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Dienen

Glaube, Liebe, Tod
von

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Fehler

Ich lauschte wie der Regen gegen das Fenster prasselte und beobachtete dann das Wasser, das leise nach unten davonschlich. Als ich den Blicken nicht länger standhalten konnte, senkte ich den Kopf und starrte auf den Fußboden. Bildete ich mir das nur ein oder ließen sich die Menschen, die sich in diesem Flur befanden nur in zwei Gruppen einteilen? Da war die Fraktion der Gleichgültigen und die der Verängstigen. Diejenigen, die mich nicht beachteten, haben immer gemeint, ich tauge nichts und sei böse. Ich würde alle ins Verderben stürzen.

Und die Leute, die mich mit geängstigten Augen anstarren und versuchen Distanz zu mir zu halten, zu diesen Menschen, habe ich Vertrauen aufbauen können und habe es nun endgültig zerstört. Seit dem Vorfall meiden mich alle meine Freunde, auch wenn mir zu Ohren gekommen ist, dass einige von ihnen sich für mich einsetzen. Ich weiß nicht, ob das stimmt. Irgendwie habe ich meine Zweifel daran, aber wieso sollte dann überhaupt jemand ein solches Gerücht in die Welt setzen? Ich schloss einen Moment die Augen und meine Gedanken schweiften zu jenem Tag, an dem ich alles kaputt gemacht habe, wofür ich jahrelang gekämpft habe: Akzeptanz, Respekt und Vertrauen.

Hier saß ich angekettet, wie ein Monster, dass für immer eingesperrt werden sollte. Warum? Ich wollte doch nur bei meinen Freunden bleiben. Andererseits hätte ich vielleicht nicht so starrköpfig sein dürfen. Verflucht! Ich wusste ja auch nicht, was in mich gefahren war. Seltsamerweise brauchte ich das unbändige und alles übertönende Pochen in meiner Brust, um mir selbst darüber klar zu werden, was in meinem innersten vor sich ging: Wut und Verzweiflung. Mein Herz sagte mir, dass ich nicht kaltblütig genug gewesen war. Dass ich den Kerl hätte zerreißen sollen wie ich es an diesem Tag mit den Eisenketten gemacht hatte.

Hoffentlich war das Kyuubi, der mir dies zuflüsterte. Ich könnte es nicht ertragen, wenn ich tatsächlich das Monster war, dass so viele immer in mir gesehen haben. Nie hatte ich mich danach gesehnt oder einen Augenblick an den Gedanken verschwendet, aber jetzt wollte ich sterben. Feige bin ich wohl, das ist wahr, aber ich wollte nur diesen strafenden Blicken entrinnen und mich bis in alle Ewigkeit irgendwo in einer dunklen Ecke zusammenkauern. Möglicherweise würde ich demnächst wirklich unter der Giutine enden, wenn nicht irgendwer mit mir Erbarmen zeigte. War ich denn darauf aus Gnade zu erhalten? Während ich mir durch die Haare fuhr, entfuhr mir ein leiser Seufzer. Meine Lage war doch nicht wirklich aussichtslos, oder? Eigentlich wollte ich doch gar nicht sterben. Falls sie mir noch einmal die Chance geben würden, es gut zu machen, dann musste ich halt noch einmal von Null beginnen. Die Situation unterschied sich doch nicht wirklich von der, die mich seit meiner Kindheit verfolgt hatte, ich steckte immer noch im selben Dreck. Ich richtete mich auf und sah noch einmal nach draußen ins Grau der Welt und entsinnte mich an den Vorfall, der mich dazu gezwungen hatte, die Vernunft zu verlieren und letztlich meine Kontrolle. Die Worte des Feuerdämons, der unter meinem Herzen sitzt, echoten immer noch durch meinen Kopf.
 

Naru-chan. Lass mich frei, dann zeigen wir ihnen, dass man mit uns nicht spielen darf.
 

Das waren seine gottverdammten Worte. Ja, und ich habe ihn freigelassen und nur noch einen Augenblick vor der Benommenheit mitbekommen, was passiert ist. Dass letzte, das ich mitbekam war, wie das rote Chakra meinen Körper umschloss und sanft meinen Verstand in den Schlaf wog. Danach konnte ich nur noch Aufschluss durch den Bericht der Zeugen finden.

Der Auslöser dafür war, dass ein Fremder nach Konoha kam und wollte, dass ich mit ihm komme. Er wollte sogar Gewalt anwenden, wenn ich nicht willig sein sollte. Das Gefäß des Neunschwänzigen sollte nicht länger dem Rest der Welt vorenthalten werden und ich sollte der ganzen Welt ein Diener sein. Warum konnte ich mich damit nicht abfinden? Irgendwann hätte ich bestimmt zurückkehren oder meine Freunde besuchen können. Wutentbrannt fasste ich mir ins Gesicht und fuhr langsam mit der Hand über das Gesicht.
 

Nach dem ich im Krankenhaus wieder zu mir gekommen war, erklärte mir Tsunade, dass ich den Mann fast zerrissen hätte, wenn sich Einsatzkräfte der Anbu nicht zwischen uns geworfen und mich in Ketten gelegt hätten. Laut des Berichtes befand ich mich wohl im dritten Stadium, als sie mich aus der Öffentlichkeit zerrten und in einen Raum einsperrten, wo ich meine Wut auslassen sollte. Danach haben mich wohl alle Kräfte verlassen und ich wäre sofort in mich zusammen gesackt.
 

»Naruto. Komm jetzt bitte herein«, sagte Shizune mit Trauer in ihrer Stimme. Ich verzog das Gesicht und sah dann nach oben. Ihre Reaktion ließ nicht gerade Hoffnungen aufkommen. Verdammt, es stand schlecht um mich. Nickend stand ich auf und schlurfte in das Büro hinein. Beschämt senkte ich den Blick und schwieg, ich konnte Tsunade einfach nicht in die Augen sehen. Erst ein Seufzen ihrerseits löste die Starre in meinem Körper, sodass ich doch etwas vorsichtig zu ihr herüberschielte.

»Du kannst dir vorstellen, dass ich von deinem Verhalten nicht begeistert bin. Es ist wahr, dass es nur soweit kam, weil du Konoha, als deine Heimat liebst und anscheinend nicht von hier fort willst. Allerdings war deine Handlung, die du an den Tag gelegt hast, dass absolut törichteste, dass du bisher in deiner Laufbahn als Shinobi zu verantworten hattest. Ich frage mich, Naruto, warum? Selbst für deine Verhältnisse kam für mich diese Sache ziemlich unerwartet. Was ich damit sagen will ist, dass ich sehr enttäuscht bin und es kaum fassen kann, dass du dich so hast gehen lassen. Wie dem auch sei... Ich muss dir jetzt etwas mitteilen, dass mir schwer fällt: Du musst Konoha verlassen. Nicht, dass du denkst, dass du dann die Freiheit hast, hinzugehen, wo es dir gerade gefällt. Dieser Mann, Renji Kyoku, wollte dich mitnehmen, um dir ein schönes Leben zu bieten, wenn du seinem und dem Willen deines Herren Folge leistet, aber nun hat sich die Situation für dich geändert. Du musst dich damit zufrieden geben, dass dein Luxus darin besteht nicht umgebracht oder für den Rest deines Lebens eingesperrt zu werden. Sie werden dich an einen Ort bringen, an dem du für den Rest deines Lebens verbringen musst. Du bekommst kein Gehalt und wirst zum Sklaven gemacht.«

Langsam klappte mein Mund nach unten und ich starrte sie fassungslos an. Also keine zweite Chance für das Monster und mich. Nicht einmal die Erlösung von diesem Leben wollten sie mir nicht geben. War dieses Vergehen wirklich so unverzeihlich? Ich konnte mir kaum vorstellen, dass Konoha mich aufgaben. Hatte es Tsunade zu sehr schockiert, dass ich eine so plötzliche Verwandlung durchgemacht hatte. Unsere Augen begegneten sich. Ihr weiches Braun blickte mich traurig an, etwas verzweifelt. Es stand mir nicht zu, doch ich hatte das Gefühl sie zu fragen, wer sie zu dieser Entscheidung beeinflusst hatte. Aber ich schwieg.

»Vergiss es einfach, Naruto, du bist bereits verkauft.« Ein Stich in meinem Herz verriet meinem Verstand, dass es aus war. Nach dem sie ihre kleine Rede beendet hatte, erschienen Mitglieder der Anbu aus dem Nichts hinter mir und ergriffen meine Arme. Durch die Eisenketten auf denen ein Bann lag, hätte ich mich nicht wehren können, auch wenn ich es vielleicht gewollt hätte. Sie brachten mich heraus.
 

Ehe ich mich versah, stand ich vor einem Wagen und mir gab jemand einen Tritt in den Rücken. Ich stürzte nach vorne und fiel automatisch in den Wagen. Ich kroch in eine Ecke hinein. Ein Fallgitter wurde vor die Tür gemacht, dessen Spitzen die Form einer Sonne hatten. Ich schluckte. Auf einmal rührte sich wieder etwas in mir und ich brüllte ich, sie sollen den Wagen aufhalten und mich hier rauslassen. Das letzte was ich sah, ehe ich das Tor schloss, waren Hinata und einige andere Menschen die uns nachsahen.

Niemand kam meiner Bitte nach und hielt den Wagen an.
 

Wie fuhren weit fort von Konoha. Irgendwann erkannte ich gar nichts wieder. Ich war schon viel rumgekommen, aber die Landschaft um mich herum, war mir völlig fremd. Es war ein dunkler dichter Wald, aber das war eigentlich nicht von Bedeutung. Jedenfalls kamen irgendwann Gebirgsketten in Sicht, die über den Wolken verschwanden und den Himmel küssten. Ich konnte durch die Gitterstäbe alles sehen, dass wir hinter uns ließen oder das was sich neben mir erstreckte. Die Wiese, an der wir vorbei fuhren lockte mit vielen schönen Blumen. Es sah wirklich einladend aus, vielleicht war es sogar schöner als Konoha.

Aber ich merkte schnell, dass dies nicht mein neues zu Hause werden würde.
 

Mein neue Heimat lag in einem Gebirge. Diese Stadt, die der Kutscher Eisenhütte nannte blickte nun gar nicht freundlich zu mir herunter. Ich fühlte mich schlagartig wieder unglücklicher und ich ein bisschen Furcht empfand ich auch. Schwarzer Rauch qualmte durch die Gassen, der kleinen Stadt, denn meterhohe Schornsteine ragten aus den Häusern aus Eisen und dunklen Holz. Mein erster Gedanke den ich fassen konnte war, dass ich diesen Ort so schnell wie möglich wieder verlassen wollte.

»Das hier ist die Eisenhütte, hier werden Waffen und andere Metallgegenstände hergestellt. Noch weiter oben im Berg wirst du mit den anderen jungen Soldaten trainiert werden. Sei bloß nicht so dumm und versuch zu fliehen. Die Eisenhütte ist der Ort, wo du hingehörst, denn hier leben einige andere Kuriositäten und Verbrecher wie du«, erklärte mir der Fahrer des Wagens mit seiner brummigen Stimme. Ich sah auf. Kuriosität? Ich war ein Lebewesen! Gut, ich war mir nicht mehr so ganz sicher, ob ich ein Mensch war, aber jedenfalls war ich ein Lebewesen und kein Ding, das man sammeln und tauschen konnte!

Angekettet

Als ich inmitten der Nacht aus dem Schlaf hochschrak, hoffte ich insgeheim der Auslöser sei ein grässlicher Albtraum gewesen. Aber ich musste mit dem nächsten Wimpernschlag feststellen, dass das Geschehen in meinem Verstand niederschmetternde Realität war. Enttäuscht stieß ich die angehaltene Luft aus und begutachtete mein Umfeld genauer. Mir offenbarte sich ein trostloses Panorama. Kalte graue Wände und blitzende Gitterstäbe. Ein Gefängnis.

Ich wurde mir bewusst, dass das letzte, woran ich mich entsinnen konnte der Blick auf die furchteinflößende Eisenhütte war. Was war danach passiert? Wieso und wie lange hatte ich geschlafen? Dies musste wohl länger her sein, denn schlagartig wurde ich hungrig. Also, was zum Teufel hatte man mit mir angestellt, dass ich solange das Bewusstsein verloren hatte? Der brechreizerregende Geschmack auf meiner Zunge deutete auf irgendwelche Medikamente hin. Die Schmerzen, die meinen Rücken auf die Probe stellten, waren ganz klar durch fremden Einfluss entstanden. Ich rückte etwas von dem nasskalten Mauerwerk weg, an welchem mein Körper lehnte, als ich vorhin zu mir gekommen war. Bedauerlicherweise konnte ich mir die Überlegungen sparen, denn von allein würde ich keine Antworten bekommen. Vorsichtig versuchte ich sanft meinen nackten Rücken abzutasten. Die Haut brannte seltsamerweise nur stellenweise. Irritiert runzelte ich die Stirn, erhob mich und taumelte schlaftrunken wie ich war auf die Gitterstäbe zu. Würde es noch mehr Probleme verursachen, wenn ich auf mich aufmerksam machte? Nun, wer nichts wagt, der nichts gewinnt.
 

»Hallo? Ist da irgendjemand? Kann mich irgendwer hören?«, rief ich in den nur spärlich von Fackeln beleuchtenden Flur und bekam bloß mein Echo als Antwort.

»Was ist das für ein Gefängnis, wo es keine Wärter gibt«, seufzte ich und fuhr mir durch das Haar. Allerdings würde es dann vielleicht auch niemanden kümmern, wenn ich verschwand. Doch dies war nur mein naives Wunschdenken. Selbstverständlich würde es jemanden gewaltig jucken, falls ich mich aus dem Staub machen würde. Jedoch, warum bewachte mich dann niemand? Man nahm mich wohl für nicht allzu wichtig oder sie waren sich sicher, dass ich es auch ohne Wachmänner nicht schaffen würde, zu entkommen. Etwas war hier faul und zwar gewaltig! Ich versuchte es gar nicht erst aufs neue mit der Ruferei. Mir blieben nicht viele Möglichkeiten, entweder ich lief davon oder ich wartete hier auf eine Erklärung. Ich konnte nur hoffen, dass man nicht vorhatte mich hier unten in der Finsternis verfaulen zu lassen. Nun, ich würde noch eine Weile warten. Bestimmt würde bald jemand kommen, mit Sicherheit hingen hier überall Kameras herum. Es war nur eine Frage der Zeit und Geduld. Falls ich dann immer noch fortlaufen wollte, dann konnte ich das sicher zu jedem Zeitpunkt. Mit einem lauten Seufzer begab ich mich zurück zur Wand, um mich hinzusetzen. Geduld war nicht meine Stärke, aber dieses Mal würde ich es mit Disziplin versuchen, denn das jüngste Ereignis war durch meine Charakterschwächen richtig in die Hose gegangen.
 

Der erste Sonnenstrahl des neuen Tages, von dem ich nicht wusste, ob er sich Dienstag oder Freitag nannte, bezauberte mich ungemein. Eigentlich war nichts besonderes an der Sonne, sie ging schließlich jeden Tag auf, auch wenn man sie nicht immer sah, doch es war unheimlich zufrieden stellend sie an diesem Morgen zusehen und außerdem stimmte es mich gleich fröhlicher. Meine Situation war noch genauso verzwickt wie in der Nacht, aber schon bald passierte wenigstens etwas.

Es war nicht lange nach Sonnenaufgang, als drei Männer vor das Gitter traten und mich zunächst konzentriert musterten. Sie waren wohl neugierig, wie mein körperlicher Zustand war. Ich schwieg, da ich gar nicht wusste, was ich sagen sollte, außer vielleicht ob sie mich noch lange so eingängig betrachten würden. Es war verdammt unangenehm. Doch wie gesagt, machte ich keinen großen Hehl aus meinem Unmut. Nach einer Weile sahen sie mir sowieso endlich mal ins Gesicht. »Guten Morgen, Naruto. Mein Name ist Nowaki. Meine Begleiter heißen Hanabusa und Michiko«. Jetzt war ich es, der die drei vorsichtig musterte. Nowaki war ein schlaksiger Mann, eine richtige Bohnenstange. Wie höflich und förmlich seine Stimme auch klang, er machte nicht den Anschein, als er besonders helle. Er hatte Segelohren und auch der Rest seines Körpers war nicht besonders Eindruck schindend. Nur seine starren, grauen Adleraugen sorgten bei mir für Unbehagen. Die anderen beiden sahen ziemlich normal aus, nun zumindest Hanabusa war höchstwahrscheinlich sogar ziemlich beliebt in der Damenwelt. Zumindest würden Sakura und Ino ihm nachlaufen.

»Du wunderst dich bestimmt schon eine ganze Weile, warum du hier unten bist. Es ist aus dem ganz einfacheren Grund notwendig, damit du einen sicheren Ort zum Aufwachen hast. Nicht, dass es uns wirklich kümmern würde, wenn du stirbst, aber wir nehmen an, dass du für uns sehr nützlich sein kannst. Wir wissen, was du alles kannst, doch es ist wichtig, dass du dich an die Gesetze der Eisenhütte gewöhnst und sie auch nicht brichst! Zu den Regeln gehört auch, dass Jutsus jeder Art ohne ausdrückliche Genehmigung verboten sind. Du kannst dir sicherlich denken, dass wir eine Menge Sachen unternommen haben, um dich und unsere anderen Gefangenen zu überwachen. Wir sehen alles. Sollten wir dich dabei erwischen, bekommst du erst einmal einen Elektroschock. Mach dir lieber noch keine Gedanken darüber, wie wir das anstellen werden, aber sei gewiss, dass wir nicht zögern werden«.

Das hatte ich mir tatsächlich schon gedacht und das mit den Jutsu war verständlich für mich. Natürlich wollten sie nicht, dass Chaos ausbricht, weil sich Leute mit großen Fähigkeiten gegen sie stellen. Sie reagierten wie es für ihre Gemeinschaft am besten war, das war nur ziemlich blöd für mich. »Hast du das verstanden, Naruto? Des weiteren, darfst du diesen Ort nie wieder verlassen. Ich erwarte nicht, dass du dich hier irgendwann beheimatet fühlst, um ehrlich zu sein, wäre es mir sogar recht, wenn dies hier die Hölle auf Erden für dich wird. Im übrigen ist das auch der Spitzname der Eisenhütte. Hölle auf Erden, meine ich«, mit einem Grinsen nahm er ein Schlüsselbund und steckte, nachdem er den richtigen Schlüssel gefunden hatte, diesen in das Schlüsselloch und schloss auf. »Wir bitten dich zu kooperieren, Naruto, andernfalls müssen wir dich töten«.

»Das alles geht absolut in meinen Schädel hinein, ich werde mich nicht wehren, denn ich habe noch nicht vor den Löffel abzugeben«, meinte ich und trat aus der Zelle heraus. Ich würde aus der Eisenhütte verschwinden, wenn die Zeit reif dafür war und ich diese Stadt besser verstand und einschätzen konnte. Mit dem Leben als Shinobi kam auch langsam die Erfahrung und ich war mittlerweile erwachsen, ich würde von nun an alles zuerst gut überdenken, bevor handle. Na ja, dass war leicht gesagt, aber schwer durchzusetzen. Es ist mir peinlich auf das jüngste Geschehnis hinzuweisen, doch ich werde es wohl in meinem neuen Lebensabschnitt öfters tun.

»Kaum zu fassen, dass man dich als Monster beschrieben hat. Deine Worte, wie du sie ausdrückst, klingen nicht besonders schlau, doch Gehorsamkeit kann dir selbst hier früher oder später das Leben unverschämt schön machen. Also, gib dein bestes Naruto und wir alle können gute Freunde werden«.

»Sie sind wirklich großartig, Nowaki-sama. Ich bewundere sie jetzt schon, bestimmt kann ich mir eine Menge bei ihnen abschauen«.

»Halt die Fresse, diese Nummer funktioniert bei mir nicht«, murmelte diese Fratze ungerührt. Ich zeigte nicht, dass es mich fertig machte, dass mein Einschleimversuch misslungen war. Stattdessen lächelte ich nur verlegen und kratzte mir genauso peinlich berührt am Hinterkopf. »Aber nicht doch, Nowaki-sama. Glauben sie, dass ich sie für so leicht beeinflussbar halte? Da schätzen sie mich ganz falsch ein, ich verhalte mich stets respektvoll gegenüber Autoritäten«, entgegnete ich, doch Nowaki schien gar nicht mehr zu zuhören. Er ging vor und Hanabusa sowie Michiko folgten ihm stramm wie Soldaten mit mir im Schlepptau. Ich war schon gespannt, was genau als nächstes mit mir passieren würde. »Wo bringt ihr mich jetzt hin? Und was ich noch fragen wollte, ist, wieso ich offensichtlich Verbrennungen auf meinem Rücken habe«, fragend starrte ich bloß Nowakis Rücken an. Es wäre seltsam, wenn ich nicht darüber besorgt wäre.

»Wir haben dich tätowieren lassen, damit man dich sofort erkennt, solltest du weglaufen. Es ist, wie bei einer Hundemarke- jedenfalls haben wir viele Verbündete hinter den dicken Mauern und den tiefen, gefährlichen Wäldern. Du wirst dich nirgendwo verstecken können, außer du tötest dich oder reißt dir die Haut vom Rücken. Irgendwann wird doch jemand das Tattoo sehen und wenn du auffliegst und umgebracht wirst, dann wird halt dein Leichnam hierher zurückkehren, aber deinem Körper und deiner Seele ist es nicht gestattet sich jemals von diesem Ort zu lösen«. Ich schluckte, sodass es kaum hörbar war. Trotzdem konnte er wohl den Schweiß auf meiner Stirn riechen. Angstschweiß... oder es lag nur daran, dass es aus heiterem Himmel so entsetzlich heiß wurde. Mein Magen drehte sich herum, bei dem Gedanken nie mehr diesen schrecklichen Platz verlassen zu können. Wenn ich jetzt über Selbstmord nachdachte, dann war es wohl der richtige Augenblick.

»Inwiefern wird sich mein Leben ändern? Wie werde ich mein leben von jetzt an fristen?«, hakte ich krächzend nach. Mein Hals war auf einmal trocken. Was stimmte nicht mit mir? Empfand ich es wirklich, als das schlimmste, dass mir hätte passieren können? War es so unerträglich für mich, dass man mich meiner Freiheit beraubte?

Wir standen vor einer großen Eisentür. »Als Sklave für Tamaki Wawashi. Naruto, hinter dieser Tür steht der Mann, dem du die Scheiße vom Schuh lecken wirst, wenn er es von dir verlangt«. Meine Augen weiten sich bis sie fast tränten.

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Sorry, dass es so lange dauerte, aber na ja, hatte einiges in letzter Zeit zu

tun. Ich hoffe, dass man die FF nicht vergessen hat :)
 

Liebe Grüße von Foe.

Meister

Hallo liebe Leser!

Irgendwie habe ich versäumt das neue Kapitel online zu stellen, obwohl es auf einer anderen Website schon längst online ist O_o Na ja, hier ist es. Ich hoffe, meine FF ist nicht vergessen worden. Ich freue mich immer, wenn es Feedback gibt.

Liebe Grüße

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Als ich Tamaki Wawashi das erste Mal erblickte, kam ich mir grundlos lächerlich vor, dass ich mir solche Sorgen gemacht hatte. Er war nur halb so groß wie ich, fast glatzköpfig und sehr rund. Wenn ich ein Ungeheuer war, dann war Tamaki zweifelsohne ein Floh oder Wurm. Die ganze Zeit, von der Zelle bis hierhin, hatte ich mir überlegt wie ich schnellstmöglich meinem unliebsamen Herrn, der mir die Freiheit rauben würde, entwischen könnte. Aber jetzt überkamen mich dieses Mitgefühl und das Gefühl als sei ich das einzig böse Geschöpf auf diesem Planeten. Bescheuert, aber wahr: Ich wusste nicht, ob ich es wagen würde diesem kleinen alten Kerl nur ein Haar auszureißen. Meine Hoffnungen auf eine erfolgreiche Flucht sanken von Minute zu Minute, statt zu steigen. Mir wurde schlagartig klar, dass ich mit dem Alten das schlimmste Los gezogen hatte. Wie einfach wäre es gewesen einem Mistkerl, der mich mies behandelte, das Genick zu brechen? Falls mich dieses drollige Etwas auch noch ausgezeichnet behandelte, dann war das mein Ende. Ich würde als Sklave ohne nur einen Fetzen Stolz krepieren und in ein Massengrab geworfen werden, statt als Hokage ehrenvoll zum Wohle meines Dorfes draufzugehen.

Ich hasste mich dafür, dass ich es mir nach allem noch erlaubte großherzig zu sein. Ob ich jetzt der Held in strahlender Silberrüstung oder der Typ mit dem diabolischen Lachen und dem Cape wäre, kümmerte niemanden mehr. Mit freundlicher Art konnte ich niemand imponieren. Wie oft habe ich in meinem beschissenen Leben schon in den sauren Apfel gebissen? Ich habe ständig ans gute im Menschen geglaubt, Sasuke konnte ich auch bis zum Schluss nicht aufgeben. Nun gut, ich war sicherlich nicht zimperlich mit den Leuten umgegangen, deren Einstellungen ich nicht ertragen konnte.

Jedenfalls war jetzt der geeignete Zeitpunkt gekommen um den alten Knacker einen fairen Kampf zu liefern. Mir war es wohl kaum vergönnt nach Konoha zurückzukehren. Das hätte ich vermutlich auch nicht gemacht, selbst wenn man es mir erlaubt hätte oder mich angebettelt hätte. Ich schäme mich, ich war wütend und enttäuscht. Ich wollte keinem von ihnen noch einmal in die Augen sehen. Aber nur deswegen hatte ich nicht vor hier in der Eisenhütte in Gefangenschaft zu verrotten. Wer annahm, dass ich hier für meine Sünden sühnen würde, der hatte sich geschnitten. So dumm bin ich auch nicht, dass ich davon ausgehe, dass mir durch mein Leid in irgendeiner Weise vergeben werden würde. Wenn es mein Schicksal war, nach dem Tod in der Hölle bis in alle Ewigkeiten zu schmoren: Fein. Aber ich wollte mein restliches Leben ausnahmslos genießen.

»Wawashi-sama. Das hier ist die Bestie Naruto Uzumaki und er wird fortan alles tun, was sie von ihm verlangen- fast alles, denn wir haben da natürlich ein Wörtchen mitzureden«, sagte Nowaki und lächelte schief. Ihm war anzusehen, dass Tamaki für mich eine Menge Geld hingeblättert hatte und leicht beeinflussbar war. Ich widersetzte mich dem Drang mich einmischen zu wollen. Natürlich war es klar, dass mein neuer Meister offenbar betrogen worden war oder noch betrogen werden würde. Wie konnte ich denken, dass ich ihn beschützen musste? Das war Verrat an mir selbst, immerhin würde es leichter werden, wenn Tamaki verschwunden war. Den nächsten, den sie für mich fanden, könnte ich bestimmt erbarmungslos verprügeln bis er mich nach draußen ließ.

Doch alle Versuche misslangen. Ich konnte nicht einfach so zu meinem alten teilweise recht selbstsüchtigen Ich aus der Kindheit werden. Wenn sich das nicht bald änderte, dann wäre alles verloren und ich wäre dazu verdammt hier zu sterben, weil ich es nicht übers Herz gebracht hatte dem alten Mann das Leben zu nehmen.

Dumm, wie dumm von mir. Ist es wirklich im Moment angebracht den Helden zu spielen? Ausnahmsweise könnte ich doch einmal uneingeschränkt an mich denken. Schließlich würde ich bestimmt so oder so keinen Orden bekommen, selbst wenn ich den alten Knacker verschonte. Ich hatte einfach nichts davon, außer das ich ein reines Gewissen hatte. Was nützt einem ein reines Gewissen, wenn man todunglücklich ist?
 

»Naruto ist im Übrigen zum Wehrdienst verpflichtet. Näheres dazu finden sie aber hier in dieser Mappe. Dort finden sie auch verschiedene Informationen zu seiner Herkunft und worauf sie bei der Haltung von ihm achten müssen. Er ist in die Stufe dreizehn eingeteilt worden, deshalb seien sie vorsichtig und kontaktieren sie uns, wenn er sich komisch benimmt. Er wird dann mit sofortiger Wirkung eliminiert«, meinte Nowaki und drückte dem Gnom dann auch schon eine weiße Mappe in die Hand. Die Frontseite wurde von einem violetten Drachen geziert. Das Wappentier der Eisenhütte? Passend wäre es. Mit dem überreichen der Mappe schien das Gespräch beendet zu sein. Tamaki hatte die ganze Zeit über kein Wort gesagt, ich ebenso wenig. Mir war auch nicht nach einem kleinem Plausch. Wenn er etwas zu sagen hatte, dann würde er es mit Sicherheit sagen.
 

Ich wurde noch mit Handschellen von Hanabusa und Michiko zur Tür begleitet, danach musste Tamaki allein mit mir zurechtkommen. Trotzdem verzichteten der Schönling und Michiko mit seiner deformierten Nase, die mir jetzt erst in völliger Helligkeit des Tages auffiel, nicht auf ein paar deutliche Drohungen. Sollte ich Tamaki versuchen umzubringen oder wegzulaufen, dann würden sie mich bis zu einem Nahtoderlebnis quälen und mich dann verbrennen. Wie viel hatte der Zwerg diesen Leuten für mich bezahlt? Genug jedenfalls und offensichtlich waren sie ehrlich genug, um ihrem Kunden wenigstens Sicherheit zu garantieren. Welch ein Service, ich bin beeindruckt. Ich seufzte und beteuerte, dass ich ihn sicher nicht töten werde. Nicht jetzt und ich befürchte auch nicht in Zukunft. Danach folgte ich wie ein treuherziger Köter meines neuen Herrn die lange und breiten Treppenstufen hinunter. Ich warf kurz einen Blick zurück. Das Gebäude, in dem ich festgehalten worden war, war riesig, aber genauso hässlich wie alle anderen Häuser. Selbst die Häuser, die offenbar der Regierung der Stadt gehörten, schauten genauso wie die Häuser aus, von denen man erwartet, dass sie in den Armutsvierteln stehen. Schön, dass alle sich einander anpassten.

Ich hatte keine Lust gehabt mit Tamaki zu reden, aber letztlich tat ich es doch. »Wie weit ist es noch bis zu deinem zu Hause?«, fragte ich leise. In dem Moment merkte ich, dass wir von allen Seiten angestarrt wurden. Alle blickte ich sie an, aber sie wichen nicht beschämt meinem Blick aus. Völlig schamlos folgten sie mit ihren leeren Augen einen jedem unserer Schritte. Tamaki, der offenbar sowieso von Natur aus von nervöser und ängstlicher Natur war, antwortete erst nicht. Dann meinte er aber, dass es nicht sehr weit entfernt wäre. Ich seufzte.

Nicht sehr weit entfernt“ war trotzdem ein ganz schön langer Weg; dachte ich mit hängendem Kopf. Es war nicht so, dass ich schon erschöpft war, das wäre eine Schande gewesen. Nein, das war es nicht. Ich fühlte mich unwohl und an die letzten Stunden erinnert, die ich in Konoha verbracht hatte. Wieso musste man mich immer so anstarren? Ich mochte so etwas nicht, obwohl es eigentlich egal war. Selbst wenn sie mich nicht musterten, als sähen sie die fleischgewordene Pest vor sich, konnte ich mir vorstellen, was sie dachten. Ich wollte ganz schnell weg von den Blicken und den fast hörbaren Gedanken. Macht euch keine Mühe! Schaut weg! Ich fühle mich doch sowieso schon wie totaler Abschaum.

Ich ging einen Schritt schneller und packte Tamaki am Arm, um ihn voranzuziehen. Er reagierte wie zu erwarten erschrocken, erkannte aber gleich darauf, dass ich nichts Böses vorhatte. »Wo müssen wir lang?«, fragte ich und er antwortete sofort. Guter Junger.

Nach etwa einer halben Stunde standen wir dann zu zweit vor einem winzigen Palast. Ich konnte die Massen an Geld mittlerweile fast real vor mir sehen, die er für mich bezahlt hatte. Was zur Hölle dachte ich mir dabei mit offenem Mund vor dem Eisentor zu stehen und allen deutlich zu machen wie beeindruckt ich war? Keinen Schimmer, aber ich stand da halt für eine kleine Ewigkeit. „Naruto, komm, lass uns hereingehen. Du bist sicherlich hungrig, oder?“, hörte ich Tamaki sagen. Es war eine eindeutige Einladung, die ich gerne annahm. Mein Magen knurrte nicht, aber ich bemerkte diese Leere im Bauch. Es war nur nichts zu hören, weil mein Magen daran gewöhnt war, dass es manchmal einfach nichts zu essen gab. Das lag an einigen Missionen bei denen ich tagelang nichts zu Essen bekam, weil mich ständig irgendetwas daran hinderte.

Jedenfalls nickte ich Tamaki zu und folgte ihm zum zweiten Mal erstaunlich gehorsam. Vielleicht, weil ich nicht gezwungen wurde und es im Augenblick keinen Grund gab die Flucht sofort in Angriff zu nehmen. Ich hatte Zeit und sollte mich erst einmal umschauen, das war die weisere Entscheidung.

Innen angekommen sagte Tamaki einem Dienstmädchen, was der Koch zubereiten sollte und er führte mich ins Esszimmer. Das Verhalten des Zwerges war wirklich überraschend, obwohl ich mir von Anfang an keine Sorgen darum gemacht habe, ob er mich gut behandelt oder nicht. Das Kerlchen besaß gar nicht genügend Mumm um mir zu zeigen, wo mein Platz war oder er war einfach nur furchtbar lieb und großzügig. Och Mann! Wie konnte ich da ohne schlechtes Gewissen flüchten?
 

Ich setzte mich an den bereits gedeckten Tisch und mir gegenüber ließ sich Tamaki ebenso auf einem dieser bequemen Stühle sinken. Er lächelte mich freundlich an. Wo war seine Angst und Nervosität geblieben? Ein bisschen mehr Respekt, hier sitzt ein Monster direkt vor deinen Augen! Ich verschwendete meine Zeit nicht damit ihm ebenso ein Lächeln zu schenken, sondern schaute mich lieber neugierig im Esszimmer um. Es war riesig und an dem Tisch fanden mindestens an jeder Seite je zehn Personen einen Platz. An den vier Wänden hingen überall bunte Masken. Etwas beklemmend, denn auch diese schienen mich anzustarren.

Erleichterung machte sich in mir breit, als das Essen serviert wurde und ich vollständig diesem widmen konnte. Es war unglaublich köstlich, aber Tamaki sagte ich nur, dass es in Ordnung gewesen sei. Bloß nicht zu nett sein, sonst fühlt es sich später noch schlechter an, wenn man abhaute. Erstaunlicherweise erhielt ich von meinem Meister ein eigenes, wenngleich kleines Schlafzimmer. Es befand ich im Korridor für die Angestellten. Als ich in der Nacht in meinem Bett lag und an die Decke starrte, dachte ich einen Moment lang daran, dass es in der Eisenhütte vielleicht doch nicht so schlimm war, auch wenn ich nicht frei war.

Regenstimmung

Die Illusion, mit welcher ich gestern Nacht noch geblendet war, dass das Leben in der Eisenhütte vielleicht gar nicht so schlecht war, wurde von der knallharten Realität fortgetragen. Schon am nächsten Morgen wurde ich mit einer Kutsche abgeholt, die mich und andere ins Gebirge fuhr. Den ganzen Tag schon regnete es in Strömen und dieses Regenwetter schien kein Ende zu nehmen. Dort erwartete mich eine riesige Gruppe junge Männer, die sich auf Kämpfe vorbereiten. Wir erhielten leichte Rüstungen. Nie zuvor hatte ich eine Rüstung getragen. Als ich einer Division zugeteilt wurde, fragte ich sofort meine Mitstreiter aus. Wie sich herausstellte, waren sie ebenso wie ich Shinobi von verschiedenen Dörfern gewesen und somit war auch für sie die Rüstung ein völliger Fremdkörper. Ich hätte mich gerne länger mit ihnen unterhalten, aber das Training sollte rasch beginnen und ich hatte keine Zeit für ein kleines Gespräch nebenher.

Nach sechs Stunden intensiven Trainings wurden wir nach Hause geschickt. Ich war wieder von meinem Plan besessen mich bei Nacht und Nebel davon zu machen. Zum Glück hatte ich nicht die Klappe zu weit aufgerissen oder war tollpatschig. Wer etwas tat, was dem Aufseher nicht gefiel, durfte mit einem Peitschenhieb rechnen oder man wurde gleich vor aller Augen windelweich geprügelt. Das alles hatte ich an diesem einen Tag gesehen und ich verfluchte mich für meine erneuten furchtbar naiven Hoffnungen. Wie konnte ich so töricht sein, es mit Konoha zu vergleichen? Dieser Ort konnte dreimal, achtmal so schrecklich sein wie viele Minuten in Konoha, falls ich mich nicht artig all diesen Demütigungen und Torturen beugte. Ich war überrascht über mich selbst, dass ich mich damit abgefunden hatte und ich nicht sofort voreilig irgendetwas angestellt hatte. Meine Freunde wären stolz auf mich, wenn ich noch welche hätte. Es war unmöglich, dass irgendjemand noch zu mir hielt. Ich konnte es mir nicht gestatten zu glauben, dass ich in meinem Leben noch einmal so viel Glückseligkeit erfahren würde wie in den letzten Jahren bei diesen ganzen Menschen, die mir etwas bedeutet hatten. Mir immer noch etwas bedeuteten. Eigentlich wünschte ich mir nichts mehr als noch einmal von vorne anfangen zu können. Doch diesmal überkamen mich ungeahnte Depressionen und die felsenfeste Überzeugung, dass all meine Bemühungen letztlich für alle Ewigkeiten zum Scheitern verdammt waren. Offensichtlich war es mir nicht vergönnt ein Leben lang auf der sonnigen Seite der Welt zu verweilen. Was hielten meine Mutter und mein Vater von mir? Konnten sie immer noch behaupten auf mich stolz zu sein? Ich konnte mir nichts vormachen, denn ich hasste mich am meisten für meinen Fehler. Keiner verspürte mehr Hass und mehr Verachtung mir gegenüber als ich selbst. Ich war wahrlich eine Bestie, wenn ich auf ein Monster gehört hatte.

Während ich von all meinen abscheulichen Gefühlen verschlungen wurde und drohte in ihnen verloren zu gehen, riss mich ein junger Mann zu meiner rechten aus meinen Gedanken. „He, du musst hier raus“, drängte er. Ich hielt wohl alle auf heim zu kehren. Ich nickte, entschuldigte mich und kletterte dann heraus. Am Eingang erwartete mich bereits Tamaki und verkündete mir, dass das Mittagessen schon auf dem Tisch stünde. Ich begrüßte ihn mit einer leichten Verbeugung und ging mit ihm ins Haus. Das Essen glich wie gestern Abend schon einem Festmahl, sofern ich überhaupt richtig sagen konnte wie ein Festmahl zu schmecken hatte. Mir persönlich hätte ja schon eine Schüssel Ramen gereicht, doch es gab keinen Grund zum Klagen. Ich aß alles auf. „Hat es dir geschmeckt, Naruto?“, fragte er erneut. Er bemühte sich mehr und mehr um Konversationen mit mir. Ich war mir noch nicht sicher, ob ich dasselbe tun sollte. „Es war in Ordnung, ich bin satt geworden“, antwortete ich stur. Natürlich war es nicht nett, dass in Anwesenheit der Köchin zu sagen, vor allem, weil sie keinerlei Schuld trug. Niemand außer mir war schuldig an meiner Situation. Dennoch brachte ich eine aufrichtige Meinung über ihre Speisen nicht über die Lippen, selbst wenn es sie fürchterlich kränkte.

Ich fragte mich, ob sie es verweigern würde mich am Essen teilhaben zu lassen, wenn ich so weiter machte. In meiner jetzigen Gefühlslage schreckte mich ein Hungertod kein bisschen ab. Ich wollte für immer verschwinden und niemanden mehr ansehen müssen. Vielleicht würden sie mir sogar nachweinen, wenn ich starb. Dann würde ihnen ein weiteres Mal die Tatsache offenbart, dass ich kein böser Mensch war. Doch was redete ich da? Ich fing an mir selbst zu widersprechen und meine Taten gut zu heißen.

Du solltest damit aufhören; sprach ich düster zu mir selbst. Mir selbst konnte ich nichts vorgaukeln. Ich war im Unrecht gewesen und das hatte mir Tsunade wunderbar bewiesen, als sie mich verbannte und dazu verdonnerte hier in der Ferne mir den Buckel krumm zu arbeiten. Heimweh. Ich litt an Sehnsucht. Ich wollte zu Rāmen Ichiraku und eine schöne Nudelsuppe essen, ich wollte mit Sensei Iruka sprechen. Oh Gott, ich wollte mit allen sprechen und ihnen bei meiner Seele schwören, dass ich es nie wieder tun würde. Aber würde ich diesen Schwur nicht eines Tages brechen? Dieser Dämon saß in mir und auch nach Jahren, in welchen ich versucht hatte mich mit ihm zu Recht zu finden, hatte ich am Ende versagt. Tatsächlich hatte ich geglaubt, dass ich den Bijuu mit achtzehn Jahren endlich fest unter Kontrolle hatte. Ein fataler Irrtum. Kyuubi hielt die Zügel fest in der Hand. Ich wollte dieses Biest los sein, obwohl es mir so viel Macht garantierte. Doch nützt jemanden Macht, wenn man sie nicht einmal kontrollieren kann? Das war genauso wie verdammt schwach zu sein und unterworfen zu werden. Im Augenblick stellte ich wohl für den verfluchten Dämon ein lustiges Spielzeug dar. Oder meinte er es ernst damit, dass wir zusammen halten mussten? Nein, sicherlich nicht. Anders als andere Jinchuuriki und Bijuu war unser Standpunkt, dass wir einander nicht ausstehen konnten. Kyuubi wollte unbedingt frei sein- genauso wie ich.

„Naruto?“, erklang auf einmal eine Stimme hinter mir. Ich fuhr kurz zusammen und hätte mich dafür ohrfeigen können. Den kleinen Angsthasen in mir, der wegen allem zusammenschrak hatte ich noch nie ausstehen können. Ganz ruhig, Naruto. Fang nicht wieder damit an. Du warst nur überrascht und im Grunde kannst du dankbar sein, dass der Zwerg dich aus deinen dunklen Gedanken gerissen hat. So kann das doch nicht weitergehen.

Hehe. Wieso? Ich fand, dass es gerade richtig gut wurde… Oh, sei bloß still verdammtes Monster!

Ich wandte mich um und blickte Tamaki an. „Ja?“

„Ich habe eine kleine Aufgabe für dich, wenn du dich von dem harten Training erholt hast“, sagte er und lächelte mich gütig an. Wieso lächelte er nur so? Ich fühlte mich eigentlich nur noch miserabler, wenn man mich so anstrahlte. Tat das die Sonne nicht schon zu genüge? Bald schon würde ich hier weglaufen und dann würde ich mich auch noch damit herumplagen müssen, was der Alte dann von denken mochte. Wann hatte ich bitte um ein solch beschissenes Leben gebeten?

„Natürlich, Tamaki-sama“, antwortete ich höflich und distanziert. „Was kann ich für euch tun?“

„Nun ja. Ich habe da eine kleine Einkaufsliste- ich erwarte nicht von dir, dass du Brot und Milch einkaufen gehst. Das können meine Mägde auch. Nein, ich hatte einem Schreiner einen Schrank zur Reparatur gegeben und der müsste heute abgeholt werden. Du bist ein starker junger Mann, das dürfte kein Problem für dich sein, oder? Der Schrank ist auch nicht groß“, erklärte Tamaki. Mich beschlich der Verdacht, dass es ihm trotzdem unangenehm war mich um etwas zu bitten. Vermutlich befürchtete er, ich würde ihn dafür blitzeblau schlagen. So unmenschlich war ich nun wirklich nicht und da ich sowieso nichts Besseres zu tun hatte, war ich für diese Aufgabe dankbar. Außerdem ergab sich dadurch für mich die Gelegenheit mir die Ecken der Eisenhütte anzusehen, die ich bei meiner Ankunft und am Morgen noch nicht gesehen hatte. „Kein Problem“, meinte ich noch und ehe ich mich versah, hatte er mich schon mit einem Stadtplan zu diesem Schreiner gesandt.

Ich hatte keine Schwierigkeiten damit die Karte zu lesen, trotzdem verspätete ich mich, weil ich, solange ich den Schrank noch nicht trug, etwas durch die verwinkelten Gassen schlendern wollte. Gegen vier Uhr am Nachmittag stand ich dann vor der Schreinerei. Genauso wie alle anderen Häuser sah auch dieses nicht besonders einladend aus. Innen schien gestritten zu werden. Trotz allem, dass man das Gebrüll klar hören konnte, reagierte niemand darauf. Es machte den Anschein als seien sie allesamt darauf getrimmt derartiges zu ignorieren. Blieb für mich nur die Frage, ob ich dennoch hereingehen sollte oder lieber verschwand, ehe ich in etwas hineingezogen wurde. Doch letztlich musste ich wohl oder übel dadurch. Ich konnte unmöglich ohne den Schrank zurückkehren. Obwohl… Bestand nicht die Möglichkeit Tamaki einfach anzulügen? Genau. Ich konnte ihm einfach sagen, dass der Schrank doch nicht fertig sei oder dass niemand da gewesen sei.

„Hey du, was lungerst du hier so blöd vor dem Geschäft herum? Wenn du nichts brauchst, dann verpiss dich!“, fuhr mich eine Frau wütend an. Sie hatte ihren Kopf aus der Tür herausgesteckt und starrte mich an. „Ähm…Ich wurde von Wawashi-sama geschickt, ich soll seinen Schrank abholen“, erklärte ich noch immer etwas überrumpelt von ihren Worten. Eine hinreißende Stadt mit wundervollen Einwohner…

Ihr Gesicht hellte sich jedenfalls auf und schon war der Kunde wieder Gott. „Ach so. Wieso hast du das nicht gleich gesagt?“, stotterte sie. Offensichtlich bereute sie es unhöflich zu mir gewesen zu sein. Und was meinte sie bitte damit, dass ich das gleich hätte sagen sollen? Dazu hatte es ja keine Gelegenheit gegeben. Ich schwieg und folgte ihr dann ins Geschäft. Dort angekommen, verstummte selbst durch meine Anwesenheit niemand. Es wurde immer noch wild geschimpft. Als ich an Stühlen, Tischen, Kommoden und anderem Kram vorbeiging, konnte ich durch eine offenstehende Tür die zwei Streithähne sehen. Es waren ein Mann und ein kleines Mädchen. Der Mann hielt das Mädchen an ihren kurzen schwarzen Haaren fest und zog sie in die Höhe. Er schrie ihr aus voller Kehle allerhand Ausdrücke ins Gesicht, als gäbe es keinen Morgen. Die Kleine hingegen heulte und trat energisch nach ihm- was zwecklos war. Was hatte sie wohl getan, dass er sie so sehr zur Schnecke machte? Hatte sie überhaupt etwas getan? Ich wusste doch sehr gut aus eigener Erfahrung, dass man auch häufig für Dinge verantwortlich gemacht wurde, die man nicht getan hatte. Sie schien noch nicht erkannt zu haben, dass sie sagen konnte was sie wollte, letztlich glaubte ihr keiner ein Wort.

Und was sollte ich jetzt tun? Sollte ich mich einmischen und das Mädchen vor schlimmeren bewahren? Ich war unschlüssig, obwohl ich früher garantiert dazwischen gegangen wäre. Ohne zu wissen, was vorgefallen war, hätte ich mich mutig vor sie gestellt und den Mann eine reingehauen. Manchmal war ich ein kleiner kopfloser Idiot gewesen, das wusste ich mittlerweile. Aber war es nicht egal, was geschehen war? Niemand hatte das Recht mit einem Kind in dieser Art umzugehen. Also, wofür würde ich mich entscheiden?

Sommerkind

Ich starrte noch einen Moment zu dem Mädchen, welches mich bemerkt hatte, und dem Mann, der blind vor Wut gar nichts von dem wahrnahm, was um ihn herum geschah. Das Dach hätte ich ihnen über ihren Köpfen hinweg stehlen können und er hätte mit voller Elan weiter gebrüllt. Statt ihm weiter Aufmerksamkeit zu zuwenden, erwiderte ich den neugierigen Blick des Winzlings. Ihr Gesicht war stellenweise geschwollen und leuchtete in einem violetten Farbton. Wie lange stritten die beiden sich wohl schon? Erneut fragte ich mich, was genau sie angestellt haben musste. Sein wohlgenährtes Kind, falls er eins hatte, würde er sicherlich niemals so runtermachen wie dieses zerbrechliche, kleine Wesen. Höchstwahrscheinlich befand sie sich in derselben Lage wie ich, nur das mein Herr die meiste Zeit über Riesenschiss vor mir hatte. Würde man es mir verübeln, wenn ich den Mann am Kragen packte und dreimal kräftig mit der Stirn voran gegen die Wand stieß? Wahrscheinlich. Schreckte mich das ab? Nicht im Geringsten. Erneut ließ ich mich dazu hinreißen, den Helden markieren zu wollen ohne das ich je dafür vielleicht einen Orden erhielt. Vermutlich würde man mich dafür hart bestrafen. Doch etwas verband mich mit diesem Kind und ich wollte es nicht im Stich lassen. Also wandte ich mich nun komplett zu ihnen um und schritt wortlos auf sie zu. Die Augen des Mädchens weiteten sich und sie schüttelte hastig den Kopf. Wollte sie meine Hilfe nicht? Jedenfalls hatte ihr Peiniger keine Frage gestellt, auf welche sie mit einem Kopfschüttel hätte antworten können.

Ich versuchte mit einem Blick noch einmal klar zu stellen, dass ich ihr unter die Arme greifen wollte und nicht mehr Ärger einhandeln wollte. Keine Ahnung, ob es mir gelang, aber sie schüttelte dennoch entschlossen den Kopf. „Was machst du da?“, fauchte der Mann und schlug sie. So viel zu meiner Heldentat. Widerwillig lief ich der Frau nach und holte den blöden Schrank ab. Ich bezahlte brav und vergewisserte mich beim Hinausgehen, das sie noch lebte. Mit schweren Herzen kehrte ich der Schreinerei den Rücken zu und machte mich auf den Rückweg. Der Schrank war gar nicht so schwer wie ich gedacht hatte. Es war dünnes Holz. Ich hatte einen riesigen Kleiderschrank erwartet, aber dann hätte er wohl doch eine Kutsche für die Abholung geschickt. Es war anstrengend, aber ertragbar. Die starren Blicke der Menschen, die an mir vorbeihuschten, waren schlimmer. Ich mochte diesen Ort nicht. Lief ein unschuldiger junger Mann hier herum gafften sie ungeniert, aber wenn ein kleines Mädchen Hilfe brauchte, schauten sie weg. Eine verdrehte Moral!

Tamaki war begeistert, als er sah, dass ich tatsächlich keinerlei Probleme hatte den Schrank zu tragen. „Würdest es dir etwas ausmachen, wenn ich dich jetzt immer schicke, falls es wieder etwas zu tragen gibt?“, fragte er und lächelte mich freudig an. Wie hätte ich ablehnen können? Ohne einen Seufzer von mir zu geben, willigte ich ein.
 

Am Abend nach dem Essen schickte mich der liebe Tamaki, der offenbar zunehmend die Angst vor mir verlor, noch einmal vor die Tür um frisches Feuerholz aufzustapeln. Hätte derjenige, der das alles so toll in zu Stückchen verarbeitet hatte, nicht auch säuberlich übereinander legen können? Ich war sauer, dass mit der Angst auch die Scheu verflog mich um Hilfe zu bitten. Wenn das so weiterging, dann war mein Tag so sehr mit Tätigkeiten überfüllt, dass ich nicht noch einmal in die Stadt gehen konnte, um nach einer Fluchtmöglichkeit Ausschau zu halten. Doch ich durfte nicht auffallen, deshalb vollrichtete ich die Arbeit ohne zu Murren. Während ich nacheinander Holzscheite aufhob und in die kleine Hütte hinter dem Haus räumte, vernahm ich plötzlich ein Geräusch. Jemand schlich sich von hinten wenig vorsichtig an. Ich fuhr herum und sah ein Paar geschwollener Augen. Es war das kleine Mädchen von der Schreinerei. Mir wäre es lieber gewesen, wenn ihre Augen so dick waren, weil sie geweint hatte. Aber die Wahrheit war weitaus bedauerlicher. Wie oft hatte seine Faust ihr Gesicht malträtiert? Ich schluckte. Was für ein gottverdammter Hurensohn… Mit einem Stirnrunzeln warf ich den Holzscheit, der in meiner Hand ruhte, auf den Boden und ging mit langsamen Schritten auf das Kind zu. Ich vergeudete meine Zeit nicht damit sie zu fragen, warum sie hier auftauchte. Möglicherweise brauchte sie jemand, der ihr Trost spendete? Falsche Adresse, oder nicht? Mir wäre nicht eingefallen wie ich es vollbringen wollte, dass dieses kleine Wesen wieder zu lachen beginnt. Vermutlich würde ich sie bloß mit meinem Selbstmitleid noch mehr belasten.

„Du hättest mich ihm eine reinhauen lassen sollen, dann wärst du jetzt zwar trotzdem überall blau, aber der Kerl ebenso“, murmelte ich und Hölle ja, ich wusste, dass man das zu einem Kind nicht sagen sollte. Immerhin bläuen uns alle ein, sobald wir laufen können, dass Gewalt keine Lösung darstellt. Und wieso wird sie dann trotzdem immer angewendet? Das Kind sollte nicht im falschen Glauben aufwachsen, dass wenn sie niemanden wehtat, man ihr aus Dankbarkeit und Anerkennung ihr ebenfalls nichts zur Leide tut. Nun, was könnte dieser Zwerg schon ausrichten? „Ich wollte nicht, dass du in Schwierigkeiten gerätst, großer Bruder“, sagte sie daraufhin und tappte auf mich zu. Großer Bruder? Da ergab sich keine Gelegenheit zu widersprechen. Denn die Kleine krallte sich mit ihren winzigen Fingern in mein Bein und schmiegte ihren Kopf eng an dieses. Verwirrt starrte ich sie an, konnte sie allerdings nicht einfach fortstoßen. „Wie heißt du, großer Bruder? Du bist noch nicht solange in der Eisenhütte, oder? Nein, bestimmt nicht. Ich hätte dich sonst schon gesehen“, plapperte sie nun munter vor sich hin und sah zu mir auf. „Ich bin Naruto Uzumaki“, antwortete ich. „Und wer bist du?“

„Ich heiße Natsuko. Aber mein Name wurde auf Natsu aus Bequemlichkeit gekürzt“, erklärte sie und ließ mich los. Sie schien sich offensichtlich aus heiterem Himmel bester Laune zu erfreuen. Na ja, da sie nicht geweint hatte, war sie vielleicht gar nicht so betroffen wie ich es erwartet hatte. „Ich bin jetzt deine kleine Schwester, okay, großer Bruder?“, hakte sie nach und sah mich aus großen Augen erwartungsvoll an. Augen, die ein nein nicht akzeptierten. Nicht, dass ich sie zurückgewiesen hätte. Sie war bloß ein Kind. Was war schon dabei? Außerdem schien sie länger als ich hier zu sein. Das war zwar furchtbar traurig, aber andererseits ebenso vorteilhaft für mich.

„Wie alt bist du, Natsuko?“, fragte ich und hockte mich zu ihr nach unten. Sie streckte ihre Finger in die Höhe und ließ einen verschwinden.

„Und wie lange bist du hier?“, fuhr ich fort.

„Etwa drei Jahre“, antwortete sie und stieß mit ihrem nackten Fuß einen Stein davon. „Warum hast du keine Schuhe?“, fragte ich und hob eine Augenbraue.

„Die hat er mir aus Strafe abgenommen“, murmelte sie und ließ sich auf den Boden fallen. Mit dieser Art Strafe war sie höchstwahrscheinlich noch gut davon gekommen. Obwohl man die Tracht Prügel und das erniedrigende Gebrüll des Mannes eigentlich dazu rechnen musste. Ich hätte sie gerne gefragt, warum in Gottes Namen sie mit sechs Jahren in die Eisenhütte gekommen war, aber gewiss hatte sie ihre Vergangenheit noch nicht ausreichend verdaut um mir von all den schlimmen Dingen zu berichten, die ihr widerfahren waren. Eher biss ich mir die Zunge ab, als sie mit meiner Frage todtraurig zu machen. Ich seufzte und stand auf. „Hör zu, Natsuko. Ich muss hier noch eine Menge machen, aber du kannst noch eine Weile hier bleiben, wenn du willst“, meinte ich und kehrte zu den kleinen Hügeln aus Brennholz zurück. Das sie hier sein war, hieß wahrscheinlich das zusätzlich herausgeschmissen worden. Wie grausam ein Kind auf die Straße zu setzen, wenn die Sonne langsam unterging. Aber gut. So wie diese Leute fraglos mit ihr umsprangen, wunderte es mich insgeheim kein bisschen. „Danke, großer Bruder“, sagte sie leise. „Wenn du mal bei etwas meine Hilfe brauchst, dann sag es einfach. Ich bin zwar nicht stark oder besonders schlau, aber ich werde trotzdem mein bestes geben“. Irgendwie kam mir das bekannt vor und ich lächelte tatsächlich zaghaft.

Und wenn du genug von denen hast, dann zögere nicht und sag es mir, ich werde sie mit großen Vergnügen hinrichten!
 

Das war in der Stille meine ehrliche Antwort. Oder warst das wieder du, Monster, das mir fürchterliche Sachen zu flüstert? Falls ja, ich danke dir, denn ich hatte im selben Augenblick das gleiche gedacht.

Hab ich mir gedacht, Naru-chan, diesmal war es ganz deutlich seine Stimme, die mir das zu raunte. Er lachte lauthals los. Ich hatte es geahnt. Auf diese Bestie war eben Verlass und auch wieder nicht. Irgendwann würde sie mich in Stücke zerreißen. Meine Seele hatte sie bereits befleckt. Doch im Augenblick schien sie mein einziger wahrer Verbündeter zu sein. Ich fand, dass dies das mindeste war, was er für mich tun konnte, nachdem er jahrelang schon in meinem Körper hauste und mein Leben zerstört hatte. Was kann man tun, wenn der einzige, den man hat, ein wahrliches Monster war? Vertrauen musste ich Kyuubi zwangsläufig schenken, schließlich wusste er haargenau, was ich dachte und fühlte. Er war in der Lage mich so sehr zu beeinflussen, dass ich nicht rechts und links voneinander unterscheiden konnte. Wir waren miteinander verbunden, aber ich kam leider nicht in den Genuss zu erfahren, was er mit mir zukünftig plante. Würde ich wegen ihm mehr und mehr zu einem abgestumpften Mörder mutieren? Aber vielleicht würde ich seine Unterstützung gar nicht nötig haben. Ich hatte vorhin erneut daran gedacht jemand umzubringen. Stets war ich um Gerechtigkeit bemüht. Andererseits musste ich fliehen. Falls ich Natsuko rettete, war es für mich eventuell zu spät. Wie hoch war die Strafe in der Eisenhütte für Mord? Sie würden mich nicht für immer einsperren. Ich würde trotzdem ein ständiges Risiko darstellen. Mit Sicherheit würde ich es mit gleicher Münze zurückzahlen müssen. War ich bereit für dieses kleine Mädchen zu sterben, damit sie statt meiner leben konnte? Selbst wenn. Würde man sie nicht genauso zum Tode verurteilen? Oder in eine andere Familie stecken, wo es ihr dann doppelt so dreckig ging?
 

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Ich hoffe, dass euch auch dieses Kapitel gefallen! Und nochmals

herzlichen Dank an all diejenigen, die mir ein Kommentar hinterlassen haben. Ich habe mich wahnsinnig darüber gefreut und es hat mir enormen Ansporn gegeben!
 

Liebe Grüße

Augen

Ich brüllte, als sich eiskaltes Wasser über mich ergoss. Zornig riss ich die Augen auf und funkelte den Auslöser für meinen Unmut finster an. Als ich realisierte, dass es eines der Dienstmädchen war, bemühte ich mich darum wieder zur Ruhe zu kommen. Es gab keinen Grund bei ihnen in Ungnade fallen zu wollen. Ich lächelte sanft. »Du hast mich ziemlich erschreckt«, sagte ich nun deutlich fröhlicher. Ich war ehrlich gespannt darauf wie sie reagieren würde.

»Nun, deine Rache hast du jetzt«, antwortete sie. Ihr Atem ging schnell.

»Oh. Entschuldigung, das lag nicht in meiner Absicht«, ich kletterte aus dem Bett, wobei ein Schwung Wasser auf dem Boden landete, der sich in meinem Oberteil angesammelt hatte.

»Ist schon in Ordnung«, meinte sie: »Ich werde beim nächsten Mal einfach eine andere Methode benutzen um dich wach zu kriegen«. Wieso war sie so nett zu mir? Im ersten Moment hatte ich doch Angst in ihren Augen gesehen. Konnte es möglich sein, dass sie wirklich nur vor meinem Gebrüll und meinem bösen Blick zurückgeschreckt war? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Tamaki sie nicht vor mir gewarnt hatte. Also ich hätte es mit Sicherheit getan. Aber man soll ja nicht von sich auf andere schließen.

»Mein Name ist im übrigen Tsukino. Ich glaube, dass man uns noch nicht einander vorgestellt hat«, sagte sie nun und hielt mir lächelnd die Hand hin. Ich hob eine Augenbraue. »Naruto«, gab ich zögernd zurück und nahm die Hand an. Ihre warme Hand ließ mich gleich die Kälte vergessen, die mir mittlerweile in den Knochen saß.

»Ich sollte mich besser umziehen. Krank nütze ich auch nichts«, meinte ich und erwartete, dass sie ging. Stattdessen aber musterte sie mich mit einem rätselhaften Grinsen.

»Willst du nicht gehen?«, fragte ich schließlich irritiert.

»Ich helfe dir«, entschied Tsukino und näherte sich mir. Ich wich zurück und starrte sie verständnislos an.

»Ich bin ein erwachsener Mann. Das kriege ich auch selbst sehr gut hin«, murmelte ich. Irgendetwas war an ihr seltsam. Sie wollte sich mir ganz offensichtlich an den Hals werfen. Doch ihre Augen ließen nicht auf dasselbe schließen wie ihre Taten. Ihre Augen waren vollkommen leer. Kein Funken von Freude, Lust oder was auch immer sie mir vorgaukeln wollte.

»Bist du etwa schüchtern? Ich will dir nur etwas Gutes tun, nachdem ich dir diesen Ärger eingehandelt habe«, kicherte sie und streckte ihre Hände nach einem T-Shirt aus. Ehe sie es hochzog, umgriff ich ihre Handgelenke und riss sie von mir los. Ich warf sie mir über die Schulter und trug sie hinaus.

»Was tust du!«, rief sie empört, doch nicht laut genug um jemanden herzulocken. Ich setzte sie vor der Tür ab und sah sie an.

»Wenn du das noch einmal machst, schreie ich um Hilfe und sage allen, dass du mich belästigt hast«, zischte sie wütend und streckte ihren Mittelfinger in die Höhe. Oh Mama, ich habe solche Angst… Ich runzelte die Stirn und versuchte so kalt wie möglich drein zu blicken. Nowaki und seine Männer würden mich zwar töten, falls ich tatsächlich etwas Gewalt anwendete. Aber ich nahm nicht an, dass ich wegen einer kleinen Drohung gleich sterben würde.

»Hör mal, ich weiß zwar nicht, was du damit bezwecken willst. Doch eines garantiere ich dir, falls nur ein Wort dergleichen über deine Lippe kommt, ziehe ich dir beim lebendigen Leibe die Haut ab. Na, was sagst du? Was wäre wohl das größere Übel?«, wandte ich mich an sie und ließ demonstrativ die Knochen knacken um zu unterstreichen wie ernst es mir war. Tsukino wurde kreidebleich und drehte sich als Antwort direkt um zum Gehen. Offenbar war meine Vorstellung überzeugend gewesen. Und ein weiteres Mal hatte ich keinen Schimmer, wie viel Einfluss das Monster in mir auf meine aufkeimenden Gefühle des Hasses hatte.

Ich kehrte in mein Zimmer zurück um mich umzuziehen. Wieso genau hatte sie mich überhaupt aufgeweckt? Heute musste ich nicht zum Training. Die Tage zuvor, als ich frei hatte, hatte man mich auch ausschlafen lassen. Vermutlich hatte Tamaki erkannt, das er mit mir machen konnte, was er wollte, schließlich war ich sein Eigentum. Außerdem war mir nicht erklärlich, was dieses Dienstmädchen von mir gewollt hatte. Ich wusste nicht, was ich von dem Ereignis von eben halten sollte. Grimmig rubbelte ihr mir das Haar mit einem Handtuch trocken und dachte weiter darüber nach. Als mir ein Geistesblitz kam, hielt ich inne. Könnte es ein Test gewesen sein? Hatte Nowaki sehen wollen, was ich mit Tsukino machen würde? Dann dürfte es ihm keine allzu große Freude bereiten haben, dass ich sie zwar laufen ließ, dennoch ihr Leben bedroht hatte. Ich runzelte die Stirn. Die Frage war nur, ob Tsukino es freiwillig gemacht hatte, gezwungen worden war oder überhaupt eine Wahl gehabt hatte. Die ausdruckslosen Augen könnten auf ein Jutsu zurückzuführen sein.
 

Oh. Das klingt gar nicht nach dir, Naru-chan.
 

Ich seufzte unbeabsichtigt laut auf. War ja klar gewesen, dass er seinen Senf dazu geben wollte. »Verrat‘ mir, was du damit meinst«, verlangte ich von meinem Spiegelbild, als ich mein zerzaustes Haar versuchte in Ordnung zu bringen.
 

Es ist nicht deine Art dein Gehirn zu benutzen, antwortete Kyuubi und brach in heiteres Gelächter aus, dass ich deutlich in meinem Kopf hören konnte. »Du Scherzkeks«, sagte ich kühl und verdrehte die Augen. »Wie komm ich eigentlich zu der Ehre, dass du dich andauernd in meine Angelegenheiten einmischst? Früher bist du nicht so gesprächig gewesen, hast dich schön im Hintergrund gehalten«.
 

Das weißt du doch ganz genau. Vielleicht spürst du es auch nur im Unterbewusstsein, aber nach deinem süßen Gefühlsausbruch hat das Siegel Schaden genommen und niemand hat sich dazu berufen gefühlt es wieder zu stärken.
 

Ich erstarrte. Wenn er so etwas sagte, dann musste es der Wahrheit entsprechen. Allerdings konnte ich mir keinen Reim darauf machen, wieso er mir das gesagt hatte. Natürlich hatte es mich gewundert, dass Kyuubi einen solch erheblichen Einfluss auf mich hatte und mich teilweise durch Beeinflussung meiner Gedanken sogar steuern konnte. Trotzdem hatte ich ehrlich gesagt keine Sekunde geglaubt, dass es damit zusammenhing, dass das Siegel geschwächt war. Was konnte ich dagegen unternehmen, damit es nicht brach? Ich hatte nicht den Hauch einer Idee. Aber möglicherweise würde mein Vater mich noch einmal erretten, wenn es soweit war. War darauf Verlass? Auch darauf konnte ich mir keine Antwort geben. Also würde ich abwarten und Tee trinken müssen. Vorerst musste ich akzeptieren, dass Kyuubi mit meinem Gehirn nun direkt verbunden war. »Soll das eine Warnung sein?«, fragte ich ihn, während ich mich umzog. Doch ehe er mich aufgeklärt hatte, klopfte es an der Tür.

»Naruto?«, kam es besorgt von Tamaki, als herein kam ohne auf meine Erlaubnis zu warten. Aber gut, es war immer noch sein Haus.

»Guten Morgen, Wawashi-sama«, begrüßte ich ihn mit einer tiefen Verbeugung.

»Hast du nicht gerade mit jemanden gesprochen?«, fragte er nervös und ließ seinen Blick durch den gesamten Raum schweifen. Erniedrigend wie er meine Begrüßung ignorierte.

»Nein, Wawashi-sama«, antwortete ich brav und war einen kurzen Augenblick wie gelähmt. Hatte er mein Gespräch mit Kyuubi mit angehört? Die Dinge, die ich gesagt hatte, waren nicht unbedingt verdächtig. Trotz allem hielt er mich vermutlich für einen Psychopathen. Glücklicherweise fragte er mir keine weiteren Löcher in den Bauch und fuhr tapfer fort, obwohl ich merkte, dass es ihm schon wieder etwas unangenehmer war mit mir allein im Zimmer zu sein.

»Ich habe noch etwas für dich zu tun. Für heute Abend bin ich bei einem Geschäftspartner eingeladen worden. Damit meine ich jedoch nicht, dass wir Freunde sind. Ich vertraue ihm nicht, also möchte ich, dass du mich als Leibwächter begleitest«, sagte Tamaki und knetete nervös seine Finger. Wie naiv war dieser kleine Gnom eigentlich? Es war furchtbar unvernünftig einen Leibwächter gegen einen Feind einzusetzen, der einem nicht vollkommen loyal untergeben war und den man nicht einmal bezahlte. Fürchtete er sich überhaupt nicht vor der Möglichkeit, dass ich mich dem vermeintlichen Bösewicht anschloss um ihm eins reinzuwürgen?

»Wie ihr wünscht«, erwiderte ich bloß. Ich war schließlich nicht seine Mutter und dazu verpflichtet ihm mit Ratschlägen zur Seite zu stehen. Falls er glaubte, dass es eine hervorragende Idee war, dann konnte es für mich nur zum Vorteil werden. Ich würde sehen, was sich machen ließ. Dadurch, dass wir das Haus verließen, konnte ich noch einmal einen Blick auf die Umgebung werfen.

»Ich werde dir für heute Abend dann einen Kimono geben«, Tamaki lächelte matt. »Aber vergiss nicht, dass du, egal was geschieht, kein Ninjutsu oder Genjutsu benutzen darfst. Ich will nicht, dass sie dich töten«. Sei nicht so verdammt gütig zu mir, alter Mann; dachte ich bitter. »Nur Taijutsu. Hörst du, Naruto?«.
 

Nachdem ich gegessen hatte, machte ich mich auf die Suche nach Tsukino. Ich wollte unbedingt wissen, ob sie von jemand anderen manipuliert worden war. Dank der anderen Dienstmädchen hatte ich sie schnell im Badehaus hinter dem Haus gefunden. »Tsukino«, sagte ich und trat ein. Sie war dabei die Badewannen zu schrubben. Überrascht hob sie ihren Kopf und sah mich ängstlich an.

»W-woher kennst du meinen Namen?«, sie sprang hastig auf und flüchtete in den hinteren Bereich des Gebäudes. Konnte sie sich tatsächlich nicht an unsere morgendliche Begegnung erinnern? Dann war die Sache mit dem kalten Wasser sicher auch nur Mittel zum Zweck gewesen. »Was willst du von mir? Geh weg! Tu mir nicht weh!«, schrie sie. Selbst ihre Stimme war jetzt höher. Sie hatte nichts mehr von der jungen Frau, die mir am frühen Morgen noch hatte nah sein wollen. Jetzt war sie nichts weiter als ein hysterisches kleines Mädchen. Ohne ihr noch weitere Minuten zu widmen, machte ich auf dem Absatz kehrt. Was nützte es jetzt noch sich mit ihr zu unterhalten? Tsukino war jetzt nicht mehr nett und unvoreingenommen. Nun konnte ich sicher, dass alle in diesem Haus über mich und meine Eigenarten bescheid wussten. Ich brauchte nicht einmal daran zu denken hier einen Neuanfang zu beginnen. Zu Nowaki hatte ich nur zu sagen, dass er schlechte Arbeit geleistet hatte. Seine Methode war nicht perfekt. Andererseits könnte das auch daran liegen, dass es ihm jetzt egal war, ob ich wusste, wie sie vorhatten mich zu beobachten. Tsukino würde nicht der letzte Mensch hier sein, der bemüht darum war mich in eine Falle zu locken. Wenn ich aufmerksam war, dann würde es mir zweifellos gelingen, Nowaki davon zu überzeugen, dass man nicht rund um die Uhr ein Auge auf mich haben musste.

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Danke noch einmal an alle Kommentatoren vom letzten Kapitel :3

Hoffentlich hat euch dieses hier auch Freude bereitet.
 

Liebe Grüße

Porzellanpuppe

Diesmal gibt es ein Vorwort. Es ist wichtig, dass alle wissen, dass hier in diesem Kapitel Spoilergefahr besteht. Es wird etwas von Narutos Vergangenheit geklärt. Wer bisher nur weiß, dass Naruto ein Waisenjunge ist, sollte es sich überlegen, ob er das Kapitel liest.

Zudem wollte ich mich sehr herzlich bei allen Kommentatoren und Abonnenten bedanken :) Es freut mich, dass die FF Anklang findet. Ich hätte mit so viel Interesse gar nicht gerechnet.
 

Liebe Grüße,

Amakaze

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Die Sonne war längst am Horizont verschwunden, als ich mich mit Tamaki auf den Weg machte. Ich fragte mich, in was er sein Geld investierte. Anstatt sich einfach eine Sänfte oder Kutsche zu zulegen, watschelten wir im Entenmarsch durch die Straßen. Und wurden wieder angestarrt…

Nun ja, wir boten vermutlich einen ungewohnten Anblick. Ich seufzte und senkte den Blick. Mir ging es allmählich wirklich auf den Geist. Ich stand hier wie auf dem Präsentierteller. Ungeniert, wie immer, durchbohrten mich ihre argwöhnischen Augen.

»Großer Bruder!«, erklang Natsukos Stimme aus der Ferne. Ich drehte mich um hundertachtzig Grad und erblickte sie, wie sie sich mühselig durch das Gedränge zwängte.

»Wer ist die kleine Dame, Naruto?«, fragte Tamaki.

Als Natsuko schon neben mir stand, antwortete ich: »Meine kleine Schwester«. Ich brachte es nicht über das Herz zu sagen, dass sie bloß eine flüchtige Bekannte war.

»Ja, seine kleine Schwester«, bestätigte Natsuko, nachdem Tamaki uns beide skeptisch besah. Sie klammerte sich fest an meinen Arm.

»Gehst du wirklich zu dieser Feier?«, wollte sie schließlich von mir wissen und sah zu mir herauf.

»Woher weißt du denn davon?«, entgegnete ich verblüfft.

»Naruto wird mich als Leibwächter begleiten«, antwortete Tamaki statt meiner und lächelte sie freundlich an. Natsuko hob eine Augenbraue und funkelte ihn unwirsch an.

»Ich habe nicht dich gefragt, du glatzköpfiger Gnom«, fauchte sie und wandte den Blick ab. Ich war froh, dass sie kein schlimmeres Wort benutzte. Sie kannte bestimmt dutzende Wörter, die schädlicher gewesen wären. Bemerkenswert wie frech und rebellisch sie Fremden gegenüber war, die kein Recht hatten sie zu verprügeln.

»Du solltest zum Haus gehen. Es wird dunkel«, meinte ich und streichelte behutsam ihren Kopf.

»Ich will nicht. Lass mich mitkommen«, erwiderte sie und ihr Griff wurde stetig fester bis sie förmlich an mir klebte. Die Blicke der Menschen um uns herum wurden starrer. Vielleicht erwarteten sie, dass ich das kleine Mädchen von mir stieß und sie tötete. »Unglaublich sensationsgeil…«, murmelte ich und sah dann einem von ihnen direkt in die Augen. Er war nicht einmal in der Lage meinem Blick ein paar Sekunden stand zu halten und so drehte er seinen Kopf weg. Alle taten es ihm nach. Warum? Wohl kaum aus Scham…

»Du kannst nicht mitgehen. Das hier ist Teil meiner Aufgaben. Außerdem würdest du dich wahrscheinlich sowieso langweilen«, sagte ich entschieden, »Nichts darf mich heute ablenken, weißt du. Morgen kannst du mich besuchen kommen, wenn du magst und wenn Wawashi-sama einverstanden ist«. Tamaki nickte lächelnd. Natürlich konnte er nicht ablehnen. Er wollte mein Freund sein, darum konnte er Natsuko, die mir offensichtlich sehr nahestand nicht abblitzen lassen. Vielleicht wollte er auch gar nicht ablehnen. Natsuko sah traurig zu mir hoch, dann ließ sie mich los. »Einverstanden…«, sagte sie halbherzig und rannte dann davon. Ich sah ihr nachdenklich nach und seufzte leise.

Ich entschuldigte mich bei Tamaki dafür, dass ich ihn aufgehalten hatte und wir nun vermutlich einige Minuten später eintreffen würden, als vereinbart. Er winkte ab und lächelte mild. Es schien tatsächlich nichts auszumachen. Ich betrachtete argwöhnisch seinen Rücken. Machte er das wahrhaftig aus Freundlichkeit? Ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich das glauben wollte oder nicht.
 

Als wir beim Anwesen ankamen, war ich sehr von dem Gebäude angetan. Anders als die restlichen Häuser der Stadt erstrahlte es in einer frischen Farbmischung. Ich hatte keine Zeit allen Farben die gleiche Beachtung zu schenken, da Tamaki schon drängte. Er wollte wohl jegliche weitere Verspätung vermeiden um nicht noch mehr aufzufallen. Das war es jedenfalls, was ich von seinem Gemurmel glaubte zu verstehen.

»Er ist unter anderem auch Künstler«, erklärte Tamaki im Gehen, als hätte er mir die Faszination vom Gesicht abgelesen. Ich schwieg und bewunderte weiterhin im Stillen dieses grandiose Kunstwerk. Im Haus sah es genauso chaotisch, aber auf seltsame Weise auch elegant aus.

Kaum waren wir eingetreten schritt ein junger gutaussehender Mann auf uns zu. Ihm folgte mit etwas Abstand eine genauso schöne Frau. Sie hatte silbernes Haar und schokoladenbraune Augen. Tamaki und ich starrten sie an, woraufhin sie freundlich die Zähne zeigte. Sie war nicht mit den Mädchen zu vergleichen, die in Konoha wohnten. Sie war sehr schlank und sah zerbrechlich aus. Im Gegensatz zu den Frauen in Konoha, denen man ihre Kraft teilweise ansehen konnte, wirkte sie als zerspränge sie in tausend Stücke, wenn man sie zu fest anfasste. Sie war eine feine Dame. Ich schluckte verlegen. Sie sah aus, als bestünde sie aus Porzellan.

»Guten Abend, Ashikaga-san«, hauchte Tamaki, dessen Blick immer noch an der reizenden Dame hang. Er kannte also zumindest den Mann. Oder war es der Name der Frau? Doch ehe ich sie ebenso als Ashikaga-san begrüßte, erwiderte der Mann den Gruß mit einem höflichen Lächeln.

»Ich wünsche euch ebenso einen guten Abend, Wawashi-san«, sagte er und schlang seinen Arm um den Oberkörper seiner hübschen Begleiterin. Ich war der einzige, der nichts wirklich zu sagen hatte, also verneigte ich mich nur ein wenig und versuchte ein Pokerface aufzusetzen, was mir mittlerweile gut gelang. Ich war ja auch jetzt kein kleiner Junge mehr. Mit achtzehn hatte ich anfangen müssen meinen Beruf etwas ernster zu nehmen und in Zeiten, in denen es gefordert war, gelassener zu sein. Ich war kein Shinobi mehr, sondern ein Verbannter. Da ich jedoch auf den Zwerg aufpassen sollte, sollte ich besser alles anwenden, was ich in den ganzen Jahren gelernt hatte. Außerdem wollte ich dieser Schönheit zeigen, dass ich mich nicht so einlullen ließ wie mein Herr. Vielleicht würde ihr ein distanzierter junger Mann eher imponieren, als ein kleiner Schürzenjäger. Andererseits gehörte ihr Herz vermutlich diesem Ashikaga. Demnach waren meine Versuche ihr zu gefallen sowieso für die Katz.

»Darf ich fragen, wie eure liebreizende Begleiterin heißt? Ich sehe sie heute zum ersten Mal«, sagte Tamaki schließlich und küsste der Silberhaarigen den ausgestreckten Handrücken. Sie lächelte herzlich, während Ashikaga sie vorstellte: »Sie ist meine geliebte Mio. Sie ist erst vor kurzem hier in der Eisenhütte angekommen. Sie ist meine Muse. Auch ich wurde von ihrer strahlenden Schönheit verzaubert«. Er zwinkerte mir heimlich in dem Moment zu, indem auch ich sie von oben bis unten hin musterte. Ich tat so, als hätte ich es nicht gemerkt und versuchte vergebens meine Schamesröte zu unterdrücken. Ein Lachen von Ashikaga verriet mir, dass es mir misslungen war. Doch irgendwie gab er mir nicht das Gefühl, dass es etwas Schlechtes war. Nun, vielleicht erfüllte es ihn auch mit Stolz, dass jeder Mann seine Liebste begehrte, aber daran verzweifelte, sie nicht haben zu können.

»Kommt ihr beiden. Wir können uns dort hinsetzen und etwas reden«, schlug Ashikaga vor und schlenderte mit leichtfüßigen Schritten auf eine abgeschiedene Sitznische zu. Wir folgten ihm wortlos. Tamaki ließ sich mit einem erleichterten Seufzer auf dem bequemen Sofa sinken. Vermutlich taten ihm die kleinen Füße vom Gehen weh. Mio und Ashikaga taten es ihm nach und sahen mich fragend an, als ich es nicht ebenso tat. Ich kam ihrer stummen Bitte nicht nach, sondern stellte ich mich stramm zu Tamakis Seite und behielt die Umgebung im Auge. Ich hatte keine große Lust zu einer Unterhaltung. Also tat ich, weswegen ich gekommen war: Oberservieren und beschützen.

»Nun, Wawashi-san. Wer ist denn nun euer Begleiter? Auch ihn habe ich noch nicht gesehen«, wollte Ashikaga nach ein paar Minuten wissen.

»Er ist mein Diener Naruto aus Konoha-Gakure«, erklärte Tamaki stolz. Er war froh, dass er zwar keine schöne Frau, aber einen Beschützer mit bekannter Herkunft vorzuweisen hatte.

»Konoha-Gakure!«, entwich es Ashikaga überrascht und Tamaki bemühte sich nicht einmal darum nicht zu zeigen, wie ihn diese Reaktion erfreute.

»Ja. In der Tat. Mein Diener diente ehemals unter dem Hokage der fünften Generation«, sagte Tamaki.

Ganz genau. Und ich bin auch der Sohn des vierten Hokage; fügte ich gedanklich hinzu. Aber das konnte niemand von den dreien wissen. Möglicherweise hoffte ich es auch ein bisschen, schließlich war es schädlich für den Ruf meines Vaters, wenn jedermann hörte, sein Sohn war aus Konoha verbannt worden und obendrein jetzt auch Sklave in der Eisenhütte.

»Aber weshalb ist er hier?«, fragte Mio neugierig und neigte ihren kleinen Kopf nach vorne um mich über die anderen hinweg anzusehen. Sie wollte wohl, dass ich antwortete. Ich schwieg und überließ Tamaki mein Schicksal. Schließlich war ich bloß ein Angestellter von ihm.

»Nun, ich habe extra darum gebeten, dass man ihn mir als Leibwächter überlässt«, verkündete Tamaki großspurig. Erst dachte ich, dass ich in Lachen ausbrechen werde. Dann wurde mir schlagartig klar, dass es sich so in etwa vielleicht tatsächlich abgespielt hatte. Immerhin hatte man mich Tamaki übergeben. Also hatte Konoha wohl sofort einen interessierten Käufer gefunden und dieser Käufer war offenbar Tamaki Wawashi. Also hielt ich brav den Rand und versuchte meinen Herrn in seiner Behauptung zu unterstützen. Wenn er jetzt anfing zu prahlen, dann konnte es mir nur zu gute kommen.

»Er ist also nicht als Sklave in die Eisenhütte gekommen?«, fragte Ashikaga mit einem Grinsen. Glaubte er Tamaki nicht? Möglicherweise wusste er auch über meine Umstände bescheid. Aber warum sollte er? Eine Berühmtheit war ich sicher nicht, auch wenn der Neunschwänzige in meinem Körper versiegelt war. Zumindest bezweifelte ich, dass einem Mann namens Ashikaga, der an einem Ort lebte, den ich zuvor nicht gekannt hatte, mein Name etwas sagte. Tamaki hatte nicht einmal meinen Nachnamen genannt. Also entspannte ich mich, obwohl ich doch etwas panisch geworden war. Das einzige, woran ich denken konnte war, dass Tamaki es nicht vermasselte.

Tamaki schüttelte empört Kopf. »Aber nein! Naruto ist ein fähiger Shinobi. Einer der besten aus Konoha. Ich hätte nicht gedacht, dass die werte Tsunade, also der derzeitige Hokage, mir Naruto überlassen würde. Ich bin froh, dass mein Wissen interessant genug für Konoha ist«, gab Tamaki mit einem sehr seltsamen Ton in der Stimme zurück. Ich merkte, dass er bereits dabei war, dieses Gespräch für seine Geschäfte zu benutzen. Ich unterdrückte einen Seufzer und ließ meinen Blick über die Menschenmenge schweifen. Würden wir hier nun oft herkommen? War Ashikaga der Geschäftsmann, dem Tamaki nicht traute?

Lügenmärchen

Entgegen meiner Erwartungen kehrten wir erst in den frühen Morgenstunden zurück. Es war wirklich erstaunlich, wenn man bedachte, dass dieser Mann von Tamaki verachtet wurde. Allerdings bezweifelte ich nicht, dass es Mios Gesellschaft gewesen war, die er genossen hatte. Ich musste gestehen, dass ich ebenfalls beide ziemlich interessant fand. Besonders Mio hatte zu meinem Erstaunen viel über sich preisgegeben. Sie hatte erzählt, sie hätte ihre Wurzel im Reich der Erde. Dort wuchs sie gemeinsam mit sieben Geschwistern in einem kleinen Dorf auf. Damals hatten ihre Eltern sie zum Kauf angeboten, um Schulden zu tilgen. Ihre Eltern hätten das nicht gewollt, aber keine andere Wahl gehabt, weil man die gesamte Familie, die aus insgesamt zehn Köpfen bestand, zu töten drohte. Also hatten sie ihre älteste Tochter schweren Herzens hergegeben, um einen noch größeren Verlust zu verhindern. Es machte den Anschein, als sei Mio tatsächlich kein bisschen wütend auf sie und sie erklärte, sie plane einen Besuch.

Die Schilderung vollendete dann Ashikaga, als er beschrieb, wie er und Mio zueinander gefunden hatten. Ein unbeschreibliches Gefühl habe ihn eines Tages in der Eisenhütte auf den Marktplatz gezogen und da habe er dann Mio erblickt. Eigentlich, so sagte er, würde er den Sklavenhandel verabscheuen und sei nicht bereit ihn zu unterstützen. Doch Ashikaga sagte, dass er die Augen nicht mehr von ihr hatte lösen können und sie deshalb gekauft. Er hatte ihr die Freiheit geschenkt und es ihr überlassen, ob sie bei ihm blieb oder heimkehrte. Ashikaga gab zu, dass er es ein bisschen zunächst bereut habe, weil er fürchtete, sie könne sofort und für immer verschwinden. Aber sie hatte sich schnell dafür entschieden bei ihrem Retter zu bleiben und seine Muse zu werden.

Ich hatte erwartet, dass die beiden verheiratet oder zumindest verlobt waren, so wie sie aneinander klammerten. Es war durchaus mutig von ihnen nicht zu verdrängen, wie sie einander begegnet waren. Vielleicht liebten sie einander sogar, wobei ich meine Zweifel hatte. Wenn sie sich liebten, dann hätten sie vermutlich längst eine kleine Familie, ob verheiratet oder nicht. Aber das ging mich nichts an.

Um einiges interessanter wäre es gewesen, hätte Tamaki gesagt, welche Art Informationen er besaß, die für Konoha scheinbar von Bedeutung waren. Zuerst hätte ich am liebsten laut gelacht, dann hatte ich ihn ein wenig bemitleidet. Vielleicht war er davon überzeugt. Der Überzeugung, dass ein mickriges Kerlchen wie er etwas gegen Konoha in der Hand hatte. Dann hatte ich überlegt, ob er bewusst log. Wenn dies der Fall wäre, dann verdiente er zumindest für den Versuch meine Anerkennung. Ein Monster, das nicht zu zähmen war, war nutzlos. Selbst Tamaki musste das wissen. Deshalb war es weitaus schlauer, alle glauben zu lassen, dass ich hier war, weil Tamaki Wawashi eine unglaubliche Persönlichkeit war, die selbst Tsunade Ehrfurcht einflößte.

Allerdings konnte das auch nach hinten losgehen. Falls die Wahrheit ans Licht kam, würde man sich bloß über ihn lächerlich machen, wenn derjenige, dem man dieses Lügenmärchen auftischte, es als solches erkannte. Ashikaga hatte nicht erkennen lassen, ob er Tamaki Glauben schenkte. Jedenfalls hatte Tamaki keinerlei Anstalten gemacht über die besagte Information zu reden und frech gemeint, er wolle sein Leben nicht aufs Spiel setzen. Ein zunächst guter Grund, weil dem Gastgeber und seiner hübschen Begleiterin klar sein dürfte, dass Tamaki ein Feigling war. Aber hätte ein wahrer Feigling es überhaupt gewagt so etwas nur zu erwähnen, wenn sein Leben bedroht wurde? Zudem wirkte es, als wäre ich zu Tamaki geschickt worden, um ihn zu observieren oder, was viel schlimmer war, damit er Konoha keinen Ärger machte, sozusagen, um sein Schweigen zu kaufen. So oder so, ob Konoha oder Tamaki, was auch immer Ashikaga und Mio eher in Betracht zogen, einer würde am Ende wieder eine Lachfigur sein. Zweifelhaft, dass man das mächtige Konoha in diesem Fall unterschätzen würde, deshalb machte ich mir wenig Sorgen darum.

»Erlaubt Ihr mir, Euch eine Frage zu stellen?«, wandte ich mich an Tamaki. Dieser schielte über die Schulter hinweg zu mir.

»Selbstverständlich, Naruto. Was möchtest du wissen?«

»Habt Ihr die Wahrheit gesagt?«

»Hm? Was meinst du…?«, er wusste genau, was ich meinte. Trotzdem tat ich ihm den Gefallen, aber nicht zu rasch. Ich ließ mir genügend Zeit.

»Ich bin mir nicht sicher, ob ich damit nicht zu weit gehe…Ich beabsichtige nicht, Euch zu verärgern und in Frage zu stellen…«, überlegte ich laut und wartete ab, wie er darauf reagierte. Zu meiner Verblüffung hielt Tamaki inne und drehte sich zu mir um. Er versuchte ernst zu bleiben, aber in seinen Augen bemerkte ich ein seltsames und begeistertes Funkeln. Ich betrachtete ihn einige Sekunden stumm. Schließlich wurde mir klar, was in seinen Augen lag: Gier. Er wusste, dass ich Fragen stellen würde, die ihn betrafen. Er verzehrte sich geradezu danach mir zu sagen, wer er war. Ich war bloß ein Sklave, aber diese Tatsache schien er zu ignorieren und im Augenblick war ihm jeder Recht, der etwas Interesse an seiner Person äußerte. Er wollte Anerkennung. Möglicherweise wünschte er sich, dass man zu ihm aufsah, auch wenn er für einen Menschen fast schon absurd klein war. Ich konnte mir gut vorstellen, dass man in vielerlei Hinsicht auf ihn herabsah, weil er klein war. Wahrscheinlich nahmen die anderen Leute ihn nicht ernst oder täuschten es lediglich vor.

Ich spannte ihn nicht lange auf die Folter, da ich schon wieder Sympathie für ihn empfand. Beinahe lächelte ich, weil wir zwar sicherlich ziemlich verschieden waren, doch unser Problem war im Grunde dasselbe. Ich für meinen Teil war den Großteil meines Lebens verabscheut worden. Dass man mich nicht akzeptiert und respektiert hatte, war dem zu folge nur naheliegend. Ich wusste nicht, wie genau man ihn behandelte. Doch ich bezweifelte, dass es einen nachvollziehbaren Grund wie in meinem Fall gab, der Hass und Verachtung entschuldigte. Oder irrte ich mich? Sicherlich war es jämmerlich, wie er so verzweifelt nach Aufmerksamkeit schrie. Aber ich hatte als Kind auch so eine Phase gehabt und konnte dementsprechend in gewisser Weise mit ihm eben sympathisieren.

»Nun, dann wage ich es…Wawashi-sama, Ihr kennt doch hoffentlich den Grund für meine…meine…ja, meine Verbannung?« Eine unpassende Bezeichnung und irgendwie war es auch ein bisschen unehrlich. Immerhin war ich wie ein Tier verscherbelt worden.

Er sah mich still an, dann senkte er den Blick. »Ich habe gehört, was du getan hast…«

»Und Ihr habt keine Angst vor mir?«, erkundigte ich mich skeptisch, da er auf einmal wirklich ernst klang. Ich kaufte es ihm fast ab.

»Du wirst mich für töricht halten. Aber ja, manchmal fürchte ich mich vor dir. Doch das ist in Ordnung, zumindest für mich, selbst wenn es für dich sicherlich unangenehm ist. Tsunade hat mir erzählt, wie man mit dir schon in früher Jugend umgegangen ist und, dass du darunter sehr gelitten haben musst. Trotzdem bin ich ehrlich gesagt froh, dass die meisten zurückschrecken, wenn sie dich sehen. Ich habe viele Feinde, Naruto, darum muss ich ständig darauf achten, wem ich vertrauen kann und wem nicht. Ich weiß nicht, ob du dich mit deiner Situation abgefunden hast, ob das für dich überhaupt möglich ist. Ich denke nicht, dass du vor Freude bei der Vorstellung platzen möchtest, weil du für mich jetzt arbeiten darfst. Aber du wirst diesen Ort niemals verlassen können und ich schätze, dass du nach einer Weile vielleicht nicht mehr so arg Heimweh hast, wenn du dich zumindest bemühst mit der Realität klar zu kommen«.

Heimweh? Natürlich sehnte ich mich nach meinem zu Hause. Selbst wenn ich viel Schmerz und Einsamkeit mit dem Dorf verband, so hatte es mir gleichzeitig viele Freunde und schöne Erinnerungen beschert. Ich war mir bewusst, wie die Wirklichkeit aussah. Ich war jetzt nicht mehr der fröhliche kleine Optimist, der felsenfest davon überzeugt war, dass Konoha ihn irgendwann wieder mit offenen Armen empfing. Ich war gescheitert und eine Heimkehr war ausgeschlossen. Zu spät für mich. Wenn ich nicht wünschte durch die Hand meiner ehemaligen Freunde zu sterben, dann durfte ich keinen Fuß mehr in das Dorf setzen. Trotzdem war es nicht notwendig, mich mit meinem Dasein als Sklave abzufinden und zufrieden zu geben. Mein Vergehen war nicht so verwerflich, dass ich den Rest meines Lebens meine Schuld begleichen musste. Jedenfalls sah ich das so.

»Was ich eigentlich wissen möchte, ist, ob ihr gelogen habt? Hat mich Konoha an Euch gegeben, weil Ihr bedeutendes Wissen besitzt?«

Tamaki sah mich still an, dann setzte er den Weg fort. »Wie ich bereits sagte, habe ich viele Widersacher. Die Frage auf offener Straße entweder zu bejahen oder zu verneinen, wäre doch mehr als dumm. Nicht wahr, Naruto?«

Ich gab ihm Recht und wusste gleichzeitig die Antwort: Es war kein Bluff. Die Erkenntnis war gleichsam ernüchternd und beunruhigend. Ich hatte schon befürchtet, ich sei Teil eines perfiden Plans des Dorfes schmutzige Geheimnisse vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Meine Befürchtung bewahrheitete sich. Ich war Schmiergeld.
 

Etwa zwei Stunden Ruhe gönnte man mir, bevor ich wieder eher ruppig aus dem Schlaf gerissen wurde und mich fast unmittelbar an die Arbeit machen musste. Ich empfand es als Erleichterung, dass die Arbeit heute so verdammt anstrengend war. Damit konnte ich die grausame Wahrheit für eine Weile vergessen. Zunächst grub ich das Erdreich um und begann dann verschiedene Blumen und Bäume einzupflanzen. Ich vertiefte mich so gut es ging in die Arbeit und es funktionierte ganz prima.

Am Mittag wagte ich schließlich eine Pause, weil ich sonst vermutlich unter der gnadenlosen Sonne zusammen gebrochen wäre.

Ich setzte mich in den Schatten auf eine der Marmorbänke und ließ meinen Blick über den Garten schweifen. Ehe ich wieder an den Morgen dachte, spürte ich die Präsenz von jemand hinter meinem Rücken. Ich sprang auf und fuhr herum.

Zum Glück hatte ich keine Kunais, sonst würde jetzt wahrscheinlich eines genau zwischen Natsukos Augen stecken. Ein diebisches Grinsen breitete sich in ihrem Gesicht aus und sie fragte mich erfreut, ob sie mich erschreckt hätte.

»Ziemlich«, gestand ich. »Ich habe mit dir absolut nicht gerechnet…«.

Sie verzog nun enttäuscht das Gesicht, was kurz meine Besorgnis erregte. Hatte ich etwas Falsches gesagt? Doch zu meiner Erleichterung meinte sie nur, dass es lustiger wäre, wenn ich es abgestritten hätte.

Als wir nebeneinander saßen und ich ihr ein paar meiner Reisbällchen gegeben hatte, da ihr Magen so furchtbar knurrte, unterhielten wir uns.

»Freust du dich denn auch auf das Festival, großer Bruder?«, fragte sie fröhlich und biss hungrig in das vierte Reisbällchen. Sie war ein kleiner Vielfraß, aber es war nicht verwunderlich.

»Festival?«, hakte ich nach und nahm noch einen kräftigen Schluck aus meiner Flasche. Sie nickte eifrig und ihr Lächeln wurde größer.

»Ich spreche von dem großartigen und alljährlichen Drachenfestival«, erwiderte sie. »In dieser einen Woche wird die Eisenhütte ein schöner Ort. Die Reichen veranstalten Maskenbälle, es gibt auf dem Markplatz einen Jahrmarkt, es gibt einen Umzug durch die Hauptstraße und jeden Abend ein großes Feuerwerk. Ich wette, dass der Winzling deshalb seinen Garten auf Vordermann bringt. Er will sicher nicht abstinken… Im Grunde genommen werden nur unsere Herren ihren Spaß haben. Das einzige, an dem wir irgendwie teilhaben können ist der Umzug und das Feuerwerk, weil beides kostenlos ist«.

Ich hörte ihr aufmerksam zu. Es war für mich eine Überraschung, dass es solche Feste in der Eisenhütte gab. Nicht, dass sie mir dadurch irgendwie sympathischer wurde. Lieber setzte ich anderweitig unser Gespräch fort.

»Du scheinst Tamaki nicht leiden zu können«, merkte ich an und war gespannt auf ihre Antwort.

»Wieso? Magst du ihn? Wenn du ihn magst, großer Bruder, dann mag ich natürlich auch!«, gab sie schnell zurück und sah mir forschend in die Augen.

Ich lächelte freundlich und tätschelte ihren Kopf. »Darum geht es hier nicht. Ich möchte deine ehrliche Meinung hören«.

»Du wirst es ihm nicht sagen?«, fragte sie vorsichtig.

»Gegenfrage: Glaubst du das denn?«

Sie schüttelte heftig mit dem Kopf und umarmte mich mit ihrem kleinen, dürren Körper. »Aber nein! Du bist der einzige, dem ich vertraue, großer Bruder!«

Das stimmte mich irgendwie glücklich, selbst wenn es mich ebenso noch mehr unter Druck setzte. »Wenn das wahr ist, dann verrate mir, wieso du ihn nicht leiden kannst«.

Sie löste sich von mir und sprang von der Bank. Ich sah zu, wie sie ihre Hände im Rücken zusammenfaltete und nun nervös umher wanderte. Fast lachte ich über das ernste Gesicht, dass sie machte. Doch ich riss mich zusammen, um sie nicht zu verunsichern und an meiner Aufrichtigkeit zweifeln zu lassen.

»Zunächst sollte ich erwähnen, dass ich sie alle ausnahmslos hasse. Also, ich rede jetzt von den Sklavenhaltern… Aber Tamaki Wawashi hasse ich am meisten…«, sie stockte und sah sich suchend um.

»Wenn es dich in Schwierigkeiten bringen kann, dann sag‘ lieber nichts«, meinte ich.

»Es muss gesagt werden! Ich will nicht, dass dieser Abschaum dich an der Nase herumführt. Er ist Sklavenhändler, großer Bruder. Das ist natürlich hier nichts Außergewöhnliches. Trotzdem finde ich ihn abscheulicher, als alle anderen. Er ist ein feiges kleines Schwein und doch nimmt er sich das Recht Menschen ihren Familien zu entreißen und sie zu verschachern…«

Ich sah sie überrascht an. Tamaki war auch Sklavenhändler? Es war mir im Grunde ziemlich egal, dennoch bereitete es mir ein gewisses Unbehagen. Ich wollte zuerst etwas sagen, merkte dann aber, dass sie noch nicht fertig war.

»Ich erinnere mich noch, dass er es war, der mich in die Eisenhütte brachte. Zur falschen Zeit, am falschen Ort. Ich hatte einfach Pech, als er mich schnappte und in seinen Transporter packte. Ich hasse sie, aber die meisten vergessen wenigstens nicht, ob sie wollen oder nicht, wen sie verkauft, wessen Leben sie zerstört haben. Das kleine Monster hat vergessen, dass es mich zu einem jämmerlichen Preis verdingt hat«, in diesem einzigen Augenblick stand kein Kind mehr vor mir. »Meine Existenz ist so…«,ein Schluchzen entrann ihrer Kehle. »bedeutungslos. Er ist gewissenlos…«

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Vielen Dank an die vielen Abonennten und die fleißigen Kommentatoren. Ich hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat. Ich versuche definitiv in den Ferien weiter voran zu kommen.
 

Liebe Grüße

Fuchsdämon

Nach einer Woche neigte sich die Gartenarbeit schließlich dem Ende zu. Ich musste lediglich die Werkzeuge wegräumen, dann war ich erlöst. Zumindest würde ich mir für fünf Minuten einbilden dürfen, dass die Arbeit damit abgeschlossen war. Als ich die Werkzeuge in den Schuppen zurück gebracht hatte, hatte ich entschieden, dass ich nicht sofort loslaufen und Tamaki melden musste, dass es vollbracht war. Er würde mir nur die nächste lästige Aufgabe geben. Also legte ich mich ins Gras unter einen uralten Baum und ließ es mir ein wenig gut gehen. In der vergangenen Woche hatte ich nicht viele Gelegenheiten gehabt darüber nachzudenken, wie ich der Eisenhütte entrinnen konnte. Ich hatte keine Chance gehabt das Grundstück zu verlassen und die Stadt näher unter die Lupe zu nehmen. Tatsächlich hatte ich mit dem Gedanken gespielt Natsuko meinen Plan zu offenbaren, doch mir das sehr schnell wieder aus dem Kopf geschlagen. Wenngleich Natsuko recht reif für ihr Alter war, war sie immer noch ein schwaches kleines Mädchen. Ich konnte ihr unmöglich diese Verantwortung überlassen und dabei riskieren, dass sie, falls alles aufflog, in Lebensgefahr schwebte. Außerdem konnte ich wohl kaum meine Absichten leichtfertig preisgeben, da Nowaki immerhin versprochen hatte jeden meiner Schritte genau zu beobachten. Also war ich vollkommen auf mich allein gestellt, auch wenn mir mittlerweile bewusst war, dass ich ohne Natsuko gar nicht gehen konnte. Ich war selbst auf ein Neues verblüfft, wie schnell ich andere ins Herz schloss. Jedenfalls akzeptierte es nicht, dass ich den Egoismus frönte und hatte kurzerhand beschlossen, dass ich mich fortan um Natsukos Wohlergehen sorgte. Danke, liebes Herz, für die zusätzliche Belastung. Jetzt nahm ein neuer Schwur den Platz des alten ein: Natsuko wird mit mir kommen, selbst wenn wir bei unserer Flucht gezwungen sind eine Blutspur zu hinterlassen… Mir lief es bei diesem Gedanken eiskalt den Rücken hinunter. Die hohe Gewaltbereitschaft, die ich seit einer geraumen Zeit an den Tag legte, erstaunte mich unaufhörlich. Ich hatte meine Schwierigkeiten mich an sie zu gewöhnen. Vage erinnerte ich mich an eine Zeit, in der sich mir ein breiteres Spektrum an Möglichkeiten geboten hatte, als kaltherzig ohne weiteres Abwägen zu entschieden, dass alle, die auf die absurde Idee kamen uns die Freiheit zu verweigern, gefälligst zu verrecken hatten. Beinahe geriet ich in Versuchung Kyuubi zu fragen, wie viel Einfluss er auf diese Entscheidung gehabt hatte. Damit würde ich ihm nur Freude bescheren – was bestimmt nicht mein Ziel war. Obwohl Kyuubi behauptet hatte, er könne meine Gedanken lesen, schwieg er ausnahmsweise. Gleichzeitig bereitete es mir Unbehagen, denn sein Schweigen konnte kein gutes Omen sein. Die ganze letzte Woche hatte er sich aus dem Nichts ungefragt in meinem Kopf breit gemacht und mich fast in den Wahnsinn getrieben. Ich hatte bereits Kostproben seines Humors bekommen, doch seine kleinen Spielchen hatten einen neuen Level erreicht. Scheinbar langweilte er sich zunehmend. Nun musste ich fürchten, dass er etwas ausheckte.

»Du solltest hier nicht so faul herumlungern. Glaube mir, diese kleine Pause war es nicht wert, wenn der Herr dich dafür später auspeitschen lässt«, knurrte Asami verächtlich. Ich setzte mich auf und erwiderte ihren Blick gereizt. Irgendwie hatte ich im Verlauf meiner Arbeit das Vergnügen gehabt die Bekanntschaft der anderen Sklaven zu machen. Ich blieb auch nicht vor Asami verschont. Im Gegensatz zu den anderen Dienstmädchen huschte sie nicht von dannen, wenn sich unsere Wege kreuzten. Ihre Furchtlosigkeit war jedoch die einzige Facette ihrer Persönlichkeit, die ich zu bewundern wusste. Ansonsten verfluchte ich sie die meiste Zeit über. Sie war das einzige Hassobjekt, das ich mir ohne Gewissensbisse gönnen konnte, denn der Hass beruhte auf Gegenseitigkeit. Ich wusste zwar nicht, was ich ihr getan hatte, doch ich verschwendete mein Leben nicht damit den Ursprung zu ergründen. Ich war es leid. Es war sicher keine neue Erkenntnis für mich, dass Menschen immer Gründe für ihren Hass fanden. Das konnten sie gut.

Bevor ich etwas entgegnete, entdeckte ich Tsukino, die in sicherer Entfernung auf Asamis Rückkehr wartete.

»Was, wirst du mich verraten?«, fragte ich scharf ohne den Blick von Tsukino abzuwenden. Tsukino ängstigte sich am meisten vor mir, dabei hatte ich nichts getan. Wahrscheinlich war sie generell ein furchtsamer Mensch. Doch es änderte nichts daran, dass ich mich dreckig fühlte. Ich hasste es, so zu empfinden. Die Bedeutung dieser Empfindungen war, dass es mir noch lange nicht gelungen war zu begreifen, dass ich niemals anders behandelt werden würde. Eine traurige Lehre, die ich aus meinem jungen Leben zog. Die Leute würden ewig schlecht über mich reden, selbst wenn ich halb umkommen würde bei dem Versuch ihnen zu gefallen. Demnach sollte ich aufhören mich für alles verantwortlich zu fühlen und die Leute sich in ihren Emotionen suhlen lassen wie es ihnen gefiel.

Ich hatte einiges von Asamis kleiner Rede verpasst. Als ich schließlich aufhörte mich meinem Selbstmitleid hinzugeben, bekam ich gerade den Schluss mit.

»Also ja, ich werde dich beim nächsten Mal melden, Naruto. Ich kenne meine Pflichten! Aber ich bin kein schlechter Mensch, darum belasse ich es diesmal bei einer Verwarnung«, sagte sie und schien mit sich selbst und ihrer Großzügigkeit zufrieden zu sein.

»Ich bezweifle, dass Wawashi-sama mich auspeitschen würde«, verkündete ich selbstgefällig und verkniff mir hinzuzufügen, dass er das nicht wagen würde, sofern er sein Leben schätzte.

Asami verschränkte ihre Arme und sah mir tief in die Augen. Möglicherweise wollte sie sich davon überzeugen, dass ich nur heiße Luft von mir gab. Während wir uns so anstarrten, begutachtete ich die Narben in ihrem Gesicht. Entweder hatte Asami irgendwann einmal einem brutalen Menschen gedient oder Tamaki fasste mich mit Samthandschuhen an. Vielleicht stammten die Narben auch aus einer Zeit, in der auch Asami aufmüpfig gewesen war und davon träumte irgendwann diesem Albtraum, dass sich Leben schimpfte, zu entfliehen.

»Hör mal, Naruto. Du magst glauben, du seist der Mittelpunkt des Universums und jeder würde dich für dein Gehabe lieben. Gut möglich, dass du annimmst, du seist besser als der Rest von uns. Gleichwohl lass dir sagen, dass ich das nicht hinnehme. Scheinbar bist du dir nicht bewusst, dass dich hier niemand leiden kann und dass man dich nicht aus Ehrfurcht, sondern aufgrund von Angst und Hass, meidet«, erwiderte sie aufgebracht.

Ich musste ihr leider in allen Punkten widersprechen. »Du hast keine Ahnung«, meinte ich knapp und blickte geradewegs an ihr vorbei ins nichts. Man konnte ihr nicht übelnehmen, dass sie mir unterstellte, ich wäre mir des ganzen Hasses nicht bewusst. Sie kannte mich schlicht und ergreifend nicht. Ich machte mir keine Mühe den schlechten Eindruck zu korrigieren, den ich gemacht hatte. Es störte mich nicht, dass Asami mich nun für ein arrogantes Arschloch hielt.

Tamaki war begeistert von seinem Garten und er lobte mich in den Himmel. Zum Glück war das vorerst die letzte Arbeit, die mich ans Haus fesselte. Morgen würde ich verschiedene Besorgungen erledigen und niemand würde es stutzig machen, wenn ich erst am späten Abend zurückkehrte. Es waren zum Teil Besorgungen, die genauso gut das restliche Personal machen könnte, doch ich beschwerte mich nicht, schließlich wusste ich nicht, wann ich noch einmal eine solche Gelegenheit bekommen würde. Tamaki erklärte mir, dass er nicht wollte, dass seine Dienerinnen belästigt wurden, deshalb schickte er sie ungern auf die Straße.
 

Am darauffolgenden Tag machte ich mich schon morgens auf dem Weg. Ich hatte auf Frühstück verzichtet, denn ich hatte keine Lust mit den anderen Dienern an einem Tisch zu sitzen. Wahrscheinlich tat ich ihnen und mir damit einen großen Gefallen. Ich überlegte, ob es nicht sowieso besser war, wenn ich von nun alleine mein Essen zu mir nahm. Niemand würde sich beklagen und Tamaki schien es auch egal zu sein, ob wir alle einander mochten oder nicht. Darum würde mich wohl keiner daran hindern. Nun, vielleicht würde Asami wieder meckern und mir vorwerfen, ich würde mich für etwas Besseres halten und deshalb nach spezieller Behandlung fordern. Ich seufzte bei der Vorstellung. Wir kannten einander nicht einmal lange und ich konnte schon voraussehen, wie sie reagieren würde. Es war auch keine Fähigkeit, die ich zu besitzen wünschte, denn ich hatte kein Interesse daran Asami gut einschätzen zu können. Wozu auch? Ich konnte diese Kratzbürste nicht leiden. Wenn man bedachte, dass ich vor einigen Jahren in Sakura verliebt war und lange Zeit blind vor Liebe darüber hinweggesehen hatte, dass sie mich wie Dreck behandelt hatte, kam diese Erkenntnis unerwartet. Möglich, dass es für mich doch noch nicht zu spät war ein schlauer Junge zu werden. Jedenfalls war es weiser sich von den anderen fernzuhalten, damit es nicht eines Tages blutig wurde. Nicht ratsam meine Abneigung gegen Asami noch zu vertiefen, die schließlich jetzt schon in Hass geendet hatte. Ich wusste, dass niemals wieder jemand sich in Sicherheit wiegen konnte, sobald er mich zur Weißglut getrieben hatte.
 

Rette sich wer kann, oder Naru-chan holt euch!
 

Ich fluchte mitten auf der Straße und ein Pärchen starrte mich ehrfürchtig an, bevor sie sich schnell wie die Mäuse aus dem Staub machten. »Sei so nett und hör auf zu lachen, ich kriege Kopfschmerzen«, zischte ich so leise wie möglich. Doch sein Lachen wurde ausgelassener. Ich schnaubte verärgert. Was hatte ich eigentlich erwartet?
 

Tut mir leid, Naru-chan, aber ich konnte einfach nicht länger schweigen. Du bist wirklich entzückend.
 

»Und bist du nicht seit unserer Verbannung schwer fröhlich? Früher warst du anders…und vor allem leise«, flüsterte ich und runzelte die Stirn. Es war lächerlich mich mit mir selbst zu unterhalten, doch ich hatte keinen Nerv dafür noch mein Gehirn mit meinen Gedanken zu füllen. Ich musste sie aussprechen, weil ich das Gefühl hatte, dass mein Kopf sonst platzen würde. Jetzt, wo Kyuubi sich wieder entsetzlich breit gemacht hatte, war da einfach kein Platz für mich.
 

Wieso sollte ich mich auch nicht freuen? Ich will genauso wie du meine Freiheit zurückerlangen. Ich, der bereits seit achtzehn Jahren ein Gefangener ist. Es tut mir leid, dass ich dir keinen Trost spenden kann. Aber wenn die Eisenhütte dein Gefängnis ist, dann bist du meines. Verrate mir, weshalb ich keine Luftsprünge machen darf, wie jeder andere, wenn Freiheit keine Utopie mehr ist. Da niemand dein Siegel wieder stärken wird, sieht es düster für dich aus. Ich werde nicht zögern dich aus der Gegenwart zu radieren. Du bist mir nicht unsympathisch und ich wünschte manchmal, es wäre so. Doch ich gebe mich nicht mehr mit diesem Leben zufrieden, Naruto. Also gib auf, dir bleibt in dem Diesseits sowieso nichts mehr.
 

Mir lief ein kalter Schauer den Rücken hinunter, doch ich verstand ihn gleichzeitig. Vorstellbar, dass es kein Vergnügen war im Körper eines pubertierenden Jungen fest zu sitzen. Allerdings musste ich mich hüten, denn das war nun eine offizielle Kriegserklärung. Kyuubi hatte natürlich nie wirklich in Betracht gezogen, dass wir als Team zusammen arbeiten. Das war mir klar gewesen, aber sie so unverblümt von Kyuubi selbst zu vernehmen, war erschreckend und ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Ich musste hier heraus und jemand finden, der das Siegel wieder in Ordnung brachte. Ich musste den Wettlauf gegen die Zeit gewinnen. Tief durchatmend setzte ich meinen Weg fort. Keine Zeit verlieren, Naruto.
 

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Na ja, das war es jetzt auch schon wieder. Ich hoffe, das Kapitel hat euch gut unterhalten. Ich wollte im Übrigen mich erkundigen, ob das Erzähltempo in Ordnung ist. Also, ob es euch nicht stört, dass ich mich zuerst einmal auf Narutos Leben in der Eisenhütte konzentriere und es nicht besonders actionreich ist. In diesem Sinne muss ich ankündigen, dass dies hier (vermutlich) niemals eine FF werden wird, in der es zu übermäßigen Kämpfen kommt. Nun, da "Action" ja auch nicht unter den Genren aufgelistet ist, denke ich mal nicht, dass jemand mit falschen Hoffnungen die FF liest :) Ich will nur mal checken, ob noch alles zu eurer Zufriedenheit ist. Also ich selbst bin noch eigentlich zufrieden, obwohl echt im nächsten Kapitel einen Zahn zulegen will. Keine Bange, es wird in nicht allzu fernen Kapitel etwas spannender werde (hoffe ich xD). In der vorigen Version von "Dienen" ging alles etwas zu schnell von statten, sodass ich hier mir ein bisschen mehr Zeit lasse...Argh, was auch immer...

Schreibt mir einfach etwas im Kommentar, falls euch irgendetwas auf dem Herzen liegt.
 

Liebe Grüße,

Amakaze
 

P.S.: Danke für die Kommentare und Abos! :)

Zerbrochen

Als die Dämmerung schließlich einsetzte, entschloss ich mich dazu, es für heute gut sein zu lassen. Bald würde ich sowieso nichts mehr erkennen können. Meine Energie und Zeit hatte ich heute auf die westliche und südliche Seite der Eisenhütte verwendet. Mir war ganz schwindelig geworden, als ich das Labyrinth aus schmalen Gassen durchkämmt hatte. Zwischenzeitlich hatte ich mich gefragt, wie ich um alles in der Welt zurück zu finden hoffte. Die Eisenhütte war tatsächlich ein dreckiges Monstrum. Mein Streifzug hatte zwar meinen Horizont erweitert und meine Abscheu vergrößert, doch die erhofften Ergebnisse waren ausgeblieben. Ich war die ganze westliche und südliche Mauer entlang gegangen, doch sie war makellos gewesen. Sie war von Kratzspuren überzogen, die vermutlich von allerhand Werkzeugen stammten. Allerdings konnte ich mein Gehirn nicht davon abhalten sich einzubilden, wie Menschen mit bloßen Händen versuchten diese Mauer zu überwinden. Mir drehte sich bei dieser Vorstellung, dass diese Kratzer von menschlichen Fingernägeln stammten, regelrecht der Magen um.

Wie auch immer, ich würde etwas mehr einsetzen müssen, um in die Freiheit zu gelangen. Vielleicht ein Jutsu oder Sprengstoff. Allmählich wurde mir bewusst, dass eine leise Flucht ausgeschlossen war, zumindest der Erkundung dieses Tages zufolge. Bei nächster Gelegenheit würde ich mir dann noch den Norden und Osten vorknöpfen, aber optimistisch gestimmt war ich nicht gerade. Doch ich wagte es bloß schwerlich im Stillen auszusprechen. Ein Aufstand schien die einzige Lösung im Augenblick zu sein. Falls Nowaki jeden selbst aus weiter Entfernung töten konnte, dann musste selbstverständlich erst einmal dieses Hindernis aus dem Weg geschafft werden. Allein war ich nicht dazu in der Lage, vor allem wenn Nowaki Augen und Ohren überall hatte. Ich konnte allenfalls Natsuko vertrauen. Doch ihr Vertrauen war relativ nutzlos, da sie bloß ein kleines Mädchen und dadurch keine Hilfe war. Rein rational betrachtet, war sie weiterer Ballast, emotional gesehen von großer Bedeutung. Es war vollkommen sinnlos jetzt zu überlegen, welche Betrachtungsweise für mich besser war. Dazu war es noch zu früh. Nicht lohnenswert sich darüber den Kopf zu zerbrechen, wenn mir gerade erst aufgefallen war, dass die Flucht noch schwieriger werden würde, als ich es mir bislang ausgemalt hatte.

Auf dem Rückweg vergeudete ich keine weiteren Minuten mehr. Ich hatte mich für heute an dieser hässlichen Stadt satt gesehen. Verständlich, dass Natsuko sich so auf das kommende Festival freute. Wahrscheinlich war es das einzige, das das Leben hier für eine kurze Dauer lebenswert, oder zumindest einigermaßen normal machte. Ich schnaubte verächtlich bei diesem Gedanken. Natsuko war ein kleines Kind. Was wusste sie schon? Wenn wir erst einmal von hier weg waren, dann würde ich ihr all die schönen Orte zeigen, die ich kannte. Schöne Tempelanlagen, das Meer und Städte mit Festlichkeiten, die ihr wirklich den Atem verschlagen würden. Ich lächelte müde.
 

Meinen Erwartungen gemäß fiel es mir schwer mich zu orientieren. Alle Gebäude glichen sich im Halbdunkeln. Nach einer Weile hielt ich schließlich inne. Es machte keinen Sinn umher zu wandeln ohne einen Hauch von Ahnung zu haben, wohin ich gehen musste. Ich seufzte und lehnte mich ratlos an eine Hauswand. Aus östlicher Richtung drangen die Geräusche der Werke zu mir herüber. Ihr Lärm sollte geradezu ohrenbetäubend sein, doch hier an meinem Standpunkt klangen sie wie ein kleines Flüstern. Ich konnte nicht fassen, dass sie so fern schienen. Ich schaute mich um und hoffte, dass ich vielleicht jetzt, wo ich mich beruhigt hatte, einen kleinen Anhaltspunkt finden würde, der mich zu Tamakis Anwesen geleitete. Doch die Umgebung war vollkommen unbekannt und ich wurde panisch. Ich überlegte, ob Tamaki es möglicherweise eigenartig vorkommen würde, wenn ich erst sehr spät zurückkehrte. Zugegeben, ich plante die Flucht und hatte heute die Stadt nach möglichen Fluchtwegen abgeklappert, aber trotzdem… Ich konnte nur hoffen, dass Tamaki nicht fälschlicherweise glaubte, ich hätte die Chance genutzt und die Flucht ergriffen. Gewiss würde er mir Nowaki und seine Männer auf den Hals hetzen. Es war von Anfang an klar gewesen, dass diese Besorgungen mich bis zum Abend beanspruchen würden, doch die Geschäfte schlossen lange vor Sonnenuntergang. Mittlerweile war ich umgeben von Dunkelheit und bloß ein paar wenige kleine Laternen erhellten die Straße. Ich fasste mir an den Kopf und knurrte. Warum konnte ich mich nicht erinnern, wo es lang ging?
 

Du musst rechts gehen bis zum Ende der Straße, dann links. Danach die nächste Straße schon wieder rechts…
 

Ich erstarrte und lauschte. Beabsichtigte der Fuchsdämon mir tatsächlich zu helfen? Etwas misstrauisch verharrte ich noch einen Augenblick an Ort und Stelle. Allerdings setzte ich mich dann rasch in Bewegung. Manchmal war ich es einfach Leid nach einer Erklärung für sein launisches Verhalten zu suchen.

Ich folgte Kyuubis Wegweisungen stumm und gehorsam bis ich aus dem Nichts ein Schluchzen vernahm.

Geh weiter, wies mich der Fuchsdämon barsch an und ich konnte ein Seufzen hören. Tatsächlich kämpfte ich kurz dagegen an den Ursprung ausmachen zu wollen, doch letztendlich gelang es mir nicht es zu ignorieren. Denn bald wuchs das leise Wimmern zu einem elendigen Jammern an. Es brach mir das Herz, auch wenn es mir gleichzeitig merkwürdig erschien. Anscheinend wollte der Unglückliche gefunden werden. Aber war ich dumm genug nachzusehen? Ich zögerte einen Moment, dann drehte ich mich um. Wenn ich mich nicht täuschte, dann hockte das Häufchen Elend irgendwo in der Gasse zu meiner linken. In der Dunkelheit konnte ich mich allein auf mein Gehör verlassen und Kyuubi, doch der war nun wieder verstummt. Es bedurfte nicht einmal großer Anstrengung die Person zu orten, denn das penetrante Gejammer war deutlich zu hören.

An meinem Ziel angelangt fand ich Mio, Ashikagas Muse, vor. Vermutlich starrte ich sie völlig entgeistert an, bevor ich mich zu ihr herunterkniete. Sie schüttelte wie von Sinnen ihren Kopf, während sie ihre Schuhe auf mit all den Kräften, die ihr zierlicher Körper aufzubringen vermochte, auf den Bürgersteig. Ich betrachtete sie. Ihr Kimono war vollkommen verdreckt, als habe sie sich auf dem Boden gewälzt. Ich war überrascht festzustellen, dass ihre Schuhe ebenfalls hinüber waren. Sie besaß mehr Kraft in ihren Armen, als man auf den ersten Blick annahm. Vielleicht hatte ihr aber auch ihr Gemütszustand zusätzliche Stärke geschenkt.

»Ich glaube nicht, dass das der geeignete Ort für Euch ist«, sprach ich sie höflich an. Ihr Zustand war tatsächlich besorgniserregend und da sie jeden Passanten mit Leichtigkeit hierher locken hätte können, war ich froh, dass ich sie zuerst gefunden hatte. Was trieb sie um diese Uhrzeit auf der Straße?

Sie schniefte und sah zu mir auf. Ich gestehe, ich war entsetzt ihr Gesicht zu sehen. Mio war in diesem Augenblick nicht die strahlende Schöne, die ich vor kurzen kennen gelernt hatte. Sie weinte nicht schön, wie man verführt war zu glauben. Sie weinte, wie ein kleines Kind. Dicke Tränen kullerten unkontrolliert ihr Gesicht herab und es kümmerte sie offenbar herzlich wenig, dass ihre Nase lief. Ihr Anblick versetzte mir einen Stich ins Herz. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, griff ich in meine Hosentasche und reichte ihr ein Stofftaschentuch. Sie entriss es mir ohne zu zögern und versteckte ihr kleines, zierliches Gesicht dahinter und schnaufte hinein. Es war ein sehr lautes, unangenehmes Geräusch. In diesem Augenblick schien sie nicht die Porzellanpuppe zu sein, sondern ein Mensch. Als wäre ihre Hülle aus Porzellan zersprungen und hätte ihr wahres Gesicht hervorgebracht. Ich empfand eigenartiges Unbehagen darüber.

Nach einer Weile erweckte es den Anschein, als ob sie sich allmählich beruhigte. Obwohl es mich brennend interessierte, verkniff ich mir die Frage nach dem Grund für ihren Zusammenbruch. Stattdessen schlug ich ihr vor, sie nach Hause zu bringen.

»Bitte, nicht«, flehte sie mit schriller Stimme, dann stockte sie ganz plötzlich. Mio schien erschrocken über sich selbst zu sein. Ihr Blick wanderte zum Boden und sie erklärte mir rasch, dass sie ihm in ihrem derzeitigen Zustand nicht unter die Augen treten könne. Also war Ashikaga nicht ihr Problem?

»Mio-sama, ich denke, es wäre nichtsdestotrotz besser, wenn ich Euch zu Eurem Hause begleite. Es ist schon spät und äußerst gefährlich«, erwiderte ich und erhob mich. Aufmunternd lächelnd bot ich ihr meine Hand, damit sie sich daran hochziehen konnte, doch sie schlug sie plötzlich erzürnt weg.

»Ich sagte, dass ich so nicht zurückkehren werde. Wenn du mir keine Gesellschaft leisten willst und nicht unbedingt einen weiteren Kimono bei dir trägst, dann schlage ich vor, dass du gehst«, Mio wandte den Blick von mir ab und verschränkte die Arme vor der Brust. »Du bist schließlich nicht verantwortlich für mich«.

Ich begriff ihre Sturheit nicht. Am liebsten wäre ich jetzt wirklich gerne ohne ein weiteres Wort verschwunden – sollte sie doch sehen, wie sie allein zurechtkam. Aber erstens hatte sie mich noch nicht so sehr abgestoßen und zweitens kam mir eine Idee. Warum die reizende Mio nicht als Alibi benutzen?

»Mio-sama, Seid bitte nicht so…stur«, murmelte ich zögerlich. Kaum hatte ich begonnen zu sprechen, schnitt sie mir das Wort – sehr wütend- ab.

»Du kannst dir diese höfliche Anrede sparen, Naruto! Meine Stellung in dieser abscheulichen Gesellschaft ist die gleiche wie deine!«, fauchte sie.

»Aber…«, ich täuschte einen letzten Widerspruch vor und wartete auf ihre Reaktion.

»Na fein, wenn du dich unbedingt aufdrängen willst. Doch ich will nicht zu Ashikaga, also denk dir was Besseres aus«, meinte sie und seufzte ausgiebig.

»Dann kommt doch einfach zum Haus meines Herrn; er wird sich gewiss freuen Euch zu sehen«, sagte ich lächelnd. Sie hob eine Augenbraue und legte den Kopf schief. Schließlich stand sie auf und folgte mir.

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Danke für's lesen :D

Ich hoffe, es hat euch gefallen. Tut mir leid, dass es wieder einmal so lange gedauert hat,

doch irgendwie konnte ich nichts zu Blatt bringen.
 

Liebe Grüße

Täuschung

Mio hatte auf dem gesamten Rückweg kein Wort gesagt, was mich irgendwie nicht gewundert hatte. Ich hatte nicht den Hauch einer Ahnung, was vorgefallen war und mir war Mio keine Erklärung schuldig, auch wenn es mich nicht weniger interessierte, als vor zehn Minuten. Doch ich konnte schwer eine Erklärung verlangen, die mir nicht zustand. Also schwieg ich ebenfalls.

Wahrscheinlich brachte es sie in Verlegenheit, dass ausgerechnet ich sie gefunden hatte. Andererseits hätte sie sich auch etwas leiser verhalten sollen, wenn es ihr unangenehm war, dass sie jemand sie in dieser Situation vorfindet. Außerdem wollte ich mir gar nicht ausmalen, was ihr alles hätte zustoßen können, wenn nicht ich derjenige gewesen wäre, der ihrem Gejammer auf den Grund gegangen war. Was alles hätte passieren können! Ich schüttelte bei all den abscheulichen Szenarien den Kopf. Ashikaga war gewiss krank vor Sorge in diesem Augenblick und hatte Männer losgeschickt, um sie wohlbehalten nach Hause zu bringen. Mir bereitete es ein schlechtes Gewissen, sie zu Tamaki zu bringen. Ich hatte kein Recht dazu, aber es nützte nichts. Mio weigerte sich fürs Erste zu ihm zurückzukehren. Sie hatte zwar gesagt, dass wir eigentlich auf derselben Stufe standen, doch sie war eine andere Sorte Sklave. Komisch, dass mich das überhaupt kümmerte. Allerdings lag das wohl an der Tatsache, dass ich Mio als meinen Vorwand zu missbrauchen beabsichtigte. Obwohl ich nicht darauf abzielte Ashikaga an seinem Kummer sterben zu lassen und keinerlei Groll gegen ihn hegte, so ging es hier bedauerlicherweise um mein eigenes Wohlergehen. Ich hatte mir schließlich geschworen mein Wohl an erste Stelle zu setzen. Gut, Natsuko hatte mir mehr oder weniger einen Strich durch diese Rechnung gemacht, doch es sprach nichts für, noch gegen Ashikaga. Und verdammt, es sollte so besser bleiben! Jedenfalls kam mir Mios Widerstand gelegen.
 

Wir erreichten Tamakis Anwesen schließlich und ich holte tief Luft. Wie würde ich es anstellen, dass der Zeitraum, den Mio und ich gemeinsam verbracht hatten, etwas größer wurde. Möglicherweise würde es mir gelingen zuerst mit Tamaki zu sprechen oder es so vage auszudrücken, dass Tamaki von alleine auf die Idee kam, dass das der Grund für meine ungeheure Verspätung war. Ohne, dass ich noch irgendeine umfangreiche Rechtfertigung abzugeben brauchte.

Aber zu meiner Überraschung war das alles gar nicht nötig; ich musste gar nichts sagen. Bevor ich gegen die Pforte pochte, meinte Mio, dass sie sich wenigstens etwas zurechtmachen wolle. Ich bezweifelte zwar, dass sie es schaffen würde ihr Gesicht einigermaßen vor Tamaki zu wahren, doch ich verkniff es mir. Ich wandte ihr den Rücken zu und starrte das dunkle Holz vor mir an; auf ihr Zeichen wartend, dass sie bereit war. Letztlich schlug sie mir mit der Handfläche auf das Schulterblatt und ich fasste es als das Zeichen auf. Nach Möglichkeit wollte ich verhindern, dass sich alle Bewohner in der Eingangshalle einfanden und Zeugen meiner kleinen Notlüge wurden. Deshalb pochte ich nur so laut gegen die Pforte, damit mich ausschließlich der Haushofmeister Hibiki, der im unteren Geschoss hauste, hören konnte. Kein Zweifel, dass das Mio ebenfalls lieber war.

Jedoch war es Asami, die mir mit böse funkelnden Augen die Tür öffnete. Ich verdrehte die Augen. Das hatte mir natürlich gefehlt. »Wo ist Hibiki?«, erkundigte ich mich etwas schroff.

Aber es bedurfte gar keiner Antwort, denn er war bloß einen Katzensprung entfernt. Sichtlich empört, starrte er von seiner Zimmertür aus zu uns herüber. Das kleine Biest hatte ihm ganz offensichtlich den Weg abgeschnitten, wohlwissend, dass ich es war. Ich schnaubte leise. Das war ja zu erwarten gewesen, dass sie damit bei Hibiki durch kam. Der alte Mann war sich nicht gerade bewusst, wie viel Macht und Einfluss er auf das Haus haben könnte, wenn er nicht immer nachgeben würde.

Ich bereitete mich nicht einmal auf eine ihrer Predigten vor, sondern schob sie gleich beiseite, um Mio Platz zu schaffen, damit sie eintreten konnte.

»Was soll das?«, fauchte Asami und krallte ihre Finger in meinem Arm, um mich zum Stehen zu bringen. Ich zog scharf die Luft ein und drehte den Kopf zu ihr um. Dann erblickte ich Mio. Sie war wieder zu dem kleinen Häufchen Elend geschrumpft. Scheu sah sie zu Boden. Diesmal war ich jedoch der Überzeugung, dass sie den anderen nur etwas vorgaukelte.

»Was meinst du?«, entgegnete ich kühl und riss mich von ihr los. Ich beobachtete, wie sie Mio von Kopf bis Fuß geringschätzig musterte.

Ohne ein Auge von ihr zu lassen, knurrte Asami betont verächtlich: »Ich rede von diesem Gossenkind. Sie hat hier ganz bestimmt nichts verloren«.

Nun runzelte Mio die Stirn und erwiderte Asamis Blick sehr würdevoll, sie hob sogar ihren Kopf ein wenig an, um auf die sowieso kleine Asami noch mehr herabsehen zu können. »Du wagst es, mich ein Gossenkind zu schimpfen? Das ist ja lächerlich! Wenn mein Liebster das hören würde, dann würde er dich dafür bluten lassen!«

»Ich möchte gerne sehen, wie er das anstellen will. Dein Herr kann mir kein Haar krümmen, ich fürchte ihn nicht. Dagegen finde ich es doch durchaus interessanter zu erfahren, was sein Miststück zu dieser Stunde hier zu suchen hat… in der Begleitung von ihm«, gab Asami unbeeindruckt zurück. »Ich kann mich nicht erinnern, dass mein ehrenwerter Meister dieses Jahr plant Pöbel aus wohltätigen Gründen ins Haus zu lassen, schon gar nicht so billigen…«

»Du wirst bereuen in so einem Ton mit mir gesprochen zu haben, wenn…«

»Meine Ohren reagieren mit Taubheit auf Drohungen, Flittchen«, Asami verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre Augen wanderten abwechselnd von Mio zu mir. Offenbar dachte sie über etwas nach. Es war wohl besser sie zu unterbrechen, ehe sie noch auf die Idee kam, dass Mio und ich eine Affäre hatten.

»Ist der Herr noch zu sprechen?«, fragte ich den Haushofmeister laut und deutlich. Dies zog Asamis Aufmerksamkeit auf mich. Statt dem Hofhausmeister die Chance zu geben seine Arbeit zu tun, erklärte sie, dass Tamaki sich in seinen Saloon zurückgezogen hatte und nicht gestört werden wollte.

Mio und ich schienen denselben Gedanken zu haben: Tamaki würde Mio nicht fortschicken, um seine Ruhe zu haben. Nein, es war höchstwahrscheinlich, dass ihn ihr Besuch erfreute. Darum ließen wir uns nicht länger von der kleinen Furie aufhalten und stiegen gemeinsam die Treppe hinauf; dicht gefolgt von Asami, die ihre Niederlage nicht zu wittern schien.
 

Mio erreichte als erste den Saloon - ich war überrascht, dass sie sich im Haus bestens auskannte. Zaghaft hämmerte sie mit ihrer kleinen Faust gegen das robuste Holz. Ohne ein Wort zu vernehmen, nahm sie dann das Recht die Tür aufzustoßen und einzutreten. Das kleine verstörte Mädchen kehrte zurück.

Asami und ich beobachteten Mios Schauspiel schweigend. Die zarte Frau grüßte Tamaki, als sei sie ein kleiner geschlagener Hund. Befangen knickste sie und vermied seine Augen, als sie ihm berichtete, sie sei überfallen worden. Ergriffen sprang Tamaki aus seinem Sessel und watschelte mit seinen kurzen Beinen zu Mio herüber. Nun brach Mio in Tränen aus. Aber sie weinte kontrolliert und so ästhetisch wie möglich, was ein klares Indiz dafür war, dass es falsche Tränen waren.

»Es tut mir so furchtbar leid, dass ich mich Euch zu dieser späten Stunde aufdränge, aber es war mir unmöglich nach Hause zu meinem Liebsten zurückzukehren. Seht mich doch an! Ich sehe abscheulich aus!«, jammerte sie und vergrub ihr Gesicht anschließend in den Händen. Etwas undeutlicher fuhr sie fort und erklärte Tamaki, dass das nicht der einzige Grund gewesen sei, warum sie zu ihm gekommen war. »Ihr seid so ein gutherziger Mensch! Ich wusste, dass ich mich in meiner Not an Euch wenden kann. Ferner habe ich es allein Eurem Diener Naruto zu verdanken, dass ich noch lebe!«

Das erstaunte mich. Wieso erfand sie diese Lüge? Nun gut, ich hatte meine Verspätung mit ihr rechtfertigen wollen, doch ich hatte sicherlich nicht damit gerechnet, dass Mio mir diese Aufgabe abnahm. Sie konnte schließlich nicht wissen, dass ich längst hätte zurück sein müssen und dass ich ohne Begründung in Schwierigkeiten gesteckt hätte. Warum zum Teufel half sie mir? Außerdem hatte ich nicht damit gerechnet, dass Mio versuchen würde Tamaki zu täuschen. Sie war kein Deut besser, als die meisten anderen hier. Auch Mio hatte eine schlechte Seite, die sie mir gerade sehr offen präsentierte.

»Diese Männer haben mich einfach in eine Gasse verschleppt und- Jedenfalls haben sie mir alles genommen! Doch bevor sie schlimmere Dinge mit mir anstellen konnten, hat Naruto mich gerettet!«, jetzt wandte sich Mio mit Tränen in den Augen zu mir um und lächelte mich dankbar an. Ich war außerordentlich überrascht, dass Asami längst nicht eingegriffen hatte. Mio hatte sich ihr gegenüber anders verhalten. Ich schielte zu ihr herüber.

Ihr Blick war vollkommen kalt und ihre Lippen fest aufeinander gepresst. Sie musste sich offensichtlich davon abhalten, irgendetwas dazu zu sagen. Ich fragte mich, was es sein könnte. Vorhin hatte sie Mio ohne mit der Wimper zu zucken beleidigt und sich wenig beeindruckt von Mios Status gezeigt. Warum hielt sie jetzt den Mund?

»Asami, bereite ein warmes Bad für die liebreizende Dame vor und stelle ihr Kleidung zur Verfügung!«, befahl Tamaki recht barsch, während er gerade noch sehr sanft mit Mio geredet hatte. Asami verneigte sich tief und verließ das Zimmer. Ich sah ihr nach und fragte dann, ob es für mich auch noch irgendetwas zu tun gab.

»Sei nicht bescheiden, Naruto! Du hast heute großes geleistet und dafür wirst du gewiss belohnt werden«, meinte Tamaki mit einem Blick auf Mio. Offenbar glaubte er, dass Ashikaga mir Geld schenken würde, dass er dann an sich reißen konnte. »Warum lässt du uns nicht allein und gönnst dir deinen wohlverdienten Schlaf«

Ich runzelte kaum merklich die Stirn, irritiert, wartend. Dann verbeugte ich mich ebenfalls, wünschte beiden eine gute Nacht und verschwand.
 

Draußen im Flur waren jetzt eine Handvoll Dienerinnen wieder hellwach und machten sich fleißig an die Arbeit, während Asami ihnen Anordnungen gab. Sie trugen ein Dutzend Kimonos zum Badehaus. Ich stellte mich neben Asami und sah von oben auf sie herunter. Ihre gesamte Mimik war immer noch sehr hart und nun auch etwas erbost.

»Was willst du?«, zischte sie und warf mir einen vernichtenden Blick zu. Ich hob sofort beschwichtigend die Hände.

»Ich wollte mich nur entschuldigen«, sagte ich und ließ meine Hände wieder sinken. Als sie mich verwirrt ansah, wies ich auf die jungen Frauen die schlaftrunken die Korridore entlang rannten. »Es war nicht meine Absicht alle um ihren Schlaf zu bringen«.

Sie wirkte bloß verwirrter. »Das…ist rücksichtsvoll von dir«, gestand sie. »Mach dir darum keinen Kopf, es ist keineswegs deine Schuld«.

»Sondern Mios?«

»Selbstverständlich«, erwiderte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie mag zwar überfallen worden sein, doch wir sind keine Notunterkunft! Schon gar nicht für Leute, die das im Prinzip nicht nötig haben, sondern sich bloß verstecken wollen, weil sie eitel sind!«

Ich lächelte sachte und beugte mich zu ihrem Ohr hinunter. Leise flüsterte ich ihr ins Ohr: »Irgendwie niedlich, dass du ihre Geschichte tatsächlich geglaubt hast«. Danach streckte ich mich und machte mich auf dem Weg zu meinem Zimmer.

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Endlich habe ich es geschafft! Dieses Kapitel hat mich wirklich um den Verstand gebracht und es ist wieder nicht, was ich schreiben wollte. -.-

Ich will endlich vom Drachenfestival schreiben, aber das wird wohl ein kleinwenig warten müssen. Ich hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat! Danke für die Kommentare! :D
 

Liebe Grüße, Foe

Freund

Es schienen Wochen verstrichen zu sein, bevor mich eines Morgens der Transporter vor Tamakis Haus wieder abholte und mich mitsamt den anderen jungen Männern in die Berge brachte. Wieder waren keine Frauen anwesend, was mich zur endgültigen Erkenntnis brachte, dass die Eisenhütte in diesem Sinne wohl ebenfalls recht konservativ war. Offensichtlich wollten sie keine Frauen auf ihren Schlachtfeldern sehen. Während wir von dem Fahrzeug zum Trainingsplatz gebracht wurden, bot sich uns ein beeindruckender Blick auf die Stadt, die immer mehr in die Ferne rückte. Sie war fraglos hässlich, aber ich war davon überzeugt, dass ich nicht der einzige war, der von Ehrfurcht erfasst wurde.

Die einzige Farbe, die aus diesem eintönigen Grau herausbrach, war das Grün der Bäume und Ashikagas buntes Haus. Ich betrachtete die Stadt noch einmal ganz genau, um mir vielleicht ihre Straßen einzuprägen. Das würde sich vielleicht bei einer zweiten Erkundungstour als nützlich erweisen. Andererseits war auf mein Gedächtnis nicht immer hundertprozentig Verlass. Nun, dann musste ich wohl lernen mir wichtige Informationen wie diese im Kopf zu behalten. Das würde sicherlich kein Zuckerschlecken werden, aber es war erforderlich. Ich musste viel aufmerksamer werden. Mir durfte nichts entgehen, nicht einmal die kleinsten Kleinigkeiten.

Wie beim letzten Mal hatte ich große Lust gehabt, mich mit den anderen Soldaten auszutauschen. Aber niemand schien reden zu wollen, außer mir. Kaum hatten sie den Blick von der Eisenhütte genommen, fielen ihre Köpfe herab, als sei alles Leben aus ihnen gewichen. Es wirkte, als hätten sie keine Kraft mehr ihre Köpfe hochzuhalten, weswegen sie sie dann einfach herabhängen ließen. Ich seufzte und ließ meinen Kopf auch sinken, damit niemand glaubte, ich starre ihn an, um ihn zu provozieren.

Oberhalb der Eisenhütte lag dann das Trainingslager. Als wir die große Fläche erreichten, schluckte ich schwer. Der Ort hatte bereits das letzte Mal verdammt düster ausgesehen. Auch wenn die Sonne auf uns herunterknallte, wirkte der Ort nicht weniger trostlos. Es war kalt und karg. Das Drachennest, wo sie ihre Drachen ausbildeten. Ich sprang vom Transporter herunter und folgte den anderen, die Stufe 13 angehörten. Ich wusste noch immer nicht, was uns spezifisch von den anderen Soldaten hier unterschied und was genau es damit auf sich hatte, dass sie die Sklaven unterteilten. Ließ die Zahl auf unsere Gefährlichkeit oder unsere Herkunft schließen? Ich wusste es nicht. Niemand hier machte den Eindruck, als sei er besonders gefährlich. Während wir in einer Schlage zu einem Zelt marschierten, ließ ich meinen Blick über das Gelände schweifen. Mein Blick blieb schließlich an einer Gruppe Männer hängen, die in gemeinsamen Eifer ihre Peitschen auf jemand in der Mitte ihres Kreises herunterprasseln ließen. Hastig wandte ich den Blick ab.

Man überreichte uns die Rüstungen und wir schlüpften auf offenem Feld in sie hinein. Ich empfand diese Rüstung nach wie vor als eher hinderlich, weil man sich darin nicht optimal bewegen konnte. Trotzdem mussten wir selbst die sportlichen Übungen in ihnen bestreiten, um uns vermutlich daran zu gewöhnen. Doch ich glaubte nicht, dass ich mich in diesem Ding jemals wohlfühlen würde. Sie war schrecklich unbequem und ich bemerkte, dass es nicht die leichte Rüstung war, die ich beim ersten Training getragen hatte. Sie war weit schwerer und ich konnte mir gut vorstellen, dass zierlichere Männer noch größere Schwierigkeiten haben würden, wenn sie darin kämpfen müssten.

Der Anfang des Trainings bestand aus Liegenstützen und Dauerlauf. Abwechselnd. Danach drückten sie uns dann Schwerter in die Hand, die für viele der Shinobi nicht zu ihrem Waffenarsenal gehörten. Keine Shuriken, kein Kunai. Sie wollten offensichtlich keine Ninja, sondern etwas, das sie Ritter nannten. Mir bereitete der Schwertkampf keine Freude, weil die Schwerter zum Großteil nur aufeinander prallten. Meine Jutsu fehlten mir zunehmend. Sie brachten uns auch nicht bei, wie man sich versteckte oder aus dem Hinterhalt angriff. Keine Taktik. Nur aufeinander schlagen. Ich wusste nicht, ob alle Schwertkämpfer so kämpften, aber ich bezweifelte es. Irgendwie beschlich mich der Gedanke, dass wir nicht trainiert wurden, um zu überleben. Wir sollten nur so schnell wie möglich Gegner töten und wenn wir selber dabei ins Gras bissen, dann war das nicht so schlimm. Das Training schien ewig zu dauern, aber die allermeisten hielten äußerst tapfer durch, weil sie sich glaubten vage ausmalen zu können, was ihnen in Zukunft bevor stand, wenn sie jetzt Schwäche zeigten. Dennoch gab zwei oder drei Leute in verschiedenen Gruppen, die zusammenbrachen. Ich war dankbar, dass dieses Training, wenn es auch hart war, mich aufgrund meiner Vergangenheit als Shinobi, noch lange nicht an meine Grenzen trieb. Allerdings ahnte ich gleichzeitig, dass einige Übungen auch nur dazu dienten uns zu demütigen und damit sinnlose Tortur waren. Falls sie merkten, dass diese Übungen uns nicht mehr schwerfielen, dann würden sie sich wahrscheinlich einfach etwas Neues ausdenken, dass für mich vermutlich eine wirkliche Anstrengung sein würde.
 

Am späten Nachmittag wurden wir dann entlassen und vor unseren Häusern abgesetzt. Kaum hatte ich Tamakis Haus betreten, rief mir Asami aus einer oberen Etage zu, dass ich mich beeilen sollte, da mich Ren Ashikaga heute noch zu sehen wünschte. Obwohl ich müde war und mir gewünscht hätte, dass ich mich direkt ins Bett legen könnte, war ich gleichzeitig froh, dass ich offensichtlich meine Belohnung selbst abholen konnte. Ich hatte befürchtet, dass man einen anderen Diener schickt und die Belohnung in fremde Taschen verschwand, in die sie nicht gehörte. Darum war ich froh, dass Ashikaga ausschließlich mich zu sich einlud. Mir wurden zwar von Tamaki Essen und ein Zimmer zur Verfügung gestellt, aber nun einmal, weil ich sein Sklave war und es war somit nicht als Lohn gedacht. Daneben erhielt ich kein Geld von Tamaki und da ich schließlich plante der Eisenhütte recht bald Lebewohl zu sagen, war es sicherlich nicht schlecht, wenn ich auf irgendeine Weise Geld verdiente.

Schnell wusch ich mich und streifte mir frische Kleidung über. In der Eile vergaß ich, dass man mir noch das Mittagessen aufgewärmt hatte. Die Köchin rief mir empört noch etwas zu, als ich die Eingangstür schon hinter mir geschlossen hatte. Ich wusste in diesem Augenblick, dass ich aus zwei verschiedenen Gründen das später bitter bereuen würde.

Es stellte sich heraus, dass ich den exakten Weg nicht mehr im Kopf hatte, als ich mich gerade einmal zehn Meter von Tamakis Haus entfernt hatte. Doch ich wagte nicht noch einmal umzudrehen und die anderen Diener zu fragen, in welcher Richtung Ashikagas Haus lag. Vielleicht konnte ich das auch auf mich allein gestellt finden. Also setzte ich meinen Weg fort und konnte immerhin wegen meiner vorherigen Erkundungstour bestimmte Wege ausschließen. Es kostete mich bestimmt eine Stunde, doch irgendwann tauchte dann Ashikagas buntes Haus zwischen den benachbarten grauen Bauten auf. Erleichtert ging ich seitlich am Haus vorbei zum Dienstboteneingang. Irgendwann in der vergangenen Woche hatte ich aufgeschnappt, dass es Ashikagas Dienern verboten war durch den Haupteigang zu kommen. Die Tür war unauffällig in die Mauer eingelassen und ich klopfte dagegen, in der Hoffnung, dass das jemand hören würde. Nicht einmal eine Sekunde später wurde mir die Tür geöffnet und Einlass gewährt. Ich duckte meinen Kopf etwas und trat dann ein. Der Gang, der sich hinter der Tür erstreckte, war nur spärlich mit Licht erhellt. An der Decke über mir, die zum Glück höher war als der Türrahmen, baumelten in großen Abstand Laternen. Ich warf einen Blick neben mich und nickte dem alten Mann mit einem freundlichen Lächeln zu, der diesen Gruß tatsächlich erwiderte. Ein kleines Mädchen führte mich dann durch den Gang bis zu einer Tür.

»Wage es nicht zu klopfen. Der Herr wird dich schon hereinlassen, wenn er das wünscht. Du hast hier draußen still und geduldig zu warten«, wies mich das Kind streng an, das meiner Schätzung nach vielleicht höchstens ein oder zwei Jahre älter war als Natsuko. Ich schmunzelte nicht über ihren Tonfall und regte mich nicht im Geringsten darüber auf. Dies mochte bloß ein Kind sein, aber unser Rang war vermutlich gleichwertig. Sie tat nur, was von ihr verlangt wurde. »Nach dem Gespräch mit dem Herrn wirst du wieder unauffällig in diesem Gang das Haus verlassen. Außer bei Festen ist es den niederen Dienern untersagt durch die Flure zu gehen. Da du nicht einmal zu diesem Haushalt gehörst, wirst du selbstverständlich auch zu den niederen Dienern gezählt«, fuhr sie fort und schob mich dabei direkt vor die Tür. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, verschwand sie dann. Ich sah ihr bloß kurz nach, dann wartete ich auf das Signal, dass ich eintreten durfte.

Schließlich erklang dann Ashikagas Stimme: »Bitte komm herein, Naruto«.

Erst hatte ich meine Schwierigkeiten die Tür zu öffnen, denn ich merkte rasch, dass es nichts half sachte gegen sie zu drücken. Dann probierte ich aus, ob dies vielleicht eine Schiebetür war. Ich zog den klitzekleinen Griff nach links, als die Tür nach rechts nicht nachgab. Peinlich berührt sah ich Ashikaga an und entschuldigte mich für die Verzögerung. Er lächelte mich nur an und sagte, dass ich mich hinsetzen könne, wenn ich wolle. Ich zögerte, doch ich nahm sein Angebot letzten Endes an, weil ich doch ziemlich erschöpft war. Ich sah mich, während ich auf den Sessel zuging, um. Das Zimmer war sehr luxuriös, aber auch wieder sehr farbenfroh eingerichtet. Die Wand war himmelblau angestrichen und mit weißen Wasserlilien verziert worden. Es gab sogar einen kleinen Teich in dem Zimmer. Ich war verblüfft von alledem. Wenngleich Tamaki zweifelsohne reich war, gab es bei ihm solche Dinge nicht. Im Haus hatte er sogar ungern Pflanzen.

»Du musst erschöpft von dem ganzen Training sein. Falls du Hunger hast oder etwas zu trinken wünschst, kannst du das ruhig sagen. Ich werde alles hierher bringen lassen«, sagte er. Ich lehnte dankend ab, obwohl ich Hunger und Durst hatte. Ich war natürlich nicht von ganzen Herzen Sklave und war nicht der Auffassung, dass ich das alles nicht verdient hatte. Doch Ashikagas Ausstrahlung war anders in meinen Augen. Ich hatte keinen Funken Respekt für Tamaki übrig und auch die anderen Reichen, die ich an Ashikagas Feier gesehen hatte, hatten nicht eine solche Wirkung auf mich gehabt.

»Nun, vielleicht fragst du dich, wieso ich dich heute hierher eingeladen habe. Ich möchte dir zunächst einmal von ganzen Herzen danken, dass du Mio das Leben gerettet hast«, Ashikaga ergriff meine Hand und schüttelte sie. Ich bekam ein schlechtes Gewissen. Also hatte Mio ihm auch diese Geschichte erzählt oder kannte er die Wahrheit, aber hielt es trotzdem für seine Pflicht mir zu danken? Jedenfalls fiel es mir auf einmal nicht mehr so leicht eine Belohnung entgegen zu nehmen. »Außerdem möchte ich dir dafür auch etwas geben«, er ließ meine Hand los und streifte gleich zwei seiner silbernen Ringe von den Fingern. Ich starrte die zwei runden Dinger entgeistert an. Wieso Ringe? Geld in den Händen wäre doch viel besser, schließlich musste ich zwei Ringe erst einmal in Geld umwandeln lassen, selbst wenn sie sehr wertvoll waren. Aber ich behielt das für mich.

»Du sollst diese beiden Ringe haben, Naruto. Ich würde dich mit Geld normalerweise belohnen, aber das lässt sich nicht so gut verbergen. Hör mir zu, Naruto. Niemand sollte von dieser Belohnung erfahren oder man wird sie dir abnehmen«, meinte er grinsend. Tat Ren Ashikaga hier gerade etwas Verbotenes?

»Doch sollten dich diese beiden Ringe zu sehr belasten, dann musst du es nur sagen. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass sie dir eines Tages helfen werden«, fügte er jedoch verschwörerisch hinzu. Ich war vollkommen überrascht von Ashikagas Verhalten. Wollte er mich damit unterstützen, weil er sich vorstellen konnte, dass ich nicht vorhatte mein Leben hier zu fristen?

»So viel ist mir Mio leben wert, Naruto«, versicherte er mir, weil er wohl merkte, dass ich misstrauisch und verwirrt war. »Komm uns doch öfters mal besuchen, wenn du frei bist und meinetwegen kannst du auch deine kleine Freundin Natsuko mitbringen. Dann können wir uns ausgiebig unterhalten und du lernst die Eisenhütte besser kennen«. Woher wusste er von Natsuko? Ich starrte ihn argwöhnisch an.

»Du musst mir selbstverständlich nicht vertrauen. Vielleicht fürchtest du, dass ich zu einem Hindernis werde…Aber sei unbesorgt, Naruto, du hast das Privileg mich von nun an als Freund zu haben. Ich bin der Überzeugung, dass wir voneinander viel in Zukunft lernen können und davon profitieren«, meinte Ashikaga.

Ich war mir nicht länger sicher, was ich von Ashikaga halten sollte. Die Tatsache, dass das alles ziemlich deutlich war, weckte mein Misstrauen und erinnerte mich an Tsukinos Verhalten. Es wäre also nicht das erste Mal, dass Nowaki mir eine Falle stellte. Mich widerte es an, wie viel Einfluss er offensichtlich auf mein Leben in der Eisenhütte hatte und obwohl ich ihn seit jenem Tag nie wieder gesehen hatte oder überhaupt etwas gehört hatte von ihm, war er abartig präsent. Ich hätte gerne das Monster in mir um Rat gefragt, aber es war noch weniger vertrauenswürdig, als alle anderen hier. Ihm käme es gelegen, wenn ich durchdrehte.

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Allen Lesern wünsche ich frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr! Vielen Dank, dass ihr meine FF immer noch verfolgt, obwohl es mit den Kapiteln so furchtbar schleppend vorangeht.

Mir ist jetzt erst aufgefallen, dass die FF nun schon 3 Jahre alt ist und erst 12 Kapitel

veröffentlicht wurden @__@ Ah, ich bin eine Schnarchnase. Das muss man erst einmal fertig bringen. Hoffentlich kommt die FF jetzt bald mal so langsam in Fahrt XD Es ist echt nicht zu

fassen. Aber ich fürchte, dass wird sich erst einmal nicht ändern. Ich kann nur wie immer versprechen, dass ich versuchen werde in den Ferien daran weiter zu arbeiten.
 

Liebe Grüße, Foe

Drachenfestival

Es war nun vierzehn Tage her, dass ich mit Ashikaga diese höchst verdächtige Unterhaltung gehabt hatte. Sobald ich nichts mehr zu tun gehabt hatte, hatte ich wieder daran gedacht. Vielleicht hatte ich schon einen Fehler damit begangen, dass ich die Ringe angenommen hatte? Ich hatte nicht direkt darauf reagiert, was er gesagt hatte. Damit konnte man mir zumindest nicht vorwerfen, dass ich auf dieses Bündnis eingegangen war. Ich konnte jederzeit behaupten, Ashikagas Worte in dieser Weise nicht verstanden zu haben. Was mir wirklich Kopfschmerzen bereitet hatte, war die Tatsache, dass er von Natsuko wusste. Offenbar hatte er mir nachspioniert. Egal, ob er nun von Nowaki manipuliert wurde oder nicht, es war nichtsdestotrotz beunruhigend.

Zum Glück oder zu meinem Unglück, das wusste ich noch nicht so recht, hatte ich nicht viel Zeit um darüber nachzudenken. Die Tage vergingen plötzlich wie im Flug und auf einmal war dann der Tag des Drachenfestivals da. Tamaki hatte Einladungen an Verwandte und Freunde versendet. Er wollte mit ihnen in seinem Garten ein Festmahl veranstalten. Ich hatte Natsuko versprochen, dass wir, nachdem meine Arbeit getan war und ich frei hatte, gemeinsam in die Innenstadt gehen würden.

Das Versprechen konnte ich tatsächlich halten und so traf ich mich dann vor Tamakis Anwesen mit dem Kind. Freudestrahlend tänzelte sie hin und her. Es war schön zu sehen, dass sie sich auf das Fest freute. Ich hatte natürlich selbst kein Geld, um ihr und mir irgendwelche Souvenirs kaufen zu können. Aber Natsuko schien meine Anwesenheit schon zu reichen. Sie umklammerte meinen Unterarm und ließ erst los, als wir im Zentrum des Spektakels angekommen waren. Auf dem Marktplatz gab es einen Feuerspucker, der nicht nur Feuer spie, sondern auch andere Tricks damit anstellen konnte. Alle Häuser, die den Platz umgaben, waren mit Fackeln dekoriert und an ihren Wänden war mit violetter Farbe verschiedene Abschnitte des Körpers eines schlangenartigen Drachen gemalt worden. Dort, wo der Zirkel aus Häusern endete und man den Marktplatz wieder verlassen konnte, trafen Kopf und Schwanzspitze aufeinander. Natsuko und ich waren beeindruckt. Es gab verschiedene Musiker und Akrobaten. Unter den Akrobaten befanden sich dann auch mehrere Schlangenmenschen, die waghalsig ihre Körper verbiegen und verdrehen konnten. Ich hatte von solchen Akrobaten schon gehört, aber nie welche mit eigenen Augen gesehen. Zwei der Schlangenmenschen waren sogar Kinder.

Neben den Künstlern hatten sich allerdings auch Kaufleute auf dem Platz eingefunden, die verschiedene Dinge verkauften, die mit dem Drachen in Verbindung standen. Ketten und Spielzeug vor allem Dingen. Aber auch Krüge, Teller und Becher.

Am Rande des Marktplatzes entdeckten Natsuko und ich dann einen Redner. Natsuko hielt sich an meinem Arm fest, als ich uns einen Weg durch die Massen bahnte. Ich wollte wissen, wovon er da erzählte. Als wir seine kleine Bühne erreichten, erzählte er gerade, welche Bedeutung der Drachen für die Eisenhütte hatte und welchen Ursprung die Eisenhütte hatte.

»Wir sind das von den Drachen erwählte Volk. Unsere Vorfahren, die heiligen Drachen, gaben uns diesen Ort, damit wir uns hier versammeln und von hier aus eines Tages die Welt reagieren können. Egal, ob schwach oder stark. Jedes Drachenkind muss hier sein und sich seinem Schicksal beugen…«

»Ist das gut, wenn er so derartig laut den Plan herausposaunt, dass sie nach der ultimativen Weltherrschaft streben?«, fragte ich ohne wirklich mich dafür interessieren.

»Während des Drachenfestivals sind Fremde hier unerwünscht und man verriegelt die Tore. Selbst wenn sich Fremde innerhalb der Stadtmauer verstecken, um am Drachenfestival teilnehmen oder es ausspionieren zu können, werden sie in Lichtgeschwindigkeit aufgespürt. Dem Überwachungssystem der Eisenhütte entgeht nichts. Gleichzeitig ist das auch der Grund, weshalb sie so penibel darauf achten, dass niemand die Stadt mehr verlässt. Nur wenige Auserwählte haben dieses Privileg. Dein Herr gehört dieser Sorte auch an, großer Bruder«, Natsukos Blick war hasserfüllt geworden. Sie hatte darauf verzichtet kindlich zu sprechen. Es war für mich keine neue Erkenntnis, dass Natsuko nicht mehr von ganzen Herzen Kind war. Manchmal wirkte ihr kindliches Verhalten sogar sehr aufgesetzt. Als sei es ein verzweifelter Versuch ihre Kindheit am Leben zu erhalten, die jedoch längst verloren war. Wenn ich mir dessen bewusst wurde, dann dachte auch ich zurück an meine Kindheit. Ich hatte natürlich andere Probleme gehabt. Damals hatte ich nicht begriffen, warum man sich von mir fernhielt oder mich behandelte, als sei alles Übel der Welt mein Fehler gewesen. Keine Eltern, keine Freunde. Gott, war ich einsam. Das alles hatte sich dann relativ plötzlich geändert, als ich die Ausbildung zum Shinobi begonnen hatte. Natürlich hatte es noch Probleme gegeben, aber im Großen und Ganzen hatten die kurzen Jahre alles wieder mehr oder weniger gut gemacht, obwohl ich nicht vergessen würde, was in meiner Kindheit war. Das würde ich nie.

Doch Natsukos Situation unterschied sich deutlich von meiner. Sie war einsam und ihrer Freiheit beraubt. Man hatte sie dem Ort entrissen, wo sie meinem Wissen nach glücklich gewesen war. Sie hatte Eltern, Geschwister und Freunde verloren. Sie hatte nichts verbrochen, um das hier zu verdienen.

Ich sah sie kurz nachdenklich an, dann kniete ich mich hin und schloss das kleine Mädchen, das offensichtlich nie mehr sein würde als Haut und Knochen, in meine Arme. Sie sah mich überrascht an, doch rasch kuschelte sie sich an mich. Ich wollte ihr so gerne zuflüstern, dass ich uns beide befreien würde. Vermutlich konnte ich sie nicht nach Hause bringen, da es dort für sie ihr Leben lang gefährlich sein würde. Man würde dort zu allererst nach ihr suchen, wenn man uns nicht vorher schon aufspürte.

»Ich hab dich lieb, großer Bruder. Du bist der einzige hier, den ich liebhabe. Egal, wohin du gehen willst, nimm mich bitte mit. Nein, selbst wenn du nicht willst, dass ich mitkomme, ich würde dir trotzdem überallhin folgen. Das schwöre ich dir«, flüsterte sie mir dann stattdessen ins Ohr und fing an zu schluchzen. »Sogar in den Tod, denn schließlich gäbe es dann hier nichts mehr, was das Leben lebenswert machen würde«.

Ich tätschelte ihren Hintergrund und war gerührt, aber gleichzeitig ein bisschen schockiert. Das war ein unheimlich heftiger Schwur für ein so kleines Mädchen. Aber damit wusste ich endgültig, welche Verantwortung ich hatte. Natsuko und ich würden frei sein, selbst wenn ich dafür jeden Menschen, der sich uns in den Weg stellte, töten musste. Schließlich war ich ihr großer Bruder.

Wir beide lösten uns aus der Umarmung und schenkten unsere Aufmerksamkeit wieder dem Redner, auch wenn er das eigentlich verdient hatte. Doch ich hatte beschlossen, dass ich jede Information, selbst wenn sie noch so wertlos erschien, aufzusaugen wie ein Schwamm. Denn ich war mir sicher, dass alles irgendwann genutzt werden konnte.

»In der Tiefe unseres Berges lodert eine Flamme und die Drachen machten uns das Eisen und die anderen verborgenen Bodenschätze zum Geschenk. Das Geschlecht der Drachen ist das edelste. Wir werden das widerwärtige Fußvolk auf die Knie zwingen!«, brüllte er nun vollkommen ekstatisch und breitete die Arme aus. Ich hatte das Bedürfnis mich zu übergeben und fragte mich ernst, ob das alle Menschen hier so sahen. Glaubten sie alle fest daran, dass sie eines Tages die Herrscher über die ganze Welt sein würden? Ich wünschte, ich könnte seine Worte ernster nehmen, aber dieser Kerl schien einfach vollkommen durchgedreht zu sein. Letzten Endes ergriff ich Natsukos Hand und zog sie weiter, als ob zu fürchten wäre, dass wir uns mit seiner Verrücktheit anstecken könnten. Tatsächlich schienen die Leute, die sich um ihn versammelt hatten, von der einen Minute zu anderen zu verändern. Ihre Augen fingen förmlich anzubrennen und hefteten ihre Blicke eisern auf den Redner mit Begeisterung. Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter. Verwendete er irgendeinen Trick um die Meute zu seinen Gunsten zu manipulieren oder war das allein seinem Talent zum Reden, das ich wohl nicht erkennen konnte, zu verdanken? Ich blieb nicht lang genug, um es an mir selbst zu testen.

»Bald müsste die Parade durch die Hauptstraße ziehen«, meinte Natsuko jetzt wieder ganz Kind. Ich fragte mich, wie sie sich an dem ganzen Spektakel noch erfreuen konnte, wenn ihr doch offensichtlich klar war, dass dieses Fest den Drachen huldigte, die angeblich eine kleine Bevölkerungsschicht hier dazu erwählt hatte die restliche Menschheit zu unterjochen. Andererseits wusste sie das schon seit langer Zeit, denn immerhin hauste sie schon viele Jahre in der Eisenhütte und wenn das Drachenfestival alljährlich stattfand, dann war sie mit diesen Spinnereien vielleicht schon vertraut und ignorierte sie einfach.

Wir verließen den Marktplatz und wenige Meter später umgab uns eine unangenehme Stille. Das Viertel mit den Kneipen war bestimmt nicht so verlassen, aber da konnte ich unmöglich mit Natsuko hingehen, auch wenn sie auch dieses Gesicht des Festes wahrscheinlich kannte. Aber solange ich das zu verhindern wusste, würde ich mit ihr nicht in das Kneipenviertel gehen, selbst wenn mir die Stille unangenehm war. Ich seufzte und zog Natsuko dann weiter.

Es war nicht mehr weit bis zur Hauptstraße, als wir einen schrillen Schrei vernahmen. Natsuko zerrte mich sofort in die Richtung aus er gekommen war. In der kleinen Gasse sahen wir dann Asami, die von einem betrunkenen Mann belästigt wurde. Sie beschimpfte ihn wütend und ballte die Fäuste, als sei sie bereit um ihr Leben zu kämpfen. Obwohl ich das Gefühl hatte, als könnte Asami mit der Situation eigenhändig fertig werden, drängte mich Natsuko zum Eingreifen.

»Großer Bruder, sie ist eine Frau in Nöten. Du musst sie retten!«, sagte sie mit entschlossenen Blick. Ich konnte ihr kaum erklären, dass Asami und ich uns verabscheuten und wahrscheinlich beide lieber den Angreifer unterstützt hätten, als einander zu helfen. Also musste ich Natsuko den Gefallen tun, selbst wenn Asami das nicht ertragen könnte.

Als er Asami überraschend geschickt zu fassen bekam ohne von ihren Fäusten getroffen zu werden, schritt ich widerwillig ein. Ich bat ihn nicht einmal erst darum sie loszulassen, denn das hätte alles nur hinausgezögert und möglicherweise hätte ich dann auch noch lang und breit mit ihm unterhalten müssen. Lieber weniger zimperlich mit ihm umspringen, damit er sofort verstand, dass er sich verziehen sollte. Ich schlug mit beiden Händen und voller Kraft auf seine Flossen, die er schreiend zurückzog. Es folgten ein Faustschlag auf seine Schläfe und ein grimmiger Blick meinerseits. Er schaute mich für einen kurzen Moment irritiert an, dann machte er kehrt und verschwand torkelnd nach irgendwo.

Natsuko verharrte vorerst an dem Standpunkt, an dem ich sie zurückgelassen hatte und strahlte mich nur zufrieden und stolz an.

Asami, die auf ihrem Hinterteil gelandet war, sobald der Mann gezwungen war sie freizugeben, wartete nicht darauf, dass ich ihr zur Krönung aufhalf und erhob sich stattdessen selbst. Sie klopfte sich den Staub von der Kleidung und brummte: »Wieso zum Teufel muss ich mit so etwas herumschlagen? Das war stets der einzige Grund gewesen, weshalb ich nie mein vernarbtes Gesicht vollkommen verdammt habe. Er konnte die Narben wohl in der Dunkelheit nicht sehen; seine Trunkenheit schließe ich als mögliche Erklärung auch nicht aus«.

»Ja, das muss es gewesen sein«, kommentierte ich kühl.

Ich erwartete, dass sie mich zur Schnecke machte, aber überraschender Weise schien sie von meinem Kommentar nicht verletzt zu sein. Jedenfalls gönnte sie mir diesen Triumph nicht oder glaubte, ich könne mich an ihrem Leid ergötzen. An Stelle eines Wutausbruches sah sie zu mir auf und bedankte sich. Wollte sie nur, dass ich ein schlechtes Gewissen bekam oder glaubte wirklich, dass es daran gelegen hatte? Sie wandte sich um und starrte Natsuko an.

»Wieso bist du nicht mit Mio unterwegs? «, fragte sie zunächst ehrlich verwundert, dann sah sie mich grinsend an. »Oh, du armes Kerlchen. Natürlich bevorzugt sie die Gesellschaft von ihrem reichen Herrn«.

Ich verdrehte die Augen. »Ich habe kein Verhältnis mit Mio-sama«, erwiderte ich und knirschte entnervt mit den Zähnen. Ehrlich gesagt, wusste ich nicht recht, was ich von dieser Frau halten sollte seit sie Tamaki und dann Ashikaga angelogen hatte. Ich war im Augenblick der Meinung, dass ich ihr aus dem Weg gehen sollte, weil man sich nie sicher sein konnte, ob sie einem im nächsten Moment nicht verriet.

»Da ja jetzt alles im Lot ist, können Natsuko und ich ja unsere Abendplanung fortsetzen, ja? Oder benötigst du seelischen Beistand?«, fragte ich sie entnervt.

»Ich bezweifle, dass du derartig mit Mio umgesprungen bist«, meinte sie nur, aber ließ schon durchblicken, dass sie gar nicht darauf scharf war getröstet zu werden. »Na ja, ich bin schließlich nicht aus Porzellan«. Sie ging und ich ließ sie mehr als bereitwillig ziehen.

»Lass uns weitergehen«, sagte ich zu Natsuko und wir setzten unseren Weg zur Hauptstraße fort. Dort angekommen, hatte die Parade gerade angefangen. Die ersten Wagen waren schon an dem Ort vorbeigezogen, an dem wir uns hingestellt hatten. Tausende von Menschen hatten sich auf beiden Seiten der Straße eingefunden, manche standen sogar auf den Dächern und jubelten den Leuten auf den Wagen euphorisch zu.

Zu meinem Unbehagen entdeckte ich auf einem besonders hervorstechend bunten Wagen Ren Ashikaga und seine Mio. Äußerst exzentrisch gekleidet zelebrieren die beiden sich unter tausend Augenpaaren. Man kann den beiden deutlich ansehen wie sehr sie einander lieben, doch noch mehr wurde einem beim Zusehen allmählich klar, wie beide sich selbst vergötterten. Ich war fasziniert, aber auch verwirrt. Zugegeben, auch wenn beide sich mir gegenüber eigenartig verhalten hatten, so konnte ich nicht verhindern, dass ich zu grinsen anfing. Diese beiden da unten waren ein idiotisches Pärchen, die tatsächlich wie für einander geschaffen schienen.

Weit nach Mitternacht brachte ich Natsuko zurück zur Schreinerei. Auf unserem Weg dorthin hörte ich auf einmal ein helles Lachen. Es klang wundervoll und ich merkte, wie das Herz in meiner Brust heftig zu schlagen begann. Ich ließ meinen Blick über die Straße schweifen und entdeckte dann eine Gruppe, die aus sechs Mädchen bestand und von der zu meinem Erschrecken Asami ein Teil von war. Das war von kurzer Dauer gewesen und sobald ich die Mädchen erblickt hatte, war all das Gelächter verstummt. Ich konnte allein Asami als Ursprung ausschließen, denn sie lachte wie eine hysterische Ente. Ich riss mich von der Mädchengruppe los und setzte meinen Weg fort.
 

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Vielen Dank für die Kommentare! :D Ich hätte nicht gedacht, dass ich mein Versprechen

halten könnte, aber hier nun das dreizehnte Kapitel. Ich hoffe, dass euch gefallen hat!
 

Liebe Grüße, Foe

Wasserlilie

»Schön, dass Ihr meiner Einladung gefolgt seid! Im Wintergarten wartet auf uns ein kleines Festmahl!«, Ashikaga schüttelte äußerst fröhlich Tamakis Hände. Aber uns allen war wohl klar, dass Tamaki gekommen war um Mio zu sehen. Sonst hätte er wohl Ashikagas spontaner Einladung keinerlei Beachtung geschenkt. Zu meiner Verwunderung und Tamakis Freude hakte sich Mio gleich bei ihm ein. Es dauerte nicht lange und die beiden hatten eine erhebliche Distanz zurückgelegt.

»Du weißt, dass ich heute deinen Herrn mit der Absicht hierher bestellt habe, um mich mit dir zu unterhalten. Oder?«

Ich blickte Ashikaga an und schüttelte den Kopf.

»Ich muss gestehen, dass ich eine Sekunde daran gedacht habe, dann habe ich den Gedanken verworfen. Es erschien mir verrückt, während mein Herr bloß einen Katzensprung entfernt ist, über solche Angelegenheiten zu sprechen«, gestand ich auf die Gefahr hin, dass Ashikaga vielleicht ein bisschen beleidigt sein könnte. Aber eine derartige Unterredung war entschieden zu riskant! Zudem hatte ich keine Ahnung, was er mir zu sagen beabsichtigte. Wollte er vielleicht die Ringe zurückfordern? Mir war nicht klar, dass man mit mir geheime Unterredungen zu halten wünschte.

»Und in der Helligkeit des Tages nach einem Fluchtweg zu suchen, birgt keine Risiken?«, entgegnete Ashikaga leicht spöttisch. Ich erstarrte.

»Keine Panik. Einer meiner Späher hat dich gesehen und mich lediglich über deine Aktivitäten in Kenntnis gesetzt«.

Keine Panik! An jenem Tag hatte ich diesen Mann schließlich noch nicht gekannt. Also weshalb hatte sein Späher es für notwendig gehalten Ashikaga darüber zu benachrichtigen? Weil man es ihm befohlen hatte, oder weil es selten vorkam, dass jemand am Tage die Mauer absuchte? Ich hatte geahnt, dass mich zumindest Nowaki beobachten würde. Doch ich hatte nicht mit der Aufmerksamkeit anderer gerechnet, vor allem von Leuten, die mich nicht kennen sollten…

»Jedenfalls ist dies der einzige Ort, den man als sicher bezeichnen könnte«, fuhr Ashikaga fort. »Und der Zwerg. Der Zwerg hat nur Augen für die liebreizende Mio. Es wird ihm nicht schwerfallen unsere Anwesenheit auszublenden. Spätestens nach ein paar kleinen Maßnahmen«.

Ich hob eine Augenbraue. Zwerg war nun wirklich kein höflicher Ausdruck.

»Mio-sama wird also aus unserem Gespräch ausgeschlossen?«, hakte ich verwundert nach.

»Sie liebt mich, deswegen kann sie unmöglich erfahren, worüber wir reden«.

Ich starrte ihn entsetzt an. »Was meint Ihr damit? Was habt Ihr vor?«, wollte ich wissen und blieb stehen. Ashikaga erwiderte meinen Blick mit einem milden Lächeln. »Alles zur rechten Zeit, Naruto. Mio wird den Zwerg zu einem Spaziergang durch den Wintergarten einladen, dann reden wir«.
 

Ich fragte mich nach unserem kurzen Wortwechsel nur noch dringlicher, was Ashikaga zu sagen hatte. Verfolgte er einen verabscheuungswürdigen Plan, der wohlmöglich Mio von ihm abstoßen könnte?

»Würde es Euch gefallen mit mir ein bisschen spazieren zu gehen?«, fragte Mio brav an Tamaki gewandt.

»Das ist eine hervorragende Idee, Mio! Wir-«, Ashikagas Augen leuchteten.

»Ich habe nicht Euch gefragt, meine Liebe. Heute werde ich mich ganz dem Gast widmen«, gab Mio grinsend zurück. Ashikaga spielte den Betroffenen, doch Mio gab nicht klein bei und entfernte sich vom Tisch. Sie sah Tamaki bittend an, der augenblicklich aufsprang. Ich wiederum blickte zu Ashikaga, der mich angrinste: »Na geh schon, mir macht ein bisschen Einsamkeit nichts aus«.

Ich leistete seiner Aufforderung wortlos folge, aber Tamaki hielt mich auf. »Nein, Naruto, das wird nicht nötig sein«, wimmelte er mich ab. Ich sah ihn verblüfft an, doch widersprach nicht.

Als die beiden nicht mehr zu sehen waren, bot mir Ashikaga an mich zu setzen. »Es sind zwar im Prinzip Reste, aber wenn du Hunger hast, bediene dich«. Ich ließ mich nicht zweimal bitten und stopfte mir den Reis aus einer Schale einfach mit frischen Stäbchen direkt in den Mund. Danach warf ich Ashikaga einen erwartungsvollen Blick zu.

»Ich hatte meine Zweifel, ob es einen Effekt auf den Zwerg haben würde, aber er ist dümmer, als ich mir gewagt habe zu erträumen«, lachte Ashikaga und es klang ein bisschen kalt. »Nun, oder man könnte ihn loben, weil er tatsächlich mutig genug war mit Mio mitzugehen, wo er niemals ohne einen Leibwächter mein Haus betritt«.

Ich blickte in die Richtung, in welche die zwei verschwunden waren.

»Dein Blick verrät mir, dass du glaubst, Mio könne ihm etwas antun. Aber das ist nicht Zufriedenheit in deinen Augen«, murmelte Ashikaga. »Keine Sorge. Warum sollte ich ihn umbringen wollen?«

Ich erwiderte darauf gar nichts, sondern aß weiter.

»Ich möchte mit dir heute ein bisschen über mich sprechen«, sagte Ashikaga. »Naruto, ich muss die Eisenhütte verlassen, denn man erwartet meine Rückkehr. In meiner Heimat bin ich eine sehr wichtige Person. Ich bin das zukünftige Oberhaupt eines mächtigen Stammes und meine Aufgabe ist es mein Volk zu beschützen. Doch das ist mir von hier aus nicht möglich«.

»Ich verstehe nicht ganz. Es klingt fast so, als könntet ihr es nicht«, erwiderte ich und sah ihn verwundert an. »Ihr seid doch ein freier Mann, also was hindert Euch daran diesen Ort zu verlassen?«

»Du musst eine ihrer Reden gehört haben«, sagte er.

Ich rief die Erinnerung an den Redner auf dem Markplatz hervor. »Ich dachte mir schon, dass das nicht bloß der schwachsinnige Glaube einiger wenige ist… Doch was hat das mit Euch zu tun?«

»Ich soll ein Drachenkind sein«, antworte Ashikaga und ließ seinen Blick über den Garten schweifen. »Aber wie du selbst erkennen kannst, bilde ich mir darauf nichts ein. Meiner Ansicht nach ist dieser Glaube nichts als Unsinn. Dieser farblose Ort ist mir zuwider«.

»Heißt das, dass man Euch ebenfalls gegen Euren Willen hier festhält? Aber wenn Euer Stamm so mächtig ist, wieso befreien Eure Untertanen Euch nicht einfach?«

Ashikaga seufzte und schien etwas verlegen.

»Nun, als ich sagte, er sei mächtig, habe ich wohl etwas aus Stolz übertrieben. Nein, kriegerische Macht hat unser Stamm keine. Aber das heißt nicht, dass wir uns nicht wehren können. Allerdings können wir uns nur auf unserer Insel verteidigen. Verzeih mir, dass ich nicht ins Detail gehe«.

Ich seufzte. Das hätte ich mir gleich denken können. »Wenn Ihr keine Möglichkeit habt alleine auszubrechen und Euer Stamm auch keine Hilfe ist, wie könnt Ihr dann überhaupt hoffen herauszukommen?«

Ashikaga ergriff meine Hände. »Weil du hier aufgetaucht bist. Ich bin ein gebildeter Mann, Naruto. Ich habe Geschichten über dich gehört! Mit deiner Unterstützung können wir beide diesen widerwärtigen Ort hinter uns lassen!«
 

Oh, Naruto. Es klingt fast so, als wolle der Schönling mit dir durchbrennen! Nur ihr beide!
 

Warum mischte sich das Monster immer ein, wenn ich ihn nicht gebrauchen konnte? Ich riss mich von Ashikaga los.

»Eure Worte lassen mich annehmen, Ihr wollt meine Fähigkeiten benutzen um mit Gewalt einen Weg zu bahnen! Aber es ist vollkommen zwecklos! Sobald Nowaki Wind davon bekommt, werde ich getötet. Ist Euch das nicht bekannt oder egal, weil Ihr, nachdem ich die Mauer durchbrochen habe und von Nowaki umgebracht werde, geschwind ins Freie entflieht?«

»Nowaki? Wer soll das sein?«, Ashikaga blickte mich irritiert an.

»Er muss Euch bekannt sein! Er muss hier sehr einflussreich sein. Als ich damals wieder zu mir kam, hießen seine zwei Handlager und er mich in der Eisenhütte willkommen un - !«

»Du wirst zu laut«, knurrte Ashikaga und presste mir seine Hand auf den Mund. »Hat er behauptet, er sei eine bedeutsame Persönlichkeit oder beruht diese Einschätzung auf deinem Hochmut? Bist du dir sicher, dass du nicht ganz natürlich davon ausgegangen bist, man würde dir hier mehr Beachtung schenken als anderen Sklaven, weil du besonders bist?«

»Ganz bestimmt nicht«, brach es aus mir heraus.
 

Aber überzeugt scheint du selbst nicht recht zu sein!
 

»Verzeih mir, Naruto. Bitte glaube mir, dass ich nicht beabsichtige dich ernstlich zu verhöhnen. Ich war nur ein bisschen verärgert, dass du mir vorgeworfen hast, ich würde dich im Staub zurücklassen. Was ich eigentlich sagen wollte… Nowaki ist nicht der Mann, den du fürchten musst. In ihren Augen wirst du äußerst nützlich und gefährlich sein, aber genau aus denselben Gründen werden sie keine wichtigen Menschen zu dir geschickt haben, sondern Männer, um die es nicht schade ist. Verstehst du? Außerdem solltest du dich von den Gedanken losreißen, dass sie jeden deiner Schritte verfolgen«.

»Aber das tun sie!«, widersprach ich. »Da war dieses Dienstmädchen mit den blanken Augen…und nachher konnte sie sich nicht einmal an mich erinnern! Sie wurde eindeutig beeinflusst«.

»Nun, als Shinobi wirst es besser wissen. Aber hast du jemals daran gedacht, dass es das Werk des Zwerges ist? Hast du nicht, oder?«, ich blickte Ashikaga verblüfft an. »Nein, bevor du wieder auf dumme Gedanken kommst! Der Zwerg verfügt über solche Fähigkeiten nicht. Da bin ich mir sicher. Es muss einer seiner Diener sein«.
 

Wie wäre es mit Asami, Naru-chan? Ihre Narben stammen vielleicht aus einem Kampf.
 

Das kann nicht sein! Wenn dem so wäre, dann hätte ich sie, während des Drachenfestivals, nicht retten müssen.
 

Sie könnte ihre Fähigkeiten verstecken.
 

Ausnahmsweise klang Kyuubi wenig amüsiert, sondern ernsthaft nachdenklich. Wir mussten es wohl oder übel in Erwägung ziehen, denn ich selbst hatte niemand in Verdacht. Doch im Augenblick erschien es mir wenig ratsam Ashikaga Kyuubis Vermutung preiszugeben.

»Tatsache ist, dass sie nicht die Macht besitzen, ein Auge auf alle Sklaven zu haben. Die wenigen Shinobi, denen sie vertrauen, sind damit beschäftigt die Mauer zu bewachen und die Soldaten in Schach zu halten, die sie trainieren. Ich habe noch mehr zu sagen, aber ich denke, dass das genug für heute war. Außerdem werden Mio und der Zwerg bald zurück sein«.

»Warum genau darf Mio-sama nicht erfahren, worüber wir gesprochen haben?«, fragte ich. Ashikaga deutete mir an zu schweigen und aufzustehen. Kurz darauf erschienen Mio und Tamaki.
 

Ashikaga ist vorerst nicht in der Lage dir eine Antwort zu geben. Also helfe ich deinem Spatzenhirn mal wieder nach, das offensichtlich etwas ganz entscheidendes nicht mitbekommen hat: Mio wird bei der Flucht nicht dabei sein.

Liebe

»Naruto, ich will wissen, was ihr beide ausheckt!«

Wahnsinn, sie schlug schnell zu. Erst vor drei Tagen hatte ich mit Ashikaga geredet und schon hatte Mio sich in meinen Weg gestellt. Ich hatte nicht den Hauch einer Ahnung, mit welcher Lüge ich ihren Mund stopfen und ihre Neugierde befriedigen sollte. Doch es war nicht leicht sich etwas auszudenken, wenn irgendetwas ihr Tränen in die Augen trieb.

»Was ist vorgefallen?«, fragte ich aufrichtig besorgt und legte ihr – auch wenn es mir wohl nicht zustand – die Hände auf die Schultern, um sie zu beruhigen. Ich merkte, dass ihre zarten Schultern heftig erzitterten. Mio blickte sich verstohlen um, dann schob sie den Ärmel ihres Kimono zurück. Dadurch enthüllte sie ihre Porzellanhaut, die übersät mit Blutergüssen war. Mir stockte der Atem und ich wich zurück. »Was ist passiert, wer hat Euch das angetan?«

»Ich habe mich nur erkundigt, worüber ihr beiden gesprochen habt und da hat er mich grob an den Armen gefasst. Er hat mich richtig geschüttelt und angeschrien. Was ist mit meinem Liebsten los?«

Ich blieb ihr eine Antwort schuldig, denn ich konnte meine Augen nicht von ihrem geschundenen Arm abwenden. Mir kam der Tag wieder in den Sinn, als ich Mio vollkommen aufgelöst in der Gasse aufgefunden hatte. Es war unmöglich, dass unser Fluchtplan Schuld an Mios Verletzungen trug. Vielleicht wurde Mio von Ashikaga misshandelt und ihre Liebesbeziehung war nur eine überzeugende Farce. Ich zählte eins und eins zusammen – Hölle, das war nicht schwer. Wenn er so auf seiner angeblichen Geliebten herumtrampelte und höchstwahrscheinlich beabsichtigte sie im Stich zu lassen. Wie konnte dann ein Fremdling wie ich ihm Vertrauen schenken? Wer garantierte mir, dass ich nicht bloß ein Werkzeug für ihn war. Mir wurde schlecht, wenn ich an die geheuchelte Freundlichkeit dachte.

Ich atmete tief durch, dann nahm ich Mio an die Hand und zog sie hinter mir her. »Wir sollten uns unterhalten«, erklärte ich, als sie sich widersetzte mir zu folgen.

»Wohin gehen wir?«

»An einen Ort, wo wir ungestört und möglichst privat reden können. Kein bestimmtes Ziel im Sinn«, erwiderte ich.

»Ist es denn etwas derartig Verwerfliches, dass wir uns vor Mithörern fürchten müssen?« Ich konnte spüren, wie sich ihre Muskeln anspannten. Außerdem rang sie nach Atem. Es war nicht meine Absicht gewesen, ihr einen solchen Schrecken zu versetzen. Aus Angst sie könnte gleich zusammenbrechen, hielt ich an, auch wenn ich gerne weiter gegangen wäre. Wir waren nahe einer Reihe von Werkstätten, von denen Lärm zu uns herüber drang. Es war laut, doch wenn wir dicht nebeneinander standen, würde sie mich hören können. Mio hob eine Augenbraue und hatte ihre Panikattacke offensichtlich schnell überwunden. Ich fragte mich, wie ich ihr alles beibringen sollte. Sie war schließlich ein fragiles Geschöpf, auch wenn sie manchmal diese Tatsache zu überspielen versuchte. Ich war unschlüssig, ob ich ihr offenbaren sollte, wieso sie von unserem Fluchtplan bis jetzt nichts erfahren hatte. Meine Zweifel hatte ich sicher nicht, weil ich Rücksicht auf Ashikaga nehmen wollte, vielmehr sorgte ich mich um Mio. Wie würde sie die Wahrheit verkraften? Ich atmete tief durch. Möglicherweise machte ich einen Fehler. Es war nicht so, dass er mir grundsätzlich eine Erklärung verwehrt hätte; er hatte einfach keine Gelegenheit gehabt mir zu erklären, warum ich Mio nichts verraten durfte. Aber er hatte sie verletzt! Nein, es war nur richtig sie in unser Vorhaben einzuweihen.

»Wir wollen flüchten«, sagte ich. »Wir haben uns noch nicht entschieden, wie wir das anstellen sollen. Doch es steht fest«. Ein eigenartiger Ausdruck trat in ihre Augen, aber es schien für sie keine Überraschung zu sein. Ich legte fragend die Stirn in Falten. »Es ist nicht das erste Mal, dass er mit dem Gedanken zu flüchten spielt, nicht wahr?«

Sie nickte. »Wieso erfahre ich es von dir und nicht meinem Liebsten?« Mio verschränkte die Arme vor ihrer Brust und wandte mir den Rücken zu. »Um ehrlich zu sein, solltet Ihr es gar nicht erfahren. Zumindest nicht von mir. Ashikaga nahm mir das Versprechen ab Stillschweigen zu wahren. Aber da ich befürchte, dass hier eine Gemeinheit vor sich geht, sah ich mich letztlich gezwungen Euch alles zu sagen«.

»Wovon redest du?«

»Es ist nur eine Befürchtung von mir und muss nicht der Wahrheit entsprechen...«

»Rede weiter. Wenn du jetzt einen Rückzieher machst und dich nicht traust etwas zu sagen, dann hättest du besser gleich geschwiegen. Jetzt rede! Du hast meine volle Aufmerksamkeit«, zischte Mio und wirbelte herum.

»Nun, ich glaube, Ashikaga hat nicht vor Euch mit in seine Heimat zu nehmen. Denn es erscheint mir seltsam, wie er sich verhält. Wie gesagt, vielleicht hat er einen anderen Grund dafür, dass er bislang nichts sagte«.

»Danke für deine Ehrlichkeit, Naruto. Bedauerlicherweise kann ich mir vorstellen, dass er mich loswerden will. Daheim erwartet ihn seine Verlobte – ihr Name ist Choko. Mein Liebster und ich haben uns nicht so kennen gelernt, wie er es damals Tamaki und dir erzählte. Ich bin ein gestohlenes Kind, Naruto. Nun, ich war kein Kind mehr, als ich entführt wurde. Er entriss mich meiner Familie, weil er ein Auge auf mich geworfen hatte. Zuerst hatte er bei meinen Eltern um meine Hand angehalten, dann bot er ihnen Gold und Juwelen. Aber sie ließen sich durch nichts erweichen. Ich hasse ihn nicht dafür, denn ich ging gern mit ihm fort. Viele Mädchen träumen davon einem Prinzen zu begegnen, ihn zu heiraten und eines Tages Königin zu sein. Meine Eltern wollten einfach ihr Kind nicht in wildfremde Hände geben. Wie auch immer, kommen wir zurück zu Choko. Bevor Ashikaga und ich hierher kamen, hatten wir viele glückliche Tage miteinander verbracht und ich war überzeugt, dass wir füreinander bestimmt sind. Doch dann tauchte plötzlich dieses grässliche Miststück auf und wurde ihm als seine Verlobte vorgestellt. Sie war die Tochter irgendeines Anführers eines anderen Stammes. Sie ist eine furchtbare Person und ich weiß, dass Ashikaga ihr verfallen ist, weil sie ihn blenden konnte. Was ist schon ein einfaches Bauernmädchen gegen eine Prinzessin?« Sie seufzte. »Ich wünschte, ich hätte mich in jemand wie dich verliebt, dann wäre vieles soviel leichter«. Ein Schlucken, dann verließ ein Wimmern ihre Lippen.

Ich war erfasst von Mitgefühl. Also würde er Mio für diese Choko aufgeben? Ich wusste nicht genau, was Choko verbrochen hatte, um Mios Hass auf sich zu ziehen. Andererseits schien es mir Verbrechen genug zwei Liebende auseinander zu reißen. »Ist es das erste Mal, dass er Euch wehgetan hat?«

»Nein. Aber es sind nur Kleinigkeiten«, erwiderte Mio ausweichend und rieb sich das Handgelenk. »Jedenfalls werde ich ihn verloren haben, sobald er die Stadtmauern durchschreitet«.

Heißt das, dass sie von mir verlangte die Flucht zu vergessen? »Wäre es nicht besser für Euch Ashikaga aufzugeben?«

Mio starrte mich an und schien zu überlegen. »Das ist nicht so einfach, Naruto. Aber du hast Recht. Ich habe genug von ihm und sollte ihn mir ein für alle aus dem Kopf schlagen. Wirst du mir dabei helfen, Naruto?«

»Ja, ich werde Euch mit allen Mitteln helfen, die mir zur Verfügung stehen. Ich bin der Überzeugung, dass ich von ihm nur benutzt werde. Wir sitzen also quasi in einem Boot«.

»Ich danke dir. Und was machen wir jetzt?«, fragte Mio.

»Wir sollten versuchen den Spieß umzudrehen«. Mio erfasste meine Hände und drückte sie. Sie strahlte mich an und säuselte: »Oh, Naruto. Was würde ich ohne dich tun? Ich werde versuchen Ashikaga so zu manipulieren, dass er dich die nächsten Tage einladen wird«.

Wandel

Die Stadt veränderte sich nach dem Drachenfestival nicht. Die Banner wurden nicht abgehangen, die Drachen auf den Hauswänden wurden nicht entfernt. Das einzige, das sich veränderte waren die Redner. Aus Rednern, das merkte ich gleich am Anfang, wurden Prediger. Trotzdem schenkte ich dem Wandel zuerst keine große Aufmerksamkeit. Es war schließlich mein erstes Drachenfestival und ich dachte, es sei normal. Ich verstand erst, dass das nicht zum Fest gehörte, als ich Hibiki und Asami beim Flüstern erwischte.

»Ich schätze, dass sie dieses Jahr mit der Zeremonie beginnen«, Hibiki schien im Gegensatz zu Asami gelassen. »Sie scheinen alle wichtigen Figuren nun beisammen zu haben. Ich hatte gehofft, es nicht mehr erleben zu müssen«.

»Pech gehabt, alter Mann. Du hattest immerhin die Chance fast ein ganzes Jahrhundert alt zu werden, während ich lange vor meiner Zeit das Zeitliche segnen darf«, knurrte Asami.

»Wir armen Sklaven werden wahrscheinlich als erstes aufgeopfert. Außerdem bin ich noch keine achtzig Jahre alt!«. Bloß ein Seufzen. Hibiki hatte sich mit seinem Schicksal abgefunden.

Ich rührte mich nicht, wollte sie nicht stören. Selbst wenn es mich auch betraf, so hätte Asami aus Boshaftigkeit augenblicklich geschwiegen, würde sie wissen, dass ich lauschte.

Sie lachte verbittert auf. »Natürlich werden wir das, alter Mann. Es ist egal, ob sie uns stets für minderwertig gehalten haben. Obwohl ihnen diese Zeremonie so heilig ist, werden sie sicherlich kein hochwertiges Blut vergießen«, ich hörte deutlich wie sie spuckte. Wenn nicht allein ihre Worte bereits ausgedrückt hätten, wie sehr sie diese Angelegenheit anwiderte, hätte spätestens diese Tat alle Zweifel in Luft aufgelöst. Asami achtete für gewöhnlich nahezu krankhaft darauf, dass alles vor Sauberkeit strahlte.

Aber was genau widerte sie an, dass sie sich dermaßen vergaß? Blutvergießen klang gar nicht gut. Auch nicht, dass sie von wir und nicht von ich sprach, bereitete mir auf der Stelle Bauchschmerzen.

Allerdings wurde ihre kleine Unterredung unterbrochen, als Tamaki aus seinem Salon herauskam. Beide verneigten sich artig und ich entschied nun endlich nach unten zu gehen. Ich tat es ihnen gleich, als ich neben ihnen zum Stehen kam. Gemeinsam wünschten wir ihm dann einen guten Morgen.

»Guten Morgen, Naruto«, Tamaki hatte schlechte Laune. Ich merkte es an seiner Stimme, er sah wie der Tod selbst aus. Plötzlich über Nacht gealtert. Er war offenbar an diesem Morgen ohne Hilfe eines Dieners aufgestanden. Er blickte Hibiki und Asami gar nicht an, als er zu ihnen sprach. »Ich will zuerst ein Bad nehmen, dann auf der Terrasse frühstücken. Ein Gast wird sich mir anschließen«. Die beiden verneigten sich erneut, dann machte sich Hibiki auf in die Küche und Asami lief zum Badehaus. Tsukino und eine andere Dienerin schlossen sich ihr ganz automatisch auf dem Weg dorthin an, als hätten sie bloß darauf gewartet. Ich blieb allein mit Tamaki zurück und wartete auf Anordnungen.

»Ich hab Neuigkeiten für dich. Mir wurde gerade mitgeteilt, dass Ashikaga angegriffen worden ist. Der Übeltäter ist deine kleine Freundin Natsuko. Leider hatte sie keinen Erfolg. Auf niemand ist Verlass, aber sie ist ja bloß eine Göre. Weißt du etwas darüber?«

»Nein, Wawashi-sama«.

»Warum wirst du dann bleich?«, fragte er mich und lachte auf einmal auf. Es war ein freudloses Lachen. »Mach dir nicht ins Hemd, ich bin von deiner Unschuld überzeugt«.

Daran hatte ich gar nicht gedacht. Die einzigen Fragen, die mich plagten, drehten sich um Natsukos Wohlergehen und den Grund für ihre Tat. Ein solcher Frevel musste eine angemessene Strafe nach sich ziehen, selbst wenn sie ein Kind war. Meine einzige Hoffnung war, Ashikaga möge sie meinetwegen verschonen. Noch hatte er allen Grund mir einen Gefallen zu tun, noch hatte ich ihn nicht betrogen.

»Weiß der Geier warum das Kind glaubte gegen seine Hunde, die sich Menschen schimpfen, ankommen zu können«, da Tamaki Ashikaga bekanntlicher Weise hasste, schien ihn die Angelegenheit sehr zu amüsieren. Natsukos Schicksal scherte ihn selbstverständlich nicht. Er kratzte sich unbekümmert über seinen Stoppelbart. »Das ist auch egal. Ashikaga schickt nach dir. Keine Ahnung, warum er neuerdings meint über mein Eigentum verfügen zu können. Hat bestimmt etwas mit der Zeremonie zu tun. Seine große Stunde, der Scheißkerl«.

Tamaki benahm sich an diesem Morgen wie ein Fremder. Allein seine Wortwahl war so gar nicht seine Art. Auch das er ganz allein heute morgen aufgewacht war und darauf verzichtet hatte wie ein Gott bedient zu werden, war merkwürdig. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte ich glatt glauben heute sei sein letzter Tag auf Erden und die Erkenntnis hatte ihn ganz aus seiner Rolle geworfen. Ja, vielleicht in der Nacht aus dem Bett getrieben. Angesichts seines nahenden Endes wollte er sich nicht länger verstellen. Natürlich großer Unsinn, denn Tamaki würde das nächste Jahrzehnt zumindest leben. Außerdem konnte niemand wissen, wann er starb.

»Keinen blassen Schimmer, warum er gerade dich sehen will. Vielleicht hat das Mädchen ihn darum gebeten? Oder hat er einen Narren an dir gefressen? Weshalb auch immer er dich mag – gute Arbeit. Mache ruhig so weiter, gewinne sein Vertrauen und verrate mir, was auch immer er dir erzählt. Hörst du, Naruto? Oder bist du seinem Charme bereits erlegen«, ein dreckiges Grinsen zierte sein Gesicht. »Ich hatte mich auf dich verlassen, weißt du? Ich bin enttäuscht«.

Ich sog scharf die Luft ein. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen bis es in ihm den Argwohn weckte, dass neuerdings ausschließlich ich Botengänge tätigte, wenn es nur im entferntesten mit Ashikaga zu tun hatte. Ich hatte Ashikaga gesagt, dass es zu riskant war, dass selbst der Gnom eventuell Verdacht schöpfen würde. Möglicherweise hätte ich mich gegen die Anschuldigen wehren sollen, aber ich hielt den Mund. Tamaki war ganz offensichtlich nicht er selbst in diesem Moment. Seine Aussage schien mehr ein böser Scherz oder eine Provokation zu sein. Er verpasste mir einen Klaps auf den Hintern und wandte sich dann zum Gehen um. Ich blickte ihm nach, als er einem Dienstmädchen schroff auftrug Asami zu ihm ins Schlafzimmer zu schicken.
 

Da Tamaki nichts weiter gesagt hatte, nahm ich an, dass es mir freistand zu Ashikaga zu gehen, also verließ ich so bald wie möglich das Anwesen. Kaum war ich durch das Tor geschritten, hatte ich Tamaki vergessen und meine Gedanken widmeten sich wichtigeren Befürchtungen. Mio hatte mir, wenngleich sie es von Liebe geblendet auf die leichte Schulter nahm, Ashikagas wahren Charakter offenbart. Ich hätte schreien können. Deshalb hatte ich mich mit niemand einlassen wollen. Erst Natsuko, jetzt Mio. Wer würde ihnen noch folgen? Der Stadt und ihren Bewohnern schienen unangenehme Zeiten bevorzustehen, wenn ich entschied den Wortwechsel zwischen Asami und Hibiki ernst zu nehmen. Wieso ausgerechnet jetzt, wo ich hier war? Hätten sie nicht warten können bis ich verduftet war? Ich blickte die Banner voller Hass an. Sollte das ein Wink des Schicksals sein? Gar eine Aufforderung? Es scherte mich nicht! Ich – darum sollte ich mich scheren. Danke Schicksal, ich lehne ab. Natsuko und Mio waren meine Freunde, weil ich ihnen Schutz bot. Aber wir kannten uns nicht lange, nicht lange genug. Alte Freunde hatten sich vor wenigen Monaten von mir abgewandt. Es machte keinen Unterschied, ob sie es gewollt hatten oder nicht. Wahre Freunde kämpften um einander, oder nicht? Ich hatte stets meinen Freunden geholfen, nie das Vertrauen in sie verloren. Früher hätte mich das vielleicht weniger getroffen, da war ich noch Einsamkeit gewohnt gewesen. Sie hatten mich wieder verletzlich gemacht. Natsuko und Mio würden sich mit noch größerer Leichtigkeit von mir trennen, wenn ich ihnen mein Inneres präsentierte.
 

»Naruto«, Ashikaga war über einen kleinen Tisch gebeugt, als ich in das Zimmer mit den Wasserlilien an der Wand trat. »Schön, dass du gekommen bist«. Mir lag auf der Zunge, dass man nicht behaupten könnte, ich sei freiwillig hierher gekommen. Aber ich hütete meine Zunge, denn solange Natsuko in seinen Händen war, konnte ich es nicht wagen ihn, wenngleich nur ein bisschen, zu provozieren.

»Guten Morgen, Ashikaga-sama. Was kann ich für Euch tun?«, fragte ich stattdessen, worauf Ashikaga sich aufrichtete. Ein Schal, den er sich um den Hals gelegt hatte, verrutschte und offenbarte ein Würgemal. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Das konnte nicht von Natsukos Händen stammen, oder?

»Gib mir einen Moment und sei nicht so förmlich«, er meinte vermutlich meine Tonlage. Das du hatte er mir nie angeboten und das würde er auch niemals. Zuallererst waren wir keine Freunde. Zweitens war ich in seinen Augen vielleicht kein Sklave, aber ein Diener nichtsdestotrotz. Ashikaga war bereits ein Prinz gewesen als er das Licht der Welt erblickt hatte. Es war für ihn ganz natürlich, dass andere ihm dienten, egal wie hoch ihr Rang im Vergleich zu dem eines Sklaven sein mochte.

Ich warf einen Blick auf die Schriftrolle, die er auf dem Tisch ausgebreitet hatte. Es war eine persönliche Nachricht an ihn, wie ich feststellte. Wahrscheinlich ein Gruß aus der fernen Heimat. Mein Blick wanderte an der Schriftrolle herunter und blieb an der Unterschrift des Absenders hängen. Choko. Ich versuchte seine Miene zu deuten und fand darin, wie erwartet, dutzende unterschiedliche Gefühle.

»Deine kleine Freundin Natsuko ist bei mir. Ich bringe dich zu ihr, also folge mir bitte«, damit wandte er dem Tisch den Rücken zu und trat hinaus auf den Flur. Ich schöpfte nach Atem und eilte ihm dann nach. In welchem Zustand würde ich Natsuko vorfinden? Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter. Selbst wenn Ashikaga kein Verlangen hatte ihr ein Leid zu zufügen, so hatten zwischen ihm und ihr seine Leibwächter gestanden, die ich nicht kannte und dadurch auch nicht einschätzen konnte. Schlimmstenfalls hatten sie gedankenlos auf sie eingeschlagen und eingetreten, bevor Ashikaga sie hatte aufhalten können. Ich machte mich auf eine böse Überraschung gefasst, aber als Natsuko mir um den Hals fiel, schien sie mit dem Schrecken davon gekommen zu sein. Ich konnte aufatmen und drückte sie sogleich fest an mich.

»Was hast du dir bloß dabei gedacht?«, ich mochte wütend klingen, aber Natsuko würde verstehen, wie es gemeint war. Sie schluchzte und murmelte immer wieder meinen Namen. Natsuko wusste besser als ich, wie es in der Eisenhütte zuging und wie glücklich sie sich schätzen durfte, verschont worden zu sein.

»Sie hat es mir nicht verraten wollen, was ich ihr nicht verübeln will. Aber ich versichere dir, Natsuko, was auch immer du als Grund genug erachtet hast mir nach dem Leben zu trachten, muss ein Missverständnis sein«.

Ich sah zu ihm auf und suchte nach einem Hinweis in seinem Gesicht, der ihn als Lügner und Heuchler entlarvte, aber ich wurde nicht fündig. Sein Gesichtsausdruck war sanft, nicht eine Sorgenfalte. Ohne Natsuko loszulassen, entschuldigte und bedankte ich mich in ihrem Namen. »Wenn Ihr nichts dagegen habt, würde ich sie nun nach Hause bringen. Ihr Herr wird sich schon wundern, wo sie bleibt und ich möchte Euch die Mühe ersparen an einen solch einfachen Ort einen Eurer eigenen Diener zu schicken«.

»Ich danke dir. Ach ja, kein Wort darüber, was passiert ist«.
 

Kaum hatten wir vier Straßen durchschritten, blieb ich wie angewurzelt stehen und kniete mich zu Natsuko herunter. »Warum hast du so eine Dummheit begangen?«

Das Mädchen vermied meinen Blick, schien aus irgendeinem Grund verlegen zu sein. Natsuko trat von einem Fuß auf den anderen. »Ich habe dich mit der hübschen Dame gesehen«, sie flüsterte, hielt ihre Hand schützend über den Mund, als wolle sie verhindern, dass jemand von ihren Lippen las. »Ich habe gehört, worüber ihr gesprochen habt. Nicht mit Absicht. Jedenfalls steht dieser Herr Euch im Weg, oder nicht? Er hat der hübschen Frau solch schlimme Dinge angetan«.

»Natsuko, du weißt doch, wie man hier mit Sklaven umspringt. Es ist nicht gut, aber im Augenblick haben wir keine andere Wahl, als es hinzunehmen«, ich ließ die Tatsache auf sich beruhen, dass Natsuko mich offensichtlich ausspioniert hatte. Das war ein Gespräch für einen anderen Tag.

»Aber du magst sie, nicht? Und ich möchte, dass du glücklich bist, großer Bruder. Ich wollte es ihm heimzahlen«.

»Du musst dich nicht um mein Glück kümmern. Außerdem liegst du falsch, ihr Gesicht kann niemals schön genug sein, um deinen Tod zu rechtfertigen. Bitte tu so etwas nie wieder. Hat er dir wehgetan?«.

Natsuko blickte mich mit dem Anflug eines Lächelns an. »Nein, hat er nicht. Er hat mir bloß Gebäck angeboten, das ich aber nicht angerührt habe. Es hätte ja Gift darin sein können«.

»Du musst mir versprechen, dass du dich von ihm fernhältst. Versprich es mir«, setzte ich nach.

»Ich verspreche es«, sagte Natsuko.

Ich betrachtete ihr Gesicht und strich ihr dann über das Haar. Ihre Tränen waren versiegt und alles schien vergessen. Kurz überlegte ich, ob ich sie fragen sollte, was es mit dieser Zeremonie auf sich hatte. Obwohl ich wusste, dass Natsuko keineswegs naiv war und sicherlich mir eine Antwort hätte geben können, wagte ich es am Ende nicht. Ich wollte nicht hören, wie ein Kind von seinem baldigen Tod sprach. So oft wie sie in den Straßen herumlungerte, hatte sie diese Redner bestimmt schon oft gehört. Ich war zu feige der Realität ins Gesicht zu sehen. Ein Räuspern hinter uns ließ uns gleichsam zusammenzucken. Langsam sah ich mich um und erblickte Ashikaga mit zwei seiner Leibwächter.

»Bitte weise mir den Weg, Naruto«.

Dämmerung

Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal gleichzeitig Grauen und Erleichterung verspürt hatte. Es war nicht, als ob ich nicht verstehen könnte, warum sich Herz und Verstand nicht entscheiden konnten. Viele Möglichkeiten entsprangen diesem Tag, ob sie mir behagten oder nicht.

Heute morgen war ich Zeuge davon, wie Ashikaga die kleine Natsuko ihren vorherigen Herren abkaufte. Nonchalant teilte er ihnen mit, dass er Natsuko mitnehmen würde und dann, als ob er diesem Pack erst gar nicht zu nahe kommen wolle, warf er ihnen winzige Goldstücke vor die Füße. Die beiden hatten ihn mit großen Augen angesehen, hatten diese Behandlung jedoch klaglos hingenommen, weil Ashikaga in der Nahrungskette mehrere Stufen über ihnen stand. Flink hatten sie alles aufgesammelt und sich bedankt.

Das Spektakel hatte nicht einmal zehn Minuten gedauert, da machte Ashikaga schon in Begleitung seiner Leibwächter und Natsuko kehrt. Ich war ihnen in der Hoffnung gefolgt irgendeine Erklärung zu erhalten, aber Ashikaga hatte geschwiegen. Das war der Moment, in dem mir klar wurde, dass sich gerade etwas ereignet hatte, dass sowohl erfreulich, als auch grauenvoll war. Natsuko mochte dasselbe gedacht haben und folgte nur widerwillig, weil es ihr an Alternativen mangelte. Ihre kindliche Sorge mochte sein, dass sie unser Versprechen so rasch brach, aber sicherlich überwog die Erinnerung, dass in meinen Worten eine Warnung mitgeschwungen hatte. Vielleicht fürchtete sie auch, er hätte sie an sich gerissen, weil er unser Gespräch gehört hatte, um uns unter Druck zu setzen. Ich hatte eine ähnliche Befürchtung. Bei Natsuko konnte ich mich darauf verlassen, dass sie trotz ihres jungen Alters auf der Hut war.

Schließlich erreichten wir Ashikagas Anwesen und er erkundigte sich, ob ich nicht zu meinem Herren müsse. Selbstverständlich musste ich das, immerhin war ich noch ein Sklave, auch wenn mich die Freiheiten der letzten Tage dies manchmal vergessen ließen. Natsuko und die Leibwächter wurden ins Haus geschickt, während Ashikaga und ich noch vor dem Eingang verweilten.

»Warum habt Ihr das getan?«

Er hatte mich angelächelt. »Natürlich, um dir einen Gefallen zu tun, Naruto. Diese abscheulichen Leute scheinen nicht gut zu ihr gewesen zu sein. Ich habe an ihrem Körper alte Blutergüsse gesehen. Ich dachte mir, dass es besser wäre, sie unter meine Fittiche zu nehmen bis wir dieser Hölle entkommen sind«.

»Ich sehe nicht, wie ich es für Euch eine Hölle ist. Ihr mögt zwar ein Gefangener sein, doch Ihr werdet wenigstens nicht wie Abschaum behandelt«, hatte ich geknurrt.

Es war unbedacht aus mir herausgekommen und ich hatte es sofort bereut. Es war dumm gewesen, ich weiß, aber ich hatte ihn im Verdacht Natsuko als Druckmittel gegen mich verwenden zu wollen. Offensichtlich wusste ich noch immer nicht mich zu beherrschen. Was in Ashikagas Zügen lag, war entgegen meiner Erwartung kein Zorn, sondern Enttäuschung.

»Also hat sie dich ebenfalls mit ihrem giftigen Stachel erwischt«, er hatte geseufzt und sich von mir abgewandt. Ich hatte nicht mehr die Gelegenheit zu fragen, was er damit meinte, als die Tür schon hinter ihm ins Schloss fiel.

Sollte das bedeuten, dass Mio mich manipulierte? War sie eine Lügnerin? Nein, nein, nein! Ich konnte es nicht glauben. Schließlich hatte ich ihre Verletzung gesehen und auch wenn sie kein Unschuldslamm war, so sprachen mehr Beweise für ihre Aufrichtigkeit als für seine. Wenn es wirklich so wäre, hätte er mir längst sagen können, dass Mio eine falsche Schlange war. Nein, er log. Ich war mir todsicher.
 

Ich bereute das Wort verwendet zu haben, als ich zu dem Anwesen von Tamaki zurückkehrte und von Totenstille empfangen wurde, statt Hibiki oder Asami. Keine Menschenseele schien anwesend zu sein.

Ich verschwendete meine Zeit nicht. Kein lautes Nachfragen, denn es war eindeutig, dass hier etwas Vorgefallen war. Nur ein paar Details galt es zu ergründen, das Ausmaß festzustellen. Ich holte tief Luft und machte mich auf den Weg zu Tamakis Salon, wo ich ihn um diese Uhrzeit vorzufinden erwartete. Ich klopfte viermal, aber niemand reagierte, also nahm ich mir die Freiheit mir Zugang zu verschaffen.

Ein übler Geruch wehte mir entgegen und ich konnte ihn ohne Schwierigkeiten als Blutgeruch enttarnen. Es war klar, dass mich eine Leiche erwartete, nur hatte ich mir nicht erhofft Tamakis verstümmelte Leiche vorzufinden. Ich war nicht schockiert einen toten Körper zu Gesicht zu bekommen – schon gar nicht Tamakis toten Körper. Nichtsdestotrotz war es eine mehr als unangenehme Überraschung. Was zum Henker war hier passiert? Zumindest verstand ich jetzt, dass alle geflohen waren. Aber vor wem?
 

Vielleicht vor dir.
 

Ich verdrehte die Augen. »Ich habe mich anscheinend zu früh über deine Verschwiegenheit gefreut. Aber was wundert es mich? Du würdest es dir doch nicht nehmen lassen einen Kommentar abzugeben, wenn sich so etwas Abscheuliches ereignet hat«, ich warf einen letzten Blick auf Tamakis Leiche und machte mich dann auf die Suche nach anderen, die vielleicht verletzt waren und meine Hilfe brauchten. Nett von mir, dass ich ihnen helfen wollte, obwohl sie mir gegenüber nie freundlich gewesen waren. »Es wird dir herzlich egal sein, aber ich habe jetzt keine Zeit für deine Scherze«.
 

Das war kein Scherz.
 

Kurz erschauderte ich. Hatte ich Tamaki getötet? Aber ich konnte mich an alles, was heute passiert war, deutlich erinnern. Ich hätte es zumindest am Anfang bemerkt, hätte mich das rote Chakra erfasst. Oder war es so weit mit mir, dass ich komplette Ausfälle erlitt, sobald Kyuubi von mir Besitz ergriff? Mein Puls raste. Ich konnte nicht mit reinem Gewissen behaupten, mich keines Verbrechen schuldig gemacht zu haben. Ich versank sofort in Schwarzmalerei. Das war das zweite Mal am gleichen Tag, als ich gleichsam Erleichterung und Grauen empfand. Tamakis Tod war längst wohl verdient, aber sollte ich sein Mörder sein, dann schien mir mein Tod sicher.
 

Gib Ruhe! Vergiss nicht, dass ich deine Gedanken auch hören kann. Kein Grund sich in die Hose zu scheißen.
 

Es gab für alles ein erstes Mal und ich war in diesem Augenblick froh Kyuubis Stimme zu hören, die so laut in mir widerhallte, dass sie all meine Gedanken übertönte. Ich atmete auf, ich war schlagartig von den Gedanken befreit.

»Kyuubi«, es war seltsam ihn so zu nennen, denn ich hatte das Gefühl, als sei er schon eine halbe Ewigkeit nur Monster für mich gewesen. »Sei ehrlich zu mir. Habe ich Tamaki getötet?« Offenbar erhoffte ich mir, durch seinen ungewöhnlichen Tonfall ermutigt, Hilfe von ihm. Die Frage war, ob er ehrlich mit mir sein würde. Es käme ihm bestimmt nicht ungelegen, wenn ich vom Wahnsinn geschwächt wurde.
 

Nein, hast du nicht. Doch ich weiß, dass du mir zustimmen wirst, wenn ich sage, dass man das glauben könnte. Du warst immerhin nicht hier, als es geschah und jeder weiß, dass du stark bist – für einen Menschen.
 

»Dann habe ich dennoch einen Beweise für meine Unschuld und Zeugen, die es bestätigen können«, erwiderte ich voller Selbstvertrauen. Genau, sofern Ashikaga mir nicht schaden wollen würde, könnte er bestätigen, dass ich an seiner Seite war, als Tamaki umgebracht worden war. Auf dem Küchenboden fand ich drei Frauen. Ihre Körper waren verglichen mit Tamakis bloß leicht verstümmelt und vermutlich entstanden, als sie sich mit Recht zur Wehr gesetzt hatten.
 

Du hättest einen Doppelgänger zu Ashikaga schicken können. In diesem Fall ist es für dich ein Nachteil, dass du ein Shinobi bist.
 

»Glaubst du, dass mir jemand hier etwas in die Schuhe schieben will? Wie kommst du darauf? Es könnte ein Rivale von Tamaki gewesen sein, der hierfür verantwortlich ist«, ich schlich weiter durch das Haus und machte vor Hibikis Zimmer Halt. Ich schluckte. Es würde mir etwas ausmachen, wenn der alte Mann tot war. Er war kein Freund gewesen, aber auch kein Gegner. Ich konnte nicht ausschließen, dass er mich ebenfalls gefürchtet und verachtet hatte, aber zumindest hatte er es mich nicht spüren lassen. Dafür war ich ihm dankbar, immerhin hatten viele Leute sich nicht die Mühe gemacht es zu verstecken.
 

Ich bezweifle, dass ein Rivale loszieht um Tamaki und im Anschluss seine Diener zu töten, nur weil dessen Geschäfte besser laufen. Nicht in der Eisenhütte und schon gar nicht auf diese Weise. Wenn es jemanden in den Fingern juckt einen anderen zu töten, der einen ähnlichen Rang in der Gesellschaft hier hat, dann würde man es möglichst unbemerkt tun.
 

Ich bemerkte, dass die Tür gewaltsam geöffnet worden war. Hibiki hatte gehofft sein Leben retten zu können, indem er sich in seinem Zimmer einschloss. Es roch nach Blut und ich wusste, dass ich eine weitere Leiche finden würde. Aber ich hatte die Hoffnung, dass es jemand anderes war, der hier sein Leben gelassen hatte.

Ich lag falsch. Zu meiner Überraschung schien Hibikis Körper, bis auf einer Wunde am Kopf, unbeschadet. Man hatte ihn aufgrund seines Alters wohl mit Leichtigkeit töten können und kein Interesse daran gehabt ihn zu verstümmeln – warum auch immer. Vielleicht Zeitmangel.
 

Die Art und Weise, wie getötet worden ist, lässt auf ein Biest schließen. Und wen erachtet man als Biest?
 

»Mich«, es war bloß ein Flüstern.

Ich ging zur Treppe und ließ mich auf den Stufen nieder. Ich hatte genug von der Suche. Vielleicht waren alle tot, vielleicht nicht. Was scherte es mich? Es war ratsamer mir Gedanken darüber zu machen, wie ich meine Unschuld beweisen konnte und wer hinter diesem Massaker steckte.

»Aber wer würde mir hier etwas anhängen wollen? Ich weiß, dass ich nicht der beliebteste Bürger bin und das viele Gerüchte über mich im Umlauf sind. Das ist jedoch kein Anlass für einen gewöhnlichen Bürger ein solches Massaker zu inszenieren. Ich glaube auch nicht, dass die Wächter etwas damit zu tun. Wenn sie mich aus dem Weg schaffen wollen, könnten sie das mit weniger Aufwand tun«.

Dann traf es mich wie den Blitz. Hatten wir nicht schon vermutet, dass sich ein Shinobi in Tamakis Haus versteckt hielt? Ich hatte gedacht, dass er höchstwahrscheinlich Tamaki dient. Doch er konnte genauso gut einem anderen Herren gehorchen, der mir das Leben schwer machen wollte. Ein Shinobi, der andere Menschen kontrollieren konnte, dürfte kein Problem haben ein Jutsu zu verwenden mit welchem er wie ich aussehen konnte.

»Vielleicht dient er Ashikaga«.
 

Allerdings hat Ashikaga keinen Grund dir schaden zu wollen. Sicherlich könnte er Natsuko zu sich geholt haben, um dir im Notfall zu drohen. Aber auch er muss nur ein Wort verlieren und schon wärst du tot. Außerdem scheint er es lieber zu haben, dass du ihn magst, als ihn zu verabscheuen. Somit würde er dir auch keine Lektion in dieser Weise lehren wollen.
 

Ich wollte Kyuubi gerade antworten, da musste ich mehreren Kunai ausweichen, die auf mich niederprasselten. Sofort richtete sich mein Blick nach oben. Ich konnte das Gesicht meines Angreifers nicht gut erkennen, doch ich war mir ziemlich sicher, dass es Asami war. Also war sie tatsächlich der Shinobi. Ich wartete darauf, dass sie etwas sagte, aber nach einem kurzen Moment des gegenseitigen Anstarren, stürzte sie sich in die Tiefe direkt auf mich zu. Ich hatte keine Waffe mit der ich sie hätte abwehren können.

»Wie passend! Das verfluchte und wahnsinnige Monster redet mit sich selbst!« Ein Knurren, als sie mir einen Tritt versetzte. Sie traf mich und ich spürte es. Ein kurzer Schmerz durchfuhr mich, aber nichts womit sie mich in die Knie zwingen konnte. Ich schnaubte amüsiert. Offensichtlich war ich, wenn man Jutsu ignorierte, rein körperlich überlegen.

Schwungvoll vollführte sie eine Drehung in der Luft und fixierte meinen Kopf an, doch ich ließ mich zu Boden fallen und bekam ihr dünnes Bein zu fassen. Mit mehr Kraft als nötig warf ich mich im Anschluss auf ihren Körper und übte auch dort einen recht fiesen Druck auf ihre Knochen aus. Juhu, das hatte mich nicht mal nichts zum Schwitzen gebracht. Asami biss die Zähne fest zusammen, ich vermutete, um nicht vor Schmerzen laut zu ächzen.

Ich kam nicht umhin sie zu verspotten. Wieso sollte ich mich auch zurückhalten? Es war jetzt eindeutig, dass sie meine Feindin war. »Ganz schön aus der Übung, was?«

Sie spuckte mir ins Gesicht und versuchte sich freizumachen. Ihr Pech, dass ich nicht vergaß ihre Hände über ihren Kopf nieder zu drücken und, auch wenn es furchtbar widerwärtig war, dem Reiz widerstand mir ihre Spucke aus dem Gesicht zu wischen. Absolut vorstellbar, dass das Miststück versucht hatte mich mit diesem billigen Trick abzulenken.

Ihr Blick war hasserfüllt. Ärgerte es sie, dass ich nun eine Gelegenheit bekam ihren Plan zu durchkreuzen? Konnte ich ihr nicht verübeln, auch wenn es mich nicht kümmerte. Ich überlegte, welche Fragen mir am meisten auf der Zunge brannten.

»Wer ist dein Auftraggeber?«

Asami beantwortete mir meine Frage mit einem scharfen Zischen und einem vor Wut verzerrten Gesicht. Im nächsten Moment musste ich schon zur Seite ausweichen, weil sie mir eine bläuliche Flüssigkeit ins Gesicht spie. Ich dankte es ihr mit meinem Fuß in ihrer Seite, was sie aufstöhnen ließ.

»Echt ekelhafte Fertigkeiten, die sie dir bei euch gelehrt haben«.

Ich wüsste mal gerne, wo sie die Dosis Gift in ihrem Mundwerk aufbewahrt hatte. Sie rappelte sich auf und schien keine Probleme zu haben sich zu bewegen. Trotz dessen, dass wir beide Shinobi waren, ging es im Augenblick eher handzahm zu. Wir wollten einander wohl noch nicht töten, auch wenn ihre Handlungen mir auf den ersten Blick widersprechen mochten.

Ich wollte Informationen, was sie wollte konnte ich mir vage vorstellen. Zeit schinden, damit sie in einer Weile Ruhm dafür einheimsen konnte, dass sie den mutmaßlichen Mörder dingfest oder getötet hatte. Ich schätze, sie wollte auf jeden Fall, dass man uns hier im Kampf um Leben und Tod vorfand. Das Gift mochte eher eine einschläfernde Wirkung haben. Wahrscheinlich würden die Wächter bald auftauchen. Einer von uns beiden musste dann den Kopf hinhalten oder es schaffen, den anderen dazu zu bringen. Hoffentlich gelang es mir.

»Warum hast du sie alle getötet?« Ich konnte sie nicht davon überzeugen, dass sie brav zugab, dass sie hierfür verantwortlich war. Aber vielleicht hatte ich Glück und es hörte doch jemand zu. Schade, dass ich keine Mittel gerade zur Verfügung hatte, um ein mögliches Geständnisses aufzuzeichnen. »Es macht nicht den Anschein, als seist du eine gewöhnliche Gefangene gewesen. Ich kann ja verstehen, dass du Tamaki loswerden wolltest, immerhin behandelte er dich wie Dreck. Aber das kann nicht alles sein«.

Ihre Augen verengten sich. Wir begannen in einem Kreis umeinander herumzuschleichen. Am liebsten hätte ich auf den guten alten Kampf mit allen Gliedmaßen verzichtet und sie mit einem Jutsu bewegungsunfähig gemacht. Allerdings wusste ich nicht, ob das ein gutes Licht auf mich werfen würde. Scheiße. Irgendwie hatte ich die Befürchtung, dass sie Asami mehr Glauben schenken würden, als mir. Schließlich hatte sie wer weiß wie lange friedlich neben Tamaki gelebt und sich mehr oder minder nichts zu schulden kommen lassen. Das war zumindest meine Annahme. Außerdem wusste ich ja nicht, was sie getan hatte, um das Massaker mir in die Schuhe zu schieben. Doppelgänger. Den verfluchten Wächtern würde es vermutlich reichen.

Aber ich hatte noch immer meine Zeugen. Der Prinz aus dem fernen, unbekannten Ort brauchte mich noch. Natsuko hätte für mich auch gelogen, selbst wenn es nicht der Wahrheit entsprochen hätte. Das sagte ich mir zumindest. Doch die Wahrscheinlichkeit war größer, dass mir die Leute diesmal mehr geneigt waren zu helfen, weil ich diesmal wirklich nichts verbrochen hatte. Na ja, außer, dass ich zu fliehen beabsichtigte.

Asami blieb mir jedenfalls eine Antwort schuldig und schien eher darüber nachzudenken, wie sie mit mir fertig werden konnte. Sie musste die Gerüchte und Fakten über mich gehört haben. Zweifelsohne musste Asami wissen, dass ich kein einfacher Gegner war.
 

Töte sie. Oder, überlasse mir die Ehre.
 

Ich konnte sein Lachen und das tiefe, animalische Grollen hören, als stünde er direkt neben mir. Mir war heiß. Keine Chance, ich konnte dieses Problem nicht mit Kyuubis Macht lösen. Was hatte es mir in Konoha eingebrockt? Sei einfach still, Monster! Außerdem war diese Situation kein Grund auszurasten. Niemand, der mir lieb war, war verletzt worden. Asami hatte nicht einmal Natsuko im Sinn gehabt. Sie wollte mich lediglich loswerden. Weiß der Geier warum sie diesen Drang verspürte oder weshalb ihr Auftraggeber scharf darauf war. Ich hatte es satt, dass wir uns tatenlos umkreisten. Sie wollte nicht reden und ohne ein bisschen Gewalt anzuwenden, konnte ich sie offenbar auch nicht dazu bewegen zu sprechen. Gerade wollte ich zu einem Angriff ansetzen, als Asami seltsam zuckte und sich weiße, schöne Hände um ihren Hals drehten. Ein Blitzschneller Ruck zur Seite und ein widerliches Knacken später fiel sie tot zu Boden. Mio kam zum Vorschein. Sie lächelte mich vergnügt an.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Tut mir noch einmal aufrichtig leid, dass es immer dauert und dauert bis ein neues Kapitel kommt. Ich beginne ernsthaft die Schulzeit zu vermissen. Ich hoffe es hat euch gefallen! Von nun an wird die Geschichte etwas mehr vorangehen. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo liebe Leser, falls mir noch wer geblieben ist. Ähm ja, ich bin gerade ein bisschen schockiert, dass schon ein Jahr seit dem letzten Update vergangen ist. Ich habe leider nur die üblichen Entschuldigungen parat. Erst Vollzeit-Arbeit, eine Reise nach Island dazwischen, seit Oktober die Uni und seit Februar Klausuren. Ich wage schon gar keine Versprechen mehr zu machen, aber ich habe mir dennoch fest vorgenommen diese Fanfiction endlich zu beenden. Seit 2007 (damals auf einer anderen Website) läuft dieses Monstrum jetzt schon und reicht jetzt langsam. Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (60)
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Von:  xxNarutoxxHinataxx
2016-01-30T10:18:43+00:00 30.01.2016 11:18
Mach bitte schnell weiter 😊
Von:  fahnm
2016-01-29T23:37:54+00:00 30.01.2016 00:37
Hammer Kapitel
Ich bin sehr gespannt wie es weiter gehen wird.
Von:  cindy-18
2016-01-29T23:06:19+00:00 30.01.2016 00:06
hammer spannend mach schnell weiter ;D
Von:  cindy-18
2016-01-28T23:17:57+00:00 29.01.2016 00:17
mach bitte schnell weiter :D
Von:  Sandoran
2015-07-25T19:43:34+00:00 25.07.2015 21:43
Die Geschichte ist einfach hervorragend. Genau die richtige Erzählgeschwindigkeit, viele Informationen, Hintergrundgeschichten und spannende Nebenfiguren, in genau der richtigen Konsistenz, also nicht zu viel und nicht zu wenig. Alles passt harmonisch zusammen... bis auf eines.

Die Verbannung von Naruto ist dir einfach nicht gelungen. Es war einfach nicht glaubwürdig. Das liegt für mich wohl einfach daran, dass ich es nicht mag wenn eine Persönlichkeit nicht die ist und nicht so Handelt wie man sie aus der Original Serie kennt.
Tatsächlich hatte ich immer das Gefühl ich hätte hier Sasuke vor mir. In weiten Teilen würde ich genau diese Gedanken und Handlungen wesentlich eher ihm zuschreiben als Naruto.

Im übrigen muss ich einfach nochmal deinen Schreibstil loben. Du hast es zum ersten mal geschafft, dass ich eine Geschichte gelesen habe obwohl mich die Einleitung so gar nicht überzeugt hat. Und ich habe es nicht bereut auf deinen Schreibstiel zu vertrauen.

Mach weiter so ich bin sehr neugierig auf die weiteren Kapitel.
Antwort von:  Foe
06.08.2015 19:28
Danke für ausführlichen Kommentar, auf einen solchen habe ich gewartet :) Ja, die Geschichte ist etwas unausgereift, ist glaube ich 2007 entstanden. Ich habe keine Entschuldigung dafür, dass es etwas unglaubwürdig ist. Ich habe den Ehrgeiz zu beenden, was ich damals begonnen habe, deshalb sind viele Sachen auch etwas überholt und nicht im Einklang mit dem Verlauf der Geschichte, ab dem damaligen Zeitpunkt. Es ist aus einer AU-Kurzgeschichte entstanden, einfach eine Überlegung, wie es für Naruto hätte anders verlaufen können. Das nächste Kapitel kommt, sobald ich mit meinen Hausarbeiten fertig bin :)
Antwort von:  Sandoran
25.10.2015 20:46
Du musst ja übeslts viele Hausaufgaben haben ;-p
Von:  fahnm
2015-03-05T22:44:52+00:00 05.03.2015 23:44
Eine Sehr gut gemachtes Kapitel.

Ich bin gespannt wie es weiter gehen wird.
Antwort von:  Foe
06.03.2015 17:28
Danke :)
Von:  red_moon91
2015-03-05T07:29:22+00:00 05.03.2015 08:29
Hei, ich freue mich dass die F weiter geht^^
Das Kapitel is auch sehr gut geworden!
Ich freue mich schon darauf zu erfahren wie und wann sie ausbrechen
und vor allem was danach passiert.
Also dann bis zum nächsten Kapitel

mfg red_moon91
Antwort von:  Foe
05.03.2015 13:22
Dankeschön für den Kommentar! :)
Von:  Sin66
2015-03-04T22:16:53+00:00 04.03.2015 23:16
Das Kapitel ist Gut geworden.
Ich dachte schon das es nicht mehr weiter geht.
Ich hoffe er verläst bald das die Eisenhütte.
P.s. Ich hoffe deine Klausuren sind Gut gelaufen.

Viel Glück weiterhin.Sin66.
Antwort von:  Foe
05.03.2015 01:52
Danke, Klausuren fast überstanden! Ja, wie gesagt, ich will die Geschichte bald zu Ende bringen. Vielleicht wird das Ende dadurch anders, als ich es mir noch vor einem Jahr oder zwei Jahren vorgestellt habe, aber ich hoffe, es wird nichtsdestotrotz zufrieden stellend. Offen gesprochen, bin ich wirklich aus allen Wolken gefallen, als ich sah, dass es schon wieder ein Jahr vergangen ist. Ich habe das letzte Update noch so frisch im Kopf, dass ich es erst nicht glauben wollte. Vielen Dank, dass du mir geschrieben hast! :)
Von:  fahnm
2014-03-13T21:06:18+00:00 13.03.2014 22:06
Hammer Kapi^^
Mach weiter so^^
Von:  red_moon91
2014-03-12T15:39:12+00:00 12.03.2014 16:39
Super Kapitel
Ich bin schon gespannt darauf wanns soweit ist und sie fliehen werden

mfg red_moon91


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