Der letzte Hoffnungsschimmer... ausgerechnet er...
//Tja... Warum...Warum sind Menschen nur so grausam und oberflächlich...??... Ich kann´s mir einfach nicht erklären... Na ja, ich bin wohl auch der letzte, der darüber urteilen sollte und darf... Schließlich war ich nicht gerade zimperlich, mit dem, was ich zu Tyson und den anderen gesagt hab... Aber.... hmmh... womöglich kann man das auch nicht so vergleichen... Ich weiß es nicht... Ich weiß es einfach nicht... kann mir nicht erklären, warum...
Sag... Warum muss es Menschen wie mich auf dieser Welt überhaupt geben? Wir stehen doch allen nur im Weg, werden als grausam und eiskalt abgestempelt, werden für alles schlechte verantwortlich gemacht und sind auch immer die Verlierer des Spiels...
Ja, ich habe das Spiel des Lebens verloren... Aber warum? Was hab ich denn falsch gemacht, dass ich in der Gesellschaft keine Akzeptanz finde... Ich werde von allen Seiten nur runter gemacht... Und wenn ich mich dann einigermaßen wieder aufgerappelt habe, dann gibt’s noch einen oben drauf, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass man mich brechen würde...
Nein, NICHT MIT MIR!! Ich hab´s nicht zugelassen! Hab all die Jahre dagegen angekämpft, aber es hat niemand mitbekommen, oder gar interessiert... Niemand hat es registriert, sondern immer noch eins drauf gesetzt... Keine Rücksicht genommen, weil ich nach außen kalt, unnahbar und unverletzlich erschien...
Aber nur weil dies so aussieht, heißt es denn auch gleich, dass es wirklich so ist? Heißt es das wirklich?... Wenn dem so sein sollte, bin ich ziemlich einfältig gewesen all die Jahre... Denn ich habe es nicht gewusst und auch nicht verstanden... Ich bin wohl zu dumm... Zu dumm für diese Welt... Wahrscheinlich hab ich auch deshalb so lange gekämpft... Gekämpft für meine geheimen Träume und Hoffnungen...
Doch was hat es mir gebracht?.... Ich kann´s dir sagen... Nichts! Schlicht und ergreifend NICHTS! Ich könnt heuln... würd ich wohl auch tun, wenn ich´s könnte... Aber ich kann nicht... Ich kann es einfach nicht... Ich weiß nicht wieso, warum ich nicht in der Lage bin Tränen der Trauer zu vergießen... Ich habe es wahrscheinlich nicht verdient so zu sein, wie die anderen... Ein normales Leben zu führen.. Schmerz und Freude zu empfinden, wie jeder andere auch...
Nein, es wurde aus mir herausgeprügelt... Mit roher Gewalt und Stück für Stück... Bis sie merkten, dass es nichts mehr bringt...
Ja... irgendwann habe ich diese Schläge, diese jahrelange Folter einfach über mich ergehen lassen, ohne ein Wort zusagen und ohne jegliche Regung... DAS war einer der größten Fehler, die ich je in meinem Leben machen konnte... Ich hätte weiter schreien sollen, hätte weiter so tun sollen, als ob es weh tun würde... Denn was sie dann getan haben... es ist unbeschreiblich grausam gewesen... Grausamer als jedes extra Training, welches ich Tyson aufgebrummt habe... Angriffe auf die Psyche.... Tag für Tag härtere Schläge... Tag für Tag länger werdende Torturen... Tag für Tag tiefere Attacken auf meine Seele... Tag für Tag... nie gaben sie auf... immer in der Hoffnung, dass ich mich ihnen komplett unterwerfen würde... Doch hab ich´s nicht getan. Hab mich und meine Träume nicht begraben... Bin immer erhobenen Hauptes durch´s Leben gegangen...
Doch für welchen Preis?!... Der Glanz meiner Augen... Der Glanz meines eigenen Ich´s... Abgestumpft... Ausdruckslos... Tod... Nichts als eine leere Hülle...
Ich hab´s aufgegeben... Ich kämpfe nicht mehr gegen an... Ich kann´s einfach nicht mehr... All die Jahre tat ich´s, aber nun bin ich ausgebrannt... Ich wüsste auch nicht, warum ich es weiterhin tun sollte... Ich hab von niemandem Anerkennung bekommen... Ich wurde von niemandem war genommen...
Es wird wohl auch niemandem auffallen, wenn ich nicht mehr da bin... Es wird nur Erleichterung geben, weil niemand mehr da ist, der ihnen ihr „gute“ Stimmung vermiest und seinen subjektive Meinung zu ihrem dämlichen Verhalten äußert... Ich kann mir schon richtig vorstellen, wie erleichtert sie sein werden, wenn sie es erfahren...
Ich...//
„Hey, Kai! Was verdammt machst du da??“ leicht erschrocken fuhr Kai zusammen, als er die Stimme Yuriy´s hinter sich hörte. „Spinnst du?! Leg das Ding da weg!“ „Lass mich Yuriy!... Du verstehst das nicht...Ich werde dem jetzt ein Ende setzten... Für immer...“
Yuriy war erschüttert, als er Kai so sah. Er wusste, dass Kai lange Zeit sehr leiden musste, aber ihm ist nie klar gewesen, dass es schon so weit mit ihm ist. „Kai bitte, leg das Messer weg. Du tust dir doch kein Gefallen damit.“ Yuriy sprach mit änglstlicher Stimme auf den Silberhaarigen ein und nährte sich ihm vorsichtig. „Bleib stehn Yuriy! Ich mein´s ernst! Bleib stehn, du kannst mir sowieso nicht mehr helfen. Niemand kann das... Es ist vorbei. Und auch du wirst es nicht ändern können.“ „So! Meinst du? Ich wusste ja gar nicht, dass du so naiv bist!“ //Attacken auf sein Ego... Bitte lass es funktionieren... nur dieses eine Mal... Bitte...// „Ach... verschwinde doch einfach.“ „Hmmh... Kai... pass mal auf... Ich werd dir was zeigen, was ich bis jetzt noch niemandem gezeigt habe...“ Kai folgte der Aufforderung und sah Yuriy aus emotionslosen rubin-roten Augen an. „Weißt du eigentlich, warum ich immer Pullover trage?...“ und mit diesen Worten krämpelte er den linken Ärmel etwas hoch. Und was Kai erblickte, verschlug ihm die Sprache und sein Atem stockte. Er konnte nicht glauben, was er da sah. Yuriy´s Arm war übersät mit langen, tiefen, hellen Narben. Aber es waren nicht die Art Narben, die auch seinen eigenen Körper zierten. Nein, diese waren aus Eigenverschulden entstanden, mit einer scharfen Klinge. Kaum eine Stelle war nicht von diesen feinen, fast schon zierlichen Linien bedeckt.
Kai richtete seine Augen ungläubig auf die saphir-blauen von Yuriy.
Dieser lächelte nur matt. Er war nicht stolz darauf, aber es war ein Teil von ihm und seiner Vergangenheit. „Sieh Kai, was aus mir geworden ist... Ich tat dies nicht nur einmal... Nein, fast täglich... Immer und immer tiefer schnitt ich mir ins eigene Fleisch, nur um sicherzugehn, dass ich noch lebe... dass ich auch noch fühlen kann... Und nicht schon verloren bin... Kai! Ich versteh dich wohl besser als irgendjemand anderes auf dieser Welt... Aber... Kai, bitte tu das nicht! Es ändert doch nichts... Nur du selbst kannst es ändern, aber wenn du jetzt gehst, tust du dir keinen Gefallen damit. Und auch deinen Freunden nicht... Sie werden dich vermissen... ICH werde dich vermissen... Ich hab immer zu dir aufgesehn, weil du dich hast nie unterkriegen lassen, ganz egal, was deine Mitmenschen gesagt oder getan haben. Nein, du hast gekämpft, immer und immer weiter gekämpft. Warst stark... Wie ich das bewundert habe... Denn... ich war´s nicht... und meine Arme sind wohl der beste Beweis dafür... Aber... Ich bin davon los gekommen Kai...“ Yuriy hatte Tränen in den Augen und vereinzelt suchten sie sich den Weg hinunter an seiner Wange. Kai war zusehends verwirrter, wollte nicht glauben, was er hörte. Doch... konnte es wirklich gelogen sein? Konnte ihn Yuriy einfach so anlügen und dies so professionell, dass er sogar weinte? Vor seinen Augen den Tränen der Trauer so mir nichts dir nichts freien Lauf lassen.
„Yuriy ich...“ und Kai lies das Messer fallen. Er sah verunsichert drein, wusste nicht, was er sagen sollte... Und er wusste auch nicht, was er hätte erwidern sollen... ihm fehlten gänzlich die Worte und so saß er da... Schweigend, in sich zusammengesunken und leicht verstört. „Kai... sei weiterhin stark und stolz... und gib dich bitte nicht auf...“ Yuriy klang zerbrechlich und auch die Tränen rannen ihm nun unaufhaltsam über das Gesicht.
Und nun.... Yuriy konnte nicht mehr anders... Er zog den jüngeren zu sich... ganz dicht an sich heran...
Mittlerweile hatte es angefangen zu regnen. Die nassen Tropfen waren warm, denn es war Mitte August, und fielen gleichmäßig auf die Haut der beiden Jungs. Ab und an durchdrang ein leiser Donnerhall den beruhigenden, monotonen Klang des Regens und etwas entfernt durchzogen Blitze die schwarzen Wolken mit einem hellen Schein. Das etwa knöchelhohe Gras wog friedlich im Takt des Windes hin und her.
Inzwischen waren die Sachen der Jungs total durchnässt und klebten an ihnen, genau wie ihre Haare, die vom Regen ebenfalls nicht verschont blieben.
Sie saßen nun schon eine ganze Weile eng aneinander gekuschelt da und das Messer ist längst vergessen gewesen. Doch schien Yuriy dies nicht genug. Er legte seine Hand vorsichtig auf Kai´s Wange und drehte seinen Kopf zu sich. „Yuriy was...“ doch weiter kam er nicht, denn Yuriy versiegelte seine Lippen mit einem Kuss. Kai wusste nicht wie ihm geschah. Eben noch von Selbstmordgedanken geplagt und nun in den Armen Yuriy´s. Und nicht nur das! Er küsste ihn und es fühlte sich wahnsinnig gut an. Die Lippen Yuriy´s waren sanft, warm, weich... und so begann Kai den Kuss zu erwidern. Erst vorsichtig und unsicher, doch dann mit Feuer und Leidenschaft. Yuriy hatte das geschafft, was er sich nie hätte erträumen lassen. Er fühlte sich unglaublich. In seinem Körper breitete sich ein Gefühl, schnell wie eine Feuersbrunst aus. Und dieses Gefühl war für ihn unbeschreiblich. So hitzig durchzog es ihn.
Seine Welt der Trauer und Depression... Yuriy stellte alles auf den Kopf. Er machte ihn total kirre. Nie hätte er gedacht, dass jemand dieses Verlangen in ihm auslösen könnte und schon gar nicht, dass es ausgerechnet ein Junge war...ausgerechnet Yuriy... Kai kannte Yuriy nun so lange, doch das hätte er ihm niemals zugetraut.
Und dann... Sie lösten den Kuss, der ihnen wie eine kleine Ewigkeit vor kam. „Yuriy ich...“ unsicher sah Kai ihn an, doch dieser schüttelte nur sacht den Kopf und meinte „Schhh.... Sag nichts Kai... ich versteh dich auch ohne Worte... Nur eins noch... Ich hatte nie den Mut es dir zusagen... und ich hätte es wohl auch nie getan, wenn das hier nicht passiert wäre, aber ich... Kai... ich....ich liebe dich...“ und erneut suchten Yuriy´s Lippen die Kai´s. Yuriy´s rechte Hand fuhr währenddessen den Rücken des jüngeren entlang und die linke streichelte sanft über den Nacken und durch den Haaransatz Kai´s.
Der Regen hatte derweilen aufgehört und die Wolkenwand hatte sich verzogen. Was die Zeit über verborgen war, kam nun in voller Pracht zum Vorschein. Wohin man sah, war der Himmel über und über mit den schönsten Sternen bestickt. Sie leuchteten so hell, wie schon lange nicht mehr, was ziemlich ungewöhnlich für den Sommer war.
Doch die Zwei bekamen dies nicht mit. Sie waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Und vor allem Kai hat alles um sich herum vergessen. Er genoss es zusehends mehr, was Yuriy mit ihm anstellte.
Dieser war mit seiner Hand unter Kai´s Shirt geglitten und wanderte mit seinen Küssen den Hals hinab.
Ja... er...
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