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Anamnesis

MadaxIta, ShixIta, DeixIta, SasuxIta
von

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Asphyxia

Hatsu-hinode

erster Sonnenaufgang des neues Jahres
 

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Liebe ist wie ertrinken.
 

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Itachi hatte ihn vollkommen in seinen Bann gezogen. Er war ein wunderbarer und mit Sicherheit der einzige Grund dafür sich hin und wieder auf den verhassten Familientreffen blicken zu lassen. Denn jedes Mal wenn Itachi über den Esstisch zurück lächelte, war es, als würden sein Herz und die Welt für einen Augenblick stehen bleiben um sich dann beschleunigt weiter zu drehen, immer schneller, bis ihm schwindlig wurde.
 

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Die schwüle Abendhitze und gedämpfte Stimmen drangen von der Veranda hinauf, durch das gekippte Fenster in Itachis Zimmer. Während die heitere Gesellschaft unten die Hochzeit irgendeiner Cousine zelebrierte, wischte Shisui heimlich seine schwitzigen Handflächen an Itachis weichem Bettlaken ab und versuchte verzweifelt seine Nervosität zu verbergen. Von seinem kläglichen Versuch Konversation zu machen, solchen verbalen Nichtigkeiten, schien Itachi unbeeindruckt.

Wie sich Shisui danach sehnte versiegelte Lippen zum beben zu bringen. Aber Itachi sah ihn einfach nur an. Mit kohlefarbenen Augen, in denen verborgene Flammen züngelten; Die ihn mit ihrer sengenden Intensität beinahe vaporisierten.
 

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Der erste Sonnenaufgang des neuen Jahres lichtete den Schleier der Dunkelheit und offenbarte, dass Itachis Haar in Wirklichkeit nicht vollkommen schwarz war, sondern von einem tiefen dunkelbraun, wie Ebenholz. Der rötliche Glanz kroch langsam über den Osthimmel um Itachis Antlitz und einen friedvollen Ausdruck zu erhellen. Einen Moment lang war jede Farbe amplifiziert, mannigfaltig heller, stärker und schöner.

Die umstehenden Verwandten bewunderten die Herrlichkeit des Hatsu-hinode, aber Shisui schwelgte in Itachis Anmut, sein klarer Blick längst verhüllt.
 

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Ein wenig makaber vielleicht, am offenen Grab seines Großonkels zu stehen und die weiße Rosenblüte zwischen seinen Fingern zu liebkosen, weil sie ihn an Itachis blasse Wangen erinnerte. Shisui war sich plötzlich unschlüssig, ob er sie hinunter in die feuchte, modrige Erde werfen wollte.

Dabei spürte er einen durchdringenden Blick im Nacken, der den sanften Flaum dort aufstellte. Sein Körper begann zu prickeln und zu kribbeln, bis in die Zehen; Bis sich seine Gliedmaßen verflüssigten und mit dem Regen weggespült wurden.
 

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Hilflos musste Shisui dabei zusehen, wie sein letzter Atem endlich in zahllosen Gasbläschen zur Oberfläche stieg. Seine Lungen brannten, als er noch einmal Luft holen wollte und es ihm nicht gelang.

Ihm blieb nichts anderes übrig als sich fallen zu lassen und sich treiben zu lassen. Ein seltsamer Schwebezustand, der ihn kraftlos und schwerelos zugleich werden ließ.
 

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Itachis süßer Mund wurde fordernd gegen den seinen gepresst. Die blassroten Lippen massierten feucht und begierig Shisuis. Eine frivole Zunge neckte eifrig seine Oberlippe und er gewährte ihr willig Einlass um spielerisch mit ihr zu ringen. Itachi hatte sich über ihn gebeugt, seine Hüften verführerisch gegen Shisuis. Die stimulierende Reibung ließ ihn genüsslich in den Kuss stöhnen.
 

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Shisui schlug die Augen auf. Itachis nasses Haar glänzte in der Sonne und köstliche Tropfen rannen über eine glatte Brust und die dezent definierten Bauchmuskeln, folgten schließlich dem dünnen Haarpfad um von den engen Retrobadeshorts aufgesaugt zu werden.

Sodann spuckte Shisui seinem lieblichen Schutzengel einen Schwall Poolwasser entgegen.
 

Obwohl Itachis Gesichtsausdruck etwas vorwurfsvolles hatte, klang seine Stimme nüchtern wie immer:

„Shisui-san. Du wärst beinahe im 1.50m tiefen Nichtschwimmer-Becken ertrunken.“
 

Ich wollte mich von romantischen Sehnsüchten ergriffen ertränken. Durch den Freitod diesem dumpfen Schmerz, der aus meiner unerwiderten Liebe zu dir hervorgeht, entrinnen.

Wahrscheinlich würde sein Cousin das in den falschen Hals bekommen. Vor allem in Anbetracht dessen, dass er gerade etwas sehr hartes, enorm großes zwischen seinen Pobacken spüren musste
 

„Halt, Itachi. Steh nicht auf.“
 

Leider war sein Cousin nicht gerade für seine Barmherzigkeit bekannt.
 

Und das, wo sie gerade eine Menschentraube sensationsgeiler Gaffer umgab. Unter ihnen Fugaku mit seinem lächerlich körperbetonten Badehöschen, das ungerechterweise immer nur alte Männer mit faltigem Hintern trugen. Er hielt den kleinen Sasuke an der Hand, dessen Augen Shisui geradezu löcherten. Neben einem Hauch Besorgnis war vor allem eine rasende, blinde Eifersucht in ihnen zu lesen. Verdammt seien alle Kinder für ihr intuitives Wahrnehmungsvermögen.
 

„Keine Angst Shisui. Ist doch bloß eine kleine Nebenwirkung von Atemnot auf den männlichen Organismus... oder?“, raunte ihm Itachi ins Ohr.

Wenn sich dessen Mundwinkel dabei nur nicht so selbstgefällig nach oben gezogen hätten.

Glasgarten

Tabi

Socken mit abgeteiltem großen Zeh
 

Yuki-onna

lit. Schneefrau, Shinto Geist (Yōkai)
 

Hakama

schützendes Beinkleid, das über dem Kimono getragen wird
 

Shaku

Maßeinheit, ca. 30 cm
 

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Itachi Uchiha ist aus Glas.
 

Hinter dem Shōji liegt ein blütenweißer Garten. Wie eine klebrige Schicht Zuckerguss überzieht der Schnee das Strohdach des Chashitsu, den Steinweg und die tapferen Bonsai, die sich dem eisigen Gewicht nicht beugen. Die dünneren Äste und Blätter sind erstarrt. Das spärliche Licht bricht sich tausendfach in ihnen, als bestünden sie ganz aus Kristall und lässt sie in der Dunkelheit glitzern.

Beruhigend sanft plätschert der Wasserlauf vor sich hin, dessen Oberfläche nahe der Ufer gefroren ist. Das Geräusch, als das voll gelaufene Bambusrohr des Kippbrunnens auf den Rand der Steinschüssel nieder fährt, hallt hohl und hölzern in die nächtliche Stille.
 

Dicke Flocken schmelzen in flüssigem Obsidian. Itachi trägt das stahlschwarze Haar offen. Ein kühles, subtiles Lächeln umspielt seine Mundwinkel. Es erstarrt in Konzentration als er sein Katana langsam, ehrfürchtig aus der lackierten Hülle zieht. Die Klinge singt eine traurige Weise, so pur wie der Schnee, der unter seinen Füßen knirscht als er Shisuis Angriff pariert.
 

Glas ist spröde und doch erstaunlich stabil.
 

Der Mond küsst Itachis bleiche Lippen. Seine Züge wirken so delikat, glashaft, als würden sie bei der leisesten Berührung zerspringen. Bedächtig, mit einer sanften Anmut umkreist er Shisui.

Lediglich die weißen Tabi an den Füßen, sieht es aus, als würde Itachi über den Puderteppich schweben, wie die Yuki-onna. Jede Bewegung sublim und fließend, Teint so blass, im Hintergrund die kalte, klare Winternacht wirkt er wahrlich ephemer wie der Shinto Geist.
 

Seine Hiebe sind gezielt, ausgeführt mit einer unheimlichen Präzision. Mit der Wucht eines Schneesturms prasseln sie auf Shisui ein. Ihre Klingen klirren. Ein tödlicher Tanz.
 

Shisui duckt sich unter der geschliffenen Schneide hindurch, fühlt sie nur Millimeter über seinem Skalp durch die Luft sausen. Das fahrlässige Manoeuvre dröhnt ihm in den Ohren. Sein eigenes Katana hat sein Ziel nicht verfehlt.
 

Über Itachis Knie ist der steife Seidenstoff des dunklen Hakama aufgeschlitzt. Ein scharlachrotes Rinnsal bahnt sich seinen Weg über die schlanke Fessel und zwischen den Zehen hindurch um die unschuldige Schneedecke zu besudeln.
 

Blütenrein wie Schnee ist Itachi und düster, hart wie Ebenholz. Unnahbar und anziehend zugleich. Er zuckt nicht einmal mit der Wimper, als er seinen Kopf in Anerkennung beugt.
 

„Shisui-san.”
 

Tintenschwarze Melancholie, dieser durchdringende Blick, manchmal lässt er selbst Shisui erschaudern und er fragt sich, ob Itachi wahrhaftig von dem übelgesinnten Yōkai besessen ist.

Er kann das leichte Zittern seiner Hände nicht unterdrücken als er sein Schwert wieder in der Scheide versenkt.
 

Glas verzerrt die Wahrnehmung oder kann sie erweitern, ausdehnen, fokussieren.
 

Itachi ist der Erstgeborene des Klanoberhauptes Fugaku Uchiha, ein ehrwürdiger Samurai, der als Administrator direkt unter dem Daimyo dient.

Obwohl sie Cousins ersten Grades sind, teilt Shisui das hohe gesellschaftliche Ansehen, das der Hauptfamilie seit der Berufung seines Onkels entgegen gebracht wird, nicht.
 

Sein eigener Vater, ein Abtrünniger, der es vorgezogen hat sein eigenes erbärmliches Leben zu retten anstatt die Ehre der Familie wiederherzustellen; Wäre Fugaku-san damals nicht für ihn eingetreten, man hätte Shisui die Ausbildung zum Samurai mit Sicherheit verweigert.
 

Shisui, die Illusion, bester Schwerkämpfer des Klans. Damit seine Existenz nicht in Vergessenheit gerät, bedarf es der einflussreichen Verwandtschaft. Das Zeitalter der wahren Bushi, es ist entgültig vorbei.
 

„Shisui-san.”
 

Lautes Schweigen. Itachis rauchige Stimme bar jeder Spur tangibler Insination. Er behandelt ihn stets mit demselben Respekt, den er einem älteren Bruder entgegen gebracht hätte. Und Shisui. Shisui brennt.
 

„Itachi.“

Mit seiner Zunge liebkost er den Namen. Er fließt ihm mit der zähen Viskosität süßen Nektars aus dem leicht geöffneten Mund und verpufft als Atemwolke.
 

Genau genommen, ist Glas nie vollkommen transparent.
 

Glasklar ist lediglich, dass Itachi es ebenso wenig schätzt zu verlieren, wie Shisui.
 

Diese schwelende, stille Wut, die langsam an die Oberfläche driftet um in den rusigen Augen aufzuflackern. Längst hat sie ein ohnmächtiges Verlangen in ihm entzündet.
 

„Itoko-san“, beeilt er sich zu korrigieren und zwingt seinen Blick auf den blutbefleckten Pulverschnee: „Bitte erlaubt mir eure Wunde zu versorgen.“
 

Wollust, Völlerei, Neid, Habgier, Shisui ist ein Sünder.
 

Erst schlägt er seinem Cousin eine Wunde, dann will er sie lecken. Itachi wirkt angesichts dieser Ironie milde amüsiert.
 

„Ich gestatte es.“
 

So sehr er sich danach verzehrt Itachi hinter den Schattenvorhang zu ziehen und gegen die steinernen Grundstücksmauern zu lieben, er wagt es noch nicht nach dem schlanken Handgelenk zu greifen. Stattdessen folgt er ihm über die zierliche, verschneite Brücke und durch den niedrigen Eingang des Teehauses.
 

Wie stilles Wasser, kann Glas reflektieren.
 

In der Mitte des übersichtlichen Raumes ist ein quadratischer Tisch eingelassen. Das gedämpfte Flackern des Andon hinterlässt ein lebendiges Schattenspiel auf dem stoischen Gesicht. Mit der Lieblichkeit einer jungen Miko und der Perfektion einer erfahrenen Geisha bereitet Itachi den Tee zu. Trotz des kleinen Kohlefeuers sitzt ihnen die Kälte noch in den Gliedern.
 

Während die wohltuend warme Flüssigkeit seine Kehle hinab rinnt, beobachtet Shisui wie Itachi seine Schwerter und dann die weiten Beinkleider ablegt und sorgsam faltet und endlich nur in den nachtblauen Kimono gehüllt vor ihm steht. Ruhig wie der Wald, unbewegt wie der Berg, kalt wie der Nebel, schnell im Entschluss wie der Wind und im Angriff heftig wie das Feuer. Das Sinnbild eines Samurai und für Shisui begehrenswerter als die schönste Frau.
 

Hochgewachsen ist Shisui, ein aufrechter und stolzer Kämpfer, kein Bürokrat. Er überragt seinen Cousin um ein halbes Shaku und Itachi sieht zu ihm auf. Deshalb verspürt Shisui keine Scham, als er vor ihm auf die Knie sinkt.
 

Die letzte Stoffbarriere verbirgt einen zornigen roten Striemen der sich vom äußeren Rand der Kniekehle bis über die Kniescheibe entlangzieht.
 

„Verzeiht mir“, raunt er und berührt die Schnittwunde sanft mit feuchten Lippen. Dann lässt er seine Fingerspitzen die weiche Innenseite von Itachis Oberschenkel hinauf tanzen. Er reibt seine Nasenspitze gegen die milchige Haut, geschmeidig und kühl unter seinen flüsternden Berührungen. Sein Inneres ist voller glühender Begierde, zwischen bereitwillig geöffnete Schenkel zu dringen und Itachi nicht nur in jeder Hinsicht zu besiegen, sondern zum Schmelzen zu bringen.
 

Mit der Verzweiflung eines Ertrinkenden greift er in den edlen Zwirn, reißt ihn an sich, klammert sich an den sehnigen Körper, ringt ihn zu Boden, bis sich Itachis Aschesträhen fächerförmig über die Tatami Matten ergießen.
 

Soll er doch mit diesem Kuss die ganze Lebensenergie ihm stehlen, Shisui mit seinem Eisatem in einen mit Raureif glasierten Leichnam verwandeln, oder im trägen Bach versenken, frostiges, nasses Grab.
 

Wenn Licht auf Glas trifft werden verschiedene Wellenlängen unterschiedlich stark gebrochen. Ein ganzes Spektrum an Farben entsteht.
 

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Einst hat ein Samurai seinen Bushido verlassen um den Glasgarten zu betreten. Eine zerbrechliche Märchenlandschaft. Dort verhüllt die winterliche Decke jeden Makel, bis sie im Frühling taut.
 

Leise Wellenringe lassen Shisuis Spiegelbild verschwimmen. Es ist Itachis Anlitz, das an die Wasseroberfläche driftet. Unersättliche Eiswasserklauen lauern hungrig in den obskuren Untiefen und wollen ihn hinunter ziehen. Ein Wakazashi blitzt in der Morgensonne. Heißes, hellrotes Blut.
 

“Ich bin meiner Pflichten so müde. Eine Zukunft sehe ich weder für den Klan, noch für mich selbst. Deshalb vermag ich diesen Pfad nicht länger zu beschreiten...“

Kiss Kiss Bang Bang

“There is a black sheep in every flock”

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In einem altehrwürdigen Familienklan wie Uchiha gab es weder schwarze Schafe noch andere Absonderlinge, pflegte Fugaku seine Söhne stolz zu belehren.

Und Itachi hätte seinem Vater beinahe geglaubt, bis er an einem 4. July seinen amerikanischen Cousin Shisui traf.
 

Dieser Tag fiel nicht nur auf einen Feiertag von enormer Bedeutung, der in Amerika als Independence Day gefeiert wurde, sondern war durch Zufall auch Shisuis Geburtstag.
 

Man befand sich in Mongomery, Alabama, das im Süden der Vereinigten Staaten lag, in einem für die Region recht typischen und bieder eingerichteten Häuschen. Der Esstisch war dem Anlass entsprechend kitschig dekoriert und den Besuchern wurde reichlich Kaffee und Kuchen gereicht. In Mitten der kleinen Gesellschaft das Geburtstagskind, welches mütterlicherseits sein zweifellos asiatisches Erscheinungsbild geerbt hatte und groteskerweise eine Mini-Ausführung der historischen Bürgerkriegsuniform der Südstaaten trug.
 

Während die Erwachsenen angestrengt in ihre Unterhaltung vertieft waren, schlichen sich die Kinder gelangweilt von den pädagogisch unwertvollen Gesprächsthemen davon, um sich gegenseitig zu beschnuppern.
 

Wie sich herausstellen sollte, besaß Shisui neben der orginalgetreuen Konföderiertenuniform ein weniger authentisches (Stecken-)pferd und einen Plastiksäbel, sowie einen Spielzeugrevolver.
 

Weil sich seine jüngeren Cousins aus Japan aus ihm unerfindlichen Gründen kaum für den amerikanischen Bürgerkrieg begeistern ließen, nahm Shisui bald die etwas weniger blutrünstige Rolle eines Plantagenbesitzers an.

Aus Protest gegen die Abolition band er dem dreijährigen Sasuke mit einer grünen Plastikwäscheleine die kleinen fleischigen Handgelenke zusammen und zog ihn nun als seinen Sklaven hinter sich her, bis in den Vorgarten.

Die penibel geplegten Rosenbüsche seiner Mutter stellten Shisuis Baumwollfarm dar und Georges Hundehütte war offensichtlich seine Südstaatenvilla.
 

"Du darfst auch meine Ehefrau spielen. Scarlett O´Harra", rief er Itachi zu, der es vorgezogen hatte die Szene aus sicherer Entfernung hinter der halb geöffneten Haustüre zu beobachten.
 

Eine Weile lang waren die Jungs tief in ihr Rollenspiel versunken, bis Klein-Sasuke irgendwann die dringende Notwendigkeit verspürte aufs Töpfchen zu gehen und deshalb nach Mikoto rief. Das missfiel Shisui nun ganz und gar, nicht nur weil er sich einmal erfolgreich der elterlichen Aufmerksamkeit etzogen, sondern vor allem weil er insgeheim eine tiefe Neugierde gegenüber seinem stillen Cousin Itachi entwickelt hatte und geradezu darauf brannte diesen zu erforschen.
 

Die Wäscheleine war mittlerweile um Sasukes Hüfte gebunden, damit er die Hände frei hatte um die Baumwollfrüchte, die in Wirklichkeit weiße Rosenblüten waren, zu ernten. Weil sich der Sklave gegen seinen Herrn auflehnte hatte Shisui nun die Aufgabe diesen zu züchtigen und packte das Ende der Plastikschnur um es ein, zwei Mal auf Sasukes Po niedersaußen zu lassen. Woraufhin der Jüngere erschrocken das Gleichgewicht verlor und auf dem geschundenen Körperteil landete, was ihn widerum zum Schluchzen brachte.
 

Itachi, der pazifistisch veranlagt war, aber gleichzeitig einen ausgeprägten Beschützerinstinkt gegenüber seinem Bruder entwickelt hatte, konnte die gemeinen Misshandlungen Sasukes durch seinen amerikanischen Cousin natürlich nicht einfach so durchgehen lassen und wagte sich aus dem kühlen Schatten des Hauseinganges hervor. Er hob den mittlerweile in Vergessenheit geratenen, im pefekt gemähten Rasen liegenden Säbel auf und ging auf Shisui zu.
 

"Lass Sasuke in Ruhe.", warnte er seinen Cousin auf Japanisch, was dieser aber nicht verstehen konnte. Daher missinterpretierte Shisui auch den drohenden Ausdruck in Itachis anthrazitfarbenen Augen, der anscheinend endlich Geschmack am Kriegsspiel gefunden hatte, und zog seinen Revolver um den angreifenden Unionssoldaten abzuwehren.
 

"Bang, Bang"
 

Die unverschämte Geste wurde von Itachi prompt mit einer Demonstration der bemerkenswerten Ergebnisse allwöchentlichen Kendo-Trainings beantwortet. Nachdem er Shisui mit einem Schwerthieb seiner Revolveratrappe entledigt hatte, streckte er ihn mit einem gekonnten Schlag in die Kniekehle nieder. Sasuke, erfreut ob des gekonnten Displays seines großen Bruders, lachte schon wieder fröhlich und klatschte enthusiastisch die ungeschickten Händchen gegeneinander.
 

"Samurai sind viel cooler als Cowboys.", behauptete Itachi in gebrochenem Englisch, mit verschränkten Armen über Shisui stehend, dem die Tränen in die Augen stiegen.

Passwort 鯉 (Koi)

Grand Champion

preisgekrönter Zuchtkarpfen, Gewinner der All Japan Show (größte Zuchtshow der Welt)

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“After all, the wool of a black sheep is just as warm.“

Ernest Lehman
 

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Shisui war in den Koiteich gefallen.
 

Onkel Madara musste ihn mit einem Kescher wieder herausziehen, natürlich nicht im Netz, sondern indem sich sein Neffe am runden Holzrahmen festklammerte, bis er endlich die steile Uferböschung hochklettern konnte.
 

Eigentlich war Madara mehr um die Gesundheit seiner preisgekrönten Karpfen besorgt (womöglich hatte der Junge Keime in den Teich eingeschleppt), aber es hätte sicher kein allzu gutes Licht auf sein Zuchtgeschäft geworfen, wenn bekannt geworden wäre, dass ein kleiner Amerikaner in einem seiner Naturteiche ertrunken war. Und dann war da noch Madaras Schwester, zufällig die Mutter des Bengels und möglicherweise nicht allzu erfreut über einen plötzlichen Unfalltod ihres Schatzes.
 

“Ein 12-jähriger sollte wirklich schwimmen können”, murmelte Madara, “Kann nicht so viel schwerer sein als diesen I-phone-Quatsch zu bedienen.”
 

An dieser Stelle soll erwähnt werden, dass Madara moderne Gadjets aller Art, inklusive gewisser Smartphones und besonders Laptops, in letzter Zeit ein Dorn im Auge waren. Genauer gesagt, seitdem er im Internet gechattet und sich verliebt hatte. In ein Fake-Profil, das von einer 13-jährigen erstellt worden war. Dabei hatte er sogar ein Liebesvideo auf YouTube gestellt.
 

Als er sich ein knappes halbes Jahr später wieder ein Lebenszeichen von sich gegeben hatte, waren die meisten seiner weltlichen Güter bereits aufgegeben, im Tausch gegen eine insolvente Koifarm, die Madara kurioserweise oder vielleicht ironischerweise bei yahoo.co.jp ersteigert hatte. Alte Gewohnheiten ließen sich eben manchmal schwer überwinden.
 

Wieder alle Erwartungen hatte sich die Zucht der Edelfische in seinem Fall als äußerst ertragreiches Business erwiesen, sodass Onkel Madara binnen weniger Monate vermögender war als je zuvor. Seine Ehre war wieder hergestellt; Fürs Erste jedenfalls.
 

Hinter seinem Lieblingsneffen betrat er die kleine Hütte, die am Rande des größten Teiches stand. Weil Madara noch keine andere Bleibe gefunden hatte, die es im erlaubte nahe genug bei seinen Schützlingen zu leben, schlief er auf einer der beiden Holzbänke die den massiven Esstisch (ein polierter halbierter Baumstamm auf einer Stelzenkonstruktion) säumten. Neben dem Pumpbrunnen und der sporadischen Kochstelle füllten sie den einzigen Raum bis auf wenige Quadratmeter, die man zum Navigieren benötigte.
 

Madara zwang den kleinen Amerikaner die durchnässte Kleidung (bis auf die Boxershorts, er war ja kein Perverser Bonbononkel oder so) abzulegen, bevor er sich auf das im altmodischen Millefleurmuster bezogene Polster niederlassen durfte. Ihm gegenüber saß, scheinbar gänzlich unbeeindruckt von Shisuis Ankunft, der Mittlere von Madaras drei Neffen, Itachi und lass gerade in einer armdicken Anthologie über die Anfänge von Literatur und Philosophie im alten China. Madara hatte ihn “Kind der Finsternis“ getauft.
 

„Was ließt du da?“, wollte Shisui wissen, der noch immer kein einziges Wort Japanisch sprach. Itachi blätterte eine Seite seines Buches um, ohne dabei aufzusehen oder auch nur mit der Wimper zu zucken.
 

„Itachi?“, bohrte Shisui ungeduldig nach. Er wollte sich nicht damit zufrieden geben so unverfroren ignoriert zu werden und schnippte ungeduldig gegen den Buchrücken. Schließlich hatte er sich nur wegen Itachi während der Sommerferien nach Japan abschieben lassen.
 

Madara überlegte, ob es weise war die beiden noch nicht einmal Teenager für eine Weile unbeaufsichtigt zu lassen. Nicht so sehr weil er befürchtete, dass es einem der beiden an den Kragen gehen könnte, sondern viel eher, dass sie sich gegenseitig an die Wäsche gehen würden.

Schließlich strömten von Shisui ausgehend Wellen einer recht unverhohlenen, unbefriedigten sexuellen Neugierde durch den Raum, jedes mal wenn Itachi Anwesend war. Und umgekehrt, waren ziemlich blatante mörderische (sprich, repressive) Vibes seitens Itachi zu spüren. Nein, insgesamt lag kein gutes Chi im Raum.
 

Madara wollte sich eine Hand vor die Stirn schlagen angesichts der frühreifen homoerotischen, beziehungsweise homiziden Tendenzen, die diesen Zweig des Klans noch in den Ruin stürzen würden, aber wenigstens musste er sich keine Sorgen um ungewollte Schwangerschaften unter seiner Obhut machen. Weshalb er sich endlich aufmachte den letzten der drei Gaki ausfindig zu machen, damit er sie endlich, endlich wieder bei seiner Schwägerin abliefern konnte. Aber wie hätte er der lieben Mikoto den Gefallen auch ausschlagen sollen... dachte er mit verträumtem Blick.
 

Sobald sein, in Shisuis Augen recht wunderlicher, Onkel den Raum verlassen hatte machte er Anstalten sich Itachi anzunähern. Zunächst operierte er, indem er sich einfach grundlos auf die Bank gegenüber setzte, direkt neben seinen Cousin. Gerade 12 war Shisui eben noch kein geleckter Casanova.
 

Dann versuchte er keck einen Blick über Itachis Schulter zu erhaschen, weil er vermutete, dass sein Cousin bloß vorgab solch einen dicken Wälzer zu lesen um ach so furchtbar intelligent zu wirken und in Wirklichkeit einen Comic zwischen den Seiten versteckt hatte, wie es jeder normale Junge an seiner Stelle tun würde. Jedoch verwehrte dieser Shisui erfolgreich die Sicht, und ließ sich darüber hinaus, zu seiner Enttäuschung, noch immer nicht dazu bewegen mit ihm zu kommunizieren.
 

Irgendwann, zwischen einem unerfolgreichen Spick- und kläglichen Baggerversuch, bekam Shisui eine Brise Shampoogeruch mit Himbeernote ab und es traf ihn wie einen Blitz, wie physisch nahe er Itachi eigentlich gerade war.
 

Jeder mehr oder weniger in seiner eigenen Welt versunken, Itachi in der literarischen und Shisui einer Art Herbal Essences Werbefilm (in der Hauptrolle selbstverständlich Itachi, der sich genüsslich seufzend oder wohl eher wollüstig stöhnend die Haare unter einem tropischen Wasserfall wusch, der zufällig in Madaras Karpfenteich mündete), bemerkten sie weder wie sich Klein-Sasuke heimlich in die Hütte schlich, noch dessen angestrengten, aber vor allem stolzerfüllten Ausdruck angesichts der schweren Beute, die er bei sich trug.
 

Während die inspirierende Fantasie Shisuis Ohrenspitzen feuerrot färbte, beugte er sich weiter vor um den Duft von Itachis Haar einzuatmen, ohne dabei zu bemerken, dass dieser hierin offensichtlich ein feindliches Eindringen in seine persönliche Sphäre sah. So nahe, dass Shisui, rein theoretisch natürlich, „Wie ein Himbeertoertchen...“ in dessen Ohr hauchen konnte, und die weiche Textur erfühlen und seine Nasenspitze darin vergraben...
 

Itachi packte Shisui kurzerhand beim Handgelenk und überwältigte ihn, indem er ihm mit einer Expertise, die er beim Kampfkunstunterricht erworben hatte, den Arm auf den Rücken drehte, bis sich Shisui in der Horizontalen, mit einer Gesichtshälfte in das Sitzpolster gepresst, wiederfand. Eine äußerst unvorteilhafte Position wie er feststellen musste, so schmerzhaft, dass er es leider gar nicht genießen konnte wie Itachi dabei auf der Rückseite seiner Oberschenkel saß. Leider war auch der Himbeergeruch verflogen. Stattdessen roch es plötzlich irgendwie verbrannt? Shisui bereute sodann eine Brise vom Sitzpolster unter sich genommen zu haben, um die Herkunft des Brandgeruchs zu bestimmen.
 

„Feuer?“, fragte Itachi, dem es ebenfalls in der Nase brannte, in den sich langsam mit Rauch füllenden Raum.
 

In diesem Moment wurde die Türe energisch aufgestoßen, von keinem Geringeren als Onkel Madara, der von draußen die durch den Abzug aufsteigenden Rauchschwaden beobachtet hatte und sein Hüttchen samt Insassen gerade am Abbrennen wähnte. Weil er sofort geistesgegenwärtig einen Eimer Teichwasser gegriffen hatte, war das Feuer relativ abrupt wieder erloschen.
 

Zurück blieben angekokelte Blümchengardienen, eine sehr unschuldig wirkende Flasche Brennspiritus, ein verschreckter Sasuke der mit schlechtem Gewissen in einer Ecke kauerte, zwei frühreife Neffen in suggestiver Pose ertappt und noch viel, viel schlimmer die jämmerliche, von einer Seite beinahe komplett verkohlte Kreatur auf der Grillplatte.
 

„Das... war mein Grand Champion.“, hauchte Madara, bevor ihm die Lichter ausgingen.

Most precious Blood

Eins.
 

Die Nacht. Noch vermag ihn der Schlaf nicht zu überkommen. Seine Welt ist stets düster. Itachi ist allein und lauscht seinem eigenen ruhigen Atem. Er ist fast erleichtert darüber sich seinen fiebrigen Gedanken ganz privat hingeben zu können.
 

Ein Knarren der hölzernen Dachbalken. Es gibt keine Nachtgespenster. Itachi sucht sich selbst heim. Er hat es nicht verdient, wenn auch nur für einen Augenblick, zu vergessen. Er versagt sich in einer Traumwelt zu versinken, über die er nicht Herr ist.
 

Der dunkelblaue Yukata klebt an seiner nackten, bleichen Haut, die rußfarbenen Strähnen feucht an seiner Stirn. Salzige Perlen rollen träge über seine blassrote Oberlippe, als warteten sie darauf weggeküsst zu werden. Kein Zentimeter des Futons, den sein erhitzter Körper nicht schon aufgewärmt hätte. Rastloss.
 

Die Bodenfläche des Raumes dürfte kaum viereinhalb Matten messen. Es liegt ihm im Blut Entfernungen abzuschätzen. Die Luft ist schwer und feucht und heiß, obwohl dicke Regentropfen in einem monotonen Rhythmus auf das Dach trommeln. Totenlied.
 

Wie aus dem Nichts heraus schüttelt es seinen sehnigen, geschwächten Körper. Es kommt nur Galle hoch. Sein dunkler Umriss bebt noch einige Sekunden lang. Er ist dehydriert.
 

In der Ferne ist ein Donnergroll zu hören. Sommergewitter; so wunderwunderschön.
 

Als der Morgen graut verstummt der Regen. Die erwachende Sonne verwandelt schwarz in dunkelrot, ein schwerer, zäher Farbton, wie getrocknetes Blut. Gegen Mittag wird die Nuance reicher, bis er glaubt den metallischen Geschmack wahrhaftig auf seiner Zunge kosten zu dürfen.
 

Die mit dünnem Reispapier bespannte Schiebetüre wird geöffnet. Er kann den Duft frisch gemähten Grases riechen, den eine lauwarme Brise ins Zimmer weht. Es sind Schritte zu hören. Eine kühle Hand befühlt seine Stirn. Schlanke Finger umgreifen sanft aber bestimmt sein Kinn und flößen ihm eine angenehm kühle Flüssigkeit ein. Seine Lippen glänzen feucht.
 

Er fügt sich der Umarmung. Dieses Gefühl. Langes, glattes Haar und weich wie das seiner Mutter. Als ob diese Welt dieselbe wäre. Als ob sich nichts geändert hätte. Endlich wiegt ihn die Illusion in den Schlaf.
 

Als Itachi erwacht ist er schweißgebadet. Langsam richtet er sich auf und fässt sich an die Stirn. Das penetrante Pochen hinter seinen Augäpfeln ist verschwunden. Unter schweren Lidern blicken onyxfarbene Iriden ins Nichts.
 

Zwei.
 

Niemals wird er vergessen wie viele Tage vorüber gegangen sind, seit er das letzte Mal ein Lächeln auf dem Gesicht seines kleines Bruders gesehen hat. Er hat ihm einen Grund gegeben nie wieder zu lächeln.
 

Die schlafende Gestalt neben ihn auf dem Futon atmet noch immer gleichmäßig und leise. Der Körper strahlt eine unangenehme Hitze aus in dieser schwülen Sommernacht. Itachi erhebt sich, doch wird augenblicklich grob an der Fessel gepackt. Shinobi sind Meister der Täuschung. Ein Funken Zorn flackert in seinen Augen auf und färbt sie blutrot und die Welt geht in Flammen auf, gleisend hell. Sein Sehnerv kann die Flut von Informationen kaum bewältigen.
 

Itachi spürt wie ihm der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Unsanft kollidiert sein Hinterkopf mit den Holzdielen. Er ist noch immer geblendet. Nur sehr langsam beginnt er verschwommene Gesichtszüge wahrzunehmen. Er weiß ohnehin, wer sich gerade über ihn beugt und dabei mit seinem ganzen Gewicht nieder drückt.
 

Es ist wieder stockdunkel draußen, keine Lichtquelle erhellt den Raum und doch kann Itachi sehen. Ein beinahe androgynes Gesicht, mit einer fein geschnittenen Kiefer- und Kinnpartie. Ein attraktives Gesicht, mit gerader, aristrokratischer Nase. Der Schlafzimmerblick und der schmale, leicht schiefe Mund verleihen ihm Charakter. Wenn auch nicht makellos, ein Gesicht mit den typischen Zügen des Uchihaklans. Um die Pupille tanzen drei perfekte schwarze Tomoe.
 

Rauhe Fingerspitzen kitzeln seine Wange. Ein Daumen wird gegen seine Unterlippe gedrückt, während der Zeigefinger die Unterseite seines Kinns streichelt. Die Berührungen wandern tiefer, seinen Hals hinab. Der Blick wird intensiver, animalischer, so voller Neugierde und vielleicht, hungrig.
 

Ein scharfer Schmerz durchfährt die Knöchel seiner rechten Faust, bis ins Mark hinein. Die dünnen Lippen verziehen sich in ein vulgäres Grinsen, bevor sich Madara das frische Blut aus dem Mundwinkel leckt.
 

„Ich könnte dich töten.“ (Itachis kalte, ruhig gesprochenen Worte.)
 

„Das weiß ich wohl. Tun wirst du es dennoch nicht.“ (Madara, der einen amüsierten Eindruck macht. Tut er meistens. )
 

Lange, dürre Finger trommeln schon ungeduldig auf das Shikibuton. Itachi nimmt seinen Platz ein und zur Belohnung schiebt Madara den Nackenzopf zur Seite und streichelt die delikate Haut. Die Geste ist liebevoll und so grausam, so schmerzhaft zu gleich. Obwohl er ihm den Rücken zugewandt hat, wagt es Itachi nicht seinen Tränen freien Lauf zu lassen.
 

Madara, der unsterbliche Madara Uchiha dessen Mangekyou Sharingan in die Zukunft zu blicken vermag. Itachi kennt das wahre Geheimnis. Der hundertjährige, allwissende Madara ist einfach außergewöhnlich scharfsinnig, sowie scharfsichtig.
 

Während sich das Adrenalin in Itachis Adern zersetzt, kehrt die Finsternis zurück. Immerhin weiß er jetzt wie er ihr entkommen kann.
 

Mittagsstille -

das Schrillen der Zikaden dringt

ein in die Felsen.
 

Bashô
 

Die Sonne. Sie brennt ohne Erbarmen auf die Felder von Hi no Kuni nieder. Selbst als sie den Zenit bereits überschritten hat, werden Itachis Sandalen noch stetig über verbranntes Gras und ausgetrocknete Erde getragen. Das gelegentliche Stolpern ist längst nicht so kraftraubend wie sein Kekkei Genkai. Er kann nicht aufhören die Stunden zu zählen. Seit 63 Stunden ist sein Leben verwirkt. Genauer sind es 3794 Minuten oder 226804 Sekunden.
 

Die Luft um ihn herum ist jetzt kühler und riecht feuchter, der Boden wird weicher. Dies ist der Wald an der Landesgrenze. Madara hält inne.
 

Noch immer verfolgt Itachi das endlose Zirpen der Grillen. Eine Serenade für einen Sünder.
 

„Es soll Menschen geben, die von solch penetranten Geräuschen wahsinnig geworden sind. Vielleicht möchtest du sie lieber mit einem kleinen Jutsu ausräuchern, Itachi.“
 

Die Schonfrist ist endgültig vorbei, denn mit Itachis Kräften ist auch Madaras Sarkasmus zurückgekehrt. Dessen manisches Lachen ist wahrlich kein geeigneter Beweis dafür, dass er noch einen gesunden Verstand besitzt.

Ironischerweise ist Itachi derjenige, den sein Heimatdorf für einen geisteskranken Klanmörder hält.
 

Itachi lehnt mit dem Rücken gegen die grobe Rinde eines mächtigen Baumes, mit knorrigen Wurzeln, die ihm fast bis zur Hüfte reichen. Wenigstens verfügt er wieder über genug Chakra um den Nachthimmel, scharlachrotes Sharingan in den Augen, zu beobachten. Die sanfte, klare Mitsommernacht und der traurige, sichelförmige Silbermond. Wann immer eine Seele dahinscheidet, fällt ein Stern vom Himmel. Sternschnuppenschauer.
 

Natürlich ist Itachi dabei nicht entgangen, wie ihn Madara von oben herab mustert. Er versteht selbst nicht, warum er den durchdringenden Blick erwiedert. Madara hockt im Geäst und aus seinen Augenhöhlen fällt das reflektierte Mondlicht. Er sieht aus wie eine groß geratene Waldeule. Itachis Mundwinkel zuckt und mit Leichtigkeit fängt er das Kunai.
 

Madara zückt einen zweiten Kurzdolch und betrachtet ihn. Seinen Zeigefinger in der Öse wirbelt er ihn geschickt herum und packt mit der anderen Hand einen Büschel seines Haares. Leichter wie Federn gleiten sie gemächlich auf den Waldboden.
 

„Seit neuneinhalb Dekaden dieselbe Frisur, ich dachte mir, es wäre Zeit für eine kleine Veränderung... Sei so gut und bring das in Ordnung, Itachi.“
 

Irgendwie ist Itachi erleichtert und gehorcht. Mit einem Satz landet er hinter Madara auf dessen Ast und kniet sich hin. Die scharfe Waffe gleitet wie Butter durch die Strähnen. Eine geschickte Bewegung seines Handgelenkes und Madara würde wie ein wehrloses Lamm ausbluten. Doch Itachis Sicht ist verschwommen.
 

Selbstzufrieden begutachtet Madara das Ergebnis in der spiegelglatten Oberfläche der Klinge. Ein anderer Winkel und sie wirft Itachis Abbild zurück.
 

Es ist nur eine einzige salzige Träne. Sie ist Itachis ganze Wahrheit auf Madaras Zunge.
 

Den Kopf auf Madaras Schoss gebettet, säuselt der Wald beruhigend in sein Ohr. Eine kleine Nachtmusik. Weil im Mondlicht alles viel zu einfach ist.
 

Drei.

Onyx

Shikibuton

faltbare Matratze des Futon

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Der reiche, erdige Duft von feuchtem Laub lag in der Luft. Ein flüsternder Westwind wehte stetig die steile Anhöhe hinauf, um die Wipfel des kargen Grenzwaldes sanft ins wallen zu bringen und verfing sich unterwegs in dem zierlichen Glücksbringer, der von Itachis weitem Strohhut baumelte und glockenklar in die herbstliche Stille hinaus klang.

Itachi stand seelenruhig im Nieselregen und betrachtet seine Reflektion in einer Pfütze, wirkte dabei nachdenklich und so einsam, als existiere er ganz alleine auf dieser Welt, was in gewisser Weise der Wahrheit entsprach, ruchloser Klanmörder der er war und hatte das verhasste scharlachrote Sharingan in den Augen.
 

„Kommst du, Itachi-san?“
 

Die wortlose Antwort war ein gefährliches Blitzen unter dem Hutrand hervor.
 

Zornig fluchend stampfte Deidara voraus. Sollte der Wunderknabe doch sehen wo er blieb.
 

Seine ehemalige Heimat, Tsuchi no Kuni war von einer Bergkette umgeben, der Aufstieg für zivile Reisende beschwerlich oder in seinem Fall, lästig. Inzwischen hatte der Wind aufgefrischt und dort wo sich die Luftmassen überschlugen, knickten sie selbst die robustesten dunkelgrünen Halme gegen den Hang.

Deidara fröstelte, als sich der dichte Nebel heimlich tiefer in seine nachtschwarze Robe schlich und die Sicht auf alles, was ihn in einer Entfernung von mehr als zehn Schritten umgab, versperrte.
 

Endlich am höchsten Punkt des Bergpasses angelangt, lichtete sich der Schleier und gab die Aussicht auf ein Meer aus Wattebäuschchen frei, das so greifbar schien, als könne man eintauchen und in süßer Ignoranz darin versinken. Er war durchaus versucht.

Stattdessen setzte sich Deidara auf den feuchten, moosbewachsenen Markstein am Wegesrand und streckte die Beine aus, um mit der Spitze einer Sandale im klammen Untergrund herumzuwühlen.
 

„Was für ein bescheuerter Auftrag, hmm... und es ist verdammt ungewöhnlich, dass gerade wir ein Team bilden“, meckerte er mehr zu sich selbst als zu seinem stummen Begleiter, der gewiss längst zurück geblieben war.
 

Obwohl Itachi seinen Missmut über Deidaras oftmals so lax daher gesagten Worte nicht versteckte, so schien er meist genauso wenig bereit seine Meinung zu artikulieren und auf vokale Weise mit ihm zu teilen. Nicht einmal jetzt, da sie doch Partner waren, dachte Deidara bitter.
 

„Ist es nich offensichtlich.“
 

Wie konnte ihm entgangen sein, dass Itachi bereits zu ihm aufgeschlossen hatte, um sich wie ein Geist aus dem Nichts vor ihm zu manifestieren.
 

„Der Grund für unsere forcierte Zusammenarbeit. Als einziges Mitglied von Akazuki mit Wurzeln in Iwagakure solltest du dazu in der Lage sein, die Person zu identifizieren, welche wir im Laufe dieser Mission treffen werden.“
 

Selbst wenn Deidara genau überlegte, war dies das erste Mal, dass sich Itachi dazu herabgelassen hatte ihm eine ausführliche Antwort zu geben. In ganzen Sätzen.
 

„Wir sollten uns beeilen. Sonst holt uns der Sturm ein...“
 

Dieses Mal war es Deidara, der in Gedanken versunken zurück blieb. Als er wieder aufsah, war Itachi schon wieder hinter der Nebelwand verschwunden. Ihm blieb nichts anderes übrig als aufzuspringen und sich zu beeilen seinen ungeliebten Teamkollegen einzuholen, denn wie üblich hatte es keiner für nötig erachtet auch ihm die Details des Auftrages anzuvertrauen.

Gerade erst wieder im Brodem versunken und schon toste eine mächtige Windbö in Deidaras Ohr.
 

„Warte Itachi-san.... Hast du etwa Angst nass zu werden oder so?“
 

Anscheinend hatte Itachis ungewohnte Gesprächigkeit ein jähes Ende gefunden, zumindest für Heute.

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„Wenigstens hat die Taverne einen gewissen... rustikalen... Charme“, bemerkte Deidara als sie die wenigen Stufen hinauf stiegen, die unter ihren Fußsohlen hölzern knarrten. Er hatte durchaus schon in übleren Kaschemmen übernachtet.
 

Ihr Zimmer war von durchschnittlicher Größe und karg eingerichtet. Ein einfach gezimmerter Holztisch und zwei ziemlich schiefe, dreibeinige Hocker waren vor dem einzigen Fenster gegen die Wand gerückt. Die beiden durchgelegenen Matratzen auf den abgenutzten Dielen wirkten, soweit man es im Flackern des altmodischen Rapsöllampions erkennen konnte, zwar alles andere als einladend, aber für eine Nacht würden sie ihren Dienst wohl tun.
 

Die Türe fiel mit einem leisen Klack ins Schloss und Itachi lehnte dagegen. Bis er sich nicht mehr aufrecht halten konnte. Das dumpfe Geräusch seines Aufpralls hallte durch den Raum.
 

Deidara drehte sich verwundert um: „Was ist passiert? Itachi-san?“
 

Itachi rührte sich nicht und reagierte auch nicht, als sich Deidara zu seinem vermutlich bewusstlosen Körper herunter beugte: „So anstrengend war unser kleiner Spaziergang doch gar nicht, hmm.“
 

Er wusste nicht viel über Itachi, außer, dass er über ein berüchtigtes Doujutsu vefügte, das schon hunderte Opfer gefordert hatte, darunter potente Shinobi und nicht zuletzt dessen eigener, angesehener Klan.

Anscheinend hatte er noch andere düstere Geheimnisse... denn einzig vor Erschöpfung in Ohnmacht gefallen war er sicher nicht.
 

Es bot sich durchaus an, Itachi mit ein oder zwei ermunternden Ohrfeigen aus seiner vorübergehenden Lethargie zu wecken. Gerade hatte er seine Hand ausgestreckt und schon wurde Deidara ein sorgfältig geschliffenes Kunai gegen die Kehle gehalten.
 

„Denke nicht einmal daran mich zu berühren.“, raunte Itachi, dessen Anstrengung in seiner tiefen Stimme mitschwang.
 

Deidara war wie erstarrt. Nicht aus Furcht vor der scharfen Klinge, seiner Halsschlagader so gefährlich nahe, eher vor Erstaunen. Bis sich ein Mundwinkel selbstständig machte und seine Lippen sich in ein triumphierendes Lächeln verzogen.
 

Der todbringende Blick des Itachi Uchiha, harmlos, leer und ohne Fokus. Das nannte man wohl ausgleichende Gerechtigkeit.
 

„Es scheint, alles im Leben hat seinen Preis, Itachi-san.“, hauchte Deidara in dessen Ohrmuschel, bevor er sich aufraffte um das nun (hoffentlich) folgende Trauerspiel von einem der krummen Schemel aus zu beobachten. Er hatte kein Problem damit, seinen Senpai wie einen erbärmlichen Krüppel zu seiner Bettstatt hin kriechen zu lassen. Im Gegenteil, das wäre zur Abwechslung sicher ein recht amüsanter Anblick.
 

Während sich Itachi mühsam aufrichtete, betrachtete Deidara mit vorgetäuschtem Desinteresse den dunkelvioletten Lack auf seinen Nägeln, der hier und da abgeplatzt war. Er wunderte sich über Itachis Stolz, wie würdevoll er seine Demütigung ertrug und wie er ihm dadurch jeglichen Spaß an der Sache verdarb!
 

Dann benutzte er einen seiner weiten Ärmel um die Schlieren von der trüben Fensterscheibe zu wischen und verloren hinaus in die Dämmerung zu blicken, begleitet von der beruhigenden Weise des Regens. Drei Meilen nordöstlich würden sie den Spion aus Iwa treffen, schon im Morgengrauen.

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Gegen Mitternacht erwachte Deidara aus einem traumlosen Schlaf. Er hatte ein leises Stöhnen, kaum mehr als ein Seufzer vernommen. Es dauerte einige Sekunden bis er sich an das dimme Licht, das unter dem Fingerbreiten Türschlitz hindurch ins Zimmer schien, gewöhnt hatte.
 

Itachi lag unweit auf seinem eigenen schmuddeligen Futon und obwohl er sich nicht rührte, war es in seinem unregelmäßigen Atemmuster evident, dass er sich im Schlaf quälte.

Trotz der draußen lauernden Kälte, die den baldigen Winter ankündigte und sich durch jede noch so winzige Ritze in den Raum schlich, glitzerte ein dünner Schweißfilm auf seiner bleichen Stirn.
 

Sobald sich Deidara abgedeckt hatte und Anstalten machte näher zu kommen, setzte sich Itachi auf.
 

„Bleib ruhig, Itachi-san.“
 

Itachis Gesicht hob sich deutlich von der ihn umgebenden Dunkelheit ab. Er war noch blasser als sonst und die vorderen seiner ascheschwarzen Strähnen klebten ihm klamm von seinem Fieber an den Schläfen.
 

Was für ein jämmerlicher Anblick.

In diesem Zustand würde ich dich sowieso nicht besiegen wollen...
 

Obwohl er dabei tiefsitzende Instinkte überwinden musste, war Deidara bemüht Itachi keinen Anlass zu geben sich durch seine bedachten Bewegungen bedroht zu fühlen. Schließlich war das Augenlicht der wahrscheinlich wichtigste Sinn eines Shinobi.
 

„Du kannst mich nicht sehen.

Ohne dein Sharingan bist du blind. Nicht, Itachi-san?“
 

Dunkle Iriden weich, Pupillen starr, landete Itachis Blick exakt auf Deidara.
 

„Versuch nicht mich zu verarschen, hmm“
 

„Selbst wenn das der Wahrheit entspräche, wüsste ich nicht was es dich angeht, Deidara.“
 

„Dein Blick ist unkoordiniert und du warst gerade einmal fähig meine Präsenz zu spüren, weil ich mir keine Mühe gegeben habe sie zu verbergen.

Ich bin dein Teampartner! Du solltest solche wichtigen Angelegenheiten nicht vor mir geheim halten!“, rief Deidara aufgebracht und wurde wieder nur von Stille begrüßt.
 

„Wann wirst du wieder kämpfen können?“, fügte er ruhiger hinzu, weil es sowieso reine Energieverschwendung war sich in Itachis Gegenwart aufzuregen.
 

„Meine Chakrareserven werden morgen früh wieder aufgeladen sein. Solltest du es zustande bringen, mich bis dahin ausruhen zu lassen.“
 

Natürlich hätte er sich einfach wieder hinlegen und Itachi seine Ruhe gönnen können. Doch zum einen war Deidara mit Ablehnung noch nie besonders gut klar gekommen und zum anderen war seine weniger vernunftbelastete Seite im Begriff endlich dieser seltsamen, neuartigen Anziehungskraft nachzugeben.
 

„Bist du dir sicher, dass ich es bin, der dich wach hält, hmm? Von hier aus scheint es nämlich fast so, als hättest du ziemlich starke Schmerzen.“

Damit schloss er die letzte Distanz zwischen ihnen und kniete sich neben Itachis Shikibuton.

Nicht einmal er selbst wusste, warum seine Fingerspitzen plötzlich sachte Itachis Wange streichelten.
 

„Habe ich dich nicht davor gewarnt, mir nahe zu kommen.“
 

Heimlich öffneten sich die Lippen in seiner Handfläche um eine feuchte Zunge zu entblößen, begierig sich an der Süße von Iitachis Mundhöhle zu laben.
 

Ehe er sich versah wurde Deidara hart am dazugehörigen Handgelenk gepackt und lag auf dem Rücken unter Itachi. Der schale Staubgeruch aus der Matraze vermischte sich mit Sandelholz und Moschus, als die Enden dessen offenen Haares Deidaras Nasenspitze kitzelten. Er zitterte beinahe vor Erregung.
 

Frech nutzte Deidara ihre unmittelbare Nähe aus, um einem passiven Mund einen echten Kuss zu stehlen, der gerade einen Augenblick andauerte.
 

Itachi zog zurück, saß einfach so auf Deidaras Hüften und berührte abwesend seine Lippen: „Solltest du das je wieder tun, werde ich nicht zögern dich zu töten.“

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Die Atmosphäre war bedrückend. Vor der trüben Szenerie tanzten tausende verwelkte Ginko Blätter, gelbgoldene Luftströme, die gelegentlich seine seidenen Strähnen mitrissen und schließlich auf den Waldboden sanken um diesen als langsam vor sich hin rottenden Teppich zu bedecken. Wippende, abgenagte Skelettfinger, blieben die Äste zurück.
 

Der Schmerz hallte dumpf in seinen Körper. Echo. Echo. Das Laub hatte eine zähe, dunkelrote Farbe angenommen und die Morgenröte blutete in den bleiernen Himmel, wo die Wolken wie breiige kohlefarbene Melasse hingen und den schwarzen Mond verdeckten.
 

Nach und nach sackten ihre Angreifer zusammen, einige bis zur Unkenntlichkeit verkohlt, um bald unter der Blätterdecke zu verfaulen.

Deidara drehte beiläufig seinen Kopf zur Seite, um dem Jonin, der zu seinen Füßen lag, ins bekannte Gesicht zu speien. Wie er fand, eine adäquate Behandlung dafür, dass er den Versuch gewagt hatte Akatsuki zu hintergehen.
 

Das rhythmischer werdende Trommeln war in sein Bewusstsein zurückgekehrt. Schwere Tropfen platzten überall wo ihr freier Fall gebremst wurde, auf Itachis Wangen, selbst auf seinen geschlossenen Lidern. Seine verhüllte Gestalt verharrte reglos; Immer umgeben vom trügerischen Schein der Perfektion. In Wirklichkeit, ein Mörder, der den durch seine Hand Gemordeten gedachte.
 

„Die Mission war ein Misserfolg. Wir kehren zurück.“ und einfach so wandte sich Itachi von ihm ab um den Rückweg anzutreten.
 

Ein grauer Wald.
 

Ein dichter Herbsttag.
 

Es regnete.
 

„Halt.“
 

Die vergangene Nacht und der Kampf hatten ihre Spuren bei Itachi hinterlassen. Er wirkte kränklich und selbst mit scharlachroten Iriden weitaus weniger bedrohlich als sonst.

Im Gegensatz dazu war Deidara in Höchstform, frisches Adrenalin pumpte durch seine Adern und seine Blutlust war noch nicht annähernd gestillt.
 

Er versperrte Itachi den Weg.
 

„Befindest du mich für unwürdig, Itachi-san?“
 

Itachi sah auf ihn herab und durch ihn hindurch.
 

Deidara stellte sich auf die Zehenspitzen und griff forsch in dessen weiten Kragen. Er wusste, dass er sich auf dünnem Eis bewegte und es war ihm egal.
 

„Weshalb siehst du mich nie an?“
 

„Derart simpel sind die meisten Dinge nicht.“, antwortete Itachi, seine stille Dominanz allgegenwärtig.
 

Deidaras Wut stieg ihm ins Antlitz. Seine Finger krallten sich tiefer in den schweren Stoff. Irgendwann würde ihn dieses Gefühl der Frustration, das Itachi in ihm auslöste, zerreißen.
 

„In meinen Augen bist du kaum mehr als eine verschwommene Silhouette, ohne Antlitz. Klar erkennen kann ich lediglich die Farben und den Fluss deines Chakra. Das ist alles.“
 

Ihr Atem vermischte sich in der kühlen Luft. Letzte Nacht...
 

„Das ist alles, hmm?“
 

Als ob sein Körper gegen eine menschliche Marmorsäule presste, unbeweglich und hart, aber weich und warm.
 

„Du lügst! Lügst! Ich will die Wahrheit hören!“
 

Schlanke Finger hatten locker gelassen, um auszuholen, um den überlegenen Ausdruck des Itachi, scheinbar unbeeindruckt und doch auf eine gewisse Weise herausfordernd, zu zerschlagen.
 

„Es gibt keine Wahrheit, Deidara, höchstens Wahrnehmung.“
 

Itachi kam nicht einmal ins Stolpern als Deidaras Handflächen mit seiner Brust kollidierten. Er tat lediglich einen halben Schritt nach hinten um der Wucht auszuweichen.
 

„Wie beruhigend zu wissen.“
 

Nach und nach drängte er Itachi so weit zurück, bis dieser mit der Rückseite gegen einen Baumstamm stieß. Ein wenig klischeehaft vielleicht, aber konnte vorkommen wenn man sich gerade im Wald befand. Die Rinde war rau unter Deidaras Fingerkuppen.
 

„Dann ist das hier eine Illusion.“
 

Weil es alles andere als angenehm sein würde, sich bei seinem Vorhaben vom wirbelnden Sharingan beobachtet zu wissen, zog er mit einem leichten Ruck Itachis Hitai-ate so weit herunter, dass es als Augenbinde fungieren konnte.
 

Itachis nicht ganz unerwartete Passivität, hinterließ einen bitteren Nachgeschmack, zusammen mit dem Hauch von Schwefel, der von dessen Feuer Jutsu zurück geblieben war eine ganz und gar nicht liebliche Mischung, auf Deidaras Zunge. Der leicht geöffnete Mund reagierte so zurückhaltend auf Deidara kunstvolle Liebkosungen, dass er frustriert zubiss. Einer seiner Eckzähne durchbrach die delikate Haut von Itachis Unterlippe und ein metalisch-süßes Aroma gesellte sich zu der absonderlichen Melange.
 

Ein leises Lächeln breitete sich gemächlich um die sonst starren Mundwinkel herum aus und ließ Itachi, den er bis letzte Nacht noch als recht reizlos wahrgenommen hatte, ungewohnt attraktiv wirken.
 

„Und wieso, sollte gerade diese Illusion Wirklichkeit werden?", fragten ihn kussgeschwollene Lippen: „Wie naiv...“
 

„Dann... bist du bloß ein Trugbild.“, dämmerte es Deidara.
 

Das Lächeln dehnte sich fortwährend horizontal, bis ein dünner Schlitz blieb, der uncharakteristisch weit über die milchfarbenen Wangen reichte und bekam einen Sprung. Um die feinen Haarrisse herum begannen sich angesengte Hautfetzen zu lösen. Anstatt der Muskulatur, wurden zähe, gleißende Magmaströme freigelegt, die, als sie an die Oberfläche gelangten, langsam erkalteten und spröde verhärteten. Die Luft sirrte wie über heißem Asphalt.

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Deidara blinzelte. Um ihn herum dieselbe Eintönigkeit und der Herbstgeruch. Unter seinen Händen zerfiel Itachis Körper vollkommen zu Aschestaub, den der Wind aufnahm und mit sich hinwegfegte. Ein Krähenschwarm erhob sich lautstark von einem nahen Baumwipfel, um dem seltsamen Lavahimmel, dem er bis eben gar keine Beachtung geschenkt hatte, entgegen zu fliegen.
 

Der sich langsam verflüchtigende Effekt eines Genjutsu verschleierte seinen Geist, ähnlich wie Tags zuvor der Nebel seine Sicht.

Bis auf die Knochen durchnässt, stand er noch immer in Mitten des Schlachtfeldes und konnte sich nicht rühren. Ein einzelne nachtschwarze Feder segelte ihm langsam vor die Füße.
 

„Ein Shinobi muss erkennen was verborgen scheint.“, drang es von hinten an sein Ohr.

Saccharose

Süß wie Saccharose, das Lächeln dieses Jungen.
 

Meine Mutter hat mir verboten Bonbons von fremden Männern anzunehmen. Wunderbar paradox und amüsant würde sich das Klischee aus dem gerade angestrengt vor sich hin kauenden Mund anhören. Nur ein Fremder war Madara nicht wirklich. Eher ein entfernter Verwandter, der es gut mit Itachi Uchiha meinte.
 

Die Abmachung war recht simpel gewesen. Wirklich. Die Ermordung des Klans musste lediglich sauber und ohne größere Zwischenfälle ausgeführt werden und zur Belohnung würde er ihn mit auf dieses hübsche Frühlingsfest nehmen und Itachi jegliche Süßigkeit kaufen die sein dunkles, habgieriges, kleines Herz begehrte.
 

„Magst - du - diesen - Lolli?“
 

Er fand es bloß unheimlich komisch auf solch eine Weise mit dem gemeingefährlichen Wunderkind zu sprechen, welches ihm gegenüber auf einer orangenen Bierbank saß und, mit Verlaub, gerade damit beschäftigt war ihm sprichwörtlich die Haare vom Kopf zu fressen. Was ärgerlich war, denn er hatte sich erst einen neuen Kurzhaarschnitt verpassen lassen, eine Typveränderung sozusagen. Am liebsten würde er den hinterhältigen Winzling an einer anderen saftigen Leckerei lutschen lassen.
 

Mit einer blitzschnellen Handbewegung hatte sich der Bastard den Dauerlutscher aus Madaras Hand geschnappt und sah in jetzt aus großen dunklen Augen an, in denen eine ziemlich unverhohlene Mordlust aufflackerte. Natürlich während Itachi genüsslich an seiner Beute schleckte.
 

Seine wohlgemeinten Intentionen so übel missbraucht zu sehen, brachte selbst Madara aus der Fassung und in einer fließenden Bewegung war er aufgespungen.
 

„Jetzt ist Schluss.“
 

Immerhin hatte er schon seit heute Vormittag auf dem vertrottelten Volksfest ausgeharrt und es dämmerte bereits. Der laufende Meter von einem Teufel verzog keine Miene.
 

„Ich möchte, dass du mir einen Goldfisch fängst, Onkel Madara.“
 

„Kommt gar nicht in Frage. Wir gehen nach Hause.“
 

„Du hast es versprochen...“
 

Verdammt. Es bestand kein Zweifel daran, dass sich diese Inkarnation des Bösen notfalls auch auf den Boden werfen würde und kreischend im Staub herum rollen oder sich an Madaras Bein fest krallen und sich über das gesamte Fest schleifen lassen oder ihm ein Kunai in den Rücken rammen. Weil er nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich lenken und vor allem den heutigen Tag noch überleben wollte, ließ er Itachi seinen Willen. Aus Selbstschutz konnte man die Erziehung eines kaltblütigen Killers schon mal schleifen lassen.
 

Allerdings zuckten Madaras Finger mit dem dringenden Bedürfnis ihn am Ohrläppchen zur nächsten Bude zu ziehen. Wäre da nicht dieser miese, fiese Blick, der ihm sofort in Mark und Bein fuhr und dabei hatte Itachi noch immer den verdammten Lutscher im Mund. Nächstes mal, wenn er ein Genie entführte um ihn mit der dunklen Seite der Macht zu versuchen, musste er unbedingt vorher ein Retalinrezept besorgen. Bei seinem Glück fehlte es nur noch, dass sein psychopathischer Urenkel bei dem ganzen Zuckerkonsum in einen Mordrausch verfallen wäre und die anderen Festivalbesucher abgemetzelt hätte.
 

Vor der Bude mit dem Fischfangspiel stellte er Itachi mit einer handvoll Bonbons ruhig. Beim Standbesitzer kaufte er einen der papierbespannten Rahmen und machte sich daran ein nettes kleines Fischi aus dem Bottich mit der abgestandenem trüben Brühe zu retten. Fehlversuch.
 

„Dein Eintauchwinkel war zu flach.“, kommentierte der missgünstige Bengel von hinten und als sich Madara umdrehte streckte er ihm doch tatsächlich seine hässliche Zunge heraus. Lila war sie, von der Lebensmittelfarbe in der sauren Brause.
 

„Wo sind deine Süßigkeiten?“
 

„Alle aufgegessen.“, antwortete Itachi in seiner irritierenden, ruhigen Art und pulte wie zum Beweis den letzten Rest klebriger Zuckermasse aus seinen Backenzähnen.
 

Mit dem 37. Anlauf war er endlich erfolgreich. Schlecht gelaunt drückte Madara seinem Schützling den Preis, eine bemitleidenswert eingetütete Kreatur in die Hand. Was für ein morbides Spiel. Kein Wunder das Itachi so gebannt zugeschaut hatte.
 

„Können wir jetzt endlich heim gehen...."

„Bitte“, fügte er schweren Herzens hinzu.
 

„Erst nach dem Feuerwerk.“
 

...
 

Wenig später beobachtete Itachi von ihrem kleinen Hügel aus andächtig, wie die bunten Blüten am Himmel explodierten und als glühender Aschestaub zur Erde regneten. Madara staunte nicht schlecht, als sich eine delikate Hand den Weg in seine große Handfläche bahnte und dann ordentlich zupackte.
 

Nun, irgendwie hatte er es sich ja selbst eingebrockt den Babysitter für einen verrückten Massenmörder spielen zu müssen, sinnierte er.
 

„Vergiss nicht dir heute Abend die Zähne zu putzen, Itachi. Sonst bekommst du Karies.“

White Lies

white lie

harmlose Notlüge

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„Verzeih mir, Sasuke.“
 

Der Sommerwind trägt das sanfte Flüstern hinfort. Die Luft ist elektrisch aufgeladen, drückend und feucht und süß auf seiner Zunge, wie Sirup. Der Ozongeruch brennt in seiner Nase. Ein gewaltiger Nimbus am Himmel, hinter dem sich die Mittagssonne versteckt.

In Sasukes Ohren pocht und rauscht das Blut, kalter Angstschweiß auf seiner Stirn. Er ist nicht fähig sich zu rühren. Seine Augen sind weit aufgerissen, in Furcht, es lässt sich nicht leugnen. Die rauen Fingerspitzen sengend heiß gegen seine Stirn. Sie hinterlassen eine scharlachrote Metapher.
 

Es hat zu regnen begonnen. Ein sintflutartiger Wolkenguss, der die Ritzen und Gräben der gemarterten Landschaft durchspült, trockenen Staub und kalte Asche in matschige Pfützen verwandelt. Leblos sinkt Itachi zu seinen Füßen. Ist es dessen Blut oder sind es seine Tränen, die gemächlich Sasukes bleiche Wange hinab perlen oder sind es bloß die Gewittertropfen. Itachi ist tot und er hat es gewagt mit einem friedlichen Lächeln auf den Lippen zu sterben. Blasphemie. Sasuke lächelt zurück und geht erschöpft zu Boden.

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Schwer wie Blei fühlt sich sein Körper an, als stecke er bis zum Hals in klebrigem schwarzem Teer fest. Die blasse Haut ist besudelt und beschmutzt mit geronnenem Blut und Speichel, sogar seine Wimpern verkrustet mit Erdreich und Körperflüssigkeiten und die Lippe aufgeplatzt und das Kinn aufgeschürft. Halb tot liegt er inmitten der Trümmer seines Erbes und sein Herz hüpft vor Erleichterung in seiner Brust. Mühsam richtet er sich wieder auf.
 

Sasuke vertreibt die surrenden Fliegen, die sich am reglosen Leichnam seines großen Bruders laben und beugt sich über ihn, um eine aschefarbene Strähne aus dem leblosen Gesicht zu kämmen. Eine zärtliche Geste die eigentlich gar nicht so gemeint ist. Die Wolken ziehen von der romantisch morbiden Szene unter ihnen unbeeindruckt weiter und hin und wieder bricht ein Lichtstrahl hindurch und hinterlässt für kurze Zeit einen Sonnenfleck.
 

Einmal nur noch, will er in die düsteren Augen des eiskalten Mörders blicken, der seine Eltern auf dem Gewissen und Sasukes Kindheit zerstört hat. Abschied nehmen von seinem Dasein als Rächer. Zu seinem Erstaunen wirken sie, blutrotes Sharingan erloschen, weich wie Holzkohle.
 

Endgültig soll er die Lider schließen, für jetzt und alle Zeit. Sie zucken unter Sasukes federleichter Berührung. Ein erstickter Laut des Entsetzens entfährt ihm. Unmöglich. Hektisch sucht er nach Abstand und muss doch, zögerlich aber unweigerlich, genau hinsehen. Fast unsichtbar hebt und senkt sich Itachis Brust, ein schwacher Luftstrom über seinen Lippen und ein latenter Puls. Sasukes Albtraum ist lebendig.
 

Beinahe hätte er seine Fassung verloren und laut losgelacht. Das Leben fickt ihn einfach immer wieder. Soll er denn wahnsinnig werden? Sich die Haare raufen wie ein Verrückter? Einen Feiztanz auf den Ruinen seines Klans aufführen?

Glücklicherweise ist der ausgeprägte Vernunftsinn in eben diesem Klan sozusagen genetisch bedingt, angeboren eben. Er könnte Itachis Kopf abtrennen, mit einem abgewetzten Kunai und ihn versenken, dann den Rest der Leiche verbrennen.
 

Auf Knien, während seine Wut sein Antlitz wieder rein wäscht, betet er zum ersten Mal zu Kami-sama und fleht ihn an um Willensstärke, Erlösung, vielleicht auch eine weniger kaputte Welt (Ja, so sind die Menschen, in Zeiten der Verzweiflung gibt es plötzlich doch einen Gott).

Bis ans Ende muss Itachi ihn verfolgen, will ihn zum feigen Brudermörder machen, der letztlich einem wehrlosen, kampfunfähigen Mann die Kehle durchschneidet. Selbst Sasuke, dem sonst jedes Mittel recht wäre, will sich auf diese Stufe nicht herab lassen.
 

Nicht einmal der heftige Wolkenbruch konnte den Gestank getrockneten Blutes, der wie zähe Schlacke an seinem und an Itachis Körper klebt, abwaschen. Vielleicht sollte er den Tag einfach unter “Ironie des Schicksals“ abhaken und zusammen mit Aniki abdanken, sie in trauter Zweisamkeit zur Hölle schicken. Das ewige Feuer ist so ziemlich das einzige was Sasuke im Moment keine Angst einjagt. Schlimmer als Itachis Tsukuyomi und Amaterasu kann es auch nicht werden.
 

Ihm wird schlecht. Trotz seines leeren Magens muss er sich übergeben. Gewaltsam wird Sasukes Innerstes nach Außen gekehrt und er röchelt und hustet und fühlt sich so gänzlich hilflos.
 

Als er sich ausgeweint hat und wieder einigermaßen klar denken kann, trifft ihn die Realität wie ein Vorschlaghammer gegen den Kopf, der ihm sowieso schon von all den anstrengenden Gedanken dröhnt.

Momentan befinden sie sich nur wenige Meilen westlich von Konoha und es ist nur eine Frage der Zeit bis Konohas ANBU auf dem Schlachtfeld eintreffen werden.

Schlimmer noch. Sollte sich der blonde Idiot von einem Shinobi, mit seiner Prinz Charming Persönlichkeitsstörung, irgendwo innerhalb der Landesgrenzen befinden, wird er sich nicht davon abhalten lassen Sasuke aus seiner prekären Situation retten und mit ihm auf einem glitzernden Schimmel in den Sonnenuntergang reiten zu wollen. Und in diesem Zustand kann er ihm nicht einmal die Stirn bieten.

So wird auch sein Plan C, Itachi hier heimlich in Einsamkeit sterben und seinen Leichnam verfaulen zu lassen zu Nichte gemacht.
 

Nachdem er seinem Bruder einen erleichternden, wenn auch recht kraftlosen Tritt in die Seite verpasst hat, packt er ihn mehr oder weniger entschlossen unter den Achseln und beginnt das Häufchen Elend eines Klanmörders mit sich über die umgegrabene Landschaft zu zerren. Ihn Konoha zu überlassen, wäre auch in Itachis Fall der Strafe zu grausam.
 

Es ist, als würde Sasuke durch Morast waten, der schwer an seinen Gliedmaßen haftet und an seinen steifen Muskeln zerrt, es ungleich mühsamer macht sich fortzubewegen. Als im plötzlich einer der aufgescheuchten, surrenden Blutsauger ins Ohr fliegt, schüttelt er in Ekel den Kopf. Er könnte schwören, dass dieses nervige Summen nun in seinem Gehirn weiter dröhnt.
 

Ein Falke zieht kleiner werdende Kreise über ihnen. Sasuke verschwendet keinen Gedanken an Taka, aber wünscht sich an Stelle des edlen Greifvogels einen Geier herbei, dem er die sterblichen Überreste seines Bruders zum Fraß vorwerfen könnte.

Die ungeliebte Last einfach im Gebüsch abladen und dann die Beine in die Hand nehmen, bis an den Rand der Welt rennen, sich in einer Höhle verkriechen, sich hin kauern und dabei vor und zurück wippen und auf einmal manisch losprusten. Ein verlockender Gedanke...aber das Schicksal hat noch schlimmere Qualen für Sasuke Uchiha in petto.

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Erst bedarf es eines ordentlichen Sümmchens dem gierigen Wirt ein Dachzimmer in dessen schäbiger Taverne abzuringen, damit er derart zwielichtige Gäste überhaupt aufzunehmen bereit ist. Dann will der hiesige zivile Arzt für seine Quacksalberei bezahlt werden. Sasuke sitzt pleite bis auf den letzten, müden Ryou in einem ärmlichen Grenzdorf fest, an Itachis Bettkante.
 

Wie eine ausgediente Porzellanpuppe, in sich zusammen gesackt, liegt sein Bruder da, gebettet auf erstaunlich reine, weiße Laken und Daunenkissen, die mit seiner Gesichtsfarbe konkurrieren. Nicht mehr eine Vornehme Blässe ums Näschen, sondern kreidebleich mit blutleeren Lippen, wirkt er tot. Und die weiche Textur seiner Wangen ist zu perfekt, wie bei einer Wachsfigur.

Sasuke beugt sich über ihn. Erst winzige Poren enthüllen die organische Natur dieser makellosen Haut. Jede einzelne dunkle Wimper vermag er zu zählen. Tintenschwarze Fächer, die traurige Schatten werfen. Schneewittchen im Glassarg, so scheinbar unschuldig, so wahrhaftig wunderschön. Dabei hat Itachi das Recht auf Schönheit längst verwirkt.
 

Müde betrachtet Sasuke die unscheinbare Ampulle in seiner Hand, gefüllt mit einer milchigen Flüssigkeit. Eine Emulsion unaufrichtiger Gnade für einen Sünder der ihn ständig um Vergebung bittet und es doch nie so meint.
 

Vorsichtig benetzt er Itachis trockene Lippen mit der Medizin und es hat rein gar nichts mit Edelmut zu tun. Denn Sasuke ist selbstsüchtig und berechnend in seinen Handlungen. Itachi war auch in dieser Hinsicht ein ausgezeichnetes Vorbild und Sasuke hat ihn auch hierin endlich übertroffen. Jetzt ist da nichts mehr woran er sich noch festhalten kann.
 

Ein wenig ungerecht, dass Romeo ein Fläschchen Gift hatte und Julia bloß einen stumpfen Dolch, denkt Sasuke, bis die Ampulle dem Druck nicht länger stand hält und in seiner verkrampfter Faust birst. Die gläsernen Splitter bohren sich in seine Handfläche, bis die Bettlaken blutig sind.
 

„Und ich habe dich so bewundert“, murmelt er leise und lässt seine Stirn gegen dessen Stirn ruhen. Gegen die Stelle, die Sasuke so viel und Itachi rein gar nichts bedeutet.
 

Itachis Haut ist kühl gegen seine eigene, fiebrige. Er hat nie aufgehört sich nach dessen Kälte zu sehnen, selbst jetzt... wenn Itachi doch nur verschwinden, nein, in ihn übergehen könnte und immer am Rande seines Bewusstseins verweilen. Er sackt ein wenig zusammen und seine Nasenspitze drückt in Itachis Wange. Itachi der wie Schnee keinen Geruch hat und doch bildet man sich ein ihn wahrzunehmen.
 

Seine Pupillen sind weit und seine Gesichtshaut brennt, trotzdem sind Sasukes Glieder nicht mehr so steif. Manchmal fühlt er sich leicht wie loderndes Helium und in der nächsten Minute schaudert er als wäre er aus Versehen in einen Eisbach getreten. Dann, plötzlich, geht er in Flammen auf.
 

Zu hektisch zerrt er die Decke von Itachi und presst seinen Körper näher an ihn heran, Torso unbekleidet bis auf die Gauzebandagen, der Länge nach gegen dessen linke Körperhälfte. Näher, näher, damit er den Halt nicht verliert, als eine eisige Briese durch ihre Kammer fegt. Bis Itachis Hitze ihn schmilzt und Sasuke in jede Einbuchtung dessen nackten Oberkörpers fließt.
 

Sasuke wünscht sich nichts mehr als in ihn einzudringen. Ihn dabei zu brechen und zu zerreißen, mit derselben Wucht zu zerschlagen wie Itachi sein neunjähriges Selbst. Seinen Geist zu verwirren und mit Bildern zu quälen, die er nicht versteht und noch weniger wahr haben will, bis ihn jede Nacht Albträume heimsuchen.
 

Faszinierend. Als blutbeschmierte Fingerkuppen Itachis Brust, dann seinen Rippenbogen entlang streichen, sieht es fast so aus als würde er in dessen Eingeweiden herumwühlen. Sein seltenes Lachen ist nunmehr ein leeres, jämmerliches Krächzen und Sasuke wünscht sich, dass Itachis Gesichtsausdruck nicht so verdammt friedlich bliebe, wenn er ihn in Gedanken foltert.
 

Da sind sie nun, am Leben. Brüder die sich hassen, Söhne eines verfluchten Klans. Ohne Zukunft und voller Reue.
 

Langsam pendeln sich Sasukes vermeintlichen Temperaturschwankungen wieder bei einer angenehmen Körperwärme ein, bis er es wieder ertragen kann in seinem eigenen Körper zu stecken. Selbst wenn er gerade reglos, übel zugerichtet und nicht nur physisch angeschlagen genau neben seinem unbedarft vor sich hin dösenden, mörderischen Aniki liegt, der dafür verantwortlich ist, fühlt es sich seit langer, langer Zeit wieder einmal in Ordnung an Sasuke Uchiha zu sein.
 

Und Itachis Stille hat etwas hypnotisches. Einfach und rein. Ihn schlicht anzusehen bringt sein Herz dazu im Halbtakt zu schlagen. Müßig wundert sich Sasuke, ob es sich nicht genau so anfühlen muss neben einem Liebhaber einzuschlafen.
 

Itachi wäre sicher ein anmutiger und geschickter Liebhaber, aber das Gefühl danach sanft neben ihm wegzudriften an irgendeine Hure verschwendet. Itachis noch warmen Sammen zwischen ihren Schenkeln und ein angenehmes Kribbeln ihrer Scham. Die Erinnerung daran von ihm erfüllt und eingenommen zu werden noch frisch.
 

Und so, würde sie dankbar und zufrieden in seine Halsbeuge seufzen. Und so, würde sie träge ihre Unterlippe seinen Kiefer entlang gleiten lassen. Und so würde sie dann sein entspanntes Gesicht zu sich herdrehen um Itachi einen letzten Kuss für die Nacht zu stehlen.
 

Ich will deine Lippen küssen; vielleicht hängt noch so viel Gift daran, als ich nötig habe.
 

Ihn küssen, ihn vergessen.
 

Denn alles war

bloß eine harmlose Notlüge.



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Kommentare zu dieser Fanfic (27)
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Von:  Toybox
2011-02-19T15:33:27+00:00 19.02.2011 16:33
Wie du vieleicht merkst bin ich gerade dabei alles zu lesen. Ich kann mic heinfach nicht losreißen. Ich liebe deinen Schreibstill und die Art wie du Itachi darstellst ist einfach wunderbar.... und die Art wie du beschreibst regt alle Sinne an yamyam xD
Von:  Toybox
2011-02-19T15:17:50+00:00 19.02.2011 16:17
Sehr, sehr gut!
:D
Von:  Toybox
2011-02-19T15:15:01+00:00 19.02.2011 16:15
Oh Gott, so wunderbar!
Wie ein Gedicht geschrieben aber trotzdem so lebhaft!

Von:  Lelia
2011-02-04T23:39:25+00:00 05.02.2011 00:39
Ich hoffe es ist ok, dass ich nur diesen einen Oneshot gelesen habe, aber ihn trotzdem kommentieren möchte.

Zunächst einmal finde ich es toll, dass du am Anfang Itachis Krankheit aufgegriffen hast. Davon habe ich gisher leider nur sehr wenig gefunden und gerade das ist etwas, das mich sehr interessiert.

Und natürlich ist es wundervoll geschrieben, ich konnte mir das alles so richting schön vorstellen und sowohl Deidara als auch Itachi waren absolut in character und das mag ich doch sehr.

Ich habe mich am Ende gefragt, als Deidara in Itachis Genjutsu gefagen war, ob Deidara denn nicht einfach daraus ausbrechen könnte, denn immerhin hat er sein linkes Auge darauf trainiert. Allerdings bleibt auch zu fragen, ob er denn gerade aus diesem Genjutsu wirklich ausbrechen wollte. Ich glaube das war hier eher nicht der Fall.

Alles in allem: ein klasse Oneshot und ich würde auch die anderen lesen, aber ich kann leider mit den Pairings nichts anfangen. Das tut mir Leid...

Liebe Grüße,
Lelia
Von:  Palmira
2010-01-25T21:04:29+00:00 25.01.2010 22:04
Dieser OS hat verständlicherweise traurige Erinnerungen geweckt. Sehr gut gesetzte Ellipsen, die bestimmte Sachverhalte betonen, die sonst untergegangen wären. Ironischerweise hatte ich beim Lesen einen Ohrwurm von ‚One Of Us’ aus König der Löwen 2. Mag Zufall gewesen sein, passte aber irgendwie, vermutlich bin ich wegen Ähnlichkeiten im Text drauf gekommen.
Besonders die Metaphorik war sehr schön, am besten war „weich wie Holzkohle“. Da kochten wirklich noch mal alle Empfindungen hoch, wie ich hatte, als ich das Kapitel zum ersten Mal gelesen habe, und da das eine Weile her ist, ist es eine beachtenswerte Leistung, das noch mal so lebensnah zu erwecken. In diesem Sinne... erschreckend berührend.
Dabei fällt mir selbst kaum etwas ein. Ich bin trotz meines etwas beeinträchtigten Bakterienzustands zu aufgewühlt, um da viel mehr in Worte zu fassen. Beeindruckt war ich schon vorhin von den Kois, aber das hier hat mich wesentlich mehr Lesezeit gekostet und wesentlich verstörter zurückgelassen.
Na ja. Ich wäre dann lieber allein, passt mir eh gerade gut.

sun

Von:  Palmira
2010-01-25T20:31:31+00:00 25.01.2010 21:31
Ich krieche wegen meinem Versäumnis noch zu Kreuze, wenn es mir etwas besser geht, momentan brüte ich etwas aus, glaube ich. Ich kann nicht überzeugend ‚Mea maxima culpa’ schluchzen, wenn mir die Nase läuft, aber ich hol’s nach, ehrlich...
Erster Gedanke: wirklich schönes Zitat. Das werde ich mir merken.
Zweiter Gedanke: Shiui tut’s ja schon wieder. Den Jungen muss man von Wasser fernhalten! Erst das Schwimmbecken und jetzt der Teich.
Nachdem ich genug geblödelt habe (tut mir leid, das ist alles die Schnupferei) komme ich endlich zum ernsthaften Teil.
Die Vorstellung von Madara und moderner Technik ist enorm kurios. Der typische Leser versucht natürlich, das mit dem Manga zu vergleichen, und die einzige Gemeinsamkeit ist, dass Madara auch da Neuerungen sehr verschlossen scheint. Mehr braucht es auch gar nicht, um das wie hier exzellent auf die Gegenwart zu beziehen. Man kann sich förmlich vorstehen, wie in diesem Szenario Kois, iPhones und Blümchenmuster durcheinander gehen. Ob sich das nun auf dieser Ebene oder der... esoterischen Ebene mischt. Sehr gelungen und vor allem amüsant, ohne dass man mal eben drüber weg lesen kann.
Da mir ‚Saccharose’ eh gefallen hat, mochte ich auch die Allusion mit dem ‚Bonbononkel’ sehr gern.
Schlimm, wie du diese ‚herbal essences’-Werbung genutzt hast. Irgendwie kennt sie jeder. Super, einfach.
Aber das Grande Finale war noch... superer? Na ja. Ich werde dir deshalb verzeihen, dass ruckartiges Einatmen bei eh schon gereizten Atemwegen unangenehm ist, weil es einfach... ich sag’s mal auf Schlau, es war zu geil. Dieses Gesamtbild... Man müsste es Lily zeichnen lassen! Vielleicht versuche ich es auch, aber wenn ich zu kläglich scheitere, verbrenne ich es ebenso wie den Koi. Einfach zu genial, wie dieses Gesamtkunstwerk zustande kommt und Madara in sich zusammenklappt wie die Akteurinnen in pseudoromantischen Barockfilmen. Ich muss mir das erst noch auf der Zunge zergehen lassen, meine Herrn... Ich bin absolut fasziniert! Und begeistert! Wenn ich das separat favorisieren könnte, würde ich es tun, aber den Service bietest du ja nicht.
Meine Argumentation dreht sich im Kreis.

sun

Von:  PlanTeaWolf
2010-01-09T18:18:18+00:00 09.01.2010 19:18
Ich krieg mich nicht mehr ein, der OS war irgendwie total zum schießen. Das Szenario war wirklich lustig... Auch wenn mir Madara irgendwie Leid tut...
Von:  mangacrack
2010-01-02T08:07:30+00:00 02.01.2010 09:07
Wuhaha!
Mal wieder herrlich.
Gegen den Uchiha Clan kommt eben niemand an. Nicht einmal sie selbst.
Madara hätte besser aufpassen müssen, obwohl ich bezweifele, dass selbst ein ausgekügeltes Überwachungssystem gereicht hätte, um Sasuke am kokeln oder Itachi und Shisui am frühreifen Herummachen zu hindern.
Von:  PlanTeaWolf
2009-12-13T21:52:33+00:00 13.12.2009 22:52
Ach Nein...
Ich kann mich meinen beiden Vorgängern nur anschließen und dir ein mächtiges Lob aussprechen.
Ich liebe deine OS' ja sowieso schon, aber der ist wie das Tüpfelchen auf dem I
Ich weiß nicht, ob es damit zu tun hat, dass ich dem Pair so verfallen bin oder daran, dass ich Romeo und Julia so schön finde, aber ich bin einfach hin und weg
Das Ende hat mich beinahe zum weinen gebracht
Jedenfalls freue ich mich schon tierisch auf den nächsten OS
Dein Stil ist und bleibt einfach ein Traum ♥
Von:  Al
2009-12-12T09:47:10+00:00 12.12.2009 10:47
Oh Gott, wie toll... wie toll!!!
Keine Ahnung warum, aber ich muss gerade heulen, weil es so schön ist...
Ich muss Mangacrack voll und ganz zustimmen... zwei Menschen, die sich sehr lieben, aber denen es nicht erlaubt ist, zusammen zu sein... das ist so traurig und bitter.
Mir hat dieser OneShot sehr, sehr gut gefallen und sehr berührt...
Mach weiter so!


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