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Wounded Soul

von

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Schneeweiß und Blutrot...

Kapitel 1
 

„Es hat geschneit! Es hat geschneit!“

Voller Begeisterung rannte der kleine Junge ans Fenster und bestaunte die weiße

Landschaft, die sich vor seinem Auge ausbreitete. Wie herrlich das glitzerte! So

etwas sah man zuhause in der Stadt nicht. Wenn dort in der Nacht Schnee fiel,

war er am Morgen meist schon grau und zertreten und war nur ein Ärgernis für

die Leute, die versuchten trockenen Fußes zur Arbeit zu kommen. Aber hier…

Bis zum Horizont erstreckte sich eine makellos weiße Ebene, die noch von keinem

Fußabdruck zerstört worden war, voller Verheißungen auf einen fantastischen

Tag.

Der Junge sprang vom Fenster weg und schnappte sich sein Kopfkissen. So

bewaffnet schlich er zur anderen Seite des Zimmers, wo eine zweite Person noch

friedlich in ihrem Bett schlief. Für einen Moment verharrte der Junge und besah

sich die schlafende Gestalt seines Bruders. Doch dann…

„Wach auf Sergej! Das musst du dir ansehen!“

Mit diesem gellenden Schrei schlug er seinem Bruder das Kissen um die Ohren.

Erschrockenen schlug dieser die Augen auf und richtete sich auf, noch total

verpennt und mit einem Ausdruck höchster Verwirrung auf dem Gesicht.

Der kleine Junge brach bei diesem Anblick in schallendes Gelächter aus, musste

sich jedoch im nächsten Moment ducken, um dem Kissen auszuweichen, welches

Sergej nun wutschnaubend nach ihm warf.

„Mann, Kai, ging das nicht ein bisschen sanfter! Du hast mich ja zu Tode

erschreckt!“

Immer noch lachend richtete sich der Junge namens Kai auf und strahlte seinen

Bruder an.

„Sei doch nicht gleich sauer! Komm steh auf, draußen hat es geschneit! Wir

können Rodeln gehen oder Schlittschuhlaufen oder wir suchen im Wald nach

Tierspuren oder wir bauen einen Schneemann oder noch besser ein Iglu oder…“

Voller Begeisterung plapperte der Kleine drauflos, hielt aber inne, als sich

eine Gestalt ins Zimmer schob. Ein Mädchen mit kastanienbraunen Haaren,

smaragdgrünen Augen und einem langen hellblauen Nachthemd mit Teddybärmuster

schlüpfte durch die Tür und musterte die Szene.

„Was macht ihr denn schon so früh für einen Radau?“, fragte sie ihre

Brüder.

Kai war immer noch ganz aufgeregt.

„Hast du das gesehen, Nadia? Draußen liegt überall Schnee! Los, lasst uns

rausgehen, dann können wir…“

Und wieder verfiel er in seine Aufzählung all der Aktivitäten, die man an so

einem herrlichen Wintertag unternehmen konnte. Sergej seufzte schicksalsergeben

und schälte sich aus seiner Decke.

Im Nu hatten die drei Kinder ihre dicken Sachen angezogen und rannten die Treppe

runter.

„Seid leise, sonst weckt ihr noch Mama und Papa!“, versuchte Sergej seine

beiden jüngeren Geschwister zu ermahnen, doch die hörten ihm natürlich

überhaupt nicht zu. Nadia hatte bereits ihre Stiefel angezogen und wartete nun

ungeduldig an der Haustür, während Kai sich noch mit seinen Schnürsenkeln

abmühte. Das Hilfsangebot von Seiten Sergejs lehnte er entschieden ab.

Schließlich war er schon fünf Jahre alt und konnte schon ganz viele Sachen

alleine machen, sogar seine Jacke zuknöpfen! Obwohl er zugeben musste, dass er

mit dem Schleifebinden noch seine Schwierigkeiten hatte. Doch schließlich war

auch das geschafft und mit einem Freudenschrei liefen die drei Geschwister nach

draußen.

Das war ein Morgen! Sie hatten so viel Spaß, wie ihn Stadtkinder an einem

Wintertag auf dem Lande nur haben konnten. Sie tobten umher und bewarfen sich

mit Schneebällen und ihr fröhliches Lachen schallte über die einsame

Landschaft. Sie waren schon ganz verschwitzt, als eine Frau im Rahmen der

Haustür erschien. Sie war schlank, ihr hüftlanges Haar - vorne Silbergrau und

am Hinterkopf dunkelblau – schimmerte im Licht und ihre Augen besaßen ein

funkelndes Rubinrot. Mit eben diesen Augen verfolgte sie die tobenden Kinder und

ein Lächeln erschien auf ihrem schönen Gesicht. Der Name dieser Frau war Tanja

Hiwatari.

Die drei waren so vertieft in ihr Spiel, dass sie die Anwesenheit der Frau erst

bemerkten, als diese nach ihnen rief.

„Ihr seid ja schon früh auf den Beinen! Kommt jetzt rein, das Frühstück ist

fertig!“

Das ließ sich keiner zweimal sagen und begeistert stürmten die Geschwister

ihrer Mutter entgegen. Lachend schloss sie jedes ihrer Kinder in die Arme und

trieb sie dann in die Küche, wo ihr Vater bereits damit beschäftigt war, Brote

für alle zu schmieren.

Auch er wurde stürmisch begrüßt und dann ließ sich die gesamte Familie am

Tisch nieder um gemütlich zu frühstücken. Abwechselnd und sich immer wieder

gegenseitig unterbrechend erzählten die Kinder von ihren Spielen im Schnee.

„…unf fann hafen fir eifen Feeballfacht…“

„Sergej Hiwatari, wie oft muss ich dir noch sagen, dass du nicht mit vollem

Mund reden sollst? Du solltest Kai und Nadia ein Vorbild sein“

Mit strengem Blick taxierte der Vater seinen Ältesten und dieser schluckte

betreten seinen Bissen runter.

„Warum sollte er mir ein Vorbild sein? Er ist doch nur drei Jahre älter als

ich…“, murrte Kai, doch seine Schwester fiel ihm ins Wort.

„Bei dir macht der Altersunterschied ja noch was aus, aber ICH bin nur ein

Jahr jünger als Sergej!“

„Ob ein Jahr oder drei, ihr seid auf jeden Fall jünger als ich!“, feixte

Sergej nun wieder, erntete dafür jedoch böse Blicke von seinen Geschwistern.

Ihre Mutter lachte. Sie kannte diese gelegentliche Kabbelei ihrer Kinder und

amüsierte sich immer wieder aufs Neue darüber. Vom Charakter her waren sich

die Geschwister unglaublich ähnlich. Was das Aussehen allerdings betraf…

Verstohlen musterte sie die drei. Sergej sah mit seinen acht Jahren schon jetzt

aus wie sein Vater: kurzes kastanienbraunes Haar, eine kräftige Nase und

smaragdgrüne Augen. Auch Nadia sah ihm sehr ähnlich, obwohl ihre Gesichtszüge

etwas weicher waren.

Kai dagegen hatte ganz das Aussehen seiner Mutter geerbt: rubinrote Augen,

scharf geschnittene Züge und natürlich die zotteligen dunkelgrauen Haare, die

am Hinterkopf in ein dunkles Blau übergingen. Und das war nicht das Einzige,

worin er nach seiner Mutter schlug. Er konnte kaum stehen und gehen, als er

begonnen hatte, mit seinen Patschehändchen nach ihrem Beyblade zu greifen. Sie

bewahrte ihn in einem Schrank im Wohnzimmer auf, in Erinnerung an ihre Zeit als

erfolgreiche Bladerin. Natürlich wäre sie nach den heutigen Maßstäben kaum

mehr konkurrenzfähig, aber in ihrer Jugend hatten sie und ihr Bitbeast so

manchen Gegner aus der Arena befördert. Der Sport hatte sie fasziniert und

ihrem jüngsten Sohn ging es offenbar nicht anders. Immer wenn er glaubte, dass

sie es nicht merkte, schlich Kai zum Wohnzimmerschrank und holte den Blade

hervor, fuhr mit dem Finger über das blau schimmernde Metall und versank in der

Betrachtung des prächtigen Phönix, der in der Mitte prangte. Er war ganz

begeistert gewesen, als er zum fünften Geburtstag einen eigenen Blade geschenkt

bekommen hatte und seine Mutter anfing, mit ihm zu üben. Auch Sergej und Nadia

bladeten, aber sie waren bei weitem nicht mit soviel Begeisterung dabei wie er

und sie besaßen auch nicht sein Talent. So sehr es sie auch wurmte, aber gegen

ihren kleinen Bruder hatte keiner von ihnen eine Chance.

Aus diesem Grund stieß Kais Vorschlag, man könnte doch aus dem Schnee eine

Beybladearena formen, nun auch auf wenig Gegenliebe.

„Das ist doch öde und außerdem ist der Schnee dafür viel zu nass! Aber wie

wär’s, wenn wir Schlittschuhlaufen gehen?“

Und genau das taten sie auch. Nicht weit von ihrem Haus war ein See, der schon

fest zugefroren war, obwohl der Winter doch gerade erst hereingebrochen war. Auf

dem Land war der russische Winter wirklich vollkommen anders als in Moskau.

Ihr Vater hatte sich bereits für seine Idee beglückwünscht, dieses Ferienhaus

für ein paar Tage zu mieten. Er war schon immer der Meinung gewesen, dass

Kinder nicht ständig von Hochhäusern und überfüllten Straßen umgeben sein

sollten, und Kai, Sergej und Nadia hatten ja sichtlich ihren Spaß. Besonders

der Schneefall in der letzten Nacht war schön gewesen, denn so konnten die

Kinder noch einmal nach Herzenslust an der frischen Luft toben, bevor die

Familie am nächsten Tag wieder nach Hause fahren musste.

Daniel Hiwatari lächelte, als er die Hand seiner Frau ergriff und mit ihr

gemütlich zum See hinunterschlenderte, auf dem sich seine drei Kinder bereits

ein spannendes Wettrennen lieferten. Kai mit seinen kurzen Beinen hatte

natürlich überhaupt keine Chance und segelte ständig auf die Nase, was bei

Nadia lautes Gelächter hervorrief. Dabei vergaß sie jedoch zu bremsen und

stieß gegen Sergej, der ins Taumeln geriet und versuchte sein Gleichgewicht zu

halten, indem er sich an seine Schwester klammerte. Das Ergebnis war, dass die

beiden als ein buntes Knäuel aus Armen und Beinen auf dem Eis lagen, was

wiederum Kai zum Lachen brachte.

Sie hatten viel Spaß an diesem Tag. Zusammen mit ihren Eltern bauten sie einen

riesigen Schneemann und unternahmen einen Winterspaziergang, bei dem sie sogar

auf eine Gruppe Rehe stießen, die beim Anblick der Menschen mit großen Sätzen

davon sprangen. Am Nachmittag suchten sich die Kinder einen großen Hügel zum

Rodeln und erst als es so dunkel wurde, dass sie nicht mal mehr die eigene

Nasenspitze erkennen konnten, kehrten sie zum Haus zurück.

Dort wurden sie schon vom verführerischen Duft eines leckeren Abendessens

willkommen geheißen und im Nu hatten sie sich aus ihren Jacken geschält und

saßen wieder um den Tisch herum. Sie waren so hungrig, dass jeder von ihnen es

schaffte, sich dreimal nachzulegen, bis sie keinen Bissen mehr runter bekamen.

Ihr Vater lachte.

„Man könnte meinen, ihr hättet seit Tagen nichts gegessen. Seid ihr sicher,

dass…“

Er brach mitten im Satz ab. Auch die anderen hatten es gehört. Ein Klopfen. Sie

lauschten. Da war es schon wieder! Irgendjemand stand draußen an der Haustür

und klopfte.

Verwundert erhob sich Daniel. Wer konnte das so spät noch sein? Die nächsten

Nachbarn wohnten etwa zwei Kilometer entfernt. War das vielleicht der

Eigentümer des Hauses? Aber dem hatte er doch gesagt, er würde den Schlüssel

morgen vorbeibringen.

„Vielleicht irgendwelche Leute, die sich verfahren haben und nach dem Weg

fragen wollen“, meinte er zu seiner Frau und verließ die Küche. Kai sah ihm

neugierig hinterher und beschloss dann, ihm nachzulaufen. Er glitt von seinem

Stuhl und folgte seinem Vater in den Flur, wo dieser gerade die Haustür

öffnete.

„Ja, bitte? Was wünschen Sie?“

Kai hörte die Stimme seines Vaters, doch wer immer dort vor der Tür stand,

antwortete nicht. Stattdessen stieß Daniel plötzlich einen lauten Schrei aus.

Kai erfuhr nie, ob es Worte gewesen waren, die sein Vater rief, denn noch bevor

er irgendetwas verstehen konnte, zerriss ein ohrenbetäubender Knall die Luft.

Mit schreckensweiten Augen beobachtete Kai, wie sein Vater zwei Schritte

rückwärts in den Flur taumelte und dann zu Boden fiel, mit dem Gesicht nach

oben. Nur dass dort kein Gesicht mehr war…

Unfähig sich irgendwie zu rühren starrte Kai auf die blutige Masse, wo bis

eben noch die geliebten Züge seines Vaters gewesen waren.

Die Zeit stand still. Es gab keine Geräusche mehr auf der Welt. Nichts rührte

sich mehr. Er selbst war gelähmt und dazu verdammt, für immer die zerfetzte

Leiche seines Vaters zu betrachten und das Blut, das aus seinem Kopf sickerte,

über den Teppich floss und alles durchtränkte: das braune Haar, dem von Kai so

unähnlich; das grüne Hemd, von dem Mama immer androhte es endlich wegzuwerfen;

die abgenutzte Armbanduhr, die er trug, solange Kai denken konnte; die

gebräunte Haut, die sich über seine starken Arme spannte; die Jeans, über die

Nadia einmal ihren Kakao geschüttet hatte… Alles wurde von einem Moment zum

anderen tiefrot. Und auch der Boden wurde rot, ebenso wie die Wände und die

Luft. Es schien keine andere Farbe mehr zu geben als rot. Blutrot…

Der Klang schwerer Schritte riss Kai in die Wirklichkeit zurück. Er wusste

nicht zu sagen, ob Sekunden vergangen waren oder Jahrzehnte. Angesichts der

beiden dunklen, hoch aufragenden Gestalten, die nun den Flur betraten, schien

ihm diese Frage nebensächlich. Sie schritten langsam auf ihn zu: zwei Menschen

– ob Männer oder Frauen wusste er nicht zu sagen – mit langen schwarzen

Mänteln, die Gesichter hinter dunklen Tüchern und Kapuzen verborgen – und

beide mit einer Pistole in der Hand. Vollkommen unfähig sich zu regen starrte

Kai auf die Waffen. Er wollte schreien, wollte weglaufen, doch er konnte sich

nicht bewegen, konnte kein Glied rühren. Er würde hier stehen bleiben müssen,

bis auch sie auf ihn anlegten, bis sie ihn ebenfalls töteten.

Ein Klirren wie von zerbrechendem Glas und ein durchdringender, panischer Schrei

drangen aus der Küche. Der Schrei einer Frau…

Mama!

Er musste zu ihr! Zu ihr, Nadia und Sergej! Sie würde ihn beschützen, sie

würde machen, dass die Gestalten weggingen! Alles würde wieder gut, wenn er es

nur zu ihr in die Küche schaffte! Papa würde nicht tot sein, sie würden alle

wieder fröhlich beim Essen sitzen! Er musste nur zu ihr!

Er befahl seinen Beinen sich zu bewegen und war froh, als sie gehorchten. Doch

auch wenn er die Lähmung überwunden hatte, schien alles wie in Zeitlupe

abzulaufen. Er hatte das Gefühl, als vergingen Stunden ehe er es endlich

schaffte, sich umzudrehen und die ersten Schritte den Flur entlang lief. Er war

sich sicher, dass die Gestalten hinter ihm jeden Moment ihre Pistolen auf ihn

richten würden. So langsam wie er sich bewegte, konnten sie ihn doch gar nicht

verfehlen. Mit jedem zähen Schritt, den er machte, kamen sie ihm immer näher.

Er hörte sie, spürte ihre Blicke in seinem Rücken, wartete nur darauf,

plötzlich eine Kugel im Nacken zu fühlen…

Und dann hörte er das Geräusch, das er so sehr gefürchtet hatte: den Knall

eines weiteren Schusses. Er schloss die Augen, wartete auf den Schmerz, fragte

sich einen Moment, ob er überhaupt noch etwas fühlen würde, wenn sie ihm in

den Kopf schossen… Doch er spürte nichts. Hatten sie ihn verfehlt?

Plötzlich war der Lauf der Zeit wieder normal. Kai lief so schnell, wie er noch

nie im Leben gelaufen war. Es dauerte keine zwei Sekunden bis er das Ende des

Flurs erreicht hatte. Er lief durch die Tür, stolperte durch die Küche und war

schon auf halbem Weg zu seiner Mutter und seinen Geschwistern, ehe er überhaupt

registrierte, was er dort vor sich sah. Auf dem Boden lagen Glassplitter und

dort, wo noch vor wenigen Minuten das Küchenfenster gewesen war, stand eine

weitere der schwarzen Gestalten, ebenfalls mit erhobener Pistole. Sie zielte auf

seine Mutter, die mitten in der Küche stand und versuchte ihre beiden Kinder

vor dem Eindringling abzuschirmen. Nadia und Sergej klammerten sich an ihre

Beine, beide zitternd vor Angst. Kai wollte zu ihnen, wollte wie sie Schutz bei

seiner Mutter suchen. Doch noch bevor er sie erreichen konnte, sackte sie in

sich zusammen. Ihre Kinder ließen sie los und sprangen mit entsetzten Mienen

zurück. Nadia schrie. Kai blickte verständnislos auf seine Mutter am Boden,

doch dann sah er die Blutlache, die sich um sie herum ausbreitete… und

begriff.

Der Schuss, den er im Flur gehört hatte… Der Knall war nicht hinter seinem

Rücken erklungen, sondern vor ihm. Aus der Küche. Aus der Waffe der

gesichtslosen Gestalt vor ihm. Als hätte sie seine Gedanken erahnt, wandte sie

ihren Kopf nun ihm zu, und Kai spürte – auch wenn er sie nicht sehen konnte

– wie ihre Augen seinen Körper durchbohrten. Erneut hob sie die Pistole,

ließ sie einen Moment ziellos in der Luft verharren… und richtete sie dann

auf Kai. Diesmal irrte er sich nicht. Er würde sterben. Jeden Moment. Genau wie

seine Mama und sein Papa. Er sah, wie sich der Finger um den Abzug krümmte.

Wartete…

„NEIN! Du hast es doch gehört! Die Kinder sollen unversehrt bleiben!“

Eine zornige Stimme erklang hinter ihm. Die beiden Vermummten aus dem Flur waren

hinzugekommen und fixierten ihren Kollegen. Von Kai oder seinen Geschwistern

nahmen sie keinerlei Notiz.

Die angesprochene Gestalt zuckte nur mit den Schultern und senkte die Waffe.

„Na gut, aber ich versteh nicht, warum wir die Bälger laufen lassen

sollen.“

„Ist mir schon klar, dass du nichts verstehst, aber das ist auch nicht dein

Job, oder? Apropos,“ und der Sprecher machte eine flüchtige Handbewegung zu

der am Boden liegenden Frau, „du hast hier alles erledigt?“

Er erhielt nur ein Nicken als Antwort.

„Gut, dann lasst uns von hier verschwinden!“

Und ohne noch einen Blick zurück liefen sie in den Flur und dann in die Nacht

hinaus. Von einem Moment auf den anderen waren sie fort.

Nadia begann zu weinen und klammerte sich an Sergej, der sie überhaupt nicht

wahrzunehmen schien.

Kai wollte zu ihnen gehen, wollte sich Trost von ihnen holen. Doch als er sich

in Bewegung setzte, trugen ihn seine Beine ganz von selbst in die Mitte der

Küche, zu seiner Mutter. Sie lag auf dem Bauch, den Kopf von ihm weggedreht. Er

würde um sie herumgehen müssen, um ihr Gesicht zu sehen. Doch wollte er das?

Würde es genau so aussehen wie das seines Vaters? Er war sich sicher, dass er

es nicht wissen wollte, doch erneut entschieden sich seine Beine von selbst.

Schritt für Schritt trugen sie ihn um den leblosen Körper herum. Er zitterte,

eine unwirkliche Kälte war in seine Glieder gedrungen.

Als er endlich ihr Gesicht sah, erschrak er. Doch nicht aus dem Grund, den er

erwartet hatte. Nein, er erschrak, weil die Augen seiner Mutter geöffnet waren

und sich ihre Lippen bewegten! Er stieß einen überraschten Schrei aus und ging

neben ihr in die Hocke. Am liebsten hätte er sie umgedreht, aber er wusste,

dass ihm dazu die Kraft fehlte. So kauerte er sich ganz dicht neben sie, das Ohr

ganz dicht an ihrem Mund, um auch ja jedes Wort zu hören. Doch er hörte

nichts. Er erschrak. War sie etwa doch…

„K-kai… seid… seid stark und… passt aufein…aufeinander auf…“

Er starrte sie an. Ein ganz zartes Lächeln umspielte ihre Lippen. Für einen

winzigen Moment sah sie ihm direkt in die Augen. Rubinrot traf auf rubinrot. Und

dann senkten sich ihre Lider…
 

„NEIN!“ Mit einem entsetzten Schrei fuhr der Junge namens Kai Hiwatari aus

dem Schlaf.
 

So, das war nun das erste Kapitel zu "Wounded Soul". Ich entschuldige mich

für alles, was ich dem lieben, kleinen Kai hier antue. T.T Ich wünschte, ich

könnte behaupten, dass nun keine weiteren Schicksalschläge mehr auf ihn

zukommen, aber das wäre gelogen... Der Gute muss bei mir ganz schön was

durchmachen, ehe er sein Happy end kriegt. ^^'

Ich danke allen, die dieses Kapitel gelesen haben und hoffe, es hat euch

gefallen. Das nächste folgt auch bald!

Ein schlecht gelaunter Hiwatari...

Hier mal kurz die Erklärung der Schriftformatierungen:
 

Normaler Text

„Gesprochener Text in der Gegenwart“

Kais/Rays Gedanken bzw. Selbstgespräche

„Gesprochener Text aus Kais Erinnerungen“
 

Kapitel 2
 

Schwer atmend richtete sich Kai auf. Für einen Moment verstand er nicht, wo er war. Sein Blick glitt ziellos durch das dunkle Zimmer und blieb dann an seinem Koffer hängen, der in der Ecke stand.

Koffer? Natürlich... Das Hotelzimmer.

Mit dieser Erkenntnis ließ er seinen Kopf wieder auf das Kissen fallen und fuhr sich mit der Hand über das schweißnasse Gesicht.

Nur ein Traum. Mehr war es nicht. Du hast nur geträumt, Hiwatari, also stell dich nicht so an!

Doch so sehr er auch versuchte, sich selbst zur Ordnung zu rufen: das Zittern seines Körpers ließ nicht nach und im nächsten Moment überkam ihn ein heftiges Gefühl der Übelkeit. Wankend erhob er sich und taumelte in das kleine Badezimmer. In der Dunkelheit tastete er nach dem Toilettendeckel, hob ihn an und erbrach sich über der Schüssel.

Keuchend und ermattet sank er zu Boden, wartete darauf, dass sein Körper ihm wieder gehorchte.

Das war ihm schon lange nicht mehr passiert. Er hasste dieses Gefühl der Schwäche und schämte sich für sich selbst.

Elendes Weichei! Es war nur ein beschissener Traum, nichts weiter! Okay, vielleicht war er verdammt heftig und realitätsnah, aber trotzdem nur ein Traum! Das ist doch schon elf Jahre her, eine Ewigkeit! Davon lässt du dich nicht aus der Fassung bringen. Verdammt noch mal, du bist Kai Hiwatari! Hör auf, hier wie ein kleines Kind herumzuliegen und dich von alten Erinnerungen peinigen zu lassen!

Mühsam rappelte er sich auf, schaltete das Licht an und ging zum Waschbecken. Nachdem er sich den Mund ausgespült und eine Ladung eiskalten Wassers ins Gesicht geklatscht hatte, fand er langsam zu seiner normalen Fassung zurück. Sein Blick fiel in den Spiegel.

Dort stand er: ein schlanker, muskulöser Teenager von sechzehn Jahren. Die grauen Haare hingen ihm wirr ins Gesicht, seine Haut war immer noch ein wenig blass und mitten im Gesicht funkelnden zwei rubinrote Augen. Eine Eiseskälte strahlte von ihnen aus. Mürrisch betrachtete Kai sein eigenes Spiegelbild und wie so oft, glitt sein Blick über die Narben auf seinem nackten Oberkörper. Die Narben, die…

Nein, jetzt reicht’s! Eine schlechte Erinnerung am Morgen ist genug!

Entschlossen wandte er sich ab und ging zurück ins Schlafzimmer. Ein Blick auf den Hotelwecker sagte ihm, dass es gerade halb fünf in der Früh war. Sein Team würde er jetzt noch nicht wach kriegen, aber selber schlafen konnte er auch nicht mehr. Er versuchte sich einzureden, dass er bereits vollkommen ausgeruht war, doch eigentlich wusste er den wahren Grund: er hatte Angst, erneut zu träumen.

Dieser Gedanke besserte Kais Laune nicht im Geringsten und so riss er zornig die Schranktür auf, schmiss seine Klamotten achtlos auf den Boden und griff dann nach dem erstbesten T-Shirt, das ihm in die Finger kam. Nicht dass die Auswahl üppig gewesen wäre: der Großteil seiner Kleidung war in düsteren Farben gehalten, schwarz oder dunkelblau oder ähnliches. Er war nun mal bei weitem nicht der fröhlichste Mensch und genau das wollte er auch verdeutlichen. Er hatte sich schon des Öfteren dämliche Kommentare von Tyson über seinen Klamottenstil anhören müssen, doch er hatte ihm sehr bald zu verstehen gegeben, was es bedeutete, einen Kai Hiwatari zu verspotten.

Nachdem er sich angezogen hatte, ging Kai noch einmal zu seinem Nachttisch und hob etwas von dort auf. Für einen Moment wog er den Gegenstand in der Hand, fuhr mit dem Finger über das blau schimmernde Metall und betrachtete den herrlichen Phönix in der Mitte. Dann ließ er Dranzer in seine Hosentasche gleiten.

Training, das ist es, was du jetzt brauchst. Gibt nichts Besseres, um wieder klar im Kopf zu werden.

Und mit diesem letzten Gedanken verließ er das Zimmer.
 

Als die Bladebreakers sich an diesem Morgen zum Frühstück im Hotelrestaurant zusammen fanden, trafen sie bereits auf ihren missgelaunten Teamleader, der mit finsterem Blick über einer Tasse Kaffee brütete.

„Da seid ihr ja endlich! Ich dachte schon, ihr taucht gar nicht mehr auf!“, schnauzte Kai ihnen als Morgengruß entgegen.

Ray, Hilary und Kenny tauschten verwunderte Blicke.

„Was hat dich denn schon so früh gebissen?“, beschwerte sich Tyson, doch ein einziger Blick von Kai ließ ihn verstummen. Offenbar war ihr Kapitän wirklich mies drauf und so beschlossen die übrigen Bladebreakers lieber still und unauffällig ihre Plätze am Frühstückstisch einzunehmen, ehe sie sich auch den Zorn des Hiwatari zuzogen. Dieser fixierte jeden von ihnen noch einmal mit seinen kalten Augen und starrte dann wieder in die Abgründe seiner Kaffeetasse. So entging ihm, dass Ray ihn beobachtete.

Wie üblich saß er Kai gegenüber und konnte ihn so genau mustern. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Klar, er war nicht gerade für sein sonniges Gemüt bekannt, aber dass er schon beim Frühstück so sehr austickte, geschah höchst selten. Er schien schon seit einer ganzen Weile auf den Beinen zu sein, und Ray war sich ziemlich sicher, dass er bereits eine Runde morgendliches Training hinter sich hatte.

Bei genauerer Betrachtung erschien Kai ihm auch blasser als sonst und er glaubte, dunkle Schatten unter seinen Augen zu sehen.

Vielleicht hab ich mir das doch nicht eingebildet…

In den frühen Morgenstunden war Ray von etwas geweckt worden, das er für einen Schrei gehalten hatte. Er war bereits verklungen, ehe Ray überhaupt richtig wach gewesen war, aber trotzdem war er sich für einen Moment sicher gewesen, ihn gehört zu haben. Der Schrei kam aus dem Zimmer nebenan, von dem er wusste, dass Kai es bewohnte. Eine Weile hatte er in die Dunkelheit gelauscht, doch als er nichts weiter mehr hörte, entschied er, dass er geträumt haben musste. Warum sollte Kai auch mitten in der Nacht schreien? Lächerlich. Ohne sich noch weiter Gedanken zu machen, hatte sich er wieder rumgedreht und war eingeschlafen.

Als er nun aber seinen Teamleader vor sich sah, beschlichen Ray doch ernste Zweifel daran.

„Sag mal, willst du mich porträtieren oder warum starrst du mich so an, Ray?!“

Erschrocken fuhr der Angesprochene auf und blickte in zwei zornig funkelnde Rubine. Anscheinend hatte Kai doch etwas bemerkt. Sofort senkte er seine Augen und konzentrierte sich jetzt voll und ganz auf sein Rührei. Er spürte förmlich, wie Kais wütende Blicke auf ihm ruhten und beschloss zur Sicherheit für eine Weile nicht aufzusehen. Bei genauerer Betrachtung war das Muster der Tischdecke doch recht interessant…
 

Alles in allem war es kein besonders lustiges Frühstück. Kai schien an diesem Morgen wirklich einen neuen Rekord in Übellaunigkeit aufstellen zu wollen und so vermied es selbst Tyson, ihn herauszufordern. Er hatte kaum seinen letzten Bissen Toast hinuntergeschluckt, als Kai auch schon aufsprang und sie nach draußen in den Hotelgarten scheuchte.

Dieser lag im Innenhof der Anlage, welche eigentlich eher einer kleinen Herberge glich. Sie hatte gerade einmal drei Etagen und wurde nur von wenigen Gästen besucht. Gerade deshalb hatte Mr Dickenson ihnen diese Unterkunft besorgt, denn er wusste genau, welche Ansprüche Kai an ein Trainingslager stellte und ganz oben auf der Liste standen Abgeschiedenheit und Ruhe. Besonders nach ihrem letzten Sieg im großen Turnier gegen die BEGA waren die Reporter immer aufdringlicher geworden. Die Tatsache, dass sich die einstigen Bladebreakers wieder zusammengefunden und ihren alten Teamnamen angenommen hatten, und der plötzliche Weggang von Daichi, der in sein Heimatdorf zurückgekehrt war, lösten eine wahre Sturmflut an Berichterstattungen über „das einzig wahre Champion-Team“ und „die Helden des Beybladesports“ aus. Tyson genoss den Trubel natürlich und auch Ray, Hilary und Max freuten sich hin und wieder darüber, ihre Gesichter über die Bildschirme flackern zu sehen, doch Kai fand den ganzen Rummel einfach nur lästig. Deshalb hatte er kurzer Hand beschlossen, das Dojo von Tysons Großvater in Tokyo, welches mittlerweile Tag und Nacht von Journalisten belagert wurde, mitsamt seinem Team für ein paar Tage zu verlassen, und dieses Trainingslager am Rande von Osaka einberufen. Es war schon eine ganze Weile her, dass sie gemeinsam trainiert hatten, und Kai war sich sicher, dass es eine Menge Fehler auszumerzen gab.

Diese Befürchtung bestätigte sich nun, als sein Team sich um das Trainingstableau geschart hatte. Es vergingen keine fünf Minuten und Kai war in seinem Element.

„Tyson, du verlierst bei der Wendung zu viel an Schwung! Konzentrier dich gefälligst auf deinen Blade!“

„Du musst dein Tempo konstant halten, Max! Bei solcher Unregelmäßigkeit kippt dein Blade schon um, wenn nur ein Schmetterling hustet!“

„Verdammt noch mal, Ray! Wann kapierst du endlich, dass du bei solchen Manövern die Power runterschalten musst!“

„Ihr seid wirklich absolut unfähig!“

So ging es eine ganze Weile. Kai bestritt gegen jeden von ihnen einen Übungskampf und nachdem er jeden einzelnen Blade unrühmlich aus der Arena gekickt hatte, machte er seine Teamkameraden zur Schnecke. Sie zogen die Köpfe ein und ließen ihn meckern. Ihm in dieser Stimmung zu widersprechen, hätte ohnehin nichts gebracht und wäre äußerst schädlich für die Gesundheit gewesen. Selbst Hilary, die sich sonst immer um den Frieden im Team bemühte, wagte es nicht, den Mund aufzumachen. Stillschweigend sah sie zu, wie Kai seine Teammitglieder zu einem Dauerlauf um den Innenhof antrieb, sie verschiedene Fitnessübungen absolvieren ließ und Tyson anschnauzte, als dieser kleinlaut nach einer Imbisspause fragte.

Nach einer Weile jedoch schien Kais Wut langsam abzuflauen und mit einem etwas ruhigeren, wenn auch immer noch eiskalten Ton, wies er Tyson, Ray und Max an, einen Beybladekampf zu dritt auszutragen. Er selbst entfernte sich ein paar Schritte vom Tableau und lehnte sich gegen die Häuserwand, von wo aus er seine Teamkameraden beobachtete.
 

Allmählich beruhigte er sich. Es war dumm von ihm gewesen, seine miese Laune an ihnen auszulassen. Für gewöhnlich zeigte er keine Gefühle und das passte im Grunde auch fiel besser zu ihm. Nichts von sich preisgeben und niemanden an sich heranlassen. War es nicht das, was man ihn gelehrt hatte?

„Es tut weh, nicht wahr, Kai? Es schmerzt dich so sehr, dass du dir wünschst, sie hätten nie existiert, hab ich recht? Deine Gefühle sind es, die dir diesen Schmerz bereiten. Deine Gefühle sind es, die dich schwach machen. Willst du stark sein, Kai? Ich kann dir beibringen, wie du Stärke erlangst. Ich kann dich lehren, nie wieder solchen Schmerz zu fühlen…“

Mit einem Ruck vertrieb Kai die Stimme aus seinen Gedanken. Warum wurde er an diesem Tag so oft von seiner Vergangenheit eingeholt? Es war viele Jahre her, dass die Stimme ihm diese Worte gesagt hatte, doch er hörte sie in seinem Kopf als stünde der Sprecher direkt neben ihm. Bei der Erinnerung daran zog sich alles in ihm zusammen.

Denk nicht zurück! Niemals! Das ist Vergangenheit!

Allmählich ging er sich mit seinen Ermahnungen selbst auf die Nerven, aber er wusste, dass es sein musste. Wenn er sich auch nur für einen Moment gestattete, wieder in seine Vergangenheit einzutauchen, würde seine ganze Fassade, die er mit soviel Mühe aufrecht erhielt, zusammenbrechen. Das durfte nicht geschehen. Diese Maske aus Eis war der einzige Schutz, den er besaß. Das einzige, woraus er Stärke schöpfte.

„Sei stark.“

Das war ihr Wunsch gewesen. Er bemühte sich jeden Tag aufs Neue, ihn zu erfüllen. Es war das letzte, was sie ihm gesagt hatte.

Nein… nicht das Letzte. Sie hatte noch etwas anderes gesagt…

„Passt aufeinander auf.“

Eine Eiseskälte breitete sich in ihm aus. Er wusste, von wem sie gesprochen hatte.

„Passt aufeinander auf.“

Das war ihr letzter Wunsch gewesen. Und er… er hatte sie enttäuscht.
 

Das war's auch schon wieder. Ich hab beschlossen, die Kapitel nach Inhalt statt nach Länge festzulegen, deswegen wundert euch nicht, dass dieses hier im Vergleich zum ersten so kurz geraten ist. Dafür wird das nächste wieder umso länger!^^ Wie immer danke, dass ihr bis hierhin gelesen hab!

Lebkuchenhexe Boris

So, diesmal kommen meine weisen Worte zu Anfang. Hab nämlich irgendwie das Gefühl, dass ich mich für die Kapitelüberschrift rechtfertigen muss.^^' (Auf Wunsch einer einzelnen Dame, haben meine Chapters jetzt nämlich Titel!;D)

Also, die Überschrift klingt eigentlich weitaus lustiger als das Kap tatsächlich ist, aber andererseits ist es auch nicht ganz so düster wie üblich. Muss zudem bekennen, dass ich üblicherweise eher lustige Sachen schreibe und als ich bei der betreffenden Stelle in dieser FF ankam, musste ich Boris einfach mit der bösen Lebkuchenhexe vergleichen! XD Von daher, auch wenn der Titel vielleicht nicht so treffend für den Inhalt ist, ich lass ihn so!^^ Und nun viel Spaß mit Kapitel 3!
 

Kapitel 3
 

Kai wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als die Polizei kam. Er nahm es kaum wahr, als eine füllige Frau in Uniform ihm eine Decke um die Schultern legte und ihn nach draußen zu ihrem Wagen führte. Sergej und Nadia saßen bereits dort. Ihre Mienen waren vollkommen ausdruckslos, sie schienen nicht einmal zu bemerken, dass sich ihr Bruder neben sie setzte.

Oder es war ihnen gleichgültig. Kai kümmerte das nicht. Ihm war auch alles egal. Es gab nichts mehr, was er fühlen konnte. Nichts machte mehr einen Sinn.

Die Stunden, die darauf folgten, konnte sich Kai nie wieder in Erinnerung rufen. Wann immer er Nadia und Sergej danach fragte, erzählten sie ihm von der Fahrt zurück nach Moskau, dem langen Warten auf dem Polizeirevier und den Fragen, die ihnen die Beamten gestellt hatten. Kai kam dies alles vollkommen fremd vor, obwohl seine Geschwister ihm immer wieder versicherten, dass es so gewesen war und dass er genauso Fragen beantwortet hatte wie sie.

Das Erste, woran er sich erinnern konnte, war das Erscheinen des Mannes. Er war bereits über das mittlere Alter hinaus und sein Auftreten war gebieterisch. Hiwatari hieße er. Voltaire Hiwatari. Er stellte sich den Kindern als ihr Großvater vor.

Kai hatte lange nicht begriffen. Natürlich wusste er, dass es Kinder gab, die Großväter und Großmütter hatten, aber er und seine Geschwister hatten nie zu denen gehört. Die Eltern ihrer Mutter waren noch vor Kais Geburt gestorben und die Eltern seines Vaters… Über die war in ihrer Familie nie ein Wort gefallen.

Plötzlich jedoch hatte Kai einen Großvater und dieser nahm ihn und seine Geschwister mit fort. Er sei sehr reich, erzählte er ihnen. Er besäße eine große Villa am Rande von Moskau, wo er mit ihnen wohnen würde. Sie würden eine richtige Familie werden.

Immer wieder sprach er von „dieser schrecklichen Tragödie“ und dass er nachvollziehen könne, was sie jetzt „durchmachten“.

An Kai perlten diese Worte ab wie Regentropfen an einer Glasscheibe. Ihm war es gleich, wohin dieser Fremde sie brachte und was mit ihnen geschah.
 

Als das Auto vor dem alten Prachtbau anhielt, warf Kai kaum einen Blick darauf. Er stieg einfach aus und starrte leer vor sich hin, nichts um sich herum wahrnehmend. Außer…

Erschrocken fuhr er zusammen, als eine warme Hand die seine ergriff. Verwirrt sah er sich um und entdeckte Nadia neben ihm, die ihm ganz leicht zunickte und den Druck auf seine Hand verstärkte. Es kam ihm unwirklich vor. Er hatte das Gefühl, als hätte er völlig vergessen, wie sich eine Berührung anfühlte. Aber die Wärme, die von ihrer Hand ausging, tat ihm wohl und zum ersten Mal seit er gesehen hatte, wie sein Vater blutend zusammengebrochen war, konnte er wieder klar denken. Dankbar erwiderte er den Druck und Hand in Hand folgten sie Sergej und Voltaire ins Haus.

Ein betagter Diener nahm ihnen ihr spärliches Gepäck ab und führte sie zu ihren Zimmern. Jeder bekam ein eigenes, prachtvoll eingerichtet mit kostbaren Möbeln und einem guten Ausblick auf den sorgfältig gepflegten Prunkgarten, der jetzt unter einer dicken Schneedecke begraben lag.

Kai wollte nicht alleine in seinem Zimmer bleiben, doch Voltaire wies ihn streng zurecht.

„Ihr drei seid Hiwataris! Das bedeutet, ihr seid von edler Abstammung und so benehmt ihr euch auch gefälligst! Jeder bekommt sein eigenes Zimmer, ihr werdet euch nicht wie elende Kanalratten zusammenrotten. Von nun an bin ich für euch verantwortlich und das heißt, ihr tut das, was ich sage! Haben wir uns verstanden?“

Verschreckt fuhr Kai zusammen. Der freundliche, fürsorgliche Ton, den sein Großvater noch vor wenigen Minuten im Auto angeschlagen hatte, war nun verschwunden. Stattdessen war seine Stimme jetzt hart und unerbittlich und Kai wagte keinen Widerspruch mehr, als Voltaire die Zimmertür hinter sich schloss und ihn alleine im Raum zurückließ.

Es war bereits dunkel und allmählich spürte er die Erschöpfung in seinen Gliedern. Sein Blick fiel auf seinen Rucksack. Sie hatten auf der Fahrt hierher kurz bei ihrer alten Wohnung halt gemacht, damit die Kinder ein paar Sachen zum Anziehen holen konnten. Sergej hatte für Kai gepackt, während er selber zum Wohnzimmerschrank geschlichen war. Als er sich sicher war, dass niemand – vor allem nicht sein Großvater – ihn beobachtete, hatte er nach dem Blade seiner Mutter gegriffen und ihn in seine Hosentasche geschoben. Er wusste nicht, warum ihm das so wichtig gewesen war.

Voltaire hatte ihnen versichert, dass sie bald noch einmal in Ruhe dorthin zurückkehren würden, damit sie weitere Sachen mitnehmen könnten, wofür in dem Moment keine Zeit gewesen war. Doch als sich Kai nun in dem fremden Schlafzimmer umsah, spürte er, dass er nie mehr in diese Wohnung zurückkehren würde. Sein Leben dort war endgültig vorüber. Das einzige, was ihm noch damit verband, war das Stück Metall in seiner Tasche und die beiden Menschen, die sich nun auf der anderen Seite seiner Zimmerwände befanden.

Ermattet schlurfte er zu seinem Rucksack, holte seinen Schlafanzug hervor und zog ihn an. Doch er hatte Schwierigkeiten mit den Knöpfen. So sehr er sich auch bemühte, seine Finger glitten immer wieder ab.

„Soll ich dir helfen?“

Das war Nadias Stimme. Kai hatte gar nicht gemerkt, wie sie ins Zimmer gekommen war. Sie trug bereits ihr hellblaues Teddybären-Nachthemd und machte sich nun an seiner Schlafanzugjacke zu schaffen. Eigentlich hasste er es, wenn sie ihn so betüttelte, doch er hatte sich auch noch nie so klein gefühlt und nun fand er es schön, dass seine Schwester ihm half.

Als sie fertig war, nahm sie ohne ein weiteres Wort seine Hand und führte ihn nach draußen auf den Flur. Kai verstand erst nicht, was sie vorhatte, bis sie vor Sergejs Zimmertür ankamen. Nadia öffnete sie ohne anzuklopfen, doch Sergej schien sich nicht daran zu stören. Er saß im Schlafanzug auf seinem Bett und sah sie an, als hätte er sie erwartet. Dann rückte er ein Stück zur Seite, um seinen beiden Geschwistern Platz zu machen, und Nadia und Kai kletterten zu ihm aufs Bett. Ihren kleinen Bruder nahmen sie in die Mitte und Kai spürte, wie sich die Arme seiner Geschwister um ihn legten und ihre warmen Körper sich an seinen schmiegten. Sergej ließ ihn noch einmal los, breitete die Bettdecke über sie alle und kuschelte sich dann wieder an ihn.

„Wir sollten jetzt versuchen zu schlafen, damit wir…“

Doch er unterbrach sich, als er das Schluchzen aus Kais Kehle hörte und spürte, wie der kleine Körper in seinen Armen anfing zu beben.

Die Nähe und Wärme seiner Geschwister hatten Kais Lethargie nun endgültig vertrieben und die Tränen, die er bisher nicht hatte weinen können, brachen sich nun schonungslos ihre Bahn. Verzweifelt krallte er sich in Sergejs Schlafanzugjacke, die schon ganz durchnässt war. Sein Bruder und seine Schwester streichelten ihn über Kopf und Rücken und versuchten ihn zu trösten, doch dann konnte auch Nadia nicht mehr an sich halten und begann ebenfalls zu weinen. Sergej hielt nur wenige Augenblicke länger aus, ehe auch ihm Tränen über das Gesicht liefen.

Dicht aneinander geschmiegt und gepeinigt von Kummer und Angst lagen die drei Kinder in dem fremden Bett und schöpften gegenseitig Trost aus der Nähe der anderen, bis ihr Schluchzen endlich verebbte – mehr aus Erschöpfung als aus zurück gewonnener Selbstbeherrschung – und sie in einen unruhigen Schlaf abdrifteten.
 

Voltaire war alles andere als begeistert, als er erfuhr, dass seine drei Enkel ihm nicht gehorcht und ihre Zimmer verlassen hatten. Diese unverschämten Gören! Sie erinnerten ihn umso deutlicher daran, wie sehr er Kinder hasste. Doch er bezähmte seine Wut. Nur noch ein paar Tage, dann würde er die drei wieder los sein. Alles war bereits besprochen. Sehr bald würde er sie in Boris’ Hände übergeben und dann bekämen sie endlich die Erziehung, die Voltaire ihnen zugedacht hatte. Besonders Kai… Er war die Schlüsselfigur in seinem Plan. Die beiden Älteren interessierten ihn im Grunde kaum, doch wenn sich aus ihnen irgendein Nutzen ziehen ließe, würde er das tun.

Bis dahin wollte er zumindest den halbwegs verständnisvollen Großvater spielen.

Er hätte gestern gegenüber Kai nicht so laut werden dürfen. Das hatte den Jungen sichtlich erschreckt. Er durfte nicht riskieren, dass die Kinder auf die Idee kamen fortzulaufen.

Wenn sie erst unter Boris’ Aufsicht standen, war das egal. Aus der Balkov-Abtei gab es keinen Fluchtweg. Von dort würden sie niemals entkommen können.

Voltaire gestattete sich ein selbstzufriedenes Grinsen. Sehr bald schon würde sein Plan gelingen. Ein Plan, der ihm die gewaltigste Macht auf Erden verschaffen sollte. Und Kai war die Waffe, mit der er diese erringen würde.
 

Ein paar Tage verstrichen. Die Kinder verbrachten sie großteils zu dritt in Sergejs Zimmer, wo sie einander Trost spendeten und sich fragten, was aus ihnen werden würde. Keiner von ihnen schaffte es, über den Tod ihrer Eltern zu sprechen. Immer wenn das Thema irgendwie in diese Richtung driftete, verfielen sie in bedrücktes Schweigen.

Kai hatte seinen Geschwistern den Beyblade ihrer Mutter gezeigt. Sie fragten ihn weder, warum er ihn an sich genommen hatte, noch forderten sie ihn auf, ihn einem von ihnen auszuhändigen. Kai war für beides dankbar. In den Momenten, in denen er allein war, holte er den Blade hervor und betrachtete den Phönix.

Dranzer.

Das war sein Name. Der alte Kampfgefährte seiner Mutter. Wie oft hatte Kai sie gebeten von Dranzer und den vielen verschiedenen Bitbeasts zu erzählen? Ihre Geschichten hatten ihn fasziniert und einmal war sie mit ihm hinaus in den Garten gegangen, hatte ihren Blade gestartet und Dranzer herbeigerufen. Kai erinnerte sich noch genau an diesen ehrfürchtigen Anblick. Das herrlich leuchtende Gefieder. Die mächtigen goldenen Krallen. Der melodiöse Klang seiner Stimme. Die wilden, stolzen Augen...

Nie zuvor hatte irgendein Wesen Kai so gemustert wie der Phönix. Ihm war, als könnte das Bitbeast direkt in seine Seele blicken, doch hatte ihm das keine Angst gemacht. Vielmehr fühlte der Junge sich erkannt und verstanden und er war sich sicher gewesen, Dranzer könne seine Gedanken lesen. Es war ein seltsames Gefühl gewesen, ein bisschen unheimlich, doch trotzdem schön, und Kai hatte sich geschworen, eines Tages auch so ein prächtiges Bitbeast zu besitzen. Dann könnte er gegen seine Mutter und Dranzer antreten und würde sie besiegen und ein großer Beyblader werden wie sie und sie wäre stolz auf ihn...

Doch so würde es nun nie mehr kommen. Seine Mutter war tot und Dranzer seiner Herrin beraubt.

Kai fragte sich, was der Phönix fühlen mochte. Empfand er auch diesen schrecklichen Verlust, diese Leere in seinem Herzen? Erschien auch ihm jeder neue Tagesanbruch einfach nur sinnlos? Seit Kai den Blade an sich genommen hatte, schien ihm das Bild des Phönix farbloser und blasser geworden zu sein, als hüllte sich das Wesen in seinen eigenen Trauerschleier.

Du vermisst sie, nicht wahr, Dranzer? Ich vermisse sie auch.

Irgendwie fühlte sich der Junge besser, wenn er zu dem Bitbeast sprach, selbst wenn dieses nie irgendeine Reaktion zeigte, ob es ihn verstand. Ihm konnte er all die Dinge sagen, die ihm gegenüber seinen Geschwistern nicht über die Lippen kamen und Kai hatte das Gefühl, als würde Dranzer ihm zuhören. Aus diesem Gedanken schöpfte der Kleine Trost.

Was glaubst du, was aus uns werden wird, Dranzer? Großvater scheint sich überhaupt nicht für uns zu interessieren und er wird immer so schnell böse, wenn wir was falsch machen. Ich will nicht mehr in diesem Haus bleiben. Ich möchte hier weg, zusammen mit Nadia und Sergej. Einfach nur ganz weit weg...

Ein lautes Klopfen an seiner Zimmertür ließ Kai aus seinen Gedanken aufschrecken. Hastig stopfte er den Beyblade unter sein Kopfkissen, sprang vom Bett und rief "Herein!"

Der altersschwache Diener, den er schon am ersten Tag in der Villa getroffen hatte, trat ein.

"Das Abendessen ist angerichtet, Master Kai. Ihr Großvater wünscht, Sie unten zu sehen."

Kai verzog mürrisch das Gesicht. Er hasste diese Anrede, aber er wusste, dass sein Großvater darauf bestand. Die Dienerschaft sollte den erlauchten Enkeln des Herrn Hiwatari den gebührenden Respekt erweisen.

"Ist gut, ich komme."

Er setzte sich in Bewegung, hielt jedoch inne als er an dem großen Wandspiegel in seinem Zimmer vorbeikam und sein Spiegelbild sah. Er hatte einmal den Fehler gemacht, mit ungekämmten Haaren vor seinem Großvater zu erscheinen und sein Trommelfell schmerzte immer noch von der Schimpftirade. Seufzend griff er nach einem Kamm und versuchte seinen zottigen Haarschopf wenigstens um ein Minimum zu bändigen. Aber das war gar nicht so leicht, egal wie sehr er es versuchte, seine Haare standen kreuz und quer ab. Nach zwei Minuten beschloss er, es gut sein zu lassen und musterte kritisch sein Spiegelbild. Er sah zersauster aus denn je. Aber man konnte ihm nicht vorwerfen, er hätte es nicht versucht.

Schulterzuckend wandte er sich um und verließ das Zimmer. Nadia und Sergej warteten draußen auf dem Flur auf ihn. Wann immer es möglich war, vermieden die Geschwister es, ihrem Großvater allein gegenüber zu treten. Er machte ihnen mit seinen ständigen Wutausbrüchen Angst.

Nadia warf einen belustigten Blick auf Kais Haare, besaß jedoch den Anstand, seine Steckdosenfrisur nicht zu kommentieren.

"Großvater wird nicht gerade begeistert sein", meinte Sergej besorgt, doch Kai zuckte abermals mit den Schulten.

"Ich kann nichts dafür."

Um einer weiteren Bemerkung seines Bruders zuvor zu kommen, setzte Kai sich in Bewegung und ging als Erster die Treppe hinunter. Die beiden Anderen folgten.

Im Speisezimmer trafen sie auf Voltaire und Kai wappnete sich bereits innerlich gegen einen erneuten Wutausbruchs von Seiten seines Großvaters, ehe er bemerkt, dass dieser nicht allein war. Auf dem Platz neben ihm saß ein fremder Mann mit strähnigen violetten Haaren, der sich angeregt mit ihm unterhielt, beim Eintreten der Kinder jedoch aufblickte.

"Ah, wie schön, da seid ihr ja!", begrüßte Voltaire seine Enkel ungewohnt warmherzig.

Die drei Angesprochenen tauschten einen verwunderten Blick.

"Setzt euch, wir haben heute jemanden zu Gast. Begrüßt Herrn Balkov!"

Artig traten die Kinder vor und reichten dem Fremden nacheinander die Hand.

Kai schauderte, als sich die langen, schweißfeuchten Finger um die seinen schlossen und zwei kalte, schwarze Augen ihn von oben bis unten musterten. Bemüht, nicht zu stark zu blinzeln, erwiderte Kai den Blick und fragte sich, wie lange er seinen Ekel noch unterdrücken konnte.

Endlich ließ der Mann seine Hand los und verzog dann seinen Mund zu einem falschen Lächeln.

"Es freut mich, euch drei endlich kennen zu lernen. Euer Großvater hat mir ja schon viel von euch erzählt. Es klang sehr... vielversprechend."

Erneut blieb sein Blick an Kai hängen und sein Grinsen wurde noch breiter, wodurch seine gelben Zähne offenbart wurden. Kai musste an die böse Hexe im Märchen denken, die die Kinder erst mit schönen Versprechungen und leckeren Süßigkeiten in ihr Lebkuchenhaus lockt, um sie dann dort zu braten und zu verzehren. Erneut überkam ihn ein Schauder. Er hatte "Hänsel und Gretel" nie gemocht...

Das Abendessen war für die Kinder eine unangenehme Angelegenheit. Sie wagten es nicht, den Kopf zu heben aus Angst, dem Blick ihres Großvaters oder dieses komischen Herrn Balkovs zu begegnen.

Sein Vorname lautete Boris. Das erfuhren sie sehr schnell, denn die beiden Männer unterhielten sich während des gesamten Essens und ihr Großvater nannte seinen Gast ausschließlich beim Vornamen. Dieser wiederum zollte Voltaire den allerhöchsten Respekt, nannte ihn "Gaspadin" und stimmte auf kriecherische Art und Weise jeder Bemerkung des alten Herren zu.

Zu Anfang waren die Gespräche eher belanglos, drehten sich um den zunehmenden moralischen Verfall der russischen Jugend, die zahlreichen Fehlentscheidungen der Regierung und eine kürzlich besuchte Vorstellung des Moskauer Ballettensembles.

Die Kinder hörten bald nicht mehr zu, sondern löffelten nur schweigsam ihre französische Zwiebelsuppe und warteten sehnsüchtig auf das Ende der Mahlzeit.

Doch nachdem die Teller abgeräumt waren, blieb die ersehnte Erlaubnis den Tisch zu verlassen aus. Stattdessen gebot Voltaire seinen Enkeln sitzen zu bleiben und zuzuhören.

"Ich habe Herrn Balkov heute aus einem bestimmten Grund zu uns eingeladen. Ihr müsst nämlich wissen, dass er der Leiter einer Einrichtung ist, die meiner Firma - der Hiwatari-Corporation - untersteht. Diese Einrichtung befindet sich in einem ehemaligen Kloster hier in Moskau und wird daher auch als "Balkov-Abtei" bezeichnet. In Wahrheit handelt es sich dabei jedoch um ein Institut für Bildung und Erziehung begabter Kinder - Kinder, wie ihr es seid. Sie legen dort Wert auf die verschiedensten Talente, aber eine Begabung wird in der Abtei besonders berücksichtig und das ist die Fähigkeit zu Beybladen."

Kai horchte auf und hob überrascht den Kopf.

Eine Schule für's Beybladen?

"Wie ich weiß, war eure Mutter eine begabte Bladerin, und es scheint so, als hättet auch ihr drei ein gewisses Talent dafür. Besonders du, Kai."

Voltaire fixierte seinen jüngsten Enkel und Kai wurde mulmig zumute. Woher wusste sein Großvater, dass er ein guter Blader war?

"Nun, kurz gesagt, es ist mein Wunsch, dass ihr drei in der Abtei unterrichtet und erzogen werdet. Ich bin ein viel beschäftigter Mann und die meiste Zeit des Jahres außer Landes. Deswegen werde ich euch in Herrn Balkovs Obhut geben. Es wird euch in der Abtei gefallen, ihr werdet auf viele Gleichaltrige treffen und ihr erhaltet die beste Ausbildung, die ihr kriegen könnt. Neben dem Beybladen werdet ihr natürlich auch schulischen Unterricht erhalten und wenn ihr erstmal euren Abschluss gemacht habt, steht euch alles offen. Ihr könnt in jeder machtvollen Position auf der Welt arbeiten oder sogar später die Leitung meiner Firma übernehmen - nicht, dass da ein Unterschied bestehen würde", fügte er noch hinzu, worauf ihm Boris mit einem schleimigen Grinsen zunickte und die beiden Männer verschlagene Blicke austauschten.

Die Kinder jedoch hatten nur soviel verstanden, dass ihr Großvater sie auf eine Art Internat schicken wollte. Zugegeben es schien ein sehr gutes Internat zu sein mit einem außergewöhnlichen Interesse am Beybladen, aber letztendlich auch nur eine Schule wie jede andere auch.

Sergej und Nadia gingen bereits zur Schule und wussten, dass das nichts war, wovor man sich fürchten musste. Immerhin würden sie zusammenbleiben und wenn sie obendrein noch diesem düsteren Haus entkommen konnten, sollte es ihnen nur recht sein.

So nickten sie schließlich und Kai beeilte sich, es ihnen gleich zu tun. Sie hatten ja ohnehin keine wirkliche Wahl.

"Gut, wenn das so ist, möchte ich, dass ihr jetzt nach oben geht und eure Sachen packt. Wir fahren in einer Stunde ab."

Die Kinder trauten ihren Ohren nicht. Noch heute abend sollten sie in die Abtei ziehen? Und dann wurden sie erst kurz vorher informiert?

Sergej setzte dazu an, etwas zu sagen, doch der eiskalte Blick seines Großvaters ließ ihn sofort verstummen.

"Habt ihr nicht gehört? Ab nach oben mit euch!", knurrte er diesmal ungehalten und rasch verschwanden die drei aus dem Esszimmer.

Kai brauchte nicht lange, um seine Sachen zu packen, er besaß ja kaum noch etwas, was ihm etwas wert war. Er holte Dranzer unter seinem Kopfkissen hervor und verstaute ihn sicher in seiner Hosentasche, ehe er seinen Koffer in Sergejs Zimmer schleifte. Auch Nadia hatte sich bereits mit ihrer Tasche hier eingefunden und zu dritt sprachen sie aufgeregt über diese neue Wendung in ihrem Leben.

"...er hätte uns das ruhig früher sagen können! Aber vielleicht wird es ja ganz schön dort..."

"Ich weiß nicht, habt ihr diesen Balkov gesehen? Irgendwie ist mir der Typ unheimlich..."

"Ich frage mich, warum die in dieser komischen Abtei so einen Aufriss ums Beybladen machen..."

"Meint ihr, ich bin gut genug für die? Kai hat von uns allen echt die besten Chancen..."

So redeten sie noch eine ganze Weile, bis plötzlich ein Klopfen an der Zimmertür sie aufschrecken ließ.

Der alte Diener trat ins Zimmer, verbeugte sich und griff nach den Taschen.

"Master Sergej, Master Kai und Miss Nadia, der Herr Hiwatari wünscht, dass sie herunterkommen."

Mit diesen Worten drehte er sich um und trug ihre Koffer und Taschen die Treppe hinunter.

"Wünscht? Wohl eher: befiehlt", flüsterte Sergej grimmig und setzte sich in Bewegung.

Kai und Nadia warfen sich einen letzten beklommenen Blick zu und folgten ihm...
 

"Hey Kai! Sag mal, träumst du, oder was?"

Erschrocken fuhr der Angesprochene aus seinen Gedanken und blickte in das verwunderte Gesicht Hilarys.

"Wie? Was ist?"

Kai blinzelte einmal und sah sich verwirrt um. Ray, Max und Tyson hatten ihr Trainingsmatch offenbar beendet. Er registrierte kurz, dass Drigger als einziger noch kreiselte, bevor er sich bewusst wurde, wie bescheuert er wirken musste.

Augenblicklich verschränkte er die Arme und hüllte sich wieder in seine Maske aus Eis.

"Also, was ist los?", knurrte er im Bemühen, möglichst gefasst und bedrohlich zu klingen.

Und anscheinend klappte es, denn Hilary war sichtlich eingeschüchtert.

"Ich... äh... nun ja... also, du hast minutenlang... minutenlang nur vor dich hingestarrt... und keinen Ton gesagt... also, da dachte ich..."

"Was immer du gedacht hast, du hast dich geirrt!", fauchte er und nun warf ihm auch der Rest des Teams verwunderte Blicke zu.

"Hey, Kai, du hast keinen Grund, Hilary so runter zu machen", versuchte Max das Mädchen zu verteidigen, doch Kai bedachte ihn nur mit einem seiner berühmten Todesblicke.

"Was mischst du dich da eigentlich ein, Max? Das geht dich gar nichts an!" herrschte er nun den Amerikaner an.

Jetzt wurde es sogar Ray zuviel:

"Verdammt, Kai, jetzt reg dich endlich mal ab! Falls du es noch nicht gemerkt hast, wir durften den ganzen Morgen als Opfer für deine schlechte Laune herhalten! Ich weiß ja nicht, was dir heute für 'ne Laus über die Leber gelaufen ist, aber das musst du nicht an uns auslassen! Wie wär's, wenn du einfach mal sagst, warum du heute so angepisst bist?!"

"Ach ja, du Klugscheißer? Vielleicht geht es mir einfach nur auf den Geist, mich mit nervigen Kleinkindern und unfähigen Bladern abzugeben?!", schrie ihm der Russe entgegen, ehe er sich wutschnaubend umdrehte, mit schnellen Schritten davonstapfte und seine völlig perplexen Teammitglieder im Hof stehen ließ.

"Ähm... Ich glaub, das heißt, das Training ist zu ende, oder?" fragte Tyson zaghaft, erhielt aber nur ein mehrfaches Schulterzucken als Antwort.

Sturheit, Ignoranz, Stolz...

So hier kommt das neue Kapitel! Tut mir leid, dass es diesmal länger gedauert hat als bei den vorigen, aber leider sind die Semesterferien jetzt vorüber und das heißt, dass ich mich wieder brav auf meine Vorlesungen zu konzentrieren habe. Da bleibt das Schreiben ein bisschen auf der Strecke... Daher gewöhnt euch lieber dran, dass die Pausen zwischen den einzelnen Kapiteln länger werden, aber ich versprech euch, dass ich mich bemühe!^^ Ansonsten wünsch ich euch jetz viel Spaß mit dem neuen Chapter!
 

Kapitel 4
 

Dämliche Idioten! Kleinkinder! Hirnamputierte Schwachköpfe! Können nicht anständig bladen und glauben, mir Vorschriften machen zu können! Und dann wundern sie sich, warum ich genervt bin!

Immer noch bebend vor Zorn stapfte Kai durch die Straßen Osakas, wobei er hin und wieder einige russische Flüche ausstieß und die verwunderten Blicke der vorbeiziehenden Passanten ignorierte. Gelegentlich rempelte er auch jemanden an, doch ließ er sich nicht zu einer Entschuldigung herab, was die betreffenden Personen sehr entrüstete.

Verdammt, lasst mich doch einfach alle in Ruhe! Ist das denn so schwer?! Ich will nur meine Ruhe!

Mit jeder Minute, die verstrich, wurde er gereizter und er versuchte sich einzureden, dass allein das Verhalten seines Teams dafür verantwortlich war.

Wie soll man bei denen noch vernünftig bleiben? Die bringen doch jeden normalen Menschen auf die Palme!

So versuchte er, sich vor sich selbst zu rechtfertigen, aber im Grunde wusste er, dass seine Freunde absolut unschuldig waren.

Eigentlich benahmen sie sich gar nicht so kindisch - die meiste Zeit jedenfalls und Tyson war hier sowieso als Ausnahme anzusehen - und sie konnten auch absolut nichts dafür, dass er so schlecht gelaunt war. Er hatte es ihnen heute morgen ja wirklich nicht leicht gemacht...

Die Gewissheit, dass er sie vollkommen grundlos angebrüllt hatte, verschlechterte Kais Laune noch mehr. Aber auf seine Freunde war er schon lange nicht mehr wütend.

Du bist ein echtes Arschloch, Hiwatari! Ein cholerisches Ekelpaket, das zu schwach ist, seine Gefühle unter Kontrolle zu halten und deswegen für alles einen Sündenbock sucht!

Ja, der wahre Grund für seine Wut war er selbst. Er hatte zugelassen, dass er die Kontrolle über sich verlor.

Warum hatte er es auch gewagt, so weit zurück zu denken? Er wusste doch, dass er diese Erinnerungen nicht verkraftete. Er besaß nicht die Stärke, damit fertig zu werden, und um seine Schwäche zu überspielen, flüchtete er sich in Zorn. Und diesen Zorn mussten ausgerechnet seine Freunde zu spüren bekommen...

Kai seufzte und seine schlechte Laune wich mehr und mehr der Traurigkeit. Es tat ihm schon längst leid, dass er sein Team so angefahren hatte, aber es war nun einmal geschehen und er konnte es nicht rückgängig machen.

Soll ich mich... bei ihnen entschuldigen?

Der Gedanke behagte ihm gar nicht. Zugegeben, er hatte ein schlechtes Gewissen, aber das war lange nicht so groß wie sein Stolz. Es war schon schlimm genug, dass er überhaupt die Kontrolle über sich verloren hatte, aber dies dann noch vor seinen Freunden einzugestehen und ihnen seine ganze Schwäche zu offenbaren... nein, das konnte er unmöglich tun.

Sei stark! Um stark zu sein, verbanne deine Schwäche! Um deine Schwäche zu verbannen, kontrolliere deine Gefühle!

Das war es, was man ihm beigebracht hatte.

All die Jahre hatte er danach gelebt, er kannte es gar nicht mehr anders.

So sehr er seinen Großvater und Boris heute verabscheute, ihre Lehren konnte er nicht so einfach aus seinem Kopf verbannen.

Boris...

An ihn hatte Kai während des Trainings gedacht. Daran, wie er ihm das erst Mal begegnet war. Wie sein Großvater ihm und seinen Geschwistern ihre Zukunft in der Abtei offenbart hatte.

Die wenigen Tage, die er mit Nadia und Sergej in der düsteren Villa verbracht hatte, waren Kai noch deutlich in Erinnerung geblieben und ganz besonders jener erste Abend, als sie zu dritt in einem Bett geschlafen hatten...

Missmutig schüttelte Kai den Kopf.

Jetzt hör endlich auf damit! Du machst es immer schlimmer, wenn du ständig an die Vergangenheit denkst!

Kai wollte es sich nicht eingestehen, aber er hatte Angst. Es war eine Ewigkeit her, seit er zum letzten Mal an seine Familie oder an Boris gedacht hatte und er hatte diese Erinnerungen keineswegs vermisst.

Warum holte ihn das also plötzlich mit einem Mal alles wieder ein?

Warum hatte er diesen Traum gehabt? Und weshalb gelang es ihm nicht mehr, seine Gedanken vor der Vergangenheit zu verschließen, wie er es all die Jahre gekonnt hatte? Gab es dafür überhaupt einen Grund?

Hatte irgendein Ereignis in der jüngsten Zeit seine Erinnerungen ausgelöst?

Kai zermarterte sich das Hirn und grübelte über die letzten Wochen nach, aber ihm wollte nichts einfallen.

Sie hatten die BEGA geschlagen, die G-Revolution hatte sich aufgelöst und die Bladebreakers hatten beschlossen, ein Comeback zu starten. Sie waren alle wieder bei Tysons Großvater eingezogen und hatten sich erstmal von den Strapazen erholt, bis Kai sie vor wenigen Tagen hierher nach Osaka geschleift hatte. Auch hier war nichts Außergewöhnliches passiert.

Kai drillte seine Teammitglieder nach Leibeskräften, wie üblich, und diese jammerten über diese ständige Schinderei, ebenfalls wie üblich.

Hin und wieder liefen sie anderen Hotelgästen über den Weg, doch Kai sorgte meist mit ein paar bösen Blicken dafür, dass sein Team in Ruhe gelassen und nicht vom Training abgelenkt wurde.

Nichts Außergewöhnliches. Nirgendwo auch nur der nichtigste Grund, der kleinste Anstoß für Kais verlorene Selbstkontrolle über seine Gedanken.

Verdammt! Irgendeine Ursache muss es doch geben! Sorgsam verdrängte Erinnerungen beschließen nicht von einem Tag zum anderen, sich mal wieder aus den Weiten der Gehirnwindungen zurückzumelden und auf 'nen Anstandsbesuch vorbeizuschauen!

Eigentlich hatte Kai von der ewigen Grübelei längst die Schnauze voll.

Für einen Moment überlegte er, ob er dem Drang einfach nachgeben und erneut in seine Vergangenheit eintauchen sollte, doch diesen Gedanken verbot er sich auf der Stelle.

Ein Kai Hiwatari gab niemals nach!

Stattdessen beschloss er, sich eine andere Taktik zuzulegen:

Er würde so tun, als wären die letzten Stunden nie passiert. Er würde keinen einzigen Gedanken mehr an seinen Traum verschwenden und auch nicht krampfhaft versuchen, die Erinnerungen zurückzudrängen. Er würde sich einfach einreden, alles unter Kontrolle zu haben und dann würde er die Kontrolle tatsächlich zurückgewinnen. Sämtliche Kommentare, Bemerkungen oder auch nur merkwürdige Blicke seiner Teammitglieder würde er einfach gekonnt ignorieren, darin hatte er Übung.

Ja, Sturheit und Ignoranz, damit war er bisher immer gut durchs Leben gekommen. Und in seiner momentanen Situation erschien ihm dieses Patentrezept mehr als erfolgsversprechend!
 

Noch etwa zehn Minuten warteten die Bladebreakers im Innenhof, doch als klar war, dass ihr Leader nicht zurückkommen würde, zerstreuten sie sich.

Tyson schleifte Max sofort ins Restaurant, in der Hoffnung dort bereits ein frühes Mittagessen abstauben zu können, während sich Hilary und Kenny auf ihre Zimmer verzogen.

Auch Ray spielte kurz mit dem Gedanken, schon zum Essen zu gehen, doch nach einem Blick auf das angebotene Tagesmenü verwarf er diesen sogleich wieder. Eingelegter Kohl und frittierte Hühnergliedmaßen ergaben für ihn keine sehr appetitanregende Kombination.

Vielleicht hätte Mr Dickenson bei der Auswahl der Herberge doch ein paar Kriterien mehr festlegen sollen... Schließlich konnte nicht jeder so einen stählernen Magen haben wie Tyson.

Also entschloss Ray sich, in der Stadt zu essen. Das müsste er dann zwar aus eigener Tasche bezahlen, aber wenn es ihm dafür erspart blieb, anschließend den Giftnotruf zu wählen, würde er das akzeptieren.

Rasch ging er auf sein Zimmer, gönnte sich eine kurze Dusche und verließ dann in frischen Klamotten und mit seiner Geldbörse in der Tasche die Herberge.

Er war sich erst nicht sicher, wohin er sich wenden sollte. Er war noch nie zuvor in Osaka gewesen und in den drei Tagen, die sie jetzt schon hier waren, hatte es keine Möglichkeit gegeben, die Stadt zu erkunden. Dafür hatten Kai und sein Trainingsplan gesorgt.

Auch jetzt fragte sich Ray, wieviel Zeit ihm wohl blieb, bis der Russe wieder auftauchen und mit der Schinderei fortfahren würde.

Der Gedanke, zu spät zum Training zu erscheinen, hatte nämlich nichts Verlockendes...

Besser ich beeile mich!

Der Chinese sah sich um. Die Herberge lag wirklich im Randbereich der Metropole und die Straßen hier wirkten alle eher verschlafen. Er würde seine Nahrungssuche wohl woanders beginnen müssen.

Darum ging Ray zur nächsten Haltestelle und stieg in den erstbesten Bus ein, der dort hielt. Ganz egal, wo er hinfuhr, es würde sich ja wohl irgendeine Imbissbude oder dergleichen finden lassen. Hauptsache, er landete nicht im Industriepark...

Aber offenbar war ihm Fortuna hold, denn der Bus spuckte ihn in der Nähe von Shinsaibashi aus, eine der größten Einkaufsstraßen der Stadt.

Hier traten sich die Leute zwar gegenseitig auf die Zehen, aber verhungern würde er hier gewiss nicht. Tatsächlich dauerte es keine zwei Minuten, bis ihm der köstliche Geruch von gegrilltem Schweinefleisch in die Nase stieg und ihn veranlasste, vor einer kleinen Imbisstheke halt zu machen.

Die Preise des Ladens waren zwar exorbitant, aber Rays Magen hatte schon längst über sein Hirn triumphiert und so bestellte sich der Chinese eine Portion (mit Reis und gedünsteten Sojasprossen als Beilage) und verschlang sie mit großem Behagen.

Dabei stellte er sich vor, wie Max jetzt in diesem Moment sein Essen in Senf ertränkte, während Tyson sich einfach alles wahllos in den Mund schaufelte, und ein breites Grinsen stahl sich auf seine Lippen.

Ob sich Hilary und Kenny wohl dazu durchringen können, das Zeug zu essen? Vielleicht hätte ich die beiden fragen sollen, ob sie mich begleiten wollen. Aber naja, jetzt ist es eh zu spät.

Genüßlich nahm er den letzten Bissen und legte dann die Essstäbchen zur Seite.

Ich seh lieber zu, dass ich zurückkomme. Wer weiß schon, wann Kai wieder auftaucht...

Mit diesem Gedanken erhob er sich und trat wieder auf die Straße.

Eigentlich wäre er gerne noch ein wenig durch die Gegend spaziert und hätte sich umgesehen, aber das war am heutigen Tag mehr als unklug. Nicht bei Kais labiler Stimmung...

Würde mich ja echt mal interessieren, was mit dem heute los ist.

Hilary war nicht die Einzige gewesen, die Kais mentale Abwesenheit während des Trainings registriert hatte. Klar, es war für den Russen üblich, schweigend an irgendeiner Wand zu lehnen, aber für gewöhnlich wirkte er selbst dabei hoch konzentriert, selbst wenn seine Augen geschlossen waren.

Ein Kai Hiwatari, der nur ins Leere stierte und dann auch noch zusammenfuhr, wenn man ihn ansprach, war dagegen ein wahrhaft ungewohnter Anblick.

Irgendetwas beschäftigt ihn. Aber mit der Sprache rausrücken wird er wohl kaum.

Ray seufzte. Es war wirklich nicht leicht, mit dem verbohrten und hoffnungslos verkorksten Russen auszukommen.

Okay, er war ihr Freund, aber das hieß noch lange nicht, dass Ray oder einer der anderen Bladebreakers aus Kai schlau geworden wäre.

In den drei Jahren, in denen sie ihn nun schon kannten, hatte dieser zwar deutlich Sympathie für sein Team entwickelt, doch keinerlei Vertrauen...

Ray bezweifelte, dass Kai überhaupt irgendjemandem vertraute und wie schon so oft fragte er sich, wie wohl Kais Vergangenheit ausgesehen haben musste.

Er wusste, dass sein Teamleader in dieser komischen Balkov-Abtei in Moskau ausgebildet worden war und dass er dort vermutlich keine sehr angenehme Zeit verbracht hatte. Zumindest war das zu erahnen angesichts der Reaktionen, die Kai zeigte, wann immer das Thema auch nur angeschnitten wurde.

Doch was genau war dort geschehen?

Es interessierte Ray wirklich, denn auch wenn er stur und aufbrausend war, so ließ sich doch nicht leugnen, dass Kai ein faszinierender Mensch war. Einerseits bemühte er sich nach Kräften, sich die Leute vom Leib zu halten und dann gab es wieder jene seltenen Gelegenheiten, in denen er sich als ausgesprochen warmherzig und hilfsbereit erwies.

Was muss einem Menschen widerfahren, dass sein Wesen so zerrissen ist?

Ray hatte sich diese Frage schon öfter gestellt und sie auch mit den anderen diskutiert, doch Spekulationen halfen ihnen hier nicht weiter und Kai selbst würde ihnen wohl keine Antwort geben.

Eigentlich schade.

Ja, Ray bedauerte es wirklich, dass sein Freund so verschlossen war, vielleicht hätte er ihm ja helfen können. Denn Kai brauchte Hilfe, da war er sich sicher und nach dem heutigen Ausbruch beim Training umso mehr.

Es war einfach unübersehbar, dass den Russen irgendetwas beschäftigte und ihm vermutlich sogar Probleme bereitete. Doch er war nun mal ein Einzelgänger, der sich nicht helfen lassen wollte.

Eigentlich könnte Ray das ja egal sein, aber wenn Kai seine Probleme wie heute auf seine Teammitglieder abwälzte, wurde es auch zu seiner Angelegenheit.

Ach, Hiwatari, du elender Sturkopf!

Er sah ein, dass ihm die Grübelei nicht weiterhalf, und mit einem mentalen Seufzer vertrieb er den Russen aus seinen Gedanken und machte sich auf den Rückweg.

Doch nun schien ihn das Glück verlassen zu haben. Der Bus, den er nehmen musste, fuhr natürlich direkt vor seiner Nase davon und nach einem Blick auf den Fahrplan kam in ihm tatsächlich Verzweiflung auf. Der nächste, der in den betreffenden Stadtteil fuhr, kam erst wieder in zwei Stunden und solange konnte Ray nun wirklich nicht warten, wenn er vermeiden wollte, dass ihm der Kopf abgerissen wurde.

Warum musste uns Mr Dickenson auch im hintersten Winkel Osakas einquartieren?

Sollte er ein Taxi nehmen? Ein Blick in die weite Leere seines Portmonaies nahm ihm die Entscheidung ab.

Na gut, dann würde er eben so weit fahren wie möglich und den Rest zu Fuß gehen! Seine Hand fuhr in seine Jackentasche und versicherte sich, dass er den Stadtplan von Osaka, den er sich noch in Tokyo für den Fall der Fälle besorgt hatte, bei sich trug.

Irgendwie komm ich schon zurück! Wär doch gelacht...
 

Doch eine geschlagene Stunde später war Ray überhaupt nicht mehr nach lachen zumute. Eigentlich hatte der erste Teil seines Plans ja ganz gut geklappt, immerhin hatte er einen Bus gefunden, der ihn laut Karte etwa drei Kilometer von ihrem Hotel entfernt absetzte. Keine Entfernung für einen Sportler wie ihn! Ein kleiner Fußmarsch, nichts weiter!

Doch was Ray wirklich Schwierigkeiten bereitete, war nicht die Distanz, sondern die vielen verwinkelten Straßen. Schon dreimal war er in einer Sackgasse gelandet - wobei es sich in zwei Fällen um die selbe handelte - und er bekam so langsam den Eindruck, dass seine Karte alles andere als aktuell war.

Verdammter Mist! Jetzt fällt mir auch wieder ein, warum ich Großstädte nicht leiden kann!

Er kam nun mal aus einem kleinen chinesischen Dorf. In Tokyo hatte er sich die ersten Wochen auch nur dank seiner japanischen Freunde zurecht gefunden und hier in dieser unbekannten Stadt fühlte er sich mit einem Mal mehr als verloren.

Ray versuchte, einen letzten Rest Optimismus in die Lage zu bringen:

Immerhin, wenn ich das Hotel nicht mehr wiederfinde, kann Kai mich auch nicht zusammenstauchen...

"Hey, Ray, was machst du denn hier?"

Überrascht riss der Chinese die Augen auf, als er die Stimme hinter sich vernahm. Konnte es solche Zufälle überhaupt geben?

Er drehte sich um und sah in zwei rubinfarbene Augen, die ihn belustigt musterten.

"Sag bloß, du hast dich verlaufen! Tja, bist eben doch ein Landei", meinte Kai, doch klang seine Stimme eigentlich eher freundlich als spöttisch und Ray - ohnehin schon verwirrt - musterte seinen Kapitän ungläubig.

Was soll denn das nun wieder? Erst rastet er total aus und jetzt ist er die Nettigkeit in Person?

Doch der Chinese kam schnell zu dem Schluss, dass er sich darüber auch später noch den Kopf zerbrechen konnte, und war im Moment einfach nur froh über die "Rettung".

"Ja, um ehrlich zu sein, hab ich mich verlaufen", stimmte er verlegen zu, "aber im Gegensatz zu dir bin ich ja auch nicht in einer Großstadt aufgewachsen!"

"Jaja, ist ja schon gut. Komm einfach mit, ich bring dich zurück. Ist ohnehin bald Zeit für's Nachmittagstraining."

War ja klar.

Seufzend ergab sich Ray seinem Schicksal und folgte dem Russen durch die Straßen.

Dieser hatte anscheinend keinerlei Probleme sich zu orientieren und nach kaum fünfzehn Minuten betraten sie ihr Hotel.

Im Restaurant war Tyson immer noch mit Futtern beschäftigt, während Max, Hilary und Kenny - alle drei mit leicht ungesunder Gesichtsfarbe - daneben saßen und ihm Gesellschaft leisteten.

Ray fiel es äußerst schwer, sein Grinsen zu verbergen.

Beim Eintreten Kais sahen die vier vom Tisch auf und zogen bereits in Erwartung eines neuen Wutanfalls die Köpfe ein, doch der Russe meinte nur ganz gelassen, dass er sie in einer Viertelstunde zum Training erwarte, und marschierte dann ab.

Den vieren fiel vor Überraschung die Kinnlade runter - in Tysons Fall ein eher unappetitlicher Anblick - und verwirrt blickten sie zu Ray, der aber nur mit den Schultern zuckte, um zu zeigen, dass er selbst keine Ahnung hatte.

Es war wirklich nicht der beste Tag, um aus Kai schlau werden zu wollen.

Die Bladebreakers jedenfalls waren über den Stimmungswechsel mehr als dankbar.

Zugegeben, das nachmittägliche Training war schweißtreibend und Kai unerbittlich wie immer, aber wenigstens verzichtete ihr Kapitän jetzt auf Beschimpfungen und beschränkte sich auf klar strukturierte Anweisungen, die er mit ruhiger, fester Stimme erteilte.

Ray fragte sich, ob Kai dies unter einem Friedensangebot verstand, beschloss aber auf jeden Fall, es als solches aufzufassen. Mehr konnte man von ihrem Kapitän schließlich nicht erwarten und immerhin schien er seinen Fehler eingesehen zu haben.

Und das Training verlief erstaunlich gut.

Es machte sich doch bemerkbar, dass der erfahrene Russe wieder die Leitung übernommen hatte, denn ihm entging nicht der kleinste Fehler. Er erkannte stets sofort, warum ein bestimmter Move nicht funktionierte, und bemühte sich nach Kräften, dem betreffenden Teammitglied die Lösung darzubieten.

Während Kenny die verschiedenen Spielweisen der Blader allein durch seine Computerdaten analysierte, hörte Kai auf seinen Instinkt und seine Erfahrung und dies war für ihr Training ebenso gewinnbringend, denn sie profitierten ungemein davon.

Ob es nun daran lag, dass sie alle wieder viel entspannter waren oder dass die Bladebreakers ihrem Kapitän keinen erneuten Anlass zur Unzufriedenheit liefern wollten, jedenfalls legten sie sich alle mächtig ins Zeug und bestanden jede Herausforderung, die Kai ihnen stellte, ganz gleich ob Übungskämpfe, Hindernisparcourse oder körperliches Training, und bei Einbruch der Dämmerung beendete Kai das Ganze schließlich mit einem zufriedenen Nicken.

"Gut, das Training scheint ja langsam was zu bringen. Wir machen Schluss für heute."

Erschöpft, aber gleichzeitig auch äußerst stolz auf sich selbst, verließen die Blader den Innenhof und gingen auf ihre Zimmer.

Nur Ray blieb zurück, weil er noch kurz mit Kai reden wollte, der sich jetzt allein am Tableau aufgestellt hatte, um sein übliches Einzeltraining durchzuziehen. Als er jedoch den Chinesen erblickte, hob er überrascht die Augenbraue.

"Was ist?"

Doch Ray schüttelte nur den Kopf.

"Nichts", meinte er, "ich wollte dir nur sagen: Gutes Training! Du bist wirklich ein guter Kapitän."

Und mit einem freundlichen Lächeln drehte er sich um, ging ins Haus und ließ einen verwirrten Kai zurück.

Ja, ich glaube, das war das Richtige.

Ray war zufrieden. Er hatte ursprünglich beabsichtigt, noch mehr zu sagen, aber eigentlich waren diese Worte ausreichend gewesen. Hoffentlich hatte Kai jetzt begriffen, dass seine entspannte und friedliche Stimmung viel besser für das Team war als seine Übellaunigkeit, und vielleicht würde er sich das zu Herzen nehmen...
 

Verwundert blickte der Russe seinem Freund nach.

Was sollte das denn jetzt wieder?

Manchmal war Ray wirklich seltsam.

Aber was kümmerte es ihn? Wenn der Chinese meinte, er wäre ein guter Trainer, dann sollte es ihm recht sein. Und immerhin war das Training wirklich gut gewesen!

Offenbar hatte er tatsächlich wieder die Kontrolle über sich gewonnen und Kai war darüber sehr zufrieden.

Schulterzuckend wandte er sich wieder dem Tableau zu und entließ Dranzer in die Arena. Wie üblich ließ er den Blade erst einige Runden in Höchstgeschwindigkeit drehen, damit der temperamentvolle Phönix sich austoben konnte, und tatsächlich erschien das Bitbeast auch sofort und spreizte die gewaltigen Schwingen.

Obwohl vertraut, war dieser Anblick für Kai jedes Mal aufs Neue faszinierend.

Wie an jenem Tag vor so vielen Jahren, als seine Mutter ihm den Phönix zum ersten Mal gezeigt hatte, spürte der Junge auch jetzt wieder dieses sonderbare Band der Vertrautheit mit diesem Wesen.

Die Verbindung zwischen ihnen war viel tiefgreifender als die zwischen irgendeinem anderen Blader und seinem Bitbeast - einzigartig - und Kai wusste das. Wie sollte es auch anders sein? Sie hatten gemeinsam mehr durchgestanden als irgendjemand sonst.

So lange bist du jetzt schon an meiner Seite, Dranzer...

Ohne dass er sich dessen bewusst wurde, glitt Kai langsam wieder in seine düsteren Gedanken. Der Phönix fühlte die Traurigkeit seines Herrn und wandte ihm seinen herrlichen Kopf zu, so dass er ihm nun direkt in die Augen sah.

Du hast mich in all den Jahren, all diesen finsteren Jahren begleitet, mein Freund.

Dranzer stieß einen leisen, melancholischen Schrei aus. Er konnte die Gedanken des Jungen spüren, teilte seine Erinnerungen und Gefühle mit ihm und Kai überkam plötzlich eine abgrundtiefe Traurigkeit. Seine Kehle schnürte sich zu.

Rasch blinzelte er die aufkommenden Tränen weg.

Was war heute nur los mit ihm? Den ganzen Nachmittag hatte er sich so gut zusammengerissen, und jetzt?

Dranzer fiepte zaghaft, in der Hoffnung Kai irgendwie zu trösten und diesem gelang ein trauriges Lächeln.

Ich weiß auch nicht, was los ist, Dranzer. Wann immer ich unachtsam werde, schweifen meine Gedanken zu ihnen... Ich kann gar nichts dagegen tun. Ich sehe sie vor mir, höre ihre Stimmen und... und frage mich... ob ich sie...

Mit Mühe unterdrückte er ein Schluchzen.

...ob ich sie hätte retten können...
 

Puh, das war jetzt mal ein anstrengendes Kapitel! Ich hab mich echt schwer damit getan, aber ich denke, ich habe meine beiden Hauptziele ganz gut erreicht: zum Einen, Ray endlich als zweiten Hauptcharakter einzuführen, (Falls ihr euch fragt, was diese ganze Imbiss- und Busgeschichte sollte: ich wollte einfach mal ein Szenario errichten, wo Ray nachdenkt ohne unter der Dusche zu stehen!^^ Guckt euch mal im Archiv um: in jeder zweiten FF taucht irgendwann ein Kapitel auf, in dem ausgiebig auf Kais oder Rays Körperhygiene eingegangen wird! XD) und zum Anderen, die Brücke zur nächsten Rückblende zu schlagen.

Denn das nächste Kapitel wird wieder Kais Vergangenheit umfassen - obwohl ich bezweifle, dass ich mit einem einzigen Chapter diesmal auskomme. Stellt euch also lieber gleich auf mehrere hintereinanderfolgende und ziemlich düstere Flashback-Kapitel ein. ^^' Aber es ist wichtig, dass ich Kais Vergangenheit so bald wie möglich abgehandelt hab, denn eigentlich steht ja seine und Rays Gegenwart bzw. Zukunft im Mittelpunkt der Geschichte.

Gut, das wollte ich nur mal gesagt haben, damit ihr wisst, was euch erwartet! Bis zum nächsten Mal!

Eure Redbird2 *wink*

Steter Tropfen

28 Monate. So lange ist es her, seitdem ich zum letzten Mal an dieser FF gearbeitet habe. Ich will euch jetzt mit billigen Ausflüchten verschonen und entschuldige mich einfach bei all meinen Lesern für die lange Unterbrechung. Vielen Dank, dass ihr hier wieder reinlest und meiner Geschichte noch eine Chance gebt!^^

Ich gebe offen zu, dass ich eigentlich vorhatte „Wounded Soul“ komplett abzubrechen. Aber irgendetwas an der Geschichte ließ mich nicht los und ich hab sie mir in den vergangenen zwei Jahren selbst in Gedanken immer wieder erzählt, hab sie abgeändert, verfeinert, aus neuen Perspektiven betrachtet... nur hab ich es irgendwie nie fertig gebracht, diese Gedanken aufzuschreiben. Bis heute. Es gibt keinen besonderen Grund, warum ich ausgerechnet jetzt das Bedürfnis habe, „Wounded Soul“ weiterzuschreiben - tatsächlich gäbe es da sogar wesentlich dringlichere Sachen, die ich momentan erledigen müsste.

Ich muss aber auch gestehen, dass sich meine Pläne für diese FF mit der Zeit gewandelt haben. Sollte ich es tatsächlich fertigbringen, dieses Kapitel online zu stellen, werde ich wohl als erstes die „Shounen ai“-Bemerkung bei der FF-Beschreibung entfernen. Dies geschieht aus dem einfachen Grund, dass ich eine Liebesbeziehung - ganz egal ob homo oder hetero - nicht mehr mit der Geschichte vereinen kann. Gut möglich, dass ich auch die bereits vorhandenen Kapitel nochmal ganz leicht überarbeiten muss, das wird sich mit der Zeit zeigen.

Aber eigentlich will ich mich jetzt gar nicht länger mit der Vorrede aufhalten. Deswegen wünsche ich euch nun viel Spaß mit diesem Kapitel!
 

Kapitel 5
 

Das eintönige Tropfen des Wasserhahns raubte Kai langsam aber sicher den letzten Nerv. Ganz zu schweigen von seinem Schlaf. In der drückenden Stille der Nacht kam es ihm so vor, als würde jeder einzelne Tropfen mit der Lautstärke eines Paukenschlags auftreffen. Und das in einem beharrlichen, unabänderlichen Rhythmus. Ganz genau vier Sekunden vergingen zwischen jedem einzelnen Plätschern. Er hatte sie gezählt, immer und immer wieder. Mittlerweile wartete er schon regelrecht auf den nächsten Tropfen und hoffte gleichzeitig, das nervende Geräusch würde endlich verstummen. Doch den Gefallen tat es ihm nicht.

So war Kai dazu verdammt, hier allein in der Dunkelheit zu liegen, dem stetigen Tropfen zu lauschen und sich vergeblich nach dem nötigen Schlaf zu sehnen. Dabei war er so schrecklich müde. Die Ereignisse an diesem Abend hatten ihn erschöpft.

Fast eine Stunde lang waren sie in Großvaters Limousine durch die Stadt gefahren, ehe sie vor einem großen Gebäude gehalten hatten. Zumindest glaubte Kai, dass es groß war, denn viel hatten sie in der Dunkelheit nicht erkennen können. Es hatte einen düsteren Eindruck gemacht, umgeben von einer hohen Steinmauer und ohne nennenswerte Fenster an der Frontseite.

Obwohl Kai nie zuvor an diesem Ort gewesen war, hatte er beim ersten Anblick gewusst, dass er guten Grund hatte, sich davor zu fürchten. Doch kein Protest hätte seinen Großvater davon abgehalten, ihn durch das Eingangstor zu zerren. Drinnen war es etwas heller gewesen, doch irgendwie hatte das trübe, künstliche Licht der Eingangshalle einen viel bedrohlicheren Eindruck auf den Jungen gemacht als die Dunkelheit außerhalb. Es lauerte Gefahr in den Schatten dieser Gänge, dessen war sich Kai sicher gewesen. Am liebsten hätte er wieder nach Nadias Hand gegriffen und Trost bei ihr gesucht, aber Voltaire wäre dies bestimmt nicht recht gewesen. So war Kai einfach nur hinter Boris und seinem Großvater hergetrottet und hatte sich bemüht, tapfer zu sein. Aber als dann plötzlich ein völlig Fremder vor ihm aufgetaucht war und Boris diesen anwies, Kai wegzubringen, hatte der Kleine doch Angst gezeigt. Seine Widerworte waren von Voltaires wütender Zurechtweisung erstickt worden und schicksalsergeben hatte Kai einen letzten Blick auf seine Geschwister geworden und war dem Fremden gefolgt. Zu diesem Zimmer, in dem er jetzt seit Stunden lag und ins Leere starrte.

Zu Anfang hatte er geschrien und gegen die verschlossene Tür gehämmert, doch es war vergebens gewesen. Irgendwann war dann auch das kalte Licht der Neonlampe an der Decke erloschen und Kai hatte sich in völliger Dunkelheit vorgefunden. Der Raum besaß keine Fenster und war überhaupt sehr spärlich eingerichtet. Ein schmales Bett mit Metallgestell, ein unpersönlicher Metallschrank, ein klappriger Stuhl und ein Waschbecken an der Wand, das war die gesamte Einrichtung. Und dieses Zimmer sollte Kai nun sein Zuhause nennen.

Der Junge zog sich die dünne Decke bis über den Kopf. Vielleicht war ja alles wieder gut, wenn er wieder hervorkam? Vielleicht war er dann wieder in seinem eigenen Schlafzimmer, der Mond würde durchs Fenster scheinen und er könnte die vertraute Silhouette von Sergej in seinem Bett an der gegenüberliegenden Wand ausmachen?

Kai probierte es versuchsweise, doch natürlich geschah nichts dergleichen. Es war immer noch vollkommen dunkel und von seinem Bruder war weit und breit nichts zu erkennen. Wo war Sergej jetzt wohl? Und wo war Nadia? Lagen sie jetzt auch wie er in irgendeinem fremden Bett und hatten Angst? Dachten sie an ihn? Was, wenn er sie nie wiedersehen würde? Wenn der fremde Mann einfach die Tür verschlossen hielt und vergaß, dass er hier drin war?

Obwohl er es nicht wollte, fing Kai an zu weinen. Er wusste nicht, was mit ihm geschehen würde und dieser Ort machte ihm Angst. Er wollte weg von hier, wollte zu seiner Mama, die ihn in den Arm nehmen und ihm sanft durchs Haar streichen würde. Wollte die beruhigenden Worte seines Vaters hören. Wollte einfach nach Hause...

Der Kummer und die Erschöpfung überwältigten den kleinen Jungen schließlich und er versank in einen unruhigen Schlaf.
 

Ein lauter Schlag gefolgt von einem erstickten Schmerzensschrei hallte durch den Raum. Mit erhobener Hand und bebend vor Zorn stand Boris vor dem zitternden Jungen und warf ihm einen verächtlichen Blick zu.

„Du bist absolut wertlos! In all meinen Jahre hab ich noch kein so unfähiges Balg wie dich gesehen! Du wirst diesen Start jetzt wiederholen und ich schwöre dir, wenn du wieder so eine klägliche Vorstellung ablieferst wie gerade eben, wirst du dir wünschen, niemals geboren worden zu sein!“

Mit aller Mühe hielt Sergej die Tränen zurück, denn er wusste, dass ihm dies nur eine weitere Ohrfeige von Boris eingebracht hätte. Ängstlich bückte er sich nach seinem Beyblade, setzte ihn in den Starter und richtete diesen wieder auf das Tableau vor ihm.

Mit schreckgeweiteten Augen beobachtete Kai wie sein Bruder erneut seinen Blade startete und schickte ein stummes Stoßgebet gen Himmel, dass sich Sergej diesmal besser anstellen würde. Er selbst hatte vor Boris mit seinen Beybladekünsten bestehen können und auch mit Nadias Vorstellung war der Abteileiter einigermaßen zufrieden gewesen, aber Sergejs bisherige Leistungen missfielen ihm. Kais Bruder war nun mal kein großes Beyblade-Talent und Boris hatte offenbar nicht vor, dies hinzunehmen. Gnadenlos trieb er den Jungen immer wieder zum Stadium und bestrafte ihn hart, wenn ihm dessen Leistung nicht gefiel.

Kai saß etwas entfernt auf einer Bank und war gezwungen zuzuschauen. Irgendwann hielt er es nicht mehr aus und schloss die Augen. Doch Boris' Beschimpfungen und Sergejs Schluchzen konnte er damit nicht ausblenden.

Bitte hör endlich auf!

Wenn er doch nur irgendetwas tun könnte, um seinem Bruder zu helfen. Aber er hatte viel zu große Angst vor Boris, um auch nur einen Mucks von sich zu geben. Am liebsten hätte er die Trainingshalle verlassen.

Nadia durfte auch gehen, als sie mit Bladen fertig war. Warum will Boris, dass ich hierbleibe?

Kai wusste nicht, wohin man seine Schwester gebracht hatte, aber er war sich sicher, dass es dort immer noch besser war als mitanzusehen, wie Boris Sergej verprügelte.

„Kai, nimm deinen Blade und komm her!“

Erschrocken riss der Kleine die Augen auf. Hatte er das grade richtig verstanden?

„Ich wiederhole mich ungern, Kai, also komm sofort her!“, brüllte Boris diesmal lauter.

Hastig sprang Kai auf und lief rüber zum Trainingstableau. Beim Näherkommen musste er schlucken, denn nun erkannte er deutlich die blauen Flecken in Sergejs Gesicht. Schnell wandte er den Blick ab.

„Stell dich auf der anderen Seite vom Stadium auf. Du wirst einen Übungskampf gegen Sergej austragen!“

Kai überkam ein Gefühl von Panik und nun sah er doch wieder in Sergejs Richtung. Für einen Moment trafen sich ihre Blicke und er erkannte die deutliche Sorge in den Augen seines Bruders.

Mit zitternden Knien fügte sich Kai der Anweisung und stellte sich auf der gegenüberliegenden Seite des Tableaus auf. Er und Sergej entließen gleichzeitig ihre Blades in die Arena.

Während der von Kai sicher in der Mitte landete und gleichmäßig rotierte, fing Sergejs Blade schon nach wenigen Sekunden an zu schwanken. Kai hielt sich zurück und wollte warten, bis sein Bruder das Gleichgewicht gefunden hatte, doch dies ließ Boris nicht zu.

„Kai, ich habe dir befohlen zu bladen, das heißt, ich erwarte Höchstleistung von dir! Ein wahrer Blader hat niemals Gnade mit seinem Gegner, egal um wen es sich handelt. Jeder andere Beyblader ist dein Feind und es ist deine Aufgabe ihn zu vernichten!“

Mit jedem Satz wurde Boris' Stimme lauter und zorniger. Voller Angst sah Kai zu seinem Bruder.

Was soll ich tun? Wenn Sergej verliert, wird Boris ihn bestimmt wieder bestrafen. Aber wenn ich nicht kämpfe,...

„Kai, zum letzten Mal, greif an oder du wirst dein blaues Wunder erleben!“

Die Panik übermannte den Jungen. Ohne an die Konsequenzen zu denken, befahl er seinem Beyblade den Angriff und eine Sekunde später befand sich Sergejs Blade außerhalb des Tableaus.

Erst als er den erschrockenen Atem seines Bruders hörte, wurde Kai bewusst, was er gerade getan hatte. Sofort wollte er sich bei Sergej entschuldigen, doch plötzlich ragte Boris' Gestalt vor ihm auf.

„Nicht schlecht, Kai, das war ein schneller Sieg. Jedoch...“

Bevor er es richtig begriff, warf ihn ein heftiger Schlag zu Boden.

„...wenn ich dir das nächste Mal einen Befehl erteile, führst du ihn ohne zu zögern aus, haben wir uns verstanden?!“

Kais Wange schmerzte und ihm schossen die Tränen in die Augen. Er wagte es nicht, aufzusehen und brachte nur ein leises „Ja“ heraus. Er hörte, wie sich Boris wieder mit Sergej befasste, blieb jedoch selbst auf dem Boden sitzen. Alles, was er tun konnte, war zu warten, dass es vorbei ging...
 

Ich glaube, dies ist eine gute Stelle, um aufzuhören. Es war ziemlich schwierig, diesen Abschnitt zu schreiben. Obwohl ich die Geschichte bereits komplett im Kopf habe, war dieses Kapitel doch immer sehr verschwommen vor meinen Augen. Ich hatte bereits eine frühere Version davon auf dem Rechner, doch als ich heute beschloss, die FF weiterzuschreiben, wurde mir klar, dass diese Version nicht funktionierte. Kai und seine Geschwister wirkten darin zu alt und verhielten sich viel zu rational. Ich begriff, dass ich die Abtei und ihren Schrecken viel leichter durch die Emotionen der Kinder darstellen kann als durch sachliche Beobachtungen. Darum hab ich das Kapitel komplett neu geschrieben und drastisch gekürzt. Mit dem Ergebnis bin ich momentan zufrieden und werde es hoffentlich auch nachher noch sein, wenn ich mir das Kapitel nochmal durchlese.^^ Wenn es euch gefallen hat, würde ich mich sehr über einen Kommentar freuen! Über Kritik freue ich mich sogar noch mehr. ;)

Liebe Grüße, sagt eure Redbird2

Alpha

Hey ho, ich bin's mal wieder! 6 Monate seit dem letzten Update. Ihr müsst zugeben, ich werde besser! XD Seltsamerweise überkommt mich immer in den Semesterferien die Lust zum Weiterschreiben. Allerdings nur dann, wenn ich eigentlich an einer Hausarbeit für die Uni sitzen müsste... Nun gut, ich hab ja noch zwei Wochen bis zum Abgabetermin, das krieg ich schon noch hin. Die besten Arbeiten schreib ich grundsätzlich unter Druck und außerdem ist „Wounded Soul“ dafür jetzt um ein Kapitel reicher! ^^

Ich entschuldige mich mal wieder für die lange Wartezeit und bedanke mich gleichzeitig bei allen (alten und neuen) Lesern, die den Weg hierher gefunden haben! Viel Spaß beim Lesen!
 

Kapitel 6
 

„Alle sofort aufstehen! Leistungsprüfung in 10 Minuten in Halle 4!“

Unerbittlich schallte die Stimme aus den Lautsprechern und riss die jungen Blader der Abtei aus dem Schlaf. Erschrocken fuhr Kai auf und tastete nach dem Lichtschalter neben dem Bett. Er fühlte sich noch etwas benommen und sein Gefühl sagte ihm, dass er nicht lange geschlafen haben konnte.

Draußen ist es bestimmt noch stockdunkel.

Aber mittlerweile hatte er bemerkt, dass die Abteileiter nur wenig Rücksicht auf die Erholung ihrer Schüler nahmen. Und besonders die immer wieder überraschend anberaumten Leistungsprüfungen wurden gerne zu unchristlichen Zeiten abgehalten. Kai hatte die Vermutung, dass Boris mit Absicht die Blader zur Unpünktlichkeit verleiten wollte, um sie dann vor allen anderen bestrafen zu können. Der Junge hatte trotz seines zarten Alters erkannt, dass dieser Mann einen sadistischen Zug hatte, und immer einen Anlass für ein „Exempel“ suchte, wie er es nannte.

Da Kai nicht derjenige sein wollte, an dem dieses statuiert wurde, zog er sich schnell das graue T-Shirt an, steckte seinen Blade ein und lief los. Auf dem Gang waren bereits weitere Schüler unterwegs, die jedoch keine Notiz von ihm nahmen. Kai erwartete dies auch nicht. Abgesehen von Sergej und Nadia hatte keiner von ihnen kaum je ein Wort mit ihm gewechselt. Auch untereinander führten sie nur sehr selten Unterhaltungen, wie er gemerkt hatte.

Am Anfang hatte ihn das noch gewundert, besonders bei den gemeinsamen Mahlzeiten im Speisesaal. Immerhin waren es bestimmt über hundert Kinder, die dort jeden Tag gemeinsam aßen, doch bis auf das Geklappere von Geschirr war meist kaum etwas zu hören. Die Wachen wiesen jeden scharf zurecht, der ein lautes Gespräch begann. In den drei Monaten, die er nun in der Abtei war, hatte Kai sich an dieses Schweigen gewöhnt. Er selbst sprach auch weniger als früher, das hatten Sergej und Nadia ihm gesagt. Ihm war das überhaupt nicht aufgefallen. Vielleicht lag es daran, dass er so selten Gelegenheit zum Reden hatte. Aus irgendeinem Grund hatte Boris persönlich die Verantwortung für Kais Beybladetraining übernommen und erteilte ihm meist Einzellektionen. Eine Tatsache, über die Kai nicht sehr glücklich war, denn nicht nur, dass er den lilahaarigen Mann fürchtete wie nichts auf der Welt, er hatte so auch kaum einmal die Möglichkeit, Zeit mit seinen Geschwistern zu verbringen.

Manchmal, wenn er abends vollkommen erschöpft zu seinem Zimmer trottete, fand er Nadia im Schneidersitz auf seinem Bett vor, nachdem sie oft stundenlang auf ihn gewartet hatte. Bei zwei Gelegenheiten war auch Sergej dabei gewesen, doch das war schon einige Wochen her. Es bedeutete immer ein gewisses Risiko, sich nachts aus den Betten zu schleichen, und entweder waren die Wachen in dem Trakt, in dem Sergejs Zimmer lag, um einiges aufmerksamer als ihre Kollegen oder Nadia war einfach nur mutiger als ihr großer Bruder.

Kai vermisste Sergej. Sie sahen sich zwar fast jeden Tag beim Unterricht oder beim Essen oder auch mal während des Trainings, doch immer waren die Aufseher der Abtei in ihrer Nähe und so gab es keine Möglichkeit, mit ihm zu reden. Das meiste über seinen Bruder erfuhr er von Nadia, die offenbar auch Sergej immer wieder heimliche Besuche abstattete. Wie es aussah, hatte dieser es nicht leicht. Zwar waren seine Beyblade-Fähigkeiten mittlerweile besser geworden, aber Boris' Ansprüchen konnte er trotzdem nicht genügen. Deshalb trainierte er nun in einer Gruppe, die unter den älteren Schülern abfällig als „Kanonenfutter“ bezeichnet wurde. Kai verstand zwar nicht, wieso man eine Kanone füttern sollte und hatte überhaupt in der Abtei noch nie eine Kanone gesehen, doch wann immer dieser Begriff fiel, spürte er Unbehagen.

Ob Sergej wohl auch zur Leistungsprüfung muss? Oder muss er jetzt die Kanone füttern?

Bei der letzten Prüfung vor zwei Wochen war sein Bruder nicht dabei gewesen. Ebenso wenig wie Nadia. Er hatte sie danach gefragt, als sie ihm am folgenden Abend wieder besucht hatte. Sie war seinem Blick ausgewichen und hatte etwas von „War beschäftigt“ gemurmelt.

Kai war sich noch immer nicht sicher, was das heißen sollte, aber Nadia hatte gesund gewirkt. Das tat sie immer. Sie war nicht voller blauer Flecke wie er und Sergej und sie war auch nie so müde. Gut, manchmal hatte sie ein kleines Pflaster am Arm oder auch am Hals, aber das war es auch schon. Wann immer er sie fragte, wie es ihr ging, lächelte sie und meinte „gut“. Sie sprach kaum über sich, weshalb Kai ihr glaubte. Denn, wenn es ihr schlecht ginge, würde sie es ihm ja sagen! Dessen war er sich ganz sicher.
 

Noch halb in Gedanken erreichte er schließlich die Halle 4. Es waren bereits viele Schüler anwesend, die sich diszipliniert in einer Linie an der Wand aufgestellt hatten und Boris mit ihren Augen fixierten, der ungeduldig vor ihnen auf und ab ging. Rasch reihte Kai sich neben einem rothaarigen Jungen in seinem Alter ein. Er hätte sich am liebsten nach seinen Geschwistern umgesehen, doch damit musste er wohl warten, bis Boris mit der Prüfung begann.

Hoffentlich müssen wir nicht wieder draußen zum Ausdauerlauf wie letzten Monat.

Kai schauderte bei der Erinnerung. Zwei Kinder waren anschließend mit einer Lungenentzündung auf der Krankenstation gelandet und er hatte die beiden seitdem nicht wieder gesehen. Inzwischen neigte sich der Winter zwar dem Ende entgegen, aber die Nächte waren nach wie vor bitterkalt und der allgegenwärtige Schneematsch erschwerte das Laufen.

Aber dazu hätte er uns gleich in den Hof schicken können. Wenn er uns hier in die Halle bestellt, will er bestimmt wieder, dass wir gegeneinander bladen.

Kai hatte dies schon mehrmals erlebt. Jeder bestritt ein Match über drei Runden gegen einen vorher ausgewählten Gegner. Er wusste nicht genau, was sich Boris davon versprach, zumal der Abteileiter diese Testkämpfe nicht kommentierte, wie er es sonst immer im Training tat.

Mir kann's ja egal sein. Ich muss einfach nur gut bladen und das Match gewinnen.

Dies war zwar gar nicht so einfach, aber Kai wusste, dass diese Aufgabe für ihn nicht unmöglich war. Obwohl er bisher nur wenige Kämpfe gegen andere Abteischüler ausgetragen hatte, war ihm eines sehr schnell bewusst geworden: er war gut. Sehr gut sogar.

Egal, wie oft Boris ihn ohrfeigte und ihn anschrie, wie unfähig er wäre, wusste Kai doch, dass er unter seinen Altersgenossen zu den besten Bladern der Abtei gehörte. Und mit jeder Leistungsprüfung, die er ablegte, wurde er besser.

„Piotr! Roman! Ihr seit zu spät! Zwei Tage Arrest für euch! Kein Essen!“ Boris' Stimme triefte vor hämischer Genugtuung, als er die genannten Nachzügler zurechtwies. Die beiden Jungen senkten demütig die Köpfe und sagten ergeben „Verzeihung, Gaspadin!“ Dann gesellten sie sich zu den anderen Schülern in die Riege.

„Ich hoffe, ich habe euren wohlverdienten Nachtschlaf nicht gestört“, meinte der Abteileiter mit einem boshaften Grinsen, als er sich an alle Blader wandte. „Die Trainingsergebnisse einiger von euch haben mir gezeigt, dass sie es nicht wert sind, hier vor meinen Augen zu stehen! Dass sie es nicht wert sind, sich Beyblader nennen zu dürfen! Dass sie es nicht wert sind, der Biovolt dienen zu dürfen!“

Mit jedem Satz lauter werdend hielt Boris seine übliche Drohrede. Kai achtete schon gar nicht mehr auf die Worte, sie waren ja doch immer dieselben.

Alle hier versammelten Blader waren Versager, denen Boris in seiner grenzenlosen Güte das Privileg zukommen ließ, seine Beachtung genießen zu dürfen. Kai gab nicht viel darauf, aber er hatte überrascht festgestellt, dass die meisten anderen Schüler, besonders die älteren, offenbar jedes Mal aufs Neue getroffen waren. Es schien sie ernstlich zu bekümmern, ihren Vorgesetzten enttäuscht zu haben. Kai war es unbegreiflich, weshalb sie sich derart nach der Anerkennung dieses Mannes sehnten. Ihm selbst machte Boris einfach nur Angst und er wäre froh gewesen, seiner Aufmerksamkeit zu entgehen. Doch das war scheinbar unmöglich. Zumindest, solange er Voltaires Enkel war.

Wie aufs Stichwort öffnete sich auf der gegenüberliegenden Seite der Halle eine Tür und Kais Großvater trat zusammen mit einigen Wachen und Wissenschaftlern ein.

In Kai zog sich alles zusammen. Die lauernden Blicke Voltaires bei seinen Kämpfen waren für ihn noch schlimmer als Boris' Geschrei. Er hatte dann immer das Gefühl, als würde der alte Mann auf etwas warten und mit jedem Match, dem dieser beiwohnte, schien dessen Blick ungeduldiger zu werden.

Als Boris das Eintreten seines Vorgesetzten bemerkte, beendete er seine Ansprache und schritt diesem dann mit schnellen Schritten entgegen. Kai sah, wie die beiden Männer ein paar Worte wechselten, ehe sich sein Großvater abwandte und die Treppe ansteuerte, die zum Balkon führte. Von dort oben, das wusste Kai, konnte man die gesamte Halle überblicken. Boris hingegen wandte sich wieder seinen Schülern zu und brüllte Befehle.

„Gruppen C und D ans Tableau 6! A und F zur 9! Gruppe B ans Tableau 3! Gruppen E, G und H zu Tableau 10 und 11!“

Kai wusste, dass Sergej in Gruppe H war. Jetzt sah er seinen Bruder auch, wie er mit den anderen Mitgliedern die betreffende Beyarena ansteuerte. Er erblickte auch Nadia, die sich an Tableau 6 einfand. Kai selbst war noch keiner Gruppe zugeteilt worden und wartete darauf, dass Boris ihn separat aufrief. Nach und nach dünnte die Riege aus und bald blieb nur noch ein Dutzend Blader übrig, Kai inbegriffen.

„In Ordnung, Gruppe Alpha zu Tableau 1. Kai, du gehst mit!“

Kai schluckte. Auch wenn er die Hierarchie der Abtei noch nicht ganz begriffen hatte, so hatte er doch gemerkt, dass die Gruppe Alpha aus den besten Bladern der Abtei bestand. Unter ihnen befanden sich die ältesten Schüler, einige waren bestimmt schon zwölf Jahre oder älter, und sie alle waren unglaublich stark. Der Fünfjährige fragte sich, weshalb Boris ihn ausgerechnet zu dieser Gruppe schickte.

Vielleicht will er, dass ich vor Großvaters Augen verliere.

Dieser Gedanke machte ihm Angst. Es war schon schlimm genug, von Boris für eine Niederlage bestraft zu werden, aber zusätzlich noch von Voltaire Prügel zu beziehen, war echte Folter. Und Prügel würde er bekommen, wenn er seinen Großvater vor der gesamten Abtei blamierte, indem er verlor.

Er versuchte ein Zittern zu unterdrücken, als er langsam zum Tableau 1 ging. Die Alpha-Blader musterten ihn kalt und Kai hätte beinahe vor Angst gezuckt. Sie waren fast alle mindestens zwei Köpfe größer als er. Der einzige Junge in seinem Alter war der Rotschopf, neben dem er eben schon in der Reihe gestanden hatte. Doch dieser schenkte ihm keinerlei Aufmerksamkeit.

Inzwischen hatten sich zwei Wissenschaftler zu ihnen begeben und erteilten Anweisungen zu den Kampfpaarungen. Der rothaarige Junge sollte als Erstes kämpfen, sein Gegner war ein stämmiger Junge von etwa 10 Jahren.

Kai schenkte dem Match nur die halbe Aufmerksamkeit. Viel mehr versuchte er zu erfahren, wie sich Nadia und Sergej schlugen, doch beide waren zu weit weg, um Genaues erkennen zu können. Boris hatte sich derweil zu Voltaire auf den Balkon gesellt und überblickte die gesamte Halle. Kurz kreuzten sich ihre Blicke und Kai richtete den Blick hastig wieder auf das Match vor ihm.

Die beiden Spieler waren erstklassig, das erkannte er sofort. Bei jedem Aufprall der Blades schien der Boden unter Kais Füßen zu beben. Es dauerte fast zehn Minuten, bis alle drei Runden entschieden waren und der Rotschopf als knapper Sieger hervorging. Kai musterte den Gleichaltrigen unauffällig.

Ob ich jemals so gut werde?

Diese Frage stellte er sich in der nächsten halben Stunde noch öfter, während er einen Kampf nach dem anderen verfolgte. Seine Nervosität steigerte sich mit jedem Start, den er beobachtete, und am Ende war er sich sicher, dass er den heutigen Test nicht bestehen würde. Schließlich waren nur noch er und ein hochgewachsener Junge mit aschblonden Haaren übrig.

Kai wurde es mulmig, als er sich zum Start positionierte. Sein Gegner war mehr als doppelt so alt wie er und in den dunklen Augen las er keinerlei Mitleid.

Der wird mit mir den Boden wischen.

Doch Kai wusste auch, dass Feigheit noch härter bestraft wurde als Niederlagen. Er atmete einmal mühsam aus und zwang sich zur Ruhe. Schließlich griff er nach der Reißleine und wartete auf das Startzeichen.

Die Hand des Trainers ging nach unten und zeitgleich schossen die beiden Blades in die Arena. Kai atmete auf. Der Start war ihm geglückt, ohne dass er mit dem Gegner kollidiert war. Er hatte schon öfter gesehen, wie geübte Blader ihren Kontrahenten noch in der Flugphase nach dem Start erwischten und gnadenlos aus dem Ring kickten. Es verlangte Präzision und eine perfekte Balance, aber war es effektiv, hatte der Gegner dem kaum etwas entgegenzusetzen, denn im Flug ließ sich ein Blade bekanntlich nicht kontrollieren.

Vielleicht ist der Typ doch nicht so gefährlich, wie ich dachte.

Dennoch blieb Kai auf der Hut und brachte seinen Blade zunächst in die Verteidigung. Wenn er genau in der Mitte des Tableaus blieb, war er am besten im Gleichgewicht und verfügte zudem über den Luxus, in jede Richtung ausweichen zu können. Er müsste nur den richtigen Moment abpassen. Sein Gegner verharrte kurz am Rand der Arena, als versuche er, Kais Taktik zu durchschauen, dann raste er schnurgerade auf Kais Blade zu. Angestrengt verfolgte der Junge die Bewegung, um den richtigen Moment zum Ausweichen zu erwischen.

Gleich. Gleich. Gleich. JETZT!

Abrupt wichs Kais Blade zur Seite aus, doch im gleichen Moment änderte der Gegner seine Bahn. Statt direkt auf die Mitte zuzuhalten, setzte er zu einer Spiralbewegung an und erwischte Kais Blade mit voller Wucht von der Seite. Entsetzt sah Kai zu, wie sein Beyblade in die Höhe geschleudert wurde und mit einem unschönen Knacken außerhalb der Arena landete.

„Hmmm, erbärmlich. Soviel also zum großartigen Hiwatari-Enkel“, höhnte der Blonde, während Kai rasch zu seinem Beyblade lief. Als er ihn hochnehmen, zerfiel der Kreisel in seine Einzelteile. Ungläubig starrte Kai auf die zerbrochene Basis und den zerschmetterten Angriffsring.

Es war so eine einfache Attacke. Wie konnte er damit soviel Schaden anrichten?

Mit diesem Blade konnte er nicht mehr kämpfen!

Kai schluckte. Was sollte er jetzt tun? Er musste noch zwei Runden spielen! Voltaire würde ihn hart bestrafen, weil er dieses Match verloren hatte. Wie würde er erst reagieren, wenn Kai jetzt auch noch aufgeben würde?

Panik stieg in dem Jungen auf.

Was soll ich tun? Was soll ich nur tun?! Was...?

Plötzlich spürte er eine seltsame Wärme in seiner Hosentasche und er griff verblüfft hinein. Was er dort herauszog, erschreckte ihn beinahe noch mehr als der Anblick seines zerstörten Beyblades.

Dranzer!

Er hatte natürlich gewusst, dass er den Blade seiner Mutter bei sich trug. Das tat er immer, schließlich war er sein Glücksbringer, das einzige Andenken an seine Eltern, das er besaß. Aber nie zuvor hatte sich der Phönix darin in irgendeiner Weise bemerkbar gemacht. Doch was sonst hätte diese Wärme eben bedeuten sollen, wenn nicht eine Reaktion des Bitbeasts?

Was willst du mir sagen, Dranzer? Soll ich etwa...

„Hey, Knirps! Können wir weitermachen oder pinkelst du dir gerade in die Hose?“

Ein wütendes Knurren entwich Kai. Dieser blöde Typ schrottete seinen Blade und machte dann noch dämliche Sprüche? Entschlossen festigte sich sein Griff um Dranzer.

Das werden wir ja sehen, wer sich hier einpinkelt!

Nervös, aber sich seiner Sache sicher setzte er den blauen Blade in den Starter. Niemand schien zu bemerken, dass das nicht der gleiche Blade war, mit dem er vorher gekämpft hatte. Ihm sollte es recht sein.

„Drei, Zwei, Eins, los!“

Kai riss an der Reißleine und wurde im nächsten Moment zwei Schritt zurückgestoßen. Die Kraft dieses Blades war unglaublich! Beinahe hätte es ihn von den Füßen geholt. Fasziniert beobachtete Kai, wie Dranzer durch das Tableau raste. Er musste den Blade nicht führen, das Bitbeast übernahm die Kontrolle. Geschickt wich er jedem Angriff des Gegners aus oder blockte die Attacke. Ein Hochgefühl überkam den Jungen.

Dranzer kämpft mit mir! Ein Bitbeast kämpft mit mir!

Davon hatte er geträumt, seitdem er zum ersten Mal, einen Beyblade in die Hand genommen hatte. Auch wenn Dranzer im Moment den Kampf ohne ihn bestritt, war es ein unglaubliches Gefühl. Er spürte eine Verbindung zu dem blauen Beyblade, die er nicht in Worte fassen konnte. Er konnte jede Bewegung im Voraus sehen, ganz so, als wüsste er, was Dranzer beabsichtigte.

Kann es sein,... dass ein Blader die Gedanken seines Bitbeasts lesen kann?

Aber eigentlich war es vermessen, Dranzer als „sein“ Bitbeast zu bezeichnen. Der Phönix kämpfte nur für sich selbst, er erhielt keine Anweisungen von Kai. Versuchsweise gab der Junge dem Blade in Gedanken einen Befehl zum Angriff, doch offenbar weigerte sich das Bitbeast, dem nachzukommen. Es blieb bei dem fortwährenden Ausweichspielchen und dem Blocken.

„Okay, Knirps, wir haben's kapiert, du kannst dich verteidigen! Aber für 'ne Attacke bist du zu feige, was?“ Der blonde Junge klang nicht mehr halb so selbstsicher wie zuvor. Kai meinte sogar, Frustration in dessen Augen zu erkennen. Er gestattete sich kurz ein zufriedenes Grinsen, wurde jedoch gleich wieder ernst.

Er hat Recht. Wenn ich nicht angreife, kann ich auch nicht gewinnen. Dranzer, bitte, du musst einen Attacke starten!

Doch entweder konnte oder wollte das Bitbeast ihn nicht hören. Die Minuten vergingen und in Kai wuchs langsam aber sicher die Verzweiflung.

„Pah, ich wusste es doch! Du bist ein Feigling! Eine Schande, dass so jemand den Namen Hiwatari trägt! Aber wahrscheinlich waren deine Eltern genau solche Loser!“

Für einen Moment glaubte Kai sich verhört zu haben. Hatte dieser Junge gerade wirklich seine Eltern beleidigt? Wütend ballte er die Fäuste.

Dieser Vollidiot! Das sagt er nicht nochmal!

Eine seltsame Hitze stieg in ihm auf und plötzlich vernahm er ein entsetztes Keuchen seines Gegenübers. Kai folgte dessen Blick und sah das Licht, das den blauen Blade umspielte. Im nächsten Moment bildeten sich goldene Flammen und dann schoss eine gewaltige Lichtsäule empor. Ein melodischer Schrei tönte durch die Halle und schlagartig richtete sich die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf das Geschehen am Tableau 1.

Umgeben von Flammen erschien ein prächtiger, rotgefiederter Vogel aus der Lichtsäule und stieß einen weiteren Schrei aus. Geschockt starrte der blonde Junge auf den Phönix, welcher ihn mit blitzenden Augen taxierte. Dann richtete Dranzer seinen Blick auf Kai und sah ihn direkt an. Dieser spürte, wie ihn das Bitbeast einen Moment abschätzend musterte und erkannte dann die stumme Frage ihn dessen Augen. Er zögerte kurz, doch dann nickte er entschlossen. Sein Blick fiel wieder auf den gegnerischen Jungen und seinen Beyblade.

„Dranzer. Greif an!“

Der majestätische Vogel legte seine Schwingen an und stürzte sich in die Arena. Reflexartig schloss Kai die Augen, als ein greller Lichtblitz aufflammte. Der Geruch von verbranntem Plastik stieg ihm in die Nase und er hörte den Wutschrei des blonden Jungen.

Als er die Augen wieder öffnete, lag dessen Blade außerhalb der Arena. Dranzer schwebte über dem Tableau und Kai hatte das seltsame Gefühl, dass der Phönix zufrieden war. Noch einmal trafen sich die Blicke des Bladers und des Bitbeasts und Kai brachte ein kleines, dankbares Lächeln zustande. Daraufhin zog sich Dranzer wieder in den Bitchip zurück. Der blaue Blade kehrte zum Rand des Tableaus zurück und schoss dann seinem Besitzer in die Hand.

Im gleichen Moment bemerkte Kai die Stille, die in der Halle herrschte. Er sah auf und fühlte mehr als hundert Augenpaare auf sich ruhen. Er ließ seinen Blick durch die Menge schweifen und entdeckte die ungläubigen Mienen seiner Geschwister. Rasch wandte er sich um, um die Reaktion seines Großvaters zu sehen. Dieser starrte ihn für einige Sekunden einfach nur an, genauso verblüfft wie jeder andere im Raum. Dann hoben sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln und er nickte Kai anerkennend zu. Mit einem höchst zufriedenen Ausdruck im Gesicht wechselte er ein paar Worte mit Boris, ehe er sich umwandte und die Halle verließ.
 

Okay, ich hatte dieses Kapitel mit dem Vorsatz begonnen: Jetzt führst du Dranzer ein! Das hab ich zwar geschafft, hätte aber nie gedacht, dass ich fünf Seiten dafür brauchen würde. Ich finde das Kapitel jetzt selbst nicht sonderlich interessant, es ist aber nötig, um Kais Charakterentwicklung zu zeigen und ein paar weitere Einblicke in die Abtei zu geben. Außerdem hatte Tala alias „der Rotschopf“ einen kurzen Gastauftritt.^^ Bevor ihr euch jetzt zu große Hoffnungen macht, es wird wohl bei Gastauftritten bleiben. Leider hab ich Tala, obwohl ich ihn sehr mag, keine große Rolle in dieser FF zugedacht. Aber andererseits kann man natürlich keine anständige Abtei-Geschichte erzählen, ohne ihn und die anderen Demo-Boys mal durchs Bild laufen zu lassen. Er wird also definitiv nochmal erwähnt werden, freut euch drauf. ;)

Im nächsten Kapitel - wann auch immer ich dazu komme, das zu schreiben - geht's übrigens in der Gegenwart weiter und unser lieber Ray kommt auch mal wieder zu Wort. Ich hoffe wirklich, dass ich es schaffe, dieses Kapitel noch vor Semesterbeginn zu schreiben, weil ich mich selbst darauf freue. Aber wie gesagt, da gibt es noch so 'ne lästige Hausarbeit...

Nun gut, danke, dass ihr bis hierher gelesen habt! Bis zum nächsten Mal und liebe Grüße, wünscht euch eure Redbird2! ;)



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Kommentare zu dieser Fanfic (9)

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Von:  Alex_Dryden
2011-09-01T19:25:27+00:00 01.09.2011 21:25
Hey^^
erste...
*freu*
Danke fürs bescheid sagen
*knuddel*

Ich fand das Kapitel jetzt nicht so schlecht, aber es war auch nicht besonders interessant wie du ja auch schon gesagt hast XD
Mir gefiel der Auftritt von Dranzer...war gut gemacht.
Jetzt freu ich mich wieder auf die Gegenwart.
Also bis zum nächsten Kapitel
*wink*
Von:  Minchi
2011-02-21T14:56:48+00:00 21.02.2011 15:56
Hallo
Habe die FF nochmal ganz gelesen, da ich gar nicht mehr genau wusste um was es ging.
Das Kapitel ist dir gut gelungen. Kai und seine Geschwister tun mir echt leid und man möchte Boris am liebsten umbringen, weil er so fies ist.
Bin schon gespannt wie es weiter geht, dauert dieses mal hoffentlich keine 28 Monate :-)
lg Mina
Von:  Alex_Dryden
2011-02-20T19:16:19+00:00 20.02.2011 20:16
Hey^^
Endlich gehts weiter...
als ich das Kap angefangen hab zu lesen war ich total aus der Story raus...
wenn ich Zeit hab les ich auch noch mal alles durch...
Aber das Kapitel war sehr gut...die Emotionen von Kai sind richtg gut rüber gekommen und alles^^
Ich freu mich das es weiter geht^^

Ciao Guave_Lexi
Von:  Tokiogirl06
2011-02-19T12:36:55+00:00 19.02.2011 13:36
Hallöchen, hab gerade die FF gelesen. Ich find die Story toll, aber Kai kann einem schon leid tun. Ich bin gespannt wie es weiter geht. lg
Von:  Minerva_Noctua
2008-10-11T11:09:20+00:00 11.10.2008 13:09
Ich liebe diese FF!
Du übermittelst die Gefühle sehr gut und man kann sich alles gut bildlich vorstellen.
Sehr gut^^!
Mir hat in diesem Kapitel am besten die Stelle an der Ray aufgegabelt wurde gefallen.
Schreib schnell weiter.

Bye

Minerva
Von:  Alex_Dryden
2008-10-10T22:21:26+00:00 11.10.2008 00:21
Hey^^
Das hast du wieder ganz toll geschrieben.
Ihc fand es voll lustig wie Ray durch die gegend geirrt ist und dann Kai traff.
Ich freu mich riesig darauf wies weiter geht.
Möchte unbedingt wissen was noch alles in Kais Vergangenheit passiert ist und auch wie sonst so weiter geht.
Mach so schnell du kannst weiter.^^

Ciao Kai-Kai

PS:Erste^^ *jubel* *freu*
Von:  Alex_Dryden
2008-09-25T17:32:44+00:00 25.09.2008 19:32
Hey^^
Hats du wieder toll geschrieben.
Der Teile von Kais Vergangenheit war wieder super dargestellt und man konnt erichtig mitrfühlen.
Danke für die Überschrieften ich find sie voll lustig^^

Mach weiter so und vor allem schnell. Will unbedingt wissen wies weiter geht und vor allem wie es unser lieber Ray schafft aus Kai ws raus zu bekommen.

Ciao Kai-Kai
Von: abgemeldet
2008-09-25T16:55:48+00:00 25.09.2008 18:55
hi,
bis jetzt finde ich die geschichte sehr gut! freu mich schon auf das nächste kapitel und bin ziemlich gespannt, wie du kai zum "reden" bringen willst ;) aber bitte, bitte, bitte lass ray nicht wie so viele andere zu so einer art kai weibchen verkommen *auf knien fleh* XD
mach weiter so,
nem
Von:  Alex_Dryden
2008-09-24T17:29:20+00:00 24.09.2008 19:29
Hey^^
Man sit das Spannend. Echt geil geschrieben und voll spannend.
Der Abfang von Kais Vergangenheit ist voll schlimm aber voll schön geschrieben.
Wie du beschrieben hast als die Männer kamen ist dir dichtig gut gelungen und auch wie seine Eltern dann ermordet wurde ist dir super gelungen.
Dein Stiel ist sehr fließend und schön.

Ich freu mich mega doll aufs nächste Kapitel und würde mich freuen wenn du mir per ENS bescheid gibst.

Mach bitte schnell weiter.

Ach ja aber einen kleinen Tipp hab ich noch, versuch doch bitte Überschriftenb für deien Kappies zu finden, denn dann kann man sich shcon mal vorstellen um was es geht.^^
*Kuchen da lass*

Ciao Kai-Kai

PS: ich bin erste^^ *jubel*


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