

„Kommt jetzt, Pharao! Eure Termine warten.“

Also gut, dann werde ich heute Pharao sein! Und jeden weiteren Tag!

Was für ein Tag!

~~Yugi~~
 

BuBumm...BuBumm...BuBumm...Bumm.....Bumm.....Bumm.....Bumm

Atemu ist weg!

Langsam verlangsamt sich mein Herzschlag wieder, ich kann wieder freier atmen und sinke auf den Boden neben Atemus Bett.

Oh Mann, was für ein Abend!

Die letzten Stunden kommen mir wie ein Traum vor. So als wäre mir das Ganze nicht passiert, sondern es eine Beobachtung gewesen. Als hätte ich neben meinem Körper gestanden...

Etwas benommen schüttle ich den Kopf.

Ich sollte so schnell wie möglich wieder zu mir kommen. Atemu wird ja nicht ewig im Bad bleiben und bis dahin sollte ich wissen, was ich dann tue oder verschwunden sein.

Verschwinden, das ist außerdem die ideale Idee!

Ich werde so schnell wie möglich das Zimmer verlassen und mir morgen über alles weitere Gedanken machen.
 

Nachdem ich meinen Lendenschurz wieder eingesammelt und angezogen habe, suche ich mir noch ein Stück Stoff für das Mal an meinem Arm.

Es muss nun mal nicht jeder meinen Stand direkt erkennen können.

Als ich das Zimmer verlasse, führt mich mein Weg zu meinen alten Räumen.

Zum Glück werde ich nicht gesehen!

Wie ein Dieb schleiche ich mich in das unbewohnte Zimmer und lege mich so leise wie möglich ins Bett.

Irgendwie habe ich Angst, dass mich die Wache doch sieht oder nach mir sucht. Sollten sie mich hier finden, muss ich mit einer harten Strafe rechnen.

Mit diesen letzten Gedanken falle ich in einen unruhigen Schlaf. Ich werde mehrmals in der Nacht von leisen Geräuschen wach, aber jedes Mal steht niemand in meinem Zimmer oder öffnet gerade die Tür.
 

Mit dem ersten Sonnenstrahl des nächsten Morgens erwache ich wieder. Übermüdet reibe ich mir den Schlaf aus den Augen und strecke mich vorsichtig.

Knack…und knack...knack...knack...

Gefühlt jeder Knochen rutscht an seinen vorgesehenen Platz zurück.

Oh Ra, was habe ich nur verbrochen?!

Gestern war doch alles in Ordnung und dann ist sehr viel passiert.
 

Während der Nacht habe ich angefangen, die Situation in Atemus Schlafzimmer zu verarbeiten.

Mit Schrecken ist mir klar geworden, dass er geplant hat, sich an mir zu befriedigen.

Er wollte mich ohne meine Zustimmung und ohne gegenseitige Liebe nehmen!

Ich bin mir sogar sicher, dass er sein Vorhaben durchgeführt hätte, wenn die Perücke meine Identität nicht verraten hätte.

Bei dieser Vorstellung erschüttert mich eine Welle aus Ekel, Unverständnis und Angst.

Verstärkt wird die Welle noch von dem Wissen, dass er meine Verkleidung nicht durchschaut hat.

Dabei kennen wir uns schon so lange!

Anscheinend hat er sich aber nicht so intensiv mit mir beschäftigt wie ich mich mit ihm. Ihn würde ich unter tausenden erkennen!

Hätte es etwas geändert, wenn ich mich ihm offenbart hätte?

Diese Antwort werde ich wohl nie kennen...
 

Meine Gedanken kreisen jetzt um den neuen Atemu, den ich kennen gelernt habe.

Vielleicht sein Pharao-Gesicht? Dann hasse ich es!

Bisher habe ich Atemu eher als liebenswürdig, aufmerksam, sensibel und lebensfroh gekannt. Dieses kühle, berechnende und egoistische Verhalten des letzten Abends hat er mir gegenüber noch nie gezeigt.

Dabei haben wir natürlich auch gestritten. Atemu kann schnell wütend werden und mit Worten sehr verletzen. Irgendwann erkennt er es und weiß sich zu entschuldigen.

Das habe ich so sehr an ihm gemocht.

Gibt es das trotzdem noch?

Gestern habe ich es zumindest nicht mehr gesehen...
 

Jetzt drängt sich der gestrige Abend wieder in meine Erinnerung.

Vor allem der Ablauf der Zärtlichkeiten...

Überraschend empfinde ich keinen Enkel oder Angst, wenn ich nur Atemus Berührungen nachfühle.

Was ist das denn?? Habe ich das ganze etwa genossen??

Wenn ich so darüber nachdenke, stimmt es. Ich habe die vertraute Nähe und seine doch vorsichtigen Berührungen genossen.

Es war angenehm ihm so nah zu sein...und auf gewisse Art so vertraut...

Jetzt fühle ich mich irgendwie wieder einsam. Ich möchte diese Nähe, Zweisamkeit und Vertrautheit zurück haben.
 

Dieser Gedanke erschreckt mich genauso wie die Erkenntnis vorher.

Was ist jetzt mit mir los?

Gedankenverloren starre ich aus meinem Fenster in die Sonne.

Dieses ganze Gefühlschaos überfordert mich.

Ich sollte mir auch Gedanken darüber machen, wie ich mich jetzt weiter verhalten will und wie ich wieder das Zimmer verlassen kann, ohne in den Kerker geworfen zu werden.
 

Unverhofft klopft es an meiner Tür.

Ich lege meine Überlegungen fürs Erste erschrocken zur Seite und verstecke mich. Trotzdem versuche ich die Tür im Auge zu behalten. Vorsichtig öffnet sie sich.

„Yugi??“

Großvater?! Was machst du denn hier?

Ich warte noch ab, ob ihm Atemu oder einige Wachen folgen.

Weder dem Pharao noch seinen Wachen möchte ich im Moment begegnen.

Doch nur Shimon betritt den Raum und schließt die Tür. Er schaut sich suchend um.

Ich beobachte ihn. Erschrocken sehe ich wie blass er geworden ist und wie traurig sein Gesicht aussieht.

Ist das meine Schuld?
 

Die Augen meines Großvaters bleiben am benutzten Bett hängen. Ein Funken Hoffnung taucht in ihnen auf.

„Yugi, bitte, falls du hier bist, komm aus deinem Versteck.“

Da mir alles sicher scheint, entscheide ich der Bitte meines Großvaters zu folgen.

Unsicher verlasse ich mein Versteck.

Shimon schaut mich unfassbar überrascht, aber erleichtert, an.

„Den Göttern sei Dank! Yugi, du lebst und bist zurückgekommen.“

Ein Lächeln lässt das alt gewordene Gesicht erstrahlen. Ich kann nur erahnen, was mein Großvater durchgemacht haben muss. Demütig lasse ich mich vor ihm auf die Knie fallen.

„Es tut mir leid, Großvater!“

Ohne eine unnötige Antwort zieht er mich zu sich hoch in eine Umarmung.

So kräftig, dass er mich wohl gar nicht mehr loslassen will!
 

Einige Minuten später schafft er es doch mich loszulassen.

Und ich sehe meinen Großvater zum ersten Mal weinen... Vor Erleichterung?

„Ich dachte, du wärst tot, als du nicht von deinem Ausflug zurückgekommen bist.“

Oohh...

„Was ist passiert. Yugi?“

Ich führe ihn zu meinem Bett und wir setzen uns. Dann erzähle ich ihm, was in den letzten Wochen alles passiert ist.

Auf seinen Wunsch hin offenbare ich ihm sogar das Brandmal.

Nur die Sache von gestern zwischen Atemu und mir verschweige ich ihm.

Er soll von Atemu kein schlechtes Bild bekommen.

Als ich ende, lehnt er sich ein wenig überfordert zurück.

„Bei den Göttern, da hast du einiges durchmachen müssen, Yugi. Ein Glück, dass Jono dich gefunden hat. Obwohl sein Plan selten schlecht war! Du als Sklave? Was ist da bloß in Jono gefahren. Er hätte einfach nur Atemu informieren müssen und alles wäre anders gewesen.“

Ich blicke zur Seite.

„Genau das wollte ich nicht, Großvater!“

Endlich hat es jemand ausgesprochen. Ich selbst habe mich in diese Lage gebracht!
 

Wir schweigen wieder eine Weile.

„Was wirst du als Nächstes tun, Yugi? Eigentlich dürftest du nicht hier sein. Du bist jetzt Sklave in Atemus Palast.“

Ich zucke gleichgültig mit den Schultern.

„Was ist mit Atemu? Ich könnte dir ein Gespräch ermöglich...“

Entschieden schüttle ich den Kopf.

Nicht nach gestern Abend!!

Doch mein Großvater hat noch eine Idee.

„Dann arbeite doch für mich, bis Atemu dich als Bürger rehabilitiert hat. Ich könnte einen Schreiber gebrauchen und ich weiß, dass deine Handschrift sehr gut lesbar ist. So könnte ich dich hier rausbringen und vor anderen schützen.“

Das wäre die perfekte Lösung!
 

„Aber … ich bin noch Atemus persönlicher Sklave ...“

Shimon steht auf und bedeutet mir ihm zu folgen.

Wir bleiben vor Atemus Gemächern stehen. Shimon geht einfach so hinein und bittet Atemu um meine Dienste.

Ich erstarre vor der Tür, unfähig über die Schwelle zu treten. Egal wie sehr ich mich anspanne!

Für mich überraschend höre ich vor der Tür, wie er dem Anliegen einfach so nachgibt.

Eigentlich hätte ich Freudensprünge machen müssen, aber ein seltsames Gefühl lässt mein Herz schmerzhaft pochen.

Bin ich entwa enttäuscht, dass er mich nicht behalten will?

Gegenüber meinem Großvater will ich mir nichts anmerken lassen.

Gemeinsam verlassen wir den königlichen Trakt.

In Shimons Arbeitszimmer erhalte ich die ersten Aufträge und arbeite bis zum Abend.

Müde kehre ich dann zu meiner Unterkunft bei Jono zurück.

Er ist von seinen Aufgaben noch nicht zurück.

Naja, wird heute wohl wieder später!
 

~
 

Doch auch als ich am nächsten Morgen erwache, fehlt von ihm jede Spur. Sein Bett scheint die gesamte Nacht unberührt gewesen zu sein.

Das kann eigentlich nur bedeuten, dass sich einer der Palastbewohner mit ihm vergnügt hat.

Wenn er das so möchte …

Ich freue mich auf meinen nächsten Arbeitstag. Heute findet das monatliche Gericht statt. Großvater möchte, dass ich die einzelnen Fälle protokolliere.

Ich nehme meine Schreibutensilien und begebe mich zum Thronsaal. Dort werden die Fälle dem Pharao vorgetragen.

Dem Pharao … Also werde ich heute Atemu wiedersehen …

Mit einem mulmigen Gefühl folge ich meinem Großvater in den Thronsaal.
 

Atemu ist noch nicht anwesend. Erleichtert atme ich auf.

Shimon wendet sich fragend zu mir um.

„Gibt es ein Problem, Yugi?“

Schnell schüttle ich den Kopf. Er soll sich keine Sorgen machen und keine Fragen stellen.

Er nimmt seinen Platz neben dem Thron ein und für mich gibt es ein Pult hinter dem Thron. Ich werde also nicht seinen Blicken ausgeliefert sein!

Atemu ist der Letzte, der den Raum betritt. Alle Anwesenden erheben und verneigen sich vor dem Pharao. Mit einem Nicken nimmt er die Geste entgegen. Zu mir wandert sein Blick allerdings nicht.

Ein erleichtertes Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen. Zufrieden richte ich mir meine Materialien und warte gespannt auf das Kommende.

Bisher habe ich ja noch nie bei so etwas anwesend sein dürfen.
 

Der erste Fall ist eine Streitigkeit zwischen zwei Bauern. In diesem Stil folgen noch fünf weitere Fälle.

Allmählich wird mir echt langweilig hinter Atemus Thron!

Doch dann geht ein Raunen durch die Menge. Von Wachen umringt wird ein Gefangener vor Atemu gebracht.

Ein Strafprozess!!

Die sind seit Atemus Herrschaft ziemlich selten gewesen.

Was hat dieser Mensch verbrochen, dass Atemu zu solchem Mittel greift?

Neugierig schaue ich an Atemus Thron vorbei und kann einen erschrockenen Aufschrei nicht unterdrücken. Glücklicherweise geht es anderen Palastbewohnern genauso.

Jono...
 

~~Atemu~~
 

Endlich kommt es zu der von mir ersehnten Verhandlung von Jono. Nur dafür habe ich schließlich diesen Termin heute festgelegt. Zufrieden lausche ich der Anklage. Shimon hat alle meine Wünsche erfüllt. Für Jono gibt es nur eine Strafe ...

Aus den Reihen der Palastbewohner dringen erschrockene Aufschreie an meine Ohren.

Verständlich, sie werden einen ihrer besten Sklaven, Kollegen und Freunde verlieren.

Sollte ich vielleicht doch gnädig sein und ihn am Leben lassen?

Mal sehen, wie Jono reagiert ...

„Hast du noch etwas dazu zu sagen, Sklave?“

Er soll ruhig merken, dass ich ziemlich sauer bin. Schließlich ist das alles seine Schuld, was passiert ist....

Ich bin gerade sehr froh, dass sich Yugi nicht in diesem Raum befindet und es miterlebt.

Was würde er wohl jetzt über mich denken?

Jono schaut kurz auf, scheint nach etwas in meinen Gesichtszügen zu suchen und schüttelt enttäuscht den Kopf.

„Nein, mein Pharao, ich habe nichts hinzuzufügen. Es ist so geschehen, wie in der Anklage beschrieben. Ich erwarte Eure Strafe für meine unentschuldbaren Vergehen, Herrscher über Leben und Tod!“
 

Ein Geständnis!

Damit lässt er mir nicht viele Möglichkeiten...

„Du wirst morgen ohne Vorräte in die Wüste gebracht. Dort kannst du dich zu den Grenzen meines Reiches durchschlagen und ein neues Leben beginnen. Ich verbanne dich aus Ägypten.“

Das ich ihm damit ein Todesurteil gebe, ist ihm klar. In seinem Gesichtsausdruck entdecke ich Traurigkeit. Doch dann nickt er.

„Ich habe nichts anderes verdient, oh weiser Pharao!“

Er akzeptiert mein Urteil ohne einen Aufstand.

Ich nicke den Wachen zu, damit sie ihn wieder in den Kerker bringen. Damit ist der Verhandlungstag beendet und ich erhebe mich.

Erleichterung macht sich in mir breit. Es ist vorbei!

Ich hasse so etwas tun zu müssen...
 

„NEIN!“

Überrascht halte ich inne. Diese Stimme ist die letzte, die ich an diesem Ort zu diesem Zeitpunkt hätte hören wollen.

Verdammt, Yugi!

Auch die Wachen stoppen und wenden sich vor der Tür noch einmal um. Lediglich Jono ist nicht überrascht, ihn hier zu sehen.

Yugi tritt von seinem Platz hinter meinem Thron in mein Sichtfeld.

Mein Zwilling sieht aufgebracht und wütend aus.

Ohne mich zu beachtet, geht er auf Jono zu und umarmt ihn.

„Jono, was soll das? Du bist doch nicht Schuld an allem, was passiert ist. Du bist der Einzige hier im Palast, der mich gesehen hat. Du bist mir ein Freund geworden und hast selbst in den letzten Tagen alles versucht, um mir das Leben so angenehm wie möglich zu machen. Keiner kennt sich hier so gut aus wie du! Du bist die Seele des Palastes und die lasse ich nicht töten!“

Mit zornfunkelnden Augen wendet sich Yugi nun mir zu.

Das verheißt nichts gutes!
 

Jono fasst ihn am Handgelenk, bevor er auch nur einen Schritt auf mich zugehen kann. Jonos Augen folgen Yugis Blick.

„Yugi, nicht! Tu nichts, was du später bereuen wirst. Er kann nicht anders handeln.“

Yugi schüttelt Jonos Hand mit einer Leichtigkeit ab.

„Doch, er kann! Und er wird, Jono!“

Diese Entschlossenheit kenne ich noch gar nicht von Yugi. Sonst hält er sich doch aus Streitereien raus und versucht zu schlichten.

Ich muss schlucken.

Er war die perfekte Wahl als Vertrauter gewesen und ist sogar noch mehr … eigentlich.

Bedrohlich nähert sich Yugi jetzt mir.

Er stellt sich auf die gleiche Stufe mit mir, sodass wir uns ziemlich gut in die Augen schauen können.

Jetzt erkenne ich die zurückgehaltenen Tränen und ...
 

KLATSCH!
 

Mein Kopf rückt von Yugis Kraft nach links.

Entgeistert fahre ich mir mit der Hand an die Stelle, wo mir Yugi eine Ohrfeige verpasst hat.

Yugi hat mir eine geknallt?! Vor aller Augen!

Dafür muss ich ihn doch bestrafen … oder nicht?

„Ich hoffe, Pharao, dass ihr jetzt wieder klar denken könnt, und Euer Urteil noch einmal überdenkt. Ihr verliert Euren besten Mann, nur weil Ihr auch nicht über Eure Sklaven informiert habt und Eure Triebe nicht unter Kontrolle hattet. Ihr alleine seit an dem Schuld, was passiert ist. Ich hasse Euch!“

Ohne auf eine Reaktion von mir zu warten, stürmt Yugi aus dem Thronsaal.

Bevor ich mich meiner Verwirrung hingebe, winke ich alle Menschen aus dem Saal. Ich möchte jetzt für einen Moment alleine sein.

Erschöpft lasse ich mich auf die erste Stufe fallen.

Ich hasse Euch!

Nein! Das darf jetzt nicht sein!

Was soll jetzt aus uns beiden werden?

Und nun?

~~Atemu~~
 

Erschöpft lasse ich mich auf die erste Stufe vor meinem Thron fallen.

Ich hasse Euch!

Nein! Das darf jetzt nicht sein! Nicht von Yugi!

Was soll jetzt aus uns beiden werden?

In Gedanken lege ich meine Hand auf die getroffene Wange. Vorsichtig fahre ich Yugis Abdruck mit den Fingern nach. Schon diese leichte Berührung verursacht Schmerzen.

Deswegen muss ich den Kleinen auch noch bestrafen...

Ansonsten würde jeder den Respekt vor mir verlieren. Niemand schlägt ungestraft den Pharao!

Dabei … im Grunde hat er mit seiner Aussage sogar Recht. Nicht Jono hat einen Fehler gemacht, sondern ich.

Nur DAS darf ich niemals öffentlich eingestehen. Ein Pharao ist unfehlbar! Somit werde ich ganz sicher auch das Urteil nicht zurücknehmen. So leid es mir um Jono tut. Er wird aus dem Palast verschwinden müssen.

Wie Yugi damit wohl zurecht kommt? Würde er mir danach noch eine Chance geben?

Vermutlich nicht …

Oh Ra, die Situation ist ganz schön verfahren...

Ich brauche dringend einen Plan, bei dem ich das Gesicht und Yugi nicht weiter verliere...
 

Ein zögerliches Klopfen und Öffnen der Tür weckt neuen Unmut.

„Ich sagte, ich möchte nicht gestört werden!“

Seths Kopf taucht im Türspalt auf. Er lässt meine Bemerkung ungerührt an sich abperlen.

„Verzeiht, großer Pharao!“

Wieso höre ich einen sarkastischen Unterton bei meinem Priester?

Er tritt ungefragt weiter in den Saal und schließt die Tür.

So eine Unverschämtheit! Anscheinend muss ich auch ihm wieder Respekt beibringen.

Wütend richte ich mich auf. Seth beobachtet mich gleichgültig.

Er muss doch merken, dass er mich damit gerade rasend macht?!

In gewohnter Haltung entrichtet er die im Protokoll vermerkte Verbeugung, bevor er einen weiteren Schritt in meine Richtung macht.

„Ihr könnt mir gerade so viele wütende Blicke zuwerfen wie Ihr wollt, mein Pharao. Denkt daran, ich bin der Hohepriester des Seth und habe damit einen gewissen Einfluss. Ihr wollt sicherlich nicht noch mehr Skandale.“
 

Das ist doch eine Drohung!

„Was wollt Ihr, Seth? Sprecht!“

„Ich hätte einen Lösungsvorschlag. Der Sklave und seine Henker warten draußen auf Euren Befehl. Ihr könnt ihn sofort hinrichten lassen. Bedenkt aber, dass die Anschuldigungen des anderen Sklaven dann an Brisanz gewinnen. Lasst beide stattdessen in den Kerker werfen und überlegt noch einmal über das Urteil von Jono. Für einen talentierten Sklaven wie Jono hätte der Tempel des Seth einen Platz. Für den anderen Sklaven habt ihr sicherlich selbst einige Ideen zur Bestrafung.“

Auf Seths Lippen schleicht sich ein erotischen Grinsen. Ich verstehe seinen Gedanken zu Yugi und schüttle innerlich den Kopf.

Sein Vorschlag für Jono weckt allerdings mein Interesse. Die Priester des Seth behandeln ihre Sklaven sehr streng. Damit würde ich ihn sicherlich genauso strafen, aber auch begnadigen und damit könnte ich Yugi besänftigen...

„Bringt Jono in den Kerker zurück und lasst ihn bis zur Urteilsentscheidung versorgen.“

Eine Nacht muss ich darüber schlafen!

Seth nickt wissend lächelnd und verlässt erstaunlich schnell den Saal.
 

So hänge ich wieder meinen Gedanken nach. Wieder bleibe ich nicht lange alleine.

Ein erneutes leises Klopfen und Öffnen kündigen den nächsten Besucher an. Wieder ein Priester oder besser Isis, die Hohepriesterin.

Ich erspare mir dieses Mal meine wütenden Blicke.

„Ich weiß, ich sollte darüber nachdenken, was ich mit Euch anstelle, weil Ihr genauso wie Seth meinen Befehl missachtet. Was bringt Euch gerade jetzt zu mir?“

Isis lässt sich mehr Zeit mit ihrer respektvollen Verbeugung, bevor sie mir mit einem offenen Lächeln begegnet.

„Ehrenwerter Pharao, unsere Aufgabe ist es, Euch zu beraten. Vor allem wenn wir einen Bedarf sehen. Ich nehme an Seth hat Euch bereits einen Besuch abgestattet und diesen Saal lebend verlassen.“

Ich nicke nur.

„Dann brauche auch ich Euren Zorn nicht zu fürchten, Atemu. Vielleicht habe ich sogar einen hilfreichen Rat für Euch. Der mutige Sklave beschäftigt mich. Er ist doch Eurer Freund, den ihr zu Eurem Vertrauten erwählen wollt, wenn ich mich nicht irre. Ein freier Mann! Vermutlich irrtümlich gebranntmarkt... Das würde zumindest sein Verhalten erklären. Ihr könnt ihn wieder zu einem freien Mann machen und als Euren Vertrauten vorstellen. Oder als Strafe für die Ohrfeige im Sklavenstand belassen.“
 

Isis beobachtet mich genau. Verwirrt erwidere ich ihren Blick.

„Ich sehe, dass Euch diese Strafe für den Kleinen nicht sonderlich behagt. Natürlich könnt ihr ihn auch auspeitschen lassen oder in der Wüste aussetzen. Eine Züchtigung allerdings solltet ihr Euch für diesen Übergriff überlegen. Niemand schlägt den Pharao ungestraft. Diese Botschaft müsst ihr schicken. Einige würden so ein gewisses Maß an Respekt Euch gegenüber wieder aufbieten.“

Irgendwie spricht sie gerade von Seth.

Es stimmt schon, am Liebsten würde ich ihn gar nicht bestrafen.

Vor allem seine Ehrlichkeit ist es, weswegen ich ihn als Vertrauten erwählt habe. Und dafür soll ich ihn jetzt bestrafen?

Das ist doch völlig schräg...

„Ich werde mir auch Euren Ratschlag durch den Kopf gehen lassen, Hohepriesterin.“

Damit entlasse ich sie.

„Lasst Euch von Euren Gefühlen für den Zwilling nicht blenden, Pharao. Auch als Euer Vertrauter darf er Euch niemals in der Öffentlichkeit so bloßstellen. Das wird in den privaten Gemächern diskutiert und dort habt Ihr ihm zuzuhören.“

Mit diesem kryptischen Satz verlässt sie mich wieder.

Von welchen Gefühlen spricht Isis?

Yugi ist mein bester Freund. Wir sind als Brüder aufgewachsen.

Das ist alles, … oder?
 

~~Jono~~
 

Vom gerade Geschehenen noch völlig überrumpelt bringen mich die Wachen aus dem Thronsaal. Unschlüssig warten wir davor auf den nächsten Befehl des Pharaos.

„Hat sich die Hinrichtung jetzt erledigt oder nicht?“

Der angesprochene Soldat zuckt gleichgültig mit den Schultern.

Ich mache mir gerade zu viele Gedanken über Yugis Aktion als mir über diese für mich wohl bedeutendere Frage Gedanken zu machen.

Der Kleine hat den Pharao jetzt keine Ohrfeige gegeben??

Doch genau das habe ich mit eigene Augen gesehen. Ein mulmiges Gefühl macht sich in mir breit. Yugi riskiert seine Chance ein freier Mann zu werden für mich.

Das hätte er nicht tun dürfen!

Atemu muss ihn irgendwie bestrafen. SOwas darf kein Sklave in der Öffentlichkeit bringen! Zumindest nicht ungestraft...

Und vor allem Yugi … der ist doch sonst so friedfertig.

Trotzdem bewundere ich ihn für seinen Mut. Vielleicht hat er damit sogar mein Leben retten können. Dafür wäre ich ih ewig dankbar!
 

Meine Augen suchen in der Menge nach den Violetten des Kleinen mit der dreifarbigen Mähne.

Da ist er!

Kurz begegnen sich unsere Blicke, bevor er von der Menge weiter getragen wird.

Er kann auch noch nicht ganz fassen, was passiert ist. Ich versuche ihm meine Anerkennung zu vermitteln.

Schnell hebe ich die Hände zum Applaus und senke den Kopf zu einer Verneigung.

Hoffentlich werden ihm die Konsequenzen nicht so bald klar...

Ich folge ihm mit den Augen bis er aus meiner Reichweite verschwindet.
 

Aus der Menge kämpft sich der Hohepriester zu uns durch.

„Hohepriester Seth, was soll mit dem Gefangenen geschehen?“

Kurz kreuzen sich nun unsere Blicke. Er macht sich Sorgen um mich...

„Wartet hier! Ich kümmere mich darum.“

Sein Blick begegnet dem meinen erneut und möchte mir etwas Zuversicht vermitteln.

Anscheinend möchte er sich in dieser aufgewühlten Situation noch einmal für mich einsetzen?!

Kann er nicht warten bis sich Atemu wieder beruhigt hat?

Dann stehen meine Chancen auf Begnadigung wahrscheinlich besser...

Doch Geduld ist nicht Seths Stärke.

Er gönnt Atemu zwar eine für ihn beachtliche Zeit, um sich von der Situation zu erholen, bevor er für eine gefühlte Ewigkeit im Saal verschwindet.

Atemus Wutschnauben kann ich durch die geöffnete Tür noch hören, bevor Seth sie ins Schloss fallen lässt.

Innerlich verabschiede ich mich schon von der Welt.

Das kann niemals gut gehen!
 

Als Seth unversehrt zurückkehrt, erwarte ich neugierig seine weiteren Befehle.

Er schenkt mir ein zufriedenes Lächeln, bevor er sich in seiner gewohnt kühlen Art an die Wachen wendet.

„Ich bringe den Gefangenen in seine Zelle zurück. Sorgt dafür, dass er bis zu seiner nächsten Anhörung ausreichend ernährt wird und unverletzt bleibt!“

Ich habe mich gerade verhört, oder? Meine Hinrichtung fällt aus?

Die Wachen reagieren genauso überrumpelt. Sie zögern mich mit den Hohepriester alleine zu lassen.

„Glaubt ihr, dass ich nicht mit einem gefesselten Gefangenen fertig werden kann?“

Sofort schütteln sie synchron den Kopf und suchen das Weite.

Nun wendet sich Seth mir zu.

„Wenn alles gut geht, wirst du mein Leibsklave im Tempel des Seth, Jono.“

Wow … das hätte ich nie von Seth erwartet. Er setzt sich tatsächlich für mich ein.

Er geht zwar sehr streng mich seinen Sklaven um, aber er ist niemals gewalttätig. Auch wenn man es ihm nicht zutraut. Und seinen Leibsklaven geht es in der Regel … gut. Vor allem, wenn sie ihm schon länger zu … Diensten sind.

Ein spitzbübisches Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht. Eine bessere Bestrafung könnte Atemu mir niemals auferlegen. Den Hohepriester weiß ich zu Handhaben...

Seth packt mich an der Schulter und zwingt mich mit leichtem Druck zum Gehen. Sicher leitet er mich mit sanftem Druck durch die Gänge.

Zuverlässig schließt er mich in meiner Zelle ein. Zum Abschied streicht er mir liebevoll über die Wange und durchs Jahr.

„Ich warte auf dich, Jono!“

Der Einsatz hat also einen Grund!

Geübt hauche ich ihm einen Kuss zwischen den Stäben zu.
 

~~Yugi~~
 

Okay, ganz ruhig, Yugi!

Als mich die Menge erfasst und mit sich nach draußen nimmt, sinkt mein Adrenalinspiegel ab und ich begreife, was gerade da drin passiert ist.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass ich dem Pharao eine gerechtfertigte Ohrfeige gegeben und ihm seine Fehler öffentlich vorgehalten habe.

Soviel zum sachlichen Ablauf...

Verdammt, was hat mich da geritten! Ich habe ihm gerade mein Leben ausgeliefert!

Wenn er sein Gesicht wahren will, muss er mich hart bestrafen! Vielleicht sogar töten...

Oh Ra, hilf mir!
 

Die Menge zieht mich mit sich aus den schützenden Palastmauern.

Bei meinem letzten Besuch in Theben wurde ich entführt, als Sklave verkauft und gebranntmarkt.

Bei meinem Glück renne ich jetzt dem nächsten Wachtrupp in die Hände, der mich als flüchtigen Sklaven in die Gefängnisse des Palastes bringt.

Das ich jetzt noch frei herumlaufen kann, habe ich sowieso Atemus Überraschung zu verdanken.

Ich werde mein Glück heute nicht zu sehr herausfordern.

Oder … sollte ich nicht besser flüchten? Dorthin, wo mich Atemus Zorn nicht erreichen kann?

Ich würde ihn schrecklich vermissen.

Das weiß ich mit einen solchen Sicherheit, dass ich den Gedanken der Flucht letztlich verwerfe.

Also lasse ich mich ans Ende der Menge fallen und entgehe allmählich dem Sog der Masse.
 

So schnell wie möglich kehre ich unbemerkt in den Palast zurück. In den Gängen hat sich eine ungewöhnliche Ruhe ausgebreitet.

Jono wartet nicht mehr vorm Thronsaal. Entweder treffen sie sich gerade irgendwo, um das Urteil zu vollstrecken, oder er ist in seine Zelle zurück gebracht worden.

Vielleicht denkt Atemu sogar über eine Begnadigung nach...

Dann hätte mein Ausbruch wenigstens einen gerettet...

Ich will gar nicht darüber nachdenken, was Atemu mit mir anstellen wird. Ich habe mich in einen großen Schlamassel geritten.

Trotzdem sehe ich keinen Fehler in meiner Entscheidung. Für jeden hätte ich so gehandelt. Ich wollte nur einem Freund helfen, der mich in meiner Not nicht alleine gelassen hat und ungerecht verurteilt wurde!

Einmal möchte Atemu Ehrlichkeit...

Ist ihm das in der kurzen Zeit im Palast so fremd geworden?
 

Eine Sehnsucht treibt mich zur großen Terrasse.

Vielleicht ist dies mein letzter Sonnenuntergang, den ich betrachten darf.

Ich stütze meine Ellenbogen auf das Geländer und lege meinen Kopf auf meine Hände. Die Sonnenstrahlen berühren meine Haut. Genießerisch schließe ich die Augen.

Meine Gedanken finden leider keine Ruhe. Sie kreisen wieder um den Pharao.

Was soll ich bloß von all dem halten?

Hat sich Atemu in der letzten Zeit so stark verändert? Hat sein Amt diese Veränderungen verursacht? Wollte ich diese andere Seite in meinem Bruder nie sehen?

Dabei durchströmt mich ein warmes Gefühl, sobald ich nur an Atemu denke.

Und doch macht er mir immer mehr Angst.

Es verletzt mich sogar. Jedes Mal aufs Neue, wenn er sich so unnachgiebig verhält!
 

Bei Ra, ich weiß nicht, was mit mir los ist!

Einerseits wünsche ich mir in Atemus Nähe zu sein, aber jetzt kenne ich noch die andere Seite von ihm. Die des Pharaos! Die, mit der er mich fast vergewaltigt hätte!

Ich fühle mich total zerrissen.

Dazu kommt jetzt noch, dass Atemu über mich ein Urteil fällen wird.

Ich kann ihn überhaupt nicht einschätzen, mit welcher Seite er diese Entscheidung trifft. Dem Pharao traue ich zu, dass er mich ohne zu Zögern hinrichten wird.

Meinem Bruder würde ich diese Entscheidung niemals zutrauen. Er würde sich gnädig zeigen.

Das ist alles so verwirrend!

Könnte es helfen, wenn ich zu ihm gehe und mich entschuldige? Nochmal mit ihm unter vier Augen sprechen?
 

Der Balkon führt auch an den Fenstern zum Thronsaal vorbei.

Vorsichtig schleiche ich mich an und werfe einen schnellen Blick in den Raum.

Atemu sitzt immer noch auf oder schon wieder auf den Treppen vor seinem Thron.

Er sieht verletzt und verzweifelt aus...

Die Tür schließt sich gerade. Anscheinend hatte er Besuch.

Plötzlich legt sich ein entschlossener Gesichtsausdruck auf sein Gesicht.

„Wachen!“

Sofort stehen zwei Soldaten im Saal und nehmen seine Befehle entgegen.

Leider sind sie so leise gesprochen, dass ich nichts verstehen kann.

Mich verlässt die Hoffnung, dass ein Gespräch zwischen uns die Situation mildern könnte, umgehend.

Mit einem mulmigen Gefühl schleiche ich mich zurück. Diese Nacht verbringe ich in Jonos Unterkunft. Falls sie mich zu Atemu bringen sollen, finden sie mich dort, wo ich hingehöre.

Bei den Sklaven im Dreck!
 

Für mich mitten in der Nacht reißen mich zwei Personen grob aus dem Schlaf.

„Der Pharao will dich sehen, Sklave!“

Sie fesseln mir die Hände grob auf dem Rücken und bringen mich in den Hof.

Es ist noch dunkel. Nur die Sterne erhellen mit ihrem Glanz den Himmel. Nichts kündigt den nahenden Tag an.

Im Laufschritt erreichen wir den Innenhof. Er wird von Fackeln beleuchtet. Von der anderen Seite bringen sie Jono aus dem Gefängnis. Auch er ist gefesselt...

Atemu wartet auf der Plattform vor dem Galgen auf uns. Seine Miene ist kalt und gebieterisch. Ganz der Pharao!

Um uns herum stehen sicherlich noch andere, die sich das Schauspiel anschauen wollen.
 

Als ich von den Wachen vor Atemu in den Staub geworfen werden, entweicht mir ein ängstlicher Aufschrei. Jono landet geräuschlos an meiner Seite.

Es folgt eine lange unerträgliche Stille.

Knarrendes Holz verrät, dass sich Atemu vom Galgen auf uns zubewegt. Vor uns hören die Schritte auf.

„Erhebt euch, Verurteilte!“

Langsam setze ich mich auf. Jono tut es mir gleich.

Mein Blick kreuzt Atemus. Ich lege all meine Wut hinein.

Das ist eine Herausforderung, Pharao!

Auch wenn mir dies nicht zusteht, ist es mir mittlerweile total egal. Sein Urteil hat er doch sowieso schon gefällt... Schlimmer wird es nicht mehr werden!

Seine Miene verrät nichts über seine Gedanken. Keine Entschuldigung, keine Wut … nicht irgendeine Emotion!

Was hat er vor? Schürt er bei uns absichtlich Furcht?
 

Jonos Blick sucht den von Seth. Tatsächlich findet er ihn auch vor einer Tür im Schatten der Flammen.

Mühsam wende ich mich von Atemu ab und folge Jonos Blick.

Seth nickt Jono aufmunternd zu. Jono reagiert mit einem erleichterten Lächeln auf den Lippen.

Ich kann dieser Kommunikation irgendwie überhaupt nicht...

Wie kann er in dieser Situation anfangen zu grinsen?

Jono, es geht um unser Leben!
 

Atemu fixiert Jono streng.

„Du hast Glück, Jono. Es gab einige Fürsprecher für dich. Ich werde dich begnadigen. Du wirst in den Tempel des Seths versetzt!“

Jono atmet erleichtert aus. Einen Freudenschrei muss er sich wohl verkneifen.

Voller Vorfreude sucht er Seths Blick erneut und schenkt ihm ein dankbares Lächeln.
 

Ich schnaufe entsetzt auf.

Atemu schickt Jono zu diesen Sklavenschindern?! Was hat er dann für mich??

Mit einer Handbewegung zu den Wachen lässt er Jono wegbringen.

„Yugi, ich danke dir für deinen Einsatz! Mach es gut!“

So habe ich mir den Abschied von meinem einzigen Freund im Palast nicht vorgestellt.

Seth folgt seinem neuen Sklaven und schließt die Holztür hinter sich.

Jono ist weg! Ich bin wieder alleine!

„Und nun zu dir...“

Emotionale Achterbahn

~~Yugi~~
 

Nachdem alle den Schauplatz verlassen haben, stellt sich Atemu absichtlich aus meinem Blickfeld heraus. Ich kann nur noch hören, was passiert. Ein leises metallisches Geräusch erfüllt den Hof.

Er muss etwas in die Hand genommen haben…

Während er schließlich hinter mich tritt, blitzt im Schein der Fackeln ein kurzer, heller Blitz auf.

Irgendetwas reflektiert das Licht! Die Schneide eines Schwertes!

Stockend ziehe ich den nächsten Atemzug ein.

Was hat Atemu damit vor? Warum spricht er nicht mit mir? Warum agiert er hinter meinem Rücken? Sieht er mich so gerne in Angst?

Aus dem Nichts heraus packt er mich an den Schultern und beugt mich nach vorne. Dabei spüre ich das kalte Metall über meinen Rücken gleiten.

Ein ängstlicher Aufschrei entweicht mir. Ich gehe mit der Bewegung mit und senke meinen Kopf. In diesem Moment schwindet meine letzte Hoffnung.

Ist das jetzt mein letzter Augenblick? Den habe ich mir gänzlich anders vorgestellt...

„Mach es schnell, Atemu! Nur darum bitte ich dich noch als meinen Bruder.“

Mir ist sonnenklar, was als Nächstes geschehen wird.

Innerlich muss ich stark um Fassung ringen. Er wird mich jetzt nicht weinen sehen oder um mein Leben flehen hören.

Dafür bin ich zu stolz! Und ich habe keinen Fehler gemacht! Ich war lediglich ehrlich...
 

Atemu antwortet mir immer noch nicht. Es regt sich auch sonst nichts hinter mir. Minutenlang!

Dann erklingt wieder das metallische Geräusch. Atemu muss das Schwert bewegen.

Ich schließe meine Augen und fange an zu den Göttern zu beten.

Mein Leben wird jetzt und hier ein Ende nehmen! Hoffentlich ist meine Seele leicht genug für den Eintritt in den Garten der Götter…

Entgegen aller Erwartung spüre ich die Schwertspitze an meinen Handgelenken statt an meinem Hals.

„Halte still, Yugi!“

Atemu führt die Waffe so sicher und genau, dass meine Hände keinen Kratzer davontragen, als er mir dir Fesseln durchschneidet.

Ich traue mich nicht, meine Arme nach vorne zu nehmen. Atemu legt sie mir stattdessen in den Schoß.

Ungläubig reibe mir die Handgelenke und streiche selbst bis zu den Schultern nach oben. Vorsichtig verberge ich sie danach. Ich wage es nicht zu Atemu zu schauen. Sein Verhalten verwirrt mich total.

Ist das jetzt seine Folter für mich? Mich in Todesangst versetzen, mir Hoffnung geben und sie danach doch wieder zerstören?

Atemus Hand spüre ich plötzlich auf meiner linken Schulter. Sie streicht vorsichtig, fast beruhigend, über die Haut…

Er ist neben mir in die Hocke gegangen und verursacht eine Gänsehaut.

Trotz der Todesangst in meinem Inneren jagt dieser Moment ein sonderbar angenehmes Kribbeln durch meine Adern.

„Du traust mir zu, dass ich dich töten könnte? Oder anderen den Befehl dazu geben würde?“

Atemu spricht sehr leise zu mir. Seine Stimme klingt traurig und enttäuscht.
 

Nach diesen Worten verschwindet seine Hand wieder von meiner Schulter. Ich höre, wie er sich aufrichtet und ein paar Schritte geht. Das metallische Klingen ist wieder zu hören.

Er muss das Schwert an seinen Platz zurückgestellt haben.

„Wir haben ein bisschen was zu klären, Kleiner! Sattle unsere Pferde! In einer Stunde möchte ich mit dir losreiten.“

Nach diesem Befehl verlässt er den Hof. Ich verharre immer noch kniend an meinem Platz und versuche meine Gedanken zu ordnen. Mit mäßigem Erfolg!

Immer noch jagt Angst gefolgt von Hoffnung und der Gänsehaut über mich hinweg. Ich kann nicht verhindern, dass meine Muskeln bei der kleinsten Beanspruchung zu zittern anfangen.

Meine Beine verweigern mir den Dienst! So schaffe ich es doch niemals den Befehl auszuführen!

Yugi, jetzt stell dich nicht so an!

Doch sämtliche Beruhigungsversuche scheitern kläglich. Ich kann nicht aufstehen!

So aufgewühlt hat mich Atemu noch nie alleine gelassen...

Ich werde nicht in der Lage sein, seinen Befehl in der vorgesehenen Zeit auszuführen.

Ergeben bleibe ich in der Position knien, bis ich nach einer gefühlten Ewigkeit meinen Körper wieder beherrschen kann.

Bevor ich gehe, versuche ich Atemus Schwert ausfindig zu machen. Nur ich finde keines. Lediglich ein unscheinbarer Dolch steht unter einer Fackel.

Hat mir Atemu damit eine solche Angst bereitet?
 

Unsichere Schritte bringen mich zum Stall.

Es wundert mich überhaupt nicht, dass ich Ikarus gesattelt vorm Stall angebunden finden. Entweder hat Atemu noch einem anderen Sklaven diese Aufgabe gegeben oder … er macht es gerade selbst.

Sicherlich wusste er, dass ich seinen Auftrag niemals schaffen konnte…

Mir ist das gerade ziemlich egal. Ikarus hebt seinen Kopf und wiehert mir fröhlich zu. So lange habe ich ihn nicht mehr gesehen.

„Na, mein Schöner! Hast du mich vermisst?“

Ich halte ihm meine Hand hin. Ikarus schnaubt zutraulich hinein. Meine Arme umarmen seinen Hals, mein Gesicht vergrabe ich tief in seinem Fell. Der Duft seines weichen, gepflegten Felles steigt mir in die Nase. Genießend verharre ich in dieser Position.

Wie habe ich ihn vermisst...

Und er mich anscheinend genauso, sonst würde er nicht so stehen bleiben und mir seinen Atem am Rücken entlang pusten.

Ikarus vertraue ich total. Er würde mich niemals alleine lassen...

Die Welt entweicht für diesen Augenblick völlig aus meinen Gedanken. Es zählen nur noch Ikarus und ich...
 

Als in meinem Rücken ein vernehmliches Räuspern erklingt, schrecke ich sichtlich zusammen. Ikarus hebt durch meine Reaktion alarmiert den Kopf.

„Kannst du reiten?“

Atemu habe ich völlig vergessen! Wie lange steht er schon da?

Im ersten Moment verstehe ich seine Frage genauso wenig. Er hat mir das Reiten doch beigebracht! Daher müsste er doch selbst wissen, dass ich es kann. Warum fragt er dann so blöd?

Ich starre ihn skeptisch an, bis mir einfällt, dass es mir als Sklave nicht erlaubt ist. Schuldbewusst senke ich sofort meinen Blick.

Atemu beachtet die Verfehlung nicht. Stattdessen deutet er auf meinen unbekleideten Rücken.

„Wegen der blauen Flecke...“

Ah okay! Die Blessuren von unserem `Treffen´…

Zur Antwort führe ich Ikarus auf den Weg und steige umgehend in den Sattel.

Dass ich die Zähne zusammenbeißen muss, darf er nicht bemerken. Sie machen mir beim Aufsteigen tatsächlich zu schaffen. Nach einem Blick in seine Augen weiß ich, dass er meine Schmerzen gesehen hat.

„Ihr seht, es geht schon, Pharao!“

Atemu nickt verstehend. Nun steigt er selbst auf ein mir unbekanntes Pferd.

Was ist mit Stray?

„Das ist Bastet, die Stute meines Vaters. Stray braucht heute eine kleine Pause.“
 

Atemu reitet vorraus. Er führt uns aus der Stadt heraus in die Wüste.

Es ist ein seltsames Gefühl ihm zu einem unbekannten Ziel folgen zu müssen. Von meinem bisherigen Vertrauen zu ihm ist nichts mehr übrig!

Ich rechne immer noch mit einer Bestrafung. Je weiter wir uns vom Palast entfernen, desto unangenehmer werden meine Vorstellungen, wie diese aussehen kann.

Haben diese paar Tage als Sklave bei ihm bereits meine kompletten positiven Erinnerungen an ihn geraubt? Habe ich mich all die Jahre so in Atemu täuschen können? Bin ich vielleicht das Problem in unserer Freundschaft geworden? Habe ich mich im Palast so schnell verändert?

Ich finde auf all diese Fragen keine Antworten.

Was soll ich nur tun??

Mir wird klar, dass ich unserer Freundschaft nicht mehr sicher bin. Ich möchte sie am liebsten beenden und ganz weit weg reiten.

Doch bei diesem Gedanken zieht sich mein Herz zusammen.

Ich beobachte die Gestalt vor mir. Atemu hat sein Gesicht der Sonne zugewendet und die Augen für einen kurzen Moment geschlossen. Seine Züge sind so sanft…

Hier ist er wieder: Mein Bruder, einfach Atemu. Es scheint als würde die ganze Last aus dem Palast von seinen Schultern verschwunden sein.

Nein, ich kann es nicht beenden. Genau dafür bin ich in den Palast gegangen.

Verzweifelt raufe ich mir die Haare.

Warum kenne ich meinen Atemu und den Pharao jetzt als zwei verschiedene Menschen?

Ra, kannst du mir diesen jungen Mann zurückgeben? Ihn zum Pharao machen und diese andere Seite vernichten? Ich helfe dir dabei…

…und gebe Ikarus einen kräftigen Schenkeldruck.
 

~~Atemu~~
 

Es ist mir klar gewesen, dass Yugi unserer Pferde nicht in einer Stunde gesattelt hat.

Ich habe meinen besten Freund eben total verängstigt zurückgelassen. Am liebsten hätte ich ihn in den Arm genommen und wäre mit ihm in seinem Zimmer verschwunden.

Dass verbietet mir aber das Protokoll! Diese verdammten Regeln!

Und jetzt trottet er eingeschüchtert hinter mir her.

Je weiter wir uns vom Palast entfernen, desto angespannter scheint Yugi zu werden.

Wovor fürchtet er sich hier mit mir?

Mir tut die Entfernung dagegen sehr gut. Ich entspanne mich immer mehr.

Für den Moment schließe ich die Augen und wende mich der Sonne zu.

Wie lange war ich schon nicht mehr draußen gewesen? Ich sollte mehr im Garten unterwegs sein und mit Stray ausreiten.

Plötzliches Galoppieren meiner Stute holt mich in die Gegenwart zurück. Bastet reagiert auf den Gangartwechsel von Ikarus. Yugi muss ihn angetrieben haben.

Versucht er vor mir zu fliehen?

Vermutlich braucht er gerade ein wenig Zeit für sich. Yugi hat viel, womit er klar kommen muss.

Ich weiß ja, dass Ikarus irgendwann stehen bleiben und sich nach mir umdrehen wird. Für ihn sind wir als Gruppe unterwegs.

Gelassen pariere ich Bastet in den Trab zurück. Ich genieße noch ein bisschen die Sonne.
 

Als ich beim nächsten Mal aufschaue und nach Yugi suche, steht Ikarus bereits und schaut sich nach uns um.

Yugi versucht verzweifelt ihn zum Weitergehen zu bewegen. Keine Chance!

Zu meinem Ziel müssen wir sowieso hier abbiegen. Mit Bastet gehe ich wieder vor und sehe aus den Augenwinkeln, wie sich Ikarus sofort wieder in Bewegung setzt.

Er würde gerne zu mir aufschließen. Doch Yugi hält ihn zurück.

„Komm schon her, Yugi. Hier bin ich nicht der Pharao…“

Endlich gibt er Ikarus seinen Willen. Doch er spricht nicht mit mir. Die Schultern sind hochgezogen, den Kopf hält er gesenkt. Seine Haltung verhindert Blickkontakt.

Habe ich in den wenigen Tagen alles zwischen uns zerstört? Ich hoffe, dass es nicht so ist.

Wir durchreiten die letzten Felsen und stehen vor einem Dornenbusch. Ich sehe, dass Yugi den Ort wiedererkennt.

Ja, Yugi hier sind wir als Kinder immer schwimmen gewesen.

Während ich die Pferde anbinde, bleibt Yugi bewegungslos im Sattel. Die Zügel von Ikarus entwinde ich ihm vorsichtig aus den kalten Händen.

„Wir sind da! Brauchst du Hilfe beim Absteigen?“

Yugi schüttelt mechanisch den Kopf, doch rührt er sich immer noch nicht.

„Ein Goldstück für deine Gedanken, Yugi.“

„Geht schon vor, Pharao. Ich komme gleich.“

Sofort schüttle ich den Kopf.

„Bitte!“

Sehr ungern folge ich Yugis Flehen. Es ist mir nicht wohl dabei, ihn in diesem Zustand alleine zu lassen.
 

Er braucht sehr lange, um mir zu folgen. Aber er kommt…

Ich habe in der Zwischenzeit ein kleines Picknick aufgebaut. Yugi wechselt zwischen der Decke und mir einen unsicheren Blick.

Ja, ich weiß, ich sollte mich schnellstmöglich erklären. Wer weiß, was ihm gerade durch den Kopf geht.

„Pharao, …“

Sofort unterbreche ich ihn. Hier niemals dieser Titel!

„Atemu! Hier bin ich für dich Atemu. Dein Bruder, dein Freund aus Kindertagen. Wenigstens hier, Yugi!“

Ich gehe zur Decke und falte eine Papyrusrolle auseinander.

„Und du bist nicht mehr mein Sklave, Yugi! Hier, dieses Papier hebt dich in deinen früheren Stand als Bürger Ägyptens zurück. Mit allen Rechten und Pflichten… So etwas hätte dir nicht passieren dürfen. Es tut mir leid! Doch jetzt ist alles vorbei. Du bist zurück in deinem alten Leben.“

Vorsichtig greift Yugi nach dem Papier und liest es sich selbst nochmal durch. Dabei weiten sich seine Augen.

„Das Dokument ist echt… Ich verstehe nicht, Pharao…“

Das ist doch ganz einfach!

„Du bist ein freier Mann, Yugi. Jetzt kannst du nach Hause zurückkehren, einen Job annehmen, dich frei in Ägypten bewegen…“

Ich werde traurig. Ob Yugi die Chance ergreift vom Palast zu fliehen? Von dem Ort, wo er so viel Schlechtes erlebt hat…

Das macht mir Angst!
 

Zwischen uns entsteht eine gespannte Stille. Ich warte auf Yugis Reaktion.

Dieser starrt immer noch verwirrt auf das Papier vor ihm. Manchmal schweift er auch in die Ferne ab oder schaut zum Tor.

Bitte, Yugi, geh jetzt nicht!

„Atemu…“

Yugi versagt die Stimme. Betreten schaut er zur Seite.

„Es ist ungewohnt dich nach allem so zu nennen… Entschuldige! …“

Er atmet noch einmal tief durch. Dann sucht er fest den Blickkontakt zu mir.

„Du sagtest, dass ich jetzt zurück in meinem alten Leben als freier Bürger bin. Heißt das, dass du mich immer noch als deinen Vertrauten im Palast anstellen möchtest? Dieses Angebot hast du mir in meinem alten Leben gemacht… und ich habe dir noch nicht geantwortet…“

Daran erinnere ich mich. Und darüber wollte ich jetzt nicht sprechen! Dabei ist mein Entschluss längst gefallen.

„Es steht noch… Aber, Yugi, willst du dich nicht erst mal setzen.“

Ich deute auf die Decke und nehme selbst Platz. Schließlich habe ich mir über den Nachmittag bestimmte Gedanken gemacht. Yugis Blick verfinstert sich augenblicklich.

„Nein! Das ist mir zu nah, Atemu. Zurück zu deinem Angebot … Ich werde nicht als dein Vertrauter im Palast bleiben.“
 

Ich nicke verstehend. Mit einer Absage hätte ich nach den letzten Geschehnissen rechnen müssen, aber ich musste sie von ihm nochmal hören.

Als Pharao dürfte ich mir meine Traurigkeit nicht anmerken lassen. Doch hier bin ich dies ja nicht.

„Schade! Es tut mir alles sehr leid, Yugi.“

Yugis Augen zeigen, dass er versteht. Doch er wendet sich jetzt zum Tor und geht ein paar Schritte darauf zu.

Okay, er hat jetzt die Bürgerrechte wieder und ich begegne ihm hier nicht als Pharao. Das heißt, er kann einfach so gehen.

Ein Gefühl von Leere macht sich in mir breit. Habe ich meinen besten Freund verloren?

Am Tor zögert Yugi nochmal und dreht sich zu mir um.

„Ich … ich möchte aber als Schreiber weiter im Palast arbeiten. Was soll ich denn alleine auf unserem Hof? Dort möchte ich jetzt trotzdem vorbeischauen. Ich brauche noch Sachen für mein Leben im Palast.“

Er verschwindet mit einem schüchternen Lächeln auf den Lippen durch das Tor.

Ich seufze erleichtert. Yugi bleibt erstmal bei mir im Palast.

Dann fällt mein Blick auf das Bündel Stoff, welches ich für ihn mitgebracht habe. Er braucht neben dem Papier auch entsprechende Kleidung!
 

Schnell greife ich danach und laufe durch das Tor. Yugi versucht gerade auf Ikarus aufzusteigen. Ich sehe in seinem Gesicht, welche Schmerzen ihm diese Bewegung bereiten muss.

„Warte, Yugi!“

Erschrocken sieht er zu mir auf. Er stoppt direkt in der Bewegung und keucht vor Schmerzen auf. Yugi lässt sich langsam auf den Boden gleiten.

„Wenn du alleine in den Palast zurückkehren willst, brauchst du neben dem Papyrus auch entsprechende Kleidung. Ich habe dir einen Umhang und eine Armbinde mitgebracht.“

Ohne zu fragen, binde ich ihm den Stoffstreifen über das Brandmal an seinem Arm. Sofort zuckt Yugi zusammen und geht einen Schritt von mir weg. Den Umhang halte ich ihm daher nur noch entgegen.

Er legt in sich selbst über die Schultern und verschließt den Verschluss. Als er aufsteigen will, greife ich nach den Zügeln von Ikarus.

„Lass nur, ich halte ihn ruhig, während du aufsteigst.“

So kann sich Yugi ganz auf das Aufsteigen konzentrieren. Die Zügel gebe ich ihm in die Hand, als er sicher im Sattel sitzt.

„Danke!“

„Pass auf dich auf, Yugi! Ich erwarte dich im Palast!“



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Kommentare zu dieser Fanfic (79)
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Von:  Roxi_13
2014-10-22T11:27:37+00:00 22.10.2014 13:27
Hallo erstmal
Jetzt da ich die Geschichte bis hierher gelessen habe muss ich sagen das sie gut ist, mir gefählt sie
Was ich aber auch noch sagen ist das ich Yugi gut verstehen kann
wenn ich an seiner stelle wäre würde ich auch überlegen was ich machen soll
Andererseits kann ich auch Atemu verstehen
Er hat es als Paraoh echt nicht leicht
Ich hoffe das der rest der Geschichte auch so gut wird wie der rest
Und ich hoffe das es bakd ein neues Kapittel gibt

LG
Roxi_13
Von:  RandaleEiko
2014-10-04T11:19:33+00:00 04.10.2014 13:19
Schön das es nach so langer zeit weitergeht ist ein tolles kapitel geworden
Von: abgemeldet
2014-08-30T17:34:25+00:00 30.08.2014 19:34
Ui ui ui ui O.O
Was ist denn da passiert in den letzten Teilen O.O
*schock hab*
Da ist man ne Weile nicht da und schon steht die ganze Welt Kopf O.O
Ai... dieser Job als Pharao tut Ati nun wirklich nicht gut :/ Naja, aber ausführen muss er ihn ja und die ganzen Ereignisse gehen ganz schön zu Lasten der Freundschaft von den beiden Süßen :(
Ich hoffe echt, dass Atemu jetzt nicht ganz so grausam zu Yugi wird :( Auch wenn er es müsste, aber... ach menno :( Nicht der arme Kleine :(
Naja, aber für Jono gibt es immerhin 6er im Lotto ^.^ Wünsch den beiden ja viel Vergnügen ^.^

Schreib bitte schnell weiter :D

Liebe Grüße

Silverstern
Von:  sara133
2014-03-01T19:50:29+00:00 01.03.2014 20:50
Aaaa..... ja und nun????? Wie ich sowas hasse immer wenn es spannend wird :-(
Schreib schnell weitet.
Von:  RandaleEiko
2014-03-01T11:08:12+00:00 01.03.2014 12:08
......Ja....?! Was is nun brrr diese gemeinen cliff hänger >u< >_< aber was will man machen wird dadurch nur schöner =3 : D
Von:  sara133
2014-02-23T23:09:55+00:00 24.02.2014 00:09
Oooooooo...... schreib schnell weiter biiiiiiiittttte ich flehe dich an. Ich muss wissen wie es weiter geht

Von:  RandaleEiko
2014-01-07T14:55:01+00:00 07.01.2014 15:55
..wow ich bin hin und weg alta wie ich mich auf das nächste kapitel freue >u<
Von:  saspi
2014-01-07T08:54:13+00:00 07.01.2014 09:54
guten morgen,
ein tolles kapitel.
die ohrfeige fand ich klasse.
da muss sich athem sehr anstengen des wieder ins lott zu bringen.*lol*
bin gespannt wies weiter geht.
bye
Antwort von:  RandaleEiko
07.01.2014 15:56
ich fand die ohrfeige auch echt geil :D
Antwort von:  Shijin
07.01.2014 17:44
danke! Ja, die musste echt sein *grins* Aber darf man einen Pharao ohrfeigen? Die Antwort gibt es im nächsten Kapitel....
Antwort von:  RandaleEiko
09.01.2014 13:46
ich warte seeeeeeeehnsüchtig <3<3<3 wie immer ^u^
Antwort von:  Shijin
09.01.2014 15:16
Tja, studiere berugsbegleitend und in Semesterprüfungen. Das wird wohl noch etwas dauern. Bisher steht der Handlungsrahmen. ..
Antwort von:  RandaleEiko
09.01.2014 17:16
uuuuuh 0o0 coool
Von:  Rubinkarfunkel95
2013-07-21T18:55:24+00:00 21.07.2013 20:55
*seufz*
Oh man....Ati...
*nur Kopf schüttel*
Alles so kompliziert....
Aber gutes Kapi x3
Von:  black-angel88
2013-07-19T11:01:00+00:00 19.07.2013 13:01
Hey, danke fürs bescheid geben ^^

Da kann ich nur zustimmen... Er hätte den Zufällen mehr beachtung schenken sollen, dann wären sie wahrscheinlich nicht in dieser Lage *Kopf schüttel*

Freu mich aufs nächste pittel ^^

Lg


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