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Der lange Weg zu dir

von

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An einem sehr warmen Nachmittag, war Oscar gerade mit einem Tablett mit Tee und Kuchen unterwegs in Andrès Zimmer. Kurz bevor er sich in sein Zimmer verzogen hatte, meinte er, er möchte sich etwas auf dem Balkon sonnen und die Sonne geniessen. In der Annahme das Andrè sich noch immer auf dem Balkon befinden würde, drückte Oscar die Türklinke seines Zimmers hinunter und trat ein. Doch was sie da zusehen bekam liess ihr das Blut in den Adern gefrieren. Die Tür des Badezimmers stand offen, Andrè war genau in ihrem Blickfeld, nackt, mit dem Rücken zu ihr stehend. Er schien sich gerade mit kaltem Wasser abzuduschen. Oscar war starr vor Schreck und blieb einige Sekunden lang stehen, und beobachtete wie das Wasser über seinen muskulösen Körper lief. Sie wollte sich weg drehen, doch sein muskulöser, wohlproportionierter Körper und sein langes, nasses Haar das an seinem Körper klebte, sorgten auch bei der sonst so vernünftigen Oscar für jede Menge Verwirrung. Andrè hatte Oscar nicht bemerkt und duschte in aller Ruhe weiter. Auf einmal war er im Begriff sich umzudrehen, was dann zum Vorschein kommen würde wusste Oscar nur all zu gut. Das Tablett mit dem Tee machte sich mit einem male selbstständig und rutschte ihr aus der Hand. Noch bevor das Geschirr auf dem Boden aufschlagen konnte, machte Oscar einen Satz zur Seite, so das Andrè sie nicht mehr sehen konnte. Ein Klirren liess Andrè aufschrecken, er bekam beinahe einen Herzinfarkt, so sehr erschrak er. „Wer ist da?“ fragte Andrè schnell während er sich rasch ein Tuch um die Hüfte schlang. Mit strengem Blick sah er sich von rechts nach links im Zimmer um, doch keiner war zusehen, nur das zerbrochene Geschirr lag auf dem Boden. Andrè lehnte die Badezimmertür etwas an und zog sich eine Unterwäsche und Hosen an. Das war Oscars Gelegenheit das Zimmer zu verlassen. Vor lauter Schreck über diese Situation ergriff Oscar die Flucht. Kaum war sie aus der Tür getreten, fragte Andrè ein zweites Mal „wer ist da“, doch Oscar dachte nicht daran stehen zu bleiben. Nochmals sah sich Andrè im Zimmer um, doch er konnte auch dieses Mal niemanden vorfinden. Langsam trat er näher an die Scherben und erkannte das es Tee und Kuchen war der jemand fallen gelassen hatte. Vielleicht war es Grossmutter, dachte Andrè bei sich. Doch würde diese einfach gehen, nachdem sie eine Sauerei angerichtet hatte? Nein, auf keinen Fall. Es sei den, sie hat sich Lappen und Besen geholt um den Dreck weg zuwischen. Er musste sich eingestehen das er zu viel über diese Sache nachdachte, doch er hatte das Gefühl, dass ihn jemand beim Duschen beobachtet hatte, wieso hatte er nur dieses Gefühl? „Ach, du bist doch verrückt Andrè.“ Sagte er zu sich selbst und tippte sich an die Stirn. Er zog sich ein Hemd über und suchte seine Grossmutter in der Küche auf. „Andrè… schon fertig mit dem sonnen?“ Oscar bog um die Ecke und versuchte ihn davon abzuhalten in die Küche zugehen, sie wusste nur all zu gut, dass er denken würde Sophie hätte den Tee und Kuchen gebracht. „Ja…“ antwortete er knapp und trat erneut ein paar Schritte auf die Küchentür zu. Doch dann drehte er sich auf einmal ruckartig um und sah Oscar an. „Sag mal Oscar, wo warst du gerade eben?“ Oscar fühlte sich bei dieser Frage mehr als ertappt. Hatte er sie etwa doch gesehen? Nein das konnte nicht sein! „Wieso fragst du?“ „Ach, ich dachte du hättest vielleicht gesehen wer mit einem Tablett Tee und Kuchen in mein Zimmer gegangen ist.“ Während sie ihm eine Antwort auf seine Frage geben wollte, wanderte ihr Blick über seinen Körper. Andrè war zwar bekleidet, doch Oscar wusste jetzt wie Andrè ohne Kleidung aussah und das gefiel ihr gar nicht. Sie brachte die Bilder einfach nicht mehr aus ihrem Kopf und jedes Mal wenn sie ihn jetzt ansah, sah sie diese Bilder, sie schienen nicht mehr aus ihrem Kopf zu verschwinden. „Tut mir leid Andrè ich war draussen!“ log sie, als sie wieder beisinnen war. Sie musste sich zusammenreissen, sonst würde Andrè bald bemerken das sie es gewesen war. Kaum auszudenken was dann passieren würde, er würde sie für diese Sache verabscheuen, man beobachtete schliesslich nicht seinen Freund unter der Dusche. Aber hatte sie ihn überhaupt beobachtet? Nein natürlich nicht!
 

Schnellen Schrittes entfernte sich Oscar von ihm und rannte nach draussen, Andrè schüttelte nur den Kopf, sie schien wieder mal einer ihrer Launen zu haben, dachte er und betrat endlich die Küche in der Sophie das Abendessen vorbereitete. Diese verliess er allerdings schon nach ein paar Minuten erfolglos wieder, nun konnte es nur noch jemand gewesen sein der sein Zimmer betreten hatte, Rosalie! Bei diesem Gedanken war er sich sogar sehr sicher dass es sie gewesen sein könnte, da sie, wie er weiss sehr schüchtern war. Es konnte also gut möglich sein das sie danach fluchtartig sein Zimmer verlassen hatte. Während er auf dem Weg zu Rosalies Zimmer war überlegte er wieso er eigentlich unbedingt wissen wollte wer ihn da beobachtet hatte? Das konnte ihm doch eigentlich völlig gleichgültig sein! Doch aus irgendeinem Grund musste er Gewissheit haben, er fand es immerhin ziemlich unhöflich das man sein Zimmer einfach so ohne zu klopfen betreten hatte und so eine Schweinerei hinterlassen hatte. Bei Rosalie klopfte er zweimal an die Tür, die Tür wurde so gleich geöffnet. „Andrè? Gibt es einen Grund weshalb du zu mir gekommen bist?“ „Ja Rosalie, ich wollte dich fragen ob du vorhin Tee in mein Zimmer gebracht hast?“ Verwundert über diese Frage gab Rosalie Andrè eine ehrliche Antwort auf diese Frage. „Nein Andrè, tut mir leid… aber weshalb wolltest du das wissen?“ „Ach… nur so!“ Gab er zur Antwort und verabschiedete sich daraufhin wieder von Rosalie. -Rosalie war es also auch nicht.- Andrè fiel niemanden mehr ein der es gewesen sein könnte, deswegen beschloss er die Sache auf sich ruhen zulassen. Er lief hinaus in den Garten und setzte sich auf eine Mauer. Von da aus konnte er Oscar sehen die wieder einmal ihre Fechtkünste verbesserte. Die Sonne brannte heiss vom Himmel herab, es war ein ausgesprochen hitziger Tag. Hastig bewegte sich Oscar hin und her, sie war schon immer ausgesprochen flink und schnell gewesen, was schon oft ihr Vorteil war wenn sie sich wieder einmal auf einen Fechtkampf mit einem Mann eingelassen hatte. Sie bemerkte nicht das Andrè sie beobachtete und jeden ihrer Schritte gespannt mitverfolgte. Er registrierte jede ihrer Bewegungen. Völlig außer Atem blieb sie nach einer Weile stehen und stützte keuchend die Hände auf die Knie. Schweiß rann ihr die Schläfe hinunter, es war wohl doch etwas zu heiß gewesen um solange an der prallen Sonne zu bleiben. Sie hob ihren Kopf gegen die Sonne, es blendete sie so stark das sie die rechte Hand vor die Augen hielt, gleichzeitig wurde ihr schwindlig, sie hatte wohl doch etwas zu viel Sonne abbekommen. Beinahe wäre sie rückwärts gefallen, aber Andrè hielt sie fest. „Du solltest nicht solange an der Sonne bleiben.“ „Lass mich los….“ Stürmte sie und riss sich genervt von ihm los. „…ich kann so lange an der Sonne bleiben wie ich es für richtig halte.“ Andrè sah sie etwas erschrocken an, sie scheint wohl heute mit dem falschen Bein aufgestanden zu sein, dachte der junge Mann. „Tu was du nicht lassen kannst!“ Gab er ihr leicht verärgert zurück und wandte sich zum gehen. Als sie ihm nachsah musste sie wieder an seinen nackten Körper denken, wie konnte sie nur. „Oscar.. an was denkst du nur…“ dachte sie laut. „Hast du was gesagt?“ Andrè der ihr, vor sich her murmeln gehört hatte blieb stehen und drehte sich wieder zu ihr um. „Wie kommst du darauf?!“ Da war wieder ihre genervte und giftige Art mit der Andrè bisher noch nie Bekanntschaft gemacht hatte. Aber Andrè ließ nicht alles auf sich sitzen, er musste sich doch nicht alles von ihr gefallen lassen. „Wieso bist du heute so giftig? Bist du mit dem falschen Bein aufgestanden Oscar?“ In dem Moment wünschte sich Andrè er hätte diese Fragen niemals gestellt. Zwei blaue Augen blickten ihn zornig an. Um seine Freundin noch mehr zu ärgern grinste er sie frech an und ignorierte ihre bösen Blicke. „Nah Oscar!“ Provozierte er sie weiter. Oscar wurde immer wütender. Sie erhob ihre rechte Hand um ihn zu schlagen und zum Schweigen zu bringen, doch ihre Hand stockte. Irgendetwas hielt sie davon ab zuzuschlagen. Es waren seine Augen, die sie mit einem sanften Blick ansahen. Seine Augen waren grün, ein angenehmes grün, sie hatten ihr immer gefallen. Sie leuchteten. Sie waren klar wie ein Bergfluss. Ja, sie waren zum Versinken. Plötzlich und unerwartet und unwiderstehlich überkam sie die Lust, ihn zu küssen. Aber sie konnte doch nicht ihren Freund küssen, ihre Gedanken fingen an ihr Angst zumachen. „Was ist Oscar? Willst du nicht zuschlagen?“ forderte Andrè sie auf. Seine Freundin wachte aus ihren Tagträumen auf. „Schau mich nicht so an, hörst du!!!“ schrie sie laut und platzierte ihre rechte Hand auf seiner linken Wange. Kurze Zeit blieb Oscar reglos stehen und konnte nicht glauben was sie da getan hatte. Sie hatte doch tatsächlich ihren Freund geschlagen, doch sie konnte seine Augen nicht mehr länger ertragen, sie wollte sie nicht mehr sehen. Sie zogen sie förmlich in einen Bann und machten in ihr Gefühle breit die sie noch nicht kannte. Andrè sah sie fassungslos an, nie hätte er gedacht das sie diese Provokation ernst nehmen würde und ihm tatsächlich einen kräftigen Schlag verpassen würde. Noch nie hatte sie ihm wehgetan und ihn mit Absicht geschlagen, doch nun brannte seine Wange wie heißes Feuer. „Ich flehe dich an… lass mich in Ruhe!“ gab sie ihm nun zu verstehen und machte sich davon. Andrè verstand die Welt nicht mehr, was war bloß los mit ihr?

Die ersten Sonnenstrahlen fielen über den Wald nicht weit entfernt des Anwesens der Familie de Jarjayes. Der leichte Wind der aufzog brachte Andrè für kurze Zeit ein wenig Abkühlung. Er setzte sich wieder auf die Mauer und beobachtete das plätschern des Brunnens, der sich nur einige Meter von ihm entfernt befand. Der Schweiß lief ihm den Körper hinunter. Übers Gesicht, den Nacken und den Rücken. Das Geräusch einer Pferdekutsche ließ Andrè aufhorchen, er beobachtete wie eine Kutsche vor der Tür des Anwesens halt machte, die Person die sich darin befand musste von adliger Herkunft sein, denn die Kutsche war mit Gold bestückt und sah sehr vornehm aus. Der Kutscher half einer Dame aus der Kutsche. Sie trug ein langes rotes Kleid, hatte langes blondes Haar das ihr fast bis zur Taille reichte und sah Oscar sehr ähnlich, der Unterschied war nur das diese Dame geschminkt war, sie trug Schmuck und ein Kleid. Man hätte fast denken können, dass dies Oscar war, die ein Kleid trug und sich heraus geputzt hatte. Andrè beobachtete die Frau immer noch gespannt und fragte sich wer sie wohl war. Vielleicht war sie eine Gräfin, die den General besuchte, oder eine Bekannte von Madame de Jarjayes. Für einen kurzen Moment schaute die junge Dame zu Andrè hinüber und lächelte ihm zu, Andrè war überrascht darüber dass ihn die Frau so vertraut ansah, so als schien sie ihn schon länger zu kennen. Als er kurz seinen Kopf von ihr abwand und dann ein weiteres mal hinüber sah, war die junge Frau bereits im Haus verschwunden. Mit Sicherheit erwartete der General mal wieder hohen Besuch und das schien wohl diese Frau gewesen zu sein, dachte er bei sich und öffnete die Haarschleife die sein Haar zusammen hielt. Er schwitzte ungemein und musste sich etwas abkühlen, dazu tauchte er seinen Kopf im Brunnen unter Wasser. Das Wasser war angenehm kalt und kühlte seinen Kopf etwas ab. Sein nasses langes Haar klebte ihm nun an den Wangen, und er strich es aus dem Gesicht. Andrè trug sein Haar sonst nie offen, außer nachts wenn er schlief, noch nie hatte ihn jemand so gesehen. Das Wasser tropfte ihm vom Haar auf sein noch trockenes Hemd. Heute lief er klitsch nass und mit offenem Haar in sein Zimmer, er war noch immer in Gedanken wegen Oscar und es kümmerte ihn nicht falls ihn jemand so sehen sollte. Er begegnete keiner Menschenseele, bis er kurz vor seiner Zimmertür stand. „Andrè!!? Wie siehst du denn aus?“ Oscar stand vor ihm und sah ihn etwas entsetzt an. Das weiße Hemd klebte an seiner Haut und brachte seine Muskeln zum Vorschein, wieder musste Oscar daran denken was sie vor ein paar Stunden gesehen hatte. Ihre Blicke trafen sich für einen Augenblick anders als sonst. Sie bemerkte wie sein Körper sie schwach machte, aber es war nicht nur sein Körper, sondern auch sein Aussehen. „Ich habe mich nur etwas abgekühlt!“ antwortete er kühl und betrat sein Zimmer, Oscar wollte ihm nachlaufen, doch er warf die Türe hinter sich ruckartig ins Schloss. War das wirklich Andrè? Er sah so anders aus, noch nie hatte sie ihn so gesehen. Sein langes Haar gefiel ihr ungemein. Was war bloß los mit ihr? Wieso fand sie nur seinen Körper so anziehen, dann seine Augen und nun auch noch seine Haare. Sie klopfte an seine Tür. Eigentlich wollte sie wieder gehen, doch etwas hielt sie davon ab jetzt schon zu gehen. „Was gibt es Oscar?“ „Kann ich rein kommen Andrè?“ Sie wartete auf ein ‚ja’ von ihm, doch er sagte nichts mehr. „Andrè???“ Auch der zweite Versuch scheiterte. Allmählich wurde sie ungeduldig und platzt nach einer guten Minute Wartezeit einfach in sein Zimmer. „Krieg ich irgendwann einmal eine Antwort?“ schrie sie nun verärgert. Andrè saß auf seinem Bett und trocknete seine Haare mit einem Handtuch ab, er trug kein Hemd mehr und war oben vollkommen nackt. Oscar errötete bei dem Anblick und drehte ihm rasch den Rücken zu. „Tut mir leid, ich wollte nicht…“ „Ist schon gut.“ Sprach er ihr sanft ins Wort. „Was wolltest du Oscar?“ Ja, was wollte sie eigentlich? Wollte sie überhaupt etwas? „Ähm…ich…“ stotterte sie nun vor sich hin und wusste nicht was sie sagen sollte. „Ich habe vorhin draußen eine Frau gesehen….“ Begann Andrè nun zu erzählen und legte das Handtuch beiseite „..die Frau sah dir sehr ähnlich…“ sprach er weiter. Oscar hörte ihm aufmerksam zu und ertappte sich dabei wie sie seinen Körper von oben bis unten bemusterte. „Sie ist sehr hübsch… ob sie wohl eine Gräfin ist? Was meinst du Oscar?“ Diese Worte ließen Oscar aus ihrem Tagtraum erwachen. Wieso erzählte er ihr von dieser Frau? Er sagte sie sei hübsch… Sagte er das tatsächlich? Seine Worte verletzten sie, sie wusste selbst nicht wieso aber es tat ihr weh ihn sagen zuhören sie sei hübsch. „Ist sie wirklich so hübsch?“ fragte Oscar mit zitternder Stimme. „Ja, aber das hat seinen Grund.“ Er lächelte sie sanft an. Wie meinte er das –es hat seinen Grund- Oscar wusste nicht wieso, aber sie ertrug es nicht mehr länger in seinem Zimmer zu bleiben. „Ich muss jetzt gehen, ich habe noch etwas zu erledigen!“ Da war sie wieder, ihre etwas giftige Art mit der Andrè draußen schon Bekanntschaft gemacht hatte. Sie sah ihn an als hätte er etwas ausgefressen und verschwand dann aus seinem Zimmer. Auch diesmal verstand Andrè nicht was Oscar hatte, er wusste nur das er sie unsagbar liebte und es ihm weh tat wenn sie sich ihm gegenüber so kühl verhielt.
 

Neugierig machte sich Lady Oscar auf den Weg diese Frau kennen zulernen, sie musste auf einmal wissen wie sie aussah und ob sie wirklich so schön war wie Andrè sagte. Als sie die Treppen hinunter ging und rechts um die Ecke bog um ihren Vater in seinem Arbeitszimmer aufzusuchen stieß sie mit jemandem zusammen. Oscar wollte sich gerade für ihre Unachtsamkeit entschuldigen als sie sah wer sie vor sich hatte. Es war niemand anderer als die Frau von der Andrè erzählt hatte. „Oscar, meine Liebe, wie geht es dir? Es ist so schön dich wieder zu sehen?“ Oscar blinzelte mit den Augen. Woher kannte diese Person sie? „Oscar mein Kind, was schaust du denn so überrascht?“ General de Jarjayes kam aus seinem Arbeitszimmer. „Vater!“ „Nah weißt du nicht mehr wer das ist? Deine Schwester Josephine, sie hat einen Grafen geheiratet und hat damals das Haus verlassen. Ich weiß es ist lange her, mindestens fünfzehn Jahre.“ Nun erinnerte sich Oscar wieder, alle ihre Schwestern haben längst das Haus verlassen und haben geheiratet, sie kamen nie zu Besuch, deshalb konnte sie auch nicht wissen wie sie alle heute Aussehen. Sie würde sie nur noch an ihren Namen erkennen. Überrascht stellte Oscar fest dass ihr ihre Schwester ziemlich ähnlich sah. „Ich habe dich nicht wieder erkannt Josephine, aber es ist zu lange her, du hast dich sehr verändert. Weshalb bist du hier?“ Josephine senkte traurig den Kopf und brachte keinen Ton mehr heraus. „Ihr Mann, Graf Laurent ist vor einigen Monaten an einer schweren Krankheit erkrankt und verstorben.“ Antwortete der General auf Oscars Frage. Oscar fand es schrecklich, es musste furchtbar für ihre Schwester gewesen sein und bestimmt hat sie eine Menge durchgemacht.
 

An diesem Abend lag Oscar noch lange wach in ihrem Bett und dachte über den Tod nach. Jeder würde irgendwann einmal sterben, auch sie! Niemand konnte sich dem Tod entziehen. Desto tiefer sie darüber nachdachte desto mehr wurde ihr klar das sie ihr Leben noch gar nicht ausgelebt hatte. Sie hat zwar viele Abenteuer erlebt und hatte es ins Königliche Garderegiment geschafft, sie war eine angesehene Persönlichkeit, doch reichte das um glücklich zu sein? Ihr wurde immer mehr bewusst dass sie in ihrem Leben nichts anderes tat außer die Königin zu schützen. Sie war nur für die Königin da. Und sie lebte schon ihr Leben lang das Leben das ihr Vater sich für sie gewünscht hatte. Was sie selbst wollte hat er sie nie gefragt! Gedankenverunken und leicht schlaftrunken begab sie sich auf den Balkon ihres Zimmers. Am liebsten schaute sie in den klaren Nachthimmel und betrachtete die Sterne. Heute Nacht schienen sie besonders klar auf sie herab. Oscar bemerkte nicht wie ein etwas trauriger Andrè sie dabei beobachtete, er konnte diese Nacht ebenfalls nicht schlafen und stand auf seinem Balkon der einige Meter von Oscars entfernt war. Andrè konnte durch die Dunkelheit kaum was erkennen, doch er sah, dass Oscar ein weißes Nachthemd trug. Am liebsten hätte er sie nun in den Arm genommen, doch das war ihm untersagt. Und außerdem liebte Oscar ihn schließlich nicht. Bald darauf trafen sich ihre Blicke und er konnte Tränen in ihren Augen glitzern sehen. Der Wind spielte zärtlich mit ihrem Haar, ihr Gesicht war zart und schimmerte hell im Licht des Mondes. Er sah sie an und ließ seinen Blick auf ihr ruhen. Beide hatten alles um sich herum vergessen und sahen nur noch sich. Die Sehnsucht nach seinem Körper wurde immer größer, sie wollte sich in seine Arme werfen. Sie wollte ganz nah bei ihm sein und seinen warmen Körper spüren. Sie fror durch die kalte Nachtluft und fing leicht an zu zittern. Durch die Kälte wurde ihr erst bewusst was sie da eigentlich tat, sie stand nachts auf einem Balkon und beobachtete einen Mann, ein Mann der ihr bester Freund seit Kindertagen war. -Was ist nur in mich gefahren- dachte die junge Frau und lief ohne sich noch einmal umzudrehen in ihr Zimmer zurück. Oscar konnte nicht sehen das auch Andrè Tränen in den Augen hatte. Zurück in ihrem warmen Zimmer dachte Oscar weiter über ihr Leben nach, die Gedanken an Andrè waren in dem Moment weit weg. Was wäre wenn sie auch wie ihre Schwestern geheiratet hätte? Wäre sie dann glücklicher als jetzt? Sie musste sich bei diesen Gedanken eingestehen, dass sie manchmal ziemlich einsam war und das Gefühl hatte das irgendetwas fehlen würde. Langsam wurde ihr klar, das sie immer mehr im Begriff war wie eine Frau zu denken, sie hegte sogar Gefühle für einen Mann. Nein.. das durfte sie einfach nicht, denn sie wurde als Mann erzogen und lebte das Leben eines Mannes, wie konnte sie dann Gefühle für einen Mann aufbringen? Sie war Oscar Francoise de Jarjayes Kommandant des Königlichen Garderegiments!

Am nächsten Morgen schlenderte Oscar noch im Halbschlaf in die Küche um etwas zu Essen, ihr Haar war zerzaust, einzelne Haarsträhnen hingen ihr genervt ins Gesicht. Gähnend setzte sie sich an den gedeckten Tisch. Sophie hatte bereits das Frühstück aufgetischt. „Guten Morgen Oscar.“ Ihre Schwester die bereits alleine am Tisch saß begrüßte Oscar mit einer sanftmütigen Stimme. Gleich nach Oscar betrat Andrè den Speisesaal, sein Haar war im Gegensatz zu Oscars gekämmt und sah ordentlich aus, auch hatte er es wieder mit einer blauen Schleife zusammengebunden. „Guten Morgen meine Damen.“ Begrüßte Andrè die beiden schmunzelnd. „Guten Morgen mein Herr“ begrüßte ihn Josephine lachend.
 

Während Oscar ein Stück Brot nahm und es mit Butter und Marmelade bestrich, lauschte sie aufmerksam dem Gespräch das Andrè und Josephine nun begonnen hatten. Andrè erzählte ihrer Schwester von Paris. „Aber du musst zugeben das Paris im Grunde eine sehr schöne Stadt ist.“ „Da hast du Recht, es hat sich im Gegensatz zu früher aber einiges verändert.“ Die Worte die die beiden sprachen verstummten langsam in Oscars Ohren. Ihr wurde mit einem Mal klar das die beiden anscheinend etwas verband, etwas das sie mit Andrè auch hatte, Freundschaft! Aber bei dieser Freundschaft war es anders, sie sah mehr als Freundschaft, immerhin hatte ihr Andrè gestanden dass er seine Schwester hübsch fand. Oscar versetzte dieser Gedanke einen heftigen Stich ins Herz. Während sie in tiefen Gedanken versank, verließ Andrè den Speisesaal und begab sich in den Stall. Oscar die nun aufgestanden war räumte mit gemischten Gefühlen ihren Teller vom Tisch ab und stellte ihn unachtsam und mit etwas Gewalt auf einer Theke ab. Der Teller zerbrach zu ihrem entsetzen in zwei Teile. Josephine sah ihre Schwester fragend an, bevor sie Oscar fragen konnte was mit ihr los war lief diese hinaus ins Freie. Diese Sache entging dem General nicht, der vergnügt pfeifend gerade um die Ecke schoss, er folgte seiner Tochter in den Garten um sie zur Rede zustellen.
 

Etwas verriet Oscar das es Eifersucht war die sie spürte. Noch nie spürte Oscar sie so sehr wie jetzt. Sie spürte überhaupt noch nie solche Gefühle, erst seit sie Andrè mit nacktem Oberkörper gesehen hatte und die Liebe zu ihm immer mehr Besitz von ihr ergriffen hatte. Eifersucht, dachte sie. Das war lächerlich, aber sie konnte sich dagegen nicht wehren. Sie spürte einen Stich in ihrem Herzen, und sie wusste, dass sie alles tun würde, um ihn nicht zu verlieren. Der Gedanke das Andrè jede Frau haben konnte die er nur wollte, schmerzte sie, Andrè war frei und er hatte noch nie eine Frau an seiner Seite. Oscar wusste nicht das er nur sie wollte und sonst keine andere. „Oscar bleib auf der Stelle stehen!!“ wütend schrie der General durch den Garten. Nicht nur Oscar hörte General de Jarjayes schreien, sondern auch Andrè der draußen vor dem Stall stand und die Pferde pflegte. Rasch sah er auf und beobachtete die Szene die sich zwischen dem General und Oscar abspielte aus der Ferne. Was der General zu seiner Tochter sagte konnte er aus der Entfernung allerdings nicht hören, da ihr Vater wieder seinen normalen Tonfall gefunden hatte. Doch sein Gesichtsausdruck sagte schon alles, Oscar bekam eine schallende Ohrfeige verpasst und viel heftig zu Boden. Der General entfernte sich danach schnellen Schrittes von seiner Tochter und verschwand wütend im Haus. Andrè beobachtete von weitem wie Oscar am Boden liegen blieb und nicht mehr aufstand. Langsam ging er auf sie zu um sich zu vergewissern das auch alles mit ihr in Ordnung war. „Oscar?“ Oscar antwortete ihm nicht. Sie lag auf dem Boden und Tränen rannen ihr übers Gesicht. Andrè bückte sich zu ihr herab und legte sanft eine Hand auf ihre Schulter. Nun blickte Oscar endlich auf und sah ihm direkt in die Augen, sie sind so klar, einfach wunderschön, dachte Oscar. Weinend ließ sie sich in seine Arme fallen. Mit beiden Händen krallte sie sich an seinem Hemd fest und legte ihren Kopf schluchzend an seine Brust. Andrè wusste in dem Moment nicht was er sagen sollte, doch eines wusste er, Oscar hatte sich vor ihm noch nie so schwach und verloren gezeigt. Noch nie hatte sie so vor ihm geweint, wie sie es gerade in dem Moment tat. Er wollte sie festhalten, sie trösten, und nie wieder loslassen, doch er wagte es nicht seine Arme um sie zu legen und sie einfach festzuhalten. Zu riskant war ihm die Tatsache dadurch selbst eine Ohrfeige verpasst zubekommen. Oscar wischte sich nach einigen Sekunden rasch die Tränen mit einem Ärmel ihres Hemdes ab und stand auf. „Entschuldige bitte… ich bin heute nicht sonderlich ausgeschlafen.“ Ihr Freund sah sie misstrauisch an, kein Wort glaubte er ihr! „Du hast geweint, wegen deines Vaters, weil er dich geschlagen hat und nicht weil du kaum geschlafen hast, Oscar!“ Oscars Augen funkelten ihn nach diesem Satz wütend an. „Schau mich nicht so an… du weißt das ich recht habe!“ Er trat einen Schritt auf sie zu und sah ihr tief in die Augen. „Du weißt gar nichts!!“ Schrie sie ihn zornig an, drehte ihm den Rücken zu und lief zurück ins Haus.
 

Oscar flüchtete auf ihr Zimmer.

Als sie sich wieder etwas beruhigt hatte, viel ihr Blick auf ein Buch das auf ihrem kleinen runden Tisch lag. Langsam nahm sie das Buch zur Hand das sie vor ein paar Tagen angefangen hatte zu lesen, doch das Buch blieb nicht lange in ihren Händen. „Verdammt!“ fluchte sie und warf das Buch gegen die Wand. Sie schlug die Beine übereinander und stützte den Kopf in die Hände, ihre gewohnte Haltung, wenn sie in Gedanken versank. Wie konnte sie nur so dumm sein? Wieso musste sie sich auch unbedingt in seine Arme schmeißen und auch noch weinen. Sie hatte ihm Schwäche gezeigt, Schwäche von der er nichts wusste. Nie hatte sie vor Leuten geweint, immer hatte sie es heimlich getan. Vor allem vor ihrem Freund hätte sie das nie getan. Ihre Augen brannten vor Erschöpfung, es dauerte nicht lange und sie viel in ihrem Sessel in einen tiefen, unruhigen Schlaf.
 

In Oscars Ohren ertönten die Klänge von Kirchenglocken. Immer lauter und näher kamen die Klänge. Weiße Blütenblätter vielen auf einmal von oben auf sie herab. Sie schaute sich um und stellte fest, dass sie ihre weiße Uniform trug. Normal trug sie diese nur, wenn sie mit der Königin wieder einmal auf einer ihrer Bälle tanzte, oder sie zog sie zu Festlichkeiten an. Ihr Blick richtete sich auf die Kirchentür, die sich in dem Moment, leise knarrend öffnete. Das Brautpaar schritt durch das große Hauptportal und ging strahlend die Treppen hinunter. Zu ihrem Entsetzten musste sie feststellen das es Andrè war, doch sie konnte nicht erkennen wer die Braut war mit der er Hand in Hand aus der Kirche kam. Die Unbekannte trug ein wunderschönes weißes Brautkleid mit einem Schleier der ihr Gesicht bedeckte. Und Andrè, er war doch tatsächlich in vornehmer Kleidung. Die letzten Glockenschläge verstummten. Oscar stand da wie erstarrt, was war bloß passiert? Andrè heiratet? Das konnte doch einfach nicht wahr sein, nein das war bloß ein Traum! Wach auf Oscar! Doch es gab kein aufwachen, das Brautpaar blieb einige Schritte vor ihr stehen und war nach wie vor da. „Andrè….“ Oscar sackte zusammen. Lautes Gelächter erklang in Oscars Ohren, Andrè starrte bösen Blickes auf sie herab und lachte sie aus. Hilflos spürte sie wie sie schwächer wurde, weiße Punkte begannen vor ihren Augen zu tanzen und alles begann sich im kreise zu drehen.….
 

Mitten in der Nacht schreckte Oscar schweißüberströmt aus dem Schlaf. Hektisch sah sie sich um und es dauerte eine Weile bis sie wusste wo sie war. Sie ließ sich erschöpft in den Sessel zurückfallen und dachte nach. Sie hatte geträumt, dass ihr Freund aus Kindertagen heiratet.

Was sie gesehen hatte, erschreckte sie zu tiefst. Noch immer sah sie Andrès laut lachendes Gesicht vor sich, sie kniff die Augen hastig zusammen und wollte diese Bilder aus ihrem Kopf verbannen. Ihr Fenster klapperte in dem Moment, sie hatte es vergessen zuschließen. Langsam öffnete sie ihre Augen wieder und sah zum Fenster. Nachdem sie das Fenster geschlossen hatte, schlich sie sich ganz leise in die Küche. Dort angekommen, schnappte sie sich eine Flasche des bestens Weines und machte sich daran den Korken heraus zu nehmen. Während sie im stehen versuchte den Korken zu entfernen, dachte sie an den Traum zurück. Es war alles so real gewesen, würde es wirklich so weit kommen das Andrè heiratet? Sie wusste es nicht, sie wusste nur dass sie ihr Herz an Andrè verloren hatte und sie ihm das gerne gesagt hätte. Oscar dachte auch an Graf von Fersen, ihm hatte sie ihre Liebe gestanden, doch diese Liebe wurde von ihm nicht erwidert. Was wenn Andrè ihre Liebe auch nicht erwidert? Ihre Freundschaft würde zerbrechen und das wollte sie nicht riskieren. Aber was wenn es irgendwann zu spät dafür sein würde und Andrè tatsächlich irgendwann eine Frau heiratete? „Ach.. wieso ist das alles nur so kompliziert….“ dachte sie laut. „Was ist kompliziert?“ Lady Oscar schreckte auf und drehte sich in die Richtung von der die Stimme her kam. „Josephine…“ „Willst du nicht darüber reden?“ Oscars Schwester setzte sich auf einen Stuhl und sah Oscar fragend an. „Da gibt es nichts zu reden!“ blockte Oscar stur ab. „Weshalb hast du heute Morgen in der Küche so wütend reagiert? Und was soll kompliziert sein, Oscar?“ Einen kurzen Moment überlegte Oscar was sie sagen soll. „Ach, ich hatte einfach zu wenig Schlaf. Was das komplizierte betrifft, das geht nur mich etwas an, es hat mit der Königlichengarde zu tun und diese Sache muss ich alleine klären.“ Natürlich hatte sie gelogen, aber sie wusste, dass Josephine ihr diese Ausrede glauben würde, wie oft hatte sie ihr früher schon Dinge erzählt die gelogen waren und trotzdem hatte sie ihr geglaubt. Ihre Schwester war in manchen Dingen einfach fürchterlich naiv.

Josephine setzte ein Lächeln auf und sah zu ihrer Schwester, die immer noch krampfhaft versuchte die Weinflasche zu öffnen. „Ich möchte das du etwas weißt, du sollst die erste sein die es erfährt.“ Da war Oscar ja mal gespannt, was das sein könnte was ihre Schwester da wichtiges zu erzählen hatte. „Ich werde wieder heiraten.“ Schoss es aus Josephine heraus. Bei diesen Worten gab es einen etwas lauteren Knall und der Korken flog mit einem heftigen Druck an die Decke und landete schließlich auf dem Fussboden. Josephine hatte tatsächlich gesagt, dass sie wieder heiraten würde. „Das freut mich für dich.“ Antwortete Oscar überrascht. „Tatsächlich?“ Ihre Schwester sprang vor Freude auf. „Ich möchte das du meine Trauzeugin bist Oscar.“ „Ich weiß nicht so recht… ich trage doch niemals ein Kleid, ich bin einfach nicht geeignet für so etwas.“ Ihre Schwester stand auf „Bitte überleg es dir noch einmal, es würde mir wirklich sehr viel bedeuten.“ Sie verließ die Küche und ließ Oscar alleine zurück. Lady Oscar setzte sich seufzend an den Tisch und goss sich ein Glas Wein nach dem anderen ein. Nach kurzer Zeit fragte sich Oscar, wer wohl der Bräutigam ihrer Schwester sein würde, doch nicht etwa Andrè?

Am nächsten Morgen wachte Oscar mit einem furchtbaren Kater auf. Sie konnte sich kaum noch an die Nacht erinnern. Noch immer trug sie ihr weißes Hemd und die braune Hose die nach Alkohol rochen. Genervt stand sie auf und trat auf den Balkon. Ihr Kopf tat höllisch weh, ein stechender Schmerz breitete sich aus. Langsam kamen die Erinnerungen an letzte Nacht wieder und sie wünschte sich, sie wären nie wieder gekommen. Sie konnte nicht vor ihnen fliehen. Etwas verschlafen setzte sie sich ans Klavier und spielte, es war der Beginn eines langen Walzers. Bald darauf klopfte es an Oscars Zimmertür, während des Klavier Spielens, ließ Oscar die Person mit einem knappen ‚ja’ eintreten. Ihre Schwester trat ein und setzte sich auf einen Sessel, als sie die Beine übereinander schlug, knisterten ihre Strümpfe. Besorgt, dass ihr Rock unanständig aussah, zupfte sie leicht am Saum, danach wandte sie sich Oscar zu. „Hast du es dir noch einmal überlegt?“ Lady Oscar spielte ohne Unterbrechung weiter und nickte mit ihrem Kopf. „Und wie hast du dich entschieden?“ „Sag mir erst wer der glückliche sein wird?“ fragte nun Oscar, und war schon ganz gespannt auf die Antwort ihrer Schwester. Innerlich hoffe sie, dass sie keinen Namen mit dem Anfangsbuchstaben ‚A’ aussprechen würde. „Er ist ein Graf, ich habe ihn in den letzten Wochen, nach dem Tod meines verstorbenen Gatten besser kennen gelernt.“ Oscar hörte ihr aufmerksam zu und spielte weiter. „Er war auf Reisen und hatte sich für längere Zeit an dem Ort wo ich lebe niedergelassen, du kennst ihn auch.“ Diese Worte ließen Oscar aufhorchen, sie kannte ihn? Noch bevor Oscar fragen konnte wer es war, gab Josephine ihr bereits eine Antwort auf ihre vorbereitete Frage. „Es ist Graf Girodel.“ „Girodel…“ Oscar lachte laut auf, die Augen hielt sie dabei geschlossen. Josephine sah sie mit ihren großen smaragdgrünen Augen an und schüttelte nur den Kopf. Als Oscar die Augen wieder öffnete war ihre Schwester nicht mehr da. „Josephine…?“ flüsterte Oscar leise vor sich her. Einige Minuten später kam Oscars Kindermädchen in ihr Zimmer und erkundigte sich nach Andrè. Da Sophie mehr als genug Stress hatte an diesem Morgen, bat sie Oscar darum nach Andrè zusehen.
 

Während schon fast das ganze Haus auf den Beinen war, hatte Andrè an diesem Morgen eindeutig verschlafen. Noch immer lag er im Bett und schlief tief und fest. Er hatte sich ein Tuch vor dem schlafen gehen um seine prallen Hüften gelegt. Diese Sommertage waren ihm einfach zu heiß und er konnte nachts wegen der Hitze kaum noch schlafen. Er schlief ruhig. Keine Träume störten seinen Schlaf. Sein Gesicht zeichnete ein glückliches und entspanntes Lächeln.
 

Oscar stand vor seiner Tür und hatte nicht den Mut in sein Zimmer zugehen, Sophie hatte sie darum gebeten nachzusehen wo Andrè steckt. Doch da rein, konnte sie auf keinen Fall gehen, was wenn Andrè gerade duscht oder unbekleidet war? Sie wollte es auf keinen Fall riskieren, noch einmal in sein Zimmer zu platzen, wenn er nackt war. Entschlossen entschied sie sich dafür anzuklopfen, und wenn keine Antwort von Innen kommen würde, würde sie einfach hinein gehen. Wie Oscar gedacht hatte, kam keine Antwort und sie trat ein, die Tür ließ sie hinter sich ins Schloss fallen. Ihre Augen wanderten durch sein Zimmer, es war so still das man eine Stecknadel hätte fallen lassen können und man hätte sie auf dem Boden aufschlagen gehört. Oscar näherte sich behutsam Andrès Bett, sie wollte sich versichern das er wirklich nicht da war, umso mehr war sie überrascht als sie ihn tief und fest schlafend in seinem Bett vorfand. Oscar musste leicht schmunzeln. Gerade als sie ihn mit etwas lauter Stimme wecken wollte und schon den Mund geöffnet hatte, drehte er sich in ihre Richtung um. Das weiße Lacken das seinen Oberkörper bedeckte rutschte ihm hinunter bis zur Taille. Oscars Wangen röteten sich und sie sah ihn verlegen an. Andrè erwachte aus seinem Schlaf und sah sich mit müden Augen um, Oscar drehte sich rasch um und starrte auf den Fußboden. „Oscar…“ Ihm kam es fast so vor als würde er träumen, er erwachte aus seinem Schlaf und Oscar war bei ihm. Er sprach ihren Namen so sanft und leidenschaftlich aus, so dass seine Stimme in Oscar ein Kribbeln auslöste. Andrè streckte und reckte sich bevor er aufstand. Erst als er stand, bemerkte er, dass er nur ein Tuch um seine Hüfte hatte. Bevor sich Oscar wieder umdrehte war er schon im Bad verschwunden, Oscar konnte von draußen Wasser hören das ununterbrochen lief, er schien zu duschen.

-Vielleicht sollte ich ihm nun sagen was ich für ihn empfinde, das wäre eine gute Gelegenheit- dachte sich Oscar. –Aber was ist wenn er meine Liebe nicht erwidert? Ach Andrè… wieso tust du mir das an, nicht einmal Graf von Fersen habe ich so sehr geliebt wie dich…- Sie wurde spontan aus ihren Gedanken gerissen, sie vernahm Schritte hinter sich. „Oscar mein Kind, was tust du denn hier?“ „Sophie…. ich wollte…“ „Nichts da Kindchen, raus hier, das ist nichts für eine junge Lady!“ Sophie wollte Oscar gerade zur Tür hinaus schieben als Andrè angekleidet aus dem Bad kam. Sophie ließ von Oscar ab und wandte sich ihrem Enkel zu. „Andrè!“ ihre Stimmte bebte, so das Andrè heftig zusammen zuckte. „Was hast du dir dabei nur gedacht, es ist beinahe Mittagszeit und du schläfst den ganzen Vormittag! Seit Stunden solltest du deine Arbeiten verrichten…. was ist nur mit dir….“ Die Worte der alten Dame verstummten in Andrès Ohren, er sah in dem Moment nur Oscar, die angelehnt am Türrahmen stand und ihn ansah, wie sie ihn bisher noch nie angesehen hatte. Ihre blauen Augen waren so wunderschön und als sie ihn anlächelte, glänzten sie sogar richtig. „…hörst du mir überhaupt zu??“ Die alte Dame verpasste Andrè mit ihrer rechten Hand einen leichten Schlag auf den Hinterkopf. „Glaub ja nicht, dass du weiterhin faul herum liegen kannst! Komm mein Kind, lass uns hinunter gehen.“ Sie nahm Oscar am Arm und zerrte sie aus Andrès Zimmer.
 

Andrè dachte noch lange über Oscars Blick nach, denn sie ihm zugeworfen hatte, bevor er endlich hinunter in die Küche ging. „Großmutter? Großmutter, wo bist du? Zuerst macht sie so ein Theater und dann ist sie nicht da.“ Dachte er laut, er bemerkte nicht, dass ihm Oscar dabei zugehört hatte. „Andrè… deine Großmutter ist…“ Weiter konnte sie nicht mehr sprechen, denn Andrè viel ihr ins Wort. „Oscar, ich muss schnell weg, richte meiner Großmutter aus das ich gegen den frühen Nachmittag wieder komme.“ „WASS??“ Oscar sah ihn entsetzt an „Aber Sophie hat doch gesagt, dass du deine Arbeiten erledigen musst, du kannst doch nicht einfach…“ Sie konnte ihren Satz nicht mehr zu Ende bringen, Andrè war bereits auf und davon, sie sah aus dem Fenster und beobachtete ihn dabei wie er in Richtung Paris ritt. „Wenn das mal keinen Ärger gibt…“ seufzte Oscar vor sich her. Sie ging in das Zimmer das ihr Lieblingsplatz war, das Zimmer mit dem Kamin. Das Kamin war zu dieser Jahreszeit zwar aus, denn es wäre viel zu heiß gewesen es jetzt anzumachen, doch hierher zog es sie, wenn sie über Dinge nachdenken musste, und das tat sie auch. Wenn sie ihm doch nur ihre Liebe gestehen könnte. Sie hatte doch nur Angst davor, dass ihre Liebe nicht erwidert wird. Aber wenn sie es ihm nie sagen würde dann würde sie ihn ewig lieben und sie müsste täglich den Schmerz der Liebe ertragen. Und wenn er sie nicht erwidern würde, dann würde sie ihn einfach vergessen, wie sie es damals bei Fersen getan hatte. Doch sie stellte sich das sehr schmerzhaft vor, denn sie liebte Andrè weit mehr als Graf von Fersen.
 

Zum ersten Mal seit sie Andrè liebte wurde ihr auch klar, dass Andrè kein adliger war, er war ein Bürgerlicher und so eine Verbindung wäre ohnehin unmöglich. –Andrè… ich will dich nicht vergessen, doch es gibt nur diesen einen Weg. Ich muss dich vergessen, weil ich eine Adlige bin und du ein Bürgerlicher, weil unser Standesunterschied zu verschieden ist…- Sie brach in Tränen aus, als der erste Tränenschub vorbei war fühlte sie sich etwas besser und es war als hätte sie sich all den Schmerz den sie in dem Moment empfand von der Seele geweint. Mühsam wischte sie sich die Tränen von den Wangen, danach stand sie entschlossen auf und marschierte direkt ins Arbeitszimmer ihres Vaters.
 

Der General hatte den Kopf auf seiner linken Hand aufgestützt und schlief leise schnarchend. Lady Oscar hätte ihn nur all zu gerne schlafen lassen, doch sie musste dringend mit ihm sprechen. Sanft stupste sie ihn an, doch er regte sich nicht. Ein zweites Mal stupste sie ihn an, er zeigte noch immer keine Reaktion. Oscar seufzte laut. „Vater, wach doch auf!“ Nun schüttelte sie ihn mehrmals etwas unsanft durch, bis er endlich aus seinem Schlaf erwachte. Er rieb sich rasch die Augen, man konnte ihm ansehen, dass es ihm äußerst unangenehm war so von seiner Tochter vorgefunden zu werden. „Was gibt es denn Oscar?“ Als General de Jarjayes kurz darauf laut gähnte, traten ihm für kurze Zeit Tränen in die Augen, die durch das Gähnen entstanden waren. „Ich möchte für längere Zeit weg von hier.“ Erklärte seine Tochter. „Wozu Oscar?“ Etwas ratlos stand sie da und wusste zuerst keine Antwort auf seine Frage, die ziemlich gut von ihm ausgedacht war. „Ich möchte einmal eine andere Gegend kennen lernen und andere Länder. Ich war bisher noch nie weit fort von hier, und mir würde das sicherlich gut tun.“ Der General gähnte erneut und zog die Augenbrauen hoch. „Wie hast du dir das denn vorgestellt? Du kannst doch nicht einfach so auf eine Reise gehen! Du hast Pflichten als Kommandant der Königlichen Garde zu erfüllen.“ „Pflichten! Pflichten! Immer nur diese Pflichten… wer denkt dabei an mich?“ Oscar setzte sich mit verschränkten Armen wütend auf einen Stuhl und verzog ihre Miene wie drei Tage Regenwetter. „Du bist erwachsen und kein Kind mehr, ich kann dir so etwas nicht verbieten, aber falls es Ärger geben sollte und sich die Königin über dein Fernbleiben beschwert, dann ist es nicht nur deine Sache, sondern auch die meine. Und diese Sache wird dann Konsequenzen haben!“
 

Später als Oscar durch den Garten ging, dachte sie über das Gespräch mit ihrem Vater nach. Er war durchaus nicht erfreut über ihre plötzliche Reise. Und er hatte Recht, was die Königin betrifft. Doch ihr Vater wusste auch nicht, das sie einen Mann vergessen musste in den sie sich unsterblich verliebt hatte. Sie lief auf einen Rosenbusch zu, der wunderschöne rote Rosen trug, sie wollte eine davon abbrechen, doch sie tat sich schwer damit und eine Dorne stach sie in den Finger. „Aua..“ „Man sagt, dass jemand an dich denkt, wenn du von einem Dorn gestochen wirst.“ Oscar schreckte zusammen und drehte sich um. Ihre Schwester stand vor ihr und lächelte sie an. „Vater hat gesagt du willst weg gehen?“ Oscar ging nicht auf die Frage ihrer Schwester ein. „Ist das wahr?“ Oscar wollte, dass mit dem Dorn nun genauer wissen. „Was ist wahr?“ „Das mit dem Dorn?“ Josephine war sehr verwundert darüber das Oscar das so genau wissen wollte. „Das sagt man so, ob an der Sache aber wirklich was dran ist, weiß ich nicht.“ Kaum hatte ihre Schwester diesen Satz ausgesprochen machte Oscar rechtsumkehrt und verschwand mit der Rose aus Josephines Blickfeld.
 

Sie rannte und rannte bis sie einige Meter vor dem Stall stand in dem sich ihr weißer Schimmel befand. Es dauerte nicht lange und sie entdeckte Andrè, der sein Pferd zurück in den Stall führte, er war also wieder zurück. Oscar blieb stehen und senkte ihren Blick, sie betrachtete die rote Rose. –Hast du vielleicht an mich gedacht Andrè? Nein! Das ist doch alles nur Schwachsinn, nichts weiter als ein Gerede….- Unachtsam warf sie die Rose auf den Boden und stampfte mit ihren schwarzen Reitstiefel darauf herum. Ohne das sie es bemerkte, näherte sich Andrè ihr. „Für wer war denn die Rose?“ Oscar schaute traurig auf. Andrè lächelte sie so sanft an, ja beinahe zärtlich. Lange sahen die beiden sich an, Andrès Augen sahen sie anders an als sonst. Sie strahlten etwas aus, das auf sie beruhigen wirkte. Sie versank regelrecht in seinen Augen und konnte ihren Blick nicht mehr von ihm abwenden. Ein stechender Schmerz durchbohrte ihr Herz, es tat so weh so nahe bei ihm zu sein, aber ihn nicht berühren zu dürfen. Zu gerne hätte sie ihn jetzt berührte, sie wollte von ihm festgehalten werden. „Oscar…“ Er sprach ihren Namen noch leidenschaftlicher aus als beim letzten Mal. Mit zitternder Stimme gab sie ihm ein leises ‚ja’ zur Antwort. „Komm, ich möchte dir etwas zeigen.“ Oscar erwachte allmählich aus ihrem Tagtraum und war wieder im Begriff klar zu denken. Andrè hatte längst bemerkt, dass mit ihr etwas nicht stimmte und wollte an einem ruhigen Ort mit ihr sprechen. Oscars Blick wanderte noch einmal zur kaputten Rose auf dem Boden, danach ging sie mit Andrè mit.

Leider hat es etwas lange gedauert bis ich hier endlich weiter geschrieben habe ^^ ich habe bereits andere Kapitel aber die sind weiter vorraus, ich habe bereits eine geneue Vorstellung wie die Geschichte verlaufen soll, doch das so in meinem Hinterkopf schwebt kommt erst etwas später deswegen fehlte mir noch etwas dazwischen ^^ ich glaube es ist mir nicht so gut gelungen, aber beurteilt selbst. :)
 


 

Er lief mit ihr hinunter zur Waldlichtung an der sie früher oft als Kinder zusammen gespielt hatten. Während Andrè mit ihr zur Lichtung ging, sprach sie kein einziges Wort mit ihm und war vollkommen in sich gekehrt. –Was ist nur mit dir los Oscar?- Andrè machte sich große Sorgen um Oscar, er hatte in den letzten Tagen bemerkt, das sie sich immer seltsamer verhielt. Die Sonne versank langsam, rot glühend hinter dem Wald, der sich neben der Waldlichtung befand und verwandelte die Lichtung in eine romantische Atmosphäre. Ein paar Vögel zwitscherten von den Bäumen herab, aber sonst war nirgends etwas zuhören. „Geht es dir gut Oscar?“ Ein knappes Nicken ihrerseits machte ihn misstrauisch, er wusste ganz genau, dass sie nicht die Wahrheit gesagt hatte. „Sag mal Andrè, hast du schon einmal an wenn bestimmtes gedacht?“ Oscar wollte mit dieser Frage herausfinden, ob er vielleicht schon einmal an sie gedacht hatte, sie wollte in Erfahrung bringen ob an der Sache mit der Rose wirklich etwas dran war. Andrè setzte sich ins Gras und sah hinaus auf die Felder. „Wieso fragst du?“ Oscar setzte sich zu ihm und ließ sich rückwärts ins Gras fallen. „Nur so.“ Oscar betrachtete den Himmel bei dem mehr und mehr die Sterne langsam zum Vorschein kamen. Andrè starrte weiter auf die Felder hinaus und lächelte. Nach einer Weile senkte Andrè traurig den Blick und Oscar konnte erkennen, dass er vermutlich den Tränen sehr nahe war. „Wir reden jetzt nicht über mich Oscar, ich möchte wissen was mit dir los ist, du verhältst dich in letzter Zeit so merkwürdig.“ Oscar setzte sich auf. „Mit mir ist alles in Ordnung Andrè… ich muss jetzt nach Hause.“ Gerade wollte sie aufstehen als Andrè mit bebender Stimme sagte: „Wieso läufst du immer davon Oscar? Gegen diese Gefühle kannst du nichts tun, du wirst sie immer spüren, diese Schmerzen der unerwiderten Liebe zu Graf von Fersen. Wieso siehst du das nicht ein?“ Seine Freundin wusste nicht wovon er da auf einmal sprach, sie liebte doch Fersen gar nicht mehr, sie liebte ihn! Dachte er etwa sie hätte sich all die Tage so seltsam verhalten wegen Graf von Fersen? Übel konnte sie ihm das nicht nehmen, denn er wusste all zu gut das sie in ihn verliebt war, doch diese Sache war längst vorbei und sie war sich nicht einmal mehr sicher, ob sie ihn überhaupt wirklich geliebt hatte. Aber bei Andrè war sie sich vollkommen sicher.
 

„Was redest du denn da? Ich liebe von Fersen schon lange nicht mehr, ich weiß doch nicht einmal ob ich ihn überhaupt geliebt habe!“ brachte Oscar nun leicht verärgert hervor. „Aber wieso bist du dann so seltsam Oscar? Du isst kaum noch etwas, du redest nur noch mit mir wenn du es musst und du gehst mir dauernd aus dem Weg! Wieso Oscar? Wieso nur?“ Sie blickte auf und sah ihm in die Augen. „Kannst du dir das denn nicht selbst denken…?“ Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sie wandte ihren Blick von dem seinen ab. Sie befand sich in einer Zwickmühle und war kurz davor ihm zugestehen was sie wirklich für ihn empfand. Er würde ihr keines Wegs glauben, wenn sie ihm jetzt irgendeinen Blödsinn erzählen würde, denn sie hätte schließlich sonst nie einfach so vor ihm geweint. Da viel ihr ein das sie ihn ja beim Duschen gesehen hatte. „Ich…habe… dich beim duschen…“ Oscar konnte es nicht aussprechen und stand auf. Sie musste hier weg, keine Sekunde länger würde sie es hier aushalten. Den Rest konnte sich Andrè selbst zusammen reimen, sie hatte ihn beim Duschen beobachtet und deswegen ging sie ihm nun aus dem Weg? Diese Sache leuchtete Andrè wenigstens ein bisschen ein. „Ich verstehe, es ist dir peinlich und deswegen gehst du mir aus dem Weg. Vergiss es einfach Oscar!“

„Wenn du es sagst!“ Andrè nickte und schenkte ihr, in dem Moment, vielleicht das letzte Lächeln für sehr lange Zeit. Was Andrè nicht wusste, war, dass Oscar sich in den letzten Minuten endgültig dafür entschieden hatte, für längere Zeit von zu Hause wegzugehen.

„Was… was wolltest du mir eigentlich zeigen?“ „Das ist nicht so wichtig.“ blockte er rasch ab. Die junge Frau beobachtete ihren Freund einige Minuten lang aufmerksam, es kam ihr so vor, als sei er in tiefen Gedanken versunken, er starrte wie gelähmt auf die Felder hinaus und rührte sich kein bisschen.
 

Als die beiden wieder zu Hause waren, verabschiedete Oscar sich innerlich schon einmal von Andrè. Etwas verträumt sah sie ihn an und musterte seinen ganzen Körper noch einmal ganz genau. -Du wirst dich fragen wieso ich ohne dich gehe, aber es muss so sein.- Sie senkte traurig den Blick und sah auf den Boden, der sich nun immer mehr mit Regentropfen belegte. „Es scheint ein Gewitter aufzuziehen.“ Ihr Freund blickte hinauf in den Himmel, die hell leuchtenden Sterne verschwanden immer mehr hinter dichten Wolken, und der Regen wurde immer heftiger. „Lass uns noch etwas hier bleiben.“ Ein leichter Wind zog auf und spielte mit Oscars blondem Haar. Andrè nickte stumm. Im war der Tag heute ohnehin zu heiß gewesen und diese Abkühlung konnte er nun gut gebrauchen. Die beiden setzten sich draußen auf eine Mauer, die noch immer von den Sonnenstrahlen erhitzt war. Das sie beide dadurch vollkommen durchnässt wurden, war ihnen vollkommen egal. Oscar war froh darüber, dass sie dieses Mal kein weißes Hemd trug, denn sonst hätte man durch die Nässe einiges an ihr gesehen was für einen Mann nicht unbedingt bestimmt war. Auch Andrè trug an diesem Tag kein weißes Hemd, er hatte die gewohnte Kleidung an, die er meistens trug wenn er Oscar in den Palast begleitete.
 

Auch Oscar schenkte Andrè an diesem Abend ein letztes Lächeln, bevor sie in ihr Zimmer ging. Andrè wusste nicht, dass er Oscar an diesem Abend, für sehr lange Zeit, das letzte Mal gesehen hatte. In ihrem Zimmer packte Oscar einige ihrer Kleidungsstücke zusammen, sie wollte am nächsten Morgen so früh wie möglich aufbrechen. Nachdem sie all ihre Sachen zusammen gepackt hatte, griff sie zu einem Blatt Papier und einem Füller. Langsam fing sie an ein paar Zeilen auf das weiße Papier zu schreiben…
 

~Lieber Vater, ich habe mich nun doch dafür entschieden, eine längere Reise anzutreten. Ich weiß nicht wie lange ich fort sein werde, aber ihr braucht Euch keine Sorgen um mich zumachen. Den Grund für meine Reise kann ich Euch nicht nennen, Ihr würdet es nicht verstehen. Bitte verzeiht mir, Vater! Richtet Josephine alles Gute von mir aus. ~ Oscar seufzte laut auf, nachdem sie den letzten Satz zu Ende gebracht hatte. Sie hoffte, dass ihre Schwester nicht zu sehr enttäuscht von ihr war. Durch die längere Reise die sie antreten wollte, war es ihr unmöglich zur Hochzeit zu gehen. Sie steckte den Brief in einen Umschlag und legte ihn beiseite.
 

Oscar schlief in dieser Nacht äußerst unruhig und wälzte sich öfters von einer Seite zur anderen, jede Stunde hörte sie die Uhr in ihrem Zimmer die volle Stunde schlagen. Tatsächlich schwirrte ihr doch die ganze Nacht Andrè im Kopf herum, doch das durfte nicht sein. Oscar hatte in den frühen Morgenstunden genug davon, sie packte ihre Sachen und brach auf. Desto schneller sie von hier weg war, desto besser war es für sie. Sie schlich leise durch ihr Zimmer und öffnete ihre Tür zum Flur. Ihre Stiefel hallten bei jedem Schritt den sie durch den langen Flur tat. Die erste Hürde hatte sie geschafft, sie war am Zimmer ihrer Eltern vorbei, das nächste Zimmer war das von Andrè. Still stand sie nach einigen Sekunden davor und überlegte ob sie es noch einmal betreten sollte, die Hand hatte sie bereits auf die Klinke gelegt. Wie gerne hätte sie Andrè noch ein einziges Mal gesehen, wie er friedlich schlief und dabei lächelte. Einmal hatte sie ihn so gesehen, danach hatte Sophie sie aus seinem Zimmer geschoben. Sie zog die Hand von der Türklinke weg, setzte ein gequältes Lächeln auf und lief weiter den Flur entlang, bis zur großen Treppen, die hinaus auf den Hof führte. In Windeseile riet sie vom Hof, nicht ein einziges Mal schaute sie zurück, doch ihr Herz verriet ihr, das es nicht einfach war, all das für längere Zeit hinter sich zulassen.

Eigendlich wollte ich schon länger ein neues Kapitel hinauf laden, doch irgendwie kam ich nie so richtig dazu ^^ nun dachte ich, da im moment kaum Fanfics von LO geschrieben werden, lade ich dieses Kapitel mal hoch. Evt. muss ich dieses Kapitel später noch ein wenig überarbeiten, da ich finde das es mir teils nicht so gut gelungen ist. Nah ja, ich hoffe es gefällt euch :)
 


 

6.Kapitel
 

Der Nebel war an diesem Morgen so dicht das die junge Frau kaum etwas sehen konnte. Irgendwann war der Nebel so dicht geworden, dass sie kaum weiter blicken konnte als fünf Meter. Oscar stieg vom Pferd und ging zu Fuß weiter. Alles um sie herum versank in feuchtem Grauweiß, das kaum mehr als einen orientierungslosen Schritt vor dem anderen erlaubte. Es kam ihr so vor als lief sie geradeaus ins Ungewisse. Nach einiger Zeit erhob sich langsam im Osten die goldene Sonne und der Nebel löste sich in Luft auf. Die junge Frau war froh darüber, denn sie hatte schon genug Zeit verloren und wollte schließlich vorankommen. Heftig schwang sie sich zurück in den Sattel und betrachtete die Gegend, weit war sie noch nicht gekommen.
 

Weit weg von Oscar tobte ein Mann vor Wut über die Entscheidung seiner Tochter, es war niemand anders als General de Jarjayes, er hatte den Brief von Oscar entdeckt. Wutentbrannt lief der General an diesem Morgen durch das Große Haus und Fluchte vor sich her, dabei war er so laut das die Bediensteten ihn erschrocken ansahen und vor seiner Stimme erschauderten. Der General suchte Andrè auf, er war sich hundert prozentig sicher, dass der Junge davon wusste.

„Andrèèè!!“ Wütend schrie der General durch den Garten. Doch Andrè war nicht bei den Ställen wie das Familienoberhaupt vermutete, langsam wurde er ungeduldig und seine Laune schien sich noch mehr zu verschlechtern. „Was ist denn geschehen, General de Jarjayes? Hat Andrè irgendetwas unrechtes getan?“ Der alten Dame Sophie entging nicht wie der General vor Wut tobte. Auf ihre Frage ging der General nicht ein, er war zu wütend darüber das seine Tochter einfach so ohne mit ihm zureden gegangen war. „Wo ist Andrè Sophie?“ „Er ist nicht da.“ „Wie bitte?? Ist er etwa mit Oscar mitgegangen? Macht hier in diesem Haus jeder was er will??“ General de Jarjayes Gesicht und sein Kopf waren so rot wie rote Rüben, und er wurde immer ärgerlicher. „Ich verstehe nicht General, wo soll den Oscar hingegangen sein?“ Zu dem Zeitpunkt näherte sich Andrè dem geschehen, als General de Jarjayes über Oscar zu sprechen begann, blieb er stehen und lauschte hinter einer Hausecke. „Wenn ich das nur wüsste, sie hatte mir nur gesagt das sie andere Länder sehen möchte, doch da steckt mehr dahinter da bin ich mir sicher. Eines sage ich dir Sophie, ich werde es herausfinden!“ Sophie machte sich auf einmal große Sorgen um Oscar. Es war nie gut wenn der General so wutentbrannt war, das bedeutete für Oscar immer eine Menge Ärger und sie würde dann mit Sicherheit einige Schläge ihres Vaters einstecken müssen. „Sie ist nicht gegangen um Länder zusehen, sie hat mir in einem Brief geschrieben, dass sie mir den Grund für ihre Reise nicht nennen kann.“
 

Andrè versetzte es einen Stich ins Herz als er hörte, dass seine Geliebte Oscar fort war. Er fragte sich schon jetzt, wie lange sie weg sein würde und wieso sie weg gegangen war. Langsam bog er um die Ecke um weiter seinen Weg zugehen. Der General entdeckte ihn so gleich und lief schnellen Schrittes auf ihn zu. „Andrè, mein Junge! Weißt du wo Oscar hingegangen ist? Dir erzählt sie doch immer alles!“ „Nein, ich habe keine Ahnung General de Jarjayes, ich wusste selbst nicht einmal, dass sie weg ist.“ Andrè viel es in dem Moment schwer sich zu beherrschen, es tat ihm weh das sie weg war, weg ohne das sie ihm irgendetwas davon gesagt hatte und weg ohne ihn. Noch nie hatte sie so etwas getan, sie hatte ihn stets gefragt ob er mit ihr mitgehen will, doch dieses Mal war alles anders. Eines war Andrè klar, bei diesem Ausflug wollte sie ihn nicht dabei haben. Dieser Tag war für Andrè der Tag, an dem er etwas Wichtiges verloren hatte. Auch war es der Beginn, einer schwierigen Zeit für ihn.
 

Oscars Weg führte zur Nordsee, in eine Stadt namens Le Havre. Allerdings hatte sie nicht vor dort zu bleiben. Sie war fast den ganzen Tag unterwegs gewesen und brauchte erst einmal eine Pause. Sie suchte ein Gasthof auf und bezog darin ein Zimmer für eine Nacht. In Gedanken versunken zog sie ihre Stiefel aus und setzte sich auf die Bettkante. Sie war sehr müde aber ihre Gedanken kreisten sich um zu Hause, ein Tag war bereits vergangen und viele im Hause de Jarjayes würden sich fragen wo sie wohl ist. -Vielleicht war es ja auch ein Fehler gewesen, von zu Hause weg zugehen, um einen Mann zu vergessen. Was Andrè wohl gerade macht?- Mit diesen Gedanken schlief Oscar in einen tiefen Schlaf. Gleich am nächsten Morgen ging sie weiter ihren Weg.
 

In Windeseile eilte ein junger Mann an diesem Morgen nach Paris. Eine schlaflose Nacht lag hinter ihm, was man ihm deutlich ansehen konnte. Er war nachlässig gekleidet, das Hemd hing aus der Hose, und sein dunkles Haar glänzte fettig in wirren Strähnen. Der junge Mann gab dem Pferd die Peitsche, um noch schneller voran zukommen. Nach kurzer Zeit hatte er bereits Paris erreicht. Er bog in die nächstbeste Gasse ein. Je weiter er in die Gasse hineinlief, desto weniger Menschen begegneten ihm. Nun überquerte er den Kirchplatz und bog in die nächste Gasse ein, die hinunter zum Marktplatz führte. Langsam stieg er vom Pferd und führte es nun neben sich her. Ohne zu zögern, bog er endlich in die schmale, dunkle Gasse ein, in der sich sein Freund befand. Er band sein Pferd an einem Brunnen fest und klopfte an die kleine hölzerne Tür.

Gerade wollte er sich abwenden, als die Tür geöffnet wurde. Vor ihm stand ein großer Mann, dessen halblanges Haar wirr seine Schultern umspielte. Die großen blauen Augen strahlten. „Andrè?“ fragte der gut gebaute Mann in der Tür. „Ja, der bin ich.“ Entgegnete Andrè mit fester Stimme und reichte Alain die Hand. „Wenn ich das einmal anmerken darf, du siehst schrecklich aus.“ Sagte Alain mit sanfter Stimme. Andrè sah ihm in die Augen. „Ich weiß, und genau so fühl ich mich auch.“ Die beiden Männer setzten sich an einen kleinen hölzernen Tisch und tranken während sie sich unterhielten erst einmal ein Bier. Alain war erstaunt über das plötzliche verschwinden von Oscar. „Was gibt es für Oscar für einen Grund Frankreich zu verlassen?“ „Wenn ich das nur wüsste…“ Andrè griff nach dem Glas Bier und trank einen Schluck. „Sie kommt bestimmt wieder zurück Andrè.“ Versicherte Alain seinem besten Freund, doch dieser glaubte zurzeit nicht an eine Rückkehr Oscars. „Hör mal Alain, ich bin auch noch wegen einem anderen Grund hier, ich möchte Land kaufen.“ Die Augen des schwarzhaarigen weiteten sich. „Land? Wozu?“ „Jetzt wo Oscar fort ist, gibt es für mich keinen Grund mehr im Anwesen de Jarjayes zu arbeiten. Ich möchte eine Farm aufbauen, so wie du es getan hast. Ich habe genug Geld zusammen gespart um mir das zuleisten.“ Sein Freund glaubte erst sich verhört zuhaben, doch Andrès Gesichtsausdruck ließ ihm sagen das er es ernst meinte. „Oscar ist noch nicht einmal ganz zwei Tage fort und du willst dort weg gehen?“ Traurig senkte Andrè den Blick. „Ich glaube nicht das Oscar in den nächsten Tagen und Wochen zurück kommt….ich werde mit all meiner Kraft eine Farm aufbauen, sollte Oscar wieder kommen werde ich ihr einen Heiratsantrag machen, doch das kann ich nur tun wenn ich…..“ „Langsam, langsam!“ sprach ihm Alain dazwischen und stellte sein Bierglas, aus dem er gerade einen Schluck trinken wollte, wieder sachte auf dem Tisch ab. „Du willst ihr einen Heiratsantrag machen?“ Alain war mehr als erstaunt über diese Sache und sah ihn nun mit großen Augen an. „Versteh doch…“ versuchte Andrè zu erklären „….wenn ich Land besitze und mir etwas aufgebaut habe, ist es leichter für mich bei General de Jarjayes um Oscars Hand zu bitten, glaube mir ich habe lange darüber nachgedacht und nun habe ich für einen Anfang das Geld zusammen.“ Bei diesem Satz konnte sich Alain kaum mehr auf dem Stuhl halten. Ruckartig stand sein Freund nun auf und herrscht ihn an. „Andrè! Bist du den komplett wahnsinnig geworden?? Denkst du General de Jarjayes wird jemals einwilligen? In welcher Welt lebst du eigentlich? Adlige heiraten keine Stallburschen oder sonst irgendwelche Bürgerlichen.“ Andrè sah ihn flehend und mit ernster Miene an. „Ich meine es ernst Alain, wenn du mir nicht helfen willst, dann suche ich mir eben wenn anderer.“ Gerade wollte Alains Freund sich zum gehen wenden, als Alain ihn an der linken Schulter zurück hielt. Schließlich entschied Alain sich doch noch Andrè zu helfen, auch wenn er seine Idee total verrückt hielt, aber er war nun mal sein bester Freund.

7. Kapitel
 

Es verging Tag um Tag, André bemerkte durch die Arbeit nicht einmal wie viele Tage und Wochen bereits vergangen waren, wenn man es genau gezählt hätte, waren bereits sechs Monate vergangen. Eines Abends im Dezember hatte Andrè seinen Traum von einer Farm tatsächlich vollendet, er hat sein letztes gegeben und war mit seinen Kräften beinahe am Ende. Erschöpft von den Strapazen strich er sich mit der rechten Hand den Schweiß von der Stirn und betrachtete das Werk nochmals ganz genau von oben bis unten und von links nach rechts. Zufrieden kennzeichnete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht, das aber sogleich wieder verflogen war, mit einem Mal wurde ihm bewusst das bereits Winter geworden war und er von Oscar immer noch nichts gehört hatte, auch seine Großmutter die ihn für völlig verrückt hielt und sich fragte was in André gefahren war, konnte ihm nichts neues von Oscar berichten, wenn diese ihn auf der Farm besuchen kam. Der Mond stand bereits hell leuchtend am Himmel, es war eine klare Vollmondnacht. Die Nacht war kalt und klar, der Schnee glitzerte im Mondschein und knirschte bei jedem Schritt. Die Sterne funkelten wie Diamantenstaub, es herrschte große Ruhe.

Ein getrübtes Gesicht wanderte über die Schneebedeckte Landschaft. ‚Oscar, wo bist du nur??’ André spürte plötzlich eine starke Hand auf seiner rechten Schulter. „Du denkst an sie, hab ich recht?“ Ein kurzes nicken seinerseits bestätigte Alain was er die ganze Zeit über befürchtet hatte, er hatte während der ganzen Arbeit die sie gemeinsam vollbracht hatten, gehofft das sein Freund nicht wieder in sein altes Muster zurückfällt, das er noch vor sechs Monaten hatte. Alain verstand sowieso nie, wieso er gerade Oscar ausgesucht hatte, wie oft hatte er seinen Freund schon vor ihr gewarnt, herzlos und kalt hatte er sie in der Gegenwart von André eingestuft. Sie war eben nur eine adlige, die mit den Menschen spielte, nach Lust und Laune. Alain empfand in dem Moment Wut und Hass auf Oscar, wieso war sie so kalt? Sie zeigte nie irgendwelche Gefühle, noch nie hatte er sie völlig am Boden zerstört gesehen. André konnte er die Gefühle die er gegenüber Oscar empfand nicht gestehen, er hatte dies schon einmal versucht und André hatte ihm gehörig den Kopf gewaschen. ‚Oscar ist der gütigste und liebenswerteste Mensch den ich je kennen gelernt habe.’ Diese Worte hatte er ihm ins Gesicht geschrieen. Es brachte absolut nichts André von dieser Liebe abzubringen, er konnte nur zusehen wie schlecht es ihm manchmal ging oder ihn versuchen aufzumuntern. Umso mehr Tage vergingen, in denen Oscar nicht auftauchte, desto mehr begann Alain Oscar zu verabscheuen. Mit der Zeit war er sogar der Ansicht, dass sie nie wieder auftauchen würde, doch diese Gedanken behielt er lieber für sich. „Hey André, lass uns reingehen und auf deine Farm anstossen. “ Versuchte Alain seinen Freund aufzuheitern.

André stimmte Alain zu und die beiden gingen ins Warme.
 

Nicht weit entfernt, tobte General de Jarjayes vor Zorn.

„Sechs Monate!!! Ganze sechs Monate….“ der General schlug beide Hände auf den Tisch, dabei viel eine Blumenvase zu Boden und zerbrach in tausend Stücke. Die restlichen Gegenstände auf seinem Arbeitstisch machten einen leichten Sprung oder vielen um. „Wo ist dieses Kind? Sooophiiiieeeee???“ In einem normalen Tonfall sprach der General längst nicht mehr, alles was er aus seinem Mund heraus brachte, war so laut, das alle Dienstmädchen des Hauses bei jedem seiner Schreie zusammenzuckten. „Ihr habt mich gerufen General de Jarjayes?“ Die alte Dame betrat mit erschrockenem Gesicht das Arbeitszimmer des Generals. Der General sass mit ernstzunehmendem Gesicht an seinem Arbeitsplatz, daneben die zerbrochene Vase, das Wasser das sich in der Vase befand hatte sich bereits auf dem Marmorboden ausgebreitet. „Sophie, ich möchte, dass du diesen Brief zu Graf Girodel bringst.“ Er stand von seinem Sitzplatz auf und drückte dem Kindermädchen einen versiegelten Brief in die Hand. „Was ist nur in dieses Kind gefahren, für wie lange will sie mich eigentlich zum Narren halten. Ihre ganzen Pflichten am Königlichenhofe hat sie wohl völlig vergessen. Ich möchte reisen, andere Länder sehen, hat sie gesagt, für wie lange? Für den Rest ihres Lebens oder was hat sie sich dabei gedacht?“

„Aber General de Jarjayes, ihr habt es ihr doch erlaubt.“ Für diesen Satz brauchte Andrès Grossmutter eine Menge Mut, man wusste nie wann der General wieder mit irgendwelchen Gegenständen um sich schlug. „Erlaubt??? Es war nie die Rede von sechs Monaten und sie lässt nicht einmal etwas von sich hören, ich frage mich an manchen Tagen ob sie überhaupt noch lebt!!!“ Wild erzürnt schrie er umher, so das Sophie schnurr stracks das Weite suchte. ‚Diese Laune ist ja unerträglich, wenn das so weiter geht halte ich es hier nicht mehr aus, jeden Tag das Gebrüll des Generals.’ Sophie eilte durch den Flur, Richtung Haustür. Rasch stülpte sie dort die Schuhe über ihre Füsse, die Handschuhe über ihre Hände und steckte wütend den Brief den ihr Oscars Vater gegeben hatte, in ihre linken Manteltasche, danach begab sie sich hinaus in die Kälte. Es war schon zehn Uhr abends, um diese Zeit verlangte der General tatsächlich noch von ihr Graf Girodel diesen Brief auszuhändigen. Mit verärgerter Miene verliess Madame Glacé an diesem Abend das Haus der Familie Jarjayes und begab sich in einer Kutsche zum Anwesen des Grafen. Auf dem gut zwanzigminütigen Weg, musste Andrès Grossmutter an die Tage zurück denken an denen Oscar und Andrè noch bei den Jarjayes lebten. Nicht einmal ihr Enkel war noch dort zu Hause, er hatte sich so stark verändert, und sich total in sich zurückgezogen, kaum wechselte er noch Worte mit ihr. Ohne mit ihrem Enkel darüber zusprechen ahnte sie längst wieso alles so gekommen war, zwar wusste sie nicht das André die Farm wegen Oscar gebaut hatte, aber sie wusste das er wegen ihr nicht mehr dort lebte. Sie ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass André für Oscar längst viel mehr als nur Freundschaft empfand.
 

Das Arbeiten war für Madame Glacé wie eine Qual, dauernd musste sie darüber nachdenken wie es Lady Oscar ging. Aber vor allem fragte sie sich, warum sie fort gegangen war, das alles musste doch einen Grund gehabt haben. Die Kutsche hielt an und der Kutscher war der alten Dame beim Aussteigen behilflich. Madame Glacé stampfte schwerfällig durch den hohen Schnee, völlig ausser Atem hatte sie in kurzer Zeit die Treppe die zur Eingangstür führte erreicht. Nachdem Sophie den Brief bei Graf Girodel abgegeben hatte, machte sie sich auf zu André, sie musste einfach mit ihm reden.

8. Kapitel
 

Oscar hatte Frankreich schon seit Monaten verlassen und befand sich seit einigen Wochen in Schweden, die Reise hier her hatte sie enorme Kraft gekostet. Ziellos lief Oscar an diesem Tag umher, sie wusste nicht so genau was sie eigentlich machen sollte, ohne festes Ziel, galoppierte sie an diesem Morgen über die schneebedeckten Felder. Früher hatte sie immer irgendetwas zu tun gehabt, das alles war so ungewohnt für sie, oft langweilte sie sich und verfiel in Erinnerungen die mit André und ihrer Kindheit verbunden waren. In ihrem Schmerz trieb sie ihren weißen Schimmel noch mehr an, die füllige Mähne wehte im Wind, es war so als würde sie fliegen, so frei, ohne irgendwelche Begrenzungen.
 

Der Wind blies Oscar durchs Haar und plötzlich hörte sie ein lautes rascheln. Der Schimmel legte die Ohren nach hinten und mit einem Mal flogen alle Vögel panisch weg. Das Pferd fing nervös an zu tänzeln, der Wind wurde immer Stärker und der Wald war wie ausgestorben. Oscar hielt ihr Pferd mit langgelassenen Zügeln an und lauschte dem Wind. Ihr Pferd versuchte ebenfalls mit immer wieder schwenkenden Ohren zu hören was los war. Die Blätter raschelten und sie nahm die Zügel an und wollte zurück reiten als vor ihr ein riesig lauter knall ertönte. Oscars Pferd stieg ängstlich, sie lehnte nach vorne um die Stute zu beruhigen. Sie setzte sich tief in den Sattel schwenkte die Hand mit den Zügeln rasch links um zusehen woher dieser Knall kam. Oscar erblickte auf einem kleinen Hügel ein Mann mit langem Haar, in der rechten Hand hielt er eine Pistole. Ohne zu wissen wer dieser Herr auf dem braunen Hengst war, galoppierte Oscar wütend auf ihn zu, sie zog ihr Schwert. Doch der Mann schien davon nicht beeindruckt zu sein und blieb regungslos stehen, er stieg sogar noch von seinem Pferd hinab und blieb seelenruhig neben seinem Hengst stehen. Oscar hielt inne, nun erkannte sie endlich wer da eigentlich vor ihr stand. Graf von Fersen lachte laut auf. „Oscar, was macht ihr in dieser Gegend?“ Oscar konnte es kaum fassen, es war wirklich Graf Hans Axel von Fersen der da vor ihr stand, doch was führte ihn nach Schweden? Diese ganze Sache erschien Lady Oscar mehr als merkwürdig, hatte ihr Vater ihn etwa geschickt um sie zurück zuholen? ‚Wusste Vater das ich hier hin gehen würde?` „Lady Oscar, was ist mit euch?“ „Graf von Fersen, seit ihr des Wahnsinns, ihr habt mich beinahe zu Tode erschreckt!“

„Entschuldigt bitte mein Auftreten Lady Oscar, aber das musste einfach sein.“ Der Graf schmunzelte und konnte sich ein Lachen nicht mehr verkneifen, zu sehr amüsierte er sich über das verärgerte Gesicht, das ihm nun gegenüber stand. Wenn Blicke töten könnten, dann wäre der Graf nun an Ort und Stelle Tod umgefallen. „Graf von Fersen, weshalb seid ihr hier?“ Oscar giftete ihn gerade zu an. Fersen nahm sein Pferd bei den Zügeln, der Graf wusste das er Lady Oscar nun ziemlich verärgert hatte, ihre Stimme hinterließ bei ihm einen starken Eindruck, denn er hatte Oscar bisher noch nie so erlebt. Die Worte die sie ihm gegenüber gerade aussprach, hallten noch in seinen Ohren. „Ich wollte euch nicht erschrecken, verzeiht. Ich bin nach Schweden gekommen um hier nach dem rechten zusehen, aber ich verstehe nicht weshalb ihr hier seid. Ihr seid doch etwa nicht hier um mir von der Königin etwas mitzuteilen? Sie ist doch nicht etwa in Gefahr, ihr geht es doch gut Lady Oscar, oder?“ Oscar war keineswegs verwundert darüber, dass der Graf sich solche Sorgen um die Königin machte, viel mehr bewunderte sie ihn dafür, er war immerhin nicht zu feige um Marie Antoinette seine Gefühle zugestehen. Im Gegensatz zu ihm war sie feige, manchmal hasste sie sich dafür. Sie hasste sich dafür, dass sie André nicht gesagt hatte was sie für ihn empfand, aber dies alles war nun nicht mehr entscheidend, sie war nicht mehr zu Hause. Doch vergessen konnte sie ihn dennoch nicht, Tag für Tag schmerze ihr Herz und sie hoffte, dass es irgendwann endet, seit sie auf dieser Reise war hoffte sie das. „Lady Oscar, geht es euch gut?“ Graf von Fersen sah sie besorgt an. „Ihr seht so blas aus.“ „Ich, ich war nur in Gedanken, verzeiht.“ Mit diesen Worten hoffte Oscar, dass der Graf nicht bemerken würde wie schlecht es ihr eigentlich ging, doch dieser ließ nicht davon ab sie weiter zu bedrängen. „Ihr seht trotzdem krank aus, vielleicht solltet ihr einen Arzt….“ „Ich versichere euch, mir geht es gut! Ihr wolltet ja wissen weshalb ich hier bin, nicht wahr?“

Oscar drehte sich rasch zu ihm um und setzte ein falsches Lächeln auf. Mit diesen Worten hatte sie ihn dazu gebracht nicht weiter auf sie einzureden. „Lasst uns auf mein Anwesen reiten, ihr könnt mir auf dem Weg dahin alles erzählen.“ Oscar nickte stumm. Ein paar Minuten gingen die beiden, ohne das einer ein Wort sagte, neben sich her. Den Blick auf ihren Schimmel gerichtet, begann Oscar langsam zu erzählen. „Ich bin nicht im Dienst, ich bin nur auf einer Reise und ich bin auch nicht hier wegen Marie Antoinette. Ich ahnte nicht im Geringsten das ich euch hier in Schweden antreffen würde. Versteht ihr, ich bin nicht euretwegen hier, sondern aus freien stücken.“ Graf Hans Axel von Fersen verstand, doch eines kümmerte ihn trotzdem. „Weshalb seid ihr ohne André gereist? Er begleitet euch doch sonst auf jeder Reise?“ Oscar ahnte bereits, dass so etwas kommen musste, sie wollte nicht über André sprechen, sie wollte ihn doch vergessen. Der Graf erkannte das Oscar durch diese Frage ziemlich geknickt aussah, er hatte es also auf den Punkt getroffen, da war er sich ziemlich sicher. Er malte sich bereits die schlimmsten Dinge aus, vielleicht war André nicht mehr am Leben, oder die beiden hatten Streit und die Freundschaft ging in die Brüche. Es gab viele Theorien, aber nur eine wusste die volle Wahrheit und das war die zierlich gebaute Frau die neben ihm, auf ihrem weißen Schimmel ritt. Oscar antwortete auf dem ganzen restlichen Weg nicht auf die Frage des Grafen. Alles war still, man hörte nur noch das laute schnaufen der Pferde. „Wenn ich euch zu nahe getreten bin, dann…“ „Nein, das seid ihr nicht, aber diese Sache geht nur mich und André etwas an, ich hoffe ihr könnt das akzeptieren.“ „Natürlich! Wir sind da, dies ist das Anwesen das ich hier in Schweden besitze, habt ihr eigentlich bereits eine Bleibe? Wenn nicht, lade ich euch gerne in mein Anwesen ein.“ Oscar hatte zwar bereits eine Bleibe, in einem Gasthof, da sie bereits seit ein paar Wochen in Schweden war, aber sie konnte das Angebot des Grafen unmöglich ablehnen. Eigentlich wäre es ihr lieber gewesen, wenn sie alleine geblieben wäre, doch so kam sie vielleicht auf andere Gedanken und vergaß endlich den Mann, der ihr Herz gestohlen hatte. „Das Angebot nehme ich mit Dank an. Ich wusste nicht das ihr hier auch ein Anwesen besitzt.“
 

Der Graf sah sie entrüstet an.

„Ich dachte ich hätte es einmal erwähnt. Man wird auch nicht jünger nicht wahr? Die Zeit vergeht viel zu schnell Lady Oscar, und ehe man sich versieht ist das ganze Leben gelebt und man hat eigentlich nicht wirklich etwas aus dem Leben gemacht.“ Während Oscar ihr Pferd in den Stall brachte, musste sie feststellen, dass er Recht hatte, das Leben war wirklich viel zu kurz.

Bis tief in die Nacht hinein spielten Oscar und Graf von Fersen Schach, Oscar vergaß für einen Moment alles was sie so sehr belastete, bis ihr bewusst wurde das sie früher immer mit André Schach gespielt hatte, nie gewann er gegen sie, sie war einfach zu gut darin. Auch Graf von Fersen musste sich enorm anstrengen um seine Gegnerin zu besiegen. Mit etwas Glück gelang ihm dies schließlich. Während des Spiels war Oscar des Öfteren abgelenkt und konzentrierte sich nicht wirklich auf das Schachbrett, dem Grafen entging nichts, er wusste ganz genau, das irgendetwas mit ihr nicht stimmte.
 

Es war mittlerweile Frühling geworden. Der Himmel war blau und die Luft war klar. Die kalten Wintertage waren endgültig vorbei. Oscar blickte nach draußen, seit langem bemerkte sie wieder einmal wie schön die Welt doch war. „Guten Morgen!“ Graf von Fersen stand in der Tür, mit einem Tablett in den Händen, über dem sich heißer Dampf kräuselte. „Wie geht es euch heute?“

Oscar schaute auf, während er mit einem lockeren Fußtritt die Tür des Speisesaals hinter sich zustieß. „Guten Morgen, mir geht es ausgezeichnet.“ Sie lächelt und wandte den Blick sofort wieder von ihm ab. Oscar war bereits seit mehreren Wochen im Hause von Graf Hans Axel von Fersen. Zwischendurch beobachtete der Graf sie immer wieder ganz genau und es kam ihm so vor als wäre sie noch dünner geworden als vor ein paar Wochen. Ja, es gab keine Zweifel, Oscar hatte an Gewicht verloren und sie wirkte von Tag zu Tag, an denen sie bei ihm war, blasser. Er machte sich große Sorgen um seine Kameradin, mit Schrecken musste er mit ansehen wie es ihr immer schlechter ging.

Oscar hob kurz skeptisch eine Braue als sie dann vom Grafen aus ihren Gedanken gerissen wurde. "Lady Oscar, ich bringe euch einen Tee... ich hoffe er schmeckt euch..." Oscar lächelt ihm zu: „Da bin ich mir sicher...“ Sie griff nach der Tasse die ihr von Fersen entgegen hielt und setzt sich dann auf einen der zwei leeren Sessel am Kamin. Ihren Tee stellt sie auf dem kleinen Runden Eichenholz Tisch ab der dort zwischen den beiden Sesseln stand. Und schon hatte sie es sich in dem Sessel gemütlich gemacht, was wohl wirklich nicht schwer zu sein schien. Ein warmes Kaminfeuer, ein gemütlicher Sessel und schöne Bilder an den Wänden verliehen dem ganzen diesen gewissen Touch. Nur die grölenden manierlosen Bediensteten konnten es wohl nicht unterlassen diese Atmosphäre mit Gerülpste und Geschreie von draußen zu stören. Sie hatten heute alle frei bekommen und genossen draußen die Sonne, noch war es kühl draußen, aber dies schien den Bediensteten nichts auszumachen. Sie tranken Bier und Wein. Bei ihrem Vater hätte es so was nie gegeben, dachte Oscar, er hätte auf der stelle das halbe Haus zusammen geschrieben, wenn die Dienstmädchen und Angestellten dermaßen Lärm gemacht hätten. Ihr Vater zog die Ruhe vor, er liebte die Ruhe.

Graf von Fersen machte es sich im zweiten Sessel vor dem Kamin bequem. Zum zweiten Mal, seit Wochen, startete Graf von Fersen einen weiteren Versuch heraus zu finden was in Oscar vorging und weshalb sie wirklich hier war. Er kannte Oscar zu gut und wusste auch, dass sie bestimmt nicht ohne Grund auf diese Reise gegangen war. „Lady Oscar, wo soll eure Reise eigentlich hingehen?“ Einige Sekunden vergingen bis sie ihm endlich auf die Frage antwortete, er hatte bereits damit gerechnet, dass er wieder keine Antwort erhalten würde. „Ich weiß es nicht.“ Antwortete sie knapp. „Ihr solltet etwas Essen um euch zu stärken.“ Graf von Fersen hielt ihr einen Teller mit Marmorkuchen entgegen, er wusste nur all zu gut das Oscar in den letzten Tagen kaum etwas gegessen hatte.
 

Zwangsläufig nahm die junge Frauen ein Stück, damit der Graf beruhig war und sie hoffentlich nicht weiterhin ausfragen würde. Kaum hatte er den Raum verlassen verfütterte Oscar den Kuchen den vielen zwitschernden Vögel die draußen vor dem Fensterbrett herumsaßen. Das Gesicht der jungen Frau war von Erschöpfung und Schlafmangel gezeichnet. Völlig übermüdet setzte sich Oscar zurück in den Sessel, sie musste endlich einmal Schlaf finden, ansonsten würde sie irgendwann zusammen brechen, dachte sie. Sie verstand nicht wieso es ihr immer schlechter ging, nachts schlief sie kaum noch, sie lag oft Stunden wach bis sie überhaupt einmal für eine oder zwei Stunden einschlief. Das Essen widerte sie an, sie hatte einfach keinen Hunger mehr.
 

Eines Abends stellte der Graf sie erneut zur Rede, doch dieses Mal ging er die Sache ganz anders an, er bestand geradezu darauf, dass sie endlich mit ihm sprach. Oscar lag wieder einmal im Sessel vor dem Kamin und genoss das Feuer, wie in Trance beobachtete sie das Feuer wie es sich bewegte und knisterte. „Lady Oscar!“ Der Graf jagte Oscar einen enormen Schrecken ein, wie in Windeseile betrat er das Wohnzimmer, die junge Frau schreckte auf und sah ihn mit wütenden Augen an, dies beeindruckte Graf von Fersen allerdings nicht. Selbst wenn sie ihn dafür nun anschreien würde, er würde nicht locker lassen bevor er nicht wusste wieso sie sich so seltsam verhielt. „Ich möchte von euch nun endlich wissen was los ist, euer verhalten ist seltsam, ihr esst kaum noch was und ihr seit täglich vollkommen erschöpft, auch seht ihr blas aus und ähnelt bereits einer toten.“ Es sprudelte nur so aus ihm heraus was er ihr schon lange sagen wollte. „Wie bitte?“ Wie nicht anders vom Grafen erwarten stand sie erzürnt vom Sessel auf, ballte die Hände zu Fäusten und biss sich auf die Lippen. „Was habt ihr da gesagt?“ „Ihr wisst genau was ich gesagt habe, seht euch doch einmal genau an, schaut in den Spiegel, wenn ihr so weiter macht werdet ihr irgendwann zusammenbrechen, ihr seht zerbrechlich und schwach aus.“ Mit diesem Satz hatte der Graf zwischen den beiden einen heftigen Streit empfacht. „Ich bin eben etwas zierlicher gebaut als ihr, ich bin schließlich eine Frau und blas war ich schon immer mein lieber Graf.“ Oscar ließ sich nichts anmerken, sie war nicht dazu verpflichten ihren Kummer diesem Mann zu erzählen, sie konnte tun was sie will. „So langsam glaube ich, dass diese Sache mit André zu tun hat, ist er vielleicht verstorben Lady Oscar? André war auch einer meiner Freunde falls ihr das nicht vergessen habt und wenn ihm etwas zugestoßen ist habe ich ein Recht davon zu erfahren, ihr seit total egoistisch!“ Die junge Frau vergaß sich nun endgültig, sie hatte genug von dem allem. „Wie ihr meint, ich werde dieses Anwesen noch heute verlassen! “Die ganze Aufregung hatte in Oscar ein Schwindelgefühl verursacht, ihr war überhaupt nicht mehr wohl, nur schnell hier weg, dachte sie. Sie fühlte sich plötzlich noch schwächer als in all den Tagen zuvor, sie erhob zitternd ihre rechte Hand und faste sich schwer atmend an die Stirn. Sie versuchte sich in Bewegung zusetzten, doch irgendwas blockierte sie, wieso konnte sie nicht mehr weiter? Irgendetwas hielt sie zurück, es war dieses Schwächegefühl, aus Angst endgültig zusammenzubrechen blieb sie erstarrt stehen. „Was ist mit euch?“ Besorgt sah sie Graf von Fersen an, sie konnte sein Gesicht nicht mehr wirklich wahrnehmen, alles war verschwommen, schließlich brach sie vor Hans Axels Augen zusammen. In Panik ließ von Fersen einen Arzt kommen, damit dieser Lady Oscar untersuchen konnte. Auch schickte er an diesem Abend einen Boten zu General de Jarjayes, doch bis der Bote in Versailles eintreffen würde, dauerte es seine Zeit, da Frankreich nicht gerade ein Katzensprung von Schweden entfernt war.

Eigendlich wollte ich dieses Kapitel schon lange on stellen, doch es fehlte mir irgendwie noch ein Zwischenstück ^^
 


 

9. Kapitel
 

Zur selben Zeit in Frankreich schlenderte ein Mann durch die Gassen von Paris. Eilig lief er eine Strasse entlang und tauchte dann ohne sich umzublicken in eine Seitengasse ein, in der er schlussendlich eine Kneipe betrat. Kurz blieb er an der Tür stehen und sah sich um, als ob er jemanden suchen würde. Dann schritt er zielstrebig an den Gästen vorbei auf einen Mann zu der allein an einem der hinteren Tische saß.

"Guten Tag Alain, ist hier noch ein Platz frei". Erstaunt blickte Alain dem Mann ins Gesicht, doch dann antwortete er: "Natürlich, für dich habe ich immer einen Platz frei, koste doch mit mir diesen vorzüglichen Wein. Ich habe gar nicht damit gerechnet das du hier auftauchst." "Dann hast du dich eben getäuscht" antwortete André "ich habe beschlossen mich für zwei Wochen vom stressigen Farmerleben zu lösen und mich etwas zu erholen und neue Kräfte zu sammeln und da ich gerade nichts besseres zu tun hatte, habe ich beschlossen dich aufzusuchen, man hat mir gesagt das ich dich hier finden würde." "Nun wenn das so ist dann trink mit mir doch ein paar Runden Wein." Während die beiden Männer genüsslich Wein tranken, empfachte sich in der Kneipe eine Schlägerei. Ein etwas älterer Herr wollte an der Theke noch mehr Whisky, da dieser schon zu sehr angetrunken war, weigerte sich der Mann hinter der Theke ihm ein weiteres Glas zu servieren. Wütend begann der Betrunkene herumzuschreien, einige Leute die Matrosenanzüge trugen, versuchten ihn mit Fäusten zum Schweigen zubringen. Wild prügelten zwei- drei Leute auf den alten Herr ein, bis er keinen Mucks mehr von sich gab. Bald schon prügelten sich die einfachen Bauern mit den Matrosen, es flogen Stühle durch die Luft, die hart auf dem Fußboden aufschlugen und zertrümmert wurden. Der Wirt verkroch sich ängstlich unter seiner Theke und musste all das über sich ergehen lassen, alleine hätte er gegen all diese Schläger keine Chance gehabt.
 

Plötzlich prügelten sich die Männer noch heftiger und wälzten sich auf dem Boden. Alain ging dazwischen und schmiss einige der Matrosen hinaus auf die Strasse. Einer kam zurück und rannte auf ihn los. „Pass auf, Alain, der hat ein Messer!“ schrie André laut auf. Alain wich zurück, das rettete ihm das Leben. „Ich werde es dir zeigen!“ rief der Messerstecher, doch da spürte er schon schmerzhaft Alains Faust im Gesicht. Blut tropfte über die frisch gewaschene Theke, auf dem Fußboden waren immer mehr Blutlacken zusehen, es sah aus wie auf einem Schlachtfeld. In der einen Ecke stritten sich zwei Männer um eine Bierflasche, in der anderen beschimpften einige Matrosen die einfachen Bürger von Paris, diese konnten sich nicht beherrschen und lieferten den Matrosen eine heftige Prügeleien. Einige mussten blaue Flecken einstecken, andere hatten Knochenbrüche und krochen schwerfällig in irgendeine Ecke der Kneipe. Erschöpft vielen sie zu Boden und regten sich nicht mehr. Alain und André konnten sich gerade noch rechtzeitig aus dem Staub machen, ehe sie in die Schlägerei noch tiefer mit hineingezogen wurden. Sie verließen die Kneipe und traten hinaus auf die Strasse. Es dunkelte bereits als sie sich auf den Nachhauseweg machten, Regen prasselte auf sie nieder. In kalten Strömen lief den beiden Männern der Regen den Rücken hinunter. „Es regnet schon wieder.“ Stellte André kläglich fest. „Auch der Himmel weint irgendwann.“ Gab Alain grinsend zur antwort. André hob seinen Kopf und sah dem Regen entgegen, die Regentropfen bedeckten langsam sein Gesicht. André fragte sich innerlich ob Girodel schon irgendeine Spur von Oscar hatte. Er erinnerte sich zurück an ein paar Wochen zuvor, an diesen einen Abend, als seine Großmutter bei ihm war um mit ihm zureden.
 

Ein heftiges Klopfen nahm André an diesem Abend den Schlaf.

André wachte auf, wollte das aber gar nicht, er versuchte vielmehr in den letzten Traum zurückzukehren, es war gerade so real gewesen, irgendetwas Angenehmes war es gewesen.

So sehr er sich auch mühte, die Bilder des Traumes kamen nicht zurück.

Und auch das angenehme Gefühl entschwand. Halbwegs erinnerte er sich, da war eine Frau gewesen die er kannte und gerade sollte irgendetwas Wunderschönes passieren, aber was war es gewesen? Je mehr er sein Gedächtnis anstrengte, desto weiter schien plötzlich alles weg zu sein und wurde überlagert durch andere Bilder. André sah müde aus und hatte tiefe Ringe unter den Augen. Auch er war gekennzeichnet von den ganzen Strapazen der letzten Wochen. Durch die harte Arbeit die er zusammen mit seinem Freund Alain geleistet hatte, wirkte er erschöpft und mitgenommen. Es klopfte erneut an die Eingangstür. Im Halbschlaf warf er die Decke zur Seite und mühte sich auf, sein Körper fühlte sich furchtbar schwer an. Schnell zog er sich etwas über und lief noch halb schlafend die Treppe hinunter, um nachzusehen, wer da wohl gekommen war. Zu seinem Erstaunen stand seine Großmutter vor der Tür. Sophie musste rasch feststellen, dass ihr Enkel einfach furchtbar aussah, auf seinem Gesicht kennzeichneten sich bereits Haare eines Bartes, er hatte sich bestimmt seit Tagen nicht rasiert. Sein braunes langes Haar hing ihm in langen Strähnen ins Gesicht, er hatte es nicht wie gewohnt zu einem Rossschwanz zusammengebunden. „André mein Junge, du siehst schrecklich aus!“ André verdrehte genervt die Augen. „Großmutter, seid ihr herkommen um mich zu belehren?“ „Ach, nun sei doch nicht gleich eingeschnappt.“ Die alte Dame trat fröstelnd ins Warme, ihre Schultern und das Haar waren mit unzähligen Schneeflocken bedeckt. André seufzte laut, nahm seiner Großmutter den Mantel ab und legte ihn auf eine Kommode. Während die beiden in die Küche liefen, erkundigte sich André bei Sophie nach ihrem Befinden. „Wie geht es dir Großmutter?“ „Es ist alles bestens mein Junge, nur…“ Sophie seufzte laut auf und fuhr dann mit ihrem Satz weiter „..General de Jarjayes ist seit Wochen nicht sonderlich gut gelaunt. Ich hoffe er wird Lady Oscar nicht zu streng behandeln wenn sie wieder von ihrer Reise zurück ist.“ „Denkt ihr das Oscar eines Tages zurückkehrt?“ Sophies Inneres ließ sie über Andrés Worte erschaudern. Doch ihr Enkel schien dies ernst zumeinen, er senkte traurig den Blick und sprach beinahe flehend weiter. „Sagt doch etwas Großmutter…. oder glaubt ihr sie ist vielleicht nicht mehr am Leben?“ „Was redest du denn da? Lady Oscar wird sich schon zu verteidigen wissen, sie ist schließlich eine kluge und starke Frau, sie weiß sich…“ Die letzten Worte stotterte Sophie nur noch langsam vor sich her, sie blickte auf André der nun seine Hände zu Fäusten geballt hatte. Zum ersten Mal erkannte Sophie wie wichtig Oscar für André war, an diesem Abend konnte er seine Gefühle nicht länger vor allen verstecken, André ließ seinem Schmerz freien Lauf. Vor General de Jarjayes hätte er nie seine Gefühle gegenüber Oscar zu erkennen geben können, doch nun stand nicht der General vor ihm, sondern seine Großmutter, die seit dem Tod seiner Eltern wie eine Mutter für ihn war. Bei ihr konnte er sich ausweinen, sie würde seinen Schmerz verstehen. Erst jetzt sah sie die Tränen, die seine Wangen hinabrollten. André weinte doch nicht! Sie hatte ihn noch nie weinen sehen, außer als er noch ein kleiner Junge war und die eine oder andere Schramme davontrug. Sie hatte André immer für einen starken und tapferen Jungen gehalten. Als sie jetzt in sein Gesicht blickte, erkannte sie, wie sehr sie sich geirrt hatte. „Du liebst sie wirklich sehr, nicht wahr mein Junge?“ André nickte stumm, wischte sich die Tränen vom Gesicht und setzte sich dann auf einen Stuhl. „Ja Großmutter, sie bedeutet mir alles, nur leider beruht diese Liebe nicht auf Gegenseitigkeit.“ Sophie war über seine Aussage überrascht. „Und ich dachte immer Lady Oscar hat sich in dich verguckt, wie lächerlich von mir, so etwas zu glauben.“ Die alte Dame begann zu lachen. „Ach verzeih André, aber es ist nun mal unvorstellbar.“ „Ich verstehe was ihr meint, aber wie kommt ihr darauf das sich Oscar in mich verguckt haben sollte?“ Nun ging das Kindermädchen nachdenklich im Raum auf und ab und begann dann zu erzählen. „Deine Großmutter ist ganz gewiss nicht blind, kurz bevor Oscar diese Reise angetreten hat war sie oft tief in Gedanken versunken, ich musste ihr mehrmals irgendwelche Dinge mitteilen bis sie es endlich im Kopf behielt. Auch hat sie von dem Essen das ich ihr täglich zubereitet habe nicht mehr all zu viel gegessen, dauernd hat sie dich beobachtet, wenn du gerade nicht hingeschaut hast, ach, es gibt noch weitere Dinge die ich dir erzählen könnte, aber das ist nicht von Nöten.
 

Das ist alles nur lächerlich von mir, so etwas zu glauben.“ Diese Worte gaben André wieder neue Hoffnung, er hoffte insgemein, das es tatsächlich so war.

„Schließlich ist Lady Oscar eine Adlige, sie würde niemals den Sohn eines Zimmermanns heiraten.“ Diese Worte holten André allerdings wieder auf den Boden der Tatsache zurück, seine Großmutter hatte recht, Oscar würde ihn bestimmt nie heiraten, ihr Vater wäre dagegen und er war ein normal bürgerlicher ohne Titel und Rang. „Graf Girodel hat den Auftrag erhalten Lady Oscar zusuchen, General de Jarjayes hat wegen der langen Abwesenheit von Oscar auf dem Hofe Schwierigkeiten bekommen.“ Fügte die alte Dame noch rasch hinzu und zog es dann vor ins Bett zugehen.
 

André spürte wieder die Regentropfen auf seinem Gesicht.

„Es ist schon verrückt, wir teilen denselben Himmel, sind aber meilenweit entfernt voneinander.“ Alain sah seinen Freund bemitleidend an. Er wollte irgendetwas sagen um André aufzuheitern, doch er wusste beim besten Willen nicht was. Hatte er doch erst noch gedacht das es André inzwischen besser ging, zumindest fand er, das es die letzten paar Wochen so gewesen war, er hatte ihren Namen nicht ein einziges Mal ausgesprochen, der junge Freund dachte bereits das er sie endlich vergessen hat. Alain klopfte ihm auf die Schultern. André merkte es kaum. Er war im Moment unfähig zu begreifen. Vor allem war er unfähig, es zu fühlen. Da waren einzig die Gedanken an Oscar und mit ihnen das dunkle, abgrundtiefe Loch, das ihr Verschwinden in ihm hinterlassen hatte. André schüttelte wortlos den Kopf und merkte, dass er Alain nur verschwommen sah, er hatte eindeutig zu viel getrunken. „Lass uns nach Hause gehen.“ Forderte sein Freund ihn nach einigen Sekunden auf, dieser nickte nur knapp und die beiden Männer gingen ihren Weg.
 

Als Oscar die Augen öffnete, erkannte sie nur leicht verschwommen einen Kronleuchter an der Decke, welcher den ganzen Raum mit Licht überflutete. Sie empfand das schimmernde Licht als unangenehm. Sie richtete sich auf und hörte Stimmen. Wo war sie? Langsam dämmerte ihr, wo sie war und was los war. Sie suchte auf dem Boden herum, aber ihre Schuhe blieben unauffindbar. Bei ihr drehte sich alles. Sie sah ihr Gesicht in einem Spiegel, der neben dem Schrank stand, sie sah schrecklich aus. Sie ließ sich wieder fallen und starrte in die Decke. So konnte es nicht weiter gehen, das wusste sie. Solange sie diesem Mann dem sie längst ihr Herz geschenkt hatte nicht ihre Liebe gestehen würde, solange konnte sie ihn auch nicht vergessen. „Ach André…“ murmelte sie vor sich her und vergrub sich noch tiefer im Kissen. Allmählich fing sie an zu zittern und sie wünschte sich André wäre hier. Eine Träne fand schließlich den Weg über ihre rechte Wange. In dem Moment stürmte auch schon Graf von Fersen in ihr Zimmer. „Lady Oscar, ihr seit wieder bei Bewusstsein, Gott sei dank!“ Schnell wischte sich Oscar mit dem Ärmel ihres Hemdes die Träne auf ihrer Wange weg. „Ich muss mich bei euch für mein Benehmen entschuldigen.“ Sprach er ruhig weiter und setzte sich auf einen Stuhl neben ihrem Bett. Doch Oscar schien ihn wie Luft zu behandeln, sie ignorierte ihn vollkommen. „Ich bitte euch Lady Oscar, ich wollte euch doch nur helfen. Ihr seht so zerbrechlich aus, eure Gesichtsfarbe ist noch immer…..“ Ihre Augen wanderten langsam von seinem Gesicht weg. „Ich möchte nichts mehr davon hören!“ Ihre Augen funkelten vor Wut bei diesen Worten.

„Ich werde mich heute auf den Weg nach Hause begeben, ich bin schon viel zu lange von zu Hause fort.“ Der Graf regte sich furchtbar über ihre Worte auf. „Ihr wollt in diesem Zustand noch heute Schweden verlassen?“ Graf von Fersen war außer sich, er erhob sich rasch vom Stuhl und versuchte Oscar von dieser Sache abzubringen. „Ihr seid die ganze Nacht bewusstlos gewesen der Arzt hat euch strickte Bettruhe verordnet, es tut mir leid, aber ich kann euch unmöglich in diesem Zustand gehen lassen!“ Vielleicht hatte er recht, aber sie hatte seid ihres Zusammenbruches das ungemeine Bedürfnis endlich André wieder zu sehen. Sie vermisste ihn noch mehr als je zuvor. Sie wäre sowieso viel zu schwach gewesen um sich jetzt zu währen, es blieb ihr also nichts anderes übrig als vorerst im Bett zubleiben.
 

Es vergingen Minuten, sogar Stunden, noch immer hatte Graf von Fersen ihr Zimmer nicht verlassen. Endlich ging nach weiteren zehn Minuten die Tür, und ein Dienstmädchen kam aufgebracht herein gestürmt. „Entschuldigt, dass ich euch störe, es ist soeben hoher Besuch für euch eingetroffen Graf von Fersen!“

Oscar war sogleich wieder hellhörig und hoffte, dass von Fersen nun endlich das Zimmer verlassen würde, und tatsächlich tat er das. Der Gedanke Oscar alleine zurück zulassen ließ Graf von Fersen keine Ruhe und er wusste auch genau warum. Als er später zurück kam war das Bett in dem sie gelegen hatte leer, ihre Kleidung war nicht mehr im Schrank vorzufinden. „Verdammt!“ fluchte Hans Axel von Fersen vor sich her, während er wütend gegen einen Stuhl trat. Wie konnte er nur so dumm sein, er kannte in solchen Situationen Lady Oscar nur zu gut, aber trotzdem war er so dumm gewesen und ließ sie unbeobachtet im Zimmer zurück. Gewiss wollte sie nach Hause zurück, doch sie hatte schon einen Vorsprung von fast zwei Stunden, es war ihm unmöglich diesen aufzuholen. Er hoffte Instinkt, dass ihr auf dem Weg nach Frankreich nichts zustößt.

10. Kapitel
 

In Paris war heute ein warmer Frühlingstag angebrochen, gerade zu perfekt um einen Ausritt zumachen, dachte sich André. Er sattelte sein Pferd und ritt der aufgehenden Sonne entgegen, eine frische Morgenbrise wehte ihm ins Gesicht. André fühlte sich seit langem wieder glücklich. Der braune Hengst schien an diesem Tag etwas unruhig zu sein, André hatte große Mühe ihn ruhig zuhalten. Plötzlich blieb er ruckartig stehen und spitzte die Ohren, er schien etwas entdeckt zuhaben. Sein Blick schweifte herum, er schnaubte einmal, senkte den Kopf und scharrte auf dem Boden. „Was ist den mein guter?“ Flüsterte ihm André beruhigend zu. Ein Fuchs stand nun plötzlich auf einem Hügel, nicht weit entfernt von ihnen. Nun wurde der braune Hengst immer unruhiger, der Fuchs schien ihm Angst zumachen. Einige Sekunden später spitzte der Fuchs auf einmal seine Ohren, er schien etwas aus weiter Ferne wahr zunehmen, auch André konnte es nun hören, es war das Geräusch von Pferdehufen die immer näher kamen. „André mein Junge!“ André traute seinen Ohren nicht als er diese tiefe Stimme vernahm, er beobachtete, wie der Fuchs sich nun blitzartig aus dem Staub machte. Er war es wirklich, Oscars Vater stand auf seinem Hengst vor ihm, man sah ihm nicht an das er seine Tochter vor Monaten in gewissermaßen verloren hatte. Sein Gesicht war gekennzeichnet mit einem Lächeln. „Hier in Paris erzählt man sich ja einiges über dich, wieso hast du den nicht gesagt das deine Farm einfach ausgezeichnet läuft?“ André war überrascht das der General sich um sein Wohl sorgte. „Ich…?“ Der junge Mann wollte gerade ein paar Worte sagen als ihm der General unhöflich dazwischen sprach. „Nicht so bescheiden André, hier in der Umgebung erzählt man sich sowas auf der Strasse. Aber mal von dem abgesehen, ich habe dich ja lange Zeit nicht gesehen, wie geht es dir?“ Der Junge stand starr da. „Verzeiht General, aber ich muss jetzt weg!“ Wie der Wind ritt André davon. Keine Sekunde länger konnte er es ertragen General de Jarjayes zusehen, auch er erinnerte ihn an seine Oscar.
 

André blieb jedoch stehen als er einen Boten von General de Jarjayes kommen sah. Er ritt in höchster Eile daher und schien es nicht abwarten zu können endlich bei seinem Herrn zu sein um ihm Bericht zu erstatten. „General de Jarjayes, ich habe eine wichtige Botschaft für sie!“ schrie der Bote dem General bereits Meter weit entfernt entgegen. Rasch versteckte sich André samt Pferd hinter ein paar Büschen und fing an zu lauschen was die beiden Männer zu besprechen hatten. „Frédérik, was führt euch zu mir?“ „Ein Bote des Grafen Hans Axel von Fersen hatte so eben euer Anwesen aufgesucht und nach euch verlangt. Er bestand darauf das ich euch sofort Bericht erstatte!“ Frédérik rang kurz nach Luft und sprach dann aufgeregt weiter. „Der Graf lässt euch ausrichten, dass eure Tochter Oscar sich bei ihm aufhält, angeblich ist sie zusammengebrochen.“ Auf dem Gesicht des Generals lag ein Ausdruck der Freude, aber auch Wut war zu erkennen. Er war wütend darüber wie sich seine Tochter verhielt, sie entzog sich einfach ihren Pflichten wie es ihr gerade passte. André konnte von da an kein Wort mehr verstehen, da der Bote zu leise sprach und auch General de Jarjayes war ruhiger geworden. Es kümmerte ihn jedoch kein bisschen mehr, viel mehr war er damit beschäftigt, sich zufragen was Oscar bei Fersen wollte.
 

Der General hatte ohne es zu wissen André den Tag gehörig verdorben. André war verwirrt, da begegnet ihm General de Jarjayes und dann erfährt er aus heiterem Himmel auch noch das Oscar sich bei Fersen aufhält, das alles war eindeutig zu viel für ihn, der Tag hatte doch so gut angefangen. Wutentbrannt ritt er nach Hause, auf seinem Gesicht kennzeichneten sich deutliche Spuren des Schmerzes. Kurz blieb er vor dem Kieselweg der zu seiner Farm führte stehen und betrachtete sie von links nach rechts noch einmal genaustens, dabei fragte er sich wieso er das eigentlich alles gebaut hatte. Wütend und voller Hast stürmte er ins Haus, er polterte von Zimmer zu Zimmer, fluchte und warf krachend Möbel um. Laut brüllte er dabei Fersens Namen. Seine knarrenden Schritte erreichten die Küche, seine Hände ballten sich krampfhaft zu Fäusten, und sein Herz trommelte wild. Ruckartig riss er die Kellertür auf, krachend knallte sie gegen die Wand. Er streckte die Hand aus und zog an einer Lichtschnur, die Glühbirne ging an und tauchte das tiefe schwarz des Kellers in helles Licht. Seine Schritte gingen geradewegs an den Regalen mit den Fäsern vorbei, auf die hinterste Ecke des Kellers zu. Dort griff er nach seinem Degen, er musste an irgendetwas die Wut die er innerlich empfand loswerden, er hielt dem Druck nicht mehr stand. Doch als er den Degen in seinen Händen hielt, viel er schluchzend auf die Knie. Eine Träne der Verzweiflung rann über sein Gesicht und tropfte auf den harten Steinboden. André wusste nur all zu gut, dass Oscar für Fersen etwas empfand, war sie deswegen zu ihm gegangen? Dabei dachte er, dass sie ihn vergessen hatte, als sie sich damals in ein Kleid geschmissen hatte und mit ihm tanzte. An diesem Morgen brach für André eine Welt zusammen. Traurig wurde ihm bewusst, dass all das was er erbaut hatte, umsonst war.
 

Andrè sprang mit einem Satz auf, nahm Oscars Hand und lief mit ihr ein ganzes Stück der Waldlichtung entlang. Überrascht fragte sich Oscar was er vor hatte, er hielt den ganzen Weg über ihre Hand. Es war so, als hätte er Angst sie in der Dunkelheit zu verlieren. Andrè führte sie auf einen kleinen Hügel mit Blick aufs Meer. Der Mond stand am Himmel und leuchtete wie Silber, und sein Licht versilberte alles um sie herum. Es war eine wunderschöne Vollmondnacht. Oscar stockte kurz, sie hatte ein Grab entdeckt das einige Meter von ihnen entfernt war, sie deutete mit ihrem Zeigefinger auf das Grab. Andrè nickte. Oscar bemerkte wie sein Händedruck langsam nachgab, bis er schließlich die ganze Hand von ihr los ließ. Sie nahm allen Mut zusammen und ging auf ihn zu, legte sanft ihren Arm auf seine rechte Schulter und wollte etwas sagen, aber sie konnte nicht. Ihre Gefühle spielten verrückt, ihr ganzer Körper zitterte und drohte zu explodieren als sie sah was für ein Name auf dem Grab stand, es war Andrés Name. Ganz langsam legte sie auch die zweite Hand auf seine Schulter, ein entsetzlicher Schauer lief ihr den Rücken hinunter als sie noch einmal genauer auf den Grabstein blickte. War dieser Stein eine Vorahnung für etwas das bald geschehen würde? Ein leichter Wind zog auf und spielte mit ihrem Haar. Es herrschte Stille, es schien so, als würde jeder der beiden darauf warten bis der andere etwas sagte. Still und leise fragte sie sich, wieso sie noch da stand, wieso ist sie nicht einfach davon gelaufen? Wieso tat sie sich diesen Schmerz bloß an? Oscar kam es so vor als herrschte diese Stille für eine ganze Ewigkeit. Noch einmal sah sie zu Andrè hinüber, der jetzt mit dem Rücken zu ihr stand und in den Himmel hinauf starrte. Langsam schien er sich in Luft aufzulösen. Oscar wandte ihren Blick von ihm ab nachdem er vollkommen verschwunden war, danach ging sie still und leise. All den Schmerz den sie nun empfand musste raus, während sie weinend, in der Finsternis über die Felder rannte, viel sie plötzlich in ein tiefes schwarzes Loch.

Oscar schreckte auf und fand sich auf einem harten hölzernen Fußboden wieder.

Sie versuchte, sich zu orientieren, konnte es aber nicht. Ihr Gefühl sagte ihr, das es wohl früher Nachmittag sein musste. Licht sickerte durch die geschlossenen Vorhänge, im Zimmer stank es muffig nach alten Socken und lange nicht gewechselter Bettwäsche, in diesem Gasthof schien Sauberkeit ein Fremdwort zu sein. Sie spürte ein grauenhaftes Schluchzen in ihrem Hals, ganz tief in sich. Völlig verschwitzt und kraftlos versuchte sie sich aufzurichten. Sie war vollkommen nackt. Kurz darauf strauchelte sie, stürzte zu Boden und rappelte sich erneut hoch. Dann schwankte sie zu den Vorhängen um sie zu öffnen. Sie sah auf die Kirchenuhr, die draußen nicht weit entfernt zu sehen war, ihr Gefühl hatte sie nicht getäuscht, es war kurz nach halb zwei Nachmittags. Sie lief langsam zurück zum Bett und wickelte sich zitternd in der Decke ein. Langsam erinnerte sie sich wieder daran wo sie war. Sie hatte am Vorabend einen Gasthof aufgesucht um zu übernachten. Sie fühlte sich furchtbar elend und konnte noch immer den Traum nicht aus ihrem Kopf verbannen der sie diese Nacht plagte. Sie seufzte. Langsam erinnerte sie sich immer mehr an den letzten Abend, sie hatte sich mit einigen Männern aus der Gegend voll laufen lassen um den Schmerz den sie tief in sich spürte zu vergessen. Der Weg zu ihm schien ihr noch so unendlich lange. Noch einmal seufzte sie schwer und strich sich mit einer Hand eine Haarsträhne hinter das rechte Ohr. Es war höchste Zeit aufzubrechen, also zog sich Oscar an, nackt konnte sie ja unmöglich dieses Zimmer verlassen.
 

Oscar befand sich kurz vor Belgien sie hatte gerade mal knapp die Hälfte des langen Weges hinter sich. Wieder einmal ließ die junge Dame das Frühstück aus um rasch voran zukommen, doch ihr Magen meldete sich schon nach kurzer Zeit zu Wort. Sie wusste, dass es ungesund war was sie tat, aber sie hatte nicht wirklich Appetit. Sie fühlte, dass sie von Tag zu Tag schwächer wurde, doch der Gedanke an André gab ihr immer wieder Kraft weiter zu gehen. Ihre Gedanken kreisten sich ganz alleine um André und was er wohl gerade machte. Er war jetzt bestimmt in den Stallungen und pflegte die Pferde, so wie immer. Sie ahnte nicht das es längst nicht mehr so war, das ihr Freund aus Kindertagen längst aus dem Hause der Jarjayes ausgezogen war. Ahnungslos ging sie weiter ihren Weg.

Der Weg führte sie vorbei an bunten Feldern, mit den verschiedensten Arten von Blumen, die einen angenehmen Duft hatten. Vorbei an kleinen Bäumen und Flüssen in denen munter Forellen herum schwammen. An einer kleinen, lustig sprudelten Quelle machte sie kurz halt, um ihr Gesicht ein wenig zu kühlen, Oscar spürte, den Wind auf ihrem Gesicht. Sie fühlte sich so frei wie schon lange nicht mehr, den Wind in ihrem Gesicht zu fühlen einfach wieder einmal frei zu sein, ohne Verpflichtungen, ohne Verantwortung.



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Kommentare zu dieser Fanfic (30)
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Von:  Saavik1701
2016-07-29T03:45:48+00:00 29.07.2016 05:45
Eine echt tolle FF!
Mir gefällt Dein Stil wirklich gut, man kann problemlos eintauchen und mit fühlen und -leiden!

Hier und da sind zwar klitzekleine Logikfehler wie zB eine Glühbirne in Andrés Keller - die gab es vereinzelt erst über 50 Jahre nach dem Sturm auf die Bastille und damit eher unwahrscheinlich auf einem Bauernhof oder eine Dusche, die wurde erst im folgenden Jhd in Kasernen eingeführt und erst danach begannen sie ihren Siegeszug in private Haushalte. - Aber das ist wirklich "Meckern" auf hohem Niveau! *lach*

Doch - einen Kritikpunkt hab ich noch: an dieser Stelle aufzuhören ist FOLTER!!!

Ja, es sind seit dem letzten Update 8 Jahre vergangen, aber bitte bitte, lass uns nicht im Ungewissen, die Beiden haben so lange auf sich gewartet da müssen sie sich doch nun auch finden dürfen! Schreib doch diese tolle Geschichte weiter, Biiitttttteee! :D

LG, Nicky
Von:  stefanie22
2008-09-07T23:55:51+00:00 08.09.2008 01:55
hi ich wollte fragen wann es weiter geht ich finde deine geschichte woll spannent oder geht es nicht mehr weiter ? weil ich will gerne wissen ob oscar jetzt andre ihre liebe gesteht und ihm dann auch sagt das sie deswegen gehen musste

lg stefanie
Von:  Yvaine
2008-06-15T09:00:06+00:00 15.06.2008 11:00
Kommt da noch was? Du kannst doch jetzt nicht einfach so mittdrin aufhören? Ich will wissen wie´s weitergeht? Das ist wie bei einem spannenden Film den man sich anschaut aber nie das Ende erfährt! Bitte schreib weiter!
Von: abgemeldet
2008-05-27T19:07:57+00:00 27.05.2008 21:07
und wo bleibt der rest ??? man kan doch jetzt nicht einfach aufhören
Von: abgemeldet
2008-04-12T17:22:51+00:00 12.04.2008 19:22
oh bitte bitte schreib weiter. deine FF ist so schön und spannend und gut dass ich es kaum aushalte ohne zu wissen wie es weiter geht. ich freu mich schon so auf die fortsetzung die hoffentlich nicht all zu lang auf siech warten lässt.
hoffend...

glg ;-)
Von:  MuadDib
2008-04-03T19:30:24+00:00 03.04.2008 21:30
hooo! wieso gibt es hier nicht das 11 kapitel?! wo bleibts denn?
voll schadem, jetz wos so spannend is :(
mach bitte schnell weiter. ich will wissen was andré vor hat und wann oscar entlich bei ihm ankommt! T_T
Von:  jesaku
2008-01-07T20:29:48+00:00 07.01.2008 21:29
genau wann gehts weiter?
Von: abgemeldet
2007-09-04T14:07:37+00:00 04.09.2007 16:07
Wann geht es denn weiter? Würde so gern wissen, wie es aus geht! :( Hoffe du schreibst noch was! :)
Von:  jesaku
2007-05-04T15:24:00+00:00 04.05.2007 17:24
wann kommt denn das nächste Kapitel?
Von:  jesaku
2007-04-15T10:32:58+00:00 15.04.2007 12:32
endlich gehts weiter, danke


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