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24 hours

Which one of us is gay?
von

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Hello, Dears!

Einen wunderschönen, guten Morgen allerseits! Hier also schon wieder was neues von mir. Die Idee hat mich einfach so überfallen und nicht mehr losgelassen, da musste ich sie einfach aufschreiben, so bescheuert sie auch ist.^^

Jetzt will ich wieder erst mal schauen, wie sie ankommt. Viel Vergnügen mit 24 hours!^^
 

Müde öffnete Kai die Türe und trat in sein Hotelzimmer. Das Konzert hatte ihn doch ziemlich geschafft und er freute sich schon auf eine ausgiebige, erfrischende Dusche. Er gähnte verhalten, zog sich sein Shhirt über den Kopf und ließ es achtlos zu Boden fallen. Dann machte er das Licht an und ging ein paar Schritte weiter in sein ‚Wohnzimmer‘ hinein. Zufrieden betrachtete er sich in einem großen Wandspiegel, der die Nordseite des Raumes fast vollständig bedeckte. So fertig wie er sich fühlte, sah er gar nicht aus... Anerkennend und ein bisschen selbstverliebt strich er mit der Hand über seine straffe Bauchmuskulatur und tätschelte sie sanft. Da steckte nicht wenig Arbeit drin! Und er war dementsprechend auch verdammt stolz auf seinen Körper.

Er unterdrückte mühsam ein weiteres Gähnen und wuschelte sich kurz durch die Haare. Schon wollte er sich wegdrehen und im Bad verschwinden, da fiel ihm auf, dass ein kleiner Zettel am oberen Rand des Spiegels klebte, der zuvor noch nicht da gewesen war. Irritiert löste er ihn von der kalten, glatten Fläche, um ihn genauer zu betrachten. Es war ein stinknormales, gelbes Post-it. Was in großen, lateinischen Druckbuchstaben darauf geschrieben stand bewegte sich allerdings ganz und gar nicht mehr im Bereich des normalen.

Er las die Nachricht ein Mal, zwei Mal, drei Mal. Und jedesmal wurde seine Gesichtsfarbe ein bisschen blasser. Das war doch ein schlechter Scherz!

Wie von der Tarantel gestochen rannte er aus seinem Zimmer, ohne auch nur die Türe hinter sich zu schließen oder sein T-Shirt wieder überzuziehen, und klopfte der Reihe nach an den Zimmern seiner Bandkollegen, die glücklicherweise alle unmittelbar benachbart lagen.

„Ruki! Reita! Aoi! Uruha!“, brüllte er, unfähig das nervöse Zittern aus seiner Stimme zu verbannen. „Kommt sofort in mein Zimmer! Es ist wichtig!“

Sekundenlang regte sich nichts. Dann öffneten sich fast zeitgleich drei Türen und Kai sah sich mit vier fragenden Gesichtern konfrontiert.

„Was gibt’s denn?“, erkundigte sich Ruki neugierig. Der kleine, blonde Sänger war allem Anschein nach schon halb auf dem Weg ins Bett gewesen, denn er trug nichts weiter als ein Paar karierte Shorts und ein übergroßes Band-Shirt, das ihn als überzeugten Fan seiner selbst auswies und seine blonde Wuschelfrisur wirkte sehr viel chaotischer, als er es normalerweise beabsichtigte.

„Kommt erst mal mit!“, befahl Kai und bedeutete seinen Freunden, ihm in sein Zimmer zu folgen. Erstaunlicherweise gehorchten sie widerspruchslos. Kai bezweifelte allerdings, dass es allein seine ernste bis finstere Miene war, die sie so zahm hatte werden lassen. Er vermutete viel eher, dass es an der inzwischen schon recht weit fortgeschrittenen Uhrzeit und der Tatsache, dass sie gerade erst ein anstrengendes Live hinter sich gebracht hatten, lag.

Kaum hatte Ruki das Zimmer betreten, da ließ er sich auch schon auf das große, schwarze Ledersofa fallen, kuschelte sich an ein Kissen und schloss genießerisch die Augen. Nicht, dass es ihn nicht interessierte, was Kai zu sagen hatte, doch er fühlte sich so müde und ausgelaugt, dass er sich kaum mehr auf den Beinen halten konnte.

Reita war das selbstverständlich nicht entgangen und er konnte einfach nicht widerstehen, Ruki an den Fußknöcheln zu packen und mit Schwung halb vom Sofa zu befördern, sodass er genügend Platz hatte, sich neben ihn fallen zu lassen und ihm einen sanften Klaps auf den Hinterkopf zu geben. Zu seiner großen Enttäuschung ging ihm der Sänger allerdings nicht an den Kragen. Er beschwerte sich nicht einmal großartig, gab nur ein leises Grummeln von sich.

Enttäuscht sah der Bassist zu Aoi auf. Der Gitarrist trug ebenso wie er selbst noch Straßenkleidung. Sie hatten sich mit voller Absicht noch nicht umgezogen, da sie vorgehabt hatten, der hoteleigenen Bar noch einen kleinen Besuch abzustatten. So wie sie es immer taten, wenn sie sich während einer Tour ein Zimmer teilen mussten. Doch daraus würde jetzt wohl nichts mehr werden...

Rukitechnisch wusste Aoi ebenfalls keinen Rat. Und so setzte er sich kurzerhand auf einen Sessel direkt gegenüber des Sofas. Uruha nahm unmittelbar neben ihm Platz. Nur Kai zog es vor, stehenzubleiben. Ihm war jetzt beim besten Willen nicht nach Gemütlichkeit zumute. Dieser Zettel... Er brannte ihm wie Feuer unter den Fingern.

„Also, was ist jetzt?“, erkundigte sich Uruha wenig begeistert. „Ich bin totmüde. Wenn du nicht in den nächsten drei Sekunden mit deiner ach so wichtigen Neuigkeit rausrückst, geh ich ins Bett.“

„Damit würdest du dir keinen Gefallen tun, glaub mir“, erwiderte Kai und musterte den Leadgitarristen streng. Dann hielt er das Post-it in die Höhe und schwenkte es demonstrativ hin und her. „Das hier hat vorhin hier am Spiegel geklebt. Und ich hab keine Ahnung, wer es da hingehängt haben könnte.“

„Ja und?“, fragte Aoi verständnislos. „Vielleicht war’s der Zimmerservice. So ein Post-it ist ja noch lange kein Weltuntergang...“

„Der Zimmerservice? Ich weiß ja nicht. Glaubst du, der Zimmerservice würde sowas an meinen Spiegel kleben?“ Kai zog skeptisch eine Augenbraue hoch. Dann räusperte er sich kurz und begann zu lesen:
 

„Hello, Dears. I know one of you is gay. I got prove. Find out who it is, you got 24 hours. If you do not know up till tomorrow evening 7 o’clock and write the name onto the mirror, I’m gonna tell the newspaper. Trust me, you don’t want me to do that. Warning: explicit content!

- a lover“

Opening

Hallöchen!

Ich bin erfreut über so reges Interesse!^^ Da schreib ich doch glatt trotz bevorstehender Präsentationsprüfung das zweite Kapitel. Ist leider nochmal ein recht kurzes, aber das wird sich mit dem nächsten ändern, versprochen.

So wild sind die Beschuldigungen ja auch noch nicht. Aber das wird noch. 24 Stunden auf so engem Raum sind schließlich kein Zuckerschlecken, und dann auch noch unter diesen Umständen...^^

Viel Vergnügen beim Lesen!
 

„Hello, Dears. I know one of you is gay. I got prove. Find out who it is, you got 24 hours. If you do not know up till tomorrow evening 7 o’clock and write the name onto the mirror, I’m gonna tell the newspaper. Trust me, you don’t want me to do that. Warning: explicit content!

- a lover“
 

Als Kai geendet hatte, herrschte drückende Stille. Keiner der fünf wagte, sich zu rühren, doch ihre Blicke schweiften rastlos durch den Raum. Sogar Ruki war jetzt wieder hellwach. Er hatte die Beine angezogen und schützend an den Körper gepresst, war ein gutes Stück von Reita weggerutscht und kuschelte sich nur noch tiefer in sein Kissen. Seine Gedanken waren vollkommen aus der Fassung geraten und schwirrten wirr und chaotisch in seinem Kopf umher. Was hatte das zu bedeuten? War das wirklich ernst zu nehmen? Das konnte doch eigentlich nur ein dummer Scherz sein. Vielleicht sollten sie diesem Zettel lieber nicht zuviel Bedeutung beimessen. Es kam schließlich häufiger vor, dass ein Fan auf dumme Gedanken kam...

Aber die Nachricht klang so gar nicht nach Scherz. Und Kai hatte wirklich besorgt ausgesehen. Außerdem gab es bestimmt angenehmeres für die Band, als in der Zeitung etwas zu ausführliche Berichte über das Liebesleben eines Members zu lesen. Automatisch, wie um sich noch einmal vom Ernst der Sache zu überzeugen, wanderte sein Blick zu Kai und er stockte. Seine Augen weiteten sich erschrocken, sein Mund wurde trocken und seine Hände begannen leicht zu zittern, und trotzdem war er aus irgendeinem seltsamen Grund nicht in der Lage wegzusehen.

Warum stand Kai oben ohne mitten im Zimmer? Und – viel wichtiger – warum störte ihn das plötzlich? Vor ein paar Minuten war es ihm nicht einmal aufgefallen!

Naja, man musste schon zugeben, dass er nicht schlecht gebaut war. Kein Skelett, aber auch nicht zu extrem muskulös. Und seine Haut war blass und rein wie Porzellan, sein Haar schwarz wie Ebenholz und... Augenblick! Was sollte das denn werden?! Eine schlechte Nacherzählung von Schneewittchen? Das durfte doch nicht war sein! Kai war ein Mann, ebenso wie er selbst. Da gab es nichts zu sehen. Ruki wollte endlich aufhören zu starren. Aber er konnte einfach nicht, so sehr er sich auch bemühte.
 

„Sorry, Kai“, meldete sich schließlich Reita zu Wort. „Steht das da wirklich oder verarscht du uns?“, erkundigte er sich und musterte den Leader skeptisch. Anscheinend hatte er die Nachricht besser aufgenommen als seine Bandkollegen, denn immerhin zeigte er kaum Anzeichen abnormalen Verhaltens, das auf einen Schock zurückzuführen sein könnte. Nur ein verräterisch ungläubiges Glitzern in seinen Augen verriet, dass er das Ausmaß der Situation begriffen hatte, wenn es für ihn auch nicht den Weltuntergang zu bedeuten schien.

„Ja, das steht da!“, erwiderte Kai wenig geduldig. „Willst du dich selbst davon überzeugen?“

Die Aufforderung war nicht ernst gemeint, doch das hinderte den Bassisten nicht daran, Kai das Post-it aus der Hand zu reißen und mit ernster Miene noch ganze drei Mal auf das genaueste zu scannen, als würde die Schrift verblassen oder spontan einen anderen Sinn ergeben, wenn er sie nur lange genug anstarrte. Dann schüttelte er betreten den Kopf. „Du hast recht. Das steht da wirklich.“

„Und was jetzt?“, fragte Uruha, der noch etwas tiefer in seinen Sessel gesunken war und auf einmal unglaublich verloren wirkte.

„Ja“, pflichtete Aoi bei. „Was sollen wir jetzt tun? Wir können die Sache ja schlecht auf sich beruhen lassen...“

„Das werden wir auch nicht“, bestimmte Kai und in seinen Augen spiegelte sich eine Entschlossenheit, die jeden Widerspruch schon im Keim erstickte. „Ich hab keine Lust in den nächsten paar Tagen eine Schlammschlacht in den Medien zu erleben, wie wir sie noch nicht gesehen haben. Fanservice ist ja ganz nett, aber das hier geht eindeutig zu weit. Und deshalb gebe ich euch jetzt genau eine Chance, ehrlich zu sein: Wer von euch ist damit gemeint?“

Schweigen.

Keiner regte sich.

Minuten verstrichen, bevor Kai resigniert aufseufzte und sich auf den Boden sinken ließ.

„Gut, dann müssen wir es eben herausfinden“, meinte er und blickte streng in die Runde. „In den nächsten 24 Stunden wird kein einziger von euch diesen Raum verlassen. Wer weiß, dass er gemeint ist, wird auf diese Weise genügend Gelegenheit haben, es zuzugeben. Aber er wird keine Chance haben, es zu verheimlichen. Wir beobachten uns gegenseitig. Und es wird uns auffallen. Es muss einfach...“ Verzweifelt ließ er den Kopf sinken. Wenn er ehrlich war, gab es kaum eine Möglichkeit herauszufinden, auf wen die Nachricht Bezug nahm, wenn sich der Betreffende nicht meldete. Seine einzige Hoffnung war, dass sich die vier gegenseitig so sehr misstrauten, dass... Er hätte sich für den Gedanken schlagen können. Niemals hatte er gedacht, dass er sich je eine so schlechte Atmosphäre innerhalb der Band wünschen könnte... Aber was sollte er denn tun? Die Angelegenheit musste geklärt werden, bevor die Presse davon erfuhr, denn das könnte im schlimmsten Falle das Ende von Gazette bedeuten. Wer konnte schon sagen, was ‚explicit content‘ zu bedeuten hatte? Die Formulierung jagte ihm kalte Schauer über den Rücken...

Als er den Kopf wieder hob, bemerkte er, dass Reita ihn betrachtete. Anders als der Rest seiner Freunde schien er auch diese Entscheidung erstaunlich gelassen aufgenommen zu haben. „Was?“, fragte der Leader und klang dabei etwas barscher, als beabsichtigt. Der stechende Blick des Bassisten machte ihn nervös.

„Hey, Kai!“, meinte Reita, ohne eine Miene zu verziehen. „Wer sagt uns denn, dass damit nicht du gemeint bist?“

Wodka

Halli-hallöchen, liebe Leser! Na? Habt ihr unsere geliebten Chaoskinder vermisst? Das will ich doch schwer hoffen! Immerhin legen sie sich mit der Wahrheitsfindung wirklich mächtig ins Zeug. Über Mittel und Wege lässt sich bestimmt streiten, aber wenigstens nehmen sie ihr Schicksal mehr oder minder klaglos selbst in die Hand.

Viel Spaß beim Lesen!^^
 

„Was?“, fragte der Leader und klang dabei etwas barscher, als beabsichtigt. Der stechende Blick des Bassisten machte ihn nervös.

„Hey, Kai!“, meinte Reita, ohne eine Miene zu verziehen. „Wer sagt uns denn, dass damit nicht du gemeint bist?“
 

Es dauerte eine ganze Weile, bis Reitas Worte vollständig zu Kai durchgedrungen waren, dann jedoch verzog er gequält das Gesicht. Da hatte er sein Misstrauen. Wie bestellt. Allerdings musste er zugeben, dass er nicht im mindesten damit gerechnet hatte, dass sich dieses Misstrauen auch gegen ihn selbst richten würde. Und erst recht nicht so schnell. Warum hätte er seinen Freunden von dem Post-it erzählen sollen, wenn er selbst damit gemeint war? Hätte er in diesem Fall nicht viel eher versucht, die ganze Sache zu vertuschen?

Wenn er ehrlich war, war er sich selbst nicht hunderprozentig sicher, wie er gegebenenfalls reagiert hätte...

„Niemand“, erwiderte er schließlich äußerlich gelassen und schenkte Reita ein überlegenes Lächeln. „Ich kann euch leider nicht beweisen, dass ich es nicht bin. Entweder glaubt ihr mir oder nicht. Wenn nicht... Naja, das ist bestimmt das beste. Wir sitzen alle im selben Boot. Keiner von uns sollte über irgendeinen Verdacht erhaben sein.“

„Das ist schön gesagt“, meinte Reita. Seine Gesichtszüge blieben nach wie vor vollkommen neutral, sodass es schlicht unmöglich war, sie zu deuten. Kai fiel es mehr als schwer, dem Blick des Bassisten stand zu halten, doch er nahm all seine Willenskraft zusammen und zwang sich, die Augen nicht eine einzige Sekunde von seinem Gegenüber abzuwenden. Alles andere wäre einem Schuldeingeständnis gleichgekommen. „Allerdings“, fuhr Reita fort und strich sich betont langsam und ruhig die frisch blondierten Haare aus dem Gesicht, „ist mir immer noch nicht ganz klar, was du jetzt unternehmen willst. Du sperrst uns hier ein, du verlangst, dass wir uns gegenseitig bespitzeln... Kai, ich hoffe, dir ist klar, dass du unsere Freundschaft und unser Vertrauen zueinander auf eine harte Probe stellst.“

Irgendwie brachte Kai die Kraft auf, seinem Gegenüber fest, aber freundschaftlich die Hand auf die Schulter zu legen und ihm mit einem entschlossenen Nicken zu antworten. „Ich weiß. Aber uns bleibt keine Zeit.“ Eine kurze Weile sah er ihn eindringlich an, dann ließ er von ihm ab und trat ein paar Schritte zurück. „Ich werde dafür sorgen, dass wir uns alle ein bisschen wohler fühlen“, erklärte er. Dann zauberte er aus einem kleinen, blütenweiß gestrichenen Schränkchen eine Flasche echten, russischen Wodka hervor und schenkte jedem der fünf Bandmitglieder ein Glas ein. Pur, ohne jeden Zusatz. Ohne auf die skeptischen bis angewiderten Gesichter seiner Freunde zu achten, verteilte er die Gläser und erhob schließlich das seine. „Auf uns!“, rief er und trank es mit einem einzigen Zug leer.

Anerkennend nickte Reita ihm zu, erhob ebenfalls sein Glas und tat es seinem Leader gleich.

Auch Uruha und Aoi schienen erkannt zu haben, dass die Gläser in ihrer Hand weniger Einladung, als Aufforderung beinhalteten und leerten sie ohne erst lange zu zögern. Es hätte ohnehin keinen Sinn gehabt, sich zu weigern. Kai sah nicht aus, als würde er irgendeine Form von Widerspruch tolerieren. Nur Ruki tat sich etwas schwer mit dem Gedanken, ein ganzes Glas puren Wodka auf Ex zu trinken. Für einen Japaner war er recht trinkfest, das konnte er durchaus von sich behaupten, und doch hatte er kein gutes Gefühl bei der Sache. Kais Absicht war schließlich mehr als leicht zu durchschauen: Der Alkohol diente einzig und allein dem Zweck, die Zungen aller Anwesenden zu lockern und ihr Misstrauen schwinden zu lassen, was dem trinkfestesten von ihnen einen Vorteil verschaffte, der nicht zu leugnen war. Und Ruki wusste, dass er deutlich weniger vertrug, als Kai oder auch Reita. Uruha zeigte ebenfalls eine gewisse Alkoholgewöhnung und bei Aoi führte gesteigerter Alkoholkonsum eher zu einer geradezu bemerkenswerten Verschlossenheit, als dass er ihn in irgendeiner Form freizügig werden ließ.

Bei Ruki lag der Fall anders: Er kannte sich, er wusste, wie er sich benahm, wenn der Alkohol erst einmal Besitz von ihm ergriffen hatte. Es gab einen Punkt, von dem an seine Zunge ein wahrhaft faszinierendes Eigenleben entwickelte und die Worte schneller aus seinem Mund sprudelten, als er sie realisieren, geschweigedenn überdenken konnte. Und der Gedanke machte ihm Angst.

Klar, er fühlte sich von dem Post-it nicht direkt angesprochen, er wusste, dass er nichts getan hatte. Und dennoch... Er wollte nicht riskieren, zu labern wie ein Wasserfall, wenn er doch genau wusste, dass jedes einzelne seiner Worte auf die Goldwaage gelegt werden würde.

Feindselig funkelte er das Glas in seinen Händen an, bis er schließlich das widersinnige Gefühl bekam, es könnte zurückstarren. Der Alkohol war sein persönlicher Feind. Zumindest hier und jetzt.

Er bemerkte nicht, dass er beobachtet wurde, bis sich schließlich eine warme Hand unter sein Kinn schob, um seinen Kopf vorsichtig anzuheben. Vier Augenpaare musterten ihn erwartungsvoll und Ruki sog geräuschvoll die Luft ein, als er glaubte, einen ungewohnt kalten und erbarmungslosen Glanz in ihnen zu erkennen.

Langsam, beinahe bedrohlich löste sich die fremde Hand von seinem Kinn und legte sich warm und schwer auf seinen Hals. Aus einem gesunden Selbsterhaltungstrieb heraus riss er sich los. Sein Herzschlag hatte sich etwas beschleunigt und er konnte eine gewisse Nervosität nicht leugnen. Es dauerte einige Sekunden, bis er sich wieder beruhigt hatte und endlich registrierte, dass es Aoi gewesen war, der ihm den unerwünschten Körperkontakt aufgezwungen hatte.

„Kampai“, sagte der schwarzhaarige Gitarrist und hob mit einer so bestimmten Bewegung sein leeres Glas, um ihm zuzuprosten, dass er wusste, dass ihm keine andere Wahl blieb, als zu trinken.

Mit klammen Fingern führte der Sänger sein Glas an die Lippen und roch erst einmal vorsichtig daran. Dann atmete er noch einmal tief durch, kniff entschlossen die Augen zusammen und trank. Der Alkohol brannte in seiner Kehle und schmeckte widerlich nach Krankenhaus, doch er setzte das Glas nicht ab, bis er es vollständig geleert hatte.

Als er die Augen wieder aufschlug, musste er gegen ein kurzes, aber heftiges Schwindelgefühl ankämpfen, das ihn für einen kurzen Augenblick die Orientierung verlieren ließ. Na, das konnte ja heiter werden! Vielleicht war es aber auch gar keine so schlechte Idee, sich dermaßen die Kante zu geben, dass er sang und klanglos unter dem Tisch einschlief und diese verdammten 24 Stunden einfach verpennte. Drauf ankommen lassen wollte er es allerdings nicht...
 

Zufrieden betrachtete Kai seine vier Leidensgenossen. Brav, sehr brav. Anscheinend hatten alle eingesehen, dass es am klügsten war, nach seinen Regeln zu spielen. Selbst Reita machte keine Anstalten, ihm Einhalt zu gebieten. Vermutlich sah auch er keinen anderen Ausweg aus der verzwickten Lage, in der sie sich momentan befanden. Dennoch wunderte es ihn nicht wenig, dass sich der Bassist auf sein Vorhaben einließ und freiwillig ein bisschen Kontrolle über sich selbst aus der Hand gab. Das entsprach so gar nicht seinem sonstigen Verhaltensmuster...

Kurzentschlossen schob Kai den Gedanken beiseite und stellte sein Glas auf das Couchtischchen, um nachzuschenken. Für eine Runde würde die Flasche noch reichen, dann war der teure Martini an der Reihe, den er erst vor wenigen Stunden beim Zimmerservice bestellt hatte, in der Hoffnung, er würde ihm die nächsten paar Abende treu zur Seite stehen und die Tour versüßen. Jetzt war er die Karriereleiter glatt noch ein gutes Stück hinauf geklettert und mit einer sehr viel wichtigeren Mission betraut worden. Jetzt musste er die Tour RETTEN. Und nicht nur die Tour – nein, gleich die ganze Band und die zarten, freundschaftlichen Bande, die daran hingen.

Etwas erschrocken stellte Kai fest, dass seine Finger zitterten, als er die frisch gefüllten Gläser an seine Freunde verteilte. Und es war nicht allein der Wodka, der ihn so nervös werden ließ... „Auf die Wahrheit!“, brachte er erneut einen Trinkspruch aus und wieder leerte er sein Glas mit einem einzigen Zug. Und diesmal folgten alle anderen bereitwillig seinem Beispiel..

First steps

Uuund weiter geht's! 24 Stunden sind schließlich noch lange nicht vorbei und so nimmt das Chaos ungehindert seinen Lauf. Viel Spaß beim Lesen!^^
 

Auch der Martini überlebte nicht lange. Zwei Flaschen Hochprozentiges hatten gegen fünf Musiker, die sich vorsätzlich unter den Tisch saufen wollten nicht den Hauch einer Chance, und so war es bald an der Zeit, für Nachschub zu sorgen.

„Wollen wir uns nochmal ne Flasche Wodka besorgen, oder doch lieber Rum?“, fragte Kai erbarmungslos in die Runde. Seine Wangen hatten sich leicht gerötet, doch ansonsten wies nichts an seinem Äußeren oder an seinem Verhalten darauf hin, dass er gerade auf dem besten Wege war, den Auswirkungen des Alkohols zu erliegen.

Reita zeigte sich ähnlich standhaft. Ihm war zwar etwas schwindlig, doch davon ließ er sich nicht das geringste anmerken. Betont cool und gelassen lehnte er dem Leader gegenüber an der Wand und drehte spielerisch sein leeres Glas in Händen. „Also ich wär für Rum. N bisschen Abwechslung kann ja nicht schaden!“, meinte er und blickte Bestätigung suchend in die Runde. Besagte Bestätigung fand er auch, und zwar bei Uruha. Die inzwischen schon leicht glasigen Augen des Leadgitarristen blitzten erfreut auf und er nickte vehement. Rum war keine üble Idee. Da ließ sich der Alkoholgehalt wenigstens noch etwas steigern und sie sparten sich unter Umständen die Kosten für eine weitere Flasche teuren Alkohol. Ihm war mehr als bewusst, dass sie alle bald genug haben würden.

„Also gut“, stimmte Kai zu. „Dann Rum. Reita, lass uns nach unten gehen und an der Bar fragen. Der Zimmerservice schläft bestimmt schon.“

„Ja, ist gut“, stimmte der Bassist zu und begab sich etwas schwerfällig zur Türe. Kai allerdings ließ auf sich warten. Bevor er Anstalten machte, Reita zu folgen, wandte er sich noch einmal zu den verbliebenen drei Fünfteln seiner Band um und musterte sie mit strenger Miene.

„Wehe einer von euch wagt es, dieses Zimmer zu verlassen!“, knurrte er leise und nachdrücklich. „Ich werde es als Schuldeingeständnis interpretieren.“ Dann machte er auf dem Absatz kehrt und machte sich, gefolgt von Reita, auf den Weg in die kleine, aber wohl sortierte Bar des Hotels.

Ruki sah ihnen lange nach, er starrte noch auf die verschlossene Türe, als die Schritte der beiden Musiker schon längst nicht mehr zu hören waren. Jetzt auch noch Rum! Wie sollte er das nur überstehen? Er fühlte sich schon jetzt nicht mehr gut. Ihm drehte sich alles und er hatte das Gefühl, jegliche Bodenhaftung verloren zu haben. Unbewusst hatte er sich an das Polster des Sessels geklammert, auf dem er schon seit Stunden saß, als könnte es ihm irgendeine Form von festem Halt geben. Er wollte nicht noch mehr trinken müssen. Womit hatte er das nur verdient? Er hatte doch überhaupt nichts getan...

„Ich geh mal ins Bad“, verkündete Uruha nach einer langen Weile des Schweigens und erhob sich schwankend. Auch er spürte den Alkohol bereits mehr als deutlich, doch nicht in einem Maße, dass er fürchten musste, nicht mehr lange durchzuhalten. Sorgfältig schloss er die Türe des Badezimmers hinter sich und drehte den Wasserhahn auf, um den Kopf darunter zu halten. Seine Gedanken gerieten langsam durcheinander. Das durfte nicht sein.
 

Ruki hat das Verschwinden des Gitarristen kaum registriert, zu tief war er in seinen düsteren Gedankenwirren versunken. Eigentlich nahm er überhaupt nicht mehr wahr, was um ihn herum vorging. So auch nicht, dass sich Aoi neben ihn gesetzt hatte und ihn stumm betrachtete.

Die Augen des Schwarzhaarigen schwammen geradezu im Alkohol und verrieten nur allzu deutlich in welchem bemitleidenswerten Zustand er sich befand. Alles in allem vertrug er nicht viel und hörte unter normalen Umständen dementsprechend früh auf zu trinken. Jetzt, da er keine Wahl hatte, hatte er sich mental bereits damit abgefunden, spätestens in den nächsten vier Stunden kotzend über der Kloschüssel zu hängen.

Vielleicht hätte er sich sogar geweigert, weiterzutrinken, hätte er Kais Beweggründe nicht so gut verstanden. Er wollte im Moment wirklich nicht in der Haut des Leaders stecken und dem Manager erklären müssen, was hier vor sich ging. Es war tatsächlich das beste, wenn sie es irgendwie fertig brachten, die Sache intern zu regeln.

Aoi seufzte leise und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Noch immer sah er Ruki vor sich, wie er dort verloren in seinem viel zu großen Sessel kauerte und ins Leere starrte. Dem Sänger schien es noch beschissener zu gehen, als ihm selbst. Von Anfang an hatte er sich nicht auf Kais Plan einlassen wollen und Aoi fragte sich ernsthaft, warum. Wirklich nur, weil er wusste, dass er keinen Alkohol vertrug? Oder hatte er am Ende tatsächlich etwas zu verbergen? Vielleicht sollte er es auf ein kleines Experiment ankommen lassen, solange er mit dem Sänger alleine war...

„Meinst du, es ist schlimm?“

Überrascht wandte sich Ruki zu seinem Freund um. Jetzt erst nahm er wahr, dass Aoi ihn ansah. Was er gesagt hatte, hatte er allerdings nicht registriert. „Hm?“, fragte er etwas abwesend zurück und erwiderte den starren Blick des Gitarristen.

„Meinst du, es ist schlimm, einen Mann zu küssen?“, wiederholte Aoi seine Frage etwas präziser.

„Weiß nicht“, erwiderte Ruki leise. „Ich hab noch nie über sowas nachgedacht.“

„Ich auch nicht“, stimmte Aoi zu und unterbrach kurzfristig den allzu engen Blickkontakt. „Bis heute zumindest. Das ganze Gerede heute... hat mich neugierig gemacht.“

„Du willst ernsthaft wissen, wie das ist?“

„Ja.“

„Du bist doch betrunken!“

„Ja.“, gab Aoi ohne Umschweife zu. „Du auch.“ Dann griff er ohne jede Vorwarnung nach Rukis Handgelenken und drückte sie fest in die Polster, sodass er sich kaum mehr rühren konnte. Bevor der Sänger auch nur protestieren konnte, hatte er sich zu ihm herunter gebeugt und ihm seine Lippen auf den Mund gedrückt.

Ruki keuchte überrascht auf und fing an zu zappeln, musste aber rasch einsehen, dass Aoi deutlich stärker war als er selbst. Und Aoi dachte überhaupt nicht daran, ihn loszulassen. Er verstand überhaupt nicht mehr, was vor sich ging. In Sekundenschnelle rasten Gedanken durch seinen Kopf, überschlugen sich, verknoteten sich, stolperten haltlos übereinander. Er hätte bestimmt geschrien, hätte Aois Kuss nicht jeden Versuch bereits im Keim erstickt. Und so dauerte es nicht lange, bis er aufgab und sich schlaff zurücksinken ließ. Er spürte, dass Aoi gegen seine Lippen grinste, ehe er den Kuss etwas intensivierte und den Sänger tiefer in den Sessel drückte.

Er hatte nicht erwartet, dass Ruki so schnell die Gegenwehr einstellte. Eigentlich hatte er überhaupt nicht viel erwartet. Und schon gar nicht, dass es ihm gefallen würde, ihn zu küssen, ihn zu berühren und seinen schlanken Körper unter sich zu spüren. Hatte er nicht ursprünglich Ruki testen wollen? Oder war es tatsächlich die Neugier gewesen, die ihn dazu getrieben hatte? Er konnte es nicht sagen, und darüber nachdenken wollte er auch nicht. Er wollte nur noch Ruki. Und seltsamerweise erschreckte ihn diese Erkenntnis nicht einmal sonderlich.

Ruki unterdessen hatte das Denken völlig eingestellt. Er schaffte es ja doch nicht mehr, irgendeine Form von Ordnung in das Chaos in seinem Kopf zu bringen, da konnte er es auch gleich bleiben lassen. Er fühlte deutlich die Wärme, die von Aois Körper ausging. Wie fremdgesteuert befreite er seine Hände aus dem Griff des Gitarristen und zog ihn an sich. Es war ganz leicht. Aoi zwang ihn zu nichts mehr. Er hatte ihn frei gegeben. Doch so genau nahm Ruki diesen Umstand überhaupt nicht wahr. Er schwebte in einer Wolke der Gleichgültigkeit und Zufriedenheit und als Aoi begann, sanft an seiner Unterlippe zu knabbern, flogen seine Lippen wie automatisch auseinander. Irgendwie war es überhaupt nicht schlimm, ihm so nahe zu sein. Niemals hätte er es sich so schön, so gefühlsintensiv vorgestellt...

Doch so schnell wie Aoi ihn in Beschlag genommen hatte, ließ er auch wieder von ihm ab. Erst begriff Ruki nicht so recht, was geschehen war, in seinem Blick spiegelten sich Verständnislosigkeit und Enttäuschung wider. Aber dann fiel es auch ihm auf. Das Wasser im Badezimmer war abgedreht worden. Uruha kam zurück.

If someone knows you well...

Weiter geht's. Hat ewig gedauert, sorry. Und es artet langsam aber sicher aus...^^
 

„Hey, ihr zwei“, grüßte Uruha beiläufig und nahm wieder auf seinem Sessel platz. Das kalte Wasser hatte ihm gut getan, es ging ihm inzwischen etwas besser. Sein Kopf war klarer geworden und die Konzentrationsfähigkeit größtenteils zurückgekehrt. Vielleicht schaffte er es jetzt sogar noch, den Rum mit Anstand und Würde zu überstehen... Wenn er sich seine beiden Bandkollegen so ansah, hegte er allerdings ernsthafte Zweifel. Ruki war so tief in seinen Kissen versunken, dass es schon nicht mehr normal war. Der Sänger sah irgendwie verzweifelt aus... Und Aoi? Aoi war noch seltsamer. Der Schwarzhaarige wirkte nicht weniger geistesabwesend und starrte wie paralysiert... ja, was eigentlich an? Jedenfalls kamen ihm beide mehr als suspekt vor. „Alles klar?“

Ruki hob lethargisch den Kopf und es schien, als brauchte er eine ganze Weile, um überhaupt zu registrieren, wer da mit ihm gesprochen hatte. Dann aber nickte er schwach, was Uruha allerdings nicht wirklich zufrieden stellte. Anscheinend war hier überhaupt nichts in Ordnung. Vielleicht hatten die Beiden ihr Gehirn auch schon auf Standby geschaltet, bevor er den Raum verlassen hatte, aber aktiv erinnern konnte er sich daran nicht. Sollte er ihnen vorschlagen, es ihm gleich zu tun und den Kopf erst einmal unters kalte Wasser zu halten? Möglicherweise weckte das ihre Lebensgeister ein bisschen. Andererseits... Was hatte er davon? Je übler es seinen Freunden ging, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass einer sein Schweigen brach...

Sekunden später hörte er, wie die Türe des Hotelzimmers leise ins Schloss fiel. Reita und Kai mussten zurück sein. Die Schonzeit war vorbei...

„Wie ich sehe, seid ihr alle brav gewesen“, stellte Kai zufrieden fest, stellte den mitgebrachten Rum demonstrativ mitten auf den Tisch und ließ sich grinsend aufs Sofa fallen. „Sehr schön. Dann weiter im Text. Reita?“

Folgsam wie ein überdimensionales Schoßhündchen gesellte sich der Bassist zu Kai und wartete auf weitere Anweisungen. Zumindest so lange, bis er begriff, dass keine weiteren Anweisungen kommen würden, da ihm der Leader nonverbal zu verstehen gab, dass seine Aufgabe darin bestand, seinen Freunden nachzuschenken, damit er unterdessen eine weitere kleine Ansprache halten konnte.

„Leute, so wird das nichts“, meinte Kai und seufzte bedeutungsschwer. „Wir betrinken uns und bald kann wahrscheinlich keiner von uns mehr stehen. Aber weitergebracht hat uns das bisher nicht. Ich verbiete euch also... zu schweigen.“

„Bist du verrückt geworden?!“, erkundigte Uruha sich äußerst höflich. „Wir haben seit über 20 Stunden nicht mehr geschlafen, ein Konzert gegeben und Literweise Wodka in uns rein geschüttet. Über was bitte sollen wir jetzt reden?! Sollen wir uns Märchen erzählen, oder was?“

„Ach, halt die Fresse, Uruha!“, befahl Reita genervt, während er dem Gitarristen ein gut gefülltes Glas Rum in die Hand drückte. Er hatte langsam genug von diesem Spielchen und war bereit wirklich jedem von Kais Befehlen Folge zu leisten, solange die Maßnahmen des Leaders schnellstmöglich zu dem gewünschten Erfolg führten.
 

„Oho!“, gab Uruha feindselig zurück. „Was ist denn mit dir passiert? Bist du jetzt Kais persönlicher Arschabwischer, oder was?“ Er hatte sein Glas beiseite gestellt, die schwarzen Fingernägel tief in die Polster der Seitenlehnen seines Sessels gegraben und schien drauf und dran aufzuspringen, um seine Aussage etwas handgreiflicher zu gestalten. In seinen Augen funkelte offenkundige Feindseligkeit.

Mit wenigen, zielgerichteten Schritten war Reita bei dem Gitarristen, packte ihn unsanft am Kragen und zog ihn hoch. „Was erlaubst du dir, Schlampe?!“, fauchte er wütend. Er registrierte wohl, dass seine Wortwahl nicht gerade dazu beitrug, die Lage zu entschärfen, doch das hielt ihn nicht davon ab, Uruha noch fester zu packen, bevor er ihn mit einem Ruck zurück in den Sessel stieß. „Ich lasse mir nichts befehlen! Aber im Gegensatz zu dir hab ich ein Interesse daran, dass endlich Licht in die Sache kommt!“

Uruha stieß geräuschvoll die Luft aus und fing dann aus heiterem Himmel an zu kichern, als hätte er sein letztes bisschen Verstand soeben durchs Klo gespült. „Du dreckiges, kleines Arschloch!“, stellte er in einer unpassend ruhigen Tonlage fest. Dann jedoch stand er so abrupt auf, dass er fast mit dem Bassisten zusammengestoßen wäre und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. „Das nimmst du zurück!“

„Bestimmt nicht!“, knurrte Reita und ignorierte geflissentlich den brennenden Schmerz in seiner Wange. Er vermied es, zu Uruha aufzusehen. „Wer von uns soll schon damit gemeint sein, wenn nicht du! Sogar zuschlagen tust du wie ne Frau!“

„Ach ja?! Soll ich's nochmal versuchen?“

„Bitte! Mach doch! Ich erwarte eh nichts von dir, Strapsenträger!“

„Du musst grad reden!“

„Ich hab mich wenigstens nicht von meinem Zahnarzt quer durch die Praxis vögeln lassen!“

„Das wirst du bereuen!“ Klatsch! Eine zweite Ohrfeige. Diesmal hatte es die andere Wange erwischt. „Ich bin wenigstens kein son verklemmter Spanner wie du! Wer von uns sabbert denn seit Jahren Ruki hinterher?!“

Das konnte Reita sich jetzt doch nicht mehr bieten lassen. Mit einem wenig subtil durchs Zimmer gebrüllten „Fresse, Mauerblümchen!“ stürzte er sich auf den Gitarristen und riss ihn zu Boden.

Er hatte schon die Hand zum Schlag erhoben, als er feststellen musste, dass sein Arm festgehalten wurde. Wie besessen versuchte er, sich aus dem festen Griff zu winden. Er war so darauf fixiert, Uruha – elegant ausgedrückt – die Fresse zu polieren, dass er nicht einmal registrierte, dass es Kai war, der verzweifelt versuchte, schlichtend einzugreifen.

Der Drummer hatte alle Mühe, Reitas glücklicherweise etwas unkoordinierten Tritten und Schlägen zu entgehen. „Reita, bitte! Hör auf!“, brachte er leise und gepresst hervor, während er versuchte, den Bassisten zumindest von Uruha herunter zu ziehen, damit der Blonde nicht länger als Unterlage für wilde Prügeleien dienen musste. Mit mäßigem Erfolg. „Was soll das? Hast du den Verstand verloren?! Jetzt reiß dich endlich zusammen!“

Es hatte keinen Zweck. Bei Reita war eindeutig eine Sicherung durchgebrannt. Mit ihm reden zu wollen war unter den gegebenen Umständen wohl ziemlich sinnlos. Und langsam aber sicher verlor Kai die Geduld.

„SCHLUSS JETZT!“, brüllte er dem Bassisten in einer Lautstärke ins Ohr, die jedes Rockkonzert übertönt hätte. Zwischen zwei Tritten packte er Reita mehr oder weniger elegant an den Handgelenken und verdrehte ihm die Arme auf den Rücken, sodass er gezwungen war, regungslos auf dem Boden zu verharren. Das einzige, was noch von ihm zu hören war, war ein deutlich vernehmbares, schmerzerfülltes Keuchen.

Unterdessen hatte sich auch Aoi aufgerafft und zog den Leadgitarristen wieder auf die Beine. Uruhas Atem ging schnell und in seinen Augen war weniger Wut zu lesen, als pure, ungeschminkte Angst. Fahrig zupfte er seine Klamotten zurecht und fuhr sich zwei, drei Mal durch die völlig zerzausten Haare. Dann erst registrierte er, dass Aoi ihn ansah. Nein, ansehen war das falsche Wort. Er starrte. Fassungslos. Und Uruha starrte zurück.

„Was bitte war das?“, fragte der Schwarzhaarige mit brüchiger Stimme. Er konnte nicht glauben, was sich gerade direkt vor seinen Augen abgespielt hatte. Er wollte es auch nicht glauben. Und was sich die beiden an den Kopf geworfen hatten... stand außer Diskussion.

„Das wüsste ich auch gerne“, pflichtete Kai bei, während er Reita versuchsweise aus seinem festen Griff entließ. Wie erwartet blieb der Bassist friedlich, bemühte sich aber, rasch wieder auf die Beine zu kommen. „Könnt ihr mir das mal erklären? Was zum Teufel hat euch beide geritten, dass ihr euch allen ernstes prügeln wollt?! Ich glaub's nicht!“

Beide schwiegen.

Kai stöhnte entnervt auf und schüttelte ungläubig den Kopf. „Setzt euch wieder hin. Wir müssen reden. Was du gesagt hast, Reita... Und was Uruha gesagt hat...“

Viel weiter kam der Leader nicht mehr. Er wurde in seinen konfusen Ausführungen jäh unterbrochen, als Ruki plötzlich aufsprang, fast über seine eigenen Füße stolperte, irgendetwas von „Mir ist schlecht!“ vor sich hin murmelte, ins Bad rannte und sich geräuschvoll übergab.

Mit einem resignierten Seufzen ließ Reita den Kopf in den Nacken sinken.

Confession

Hallo zusammen!
 

Hier also noch ein Kapitel, das Ewigkeiten halb fertig herumlag. Wen der Status dieser oder einer anderen meiner FFs interessiert, der kann auf meinem Steckbrief nachsehen.

Vielen Dank für die vielen lieben Kommentare und Favos. Hab mich sehr darüber gefreut.^^
 

Keuchend ließ Ruki sich auf den kühlen Badezimmerboden sinken. Ihm war unsagbar elend zumute. Er hatte doch geahnt, dass er diese Tortur nicht überstehen würde, ohne zu kotzen. Und jetzt hatte er den Salat. Alkohol und schwere Gedanken vertrugen sich eben nicht, das hätte er wissen müssen. Hatten sich Reita und Uruha denn auch unbedingt an die Gurgel gehen müssen? Das war ja nicht auszuhalten!

„Nein“, flüsterte Ruki leise und schüttelte zur Untermalung seiner Worte träge den Kopf. Es war nicht der Alkohol, der ihn so weit gebracht hatte und auch nicht die Beinahe-Prügelei seiner Kollegen, das war ihm nur allzu deutlich bewusst. Es waren allein Uruhas Worte gewesen, die diese Übelkeit verursacht hatten.

Er fühlte sich überfordert. Erst dieses mysteriöse Post-it, dann Aoi, der ihn wie aus heiterem Himmel küsste und jetzt sollte Reita...

Ruki wusste überhaupt nicht mehr, was er denken, geschweigedenn fühlen sollte. Was zu viel war, war zu viel. Vielleicht war es das beste, überhaupt nicht mehr zu den anderen zurückzugehen und sich im Waschbecken zu ertränken. Warum nur war er nicht betrunken genug, um die Welt etwas gleichgültiger betrachten zu können? Und warum waren diese verdammten 24 Stunden nicht endlich vorbei?

Resigniert ließ er den Kopf auf die Brust sinken. Er hatte keine Lust mehr aufzustehen. Hoffentlich kam jetzt niemand auf die Idee, nach ihm zu sehen. Er wollte nur noch alleine sein und sich einbilden, dass alles in bester Ordnung war...
 

Währenddessen hatte Kai im Nebenzimmer seine bedauernswerten Kollegen ins Kreuzverhör genommen, obgleich er sich nicht hundertprotzentig sicher war, ob es tatsächlich vernünftig war anzunehmen, dass es einer der beiden war, auf den der unbekannte Schreiber der Nachricht anspielte. Selbst, wenn hinter ihren Vorhaltungen mehr Wahrheit steckte, als er sich erhoffte, war das nicht sehr wahrscheinlich. Der mysteriöse Unbekannte hatte von Beweisen gesprochen. Wie sollte er daran gekommen sein?

Wie auch immer: es war der erste konkrete Hinweis, den dieser Abend hervorgebracht hatte und als solcher nicht zu unterschätzen. Ihre Lage war weiß Gott zu verzweifelt, um die Spur nicht so lange weiter zu verfolgen, bis die Wahrheit ans Licht gekommen war. Dann erst konnte man sich eine endgültige Meinung über Wahrscheinlichkeiten erlauben.

„Zunächst zu dir, Reita“, erklärte er in einem so strengen Tonfall, dass er einem Kriminalhauptkommissar besser gestanden hätte, als einem Bandleader. „Ich halte es für das Beste, diese Angelegenheit zu klären, so lange Ruki... weg ist.“

Reita senkte unangenehm berührt den Kopf. Er war froh, dass Kai nicht allzu genau auf Rukis aktuellen Aufenthaltsort eingegangen war. Dass er schockiert gewesen war, war eine Sache, aber dass er sich bei dem Gedanken, dass Reita in ihn verliebt sein könnte, tatsächlich übergeben musste, das war dann doch ein bisschen zu viel. Ein bisschen mehr, als er ertragen konnte, um genau zu sein. War er denn so fürchterlich?

„Also, was ist?“, fuhr Kai fort, während seine Hände scheinbar ohne jede Form von bewusster Steuerung unruhig mit einem der leeren Gläser spielten. „Hast du irgendwas dazu zu sagen?“

Schwer seufzend ließ sich Reita etwas tiefer in die Polster seines Sessels sinken. Er hätte nicht gedacht, dass einmal ein Tag kommen würde, an dem er sein Schweigen brechen musste, aber jetzt war es wohl soweit. Er war zu müde und zu betrunken, um sich irgendwie herauszureden. Verfluchter Uruha! Er hatte es die ganze Zeit gewusst. Und Reita hatte gewusst, dass er es wusste; schließlich waren sie immer gut genug befreundet gewesen, um gewisse Dinge nicht voreinander verheimlichen zu können. Warum hatte der Kerl nicht einfach den Mund halten können? Das hätte ihm immerhin Rukis ziemlich aussagekräftige Reaktion erspart.

„Also gut“, lenkte Reita geschlagen ein, war aber strikt darum bemüht, keinem seiner Freunde Gelegenheit zu geben, ihm ins Gesicht zu sehen. An sich war ihm nur noch zum Heulen zumute. Und er konnte nicht garantieren, dass er dieses Gespräch vollkommen tränenfrei überstehen würde. „Es hat wohl keinen Sinn mehr, irgendwas zu leugnen. Es ist wahr. Ich...“ Er schluckte. Obwohl er beschlossen hatte, das ewige Versteckspiel zu beenden, fiel es ihm unwahrscheinlich schwer, diese paar Worte zu sagen. Nicht, dass er geplant hätte, irgendwann jemand anderem als Uruha davon zu erzählen, aber wenn er es getan hätte, dann ganz bestimmt nicht Kai und Aoi, die das alles - seiner Meinung nach - überhaupt nichts anging. „Ich bin in Ruki verliebt. Schon ziemlich lange. Aber ich bin nicht der, auf den die Nachricht anspielt. Außer Uruha sollte niemand davon wissen.“

Das betretene Schweigen, das seine Worte hervorgerufen hatten, war beinahe unerträglich. Reita hatte ruhig und schnell gesprochen – nichts von dem Chaos in seinem Inneren war nach außen durchgedrungen. Ein kleiner Rest Fassade, den er glücklicherweise hatte bewahren können.

Seltsamerweise fühlte er sich ein bisschen erleichtert, auch wenn der Gedanke an Ruki schmerzhafter war, als jemals zuvor. Wenigstens konnte er jetzt mit Gewissheit sagen, dass er keine Chance bei ihm hatte und vielleicht würde die Liebe eines Tages verschwinden, wenn er sie erst einmal aufgegeben hatte.

Das Schweigen hielt sich hartnäckig und Reita überkam das Bedürfnis, seinen Verstand irgendwie loszuwerden, um nichts mehr von dem ganzen Schwachsinn mitbekommen zu müssen. Das war sein gutes Recht – schließlich hatte er nun nichts mehr zu verbergen. Sollten sich die anderen doch auseinander nehmen – er hatte endgültig die Nase voll! Entschlossen griff er nach seinem Glas und füllte es bis zum Rand, um es dann in einem einzigen Zug zu leeren. Der Rum brannte unangenehm in der Kehle. Mit etwas Glück würde ihm das den Rest geben.

Mit einem etwas verunglückten Grinsen auf den Lippen stellte er das Glas wieder an seinen Platz, lehnte sich zurück und schloss die Augen. Einen Augenblick lang beschlich ihn die Hoffnung, dass die Welt tatsächlich besser werden würde, wenn er sie nicht mehr sah. Dann dröhnte ihm wieder dieses beklemmende Schweigen in den Ohren.

„Das war dann alles, oder?“, erkundigte er sich überflüssigerweise und kicherte. Er wusste, dass es das Letzte gewesen war, was er in dieser Nacht von sich geben würde.

„Reita, es tut mir leid!“, hörte er Uruha etwas verzweifelt und eindeutig schuldbewusst beteuern. Anscheinend hatte wenigstens er das Sprechen noch nicht verlernt. Dann hatte ihn der Alkohol endlich besiegt und von diesem widerlichen Ärgernis namens Bewusstsein befreit.



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Kommentare zu dieser Fanfic (38)
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Von:  psycho-kissen
2009-11-22T15:49:59+00:00 22.11.2009 16:49
na ma sehn wer als nächstes dran glaubn muss wa?
ich glaub ja nich, dass des alles war...oo
Von:  Terra-gamy
2009-11-19T19:55:49+00:00 19.11.2009 20:55
Ob damit das Geheimnis gelöst ist? Ich glaub nicht. wahrscheinlich sin alle schwul^^
Von:  ivy-company
2009-11-09T21:24:52+00:00 09.11.2009 22:24
warum.. steht die ff auf abgebrochen? .___.
die is wirklich wirklich toll und ich liebe die storyline!!
das is mal was neues gewesn..
*hofft einfach mal, dass die ff irgendwann weitergeschrieben wird* >____<
Von:  psycho-kissen
2009-07-27T07:28:46+00:00 27.07.2009 09:28
aiii das is lustig xDD
ganz schön hart, dass die sich nu auch noch geprügelt habn, aba ma was anderes ne? xD sonst sind die alle schon schwul oda sou ähnlich und nu hat keine ne ahnung, wer es is xDD
supa idee, toll geschriebn! weiter sou! xDD

kissen
Von: abgemeldet
2008-12-24T02:18:56+00:00 24.12.2008 03:18
*drop*
das is so geil!
*auf boden lieg*
*totlach*
*nebenbei ruki bemitleid*
was sich uruha und reita alles an den kopf geworfen haben!
WOW!!!
ich bin echt gespannt wie es weiter geht ^^

greez & meri kurisumasu
des uruha
Von: abgemeldet
2008-12-19T18:47:16+00:00 19.12.2008 19:47
Ey die FF ist soo kuhl, wie kommt man auf so ne genale idee??? Am ende sind sie dann noch alle schwul XD. Bin gespannt wie´s weiter geht...vorallem wegen Reita der ja anscheinend af Ruki steht *.*.

lg
Von:  lunatic_Luka
2008-12-19T16:04:26+00:00 19.12.2008 17:04
Ich sag dir jetzt was, ganz im Vertrauen:

Das ist die beste Idee für eine FF die ich dieses Jahr gesehen hab!!!!!!!!!!!!!!!!
Das ist herrlich!! Das ist einfach nur geil, grandios!! DANKE DANKE DANKE
m(_ _)m

Siehe da eine FF kann auch ohne Lemon leben und geil sein!! *das mit Aoi und Ruki verdräng* >///< BÄH!
Dein Stil ist geil und du musst einen verdammt geilen Humor haben!! Das macht total Spaß zu lesen. YAY, sie schlagen sich XDD
Das sooow kuuuhl~

Ich freu mich auf mehr!! VIEL MEHR *hibbel*

LG
-Sukí
Von:  NyappyJCT
2008-12-16T18:59:34+00:00 16.12.2008 19:59
Maaaaaaaaaaann!
Da gehts zu. O.O
Die drehn jetzt schon voll ab.
Lang halten die echt nicht mehr durch.

Ich hoffe du machst bald weiter.
War echt n super Kappi!

Lg
Jessy

Von:  Atyl
2008-12-16T11:00:55+00:00 16.12.2008 12:00
poah~ XD
ich habe diese FF erst vor kurzem gefunden und liebe sie jetzt schon abgöttisch!!!! die Story ist geil!! dein schreibstil ist geil!! alles ist geil!! x3
kanns kaum erwarten dass es weitergeht! >//v//< *hibbel*

hm~ und irgendwie glaube ich dass die ganze sache in ner fetten Orgie enden wird!!! XDDDDDDDDDDDDD~

lg
atü~ ;D
Von:  Kanoe
2008-12-16T08:11:27+00:00 16.12.2008 09:11
auaaaaa... *lacht*
armer ruki.. ...ich bin gespannt was da noch läuft *lacht*
*sich wegkugelt vor lachen*


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