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My way to...

Sasuke x Naruto
von

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... a new Beginning

Es war früh am Morgen in einer großen Stadt namens Konoha. Die Sonne war noch nicht mal aufgegangen, als in einer kleinen Wohnung das schrille Klingeln eines Weckers ertönte. Eine Hand tastete nach dem Störenfried und schaltete diesen gekonnt, durch einen gezielten Wurf an die Wand, aus. Leicht grummelnd drehte sich der Blonde auf die andere Seite...
 

~Naruto~
 

Nach einer halben Stunde klingelte ein zweiter Wecker. Genervt kroch meine Hand wieder unter der Bettdecke hervor und wollte den Wecker gegen die nächst beste Wand knallen. So war zumindest der Plan, allerdings schlug ich daneben und fiel dummerweise aus dem Bett. Leicht fluchend stand ich auf und rieb mir den Kopf. Ich sah genervt auf den Wecker, der immer noch klingelte, und war sofort hellwach.

„Ich komme zu spät, verdammt!“ Blitzschnell stellte ich den Wecker ab und rannte ins Bad um mich schnell zu duschen. Nun fiel mir auch wieder ein warum ich auch den zweiten Wecker gestellt hatte. Heute ist mein erster Schultag an der neuen Schule und da sollte man natürlich nicht zu spät kommen.

//Ich bin schon total gespannt wie es wohl sein wird. Ich hoffe nur, dass es besser wird als in der alten Schule...// Dort konnte ich mir beinah jeden Tag Beschimpfungen anhören und ich war der Lieblingsprellbock meiner Mitschüler. Ich stellte das Wasser aus, trocknete mich schnell ab und schlüpfte in meine neue Schuluniform. Noch etwas neues, in meiner alten Schule brauchte man keine Uniform tragen. Ehrlich gesagt gefiel mir das sehr. Man fällt unter den Anderen nicht so auf...

Ich hatte noch etwa 15 Minuten bevor ich los musste, gerade noch genug Zeit um schnell etwas zu frühstücken. Ich aß gerade eine geschmierte Schnitte, hatte nebenbei die Morgennachrichten laufen und sah mich in meiner kleinen Wohnung um. Sie war auch neu, na ja, für mich neu. Die Einrichtung war eher spärlich. Es gab eigentlich nur 2 „große“ Räume. Das waren mein Wohnbereich und mein etwas kleineres Schlafzimmer. Wenn man meine Wohnung betrat, kam man gleich in den Wohnbereich und in die kleine Küche, die durch eine Art Tresen voneinander getrennt sind. Ein kleines Bad und mein Schlafzimmer waren auf der rechten Seite. Durch das Fenster direkt neben mir konnte ich sehen, dass es draußen noch stockdunkel war, kein Wunder bei der Jahreszeit. Es war ja immerhin schon September.

Ich sah zu den Nachrichten. Eigentlich alles langweilig, dieser ganze Promikram und so weiter. Bis die Rede war von zwei Jugendlichen, die tot aufgefunden worden waren. Schon seit längerer Zeit gab es immer wieder Nachrichten von solchen Funden in der Stadt, die Polizei redet sogar schon von einem Serientäter, der es besonders auf Jugendliche abgesehen hatte. Das Seltsame war, dass die meisten brutal ermordet wurden, aber einige der Toten hatten keine äußeren Verletzungen, waren aber blutleer. Niemand konnte sich das erklären.

„... ist damit das 15. Opfer. Die Polizei rät, dass sich Jugendliche nach 19:00 nur in Gruppen oder in Begleitung eines Erwachsenen treffen sollten. Es ist 07:00 Uhr und jetzt zum Wetter...“ Moment! 07:00 Uhr!! „Nein, ich komm zu spät!!“ Verdammt, warum konnte ich nicht einmal bei der Sache bleiben? Flink zog ich mir meine Jacke und Schuhe an, schnappte mir meine Schultasche, Schlüssel und mein Frühstück und verließ die Wohnung fluchtartig. Ich musste mich beeilen wenn ich meine Bahn noch kriegen wollte. Es ist ein ziemlich weiter Weg zur Schule, mit dem Fahrrad würde ich eine ganze Stunde brauchen, mit der Bahn nur eine halbe. Mit dem Auto wäre es gar kein Problem, aber darüber brauchte ich gar nicht nachdenken, ich bin grade mal 15 und hab dafür sowie so kein Geld. Ich rannte so schnell ich konnte in Richtung U-Bahn Station und achtete kaum auf meine Umgebung, zu sehr war ich in meine Gedanken vertieft. So übersah ich auch die rote Ampel bei einem Fußgängerübergang und rannte einfach weiter. Und plötzlich spielte sich alles wie in Zeitlupe ab. Das Geräusch von quietschenden Reifen und ein anschließendes Hupen rissen mich brutal aus meinen Gedanken. Ich sah nach links und mein Herz blieb vor Schreck beinah stehen. Ein Auto kam schlitternd auf mich zu! Ich wollte ausweichen oder weiter laufen aber nichts passierte, ich konnte mich nicht rühren! Ich war unfähig auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Noch dazu blendete mich das Licht des Scheinwerfers. Aus Reflex kniff ich meine Augen zusammen, schlug die Hände vor mein Gesicht, so als wenn sie mich vor der nahenden Realität schützen könnten und schloss innerlich mit meinem Leben ab. Warum musste es denn so enden? Dabei hatte ich doch noch so viel vorgehabt, ich wollte noch nicht sterben. Doch der erwartete Aufprall und die damit verbundenen Schmerzen blieben aus. Einige Momente zögerte ich, ehe es mir doch gelang die Augen wieder zu öffnen.

Das Auto, war ca. einen halben Meter vor mir zum stehen gekommen! Auf der Motorhaube des Autos blickte mir mein noch geschocktes Spiegelbild entgegen. Ich atmete erleichtert aus. Das war verdammt knapp gewesen! Ich dachte wirklich schon, dass heute mein letzter Tag auf dieser Welt gewesen wäre. Mein Herz schlug wie verrückt und ich merkte wie mein Körper leicht zitterte. Kein Wunder bei dem Schreck...

Langsam drangen auch wieder die Geräusche der Umgebung an mein Ohr. Ich sah mich um und bemerkte, wie mich die Leute herum anstarrten und tuschelten. Es war so unangenehm, ich mochte es gar nicht so angestarrt zu werden. Es erinnerte mich an früher und ich fühlte mich so wehrlos.

Allerdings wurde ich schnell wieder von den Blicken der Leute abgelenkt. Ich hörte, wie die Tür des Autos vor mir geöffnet wurde und blickte zu dem Mann, der nun zwischen seinem Auto und der Wagentür stand und sich mit einer Hand leicht auf dem Dach des Autos abstützte. Er sah ziemlich jung aus, nicht älter als 24. Er trug einen etwa knielangen schwarzen Mantel. Mein Blick wanderte weiter aufwärts zu seinem Gesicht. Sein Haar war schwarz und stand im Kontrast zu seiner Haut. Er war ungewöhnlich blass, obwohl er nicht krank oder so aussah. Seine Gesichtszüge waren fein, er hatte schwarze Augen die mich emotionslos musterten. Bei dem Blick wurde mir irgendwie mulmig zumute. Er wirkte so eiskalt und abweisend, fast so als wäre es ihm egal, dass ich beinah an seiner Frontscheibe gehangen hätte. Seine Erscheinung war beeindruckend, aber er wirkte auf mich unheimlich. Ich bemerkte nur langsam, wie sich die Lippen des Fremden bewegten, doch drang kein einziges Wort zu mir durch. Warum eigentlich? Vielleicht hatte ich einen Schock erlitten? Ich versuchte noch einmal mein Herz etwas zu beruhigen, indem ich noch einmal tief ein- und ausatmete. Plötzlich spürte ich wie sich eine Hand auf meine linke Schulter legte, mich leicht rüttelte und damit zurück in die Realität holte. Ich blickte zum Besitzer der Hand auf und wurde sofort rot. Es war der Autofahrer, der eben irgendwas gesagt hatte. Der Grund, warum ich bei einem Mann rot wurde, war der, dass er aus der Nähe noch beeindruckender aussah. Jetzt, wo er genau vor mir stand, fiel mir auf das er etwa einen Kopf größer war als ich. Das war an sich keine große Kunst, ich bin ja nur ca. 1, 60 m. Diesmal vermied ich es allerdings in seine Augen zu sehen, vielleicht war es auch sein Blick gewesen, wegen dem ich mich auf nichts anderes mehr konzentrieren konnte. Und tatsächlich hatte ich diesmal keine Schwierigkeiten ihm zuzuhören...

„Hey Kleiner, ich hab dich gefragt, ob alles in Ordnung ist.“ Das war an sich eine nette Frage, doch klang er gar nicht danach. Ich hatte viel mehr das Gefühl, dass es ihn dar nicht wirklich interessierte. Egal, eigentlich ging es mir gut, abgesehen von meinem noch immer erhöhten Herzschlag. Diesmal sollte ich ihm aber auch mal antworten.

„J-ja... ich m-mein mir geht´s gut... Aber nennen Sie mich nicht “Kleiner“! Mein Name ist Naruto!“, gab ich noch kleinlaut von mir. Täuschte ich mich oder hatte er eben leicht gelächelt? Wenn er das getan hatte, dann hatte er sich schnell wieder unter Kontrolle und sah mich erneut emotionslos an.

„Ist das so? Nun wie auch immer. Du kannst doch nicht einfach über die Straße gehen, ohne zu gucken. Ich hätte dich beinah überfahren!“ Oh nein, ich wusste es. Da musste natürlich noch eine Strafpredigt kommen. Er sagte dies allerdings ruhig und nicht so aufgebracht, wie man es in dieser Situation erwartet hätte.

„E-es tut mir leid.“, gab ich aufrichtig von mir.

„Tut es das?“, meinte er leicht belustigt. Wollte der mich etwa ärgern? Wahrscheinlich, denn ich konnte wieder dieses leichte Lächeln erkennen. Ich konnte allerdings nicht antworten, da er auf seine Uhr sah und genervt seufzte.

„Nun komm ich auch noch zu spät. Ich hoffe du...“ Moment mal... zu spät. Bei dem Wort klingelte etwas bei mir und es dauerte nur wenige Sekunden bis mich praktisch der Schlag traf. Ich war grad drauf und dran meine Bahn zu verpassen!

„ICH KOMM ZU SPÄT!“ Ohne auf meinen Vordermann zu achten, der im Übrigen noch seine Strafpredigt hielt, rannte ich, als wäre nichts weiter gewesen, wie von der Tarantel gestochen einfach weiter. Noch während ich mich umdrehte, bemerkte ich den leicht verdutzten Blick meines Gegenübers. Doch blieb mir sein anschließendes laszives Grinsen verborgen.
 

Ich hatte schon ein schlechtes Gewissen, weil ich den Fremden einfach so stehen gelassen hatte. Und im Grunde hatte es mir nichts gebracht, obwohl ich bestimmt ein halbes Dutzend Leute fast umgerannt hatte und eine Menge Beleidigungen einstecken musste, fuhr meine Bahn gerade ab, als ich ankam. So war ich gezwungen mit einer anderen zu fahren, die ein paar Minuten später und in etwa dieselbe Richtung fuhr. Aber zu spät kommen würde ich trotzdem, weil ich anschließend noch laufen müsste. Der erste Tag in meinem neuen Leben fing schon mal gut an. Erst verschlief ich fast, kam zu spät von zu Hause weg, wurde fast überfahren, verpasste meine Bahn und würde höchstwahrscheinlich auch noch zu spät zur Schule kommen. Ich seufzte. Nach einer halben Ewigkeit, so kam es zumindest mir vor, wurde endlich meine Station ausgerufen. Kaum hatte sich die Bahntür geöffnet, rannte ich auch wieder los. 10 Minuten später kam ich völlig außer Atem in der Schule an. Mir tat die Lunge weh vom vielen laufen. Ich musste mich an einer Wand abstützen, um etwas zu Atem zu kommen. Anschließend, ich war übrigens nur 10 Minuten zu spät, begab ich mich zum Büro der Schulleiterin. Zum Glück war ich hier schon letzte Woche gewesen, um mich anzumelden, so musste ich nicht suchen. Nach drei Stockwerken hatte ich die Tür erreicht, atmete noch einmal tief durch und klopfte an. Dabei fiel mein Blick auf meine Klamotten.

//Mann, wie ich schon wieder aussehe!// Durch das viele laufen sah ich total wüst aus. Flink richtete ich meine Sachen so gut es ging, als ich auch schon ein „Herein.“ sagen hörte. Ich trat ein und vor mir saß, an einem großen Schreibtisch, eine schöne Frau. Ihr langes blondes Haar hatte sie zu zwei Zöpfen gebunden. Auf ihrer Stirn hatte sie einen kleinen türkisen Edelstein. Sie sah jung aus, doch wusste ich von ihrer Sekretärin, dass ihr Aussehen nicht ganz ihrem Alter entsprach. Allerdings lenkten ihre weiblichen Proportionen schnell von ihrem Gesicht ab. Zumindest im ersten Augenblick. Sie sah mich fragend mit ihren braunen Augen an. Ich erhob, immer noch leicht keuchend meine Stimme.

„Guten Morgen. Ich bin Naruto Uzumaki und sollte mich heute hier melden.“ Sie nickte wissend.

„Ich hab mich langsam schon gefragt wo du bleibst. Du kommst spät, der Unterricht hat schon angefangen.“, meinte sie mahnend. Ich kratzte mir verlegen den Kopf.

„Ähm, ich... m-meine Bahn ist heute Morgen zu früh losgefahren.“ Ich weiß das ist eine faule Ausrede, aber wenn man genauer drüber nachdachte war das Ansichtssache. „Na ja, hoffen wir, dass deine Bahn in Zukunft auf dich wartet.“ Ertappt lachte ich auf. Auch meine neue Direktorin konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Irgendwie mochte ich sie jetzt schon.

„Nun gut, komm mit ich zeig dir deine Klasse.“, meinte sie freundlich. Ich nickte und folgte der Schulleiterin. Während sie mich durch die Gänge führte, erklärte sie mir einige Dinge, wie die Pausenzeiten und den Namen meines Klassenlehrers. Er hieß Uchiha.

„...Bei ihm solltest du lieber nicht zu spät kommen, außer du verspürst das unsagbare Verlangen nachzusitzen.“ Nun blieb sie vor einer Tür stehen. Durch die Tür konnte ich hören, wie eine männliche Person sprach, höchst wahrscheinlich der Lehrer. Es klang ganz so, als würde gerade die Anwesenheit gemacht werden. Eigentlich ganz schön spät, denn der Unterricht lief ja schon seit fast 20 Minuten.

„Du wartest kurz hier.“ Ich nickte und Tsunade klopfte an.

Nur wenige Momente später wurde sie auch schon herein gebeten. Ich sah in der Zwischenzeit zu Boden und betrachtete meine Schuhe. „Guten Morgen. Tut mir leid, wenn ich störe, aber ich muss kurz mit Ihnen sprechen.“

Der Lehrer stimmte wohl zu, denn die Direktorin kam wieder raus. Sie stellte sich direkt hinter mich und legte ihre Hände auf meine Schultern. Ab und zu schlug sie leicht auf diese, weshalb ich das Gesicht etwas verzog. Ich hörte wie die Schiebetür geschlossen wurde, sah auf und mir stockte der Atem. Ich blickte in ein blasses Gesicht das von schwarzen Haaren umgeben war und wurde von einem schwarzen Augenpaar leicht überrascht gemustert. Vor mir stand doch tatsächlich der Mann, der mich heute beinah überfahren hätte! Nur er trug keinen schwarzen Mantel mehr. Er hatte eine schwarze Hose und ein schwarzes Kragenhemd, bei dem er die Ärmel bis unter die Ellbogen hoch gekrempelt hatte, an.

„SIE??“ Oh nein, das hatte ich doch jetzt nicht ausgesprochen?! Während mir wohl fast die Augen rausfielen, blickte er inzwischen wieder, völlig ungerührt, die Schulleiterin an. Tsunade setzte leicht verwirrt zum sprechen an.

„Sie kennen sich schon?“ Ich drehte meinen Kopf zu ihr, da sie noch immer hinter mir stand, und wollte mich rechtfertigen, doch wurde ich unterbrochen, bevor ich etwas sagen konnte.

„Flüchtig, wir sind uns zufällig über den Weg gelaufen. Stimmt´s, Naruto?“, meinte er ernst, wobei er meinen Namen besonders betonte. Wollte der mich etwa schon wieder ärgern? Ich sah ihn überrascht an und auch Tsunade schaute leicht fragend zu ihm. Ich nickte und mein Blick ging wieder zu Tsunade, da sie wieder auf meine Schultern klopfte.

„Nun gut, wie auch immer...“, kurz räusperte sie sich.

„Also, Sie haben ab heute einen neuen Schüler.“, sagte sie lächelnd und der Blick des Schwarzhaarigen fiel wieder auf mich. Er ist also mein neuer Klassenlehrer. Na ja, mal sehen was das wird.

„Geht in Ordnung. Danke, dass Sie ihn hergebracht haben.“, antwortete er an Tsunade gewandt. Ich sah die ganze Zeit meinen Klassenlehrer an. Tsunade nickte und ließ mich bei meinem neuen Klassenlehrer zurück. Nachdem sie um die Ecke verschwunden war, musterte dieser mich kurz, verschränkte die Arme und blickte mit einem überlegenen Grinsen auf mich herab.

„Bist du also doch noch in einem Stück hier angekommen...“
 

Ende Kapitel 1

... detention (oder auch: „Naruto, nachsitzen!“)

Nachdem sie um die Ecke verschwunden war, musterte dieser mich kurz, verschränkte die Arme und blickte mit einem überlegenen Grinsen auf mich herab. „Bist du also doch noch in einem Stück hier angekommen...“
 

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Oje, das fing ja gut an. Der Mann, der mich heute beinah überfahren hätte entpuppte sich jetzt als mein neuer Klassenlehrer.

//Ironie, meine ständige Begleiterin...//, dachte ich mir scherzhaft.

„Es... Es tut mir leid, dass ich Sie vorhin einfach so stehen gelassen habe.“, meinte ich und setzte ein schuldbewusstes Lächeln auf.

„Ich wollte nicht...“ Ich versuchte ihm dabei in die Augen zu sehen, doch gelang mir das nicht lange. Er sah mich mit so einem durchbohrenden Blick an, fast so als könnten seine schwarzen Augen durch mich hindurch, in meine Seele blicken. Also sah ich lieber zu Boden.

„Ich wollte nicht zu spät kommen.“ Ich schaute ihn wieder an und musste leicht schlucken. Er sah mich wieder emotionslos an und antwortete:

„Ich bin heute durch deine Unachtsamkeit auch zu spät gekommen... zum ersten Mal.“

//Oh-oh, gar nicht gut, mein erster Tag und mein Klassenlehrer kann mich jetzt schon nicht leiden.//

„Jetzt komm mit rein und bleib vor der Tafel stehen. Ich will heute noch anfangen.“ Ohne auf eine Antwort zu warten öffnete er die Schiebetür zur Klasse und trat ein. Schnell folgte ich ihm und schloss die Tür wieder. Ich spürte sofort wie mir die Blicke meiner Klassenkameraden folgten. Ich hasste das. Können die denn nicht woanders hinsehen?

Vor der Tafel blieb ich, wie es mir gesagt wurde, stehen und blickte scheu meine Klasse an. Einige sahen mich recht neugierig an, andere quatschten lieber, wie zum Beispiel ein Mädchen mit rosa Haaren gleich in der ersten Reihe, und einer schlief sogar. Der Junge hatte braunes Haar, das er zu einem Zopf zusammen gebunden hatte.

„SHIKAMARU!!! Wach endlich auf!“, kam es nicht gerade leise von meinem Lehrer. Um seine Aussage zu untermauern, schlug er gleichzeitig mit der flachen Hand auf den Tisch. Und tatsächlich wurde besagter Junge wach, wenn auch nur langsam. Sofort räusperte sich Sensei Uchiha.

„Ihr habt ab heute einen neuen Mitschüler. Stell dich bitte der Klasse vor.“, meinte er und blickte mich kurz an. Ich nickte, drehte mich zu meiner Klasse und setzte ein breites Grinsen auf. Hoffentlich konnte ich damit meine Nervosität etwas verbergen, zumindest hatte es bis jetzt immer ganz gut geklappt.

„Hallo! Mein Name ist Naruto Uzumaki und ich bin 15 Jahre alt.“ Während ich dies sage beuge ich mich als Begrüßung leicht vor.

„Mein Lieblingsessen sind Ramen. Und mein Hobby ist ... äh... ich mein... sind Pflanzen... irgendwie.“, fügte ich noch etwas verlegen hinzu und kratze mir verlegen die Wange. Mein Lehrer schien damit zufrieden zu sein und wies mir einen freien Platz am Fenster, in den hinteren Reihen zu. Übrigens ganz in der Nähe von dieser Schlafmütze. Ich ging zu meinen Platz, setzte mich und packte meine Sachen aus. Nach der Anwesenheitskontrolle ging es dann endlich los...
 

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Meine anfängliche Begeisterung wich sehr schnell wieder. Ich hatte noch keinen Stundenplan bekommen, weil erst kurzfristig entschieden wurde, in welche Klasse ich komme. So wurde ich zu meinem Bedauern mit einer Doppelstunde Mathe überrascht. Und ich bin wirklich kein Genie in diesem Fach. Physik zählt leider auch zu den Dingen in denen ich nicht so gut bin.

Endlich ertönte der erlösende Klang der Schulglocke. Ich atmete erleichtert aus und schien damit auch nicht der Einzige zu sein. Es kam mir vor, als würde die ganze Klasse aufatmen. Ich packte meine Sachen zusammen und wollte mich, wie alle anderen, auf den Weg zur Pause machen. Gerade als ich rausgehen wollte, stellte sich das rosahaarige Mädchen aus meiner Klasse, das mir vorhin schon aufgefallen war, in die Tür und versperrte mir damit den Weg in die erhoffte Pause. Dem Anschein nach war sie ein paar Zentimeter größer als ich. Sie trug die vorgeschriebene Schuluniform, die aus einem knielangen schwarzen Rock und einem dazu gehörigen schwarzen Oberteil mit einem roten Band um den Kragen bestand. Sie hatte ein hübsches Gesicht, auch wenn ihr Blick leicht arrogant wirkte. Ihr schulterlanges, rosanes Haar trug sie offen und musterte mich mit ihren giftgrünen Augen.

„Hallo Naruto. Ich bin die Klassensprecherin. Mein Name ist Sakura Haruno. Ich soll dir unseren Stundeplan geben.“, erklärte sie mir während sie mich von oben bis unten musterte. Ihr Blick war abschätzend, doch dann sah sie mich freundlich an. „Oh, danke.“ Ich nahm das A5-Blatt, auf dem der Stundenplan stand, entgegen und lächelte sie dankbar an. „Gern geschehen.“, antwortete die Rosahaarige, erwiderte aber nur kurz das Lächeln.

Ich las mir den Zettel in meiner Hand durch. Der Plan war ganz in Ordnung, ich hätte ja sowieso nichts dran ändern können. Mir war aufgefallen, dass ich ganz schön viele Stunden bei meinem Klassenlehrer hatte. In meiner alten Schule hatte ich so gut wie nie bei meinem Klassenlehrer Unterricht gehabt.

„Also, ich soll dir grob sagen, wo du Unterricht hast.“, begann sie.

„Im Erdgeschoss und in der ersten Etage sind Klassenzimmer und die Krankenstation... in der zweiten Etage sind rechts weitere Klassenräume. Links befinden sich die Physikräume. Die Biologie- und Chemieräume sind in der dritten Etage und in der vierten sind die Computerräume. Die benutzen wir aber sehr selten, weil Sensei Uchiha der Meinung ist, dass wir auch genauso gut aus Büchern lernen können. Und ich bin im Übrigen derselben Meinung, er ist ja sooooo schlau... und er sieht auch so gut aus!“, meinte sie verträumt. Dabei legte sie schwärmerisch ihre Hand auf ihre rechte Wange und schloss ihre Augen. Offensichtlich war sie gerade in ihre ganz eigene Traumwelt abgedriftet.

//Oh mein Gott, die schwärmt doch nicht wirklich gerade von ihrem Lehrer?! Ich meine er sieht ja ganz gut aus und seine Erscheinung ist faszinierend, aber er ist doch trotzdem der LEHRER, eine Vertrauensperson!// Offensichtlich wird ihr wieder bewusst, dass ich doch noch vor ihr stehe und sie fasst sich wieder.

„Und wo ist-“, frage ich, werde aber von ihr unterbrochen.

„Die Sporthalle ist direkt neben der Schule. Die wirst du aber noch sehen.“, sagte sie, drehte sich um und ging davon. Ich blieb verwirrt zurück. Ich konnte mich ja wirklich kurz fassen, wenn ich wollte, aber die Haruno stellte mich dabei locker in den Schatten. Als ich mich gefangen hatte, machte ich mich auf den Weg in meine wohlverdiente Pause.
 

Leider kam mir die Pause viel zu kurz vor. Jetzt war ich gerade auf dem Weg in den dritten Stock, in dem ich Biologie hatte. An der Tür standen schon einige Schüler aus meiner Klasse und warteten auf den Lehrer. Ich stellte mich etwas abseits hin. Wo hätte ich mich denn auch schon dazu stellen sollen? Also lehnte ich mich an die Wand, als ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter spürte.

„Hey, du bist doch der Neue, oder?“ Ich drehte mich blitzschnell um, denn ich hatte mich, wie man sich sicher vorstellen konnte, furchtbar erschrocken. Vor mir stand ein Junge mit braunem Haar und komischen roten Zeichen im Gesicht. Er war auch etwas größer als ich und sah mich breit grinsend an. Neben ihm stand die Schlafmütze von heute Morgen. Und der sah immer noch nicht munterer aus. Als wenn er meine Gedanken bestätigen wollte, gähnte er einmal herzhaft.

„Oh sorry, wir wollten dich nicht erschrecken. Mein Name ist Kiba Inuzuka. Und der müde Typ hier ist Shikamaru Nara.“ Ich erwiderte sein Grinsen.

„Freut mich, ich bin Naruto Uzumaki. Aber das wisst ihr ja schon.“ Stimmt ja, ich hatte mich ja schon vor der Klasse vorgestellt. Ich bin manchmal auch schusselig.

„Ach schon gut, unser Frauenheld hier hat sowieso gepennt, als du dich vorgestellt hast. Tja, so ist das eben, wenn man die ganze Nacht mit seiner Freundin telefoniert.“ Während er das sagte, boxte er dem anderen leicht in die Seite. Dieser sah ihn missmutig an.

„Mann, du nervst.“

Leider konnten wir uns nicht weiter unterhalten, weil unser Sensei kam, um die Tür zu öffnen. Es war echt lustig mit den Beiden, vor allem schien Kiba auch eine Frohnatur zu sein. In der Klasse setzte ich mich in die mittlere Reihe, links auf einen freien Platz am Fenster, direkt neben Kiba. Während unser Lehrer seine Bücher und Arbeitsmaterialien auf den Tisch legte, schaute ich mich in der Klasse um. Mir war schon im Matheunterricht aufgefallen, dass so gut wie alle Mädchen in der Klasse die vorderen Reihen besetzten und Sensei Uchiha förmlich an den Lippen hingen. Was wohl nicht an dem Fach lag. Zumindest verrieten mir das die verträumten Blicke und hin und wieder aufkommenden, leisen Seufzer der meisten Mädchen. Sakura war dann wohl nicht die Einzige, die für ihren Lehrer schwärmte. Auch hier schien es nicht anders zu sein, denn vor mir saßen fast nur Mädchen. Mir fiel zufällig auch auf, dass Sakura direkt hinter mir saß.

Und schon begann der Unterricht. Wir behandelten gerade die Fotosynthese bei Pflanzen. Im Gegensatz zu den meisten in der Klasse fand ich das sehr interessant, immerhin liebe ich Pflanzen! In meiner Wohnung standen schon ein paar und es würden garantiert noch mehr werden. Allerdings schien Kiba zu denen zu gehören, die das nicht so sehr interessierte, denn er hatte nach wenigen Minuten wieder das Gespräch mit mir aufgenommen. Er fragte mich, warum ich hierher gezogen war. Ich erzählte ihm, dass ich eine Meinungsverschiedenheit mit meiner Tante und meinem Onkel gehabt hatte. Ich musste ihm ja nicht sagen, dass das nur die halbe Wahrheit war.

„Na ja, und deswegen bin ich-“

„Uzumaki! Willst DU vielleicht den Unterricht fortführen?“ Ich zuckte zusammen als mein Name fiel und blickte sofort nach vorne. Dort stand Sensei Uchiha mit seinem Biologiebuch in der Hand und sah mich durch seine randlose Brille an. Die hatte er wohl kurz nach Unterrichtsbeginn aufgesetzt. Seine Stimme war ruhig und er sah mich fest an. Ich konnte einfach nicht wegsehen, sein Blick hatte etwas Hypnotisches. Trotzdem merkte ich wie die Aufmerksamkeit der gesamten Klasse auf mir ruhte. Ich spürte, dass mich alle ansahen und langsam das Unbehagen in mir stieg.

„Äh nein, tut mir leid.“ Das war das Einzige, was ich raus bekam.

„Dann wäre ich dir dankbar, wenn du jetzt deine volle Aufmerksamkeit dem Unterricht widmest.“ Schon drehte er sich um und schrieb weiter an der Tafel. Auch meine Mitschüler sahen wieder nach vorne.

//Oh nein, war das peinlich!// Kurz verdeckte ich mein Gesicht mit meinen Händen bis ich auf einmal spürte, wie Kiba mir leicht in die Seite stieß. Ich ließ meine Hände sinken und schielte zu ihm rüber. Er beugte sich leicht zu mir und flüsterte mir zu.

„Sorry, er scheint heute wieder schlechte Laune zu haben. Dann sollte man ihn nicht reizen, der gibt dir sonst schneller nachsitzen als du-“ Wir schreckten beide zusammen als unser Lehrer vorne an der Tafel mit dem Buch auf den Tisch schlug.

„Inuzuka, das Selbe gilt für dich! Der Nächste der den Unterricht stört, wird nachsitzen!“ Diesmal sah er Kiba an, nur jetzt leicht genervt.

//Wow, der scheint echt schlechte Laune zu haben. Hoffentlich war das nicht wegen meines Versehens heute Morgen.// Kiba nickte nur. Sensei Uchiha legte sein Buch beiseite und sah in die Klasse.

„Schön, dann öffnet jetzt eure Bücher und beantwortet die Fragen an der Tafel. Ihr habt 30 Minuten dafür. Eure Notizen werde ich einsammeln und benoten.“
 

Inzwischen arbeiteten wir jetzt schon 20 Minuten an den Aufgaben und die hatten es echt in sich. Ich war schon fertig, aber nur weil ich mich mit Pflanzen auskannte. Außer mir schienen sonst nur ein paar andere fertig zu sein. Kiba gehörte nicht zu denjenigen. Der kaute gerade wie verrückt an seinem Bleistift und Shikamaru war offensichtlich wieder eingeschlafen. Ich blickte nach vorne zu meinem Lehrer. Er saß leicht gebeugt an seinem Schreibtisch und schien gerade irgendwelche Tests zu kontrollieren, was mir der rote Stift in seiner Hand verriet. Scheinbar war der vorliegende Test nicht besonders gut gelaufen, denn er notierte kopfschüttelnd etwas auf dem Blatt. Plötzlich wanderten seine Augen von dem Blatt vor sich, ohne Umschweife zu mir. Sein Körper rührte sich dabei keinen Millimeter. Obwohl ich wegsehen wollte, konnte ich meinen Blick nicht abwenden. Seine Haltung hatte in diesem Moment etwas Anziehendes. Seinen Kopf hatte er mit seinem linken Arm abgestützt, wobei ihm einige seiner schwarzen Haarsträhnen ins Gesicht fielen und so seine schwarzen Augen verdeckten. Seine Haut wirkte durch seine schwarze Kleidung wie Porzellan und bildete damit einen perfekten Kontrast. Und wieder einmal landete ich bei seinen Augen. Er machte mich verdammt nervös mit diesem Blick. Ich konnte ihn einfach nicht deuten. Warum sah er denn nicht weg? Es fühlte sich fast so an als wolle er testen, wer zuerst nachgeben würde. Für einen kurzen Moment glaubte ich ein rotes Flackern in seinen Augen gesehen zu haben.

Ich schaute irritiert, das konnte ich mir doch nur eingebildet haben. Und als wenn er meine Gedanken hätte lesen können, zierte auf einmal ein kleines, ganz kurzes Grinsen sein Gesicht. Dieser Moment kam mir wie eine Ewigkeit vor, doch tatsächlich dauerte er nur wenige Sekunden. Dann blickte er wieder auf sein Blatt vor sich und fuhr mit seiner Arbeit fort. Ich sah runter auf mein Blatt. Das mit seinen Augen konnte ich mir nur eingebildet haben. Oder vielleicht war das irgendeine Reflektion oder so was...?

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als mir jemand vorsichtig auf die Schulter tippte. Ich sah noch mal nach vorne, um sicher zu gehen, dass mein Lehrer nicht bemerkte wie ich mich umdrehte. Er schien noch einige Tests kontrollieren zu müssen, also drehte ich mich um und sah in Sakuras Gesicht. Diese flüsterte leise: „Naruto, kannst du Ino bitte den Zettel geben?“ Etwas verdutzt nahm ich den Zettel an, doch beim umdrehen sah ich noch mal fragend zu Sakura. Diese seufzte leise. „Das Mädchen da vor dir. Die mit den langen blonden Haaren und der-“ Auf einmal sah Sakura runter auf ihr Blatt und schien sich ihre Notizen noch einmal durch zu lesen. Was sollte das denn jetzt?

„Mit der `Was`?“, fragte ich, doch sie reagierte immer noch nicht. Was bildete die sich denn ein? Ein Räuspern hinter mir weckte meine Aufmerksamkeit und bescherte mir eine böse Vorahnung.

//Oh nein. Bitte, bitte lass meine Vermutung nicht wahr sein!// Wieder spürte ich wie mich alle anblickten, aber vor allem ein Augenpaar spürte ich nur zu deutlich. Ich drehte mich ganz langsam um. Zu meinem Pech bestätigte sich meine Vermutung. Vor meinem Tisch stand mein Klassenlehrer. Er hatte die Arme verschränkt, tippte mit seinem rechten Zeigefinger immer wieder auf seinen Oberarm und sah vernichtend zu mir runter. Eine Weile stand er so da bis er seinen linken Arm in die Hüfte stemmte und die rechte mit geöffneter Hand zu mir ausstreckte. Ich seufzte und legte den Zettel, den ich von Sakura bekommen hatte, in die geöffnete Hand meines Lehrers.

„Naruto! Nachsitzen!“, sagte mein Klassenlehrer mit Nachdruck.

„Aber ich-“

„Kein aber. Du bleibst heute nach Japanisch im Klassenraum.“ Dann drehte er sich um und ging wieder nach vorne.

„Und das am ersten Schultag...“, murmelte er leise. Danach war die Sache für ihn gegessen. Ich hörte noch ein Kichern seitens Sakura und Ino und drehte meinen Kopf etwas nach hinten.

„Na vielen Dank, Sakura.“ Dann widmete ich mich, mit deutlich weniger Begeisterung, wieder dem Unterricht.
 

Ende Kapitel 2

... the library

Endlich läutete das Klingeln das Ende der letzten Unterrichtsstunde ein. Alle rannten fröhlich mit ihren Freunden aus dem Raum und freuten sich endlich den Tag hinter sich gebracht zu haben. Zumindest alle, die nicht, so wie ich, nachsitzen mussten. Wobei es sich um keinen sonst handelte. Ich war auf meinem Platz sitzen geblieben und sah etwas missmutig auf die Tischplatte. Warum es auch immer mich erwischen musste. Jetzt sollte ich nachsitzen und das nur wegen dieser Sakura. Sie hätte Sensei Uchiha doch die Wahrheit sagen können oder mich zumindest warnen können, als er kam. Genervt stützte ich meinen Kopf auf meine Hand.

Sensei Kakashi, bei dem ich bis eben Japanisch gehabt hatte, saß noch vorne. Ihm schien nicht entgangen zu sein, dass ich sitzen geblieben war. Er stand auf und kam auf mich zu. Sensei Kakashi war in Ordnung. Er war etwa 1,80 m groß und hatte silbergraues Haar. Trotz seiner Haarfarbe war er noch ziemlich jung. Ich würde ihn so um die 30 Jahre schätzen. Genau konnte ich es leider nicht sagen, da er einen Mundschutz trug und damit die Hälfte seines Gesichtes verbarg. An seinem linken Auge hatte er eine Narbe, die sich senkrecht über dieses zog. Von seiner Art her, schien er kein großer Freund von Pünktlichkeit zu sein. Ich hatte heute in der 5. und 7. Stunde mit ihm Wirtschaft und Japanisch gehabt und zu beiden war er 15 Minuten zu spät gekommen.

„Warum gehst du denn nicht auch nach Hause?“, fragte er freundlich. Ich seufzte.

„Ich sollte in Biologie einen Zettel weiter geben und das hat Sensei Uchiha gesehen und mir nachsitzen aufgedrückt.“, antwortete ich niedergeschlagen. Sensei Kakashi wirkte amüsiert.

„Ja, das klingt ganz nach ihm. Er versteht bei so was keinen Spaß. Normalerweise gibt er dazu noch eine Strafarbeit, aber du hattest heute wohl noch mal Glück.“ Antworten konnte ich nicht mehr, da die Klassenzimmertür aufgeschoben wurde und mein Klassenlehrer den Raum betrat.

„Dann lass ich euch mal allein.“, meinte er scherzhaft und begab sich zur Tür. Im Vorbeigehen grüßte er noch kurz Sensei Uchiha und war dann weg. Als mein Japanischlehrer den Raum verlassen hatte, erhob mein Klassenlehrer seine Stimme.

„Nimm deine Sachen, Naruto. Du wirst mir in der Bibliothek helfen.“ Ich erwiderte nur kurz seinen Blick, griff nach meiner Tasche und verließ zusammen mit ihm den Raum.

Den ganzen Weg über schwieg ich. Was hätte ich auch schon groß erzählen sollen. Er machte nicht den Eindruck über das, was heute Morgen passiert war, reden zu wollen. Ich musste an die Biostunde bei ihm denken. Ob ich mir dieses Aufleuchten wirklich nur eingebildet hatte? Aber was gäbe es denn sonst für eine sinnvolle Erklärung? Bevor ich zu einem Ergebnis kommen konnte, wurde ich abrupt aus meinen Gedanken gerissen. Wir hatten die Bibliothek erreicht, nur war mir das entgangen und ich lief geradewegs in meinen Vordermann. Dabei nahm ich seinen Duft wahr. Er trug ein gut riechendes Aftershave. Ich konnte nicht genau feststellen, um welchen Duft es sich handelte, aber ich war in Versuchung noch einmal einen tiefen Atemzug von diesem beeindruckenden Geruch zu nehmen. Doch wurde mir, zu meinem Glück, noch rechtzeitig bewusst, dass ich nicht alleine war. Geschockt schaute ich auf. Der Uchiha blickte über seine Schulter zu mir runter. Ich machte sofort einen Schritt zurück und hob abwehrend meine Hände. Natürlich nicht ohne mein typisches Grinsen.

„Es tut mir leid. Ich hab nicht aufgepasst.“ Er drehte sich halb zu mir um und zu meiner Überraschung schien er wegen meines Missgeschicks nicht verärgert zu sein. Seine rechte Hand lag bereits auf der Türklinke und er sah mich lässig an.

„Schon gut, konzentrier dich in Zukunft einfach besser.“ Ich nickte nur und wir gingen rein. Was ich sah, erstaunte mich. Die Bibliothek war riesig. Ich hatte zwar gewusst, dass diese Schule sehr groß war, aber die Bibliothek hatte ich mir doch kleiner vorgestellt.

„Du wirst dich bestimmt schon fragen, warum du nicht normal nachsitzen musst.“ Jetzt sah er mich direkt an.

„Die Bibliothekarin ist krank und wir haben heute die neuen Bücher bekommen. Und ehe du eine Stunde sinnlos irgendwo rumsitzt, kannst du dich auch genauso gut nützlich machen und mir helfen sie zu nummerieren und wegzustellen. Damit ist deine Strafe dann erledigt.“ Ich nickte nur. Es hätte keinen Sinn gemacht noch einmal zu versuchen mich zu verteidigen oder die Sache aufzuklären. Das hatte schon vorhin nicht funktioniert. Er wies mich an ihm weiter zu folgen und wir gingen durch die Bücherreihen. So lange konnte es ja nicht dauern, ein paar Bücher wegzuräumen, so war zumindest meine Theorie.

Als wir in der hintersten Ecke ankamen, stockte mir der Atem. Vor mir standen um die 12 Kisten mit Dutzenden von Büchern drinnen.

//Das dauert doch den ganzen Nachmittag...//, dachte ich mir deprimiert und raufte mir entnervt die Haare. Mein Nebenmann schien das lustig zu finden, denn ein leises, schadenfrohes Lachen kam von ihm. Er sah mich mit einem amüsierten Gesichtsausdruck an. Ich konnte einfach nicht anders als ihn schmollend anzusehen. Allerdings bewirkte ich damit nur, dass mein Lehrer loslachte und sein Gesicht wieder geradeaus drehte. Dabei legte er seine linke Hand auf meinen Kopf und wuschelte mir durchs Haar.

„Das musst du doch nicht alleine machen.“, meinte er und grinste mich doch tatsächlich an. Ich musste zugeben, so sah er noch besser aus. Ich grinste zurück, als mein Lehrer seine Hand auch schon wieder von meinem Kopf nahm und ernst gerade aus sah. Also machten wir uns an die Arbeit.
 

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Es hatte tatsächlich 1 ½ Stunden gedauert die Bücher zu nummerieren. Wir hatten sie in den Computer eingetragen und auch noch Etiketten gedruckt. Jetzt mussten wir sie nur noch wegräumen. Und ich war jetzt schon am Ende. Die ganze Zeit hatten wir kaum miteinander gesprochen und uns auf die Arbeit konzentriert. Es war wirklich anstrengend gewesen und dazu auch noch so schrecklich langweilig! Und jetzt schleppte ich wieder einen Stapel Bücher zu einem Regal. Die Hälfte hatten wir schon geschafft und ich sah endlich ein Ende nahen. Ich war tot müde. Die ganze Zeit auf den Bildschirm zu gucken und die schweren Bücher zu tragen hatte mich wirklich geschafft. Ein herzhaftes Gähnen konnte ich nicht zurück halten. Schnell sortierte ich die Bücher in das Regal.

„Naruto, ich muss kurz ins Lehrerzimmer. Mach ruhig schon mal weiter. “

„Ja, mach ich. “ Und schon hatte er die Bibliothek verlassen. Ich nahm mir wieder einen Stapel und räumte die Bücher weg. Das machte ich immer wieder, bis auch der letzten Stapel weg war.

„Puh, endlich fertig.“ Stolz stand ich vor dem Regal und sah mir mein Werk an. Nirgends lag mehr ein Buch herum und die Kartons lagen ordentlich zusammen gefaltet auf einem Tisch. Ich war zwar geschafft, aber auch zufrieden mit mir selbst.

Mir fiel aber auch auf, dass mein Lehrer noch gar nicht wieder zurück war. Die Uhr an der Wand verriet mir, dass er schon eine halbe Stunde unterwegs war.

//So ein Mist! Jetzt muss ich auch noch warten bis er wieder kommt.// Mir war ja klar, dass ich jetzt nicht einfach so gehen konnte. Das würde bestimmt wieder Ärger geben, also entschied ich mich lieber noch hier zu warten. Ich setzte mich auf einen Stuhl. Als er aber nach weiteren 15 Minuten immer noch nicht wieder da war, wurde mir langsam langweilig. Ich stand auf und ging durch die Bücherreihen. Beim Einräumen vorhin waren mir schon ein paar interessante Bücher aufgefallen. Eine Leseratte bin ich zwar nicht, aber ich habe zu Hause ein paar Bücher über Pflanzen, die ich praktisch auswendig kannte. Ein paar Bücher über Wesen der Nacht standen auch in meinem Regal. Ich weiß nicht mehr genau, wie ich damals darauf gekommen war. Ich glaube ich hatte mal ein Buch mit Geschichten über Werwölfe, Vampire und so weiter gelesen und die hatten es mir wohl irgendwie angetan. Obwohl ich zugeben muss, dass mir anfangs nur die Bilder gefallen hatten. Kein Wunder, zu dem Zeitpunkt war ich ja auch noch ein Kind.
 

Ich kam in der Bücherreihe an, in der mir vorhin so ein ähnliches Buch aufgefallen war. Das nahm ich raus und sah es mir an. Vorne auf dem Cover waren ein paar typische Nachtgeschöpfe als Schatten abgebildet. Der Hintergrund war dunkelblau und das Einzige, was sich auf dem Bild hervor hob, war der Vollmond im Hintergrund und die rot und gelb dargestellten Augen der Wesen. Über dem Bild stand der Titel: „Yokai Monogatari“.

Ich blätterte es durch. Es war ganz schön dick und auch ziemlich schwer. Ich las mir ein paar Seiten durch. Es waren viele Kurzgeschichten mit Nachtgeschöpfen darin. Ich sollte es mir vielleicht bald mal ausleihen. Ich schloss das schwere Buch und wollte es gerade zurück ins Regal stellen, als ich auf einmal das Gefühl hatte, jemanden hinter mir zu haben. Noch ehe ich mich umdrehen konnte, spürte ich eine Hand auf meiner linken Schulter und den Atem einer Person dicht an meinem Ohr. Die rechte Hand meines Hintermannes griff nach dem Buch, das schon halb wieder im Regal stand. Dabei umfasste die blasse, kühle Hand meine eigene, zog diese samt Buch wieder zurück und nahm es mir aus der Hand. Dabei drehte ich mich dann um und sah Sensei Uchiha ins Gesicht. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie er reingekommen war.

Mir wurde warm, denn er war mir im Moment ziemlich nah. Dazu kam auch noch das Herzklopfen, denn ich hatte mich schon etwas erschrocken. Er selbst hatte mich nur kurz angesehen und seine Hand von meiner Schulter genommen. Er rückte seine Brille, die er wohl vor kurzem wieder aufgesetzt hatte, zurecht und las den Buchtitel. Ihm fielen dabei die Haare ins Gesicht und ein leichtes Grinsen zierte seine Lippen. Er blickte wieder auf und hielt das Buch so hoch, dass ich das Cover sehen konnte.

„So etwas liest du?“ Sein schiefes Lächeln trug er noch immer auf Lippen und er blickte mir direkt in die Augen. Ich war immer noch etwas überrascht.

„Also, ich... ich finde es interessant. Es wäre bestimmt cool mal einen echten Werwolf oder so zu treffen.“ Ich grinste frech, nahm ihm das Buch aus der Hand und sah es mir noch einmal an. Eigentlich fand ich es schon komisch, dass es so ein Buch überhaupt in einer Schulbibliothek gab. Ich blickte wieder auf. Das Lächeln auf dem Gesicht meines Lehrers war für einen kurzen Moment verschwunden und er wirkte eine Sekunde lang abwesend.

„Du glaubst doch wohl nicht an so etwas?“, meinte er. Dabei zog er eine seiner Brauen nach oben und sah mich ungläubig an. Daran glauben? Na ja, eigentlich nicht, zumindest hat bis jetzt noch kein Vampir an meine Tür geklopft und gesagt: “Hallo, ich bin ein Vampir. Darf ich ein bisschen an dir knabbern, denn mich gibt’s wirklich.“ Ich erwiderte eine Weile seinen Blick, konnte mich dann aber bei dem Gedanken nicht mehr halten und lachte laut los. Ich brauchte einen kurzen Moment, um mich wieder einzukriegen während mich mein Lehrer verständnislos ansah. Ich fuhr mir kurz über die Augen und schüttelte den Kopf.

„Nein, eigentlich nicht. Zumindest hab ich bis heute nie so was gesehen.“ Einige Momente sah er mich noch ernst an, schüttelte dann aber grinsend den Kopf. Er nahm mir das Buch wieder aus der Hand.

„Willst du es ausleihen?“, fragte er leicht lächelnd. Er hielt das Buch in der rechten Hand hoch und stemmte seinen linken Arm in seine Hüfte. Mir wurde etwas warm. Das hatte irgendwie was Anziehendes und dazu noch dieser Blick. Vorgehabt hatte ich es ja sowie so. Dann könnte ich es auch jetzt gleich tun.

„Ja, möchte ich.“ Er ging, ohne weiter darauf zu reagieren, zum Schreibtisch, lehnte sich zum Computer vor und trug das Buch aus. Ich folgte ihm, stellte mich daneben und sah zu.

Eigentlich hatte Sakura ja Recht. Er war schlank und sah wirklich gut aus... Also ich meine für einen Mann natürlich! Mir wurde wieder unangenehm warm. Warum dachte ich nur immer wieder so einen blöden Unsinn. Bevor ich mir innerlich eine Ohrfeige dafür geben konnte, richtete sich Sensei Uchiha wieder auf und reichte mir das Buch.

„Wir sind hier fertig. Du kannst jetzt nach Hause gehen.“ Ich nickte und verabschiedete mich von meinem Lehrer. Gerade, als ich zur Tür hinaus wollte, wurde ich noch einmal aufgehalten.

„Und Naruto…“ Er betonte meinen Namen wieder besonders. Ich drehte mich noch einmal um.

„… Pass bei Übergängen und roten Ampeln auf.“

„Mach ich.“, meinte ich verlegen grinsend und machte mich auf den Weg nach Hause. Scheint so als hätte ich jetzt schon einen Ruf bei ihm weg...
 

Dort angekommen, schmiss ich geschafft meine Tasche in die Ecke und ging ohne Umschweife zum Kühlschrank. Ich machte mir eine Portion Instand-Nudeln. Darauf freute ich mich schon den ganzen Heimweg. Ich aß sie genüsslich auf meiner Couch und sah auf die Uhr. Genervt seufzte ich. Es war schon kurz nach halb sieben und ich musste noch Hausaufgaben machen. Das erledigte ich gleich, wenn auch nur sehr, sehr ungern. Ich wollte eigentlich nur noch ins Bett.

Als ich mich dann endlich in mein weiches, warmes, kuscheliges und bequemes Bett legen konnte, ließ ich den heutigen Tag noch einmal Revue passieren. Es war heute so viel passiert. Ich wurde fast überfahren, mein neuer Lehrer hatte mich wahrscheinlich auf dem Kieker, ich hatte jetzt schon eine Klassenkameradin, die was gegen mich hatte und ich hab heute auch gut 2 Stunden nachgesessen. Aber immerhin hatte ich auch schon ein paar Freunde kennen gelernt...

Während ich meinen Gedanken nachhing, wurde ich immer müder, bis ich wenige Minuten später ins Land der Träume abdriftete.
 

Ende Kapitel 3

... a little problem

Das nervige Klingeln meines Weckers holte mich aus meiner Traumwelt. Ich lugte widerwillig unter der Bettdecke hervor und schaltete den Wecker ab. Müde stand ich auf, wusch mich, zog mich an und machte mir Frühstück. All das tat ich mehr im Halbschlaf, als wach. Das lag daran, dass ich gestern wieder ewig an den Hausaufgaben gesessen hatte. Vor allem an Mathe. Ich hatte Schwierigkeiten dem Stoff zu folgen, weil ich von dem Thema noch nie was gehört hatte.

Müde machte ich mich auf den Weg zur Schule. Dort ging ich inzwischen schon zwei Wochen hin. Und ich hatte mich schon ganz gut eingelebt.
 

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Eine Stunde später stand ich vor dem Eingangstor der Schule. Es war Mittwoch. Das hieß ich hätte heute einen ruhigen Tag. Na ja, abgesehen von Mathe und den letzten beiden Stunden, in denen ich Sport mit Sensei Guy hatte. Er ist meiner Meinung nach etwas durchgeknallt. Genau wie dessen Lieblingsschüler Lee, der auch in meine Klasse geht. Lee ist wie Sensei Guy, nur viel jünger. Beide zusammen machten der Klasse echt zu schaffen. Sensei Guy redete immer von der Kraft der Jugend und animierte Lee damit immer sich mit ihm zu messen. Und das nervte. Mit ein paar Leuten aus meiner Klasse hatte ich mich schon angefreundet. Zum Beispiel mit Shikamaru und Kiba. Shikamaru war sehr schlau, aber auch ein bisschen faul und Kiba erzählte immer von seinem Hund Akamaru. Er kannte kaum ein anderes Thema. Nach dem, was er so erzählt hatte, soll der Hund riesig sein, fast so groß wie ich. Es gab so große Rassen, aber ich hatte noch nie so einen Hund gesehen.
 

Nach und nach tauchten auch meine anderen Klassenkameraden auf und Kiba und ich alberten noch bis Unterrichtsbeginn und länger rum. Das war kein Problem, da wir heute zuerst Japanisch hatten und wie ich schon mal sagte: Sensei Kakashi ist nicht der Pünktlichste!

Fünfzehn Minuten später kam er dann leider doch noch. Ich hätte nichts gegen eine Stunde Ausfall gehabt und außerdem fand ich Japanisch langweilig, auch wenn ich Sensei Kakashi gut leiden konnte. Kiba und Shikamaru schienen meiner Meinung zu sein, denn ersterer schrieb grad mit einem anderen Jungen aus der Klasse, den ich nicht kannte, während der Andere schon wieder schlief. Ich sah lieber aus dem Fenster und gähnte. Der Himmel war wolkenverhangen und alles wirkte grau. Kein Wunder, wir hatten auch schon Herbst. Als Bestätigung fing es jetzt auch noch an zu regnen. Ich hatte keine Lust mich auf den Unterricht zu konzentrieren. Dieses Wetter schlug mir immer so auf mein, eigentlich fröhliches, Gemüt. Es kam mir wie eine kleine Ewigkeit vor, bis diese Stunde endlich vorbei war.

Ich wollte gerade was essen, als Kiba angerannt kam und mich begeistert ansah.

"Hey Naruto, hast du Bock heut´ Nachmittag mit zu dem neuen Restaurant zu gehen?" Kiba kam öfter mit solchen spontanen Ideen an.

"Shikamaru und ein paar Mädchen kommen auch mit" Kein Wunder, dass er so begeistert war.

"Eigentlich schon, nur ich-" "Es gab da super gute Ramen!"

"Abgemacht, ich komm mit!" Da war mein Mund schon wieder schneller gewesen, als mein Kopf. Ich hatte nur Ramen gehört und schon reagiert. Kiba derweil grinste mich überlegen an und verschränkte die Arme.

"Ich wusste, dass würde dich überzeugen."

"Ja-ja.", meinte ich und winkte ab.

In der zweiten Stunde hatte ich Chemie und es war auch nicht viel besser. Reiner Theorieunterricht heute und dazu das bedrückende Wetter. Das war wirklich deprimierend.
 

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Als es endlich zur Pause klingelte ging ich mit Kiba, Shikamaru und den Anderen zur großen Pause. Auf dem Schulhof verabschiedeten sich die Beiden kurz, um sich was zu essen zu holen. Ich setzte mich draußen, etwas abgeschieden von meinen Mitschülern, auf eine Bank und wartete auf meine Freunde. Nebenbei aß ich noch eine Schnitte, die ich mir heute Morgen gemacht hatte. Wenigstens hatte es aufgehört zu regnen.

Ich sah mich um. Alle standen in ihren kleinen Gruppen zusammen und quatschten und lachten miteinander. Eine Gruppe von drei Typen stand etwas von mir und den Anderen entfernt, unter einem Baum und sahen ständig zu mir rüber. Die Kerle kannte ich nicht, sie waren bestimmt aus einer höheren Klassenstufe, als ich.(1) Das konnte ich eindeutig an ihrer Größe und ihrer Statur erkennen. Außerdem waren sie ziemlich durchtrainiert, was ihre eng anliegenden Shirts unter ihren Jacken vermuten ließen. Alles in allem wirkten sie auf mich wie typische Unruhestifter. Also, ich meinte jetzt nicht diese lustigen kleinen Streiche zu spielen, so wie ich es gerne tat, sondern richtigen Ärger anzurichten, bei dem es einen Leidtragenden gab, was meist ich war. Ich sah lieber wieder woanders hin, denn die Drei waren mir nicht geheuer. Solche Leute kannte ich noch von früher. Und das zur Genüge!

Nur leider hatte ich Pech, denn die Drei hatten sich wohl entschieden mir einen Besuch abzustatten. Jetzt konnte ich sie noch etwas besser erkennen. Der linke Typ hatte braunes, kurzes Haar, der Rechte langes, blondes und der Dritte, der in der Mittel ging, trug sein schwarzes Haar zu einem Zopf zusammen gebunden. Sie waren alle drei sehr muskulös. Aber was mir am meisten Angst machte war: Erstens: dass sie nicht grad freundlich aussahen, zweitens, dass sie genau auf mich zukamen und drittens, was eigentlich das aller Schlimmste war, es für mich keine Möglichkeit mehr gab abzuhauen.

Als sie vor mir stoppten fing der Blonde an zu reden und grinste mich dabei fies an.

"Na? So ganz allein."

"Sag bloß du hast keine Freunde, du Loser.", fügte der Schwarzhaarige kalt hinzu.

"Doch, sie holen nur grad etwas zu essen.", meinte ich so, als ob ich nicht heraus gehört hätte, dass sie mich provozieren wollten.

"Oh-ho! Seht mal, der kleine Loser ist auch noch ein Klugscheißer!"

"Tatsache! Na wenn du so schlau bist, wirst du doch sicher so klug sein und uns dein Portmonee geben."

//Scheint so, als wollten die Spielchen mit mir spielen. Gut, von mir aus.//

"Ich habe kein Geld mit. Und selbst wenn, warum sollte ich es euch geben?", fragte ich zurück. Nun meldete sich der brünette Typ.

"Ganz einfach: Weil wir es so wollen und du auch, wenn du nicht ins Krankenhaus willst!" Er schrie schon fast. Anscheinend mochte er keine Spielereien.

"Ich denke nicht. Es reicht eh nicht, um euch ein Hirn zu kaufen!", haute ich raus. Ich wusste, dass das nicht besonders schlau war. Immerhin waren die zu dritt und ich allein. Ich wollte gerade wieder in meine Schnitte beißen, als der schwarzhaarige Typ sie mir aus der Hand schlug und mich am Kragen hochzog. Der war echt stark, nur noch meine Fußspitzen berührten den Boden.

"Ich glaub´ wohl ich hab mich grad verhört, oder wie?" Ich hätte dazu einen passenden Spruch gehabt, allerdings verkniff ich ihn mir doch lieber.

"Sieh einer an. Scheinbar hat der Loser auf einmal die Hosen voll!" Die Kerle lachten über diesen "Witz" und widmeten sich dann wieder mir.

"Na gut. Wenn du uns dein Geld nicht freiwillig geben willst, dann prügeln wir es eben aus dir raus.", sagte der Blonde und ließ seine Fingerknöchel knacken.

"Ich sagte doch schon, dass ich kein Geld habe!" Ich versuchte von ihm loszukommen, hatte aber natürlich keinen Erfolg. Er hielt mich noch immer am Kragen hoch.

"Hör auf zu lügen, du Schwächling!" Der Schwarzhaarige schien langsam ernst machen zu wollen.

//Dem zeig ich wer hier der Schwächling ist.//

"Lass mich auf der Stelle los!", schrie ich ihm ins Gesicht, doch natürlich tat er das nicht. Ich griff nach seinem Handgelenk, zog mich etwas hoch und biss so fest ich nur konnte in seine Hand. Ein Schmerzensschrei ging über den gesamten Schulhof und einige Schüler guckten schon neugierig hierher. Ich verstärkte den Druck, bis ich sogar merkte wie etwas Blut aus der Wunde lief.
 

//Das hast du jetzt davon!// Siegessicher grinste ich, doch hielt das leider nicht lange an, denn schon in der nächsten Sekunde spürte ich, wie mich etwas hart im Gesicht getroffen hatte. Ich flog zu Boden. Langsam rappelte ich mich auf und merkte wie etwas Warmes mein Kinn herunter lief. Ich musste nicht lange überlegen, um zu wissen, dass es mein Blut war.

Ehe ich mich ganz aufrichten konnte, wurde weiter auf mich eingeschlagen. Ich versuchte mich zu wehren, aber es half nichts. Der Blonde und der Brünette griffen mich an je einem Arm, während der Schwarzhaarige sich vor mich stellte, mich dreckig angrinste und mir dann in den Magen boxte. Doch es blieb nicht bei dem einen Schlag. Ich sammelte alle meine Kräfte, stellte mich gerade hin und sah ihn trotzig an. Er wollte gerade wieder ausholen, da stützte ich mich an den Beiden, die noch immer meine Arme wie einen Schraubstock festhielten, ab und rammte ihn mit aller Kraft, die ich gerade aufbringen konnte, meinen Fuß direkt in seinen Schritt. Der Schwarzhaarige beugte sich daraufhin mit schmerzverzerrtem Gesicht nach vorne und griff sich an die schmerzende Stelle. Das bot mir die Gelegenheit für meinen nächsten Angriff. Ich wurde noch immer festgehalten, aber das war gerade kein Problem. Ich stellte mich auf mein linkes Bein und trat dem Schwarzhaarigen, der noch immer vor Schmerz jammernd vorgebeugt war, mitten in die hässliche Visage. Er kippte um wie ein Brett und blieb, mit blutiger Nase und ohne Bewusstsein, liegen.

Die Leute staunten nicht schlecht, nur jetzt waren meine Kräfte verbraucht. Ich konnte nicht mehr. Die beiden, die mich noch festgehalten hatten, schupsten mich zu Boden und sahen mich hasserfüllt an.

"Das wirst du bereuen!" Ich konnte nicht aufstehen, alles drehte sich und mir war schrecklich übel. Einer der Beiden hielt mich fest, während der Andere auf mich eintrat und einschlug. Meine vereinzelten Versuche mich zu wehren oder wenigstens zu verteidigen, gingen in meinen Schmerzensschreien unter. Es tat so weh. Sie sollten endlich aufhören. Ich hörte, wie einige der Schaulustigen, um uns herum, anfingen zu lachen und die beiden Idioten noch weiter anstachelten. Mit halb zusammengekniffenen Augen sah ich zu meinen "Freunden", die schon lange wieder da waren und hoffte sie würden mir helfen, doch taten sie es nicht. Sie standen nur unentschlossen da und sahen zu. Meine "Freunde" wollten mir nicht helfen, weil sie Angst vor diesen Kerlen hatten. Das Einzige, was ich in diesem Moment spürte, war Enttäuschung. Ich hatte doch tatsächlich geglaubt Freunde zu finden und wurde so hart eines Besseren belehrt. Doch das Nächste, das ich fühlte, war pure Wut.

//Ich lass mich nicht hängen! Wenn mir keiner helfen will... dann helfe ich mir eben selber!// Mir tat alles weh und mir war kalt, doch ermöglichte mir meine Wut neue Kräfte zu sammeln. Es reichte nicht um aufzustehen, aber war das auch nicht nötig. Gerade wollte mich der Brünette wieder schlagen, doch er war etwas zu langsam. Ich erwischte seine Faust so günstig, dass ich ihm in die Hand beißen konnte. Er schrie auf. Sein Freund und er versuchten mich von seiner Hand loszubekommen, aber ich verstärkte den Druck. Der Blonde, der mich festhielt, versuchte mich von ihm wegzuzerren, doch gelang es ihm nicht. Der Brünette schrie nur, er solle mich still halten. Kein Wunder, denn durch das viele Rumgezappel hatte sich die Wunde vergrößert. Ich spürte, wie ihm das Blut die Hand runter lief, doch dachte ich nicht im Traum daran ihn loszulassen. Im Gegenteil, ich versenkte meine Zähne noch tiefer in seiner Hand und zerrte daran.(2) Dabei kniff ich meine Augen wieder zusammen.

//Wer wird jetzt bereuen, huh?// Seine Schreie wurden immer lauter. Er konnte vor Schmerz nicht mal mehr auf mich einschlagen. Allerdings versuchte sein Freund mich auf diese Art und Weise von ihm loszubekommen. Ich unterdrückte einen Schmerzensschrei nur um ihn nicht loszulassen. An meiner Stirn spürte ich wie etwas Warmes herunter lief und mir wieder schwindelig wurde. Ich konnte einfach nicht mehr. Mir blieb nichts anderes übrig als ihn wieder loszulassen.

Doch ganz plötzlich hörten die Schläge auf. Ich öffnete langsam meine Augen und glaubte nicht was ich sah.

Vor mir stand mein Klassenlehrer und hatte die Schläge meiner beiden Peiniger locker mit den Händen abgefangen. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, weil er mit dem Rücken zu mir stand.

"Das findet ihr wohl lustig, zu dritt auf einen Einzigen einzuprügeln?" Er klang sehr wütend und gereizt. Die Beiden meckerten und schrieen, da mein Sensei sie noch immer festhielt und sie sich nicht lösen konnten. Der Blonde holte mit der anderen Hand zum Schlag aus, doch war er zu langsam. Mein Lehrer neigte seinen Kopf leicht zur Seite, sodass er daneben schlug.

Von den Mädchen hörte ich begeisterte Schreie. Immer so was wie: "Mann ist der cool.", oder "Oh Gott!! Hast du das gesehen?" Er ist so toooooll~." Bla bla bla... und wie sie weiter schwärmten. Es interessierte mich herzlich wenig. Ich sah weiter gebannt dem Schauspiel vor mir zu. Ich konnte einfach meinen Blick nicht von ihm abwenden. Nicht, weil ich beeindruckt war, na ja deswegen auch, aber ich hätte schwören können, dass seine Augen wieder rot aufgeleuchtet hatten, als er auswich.

Dann drehte Sensei Uchiha zuerst ihm, dann dem Brünetten, das Handgelenk so um, dass er sich vor Schmerz umdrehen musste und er ihm den Arm auf den Rücken drücken konnte. Es sah so einfach aus, aber er musste echt stark sein, wenn er das so locker bei diesen Muskelpaketen schaffte.

"Na? Wie fühlt sich das an? Das ist echt schwach von euch." Die Beiden schrien aus vollem Halse, da mein Sensei grade drauf und dran war ihnen die Arme auszukugeln. Meine Mitschüler fanden das anscheinend noch lustiger als vorher, vor allem die Mädchen waren jetzt hellauf begeistert. Sie feuerten Sensei Uchiha wie verrückt an. Den ließ das aber anscheinend kalt und er drehte seinen Kopf leicht zu mir.

"Geht es?" Er klang etwas freundlicher als zuvor, doch es war noch deutlich seine Wut zu hören. Ich richtete mich etwas auf, kniete somit also auf dem Boden, und nickte zustimmend. Irgendwie glaubte er mir wohl nicht, denn sein Blick ruhte noch immer prüfend auf mir, bis eine Stimme nach ihm rief.

"Sasuke! Na Gott sei Dank warst du schon hier." Ein Mann kam angerannt. Er hatte kurzes brünettes Haar, einen Bart und sonnengebräunte Haut. Ich kannte ihn nicht, aber dafür die beiden Lehrer, die ihm folgten. Es handelte sich um Sensei Kakashi und Sensei Kurenai. Der Angesprochene nahm seinen Blick von mir und sah zu den Dreien. Während Kurenai versuchte, die gaffenden Schülermassen zu verscheuchen und Sensei Kakashi sich um den, langsam wieder zu Bewusstsein kommenden Schläger kümmerte, kam der Mann, den ich nicht kannte, zu uns. "Asuma, ich nehme an, das hier sind deine.", bemerkte mein Lehrer nebenbei. Es war eindeutig eine Feststellung und keine Frage. Während er das sagte, drehte er sich gänzlich zu ihm um, wobei er die Beiden mitzog. Dabei drückte er ihre Arme kurz wieder nach oben und die beiden jammerten qualvoll auf. "Verzeihung, war keine Absicht." Er sagte das kalt und verzog keine Miene. Anscheinend war es sehr wohl mit Absicht gewesen. Ich verkniff mir ein schadenfrohes Grinsen, auch wenn es verdammt schwer war.

"Ja richtig. Tut mir leid, dass sie so einen Ärger gemacht haben. Du kannst dir sicher sein, dass ich sie angemessen bestrafen werde." Mein Sensei nickte nur und ließ die Beiden los. Allerdings hatten die nicht lange etwas von ihrer Freiheit, denn schon packte sie ihr Lehrer am Kragen und zog sie mit in die Schule. Während er das tat, schimpfte er lauthals über sie. Ich verstand aber nur wenig. Nur irgendwas von Ermahnung... Strafarbeit... nachsitzen... und noch mal Strafarbeit.

Sensei Uchiha kam auf mich zu und kniete sich zu mir hinab. Er legte mir eine Hand auf die Schulter und ich keuchte schmerzhaft auf. Ich hatte die Schmerzen bis eben gar nicht bemerkt.

"Komm, steh auf. Ich bring dich zur Krankenstation." Ich versuchte aufzustehen, doch machte mir mein schmerzender Bauch einen Strich durch die Rechnung. Leider hatte wohl nicht nur meine Schulter was abgekriegt. Dazu kam auch noch das Schwindelgefühl wieder. Es war ihm wohl nicht entgangen, denn er sah mich nur kurz an und auf einmal fand ich mich auf seinen Armen wieder. Er hielt mich wie eine Braut. Es war zwar irgendwie angenehm, aber auch verdammt peinlich. Einige der Schüler standen noch da und sahen zu. Von Einigen hörte ich etwas Getuschel, von manchen Mädchen enttäuschte Ausrufe und von wieder anderen Mädchen begeistertes Kichern und: "Kyaa, wie süüüüß!" Ich strampelte etwas um ihm zu zeigen, dass ich runter wollte. Er sah mich bloß an und meinte dann ernst:

"Halt still, sonst fällst du noch." Um seine Aussage zu unterstreichen ließ er mich kurz fallen und hielt mich aber gleich wieder fest. Vor Schreck hatte ich meine Arme um seinen Hals geworfen und mich festgehalten. Während er mich ins Schulgebäude trug, ließ ich wieder los, um wenigstens etwas von meiner Würde zu behalten. Meinen Kopf hatte ich an seine Schulter gelehnt gelassen, denn noch immer war mir schwindelig. Und auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte, genoss ich es, ihm so nah zu sein. Er roch genauso anziehend, wie beim letzten Mal, als ich versehentlich in ihn rein gerannt war.
 

In der Krankenstation angekommen, setzte er mich auf einem Bett ab und kramte an den Schränken herum. Das irritierte mich etwas.

"Die Schwester wird gleich zu dir kommen, nur vorher muss sie sich noch um deine... "Opfer" kümmern." Ich konnte es einfach nicht lassen und kicherte. Das klang eben gerade so, als hätte ich die Drei angefallen. Ich war aber auch stolz auf mich. Immerhin habe ich mich zur Wehr gesetzt. Er kam mit einem Erste-Hilfe-Koffer wieder und kümmerte sich um meine Verletzungen. Die Drei hatten echt zugelangt! Ich hatte eine blutige Lippe, eine Platzwunde an der Stirn, eine Muskelzerrung am linken Arm und jetzt schon lauter blaue Flecke am Bauch. Ich saß mit freiem Oberkörper da und sah zu, wie Sensei Uchiha vorsichtig meinen Brustkorb abtastete, um festzustellen, ob ich mir vielleicht etwas gebrochen hätte. Seine Finger waren eiskalt und bescherten mir eine richtige Gänsehaut. Allerdings war mir das auch recht, denn seine kalten Hände dämpften ein wenig den Schmerz.

"Halt still Naruto."

"Sie haben aber kalte Hände.", gab ich trotzig von mir. Er sah kurz zu mir auf, ließ von mir ab und nahm sich dann anschließend ein paar Tücher, die er in eine Schale mit Wasser tunkte.

"Es ist nichts gebrochen, nur ein paar Blutergüsse." Ich atmete erleichtert aus. So wie es wehtat, hatte ich mir wirklich Sorgen gemacht. Anschließend kümmerte er sich um die Wunden an meiner Stirn und an meiner Lippe. Er wirkte irgendwie nervös, als er das Blut von der Platzwunde tupfte. Anschließend reinigte er sie und klebte ein Pflaster drüber. Bei meiner Lippe konnte er nichts machen, außer das getrocknete Blut abzuwischen und mir eine Salbe auf die Lippen zu schmieren.

Ich sah ihm gerade zu wie er ein paar Kratzer und Schrammen an meinen Händen desinfizierte, die ich wohl abbekommen hatte, als ich zu Boden geschleudert wurde. Und das schmerzte wie Hölle!

Keiner von uns sagte ein Wort, es herrschte eine bedrückende Stille. Ich blickte auf und schaute ihm ins Gesicht.

"Sensei, ich hab nicht angefangen." Ich wollte das nur klarstellen, denn in meiner alten Schule wurde ich gerne mal zum Sündenbock gemacht. Er sah nicht auf, sondern sprach, während er sich weiter um meine Hände kümmerte.

"Natürlich nicht.", kam es völlig überzeugt von ihm. Das überraschte mich doch etwas.

"Ich traue dir so viel Verstand zu, zu wissen was drei 1.80 große Kerle mit dir anstellen, wenn du sie provozierst." Ich nickte leicht, um ihm zu zeigen, dass ich verstanden hatte. Es wurde wieder einen Moment still zwischen uns, bis mein Lehrer erneut anfing zu sprechen.

"Ich... muss zugeben, das hätte ich nicht erwartet." Was meinte er denn damit?

"Was denn?"

"Das du dich so gut zur Wehr setzt." Zuerst guckte ich normal, dann aber total überrascht. Ich hielt das für einen Scherz und lachte leicht.

"Ach was. Schauen Sie mich doch an, ich sehe aus wie ein Pflaumenkuchen. Ich hab voll abgeloost.", grinste ich. Ich hätte eigentlich lieber losgeheult, denn mir tat alles weh, aber ich spielte wieder gute Miene zum bösen Spiel.

"Ganz und gar nicht." Er legte das Desinfektionszeug beiseite und sah mich unverwandt an.

"Du hast einen Kerl, der gut zwei Köpfe größer ist als du, ausgeknockt und die beiden anderen auch auf Trab gehalten. Und seine Bisswunde...", er hielt seine rechte Hand hoch und zeigte auf die Stelle, wo ich den Brünetten gebissen hatte, "... wird hundertprozentig eine Narbe."

Ich freute mich riesig über dieses Lob, denn irgendwie schien es so als hätte ich meinen Lehrer wirklich überrascht. Kein Wunder, ich hatte mich ja selbst überrascht. Und ich war stolz drauf.

Sensei Uchiha stand auf und fuhr sich kurz über die Augen. Er wirkte etwas ausgelaugt.

"Also Naruto, du ruhst dich noch aus.", meinte er streng.

"Aber es geht mir besser.", kam es gleich von mir. Es war zwar halb gelogen, aber ich wollte nicht hier bleiben.

"Tut es nicht. Man kann dich kaum berühren, ohne dass du kurz vorm losheulen bist."

"Aber ich... das stimmt nicht.", versuchte ich es noch einmal und sah auf den Boden. Plötzlich zog ich scharf etwas Luft ein. Ich sah zu meinem Sensei. Er hatte seine Hand auf meinen linken Arm gelegt gehabt.

"Siehst du. Ruh dich einfach etwas aus. Danach kannst du die letzten Stunden Unterricht mitmachen oder nach Hause gehen." Während er das sagte, hatte er mich auf das Bett gedrückt, die Decke unter mir weggezogen und mich zugedeckt.

"Das ist gemein.", nuschelte ich leise. Er sollte es eigentlich nicht hören, doch grinste er mich mit einem Mal schadenfroh an.

"Mir egal. Sei froh, dass du keine Gehirnerschütterung hast, sonst hätten wir dich ins Krankenhaus bringen müssen.", erklärte er mir, während er sich neben mich auf das Bett setzte. Ich nickte verlegen und zog die Decke halb über mein Gesicht, um zu verbergen, wie rot ich geworden war. Und das war ich ganz bestimmt! Es machte mir schon langsam Angst, welche Wirkung dieser Mann auf mich hatte.

"Na gut, ich versuch´s." Dabei drehte ich mich auf die Seite in Richtung meines Lehrers.

"Auch wenn ich garantieren kann, dass ich ganz bestimmt nicht einschlafen werde." Ich schloss die Augen und versuchte mich zu entspannen, aber ich war einfach kein bisschen müde. Außerdem spürte ich geradezu den Blick meines Lehrers auf mir. Nach etwa fünf Minuten bemerkte ich plötzlich, wie mich eine Hand vorsichtig am Kopf berührte und auf meiner Stirn liegen blieb. Ich öffnete irritiert die Augen und sah zum Besitzer der Hand hinauf. Mein Sensei saß noch immer neben mir auf dem Bett und sah ernst zu mir runter. Sein Blick hatte etwas Beruhigendes und er strich mir immer wieder vorsichtig über den Haaransatz am Pony. Es fiel mir immer schwerer die Augen offen zu halten.

//Vielleicht sollte ich doch etwas...// Ich döste leise ein und bemerkte nur beiläufig, wie mein Sensei irgendwann den Raum verließ. Eigentlich schade, es wäre schön gewesen, wenn er noch geblieben wäre...
 

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Ich erwachte aus meinem traumlosen Schlaf, als ich eine Hand auf meiner gesunden Schulter spürte, die mich leicht wachrüttelte. Gähnend setzte ich mich auf und schaute mich um. Bei der Person, die es gewagt hatte mich zu wecken, handelte es sich um die Schulkrankenschwester. Sie lächelte mich lieb an.

"Gut geschlafen?" Ich nickte nur, mir war jetzt einfach nicht groß nach reden.

"Sehr gut. Warte noch kurz, wir müssen uns noch um deinen Arm kümmern."

//Ach stimmt ja, mein Arm.// Den hätte ich fast vergessen, wenn sich jetzt nicht dieser wunderbar anhaltende Schmerz zu Wort melden würde. Sie verband ihn mir so, dass ich ihn ruhig halten konnte und entließ mich aus der Krankenstation. Gleich würde es zur 6. Stunde klingeln. Ich machte mich auf den Weg zur Sporthalle. Die Turnhalle war noch abgeschlossen, deswegen stand meine Klasse noch davor. Eigentlich hatte ich ja keine Lust mich dazu zu stellen. Mir blieb aber leider nichts Anderes übrig. Als ich bei ihnen stand, wurde ich fast überrannt. Kiba, Shikamaru, Ino, Sakura und noch ein paar Andere löcherten mich, wie es mir ginge oder wie es war von Sasuke getragen worden zu sein. Ich verdrehte die Augen. Darauf hatte ich jetzt echt keine Lust. Ich sprach ihnen einfach dazwischen.

"Löchert mich, wenn ich gute Laune habe." Aber Ino, Sakura und den anderen Weibern schien es egal zu sein, denn sie fragten unverwandt weiter.

"Ach komm schon Naruto, wir wollen doch nur wissen, wie es war von Sensei Uchiha getragen und verarztet zu werden.", kam es von Ino. Eine andere fragte frech weiter.

"Roch er gut?"

"Waren seine Hände weich?" Ich wurde auf der Stelle rot.

//Ja verdammt, er roch verdammt gut und hatte super weiche Hände und das stört mich gewaltig!// Alle sahen mich hoffnungsvoll an. Das war mir echt zu doof! Ich sah sie trotzig an.

"Lasst euch doch selbst verprügeln und findet es heraus." sagte ich gereizt. In dem Moment schloss Sensei Guy die Turnhalle auf und ich nutzte das stille Entsetzen, um an den Anderen vorbei, in die Turnhalle zu gehen. Neben Kiba blieb ich noch mal stehen und sah ihn kalt an.

"Übrigens, ich denke, ich werde heute Nachmittag doch nicht mit zum Essen kommen." Er sah etwas verletzt aus, doch ich ließ ihn einfach da stehen, während er mir nach sah.

Ich brauchte kein Sport mitzumachen. Sensei Guy wusste über das, was passiert war Bescheid, sagte wieder irgendwas von Kraft der Jugend und ließ mich auf der Bank Platz nehmen. Als sich die Anderen gerade aufwärmten, wurde die Tür aufgemacht und Sensei Uchiha kam mit Tsunade rein. Die Beiden gingen zu Guy und redeten kurz mit ihm. Der nickte nur und schon kamen sie auf mich zu.

Mein Sensei stand nun direkt vor mir und sah zu mir herab

"Komm mal kurz mit Naruto. Wir müssen noch mal mit dir reden." Ich nickte unsicher, stand auf und folgte ihnen. Wir gingen ins Schulgebäude und betraten Tsunades Büro.

//Oh na toll, hier ist noch nie was Gutes passiert!// Ich sollte mich auf einen Stuhl setzen, während Tsunade am Schreibtisch Platz nahm und Sasuke neben dem Schreibtisch stehen blieb.

"Du wunderst dich sicher schon, warum wir dich aus der Klasse geholt haben." Ich nickte und sah sie neugierig an. Ich war echt gespannt, was jetzt kommen würde.

"Der Grund dafür ist..." Tsunade holte kurz Luft. "...weil ich beschlossen habe, dass du eine Strafarbeit bekommst." Ich glaubte gerade mich gewaltig verhört zu haben.

"Wie bitte?", fragte ich wütend.

"Wegen der Prügelei? Dafür kann ich nichts! Die haben doch angefangen. Ich hab mich nur gewehrt. Wieso muss ich dann so was machen und die nicht?!", fragte ich sauer. Dazu bewegte ich auch noch meine Arme, was sich im Nachhinein als ziemlich dämlich herausstellte. Ich kniff meine Augen zu und sog scharf Luft ein. Ich hielt mir mit der rechten Hand meinen Arm um so das Pochen loszuwerden.

"Das weiß ich, Naruto. Aber du hast immerhin einen Mitschüler bewusstlos geschlagen und einem Anderen eine tiefe Bisswunde verpasst." Sie räusperte sich kurz.

"Und glaub mir, die Drei werden angemessen bestraft. Und außerdem ist es ja keine richtige Strafe in dem Sinne."

Jetzt verstand ich nur noch Bahnhof und es machte mich so wütend, was Tsunade hier mit mir abziehen wollte.

"ICH. HAB. MICH. DOCH. NUR. GEWEHRT!" Jetzt wurde ich laut, wahrscheinlich etwas zu sehr, aber das kratzte mich nicht. Ich würde nicht wieder den Prellbock spielen!

Nun sprang mein Sensei ein. Er hatte wohl, so wie ich, gemerkt wie es Tsunade immer schwerer fiel, sich zu beherrschen.

"Hör zu Naruto..." Er legte seine rechte Hand auf die Rückenlehne meines Stuhls und drehte mich zu ihm. Dabei beugte er sich noch etwas vor, um mit mir halbwegs auf Augenhöhe zu sein.

"... du sollst in der Kunst AG aushelfen. Wir dürfen in den einzelnen Gruppen nur eine bestimmte Anzahl von Schülern haben. Da die Theater-Gruppe aber um Hilfe bei der Herstellung der Kulissen für das geplante Theaterstück gebeten hat, brauchen wir etwas Unterstützung. Je nachdem, wie gut du mit machst, bekommst du Noten und kannst damit deinen Durchschnitt aufbessern." Er richtete sich wieder auf, verschränkte die Arme und sah zu mir runter.

"Und wenn ich so an deinen letzten Mathetest denke, glaube ich, kannst du die gut gebrauchen." Da hatte er leider Recht.

"Aber ich ka-"

"Du kannst sehr wohl malen, wenn ich dich noch mal an den Test erinnern darf." Er sah anklagend zu mir runter.

//Ach stimmt ja, ich wusste keine einzige Antwort und hatte angefangen ein paar Skizzen zu zeichnen.// Und natürlich hatte er es mit den anderen Tests eingesammelt. Wir hatten die bis jetzt noch nicht wieder gekriegt.

"Ach na fein...", gab ich grummelnd von mir. Sofort sah Tsunade zufrieden zu Sasuke.

"Wann muss ich da hin? Und wer ist da mein Lehrer?"

"Jeden Freitag 6. und 7. Stunde. Und ich bin dein Lehrer.", kam es von Sensei Uchiha.

"Na gut, darf ich dann gehen?", fragte ich genervt. Mich nervte grade echt alles. Dass mir der Bauch schmerzte, die Kopfschmerzen und dass ich freitags bis zur siebten Stunde in der Schule bleiben musste. Aber wenigstens mit dem Uchiha, darüber freute ich mich wirklich. Sasuke und Tsunade nicken, also verabschiedete ich mich und ging gleich raus. Was ich nicht merkte, war das merkwürdige Grinsen auf dem Gesicht meines Lehrers.

Ich ging allerdings nicht zurück zur Turnhalle, sondern gleich nach Hause. Meine Tasche hatte ich schon mitgenommen. Wenigstens würde ich heute mal früher nach Hause kommen und ich würde heute hundertprozentig noch eine riesige Schüssel mit Ramen essen!
 

Ende Kapitel 4
 

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(1) Die drei Kerle sind frei erfunden

(2) Erinnert mich irgendwie an ein Raubtier *smile*

... a little chase

Heute war mal wieder Freitag. Ich hatte gerade meine zweite große Pause und sah träumend nach draußen. Dabei lehnte ich meinen Kopf auf meine linke Hand und schaute mir das regnerische Wetter draußen an. Die Prügelei war jetzt schon zwei Wochen her. Mein Arm war inzwischen wieder in Ordnung und die blauen Flecken an meinem Oberkörper und die Platzwunden waren auch längst wieder verheilt. Am Tag nach der Prügelei hatte es eine Aussprache mit den drei Kerlen, mir, Tsunade und unseren Klassenlehrern gegeben. Das war vielleicht ätzend! Im Grunde war es nur eine zweite Strafpredigt gewesen. Es sah echt toll aus, wie die Drei da gesessen hatten. Der Blonde hatte zwar nur ein paar Kratzer, aber dafür saß der Brünette mit verbundener Hand da, während der Schwarzhaarige eine geschiente Nase und blaue Augen hatte. Ich dagegen trug nur einen leichten Verband, der meinen Arm stützte und still hielt. Ich bin ja nicht schadenfroh, aber das sah toll aus. Zu meinem Glück heilen meine Verletzungen immer sehr schnell. Die würden sich bestimmt nicht mehr mit mir anlegen...

Dann kam der Freitag an dem ich meine ersten AG-Stunden gehabt hatte.
 

~Flashback~
 

Ich stand nun vor der Schule. Heute war der Tag, an dem meine “Strafe“ beginnen sollte. Ehrlich gesagt, hatte ich keine große Lust. Gestern war ich den ganzen Tag damit beschäftigt gewesen, mir Kiba und Shikamaru vom Hals zu halten, die die ganze Zeit versuchten mir ein Gespräch aufzudrängeln und sich zu rechtfertigen. Außerdem würde ab heute aus meinem schönen 5-Stunden-Freitag ein doofer 7-Stunden-Freitag werden und das auf unbestimmte Zeit. Seufzend betrat ich das Gebäude und begab mich zu meinem Klassenraum. Es stand Geschichte auf dem Plan, was zu meiner Überraschung mal schnell vorbei ging, gefolgt von Sport. Sport hatte den Vorteil, dass ich anschließend in Ruhe duschen konnte, da hinterher die große Pause war. Nur leider hatte Kiba vor der Turnhalle auf mich gewartet und zerstörte damit jede Möglichkeit, ihm aus dem Weg zu gehen. Es ging natürlich um die Prügelei, in die ich verwickelt gewesen war und in der mir Kiba und Shikamaru nicht geholfen hatten. Eher ungeduldig hörte ich ihm zu, da ich eigentlich viel lieber Pause machen wollte, als mir seine Ausflüchte anzuhören. Er rechtfertigte sich die ganze Zeit mit Ausflüchten wie: „Es tut uns wirklich leid, aber uns haben die Lehrer aufgehalten.“, oder: „Wir wollten ja, aber wir sind an den Schülern nicht vorbei gekommen.“ Ich wusste, dass es gelogen war, immerhin hatte ich ihm in die Augen gesehen. Er war einfach nur zu feige gewesen. Ich belies es aber dabei und nickte nur.

„Ist ok, Schwamm drüber.“, meinte ich, sah aber noch nicht viel fröhlicher drein. Kiba allerdings schien es schon wieder besser zu gehen, denn er atmete erleichtert aus.

„Danke Naruto, ich gebe dir bei Gelegenheit mal einen aus, versprochen“, antwortete er mir und sah mich wieder mit seinem typischen Kiba-Grinsen an. Ich konnte nicht anders als ebenfalls zu grinsen. Ich bin halt kein sehr nachtragender Mensch. Und Kibas Grinsen war ansteckend.

Wir quatschten noch die ganze Pause miteinander, Shikamaru war inzwischen auch dazu gekommen, und schafften irgendwie auch noch die anderen beiden Stunden.
 

Nach der 5. Stunde machte ich mich auf den Weg zum Kunstraum, wo die AG stattfinden sollte. Kiba und die Anderen hatten sich gewundert, wo ich hin wollte, deshalb fragte mich Lee:

„Wo willst du hin, Naruto? Wir haben doch jetzt Schluss.“ Ich antwortete etwas angesäuert.

„Ich nicht. Muss wegen der Prügelei in der Kunst-AG mitmachen.“

„Boah! Du alter Glückspilz!“, kam es plötzlich von Kiba. Mein Gesicht schien gerade ganze Bände zu sprechen, denn er stupste mich leicht mit dem Ellbogen an und sah verschlagen zu mir rüber.

„In der Gruppe sind die ganzen heißen Weiber, du weißt schon, wegen unserem tollen Klassenlehrer.“ Er drehte kurz mit den Augen. Da schien wohl jemand verdammt eifersüchtig auf unseren Klassenlehrer zu sein.

//Tja, Sensei Uchiha kannst du nicht das Wasser reichen.//, grinste ich still in mich hinein, hätte mich aber dafür im nächsten Moment am liebsten geohrfeigt. Was ich schon wieder für einen Stuss dachte!

„Und da rein zu kommen ist etwa so schwer, wie einen Safe mit ´ner Nagelfeile zu öffnen.“ Alle Anwesenden nickten zustimmend.

„Na toll, gibt es auch Jungs in der AG oder nur Mädchen?“

„Nur Mädchen.“ kam es auch gleich von Shikamaru. Genervt stöhnte ich auf.

//Mir bleibt auch nichts erspart.// Jetzt meldete sich Lee wieder zu Wort.

„Pass aber bloß auf, dass du es dir nicht mit den Mädchen verscherzt. Sonst ergeht es dir noch so wie Sai.“ Jetzt wurde mir doch langsam flau im Magen.

„W-was ist mit Sai?“ Die Jungs sahen sich vielsagend an und Kiba fing an zu reden.

„Na ja, wir wollen dich nicht verunsichern und-„

„Jetzt sprich schon!“ Das war ein wenig grob aber ich hatte jetzt keine Lust auf diese Spielereien.

„Fein. Unser Sensei ist doch der absolute Weiberschwarm hier und am meisten in ihn verschossen sind wohl Sakura und Ino. Die haben sogar einen Fanclub für ihn gegründet.“ Kiba drehte wieder mit den Augen.

„Und Sai hatte es gewagt in der AG etwas Schlechtes über ihn zu sagen...“

„Und?“

„Da war Uchiha grad nicht da. Sie haben ihn voll fertig gemacht. Von da an hat er sich immer von den Weibern fern gehalten.“ Wieder ein gemeinschaftliches, zustimmendes Nicken.

„Und ´nen Monat später hat er sich geoutet.“

„Wie bitte?“ Kiba sah kurz vielsagend auf den Boden.

„Ja... ist eines Morgens von seinem Freund zur Schule gefahren wurden.“ Kurz ließ er die Sache wirken, sah mich dann mit einem mal wieder fröhlich und mit einem breiten Lächeln auf den Lippen an.

„Aber mach dir keinen Kopf, dir wird das sicher nicht passieren. Viel Spaß!“ Kurz winkte er mir noch zum Abschied zu, ging dann mit den anderen und ließ mich etwas verstört zurück.

//Das nennt der Glückspilz...?!// Ich wäre jetzt am liebsten nach Hause gegangen. Es half aber alles nichts, ich musste so oder so hin. Ich sah auf die Uhr.

„Oh nein, ich komm wieder zu spät!“ Ich rannte, wie schon so oft, seit ich hier war, wie von der Tarantel gestochen, zu meinem Ziel. Ich wollte nicht schon wieder nachsitzen.

Es hatte gerade geklingelt als ich schwer atmend die Tür aufschob und durch die Klasse schaute. Mir fiel sofort der rosane Haarschopf in der Klasse auf. Meine Hand lag immer noch an der Stelle, an der ich die Tür aufgeschoben hatte.

„Ist Sensei Uchiha schon da gewesen?“, fragte ich keuchend und ein Mädchen mit blonden Haaren, das direkt neben mir an einem Tisch saß, antwortete mir.

„Nein, ist er noch nicht.“

„Puh! Glück gehabt, sonst hätte er mir bestimmt wieder nachsitzen aufgebrummt.“, sagte ich erleichtert. Als plötzlich eine Hand, über meiner Eigenen, an der Schiebetür auftauchte und ich einen bekannten Geruch wahrnahm, stockte mir der Atem.

„Wer hätte dir nachsitzen aufgebrummt?“, fragte die bekannte Stimme. Ich drehte mich langsam um. Und tatsächlich stand Sensei Uchiha hinter mir.

„Ähm... S-Sensei Iruka... wenn ich wieder die Hausaufgaben vergessen hätte.“, sagte ich verlegen und setzte mich ohne Umschweife auf einen freien Platz in der Mitte. Es überraschte mich kein bisschen, dass alle vorderen Plätze besetzt waren.

„Na gut, dann hört mir mal gut zu. Wie ihr wisst, will die Theater-Gruppe bald ein Stück aufführen und deshalb...“ Während er sprach nickten die Mädchen immer wieder und ich konnte sehen, wie sie ihm alle förmlich an den Lippen hingen. Ich war hier wirklich der einzige Junge und fühlte mich total fehl am Platz. Aus den Augenwinkeln konnte ich wahrnehmen, wie eine Hand hochschnellte und Sensei Uchiha damit in seiner Erklärung unterbrach. Ich musste mich etwas vorlehnen, um sehen zu können, wer sich da meldete. Es handelte sich um Sakura, die grade da saß und mit der Hand wedelte.

„Was ist denn, Sakura?“, fragte er gleichgültig. Sie nahm die Hand runter und begann zu sprechen.

„Was macht Naruto denn hier? Er gehört doch gar nicht zur AG.“ Dabei sah sie mich mit einem arroganten Gesichtsausdruck an.

//Diese miese...// Ich erwiderte wütend ihren Blick und noch bevor ich etwas sagen konnte, ging Sensei Uchiha dazwischen.

„Er hat sich bereit erklärt, uns zu helfen, da wir sehr unter Zeitdruck stehen. Jetzt lasst uns auch anfangen, damit wir fertig werden.“ Er hielt sich ziemlich kurz angebunden und schien auch etwas schlecht gelaunt zu sein. Sakura dagegen war wie vor den Kopf gestoßen.

//Geschieht ihr Recht!//, dachte ich mir grinsend. Dann widmeten wir uns auch schon der Aufgabe...

Es wunderte mich kein bisschen, dass sie in Verzug gekommen waren. Drei Mädchen wollten gerade die Kulisse für einen Baum bemalen und stritten sich seit 15 Minuten ob sie mintgrün oder tannengrün nehmen sollten. Ich saß gemeinsam mit meinem Sensei an einem Tisch und verfolgte das Schauspiel vor mir ungläubig. Mein Klassenlehrer neben mir hatte seinen Kopf mit einer Hand an der Stirn abgestützt und schüttelte diesen leicht. Das sah irgendwie schon komisch aus, aber er tat mir auch irgendwie leid. Der musste das Elend bestimmt jeden Freitag aushalten. Es schien ihm heute sowie so nicht besonders gut zu gehen. Er hatte schlechte Laune, war gereizt und, ich könnte es mir aber auch nur eingebildet haben, sah mich ständig so seltsam an. Und das immer direkt in die Augen.

Ich stand auf, ging zu den Mädchen hin und fragte:

„Darf ich mal?“ Ich nahm mir aber schon, ohne auf eine Antwort zu warten, einem der Mädchen einen großen Pinsel ab. Den tunkte ich einfach in irgendein grün und klatschte ihn an die Kulisse. Nach ein paar langen Zügen hatte der Baum eine grüne Krone und ich drückte dem Mädchen den Pinsel wieder in die Hand.

„Fertig.“, meinte ich grinsend zu ihnen und ging wieder zu meinem Platz. Die Mädchen schauten total überrumpelt. Sensei Uchiha sah mich nicht an, sondern stand auf und ging zu seinem Schreibtisch. Ich war mir sicher, dass er kurz grinsend zu mir rüber geschielt hatte. Ich kam aber nicht dazu den Gedanken zu Ende zu denken, denn schon ging dasselbe Theater mit dem Braunton los. Ich ließ den Kopf auf die Tischplatte sinken.

//Hoffentlich geht das nicht ewig so weiter...//
 

~Flashback Ende~
 

Ich wurde aus meinen Gedanken geholt, als die Schiebetür aufgerissen wurde und eine total entsetzte Sakura reingestürmt kam. Sie rannte gleich zu Ino, die direkt vor mir saß. Die Beiden verstanden sich eigentlich ganz gut, nur wenn es um ihren gemeinsamen Schwarm ging, flogen die Fetzen. Sakura lehnte sich vor und sprach etwas gedämpft mit Ino.

„Du glaubst es nicht Ino! Ich bin eben am Lehrerzimmer vorbei gegangen und hab gehört wie Sensei Uchiha mit Jemandem telefoniert hat. Er trifft sich heute Abend mit seiner FREUNDIN!!“ Ino machte ein entsetztes Gesicht.

„Ist nicht wahr! Dabei sagt er doch immer er hätte keine“ Sakura nickte.

„Ja, die will ich unbedingt sehen. Lass uns heute auch da hin gehen.“

„Du weißt, wo sie hingehen?“

„Ja, das hat er vorhin gesagt.“

„Und wenn er uns wieder entdeckt?“ Jetzt sahen sich Beide nachdenklich an, bis sich Sakura mit einem Mal zu umdrehte. Ich fragte mich nur was dieses “wieder“ von Ino bedeutete.

//Machen die das etwa öfter?// Schnell sah ich beiseite, aber es war zu spät.

„Du, Naruto?“, fragte Sakura zuckersüß. Dieses falsche Lächeln hätte man acht Meilen mit Gegenlicht gesehen.

„Ja?...“

„Willst du mitkommen? Du hast uns doch zugehört, oder?“ Oh Mist, sie hatte es bemerkt.

„Ich hab euch zugehört, aber ich komm nicht mit. Hab was Besseres zu tun, als meinem Lehrer hinterher zu schnüffeln.“

„Interessiert es dich kein bisschen, mit was für Frauen Sensei Uchiha so ausgeht?“ Sie blickte mich so an, als wenn sie jetzt schon sicher sein könnte, dass ich mitkomme.

„Nein, kein bisschen.“ Ich sah aus dem Fenster. Also eigentlich interessierte es mich ja doch schon, aber ich wollte ihm nicht nachstellen. Wie würde das aussehen, wenn er mich erwischen würde? Außerdem war es mir schon unheimlich genug, dass er oft so seltsame Gefühle in mir hervor rief.

„Hallo, Naruto!“ Jemand wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht rum. Ich drehte mich gleich wieder um.

„Wir können dir doch dabei die Gegend zeigen.“, meinte Ino. Beide sahen mich mit flehendem Blick an.

„Biiiiiiiiiiiiiiitteeee!!“, kam es im Chor von den Beiden. Innerlich drehte ich mit den Augen.

//Na fein, spiel ich halt ihr Alibi, wenn wir erwischt werden...//

„Von mir aus.“, gab ich ergeben von mir. Die hätten sowieso nicht nachgelassen. Vielleicht wollte mich Sensei Uchiha auch einfach nur in der Gruppe haben, damit er nicht nur von diesen nervenden Weibern umgeben war. Konnte ich mir zumindest gut vorstellen. Beide grinsten siegessicher, denn sollten wir erwischt werden, könnten sie behaupten, dass sie mir die Stadt zeigen wollten. Ich gratulierte mir gerade selbst für einen erfolgreich ruinierten Nachmittag.

In diesem Moment betrat Sensei Uchiha den Klassenraum und wir begannen weiter an den Kulissen zu arbeiten.
 

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Ich konnte es nicht glauben. Ich stand tatsächlich gerade mit zwei Stalkerinnen mitten auf dem Parkplatz der Schule und versteckte mich mit ihnen hinter einer Mauer. Wie schlimm konnte es noch kommen?

Sensei Uchiha stand gerade an seinem Auto und räumte eilig seine Tasche ein. Zumindest schien Sakura Recht zu haben, unser Sensei hatte heute definitiv noch etwas vor. Also machten wir uns zu Fuß auf den Weg.
 

„Mann, wann kommt denn endlich Sensei Uchiha??“, nörgelte Sakura. Wir saßen in dem Café in dem sich unser Sensei mit der Frau treffen wollte und die ganze Zeit war Sakura nur am Rumzicken.

„Jetzt sei doch endlich mal ruhig. Du wolltest ja unbedingt, dass wir wie die Bekloppten laufen, damit wir ja nichts verpassen.“, kam es von Ino. Da hatte sie absolut Recht. Wir saßen schon ca. 10 Minuten hier und von unserem Lehrer war nirgends auch nur eine Spur. Ich war mir schon fast sicher, dass sich Sakura dieses Telefonat nur eingebildet hatte.

„Als wenn du nicht-“ Sie stockte kurz und sah direkt an mir vorbei.

„Da ist er!“, fuhr sie anschließend fort. Wir saßen etwas verwinkelt in dem Cafe, so dass es kein Problem war, die beiden zu beobachten, ohne selbst entdeckt zu werden. Ich drehte mich langsam um. Dabei konnte ich beobachten wie er mit einer brünetten und äußerst attraktiven Frau das Cafe betrat und sich mit ihr an einen Tisch setzte. Sie hatte eine blaue Jeans an und trug darüber einen lilanen, hüftlangen Pulli. Er hatte die Sachen an, die er auch schon in der Schule getragen hatte. Eine schwarze, etwas verwaschene Jeans und einen schwarzen Pulli. Nur hatte er seinen Mantel gegen eine echt teuer aussehende Lederjacke ausgetauscht. Ich musste zugeben, dass die echt gut an ihm aussah. Ino und Sakura staunten nicht schlecht.

„Wow, die sieht echt gut aus!“, gab Ino zu.

„Rede keinen Unsinn, die ist viel zu dick.“ Ich wusste nicht wo Sakura hinsah, aber ich fand ihre Figur perfekt. Es überraschte mich nicht, dass Sensei Uchiha mit so einer schönen Frau unterwegs war. Allerdings verkniff ich mir, dass Sakura zu sagen. Bei ihr wollte ich lieber kein Öl in die Wunde gießen.

„Na gut dann können wir ja jetzt gehen.“, sagte ich stattdessen, denn ich hatte keinen Bock von Sasuke erwischt zu werden. Und das hätte gut sein können, immerhin saß er mit dem Gesicht zu uns, auch wenn er dann nur meinen Rücken sehen konnte.

„Nein, noch nicht.“, antworteten beide gleichzeitig.

//Menno!// Die beiden saßen mir gegenüber und sahen andauernd an mir vorbei, als wäre ich unsichtbar.

„Na schön, dann bestell ich mir jetzt was.“ Die Mädchen nickten und bestellten sich zwei Eiskaffee. Ich hatte eher Lust auf einen leckeren Eisbecher.

Die Zeit verstrich und nichts passierte. Weder kamen sich ihre Gesichter näher, noch küssten sie sich. Sie redeten einfach nur und bestellten hin und wieder nach. Es war schon 17:30 Uhr und es wurde langsam dunkel. Sensei Uchiha und die Frau standen auf, bezahlten und machten sich auf den Weg. Ino, Sakura und ich taten es ihnen gleich und nahmen die Verfolgung der Beiden auf. Sie gingen ein Stück bis Beide stehen blieben. Wir hielten abrupt an, um ihnen nicht ins Sichtfeld zu laufen und sahen vorsichtig um die Ecke. Die schöne Frau meldete sich zu Wort.

„Es war heute wirklich sehr schön. Danke für die Einladung.“

„Nichts zu danken, es hat mir ebenfalls sehr gefallen.“ Er lächelte sie dabei leicht an, ersetzte dann aber dieses Lächeln durch ein eher verschlagenes Grinsen.

„Darf ich dich noch ein Stück begleiten?“

„Sehr gern.“ Lächelte die Brünette. Wieder schien es mir so, als hätte ich mir ein rotes Schimmern, das sich durch seine Augen gezogen hatte, eingebildet. Ich war mir allerdings sicher, dass es nicht nur Einbildung war.

//Ich muss der Sache nachgehen...// Unser Lehrer lächelte zurück und gemeinsam gingen sie weiter, bis sie in eine kleine Seitenstraße abbogen.

„Mann, jetzt wissen wir immer noch nicht, ob sie seine Freundin ist.“ Die Rosahaarige nickte.

„Dann lass sie uns weiter verfolgen.“

„Spinnst du? Es ist stockdunkel und dazu auch noch gefährlich. Die haben hier doch erst vorgestern wieder jemanden tot aufgefunden.“ Sakura sah sie skeptisch an und drehte sich dann zu mir.

„Kommst du mit Naruto?“ Ich schüttelte den Kopf.

„Nein, ich finde Ino hat Recht. Wir sollten nach Hause gehen.“ Sakura schien das nur schwer akzeptieren zu wollen, ging dann aber doch gemeinsam mit Ino zurück. Ich verabschiedete mich und ging in die Richtung, in die mein Lehrer mit seiner Bekanntschaft gegangen war, mit der Ausrede, das sei der schnellste Weg zu mir nach Hause. Als Sakura und Ino aus meiner Sichtweite waren, rannte ich in die dunkle Seitengasse, in die mein Lehrer samt Anhang gegangen war. Ich wusste nicht warum, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es nicht gut gewesen wäre, die Beiden mitzunehmen. Dieses Glitzern, von dem ich gedacht hatte, es mir nur einzubilden, fand ich schrecklich beunruhigend. Auf der, inzwischen dunklen, Straße, in der nur einige Straßenlaternen die Umgebung erhellt hatten, waren sie mir ganz deutlich aufgefallen. Und trotz meines unguten Gefühls war ich auch neugierig, welche Erklärung es dafür gäbe.

Nach einer knappen Minute blieb ich stehen. Es war schwer sich hier zurecht zu finden, da es kaum eine Lichtquelle gab. Ich bog um eine Ecke, als ich auch schon wieder stehen blieb. Eine alte mitgenommene Straßenlampe, die ständig flackerte, erhellte die kleine Gasse, in der ich mich jetzt befand, mit einem kleinen schwachen Licht. Ich konnte deutlich zwei Silhouetten erkennen. Bei einem deutlicheren Blick erkannte ich auch die beiden Gesuchten, die eng umschlungen in der Gasse standen. Ich wollte erst beschämt beiseite sehen, doch lenkte mich ein seltsames Geräusch, das verdächtig nach einem Schlucken klang, ab. Ich sah gerade aus und eine Sekunde später stand ich geschockt da. Die Beiden waren nicht, wie ich zuerst dachte, in einer engen Umarmung, sondern der Schwarzhaarige hielt die Frau mit beiden Armen fest und biss ihr in den Hals. Sie, währenddessen, versuchte verzweifelt und ohne Erfolg ihn jammernd mit den Händen wegzuschubsen. Ich konnte zusehen, wie sie immer schwächer wurde. Die immer leiser werdenden Schluchzer der Frau und die gelegentlichen Schluckgeräusche waren schlimm, doch das aller gruseligste waren die blutroten Augen, die in der Dunkelheit regelrecht hervorstachen. Sein Gesicht war nicht mehr eben und gleichgültig. Er sah erbarmungslos und gierig auf ihren Hals und biss hin und wieder erneut in diesen. Das Flehen und Schluchzen der Frau schien ihn nur noch mehr anzuheizen. Er zeigte keine Gnade und wirkte auf mich wie ein Raubtier.

Ich konnte mich vor Angst keinen Millimeter mehr rühren. Ich wollte wegrennen, aber es ging einfach nicht. Erst als der Körper der Frau langsam erschlaffte und kein Ton mehr von ihr zu hören war, konnte ich mich aus der Starre lösen.

//Ich muss hier weg!...// Ich ging langsam rückwärts, ohne ihn aber aus den Augen zu verlieren. Zu meinem Glück war ich nicht bemerkt worden, sonst wäre ich sicher als Nächster dran gewesen. Ich drehte mich um und rannte los, doch weil mein Blick die ganze Zeit auf das schreckliche Szenario vor mir gerichtet war, bemerkte ich die Mülltonne hinter mir erst viel zu spät. Ich rempelte diese an und viel dummer Weise auch noch hin. Ich wusste, dass er mich bemerkt hatte, denn es war mit einem mal wieder völlig still in der Straße. Er konnte mich allerdings nicht sehen, da ich direkt in die Seitenstraße gefallen war, aus der ich gekommen war. Schnell stand ich wieder auf und sprintete, trotz des starken Schmerzes in meinem Knie, wie ein Verrückter aus diesen dunklen Straßen raus, ohne mich ein einziges Mal umzudrehen. Ich rannte so schnell es mir, mit meinen vor Angst zitternden Beinen, möglich war nach Hause.
 

~Sasuke~
 

Ich schreckte auf, als ich plötzlich ein Scheppern, gefolgt von einem dumpfen Aufschlag, in der Nähe hörte. Ich warf meine, inzwischen tote, Begleitung beiseite und ließ sie einfach liegen. Sie hatte ihren Zweck erfüllt, also war sie für mich jetzt ohne Bedeutung. Ich leckte mir das Blut von den Lippen und begab mich schnellen Schrittes zu der kleinen Gasse. Vor mir lag ein umgestürzter Mülleimer, der noch immer leicht über den Boden rollte. In einiger Entfernung konnte ich gerade noch das Bein der Person erkennen, die um die Ecke rannte und mich offensichtlich beobachtet hatte. Ich wollte demjenigen eigentlich hinterher um ihn den Gar aus zu machen, doch ich hielt inne. Ein mir nur zu bekannter Duft hing in der Luft.

//Ausgerechnet er...// Ich stellte mich wieder gerade und ein fieses Grinsen, das meine Fangzähne entblößte, bildete sich auf meinen Lippen.

//Das wird ein Spaß werden...//
 

Ende Kapitel 5

... some bigger problems

Es war Montagmorgen und das Klingeln meines Weckers tönte durch meine Wohnung. Doch mir war es egal, denn ich war schon seit Stunden wach.

Das ganze Wochenende hatte ich kaum ein Auge zu gemacht. Es fiel mir so schwer einzuschlafen und wenn ich es mal geschafft hatte, träumte ich von den Geschehnissen des vergangen Freitages. Die dunkle Gasse, das Jammern, die tote Frau und diese stechend roten Augen. Ich wollte mir immer wieder einreden, dass es nur Einbildung war, aber das war unmöglich. Mir kam es einfach zu real vor. Ich hatte auch immer wieder versucht mich mit dem Buch, dass ich mir ausgeliehen hatte, abzulenken, aber vergebens. Bei dem Thema auch keine Überraschung. Noch dazu hielt mich der Gedanke wach, dass ich heute wieder bei Sensei Uchiha Unterricht hatte... und das fast den ganzen Tag!!

Ich zwang mich aufzustehen und zu duschen. Das heiße Wasser tat schrecklich an meinem Knie weh, das ich mir am Freitag, als ich gestürzt war, übel aufgeschlagen hatte. Anschließend verband ich mir die Wunde wieder, ein einfaches Pflaster hätte nicht gereicht. Als ich dann in den Spiegel sah, bekam ich einen Schreck. Ich war furchtbar blass und hatte dunkle Augenringe. Ich konnte nichts dagegen machen, also musste ich wohl oder übel so zur Schule.
 

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Den ganzen Weg über ging ich langsam, am liebsten wäre ich im gehen eingeschlafen. Vor dem Klassenraum holte ich noch mal tief Luft und schob die Tür auf. Alle waren da, nur den Grund für meine Albträume konnte ich nirgends entdecken. Plötzlich erschien eine Hand an der Schiebetür, ich nahm wieder diesen bekannten Geruch war und mein Herz fing an zu rasen, denn ich ahnte, wer da hinter mir stand. Und zu meinem Pech konnte ich mich keinen Millimeter rühren.
 

~Sasuke~
 

Ich war gerade auf dem Weg zu meiner Klasse. Verdammt, wie ich diesen Job hasste! Jeden Tag diese nervenden Gören mit ihren noch nervenderen Teenie-Problemen. Dazu auch noch diese vorpubertären Weiber mit ihrer dämlichen Schwärmerei für mich. Meine Klasse hatte zwar mit den besten Durchschnitt, aber manche waren echt so doof, dass ich mich fragte, wozu ich eigentlich jeden Tag hier her kam. Es war echt zum aus der Haut fahren!

Ich erreichte jetzt das Klassenzimmer und was ich sah, erfreute mich doch etwas.

//Da hat sich doch tatsächlich jemand in die Schule getraut.// Schon aus der Entfernung konnte ich dem kleinen Blondschopf die Angst ansehen. Ich trat hinter ihn, blickte kurz auf ihn herab und legte meine Hand an die Schiebetür, wie auch schon am Freitag. Der kleine Blondschopf bemerkte mich sogar, rührte sich allerdings keinen Millimeter. Ich zog eine Augenbraue hoch.

//Will der da etwa Wurzeln schlagen?// Jetzt aus der Nähe konnte ich seine Angst sogar förmlich riechen. Wieso auch nicht? Wer wäre froh zu wissen, dass der eigene Klassenlehrer ein Vampir ist? Ich legte Naruto meine Hand auf die Schulter. Er stand, wie zur Salzsäule erstarrt, da. Ich hatte keine Lust mehr darauf zu warten, dass er sich endlich mal bewegen würde. Also schob ich ihn beiseite und ging an ihm vorbei. Dabei warf ich ihm grinsend einen kurzen Blick über die Schulter zu und ließ meine Augen wieder gefährlich aufleuchten. Er erwiderte verschreckt den Blick, sah dann aber weg. Wie schade eigentlich. Diese blauen Augen hatten wirklich etwas Faszinierendes. Ich drehte mich wieder um und ging zu meinem Tisch. Immerhin hatte ich jetzt eine Stunde zu führen, auch wenn ich keine Lust auf diese Bälger hatte.
 

~Naruto~
 

Mein Herz hatte vor Schreck eine Sekunde ausgesetzt, als mein Hintermann mich an der Schulter gefasst und zur Seite geschoben hatte. Ich sah ihm hinterher, doch als ich seinen Blick traf, drehte ich mich wieder weg. Ich war mir sicher, dass er wusste, dass ich Angst hatte. Wahrscheinlich bereitete es ihm sogar Freude mich so zu sehen. So tief in meinen Gedanken versunken, bemerkte ich nicht, dass jemand neben mir stand, mit der Hand vor meinem Gesicht rumwedelte und mit mir zu sprechen schien.

„Naruto?“, hörte ich Sakura fragen.

„Hä...? Oh... was ist denn, Sakura?“, fragte ich noch etwas stockend.

„Wie lang bist du Sensei Uchiha am Freitag denn noch hinterhergelaufen?“, flüsterte die Rosahaarige zwinkernd.

„Oh... ähm...“ Ich sah ganz kurz zu meinem Lehrer rüber und bekam einen weiteren Schreck als er meinen Blick erwiderte.

//Hat er das etwa gehört?// Ehe ich zu irgendeiner Antwort kommen konnte sah er wieder weg und kramte weiter in seiner Tasche.

„N-nicht mehr lange. Bin eigentlich gleich nach Hause gegangen.“, antwortete ich leise. Sakura sah mich ein bisschen verwundert an.

„Ist alles in Ordnung?“ Ich nickte einfach nur.

„Aber du siehst aus als ob du einen Geist gesehen hättest... und du hast dicke Augenringe. Ist irgendwas passiert?

„Nein, es ist alles okay. Ich konnte halt nur nicht schlafen.“ Was sollte ich auch schon sagen? Etwa so was wie: „Ja, ich hab rausgekriegt, dass dein Schwarm ein menschenmeuchelnder Blutsauger ist und ich jetzt wohl ganz oben auf seiner Speisekarte stehe.“?

„Na gut.“ antwortete sie dann nur und ging zu ihren Platz. Ich tat es ihr gleich und packte schnell meine Tasche aus. Dann begann schon der Unterricht, aber es fiel mir furchtbar schwer mich zu konzentrieren.
 

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Es klingelte zur großen Pause. Alle waren schon draußen, nur ich noch nicht. Ich hatte es noch nicht einmal mitbekommen, zu sehr war ich mit meinen Gedanken beschäftigt. Auf der einen Seite war ich der Meinung, dass ich mit ihm darüber reden sollte, aber auf der anderen Seite wollte ich so weit wie möglich von ihm weg. Ich war so beschäftigt, dass ich noch nicht einmal bemerkt hatte, dass jemand hinter mir stand. Zumindest so lange, bis ich einen leichten Klaps an meinem Hinterkopf spürte.

Ich drehte mich sofort um und sah meinen Lehrer mit einem Heft in der Hand, mit dem er mich wohl aus meiner Gedankenwelt geholt hatte, direkt hinter mir stehen. Ich musste zu ihm aufblicken, da ich noch immer auf meinem Platz saß.

Das Heft hielt er in der rechten Hand und die linke hatte er, wie er es scheinbar gerne tat, in die Hüfte gestemmt. Er sah emotionslos wie immer zu mir runter.

„Naruto, es ist große Pause und schönes Wetter draußen. Warum sitzt du immer noch hier drinnen?“ Er klang dabei fast schon zu freundlich, es passte nicht zu dem Gesicht, dass er dazu machte.

„Ähm... also...ich wollte...“, stammelte ich. Ich wusste nicht was ich antworten sollte.

„Was wolltest du?“ Er machte eine kurze Pause. Dabei sah er mir direkt in die Augen und grinste mich mit einem Mal an.

„Etwa über das, was am Freitag passiert ist, reden?“, fragte er belustigt. Während er das sagte, verschränkte er die Arme. Ich versuchte nicht zu zeigen, wie sehr er mich damit schockte. Er hatte es doch mitbekommen! Dabei war ich mir so sicher gewesen, dass ich noch rechtzeitig aus seiner Sichtweite gewesen war.

//So ein verdammter Mist!//

„I-ich weiß nicht, was Sie meinen.“, log ich und wendete meinen Blick schnell ab. Wahrscheinlich wäre es besser jetzt zu gehen, bevor noch etwas Schlimmes passierte. Ich wollte gerade nach meiner Tasche greifen, als ich plötzlich am Arm gepackt, hochgezogen und grob gegen die, nur wenige Meter entfernte, Wand gedrückt wurde. Beim Aufprall kniff ich vor Schmerz die Augen zusammen und sah dann in Sasukes, jetzt blutrote, Augen. Er hielt mich noch immer am linken Oberarm fest und seine rechte Hand lag nun um meinen Hals. Jetzt stand ich wirklich, im wahrsten Sinne des Wortes, mit dem Rücken zur Wand.

Ich versuchte ihn wegzudrücken, indem ich meine freie linke Hand um sein Handgelenk legte und versuchte sie von mir loszureißen. Doch leider bewirkte ich damit nichts. Er war einfach zu stark.

„Willst du dir deine Antwort nicht noch einmal überlegen?“ Es machte keinen Sinn weiter zu leugnen, er wusste es sowieso.

„Sie...haben es bemerkt?“ Er grinste mich noch breiter an, wodurch ich seine Fangzähne sehen konnte.

„Natürlich, die ganze Gasse roch nach dir... und deinem Blut. Du hast dich wohl verletzt, als du die Flucht ergriffen hast, oder?“ Er zog bei der Frage eine Augenbraue amüsiert nach oben und lächelte mich immer noch unverhohlen an. Ich erwiderte nur trotzig seinen Blick. Wäre da nicht die Angst vor ihm gewesen, hätte ich nicht wenig Lust gehabt, ihm das Grinsen aus dem Gesicht zu wischen. Dann sah er wieder gleichgültig wie immer zu mir runter. Er drehte mein Gesicht mit seinem Daumen nach links und ich sah ein kleines Leuchten in seinen Augen, als er sich mein Gesicht und anschließend den Hals ausgiebig anschaute. Ich ließ ihn keine Sekunde aus den Augen, denn mir gefiel gar nicht, wo sein Blick ruhte. Dabei strich er mit dem Daumen leicht über meine Halsschlagader und blickte weiterhin ruhig auf die Stelle. Vergebens versuchte ich, noch einmal mich von ihm zu lösen, aber er zuckte noch nicht einmal mit der Wimper.

//Ich muss ihn unbedingt ablenken!//

„W-wussten Sie die ganze Zeit, dass wir da waren?“ Ich schielte zu ihm rüber, da er mein Gesicht so fest im Griff hatte, dass ich ihm nicht geradewegs ins Gesicht sehen konnte. Seltsamer Weise tat sein fester Griff nicht weh, abgesehen von meinem Arm, an dem er mich gegen die Wand drückte. Er sah mich nicht an, sondern sprach einfach so weiter, während er noch einmal über die Stelle strich.

„Ich gebe zu, dass ihr mich verfolgt habt, habe ich nicht bemerkt, da ich... auf andere Dinge fixiert war.“ Wieder dieses fiese Grinsen, das seine Zähne zeigte. Ich kniff meine Augen zu, um mich etwas zu beruhigen, riss sie allerdings gleich wieder auf als ich einen leichten Schmerz an meinem Hals spürte. Zuerst hatte ich gedacht er hätte mich gebissen, aber er stand noch immer unverändert vor mir. Mit seinem Fingernagel hatte er einen kleinen, aber etwas tieferen Schnitt an meinem Hals hinterlassen. Ich spürte, wie eine feine Blutspur langsam an der Stelle hinunter lief und der Blick meines Gegenübers jetzt gierig auf dem kleinen Rinnsal lag.

Er beugte sich zu mir vor. Ich konnte deutlich spüren, wie sein warmer Atem über meine Haut strich und er anschließend das Blut von meinem Hals leckte. Als er dann auch noch begann, sachte an der verletzten Stelle zu saugen, wurde mir auf einmal schrecklich warm. Ich hatte Angst und versuchte ihn diesmal mit beiden Händen, wenn auch etwas unbeholfen, beiseite zu schieben. Mit meiner Linken versuchte ich ihn von meinem Hals zu lösen und meine rechte Hand stemmte ich gegen seinen Oberkörper. Aber auch dieses Mal blieben meine Bemühungen vergebens. Jetzt kam aber auch noch ein anderes Gefühl dazu. Aufregung. Ein leichtes Prickeln breitete sich von dem kleinen Schnitt aus. Dazu spürte ich auch noch das Haar des Schwarzhaarigen, wie es immer wieder leicht mein Gesicht streifte, und roch wieder diesen anziehenden Duft. Es fiel mir mehr als schwer die Fassung zu behalten.

Er lehnte sich wieder zurück, wobei ein paar dunkle Haarsträhnen seine Augen verdeckten. Dann drehte er mein Gesicht wieder geradeaus, so dass ich nicht mehr die Augen verdrehen musste. Er stand mit einem zufriedenen Lächeln vor mir, als er sich ein letztes Mal vorbeugte und leise in mein Ohr flüsterte.

„Mach dir keine Sorgen, ich werde dich noch nicht töten. Nur solltest du unser kleines Geheimnis hier ausplaudern, und das schwöre ich dir, wirst du es bereuen. Haben wir uns verstanden?“ Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt. Während er das sagte, sah er mir direkt in die Augen. Er wollte mich einschüchtern, aber das würde ich mir nicht gefallen lassen, auch nicht von ihm! Ich lehnte meinen Kopf etwas zurück und haute ihm den mit voller Wucht gegen die Stirn. Dabei konnte ich ihm in die vor Schreck geweiteten Augen sehen. Das hatte er sicher nicht kommen sehen. Sein Griff hatte sich gelockert und das nutzte ich aus. Ich stieß ihn abrupt und so doll ich nur konnte weg von mir und brachte ein paar Meter Abstand zwischen uns. Dabei hob ich im Laufen meine Tasche auf, drückte sie an mich und tastete vorsichtig meinen Hals ab. Die Stelle tat zwar etwas weh und kribbelte noch so seltsam, aber ich konnte nirgends den feinen Schnitt ausmachen. Fast so, als wäre er weg. Sasuke derweil war einige Schritte nach hinten getorkelt, hatte aber schnell das Gleichgewicht wieder gefunden. Währenddessen bemerkte ich die kleine Platzwunde an seiner Stirn. Ich sah sie entsetzt an. Kein Tropfen floss aus der Wunde und schon im nächsten Moment schloss sie sich einfach wieder. Ich konnte nicht glauben, was ich da sah. Sasuke derweil hatte überrascht zu mir rüber gesehen. Er setzte aber schnell wieder sein selbstsicheres Grinsen auf, als er mein Gesicht sah und strich ein paar Strähnen beiseite.

„Angst?“ Ich sah ihn böse an

„Du bist doch total verrückt!!“, schrie ich ihm zu und rannte sofort aus dem Klassenraum.
 

~Sasuke~
 

Ich sah dem flüchtenden Naruto grinsend hinterher. Mit seiner kleinen Aktion eben hatte er mich überrascht, auch wenn es nicht mal ansatzweise wehgetan hatte. Er hatte wirklich mehr drauf, als man ihm auf den ersten Blick zutraute, wirklich beeindruckend. Ich strich mit dem Daumen über meine Lippen und wischte damit die letzten Blutreste beiseite. Sein Blut schmeckte wirklich wunderbar. Schwer zu beschreiben wie, aber es traf genau meinen Geschmack. Schon seit Freitag, als ich ihn entkommen ließ, hatte ich es gewollt. Ich hatte mich sehr zusammen reißen müssen, ihm nicht doch noch hinterher zu rennen und ihn anzufallen. Und jetzt war es mir noch viel schwerer gefallen von ihm abzulassen und ihn nicht doch noch zu beißen. Stellte sich nur die Frage, wie lange ich es wohl durchstehen würde...

Langsam setzte ich mich in Bewegung und verließ ebenfalls den Klassenraum.
 

~Naruto~
 

Ich war direkt zu den Toiletten gerannt und hatte nachgesehen was nun mit meinem Hals war. Die kleine Schnittwunde war wirklich fast verschwunden. Nur eine dünne helle Linie, die man kaum sehen konnte, zog sich dort entlang. Fast so, als wäre sie schon komplett verheilt. Daher rührte vielleicht auch das seltsame Prickeln von vorhin. Das alleine wäre nicht schlimm gewesen, allerdings zierte nicht nur diese kleine dünne Linie meinen Hals, sondern auch noch ein nicht gerade unauffälliger blauer Fleck. Der war wohl entstanden als Sasuke versucht hatte mehr Blut aus der Wunde zu bekommen. So konnte ich doch schlecht zu den Anderen gehen! Mir blieb nichts Anderes übrig als die Jacke meiner Schuluniform bis nach oben hochzuziehen. So konnte man den blauen Fleck nicht mehr sehen, auch wenn ich jetzt aussah wie der Oberspießer vom Dienst. So ging ich runter auf den Schulhof.
 

Dort angekommen, gesellte ich mich gleich zu Kiba und Shikamaru. Die fingen auch gleich an mich mit ihren Fragen zu löchern.

„Mensch Naruto, wo warst du die ganze Zeit und warum hast du die Jacke bis nach oben hin zu gezogen?“

„Oh... ähm also ich...“ Dass mir aber auch wirklich nichts Gescheites einfallen wollte. Ich konnte schlecht erzählen, was wirklich passiert war. Das würde bestimmt noch Folgen haben, auch wegen dem was ich noch zum Schluss gesagt hatte. Ich meine, wer ist so doof und sagt seinem Klassenlehrer, dass er verrückt sei, auch wenn es vielleicht stimmte? Vor allem wenn der auch noch ein Vampir war? Das war natürlich nur ich.

//Echt super gemacht, Naruto...//, dachte ich mir ironisch. Allerdings deutete Kiba mein Gestammel falsch, legte einen Arm um meine Schulter und grinste mich verschwörerisch an.

„Willst du etwa was Bestimmtes vor uns verbergen?“ Jetzt wurde auch Shikamaru hellhörig.

„Du hast doch wohl nicht etwa ne heiße Flamme?“ Dabei tippte sich Kiba an den Hals und ich wusste, was er damit andeuten wollte. Sofort hob ich abwehrend die Hände und schüttelte den Kopf.

„Nein, nein. So ist es wirklich nicht.“ Bevor sie weiter nachhaken konnten, klingelte es und ich flitzte so schnell ich konnte von den Beiden weg. Sie hätten sowieso alles wieder so gedreht, dass es ihnen passte.

Es war eine viel zu kurze Pause gewesen, ich hatte noch nicht mal Zeit zum Essen gehabt. Warum konnten mich nicht immer alle im Unterricht nerven? Dann könnte ich wenigstens mal Pause machen.

Jetzt stand Biologie auf dem Plan. Am liebsten wäre ich wieder umgedreht, aber was sollte ich schon machen. Da musste ich wohl durch.

„Was ist denn los Naruto?“ Kiba und ein paar andere, darunter auch Lee, stellten sich zu mir. Kiba war echt anhänglich. Aber wenigstens schien er dieses Gerede von der Freundin nicht ernst gemeint zu haben.

„Es ist nichts.“

„Wirklich? Du bist schon den ganzen Tag so komisch.“, war die Gegenfrage.

„Wirklich.“, sagte ich fröhlich und setzte wieder meine “Die-Welt-ist-völlig-in-Ordnung-Maske“ auf und grinste ihn an. Dieses wurde auch sogleich erwidert und wir gingen in den Bioraum. Leider spiegelte dieses Grinsen ganz und gar nicht meinen Gemütszustand wieder. Ich saß auf meinem Platz und folgte dem Unterricht. Das war auch gut so, denn mir fiel auf, dass mich Sasuke verdächtig oft dran nahm. Die meisten Fragen konnte ich aber beantworten, da wir noch immer das Thema Pflanzen behandelten.

Die anderen Stunden, in denen ich nicht bei Sensei Uchiha hatte, konnte ich durchatmen. Sie verliefen relativ ruhig. Na ja, abgesehen davon, dass Kiba und ich es in Hauswirtschaft doch tatsächlich irgendwie geschafft hatten, das Soufflee, das wir zubereiten sollten, in die Luft zu jagen. Ich würde nie wieder auf Kiba hören, wenn er mit einem seiner “Geheimzutaten“ daher kam. Die Küche sah dann vielleicht aus! Von uns und den Anderen wollte ich erst gar nicht reden. Sensei Kurenai war auch nicht begeistert... Es war echt super lustig gewesen.
 

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Als ich zu Hause ankam, schmiss ich gleich meine Tasche in die Ecke und rannte in mein Zimmer. Ich holte mir das Buch, das ich mir vor einer Weile ausgeliehen hatte und begann es weiter durchzulesen. Bis jetzt war ich noch nicht besonders weit gekommen, auch wegen den Hausaufgaben, aber das war jetzt zweitrangig. Nach dem heutigen Erlebnis hoffte ich, darin Wege zu finden, mich gegen einen Vampir zu wehren. Auch wenn es vielleicht etwas gutgläubig klang, aber dieses Buch war alt und ich war mir sicher, dass dort der ein oder andere nützliche Tipp stand...
 

Ende Kapitel 6

... a Halloween-Special

So, das hier sollte eigentlich genau an Halloween rauskommen, aber leider bin ich dann drei Wochen lang krank gewesen. Na ja, aber ich denke, dass es trotzdem Spaß macht, das zu lesen. Mein Tipp, am besten ihr lest es im dunkeln, dnn kommt besser Stimmung auf.^.~
 

~Naruto~
 

Heute war Mittwoch, der 28.Oktober um genau zu sein. Also drei Tage vor Halloween. Der Tag, an dem sich Kinder als Monster, Hexen, Geister, Mumien usw. verkleideten und Süßigkeiten zusammen suchten. In meiner Klasse tuschelten sie schon seit knapp einer Woche, was sie denn so Tolles machen könnten. Ich mochte Halloween nicht besonders. Es ging um lauter Gruselzeug und, ich gebe zu, ich konnte mich dafür so gar nicht begeistern. Im Fernsehen liefen dann immer lauter schlimme Horrorfilme oder irgendwelche Dokumentationen über das Thema Halloween. Und ich hatte Angst vor dem ganzen Gruselkram, vor allem Geister fand ich schrecklich. Natürlich gab es keinen Beweis für die Existenz von Geistern und ich hatte auch noch nie einen gesehen, aber dasselbe galt auch für Vampire und einen solchen hatte ich WIRKLICH kennen gelernt! Mir müsste erst mal einer beweisen, dass es keine Geister gibt.

Auf jeden Fall fand ich es total bescheuert, zumal sich einige nicht gruselig, sondern wie zum Karneval verkleideten. Inzwischen war ich auch schon sechszehn geworden und fand es nur noch albern. Es überraschte mich nicht, dass Sakura und Ino ganz vorne mit dabei waren. Kiba hatte mir erzählt, dass sie jedes Jahr eine Fete organisierten, zu der sie nur die Beliebtesten einluden. Mir war es aber egal, sie sollten mich bloß damit in Ruhe lassen.

Wir hatten gerade eine Ausfallstunde, weil es Sensei Kakashi nach der Pause überhaupt nicht mehr gut ging. Und zu unserem Glück gab es auch keinen Lehrer, der die Vertretung hätte machen können. Ich fand es toll, wir könnten wirklich mal ein paar Freistunden mehr haben. Sakura stand derweil, gemeinsam mit Ino, vorne an der Tafel und begann zu reden.

„So Leute. Wir haben jetzt beschlossen, dass wir an Halloween, anstatt der üblichen Fete, eine Mutprobe veranstalten. “Ich sah mich im Klassenraum um. Die Meisten waren von dieser Idee begeistert. Vor allem Kiba und Lee schienen sich auf diese Herausforderung zu freuen. Ich eher weniger...

„Gut, da wir uns einig sind, treffen wir uns am Samstag um 19:00 Uhr vor dem Tor des alten Friedhofs am Rand der Stadt. Alles Weitere erkläre ich dann.“

//Ooooh... Ganz sicher nicht!!// Sakura setzte sich wieder auf ihren Platz und alle begannen wie wild miteinander zu quatschen. Kiba, der auf dem Platz neben mir saß, drehte sich zu mir und sah mich erwartungsvoll an.

„Und freust du dich auch schon drauf? Das wird vielleicht ein Spaß!“ Ich erwiderte seinen Blick und grinste leicht.

„Na ja, ich werde wohl nicht hinkommen.“

„Warum willst du denn nicht mitmachen?“ Kiba stellte die Frage so laut, dass es sogar Sakura hören konnte, die dann leider auch noch zu uns rüber kam. Sie stützte sich auf meinem Tisch ab und sah amüsiert zu mir runter.

„Du hast doch nicht etwa Angst, oder Naruto?“, flüsterte sie gehässig.

„Das geht dich gar nichts an!“ Sie regte mich schon wieder schrecklich auf.

Sakura drehte sich um und ich wiegte mich schon in der Annahme, dass sie wieder abdampfen wollte, doch leider irrte ich mich da schrecklich. Sie blickte in die Klasse und rief laut:

„Hey Leute, habt ihr das gehört? Naruto hat Angst davor an der Mutprobe teilzunehmen.“ Sofort brachen die Meisten in schallendes Gelächter aus. Darunter natürlich auch Kiba, dieses Großmaul, und sogar Shikamaru. Ich erwartete von den beiden sowieso nichts Besseres mehr. Ich sah Sakura wütend an, stand auf und ging zur Tür. Da drehte ich meinen Kopf zu ihr und rief ihr zu.

„Fein, dann mach ich eben bei dem Stuss mit.“

//Ich schwöre, irgendwann knall ich ihr eine!// Noch ehe sie siegessicher grinsen konnte, schob ich die Tür auf, um rauszugehen ohne Sakura aus den Augen zulassen, als es auf einmal ganz still in der Klasse wurde. Ich machte mir nichts draus und wollte rausgehen, als ich jemandem gegen die Brust lief. Sofort schaute ich auf und sah in die nachtschwarzen und emotionslosen Augen meines Klassenlehrers. Ich war überrascht, weil ich natürlich nicht damit gerechnet hatte. Das war wieder klar gewesen, dass es ausgerechnet mich erwischen musste. Er sah zu mir runter und musterte mich einige Sekunden mit einem Blick, den ich nicht deuten konnte. Fast so als könnte er meine Gedanken lesen. Doch dann änderte sich sein Gesichtsausdruck und er sah mich schlecht gelaunt an. Ich taumelte etwas zurück, um mehr Abstand zwischen uns zu bekommen.

„Bei welchem Stuss machst du schon wieder mit, Naruto?“, fragte er grimmig. Ohne auf eine Antwort zu warten, wendete er sich an die Klasse.

„Und was soll dieser Tumult hier? Es ist Unterricht und ihr schreit hier durch die Gegend!“ Er sah wütend durch die Runde und keiner traute sich etwas zu sagen.

„Schön, dann schlagt eure Mathebücher auf. Wenn ihr nichts zu tun habt, kann ich das ganz einfach ändern.“ Er ging an mir vorbei und schrieb ein paar Seiten mit den dazugehörigen Aufgaben an die Tafel. Ich ging schnell zurück an meinen Platz. Ich sollte ihn nicht noch zusätzlich ärgern, sonst würde er mich das ganz sicher bereuen lassen. Er drehte sich wieder zu uns um.

„So, ihr habt den Rest der Stunde Zeit die Aufgaben zu lösen. Eure Ergebnisse werde ich einsammeln und bewerten.“ Ein entsetztes Stöhnen ging durch die Klasse, dem auch ich mich anschloss. Ich war in Mathe einfach keine Leuchte...

Ob das diese schlechte Laune war, vor der Kiba mich mal gewarnt hatte? Dennoch schlug ich das Buch auf. Die Aufgaben waren irre schwer, ohne Hilfe würde ich die nie schaffen. Verzweifelt schlug ich die Hände vor meinem Gesicht zusammen. Wenn er das wirklich bewerten wollte, konnte ich einpacken. Geknickt blickte ich auf das leere Blatt vor mir, auf dem nur mein Name stand. Ganz in Gedanken begann ich auf dem leeren Zettel zu zeichnen. Das hab ich auch beim letzten Mal gemacht, als ich beim Mathetest nicht weiter gekommen war. Von Sensei Uchiha hatte ich zwar eine fünf bekommen, aber daneben stand eine eins von Sensei Kurenai. Ich hatte keine Ahnung, wie sie das Blatt in die Finger bekommen hatte. Grinsend kümmerte ich mich weiter um meine “Aufgaben“.
 

~Sasuke~
 

//Diese Klasse treibt mich noch in den Wahnsinn!// Die waren auf dem ganzen Gang zu hören, vor allem Sakura und Naruto. Letzterer hatte mich noch nicht mal bemerkt, als er die Tür aufgerissen hatte. Das mich diese Gören so reizen mussten, gerade jetzt, wo es mir sowieso nicht gut ging. Ich hatte schon seit einer Woche keine Beute mehr gefunden. Es fiel mir hier besonders schwer die Kontrolle zu behalten. Die Gerüche nach frischem Blut machten mich halb wahnsinnig. Besonders als dieser blonde Chaot vor mir stand. Zu seinem Glück waren wir nicht alleine, sonst wäre es mit ihm aus gewesen.

Nachdem ich ihnen die Aufgaben gegeben hatte, kam endlich Stille in den Raum. Ich sah mich um. Die meisten hatten ganz schön an den Aufgaben zu knabbern. Ich ging durch die Reihen und sah mir an, was meine Schüler mehr oder weniger hinschmierten. Bis ich zu Naruto kam. Der hatte offensichtlich schon wieder die Flinte ins Korn geworfen. Ich trat direkt hinter ihn, legte eine Hand auf die Lehne seines Stuhls und beugte mich vor. Er zeichnete wieder etwas oder genauer gesagt jemanden. Sollte ich wütend oder eher beeindruckt sein, dass er so offensichtlich meine Anweisung ignorierte? Doch was noch viel interessanter war, war der Geruch, der von ihm zu mir rüber kam. So verführerisch... und so greifbar. Es wäre ein Kinderspiel mir jetzt zu nehmen, was ich so sehr brauchte. Der Kragen seiner Uniform war umgeklappt, sodass er mir einen freien Blick auf seinen Hals ermöglichte. Ich beugte mich noch weiter vor und atmete mehr von diesem berauschenden Duft ein. Offenbar hatte er mich jetzt bemerkt, denn er stoppte mit seiner Kritzelei. Ich hörte wie er den Atem anhielt und sich verkrampfte. Mir war das allerdings egal. Es würde niemand bemerken. Alle konzentrierten sich auf ihre Arbeit und selbst wenn uns jemand beobachten würde, sehe es aus, als würde ich ihm über die Schulter gucken. Ich betrachtete seinen Hals und konnte sehen, dass sich sein Puls erhöhte. Er ahnte wohl, was mir gerade durch den Kopf ging, denn er sah mir unauffällig in die Augen, wandte seinen Blick wieder nach vorne und richtete seinen Kragen auf. Den Reißverschluss seiner Uniform zog er frecher Weise bis oben zu.

Ich richtete mich grinsend wieder auf. Es war ja fast schon putzig, wie er versuchte sich vor mir zu schützen. Nur leider vergebens. Ich stellte mich neben seinen Tisch, nahm ihm das Blatt, auf dem er gezeichnet hatte, weg und hielt es ihm vor die Nase.
 

~Naruto~
 

Ich hatte zuerst nicht bemerkt, dass Sasuke hinter mir stand. Dafür erschrak ich umso mehr, als ein warmer Hauch über meinen Hals streifte. Jetzt spürte ich deutlich den Blick, der auf mir ruhte und vernahm das gleichmäßige Atmen meines Hintermannes. Ich wusste genau, wer hinter mir stand. In letzter Zeit hatte er mich in Ruhe gelassen, nur ein paar Blicke hatte ich von ihm bekommen.

Mir war klar, dass er mir im Moment nichts konnte, da wir glücklicher Weise nicht alleine waren. Aber er hatte garantiert bemerkt, dass ich gerade nicht das tat, was ich tun sollte. Ich zögerte kurz, doch drehte ich mich dann doch zaghaft um und sah ihm kurz in die Augen. Im Nachhinein hätte ich mir gewünscht, es nicht getan zu haben, denn sein Blick beunruhigte mich. Er fixierte meinen Hals und das rote Schimmern in seinen, sonst nachtschwarzen, Augen war wieder da. Ich versuchte mich zusammen zu reißen, blickte nach vorne und tat das Einzige, das mir in diesem Moment vernünftig vorkam. Ich griff nach meinem Kragen, richtete diesen auf und zog den Reißverschluss bis oben zu. Mit Genugtuung vernahm ich ein leises empörtes Geräusch hinter mir. Gerade dachte ich, er wollte endlich wieder nach vorne gehen, doch er blieb rechts neben meinem Tisch stehen und stibitze mir mein Blatt. Ich versuchte noch danach zu greifen, aber er war schneller als ich. Sein Blick änderte sich mit einem Mal und er sah mich streng an.

„Naruto! Kannst du mir sagen was das hier werden soll?!“ Er sprach das laut aus und sah mich dabei scheinbar verärgert an. Leider ruhte nun die gesamte Aufmerksamkeit der Klasse auf uns. Oje, jetzt saß ich in der Klemme. Was sollte ich denn sagen?

„Ähm... ähm... ich...“ Ehe ich weiter versuchen konnte etwas Anständiges raus zu bekommen, wurde ich unterbrochen.

„Du scheinst seit dem letzten Mal nicht schlauer geworden zu sein! Geh vor die Tür!“ Ich saß mit offenem Mund da und brauchte etwas, um zu realisieren, was eben passiert war. Eben war er noch dieser unheimliche und gefährliche Vampir und jetzt spielte er wieder den Lehrer. Diese Stimmungsschwankungen waren ja schlimm.

„Wird’s bald?!“, kam es mit Nachdruck. Sofort stand ich auf, ging schnell an ihm vorbei und verließ den Klassenraum. Der Kerl war mir ein echtes Rätsel.

Ich konnte dumpf die Stimme meines Klassenlehrers durch die Tür hören, doch leider verstand ich kein Wort. Er schien wohl irgendwas anzusagen. Ich lehnte mich leicht zur Tür, um vielleicht noch etwas aufzugreifen, doch wurde die in diesem Moment schon aufgeschoben und ich zuckte erschrocken zurück. Sasuke drehte seinen Kopf gerade von der Klasse weg und sah zu mir hinab. Er schritt durch die Tür und schloss sie anschließend.

„Komm mit.“ Er zuckte nur kurz mit dem Kopf nach rechts und ging ein paar Schritte an mir vorbei. Aber ich dachte gar nicht daran das zu tun, was er wollte.

//Ja~... So dämlich seh ich aus...// Wir waren hier auf dem Flur allein und ich hatte ein mehr als schlechtes Gefühl bei der Sache.

„Auf keinen Fall.“ Ich verschränkte die Arme, während er sich zu mir umdrehte. Solange wir alleine waren, musste ich wenigstens nicht seinen Schüler spielen. Er allerdings schien unbeeindruckt, denn er zog nur eine Augenbraue hoch, blieb aber sonst ungerührt. Mit einem Ruck wurde ich schmerzhaft am Oberarm gepackt und mitgezogen. Sein Griff war fest und ich hatte keine Chance zu entkommen. Im Gegenteil, umso mehr ich versuchte mich zu befreien, desto fester und schmerzhafter wurde sein Griff.

„Aua!!...“

//Immer der linke Arm!//, jammerte ich innerlich. Zusätzlich beschleunigte er auch noch sein Tempo, wodurch ich schon laufen musste. So zog er mich durch die Flure.

Schließlich schob er eine Tür auf, es handelte sich dabei um das Lehrerzimmer, und zog mich grob mit in den Raum. Es war niemand außer uns hier. Ich wurde brutal gegen eine Wand geschleudert und schlug dabei mit dem Kopf an. Sofort fasste ich an die Stelle.

„Was soll denn-“, mitten im Satz stoppte ich. Sasuke drückte mich gegen die Wand, was mich dazu brachte aufzusehen. Er wirkte gar nicht mehr so ruhig und emotionslos wie sonst immer. Eine Weile musterte er mich von oben bis unten und sein Griff an meinen Armen verstärkte sich. Wenn ich bis jetzt noch kein mulmiges Gefühl bekommen hatte, so bekam ich das in diesem Moment. Es gab keine Möglichkeit sich von ihm zu lösen, mein Arm schmerzte und am aller Schlimmsten: Ich war mit ihm allein hier. Sofort schloss ich die Augen und schlug, so gut es mir im Moment möglich war, um mich.

„Verdammt! Lass los!!“ Es gelang mir sogar ihn etwas auf Abstand zu bringen und noch während ich mich darüber freute, wurde ich eines -Besseren belehrt. Er löste seine linke Hand von meinem Arm, griff damit um meinen Hals und zwang mich somit ihm in die Augen zu sehen. Sie waren dunkel, doch konnte ich in ihnen ganz deutlich das Verlangen nach etwas erkennen. Es fiel mir so unglaublich schwer wegzusehen, fast so als wäre mein Blick an ihm festgekettet. Um mich herum wurde es still, alles was ich noch wahrnahm war dieses Augenpaar vor mir. Selbst der Schmerz an meinem linken Arm verschwand immer mehr. Es war, als wäre ich in einer Art Trance, denn ich registrierte kaum noch, dass er mich losließ und sich daran machte die Jacke meiner Schuluniform zu öffnen. Nur das mulmige Gefühl blieb.

Er klappte langsam meinen Kragen um und hatte so wieder einen freien Blick auf meinen Hals. Eine Weile blieb er so dastehen. Noch immer sah ich benebelt zu ihm auf und nahm kaum wahr, dass er sich nun langsam vorbeugte. Seine Hände ruhten auf meinen Schultern, während er mich zu sich ran zog und dabei hämisch grinste. Doch als er den Mund öffnete, und so seine Fangzähne preis gab, rührte sich etwas in mir. Es war als hätte mir jemand einen Eimer mit kaltem Wasser über gekippt. Blitzschnell ruckte er vor um endlich seinem Verlangen nachzugeben. Ich schreckte zurück, nur hatte ich keine große Ausweichmöglichkeit, da hinter mir noch immer die Wand stand und er mich wieder fest dagegen drückte. Geschockt sah ich ihm in die nun blutroten Augen und erkannte, dass er nicht mehr stoppen würde. Aus Reflex und als letzte verzweifelte Tat versuchte ich mir schützend den Arm vor das Gesicht zu halten. Das alles geschah im Bruchteil einer Sekunde, sodass es mir wie eine Ewigkeit vorkam bis mich ein tiefer und stechender Schmerz durchfuhr. Ich öffnete meine, bis eben geschlossenen, Augen wieder und schrie dabei laut auf. Schon nach einer Zehntelsekunde legte sich eine eiskalte Hand auf meine Lippen und ließ mich so verstummen. Doch was ich sah war viel schlimmer. Sasuke hatte mich nicht am Hals erwischt, sondern biss mich, durch den Stoff meiner Jacke hindurch, fest in den linken Unterarm. Dummer Weise hatte ich meinen Arm so gedreht gehabt, dass er die Innenseite erwischen konnte. Sein Gesicht war entspannt und seine Augen geschlossen, während er genüsslich an meinem Arm saugte. Er hielt mich mit der rechten Hand fest, während er mit der anderen noch immer meinen Mund zu hielt. Ich legte meine freie Hand um sein Gelenk, um wenigstens etwas Luft zu bekommen. Mir stiegen die Tränen in die Augen. Der Schmerz war kaum auszuhalten, geschweige denn die gruseligen Sauggeräusche, die mein Gegenüber von sich gab. Ich versuchte ihn von mir weg zu drücken, trat ihm dabei sogar absichtlich auf die Füße und auch gegen die Schienbeine, doch bewirkte ich damit nur, dass er den Griff seiner linken Hand verstärkte und plötzlich die Augen öffnete. Er sah mich unverwandt an, während er weiter trank. Einen Moment lang erwiderte ich seinen Blick, konnte auch gar nicht anders, als in diese stechend roten Augen zu sehen. Doch allmählich spürte ich wie mein Arm taub wurde und langsam die Umgebung vor meinen Augen zu verschwimmen begann.

//Ich muss hier schnell weg!// Das war alles was ich im Moment noch denken konnte. Ich versuchte wieder meinen Arm zu befreien, indem ich ihn, so gut es mir mit einer Hand möglich war, wegdrückte.

Doch etwas Anderes schien seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen zu haben, denn er sah, ohne von meinem Arm abzulassen, in Richtung Tür. Ich bemühte mich ruhiger zu werden und das Rauschen in meinen Ohren zu ignorieren. Und tatsächlich konnte ich ein Geräusch wahrnehmen, dass nach Schritten klang. Und diese kamen direkt auf uns zu. Sofort schaute ich Sasuke wieder an und dieser schien gerade mit sich selbst zu kämpfen. Seine Augen waren geschlossen und sein Gesicht angespannt. Er hatte aufgehört an meinem, jetzt zitternden, Arm zu saugen, den er aber dennoch festhielt. Sein Mund war leicht geöffnet wodurch seine spitzen, noch etwas blutigen, Zähne zum Vorschein kamen. Plötzlich schubste er mich gegen die Wand, ging einige Schritte zurück und wandte mir seinen Rücken zu. Sofort griff ich mir an den schmerzenden Arm und rutschte an der Wand entlang von ihm weg, in Richtung Tür. Dabei wäre ich beinahe hingefallen, denn ich hatte ganz schön weiche Knie bekommen. Mein Atem ging schwer und mir blieben nur wenige Augenblicke um mich zu beruhigen, denn schon wurde die Tür geöffnet.
 

~Sasuke~
 

Als ich die Schritte auf dem Flur gehört hatte, wäre ich demjenigen am liebsten an die Kehle gesprungen. Jemand, und es klang sehr nach einem Lehrer, war auf dem Weg hierher. Es war so verdammt schwer mich von dem Jungen vor mir zu lösen, selbst wenn ich nicht so einen Hunger gehabt hätte. Er roch so verdammt verlockend, doch war dies nichts im Gegensatz zu seinem Blut! Trotzdem schubste ich ihn von mir, stützte mich an einem Tisch in meiner Nähe ab und hielt mir die Hand vor den Mund.

//Reiß dich zusammen, verdammt!// Ich biss mir auf den Finger und atmete einige Male tief durch, als auch schon die Tür hinter mir geöffnet wurde.

„Huch Sasuke. Mit dir hab ich grad gar nicht gerechnet. Dachte du hättest Unterricht. Und was macht Naruto hier?“ Bei der Person, die es wagte zu stören, handelte es sich um Iruka. Freundlich wie eh und je, diese Nervensäge. Er hatte die Begabung immer aufzutauchen, wenn es ungünstig war. Ich drehte mich, jetzt wieder vollkommen gelassen und gleichgültig wie immer, um und sah ihn ernst an. Naruto lehnte sich mit der Schulter an die Wand, hielt sich den linken Arm und zitterte leicht. Iruka stand etwas hinter ihm und schaute, freundlich wie immer, zu mir rüber. Er hatte wohl noch nicht mitbekommen, dass etwas mit Naruto nicht stimmte.

„Hab ich eigentlich auch. Allerdings musste ich meine Klasse zur Ordnung rufen und ihnen eine Beschäftigung geben. Und Naruto hier musste ich zurecht weisen, weil er wieder sein Lösungsblatt vollgeschmiert hat.“ Wenn Naruto wusste, was gut für ihn war, würde er jetzt mitspielen.

„Oh du hast wieder gezeichnet? Äh... ich mein... Das macht man ja auch nicht.“ Iruka stellte sich neben Naruto und klopfte diesem leicht auf die Schulter. Der machte allerdings keine Anstalten den Blick zu erwidern oder etwas zu sagen, sondern hielt einfach nur weiterhin seinen Arm fest, was Iruka gar nicht wahrnahm. Allerdings konnte ich ein Lächeln bei ihm sehen. Er war stolz drauf, dass jeder seine Zeichnung kannte. Nach einer Weile nickte Naruto aber doch noch und grinste ihn mit viel Mühe an.

„Wow Sasuke, das muss ja eine Standpauke gewesen sein.“ Dann drehte er sich wieder zu mir.

„Er sieht total fertig aus.“ Wenn der wüsste...

Dann meldete sich Naruto zu Wort.

„Nein, nein, mir geht es gut.“ Ich wusste, dass dem nicht so war, denn ich roch, dass er immer noch blutete. Iruka sah ihn an und wollte wohl gerade wieder zum sprechen ansetzen, aber ich kam ihm zuvor.

„Du kannst wieder in deine Klasse gehen.“ Er nickte kurz, verabschiedete sich von Iruka und ging sichtlich erleichtert raus. Nachdem ich Iruka abgewimmelt hatte, machte ich mich wieder auf den Weg zu meiner eigentlichen Unterrichtsklasse.
 

~Naruto~
 

Ich hatte keine Sekunde daran gedacht in die Klasse zu gehen, sondern steuerte zielstrebig in Richtung Toilette. Mein Arm schmerzte wie verrückt und ich wollte mir ansehen wie schlimm es war. Auf dem Ärmel meiner Jacke hatte sich bereits ein riesiger Blutfleck gebildet, aber ich konnte nicht zur Krankenstation gehen. Was sollte ich denn sagen und wie sollte ich erklären, dass sich zwei Löcher in meinem Arm befanden? Dabei hätte ich mich jetzt so gern hingelegt. Mir war immer noch schwindelig und ich hatte riesigen Durst.

Auf der Toilette angekommen, zog ich meine Jacke aus, hielt meinen blutenden Arm über das Waschbecken und wusch diesen. Der Biss war zwar tief, aber er hatte, zu meinem Glück, nichts Wichtiges getroffen. Ich legte einige Tücher darauf und versuchte meine Jacke wieder sauber zu kriegen.
 

Wieder in der Klasse hatte sich Kiba gewundert, dass ich so blass und fertig aussah. Er hätte an meiner Stelle auch nicht viel besser ausgesehen. Dann machte er noch einen Witz über die angebliche Strafpredigt, merkte aber doch noch, dass ich wohl nicht zum Reden aufgelegt war. Es hatte eine halbe Stunde gedauert bis meine Jacke halbwegs sauber geworden war. Nun lag sie in meiner Tasche. Sie hatte zwei Löcher an der Stelle, wo Sasuke zugebissen hatte, aber das war nicht das Problem gewesen. Es war praktisch unmöglich den Fleck am Ärmel zu übersehen. Um die Bissstellen zu verbergen blieb mir nur die Möglichkeit ein Pflaster notdürftig drauf zu kleben. Ich hatte immer welche dabei, da ich öfter mal Bekanntschaft mit dem Boden machte. Und zu allem Überfluss fror ich jetzt auch noch. Eins schwor ich mir... irgendwann würde ich ihm das heimzahlen.
 

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Drei Tage später stand ich hier, vor einem alten klappernden Eisentor, dessen Scharniere bei jedem Windhauch quietschten. Die Hände hatte ich in den Taschen meiner Jacke vergraben, gleich neben meiner Taschenlampe. Die sollten wir mitbringen. Etwa fünfzehn andere Schüler, darunter auch Kiba und Shikamaru, standen auch schon hier und warteten.

//Mann, die sollen endlich hinmachen!// Ich rieb mir meinen Arm. Der Biss war seit Mittwoch nicht besser geworden. Er war kaum verheilt und hatte sich entzündet. Die Stelle um den Biss herum war rot geworden. Ich hatte mir eine kühlende Salbe drauf gemacht. Es juckte zwar etwas, aber dafür tat es nicht mehr weh.

Die Sonne war bereits unter gegangen und es war deutlich frischer geworden. Nur ein paar vereinzelte Straßenlampen erleuchteten die alte Straße, auf der wir standen. Nach zehn Minuten kamen Sakura und Ino durch das quietschende Friedhofstor, womit ich gar nicht gerechnet hatte. In der Zeit, die ich schon hier stand, hatte ich sie noch nicht gesehen und dachte daher sie würden erst noch kommen.

Mir fiel auf, dass Ino eine kleine geschlossene Schachtel in den Händen hielt. Die beiden stellten sich vor uns hin und Sakura begann zu sprechen.

„Ok Leute. Schön, dass hier alle hier seid. Also, ich erkläre euch die Regeln: Ziel dieser Mutprobe ist es die Gegenstände, die wir versteckt haben, zu finden und wieder hierher zu bringen. Dafür habt ihr eine Stunde Zeit. Es ist aber verboten zu schreien. Wer schreit hat verloren und der Rest des Teams muss allein weiter suchen.“ Kurz grinste sie verschlagen, was mich nicht gerade glücklich stimmte. Die hatte doch garantiert irgendwas Fieses vor.

„Wenn ihr den Gegenstand findet, dürft ihr ihn dann natürlich auch behalten. Hat noch jemand Fragen?“ Sie sah kurz durch die Reihen, doch niemand meldete sich.

„Gut, dann bilden wir jetzt Dreier-Gruppen.“ Dabei trat Ino vor und jeder musste einen Zettel ziehen. Bei mir stand “Gruppe 5“ drauf. Nachdem sich alle Gruppen zusammen gefunden hatten, ich war übrigens in einer Gruppe mit Kiba und einem Jungen namens Choji, musste jede Gruppe noch einmal Zettel ziehen um festzustellen, welchen Gegenstand wir suchen sollten. Wir mussten ein hölzernes Kästchen finden.

Jedes Team bekam noch einen Hinweis, wo sich ungefähr der gesuchte Gegenstand befand. Als ich mit meinem Team den Friedhof betrat, wusste ich auch genau weshalb. Er war riesig! Soweit ich sehen konnte, war nur Friedhof. Alte Grabsteine standen dort, deren Schriftzüge kaum noch zu lesen waren und die schon fast zusammenbrachen. An jeder Ecke standen Gruften, die mindestens genauso alt waren. Pflanzen rankten sich das kalte Gestein hoch und verbargen die langen Risse, die sich an den Wände entlang zogen. Der Wind wehte unheilverkündend durch jede Ecke und das Geäst der Bäume rauschte bedrohlich. Diese ganze Szenerie wurde lediglich durch ein paar altersschwache Straßenlampen beleuchtet. Weiter hinten erkannte ich, dass dort überhaupt keine Lampen mehr standen und lediglich das Leuchten des Vollmondes die verwachsenen Wege beleuchtete. Am liebsten hätte ich sofort wieder kehrt gemacht, aber mein Stolz ließ dies nicht zu. Sakura würde mich bei jeder Gelegenheit damit aufziehen. Deshalb war ich in diesem Moment so unsagbar glücklich, dass ich eine Taschenlampe bei mir hatte.

„Gut, seid ihr bereit? Dann los!“ Alle Teams machten sich auf den Weg und alle in eine andere Richtung. Kiba ging stolz voran und wirkte im Gegensatz zu mir und meinem anderen Teamkameraden furchtlos. Er und ich gingen eher vorsichtig hinter ihm her und zuckten bei jedem kleinen Geräusch zusammen. Das war aber auch nicht verwunderlich. Bei dem schwachen Licht des Mondes wirkte jeder Schatten wie eine bedrohliche Erscheinung. Ein Rascheln zu unserer Rechten ließ uns aufschrecken und wir legten uns die Hand vor den Mund. Selbst Kiba tat das. Wir hatten uns eng aneinander gedrückt, einer war mir sogar auf den Fuß getreten, und sahen gespannt auf das Gebüsch. Es raschelte wieder und keiner von uns rührte sich. Ich leuchtete zu der Pflanze rüber und schon im nächsten Moment kam eine verwildert aussehende Katze heraus gesprungen. Wir atmeten alle drei erleichtert aus und Choji meldete sich zu Wort.

„Das war das letzte Mal, dass ich bei so einem Mist mitmache!“ Ich nickte sofort zustimmend.

„Das kannst du laut sagen!“

„Ich weiß gar nicht was ihr habt, so schlimm ist es doch gar nicht. Ihr seid solche Angsthasen.“ Typisch Kiba, der immer mit seiner großen Klappe. Mit einem Mal erklang ein neues Geräusch, direkt hinter Kiba. Es klang wie ein klirren und schleifen. Ich konnte mir nicht vorstellen, was so ein Geräusch verursachen konnte. Als würde jemand mit Metall über einen Stein ziehen. Es hörte sich scheußlich an. Kiba sah geschockt zu uns und drehte sich dann ganz langsam um. Auch Choji und ich sahen erschrocken an Kiba vorbei. Als dieser sich umgedreht hatte, schoss auf einmal ein dunkler Schatten hinter einer großen Engelsstatur hervor. Der Schatten kam, begleitet von einem rasselnden Geräusch, blitzschnell auf uns zu gerannt.

„WRAAAAAAAR!!!!“ Sofort wich ich ein paar Schritte zurück und schlug mir wieder die Hand vor den Mund, doch das eigentlich umsonst. Ich war viel zu überrascht, um auch nur einen Ton heraus zu bekommen und blieb starr an der Stelle stehen. Bei den Anderen beiden sah das anders aus.

„AAAAAAH!!!“ Kiba schrie panisch auf, schmiss die Arme in die Luft und rannte an mir und Choji vorbei. Typisch für dieses Großmaul. Schnell rannten Choji und ich ihm nach, wobei ich mir, im Gegensatz zu ihm, noch immer das schreien verkniff. Völlig ziellos rannten wir über den stockdusteren Friedhof. So schnell wir konnten, folgten wir dem alten verwachsenen Weg entlang als ich mit einem Mal über einen Stein stolperte und hart auf den Boden landete. Ich brauchte einige Sekunden um mich zu sammeln. Ich sah über meine Schulter. Eine Gestalt näherte sich und ich hörte deutlich das Rasseln von eben hinter mir. Wie von der Tarantel gestochen, richtete ich mich schnell wieder auf, ignorierte die Schmerzen an den Knien und meinem linken Arm und rannte weiter. Nach einigen Minuten kam ich völlig außer Atem an einem Stein zum Stehen und sah mich sofort um. Erschrocken stellte ich fest, dass ich völlig alleine war. Von Kiba, Choji oder diesem Idioten, der uns erschreckt hatte, war nirgends auch nur eine Spur. Mit meiner Taschenlampe beleuchtete ich meine Umgebung, nur leider brachte mir das nicht viel, außer einer Gänsehaut. Es hatte sich eine Nebeldecke gebildet, die den ganzen Boden bedeckte und nur ab und an ein paar vereinzelte Grabsteine zu Vorschein kommen ließ. Es war ein schauriger Anblick. Der Nebel, der durch den schwachen Schein des Mondes silbern glitzerte, die alten verwitterten Grabsteine und Gruften und dazu noch der kalte Wind, der hier wehte. Sofort schlang ich meine Jacke enger um mich. Jetzt galt es die Ruhe zu bewahren und die Lage zu peilen. Noch völlig außer Atem setzte ich mich auf den Stein rechts neben mir und atmete tief durch.

//Zuerst die negativen Punkte: Ich bin auf einem riesigen alten Friedhof, vollkommen alleine, habe keine Karte, an jeder Ecke könnte irgendwas lauern, mir ist kalt, mein Arm schmerzt mehr denn je und ich habe absolut keine Ahnung, wie ich hier wieder wegkommen soll. Die positiven Punkte… wenigstens habe ich meine Taschenlampe.// Ich ließ geknickt den Kopf hängen. Mein Blick wanderte zu meinem schmerzenden Arm und ich legte vorsichtig meine rechte Hand darauf.

//Wenn ich will, kann ich mich ja darüber freuen, dass der blöde Vampir nicht hier ist.// Dieser Gedanke zauberte mir tatsächlich ein leichtes Lächeln auf die Lippen. Aber was sollte ich jetzt machen? Eigentlich hieß es immer, wenn man sich verlaufen hatte, sollte man unbedingt an der Stelle stehen bleiben, an der man sich befand und bloß nicht den Weg verlassen. Allerdings lud mich diese Umgebung kein bisschen zum Bleiben ein und aufgrund des Nebels war es wahrscheinlich, dass ich schon lange nicht mehr auf dem Weg war.

//Echt super!// Ich lehnte mich zurück und legte meine Hände auf den Stein, auf dem ich saß. Der Stein war seltsam glatt und kantig. Ich sah herab und mir blieb beinah das Herz stehen. Ich stand auf einem Grab und lehnte mich auch noch gegen den Grabstein. Sofort sprang ich von dem Stein weg und landete einen Meter weiter weg. Ehe ich mich von meinem Schreck erholen konnte, ließ plötzlich der Boden unter mir nach und einige schreckliche Sekunden fiel ich. Ich kam schmerzhaft mit dem Fuß zuerst auf und landete dann der Nase nach in dem Loch. Dann wurde alles dunkel.
 

~Autorensicht~
 

Kiba und Choji währenddessen kamen schnaufend am Eingangstor des Friedhofes an. Dort standen Sakura und ein paar ihrer Mitschüler, die schon schadensfroh lachten, als die beiden auf sie zu kamen.

„Na, Angst gehabt?“ Die Beiden blieben keuchend vor ihnen stehen und Kiba sah sie muffig an.

„Ja, ja ist ja gut. Du hast uns dran gekriegt.“ Sie zuckte nur kurz mit den Schultern und grinste dabei.

„Wo ist eigentlich Naruto?“, fragte der Brünette. Sakura sah ihn verwirrt an.

„Also wenn er euch nicht begleitet hat, dann sucht er wohl noch den Gegenstand. Soweit mir Sora erzählt hat, war er ja der Einzige von euch, der nicht geschrieen hatte.“, grinste sie hämisch. Jetzt meldete sich Choji zu Wort.

„Keine Ahnung. Er ist zusammen mit uns losgerannt und als wir angehalten haben, war er weg.“ Die Rosahaarige zuckte nur mit den Schultern. Es war ihr eigentlich ziemlich egal, was mit dem Blonden los war.

„Der wird schon wieder auftauchen. Er hat ja noch 15 Minuten.“ Dann sah sie an den Beiden vorbei zu der nächsten Gruppe, die allerdings ohne ihren Gegenstand, wiederkam und kümmerte sich um die. Kiba wandte sich zu Choji.

„Ich hab irgendwie ein schlechtes Gefühl...“ Am liebsten würde er ihn sofort suchen.
 

~Naruto~
 

Ich wusste nicht wie lange ich da lag, ob es nun Minuten oder Stunden waren. Es musste zumindest eine Weile gewesen sein, denn ich zitterte am ganzen Körper. Mir war eiskalt. Langsam richtete ich mich auf. Und das wirklich langsam, denn mir war schwindelig. Sofort griff ich mir an die Stirn über meinem rechten Auge. Dort hatte ich mich gestoßen.

„Uhhh... das tut weh. Wo bin ich?“ Ich sah mich um. Es war stockduster, nur von oben kam ein schwaches Licht.(1) Jetzt fiel mir auch wieder ein was passiert war.

„Mann, was kommt denn noch?“ Ich wollte aufstehen, allerdings machte mir mein Fuß einen Strich durch die Rechnung. Dieser pochte schmerzhaft, fühlte sich aber nicht so an, als wäre er gebrochen. Noch einmal wollte ich es versuchen und stützte mich auf dem Boden ab. Dabei fasste ich nach etwas rundem. Ein Stein konnte es nicht sein, das spürte ich. Es war zu dunkel, um etwas zu sehen. Ich kramte in meiner Jacke und griff nach der Taschenlampe. Die hatte bei dem Sturz Gott sei Dank nichts abbekommen. Ich schaltete sie an und leuchtete auf die Stelle vor mir. Erstarrt hockte ich da, bis ich realisierte, was da vor mir lag. Dort lag, noch halb in der Erde verborgen, ein skelettierter Menschenschädel. Es war ein grausiger Anblick. Die großen leeren Augenhöhlen waren auf mich gerichtet und wirkten beim Schein meiner Taschenlampe noch gespenstischer, fast so als würde ich wirklich beobachtet werden. Der Unterkiefer lag schräg zu dem Oberkiefer, was den Schädel so aussehen ließ, als würde er schreien. Das war zu viel für mich. Ich schrie panisch auf und ließ zitternd die Taschenlampe fallen. Es war genug, ich konnte einfach nicht mehr. Das war einfach zu viel. Alles um mich herum drehte sich, bis mir schwarz vor Augen wurde und ich einfach nach hinten wegkippte.
 

~Autorensicht~
 

Am Eingangstor währenddessen warteten die Anderen bereits. Die meisten waren schon da, oder standen in unmittelbarer Umgebung. Kiba sah auf seine Uhr.

„Mann, er ist jetzt schon eine halbe Stunde zu spät und nirgends ist eine Spur von Naruto Was macht der denn so lange?!“ Shikamaru hatte sich inzwischen zu ihm gestellt und nickte.

„Vielleicht hat er sich verirrt oder so?“ Sakura lief leicht nervös durch die Gegend. Sie schien sich wohl auch langsam Gedanken zu machen, wo der Blonde blieb. Mit einem Mal hörten sie einen markerschütternden Schrei, der auf dem gesamten Friedhof zu hören war. Sofort drehten sich alle um und sahen sich geschockt an. Eine kurze, bedrückende Stille legte sich über die Anwesenden, bis Lee zögerlich sprach.

„Das klang verdammt nach... Naruto.“ Kiba nickte:

„Ihm ist irgendwas passiert! Wir sollten ihn schnellstmöglich finden.“ Sakura verschränkte provokativ die Arme.

„Und wie stellt ihr euch das vor? Es ist dunkel und der Friedhof ist riesig! Dieser Blödmann macht echt nur Ärger.“ Das Letzte sagte sie eher zu sich selbst, als zu den Anderen. Jetzt mischte sich Ino mit ein.

„Aber wir können ihn doch nicht alleine suchen. Was wenn dieser Irre aus den Nachrichten ihn erwischt hat und hier rumrennt.“

„Mensch Ino, sag doch so was nicht!“, kam es gleich von Lee. Sakura hatte sich zum überlegen umgedreht und sah jetzt wieder die Anderen an.

„Wir können die Polizei nicht rufen. Die suchen ihn nicht, nur weil er eine halbe Stunde zu spät dran ist.“ Sie seufzte:

„Ich fürchte uns bleibt nichts anderes übrig, als einen Lehrer zu informieren.“ Die anderen sahen nicht besonders begeistert aus, doch nickte dann einer nach dem anderen. Sakura zog ihr Handy aus der Tasche und wählte zögerlich eine Nummer aus ihrer Kontaktliste aus.
 

~Sasuke~
 

Ich ging gerade eilig in meiner Wohnung umher, zog mir nebenbei einen schwarzen Pulli über und griff nach meiner schwarzen Lederjacke. In einer halben Stunde hatte ich eine “Verabredung zum Essen“ und ich war spät dran. Am Wochenende schlief ich immer tagsüber und ausgerechnet heute auch noch zu lange. Hätte ich heute nicht so einen Hunger, wäre ich einfach zu Hause geblieben.

Ich zog mir die Lederjacke an, ließ sie aber offen und schnappte mir die Autoschlüssel als plötzlich mein Handy klingelte. Ich hasste dieses Teil! Ich lebte schon eine ganze Weile, aber niemals gab es eine nervigere Erfindung als dieses Ding. Ich fischte mein Handy aus der Jackentasche und sah auf das Display. Die Nummer war nicht in meinem Speicher, dennoch nahm ich an.

„Hier Uchiha.“ Schon im nächsten Moment bereute ich es abgenommen zu haben.

„H-hallo Sensei. Hier Sakura Haruno.“ Ich drehte mit den Augen.

//Warum ausgerechnet jetzt?!//

„Was gibt es? Ich hab es eilig.“ Ich wunderte mich übrigens nicht, dass sie meine Handynummer hatte. Es war ganz normal an der Schule, dass die Klassensprecher eine Kontaktnummer des Klassenlehrers hatten. Die normalen Stunden oder auch Pausen reichten selten aus um alles abzusprechen, was organisiert werden musste. Aber wehe ihr es war nicht wichtig.

„Äh... ja. Wir, also ich und ein paar Klassenkameraden, sind hier auf dem Friedhof am Stadtrand...“ Sie machte eine kurze Pause und ich zog eine Augenbraue nach oben.

„... Na ja und wir haben hier eine Mutprobe gemacht und alle sind wieder hier, bis auf... Naruto.“ Einige Sekunden herrschte Schweigen und ich wartete, dass sie endlich weiter sprach.

„Und?“ In diesem Moment war es mir einfach nur Schnuppe, dass die Nervenzwerge unerlaubter Weise eine Mutprobe auf einem Friedhof machten. Sie sollte fertig werden.

„U-und wir denken, dass ihm was passiert ist. Wir haben einen Schrei gehört.“ Ich verdrehte gequält die Augen. Das konnte doch nicht wahr sein, diese verdammten...

Warum passierte so was immer, wenn ich es am wenigsten gebrauchen konnte.

„Sensei? Sind Sie-“ Forsch unterbrach ich sie.

„Hör zu. Ihr werdet sofort den Friedhof verlassen und vor dem Tor auf mich warten. Ich werde gleich vorbei kommen.“ Ich legte auf und suchte schnell die Nummer von Kakashi raus. Ich erklärte ihm die Sachlage und vereinbarte mit ihm, dass er noch ein paar Lehrer informierte und zum Friedhof kommen würde. Dämliche Lehrerpflichten, nicht mal nach Feierabend hatte man seine Ruhe. Ich steckte mir das Handy in die Hosentasche, nahm meine Autoschlüssel und machte mich auf den Weg zum Auto. Das würde auf jeden Fall noch ein Nachspiel haben, das stand schon fest.
 

~Naruto~
 

Ich kam allmählich wieder zur Besinnung. Als ich die Augen öffnete, blickte ich in den klaren Sternenhimmel, musste aber leider feststellen, dass ich noch immer in der Grube lag. Eine Weile musste ich so gelegen haben, denn der Vollmond stand jetzt höher als vorher. Langsam richtete ich mich auf und rieb mir leicht den Kopf. Mein Blick fiel auf die Taschenlampe, die zu meiner Rechten lag. Ihr Licht war schwächer geworden.

//Wie lang war ich denn bewusstlos?// Ich nahm sie in die Hand, wohl bedacht nicht wieder auf den Schädel vor mir zu zeigen, und leuchtete nach oben. Dabei stellte ich mich langsam auf, wobei ich mich hauptsächlich auf meinen, nicht schmerzenden, Fuß stützte. Wenigstens tat es nicht mehr ganz so weh. Ich fror und zog deshalb meine Jacke fester um mich. Es half nicht wirklich. Leider zeigte sich, dass ich hier wohl nicht einfach so raus klettern konnte. Selbst wenn mein Fuß voll einsatzfähig gewesen wäre, war es fiel zu gefährlich einfach am Rand auszukeltern. Dabei könnte die ganze Grube zusammen brechen und mich lebendig begraben. Genau das war es, was mir heute noch fehlte.

Ich war völlig ratlos und verzweifelt.

//Was soll ich bloß machen?// Ich drehte mich einmal um mich selbst und sah dabei nach oben.

„Wenn jemand da oben ist: Bitte helft mir!“ Ich wusste, dass niemand in der Nähe war. Es war still geworden und noch nicht mal der Wind wehte. Aber was sollte ich sonst machen? Ich bezweifelte, dass man mich bei dem Nebel finden würde, wenn ich mich nicht bemerkbar machte. Also versuchte ich es weiter.

„Ich brauch Hilfe! Von irgendwem!“

Doch mir ging schnell die Luft aus. Ich ließ mich niedergeschlagen auf den Boden sinken und zog meine Beine dicht an meinen Körper.

„Bitte... irgendwer...“ Es war mir so egal, wer mir helfen würde und wenn es Sasuke wäre. Ich wollte einfach nur hier raus, ich wollte nach Hause. Mir stiegen langsam die Tränen in die Augen. Schluchzend schlang ich meine Arme um die Beine und bettete meinen Kopf darauf. Mir war kalt, ich steckte hier fest und ich war ganz allein. Abgesehen von dem grusligen Skelett hier unten. Die ersten Tränen liefen meine Wangen herab und ich schluchzte herzzerreißend auf. Was, wenn mich niemand finden würde? Wenn ich hier…

Ein Rascheln riss mich aus den Gedanken. Sofort verstummte ich und sah nach oben. Es klang wie das Rascheln eines Gebüsches, doch wehte kein Wind oder zumindest nicht stark genug um ein dermaßen lautes Geräusch zu verursachen. Ich richtete mich hoffnungsvoll auf und stützte mich dabei an der erdigen Wand neben mir ab, die dabei leicht bröckelte. Gespannt lauschte ich, aber es war schon wieder still geworden. Einige Momente zögerte ich bis ich doch noch einmal rief.

„Ist da jemand? Bitte, ich brauche Hilfe!“ Und tatsächlich waren kurz darauf eilige Schritte in meine Richtung zu hören. Ich war gerettet! Grinsend erwartete ich meinen Retter. Dieser stand wenige Augenblicke später an dem Grab und blickte zu mir herab. Ich konnte sein Gesicht nicht deutlich erkennen, da direkt hinter ihm der Mond schien und ich so nur seine Umrisse sah. Aber ich konnte eindeutig sagen, dass ich diesen Mann noch nie zuvor gesehen hatte. Er war riesig und wirkte sehr kräftig. Seine Körperhaltung war angespannt, löste sich aber, als er sich hinhockte, ohne den Blick von mir zu nehmen. Ich konnte jetzt seine Züge erkennen. Er musste Ende dreißig sein. Sein Gesicht war kantig und kalt, seine Haut wirkte bei dem Mondschein fahl und ungesund. Das kurze schwarze Haar hing ihm im Gesicht und wehte leicht im Wind. Doch seine Augen hatten etwas, was mir Angst machte und mich zurückweichen ließ. Sie waren kalt und ließen nichts Gutes vermuten. Er betrachtete mich von oben bis unten und setzte ein unheilvolles, fast schon perverses Grinsen auf.

„Ja was haben wir denn da?“
 

~Sasuke~
 

Endlich erreichte ich den Friedhof. Schon von Weitem erkannte ich die Autos meiner Kollegen und die Schüler, die vor dem Tor standen. Warum mussten die auch ausgerechnet zu diesem Friedhof kommen? Hier war eine gefährliche Ecke, man konnte nie wissen, was sich hier rumtrieb. Ich musste es wissen, ich war oft hier.

Ich parkte hinter den anderen Autos und stieg aus. Ein paar andere Lehrer waren auch schon hier, wie zum Beispiel Kakashi und Iruka. Letzterer schien mit den Nerven völlig fertig zu sein und lief andauernd hin und her. Kakashi, Asuma und die Anderen hatten sich schon daran gemacht, die Schüler zurecht zu weisen, wobei eigentlich nur Asuma sprach.

„Seid ihr eigentlich von allen guten Geistern verlassen?! Was habt ihr mitten in der Nacht auf einem Friedhof zu suchen? In dieser verlassenen Gegend!! Ihr verstoßt einfach so gegen die Ausgangssperre und das für so einen Mist!! Ihr werdet nachsitzen... nachsitzen bis zu eurem Abschluss. Und jeder von euch kriegt Strafarbeiten bis ihr endlich gelernt habt euch an Regeln zu halten!“ Grinsend ging ich auf sie zu und stellte mich zu Kakashi. Und da sagten die immer ich wäre streng.

„Gibt es was Neues?“ Kakashi schüttelte den Kopf.

„Nein, nichts.“ Ich rollte mit den Augen und drehte mich dabei zu den Schülern um. Leider musste ich feststellen, dass die meisten aus meiner Klasse waren.

//Na wundervoll...//

„Hat schon mal einer von euch versucht Naruto über Handy zu erreichen?“ Kiba antworte.

„Niemand hat Narutos Nummer.“ Kakashi neben mir seufzte auf.

„Na wunderbar!“ Ich fasste mir an die Schläfe und schüttelte den Kopf.

//Diese dämlichen Menschen!!...// Das durfte doch alles nicht wahr sein. Iruka hatte mich jetzt bemerkt und kam zu uns rüber gerannt.

„Sasuke, endlich bist du da. Wir sollten sofort los und ihn suchen gehen.“ Kakashi antwortete ihm.

„Wir sollten nichts überstürzen, Iruka. Der Friedhof ist riesig, er könnte überall sein.“

„Nichts überstürzen?? Er ist ganz allein da draußen und hat sich wahrscheinlich verirrt, wenn nicht sogar schlimmer. Wir müssen ihn sofort suchen!“ Den letzten Satz sprach er voller Nachdruck aus. Ehe die Beiden sich total in die Wolle kriegen konnten, ging ich dazwischen.

„Wir werden ihn suchen, aber ein paar von uns müssen hier bei den Anderen bleiben. Und ich denke es wäre besser, wenn du hier bleiben würdest.“ Ich sah Iruka ernst an. Wenn ich wollte, dass wir Naruto auch finden, musste ich ihn schon selber suchen, so viel stand fest. Das würde ich aber niemals mit dieser besorgten Glucke an meiner Seite schaffen. Dann wandte ich mich an den Rest der Lehrer.

„Und wir werden ihn jetzt in Zweier-Gruppen suchen gehen und wenn ihn einer gefunden hat, informieren wir die anderen über Handy. Klar soweit?“ Alle nickten und wir gingen los. Plötzlich wurde ich am Arm festgehalten und drehte mich zu der Person um. Es handelte sich um Kiba, der einen Zettel in der Hand hielt.

„Hier ist die Karte auf der unser Gegenstand eingetragen ist. Er müsste dort in der Nähe sein.“ Ich nahm den Zettel an mich und sah ihn mir an.

//Na super, einmal quer über den Friedhof...// Ohne ein Wort zu sagen, folgte ich den anderen Lehrern. Wäre auch noch schöner, wenn ich mich dafür bedanken würde. Immerhin hatte uns dieser Mist erst da rein geritten.

Ich hatte es noch geschafft Kurenai davon zu überzeugen, dass es vielleicht besser wäre, wenn sie Iruka unterstützen würde. Immerhin war dieser ziemlich durch den Wind. Ein echtes Kinderspiel! So waren wir einer zu wenig für eine Zweier-Gruppe und ich konnte ungehindert alleine gehen.

Ich ging zu der Stelle, wo der Gegenstand versteckt sein sollte. Mit meinen Fähigkeiten brauchte ich dafür nur eine Minute als ich auch schon ankam. Ich stand vor einem riesigen Grabstein, der die Form eines Engels in Menschengröße hatte. Wie ich diese Statuen doch hasste. Es fühlte sich immer an, als würden mir ihre Blicke folgen. Ich hasste einfach alles, was irgendwie mit der Kirche zu tun hatte. Abwertend sah ich weiter herab zum Sockel der Statue. Dort stand ein kleines hölzernes Schmuckkästchen. Ich nahm es in die Hand und betrachtete es genauer. In das Holz waren feine Verzierungen eingearbeitet. Es sah zumindest nicht wie vom Fließband aus. Aber jetzt hatte ich ein anderes Problem. Das Schmuckkästchen war noch hier, was also bedeutete, dass Naruto noch nicht einmal bis hierhergekommen war. Ich steckte das Kästchen ein und ging ein Stück des Weges zurück. Aber selbst ich hatte meine Schwierigkeiten Naruto zu wittern. Es roch hier überall nach Tod, Erde und Nässe. Dazu noch die ganzen Bäume und wilden Blumen, die hier wuchsen. Auch die Nebeldecke, die sich gebildet hatte, erschwerte mir die Sicht. Aber ich wäre kein Vampir, wenn mich das aufgehalten hätte. Ich schärfte meine Sinne und konzentrierte mich auf Narutos Geruch. Und tatsächlich fand ich nach einer Minute auch seine Fährte und machte mich in seine Richtung auf. Ich konnte kein Blut wahrnehmen, also war er wohl nicht verletzt. Der konnte sich auf was gefasst machen, wenn ich ihn in die Finger bekam. Allerdings mischte sich nach einer Weile noch ein fremder Geruch dazu. Der Geruch eines Anderen. Er war also nicht allein. Ich bekam ein schlechtes Gefühl, beschleunigte meine Schritte und rannte schon fast, als ich mich durch eine Reihe von wilden Gewächsen schlug. Der Geruch war hier am stärksten, er musste also in der Nähe sein. Ich sah mich um und erblickte tatsächlich jemanden.

Durch den Nebel hindurch erkannte ich die Silhouette einer hockenden Gestalt, bei der es sich aber unmöglich um Naruto handeln konnte. Sie schien in ein Loch in der Erde zu greifen, zog aber die Hand wieder zurück, stellte sich hin und begann auf den Boden einzutreten.
 

~Naruto~
 

Ich drängte mich weiter an die Wand hinter mir. Der Kerl war mir unheimlich. Wie ein Raubtier betrachtete er mich und grinste noch immer verschlagen.

„Wie bist du denn da unten hingekommen? Scheint wohl zu stimmen, dass an Halloween die Toten wieder auferstehen. Immerhin stehst du in einem Grab.“ Wollte der mich etwa verarschen? Ich war doch nicht tot und schon gar kein wandelnder Untoter! Er lachte mit einem Mal erheitert auf und hielt sich dabei den Bauch. Es war kein Lachen, wie man es normaler Weise hörte, sondern es war viel... tiefer und voller Vorfreude

„Jetzt guck doch nicht so, das war nur ein Spaß.“, meinte er jetzt freundlich und streckte seine Hand nach mir aus.

„Na komm, gib mir deine Hand. Ich werde dir hier raus helfen.“ Ich zögerte. Sollte ich wirklich seine Hand nehmen? Ich hatte ein mulmiges Gefühl bei diesem Mann, aber ich wollte hier raus. Langsam streckte ich meine Hand nach ihm aus. Jetzt, wo ich so darüber nachdachte, kam mir ein Gedanke. Was machte ein Mann mittleren Alters, mitten in der Nacht auf einem abgelegenen alten Friedhof, der schon seit Jahrzehnten nicht mehr genutzt wurde? Ganz bestimmt nichts Gutes. Im selben Moment, in dem ich meine Hand wieder zurück zog, griff dieser Mann nach mir. Nur knapp wich ihm aus und ließ mich auf den Boden sinken. So kam er nicht an mich heran. Er sah mich verärgert an, änderte aber schnell wieder seinen Gesichtsausdruck und sprach freundlich zu mir.

„Hey, wie soll ich dich denn da rausholen, wenn du da unten hockst?“ Hielt der mich etwa für blöd? Seine Augen waren aufgerissen und sein Blick ganz irre, genau wie sein Grinsen. Ein Blinder mit Krückstock hätte gesehen, dass der nichts Gutes wollte. Wer sagte mir, dass er nicht dieser Irre war, der schon seit Monaten scheinbar wahllos Jugendliche misshandelte und tötete?

„Ich weiß nicht was Sie von mir wollen, aber verschwinden Sie. Ich will ihre Hilfe nicht!“ Ich riskierte hier eine dicke Lippe, doch wenn er sich entschließen würde zu mir runter zu kommen, wäre ich geliefert.

„Ach so? Das klang eben aber noch ganz anders. Aber wenn du meinst...“ Er richtete sich wieder auf, fuhr sich einmal durch das Haar und sah wieder zu mir herab.

„... dann verrotte doch da unten.“ Er trat auf den Rand der Grube ein, wodurch immer mehr Erde in das Grab fiel.

„Nein, hören Sie bitte auf.“ Er stoppte kurz und grinste dreckig.

„Hast du-“

„HEY, SIE!!“ Sofort ruckte der Kopf des Mannes panisch nach rechts.

„So ein Mist!“ Er machte kehrt und rannte aus meinem Sichtfeld. Kurz darauf erschien eine andere Person an meiner Grube und diesmal kannte ich sie. Und zu meiner Verwunderung war ich erleichtert, fast schon glücklich diese zu sehen.

„Sasuke...“ Ich wunderte mich schon ihn hier zu sehen, aber war das im Moment nicht so wichtig. Er drehte sich langsam um und sah ohne Umschweife zu mir runter. Er hatte wohl schon gemerkt, dass ich hier unten festsaß. Noch einmal sah er der Person nach, hockte sich dann aber vor das Grab und reichte mir seine Hand.

„Komm, für dich ist es noch etwas zu früh.“ Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und griff sofort zu. Er zog mich langsam hoch, während ich mich mit den Beinen an der Wand abstütze. Dadurch wurde die Erde immer lockerer und so brach alles genau in dem Moment zusammen, in dem ich draußen war. Sofort klammerte ich mich an Sasuke, um nicht vielleicht doch noch rein zu fallen. Ich hatte meine Arme um seinen Oberkörper geschlungen und drückte mein Gesicht fest an seine Brust. Jetzt konnte ich die Tränen gar nicht mehr zurück halten und weinte und schluchzte wie ein kleines Kind in den Pulli meines Gegenüber. Ich zitterte vor Kälte, da nicht mal mehr meine Jacke die Kälte zurück halten konnte. Mir war es grad so was von egal, wer da vor mir hockte, auch wenn ich mich wunderte, warum Sasuke mich nicht wegstieß. Ich war einfach so erleichtert, endlich da raus zu sein und diesen Kerl nicht mehr hier zu haben. Außerdem bekam ich so etwas Schutz vor dem kalten Wind. Ich weinte mir alles von der Seele, bis ich ein paar Hände an meinen Schultern spürte.
 

~Sasuke~
 

Ich hatte mir also doch aus gutem Grund Sorgen gemacht. Der Kerl hatte hundertprozentig etwas vorgehabt. Da war ich realistisch. Als Naruto mich rief, hockte ich mich hin und zog ihn schnell und gekonnt aus dem Loch raus. Jetzt wusste ich auch, warum er geschrien hatte. Offensichtlich hatte er Bekanntschaft mit dem Besitzer des Grabes gemacht und das wohl nicht so gut verkraftet.

Ich sah überrascht hinab, als der Junge die Arme um mich schlang.

//Was soll das denn?// Mit einem Mal fing er dann auch noch an zu weinen. Schlimmer konnte es ja nicht mehr kommen. Ich konnte mir zwar gut vorstellen, dass Naruto Angst gehabt haben musste, eigentlich wusste ich es sogar, aber er schien offenbar zu vergessen, wen er da gerade umarmte. So hockten wir ein paar Minuten da, bis es Zeit wurde endlich zurück zu gehen. Ich legte die Hände auf seine Schultern und er begann sich wieder zu fassen. Erst jetzt realisierte ich, dass er stark zitterte. Kein Wunder bei der dünnen Jacke, die er trug. Eine Hand löste sich von mir, mit der er seine Tränen wegwischte und anschließend zu mir aufsah. Bei dem Anblick, der sich mir bot, musste ich schlucken und mich arg zusammen reißen. Durch die Tränen glänzten seine blauen Augen und ließen sie so wirklich wie Ozeane aussehen. Seine Augen waren gerötet und man konnte deutlich die Spuren seiner Tränen auf der blassen Haut erkennen. Mir fiel auch sofort die dunkelblaue Beule mit den Schürfwunden an seiner Stirn auf. Die hatte er sich bestimmt zugezogen, als er gefallen war. Was jetzt kam war etwas, womit ich nie gerechnet hätte.

„Danke Sasuke.“ Er drückte sein Gesicht wieder in meinen Pulli und schluchzte leise auf. Ich bekam ein seltsames Gefühl im Herzen, ignorierte es aber gekonnt.

„Schon gut.“, sagte ich und blickte dabei zur Seite. Irgendwie konnte ich ihm dabei nicht in die Augen sehen. Ich griff nach seinen Händen und löste ihn wieder von mir. Er sah mich irritiert an, aber ich achtete nicht weiter darauf. Schnell zog ich meine Lederjacke aus und legte sie ihm um die Schultern. Das schien ihn noch mehr zu verwirren, denn er sah mich seltsam an. Ich stand einfach auf und holte mein Handy raus. Ich musste immerhin noch die anderen Lehrer informieren. Naruto währenddessen blieb auf dem Boden hocken, zog sich die Jacke richtig an und schloss diese. Nachdem das erledigt war, widmete ich mich wieder Naruto. Ich nahm ihn am linken Arm und zog ihn hoch. Dabei entging mir nicht, dass er schmerzhaft das Gesicht verzog. Doch ließ ich es auf sich beruhen.

„Jetzt komm, ich bring dich zu den Anderen.“

Wir gingen los, doch fiel Naruto mit der Zeit immer mehr zurück. Ich drehte mich um und sah ihn verärgert an.
 

~Naruto~
 

Endlich ging es wieder zurück. Ich wollte einfach nur noch ein Bad nehmen, dann in mein Bett und das Wochenende durchschlafen. Doch Sasuke legte so ein schnelles Tempo vor, dass ich mit meinem schmerzenden Fuß nur schwer Schritt halten konnte. Er drehte sich verärgert zu mir um.

„Was ist denn jetzt schon wieder?“ Musste der denn so grantig sein, es war immerhin nicht meine Schuld, dass mein Fuß verletzt war. Na ja, zumindest nicht direkt meine Schuld.

„Mein Fuß, ich hab ihn mir umgeknickt, als ich ins Grab gefallen bin.“ Er seufzte schwer auf und griff sich an die Stirn. Eine nervige Angewohnheit von ihm, das tat er immer, wenn er keine Lust mehr hatte. Dann hockte er sich auf den Boden und legte seine Arme leicht nach hinten. Er sah mich über seine Schulter hinweg an.

„Komm schon, ich nehme dich Huckepack.“ Ich sah ihn verwirrt an. Meinte der das etwa ernst?

„Wie... Ich?“

„Na wer denn sonst? Jetzt mach schon.“ Ich zögerte noch kurz, wollte ihn aber nicht noch länger provozieren. Zögerlich legte ich meine Arme um seine Schulter und lehnte mich auf seinen Rücken. Sofort legte er seine Hände unter meine Kniekehlen, hob mich an und ging weiter. Eine Weile herrschte Stille zwischen uns Beiden, bis Sasuke diese brach.

„Wegen euch hab ich heute eine Verabredung verpasst.“ Ich sah ihn an. Ich wusste genau, was er meinte. Hauptsache er kam jetzt nicht auf die Idee mich dafür zu nehmen.

„Sie wird sicher enttäuscht sein, aber wenigstens hat sie noch ihr Leben.“, kam es kleinlaut von mir. Ich hätte sagen können, dass es mir leid tat, aber dem war nicht so und er wusste das. Also brauchte ich ihn auch nicht anlügen.

„Tz. Als wenn das den Menschen bewusst wäre...“ Ich schwieg kurz, nickte dann aber langsam und legte meinen Kopf auf Sasukes Schulter ab. Ich war schrecklich müde und wollte einfach nur ein bisschen ausruhen. Ich atmete tief ein und sog dabei den Duft Sasukes ein. Während ich so vor mich hindöste, blieb Sasuke auf einmal stehen. Ich öffnete die Augen wieder und sah mich um. Ich konnte das Tor sehen und freute mich innerlich schon auf mein Bad. Allerdings ging Sasuke nicht weiter, sondern setzte mich ab und zog mich hinter ein paar Bäume. Ich war verwirrt. Was wollte er denn so kurz vorm Ziel?

Er nahm meinen linken Arm und zog rücksichtslos die Ärmel hoch.

„Au!! Das tut weh!“ Ich wollte ihn wegschubsen, aber er hielt mich genau an der schmerzenden Stelle fest, wodurch es noch mehr wehtat. Er betrachtete den Verband eine Weile, bis er sich daran machte diesen zu öffnen. Den Verband behielt er in der Hand und musterte einen Moment die Bisswunden. Die Salbe, die ich darauf geschmiert hatte, war durch das viele Reiben schon wieder weg. Mit einem Mal lehnte sich Sasuke zu meinem Arm vor und ich wollte losschreien. Wieder hielt er mir den Mund zu, wenn auch nicht ganz so grob wie beim letzten Mal. Ich war fest in der Annahme, dass er mich wieder beißen wollte, doch nichts passierte. Zumindest bis ich merkte, wie seine Zunge ein paar Mal über den Biss strich. Ich spürte wieder dieses Kribbeln an der Stelle, wo er mich berührte. Und als er mich nach ein paar Sekunden losließ und ich die Stelle begutachtete, war ich mehr als erstaunt. Die Wunde war verschwunden, genauso wie die Rötung. Ich fuhr vorsichtig drüber und stellte fest, dass auch nichts mehr weh tat. Verwundert sah ich ihn an. Er allerdings hatte die Augen geschlossen und leckte sich gerade über seinen Daumen. Dann griff er mit der anderen Hand nach meinem Gesicht und fuhr mit dem Daumen über meine schmerzende Beule. Sofort spürte ich wieder das bekannte Kribbeln. Er zog mich dabei näher an sich und ich konnte seinen Atem auf meiner Haut spüren. Mir wurde warm im Gesicht und ich hoffte inständig, dass ich nicht rot wurde. Als er mich losließ tastete ich meine Stirn ab. Es tat da kaum noch weh, die Beule war kleiner geworden und schmerzte nur noch minimal.

Ich wollte mich gerade bedanken, als er mich unterbrach. Dabei sah er ungerührt zu mir runter.

„Lass gut sein.“

„Warum...?“ Ich sah ihn fragend an.

„Tz. Es muss niemand sehen, wie du zugerichtet warst. Iruka würde vollends abdrehen. Es muss auch niemand erfahren was passiert ist, verstanden?“ Ich nickte. Hatte ich denn wirklich so schlimm ausgesehen. Er reichte mir ein kleines hölzernes Kästchen.

„Was ist das?“ Ich wusste sehr wohl was das war, aber ich wollte wissen, was ich damit sollte.

„Der Gegenstand, den ihr finden solltet.“ Er drückte es mir in die Hände.

„Damit das ganze Theater wenigstens nicht umsonst war.“ Er sah gleichgültig zur Seite, aber ich freute mich darüber. So konnte ich Sakura endlich die vorlaute Klappe stopfen und die Anderen würden auch nichts mehr gegen mich sagen können.

„Danke.“ Ich konnte es nicht lassen ihn anzugrinsen, es war bestimmt das erste Mal heute, dass ich etwas zum Lachen hatte.

„Jetzt komm.“ Er nahm mich wieder Huckepack und ich hielt mich bei ihm fest.

Als wir durch das Tor schritten, standen wir sofort im Rampenlicht. Die Lehrer kamen zu uns und Sasuke ließ mich langsam wieder runter. Sofort schnappte mich Iruka.

„Naruto, ist alles in Ordnung?“ Er musterte mich von bis unten. Er ließ mir aber keine Zeit um ihm zu antworten. „Was hast du nur gemacht. Weißt du eigentlich was wir uns für einen Kopf gemacht haben??“ Ich schielte kurz zu Sasuke rüber, der meinen Blick für einen Moment erwiderte und dann mit den Augen rollte. Ich verkniff mir ein Kichern und antwortete meinem Lehrer.

„Wir haben uns erschreckt und sind weggerannt. Ich... bin über einen Stein gestolpert und... konnte dann nicht mehr hoch... Wegen meinem Fuß...“ Iruka sah zu meinem Fuß runter und bevor er etwas sagen oder tun konnte sprach Sasuke dazwischen.

„Iruka, lass gut sein. Er hat sich nur den Fuß umgeknickt.“ Iruka nickte zögerlich.

„Es ist spät, wir sollten jetzt langsam alle nach Hause bringen.“, kam es von Kakashi. Die wollten uns ehrlich nach Hause fahren? Ich sah auf meine Uhr und tatsächlich war es schon nach Mitternacht.

Die Lehrer verteilten uns auf die Autos, wobei ich gemeinsam mit Sakura, Ino, und Kiba bei Sasuke mitfuhr. Die ganze Fahrt über versicherte er uns, dass das noch Folgen haben würde und zwar für alle. Mir war das aber im Moment egal. Ich sah runter auf das Kästchen in meinen Händen. Es war wirklich hübsch mit diesen feinen Verzierungen... und Sakuras Blick war einmalige Spitze gewesen, als sie gesehen hatte, dass ich das Kästchen “gefunden“ hatte. Und Kiba war, wie die meisten Anderen, beeindruckt gewesen. Wie sich heraus stellte, hatte sonst niemand einen Gegenstand gefunden. Na ja, ich ja auch eigentlich nicht, aber ich hatte es verdient.

Nach einer viertel Stunde Fahrt setzte mich Sasuke als Ersten ab, wofür ich mehr als dankbar war. Ich verabschiedete mich von den Anderen, bemerkte aber den komischen Blick meines Lehrers, mit dem er mich bedachte. Ich machte mir nicht weiter Gedanken darüber und ging in Richtung Eingangstür.

„Naruto!“ Verwundert drehte ich mich um. Das Fenster des Autos war runter gekurbelt und Sasuke beugte sich etwas vor um mich zu sehen.

„Vergiss nicht deinen Fuß zu kühlen.“ Einige Sekunden stand ich still da. Machte er sich etwa... Sorgen?

//Ach was, Sasuke doch nicht.// Innerlich lachte ich über mich, aber bei dem Gedanken daran wurde mir schlagartig wieder warm im Gesicht.

„J-ja... werd ich machen.“ Er nickte mir kurz zu, schloss das Fenster und fuhr los. Einen Augenblick sah ich ihm noch nach, bis ich mich dann doch entschloss endlich reinzugehen, mir mein wohlverdientes Bad zu nehmen und mich in mein warmes, weiches Bett zu kuscheln. Das war wirklich genug Aufregung für einen Tag gewesen...
 

Ende Kapitel 7
 

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(1) Solche Gruben können entstehen, wenn der Sarg verfallen ist und sich so ein Hohlraum unter der Erde bildet.

… some failures

~Naruto~
 

Es war wieder Freitag. Die erste Stunde hatte noch nicht angefangen und ich hing gerade meinen Gedanken nach. Die ganze Woche war ein einziger Fehlschlag gewesen. Nach Sasukes Aktion am Montag, hatte ich mich schlau gemacht, was gegen Vampire half. Ich nannte ihn jetzt übrigens immer so, wenn ich alleine war, immerhin tat er das Selbe. Alles Mögliche hatte ich ausprobiert und auch das Buch aus der Bibliothek gelesen, es war übrigens echt spannend, aber leider ohne Erfolg. Damit war schon der ganze Dienstag verloren gewesen. Dann hatte ich aber im Internet ein paar Tipps gefunden. Ich fragte mich, warum ich da eigentlich nicht gleich nachgesehen hatte?

Am Mittwoch habe ich ihm ein paar Knoblauchknollen in die Schreibtischschublade gelegt. Als er sie geöffnet hatte, blickte er zwar zuerst überrascht drein, sah mich aber anschließend grinsend an und biss tatsächlich von einer Knolle ab!

Für Donnerstag hatte ich mir echtes Weihwasser aus einer Kirche geholt und es ihm unter großen Mühen in die Trinkflasche geschmuggelt. Als er in der Stunde an der Flasche nippte sah er sie irritiert an und zog eine Augenbraue hoch. Er hatte wohl bemerkt, was sich darin befand, allerdings hinderte ihn das nicht daran die Flasche auszutrinken. Zu allem Überfluss hatte ich jetzt das Gefühl, dass er mich ständig beobachtete. Gestern war ich dann nach der Schule gleich losgegangen und habe stundenlang in den verschiedensten Läden nach einem Kruzifix aus Silber gesucht. Nach drei Stunden hatte ich dann auch Erfolg. Das Teil war unverschämt teuer! Dafür könnte ich jetzt zwei Monate keine Ramen mehr essen. Ich griff an die Kette um meinen Hals. Sie war nicht schwer, ich merkte kaum, dass ich überhaupt eine trug. Ich schaute mir das Stück in meiner Hand an. Wenigstens sah sie richtig gut aus und der Verkäufer hatte mir versichert, dass sie aus echtem Silber war. Der Anhänger war ungefähr 6 cm lang und am Rand entlang waren ganz feine Verzierungen eingearbeitet. In der Mitte war ein türkiser länglicher Stein eingesetzt. Durch das Licht der Deckenlampe schimmerte der Anhänger in meiner Hand. Ich hoffte nur, dass es auch half, das würde mir schon reichen. Ansonsten bliebe mir nur noch die Möglichkeit ihn mit einem Pflock aus Rosen-, Eschen- oder Espenholz zu pfählen und ihm anschließend den Kopf abzutrennen. Selbst wenn ich wüsste, woher ich einen Pflock bekommen sollte, könnte ich das niemals machen. Das war grausam. Und gegen Sonnenlicht hatte er ganz offensichtlich nichts.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als die Klassenzimmertür aufgeschoben wurde und der Grund für all den Ärger herein trat. Er schien mal wieder schlecht gelaunt zu sein. Wahrscheinlich hatte er zu wenig Blut getrunken, obwohl ich mir da nicht sicher war. Innerlich lief es mir eiskalt den Rücken runter, als ich das dachte.

Allmählich wurde es ruhiger, während er zu seinem Tisch ging und seine Sachen auspackte. Ich sah wieder nach draußen. Es war noch stockfinster draußen. Als er gerade die Anwesenheit machte, klopfte es an der Tür und, ohne auf eine Antwort zu warten, kam unser stellvertretender Schulleiter herein. Alle nannten ihn immer nur Jiraiya. Er war ein schon etwas älterer, ziemlich groß gewachsener, Mann mit weißem, langem Haar, das er zu einem Zopf zusammen gebunden hatte. Ich mochte ihn, das war wenigstens mal ein Erwachsener, der auch Spaß verstand. Obwohl er offensichtlich eine Schwäche für Frauen hatte.

Er grüßte kurz die Klasse, ging dann zu Sasuke und flüsterte ihm was ins Ohr. Der nickte leicht, sah aber trotzdem, obwohl er versuchte freundlich zu wirken, ziemlich genervt aus. Er ging in den hinteren Teil der Klasse, wo er sich an die Wand lehnte.
 

~Sasuke~
 

Wieder ein Freitag. Ich freute mich schon, in wenigen Stunden hätte ich endlich für zwei Tage meine Ruhe. Außerdem war ich gespannt, ob Naruto heute wieder versuchen würde mich mit einem dieser abergläubischen Tricks in die Flucht zu schlagen. Ich war wirklich überrascht gewesen, als ich den Knoblauch in meinem Schreibtisch gefunden hatte oder er mir Weihwasser in die Flasche gekippt hatte. Ich fragte mich noch immer, wie er an meine Trinkflasche gekommen war, ohne, dass ich es bemerkt hatte. Aber sein Gesicht war bei beiden Malen so unbeschreibbar komisch gewesen, als er gemerkt hatte, dass diese keine Wirkung auf mich hatten. Ich musste mir schon sehr das Lachen verkneifen. Und das sollte etwas heißen, denn ich lachte wirklich selten. Was er wohl als Nächstes aushecken würde? Ob er versuchen würde mein Herz, wie in einem dieser langweiligen Filme, mit einem Holzpflock zu durchbohren. Holz würde da sicher nicht reichen.

Ich sah zu ihm rüber. Er hatte seinen Kopf auf seine Hand gelehnt und sah aus dem Fenster. Er träumte schon wieder vor sich hin. Ich musterte ihn und sofort fiel mir die funkelnde Kette um seinen Hals auf. Natürlich, er hätte nichts unversucht gelassen, wenn er nicht noch mit einem Kruzifix kommen würde.

//Das wird ein Spaß~...// Gerade war ich dabei die Anwesenheit durchzugehen, als an der Tür geklopft wurde und der Störenfried eintrat. Es handelte sich dabei um Jiraiya, einen alten Weiberhelden. Er war mal Direktor einer Grundschule gewesen, was man auch schnell an seiner Art zu unterrichten bemerkte und, mit Tsunade, einer der ältesten Lehrer an dieser Schule. Jetzt mal von mir abgesehen. Für meinen Geschmack nahm er die Dinge nicht ernst genug. Er erzählte immer wie einfach doch früher alles war. Innerlich schüttelte ich jedes Mal den Kopf. Ich könnte ihm was von früher erzählen...

Jiraiya kam auf mich zu. Er wollte irgendeine Ansage machen. Was sollte ich dazu schon sagen, also ließ ich ihn einfach machen, bei ihm machte es keinen Sinn zu diskutieren. Ich ging zur Seite, lehnte mich dort an die Wand neben der Tür und verschränkte die Arme vor der Brust. Auf Jirayas fragenden Blick hin, nickte ich ihm zu, um ihm zu zeigen, dass er anfangen konnte.

„Also, zuerst einmal zu eurer Klassenfahrt. Ich habe noch einmal mit der Direktorin geredet und nach vielem guten Zureden hat sie die Fahrt in die Berge doch genehmigt.“ In der Klasse ging ein freudiges Jubeln durch die Reihen und einige klatschten sogar. Augendrehend schüttelte ich den Kopf. Hatte sich Tsunade doch breit schlagen lassen. Als es um die Planung der Abschlussfahrt ging, war meine Klasse Feuer und Flamme gewesen und wollte unbedingt dahin. Es wunderte mich überhaupt nicht, dass Tsunade zuerst abgelehnt hatte. Die Reise würde teuer werden, auch wenn alle Eltern damit einverstanden waren, da es sich um die Abschlussfahrt handelte. Die Fahrt dahin würde viereinhalb Stunden dauern und diese Herberge lag wirklich abgelegen. Jiraiya hob beschwichtigend die Arme.

„Ja, ja schon gut. Beruhigt euch. Es gibt aber einige Einschränkungen...“
 

Er redete 15 Minuten über lauter Kram, den die Schüler nicht machen durften, aber unter Garantie machen würden.

„Aber vor allem, wenn ihr auf Klassenfahrt seid, bleibt nach Möglichkeit immer bei einem Erwachsenen, nur für alle Fälle, nicht wahr, Herr Uchiha?“ Ich schreckte auf. Noch immer lehnte ich an der Wand, hatte den Kopf auf meine rechte Hand gelehnt und stützte diese so mit dem linken Arm ab. Ich war grad, wie die meisten meiner Schüler, mit den Gedanken weit weg gewesen und hatte schon lange nicht mehr zugehört. Das würde mir Tsunade sowieso alles noch mal erzählen. Ich wollte eigentlich nur nicken, aber mir fiel etwas Besseres ein.

„Ja, natürlich. Wir wollen ja nicht, dass irgendjemand verloren geht.“ Dabei sah ich grinsend zu Naruto, der meinen Blick sehr wohl bemerkte.
 

~Naruto~
 

Während der Ansage von Jiraiya hatte ich irgendwann abgeschaltet. Ich wusste nicht mal, dass überhaupt was geplant war. Aber es machte auch keinen Sinn zu zuhören, denn ich würde bestimmt nicht mitkommen können. Ich kam mit meinem Geld gerade so über die Runden. Eigentlich hätte ich mir nicht mal die Kette holen dürfen. Und das Jugendamt würde das bestimmt nicht bezahlen. Bei Sasukes Antwort drehte ich mich langsam zu ihm um. Er sah mir direkt in die Augen und grinste hinterhältig. Mir war dabei gar nicht wohl.

//Wäre vielleicht wirklich besser, wenn ich nicht mitfahre…// Ich würde es mit ziemlicher Sicherheit bereuen. Ich drehte mich wieder nach vorne, da Jiraiya noch mehr sagen wollte.
 

~Sasuke~
 

„Und noch etwas anderes…“, fing Jiraiya wieder an. Er sah zu mir und ich seufzte genervt. Jetzt würde er wieder mit seinem Kinderkram anfangen. Ich ließ mir nicht anmerken, wie sehr mich das nervte und drückte einfach auf den Lichtschalter neben mir. Sofort wurde es stockfinster im Raum. Draußen sah es nicht anders aus. Dann ging ein kleines Licht bei Jiraiya an und alle Schüler schreckten zurück. Nicht verwunderlich bei dem Anblick, der sich ihnen bot. Jiraiya beleuchtete sein Gesicht von unten mit einer Taschenlampe und wollte ihnen wohl so Angst einjagen. Durch das Licht wurden seine Falten betont und er sah echt gruselig aus. Zumindest wenn man Angst vor dem Alter hatte. Ich blickte durch die Reihen. Auch wenn kaum Licht von der Taschenlampe zu den Schülern gelangte, konnte ich sie klar und deutlich sehen. Die meisten hatten sich erschreckt, aber hörten nun zu, nur Shikamaru, der an dem Tisch neben mir saß, pennte schon wieder. Der machte mich noch wahnsinnig, ständig war er am pennen! Ich stieß ihn unsanft an und deutete ihm nach vorne zu sehen. Er war schlau genug das auch zu machen. Also wirklich, so was war mir noch nie unter gekommen. Zu meiner Zeit hätte sich kein Kind auch nur getraut daran zu denken.

„Also, wie sicher schon alle von euch gehört haben, treibt hier ein Serientäter sein Unwesen. Wir sind noch einmal angehalten worden, euch zu belehren.“ Es ging nur ein leises Raunen und Getuschel durch die Klasse. Seit Wochen wurde über nichts anderes mehr geredet. Ich spürte ganz deutlich, wie mich jemand beobachtete und drehte mich zu dieser Person um. Es handelte sich um Naruto, der mich nachdenklich gemustert hatte. Ich erwiderte seinen Blick und stutzte leicht. Ob er mich in Verdacht hatte? Das wäre möglich. Er hatte gesehen, dass ich nicht zimperlich mit meinen Mahlzeiten umging. Grinsend brach ich den, sowieso kurzen Blickkontakt, zwischen uns ab und sah wieder nach vorne.

„Da bei ihm kein offensichtliches Muster zu erkennen ist, außer, dass er auf überwiegend Jugendliche und Frauen fixiert ist, gilt für euch eine Ausgangssperre ab 18:00 Uhr. Nach dieser Zeit dürft ihr nur in Begleitung von mindestens einem Erwachsenen auf die Straße gehen...“ Und so redete er weiter und zu meiner großen Überraschung schienen die meisten tatsächlich zuzuhören und Bammel zu bekommen. Mein Blick fiel wieder auf Naruto. Ich wusste nicht warum, aber aus irgendeinem Grund zog er meinen Blick heute förmlich an. Ich konnte mir nicht helfen, aber es gefiel mir, wie er versuchte sich zu wehren, auch wenn er keine Chance hatte. Zumindest nicht mit diesen abergläubischen Tricks. Er bemerkte nicht, dass ich ihn beobachtete, denn er hörte Jiraiya zu. Der schien ihn ganz schön zu beunruhigen. Naruto saß nervös da, hatte die Arme verschränkt und rieb sich leicht die Oberarme. Er hatte doch wohl nicht Angst? Ungläubig zog ich eine Augenbraue nach oben. Das würde ich heraus finden...
 

~Naruto~
 

„...und darum solltet ihr vorerst nicht mehr alleine rausgehen.“, endete Jiraiya. Ich hatte ihm bis eben gar nicht richtig zugehört. Mir war nicht ganz wohl bei der Sache.

//Es gab viele Opfer und ich bin mir ziemlich sicher, dass Sasuke etwas damit zu tun hat. Es gibt aber eine Sache, die mich stört: Laut den Nachrichten waren die wenigsten der gefundenen Leute blutleer. Sicherlich war das Sasuke.// Ich sah zu ihm rüber, was er auch gleich bemerkte. Kurz erwiderte er meinen Blick, bis er sich grinsend wieder abwand.

//Zumindest macht das Sinn, denn Sasuke hätte sicher Interesse daran, dass sein Treiben unentdeckt bleibt. Aber die misshandelten Leichen der gefunden Jugendlichen, waren immer leicht aufzufinden gewesen, als wolle jemand, dass alle wüssten was er tat. Allerdings würde das bedeuten...// Ich schüttelte leicht den Kopf. Was dachte ich da nur schon wieder für wirres Zeug. Das war doch alles totaler Unsinn.

„Herr Uchiha. Sie können das Licht wieder anmachen. Ich hab alles gesagt, was ich sagen wollte.“, grinste er, wodurch er noch unheimlicher aussah. Er machte das Licht seiner Taschenlampe aus und es wurde wieder stockduster im Zimmer. Man sah kaum die Hand vor Augen. Ich fand das mit der Taschenlampe so doof. Es erinnerte mich irgendwie an Gruselgeschichten erzählen am Lagerfeuer.

//Ich hasse Gruselgeschichten...// Ich begann mich zu wundern, als nach einigen Momenten noch immer nicht das Licht anging. Plötzlich spürte ich zwei Hände auf meinen Schultern und fühlte zusätzlich noch einen warmen Atem an meinem Hals. Mein Herz setzte für eine Sekunde aus und ich schrie erschrocken auf.

„Aaah!!!!“ Ich klang hysterischer, als ich es gern gewollt hatte. Dadurch erschreckte ich auch meine Klassenkameraden, die ebenfalls allesamt anfingen zu schreien. Plötzlich ging das Licht wieder an und Shikamaru stand neben dem Lichtschalter.

„Mann ey. Schreit nicht so rum, ist ja nicht zum aushalten.“, gab er genervt von sich. Einige Momente sah ich ihn überrascht an, drehte mich dann aber schnell zur Seite, um zu sehen wer da hinter mir stand. Ich blickte überrascht in das freundlich lächelnde Gesicht meines Klassenlehrers, der seine Hände noch immer auf meinen Schultern hatte. Sofort bekam ich eine Gänsehaut, dieser Blick machte mir mehr Angst, als jedes böse Grinsen von ihm.

Ich hatte noch schockgeweitete Augen und mein Herz raste wie verrückt als Jiraiya mit einem Mal anfing zu lachen. Kurz darauf dann auch der Rest der Klasse. Ich drehte mich um.

//Mann, das ist nicht lustig! Ich hätte beinah einen Herzinfarkt bekommen!// Hab ich denn wirklich so komisch geguckt, dass sie sich jetzt alle nicht mehr einkriegten? Langsam stieg mir die Wärme ins Gesicht, das war aber auch peinlich! Während alle noch heiter mit lachen beschäftigt waren, beugte sich Sasuke vor und griff um mich herum nach meiner Kette. Er hielt den Anhänger in seiner geöffneten Hand, vor mein Gesicht. Gespannt sah ich zu, aber nichts passierte, gar nichts. Das Kreuz fing weder Feuer oder schmolz, noch wurde Sasukes Hand zu Asche. Nicht mal das geringste Zeichen eines Hautausschlages war zu sehen!

//Was erwarte ich eigentlich. Das hier ist doch kein Hollywood-Film.//

„Was für eine schöne Kette~...“ Er bewegte leicht seine Hand, wodurch der Anhänger wieder funkelte.

„Du solltest so etwas Wertvolles nicht in der Schule tragen...“ Ich reagierte nicht drauf, sah mir einfach nur weiter den Anhänger in seiner Hand an und ärgerte mich innerlich das ganze Geld vergebens ausgegeben zu haben. Was sollte ich denn jetzt machen? Mir blieben doch keine Möglichkeiten mehr. Einen Moment war es still und ich spielte nervös an meiner Jacke rum. Das entging ihm wohl nicht, denn er ließ den Anhänger los, lehnte sich weiter vor und flüsterte mir kalt ins Ohr.

„Hast du jetzt Angst?“ Mir lief es eiskalt den Rücken runter, als sein Atem meinen Hals streifte. Es war keine Frage gewesen, sondern viel eher eine Feststellung und ich konnte sein Grinsen gerade zu raus hören. Natürlich schüttelte ich den Kopf, ganz sicher würde ich ihm diese Genugtuung nicht gönnen. Ich hoffte inständig, dass er wieder gehen würde, doch wurde dieser Wunsch nicht erfüllt. Stattdessen spürte ich plötzlich seine Lippen auf meinem Hals. Dabei hielt er noch immer meine Schultern fest, während er an die Stelle einen Kuss setzte. Sofort begann der Punkt zu kribbeln, was mir eine Gänsehaut verschaffte. Mir wurde warm im Gesicht und noch ehe ich reagieren konnte, lehnte er seinen Kopf auch schon an meinen und redete amüsiert weiter.

„Du bist kein besonders guter Lügner, ich durchschaue dich sofort. Und...“, er machte eine kurze Pause.

„... ehe du noch versuchst mir einen Holzpfahl durch das Herz zu jagen... lass es. Deine Spielereien machen mich durstig...“

Ich sah ihm ungläubig ins Gesicht, wobei er meinen Blick ernst erwiderte. Ich hatte sehr wohl die Drohung herausgehört. Warum merkte eigentlich keiner was hier abging. Ich schielte zu den Anderen rüber, die immer noch wie verrückt am Lachen waren. Mein Blick ging wieder zu Sasuke und ich versuchte ihm selbstbewusst in die Augen zu sehen. Er sollte nicht glauben, ich ließe mich von ihm einfach so einschüchtern. Schon im nächsten Moment lehnte er sich wieder grinsend zurück, ging nach vorne zu Jiraiya und unterhielt sich mit ihm. Allmählich beruhigten sich die Anderen wieder, doch mir ging es übel. Sasukes Worte machten mir Angst und ich bekam Panik. Was sollte ich jetzt tun und wie sollte ich mich verhalten? Er war gegen alles immun, was angeblich Vampire in die Flucht schlug. Er vertrug die Sonne, hatte nichts gegen Knoblauch und Weihwasser und konnte sogar ein Kruzifix aus Silber anfassen. Jetzt hatte ich wirklich ein Problem. Eigentlich blieb dann nur noch das Pfählen und Köpfen übrig, zumindest war es das Einzige, das ich nicht probiert hatte. Aber allein bei dem Gedanken wurde mir übel. Es musste eine andere Möglichkeit geben.
 

Der Rest der Stunde ging schnell zu Ende, das meiste hatte Jiraiya für die Belehrungen gebraucht. Ich hatte sonst erst mal nicht mehr bei Sasuke. Und da war ich echt froh drüber, denn die anderen Lehrer hatten mich nicht so auf der Abschussliste wie er. So konnte ich mich in Ruhe von meinem Schrecken erholen und überlegen, was ich als Nächstes tun könnte. Abgesehen von Sport. Da hatte ich dann doch mal eine Pause eingelegt, nachdem mich der Basketball voll erwischt hatte…

In der Hofpause kam Sakura zu mir. Ich fragte mich schon, was sie von mir wollte, denn sonst sprach sie so gut wie nie mit mir.

„Hey Naruto. Ich soll allen aus der AG sagen, dass wir heute eine Doppelstunde machen.“ „Was? Warum das denn?“ Das durfte doch nicht wahr sein!

„Nächste Woche fällt die AG aus. Ich glaub wegen einer Konferenz, bis dann.“ Ehe ich etwas sagen konnte, war sie auch schon wieder weg.

//Eingebildete Zicke!// Ich drehte mich wieder um und sah aus dem Fenster. Zwei Doppelstunden, und das ausgerechnet mit Sasuke, hatten mir heute noch gefehlt. Dabei bekam ich ein mulmiges Gefühl und das aus gutem Grund. Sasuke war einfach unberechenbar, man wusste nie was er gerade dachte oder vorhatte. Während der Stunde bei Iruka hatte er uns einige Dinge für die nächste Arbeit erklärt, aber ich hörte gar nicht wirklich zu. Obwohl das sicher besser gewesen wäre...

Auch die fünfte und sechste Stunde gingen schneller vorbei als mir lieb war. Warum musste das nur immer so sein, dass die Zeit viel zu schnell verging, wenn man vor etwas Angst hatte. Leider war ich zu keiner Entscheidung gekommen, was ich machen sollte, aber ganz sicher würde ich jetzt nicht zu ihm gehen. Ich war nicht erpicht darauf herauszufinden, ob er seine Drohung wahr machen würde. Allerdings konnte ich auch nicht einfach schwänzen. Damit hätte er noch mehr Angriffsfläche. Wie auch meine Mitschüler packte ich meine Tasche zusammen und folgte ihnen auf den Gang. Ich brauchte eine Ablenkung, ich würde mir einfach einen schönen Nachmittag machen um abzuschalten und dann eine Lösung finden. Auch wenn ich ehrlich gesagt nicht daran glaubte, dass es die gab. Kurz zögerte ich noch, doch dann ging ich mit den meisten mit und verließ das Schulgelände. Ich bemerkte allerdings nicht, dass ich dabei beobachtet wurde...
 

~Sasuke~
 

Ich war gerade auf dem Weg zum Kunstraum. Jetzt müsste ich nur noch diese blöde AG hinter mich bringen und dann endlich Ruhe! Auch wenn ich keine Lust hatte zwei Doppelstunden zu machen, aber es ließ sich nicht vermeiden. Nächste Woche ist die Lehrerkonferenz und diese blöden Bühnenbilder mussten endlich mal fertig werden. Tsunade hätte den Termin wirklich nicht so kurzfristig ansetzen brauchen.

Ich öffnete die Tür und trat in den Kunstraum. Die Meisten arbeiteten schon an den Bühnenbildern weiter und schwatzten munter miteinander. Das war mir nur Recht. Heute schienen sie endlich mal voran zu kommen und ich würde sie sicher nicht davon abhalten. Ich setzte mich an den Schreibtisch, kramte ein paar Hefte, die ich noch zu kontrollieren hatte, aus meiner Tasche und begann mit meiner Arbeit. Es verlief alles fast reibungslos bis auf ein paar kleinere Meinungsverschiedenheiten, doch mir kam es so vor, als hätte ich etwas vergessen. So ging es mir die ganze Doppelstunde über, bis zur Pause. Ich kontrollierte still, wer da war. Und tatsächlich fehlte Naruto. Wie mir das nur entgehen konnte? Ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen. Da hatte ich wohl vorhin übertrieben, als ich ihm ein wenig Angst einjagen wollte. Ich sah auf und fragte in die Runde.

„Weiß jemand wo Naruto ist?“ Die Mädchen sahen sich nur gegenseitig an und zuckten mit den Schultern. Dann meldete sich Sakura zu Wort.

„Ich hab gesehen, wie er das Gelände nach der sechsten Stunde verlassen hat.“ Sie sah mich stolz an, wahrscheinlich freute sie sich die Einzige zu sein, die mir antworten konnte. Mich interessierte das allerdings nicht und ich sah runter ins Klassenbuch.

//Mal sehen... sechste Stunde... da hatte er laut Plan Musik... und er war auch anwesend.// Ich schloss das Buch und ging zur Tür.

„Ihr macht hier ruhig weiter, ich bin nur kurz weg. Sakura, du hast hier die Verantwortung, bis ich wieder da bin.“ Schnell ging ich die Gänge entlang. Ich musste mich etwas beeilen, wenn ich Kurenai noch erwischen wollte, denn sie hatte gleich Feierabend. Naruto hatte sich aber bestimmt nicht bei ihr abgemeldet, sonst hätte sie mir das sicher schon längst mitgeteilt. Beim Lehrerzimmer angekommen betrat ich dieses und traf gerade noch auf Kurenai, die schon vollbepackt mit Tasche und Jacke da stand.

„Kurenai, ich will Sie nicht aufhalten, aber ich muss Sie etwas fragen.“, sagte ich höflich.

„Natürlich.“ Sie lächelte mich leicht an und ich begann zu sprechen.

„Sie hatten vorhin Unterricht in meiner Klasse. Hat sich Naruto entschuldigt, bevor er die Schule verlassen hat?“ Sie überlegte kurz, doch schüttelte dann den Kopf.

„Nein, hat er nicht. Er war heute sowieso sehr still...“, antwortete sie. Ich nickte nur:

„Danke, dass Sie sich Zeit genommen haben.“

„Kein Problem, dann bis morgen.“ Ich schloss die Tür wieder und ging zurück zu meiner Klasse. Ich musste zugeben, ich war etwas wütend. Was sich der Junge erlaubte, war eine bodenlose Frechheit!
 

~Naruto~
 

Eigentlich wollte ich ins Kino gehen, aber ich hatte mich total verlaufen. Das war wieder typisch für mich. Ich hab eine spontane Idee, will die durchsetzen und natürlich geht es wieder schief. Ich lehnte mich an eine Wand und atmete tief durch. Mir taten die Füße weh, vom vielen Rumlaufen. Immerhin schon zweieinhalb Stunden. Die Gegend, in der ich mich befand, wirkte auch nicht wirklich einladend. Alles sah heruntergekommen aus und die Leute schauten auch nicht besonders freundlich. Es wäre sicher nicht klug hier alleine in eine Seitenstraße zu gehen. Etwas weiter weg konnte ich ein leuchtendes Schild mit der Aufschrift “Fallen Leave“ sehen. Es schien sich dabei um eine Bar zu handeln. Ich ging hin, sicher würde ich da jemanden finden, der mir sagen konnte, wo ich mich befand.

Ich trat durch die Tür und staunte nicht schlecht. Dafür, dass es gerade erst kurz nach fünfzehn Uhr war, war hier schon sehr viel los. Überall standen vereinzelte Tische, an denen die Leute Platz genommen hatten und rege miteinander redeten. Das Licht war gedämmt und der Qualm von Dutzenden Zigaretten stieg langsam an die Decke oder verteilte sich im Raum. Ich bekam schon tränende Augen.

//Hier könnte ruhig mal wer ein Fenster aufmachen...// Mir war nicht entgangen, dass ich von den umstehenden Leuten deutlich gemustert wurde, als ich eintrat. Es waren keine angenehmen Blicke, aber die Typen, die mich ansahen, waren es erst recht nicht. Deshalb ging ich schnell weiter an den Tresen und sah mich nach dem Barkeeper um. Der gab gerade jemanden seinen Drink und übergab der Kellnerin ein Tablett, das vollgestellt war mit Getränken. Die Kellnerin kam mir sehr bekannt vor. Braunes Haar, zu zwei festen Knoten zusammen gebunden und sie trug ein chinesisches Outfit. Sie war bestimmt so in meinem Alter. Kurz sah sie mich an und schien mich zu erkennen. Wenn ich nur wüsste, wer sie war.

//Oh weia, hoffentlich geht die nicht auf meine Schule!// Dann kam der Barkeeper auch schnell zu mir. Es handelte sich dabei um einen schon etwas älteren Mann, der sein langes, schon leicht gräuliches Haar zu einem Zopf zusammen gebunden hatte und mich interessiert ansah.

„Wie kann ich dir denn helfen? Bist du überhaupt schon achtzehn?“ Sein Blick blieb an meiner Schuluniform hängen. Ich schüttelte nur den Kopf und sah ihn dann freundlich an.

„Nein, nein. Ich möchte nichts trinken, sondern nach dem Weg fragen. Ich wollte eigentlich ins Kino, allerdings hab ich mich etwas verirrt.“ Ich fuhr mir peinlich berührt durch die Haare. Es war mir wirklich ziemlich peinlich, dass ich noch nicht mal den Weg zurück fand.

„Wow Junge! Da hast du dich aber wirklich dolle verlaufen. Das nächste Kino ist gut ´ne Stunde von hier weg!“ Na toll, wie ich schon sagte: Typisch für mich! Dass das aber auch ausgerechnet mir passieren musste. Ehe der Barkeeper weiter reden konnte, wurde er von einem Mann zu meiner Rechten unterbrochen.

„Da musst du schon in die Richtung gehen.“ Er deutete halbherzig nach links und musterte mich gründlich. Der Mann schien so um die dreißig zu sein, hatte kurzes brünettes Haar und war gut durchtrainiert. Er trug ein enges dunkelrotes Muskelshirt und eine dunkle Hose.

Ich nickte kurz, bedankte mich und wollte gerade wieder raus gehen, als er mich am Arm packte und wieder ran zog.

„Bleib doch noch etwas und setz dich zu mir.“

„Äh... nein, ich muss wirklich los.“ Er zog mich einfach auf einen Hocker neben sich und lächelte mich freundlich an. Er war ganz schön stark.

„Ach komm schon. Ich gebe dir auch einen aus.“ Schon drehte er sich zum Barkeeper und nickte ihm einmal zu. Eine Sekunde später hatte ich einen Drink vor mir stehen und der Kerl neben mir stupste mich leicht in die Seite.

„Na komm schon, da ist nicht viel Alkohol drin.“ Dabei zwinkerte er und prostete mir zu. Ich sah zu dem Getränk vor mir und zögerte kurz. Sollte ich...? Sicher würde eins nicht schaden. Ich nahm das Glas in die Hand und prostete ihm ebenfalls zu. Dann nahm ich einen kleinen Schluck. Das schmeckte wirklich gut, nach Kirsche. Ob da wirklich Alkohol drin war, ich schmeckte überhaupt nichts raus. Ich trank noch einen Schluck, wobei mich der Typ in ein Gespräch verwickelte.
 

~Autorensicht~
 

Sakura währenddessen saß auf ihrem Platz, als ihr Handy vibrierte. Sie kramte es aus ihrer Tasche und las sich schnell die Nachricht durch, die sie erhalten hatte. Ihr Lehrer durfte sie auf keinem Fall dabei erwischen, wie sie in der Stunde mit ihrem Handy hantierte.
 

~SMS Anfang~
 

Hi Sakura sry, aber sagtest du nicht, du hättest heute zwei Doppelstunden? Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass dieser Naruto, über den du immer herziehst, hier in der Bar ist! Wenn du keine Lust auf shoppen gehabt hast, hättest du´s auch einfach sagen können. >-<
 

Tenten
 

~SMS Ende~
 

Sakura sah auf. Das war doch endlich mal eine Chance, richtig Punkte bei ihrem Sensei zu sammeln. Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als die Tür geöffnet wurde.
 

~Sasuke~
 

Ich betrat gerade den Klassenraum, als Sakura mir entgegen kam.

„Sensei! Ich weiß, wo Naruto ist.“, lächelte sie zuckersüß.

„Und wo?“, fragte ich karg und zog eine Augenbraue hoch. Es interessierte mich schon sehr, woher sie das auf einmal wissen wollte.

„Eine Freundin von mir hat ihn in der Bar ihres Vaters gesehen und...“ Sie redete weiter, aber ich hörte gar nicht mehr hin. In einer BAR? Der schwänzte meinen Unterricht um sich zu betrinken?! Allmählich wurde ich richtig wütend. Diese Mätzchen würde ich ihm hundertprozentig austreiben! Rüde unterbrach ich Sakura.

„Und wo ist die?“ Sie blinzelte kurz.

„Äh... am westlichen Stadtrand. Die genaue Adresse weiß ich nicht, aber ich kann sie hinführen.“ Super, genau das, was mir heute noch gefehlt hatte.

„Ja, das wäre gut“ Ich konnte schlecht blind losfahren und ihn wittern war praktisch unmöglich. Ich sah auf meine Armbanduhr. Es war schon kurz vor vier. In zehn Minuten wäre Schluss. Ich drehte mich zur ganzen Klasse, die Meisten musterten mich sowieso schon neugierig.

„Okay, wir sind heute gut voran gekommen. Ihr könnt Feierabend machen. Geht bitte auf direktem Wege nach Hause.“ Sofort machten sich alle daran ihre Sachen einzupacken und gingen los. Sakura kam zu mir gerannt und stellte sich still neben mich hin. Auch Ino stellte sich dazu. Fragend sah ich sie an, aber Sakura beantwortete meine stumme Frage.

„Sensei, könnte sie nicht vielleicht mitkommen? Sie übernachtet heute eh bei mir, weil wir noch ein Projekt zusammen machen...“ Dabei sah sie mich mit einem Blick an, der mich wohl weich kochen sollte. Musste das sein, warum immer ich?

„Meinetwegen.“ Schnell begab ich mich, mit den Beiden im Schlepptau, zu meinem Wagen und fuhr los. Der westliche Stadtrand war dafür bekannt, dass dort lauter Kriminelle und Gesockse ihr Unwesen trieben.
 

~Naruto~
 

Ich saß noch immer auf dem Hocker und mir war schon seit einer Weile schwindelig. Der Kerl neben mir hatte mir die ganze Zeit einen Drink nach dem Anderen ausgegeben. Und das schmeckte so gut, dass ich wenigstens immer wieder daran nippte. Ich liebte Kirsche. Nur jetzt war mir ziemlich duselig. Die ganze Zeit über hatten wir Beide miteinander geredet, über völlig belangloses Zeug. Ich stützte meinen Kopf in meine Hand und strich mir leicht über das Gesicht. Ich war mit einem Mal schrecklich müde. Plötzlich spürte ich ein leichtes Gewicht auf meinem rechten Oberschenkel. Ich sah zu der Stelle und in mir breitete sich Panik aus. Der Kerl hatte seine Hand auf meinen Oberschenkel gelegt und strich immer wieder auf und ab.

„Lasch dasss!“ Sofort schlug ich seine Hand weg und sah ihn strafend an. Der allerdings grinste mich nur dreckig an.

„Jetzt sei nicht so, immerhin hab ich dich doch eingeladen.“ Er packte meine Hand und leckte mir über die Fingerspitzen. Mit der Anderen fasste er wieder an mein Bein und strich immer weiter nach oben. Ich sah mich panisch um, aber niemanden hier schien es zu interessieren, was dieser Kerl tat. Es war eine selten dumme Idee gewesen, hier zu bleiben. Ich sammelte alles, was von meinem vernebelten Verstand noch übrig war, holte mit der linken Hand weit aus und knallte ihm gehörig eine. Alle drehten sich zu uns um, einige grinsten sogar hämisch. Auf der Stelle ließ er von mir ab, hielt sich die rote Wange und sah mich überrumpelt an. Ich würdigte ihn aber keines Blickes mehr und stand schwankend auf. Im Stehen drehte sich alles sogar noch mehr. Ich musste mich am Hocker festhalten, um nicht gleich wieder umzukippen. Ein starker Ruck zog mich wieder zurück und ich lehnte leicht am Tresen. Der Kerl blickte mich jetzt ärgerlich an und hielt mich fast schon schmerzhaft am Arm fest.

„Ich mag es zwar grob, aber wag es ja nicht noch einmal!“ Er grinste mich unheilvoll an.

„Du sollst misch los laschen!“ Ich wollte ihn abwehren, da er mir immer näher kam, aber war das in meinem jetzigen Zustand unmöglich. Es war mir kaum möglich mich auf den Beinen zu halten.
 

~Sasuke~
 

Quietschend kam mein Auto zum Stillstand. Ich parkte direkt vor der Bar, zu der mich Sakura geführt hatte. Sie saß direkt neben mir und fummelte nerviger Weise an ihren Fingern rum. Echt ätzend. Ino saß hinten. Die umstehenden Passanten gafften mich an, was mich nicht verwunderte. So ein luxuriöses Auto, wie meines, sah man in dieser Ecke sicherlich nicht oft. Ich drehte mich zu den Beiden um.

„Bleibt ja hier im Auto sitzen, verstanden?“ Sie nickten und ich stieg aus. Es war schon dunkel. Keine Überraschung bei der Jahreszeit. Ich schloss das Auto über die Zentralverriegelung ab und ging rein.

Es stank fürchterlich hier drinnen, nach Alkohol und verbrauchter Luft. Aber vor allem nach Zigarettenqualm. Ich ignorierte die irritierten Blicke der umstehenden Leute und sah mich um. Es wunderte mich schon, dass Naruto hier sein sollte, er machte nicht den Eindruck so jemand zu sein. Kurz sah ich durch den Raum. Überall war Qualm, die meisten redeten miteinander oder spielten Karten. Plötzlich nahm ich einen bekannten Geruch war und sah zum Tresen. Endlich wurde ich fündig. Dort stand er, zusammen mit einem übermächtig wirkenden Kerl, der ihn gerade ziemlich bedrängte. Natürlich war er in Schwierigkeiten. Die schien er geradezu magisch anzuziehen. Ich ging zu den Beiden hin, fasste den Typen an der Schulter und stieß ihn unsanft von Naruto weg. Der schwankte kurz, versuchte sich ungeschickt am Tresen festzuhalten, kippte aber doch zur Seite weg. Flink fing ich ihn auf und nahm seinen Geruch war. Jetzt aus der Nähe roch ich, dass er total betrunken war. Selbst ein Blinder hätte das gesehen. Er hielt sich leicht an meiner Lederjacke fest, versuchte sich wieder aufzurichten und sah zu mir hoch. Kurz blinzelte er verwirrt, als er mit einem Mal breit grinste.

„Hey Schensei! Wie komm´ Schie denn her?“ Oh je, der war echt zu. Er realisierte nicht mal mehr richtig, wer ihn hier gerade stützte. Keine Spur von Angst lag in seinen Augen und ich musste zugeben, das sah wirklich betörend aus. Leider wurde ich von diesem Anblick abgelenkt, als dieser Kerl dazwischen rief.

„Ey Bursche! Für wen hältst du dich eigentlich? Such dir gefälligst selber was!“ Er holte aus und wollte mich gerade schlagen, doch ich fing seine Faust mit der rechten Hand ab und drehte ihm den Arm auf den Rücken. Er schrie schmerzhaft auf und einige der umstehenden Gäste standen erschrocken auf. Ich lehnte mich zu seinem Ohr vor.

„Du solltest mir dankbar sein. Unzucht mit einem minderjährigen Jungen und Verleitung Minderjähriger zum Alkoholgenuss sind schwere Straftaten.“ Ich gab ihm einen starken Schubs und er landete alle Viere von sich gestreckt auf dem Boden. Naruto stand teilnahmslos neben mir, lehnte seinen Kopf an meine Schulter und hatte seine Augen geschlossen. Er hielt sich noch immer an meiner Jacke fest und schwankte leicht. Würde ich ihn nicht stützen, wäre er auf der Stelle umgekippt.

Ich sah auf. Der Kerl hatte sich wieder aufgerappelt. Ich setzte Naruto auf einen der Hocker neben mir und lehnte ihn auf den Tresen, damit er nicht runter fiel.

„Lass das mal meine Sorge sein!“, sagte er wütend und stürzte sich auf mich. Erneut holte er zum Schlag aus und ich wich gekonnt aus. Es war einfach unter meiner Würde mich mit einem Menschen zu prügeln. Noch dazu war der auch noch betrunken. Besagter Mensch stolperte an mir vorbei, wobei er zwei andere Männer mitriss und anschließend auf einem Tisch landete, der durch das Gewicht zusammen brach. Die Runde an dem Tisch sprang erschrocken auf und sah ihn wütend an. Und plötzlich war hier die Hölle los. Die umgehauenen Männer standen wütend auf und stürzten sich auf diesen Idioten am Boden. Und mit einem Mal herrschte hier drinnen eine Massenschlägerei! Kaum einer achtete noch auf uns. Lieber prügelten sich alle ohne ersichtlichen Grund miteinander. Wie schön zu wissen, dass es Dinge gab, die sich nie änderten.

Ich schnappte mir schnell Naruto, wohl etwas zu ruppig, denn er kam stark ins Straucheln. Wir hatten gerade die Hälfte des Raumes durchquert, waren umher fliegenden Stühlen und Leuten ausgewichen, als sich Naruto zu Wort meldete.

„M-mir ischt schlecht...“ Oh nein, nicht das auch noch!

„Warte noch, wir-“ Da war es schon zu spät. Naruto hatte sich von mir losgerissen, war in eine nahegelegene Ecke gerannt und hatte sich übergeben. Er stützte sich an der Wand ab und hielt sich den Bauch. Na super! Niemand bekam etwas davon mit, da sie viel zu sehr damit beschäftigt waren, sich gegenseitig den Kopf einzuschlagen. Ich schnappte mir wieder Naruto und zog ihn aus der Bar raus. Noch immer hielt er sich den Bauch und würgte etwas. Da würde sicher noch etwas kommen. Schnell zog ich ihn an die frische Luft, direkt zu ein paar Büschen in der Nähe. Sofort lehnte er sich vor und übergab sich erneut. Ich strich ihm über den Rücken, damit er nicht das Atmen vergaß und hielt ihn am Arm fest.

Nach einigen Minuten hatte er sich beruhigt und zitterte am ganzen Körper. Es war wohl kühl geworden, das hatte ich überhaupt nicht bemerkt. Für mich waren das nur unwesentliche Temperaturunterschiede. Ich zog meine Lederjacke aus und legte sie Naruto um die Schultern. Dieser hustete noch hin und wieder, hatte sich aber größtenteils wieder beruhigt. Er zog die Jacke ganz an und atmete ein paar male tief durch.

„Komm jetzt, Naruto. Ich bring dich nach Hause.“ Ich nahm ihn am Arm und wollte ihn mitziehen, doch riss er sich los. Genervt sah ich ihn an.

„Nein, i-isch komm nich mit... bin doch nich lebensssmüde…“ Ich hatte genug von diesem Theater! Blitzschnell legte ich meinen Arm um Narutos Bauch und schmiss ihn mir über die Schulter. Er zappelte und strampelte, aber das half ihm nicht im Geringsten.

„Ich will runter!“ Er schlug mir mit den Fäusten auf den Rücken, hörte aber sehr schnell wieder damit auf. Es schien ihm noch nicht viel besser zu gehen. Ich schloss das Auto, das nicht weit von uns entfernt war, auf und öffnete die Beifahrertür.

„Sakura, sei bitte so freundlich und setze dich zu Ino nach hinten.“ Lächelnd nickte sie und tat worum ich sie bat. Naruto machte, zu meiner Erleichterung, keine weiteren Fluchtversuche und ließ sich einfach hinsetzen und anschnallen. Ich startete den Motor und fuhr los.
 

~Naruto~
 

Während der Fahrt sah ich die ganze Zeit aus dem Fenster, hatte den Kopf an die Scheibe gelehnt und die Hände auf meinen Bauch gelegt. Mir war immer noch übel, weswegen ich weiter tief ein- und ausatmete. Ich hörte wie Sasuke redete.

„Habt ihr etwas dagegen, wenn ich das Verdeck öffne?“

„Nein, ganz und gar nicht.“ Selbst wenn, sie hätten es ihm bestimmt nicht gesagt. Sasuke öffnete das Verdeck und mir wehte frischer Fahrtwind durch das Haar und ins Gesicht. Das tat unglaublich gut. Ich ließ mich tiefer in den Sitz sinken und kuschelte mich in den Kragen von Sasuke Lederjacke, die so wunderbar nach ihm roch. Er hatte das Radio angemacht und es war leise Musik zu hören.

In der Bar hatte ich mich kaum noch unter Kontrolle. Ich wüsste zu gern, was er mir da zu trinken gegeben hatte, denn mir ging es echt übel. Als Sasuke aufgetaucht war, konnte ich mir nicht helfen, ich freute mich, war fast schon erleichtert, dass er gekommen war. Ich war mir ganz sicher, dass mir nichts mehr passieren konnte, aber als wir dann draußen standen, nur wir Beide, da bekam ich Angst. Hätte er versucht mich zu beißen, wäre ich nicht in der Lage gewesen, mich zu wehren. Ich wunderte mich, warum auch Sakura hier war. Sonst fuhr er doch auch niemanden mit rum und woher wusste er eigentlich, dass ich hier war? Während ich so vor mich hingrübelte wurden meine Augen immer schwerer. Die vorbeiziehenden Lichter der Stadt sahen bei Nacht so wunderschön aus. Die frische Luft und die Wärme von Sasukes Jacke sorgten dafür, dass ich mich wohler fühlte. Kurzzeitig nickte ich sogar weg, wurde aber immer wieder von den beiden Mädchen geweckt, die zu den Liedern sangen. Das war schlimmer als jede Folter. Seltsamer Weise schien es Sasuke nichts auszumachen, denn er sah ungerührt auf die Straße. Nachdem sie mich zum fünften Mal damit geweckt hatten, seufzte ich gequält auf, was die Beiden wohl missverstanden.

„Hast du etwas gegen unseren Gesang einzuwenden??“ Sakura hatte einen bedrohlichen Ton angesetzt, aber ich hatte keine Angst. Ich wusste nicht woran es lag, aber ich drehte mich um und antwortete ihr, wenn auch noch etwas benebelt.

„Hör mal, isch bin betrunken, aber isch kann noch gut zwissschen Gessang und phi...physo... phytzo... körperlicher Grausamkeit unterscheiden.“ Sie hatten wohl Beide nicht damit gerechnet, dass ich ihnen Paroli bieten würde. Ich drehte mich wieder nach vorne und konnte kurz sehen, dass Sasuke grinste.

Nach einer viertel Stunde hielten wir bei Sakuras Haus an, was ich zuerst gar nicht wirklich bemerkt hatte, da ich wieder eingeschlafen war. Es wunderte mich, dass wir zuerst hierher kamen, denn ich wohnte viel näher als Sakura. Ich sah fragend zu Sasuke, genau wie auch Sakura und Ino.
 

~Sasuke~
 

„Sensei? Warum-“ Wieder unterbrach ich Sakura.

„Ich werde Naruto nicht alleine bei sich daheim lassen. Er wird heute bei mir übernachten. Und jetzt steigt aus und macht euch ein schönes Wochenende.“ Ich konnte es wirklich nicht verantworten ihn heute alleine zu lassen. Ich wusste nicht wie viel er getrunken hatte und ob ihm der Kerl nicht vielleicht sogar etwas dazu gemischt hatte. Die beiden nickten enttäuscht, schienen es aber zu verstehen. Nur Naruto sah mich geschockt an. Seine Augen hatte er weit aufgerissen. Bei dem Anblick fiel es mir schwer nicht zu grinsen. Die Beiden sprangen hinten über den Rand des Autos, da das Verdeck noch unten war. Ino betrat bereits das Haus. Sakura verabschiedete sich, doch plötzlich griff Naruto nach ihrer Hand.
 

~Naruto~
 

Mir blieb fast das Herz stehen, als Sasuke das wirklich sagte. Das durfte nicht sein Ernst sein, ich würde ganz bestimmt nicht bei ihm bleiben! Ich sah mich um, ich musste irgendwie hier weg. Ohne groß nachzudenken, griff ich nach Sakuras Arm und hielt sie fest. Ich krallte mich fast schon an sie und bettelte.

„Bitte Sakura! Lass mich nicht alleine. Er ist ein Vampir und wenn du weg bist, wird er mich töten!“ Im Nachhinein bereute ich es, das gesagt zu haben, aber ich wusste mir keinen anderen Ausweg.

Sie legte ihre Hand auf meine und versuchte sich zu befreien, was sie auch schnell schaffte. Dann packte sie mich am Kragen und rüttelte mich durch.

„Mann Naruto! Du bist total betrunken, du weißt ja noch nicht einmal mehr, was du da sagst, du Blödmann!“ Dabei merkte ich erst gar nicht, wie Sasuke wieder das Verdeck schloss. Ich versuchte mich wieder von ihr zu befreien, denn ich hatte Angst, dass ich mich gleich wieder übergeben müsste. Plötzlich kam Sasukes Hand dazu und löste Sakuras von meinem Kragen.

„Wie du siehst, sollte er sich möglichst schnell hinlegen.“ Er lehnte sich zu mir vor, um Sakura ins Gesicht zu lächeln. Das machte mir Angst. Sakura kicherte kurz und verabschiedete sich dann. Ich rief ihr hinterher, aber sie reagierte nicht. Ich wollte aussteigen, aber die Zentralverriegelung war aktiviert, also versuchte ich durch das Fenster abzuhauen. Doch Sasuke zog mich wieder zurück und schloss es. Sakura war noch nicht drinnen, noch könnte sie mich sehen. So dolle ich nur konnte, haute ich gegen die Scheibe und rief nach Sakura. Doch sie hörte nicht und Sasuke fuhr los.

„ICH WILL HIER RAUS!!“ Ich hatte Angst, schreckliche Angst. Ich wollte einfach noch nicht sterben und vor allem nicht so! Die ersten Tränen sammelten sich in meinen Augen und flossen, begleitet von einzelnen Schluchzern, meine Wangen herab. Ich zitterte und bekam Panik.

„Du sollst mich raus lassen!“, schrie ich immer wieder. Umso größer wurde meine Panik als der Wagen an einer dunklen Stelle anhielt, ich auf einmal grob an der Schulter gepackt und herum gedreht wurde. Sasuke drückte mich gegen die Beifahrertür und sah mir tief in die Augen. Ich blickte wieder in dieses blutrote Augenpaar, das mich sogar schon bis in meine Träume verfolgt hatte. Er beugte sich vor und zischte mir bedrohlich zu.

„Wenn dir dein erbärmliches Leben lieb ist, solltest du endlich deine Klappe halten. Ich werde dir nichts tun, solange du das machst, was ich dir sage, verstanden?“ Ich erwiderte standhaft seinen Blick.

„Das... das heißt du... wirst mich nicht beißen?“ Sasuke fuhr wieder los und sah auf die Straße.

„Nein, dein Blut wäre im Moment das Letzte, was ich brauche.“ Sicher meinte er, dass ich betrunken war. Ich hätte nicht gedacht, dass ihn das wirklich beeinflussen würde. Ich nahm es einfach so hin. Jetzt wo ich darüber nachdachte, machte es auch wenig Sinn, mich zu töten. Sakura und Ino wussten, dass ich bei ihm war. Er würde sein Wort halten, da war ich mir sicher. Ich lehnte mich wieder zurück und sah aus dem Fenster. Allmählich beruhigte ich mich wieder und schaute mir wieder die Stadtlichter an. Nach ein paar Minuten holte mich wieder die Müdigkeit ein und ich schlief dieses Mal tief und fest ein.
 

~Sasuke~
 

Nach ungefähr fünf Minuten hörte ich Narutos gleichmäßigen Atem, was für mich bedeutete, dass er eingeschlafen war. Nach weiteren zwanzig Minuten hielt ich an. Wir hatten meine Wohnung erreicht. Ich stieg aus, ging um mein Auto rum und öffnete die Beifahrertür. Naruto schlief noch immer friedlich und ich sah einen Moment in sein entspanntes Gesicht.

Ich schnallte ihn ab und trug ihn in den Wohnblock. Ich wohnte schon in einem der besseren Viertel, obwohl ich es von früher doch noch besser gewohnt war. Im dreizehnten Stockwerk schaffte ich es dann irgendwie die Wohnungstür zu öffnen und trat ein. Es lohnte sich nicht, extra das Licht anzumachen, so zog ich mir, mit Naruto im Arm, die Schuhe aus und legte ihn im Wohnzimmer auf das Sofa. Eines der Sofakissen legte ich ihm noch unter den Kopf und deckte ihn mit einer Wolldecke zu. Ich setzte mich dazu und sah zu Naruto. Eine Strähne hing ihm ins Gesicht. Vorsichtig strich ich sie ihm hinters Ohr, wobei ich seine Haut berührte. Sie war schön weich und etwas erhitzt. Immer wieder strich ich über seine Wange und sein Haar, fühlte die Wärme, fast wie damals im Krankenzimmer. Dabei sah ich ihm ins Gesicht, doch dann stoppte ich. Was tat ich hier eigentlich?! Was hatte dieser Junge nur, dass ich mich so gehen ließ? Ich musste ihn bald loswerden, sonst würde das noch schlimme Folgen haben.
 

Ende Kapitel 8

… a hangover

~Naruto~
 

Alles war dunkel, aber warm und angenehm weich. Ich fühlte mich ganz leicht und kuschelte mich tiefer in die mollige Decke. Mir schien die Sonne ins Gesicht und ich legte mir einen Arm über die Augen. Ich wollte einfach noch nicht aufwachen, es war einfach viel zu schön. Deshalb drehte ich mich auf die Seite, konnte aber leider nicht mehr einschlafen. Ruhig döste ich vor mich hin. Etwas störte mich aber an dieser Ruhe. In meiner Wohnung hörte ich für gewöhnlich ständig etwas. Knarrende Balken, Schritte vom Flur oder die Stimmen aus der Nachbarwohnung. Aber hier war es still und es roch anders als daheim. Dennoch kam mir der Duft bekannt vor. Das machte mich dann doch stutzig und ich öffnete widerwillig die Augen. Ich musste ein paar Mal blinzeln, da mich das Licht blendete, und richtete mich dann langsam auf. Das bereute ich jedoch wieder. Langsam griff ich mir an den schmerzenden Kopf. Jetzt, wo ich nicht mehr still lag, spürte ich die hämmernden Kopfschmerzen und das leichte Schwindelgefühl. Einige Male atmete ich tief durch, doch leider half das nicht.

Ich saß auf einer schwarzen Eckcouch, auf der vereinzelt weiße Kissen verteilt waren. Neben mir stand ein ebenfalls schwarzer Tisch und genau mir gegenüber war eine dunkle Kommode, auf der ein großer schwarzer Flachbildschirm stand. Das Alles befand sich in einer kleinen Nische. Wo war ich hier nur und wie war ich hierhergekommen? In Gedanken ließ ich den Vortag noch einmal Revue passieren. Dabei fiel mein Blick erneut auf den Tisch. Dort stand ein Glas mit Wasser, das mir erst gar nicht aufgefallen war. Eine Packung mit Aspirin lag daneben. Ich nahm mir zuerst die Packung und schluckte eine Tablette. Schnell trank ich dann noch etwas Wasser hinterher. Dabei strich ich mir verschlafen durch das Haar. Langsam stand ich auf und stützte mich dabei vorsichtig auf der Couch ab. Mir dröhnte der Schädel! Die Umgebung verschwamm noch leicht vor meinen Augen. Ich ging ein paar Schritte, aber es wurde nicht besser. Mein Kreislauf wollte nicht wirklich in Gang kommen.

Während ich weiter ging, fiel mir auf, dass ich gar keine Schuhe an hatte. Irgendwer musste sie mir gestern noch ausgezogen haben. Meine Schuluniform hatte ich noch an, aber ich konnte mir nicht erklären woher ich diese Lederjacke hatte. Sie kam mir sehr bekannt vor. Ich sah mich wieder um. Links war ein Flur mit zwei Türen. Direkt vor mir stand ein rechteckiger Tisch mit Stühlen, dahinter eine Doppeltür aus Glas, die auf den Balkon führte. Rechts von mir stand ein großer Flügel, der fast die gesamte Wand dort einnahm. Eine Treppe, die nach oben führte, befand sich gleich dahinter. Ich konnte von hier aus rauf sehen. Die zweite Etage zog sich nur halb über die Decke, sodass man, wenn man oben stand, die halbe Wohnung überblicken konnte. In diesem Moment hörte ich ein Geräusch von oben. Es klang wie das Geraschel von Papier. Langsam stieg ich die Stufen nach oben und hielt mich dabei am Geländer fest, um nicht runter zu fallen. Ich sah dabei nach links und schaute mir die Wohnung an. Von hier aus sah sie noch beeindruckender aus. Das Erste hier oben, dass mir auffiel, war das große Fenster zu meiner Rechten. Es ging vom Boden bis zur Decke und war halbrund. Die Sonne schien hindurch und erleuchtete somit diesen Teil der Wohnung. Eigentlich schön, nur fehlten für meinen Geschmack noch ein paar Pflanzen. Weiter vor mir stand ein großes Bett, in dem gut drei Leute Platz gefunden hätten. Es stand etwas versetzt zur Wand, sodass das Fußende in Richtung der Wohnung zeigte. Ich ging etwas vor, um mehr sehen zu können und mir blieb fast das Herz stehen. An einem großen, teuer aussehenden, Schreibtisch saß Sasuke, der gerade in einige Papiere vertieft war. Wahrscheinlich irgendwelche Tests. Er hatte mir den Rücken zugewandt und arbeitete still vor sich hin. Ganz langsam und leise schlich ich rückwärts. Er hatte mich bestimmt noch nicht bemerkt und wenn dem so war, hatte ich noch eine Chance zu entkommen. Er reagierte noch immer nicht, also drehte ich mich um und schlich auf Zehnspitzen weiter.

„Endlich von den Toten auferstanden?“ Ertappt blieb ich stehen und schloss gequält die Augen. Dann drehte ich den Kopf in seine Richtung und erschrak erneut. Er stand auf einmal direkt hinter mir und sah emotionslos zu mir herab. Ich zuckte etwas zurück, erwiderte aber stumm seinen Blick und nickte zögerlich. Seine Augen waren schwarz, also musste ich mir wohl erst mal keine Sorgen machen. Was war nur passiert, dass ich hier gelandet war? Ich hatte einen totalen Filmriss. Das Letzte, an das ich mich noch erinnern konnte, war, dass ich am Tresen stand und mit irgendeinem Typen über die Schule geredet hatte. Danach verschwamm alles, dabei hatte ich doch nur ein paar Drinks gehabt. Meine Aufmerksamkeit wurde wieder auf Sasuke gezogen, als dieser auf einmal seinen Zeige- und Mittelfinger an meinen Hals legte. Ich blieb unsicher stehen, wegrennen hätte auch nichts gebracht, so wie es in meinem Kopf hämmerte. Dennoch behielt ich ihn im Auge.
 

~Sasuke~
 

Ich hatte schon gemerkt, dass Naruto aufgewacht war, als er eine der Tabletten nahm, die ich ihm hingelegt hatte. Seine schwerfälligen und langsamen Schritte ließen die Vermutung zu, dass er wohl einen ziemlichen Kater bekommen hatte.

Ich sah ihn still an. Er blieb erstaunlich ruhig dafür, dass ich direkt hinter ihm stand. Ganz anders als sonst. Ich konnte seinen Puls deutlich hören, dennoch legte ich Mittel- und Zeigefinger an seinen Hals, um meinen Verdacht zu bestätigen. Sehr niedriger Blutdruck... Wahrscheinlich war ihm doch etwas ins Getränk gemischt worden. Dieser Idiot, wie konnte man nur so dämlich sein und einem Wildfremden vertrauen? Da brauchte man sich natürlich nicht wundern, dass er so gelassen war.

„Was ist passiert?“ Fragend sah er mich an. Ich nahm meine Hand wieder weg und verschränkte die Arme.

„Filmriss, hm? Du hast es gestern nicht für nötig gehalten, zu meinem Unterricht zu kommen und hast dich stattdessen lieber in einer Bar abfüllen lassen.“ Ich gab zu, ich war beleidigt. So etwas hatte sich noch keiner meiner Schüler getraut. Er sah mich verwirrt an, aber ich ging einfach an ihm vorbei. An der Treppe drehte ich mich wieder um.

„Jetzt komm mit.“
 

~Naruto~
 

Ich wusste nicht, was er von mir wollte, aber er war irgendwie anders als sonst. Es war nicht dieser herablassende, gleichgültige Blick wie immer. Er sah mich abschätzend an, fast so als würde er etwas an mir suchen. Doch dann ging er weiter.

„A-also eigentlich wollte ich ja ins Kino.“ Da wäre ich doch nie hingegangen, wenn es sich hätte vermeiden lassen.

„Und trotzdem hast du dich abfüllen lassen.“ Eingeschnappt sah ich ihn an. Wie hätte ich das denn ahnen sollen. Was wäre das denn für eine Welt, wenn man von seinen Mitmenschen immer nur das Schlechteste erwarten würde? Ich ließ es auf sich beruhen und folgte ihm, auch wenn ich lieber die Flucht ergriffen hätte.

Wir gingen die Treppe runter und ich folgte ihm in die Küche, die sich gleich neben der Glastür zum Balkon befand. Sie sah echt wunderbar aus! Nicht zu vergleichen mit meiner kleinen Kochnische. Wenn man den Raum betrat, war rechts von einem ein Fenster. Davor stand ein kleiner Tisch, an dem zwei Personen Platz nehmen konnten. In der linken Hälfte des Raumes waren einige Anrichten und Regale, die Spüle, der Kühlschrank, der Herd und eine Spülmaschine angeordnet. Als Arbeitsfläche war vor den Schränken noch eine lange Theke, auf der man alles Mögliche abstellen konnte. Im Moment war sie jedoch so gut wie leer. Die gesamte Küche war in schwarz und dunklen Weinrot gehalten. Ich musste zugeben, das sah wirklich heiß aus. So sauber wie es war, wurde hier bestimmt nicht oft gekocht, wenn nicht sogar gar nicht. Aber wie auch im Rest der Wohnung fand ich, dass hier Pflanzen fehlten.

Sasuke ging zum Kühlschrank und nahm eine Flasche raus, die er mir auch gleich reichte. Etwas zögerlich nahm ich sie an, stand aber weiterhin nur da. Er drehte mit den Augen und sah mich genervt an.

„Das ist nur Wasser. Trink etwas, dann wird es dir besser gehen.“ Wahrscheinlich wäre es schlauer nicht das zu tun war er wollte, aber jetzt, wo ich die Flasche in der Hand hielt, verspürte ich einen riesigen Durst. Außerdem war der Verschluss unberührt. Ich tat was er verlangte. Während ich einige kräftige Züge nahm, verließ er die Küche wieder und ließ mich hier zurück. Ich sah mich weiter um. Auf der Theke lag eine aufgerissene Tüte mit Toast. Jetzt wo ich sie sah bekam ich Hunger. Immerhin hatte ich ja schon seit gestern Mittag nichts mehr gegessen. Ich schnappte mir eine Scheibe und setzte mich auf einen der Stühle. Nach einer Minute fragte ich mich aber doch, wo er blieb und folgte ihm. Sasuke stand am anderen Ende des Raumes, beim Klavier um genau zu sein, und telefonierte. Unsicher blieb ich beim Türrahmen stehen und schaute ihm zu, während ich an meinem Toast knabberte. Verstehen konnte ich ihn von hier aus nicht. Nach ein paar Minuten beendete er das Gespräch und schloss das Handy. Als er zu mir sah blickte ich schnell weg. Aus irgendeinem Grund konnte ich ihm nicht in die Augen sehen, mir war das ganze hier ziemlich peinlich. Jetzt, wo er es mir gesagt hatte, fiel mir allmählich wieder ein, was gestern passiert war. Innerlich hätte ich mir am Liebsten eine gescheuert. Ich wollte vor Sasuke fliehen und hatte damit im Endeffekt nur bewirkt, dass ich jetzt mit ihm alleine war.

„Naruto...“ Wieder stand er vor mir, nur das ich mich dieses Mal nicht erschreckte. Langsam sah ich zu ihm hoch. Er legte eine Hand hinter meine Schulter und schob mich dann in den Flur mit den zwei Türen. Bei der hintersten Tür blieb er stehen und öffnete sie. Es stellte sich als das Badezimmer heraus. Was sollte ich denn hier? Ehe ich diese Frage aussprechen konnte, schob er mich schon rein und kramte in einem der Schränke. Das Badezimmer war echt super. Aber wenn man an den Rest der Wohnung dachte, erwartete man auch nichts anderes mehr. Ich stellte die Flasche ab und sah mich hier um. Die Fließen waren in einem dunklen grün gehalten, wodurch das Badezimmer warm wirkte. Gleich rechts neben der Tür stand ein breites Waschbecken mit einem großen Spiegel, der fast die gesamte Wand einnahm. An der rechten Wand stand die Toilette und in der Ecke eine Dusche. In der linken Ecke des Raumes war eine rechteckige Badewanne und daneben eine Heizung. Das breite Waschbecken, die Toilette, die Dusche und die Badewanne waren aus schwarzem Marmor. In der Mitte des Raumes lag ein runder, roter Teppich, der in diesem Zimmer richtig auffiel.

Sasuke drückte mir plötzlich ein paar Handtücher in die Hand.

„Geh duschen, Iruka kommt in einer Stunde.“

„Du hast es ihm erzählt? Wieso das denn??“ Ich verstand nicht, warum er das getan hatte. Ich würde Probleme bekommen, wenn das das Jugendamt erfahren würde! Sein Blick änderte sich, er schaute irgendwie überrascht. Zuerst war mir gar nicht bewusst gewesen weshalb, doch dann fiel es mir auf. Ich hatte ihn einfach so geduzt, aber er sagte nichts. Stattdessen normalisierte sich sein Ausdruck wieder und er sprach einfach weiter.

„Natürlich, das war notwendig. Sakura und Ino waren auch dabei und wenn sie sich verplappern, könntest du von der Schule fliegen und ich wahrscheinlich auch noch meine Arbeit verlieren. So hab ich wenigstens meinen Job gerettet.“ Er setzte ein fieses Grinsen auf, worauf ich ihn finster anschaute.

„Deine Selbstlosigkeit ist wirklich überwältigend.“ Sasuke lachte erheitert auf und legte seine Hand auf meinen Kopf. Erstaunt sah ich ihn an, als er dabei auch noch begann mir durch das Haar zu wuscheln.

„So bin ich eben.“ Er ging lachend an mir vorbei, in Richtung der Tür, blieb dann aber noch einmal stehen und drehte sich zu mir. Sein Lachen hatte aufgehört, aber er grinste noch immer, auch wenn es ein wenig verschlagen wirkte.

„Mach den Mund wieder zu. Zieh dich lieber aus und geh duschen. Es sei denn...“ Er kam auf mich zu geschritten, wieder mit seinem selbstgefälligen Auftreten, und legte die Hände an den Kragen der Lederjacke, die ich trug. Er beugte sich vor, sah mir in die Augen und raunte mir grinsend ins Ohr:

„Es sei denn, du brauchst Hilfe dabei.“ Dabei zog er mir die Lederjacke von den Schultern. Ich konnte gar nicht fassen, was ich da hörte! Sofort sprang ich einen Schritt zurück und sah ihn entsetzt an.

„Äh... Was?! Nein! Auf gar keinen Fall, du Idiot!“ Mir wurde ganz schrecklich heiß im Gesicht. Dabei fiel mir noch nicht einmal auf, wie ich gerade meinen Klassenlehrer tituliert hatte. Den schien das aber gerade nicht zu interessieren, denn er lächelte siegessicher. Schnell zog ich mir die Jacke wieder über die Schultern und hielt sie mir zu. Was erlaubte der sich eigentlich? Grinsend winkte er ab und ging zur Tür. Dort blieb er noch einmal stehen und drehte sich zu mir.

„Dann beeil dich. Du hast noch fünfundfünfzig Minuten.“ Dann griff er zum Schloss der Tür und zog den Schlüssel heraus. Er hielt ihn grinsend hoch und verließ dann das Bad. Ich sah ihm ungläubig nach, bevor ich mich daran machte die fallengelassenen Handtücher wieder aufzuheben und mich auszuziehen.

Schnell stieg ich in die Dusche und stellte das warme Wasser an. Es tat wirklich gut und machte sogar Spaß hier zu duschen. Die Kacheln an der Wand waren ebenfalls dunkelgrün, wobei einige ein schwarzes Pflanzenmuster hatten, das sich über die Wand schlängelte. Der Boden hatte dieselbe Farbe und hier drinnen war so viel Platz, dass noch locker zwei Personen reingepasst hätten. In meiner kleinen Dusche hatte grade mal ich Platz und da wurde ich auch noch von meinem Duschvorhand belästigt, der mir ständig an den Beinen kleben blieb. Aber das machte mir nichts. Eines Tages würde ich ein wunderbares Leben führen, davon war ich fest überzeugt. Mit einer schönen Wohnung, echten Freunden, einem Job, der mir Spaß machte und vielleicht sogar einer Familie. Da war ich mir ganz sicher. Und im Moment reichte meine jetzige Wohnung vollkommen aus.

Ich sah mich nach einem Shampoo oder einem Duschgel um und wurde auch schnell fündig. Allerdings zögerte ich, denn ich wusste nicht, ob es Sasuke recht war, dass ich sein Shampoo benutzte. Heute war er sowieso sehr komisch. Sicherlich nicht offensichtlich, aber er sah mich ganz anders an als sonst. Worüber ich mich auch sehr wunderte war, dass er nicht wütend wurde, weil ich gestern geschwänzt hatte. Nach kurzer Überlegung nahm ich mir die Flasche, die neben mir stand, dann doch und roch daran. Ich hätte erwartete, dass es nach Sasuke duftete, aber dem war nicht so. Ich nahm mir eine handvoll davon und schmierte es mir in die Haare. Mit dem Schaum seifte ich mich gründlich ein. Schon komisch, dass Sasuke in so einer komfortablen Wohnung lebte. Ich dachte immer ein Lehrer würde nicht so viel verdienen. Anderseits war er sicher schon sehr alt. Da hatte er bestimmt etwas Geld auf die Kante gelegt. Ich wüsste wirklich zu gern wie alt er schon war.
 

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Nach einer Viertelstunde spülte ich mich ab. Das warme Wasser hatte wirklich geholfen, es ging mir jetzt schon viel besser, als vorher. Sogar die Kopfschmerzen hatten abgenommen. Ich stellte das Wasser ab, machte die Duschtür auf und griff nach den bereit gelegten Handtüchern. Ich hatte ein großes und ein kleines von Sasuke bekommen. Mit dem kleinen Handtuch trocknete ich mich grob ab und wickelte mir anschließend das Größere um den Körper. Ich wollte mich anziehen, doch ich fand meine Sachen nicht mehr. Dabei hatte ich sie ohne Zweifel auf dem roten Teppich liegen lassen. Aber jetzt waren sie nicht mehr da! Ich drehte mich um mich selbst, um sicher zu gehen, dass ich die Sachen auch wirklich nicht übersehen hatte. Sie blieben unauffindbar. Langsam ging ich zur Tür. Das hier war sicher keine gute Idee, aber ich konnte nicht nur mit Handtuch durch die Gegend laufen.

„Hallo? Ähm... S-Sasuke?“ Ich hörte Geraschel, wahrscheinlich von einer Zeitung, und wie ein Stuhl zurück geschoben wurde.
 

~Sasuke~
 

Ich saß gerade an meinem Tisch vor dem Balkon und las Zeitung. Hoffentlich würde Iruka bald kommen und nicht noch ewig reden wollen, denn ich spürte schon wieder das Brennen in meinem Hals. Es war so schwer nicht einfach ins Bad zu gehen und diesen Durst zu stillen. Noch dazu ärgerte ich mich, dass ich vorhin, als Naruto mich duzte, nichts gesagt hatte. Ich wusste nicht woran es lag, aber als er es tat, regte sich etwas in mir. Es kam mir bekannt vor... so vertraut. Von jetzt an würde er mich wohl immer so ansprechen und dabei war es genau das, was ich nicht wollte. Im Grunde war er nur Beute und wer wollte schon von seiner Mahlzeit geduzt werden? Das wäre fast so, als würde man früh noch mit seinem Kaninchen spielen und abends schon seine Knochen abnagen.

Als Naruto nach mir rief, faltete ich die Zeitung zusammen und stand auf. Ich konnte mir schon denken, was er von mir wollte. Ich hatte mir, als er unter die Dusche gestiegen war, seine Sachen geholt und sie in die Waschmaschine gesteckt. Sie hatten heute Morgen immer noch nach der Bar gerochen. Iruka würde sich nachher sowieso noch genug deswegen aufregen. Ich griff nach dem kleinen Bündel auf dem Tisch und ging zum Badezimmer. Narutos, noch immer nasses, Gesicht lugte schon zwischen der Tür hervor. Ihm schien nicht ganz wohl dabei zu sein.

„Was ist denn?“ Ich sah zu ihm runter. Er hielt meinem Blick kaum stand. Offensichtlich hatte er Angst, ich würde ihn wieder beißen.

„Wo sind meine Sachen?“, fragte er kleinlaut. Gott, war das grausam! Am liebsten würde ich die Tür auftreten, mir Naruto greifen und dem Brennen in meinem Hals ein Ende setzen. Doch ich hielt mich zurück.

„In der Waschmaschine.“ Es war wirklich ein toller Anblick, wie sich gerade seine Augen weiteten und das Rot in seinem Gesicht noch etwas zunahm. Ich konnte ihm ansehen, was er gerade dachte und, obwohl ich es verdammt lustig fand, sah ich ihn ernst an.

„Stell dich nicht so an. Ich bin erheblich älter, als ich aussehe und du hast nichts, was ich nicht schon gesehen hätte.“ Er schaute ein wenig vor den Kopf gestoßen. Dann reichte ich ihm das Bündel in meiner Hand.

„Hier zieh das an. Deine Sachen sind noch nicht so weit.“ Hoffentlich würde er sich beeilen. Jedem Vampir würde es schwer fallen, bei so leichter Beute die Kontrolle zu behalten. Besonders, wenn sie so verlockend duftete.
 

~Naruto~
 

Etwas zögerlich griff ich nach den Klamotten. Ich fragte mich immer noch, warum ich gar nicht bemerkt hatte, wie er rein gekommen war. Als ich die Sachen an mich nehmen wollte, ließ er auf einmal den Arm sinken und griff mit der anderen Hand nach meinem Handgelenk. Ich wollte schnell einen Rückzieher machen, aber er war schneller als ich. Er zog mich halb hinter der Tür hervor, so dass ich mich kaum noch vor ihm verstecken konnte. Sofort senkte er sein Gesicht runter und zog meinen Arm etwas entgegen. Das Alles ging viel zu schnell, als dass ich noch irgendwie darauf hätte reagieren können. Doch entgegen meiner Annahme biss er nicht zu, sondern legte seine Lippen auf die Innenseite meines Armes und atmete tief ein. Seine Augen hatte er derweil geschlossen. Es war seltsam das mit anzusehen. Er war vollkommen entspannt, als er erneut meinen Duft einzog und mit der Zunge über diese Stelle an meinem Arm fuhr. Mir wurde schrecklich heiß und eine Gänsehaut zog sich über meinen Körper. Würde ich nicht wissen, wie gefährlich Sasuke war, würde sich das hier fast schön anfühlen. Dieser Gedanke verflog schnell wieder, als ich sah, wie Sasuke langsam seinen Mund öffnete und damit seine Zähne preis gab. Dabei öffnete er auch seine Augen einen Spalt breit. Mit Schrecken stellte ich fest, dass sie rot schimmerten! Er wollte gerade zu beißen, als ich dazwischen rief.

„Sasuke!“ Und zu meiner Überraschung stoppte er wirklich und blickte gleichgültig zu mir. Dabei verzog er keine Miene.

„Bitte nicht...“ Ich sprach leise, denn ich wollte ihn auf keinen Fall irgendwie provozieren. Es machte mir Angst, wie er mir in die Augen sah. Fast so, als hätte ich nichts gesagt. Dann verspannte er sich, richtete sich langsam wieder auf und ließ die Klamotten, die für mich gedacht waren, zu Boden fallen. Die frei gewordene Hand legte er sich vor den Mund und schloss die Augen, wobei er ein paar Mal tief durchatmete. Leider hielt er mich noch immer fest, aber ich würde bestimmt nicht so dumm sein und ziehen. Einige Sekunde verharrten wir so. Ich ließ ihn dabei keine Sekunde aus den Augen, bis sich sein Griff allmählich lockerte. Er nahm die Hand von seinem Mund, öffnete wieder die Augen, die nun wieder dunkel schimmerten, und drehte sich langsam zu mir.

„Zieh dich an.“, murmelte er, ließ mich dann los und ging einfach wieder weg. Als er um die Ecke verschwunden war, bückte ich mich schnell und hob die Sachen auf. Ich wünschte, ich hätte den Schlüssel für das Badezimmer, denn im Moment fühlte ich mich überhaupt nicht sicher. So schnell ich konnte, zog ich mich an und föhnte mir mit dem Föhn, den ich in einem der Schubladen gefunden hatte, die Haare. Man wühlte eigentlich nicht in den Sachen Anderer rum, aber ich wollte mir keine Erkältung holen. Langsam öffnete ich die Tür, darauf achtend nicht über das zu lange Hosenbein zu stolpern. Logischer Weise schlabberten die Sachen von Sasuke etwas. Den Bund musste ich so eng wie nur möglich ziehen, damit sie nicht runter rutschte. Beim Oberteil war es nicht anders. Die Ärmel musste ich zweimal umkrempeln, um die Hände frei zu haben. Was ich toll fand war, dass der Pulli einen Kragen hatte, der mich nicht nur wärmte, sondern auch meinen Hals bedeckte.

Mit der Trinkflasche in der Hand lugte ich hinter der Tür hervor und sah mich um. Er war nirgends zu entdecken, also verließ ich das Badezimmer und ging in den Wohnbereich. Ich hörte ein paar Geräusche aus der Küche, mit höchster Wahrscheinlichkeit von Sasuke. Es war noch zu früh, als das Iruka schon da sein konnte. Zögerlich ging ich hin und lehnte mich an den Türrahmen. Sasuke war gerade dabei Kaffee anzusetzen. Nachdem er die Maschine angestellt hatte, drehte er sich unverwandt zu mir. Dabei lehnte er an der Anrichte hinter sich und stützte sich mit den Händen etwas ab. Unsicher erwiderte ich seinen Blick. Er wirkte zwar ruhiger als vorhin, aber ich hatte schon oft miterlebt, wie er sich verstellen konnte.

„Mach dir keine Sorgen. Ich habe was getrunken.“, meinte er dann ruhig, nahm sich zwei Tassen, die neben ihm standen, und ging an mir vorbei aus der Küche. Ich wollte nicht wissen woher er auf einmal Blut hatte. Er stellte sie auf den Tisch vor der Balkontür.

„Setz dich ins Wohnzimmer und schau von mir aus etwas Fernsehen bis Iruka kommt.“ Danach war mir eigentlich überhaupt nicht. Sasuke währenddessen hatte sich auf einen der Stühle gesetzt und wieder die Zeitung aufgeschlagen. Ich setzte mich zu ihm und stellte die Selterflasche auf den Tisch. Obwohl er sich sicherlich wunderte, sagte er nichts. Einige Minuten blieb ich so sitzen und sah ab und an zu ihm rüber. Er aber ignorierte mich die ganze Zeit gekonnt. Wenn ich an den gestrigen Tag dachte, brannten mir einige Fragen auf der Zunge. Aber ob ich wirklich fragen sollte? Wie schon so oft war mein Mund wieder schneller als mein Kopf.

„Warum haben die ganzen Sachen bei dir nicht gewirkt?“ Sasuke ließ die Zeitung nicht sinken und las einfach weiter.

„Wozu willst du das wissen?“ Dann sah er mir direkt in die Augen.

„Mit deinen albernen abergläubischen Kinkerlitzchen bewirkst du vielleicht bei anderen Vampiren was, aber ganz sicher nicht bei mir!“ Ich sah ihn irritiert an. Warum sollte das nur bei ihm nicht funktionieren?

„Aber wieso-...“ Meine Frage wurde durch das Türklingeln unterbrochen. Weshalb ausgerechnet jetzt?! Sasuke faltete die Zeitung zusammen und stand auf. Doch anstatt zur Tür zu gehen, trat er an meine Seite, lehnte sich auf den Tisch und sah zu mir runter.

„Das kann dir egal sein. Hättest du denn überhaupt den Mumm mich umzubringen, selbst wenn du wüsstest wie? Könntest du mich pfählen und mir anschließend den Kopf abschlagen?“ Ich war geschockt von dieser direkten Frage, die ich mir schon selber gestellt hatte. Er grinste mich fies an und ging dann zur Sprechanlage. Ich saß in der Zwickmühle. Ihn umbringen konnte ich auf jeden Fall nicht, aber wenn ich es nicht tat dann würde er mich bestimmt bald töten. Beiläufig bemerkte ich wie Sasuke die Wohnungstür öffnete und Iruka eintrat.
 

~Sasuke~
 

Ich war so erleichtert als es endlich an der Tür klingelte. Narutos Anwesenheit war nur schwer zu ignorieren, da sein Duft zu mir rüber kam. Und wie naiv es von ihm war, zu glauben ich würde ihm sagen, warum mir all seine kleinen Attacken nichts ausmachten. An den Grund dafür wollte ich nicht denken. Nicht jetzt...

Ich ging an die Sprechanlage. Es war Iruka. Er war früh dran, eigentlich wollte er erst in fünfzehn Minuten kommen. Ich ließ ihn unten eintreten. Iruka hatte sich wohl extra für Naruto so beeilt. Man musste kein Genie sein, um zu sehen, dass er ihn mochte. Die Beiden hatten sich wirklich auf Anhieb verstanden. Ich wartete an der Tür bis Iruka aus dem Fahrstuhl stieg.

„Hallo Sasuke! Wie geht’s ihm? Ist er in Ordnung?“

„Ja, ihm geht’s gut. Komm rein.“ Er trat ein und sah sich kurz um, bis er Naruto am Tisch erspähte. Sofort ging er zu ihm hin, wobei er sich noch nicht mal seine Jacke auszog.

„Naruto! Was machst du nur für Sachen? Was hast du dir dabei gedacht?“ Dabei begutachtete er ihn, so als würde er irgendwelche Verletzungen finden wollen. Iruka, die Glucke vom Dienst. Naruto startete gerade ein paar Erklärungsversuche, die aber allesamt durch Irukas strafenden Blick im Keim erstickt wurden. Ich schloss die Tür und ging in Richtung Küche. Im Vorbeigehen sah ich zu Iruka.

„Möchtest du etwas Kaffee?“ Damit unterbrach ich Iruka gerade bei seiner Strafpredigt. Er blickte mich überrascht an, da ich ihn gerade aus dem Konzept gebracht hatte.

„Äh... Ja bitte.“ Er grinste kurz, wandte sich dann aber wieder Naruto zu und fuhr mit seiner Strafpredigt fort. Ich stellte den Kaffee auf den Tisch und gebot Iruka sich endlich hinzusetzen. Naruto hatte längst begriffen, was er ihm sagen wollte.
 

~Naruto~
 

Gelangweilt saß ich mit den beiden Anderen am Tisch. Im Grunde war es egal, ob ich mit ihnen hier saß oder ob ich im Badezimmer einen Kopfstand machte. Die Beiden redeten darüber, was sie am besten machen sollten, ob sie es Tsunade melden sollten und welche Strafe ich bekäme. Ich stützte meinen Kopf auf meine Hand. Meine Flasche war alle und der Kater war noch immer da. Ich fand das war eigentlich schon Strafe genug, aber bei meinem Glück würde ich in wenigen Minuten wieder irgendeine Strafarbeit bekommen, die ganz zufällig Sasuke überwachte. Das wäre typisch für mich.

„Naruto? Naruto!“ Ich schreckte auf.

„Äh, j-ja?“ Die Beiden sahen mich streng an. Wieder ermahnte mich Iruka.

„Naruto, wir entscheiden hier was am Besten für dich ist und du träumst nur vor dich hin.“ Während Iruka sprach, stand Sasuke auf und ging außer Sichtweite.

„Und was haben Sie entschieden?“ Iruka nahm einen Schluck aus seiner Tasse.

„Also, Sasuke hat mir erzählt, was genau passiert ist und in Anbetracht dieser Umstände haben wir beschlossen Tsunade davon erst mal nichts zu erzählen. Es ist ja noch mal gut ausgegangen. Und du bekommst eine Ermahnung.“ Ich sah ihn verwirrt an.

„Wie? Ich bekomme keine Strafe?“ Iruka schüttelte den Kopf.

„Nein, ausnahmsweise nicht. Dafür musst du natürlich auch dicht halten.“ Das war klasse!

„Und wenn Sakura und Ino was sagen?“ Iruka winkte ab.

„Dann rede ich schon mit Tsunade. Wir brauchen weder sie noch das Jugendamt jetzt damit zu behelligen.“ Er zwinkerte mir zu und ich erwiderte grinsend seinen Blick. Am liebsten wäre ich ihm jetzt um den Hals gesprungen, so dankbar war ich ihm. Schon kam Sasuke wieder. Er hielt etwas in der Hand und bei genauerem Hinsehen erkannte ich meine Schuluniform wieder. Sasuke stellte sich neben mich, legte eine Hand auf meine Schulter und reichte mir die Sachen.

„Hier, geh dich anziehen.“

„Danke.“ Ich nahm sie mir, stand auf und ging ins Bad, ohne ihn anzusehen. Zehn Minuten später stand ich startklar in meiner Schuluniform im Wohnzimmer. Meine Klamotten dufteten richtig gut, sicherlich hatte Sasuke ein Markenwaschmittel genommen. Ich begab mich wieder zu den beiden Älteren, die gerade über irgendeine Lehrerkonferenz redeten. Die Sachen, die ich vorher angehabt hatte, trug ich sauber zusammen gelegt in meinen Armen. Ich setzte mich zu den Beiden an den Tisch und legte die Sachen vor mich auf den Tisch. Iruka drehte sich dann zu mir.

„Gut, du bist fertig. Dann können wir uns ja langsam auf den Weg machen.“ Schon standen die Beiden wieder auf. Dabei hatte ich es mir gerade so schön bequem gemacht.

„Äh wir?“ Er sah zu mir, während er die Jacke, die er vorhin noch ausgezogen hatte, wieder anzog.

„Ja natürlich. Wir werden dich sicher nicht alleine nach Hause gehen lassen. Und außerdem bin ich ja jetzt eh schon da.“ Ich war froh, dass ich endlich von hier weg konnte. Wenn ich wieder zu Hause wäre, würde ich mich sofort ins Bett schmeißen und bis morgen durchschlafen. Ich ging zur Wohnungstür, bei der ich meine Schuhe und meine Tasche entdeckt hatte und wartete auf Iruka. Der redete noch immer mit Sasuke über irgendwelche Seminare, die im nächsten Monat stattfinden würden. Aber auch Sasuke sah nicht so aus, als würde er uns noch länger hier haben wollen.

„Wir sehen uns dann Montag.“, meinte Sasuke und hielt uns die Tür auf. Iruka nickte nur und ich wollte schon raus gehen, als ich zurück gehalten wurde.

„Naruto, hast du nicht noch was vergessen?“ Fragend sah ich Iruka an. Es dauerte einige Augenblicke bis mir auffiel, was er meinte. Eher widerwillig drehte ich mich zu Sasuke um.

„Auf Wiedersehen, Sensei... und danke, dass Sie mir geholfen haben.“ Sasuke nickte kurz. Dieser emotionale Eisklotz.

„Ach Naruto. Du solltest Sakura am Montag besser aus dem Weg gehen.“ Ich sah ihn fragend an.

„Wieso denn?“ Sein gleichgültiger Gesichtsausdruck wich einem kleinen Grinsen.

„Du hast ihr gesagt, was du von ihrem Gesang hältst.“ Oh nein, das hatte ich doch nicht wirklich getan?! Sie würde mich das sicher noch büßen lassen.

Dann machten wir uns auf den Weg zu Irukas Wagen. Während der Fahrt musste ich mir noch allerlei Gemeckere von ihm anhören. Wie gefährlich das war und was mir alles hätte passieren können und so weiter. Wenn der wüsste, was mir heute beinah passiert wäre...

Zu Hause angekommen tat ich, was ich mir vorgenommen hatte und legte mich ins Bett. Ich schlief tatsächlich bis zum nächsten Tag durch.
 

Ende Kapitel 9

... a christmas/new years special (... my first kiss)

Es hat zwar lange gedauert und ist auch ein wenig spät, aber hier ist das neue Kapitel. Hätte ich nicht umziehen müssen, hätte ich es noch rechtzeitig geschafft, aber wie sagt man so schön... Man kann nicht alles haben.^^

Viel Spaß mit dem Kapitel!^.~
 

~Naruto~
 

Es war Donnerstag, der letzte Tag vor den Weihnachtsferien. Wie meistens, wenn ich meinen Gedanken nachhing, war es Pause. Die Weihnachtszeit machte mich immer traurig. War eigentlich auch verständlich, immerhin ist es das Fest der Familie. Ich habe Weihnachten noch nie gefeiert. Immer wenn es so weit war, haben mich mein Onkel und meine Tante in mein Zimmer geschickt. Aber ich hatte auch nie große Lust gehabt mit ihnen und meinem Cousin zu feiern. Kurz schlich sich ein Grinsen auf meine Lippen. Irgendwann, ich glaube ich war so um die elf Jahre alt gewesen, hatte ich genug gehabt und kletterte aus dem Fenster. Es war nicht gefährlich, da sich direkt vor meinem Fenster das Garagendach befand. Zuerst wusste ich nicht wohin ich gehen sollte, doch dann entschloss ich mich zum Friedhof, zum Grab meiner Eltern, zu gehen. Damals war es sehr tröstlich gewesen und so hatte ich es seitdem jedes Jahr gemacht. Es war sozusagen meine Tradition geworden. Nur dieses Jahr konnte ich ihr nicht nachgehen. Ich war nicht mal ansatzweise in der Nähe meiner Familie.

Seufzend stützte ich meinen Kopf auf meine Hand. Dabei sah ich durch die Klasse. Alle schienen sich auf die Ferien zu freuen. Sie redeten darüber, was sie alles machen und welche Geschenke sie bekommen würden. Das war alles so deprimierend. Langsam fuhr ich mir mit der Hand über den Nacken. Meine schöne Kette trug ich nicht mehr. Ich hatte sie verloren, wahrscheinlich an dem Abend, an dem ich versehentlich in der Bar gelandet war. Als ich die Kette nicht mehr finden konnte, war ich wirklich verstört gewesen. Ich gebe zu, sie war unverschämt teuer und wirkte auch nicht gegen Sasuke, aber sie gefiel mir sehr gut. Und jetzt war sie weg...

Geknickt drehte ich mich zur Tür des Klassenzimmers. Dort stand Sasuke, der gerade mit Sakura redete. Ich konnte nicht hören, worum es ging, aber scheinbar etwas worüber Sakura sich freute, denn sie nickte begeistert. Was mir dann weniger gefiel war, dass Sasuke dann zu mir rüber nickte. Ich sah schon wieder das nächste Unheil nahen.

Sasuke verließ das Klassenzimmer und Sakura kam kichernd und grinsend zu mir.

„Hey Naruto!“ Sie lehnte sich auf meinen Tisch und strahlte mich an.

„Sensei Uchiha hat eben mit mir geredet und ich soll allen von der AG Bescheid sagen. Es geht um die Kulissen. Er möchte die noch vor Jahresende fertig kriegen und deswegen soll sich unsere AG nach der fünften Stunde treffen. Er hat aber gesagt, dass das freiwillig ist, da heute sowieso jeder nur noch an die Ferien denkt. Ich geh auf jeden Fall hin!“ Da hatte er sich aber was vorgenommen. Mal ganz ehrlich, wer würde da denn schon freiwillig hingehen, selbst wenn man, wie die Mädchen in der Gruppe, auf ihn stand?

„Na ja, ich werde wohl nicht hingehen.“

„Doch, du musst.“ Verwirrt sah ich sie an.

„Wieso? Ich dachte das ist freiwillig.“ Sie nickte kurz und zuckte dann mit den Schultern.

„Ist ja auch so. Nur du bist ja nicht wegen des Unterrichtes, sondern wegen deiner Strafarbeit bei uns. Sensei Uchiha hat extra noch mal darauf hingewiesen, nicht das du einfach nach Hause gehst“ Mein Blick verfinsterte sich. Spekulierte Sasuke etwa darauf, dass keiner kam und er so mit mir alleine war? Ich bekam eine Gänsehaut. Mir war bei dem Gedanken nicht wohl, denn ich konnte mir schon denken worauf das hinauslaufen würde. Toll, würde heute mein schöner kurzer Donnerstag drauf gehen. Sakura schaute auch nicht begeistert, als sie sich vorbeugte und leise flüsterte:

„Wenn es nach mir ginge bräuchtest du nicht kommen. Ich wäre viel lieber mit Sensei Uchiha alleine.“ Sie legte sich die Hand an die Wange, so wie sie es schon an meinem ersten Schultag hier gemacht hatte.

„Nur wir Beide... ganz alleine... wie wir an den Kulissen arbeiten... und dann gesteht er mir seine Liebe... Hach, wäre das nicht romantisch?“ Oh Gott! Das war ja widerlich! Von wegen Liebe gestehen. Das Einzige, was sie von ihm bekommen würde, wäre ein einmaliger Biss in den Nacken. In dem Fall hätte ich mehr Mitleid für Sasuke als für Sakura. Als wenn er was mit ihr anfangen würde. Da wäre selbst ich dichter dran. Sie nannte ihn immer “Sensei Uchiha“, während ich ihn, wenn auch eher unbeabsichtigt, beim Vornamen nannte. Und im Gegensatz zu ihr, hatte ich sogar schon seine Wohnung gesehen, bei ihm geduscht und Klamotten von ihm angehabt! Da läuft ja zwischen ihm und mir mehr, als zwischen den Beiden. Als ich darüber nachdachte, wurde mir ganz schrecklich warm im Gesicht.

//Worüber ich mir Gedanken mache... Tse, ganz sicher würde ich nie mit so jemandem was anfangen. Nicht mal wenn er ein Mensch wäre.// Ehe ich mich noch weiter in irgendwelche Gedanken vertiefte, die ich lieber ungedacht ließ, sah ich wieder zu Sakura. Die träumte immer noch vor sich hin. Ohne, dass sie es bemerkte, stand ich auf, schnappte mir meine Tasche und ging runter auf den Schulhof. Da würde ich heute wohl nicht drum rum kommen. Ich hatte schon Glück gehabt, dass ich beim letzten Mal nicht bestraft wurde. Würde ich heute schwänzen, könnte ich mich schon auf einen Verweis gefasst machen.

Auf dem Schulhof suchte ich nach Kiba und wurde auch bald fündig. Er stand mit einigen Anderen aus meiner Klasse an einer Bank und redete auf einen Kleineren ein. Dabei handelte es sich um Konohamaru. Der war ein paar Klassen unter uns, aber ich mochte ihn. Er war etwa einen Kopf kleiner als ich und hatte braunes Haar, das er zu einem Zopf zusammen gebunden hatte. Obwohl er jetzt niedergeschlagen wirkte, war er sonst aber ein frecher Kerl, der auch gerne mal Streiche spielte.

„Naruto-Nii-san...“, jammerte er, als ich näher an sie ran trat. Auch Kiba und die anderen drehten sich zu mir.

„Was ist denn los?“ Er nannte mich immer “Nii-san“, weil ich ihm mal ein paar Tipps bei seinen Streichen gegeben hatte.

„Wir haben gestern in Mathe einen Test geschrieben und als Sensei Uchiha die Hefte eingesammelt hat, habe ich ihm versehentlich das falsche Heft gegeben.“

„Was denn für ein Heft?“, fragte Kiba.

„Na ja, so eine Art Tagebuch und da steht etwas drinnen, wofür Sensei Uchiha mir Nachsitzen bis zum Abschluss geben kann.“ Warum musste es nur immer Sasuke sein? Ich hatte in meinem früheren Leben bestimmt Menschen ermordet und musste nun dafür büßen. Konohamaru versteckte sein Gesicht in den Händen und jammerte leise weiter.

„Ach komm Konohamaru. Wir holen dein Heft zurück...“, sagte Kiba grinsend. Der richtete sich wieder auf und sah ihn dankbar an.

„E-ehrlich? Das würdet ihr tun?“

„Na klar! Nicht war Naruto?“ Irritiert sah ich Kiba an. Der wollte mich da doch nicht wirklich mit reinziehen.

„Wirklich Naruto? Ich bin so froh! Wenn du dich darum kümmerst, dann brauche ich mir keine Gedanken mehr machen.“ Warum musste er das jetzt nur sagen. Wie sollte ich denn da nein sagen? Dann rief irgendein Mädchen nach Konohamaru. Bevor er losrannte, drehte er sich noch mal zu mir.

„Wir sehen uns nachher, ok?“ Schon rannte er weg und ich stand da, wie bestellt und nicht abgeholt. Wütend sah ich Kiba an.

„Warum hast du gesagt, dass wir das Heft holen? Sag mal, hast du sie noch alle?!“ Dieser Blödmann! Was hatte er sich nur dabei gedacht. Wenn Sasuke einen von uns erwischen würde, dann hätten wir ein Problem. Anderseits hätte ich ein ECHTES Problem, wenn er mich erwischt.

„Komm mal runter Naruto. Ich hab schon einen Plan.“ Er zog mich dicht an sich ran und sprach jetzt leiser.

„Also, ich weiß, dass Sensei Uchiha jetzt eine Freistunde hat und die verbringt er immer im Klassenzimmer.“ Shikamaru war jetzt auch näher getreten und hörte zu.

„Der Plan sieht so aus, dass du, wenn der Unterricht angefangen hat, unter irgendeinem Vorwand rausgehst. Dann begibst du dich zum Klassenzimmer und musst nur noch Sensei Uchiha aus dem Raum kriegen. Du brauchst nur noch das Heft aus seiner Tasche suchen.“ Shikamaru räusperte sich.

„Dein Plan hat da nur einen kleinen Makel. Was macht Naruto wenn da noch andere Lehrer sind?“ Empört sah ich die beiden an.

„Wie kommt ihr beide eigentlich darauf, dass ich das mache?“, warf ich noch mit ein. Kiba achtete gar nicht auf mich und antwortete.

„Macht euch keinen Kopf. Er wird da bestimmt alleine sein. Er ist heute der einzige Lehrer, der eine Freistunde hat und die anderen Lehrer, die sonst da sind müssen Vertretung machen.“ Er grinste dabei über beide Ohren. Ich war nicht wirklich überzeugt.

„Das ist doch nicht dein Ernst. Warum ausgerechnet ich?“ Kiba setzte einen seltsamen Gesichtsausdruck auf.

„Naruto, Konohamaru verlässt sich doch auf dich. Außerdem kann ich nicht hin. Wenn Sensei Uchiha mich sieht, denkt der noch, ich hätte was ausgefressen und brummt mir noch Nachsitzen auf.“

„Das ist eine faule Ausrede! Und was ist mit Shikamaru?“ Kiba und ich drehten uns sofort zu Shikamaru, der mit den Händen in der Hosentasche da stand. Der sah uns nur gleichgültig an und zuckte dann mit den Schultern.

„Kein Bock.“, sagte er ganz gelassen. Das durfte ja nicht wahr sein!

„Komm schon Naruto. Jetzt haben wir sowieso bei Kakashi und der lässt mich-“

„Ja ja, schon gut. Aber wenn ich erwischt werde, bist du auch dran.“ Kiba nahm mich wohl nicht ganz ernst, denn er grinste mich breit an und klopfte mir auf die Schulter.

„Klar doch.“ Dieser Blödmann. Ich tat es für Konohamaru. Und außerdem wusste ich, wie launisch Sasuke sein konnte. Wenn in dem Heft etwas drin stand, das gegen ihn war, dann würde er ihn das büßen lassen.

Beim Klingelzeichen gingen wir zum Chemieraum und warteten auf Sensei Kakashi. Als der dann kam und uns rein ließ fing ich an mir zu überlegen, wie ich es am Besten anstellte. Wir machten gerade ein Experiment mit Buttersäure, die bekanntlich übel roch. Da kam mir eine Idee. Ich hob die Hand und Sensei Kakashi sah gleich zu mir.

„Sensei, mir ist übel. Könnte ich vielleicht kurz zur Toilette?“ Dieser überlegte kurz und nickte dann. Als ich an Kiba vorbei ging, grinste der mich an und zeigte mit einem Daumen nach oben. Irgendwann würde ich ihm mal eine knallen. Vielleicht würde er dann merken, was für ein Idiot er war.

Dann verließ ich den Chemieraum und machte mich, wie geplant, auf zum Lehrerzimmer. Eins konnte Kiba wissen, beim nächsten Mal konnte er seinen Plan selber durchführen.

Wenige Minuten später stand ich vorm Lehrerzimmer und zögerte. Noch könnte ich umkehren und Konohamaru sagen, dass er es selber machen solle, aber anderseits konnte ich es nicht ertragen, ihn zu enttäuschen. Schwermütig klopfte ich an die Tür. Nach einigen Augenblicken wurde diese geöffnet und Sasuke stand vor mir. Sein sonst ernster Blick war einem fragendem Ausdruck gewichen.

„Was suchst du während des Unterrichts hier?“ Oje, ich hatte mir gar keine Gedanken gemacht, wie ich ihn hier raus kriegen wollte. Ein leichtes Panikgefühl machte sich in mir breit. Okay, jetzt brauchte ich schnell eine glaubwürdige Ausrede.

„A-also ich... ich bin hier wegen... der Klassenfahrt. Es geht darum, dass ich sie aus finanziellen Gründen nicht mitmachen kann.“ Das müsste er eigentlich wissen, denn er kannte schließlich auch den Grund, weshalb ich an diese Schule gekommen war. Das Jugendamt würde mir sicher keine Fahrt in die Berge bezahlen. Er verschränkte die Arme und sah ruhig zu mir runter.

„Willst du denn mit?“

„Ähm... eigentlich schon.“ Es klang schon schön dorthin zu fahren. Kiba hatte mir erzählt, dass es da auch eine heiße Quelle gab.

„Es gibt ein Formular, das du ausfüllen kannst, damit die Schule die Kosten trägt. In deinem Fall müsste es genehmigt werden. Im Moment habe ich aber keines mehr. Ich werde mir nachher neue Exemplare im Sekretariat ausdrucken lassen.“ Jetzt sah ich meine Chance, ihn kurzzeitig loszuwerden.

„Könnten Sie das nicht vielleicht gleich machen? Ich würde es gerne so schnell wie möglich erledigen.“ Es war schwer vor Sasuke ganz neutral zu tun. Dabei verschränkte ich die Arme hinter meinem Rücken und sah bittend zu ihm herauf. Sasuke erwiderte streng meinen Blick, als er auf einmal seufzte.

„Fein, warte hier.“ Schon ging er an mir vorbei. Als er um die Ecke gebogen war, wartete ich noch ein paar Sekunden und ging dann in das Lehrerzimmer. Glücklicher Weise hatte Sasuke die Tür offen gelassen, so dass das kein Problem darstellte. Ich sah mich um und fand schnell den gesuchten Platz. Es lagen einige Unterlagen darauf herum, aber nichts von dem Gesuchten. Sasukes Tasche stand neben seinem Tisch. Nervös drehte ich mich um und stellte sicher, dass auch wirklich niemand da war. Ich beugte mich runter und öffnete die Tasche.

//Dafür kriege ich so was von Ärger...// Während ich die Tasche durchwühlte, kam mir ein Gedanke. Was wenn Sasuke bemerken würde, dass ich an seinen Sachen gewesen war. Wenn mich jetzt niemand erwischen würde, dann könnte er mir zumindest nichts nachweisen. Ich suchte weiter, fand aber einfach nicht Konohamarus Heft. Er hatte noch nicht mal andere Hefte mit. Schnell schloss ich seine Tasche wieder, stellte sie so hin wie sie vorher gestanden hatte und lief schnell aus dem Lehrerzimmer raus. Und das auch keine Sekunde zu früh, denn ich hörte schon, wie Sasuke den Gang entlang kam. Schnell stellte ich mich an den Türrahmen und beobachtete wie er um die Ecke bog. Mein Herz schlug so schnell gegen meine Brust, dass ich Angst bekam Sasuke könne es hören, aber ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Er kam vor mir zum Stehen und reichte mir das Blatt. Er sah mich skeptisch an, fast so als würde er ahnen, dass ich irgendwas gemacht hatte. Vielleicht hätte ich mich auch nicht in den Türrahmen stellen sollen, aber wäre ich ganz raus gerannt hätte er mich vielleicht noch gesehen. Ich nahm das gereichte Blatt und versuchte, mir nichts anmerken zu lassen.

„Dankeschön.“ Kurz grinste ich und ging dann schnell an ihm vorbei. Ich hatte es so eilig, dass ich beinah mit Sensei Iruka zusammengestoßen wäre.

„Tut mir Leid, Sensei.“, entschuldigte ich mich.

„Macht doch nichts, Naruto.“, lächelte er mich an. Ich nickte und wollte gehen, als ich plötzlich hörte, wie Sasuke und Sensei Iruka miteinander redeten. Als ich um die Ecke gebogen war, blieb ich stehen und lauschte.
 

~Sasuke~
 

Mich beschlich das Gefühl, dass irgendwas nicht stimmte. Naruto hatte sich verdächtig benommen. Als ich wieder beim Lehrerzimmer ankam, wurde dieser Verdacht noch verstärkt. Narutos Herzschlag ging schnell, als hätte er sich beeilen müssen. Ich gab ihm das Formular, das er unbedingt haben wollte und schon war er weg. Er hatte ganz sicher etwas ausgefressen. Jemand anderes ging den Gang entlang, den auch Naruto gerade nahm. Es handelte sich um Iruka, der auf mich zu kam. Er schaute, als ob er mit mir reden wollte. Iruka kam vor mir zum stehen und redete gleich drauf los.

„Sasuke, hast du dich jetzt wegen der Weihnachtsfeier entschieden?“ Gedanklich gab ich einen gequälten Laut von mir. Warum sind Menschen nur so nervtötend?

„Ja, ich komme mit. Ich habe meine Verabredung auf den 24. verschoben. War gar nicht so einfach abends einen Tisch zu bekommen.“ Iruka grinste mich an.

„Das ist toll, Kakashi und ich kommen auch mit. Die Arbeiten werde ich wohl wieder über die Feiertage kontrollieren müssen.“ Gequält seufzte er auf. Ich sollte wenigstens so tun, als würde es mich interessieren.

„Geht mir auch so. Ich hab die Tests schon zu Hause liegen, werde aber erst am 25. damit anfangen können.“ Vorher hatte ich wirklich keine Zeit, denn selbst ein Vampir gönnte sich an Weihnachten etwas Besonderes... in Form einer ausgiebigen Mahlzeit. Gemeinsam gingen wir ins Lehrerzimmer, während er weiter sprach.
 

~Naruto~
 

Ich hatte das ganze Gespräch zwischen Sasuke und Sensei Iruka mitgehört und hätte sofort heulen können. War ja klar, dass ich das auch mitkriegen musste. Seufzend ging ich zurück in den Chemie-Raum. Ich dachte über das Gespräch von eben nach und wurde wütend. Im Grunde war das alles hier Kibas Idee gewesen, aber wenn ich erwischt worden wäre, hätte nur ich den Ärger bekommen.

Kaum hatte es zur Pause geklingelt, lief mir schon Kiba auf dem Weg zum Klassenraum hinterher.

„Und? Hast du das Heft?“ Shikamaru gesellte sich auch zu uns. Ich schüttelte den Kopf.

„Nein. Er hat die Hefte zu Hause.“ Ich konnte das ruhig zugeben, denn wenn er sie nicht hier hatte, war es nur logisch, dass sie bei ihm zu Hause waren.

„Na dann müssen wir halt da rein.“ Wir kamen gerade vorm Klassenzimmer an, als ich vor der Tür stehen blieb und glaubte mich verhört zu haben. Kiba und Shikamaru blieben ebenfalls stehen und sahen mich verwundert an.

Ich drehte mich zu Kiba um.

„Mach du das doch, wenn du sterben willst.“ Dann ging ich zu meinem Platz und setzte mich hin. Es war mir sowieso schon klar gewesen, dass die Beiden wieder versuchen würden mich zu etwas zu überreden, das ich nicht wollte. Und tatsächlich hatte Kiba noch nicht aufgegeben.

„Ach komm, Naruto. Du bist ja nicht alleine...“, versuchte er mich zu beruhigen.

„Ja ja... So wie beim “Wie-komm-ich-in-das-Lehrerzimmer-Plan“, wie? Ach ja vielen Dank für die Unterstützung.“, zischte ich. Kiba schien tatsächlich ein schlechtes Gewissen zu bekommen, denn er sah mich reumütig an.

„Es tut mir wirklich leid, aber es ist doch offensichtlich, dass du das auch super alleine schaffst. Ich meine, wie hast du es überhaupt geschafft reinzukommen?“ Wenn der versuchte mich damit zu beschwichtigen, irrte er sich aber gewaltig!

„Das verrate ich dir bestimmt nicht. Und ich werde dir auch nicht helfen bei Sensei Uchiha einzubrechen!“ Das hätte ich nicht so laut sagen sollen, denn gerade lief Sakura an uns vorbei. Kiba wollte gerade wieder ansetzen weiter zureden, als Sakura bei uns stehen blieb und uns geschockt ansah.

„Ihr wollt bei Sensei Uchiha einbrechen?“, fragte sie gedämpft und empört. Kiba wedelte hektisch mit den Händen.

„Nein Unsinn! Du kennst doch den kleinen Jungen, drei Klassen unter uns... er heißt Konohamaru. Er hat versehentlich das falsche Heft abgegeben und wir wollen ihm helfen. Also nenn es nicht einbrechen, sondern... Wir statten Sensei Uchiha einen Besuch ab… wenn er nicht da ist.“ Sie sah uns noch einige Momente skeptisch an, grinste auf einmal aber unheilverkündend.

„Ach so, ihr wollt dem armen Jungen nur helfen. Da mach ich natürlich mit.“ Das sagte sie in einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ. Selbstsüchtiges Miststück. Die tat doch nur so nett, weil sie mitbekommen hatte, dass wir zwangsläufig zu Sasukes Wohnung mussten. Ich würde da bestimmt nicht mitmachen. Doch dann stellte ich mir die Frage, was wohl mit ihnen passieren würde, wenn Sasuke sie erwischte oder sie vielleicht genau so wie ich sein Geheimnis lüfteten. Er wäre vielleicht nicht so nachsichtig, wie bei mir und würde ihnen sonst was antun. Das könnte ich mir nie verzeihen, auch wenn sie nicht meine besten Freunde waren. Da blieb mir wohl nichts anderes übrig.

„Na fein, ich bin dabei.“ Ich würde das sicher noch bereuen. Kiba lief einen kurzen siegessicheren Ausruf vernehmen.

„Super, dann müssen wir das so bald wie möglich machen.“ Sakura nickte.

„Am besten noch heute. Ich lenke ihn dann ab und ihr könnt-“ Ich unterbrach sie.

„Am 24. ist es viel besser.“ Die Anderen sahen ein bisschen überrascht zu mir.

„Ich hab vorhin zufällig gehört, dass er vor dem 25. nicht dazu kommt seine Arbeit zu erledigen und am 24. trifft er sich mit jemandem. Irgendwann abends. Das wäre also die sicherste Möglichkeit da rein zu kommen.“ Die überraschten Gesichter wichen einem erstaunten Ausdruck. Lag wahrscheinlich daran, dass ich gerade nicht dem, für mich sonst so typischen, Bild eines Chaoten entsprach.
 

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Jetzt war gerade die zweite Hofpause, was also hieß, dass ich gleich zu Sasuke müsste.

//So ein Mist...// Der einzige Hoffnungsschimmer, den ich hatte war, dass Sakura auch kommen wollte. Oje, wie traurig das war, wenn ich mich schon darüber freute. Mit ihr und Kiba hatte ich abgemacht, dass wir uns am 24. nachmittags um 16.00 Uhr treffen würden um alles noch mal zu besprechen. Mir war gar nicht wohl dabei.

Jetzt klingelte es und ich ging langsam zum Kunstraum. Ich hatte keine Lust und war jetzt schon schrecklich müde. Als ich den Raum betrat, saßen nur Sakura und Ino da und redeten miteinander. Schnell setzte ich mich auf einen Platz und wenige Minuten später kam auch schon Sasuke. Sonst kam niemand mehr dazu, so dass es nur bei uns dreien und Sasuke blieb. Er schien nicht besonders überrascht zu sein, dass nur so wenige von uns da waren und fing gleich an.

„Tja, da es nur bei euch Dreien geblieben ist, wollen wir auch nicht viel Zeit verschwenden und anfangen. Heute müssen die Kulissen fertig werden und wir haben noch einiges zu tun.“ So machten wir uns an die Arbeit. Ino schnitt noch ein paar Kulissen aus und malte diese aus. Ich schnappte mir die Stücke, die ausgebessert werden mussten und die noch ein Muster oder eine Schattierung brauchten, während Sakura noch dabei war die bereits trockenen Kulissen zu lackieren. Sasuke half ihr dabei. Anscheinend war ihm nicht ganz wohl dabei, sie alleine mit dem Lack arbeiten zu lassen. Er hatte wirklich nicht übertrieben, als er sagte es gäbe noch eine Menge zu tun. Die Einzigen, die sich unterhielten waren Ino und Sakura. Sasuke gab den Beiden nur ab und an einige Arbeitsanweisungen. Und so arbeiteten wir bereits einige Stunden. Ich wunderte mich schon ein wenig, dass ich in Ruhe gelassen wurde, was aber auch daran liegen konnte, dass ich mich etwas abseits gesetzt hatte. So fiel es mir leichter mich zu konzentrieren. Hin und wieder jedoch hatte ich das unbestimmte Gefühl beobachtet zu werden, traute mich aber nicht, mich umzudrehen.

Just in diesem Moment spürte ich eine Hand auf meiner Schulter.

„Kommst du voran?“ Sofort hörte ich auf mit dem Zeichnen und sah über meine Schulter. Sasuke stand hinter mir, seine rechte Hand ruhte noch immer auf meiner Schulter. Ich blickte ihm kurz in die Augen, nickte dann aber und drehte mich wieder nach vorne.

„Ja, ich bin gleich fertig.“ Sasuke stemmte seine linke Hand in die Hüfte und lehnte sich weiter vor. Etwas irritiert blinzelte ich zu ihm rüber, aber er schaute sich nur die Kulisse an, die ich gerade bearbeitete. Ich wurde misstrauisch, sicher hatte er wieder etwas vor.

„Sieht gut aus. Die Schattierung ist wirklich gut geworden, auch wenn deine Pinselführung ein wenig gewöhnungsbedürftig ist. Wo hast du so zeichnen gelernt?“ Ich konnte einfach nicht anders als zu grinsen. So ein Lob, und das auch noch von Sasuke, machte verdammt stolz. Auch wenn es sich nur um eine Kulisse handelte.

„Ich hatte früher viel Zeit zum Üben und hab auch ein paar Bücher darüber geklau-.... ich meine gekauft.“

//Ups... das war knapp.// Jetzt hätte ich mich beinah selbst verraten. Ich hatte bei meiner Tante und meinem Onkel kein Taschengeld bekommen, so dass ich mir die Bücher nicht kaufen konnte. Aber ich wollte sie unbedingt haben, also tat ich das Einzige, das mir da übrig blieb. Von Sasuke kam ein amüsiertes Kichern.

„Das kann ich mir lebhaft vorstellen.“ Kurz wurde es ruhig zwischen uns.

„In deiner alten Schule, warst du da schon mal in einer Kunst AG?“ Ich schüttelte den Kopf und sah zu ihm herauf.

„Nein, mein Lehrer hatte was dagegen.“ Mein alter Lehrer konnte mich nicht leiden, wie auch die Anderen. Er wollte mich nicht in seiner Gruppe haben.

Sasuke sah mich prüfend an.

„Du solltest dir überlegen weiterhin hier mitzumachen.“ Ich dachte für einen Moment, ich hätte mich verhört.

„E-ernsthaft?...“ Kurz sah ich zu den anderen Beiden, die aber gerade selber miteinander redeten.

„... ohne Hintergedanken?“ Er zog eine Augenbraue hoch. Ich musste zugeben, dass stand ihm echt gut. Er lehnte sich noch weiter vor und redete leise in mein Ohr, wobei er wieder sein bekanntes, unheilvolles Grinsen aufsetzte.

„Wenn ich wirklich etwas will, dann nehme ich es mir einfach. Dafür brauche ich keinen Vorwand.“ Ehe ich irgendwas sagen konnte, lehnte er sich wieder zurück und sprach wieder in normaler Lautstärke weiter.

„Du warst bei den Kulissen bis jetzt eine große Hilfe. Und wie ich an deinen Mathetests sehen konnte...“, wieder zog er eine Augenbraue hoch.

„... bist du auch nicht ganz unbegabt im zeichnen.“ Er nahm es mir scheinbar immer noch übel. Mann, war der nachtragend! Bei dem Gedanken konnte ich nur grinsen, was ihn aber kalt ließ.

„Also-“

„Sensei, können Sie mir bitte helfen!“, Sakura hatte sich zu Wort gemeldet und damit Sasuke unterbrochen. Der nickte ihr nur kurz zu und wand sich dann wieder zu mir.

„Überleg es dir bis nächstes Jahr.“ Dann ging er wieder zu Sakura und half ihr. Ein wenig ungläubig schaute ich ihm nach. Ich hatte gedacht, er würde dabei irgendeinen Hintergedanken verfolgen, aber offenbar war das hier nur ein “Lehrer-Schüler-Gespräch“ gewesen. Eigentlich würde ich wirklich gerne in der AG bleiben. Hier gab es richtig tolle Projekte. Mir bereitete nur der Gedanke, die ganze Zeit unter Sasukes Aufsicht zu sein, etwas Magenschmerzen. Aber darüber konnte ich mir auch später noch den Kopf zerbrechen. Lieber machte ich mich an die Arbeit. Umso früher ich hier fertig werden würde, desto früher konnte ich auch wieder nach Hause. So sah zumindest die Theorie aus. Doch leider lief es anders als gehofft. Die Kulissen, die Ino gemacht hatte, brauchten auch noch ein Muster, nur mussten die vorher noch trocknen. Die meiste Zeit ging wirklich nur für das Warten drauf. In der Zeit machte ich immer Pause. Ino half Sakura wodurch Sasuke entlastet wurde. Der schien darüber auch wirklich dankbar zu sein. Konnte ich nachvollziehen, sie nervte ja schon, wenn ich mal gelegentlich mit ihr redete.

Inzwischen war ich fertig mit meiner Arbeit und zwar wirklich fertig. Etwas müde strich ich mir mit der Hand über die Augen. Kein Wunder, dass ich müde war, draußen war es schon dunkel geworden. So lang war mir die Arbeit dann doch nicht vorgekommen. Ich sah zu Sasuke rüber. Er stand an den Lehrertisch gelehnt und las sich gerade irgendwelche Notizen durch. Sein Gesicht war ganz glatt und blass wie immer, während er konzentriert das Blatt überflog. Zugegeben, ich konnte Sakura verstehen. Sasuke war wirklich nicht hässlich und auch ziemlich gut gebaut. Was nicht hieß, dass ich auf den Kerl stand oder so. Ganz bestimmt NICHT! Er war unberechenbar und das machte ihn gefährlich. Ich verschränkte meine Arme auf dem Tisch und legte meinen Kopf darauf.

//Zu gerne würde ich wissen, wie alt er wirklich ist...// Diese Frage stellte ich mir schon, seit ich meinen ersten Schreck verarbeitet hatte. Manchmal würde es mich wirklich interessieren, was er dachte.

Plötzlich hob er seinen Blick und sah mir direkt in die Augen. Ich erschreckte mich schon etwas, sah ihn aber trotzdem weiter an. Auch er brach den Blickkontakt nicht ab. Es war fast wie an meinem ersten Schultag in der Biostunde. Scheinbar wollte er auch dieses Mal nicht nachgeben, denn ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen. Wahrscheinlich war das für ihn ein Spiel. Je länger ich ihm in die Augen sah, desto wärmer wurde mir. Rot wurde ich bestimmt auch noch und ich konnte nicht mal was dafür. Wer würde das nicht bei so einem durchdringenden Blick. Doch als wieder das rote Leuchten in seinen Augen auftauchte, sah ich schnell zur Seite. Das war noch nie ein gutes Zeichen gewesen. Er hatte diese Augen normaler Weise immer, wenn er bereit zur Jagd war. Bestimmt grinste er jetzt noch mehr, aber mir war es egal. Seufzend schloss ich die Augen und träumte vor mich hin bis Sakura Sasuke ansprach. Es konnten nur ein paar Minuten gewesen sein.

„Sensei, wir sind fertig!“ Sie schien auch ziemlich erleichtert zu sein. Sasuke ging zu den beiden hin und sah sich die letzte Kulisse an.

„Sehr gut, der Lack kann über die Ferien trocknen.“ Er trug das Stück gut gelaunt in den Vorbereitungsraum. Sasuke war wohl selber auch ziemlich froh, dass das endlich erledigt war. Ich war das auch, jetzt müsste ich eigentlich nicht mehr hierher kommen. Mir graute es vor dem Heimweg. Draußen war es stockduster und ich würde es sicher nicht schaffen vor der Ausgangssperre zu Hause anzukommen. Wenn ich Glück hätte, würde mich schon keiner erwischen. Dann kam Sasuke wieder zu uns und sah auf seine Armbanduhr.

„Oi, es ist schon 18:30 Uhr. Ich denke ich fahre euch nach Hause.“ Sofort strahlten ihn die beiden Mädchen an.

„Wirklich?“, kam es von Beiden wie aus der Pistole geschossen. Er nickte kurz.

„Sicher, die Ausgangssperre beginnt gleich und ich wäre dafür verantwortlich, wenn euch etwas passieren würde. Also packt zusammen.“ Das Grinsen der beiden Mädchen konnte kaum breiter sein.

„Danke Sensei!“ Ich war eigentlich nicht so glücklich darüber. Aber er würde schon nichts machen, immerhin waren ja noch Ino und Sakura da, was mich aber auch nicht besonders fröhlich stimmte. Schnell räumten wir alle unsere Sachen zusammen und machten uns auf den Weg zu Sasukes Auto.

Dort angekommen begann auch schon der Streit um den Beifahrersitz. Sakura und Ino zankten sich so lange darum, bis Sasuke dazwischen ging.

„Es reicht, ihr Beiden. Naruto, du setzt dich vorne hin.“ Schon legte er seine Hand um meine Schulter, öffnete die Autotür und schob mich rein. Ich war schon ein wenig überrumpelt, aber die Gesichter der Beiden waren echt unbezahlbar. Grinsend schnallte ich mich an, während Sasuke die enttäuschten Mädchen auf seiner Seite einstiegen ließ und sich dann selber ins Auto setzte. In dem Moment knurrte mein Magen. Das war aber auch kein Wunder, denn ich hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Mein Mittag lag unglücklicher Weise zu Hause auf meinem Küchentisch. Sasuke drehte sich zu mir.

„Hunger, hm?“ Dabei zog er wieder eine Augenbraue hoch.

//Warum muss ihm das nur so gut stehen...//

„Nein, hab keinen Hunger.“, grummelte ich. Leider widersprach mir mein Magen in diesem Punkt und ein erneutes Knurren war zu hören. Ertappt sah ich zur Seite und schlang die Hände um meinen Bauch. Sasuke lachte leise auf, aber ich fand das gar nicht lustig.

„Ich hab auch Hunger“, jammerte Ino auf einmal hinter mir.

„Ja, ich auch. Es war alles so anstrengend...“ Dabei ließ sie ein gequältes Seufzen hören.

„Jetzt jammert nicht so rum... Ich lad euch ein.“ Kurze Zeit herrschte Stille, bis sich die Neiden an die Vordersitze krallten und ungläubig nachhakten.

„Ehrlich?“ Sasuke nickte kurz und blickte dann lässig über seine Schulter.

„Ich denke das habt ihr euch verdient.“ Als er sich wieder nach vorne drehte, blieb sein Blick kurz an mir hängen. Dabei legte sich ein Grinsen auf seine Lippen, was mir doch ein mulmiges Gefühl bescherte.

Er startete den Motor und Sakura und Ino begannen miteinander zu erzählen. Ich schaute mir Sasukes Auto an. Das letzte Mal, als ich hier drinnen gesessen hatte, war ich zu betrunken gewesen. Es sah wirklich teuer aus, leider hatte ich keine große Ahnung von Autos und deren Innenausstattung. Die Sitze waren aus schwarzem Leder und auch der Rest des Autos war in schwarz gehalten.

„Na gefällt´s dir?“ Sasuke linste leicht zu mir rüber.

„Ähm... ja. Es sieht echt toll aus.“ Er sah wieder nach vorne auf die Straße und lächelte dabei etwas.

„Tja, ist auch ein tolles Auto. Er hat Vierradantrieb und einen 6-Zylinder-Motor, der eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 7 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 240 km/h ermöglicht.“ Ich verstand kaum ein Wort von dem, was er sagte, aber es klang toll. Außerdem sah das Auto auch echt gut aus.

„Wow~...Wo fahren wir hin?“ Ich sprach extra leise, damit es die Mädchen nicht mitbekamen. Sasuke sah weiter auf die Straße als er antwortete.

„Irgendein Fast Food Restaurant. Soweit ich das mitbekommen habe, mag sowas jeder Teenager.“ Ich hatte keine Ahnung, ob das wirklich stimmte, aber für mich traf das zu. Ab und an aß ich sowas gerne, auch wenn mir Ramen trotzdem lieber waren. Wenn ich so darüber nachdachte, freute ich mich doch schon darauf. Und ich müsste heute nicht mal auf das Geld achten, was für mich bedeutete, dass ich nachher richtig reinhauen würde.

Nach einer Viertelstunde parkte Sasuke den Wagen auf dem Parkplatz. Drinnen war nicht viel los. Ino und Sakura bestellten sich beide einen Cheeseburger und einen Salat. Davon würde ich gar nicht satt werden. Ich bestellte mir ein großes Menü mit einem BigWhopper, Pommes, Nuggets und Cola.

Wir saßen in einer stillen Ecke, wo nicht so viele Leute vorbei liefen. Zu meiner Verwunderung hatte sich Sasuke einen Burger und sogar einen Salat bestellt. Ich konnte nicht anders, als ihm zuzuschauen, wie er von seinem Burger abbiss. Es war irgendwie komisch zu sehen, wie er so was Banales wie einen Burger aß. Dabei konnte ich seine Fangzähne nicht entdecken. Das war irgendwie unheimlich. Die ganze Zeit sagte keiner von uns etwas, nur Sakura erzählte Ino die ganze Zeit, wer seit Neustem mit wem ging. Dabei kicherten sie ständig. Dann drehte sich Sakura auf einmal zu mir.

„Und Naruto? Wie sieht´s aus? Hast du schon ´ne Freundin?“ Sie wartete noch nicht mal auf eine Antwort, sondern sah Ino an und Beide begannen wie die Hühner loszugackern.

//Dieses miese...// Was bildete die sich nur ein, jemanden so zu behandeln. Doch leider hatte ich, wie meistens, nicht den Mumm ihr die Meinung zu sagen. Die Beiden beruhigten sich schnell wieder und Sakura blickte gespielt verlegen zu Sasuke. Ich fragte mich, wem sie damit was vormachen wollte.

„Sensei?“ Sie schien noch kurz nach Worten zu suchen.

„Haben Sie eigentlich eine Freundin?“ Sie nahm dann einen Schluck von ihrer Sprite und auch Ino sah ihn interessiert an.

Für einen Moment dachte ich, ich hätte mich verhört gehabt. Sie hatte ihn das tatsächlich gefragt! Ich biss von meinem Burger ab und schielte dabei leicht zu Sasuke rüber. Es interessierte mich schon, wie er reagieren würde.
 

~Sasuke~
 

Ich bemerkte sehr wohl, dass Naruto mich die ganze Zeit musterte, aber mir machte das nichts aus. Ich wurde oft beobachtet. Wahrscheinlich zermarterte er sich gerade das Gehirn, warum ich einen Burger aß. Was sich Sakura und Ino die ganze Zeit erzählten, interessierte mich überhaupt nicht. Dieser sinnlose Teenie-Quatsch! Aber damit musste ich wohl leben, wenn ich auch noch so großzügig war und die Drei einlud. Mit der ganzen Gruppe hätte ich das ganz sicher nicht gemacht. Allerdings wurde ich doch aufmerksam, als Sakura diese spitze Bemerkung gegen Naruto fallen ließ. Wirklich dreist von ihr und Naruto sah zwar wütend aus, wehrte sich aber nicht im Geringsten. Sonst war er doch auch nicht auf den Mund gefallen. Aber er saß einfach nur da und lief rot an.

Innerlich brodelte ich, als Sakura mich tatsächlich fragte, ob ich eine Freundin hätte. So etwas Persönliches zu fragen, war mehr als unpassend und ging sie überhaupt nichts an. Dennoch könnte ich mir noch einen Spaß machen, bevor ich sie zurechtweisen würde. Nach einer kurzen Pause antwortete ich ruhig.

„Nein, ich habe keine Freundin.“ Ich konnte zusehen, wie sich in Sakuras Augen ein Glitzern breit machte. Freude und auch Hoffnung konnte ich darin sehen. Wie eine Seifenblase würde ich diese gleich platzen lassen.
 

~Naruto~
 

Was die sich wieder eingebildet hatte. Sasuke konnte bei seinem Aussehen was viel Besseres kriegen. Ich wusste ja, dass er keine Freundin hatte, sie hätte auch ziemlich schlechte Überlebenschancen, aber das wussten die Beiden ja nicht. Dann hätte er endlich seine Ruhe vor ihnen. Zumindest wäre es das gewesen, was ich machen würde.

Sakura und Ino schienen wirklich glücklich über diese Antwort zu sein, denn das Grinsen auf ihren Gesichtern wurde immer breiter. Ich sah zu Sasuke rüber, nebenbei griff ich nach einem Nugget. Er hatte sich kurz von den Beiden weggedreht, um etwas zu trinken und stellte den Becher gerade wieder ab. Locker sah er sie wieder an und ich glaubte kurz ein leichtes, schadenfrohes Grinsen zu sehen. Doch es war so schnell wieder weg, dass ich mir sicher war es mir nur eingebildet zu haben.

„Ich bin verwitwet.“ Vor Schreck ließ ich glatt den Nugget fallen. Ino verschluckte sich an ihrer Cola und begann wie wild zu husten. Das Grinsen auf Sakuras Gesicht verschwand auf einmal und sie wurde mit einem Mal blass. Sie sah aus, als hätte man ihr gesagt, sie müsse in ein paar Tagen sterben.

„S-Sie waren... verheiratet?“

„Ja, war ich. Leider viel zu kurz“ Kurz herrschte Stille.

„Sie haben aber früh angefangen...“ Ich musste bei dem Gedanken grinsen. Sicher wirkte das für Ino und Sakura so, immerhin sah Sasuke wie 24 aus, aber ich war mir sicher, dass er schon viel älter war. Nur hatte ich Schwierigkeiten mir ernsthaft vorzustellen, dass ausgerechnet er verheiratet gewesen war. Aber eigentlich war das egal, ich freute mich gerade ungemein, das Sasuke Sakura eins reingewürgt hatte.
 

~Sasuke~
 

Mit Genugtuung stellte ich fest, dass meine Antwort voll ins Schwarze getroffen hatte. Ich hasste es einfach, wenn sich Menschen in mein Leben einmischten. Dabei wurde ich oft an längst vergangene Dinge erinnert, die ich am liebsten einfach nur vergessen wollte. Doch trotz meines langen Lebens, würde das wahrscheinlich niemals passieren. Vielleicht war das auch ganz gut.

Ich sah zu Naruto rüber, der nun nicht mehr rot im Gesicht war. Im Gegenteil, er schien sich gerade sehr über Sakuras Gesichtsausdruck zu freuen. Scheint so als würde er mir jetzt etwas schulden. Plötzlich drehte sich Naruto, mit einem fröhlichen Grinsen im Gesicht, zu mir um. Es verschwand noch nicht einmal, als er mir direkt in die Augen sah. Kurz hielt er den Blick, blinzelte einmal, fast so als wollte er sich bedanken, sah dann aber wieder weg und aß weiter. Dieser Augenblick kam mir so vertraut vor, doch handelte es sich dabei nicht um ein Déjà vu. Ich hatte diese Situation, genau wie dieses atemberaubende Lächeln, schon einmal erlebt. Bei dieser Erkenntnis breitete sich ein Gefühl der Wärme in mir aus, nur wusste ich nicht warum. Es lag einfach zu lange zurück. Warum nur fühlte ich mich auf einmal so... glücklich?
 

~Naruto~
 

Der Rest des Essens verlief ruhig und ohne Vorkommnisse. Die beiden Mädchen redeten nach einer Weile wieder miteinander, was mir nur Recht sein sollte. Sakura hatte sich nach ihrer Frage eine ganze Weile nicht mehr getraut ein Wort zu sagen. Verständlich, wenn man nicht vergaß, dass sie praktisch Öl in eine offene Wunde gegossen hatte und Sasuke sie dafür gegen eine ausgestreckte Faust hatte laufen lassen. Ich konnte nichts dafür, aber in diesem Augenblick war ich ihm so dankbar. Mir war ja bewusst, dass er es sicher nicht für mich gemacht hatte, aber trotzdem freute ich mich darüber. Er hatte mir schon aus ein paar heiklen Situationen geholfen. Vielleicht... war er doch nicht ganz so schlecht, wie ich zuerst gedacht hatte...
 

Nachdem wir alle mit Essen fertig waren, fuhr Sasuke uns, einer nach dem Anderen, nach Hause. Ich wurde als zweites abgesetzt, verabschiedete mich schnell und ging dann sofort rauf in meine Wohnung. Meine Tasche schmiss ich einfach in die nächste Ecke, duschte mich ausgiebig und legte mich anschließend schlafen. Die Ruhe würde ich brauchen, für das was ich noch vor mir hatte.
 

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Der 24. Dezember kam schnell und noch dazu eiskalt. Ich saß gerade auf einer Bank, ein paar Straßen von Sasukes Wohnung entfernt, und hörte mir Kibas und Sakuras Vorschläge, wie wir am besten in Sasukes Wohnung kommen könnten, an. Es waren wirklich nicht sehr gute Vorschläge, weshalb wir jetzt auch schon seit einer halben Stunde in dieser Schweinekälte diskutierten. Kein Geschäft in der Umgebung hatte mehr geöffnet, weshalb wir dazu gezwungen waren hier draußen zu reden. Obwohl ich warm angezogen war, fror ich unheimlich. Mein Gesicht war halb hinter einem dicken orangen Wollschal versteckt und meine Hände hatte ich in den Jackentaschen. Ich trug eine dicke, warme, etwa knielange Jacke, doch bei diesem kalten Wind hielt die Wärme nicht lange an. Warum nur musste es dieses Jahr so bitter kalt sein?

Kiba hatte vorgeschlagen, dass wir auf das Dach klettern und uns dann mit einem Seil runter lassen sollten. Das sollte er mir lieber erst mal vormachen. Sakura hatte aber auch keine besseren Ideen. Sie wollte ihm nur irgendwie nahe kommen und dachte gar nicht über einen richtigen Vorschlag nach. Eigentlich wollten die Beiden mich auch nur hier haben, weil ich Sasukes Wohnung kannte. Da war ich mir fast sicher. Außerdem gab ich den perfekten Sündenblock ab, wenn wir erwischt würden. Doch zu meinem Glück stand ich nicht ohne Plan da. Immerhin wollte ich da schnell und vor allem unverletzt wieder raus. Nach kurzer Zeit gelang es mir den Beiden meinen Vorschlag schmackhaft zu machen. Ich hatte mir schon die ganzen letzten Tage Gedanken darüber gemacht und war eigentlich zu einer guten Lösung gekommen. Wir einigten uns darauf und machten uns auf den Weg zu Sasukes Wohnung.

Ich konnte nicht fassen, was ich gerade im Begriff war zu tun. Gleich würde ich wirklich einen Einbruchsversuch bei Sasuke starten... //Hoffentlich wird das gut gehen...//
 

Sakura und ich gingen gerade durch das Treppenhaus des Gebäudes. Kiba wartete unten im Flur auf uns. Ich war jetzt wirklich am zweifeln, ob das denn wirklich so eine gute Idee gewesen war, aber wenn es wirklich so schlimm war, was Konohamaru in dieses Heft geschrieben hatte, dann würde ich ihm theoretisch das Leben retten. Außerdem, wenn Sasuke einen von den Anderen erwischen würde, wer weiß, was er ihnen antun würde! Ich sah runter zu dem Blumentopf in meiner Hand. Es handelte sich dabei um einen Weihnachtsstern, den ich selbst gezogen hatte. Daran hing ein Zettel, wo drauf stand, wie die Pflanze zu pflegen wäre. Es sollte als Ablenkung dienen, damit es nicht ganz so komisch aussah, dass wir bei ihm vor der Tür standen. In meiner Wohnung hatte ich noch drei weitere Exemplare stehen.

Endlich kamen wir an seiner Tür an. Sofort klingelte Sakura.

//Tja, jetzt ist es wohl zu spät um umzudrehen.// Einige schwere Sekunden tat sich nichts, bis dann leise Schritte immer lauter wurden. Ich hörte, wie die Tür aufgeschlossen wurde und keine Sekunde später sah uns ein überraschter Sasuke an. Ich wüsste zu gerne, was er gerade dachte. An seinen Augen konnte man es ja nicht erkennen.

„Was macht ihr Beiden hier?“ Sakura antwortete schon, ehe ich nur dazu ansetzen konnte.

„Guten Abend, Sensei. Wir wollten Ihnen frohe Weihnachten wünschen...“, dann drehte sie sich zu mir um, riss mir den Blumentopf mit dem Weihnachtsstern aus der Hand und drückte ihn Sasuke in die Hände.

„... und Ihnen das hier vorbei bringen. Von der ganzen Klasse.“ Sie lächelte ihn breit an und verschränkte ihre Hände hinter ihrem Rücken. Er dagegen schien etwas überrumpelt zu sein und sah misstrauisch zu mir. Ich ließ mir aber nichts anmerken und sah schnell zu Sakura.

„Hm... danke. Ich würde euch rein bitten, aber im Moment habe ich wirklich keine Zeit.“ Das konnte man ihm ansehen, auch wenn er trotzdem cool, wie immer, da stand.

„Ist in Ordnung Sensei. Wir wollten Ihnen das nur schnell vorbei bringen. Ach ja, ich hatte auch noch eine Frage wegen der Klassenfahrt.“ Sie setzte einen bittenden Blick auf und versuchte so was wie Verlegenheit vorzutäuschen.

„Es dauert wirklich nicht lange.“ Wie immer wenn Sasuke etwas nicht recht war, verschränkte er die Arme und sah uns ernst an. Doch dann seufzte er leicht, entspannte sich wieder und nickte.

„Fein, dann...“ Ein leises Klingeln unterbrach seinen Satz und er ging ohne uns anzusehen wieder in seine Wohnung. Ich gab Sakura einen leichten Stoß, um ihr zu zeigen, dass sie reingehen sollte. Der Plan war, dass sie Sasuke nur ein paar Sekunden ablenken brauchte, damit ich mich um die Tür kümmern konnte. Er kam wieder und Sakura begann ihm ihr „Problem“ zu schildern. Sie verdeckte dabei perfekt die Sicht auf mich und ich kramte unauffällig in meiner Jackentasche. Alles was ich brauchte hatte ich mit. Schnell fand ich das Klebeband und riss ein Stück davon ab. Das Stück klebte ich über den unteren Verschlussriegel. Ich hatte das schon ein paar Mal gemacht. Nicht bei fremden Wohnungen, nur bei meiner Zimmertür, als ich noch bei meiner Tante und meinem Onkel gewohnt hatte. Wenn ich Ärger in der Schule bekommen hatte, hatten sie mir manchmal Hausarrest gegeben und mich nicht mehr aus meinem Zimmer gelassen.

Meine einzige Sorge war eigentlich nur, dass es vielleicht nicht halten würde. Ich hatte zwar starkes Klebeband genommen, aber das hier war ein eindeutig besseres Schloss als das meines damaligen Zimmers.

„Hast du sonst noch Fragen?“ Ich drehte mich zu den Beiden um, während Sakura den Kopf schüttelte.

„Nein, das war alles. Dankeschön.“

„Dann solltet ihr jetzt nach Hause gehen. Ich bin mir sicher, dass ihr heute noch was vorhabt.“ Dabei sah er mich an und ich nickte einfach nur.

//Wenn der wüsste...// Trotzdem sah er immer noch nicht weg und blickte mir weiter direkt in die Augen. Sakura bemerkte das überhaupt nicht.

„Ja, machen wir Sensei. Und frohe Weihnachten.“ Schon zog mich Sakura mit sich. Wir verließen das Gebäude und warteten in einiger Entfernung, zusammen mit Kiba. Es dauerte auch nicht lange bis auch Sasuke das Gebäude verließ. Er hatte es sehr eilig, also nahm ich an, dass er entweder spät dran war oder großen „Durst“ hatte.

Als er außer Reichweite war, ging ich wieder rein und durch das Treppenhaus hinauf zu Sasukes Wohnung.

//Gott... ich glaub nicht, dass ich das wirklich tue.// Ich holte aus meiner Jacke eine alte Mitgliedskarte, und schob sie, mit viel Mühe, zwischen Wand und Tür. Ich bewegte die Karte etwas und zu meinem Leidwesen war ein Klicken zu hören und die Tür ließ sich öffnen. Jetzt blieb mir nichts anderes übrig, als die Sache durchzuziehen.

//Okay, jetzt schnell rein, die Hefte austauschen und dann schnell wieder weg. So schwer ist das nicht.// Und würde Sasuke unverhofft wieder kommen, würde Sakura mich schnell anrufen und warnen.

Schnell entfernte ich das Klebeband und schloss leise die Tür. Ich griff nach meiner kleinen Taschenlampe und leuchtete mir so den Weg. Bei dieser Sache wollte ich kein Risiko eingehen. Zumindest nicht mehr als nötig. Ich leuchtete vorsichtig durch die Wohnung und entdeckte sogar den Weihnachtsstern, den er auf seinen Wohnzimmertisch gestellt hatte. Es freute mich, dass er so offen stand, denn wenn ich ehrlich war, hätte es mich auch nicht gewundert, wenn er ihn einfach weggeschmissen hätte.

Im Grunde wusste ich, wo ich suchen musste. Als ich das letzte Mal hier gewesen war, hatte er oben an seinem Schreibtisch gearbeitet. Es war wahrscheinlich, dass er das immer tat. Sofort ging ich hinauf zum Schreibtisch und hätte am liebsten losgeheult. Er war vollgeknallt mit Heften, Aufsätzen, Unterlagen und allem möglichen Sachen. Es war doch zum verzweifeln! Ich hielt die Taschenlampe im Mund, sodass ich die Hände zum Suchen nutzen konnte, und machte mich daran das Heft zu finden. Nach zehn Minuten, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen, wurde ich auch fündig. Ich hatte den Stapel mit den Heften von Konohamarus Klasse gefunden und blätterte sie durch. Zu meinem Glück hatte er sie wirklich noch nicht kontrolliert. Ich tauschte die beiden Hefte aus und wollte sie gerade wieder zurück legen, als etwas passierte, das mir das Blut in den Adern gefrieren lies:

Mein Handy hatte begonnen zu klingeln! Vor Schreck ließ ich auch noch die Hefte fallen, die sich auch prompt über den Boden verteilten. Mein Herz schlug laut gegen meine Brust.

//Okay Naruto, ganz ruhig... bewahr die Ruhe... jetzt ist nicht der Zeitpunkt um Panik zu kriegen... vielleicht ist es wer anders... ganz bestimmt...// Ich sah nicht auf das Display, sondern ging gleich ran, während ich nebenbei begann die Hefte wieder einzusammeln und sie auf den Tisch zu legen.

„Ja?“, fragte ich zögerlich.

„Naruto!“ Es handelte sich doch um Sakura.

„Naruto! Du musst schnell weg. Er kommt! Er ist schon auf dem Weg nach oben!!!“

„Was?! Wieso, du-“

„Wir haben kurz nicht aufgepasst und dann stand auf einmal sein Auto da, aber ist doch jetzt egal!! Versteck dich schnell!!!!“ Ich legte schnell auf und verstaute das Heft in meiner Tasche. Wieso war er schon wieder da? Ich versuchte Ruhe zu bewahren, aber nach der Hysterie, die Sakura verbreitet hatte, fiel mir das schwer. Ich rannte schnell die Treppe runter, nahm dabei die Taschenlampe aus dem Mund und leuchtete den Weg. Ein paar Mal wäre ich beinahe über meine Beine gestolpert. Doch als ich mitten im Wohnbereich stand hörte ich schon wie die Eingangstür aufgeschlossen wurde.

//Okay Naruto... jetzt ist der Zeitpunkt um Panik zu kriegen!// Ich saß wie eine Maus in der Falle! //Schnell... ein Versteck!// Ich drehte mich um und leuchtete im Raum umher. Es gab keinen Platz, wo ich mich hätte verstecken können. Zumindest keines in dem er mich nicht sofort entdecken würde. Ich wollte mich gerade hinter dem Klavier in der Ecke verstecken, als auf einmal hinter mir die Tür ins Schloss fiel und das Licht anging. Ertappt blieb ich mitten im Raum stehen, mit der Tür direkt hinter mir, und rührte mich keinen Millimeter. Ich spürte deutlich die Anwesenheit einer weiteren Person und deren Blick in meinem Nacken. Leidend schloss ich die Augen.

„Oh bitte... bitte sei ein Einbrecher.“ Ich drehte mich halb um. Alles geschah furchtbar schnell. Ich hörte ein kurzes Kichern, als auf einmal das Licht anfing zu flackern und schließlich wieder ausging. Noch ehe ich sehen konnte, was sich hinter mir befand, durchzog mich ein fester Ruck und riss mich von den Füßen. Mir wurde die Luft aus dem Körper gedrückt, bis ich unsanft mit dem Rücken gegen eine Wand stieß. Dabei ließ ich versehentlich die Taschenlampe fallen, die dann scheppernd zu Boden fiel und ebenfalls erlosch. Ich schnappte nach Luft und öffnete wieder die Augen, die ich vorher vor Schreck zu gekniffen hatte. Sasuke stand vor mir, drückte mich an die Wand und sah mir direkt in die Augen. Es war ein unheimlicher Anblick. Sasuke wurde halb vom einfallenden Mondlicht angestrahlt, wodurch er noch blasser wirkte und sein Haar silbern schimmerte. Doch was dieses Bild so unheimlich machte, waren die gefürchteten, stechend roten Augen, die mich musterten. Ich versuchte die Ruhe zu bewahren, denn ich würde Sasuke nur provozieren, wenn ich ihm zeigte, dass ich Angst hatte.

„Was für eine Überraschung dich hier zu sehen. Was verschafft mir die Ehre deines “Besuches“?“ Er sprach sehr leise, doch ich verstand deutlich jedes Wort.

„Ich... ähm... ich wollte... äh...“ Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Was auch? Ich konnte froh sein, wenn er mich “nur“ anzeigen würde.

„Du wolltest?“, hakte er nach. Weiter versuchte ich eine Ausrede zu finden und stotterte vor mich hin, doch fiel mir einfach nichts ein. Sasuke legte derweil seine rechte Hand an meinen Hals, mit der Anderen hielt er mich noch immer fest, und schob leicht meinen Schal beiseite. Sofort legte ich eine Hand um sein Handgelenk, um ihn davon abzuhalten weiter zugehen. Ich musste ihn ablenken.

„W-wieso bist du schon zurück. Ich dachte, du hättest eine Verabredung...“ Sasuke sah mich nicht an, als er antwortete, sondern musterte die frei gewordene Stelle an meinem Hals und strich ab und an mit dem Daumen darüber. Ich musste zugeben, dass es sich wirklich schön anfühlte. Sein Grinsen verriet mir, dass er es gemerkt hatte.

„Woher du das wieder weißt... “, sein Grinsen wurde breiter.

„Ich hatte eine Verabredung, aber ausgerechnet dieses Jahr musste sie sich wieder mit ihrer Familie versöhnen und hat mir deswegen für heute abgesagt.“

„Das... das passiert dir bestimmt nicht oft.“ Ich musste das Gespräch irgendwie am Laufen halten. Er strich erneut über die Stelle.

„Eher selten. Es würde mich aber interessieren, wie du hier herein gekommen bist. Aber wo du schon hier bist, kommst du mir, ehrlich gesagt, sehr gelegen.“ Sasuke drehte meinen Kopf zur Seite, gab damit meinen ganzen Hals frei und zeigte jetzt wieder seine Fangzähne.

„Sieht so aus, als müsste ich doch nicht auf meinen Weihnachtsschmaus verzichten.“ Ehe ich reagieren konnte, stieß er vor und ich schrie panisch auf. Doch der erwartete Schmerz blieb aus. Ich spürte, wie Sasukes Atem über meine Haut strich und sein Haar in meinem Gesicht kitzelte. Zögerlich öffnete ich ein Auge. Plötzlich begann Sasuke zu kichern, lachte bald darauf los und hauchte mir ins Ohr.

„Hahahaha... Du hättest dein Gesicht sehen müssen. Unbezahlbar... und so berechenbar... Hahaha...“ Ich sah ihn ungläubig an. Dieser arrogante... Was bildete der sich überhaupt ein?! Sofort stemmte ich meine Hände gegen seine Brust und schubste ihn von mir weg. Er aber lachte immer noch.

„Du arroganter Mistkerl! Was bildest du dir überhaupt ein?“ Er hörte auf zu lachen und sah mich ernst an.

„Ich bin keins von deinen Spielzeugen, mit dem du spielen kannst, wenn du Lust dazu hast. Such dir wen anderes dafür!“ Ich war wütend auf ihn und das zu Recht. Ich wollte gar keine Antwort von ihm. Eingeschnappt stapfte ich an ihm vorbei in Richtung Ausgang. Dass ich mich gerade in seiner Wohnung befand, verdrängte ich erfolgreich. Ich wollte die Tür öffnen, doch sie rührte sich keinen Millimeter. Erneut versuchte ich es und rüttelte daran, doch wieder tat sich nichts. Ein leichter Windzug hinter mir und Sasukes Hand, die auf einmal an der Tür lehnte, brachten mich dazu zurück zublicken. Direkt in Sasukes grinsendes Gesicht. Er nahm seine Hand wieder von der Tür und legte sie um meine Schultern. Unweigerlich zog er mich damit näher an sich und lehnte seinen Kopf an meine Schläfe. Mir wurde auf einmal schrecklich warm und mein Herz begann so wild zu schlagen, dass ich Angst bekam es würde mir gleich aus der Brust springen. Warum musste er mir so nahe sein, konnte er denn nicht weg gehen? Es fiel mir so schwer dabei ruhig zu bleiben. Noch dazu spürte ich auch noch seinen Atem auf meiner Haut.

„Suchst du den hier?“ Er hielt einen Schlüssel, wahrscheinlich der Wohnungsschlüssel, in seiner linken Hand. Ich griff danach, aber natürlich zog er ihn weg.

„Weißt du, du solltest nicht alles so persönlich nehmen. Manche Leute meinen es nicht so böse, wie es manchmal erscheint.“ Ich löste mich, so gut es gerade möglich war, von ihm und drehte mich zu ihm um.

„Wie soll es denn sonst gemeint sein?“
 

~Sasuke~
 

Ich gab zu, als ich in meine Wohnung kam und Naruto sah, freute ich mich. Meine Laune war im Keller gewesen, weil es dieses Weib tatsächlich gewagt hatte, mir abzusagen. Und dabei hatte ich heute so einen Durst. Es kam mir fast wie ein Weihnachtswunder vor, das ausgerechnet Naruto in meiner Wohnung stand.

//Sieht so aus als wäre ich dieses Jahr doch sehr brav gewesen.//

Ich hatte eigentlich schon geahnt, dass irgendetwas passieren würde, als er vorhin mit Sakura vor der Tür stand. Während ich Naruto zur Rede stellte, schweiften meine Gedanken wieder für einen Moment ab. Was war es nur gewesen, dass mir beim letzten Mal so vertraut vorgekommen war. Im Moment blieb es mir verborgen und das wurmte mich. Noch dazu musste ich bald eine Entscheidung treffen. Ich hatte mich noch nicht entschlossen ob und, gegebenenfalls, wann ich ihn aus dem Weg räumte. Es konnte gefährlich werden ihn länger rumlaufen zu lassen, doch mich hielt etwas davon ab einfach kurzen Prozess mit ihm zu machen. Ich würde dann vielleicht nie erfahren warum er diese Gefühle, Erinnerungen oder was auch immer es war, in mir auslöste. Es schien mir mal wichtig gewesen zu sein. Aber egal…

Ich konzentrierte mich wieder auf Naruto. Er war wirklich zu niedlich, wie er versuchte nach irgendeiner Ausrede zu suchen. Es interessierte mich eigentlich nicht, weshalb und vor allem wie er in meine Wohnung gekommen war. Er war hier und sein Geruch lockte mich mehr denn je. Beinahe hätte ich wahr gemacht, was ich gesagt hatte, doch konnte ich mich noch im letzten Moment zurück halten. Sicherlich hatte Sakura ihm geholfen und wartete jetzt irgendwo noch auf ihn. Die Versuchung war aber auch groß. Naruto schien das allerdings nicht lustig zu finden, denn sofort stieß er mich von sich. Es sah so niedlich aus, als er sich aufregte. Seine Wangen vor Wut und auch Verlegenheit leicht gerötet, sah er mich wütend an und schrie los. Er hatte wirklich Temperament, ich liebte das. Ich folgte ihm zur Tür und stellte mich dicht hinter ihn.

Was ich sagte, meinte ich ernst. Er würde sich das Leben nur unnötig schwer machen, wenn er immer alles persönlich nahm. Egal, wie lang es sein würde.

Doch dann löste er sich von mir und sah mir direkt in die Augen.

„Wie soll es denn sonst gemeint sein?“ Er blickte fragend zu mir herauf, wirkte dabei etwas unsicher. Ich drückte ihn an die Tür, kam ihm so noch etwas näher.

//Dieser... dieser Blick. Den habe ich doch schon mal gesehen.// Sofort breitete sich wieder dieses vertraute Gefühl, das ich schon beim letzten Mal gespürt hatte, in mir aus. Es fühlte sich an, als würde es die Kälte aus meinem Körper drängen und mein Herz höher schlagen lassen. Woher kannte ich das nur?

Ohne eine Miene zu verziehen, musterte ich ihn von oben bis unten und versuchte herauszufinden was es war, dass mir so vertraut vorkam. Seine Augen schimmerten im fahlen Mondlicht wie Sterne und sahen mich unbeirrt an. Mein Blick blieb an seinen Lippen hängen, die so verführerisch geöffnet waren, als wolle er jeden Moment etwas sagen. Er rührte sich keinen Millimeter, weshalb ich ihm wieder in die Augen sah. Auch er musterte, zu meinem Erstaunen, meine Lippen. Ein freudiges Lächeln bildete sich auf meinem Gesicht, welches ihn dazu brachte erst erschrocken aufzublicken und dann verlegen zur Seite zu sehen. Und als wäre das noch nicht reizvoll genug, gab er, unbewusst, den Blick auf seinen Hals frei. Wer sollte denn da die Beherrschung behalten?
 

~Naruto~
 

Unsicher hatte ich auf eine Antwort gewartet und ihn beobachtet. Ich wusste nicht, warum ich ausgerechnet an seinen Lippen hängen geblieben war. Vielleicht weil sie bei mir direkt auf Augenhöhe waren. Ich wollte es eigentlich nicht.

//Nein Naruto... Nicht auf die Lippen schauen... Guck weg... irgendwohin... Guck ihm in die Augen... Nein, das ist noch schlechter...// Doch als er auf einmal lächelte, blickte ich erschrocken auf und sah ihm direkt in die Augen. //Oh nein, jetzt hat er es doch bemerkt!// Sofort sah ich zur Seite und hoffte er hätte es doch nicht mitbekommen, als sich auf einmal seine Hand um mein Kinn legte und mich sanft zwang ihn anzusehen. Er sah mir in die Augen und endlich bekam ich meine Antwort.

„Vielleicht so etwas in der Art?“ Sein Gesicht kam mir gefährlich nahe und ich hielt den Atem an.

//Was... was hat er vor?// Ich konnte nicht weg, seine Hand hielt weiterhin mein Gesicht fest, ohne mir aber wehzutun. Ich legte meine Hände an seinen Brustkorb und drückte ihn weg, doch vergebens. Noch immer sah er mir in die Augen, die er aber langsam schloss. Und dann spürte ich Sasukes Lippen auf den meinen. Ich riss ungläubig die Augen auf. Sie waren kalt, aber fühlten sich unglaublich weich an. Sofort schoss mir die Hitze ins Gesicht und mein Herz setzte für eine Sekunde aus, nur um anschließend noch schneller zu schlagen. Ich glaubte einfach nicht, was da gerade passierte, war zu geschockt um den Kuss abzulehnen oder zu erwidern. Das konnte doch einfach nur ein Traum sein. Er nahm meine rechte Hand in seine und drückte sie an die Tür. So hatte ich keine Chance ihn von mir wegzuschieben. Mein Herz schlug so fest und laut, dass ich fürchtete, dass Sasuke es spüren könnte. Der aber hatte seine Augen geschlossen, fuhr mit seiner Hand, die bis eben noch an meinem Kinn geruht hatte, zu meinen Nacken und zog mich so näher. Dabei strich er mit dem Daumen immer wieder leicht über meine Wange und mein Ohr, was mir eine Gänsehaut über den Rücken jagte. Noch einmal versuchte ich ihn von mir zu drücken, aber auch dieser Versuch schlug fehl. Wollte ich denn überhaupt, dass er aufhörte? Allmählich ließ mein Widerstand nach. So schlecht fühlte es sich gar nicht an. Als er das merkte, begann er seine Lippen leicht zu bewegen. Die Anspannung wich aus meinem Körper und machte nach und nach einem aufregenden Kribbeln im Bauch Platz. Ich begann zaghaft den Kuss zu erwidern, schloss dabei die Augen und krallte mich in seine Lederjacke. Das nutzte er aus und legte seine Hand, mit der er bis eben meine Hand festgehalten hatte, um meine Taille, wodurch er mich noch dichter an sich ran zog. Mein Herz machte Überstunden, ich war mir fast sicher, dass es gleich stehen bleiben würde. Erneut strich er mir über die Wange, bevor er seine Hand ganz in meinen Nacken legte und dort über die Haut und mein Haar strich. Wohlig seufzte ich in den Kuss, als mich wieder ein Schauer durchfuhr. Mein Verstand hatte sich schon längst verabschiedet, doch jetzt ging mir langsam aber sicher die Luft aus. Plötzlich spürte ich, wie etwas Feuchtes über meine Lippen strich.

//Er will doch nicht...// Ich drückte ihn wieder weg, löste damit den Kuss und schnappte nach Luft. Doch keine Sekunde später zog er mich am Nacken wieder an sich ran, legte seine Lippen erneut auf meine und drang mit seiner Zunge in meinen vor Überraschung geöffneten Mund. Dabei stieß ich leicht mit dem Hinterkopf an die Tür hinter mir.
 

~Sasuke~
 

Ich verlor die Kontrolle über mich. Es war mir praktisch unmöglich von Naruto abzulassen und es lag nicht nur an dem Geruch seines Blutes. Er hatte sich anfangs gewehrt, doch sein Widerstand ließ schnell nach und zögerlich erwiderte er den Kuss. Er wirkte nervös, als wäre es sein erster Kuss. Womöglich war er es auch. Sein Herz schlug so schnell, ich konnte es förmlich spüren, wie es gegen meine Brust schlug. Wieder konnte ich ein Grinsen nicht unterdrücken, was immer nur bei Naruto passierte. Nichts und niemand sonst schaffte das. Es wunderte mich schon etwas, dass er so schnell nachgegeben hatte. Anscheinend gefiel es ihm. Sanft hielt ich seine Hand, zog ihn dichter an mich ran. Ich wollte seine Nähe und das vertraute Gefühl genießen.

Vorsichtig leckte ich über seine Lippen. Wieder wurde ich in meiner Vermutung verstärkt, dass es sein erster Kuss war. Er versuchte wieder mich wegzudrücken und löste für einen kurzen Moment den Kuss. Natürlich ließ ich ihn nicht los, zog ihn am Nacken wieder zu mir hoch und küsste ihn erneut. Ich nutzte seine Überraschung aus und begann seine Mundhöhle zu erkunden. Ganz vorsichtig, um ihn nicht zu verschrecken. Er entspannte sich schnell wieder, legte sogar eine Hand an meine Schulter. Sanft stupste ich seine Zunge an, um ihn zum Spielen zu animieren. Nur zögerlich begann er mitzumachen, doch dann umspielten sich unsere Zungen, als ob sie nie etwas anderes gemacht hätten. Ich verlor endgültig die Kontrolle über mein Handeln. Ich hatte Hunger und ich wollte mehr, als nur diese Nähe. Wieder strich ich ihm mit der rechten Hand über die heiße Wange, fuhr dabei mit meinen Lippen zu seinem Ohr. Immer wieder hinterließ ich auf dem Weg dorthin zarte Küsse auf seiner Haut, welche ihm leise Seufzer entlockten. Mit meiner anderen Hand, die noch immer um seine Taille gelegt war, strich ich ihm über den Rücken. Auch Naruto begann mit seinen Händen leicht über meine Schultern zu streichen. Seine Augen waren noch immer geschlossen, als ich an seinem Ohr knabberte. Diesmal wurde ich mit einem leisen Keuchen belohnt. Doch dann konnte ich es nicht mehr aushalten. Ich küsste immer tiefer, bis ich seine Halsschlagader erreichte. Ich leckte einmal über die Stelle und blickte noch einmal in Narutos Gesicht hinauf. Sein Atem ging schnell und er blinzelte träge. Ob er ahnte was kommen würde? Dann hielt ich mich nicht länger zurück. Ich blickte wieder gerade aus, auf seinen Hals und biss zu.

„Aaah!!“ Ein kurzer, erstickter Schrei, gefolgt von einem leisen Jammern, kam von Naruto und er krallte sich augenblicklich in meine Jacke. Er hatte keine Schmerzen wie beim letzten Mal, ich hatte darauf geachtet. Gierig trank ich von seinem Blut. Sofort spürte ich, wie neue Kraft durch meinen Körper floss. Es tat so gut und es war genau das, was ich brauchte. Ich hob ihn mit dem linken Arm etwas an, wobei er den Boden unter den Füßen verlor, und drückte ihn fester an die Tür, um mich nicht zu ihm runter beugen zu müssen. Einige Minuten verweilte ich so und trank sein Blut. Ich war im Rausch, konnte und wollte auch nicht aufhören oder ihn loslassen. Naruto versuchte einige Male mich los zukriegen, indem er gegen meine Schultern drückte, doch ich hielt ihn weiter hoch. Mit meiner rechten Hand strich ich, eher unbewusst, über seine Wange. Deutlich konnte ich seinen hastigen Atem an meinem Ohr fühlen. Erst als ich spürte, dass er schwächer wurde, ließ ich von ihm ab, obwohl ich längst noch nicht satt war. Erneut leckte ich über die Stelle, damit sich die Wunde gleich wieder schließen würde, und setzte ihn langsam wieder ab. Er stand ein wenig wacklig, aber es ging ihm gut.
 

~Naruto~
 

Es hatte sich so gut angefühlt, so umsichtig behandelt zu werden. Ich fragte mich, wo nur meine Angst vor Sasuke hin war. Bestimmt am selben Ort wie mein Verstand. Als er an meinem Hals war, ahnte ich schon, was kommen würde. Ich bemühte mich wieder klar zu denken, doch fiel mir das so schrecklich schwer. Noch immer zog sich dieses aufregende Kribbeln durch meinen Körper. Und dann spürte ich den Biss und schrie vor Schreck auf. Aber dieses Mal blieb der erwartete Schmerz aus. Es war ein seltsames Gefühl, es fühlte sich an, wie ein dumpfes, fast schon taubes, Pochen am Hals. Ich fand es furchtbar unangenehm und außerdem drückte Sasuke dabei gegen meine Kehle, was mir das Atmen erschwerte. Ich konnte ihn nicht wegdrücken, so sehr ich mich auch bemühte. Bei den Geräuschen, die Sasuke machte, bekam ich Angst. Der Gedanke, dass es mein Blut war, das er da trank, ließ mich panisch werden. Wäre ich mir nicht so sicher gewesen, dass er mich am Leben lassen würde, hätte ich vor Angst sicher angefangen zu heulen. Nach einer Weile leckte er noch ein letztes Mal über die Stelle und setzte mich langsam wieder ab. Ich hatte es kaum wahrgenommen, dass er mich hochgenommen hatte, doch jetzt wo ich wieder auf dem Boden stand, knickten mir fast die Beine weg. Sasuke ließ mich einige Momente später los, blieb aber direkt vor mir stehen. Ich traute mich nicht, ihm in die Augen zu sehen, nach dem was eben passiert war. Lieber richtete ich meinen Schal und legte ihn so, dass er die Bissspuren verdeckte. Sasuke schloss die Tür, an der ich noch immer lehnte, auf und steckte den Schlüssel wieder in seine Tasche. Dann sah er mich wieder an.

„Naruto.“ Unweigerlich musste ich aufblicken und versuchte die Röte, die sicher noch immer auf meinen Wangen war, zu verbergen.

„Ich hoffe du hast gefunden, wonach du gesucht hast, denn wenn ich dich noch einmal hier ohne Erlaubnis erwische, dann wirst du nicht so leicht davon kommen, verstanden?“ Hastig nickte ich, denn ich war einfach nur froh, noch einen Puls zu haben. Sasuke zog mich an der Schulter an sich ran, um die Tür öffnen zu können und sofort ging ich los. Plötzlich legte er eine Hand auf meinen Oberarm und stoppte mich so noch einmal. Er zog mich ein wenig zurück, lehnte sich zu meinem Ohr vor und flüsterte hinein.

„Danke für den Weihnachtsstern.“ Ich sah ihn ein wenig ungläubig über die Schulter an, als ich von ihm auch schon einen leichten Stoß bekam und so auf den Flur des Treppenhauses trat. Augenblicklich schloss sich die Tür hinter mir und ich stand alleine da. Ich konnte kaum fassen, was passiert war. Aber ich freute mich, dass Sasuke sich tatsächlich bedankt hatte. Das zauberte mir sogar ein Lächeln auf die Lippen.

Ich ging langsam die Treppen runter, denn noch immer stand ich recht wacklig auf den Beinen. Draußen schaute ich noch einmal zu Sasukes Wohnung hinauf und bildete mir für einen Moment wirklich ein, ihn dort gesehen zu haben. Sicher war das nur Einbildung gewesen...

Ich ging weiter und hielt Ausschau nach Sakura und Kiba, die sicher noch in der Nähe waren. Und tatsächlich entdeckte ich die Beiden, auf einer Bank sitzend und redend. Sie bemerkten mich aber schnell, als ich auf sie zukam.

Die Beiden kamen mir entgegen und fragten gleich los.

„Naruto, warum hat das so lange gedauert?“, fragte Sakura.

„Hast du das Heft oder hat er dich erwischt?“ Die Beiden ertränkten mich praktisch in ihren Fragen.

„Nein, nein. Ich musste mich nur verstecken und als er duschen gegangen ist, bin ich schnell raus gerannt. Und das Heft hab ich auch.“ Ich kramte es aus meiner Tasche und hielt es den Beiden vor die Nase. Kiba wollte schon danach greifen, aber ich zog es wieder weg. Dafür würde ich die Lorbeeren alleine einheimsen.

„Ich bin müde, Leute. Ich gehe jetzt nach Hause und schreib Konohamaru eine SMS, dass ich das Heft habe und es ihm später gebe. Man sieht sich.“ Ich winkte den Beiden zu und rannte los, bevor sie noch irgendein Wort sagen konnten. Im Moment konnte ich ihre Fragen kaum beantworten, weil mich noch immer das eben Erlebte beschäftigte. Nachdenklich strich ich mir mit dem Zeigefinger über die Lippen. Es war fast so, als könnte ich noch immer Sasukes Lippen auf meinen spüren. Sofort zog ich meinen Finger wieder weg, als mir auffiel, dass ich in Träumereien versank.

//So was albernes, ich benehm mich wie ein Schulmädchen!// Mich durchfuhr bei dem Gedanken eine Gänsehaut.
 

Zu Hause angekommen, lenkte ich mich erst einmal von meinen Gedanken ab. Ich schaltete den Fernseher an und guckte einen schönen Weihnachtsfilm. Dabei aß ich etwas Ente, zugegeben nicht selbst gekocht, sondern aus dem Tiefkühlschrank, aber es schmeckte trotzdem wunderbar. Nach dem Film ging ich noch duschen, wobei ich feststellte, dass die Bissspuren bereits wieder verheilt waren. Es war mir ein Rätsel, warum es so schnell gegangen war. Beim letzten Mal hatte es noch ewig höllisch weggetan…

Doch das beschäftigte mich nicht lange. Ich schmiss mich zufrieden in mein Bett. Für meine Verhältnisse war es doch ein schöner Weihnachtstag gewesen. Es war ein aufregender Nachmittag und ein gemütlicher Abend. Das könnten alle Geschenke der Welt nicht aufwiegen. Nur etwas erschöpft war ich, weshalb ich auch immer wieder abdriftete und bald darauf in einen tiefen traumlosen Schlaf versank.
 

~Sasuke~
 

Es war bereits spät in der Nacht, als ich mich auf den Weg gemacht hatte, um noch etwas Wichtiges zu erledigen. Ich hatte es vorhin, als Naruto gegangen war, vollkommen vergessen. Schnell flog ich durch die dunkle, sternenklare Nacht in Richtung von Narutos Wohnung. Lautlos landete ich auf dem Fenstersims und nutze meine Kräfte, um das Fenster zu öffnen. Normalerweise unterlag ein Vampir bestimmten Regeln, die er einhalten musste, doch die galten schon lange nicht mehr für mich. Es war vollkommen still in der Wohnung, nur das regelmäßige Atmen Narutos war aus einer Ecke der Wohnung zu hören. Ich ging auf ihn zu und beobachtete ihn einen Moment lang. Er lag bäuchlings auf seinem Bett und schlief tief und fest. Es sah fast so aus, als hätte er sich nur ins Bett geschmissen und wäre gleich eingeschlafen. Sicher war er sehr geschafft gewesen. Ich wusste selber nicht, was mich da geritten hatte. Und das nur wegen diesem seltsamen Gefühl, das er immer öfter in mir auslöste. Ich fuhr mir kurz durch das Haar und seufzte. Eigentlich wäre jetzt ein perfekter Moment ihn aus dem Weg zu räumen. Aber ich hatte die ganze Zeit darüber nachgedacht und beschlossen, dass ich ihn fürs Erste verschonen würde.

Langsam griff ich in meine Jackentasche und zog ein kleines schwarzes achteckiges Kästchen hervor und legte es gemeinsam mit einem Zettel auf den Nachttisch neben Narutos Bett. Darin befand sich kein Geschenk, sondern seine Kette. Er hatte sie an dem Tag, als er bei mir geschlafen hatte, im Badezimmer vergessen. Ich wusste nicht, ob das der Grund für seinen “Besuch“ bei mir war. Noch einmal blickte ich zu dem Blonden rüber, musterte sein entspanntes Gesicht. Etwas zögerlich wischte ich ihm eine Strähne aus dem Gesicht und strich ihm sanft über die Wange. Leise nuschelte er im Schlaf, als würde er jemanden rufen. Ich könnte mich irren, aber es klang sehr nach meinem Namen. Grinsend hörte ich wieder damit auf. Ich würde schon noch heraus finden, wieso er mir so vertraut vorkam. Aber wenigstens war es noch ein schöner Abend geworden.

//Mal sehen, ob er sich das auf dem Zettel zu Herzen nimmt...// Daraufhin schritt ich leise zum Fenster, drehte mich noch ein letztes Mal um und verschwand dann in der Nacht.
 

Zettel: „Beim nächsten Mal ist es meine. Sasuke“
 

Ende Kapitel 10

... a nightmare

So, endlich das neue Kapitel fertig gestellt.^^ Es hat jetzt so lange gebraucht, da dieses Kapitel eigentlich ein Lückenfüller ist und nicht wirklich geplant war. Und nebenbei war dann auch noch die Maßnahme vom Arbeitsamt, für die so viel Zeit drauf gegangen ist. -.-

Ich wünsch euch auf jeden Fall viel Spaß beim Lesen, ich empfehle das Kapitel hier im Dunkeln zu lesen um sich vielleicht ein bisschen besser vorstellen zu können.^.~
 


 

~Naruto~
 

Es war furchtbar. So schrecklich furchtbar! Ich saß gerade auf meinem Platz in der Klasse und mir platzte förmlich der Kopf. Und das lag nicht an dem Unterricht. Ganz und gar nicht, denn der würde erst in ein paar Minuten anfangen. Schon seit Wochen konnte ich keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ständig musste ich an den 24. Dezember denken, als ich in Sasukes Wohnung gewesen war und er mich aus irgendeinem Grund geküsst hatte. Das wurmte mich, aber etwas anderes machte mir mindestens genauso zu schaffen. Langsam griff ich zu dem Anhänger, der um meinen Hals hing. Es war mein Kreuz, von dem ich gedacht hatte, ich hätte es verloren. Als ich am ersten Weihnachtsfeiertag aufgewacht war und auf meinen Nachtschrank sah, war da ein kleines Kästchen mit einem Zettel von Sasuke gewesen. Natürlich hatte ich mich gefreut, dass ich meine Kette wieder hatte, denn sie gefiel mir wirklich sehr, doch dann fiel mir auf, dass Sasuke unweigerlich in meiner Wohnung gewesen sein musste. Er war irgendwie herein gekommen und ich hatte es noch nicht einmal gemerkt. Doch das Schlimmste war, dass das für mich immer gleichgültiger wurde, meine Gedanken drehten sich fast nur noch um diesen Kuss. Am Liebsten würde ich einfach nach Hause gehen und mich in meinem Bett verkriechen, so wie ich es die vergangenen Ferien über getan hatte, doch mir war klar, dass ich so nicht zu einer Lösung kommen würde. Außerdem musste ich mich seit einer Weile wieder mit Sasuke rumschlagen.

Ich wusste nicht, ob ich froh oder beleidigt sein sollte, denn er ließ sich überhaupt nichts anmerken. Er hatte mich noch nicht einmal angesehen und schon gar nichts dazu gesagt.

Müde griff ich mir an die Schläfen. Meine Kopfschmerzen wollten einfach nicht nachlassen. Wahrscheinlich hatte ich mir doch etwas eingefangen. Das Wetter war in den letzten Wochen nicht besser geworden. Es war kalt und regnerisch gewesen und trotzdem war ich raus gegangen. Das war mir lieber gewesen, als die ganz Zeit in meiner kleinen Wohnung zu bleiben. Heute Morgen hatte ich schon einen Schrecken bekommen, als ich in den Spiegel geguckt hatte. Ich war blass, hatte Augenringe und mir war kalt. Sicher hätte ich zu Hause bleiben sollen, aber heute früh war es noch nicht so schlimm gewesen. Noch dazu ging es mir mal besser, mal schlechter. Ganz bestimmt war ich keiner dieser Streber, die auf Teufel komm raus immer da sein wollten, im Gegenteil! Ich hätte nichts dagegen einfach mal blau zu machen, allerdings war ich noch von letzten Mal abgeschreckt. Immerhin hatte ich mich damit direkt in Sasukes Arme manövriert. Und wenn meine Noten zu schlecht werden würden, könnte es passieren, dass ich wieder zurück zu meiner Tante und meinem Onkel geschickt werden würde und das war viel schlimmer, als sich mal ein bisschen zu quälen. Wenigstens kam es mir heute gelegen, dass mich Sasuke in Ruhe ließ. Leider würde meine Pause gleich vorbei sein...

Beiläufig hörte ich zu, wie sich Kiba und die Anderen neben mir unterhielten. Seit die Schule wieder angefangen hatte, wechselte ich kaum ein Wort mit ihnen. Ich zwang mich nicht mehr dazu unbedingt Freunde zu haben. Zumindest nicht solche wie Kiba und die Anderen. Bei ihrem Gespräch ging es wie immer um das gleiche Thema. Es war wieder eine Frau angegriffen worden.

„Ja, ich habe das auch in den Nachrichten gesehen. Die haben wieder eine Frau, ohne Blut im Körper aufgefunden. Und sie soll keine äußeren Verletzungen haben. Ist das nicht gruselig?“ Gruselig? Sicher, wenn man sich nicht erklären konnte, wie das möglich war. Es war Sasuke gewesen, da war ich mir ganz sicher. Obwohl es mich ein bisschen irritierte. Schon seit ich hierher gezogen war, gab es Nachrichten über viele solcher Vorfälle. Manche Opfer waren ohne äußere Verletzungen und andere wiederum waren schrecklich zugerichtet. Garantiert handelte es sich bei den blutleeren Körpern, die immer Frauen waren, um Sasukes Opfer. Aber auch wenn ich mir sicher war, dass Sasuke dazu in der Lage war, konnte ich mir nicht vorstellen, dass er auch für die anderen Morde verantwortlich war. Diese wurden immer sehr schnell bemerkt, da die Opfer an sehr belebten und bekannten Plätzen liegen gelassen wurden, fast so als wäre das Absicht. Das passte einfach nicht zu Sasuke, denn ihm wäre es doch bestimmt lieber im Verborgenen zu bleiben, oder nicht?
 

Das Klingeln riss mich aus den Gedanken. Jetzt stand eine Doppelstunde Mathe an. Meine Begeisterung für dieses Fach war immer noch gleich Null. Ich hatte zwar viel aufgearbeitet, aber wirklich verstanden hatte ich es nicht. Genau mit dem Klingelzeichen war auch die Tür aufgegangen und Sasuke trat ein. Er trug eine schwarze Hose zusammen mit einem ebenso schwarzen Pullover mit Rollkragen. Auf dem linken Arm des Pullovers war eine rote Verzierung aufgenäht. Leider konnte ich nicht genau erkennen was es genau darstellte. Ob der überhaupt farbige Kleidung hatte? Er trug fast immer schwarze oder andere dunkle Sachen, aber es stand ihm auch wirklich gut. Meist lagen sie eng an, wodurch man seine Figur deutlich erkennen konnte. Bei dieser dunklen Kleidung stach sein blasses Gesicht besonders hervor und man konnte nicht anders als ihn direkt anzusehen. Hätte ich nicht gewusst, wie gefährlich es wäre, hätte ich ihm sicherlich schon einige Male zu oft in die Augen gesehen.

Es ärgerte mich so, dass ich hier saß und fast schon wie ein Schulmädchen über Sasuke nachdachte und das nur, weil er mich einmal geküsst hatte. Sofort stemmte ich meinen Kopf auf meine Handfläche und versuchte den Gedanken daran zu verdrängen. Er hatte es überhaupt nicht verdient, dass ich über ihn nachdachte, immerhin hatte er mich am letzten Donnerstag und Freitag gekonnt ignoriert. Doch jetzt, als er eintrat, blieb sein Blick sofort an mir hängen. Er sah nicht einmal weg, als ich den Blickkontakt abbrach. Hoffentlich hatte das nichts Schlechtes zu bedeuten. Ich versuchte mich ein wenig zu beruhigen.

//Bestimmt hat er nur geguckt, weil ich so blass bin...// Sasuke packte derweil seine Bücher auf den Tisch und richtete sich dann an die Klasse.

„Also gut, bevor wir mit dem Unterricht anfangen, habe ich euch noch etwas anzusagen.“ Er öffnete eine Mappe, die er ebenfalls ausgepackt hatte, und legte diese auf den Tisch.

„Da die Klassenfahrt von der Direktorin abgesegnet wurde, steht das Ziel also fest.“ Er machte eine kurze Pause, da die meisten in der Klasse begannen zu tuscheln. Shikamaru hatte mir erklärt, wo genau es hingehen sollte. Es handelte sich dabei um ein Berghotel, das ein wenig abseits zu einem kleinen Dorf, umgeben von Wäldern, lag.

//Muss ja wirklich schön da sein, dass sich alle so freuen.// Und tatsächlich strahlten fast alle. Es wurde wieder leise, als Sasuke weiter redete.

„Ich möchte, dass ihr euch nachher in der Pause absprecht, mit wem ihr in ein Zimmer wollt. Am Günstigsten wäre es, wenn ihr Vierer-Gruppen bildet.“ Augenblicklich begann wieder das Tuscheln und jeder fragte den Anderen, ob sie nicht in ein Zimmer wollten.

„Ich sagte in der Pause!“ Sasuke erhob so plötzlich die Stimme, dass alle, ich eingeschlossen, zusammen zuckten und es augenblicklich still wurde. Er sah kurz durch die Reihen.

„Dann fangen wir jetzt mit dem Unterricht an.“ Schon drehte er sich zur Tafel und begann Aufgaben anzuschreiben, doch darauf konzentrieren konnte ich mich nicht. Dafür hämmerte es viel zu stark in meinem Kopf. Zu meinem Glück nutzte Sasuke die Stunde nur für Theorie, weshalb ich einfach nur da sitzen brauchte. Ich bekam kaum etwas von der Stunde mit und trotzdem kam es mir wie eine Ewigkeit vor, bis es endlich klingelte. Meine Klassenkameraden machten sich gleich daran ihre Gruppen in die Liste einzutragen, doch mir war das eigentlich völlig egal und ich wollte auch nicht bei irgendjemandem ankriechen und fragen, ob ich mit in das Zimmer kann. Das würde sich schon von alleine klären. Lieber nutzte ich die Zeit, um etwas zu trinken und so möglicherweise die Kopfschmerzen und das leichte Schwindelgefühl zu bekämpfen. Aber, wen würde das auch schon überraschen, natürlich half es kein bisschen. So begann, einige Minuten später, schon die zweite Stunde Mathe bei Sasuke und hier kam ich nicht so gut weg, wie bei der ersten. Denn jetzt folgte der praktische Teil und wie immer in Mathe hatte ich nicht den geringsten Hauch einer Ahnung, was ich machen sollte. Wir sollten irgendwelche Aufgaben lösen, während Sasuke etwas an die Tafel schrieb. Ich konnte es nicht genau erkennen, da meine Sicht allmählich verschwamm. Mir war nicht klar wie lange genau ich einfach nur da saß, die Augen geschlossen hielt und meinen Kopf mit einer Hand abstützte, doch wurde ich wieder in die Realität gerufen, als ich hörte wie jemand neben mir meinen Namen sagte und mich dabei anstupste.

„Hey Naruto? Stimmt was nicht? Du bist auf einmal so schrecklich blass.“ Ich schreckte ein wenig zusammen, da ich damit nicht gerechnet hatte und sah nach rechts, direkt in Kibas, leicht besorgtes, Gesicht. Das überraschte mich doch ziemlich, denn so hatte ich ihn noch gar nicht erlebt, noch nicht einmal als ich letztens aus Sasukes Wohnung gekommen war. Ob das wirklich echte Sorge war?

„Mir geht´s… nicht so gut.“, sagte ich schließlich nur.

„Willst du nicht Sensei Uchiha fragen, ob du ins Krankenzimmer kannst?“ Ich schüttelte mit dem Kopf. Alles was ich wollte war einfach nur in Ruhe gelassen werden, diesen Tag hinter mich bringen und mich dann zu Hause einfach hinlegen.

„Inuzuka! Uzumaki!“ Wieder zuckte ich zusammen als mein Name fiel, nur dieses Mal kam es nicht von Kiba, sondern von vorne. Natürlich war es klar, wer das gewesen war. Ich sah wieder gerade aus zu Sasuke, der sich von der Tafel abgewandt hatte und zu uns rüber sah. In seiner linken Hand hielt er das Mathebuch, in seiner rechten ein Stück Kreide. Er hatte seine Ärmel ein Stück zurück gekrempelt, wohl um zu verhindern, dass sie Kreide abbekamen. Obwohl ihm ein paar der schwarzen Haarsträhnen ins Gesicht hingen, konnte ich deutlich erkennen wie er uns, erst Kiba und dann mich, finster musterte. Doch ich sah schnell auf den Tisch vor mir, stütze erneut meinen Kopf auf meine Handfläche und rieb mir sachte über die Schläfe. Inzwischen hatte ich schon bemerkt, dass es Sasuke überhaupt nicht mochte, wenn jemand in seinem Unterricht nicht aufpasste oder sogar störte. Allerdings traute sich das inzwischen auch kaum noch jemand.

„Ihr habt Aufgaben bekommen und ich bezweifele, dass ausgerechnet ihr Zwei schon fertig seid. Also seid gefälligst ruhig!“ Er sah uns dabei strafend an. Kiba schien sich auch erschreckt zu haben, doch er fasste sich schnell wieder.

„Tut uns leid, Sensei. Aber Naruto geht es nicht gut.“ Praktisch im selben Moment spürte ich Sasukes prüfenden Blick auf mir. Ich sah noch immer auf den Tisch mit meinen Sachen und versuchte dieses Gefühl, beobachtet zu werden, zu ignorieren, denn ich konnte eindeutig aus den Augenwinkeln erkennen, dass mich jetzt auch viele aus der Klasse ansahen. Am Liebsten hätte ich Kiba dafür mein Buch an den Kopf geworfen. Ich wollte doch einfach nur meine Ruhe, auch wenn er es bestimmt gut gemeint hatte. Zwischen dem leisen Gemurmel einiger Anderer hörte ich Schritte auf mich zu kommen und kurz darauf erkannte ich aus den Augenwinkeln wie Sasuke rechts neben mir zum Stehen kam. Ich sah nicht auf. Mein Kopf fühlte sich an, als hätte ein Auto darauf geparkt und genau so schwer kam er mir auch vor. Ich erschrak, als ich plötzlich Sasukes, zugegeben, angenehm kalte Hand auf meiner Stirn fühlte. Ein angenehmer Schauer lief mir über den Rücken. Mir wurden sofort die Augen schwer und ich geriet in Versuchung sie ganz zu schließen und vielleicht sogar wegzunicken. Leider verschwand die Hand viel zu schnell wieder, legte sich dafür aber auf meine Wange und fühlte sie einen Moment ab. Ein angenehmes Kribbeln ging von der Stelle aus. Ich wusste nicht, ob es von der Erkältung herrührte oder einfach an der Berührung selbst lag, doch auch mein Herz begann einen Takt schneller zu schlagen.

„Hm…“, meinte er leise und murmelte etwas unverständliches, während er seine Hand noch einmal auf meine Stirn legte. Ich drehte meinen Kopf nach rechts und sah ihn direkt an. Er hatte sich etwas vorgebeugt, wodurch er in meinem Blickfeld war. Sasuke sah mir unverwandt in die Augen, als suche er vielleicht etwas, doch schon in der nächsten Sekunde schloss er sie und richtete sich wieder auf.

„Du gehörst definitiv in die Krankenstation.“

„Sensei. Ich kann ihn hinbringen.“ Kiba hatte sich hinter Sasuke, der sich auch gleich zu ihm umdrehte, zu Wort gemeldet. Ein leichtes Grinsen lag auf seinen Lippen. Der Gauner! Sicher wollte er sich nur vor den doofen Matheaufgaben drücken. Sasuke machte ihm da allerdings einen Strich durch die Rechnung.

„Schon gut, ich werde das machen. Du solltest dich lieber um deine Aufgaben kümmern. Du hast die Übung nötig.“ Kiba grinste ertappt, er hatte wohl selber nicht daran geglaubt, dass es funktionieren würde. Sasuke drehte sich wieder zu mir um, legte eine Hand auf meine Schulter und griff mit der anderen nach meinem Arm.

„Komm, steh auf.“ Aufstehen? Was verlangte der da von mir? Ich war mir überhaupt nicht so sicher, ob mir stehen jetzt so gut tun würde, aber Sasuke zog mich schon auf die Beine. Nur für einen kurzen Moment schloss ich meine Augen, um das leichte Schwindelgefühl, das sich breit machte, loszuwerden. Das Klassenzimmer drehte sich ein wenig und ich stand bestimmt nicht ganz sicher auf meinen Beinen. Doch zu meinem Glück hielt mich Sasuke noch immer fest und ging mit mir zur Tür. Dort drehte er sich noch einmal um und redete mit der Klasse.

„Löst die Aufgaben im Buch zu Ende und macht dann die Zusatzaufgaben, die an der Tafel stehen. Wenn ihr fertig seit verhaltet ihr euch ruhig bis ich wieder komme.“ Ein paar in der Klasse nickten und so gingen wir los.

Auf dem Weg zur Krankenstation sagte keiner von uns was, nur unsere Schritte waren im Gang zu hören. Sasuke hatte mich inzwischen wieder losgelassen und ging still neben mir her. Es fiel mir sehr schwer mit ihm Schritt zu halten, was aber auch nicht verwunderlich war. Das Schwindelgefühl war noch immer da. Ohne einen weiteren Gedanken an Sasuke zu verschwenden, steuerte ich die Wand an der Seite an, lehnte mich zuerst mit dem Körper und dann mit dem Kopf dagegen. Es tat unheimlich gut still zu stehen, zumindest in dieser Situation.

„Naruto, nun komm schon. Es ist nicht mehr weit.“ Ich sah zu Sasuke auf, der auf einmal direkt vor mir stand, und sprach leise.

„Nur eine kleine Pause.“ Dann ließ ich meinen Blick wieder sinken und schloss meine Augen. Anscheinend war es nicht die Antwort, die er hören wollte, denn er seufzte genervt. Es blieb für ein paar Sekunden still und ich genoss die Ruhe. Nur ganz leise vernahm ich ein paar Stimmen aus den naheliegenden Klassenräumen, die wohl von den unterrichtenden Lehrern stammten. Doch dann spürte ich, wie sich Sasukes Hand um meine Taille legte, mich an ihn ran zog, während sich seine andere Hand unter meine Kniekehlen legte und mich hochhob. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, ging Sasuke, mit mir auf den Armen, weiter. Ich beließ es dabei, es hätte nichts gebracht mich in meinem jetzigen Zustand zu wehren, und lehnte stattdessen einfach meinen Kopf gegen seine Schulter.
 

~Sasuke~
 

Natürlich hatte ich gemerkt, dass etwas mit Naruto nicht gestimmt hatte, schließlich war ich nicht blind, aber ich hatte dem keine größere Beachtung geschenkt. Immerhin hatten Menschen ständig irgendetwas. Doch als ich seine Stirn befühlte, musste ich doch zugeben, dass es zwar nichts Gefährliches war, er aber unbedingt Hilfe brauchte. Da hätte es überhaupt nichts gebracht wenn ich Kiba nachgegeben hätte und er ihn zur Krankenstation brächte. Ich zweifelte stark daran, dass er kräftig genug war Naruto zu tragen, falls dieser abgeklappt wäre. Denn das war nun beinah der Fall gewesen. Er war auf einmal stehen geblieben, hatte mir in die Augen gesehen und wollte eine Pause machen. Aber schon, als er seinen Blick wieder sinken ließ, merkte ich wie seine Knie langsam nachgaben und er allmählich begann an der Wand runter zu rutschen. Ehe er umkippen konnte, legte ich einen Arm um ihn und hob ihn an. Er hatte das wahrscheinlich nicht mal wirklich mitbekommen, zumindest nicht, dass er beinah umgefallen wäre. Zu meiner Erleichterung wehrte er sich auch nicht dagegen, sondern lehnte sich an meine Schulter und schwieg. Das Beste, was er, meiner Meinung nach, tun konnte. Dieser Idiot machte auch wirklich nichts als Ärger.
 

Ich trug ihn durch die restlichen Gänge und erreichte endlich die Krankenstation. Naruto legte ich auf einem der Betten ab und suchte nach der Schwester, die ich aber nirgends auffinden konnte. Es hätte mich wirklich interessiert, wo die sich wieder rumtrieb, allerdings sollte sie auch bald wieder herkommen. Bis dahin musste ich mich Wohl oder Übel um Naruto kümmern. Also ging ich wieder zu seinem Bett zurück. Naruto lag völlig unbewegt dort. Die Arme hatte er links und rechts von seinem Kopf ausgestreckt, schien schon seelenruhig zu schlafen, während seine Beine noch immer halb aus dem Bett hingen. Ich holte aus einem Schrank Tabletten, die er gleich einnehmen sollte und füllte noch ein Glas mit Wasser. Beides stellte ich auf das Schränkchen neben dem Bett und rüttelte vorsichtig Naruto wach. Zumindest versuchte ich es, denn das erwies sich schwerer als erwartet. Er brauchte einige Momente um sich zu orientieren.

„Wach auf und setz dich hin. Du willst doch wohl nicht in deiner Schuluniform einschlafen.“ Naruto sah mich nur verständnislos an, machte sogar Anstalten sich einfach umzudrehen, was ich aber zu verhindern wusste. Ich packte ihn an den Schultern und zog ihn kurzer Hand einfach hoch, so dass er jetzt auf dem Bett saß. Er blinzelte einige Male und schwankte leicht. Ich hatte keine Ahnung, warum ich mich so bemühte, ich hätte ihn auch einfach so da liegen lassen können. Obwohl ich ihn bis jetzt am Leben gelassen hatte, weil mich der Gedanke irgendwie wurmte, ihn einfach so umzubringen, merkte ich schon seit geraumer Zeit, dass ich begann mich an seine Gegenwart zu gewöhnen. Und das war das Letzte, was ich wollte.
 

~Naruto~
 

Warum konnte er mich nicht einfach in Ruhe schlafen lassen? Und außerdem verstand ich nicht, was er mit diesem “…nicht in deiner Schuluniform einschlafen.“ meinte. Sollte ich hier etwa ohne Klamotten schlafen? Allein schon der Gedanke daran ließ mich sicher rot anlaufen. Ganz bestimmt nicht! Und dann zog er mich auf einmal hoch, so dass ich jetzt vor ihm saß. Er selbst hatte sich auf die Bettkante gesetzt und begann meine Jacke aufzuknöpfen.

//Moment mal!!// Sofort legte ich meine Hände auf seine, um ihn von diesem Vorhaben abzubringen. Ich war mir ziemlich sicher, dass er vorhatte mich zu beißen. Tatsächlich stoppte er in seinem Tun, als ich seine Hände festhielt.

„Zieh wenigstens die Jacke und die Schuhe aus.“ Ich verstand überhaupt nicht, was er damit meinte. Wozu sollte ich meine Schuhe ausziehen, wenn er mich beißen wollte. Ein komischer Gedanke. Deshalb sah ich mühevoll auf und ließ weiterhin Sasukes Hände nicht los. Ich wünschte mir im nächsten Moment, das lieber sein gelassen zu haben. Sasukes Gesicht war vielleicht mal fünf Zentimeter von meinem entfernt und er sah mir direkt in die Augen. Mein Herz machte einen Hüpfer und schlug um einiges schneller als vorher. Wieso schaffte er es nur mich so durcheinander zu bringen? Zu deutlich konnte ich seinen Atem auf meiner Haut spüren. Allein schon das Bild, das wir für einen Außenstehenden abgeben mussten, ließ mich schlucken: Sasuke, der nur wenige Zentimeter von mir entfernt war, mir tief in die Augen sah und dabei meine Jacke aufknöpfte. Mir wurde unweigerlich um einiges Wärmer als vorher. Einen Moment blieb er völlig ungerührt, verzog keine Miene, doch dann bildete sich ein selbstsicheres Lächeln auf seinen Lippen.

„Glaubst du etwa ich will dich beißen?“ Woher wusste er das nun schon wieder?! Anscheinend sprach mein Gesicht Bände, denn sein Grinsen wurde breiter und entblößte so seine spitzen Zähne, was mich ziemlich beunruhigte.

„Keine Sorge. In diesem Zustand täte das keinem von uns gut. Also zieh jetzt die Jacke aus.“ Obwohl er mir weiter ins Gesicht sah, fuhr er mit dem Öffnen meiner Jacke fort. Ich ließ meine Hände und auch meinen Blick wieder sinken, in der Hoffnung, dass er auch wirklich die Wahrheit sagte. Und tatsächlich passierte nichts. Er streifte mir das Kleidungsstück von den Schultern und half mir auch bei meinen kläglichen Versuchen die Schuhe auszuziehen, indem er sie mir einfach von den Füßen zog. Eigentlich auch nicht schwer bei dem leichten Schuhwerk, das wir im Gebäude tragen mussten. Es wunderte mich, dass Sasuke sich so um mich kümmerte. Warum ging er nicht einfach wieder zurück, mir konnte doch nichts mehr passieren.

Ich wollte mich gerade nach hinten fallen lassen als er mich an der Schulter festhielt.

„Moment, du musst noch die Medikamente einnehmen.“ Er legte mir zwei weiße Tabletten auf die Hand und hielt ein Glas mit Wasser bereit.

„Nimm sie am besten gleichzeitig ein und spül sie dann runter. Danach darfst du schlafen.“ Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Schnell schmiss ich mir Beide in den Mund und nahm einen großen Schluck Wasser. Nachdem ich Beides runter geschluckt hatte, ließ ich mich langsam zurück fallen. Nur noch unterbewusst merkte ich, wie meine Beine auf das Bett gelegt und ich zugedeckt wurde. Dann schlief ich endlich ein.
 

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Ich wurde erst wieder wach, als mich die Schulglocke aus dem Schlaf riss. Etwas desorientiert sah ich mich um, ehe mir wieder einfiel, was passiert war. Langsam setzte ich mich auf, wobei mir ein Lappen auf den Schoß fiel. Offensichtlich musste ich auch Fieber gehabt haben. Wie spät es wohl war? Wahrscheinlich kurz nach Mittag, denn ich konnte durch das Fenster sehen, wie einige Schüler bereits das Schulgelände verließen. Draußen war es bewölkt und der Wind wehte durch das Blattwerk der Bäume, die vom Fenster aus zu sehen waren. Es wirkte fast so, als würde es jeden Moment anfangen zu regnen.

Die Tür öffnete sich plötzlich und eine Frau mit kurzen braunen Haaren und schwarzen Augen trat ein. Sie trug einen Kittel und hielt in der rechten Hand ein Klemmbrett an sich gedrückt, also handelte es sich bei ihr sicherlich um die Ärztin. Hundertprozentig sicher war ich nicht, da ich sie noch nie vorher gesehen hatte. Das letzte und bis dahin einzige Mal, dass ich hier gewesen war, war als ich mich geprügelt hatte, aber da hatte sich Sasuke um mich gekümmert. Sie kam auch gleich auf mich zu und lächelte mich an.

„Na wie geht es dir, Naruto? Du hast ganz schön tief geschlafen.“ Sie zog einen nahegelegenen Stuhl an mein Bett und setzte sich darauf.

„Ähm… es geht, denke ich.“ Sie nickte kurz und stellte sich als Shizune vor. Sie sagte, ich könne sie ruhig so nennen, dann sah sie auf ihr Klemmbrett.

„Da hast du dir einen ganz schön fiesen Grippevirus eingefangen. Ich werde dich für ein paar Tage krankschreiben müssen.“ Sie blätterte zur nächsten Seite, las kurz etwas und sah mich dann wieder an.

„Hm… Du hast überhaupt keine Notfallnummer angegeben. Jemand muss dich abholen.“ Ich wusste, dass da noch irgendetwas kommen musste. Ich wohnte hier ganz alleine, wer sollte also auch in einem Notfall kommen? Es war halt nicht zu ändern.

„Mich kann keiner abholen, meine Tante und mein Onkel leben in einer anderen Stadt. Ich wohne alleine.“

„Dann haben wir ein Problem. Ich kann dich in diesem Zustand niemals alleine nach Hause gehen lassen.“ Sie seufzte und sah auf ihre Unterlagen, als ob ihr die Antwort ins Gesicht springen würde. Ich schwieg, was sollte ich auch sonst schon tun. Mich würde niemand abholen und sie konnte mich auch nicht hier übernachten lassen, also musste sie mich gehen lassen. So einfach war das.

Sie stand nach einer Weile auf und sah freundlich zu mir runter.

„Mir wird schon noch was einfallen, aber du solltest dich noch ein bisschen ausruhen. Ich wecke dich nachher.“ Ich nickte, ließ mich wieder zurück in die Kissen fallen und sah an die Decke. Also hatte ich mich doch irgendwann in den letzten Tagen angesteckt und jetzt wurde ich krankgeschrieben.

//Eigentlich ist das toll, aber dann fängt zu Hause sicher wieder die Grübelei an.// Wie schon in den Ferien würde ich bestimmt wieder andauernd an Sasuke denken müssen. Ich wusste überhaupt nicht, was ich von ihm denken sollte. Er war ein gefährlicher Vampir, der mich schon mehr als einmal gebissen hatte und mit mir spielte, wie mit einem Ball. Aber auf der anderen Seite hatte er mir auch ein paar Mal aus der Patsche geholfen. Und dann war da noch dieser Kuss. Wer sollte denn da bitteschön wissen, wie er sich verhalten sollte?!

„Argh!“ Wütend drehte ich mich auf den Bauch und versteckte mein Gesicht im Kissen. Ich wollte einfach nicht darüber nachdenken, aber es gab nichts anderes, woran ich denken konnte. Nicht einmal einschlafen konnte ich und dabei war ich noch so müde.

Eine halbe Stunde später sah es etwas anders aus. Ich war gerade am dösen, als die Tür wieder aufging und Shizune auf mich zu kam.

„Also Naruto, das Problem ist gelöst. Ich habe dir einen Fahrer organisiert, der dich nachher nach Hause bringt. Du musst aber noch bis 16:30 Uhr warten.“ Sie drehte sich um und sah auf die Uhr, die über der Tür hing.

„Es ist jetzt genau 13:45 Uhr. Also noch etwas weniger als drei Stunden.“ Jetzt war ich aber doch neugierig geworden, wer mich denn freiwillig nach Hause fahren wollte.

„Wer fährt mich denn?“ Sie lächelte mich freundlich an als sie mir antwortete.

„Eigentlich wollte dich Iruka Heim bringen, aber ihm ist etwas dazwischen gekommen. Ich glaube die Klassenkonferenz der niedrigeren Stufen. Und nachdem sich niemand anderes finden ließ, hat sich dein Klassenlehrer bereit erklärt dich zu fahren…“, sie kicherte kurz.

„… zumindest nachdem Iruka damit fertig war, ihn zu überreden.“ Es musste ein lustiger Anblick gewesen sein, wie Iruka Sasuke belagerte damit er mich fuhr und ich nicht alleine gehen musste. Ich konnte mir geradezu Sasukes Gesicht vorstellen, wie er dann irgendwann genervt nachgegeben hatte. Doch leider war mir überhaupt nicht nach Lachen zumute. Mir war nicht wohl bei dem Gedanken, mit Sasuke mitfahren zu müssen. Nicht, weil ich Angst hatte, er würde mir weh tun, sondern ganz einfach, weil ich wieder mit ihm alleine sein würde. Und sicher wird er wegen der Umstände mies gelaunt sein. Warum konnte mich nicht einfach Iruka fahren? Und ich ärgerte mich, dass ich so lange hier bleiben sollte. Eigentlich hatte ich schon vor ein paar Minuten Schluss gehabt. Irgendjemand musste es wirklich genießen mich zu quälen.(1) Shizune legte eine Hand auf meine Stirn und sah mich prüfend an.

„Hm… ein wenig Temperatur hast du noch… und du bist auch so blass. Du solltest die restliche Zeit nutzen und dich noch etwas ausruhen.“ Ich hatte mich die ganze Zeit mit einem Arm abgestützt, um sie besser beobachten zu können, ließ mich jetzt aber wieder ins Kissen sinken und drehte mich auf den Rücken, während mir Shizune einen frischen Lappen auf die Stirn legte. Ich fand ihren Vorschlag mit dem Ausruhen nicht schlecht, wahrscheinlich war es das Beste, was ich im Moment machen konnte. Also schloss ich meine Augen und versuchte einzuschlafen, doch ich nickte immer nur für ein paar Minuten weg.

So ging es zwei Stunden lang, doch ich fühlte mich trotzdem besser und auch ausgeruhter. Ich sah auf die Uhr über der Tür. Es würde noch eine dreiviertel Stunde dauern bis Sasuke kommen würde. Ich überlegte hin und her, ob es sich nicht vielleicht doch irgendwie abwenden ließe. Sicher wäre es schlauer mich nach Hause fahren zu lassen, aber ich wollte ihn nicht sehen. Ich wollte nicht, dass er mich noch mehr durcheinander brachte, als ohnehin schon. Aber ich konnte auch nicht einfach abhauen, ohne jemanden Bescheid zu sagen und meine Tasche musste ich schließlich auch noch holen. Langsam richtete ich mich auf und schob dabei die Decke beiseite. Ich zog mir meine Schuhe an, die ordentlich zusammen gestellt, neben meinem Bett standen und richtete mich vorsichtig auf. Bestimmt hatte Sasuke die Sachen dorthin gelegt, als ich bereits geschlafen hatte. Mir wurde ein wenig schwindelig, doch so schlimm, wie vorhin war es bei Weitem nicht. Vielleicht hatte ich das Schlimmste schon hinter mich gebracht. Flink griff ich nach meiner Jacke, die über das Fußende des Bettes gelegt war und machte mich auf den Weg zu meinem Klassenzimmer. In den Gängen war es ganz leise, nur aus ein paar Räumen drangen leise Stimmen. Ich konnte nur raten, aber ich vermutete, dass es sich dabei um diese Klassenkonferenz handelte, die Shizune erwähnt hatte. Ansonsten war es aber still und ich traf auf Niemanden. Wie gerne ich schon zu Hause gewesen wäre. Endlich erreichte ich mein Klassenzimmer und blieb vor der Tür stehen. Ich horchte, ob sich jemand darin befand, doch es war ganz still, weshalb ich dann auch ohne Weiteres eintrat. Als ich allerdings die Tür schloss und mich umdrehte, stellte ich fest, dass ich mich hier doch nicht alleine befand. An seinem Schreibtisch, auf der rechten Seite des Zimmers, saß Sasuke, der gerade ein paar Hefte korrigierte. Ehrlich gesagt hatte ich erwartet, er würde sich im Lehrerzimmer aufhalten, aber offensichtlich hatte ich mich geirrt. Seine Haltung war leicht gebeugt und er stützte seinen Kopf mit der rechten Handfläche ab, in der er auch noch einen Rotstift hielt. Es sah so aus, als müsse er gerade über etwas nachdenken. Dabei fielen ihm ein paar schwarze Strähnen ins Gesicht. Doch jetzt, wo ich ihn so musterte, fiel mir schlagartig auf, dass er nicht der Einzige war, der beobachtet wurde. Ich spürte förmlich, wie mich seine dunklen Augen fixierten. Die Stille zwischen uns war kaum zum Aushalten und keiner von uns rührte sich. Ich schluckte schwer. Langsam fühlte ich mich etwas komisch dabei, hier einfach nur rumzustehen und ihn anzustarren.

„I-ich wusste nicht, dass du hier bist.“, meinte ich noch immer ein bisschen überrumpelt. Garantiert nicht das Klügste, das ich sagen konnte, aber es stimmte. Hätte ich gewusst, dass er hier wäre, hätte ich es mir ganz bestimmt noch einmal überlegt hier reinzugehen. Sasuke rührte sich erst keinen Millimeter, doch dann wischte er sich mit der linken Hand, die bis eben noch auf dem Tisch geruht hatte, die Strähnen aus dem Gesicht und schob sie elegant hinter sein Ohr. Nun hatte ich freien Blick auf sein ebenmäßiges, blasses Gesicht und konnte ihm ungehindert in die Augen sehen, so wie er mir. Zugegeben, das war nur eine einfache Handbewegung gewesen, aber sein Blick dabei war so durchdringend, als könne er direkt in meine Gedanken sehen.

„Woher auch?“, war seine einfache Antwort.

„Solltest du nicht noch im Krankenbett liegen und schlafen?“ Das war eine berechtigte Frage.

„Ich konnte nicht mehr schlafen. Da dachte ich mir, ich sollte besser meine Tasche holen.“ Ich schielte kurz zu meinem Platz rüber, konnte sie dort aber nirgends entdecken. In mir machte sich ein panisches Gefühl breit. Nicht, dass jemand einfach meine Tasche mitgenommen hatte, schließlich waren da meine Brieftasche und meine Hausschlüssel drinnen. Ich wollte gerade hingehen, als Sasuke mich aufhielt.

„Bleib ganz ruhig.“ Er griff rechts neben sich, auf den Boden. Dabei wand er mir den Rücken zu, so dass ich nicht sehen konnte, was er da machte, auch weil sein Tisch im Weg stand. Im nächsten Moment richtete er sich wieder auf und hielt meine Tasche in der Hand. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Erleichtert ging ich auf ihn zu, um sie ihm abzunehmen.

„Ich hab sie vorhin beiseite gestellt. Mir war klar, dass du eine ganze Weile schlafen würdest.“ Während er sprach, reichte er mir die Tasche, die ich auch gleich entgegen nahm.

„Danke…“ Für einen Moment wurde es wieder still, doch schnell setzte Sasuke wieder zum Sprechen an.

„Was mir gerade einfällt, du hast auf der Liste nicht drauf geschrieben, mit wem du in ein Zimmer möchtest.“ Ach ja, da war ja was gewesen.

„Du kannst noch mit zu Shikamaru, Kiba und Choji ins Zimmer.“ Gequält seufzte ich auf.

„Muss das sein?“ Ich stellte mir die Frage eher selber.

„Sag mal, hast du das Formular, das du ausgefüllt hast überhaupt durchgelesen?“ Auf meinen fragenden Blick hin schüttelte er resigniert den Kopf.

„Das Jugendamt übernimmt die Kosten, wobei die Schule die Verantwortung während der Reise für dich übernimmt. Das heißt, dass ich für dich voll verantwortlich sein werde. Also wenn du nicht das einzige freie Bett im Zimmer der Drei haben willst, wirst du wohl oder übel mit in meinem Zimmer schlafen müssen.“ Das konnte ich kaum fassen, so gemein war das. Ich seufzte tief.

„Na gut, ich geh mit in deren Zimmer.“ Sasuke notierte sich das und machte mit seiner Arbeit weiter. Ein wenig doof fühlte ich mich schon, ihn noch einmal unterbrechen zu müssen.

„Also… ich muss nicht gefahren werden. Mir geht es schon viel besser. Ich schaffe das alleine.“ Das war vielleicht nur die halbe Wahrheit, denn mir ging es zwar besser, aber das Schwindelgefühl war noch immer da. Wieder sah mir Sasuke unverwandt in die Augen, er schien auch nicht im Geringsten überrascht zu sein, als hätte er das sogar erwartet.

„So, meinst du?“ Er stand auf, kam einen Schritt auf mich zu und überwand somit den Abstand zwischen uns.

„Dir geht es nur wegen den Tabletten, die ich dir gegeben habe, so gut. Die werden aber nicht mehr lange wirken. Du bist schon wieder so blass…“ Ohne dass ich es im ersten Moment wirklich wahrnahm, legte er seine Hand auf meine Stirn. Er schien sich wirklich Sorgen um mich zu machen. Ich konnte nicht anders, als mich darüber zu freuen. Es hatte sich bis jetzt kaum einer um mich gekümmert, wenn ich krank war.

„Du wirst nicht alleine nach Hause gehen. Wenn du unterwegs umkippst und irgendwas passiert, habe ich den ganzen Ärger an der Backe. Dafür hast du ein Händchen. Wenn ich dich fahre, können wir die Sache schneller hinter uns bringen.“ Er klang kalt und vollkommen gleichgültig. Meine anfängliche Freude wich schnell. Ich war enttäuscht über ihn, aber vor allem über mich, weil ich eben tatsächlich so dumm gewesen war, zu glauben es würde ihn interessieren, wie es mir geht. Wie naiv das gewesen war. Wie ein Stich bohrte es sich in mein Herz. Doch das Gefühl wich schnell einem wesentlich Stärkerem, das mir auch viel lieber war. Nämlich Wut. Ich versuchte ihm nicht zu zeigen, wie schwer es mir fiel ruhig zu bleiben und die Kontrolle zu behalten. Gekonnt schlug ich seine Hand von meiner Stirn, ohne auf sein überraschtes Gesicht zu achten, und sah ihn wütend an.

„Ich brauche keinen Babysitter und deine falsche Fürsorge kannst du dir sonst wohin stecken!!“ Das schrie ich ihm, ohne groß darüber nachzudenken, ins Gesicht, machte auf der Stelle kehrt und ließ einen verdutzt dreinblickenden Sasuke im Klassenzimmer.

//Dämlicher Blödmann!// Immer wieder dachte ich das. Wenn ich ihn so nervte, warum hatte er sich dann dazu breitschlagen lassen, mich zu fahren? Sonst machte er auch, was er wollte. Hätte er einfach nur nein gesagt… Stattdessen fühlte ich mich jetzt wie ein Klotz am Bein, der jedem nur Umstände machte. Wenigstens wusste ich jetzt, was ich, nach der ganzen Sache, von ihm zu halten hatte. Von mir aus sollte er sich doch auf den Kopf stellen und Saltos schlagen, es war mir völlig gleich. Ich verließ das Schulgelände und machte mich auf den Weg nach Hause.

Nach zwanzig Minuten schimpfte ich noch immer innerlich über Sasuke. Und, was mich auch so schrecklich ärgerte war, dass ich völlig umsonst so lange gewartet hatte. Im Endeffekt ging ich doch alleine nach Hause und hatte zudem auch noch meinen Zug verpasst. Und ehe der Nächste käme, wäre ich längst zu Hause, wenn ich zu Fuß ginge.

Also machte ich mich auf den Weg. Zu allem Überfluss begann die Sonne schon langsam unterzugehen. War auch eigentlich nicht verwunderlich bei unserer Jahreszeit. Ständig regnete es, aber im Moment hatte ich Glück, es war nur leicht bewölkt. Ich ging zügig durch die Straßen, denn ich wollte möglichst schnell nach Hause kommen. Auch, wenn es mir gar nicht gefiel Sasuke recht zu geben, da ich noch immer stinksauer auf ihn war, musste ich zugeben, dass er wahrscheinlich Recht hatte, was die Wirkung der Tabletten anging. Ich würde ganz schön dumm da stehen, wenn die Wirkung nachließe und ich wäre nicht zu Hause, also beschleunigte ich meine Schritte und bog in eine Nebenstraße ein. Sie war dunkel und ziemlich verwinkelt. Die Gebäude, die diese Straße einzäunten waren so hoch, dass kaum ein Licht, abgesehen von den vereinzelten Straßenlampen, von denen sogar die eine oder andere noch leuchtete, hier herein schien. Hier war es nicht einladend, aber es war der kürzeste Weg Heim. Ich kickte eine im Weg liegende Dose beiseite, die gegen eine Mülltonne knallte. Wenn ich mich hier so umsah, musste ich unweigerlich an damals denken, als ich zufällig heraus gefunden hatte, was Sasuke wirklich war. Wie er in einer dunklen Gasse gestanden hatte, zusammen mit dieser Frau, die er im selben Moment tötete und wie ein Stück Abfall einfach beiseite warf. Der Gedanke daran jagte mir einen Schauer über den Rücken. Damals hatte ich Angst gehabt, doch jetzt war es etwas anderes. Ich wusste, wie es sich anfühlte von Sasuke gehalten und gebissen zu werden. Wie mein Herz anfing zu rasen, wenn er mein Blut trank und sein Atem dabei über meine Haut streifte. Kurz blieb ich stehen und schüttelte kräftig mit dem Kopf, was ich jedoch im nächsten Moment wieder bereute, da sich alles ein wenig anfing zu drehen. Schon wieder hatte ich an ihn gedacht. Das hatte er nicht verdient. Warum musste er so gemein sein? Er sollte mir egal sein, so wie ich ihm und trotzdem schweiften meine Gedanken immer wieder zu ihm ab. Am Liebsten würde ich ihm dafür eine klatschen, aber das würde ich sicher wieder kriegen. Erneut trat ich gegen die Dose. Sie landete in einer dunklen Ecke, die durch das spärliche Licht der nahestehenden Lampe kaum beleuchtet wurde. Allmählich wurde es kalt und ich zog meine Jacke enger um mich.

Ich kam an eine Gabelung, die geradeaus und nach rechts führte. Ein Rascheln, das aus der Gasse rechts von mir kam, erweckte meine Aufmerksamkeit. Sofort blieb ich stehen und sah dorthin. Wie nicht anders zu erwarten, war es ziemlich dunkel, aber noch hell genug, um schemenhaft den Weg und einige Mülltonnen und Container zu erkennen. Ich bog in die Straße ein und stützte mich vorsichtig an der Wand, nur um sicher zu gehen, dass ich nicht doch noch umfiel. Diese Gasse war ein wenig breiter als die vorige, aber dennoch total heruntergekommen. Einige der Mülltonnen waren umgeschmissen wurden, sodass sich ihr Inhalt über den Boden verteilt hatte. Es gab nicht einmal Fenster, nur hohe steinerne Wände, die teilweise mit Graffiti beschmiert waren. Sehr weit weg konnte ich noch das Licht einer ab und an flackernden Straßenlampe erkennen, die jedoch so wirkte, als würde sie bald ihren Dienst versagen. Bei diesem gruseligen Bild, lief es mir eiskalt den Rücken runter. Eine Weile blieb ich so stehen. Es war ganz still, nur entfernt konnte ich einen Hund bellen hören, doch nichts rührte sich. So kam ich zu dem Schluss, dass ich mir das nur eingebildet hatte und ging weiter. Es half ja nichts, ich musste schnell nach Hause. Meine Schritte hallten leise an den Wänden der Gasse wieder und ich spürte, wie mir das Herz bis zum Hals schlug. Wie ich es befürchtet hatte, erlosch die flackernde Straßenlampe, wodurch die Gasse nur noch durch das schwache Licht der untergehenden Sonne beleuchtet wurde. Mir war überhaupt nicht wohl hier. Kurz blieb ich stehen und zögerte. Ich wusste nicht woran es lag, doch ich fühlte mich irgendwie… beobachtet.

Für einen Moment wollte ich einfach umkehren, doch auch der Weg zurück reizte mich nicht sonderlich. Obwohl mir mein Gefühl sagte, ich solle lieber umkehren, ging ich weiter. Noch immer schlug mir mein Herz so kräftig gegen die Brust, dass ich schon befürchtete es würde gleich heraus springen. Ich konnte aber auch nicht schneller gehen, da es zu dunkel war, um gleich alles, was auf dem Boden lag zu erkennen. Plötzlich und ohne Vorwarnung fiel eine Mülltonne direkt neben mir krachend zu Boden und riss dabei noch zwei Andere mit sich. Scheppernd verteilte sich deren Inhalt auf dem Boden. Durch den plötzlichen Lärm erschrak ich so sehr, dass ich einen halben Meter beiseite sprang, mir dabei ans Herz fasste und weiter zurück wich. Doch ich hatte nicht auf meine Umgebung geachtet, stolperte über etwas Weiches und landete unsanft auf meinem Hosenboden.

//Verdammt, was war das denn?// Mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht blickte ich auf und sah, wie eine Katze aus dem Müllhaufen stieg, unschuldig maunzte und davon lief. Im selben Moment fiel mir ein riesiger Stein vom Herzen. Ich hatte schon gedacht irgendwer würde mich anfallen. Sogar ein leichtes Lächeln legte sich auf mein Gesicht. Doch das verschwand schnell wieder, als ich etwas Komisches an meinem Fuß spürte. Es war flüssig und warm und ich merkte, wie sich mein Strumpf und auch der Saum meiner Hose allmählich damit aufsogen. Ich zog die Beine an den Körper, um wieder aufzustehen, aber ich stieß dabei wieder gegen etwas Weiches. Irritiert sah ich dorthin und versuchte zu erkennen um was es sich dabei handelte, was nicht besonders schwer war, da sich meine Augen nach und nach an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Doch was ich sah, verschlug mir den Atem.

Ich konnte nicht fassen, was dort vor mir lag. Unter meinen Beinen, klar zu erkennen, lag ein… ausgestreckter menschlicher Arm! Geschockt schrie ich auf und wich zurück, ohne dabei aufzustehen und ohne den Blick abzuwenden.

//Das darf nicht wahr sein! Das… das ist nicht real!// Entsetzt musterte ich das Bild, das sich mir bot, völlig unfähig wegzurennen oder um Hilfe zu schreien. Ich sah von der gelösten rechten Hand, zum Arm, der aus einem großen Müllhaufen, der hier nicht weiter auffiel, herausschaute. Erst bei genauerem Hinsehen erkannte ich darunter noch mehr. Ein ganzer Körper war unter dem Haufen begraben. Es schien sich dabei um eine junge Frau zu handeln. Ganz starr lag sie da, nur ein Bein lugte unter dem Haufen hervor. Sie trug einen kurzen Rock, ganz deutlich war ihre Haut zu erkennen, die einige blaue Flecke erahnen ließ. Doch am Schlimmsten war das Gesicht der Fremden, das halb im Schatten der nahestehenden Tonne verborgen war. Ihre Augen waren weit aufgerissen und Entsetzen spiegelte sich in ihnen. Der Mund war leicht geöffnet, als wenn sie zu einem Schrei angesetzt hatte. Ich schloss für einen Moment die Augen und drehte den Kopf zur Seite. Ich konnte den Anblick nicht ertragen. Als ich sie wieder öffnete, fiel mein Blick wieder auf den Arm. Er lag, wie ich jetzt erkennen konnte, in einer kleinen Lache, in der bis vor kurzem auch mein Fuß gelegen hatte, und jetzt wurde mir auch klar, um was es sich dabei handelte. Hastig legte ich mir die Hand vor den Mund und unterdrückte ein gequältes Jammern. Es gab kein Wort, um zu beschreiben wie furchtbar dieser Anblick war. Kein Wort, das hätte beschreiben können, wie ich mich in diesem Moment fühlte. Dabei richtete ich mich hektisch und ungeschickt auf und taumelte ein paar Schritte zurück, ohne aber den Blick abzuwenden. Was für ein Mensch tat nur so etwas? Und was sollte ich jetzt tun? Die Entscheidung dafür wurde mir abgenommen als plötzlich, nur wenige Meter von mir entfernt, ein Klappern zu hören war. Sofort drehte ich mich in die Richtung, aus der ich gekommen war, brauchte aber ein paar Sekunden um etwas zu erkennen. Mir versetzte es fast einen Herzstillstand, als ich deutliche Schritte hörte, die auch noch in meine Richtung zu kommen schienen. Wie erstarrt stand ich da, zitterte am ganzen Körper, doch als ich dann die dunkle Silhouette eines Mannes erkannte, der gut einen Kopf größer war als ich, wich ich weiter zurück. Er musste sich hinter einem der Container versteckt haben, weshalb ich ihn nicht gesehen hatte. Seine Schritte beschleunigten sich und meine Angst wich augenblicklich purer Panik. Ohne weiter nachzudenken, drehte ich mich auf der Stelle um und rannte los. So schnell ich nur konnte, denn er lief mir hinterher. In meiner Panik merkte ich kaum, wo ich lang lief. Ich achtete nicht auf die Mülltonnen, die ich im Vorbeilaufen umstieß, sondern versuchte vergebens meinen Verfolger abzuhängen. In meiner Hektik bog ich um eine Ecke und rammte dabei mit der Schulter gegen einen vollen Müllcontainer, den ich im Halbdunkel nicht gesehen hatte. Schmerzhaft schrie ich auf und geriet ins Taumeln. Doch mir blieb nicht viel Zeit, um den Schmerz zu verarbeiten. Durch die Wucht des Aufpralls hatte ich mich halb gedreht und konnte so erkennen wie der Mann gerade in die Straße einbog, in der ich mich befand. Ich rannte weiter, doch er war zu schnell und bekam mich an meiner Jackentasche zu fassen. Sofort riss er mich rum und griff mit der anderen Hand grob um mein rechtes Handgelenk. Er drängte mich gegen die nahestehende Wand und sagte etwas, doch ich achtete nicht darauf. Viel zu sehr konzentrierte ich mich auf meine Schreie.

„HILFE!! HILFEEE!!“ Das passte ihm überhaupt nicht, denn er legte eine seiner großen Hände um meinen Hals und drückte fest zu. Augenblicklich erstarb meine Stimme und ich musste um jeden Atemzug kämpfen. Ich sah auf und erkannte ein kantiges Gesicht, das nur wenige Zentimeter von meinem entfernt war. Nur schemenhaft konnte ich einige Konturen erkennen. Ein leichtes Grinsen zierte seine dünnen Lippen und er sah mich vorfreudig an. Aber dieser Blick machte mir mehr Angst, als alles andere vorher. Es war keine Freude, wie die, die ich fühlte, wenn ich zum Beispiel Ramen aß, sondern eine, die nichts Gutes erahnen ließ. Irgendwoher kam mir dieser Mann schrecklich bekannt vor, nur hatte ich keine Ahnung woher. Er drückte immer weiter zu, das Atmen fiel mir schwerer und ich vernahm nur noch das Rauschen in meinen Ohren.

//Ich muss was unternehmen, sonst war´s das endgültig!// Ich dachte nicht weiter darüber nach, sondern holte mit meiner linken, freien Hand, so weit ich konnte aus und kratzte ihm quer über das Gesicht. Er sah so kräftig aus, dass ich glaubte, er würde einen Schlag von mir vielleicht nicht mal bemerken. Doch das Kratzen verfehlte seine Wirkung nicht. Er schrie laut auf, ließ mich los und fasste sich an sein linkes Auge, dass ich ebenfalls erwischt hatte. Die Spuren, die ich hinterlassen hatte, bluteten etwas, aber das war mir egal. Ich zögerte keine Sekunde, stieß den, vor Schmerz jammernden, Typen beiseite und rannte weiter. Zumindest wollte ich das, denn er packte im letzten Moment meine Jacke und stoppte mich für einen Moment. Aber ich hatte nicht vor mich noch einmal fangen zu lassen. Wie ein Besessener zerrte ich an meiner Jacke bis das Geräusch von reißendem Stoff zu hören war. Doch das war mir gleich, ich rannte unbeirrt weiter. Als ich um die nächste Ecke bog, musste ich leider feststellen, dass der Kerl immer noch nicht aufgab. Obwohl es mir schwer fiel und mein Herz schon auf Hochtouren lief, beschleunigte ich meine Schritte. Ich war nicht versessen darauf heraus zu finden, was er mit mir anstellen würde, wenn er mich noch einmal in die Finger kriegen würde.

Entfernt konnte ich Straßenlichter und vorbei fahrende Autos sehen. Das war mein Weg aus diesem Alptraum! Er musste etwa zehn Meter hinter mir sein, genau konnte ich es natürlich nicht sagen. Kurz blickte ich über meine Schulter. Ich konnte ihn nicht sehen, aber dafür deutlich seine Schritte hören. Plötzlich spürte ich einen kalten Windhauch durch mein Haar fahren, bevor ich wieder gegen etwas lief. Doch diesmal war es kein Container sondern eine Person, die mich gleich bei den Schultern packte. Panisch schrie ich auf, bildete mir sogar ein, es würde sich dabei um meinen Verfolger handeln, der mich irgendwie überholt hatte. Sofort begann ich wieder um Hilfe zu schreien. Augenblicklich drückte er mich gegen die Wand.

„HIL-“ Mir wurde das Wort abgeschnitten als er mir seine Hand auf den Mund legte. Da wurde ich aber stutzig, denn diese Hand war etwas kleiner und um einiges feiner als die, die sich eben noch um meinen Hals gelegt hatte. Ich öffnete meine, vor Schreck geschlossenen Augen und blickte verwirrt in das Gesicht von Sasuke. Wie kam der denn hierher?

„Ich bin es nur. Beruhige dich.“ Einige ungläubige Sekunden lang sah ich ihm in die Augen, realisierte kaum, wer da gerade vor mir stand, während er langsam seine Hand von meinem Mund nahm. Mein Herz schlug fest gegen meinen Brustkorb und mein Atem ging so heftig, dass sich die Haarsträhnen, die Sasuke ins Gesicht fielen, leicht bewegten. Ich blinzelte kurz, ehe ich den Kopf ruckartig nach rechts, zur Gasse drehte. Panisch suchte ich nach meinem Verfolger, doch es war zu dunkel für mich, um jemanden zu erkennen. Auch Sasuke sah dorthin, legte langsam seinen rechten Arm um mich und zog mich an sich ran. Automatisch krallte ich mich an seinen etwa knielangen Mantel. Seine Hand ruhte auf meiner Schulter.

Überrascht schaute ich zu ihm auf, doch sein Blick galt noch immer der dunklen Gasse. Seine Augen leuchteten wieder blutrot und stachen bei der Finsternis hier regelrecht hervor. Er sah verärgert dorthin, fast so als könne er mehr sehen als ich. Erst jetzt fiel mir auf, dass die Schritte verklungen waren und es wieder vollkommen still geworden war. Ich blickte wieder in die dunkle Gasse. Eine Weile passierte überhaupt nichts, es war so still, dass ich nur meinen eigenen Atem hörte, doch dann ertönte ein krachendes Geräusch und eine Mülltonne rollte in mein Sichtfeld. Vor Schreck hatte ich mich dichter an Sasuke gedrückt, der seinen Griff verstärkte. Offenbar war sie umgetreten worden, denn es war eine deutliche Beule zu sehen. Dann hörte ich, wie sich der Kerl schnell davon machte und seine Schritte allmählich in der Dunkelheit verklangen. Gespannt stand ich da und glaubte kaum, was ich eben erlebt hatte. Erst nach einer Weile, als ich sicher war, das er wirklich weg war, vergrub ich mein Gesicht in Sasukes Mantel. Der Schock saß so tief, dass ich nichts weiter machen konnte, als starr auf Sasukes Mantel zu sehen. Ein Zittern durchfuhr meinen Körper. Ich war ihm nur knapp entwischt und wer wüsste, was er mir angetan hätte, wenn er mich doch noch gekriegt hätte! Es fiel mir nicht leicht die aufkommenden Tränen zurück zu halten, doch ich wollte nicht weinen, nicht vor Sasuke. Der sah noch einige Momente dem Mann nach, bevor er sich zu mir drehte und mich losließ. Derweil hatte ich mir eine Hand an die Schläfe gelegt, da mir jetzt, wo ich mich langsam wieder beruhigte, ein wenig schwindelig wurde. Ich begann auch wieder die Geräusche meiner Umgebung, wie zum Beispiel die entfernten Motorengeräusche der vorbei fahrenden Autos, wahrzunehmen. Sicher würde ich gleich noch eine Strafpredigt bekommen. Immerhin hatte ich vorhin noch eine große Klappe gehabt und jetzt das hier. Aber nichts der Gleichen passierte. Ich setzte zum Sprechen an.

„Ähm… Ich-“ Er unterbrach mich, indem er seine linke Hand um meinen Rücken legte und mich mit sich zog.

„Später, erst mal verschwinden wir von hier.“
 

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Zehn Minuten später saß ich in seinem Auto. Ich war so erleichtert gewesen, als ich endlich diese dunklen Gassen verlassen konnte und auf der schön beleuchteten Straße spazierte. Sasuke hatte die ganze Zeit über nichts gesagt, führte mich einfach nur zu einem Parkplatz auf dem er sein Auto abgestellt hatte. Ich schnallte mich an und wartete darauf, dass er den Motor startete, doch nichts passierte. Unsicher sah ich zu ihm rüber, bemerkte erst jetzt, dass er mich die ganze Zeit beobachtet hatte. Er lehnte gelassen in seinem Sitz, hatte eine Hand am Lenkrad, während die Andere auf seinem Bein lag. Sasuke sah mich mit einem Ausdruck an, der mir sagte, er habe ja gesagt, dass ich den Ärger magisch anzog. Er machte aber keine Anstalten das auch auszusprechen. Ich verschränkte meine Arme und sah ihn trotzig an.

„Ich hätte das auch alleine geschafft… trotzdem danke.“ Davon war ich sogar fest überzeugt, denn bis zur Straße hatte ich es nicht mehr weit gehabt. Ich sah überrascht zu meinem Gegenüber, als dieser auf einmal grinste und leise lachte. Und es klang wie ein ehrliches Lachen.

„Das hab ich gesehen. Wie ein gehetzter Fuchs hat er dich durch die Gassen gejagt. Aber alle Achtung, ich muss zugeben, du hast ihn ganz schön erwischt. Er hat ziemlich geblutet.“ Meinte er die Kratzspuren in seinem Gesicht? Die waren mir bei der Dunkelheit gar nicht so tief vorgekommen. Diese Frage musste sich auf meinem Gesicht wieder spiegeln, denn er schüttelte grinsend den Kopf und griff nach meiner linken Hand. Sein Daumen lag dabei auf meiner Handinnenfläche und drückte dabei meine Finger nach oben. Ich wollte erst protestieren, doch dann konnte ich unter meinen Nägeln deutliche Blutspuren erkennen. Ich hatte wohl so eine Panik bekommen, dass ich noch nicht mal gemerkt hatte, wie stark ich ihn erwischt hatte. Sasuke ließ meine Hand wieder los und musterte mich.

„Woher weißt du das?“, fragte ich. Das machte mich misstrauisch. Hatte er etwa die ganze Zeit zugesehen? Woher sollte er das sonst wissen?

„Schon vergessen? Ich bin ein Vampir, ich kann auch im Dunkeln sehr gut sehen. Er sah wirklich nicht amüsiert aus. Wobei hast du ihn gestört?“ Ohne große Umschweife stellte er diese Frage, obwohl sie eher so klang, als wenn er die Antwort schon kannte. Ich überlegte, was er damit meinte. So wie dieser Typ reagiert hatte, war er es sicher gewesen, der die arme Frau umgebracht hatte. Und ich sollte wohl als Nächster dran glauben. Unbehagen breitete sich in mir aus, denn mit einem Schlag wurde mir klar, dass ich ihn fast dabei erwischt haben musste. Als ich gestolpert und hingefallen war, hatte sich mein Strumpf mit WARMEN Blut vollgesaugt. Ich war so erleichtert endlich von dort weg zu sein.

„Ich… ich hab eine… Frau gefunden und… plötzlich stand er hinter mir.“ Es tat gut es auszusprechen, wem sonst hätte ich sowas schon erzählen können. Er sah zu mir und ich erwiderte seinen Blick.

„Du hast wohl gestört, als er sie beiseiteschaffen wollte. Eine schlechte Angewohnheit von dir.“, meinte er grinsend. Doch ich lehnte mich einfach nur in meinen Sitz zurück und atmete tief durch. Von der vielen Aufregung war ich schrecklich geschafft. Mir drängte sich dieselbe Frage auf, die mich schon heute Morgen beschäftigt hatte. Die Opfer, die immer öfter gefunden wurden, waren sicher nicht von Sasuke, aber ich war mir nicht sicher. Ich nahm meinen Mut zusammen.

„Diese… diese Übergriffe auf Menschen… die ständig in den Nachrichten kommen… warst du das?“ Ich hatte die ganze Zeit auf meine Beine gesehen, aber beim letzten Teil schaute ich ihm ins Gesicht. Er erwiderte den Blick völlig gleichgültig, schien einen Moment zu überlegen, ehe sich wieder ein leichtes Lächeln auf seine Lippen schlich.

„Hm~… Was denkst du?“ Dabei zeigte er wieder, bestimmt absichtlich, seine Zähne. Wollte er mich etwa schon wieder ärgern? Oder war das eine ernst gemeinte Frage? Ich beschloss es einfach ernst zu nehmen.

„Ich denke nicht… zumindest nicht bei den schlimmen Fällen.“ Damit meinte ich die übel zugerichteten Opfer. Er sah mich ganz überrascht an, als hätte er damit nicht gerechnet. Mit dem Ausdruck hatte ich ihn noch nie gesehen und wenn das Thema und die Umstände nicht so ernst gewesen wären, hätte ich sicher losgelacht. Doch mit einem Mal lächelte er wieder, lehnte sich gelassen zurück und stützte seinen Kopf auf seine Hand.

„Wow… ich hätte nicht gedacht, dass du so eine gute Meinung von mir hast~….“ Der wollte mich wirklich ärgern! Trotzdem wartete ich gespannt ab, was er noch sagen würde, doch er machte eine Pause und musterte mich einige Sekunden lang. Eigentlich hatte ich keine gute Meinung von ihm, immerhin hatte ich doch vorhin die ganze Zeit wegen ihm gemeckert. Ich war nur der Meinung, dass es nicht zu Sasuke passte, so etwas Auffälliges zu tun.

„Du hast Recht, Naruto. Das war jemand anderes.“ Er setzte sich gerade und brach so den Blickkontakt ab.

„Ich habe an völlig sinnfreiem Gemetzel schon lange keine Freude mehr.“ Ich sah ihn geschockt an, doch ließ ich es darauf beruhen. Was hätte ich dazu schon sagen sollen.

„Und… stört es dich überhaupt nicht, dass man euch Beide in einen Topf wirft?“ Für mich war das eine berechtigte Frage, mich würde es nämlich ganz schön stören, wenn man mich mit einem Irren zusammen tun würde. Amüsiert drehte er den Kopf zu mir.

„Das ist mir egal, solange er sich nicht an meiner Beute vergreift~…“ Dabei leckte er sich über die Oberlippe. Das und dieser Blick, mit dem er mich bedachte, ließen mich doch nervös werden, denn mir war durchaus die Zweideutigkeit aufgefallen. Sasuke betrachtete mich als SEINE Beute und dieser Gedanke trieb mir die Wärme ins Gesicht und ließ mich rot anlaufen. Sicher war ich für ihn nur Beute, mit der er, wie eine Katze, spielte bevor er sie umbrachte. Der Gedanke tat weh. Ich drehte mich von ihm weg und sah aus dem Fenster. „Ich möchte nach Hause.“, meinte ich einfach nur. Sasuke lachte leise, ehe er mir antwortete.

„Von mir aus.“ Er startete den Motor und fuhr los.

Die ganze Fahrt über schwiegen wir Beide, was mir nur Recht war. Viel lieber genoss ich die Lichter der Stadt, die an mir vorbei rauschten. So konnte ich besser meinen Gedanken nachhängen.

Viel zu schnell endete die Fahrt, als Sasuke vor meinem Wohnblock zum Stehen kam. Ich schnallte mich ab und griff nach meiner Tasche, die ich auf den Boden gestellt hatte.

„Danke für das Herfahren. Bis bald.“ Sasuke nickte nur beiläufig und ich öffnete die Beifahrertür. Ich hatte schon einen Fuß aus der Tür gesetzt, als mir etwas einfiel. Etwas das mich wirklich interessierte. Zögerlich drehte ich mich zu Sasuke um, der sich wohl gewundert hatte, warum ich nicht ausstieg.

„Ähm… Warum bist du mir trotzdem nachgekommen?“ Die Frage kam ohne Vorwarnung, aber es beschäftigte mich. Sasuke sah ein wenig argwöhnisch zu mir.

„Das hab ich dir doch vorhin gesagt. Du ziehst den Ärger automatisch an.“

„Du willst mir ernsthaft erzählen, du wärst um einen lausigen Menschen besorgt gewesen?“ Ein siegessicheres Grinsen legte sich auf mein Gesicht, denn Sasuke hatte sich gerade ein Eigentor geschossen. Einen Moment blieb der argwöhnische Ausdruck auf seinem Gesicht, ehe er genau so grinste wie ich und sich vorlehnte.

„Nicht unbedingt, aber…“ Gleichzeitig griff er mit der rechten Hand nach meinem Kinn. Ich spürte wie sich seine Finger sachte darum legten und mich ranzogen. Seine Bewegung war so flüssig und elegant gewesen, aber trotzdem so schnell, dass ich nicht reagieren konnte. Er stoppte erst als sich sein Gesicht direkt neben meinem Ohr befand und er mir hinein flüsterte.

„… möglicher Weise hast du ja mein Interesse geweckt.“ Er lehnte sich wieder gelassen, und noch immer selbstsicher lächelnd, zurück, während ich ihn nur überrumpelt ansah. Ich wusste wirklich nicht, ob ich das so gut fand. Er nutzte diese Verwirrung aus und legte mir etwas in die Hand. Ich hatte keine Gelegenheit es mir anzusehen, denn er drückte leicht gegen meine Schulter um mich zum Aussteigen zu bewegen.

„Gute Nacht, Naruto.“, meinte er und ich nickte zögerlich.

„Ja, gute Nacht.“ Ich stieg aus, schloss die Tür und sah zu wie Sasuke davon fuhr. Als er weg war, schaute ich mir an, was er mir gegeben hatte. Es waren Tabletten, genauer gesagt die, die ich vorhin schon von ihm bekommen hatte. Wütend trat ich auf den Boden. Er brachte mich schon wieder durcheinander! Dieser Blödmann! Immer, wenn ich glaubte ihn durchschaut zu haben, schmiss er alles wieder über den Haufen. Völlig fertig ging ich in meine Wohnung, stieg dort gleich unter die Dusche und warf meine dreckigen Sachen in den Wäschekorb. Ich beeilte mich, da ich so schnell wie möglich ins Bett wollte.

Während ich meine Haare mit einem Handtuch trocknete, ging ich zu einem naheliegenden Fenster und sah hinaus. Ich konnte mein Ebenbild in der schwachen Spiegelung der Scheibe erkennen, aber viel mehr achtete ich auf die Straßenlichter. Ich ließ den Tag noch einmal Revue passieren. Von einigen wenigen Lichtblicken abgesehen, war es ein furchtbarer Tag gewesen! Ich musste wieder an den Mann aus der Gasse denken. Einen Moment sah ich noch aus dem Fenster bevor ich mir ein Glas mit Wasser holte, eine von Sasukes Tabletten einnahm und mich ins Bett legte. Es war ganz ruhig in meiner Wohnung, nur das schwache Mondlicht leuchte herein. Trotzdem konnte ich nicht einschlafen. Viel zu sehr beschäftigten mich die Worte des Mannes, denn jetzt wo ich endlich zur Ruhe kam und das Geschehene verarbeiten konnte, realisierte ich erst, was er vorhin zu mir gesagt hatte:

„Wen haben wir denn da? Lange nicht gesehen~“, hatte er gesagt. Was meinte er? Wo hatte ich ihn schon einmal sehen sollen?
 

Ende Kapitel 11
 

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(1) Nein, nicht wirklich.^^
 

Ich weiß noch nicht wann das nächste Kapitel genau fertig sein wird, da ich für ein Praktikum einen Monat nach England fliege. Aber keine Sorge, ich hab mir extra einen Laptop gekauft um trotzdem weiter schreiben zu können.XDDD

Also bis zum nächsten mal!^O^

... a nice class trip?

Zuerst mal: Ich bin wieder da!^O^ Es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, aber ich war einen Monat in England und dann nervte noch ständig das Arbeitsamt und hat mich in eine Maßnahme geschickt.T-T Naja, auf jeden Fall habt ihr hier das neue Kapitel. Viel Spaß.^^
 

~Naruto~
 

Es war erst früh am Morgen, als ich schon durch die, noch ruhigen, Straßen der Stadt hetzte. Meine Lunge schmerzte bereits, denn ich lief schon seit gut 15 Minuten mit einem riesigen Rucksack auf dem Rücken! Meine Umhängetasche, in der ich mein Portemonnaie, Handy und mein Frühstück aufbewahrte, schlug unablässig gegen meine Oberschenkel, was ich aber ignorierte. Für einen Außenstehenden würde es das typische Bild eines Jungen ergeben, der mal wieder verschlafen hatte und jetzt wie ein Wahnsinniger rannte, um doch noch pünktlich zur Schule zu kommen, aber ausnahmsweise war ich nicht Schuld an dieser Verspätung! Im Gegenteil, ich hatte mir gestern schon eine orange, dreiviertel lange Hose mit passender Weste, schwarzem Shirt und passenden Turnschuhen raus gelegt, um heute Morgen Zeit zu sparen. Ich war auch sehr früh aufgestanden und pünktlich los gegangen, doch unerwarteter Weise kam mein Zug, wegen irgendwelchen technischen Schwierigkeiten, eine halbe Stunde zu spät! Und das ausgerechnet heute, wo die Klassenfahrt beginnen sollte und Sasuke noch so deutlich gesagt hatte, wir sollten pünktlich sein. Das würde ganz bestimmt wieder Ärger mit ihm geben. Seitdem ich vor anderthalb Wochen in der Schule zusammen geklappt war und Sasuke mir an dem Abend die Haut gerettet hatte, haben wir kaum ein Wort miteinander gewechselt. Ich verstand ihn einfach nicht. Immer wenn ich glaubte ihn endlich durchschaut zu haben oder zu wissen, was er vorhatte, tat er etwas völlig Unerwartetes, das alles, was ich glaubte, über den Haufen warf. Mal war ich mir sicher, er wäre ein herzloses, menschenmeuchelndes Biest, das es liebte mit den Gefühlen anderer Menschen zu spielen bevor er sie erbarmungslos umbrachte und in anderen Momenten bildete ich mir ein, wirklich so etwas wie Sorge in seinen Augen zu sehen. Ich konnte mir einfach keinen richtigen Reim auf diesen Typen machen. Und ich musste mir immer wieder in Erinnerung rufen, dass ich vorsichtig sein musste. Sasuke war unberechenbar. Wie gesagt, ich wusste nie, was er vorhatte.

Ich rannte um die Ecke und erreichte endlich die Schule. Das Gebäude erstreckte sich in einiger Entfernung von mir und dahinter war deutlich die allmählich aufgehende Sonne zu sehen. Direkt vor dem Eingangstor stand der Bus, der uns fahren sollte, und unglücklicherweise auch Sasuke. Er stand lässig da und sah zu, wie ein paar meiner Mitschüler angestrengt versuchten ihre Taschen im Gepäckraum des Busses zu verstauen. Als ich jedoch näher kam, wandte er sich von ihnen ab und sah mich direkt an. Keuchend und schnaufend kam ich langsam zum Stehen und brauchte einige Sekunden, um wieder zu Atem zu kommen. Dabei streifte ich mir langsam meinen schweren Rucksack von den Schultern und stellte ihn auf den Boden.

//Vielleicht wäre ein bisschen mehr Sport doch keine so schlechte Idee.// Ich sah in das Gepäckfach und suchte nach einer freien Stelle für meinen Rucksack. So groß, wie manche Koffer waren, mussten die Besitzer ihren halben Kleiderschrank mitgenommen haben. Es war kaum noch Stauraum übrig. Das waren sicher die Koffer der Mädchen, die schienen vergessen zu haben, dass wir nur für eine Woche wegfuhren. Ich hob meinen Rucksack hoch, als sich jemand neben mich stellte und begann zu sprechen.

„Lieber spät als nie, hm?“ Sofort sah ich zu Sasuke. Ich musste etwas hochschauen, da ich mich gerade vorgelehnt hatte und er sowieso gut einen halben Kopf größer war als ich. Er schaute ein wenig missgelaunt aus und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Er trug eine schwarze Jeans, zusammen mit einem schwarzen Hemd, bei dem er den oberen Knopf offen gelassen hatte. Dazu hatte er sich einen grauen Schal umgebunden, der ihm locker um den Kragen hing. Wieder einmal fiel mir auf, wie stark der Kontrast zwischen seiner Haut und seinen Haaren war.

//Echt der Wahnsinn…// Unvermittelt wurde mir warm im Gesicht und ich fürchtete, dass ich zu allem Überfluss auch noch rot anlief. Was dachte ich da nur schon wieder! Sasuke war definitiv nicht gut für mich!

„Dieses Mal konnte ich wirklich nichts dafür! Mein Zug ist zu spät gekommen.“ Einen Augenblick lang sah er mich noch mit diesem ernsten Gesichtsausdruck an, ehe er resigniert seufzte, sich vorbeugte und nach meinem Rucksack griff. Ich sah ihm erstaunt zu, wie er diesen mit Leichtigkeit ins Gepäckfach hob und dabei weiter redete.

„Wenn dir mal keine Ausrede einfällt.“ Einen Moment schaute ich noch verwundert drein, ehe ich ihn empört ansah.

„Aber das ist keine Ausrede! Es ist wahr!“ Er richtete sich langsam wieder auf und zu meiner Überraschung hatte sich auf seinem Gesicht ein leichtes Grinsen gelegt, welches aber nicht lange hielt.

„Ja, ist ja gut, meinetwegen.“ Sasuke wirkte nicht mehr ganz so missgelaunt. Während er sprach, ließ er das Gepäckfach scheppernd zu fallen und drehte sich wieder zu mir. Er trat plötzlich einen Schritt auf mich zu, legte mir seine rechte Hand auf die Schulter und schob mich zum vorderen Buseingang.

„Jetzt beeil dich und steig endlich ein. Wir sind eh schon spät dran.“ Ich war überrascht von Sasukes Verhalten. Eigentlich hatte ich mit einer gewaschenen Standpauke für das Zuspätkommen gerechnet, aber er ging überhaupt nicht weiter darauf ein. Fand ich aber nicht schlimm. Stattdessen schob er mich in den Bus. Dort sah ich mich erst mal um. In der ersten Reihe, gleich rechts von mir, saßen eine Frau und ein Mann, die als Begleitung mitkamen. Wessen Eltern es waren, wusste ich nicht. Links von mir auf dem Platz saß Sensei Kakashi, der sich gerade mit den beiden Eltern unterhielt. Auf dem Platz hinter ihm schien niemand zu sitzen, doch fiel mir auf den zweiten Blick auf, dass dort eine Tasche und eine Jacke lagen. Es sah verdammt nach Sasukes Jacke aus. Für mich war damit erst mal klar, dass ich definitiv so weit hinten, wie nur möglich sitzen würde. Hinter der ersten Reihe waren einige Plätze frei oder nur halb besetzt. Im Mittelteil des Busses saßen fast nur Mädchen, während sich die Jungs hinten verteilt hatten. Die meisten meiner Klassenkameraden sahen noch ziemlich müde aus und dementsprechend ruhig war es auch, abgesehen von dem Gequatsche aus der hinteren Reihe. Sofort fielen mir Shikamaru, Kiba, Choji und einige Andere auf und glücklicher Weise war direkt neben Choji auch noch ein Fensterplatz frei. Da schien es doch mal tatsächlich jemand gut mit mir zu meinen, denn ich wollte weder bei Sasuke vorne, noch zwischen den ganzen Mädchen im Mittelteil sitzen.

„Du darfst dich auch ruhig hinsetzten.“, kam es von Sasuke, der noch immer hinter mir stand. Ich schämte mich ein bisschen, da ich tatsächlich vergessen hatte, dass er noch hinter mir war.

„J-ja.“ Schnell ging ich durch die Reihen nach hinten und wurde von Kiba und den Anderen überraschend fröhlich begrüßt.

„Morgen Naruto! Hast es doch noch pünktlich geschafft. Wir dachten schon, du würdest nicht mehr kommen.“ Während Kiba das sagte, grinste er mich breit an. Würde mich ehrlich gesagt nicht wundern, wenn die sogar Wetten abgeschlossen hätten.

„Wir haben dir ´nen Platz freigehalten.“, meinte Shikamaru nebenbei und deutete auf den Platz neben Choji.

„Danke Leute!“ antwortete ich darauf ehrlich und drängelte mich auf meinen Platz an der rechten Fensterseite. In den vergangenen Monaten hatte ich oft zu spüren gekriegt, dass ich mich nicht auf sie verlassen konnte, wenn es sich um ernste Angelegenheiten handelte, oder zumindest um welche, bei denen man von der Schule geschmissen werden konnte, wenn man erwischt wird, wie zum Beispiel die Sache mit Sasukes Wohnung, aber hier bekam ich fast ein schlechtes Gewissen, dass ich oft so schlecht über sie gedacht hatte. Die Jungs redeten inzwischen schon wieder, ich bekam aber nicht mit worüber, denn ich achtete mehr auf Sasuke, der jetzt durch die Reihen ging und die Schüler zählte. Anschließend redete er kurz mit dem Busfahrer, der dann den Motor startete und losfuhr.

//Sieht wohl so aus als hätten die wirklich nur noch auf mich gewartet.//, dachte ich mir, denn seit ich angekommen war, waren keine fünf Minuten verstrichen. Ich konnte aber auch gut nachvollziehen, weshalb Sasuke so früh wie möglich losfahren wollte. Der Zielort unserer Klassenfahrt war eine Herberge, die sich in einer ziemlich abgelegenen und bergigen Gegend, fast fünf Stunden von hier, befand. Und das war nur die Zeit, wenn man freie Fahrt hatte und keine Pausen machte. Ich wusste jetzt schon nicht, was ich die ganze Zeit machen sollte. So früh am Morgen hatte ich noch überhaupt keine Lust irgendetwas zu tun. Neben mir war es ungewöhnlich ruhig geworden, weshalb ich zu den Jungs rüber sah. Sie hatten sich alle samt in ihre Sitze zurück gelehnt und die Augen geschlossen, schienen sogar schon eingeschlafen zu sein. Damit waren sie nicht die Einzigen. Mir war gar nicht aufgefallen, wie leise es im Bus geworden war, seit wir losgefahren waren. Die Meisten lehnten sich an die Fensterscheiben oder die Sitze und nutzten ihre Jacken und Pullis als Kissen. Nur einige wenige blieben wach und unterhielten sich miteinander. Sasuke hatte sich nach vorne, neben Sensei Kakashi gesetzt und unterhielt sich gerade mit ihm. Ich zog meine Jacke aus und ließ mich tiefer in den Sitz sinken. Wenn ich schon die Gelegenheit dazu hatte, konnte ich wenigstens auch versuchen noch etwas zu schlafen. Meine Jacke knüllte ich zusammen, drückte sie ans Fenster und lehnte mich dagegen. Ich betrachtete durch die Scheibe die vorbeiziehenden Häuser und hing meinen Gedanken nach. Mir wurde seltsam zumute, wenn ich daran dachte, dass Sasuke die ganze Woche ständig in meiner Nähe sein würde. Einerseits war da Angst, denn ich wusste, wie gefährlich Sasuke sein konnte. Aber auf der anderen Seite, ich konnte es mir nicht richtig erklären, war da noch etwas Anderes. Seit er mir letztens, so ungern ich es auch zugab, das Leben gerettet hatte, fühlte ich mich sicherer. Ich hatte nicht mehr ständig das Gefühl, das vielleicht schon bald mein letztes Stündlein geschlagen hätte. Aber mir war auch klar, dass diese Sicherheit trügerisch war.

//Ich darf bloß nicht unachtsam werden! Das würde er sofort ausnutzen!// Dabei ging mein Blick zu Sasuke und ich starrte ihm förmlich Löcher in den Kopf. Der aber unterhielt sich weiter mit Kakashi. Wenn man ihn so betrachtete würde man nie auf den Gedanken kommen, dass er ein eiskalter und gnadenloser Vampir war, der rücksichtslos seine Opfer tötete und wie Dreck entsorgte. Er hatte vor Weihnachten einmal behauptet, er wäre schon mal verheiratet gewesen, was mir aber schwer fiel zu glauben. Ehrlich gesagt könnte ich mir auch gut vorstellen, dass er gelogen hatte, um Sakura eins rein zu würgen.

Während ich weiter vor mich hin grübelte, wurde ich allmählich müder und schlief kurz darauf ein.
 

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„-uto. Wach auf, Naruto!“ Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, ehe ich langsam wieder wach wurde. Irgendwer rüttelte an meiner linken Schulter. Ich blinzelte ein paar Mal, brauchte aber einige Momente um mich zu sammeln. Ich hatte sehr tief geschlafen. Mein erster Blick ging wieder aus dem Fenster. Wir hatten angehalten und standen jetzt auf einer Autobahnraststätte. Ein paar meiner Klassenkameraden standen auch schon draußen und schwatzten heiter miteinander. Ich war etwas irritiert.

//Hab ich etwa die ganze Zeit bis zur Pause durchgeschlafen?!// Dabei kam es mir gerade so vor als hätte ich nur für einen Moment die Augen geschlossen. Die Hand, die noch immer auf meiner Schulter ruhte, zog leicht an mir, so dass ich nach links sah. Im nächsten Augenblick war ich putzmunter, denn ich blickte in ein schwarzes Augenpaar, dass mir nur allzu bekannt war. Sasuke kniete mit dem rechten Bein auf dem Sitz von Choji, der offensichtlich auch schon rausgegangen war, während er mit dem linken Arm auf dem Vordersitz lehnte und der Rechte noch immer auf meiner Schulter ruhte. Das sah wirklich cool aus, aber das hätte ich ihm niemals gesagt.

„Ich dachte schon, du wachst gar nicht mehr auf.“ Während er sprach, nahm er die Hand von meiner Schulter. Ich rieb mir über die, noch immer müden, Augen, ehe ich ihm antwortete.

„Wieso das denn?“ Auf seinem Gesicht bildete sich ein amüsierter Ausdruck, auch wenn es nicht besonders heiter war.

„Wieso… Deine Freunde haben schon vor 10 Minuten versucht dich zu wecken. Die haben sogar deinen Puls gefühlt, weil sie glaubten du wärst tot.“ Innerlich konnte ich darüber nur grinsen. Das war so typisch.

„Diese Spinner! Ich hab doch nur geschlafen.“ Sasukes amüsiertes Gesicht war inzwischen wieder gewichen und er sah ernst wie immer drein.

„Ich weiß, andernfalls hätte ich das gemerkt. Jetzt steh auf und vertritt dir die Beine.“ Ich hatte nur überhaupt keine Lust aufzustehen, viel zu angenehm war der Schlaf gewesen. Doch anstatt aufzustehen, damit ich rausgehen konnte, lehnte er sich vor, fasste mich an den Schultern und drückte mich gegen den Sitz und das Fenster. Ich war so überrascht, dass ich ihn erst nur ansah.

„Ich wüsste allerdings auch noch etwas Besseres, was ich tun könnte…“ Er grinste mich an und entblößte dabei seine spitzen Zähne. Mir wurde unwohl, denn ich hatte eine Ahnung was er vor hatte. Während er sprach, löste er seine rechte Hand und strich mit seinem blassen, schlanken Daumen über die Schlagader an meinem Hals. Dabei legten sich seine anderen vier Finger in meinen Nacken. Ich bekam eine Gänsehaut, denn seine Finger waren eiskalt. Kälter, als ich sie in Erinnerung hatte. Sein Blick ruhte ebenfalls an dieser Stelle. Er wirkte abwesend und ich konnte mir nur zu deutlich vorstellen, woran er gerade dachte. Aber das ließ ich mit mir ganz sicher nicht machen. Ich war keine Zwischenmahlzeit!

Ich tat mein Bestes ihn drohend anzusehen und drückte etwas gegen seinen Brustkorb. Das holte ihn wieder zurück in die Realität und er blinzelte einige Male, ehe er sich zurück lehnte und auf mich herab sah. Bei seinem kühlen Blick lief es mir eiskalt über den Rücken.

„Aber ohne mich!“ Auf einmal kam mir der Gedanke raus zu gehen und mir die Beine zu vertreten nicht mehr ganz so schlecht vor. Ich schlug Sasukes linke Hand beiseite und stand auf. Doch zu meiner Überraschung erhob auch er sich und machte Platz, damit ich an ihm vorbei zum Ausgang gehen konnte. Diese Gelegenheit ließ ich mir sicher nicht entgehen! Ich ging gerade an ihm vorbei, als er mich plötzlich am Oberarm packte, etwas grob zurück zog und dazu brachte, mich noch einmal umzudrehen. Sein Gesicht war meinem nah, etwas zu nah, denn ich konnte deutlich seinen Atem auf meiner Haut spüren. Ich griff nach seinem Handgelenk, mit dem er mich noch immer festhielt, denn sein Griff begann schon zu schmerzen. Er sah mir tief in die Augen, als versuche er irgendetwas darin zu sehen, ehe er erneut das Wort ergriff.

„Hör zu, Naruto. Es wäre besser, wenn du mich die nächste Woche nicht reizen würdest, ansonsten könnten wir Beide schwerwiegende Probleme bekommen.“ Mit diesen Worten ließ er mich los. Einige Augenblicke erwiderte ich noch seinen Blick und rieb mir dabei den Arm. Ich hatte keine Zweifel, dass er es wirklich ernst meinte. In seinem Blick ruhte etwas Drohendes, so hatte er mich vorher noch nie angesehen. Eilig drehte ich mich um und ging an den Sitzen vorbei zum Ausgang. Bevor ich ausstieg, sah ich noch einmal, über meine Schulter. Er schaute mir hinterher und als sich unsere Blicke trafen, drehte ich mich schnell wieder weg und stieg aus. Wenn ich ehrlich war, hatte er mir damit einen ganz schönen Schrecken eingejagt. So hatte er noch nie mit mir geredet. Trotzdem versuchte ich mir nichts anmerken zu lassen und ging zu den anderen. Nebenbei aß ich eher lustlos mein Frühstück.
 

~Sasuke~
 

Wenn Naruto schlau war, und ich wusste, dass er nicht auf den Kopf gefallen war, dann würde er meine Warnung nicht auf die leichte Schulter nehmen. Mir graute es schon vor der kommenden Woche. Die ganze Zeit müsste ich auf diese nervenden Gören Acht geben. Ich konnte nicht einfach so auf Beutezug gehen. Es würden sich nicht viele Gelegenheiten ergeben, um an frisches Blut zu kommen und wenn mir Naruto auch noch ständig vor der Nase rumliefe, würde es nahezu unmöglich werden die Beherrschung zu bewahren. Sein Blut roch, und schmeckte, wunderbar. Unter Hunderten könnte ich ihn finden. Doch für diese Woche war das gefährlich. Ich könnte so einfach in Versuchung kommen ihn in irgendeine stille Ecke zu zerren und meinen Durst an ihm zu stillen. Er würde mich nicht einmal verraten, da war ich mir sicher. Vorausgesetzt, dass ich ihn nicht ausversehen tötete, was aber leicht passieren konnte, wenn ich mich nicht unter Kontrolle hatte. Und dann hätte ich die Bescherung. Wenn ich ihn daheim umbringen würde, wäre das überhaupt kein Problem, aber hier auf Klassenfahrt, wo ich die Verantwortung für ihn habe, wäre das ein einziges Dilemma!

Als Naruto aus dem Bus stieg und mir diesen seltsamen Blick zu warf, folgte ich ihm. Anscheinend hatte ich ihm doch ein bisschen Angst eingejagt, denn er hatte es auf einmal ziemlich eilig raus zu kommen. Und dabei wollte er erst gar nicht wach werden, geschweige denn aufstehen. Es wäre mir wahrscheinlich nicht mal aufgefallen, dass er noch da hinten in der Ecke schlief, wenn seine Freunde nicht alle dort hinten versammelt gewesen wären, um ihn wach zu bekommen. Ich habe nur selten jemanden erlebt, der so tief und fest schlafen konnte.

Ich verließ ebenfalls den Bus, warf dabei noch einmal einen Blick zu Naruto, der schweigend neben seinen Freunden stand und etwas aß, und ging zu Kakashi und den Begleiteltern.

„Ist er doch noch aufgewacht.“, kam es gleich von Kakashi. Ich nickte einfach nur und deutete über meine Schulter hinweg zu Naruto. Kakashi machte ein erleichtertes Gesicht und atmete tief aus.

„Puh, da bin ich froh. Ich hab mir ehrlich gesagt schon etwas Sorgen gemacht.“ Unweigerlich schlich sich ein Grinsen auf meine Lippen und ich winkte ab.

„Lass gut sein. Den haut nichts so schnell um, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen.“

„Stimmt.“, erwiderte er darauf freundlich. Nach einigen Minuten, in denen ich mich größtenteils mit Kakashi unterhielt, wurde es Zeit die halbstündige Pause zu beenden und ich wies alle Schüler an wieder in den Bus einzusteigen. Kakashi zählte dabei nach, ob auch alle da waren.

Während der nächsten zwei Stunden passierte nichts Besonderes, doch es war leider um einiges lauter, als in den ersten zwei Stunden der Fahrt. Jetzt waren alle munter und redeten und lachten unaufhörlich. Beinah Folter für mein sensibles Gehör und es war mir praktisch unmöglich mein Buch weiter zu lesen, das ich vorhin schon angefangen hatte. Um mich abzulenken ließ ich mich auf ein Gespräch mit Kakashi und den Begleiteltern ein. Sterbenslangweilig! Sie redeten über ihre Beschwerden, wie gesagt, Menschen hatten ständig irgendetwas, wechselten dann zum Gesundheitswesen, das ja so unsozial war und landeten dann, wie konnte es auch anders sein, bei der Politik. Es waren immer dieselben Themen und jeder glaubte seine Meinung noch mit in den Raum werfen zu müssen. Irgendwann hatte ich mich wieder aus dem Gespräch zurückgezogen. Stattdessen hatte ich mich wieder auf meinen Platz in der zweiten Reihe gesetzt und sah ein wenig aus dem Fenster. Die Sonne schien hell und kaum eine Wolke war am Himmel. Die Umgebung wurde allmählich ländlicher, nur noch vereinzelte Häuser standen am Straßenrand. Die Wiesen und Wälder dagegen wurden immer größer und wilder. Sie erinnerten mich ein wenig an die Wälder aus meiner Heimat. Nur hatten diese hier nicht solche Pracht und wirkten auch nicht so stark wie zu Hause. Ich war schon Ewigkeiten nicht mehr dort gewesen…

Ein plötzlicher Sonnenstrahl, der durch das Geäst der Baumwipfel drang, blendete mich für einen Moment, sodass ich das Gesicht wegdrehen musste. Im Grunde hasste ich es schon von Natur aus am Tage wach zu sein, doch es ließ sich leider nicht vermeiden. Zumindest nicht so lange ich noch hier lebte. Es würde sowieso bald Zeit werden wieder woanders hinzugehen. Ich arbeitete schon fast zehn Jahre an der Schule und es fiel langsam auf, dass ich mich nicht veränderte.

„Sasuke, wir sollten jetzt langsam die nächste Pause beginnen.“ Aus meinen Gedanken gerissen, sah ich zu Kakashi, der mich über die Lehne hinweg ansah. Ich fischte mein Handy aus der Tasche und sah auf das Display. Tatsächlich waren die zwei Stunden wie im Flug vorüber gegangen.

„Ja, der Meinung bin ich auch.“ Ich verstaute mein Handy wieder in der Tasche, während Kakashi mit dem Busfahrer redete. Ich stand auf und verschaffte mir bei der noch immer schwatzenden Meute Gehör. Schnell hatte ich die volle Aufmerksamkeit der Klasse. Innerlich musste ich darüber immer wieder lachen, denn ich war einer der wenigen Lehrer, vor denen die Schüler schon fast Angst hatten.

„Hört zu! Wir werden in ein paar Minuten wieder eine Pause machen. Jeder wird aussteigen und sich die Beine vertreten. Wer zur Toilette muss, erledigt das. Wir werden nicht noch einmal anhalten.“ Mit diesen Worten setzte ich mich wieder auf meinen Platz. Das Geschnatter in den Reihen hinter mir begann sofort wieder und einige fingen an ihre Rucksäcke wieder zusammen zu packen. Es dauerte nicht lange bis der Bus zum Halten kam.
 

~Naruto~
 

Endlich wieder eine Pause! Mir hatten schon langsam die Knochen weh getan. Wie alle anderen stieg ich aus dem Bus aus. Sensei Kakashi erklärte uns, dass wir wieder eine halbe Stunde Pause hätten, uns aber nicht zu weit von der Gruppe entfernen sollten. Aber ich hörte nur mit einem Ohr hin. Viel lieber sah ich mir die Umgebung an. Es war hier richtig ländlich und sowas sah man nicht allzu oft, wenn man aus der Großstadt kam. Wir standen vor einer Art Gasthof oder wohl eher Raststätte. Das Gebäude war zwei Stockwerke hoch und auch ungefähr so breit. Die Fassade war in einem dunklen Weiß gehalten und wurde von dunkelbraunen Balken gestützt. Ein richtiges Fachwerkhaus halt. Das Dach war auch in einer ziemlich dunklen Farbe, genau wie die Fensterrahmen. Vor dem Eingang standen ein paar Tische und Stühle. Das Haus war ringsum von Bäumen umgeben und wurde schwach von den paar Sonnenstrahlen beleuchtet, die es durch das Geäst der wild wachsenden Bäume schafften. In einiger Entfernung zum Haus verlief sogar ein kleiner Bach und selbst die Straße passte in dieses idyllische Bild. Ich musste ein wenig darüber schmunzeln. Straße konnte man es eigentlich nicht mehr wirklich nennen, denn sie glich viel mehr einem breiten Feldweg. Passend zu diesem Bild, war im Hintergrund auch noch das Gezwitscher von Vögeln zu hören. Hier gefiel es mir wirklich sehr, es war ganz anders als in der Stadt. Kurz schaute ich in den fast wolkenlosen Himmel. Im Moment schien noch die Sonne, doch bei Nacht war es sicher ein wunderschöner Anblick. Ich hatte bis jetzt noch nicht oft einen sternenklaren Himmel gesehen, da es in der Stadt selbst in der Nacht taghell war.

Die Meisten der Klasse gingen in den Rasthof und ich schloss mich sogleich an. Es gefiel mir zwar sehr hier draußen, an der frischen Luft, aber ich war auch neugierig, was es denn alles da drinnen gab. Also betrat ich mit einigen Anderen die Raststätte. Es wirkte sehr traditionell, genau wie draußen. Rechts von mir standen viele Tische und ein großer langer Tresen. Beides war aus dunklem Holz gemacht, während auf den Tischen weinrote Tischdecken lagen. Die Polsterung der Bänke hatte dieselbe Farbe. Der Raum wurde von einigen sehr klassisch wirkenden Wandlampen beleuchtet. Hinter dem Tresen stand auch eine Bedienung, die sich gerade mit zwei Gästen unterhielt. Eigentlich fand ich es schade, dass wir nur so kurz hier waren, sonst hätte ich hier vielleicht etwas Warmes essen können. So wie es aussah, schien die Raststätte ganz gut zu laufen. Das wunderte mich aber auch kaum. In diese Gegend kamen sehr gerne Urlauber, um etwas auszuspannen. Hier gab es keinen Straßenlärm, es war ruhig, man hatte saubere Luft und, obwohl man praktisch nur von Wäldern umgeben war, war es trotzdem sehr komfortabel. Und noch dazu gab es sehr viele heiße Bäder.

Langsam sah ich nach links in die Ecke. Dort befand sich ein Kiosk. Sofort trat ich ein um mir anzuschauen, was es denn zu kaufen gab. In den Regalen lagen mehrere Zeitschriften, Bücher, Minispiele und Plüschtiere. Es gab auch einige Getränke zu kaufen, genau das, was ich jetzt brauchte. Als ich zum Kühlregal gehen wollte, fiel mein Blick unabsichtlich auf das Regal mit den Plüschtieren. Erst jetzt fiel mir auf, dass sie die Form von mythischen Wesen hatten. Es gab zum Beispiel ein paar etwa 30 cm große Plüschtiere eines Tengus, mit einem roten Gesicht, einer langen Nase, schwarzen Flügeln und bunter Kleidung. Gleich in dem Regal darunter gab es genau so große Figuren von Schneefrauen und noch viele andere mythische Gestalten. Das Alles ließ sich hier auf dem Lande sicher sehr gut verkaufen. Doch was ich am Besten fand war, dass es sogar Plüschtiere eines neunschwänzigen Fuchses gab. Ich nahm mir eins und musterte es nachdenklich. Füchse waren meine Lieblingstiere und das schon immer. Als ich ein kleines Kind war, habe ich oft Märchen und Legenden über sie gelesen und war total begeistert, weil sie clevere Hengeyokai waren, sich also verwandeln konnten, und den Menschen Streiche spielten. Was ich sowohl früher als auch heute noch sehr gerne tat. Ein breites Grinsen bildete sich auf meinen Lippen. Unweigerlich musste ich an mein Lieblingsopfer denken. Das war damals die alte fiese Frau mit ihrem, genau so, fiesen Mann von der gegenüberliegenden Straßenseite gewesen. Sie hatten Freude daran gehabt, über mich herzuziehen und das in jeglicher Hinsicht. Und als ich dann begann ihnen ständig Streiche zu spielen, beschwerten sie sich bei meiner Tante und meinem Onkel und behaupteten sogar, ich wäre von einem Fuchs besessen.

//Diese abergläubischen alten Besen.// In meiner alten Schule hatte ich sogar den Spitznamen “Fuchsjunge“ gehabt, da ich nicht nur von der Art, sondern auch vom Äußeren einem Fuchs ähnelte. Zumindest hatten das die Anderen gemeint. Wie auch immer, ich hatte diesen Namen gemocht, auch wenn dieser nicht freundlich gemeint war.

Ich schüttelte leicht den Kopf, um mich wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Langsam legte ich den Plüschfuchs zurück ins Regal. Eigentlich hätte ich ihn auch gerne mitgenommen, aber auf der anderen Seite fragte ich mich wozu. Ich war immerhin sechszehn, also kein kleines Kind mehr und außerdem kroch ich noch immer auf dem Zahnfleisch wegen der Kette, die ich mir wegen Sasuke gekauft hatte. In dem Monat hätte ich beinah die Miete nicht zahlen können und die ganze Zeit musste ich auf Ramen verzichten. Ich ging weiter zum Kühlregal, griff mir eine Saftflasche und ging weiter zur Kasse. Da blieb mein Blick an einem kleinen Gestell hängen, an dem mehrere Schlüsselanhänger hingen. Es waren die gleichen Anhänger wie die Plüschtiere, die ich mir eben noch angeschaut hatte, nur halt ein paar Nummern kleiner. Und den Fuchsanhänger gab es sogar in orange und blau. Ich nahm mir einen Orangenen und sah ihn mir an. In den meisten Geschichten, die ich gelesen hatte, war der neunschwänzige Fuchs eher unheimlich und bösartig, aber der hier sah echt süß aus. Und dazu war er nicht größer als mein Daumen. Ehe ich es mir anders überlegen konnte, bezahlte ich den Anhänger zusammen mit dem Saft und ging wieder zurück zum Bus. Ich freute mich schon drauf, wenn ich endlich diese verdammte Busfahrt hinter mir hatte. Es dauerte auch nicht lange, bis Sensei Kakashi wieder alle in den Bus einsteigen ließ. Nach einigen weiteren Minuten fuhren wir auch schon wieder. Die Fahrt wurde nun etwas holpriger. Wo anfangs wenigstens noch Landstraße gewesen war, war jetzt nur noch steiniger Feldweg, auf dem wir nun ordentlich durchgerüttelt wurden. Der Bus fuhr sogar etwas langsamer und ich hielt mich zusätzlich noch an meinem Sitz fest, doch es änderte nicht viel. Schon nach den ersten paar Minuten konnte man vielen, in den hinteren Reihen ansehen, wie ihnen durch das ständige hin und her schwenken des Busses schlecht wurde. Einige meldeten sich auch recht schnell bei Sensei Kakashi und Sasuke und wurden von diesen weiter nach vorne, auf die freien Sitze, gesetzt und mit Reisetabletten versorgt. Allmählich wurde mir aber auch komisch. Mir anzuschauen wie sich die Anderen die Hände auf die Münder und die Bäuche legten, um den ein oder anderen Brechreiz zu unterdrückten und dazu auch noch das starke Ruckeln des Busses, waren echt zu viel. Ich fasste mir vorsichtig an den Bauch. Hier hinten war es sowieso am Schlimmsten mit dem hin und her Geschwänke. Andauernd, wenn wir durch ein Schlagloch fuhren, wurden wir dabei leicht aus den Sitzen gehoben. Ich sah rüber zu den Anderen. Die schauten auch nicht gerade super aus. Kiba und Shikamaru waren etwas blässlich, schienen sich aber noch ganz wohl zu fühlen. Lee dagegen sah gar nicht gut aus. Er war ganz blass, hielt sich den Mund zu und lehnte mit dem Ellbogen am Fenster. Dabei hielt er sich die Augen zu. Doch die Härte war Choji. Dem ging es offensichtlich wunderbar. Er war weder blass, noch grünlich im Gesicht und hatte wohl noch nicht mal bemerkt, wie dreckig es den meisten Anderen ging. Das lag wahrscheinlich an dem reichbelegtem Sandwich, das er gerade aß. Mir kroch der Geruch von Fisch in die Nase und augenblicklich wurde mir hundeelend.

//Wie kann der jetzt nur ein Fischsandwich essen?!// Sofort lehnte ich mich weiter in den Sitz zurück, in der schwachen Hoffnung dem Geruch so irgendwie zu entkommen. Doch leider blieb mir dieses Glück verwehrt. Es war einfach nur grausam! Ich konnte nicht hinsehen, denn ständig fiel mein Blick auf dieses verdammte Sandwich! Aber auch, wenn ich versuchte mich abzulenken und aus dem Fenster zu sehen, wurde meine Aufmerksamkeit durch das laute Schmatzen und den Geruch immer wieder auf Choji gelenkt. Das war wieder so typisch für mich, dass mir sowas passierte! Trotzdem versuchte ich es weiter. Ich ließ meinen Blick durch die Reihen schweifen, doch es gab nichts, was mich hätte ablenken können. Nur Sasuke ging langsam durch die Reihen. Er blieb immer wieder stehen und sprach meine Klassenkameraden an. Wahrscheinlich fragte er, wie es ihnen ging, denn Einige setzte er in die vorderen Reihen. Sasuke befand sich im Moment im mittleren Teil des Busses. Langsam drehte ich mich wieder weg. Ich wollte nicht riskieren, dass ich versehentlich noch Blickkontakt mit ihm aufnahm. Inzwischen drückte ich mir meine rechte, leicht geballte Hand gegen die Lippen und versuchte ruhig zu atmen. Es war nicht so, dass ich kurz davor war mich zu übergeben, auch wenn dieses furchtbar drückende und flaue Gefühl in meinem Magen immer stärker wurde, aber es half etwas die Übelkeit im Zaum zu halten, was aber unter diesen Umständen und dem ständigen Geruckel mehr als schwer fiel. Meinen rechten Arm stützte ich auf meinen linken, den ich mir über den Bauch gelegt hatte. Es sah also auf den ersten Blick nicht so aus, als würde mir tatsächlich übel sein.

Ich war, trotz der Übelkeit, nicht besonders scharf darauf, nach vorne gesetzt zu werden. Es waren nur noch wenige Plätze frei, nicht mehr als drei, wenn ich richtig sah, und die waren alle um Sasukes Platz verteilt. Seit der Aktion von vorhin, wollte ich ihm nicht näher als nötig sein. Doch so wie ich ihn kannte, würde er mich kurz ansehen, erkennen, was los war und mich sofort nach vorne holen. Also setzte ich mich gerade hin und versuchte so gelassen wie nur möglich da zu sitzen und Choji und dieses verfluchte Sandwich zu vergessen. Sasuke war jetzt bei uns in der hinteren Reihe angekommen und redete kurz mit Lee. Ich hörte nicht hin und sah vehement aus dem Fenster.

„Ist bei euch alles in Ordnung?“ Ohne groß darüber nachzudenken, drehte ich mich wieder vom Fenster weg und sah direkt in Sasukes Gesicht. Nebenbei bemerkte ich, wie Lee nach vorne ging. Sasuke hatte sich leicht vorgebeugt, um mit uns halbwegs auf Augenhöhe zu sein und hielt sich an der Lehne des Vordersitzes fest. Er selber blickte erst zwischen Kiba, Choji und mir hin und her, stoppte dann aber bei mir.

//Oh nein! Er hat´s doch gemerkt…// Möglichst unauffällig holte ich noch einmal Luft, um die Übelkeit, die sich bereits bis zu meinem Rachen hoch zog zu verdrängen und versuchte Sasukes Blick standzuhalten. Für mich eigentlich fast unmöglich.

//Wie kann man auch nur so einen starken Blick haben? Ganz abgesehen von diesen schwarzen Augen.// Während ich mich im nächsten Moment für diesen Gedanken innerlich ohrfeigte, bejahte Kiba die Frage. Kurz schwenkte sein Blick wieder zu Kiba und dann anschließend auch zu Choji, der nickte und weiter aß. Dann ging sein Blick wieder zu mir.

„Äh… Ja, mir geht es…“ Ein starkes schmatzendes Geräusch lenkte für einen Moment meine Aufmerksamkeit auf Choji. Dieser hatte gerade ein besonders großes Stück abgebissen und die Hälfte guckte ihm noch aus dem Mund.

„… gut. … äh…“, beendete ich noch meinen Satz. Er sah mich skeptisch an.

„Bist du sicher? Du siehst nicht gut aus.“ Etwas zögerlich nickte ich. Langsam und hoffentlich auch unauffällig ließ ich meine rechte Hand zum Kragen meiner Weste wandern und spielte nervös mit dem Reißverschluss. Eigentlich war mir viel lieber danach mir, an den Hals zu greifen, um den aufkommenden Brechreiz zu unterdrücken, aber das ging einfach nicht. Alles, was ich tun konnte, war Choji zu beobachten. Dieser merkte aber gleich, dass ich ihn musterte und sah mich fragend, mit noch immer vollem Mund, an.

„Hm? Willscht du vielleischt mal abbeißen?“ Er schluckte endlich das Stück in seinem Mund runter und hielt mir plötzlich das Brötchen hin.

„Hier, lecker Fischbrötchen mit MAYONAISE und SENF…“ Ich sah ihn ungläubig und angewidert an, bemerkte dabei nicht mal wie ich mir offensichtlich mit der linken Hand auf den Bauch fasste. Deutlich spürte ich schon die Magensäure in meiner Speiseröhre.

„Fisch… mit…“ Das war zu viel für mich. Sofort spürte ich, wie sich mir der Magen umdrehte und der Inhalt die Speiseröhre hoch kam. So schnell ich konnte, schlug ich mir die freie Hand auf den Mund und verhinderte damit, mich einfach zu übergeben. Es war widerlich!

//Warum muss das ausgerechnet mir passieren?// Die Augen hatte ich geschlossen und versuchte krampfhaft alles drinnen zu behalten. Dabei bemerkte ich nicht einmal, wie mich Choji anstarrte. Doch, als sich plötzlich eine Hand auf meinen Rücken legte und sachte darüber strich, sah ich doch wieder auf, genau in Sasuke nachtschwarze Augen.

Für einen Moment war es fast so, als würde die Welt still stehen. Ich spürte nicht mehr das Ruckeln des Busses, nicht die Geräusche, die dieser dabei machte und auch nicht die Stimmen meiner Klassenkameraden. Nicht mal die Übelkeit spürte ich in diesem Augenblick. Alles lief so langsam ab, fast wie in Zeitlupe, und mir wurde angenehm warm. Allmählich wurde ich auch immer träger.

//Das Gefühl kommt mir bekannt vor… Nur woher?// Mir war wirklich so als hätte ich das wirklich schon einmal erlebt. Ich konnte mir nur nicht erklären woher. Doch dann brach Sasuke den Blickkontakt für eine Zehntelsekunde ab, als er kurz blinzelte. Es fühlte sich an, als ob ich aus einem Traum erwacht wäre. Sofort wirkte meine Umgebung wieder auf mich ein. Der Bus, die Geräusche, der Geruch von Fisch und die verfluchte Übelkeit. In diesem Moment wünschte ich mir wieder in dem Zustand von eben zu sein. //Das war ganz sicher Sasuke gewesen!// Denn jetzt fiel mir wieder ein, dass er das schon mal bei mir gemacht hatte, als ich nach einer Prügelei nicht schlafen konnte. Sasuke zog seine Hand, die mir noch weiter über den Rücken gestrichen hatte, wieder zurück und legte sie auf meine Schulter.

„Du gehörst auf jeden Fall nach vorne!“ Sein Ton ließ keine Widerrede zu. Ich griff nach meiner Umhängetasche, während Sasuke mich am Oberarm packte und mir half, mich an Choji vorbei zu zwängen. Dann schob er mich regelrecht durch den Gang. Das war gar nicht so einfach, da der Bus ständig wackelte. Dabei ließ ich meinen Blick durch die Reihen wandern. Einige sahen wirklich so aus, als wären sie kurz davor sich zu übergeben. Zum Glück war das noch keinem passiert, denn wenn hier einer die Kontrolle verlieren würde, könnte sich sicher keiner mehr halten. Endlich vorne angekommen, dirigierte Sasuke mich auf dem Platz am Fenster und setzte sich dann neben mich. Der Kerl war so seltsam. Erst sagte er mir, ich solle ihn nicht reizen und dann machte er sowas hier. Ich lehnte meinen Kopf an den Sitz und schloss die Augen. Ich fühlte mich immer noch, als müsse ich mich gleich wieder übergeben, allerdings war es hier vorne nicht so schlimm, wie auf den hinteren Plätzen. Wieder legte ich die Hand auf meinen Bauch und schaute aus dem Fenster. Der Himmel hatte sich etwas verfinstert. Einige dunkle Wolken versperrten die Sicht auf die hoch stehende Sonne. Hoffentlich würde es nicht regnen. Nicht so lange wir hier waren.

Seit Sasuke mich nach vorne geholt hatte, war ich wieder müde. Wahrscheinlich hatte er wirklich irgendwas gemacht. Doch das drückende Gefühl in meinem Magen verhinderte, dass ich einfach einschlafen konnte. Ein echt ätzendes Gefühl. Stattdessen lauschte ich etwas dem Gespräch von Sasuke und Sensei Kakashi.

„Sasuke, vielleicht sollten wir noch eine Pause machen, damit sie sich wieder erholen können. Ich glaube nicht, dass sie den Rest der Strecke auch noch überstehen.“ Für einen kurzen Moment herrschte Schweigen, dann folgte ein resigniertes Seufzen.

„Fürchte ich auch. Da haben wir keine andere Wahl…“ Dann hörte ich, wie Kakashi sich mit jemand anderem unterhielt. Vermutlich wieder mit dem Busfahrer. Ich hätte Sasuke für die Antwort küssen können, natürlich nur im übertragenen Sinn. Dann würde ich endlich ein paar Minuten mal nicht durchgeschüttelt werden.

Ich schaute unauffällig zu ihm rüber. Er hatte die Beine überschlagen, lehnte bequem im Sitz und las ein Buch. Es war ziemlich breit, was aber bei mir nicht viel hieß. Für mich waren alle Bücher, die mehr als hundert Seiten hatten, breit. Ich selber las, wenn überhaupt, fast nur Bücher über Pflanzen oder Märchen. Die Schrift in Sasukes Buch war schrecklich klein, ich war mir auch sicher, dass es darin ganz bestimmt nicht mal Bilder gab. Aber ich war froh, dass er sich nicht mit mir befasste, so konnte ich die Zeit bis zur Pause besser überstehen.

Fünf Minuten später fuhr der Bus dann endlich an eine etwas breitere Stelle der Straße ran. Sofort herrschte ein reges Gedränge am hinteren Ausgang. Jeder wollte zuerst raus gehen und niemanden vorlassen. Sensei Kakashi stand auf und versuchte Ordnung in das Treiben zu bringen und auch Sasuke erhob sich endlich, damit ich raus konnte.

//Konnte der denn nicht früher aufstehen, jetzt muss ich auch noch am Längsten warten bis ich raus kann.// Und dabei war mir immer noch hundeelend zumute. Ich versuchte zu überblicken wie viele vor mir standen, aber durch das ständige Gedrängel war das schwierig. Auch Versuche weiter vor zu kommen schlugen fehl. Plötzlich spürte ich einen leichten Ruck am Kragen und wie ich nach hinten gezogen wurde. Ich schaute überrascht hinter mich. Sasuke hatte mich geschnappt, zog mich nach vorne zum eigentlichen Eingang und wies den Busfahrer an auch diese Tür zu öffnen. Erleichtert und froh, endlich etwas frische Luft zu bekommen, schmiss ich den beiden noch ein „Danke“ entgegen und rannte raus. Einige folgten mir. Wir waren noch immer in einem Wald, doch sah er jetzt noch wilder und ungezähmter aus. Vor mir war noch ein Stück Wiese, ehe die ersten Bäume kamen. Ich setzte mich an einen Baum und atmete ein paar Mal tief durch. Der Boden war zwar kalt, doch das störte mich überhaupt nicht. Es ging mir gleich viel besser. Aus dem Bus stiegen, oder besser gesagt drängelten, weiter meine Mitschüler und rannten dann direkt in den Wald. Andere setzten sich, so wie ich, auf die Wiese und erholten sich von der unbequemen Fahrt.

Es dauerte eine Weile, ich schätzte so ungefähr eine halbe Stunde, bis Sasuke und Kakashi alle wieder in den Bus riefen. Sasuke schien ein wenig schlecht gelaunt zu sein, wahrscheinlich weil die sowieso ungeplante Pause so lange gedauert hatte. Ich setzte mich gleich freiwillig auf den Platz neben ihn. Mir ging es wieder gut und ich wollte, dass es für den Rest der Fahrt auch so blieb. Als es weiter ging, ließ Sasuke sich wieder neben mir nieder und las weiter in seinem Buch. Irgendwie hatte ich das Gefühl, als müsse ich ihm dafür danken, dass er mich nach vorne geholt und mich dort auch raus gelassen hatte. Im nächsten Moment schoss mir der Gedanke durch den Kopf, ob er mich damit nicht bevorzugte, doch den schüttelte ich schnell wieder ab.

//Ganz sicher nicht!// Es wäre ihm bestimmt egal und ich würde mich damit auch noch zum Kasper machen. Außerdem hatte ich mich bei ihm bedankt, wenn auch nur flüchtig.

//Ich versteh diesen Kerl sowieso nicht! Mal sagt er das Eine, dann macht er wieder was ganz Anderes!// Er war für mich so durchsichtig wie eine Steinmauer. Und auch genau so kalt.

Ich lehnte meinen Arm auf den dünnen Vorsprung am Fenster, stützte meinen Kopf auf meine Hand und schaute zu Sasuke rüber. Er war ganz in das Buch vertieft und bemerkte noch nicht mal, wie ich ihn die ganze Zeit beobachtete. Doch nach einer Weile schaute ich wieder aus dem Fenster, ich wollte nicht riskieren, dass er auch noch bemerkte, wie ich ihn anstarrte. Da schaute ich mir doch lieber die vorbei ziehenden Bäume an. Nach einer Weile wurden diese aber doch weniger und die Straße wieder ebener. Bald fuhren wir an den ersten Häusern vorbei und erreichten dann auch endlich das Dorf. Die meisten Häuser, an denen wir vorbei fuhren, waren sehr klein, aber es gab auch größere, bei denen es sich meist um Geschäfte handelte. Ich war ganz ehrlich begeistert. Alles hier war so ländlich, nicht mal die Straße war gepflastert, und trotzdem gefiel es mir sehr gut. Es war was Anderes, als in der Stadt. Wir fuhren weiter durch das Dorf, bis wir es nach ungefähr zehn Minuten wieder verließen und bergauf fuhren. Der Weg wurde wieder steiniger. Total begeistert schaute ich aus dem Fenster und drückte meine Hände dabei gegen die Scheibe. Ich konnte von hier aus auf das Dorf runter schauen. Es war wirklich nur von Wald umgeben. Etwas weiter hinten, nur noch ganz leicht zu erkennen, befand sich ein großer See, der leicht im ab und an scheinenden Sonnenlicht schimmerte. Die Menschen, die durch die Straßen des Dorfes gingen, sahen fast aus wie kleine Ameisen. Aus den Augenwinkeln konnte ich eine leichte Bewegung wahrnehmen, weshalb ich zur Seite sah. Sasuke hatte sein Buch zur Seite gelegt, sich etwas zum Fenster vorgelehnt und schaute ebenfalls raus. Dabei stützte er sich mit den Händen links und rechts an den Sitzlehnen ab. Er wirkte dabei nicht so beeindruckt wie ich. Dann sah er nach vorne und hob kaum merklich den Kopf an. Ich konnte sein Gesicht nicht richtig sehen, aber es wirkte fast, als würde er lächeln.

//Ob er sich über irgendwas freut?// Im nächsten Augenblick drehte er sich zu Sensei Kakashi.

„Wir sind da.“, meinte er einfach nur. Sofort schaute ich wieder aus dem Fenster, genau dahin, wo auch Sasuke hingesehen hatte. Und tatsächlich konnte ich hinter den Bäumen und Felsen ein Dach ausmachen.

//Na endlich! Bin ich froh, wenn ich endlich aus diesem Bus rauskomme…// Langsam griff ich nach meiner Tasche und legte sie auf meinen Schoß. Ich konnte es kaum erwarten. Sasuke und Sensei Kakashi derweil sagten den Anderen, dass wir da wären und sie nichts im Bus vergessen sollten.

Als der Bus anhielt, stiegen wir alle aus, diesmal etwas geordneter als vorhin, und holten unsere Taschen aus dem Gepäckfach.

„Wer seine Tasche hat, macht Platz für die Anderen und stellt sich dort hinten hin.“ Sasuke versuchte Ordnung in das Gewimmel vor dem Bus zu bringen. Er wirkte wieder genervt. Ein paar Minuten später standen wir alle vor der Herberge. Das Hauptgebäude sah aus wie ein ausgebautes Badehaus. Es war im typisch japanischen Stil gehalten und wirkte auch schon sehr alt. Es hatte drei Stockwerke und war ungefähr doppelt so breit wie hoch. Der Putz war weiß und die Bretter und das Dach schwarz. Hinter dem Gebäude stiegen dicke Dampfschwaden, die wohl von den heißen Quellen herrührten, auf. In einiger Entfernung floss das heiße Wasser hinunter ins Dorf. Neben dem Hauptgebäude, so etwa in 50 Meter Entfernung, stand ein Neubau. Ich konnte nicht genau sehen, wie hoch er war, da er zu weit weg stand. Als alle da waren, betraten wir die Herberge. Von innen war sie im selben Stil wie draußen. Wir wurden auch gleich von einer Empfangsdame begrüßt, mit der sich Kakashi dann unterhielt. Kurz darauf kam er dann mit einem Haufen von Schlüsseln zurück.

„Okay, stellt euch mit euren Zimmerkameraden zusammen und holt euch dann euren Schlüssel. Ihr geht dann gleich auf eure Zimmer und packt aus. Wir treffen uns in einer Stunde wieder hier.“ Noch bevor ich mich nach Kiba und den Anderen umsehen konnte, standen die schon samt Schlüssel neben mir. Damit blieben wir von dem großen Ansturm verschont und machten uns auf dem Weg zu unserem Zimmer. Kiba meckerte den ganzen Weg über die Fahrt. Er war immer noch etwas blass, während Choji und Shikamaru nichts anzumerken war. Ich fühlte mich jetzt auch wieder super. Die Pause an der frischen Luft hatte wirklich geholfen.

Unser Zimmer befand sich im dritten Stock, wir hatten also Einiges an Treppen zu steigen. Mir fiel das nicht besonders schwer, da ich nur meine Umhängetasche und meinen großen Rucksack tragen musste. Doch die Anderen mussten ihre unhandlichen Koffer tragen. Kiba, zum Beispiel, hielt seinen großen Koffer mit beiden Händen ganz fest und hatte mit jeder Stufe zu kämpfen. Es war übrigens einer von den Koffern, von dem ich gedacht hatte, er würde einem Mädchen gehören, weil er so groß war. Oben angekommen wartete ich auf die Anderen. Kiba schloss das Zimmer auf und rannte als Erster hinein.

„Boah, cool Doppelstockbetten! Ich schlaf oben!“ Shikamaru ging gleich als Zweiter hinein.

„Na meinetwegen, ich auch.“ Mir war es eigentlich egal, wo ich schlief so lange es ein Bett war. Sicher hatten sie sich ebenso beeilt, weil sie Angst hatten in dem Bett unter Choji schlafen zu müssen. Bei Choji war es klar, dass er unten schlafen musste. Ich könnte nicht ruhig schlafen, wenn ich wüsste, dass er in dem Bett über mir liegen würde.

Nach Shikamaru betrat ich das Zimmer. Zuerst kam man in einen ziemlich kurzen Flur, wenn man es denn überhaupt so nennen konnte. Der war ungefähr vier, maximal fünf Schritte lang. Links im Flur war eine Tür, die in ein etwa 5 qm großes Badezimmer führte. Ich schaute kurz rein, bevor ich weiter ging. Alles war weiß gefliest und ein großer Spiegel hing an der Wand mir gegenüber. Gleich darunter war eine Ablage und das Waschbecken. Links vom Waschbecken stand die Toilette und ganz rechts, also hinter der geöffneten Tür versteckt, war die Dusche. Ich ging weiter und sah mir das Zimmer an. Es war ziemlich schlicht. Die Wände waren weiß. Auf dem Boden war ein schwarzer Teppich ausgelegt und die Fenster- und Türrahmen waren ebenfalls schwarz. Der Raum war etwas länglich. An der linken Wand stand ein Doppelstockbett mit einem breiten Schrank, genau wie an der rechten Wand, nur etwas versetzt. Vor dem Doppelstockbett, auf der rechten Seite stand ein quadratischer Tisch mit vier Stühlen. Ganz hinten an der Wand war eine große breite Glasschiebetür, die zu einem kleinen Balkon führte. Ich konnte schon von hier aus sehen, dass wir eine tolle Aussicht auf das Gebirge und das Dorf hatten. Ich ging schnell zu dem Bett auf der linken Seite und stellte meinen Rucksack darauf. Es war frisch bezogen und blütenrein. Kiba hatte echt nicht übertrieben, als er sagte der Service hier wäre erste Klasse. Dieser saß übrigens auf dem Bett über mir und lehnte sich vor, um mich besser sehen zu können.

„Hab nicht zu viel versprochen, stimmt´s? Du müsstest erst mal die Einzelzimmer sehen, die sind richtig im japanischen Stil. Das hier sind eher die Zimmer für große Gruppen. Die sind nicht ganz so schön.“

„Hm…“ Ich nickte nur und grinste leicht. Mir gefiel es hier auch so.

Anschließend packten wir unsere Sachen aus und mussten dann auch schon wieder runter. Sasuke stand schon da. Er hatte die Hände in der Hosentasche und war von einigen Mädchen umgeben, die die ganze Zeit mit ihm redeten, doch er schien gar nicht zuzuhören.

//Arroganter Blödmann. Dass er sich nicht einfach freut im Mittelpunkt zu stehen.// Es ärgerte mich, dass er sich das leisten konnte. Komischer Weise störte mich das nur bei ihm und ich wusste nicht warum. Warum ärgerte es mich bloß bei Sasuke?

Ich stellte mich zu der Gruppe und wartete, dass auch endlich der Rest eintrudelte. Sasuke hatte kurz zu mir gesehen, als er mich bemerkte, beachtete mich dann aber auch nicht weiter. Als dann endlich alle da waren, verschaffte sich Kakashi, der sich neben Sasuke gestellt hatte, Aufmerksamkeit.

„Kommt mal alle her. Zuerst einmal möchte ich, dass ihr euch alle von eurer besten Seite zeigt. Wer sich nicht benimmt, wird nach Hause geschickt.“ Dabei sah er speziell einige Schüler an, die ich aber nicht kannte.

„Zum Mittagessen waren wir leider zu spät, also wer Hunger hat, muss sich selber was holen oder bis heute Abend warten. Bis dahin haben wir die Möglichkeit drüben die Badeanstalt zu nutzen. Also irgendwer, der nicht mit will?“ Niemand meldete sich.

„Schön, dann holt euer Schwimmzeug, dann gehen wir rüber.“

So machten wir es dann auch. Wir gingen zu dem großen Gebäude rüber, dass ich vorhin schon gesehen hatte. Es war etwa so groß wie das Haupthaus, aber es war nicht im selben Stil gebaut. Wir gingen rein und Sasuke und Kakashi ließen sich für jeden Schließfächerschlüssel geben. Es war sehr modern hier drinnen eingerichtet. Alles war in Weiß gehalten. An den Wänden hingen einige Plakate und Aushänge über die Freizeitaktivitäten, welchen man hier und auch im Dorf nachgehen konnte. Zum Beispiel konnte man hier auch bowlen, Tischtennis spielen und noch andere Sachen machen.

//Das wird ganz bestimmt noch lustig werden!// Ich freute mich schon darauf, das Alles auszuprobieren.
 

~Sasuke~
 

Ich war froh, als wir endlich diese verdammte Herberge erreicht hatten. Es war ein einziger Krampf gewesen, sich um die ganzen jammernden Gören zu kümmern. Und zu allem Überfluss war Naruto auch noch so übel geworden. Das hatte ich schon aus der ersten Reihe gesehen. Die Blässe, die sich auf seinem Gesicht gebildet hatte, war total untypisch für ihn. Als ich dann hinten bei ihm gewesen war, wurde mir auch klar warum. Den Fisch vom Brötchen dieses fetten Jungen hatte ich auch schon in den vorderen Reihen wahrgenommen. Aber wenn ich ehrlich war, hätte ich ihn auch nach vorne geholt, wenn ihm nicht schlecht gewesen wäre, schon allein um ihn zu ärgern. Als sich dann zur Pause alle raus drängeln wollten, hatte ich vielleicht sowas ähnliches wie Mitleid für Naruto. Er war noch immer blass gewesen und die wären da hinten nie in Gange gekommen. Also hatte ich auch die vordere Tür öffnen lassen und Naruto dorthin gezogen. Nach der Pause ging es allen wieder gut und wir konnten endlich weiter fahren. Dadurch, dass wir erst so langsam gewesen waren und dann auch noch mal angehalten hatten, ging uns eine Menge Zeit verloren und das ärgerte mich.

Während der restlichen Fahrt hatte ich sehr wohl gemerkt, dass Naruto mich beobachtet hatte, aber das störte mich nicht. So lange es ihn von seiner Übelkeit ablenkte, sollte er das ruhig machen.

Ich war überrascht, wie begeistert Naruto von der Aussicht gewesen war, als wir ankamen. Daran war für mich nichts Besonderes, schließlich hatte ich solche Anblicke in meinem Leben schon oft genug gesehen. Viel mehr freute ich mich darüber, als wir dann ankamen, was aber nicht lange anhielt. Alle waren so unorganisiert und jeder wollte seine Tasche als Erstes haben. Einige hörten noch nicht mal, als ich ihnen gesagt hatte, wo sie sich hinstellen sollten und das nervte mich. Wieder wurde ich angerempelt.

„Jetzt rennt mir nicht vor den Füßen rum!“

Ich war froh, als endlich jeder seine Tasche und einen Schlüssel bekommen hatte. So konnte ich jetzt wenigstens eine Stunde ohne die Mätzchen dieser Bälgern genießen. Leider ging die Stunde viel zu schnell vorbei. Kakashi hatte vorgeschlagen mit der Klasse gleich rüber schwimmen zu gehen. Damit wären sie bis zum Abendessen beschäftigt. Das hielt ich auch für eine gute Idee, da musste man sie nicht die ganze Zeit beaufsichtigen. Also machten wir das dann auch so. Nachdem wir das der Klasse vorgeschlagen hatten und auch keiner hier bleiben wollte, gingen wir rüber und ließen uns die Schließfachschlüssel geben.

In der Schwimmhalle schwärmte die ganze Klasse dann aus, noch ehe man auch nur ein Wort hätte sagen können.

//Wen interessiert´s… Mir soll´s Recht sein.// Ich setzte mich an den Beckenrand und ließ meine Beine ins Wasser hängen. Dabei stützte ich mich mit den Händen nach hinten ab. Das Schwimmerbecken war sehr groß. Hier machten sie auch alle dreißig Minuten die Wellenmaschine an. Hinter dem Becken befand sich eine steile Rutsche, die eine Etage tiefer in das Nichtschwimmerbecken führte. Gleich daneben war auch eine Treppe für die, die nicht rutschen wollten, um nach unten zu kommen und ganz links eine weitere Treppe, die zu einer viel größeren und kurvigeren Rutsche führte. Wenn ich mich nicht täuschte, dann rutschte man von da oben ebenfalls runter ins Nichtschwimmerbecken. Mir selber war aber überhaupt nicht nach schwimmen.

„Hey Sensei! Wollen Sie denn gar nicht mit schwimmen?“ Die Frage kam von den Schülerinnen, die im Becken schwammen. Ich versuchte ein halbwegs freundliches Lächeln zu zeigen, auch wenn es mir schwer viel. Sie nervten mich schon, seit wir hier angekommen waren! Dabei setzte ich mich gerade, stützte mich mit der linken Hand auf den nassen Rand, während ich die andere auf meinen Oberschenkel legte.

„Nein, mir ist nicht danach. Schwimmt ruhig alleine Mädels.“ Offenbar zog mein “freundliches“ Lächeln, denn die Hühner begannen wieder zu gackern. Wirklich nervig! Die Mädchen machten sich gerade daran weg zu schwimmen, als ich hinter mir schnelle Schritte hörte. Ehe ich mich ganz umdrehen konnte, rannte schon jemand an mir vorbei und schrie laut:

„Arschbombe!!“ Dabei sprang derjenige mit eingerolltem Körper ins Wasser, wobei eine große Wasserfontäne aufkam. Pitschnass und wütend saß ich da und wischte mir die nassen Haare aus dem Gesicht um zu sehen, wer da so dreist gewesen war.
 

~Naruto~
 

Hier drinnen gefiel es mir sogar sehr gut! Es gab ein riesiges Wellenbecken, Rutschen und noch so viel mehr! Das war einfach klasse! Ich kam gerade aus der Umkleidekabine und richtete noch mal kurz meine orange, nicht ganz knielange, Badehose. Ich konnte nichts dafür, aber es war halt meine Lieblingsfarbe. Kurz schaute ich mich um. Ich wusste nicht, was ich zuerst machen sollte. Doch dann fiel mein Blick auf Sasuke, der am Beckenrand saß. Ich konnte ihn ganz gut von der Seite sehen. Er trug eine schwarze Badehose, die ihm auch bis kurz vor das Knie ging. Sie hatte einen roten Rand am Saum und wirkte noch dunkler, da sie etwas nass war. Ich hörte die Frage der Mädchen und auch was Sasuke darauf antwortete. Wieder wurde ich wütend auf ihn. Dazu reichte schon allein die Tatsache, dass er anscheinend jeden so leicht um den Finger wickeln konnte. Dabei war er gar nicht so freundlich, wie er jetzt gerade tat. Und ich musste es wissen, ich war der Einzige, der sein wahres Gesicht gesehen hatte und noch lebte. Und wie er die Mädchen angrinste, fast als hätten sie wirklich eine Chance bei ihm zu landen. Ein brodelndes Gefühl machte sich in mir breit.

//Und ob du nass wirst…// Ich ging auf ihn zu, wurde dann aber immer schneller und lief schließlich an ihm vorbei. Als ich absprang, rief ich noch laut: „Arschbombe!!“, rollte mich zusammen und sprang dann, Hintern voran, ins Wasser. Es gab einen richtig schönen Klatscher, ehe das Wasser dann über meinem Kopf zusammen brach. Unter Wasser öffnete ich die Augen und sah wie lauter kleine Luftbläschen, die bei dem Sprung entstanden waren, nach oben stiegen. Grinsend schwamm ich etwas vom Beckenrand weg, bevor ich wieder auftauchte. Ich wischte mir die Haare aus dem Gesicht und drehte mich um. Und bei dem Anblick, der sich mir da bot, hätte ich sofort loslachen können. Sasuke saß wie ein begossener Pudel da. Den Kopf hatte er leicht vorgelehnt und ihm hingen die schwarzen Haare schwer im Gesicht. Seine Hände waren leicht angehoben, so als hatte er sich noch schützen wollen. Dann fuhr er sich kurz über die Augen und anschließend durch das nasse Haar und sah mich an. Selbstsicher grinste ich zurück. Ich fand er hatte bekommen, was er verdient hatte. Die meckernden Mädchen rechts neben mir ignorierte ich. Sie waren nur angefressen, weil ich ihren heißgeliebten Lehrer nass gespritzt hatte. Einen Augenblick lang grinste ich ihn noch an, konnte seinen Blick aber nicht deuten. Es sah aus wie eine Mischung aus Unglauben und Fassungslosigkeit. Doch dann drehte ich mich weg und schwamm weiter. Ich fühlte mich jetzt viel besser und auch dieses lodernde Gefühl ließ wieder nach. Da stellte sich nur noch die Frage, was ich jetzt machen sollte.

//Die Rutschen sehen lustig aus, das werd ich machen.// Also schwamm ich in die Richtung des gegenüberliegenden Beckenrandes, doch irgendwie beschlich mich ein seltsames Gefühl, als würde irgendwas nicht stimmen. Ich schwamm auf der Stelle und sah mich um, doch da war nichts. Dann drehte ich mich zu Sasuke, doch der stand gar nicht mehr am Beckenrand. Ich konnte ihn nirgends ausmachen. Ganz plötzlich spürte ich wie mich etwas am linken Bein striff. Sofort sah ich runter, konnte aber nur noch einen Schatten ausmachen.

„Oh nein.“ Dann wurde ich auch schon am rechten Knöchel gepackt und nach unten gezogen. Rein instinktiv versuchte ich nach oben zu kommen, was mir aber nicht gelang. Stattdessen sah ich runter zu Sasuke. Seine Haare umspielten langsam sein grinsendes Gesicht, während er noch immer meinen Knöchel festhielt. Sofort versuchte ich wieder frei zu kommen, da mir die Luft ausging. Sasuke aber schien gar nicht daran zu denken mich los zu lassen. Erst, als ich mit den Händen nachhelfen wollte, zog er mich ran, um mich anschließend loszulassen und sich an meinen Schultern nach oben abzustoßen. So schnell ich konnte, schwamm ich hinterher und erreichte nach wenigen Sekunden die Oberfläche. Sofort holte ich tief Luft und drehte mich dahin, wo ich Sasuke vermutete. Ich musste mir kurz über die Augen reiben, da ich sie zu lange offen gelassen hatte.

„Du kannst mich doch nicht so erschrecken. Ich hab keine Luft mehr gekriegt!“ Sasuke aber grinste mich nur breit an.

„Na wenn das deine einzige Sorge ist...“ Plötzlich legte er seine Hand auf meinen Kopf.

„…dann halt die Luft an.“ Ich konnte dieser Aufforderung gerade noch nachgehen, als Sasuke mich auch schon unter Wasser drückte. Ich griff automatisch nach seinem Handgelenk um mich wieder zu befreien. Das fiel mir auch nicht schwer, da er mich auch gar nicht festhielt. Aber als ich wieder auftauchte, ließ er mir nicht mal die Gelegenheit um Luft zu holen und drückte mich mit der anderen Hand wieder runter. Ich glaubte schon fast, dass er mich hier wirklich ertränken wollte. Diesmal öffnete ich wieder meine Augen unter Wasser und sah direkt auf Sasukes trainierten Bauch. Ich boxte dagegen, in der Hoffnung, dass er darauf hin die Hand von meinem Kopf nehmen würde. Ansonsten bliebe mir nur die Möglichkeit ihm die Hose runterzuziehen, was ich aber nach relativ kurzer Bedenkzeit ablehnte. Das gäbe dann nur Probleme. Meine Versuche schienen nichts zu bewirken, doch dann zog mich Sasuke am Arm wieder nach oben. Ich musste husten, weil ich beim Auftauchen Wasser verschluckt hatte. Mein Gegenüber grinste immer noch schadensfroh.

„Tja, ich denke wir sind quitt. Was meinst du?“ Der Meinung war ich ganz und gar nicht. Ein letztes Mal hustete ich, bevor ich meine Hände auf seine Schultern legte und ihn mit meinem ganzen Körpergewicht runter drückte.

„Finde ich nicht!“ Er konnte nichts dagegen tun, holte noch schnell Luft, bevor er dann im Wasser unter ging. Ich ließ meine Hände auf seinen Schultern damit er auch unten blieb, aber er machte auch gar keine Anstalten irgendwie wieder hoch zu kommen. Mir sollte das nur Recht sein. Aber nach einer Minute machte ich mir doch etwas Sorgen. Er machte immer noch keine Anstalten wieder aufzutauchen. Plötzlich spürte ich, wie sich Sasukes Hände an meine Taille legten und begannen über die Haut zu streichen. Ich musste leise lachen, da mich das richtig kitzelte. Sofort ergriff mich der Drang seine Hände davon abzuhalten, aber ich wollte ihm diesen Triumph nicht gönnen.

„Hahaha… Stop, das… hihihi… das ist unfair…“ Ich konnte kaum still halten, so schwer fiel mir das, aber ich hielt tapfer durch. Es wurde schwieriger die Hände auf seinen Schultern zu lassen, als er weiter oben kitzelte. Inzwischen tauchte er langsam wieder auf, obwohl ich ihn eigentlich immer noch runter drückte. Sicher waren das wieder seine “Vampirkräfte“, denn ein normaler Mensch hätte das nicht geschafft. Da war es dann auch egal, ob ich weiter versuchte ihn unterzutauchen. Also ließ ich seine Schultern los und griff, noch immer lachend, an seine Hände, um sie davon abzuhalten. Warum musste ich auch nur so kitzlig an der Stelle sein? Ich hatte dabei gar nicht gemerkt, dass er mich ein Stückchen mit angehoben hatte.

„H-hör auf! D-das kitzelt!“, bekam ich nur lachend heraus. Inzwischen war er wieder aufgetaucht und grinste mich immer noch breit an. Er stoppte mit dem Kitzeln und ich konnte endlich wieder richtig Luft holen. Seine Hände, die auf meiner Taille lagen, hielt ich weiter fest, während ich langsam wieder zu Atem kam. Ich konnte echt nur hoffen, dass das niemand sah, der uns kannte.

„Du solltest jetzt besser noch mal die Luft anhalten.“, kam es plötzlich von Sasuke.

//Oje, der will mich doch nicht schon wieder untertauchen?//

„Nein, nicht. Ich brauch mal ´ne P- AAAAAHHHHH!“ Sasuke hatte mich auf einmal noch ein Stück angehoben und etwa einen Meter von sich entfernt ins Wasser geworfen. Und wieder versank ich im Wasser und schaute zu, wie lauter kleine Luftblasen, die beim Eintauchen entstanden waren, nach oben schwammen. Langsam tauchte ich wieder auf und konnte mir ein Grinsen dabei nicht verkneifen. Sasuke stand noch an derselben Stelle, grinste mich noch ein letztes Mal an, ehe er sich umdrehte und in die entgegengesetzte Richtung schwamm.

Ich tauchte zum Beckenrand, kletterte hinaus und ging zu der steilen Rutsche. Das eben hatte wirklich Spaß gemacht. Ich hätte nie vermutet, dass Sasuke auch für solche Scherze zu haben war. Wenn ich ehrlich war, hätte ich mir nie vorgestellt, dass Sasuke überhaupt jemanden auskitzelte.

Ich sauste die schnelle Rutsche hinunter und spritzte dabei noch gleich ein paar meiner Mitschüler nass, die sich auf eine Erhöhung gesetzt hatten und miteinander quatschen. Auch deren Gemecker interessierte mich nicht. Das Becken hier unten war nicht rechteckig wie das Obere. Die Beckenränder waren immer leicht gewölbt. Links von mir war sowas wie eine kleine Insel, um die man schwimmen konnte. Rechts von mir war viel Platz zum Schwimmen und auch ein Durchgang, der nach draußen zum Sommerbecken führte. Vor dem Durchgang waren auf beiden Seiten solche Wasserbänke, aus denen gelegentlich etwas Luft sprudelte. Und hinter der rechten Wasserbank waren noch drei Whirpools, die etwas abgestuft zueinander standen. Ich konnte es kaum erwarten die ganzen Sachen mal auszuprobieren.

„Hey Naruto!“ Kiba stand in einiger Entfernung rechts von mir, mit einem Wasserball in seiner Hand und winkte mich zu sich ran. Shikamaru und Lee waren mit bei ihm.

„Willst du mitspielen? Uns fehlt noch ein Spieler.“ Da ließ ich mich nicht zweimal bitten und ging zu den Dreien rüber.

Stundenlang spielten wir Wasserball zusammen. Unser Team wurde sogar etwas größer als sich noch ein paar aus unserer Klasse dazugesellten. Dann konnte ich auch mal Pause machen, denn es war auf die Dauer doch sehr anstrengend im Wasser zu laufen. Ich setzte mich auf eine der Wasserbänke und ruhte etwas aus. Die Stelle war ganz niedrig und hatte eine leichte Anhöhe für den Kopf, so dass ich mich auch hinlegen konnte. Trotzdem legte ich noch meinen Arm darunter. Nach ein paar Minuten ging dann sogar die Sprudelanlage an und ich hatte schwer damit zu tun nicht einfach einzuschlafen. Es war wirklich entspannend. Mit den Gedanken driftete ich etwas ab und nahm kaum noch was von der Umgebung wahr. Ich dachte über den Tag nach, über das, was passiert war und vieles Andere. Irgendwann musste ich dann doch für einen wirklich kurzen Moment weggenickt sein, denn als ich einige Augenblicke später wieder ganz munter war, saßen Sensei Kakashi und Sasuke plötzlich neben mir! Also Sasuke saß direkt neben mir und Kakashi neben ihm. Die Beiden schauten dem Wasserballspiel zu. Ich setzte mich auf, ehe ich doch noch ganz einschlafen konnte, wobei mir auffiel, dass die Sprudelanlage inzwischen wieder aus war. Augenblicklich schauten die Beiden zu mir. Anscheinend sah man mir die Verwirrung über das plötzliche Auftauchen der Beiden an, denn Sasuke wirkte amüsiert.

„Also wirklich Naruto, wenn du müde bist, kannst du ruhig auf dein Zimmer gehen, anstatt hier zu schlafen.“ Ich sah ihn etwas trotzig an.

„Ich hab gar nicht geschlafen. Ich hab nur… kurz die Augen entspannt.“ Im Gegensatz zu Kakashi lachte Sasuke nicht über diese Ausrede. Mir fiel erst jetzt auf, dass Sensei Kakashi immer noch einen Mundschutz trug.

//Seltsam…// Das sah wirklich komisch aus.

„Wir dachten, wir sollten uns besser zu dir setzen und aufpassen, dass du nicht ertrinkst.“, meinte Kakashi, noch immer lächelnd. Zumindest glaubte ich, dass er lächelte, soweit ich das durch seine Maske erkennen konnte.

„Nur so nebenbei“, meinte Sasuke dann noch und fuhr fort.

„Wie kann man hier nur einschlafen?“ Dabei schüttelte er ungläubig mit dem Kopf.

„Ich hab nicht geschlafen und wenn, hätte ich gar nicht ertrinken können.“ Immerhin war mein Kopf oberhalb des Wassers gewesen und hatte noch auf meinem Arm gelegen. Mich beschlich das Gefühl, dass mich die Beiden einfach nur ein bisschen aufziehen wollten.

„Natürlich nicht.“, meinte Sasuke und wischte mir kurz die nassen Haare aus dem Gesicht. Damit war die Sache dann wohl erledigt, denn die Beiden sahen wieder dem Spiel zu. Ich schaute nach oben an die Decke. Die Hälfte davon bestand aus einer abgeschrägten Glasfront. Das Rauschen des Regens hatte meine Aufmerksamkeit darauf gelenkt. Es sah aus, als würde ein Wasserfall über die Glasscheiben laufen.

//Wie schade, dass es jetzt doch noch angefangen hat zu regnen…// Ich mochte zwar Regenwetter sehr gerne, aber für die Reise hatte ich gehofft, dass es schönes Wetter geben würde.

Wir saßen nicht mehr lange da, bis es Zeit für das Abendessen wurde und Sasuke und Kakashi alle zusammen trommelten. Wir gingen dann duschen, was ich so schnell wie möglich hinter mich brachte, und zogen uns an. Nachdem jeder seine Haare getrocknet hatte, wobei einige echt lustig aussahen, machten wir uns auf den Weg rüber ins Haupthaus. Dabei mussten wir uns beeilen, damit wir nicht gleich wieder nass wurden.

Dort angekommen brachte dann jeder seine Sachen auf sein Zimmer und ging anschließend wieder runter zum Abendessen. Es gab heute Tempura und gekochten Reis und zur Auswahl noch mehrere Salate: Ich nahm mir von allem reichlich. Mein Magen knurrte schon seit ich aus der Dusche gestiegen war. Ich saß zusammen mit Kiba, Shikamaru, Choji und Lee an einem Tisch. Leider hatten wir einen Platz neben dem von Sakura bekommen und die quatschte in einer Tour. Als wir fertig waren mit essen, gingen wir wieder rauf in unser Zimmer. Rüber gehen durften wir sowieso nicht mehr, also konnten wir uns auch hier beschäftigen. Lee kam zu uns ins Zimmer rüber und noch einige Andere folgten ihm, die aber nicht lange blieben. Ich derweil zog mir schon das Schlafzeug an und machte es mir auf dem Bett bequem. Obwohl wir eigentlich nicht viel gemacht hatten, war ich ziemlich geschafft. Ich versuchte erst gar nicht noch rauszukriegen, worüber Kiba gerade wieder sprach und gab dem Verlangen nach, nur für einen Moment die Augen zu schließen.
 

~Sasuke~
 

Beim Abendessen hatte ich mir viel Zeit gelassen. So musste ich mich nicht gleich wieder um irgendwelchen unwichtigen Kram kümmern. Das Einzige, was mir heute wenigstens ein bisschen Spaß gemacht hat, war als Naruto mich vorhin so frech provozierte und ich ihn untergetaucht hatte. Es war zwar totaler Kinderkram, aber es war eine schöne Abwechslung zu dem, was ich sonst hatte. Leute, die um ihr Leben bettelten oder das ständige Generve von Leuten, die sich bei mir einkratzen wollten. Und sein Lachen war so ehrlich und hell gewesen. Der Gedanke ihn womöglich bald aus dem Weg zu räumen, nagte an mir und ließ einfach nicht nach, fast als würde ich dabei etwas Wichtiges übersehen, aber es wollte mir einfach nicht einfallen! Doch ich war der Sache nicht wirklich näher gekommen. Ansonsten war der Tag eher umsonst gewesen.

Nach dem Essen erkundigte ich mich an der Rezeption, was man alles im Dorf oder der Umgebung machen konnte. Anschließend gingen Kakashi und ich noch zu jeder Gruppe, um nachzusehen ob sie sich inzwischen eingerichtet hatten. Ich war froh, dass wir alle auf einer Etage waren, so musste ich wenigstens nicht ständig hin und her laufen. Wir waren fast durch mit den Zimmern, als wir zum Vorletzten kamen. Zwei Zimmer weiter, war schon wieder das von Kakashi und mir. Die beiden Eltern waren jeweils in einem Jungen und einem Mädchenzimmer mit untergebracht. Ich hatte extra dafür gesorgt, dass wir eins ohne Doppelstockbetten bekommen würden.

Kakashi klopfte an die Tür. Es dauerte einige Sekunden bis uns aufgemacht wurde.

„Abend Sensei.“ Shikamaru hatte aufgemacht und er sprach mit der üblichen Begeisterung.

//Dann wird das hier also Narutos Zimmer sein…// Ich trat gleich nach Kakashi ein. Kiba saß mit Choji am Tisch. Sie spielten wohl gerade irgendein Kartenspiel. Shikamaru setzte sich gleich wieder zu ihnen. Da stellte sich die Frage, wo der Vierte abgeblieben war. Den fand ich schnell auf seinem Bett. Er trug schon Nachtzeug, eine blasse, orange siebenachtel-Hose mit einem Shirt in derselben Farbe und hatte sich mit dem Gesicht zur Wand gedreht. Er döste leise vor sich hin, war schon fast komplett weggenickt. Während Kakashi den Anderen erklärte, was für morgen auf dem Plan stand und wann sie aufstehen sollten, griff ich nach der Decke, auf der Naruto lag und zog sie vorsichtig unter ihm weg. Er öffnete langsam die Augen und sah kurz zu mir auf, als ich die Decke auseinander faltete. Dann ließ er den Kopf wieder sinken, schloss dabei die Augen und war wieder eingenickt, als ich ihn damit zudeckte.

Ich strich die Decke glatt und wischte ihm noch unauffällig eine Strähne aus dem Gesicht, bevor ich noch mal mit den anderen Dreien redete.

„Macht nicht mehr so lang und nehmt Rücksicht auf ihn, verstanden?“ Alle Drei nickten und das reichte mir. Kakashi und ich verließen daraufhin das Zimmer. Ich konnte verstehen, dass Naruto so schnell eingeschlafen war. Der Tag war wirklich lang genug gewesen…
 

Ende Kapitel 12

… really dangerous situations

Erst mal: Es tut mir so leid, dass ich euch so lange hab warten lassen! Ende letzten Jahres habe ich einen Job bekommen und musste mir eine Wohnung suchen und umziehen. Dadurch ist alles ziemlich verzögert wurden und keiner ärgert sich mehr als ich, dass es so lange gedauert hat. Es war auch nicht leicht zu schreiben, weil ich und meine kleine Schwester viele Ideen für die nächsten beiden Kapitel hatten und diese auf 6 Tage verteilen mussten. Also seit mir bitte nicht böse. Sollte es jemanden trösten: Ich hasse meinen neuen Job. >.<

Das nächste Kapitel wird nicht so lange brauche, da es schon halb fertig ist.^^
 

Und jetzt viel Spaß beim lesen.^.~
 

~Naruto~
 

Ein nerviges Klingeln riss mich aus meinem traumlosen Schlaf. Ohne die Augen zu öffnen, tastete ich nach meinem Wecker und haute sachte darauf, doch hörte das Geräusch nicht auf. Müde blinzelnd öffnete ich langsam die Augen und sah mich im Zimmer um. Durch die halb zugezogenen Vorhänge der Balkontür schien das Licht der aufgehenden Sonne und beleuchtete das Zimmer. Choji, der an der Wand gegenüber schlief regte sich etwas, während sich Shikamaru, in dem Bett über ihm, einfach nur unter der Decke verkroch. Das Piepen kam aus dem Bett über mir, aber Kiba rührte sich kein Stück. Ich seufzte genervt. Der Blödmann machte einfach keine Anstalten den Wecker auszustellen. Wehleidig strampelte ich meine Decke weg und stemmte meine Beine nach oben, gegen die Unterseite des höher gelegenen Bettes. Dabei verlagerte ich mein Gewicht auf den Oberkörper, um an den Lattenrost ranzukommen, so dass ich diese gymnastische Haltung, Kerze hieß sie glaube ich, machte.

Ich trat immer wieder gegen das Holz oder hob einen Teil der Matratze, die zwischen den einzelnen Latten zu sehen war, an.

//Das grenzt ja schon an Morgengymnastik…//, dachte ich mir muffelig. Wer mochte es schon, frühs von einem nervigen Wecker aus dem Schlaf gerissen zu werden und den nicht mal ausschalten zu können? Allmählich machten sich meine Bemühungen bezahlt und Kiba wurde munter.

„Mann, jetzt mach endlich den doofen Wecker aus!“ Von oben kam nur ein grimmiges Murren und das Klingeln hörte auf. Endlich wieder Ruhe. Ich wollte mich gerade wieder zudecken, als Kiba schläfrig weiter murmelte.

„Wir müssen aufstehen… Frühstück…“ Dann kletterte er langsam aus dem Bett runter. Auch Choji und selbst Shikamaru machten langsam Anstalten aufzustehen. Ich wollte am liebsten liegen bleiben, viel zu gut hatte ich in dem kuschligen, weichen Bett geschlafen und außerdem war ich immer noch müde. Aber Kiba machte mir einen Strich durch die Rechnung. Er schüttelte mich leicht an der Schulter, gähnte einmal herzhaft und sprach:

„Steh auf. Heute Vormittag steht eine Fahrradtour oder Wanderung an. Also müssen wir jetzt aufstehen.“ Wenn er nur geahnt hätte, wie egal mir das war. Da Kiba aber nicht nachgab stand ich nach fünf Minuten doch auf. Gemächlich zog ich mich an, die selben Sachen wie gestern, und ging unmotiviert runter zum Speiseraum. Wir setzten uns an einen Sechsertisch in einer Ecke und begannen das Frühstück. Ich aß still zwei Toastscheiben während ich mich im Raum umsah. Die Meisten, darunter auch Sasuke, waren schon hier unten und frühstückten ebenfalls. Ich hatte heute irgendwie so gar keine Lust, was wohl daran lag, dass ich entweder wandern oder fahrradfahren musste. Das Wandern würde noch gehen, aber auf die Fahrradtour hatte ich keine Lust. Viel schöner wäre es gewesen wieder schwimmen zu gehen.

Noch immer grübelnd blickte ich kurz aus dem Fenster. Die Sonne stand schon etwas höher und es war keine Wolke am Himmel.

//Also auch schlechte Chancen, dass das heute ins Wasser fällt.// Mürrisch schaute ich auf meinen Teller, auf dem noch ein halbes Toast lag, als sich plötzlich jemand auf den leeren Platz neben mich setzte und alle fröhlich begrüßte.

„Morgen Jungs!“ Keine zwei Sekunden später setzte sich Ino auf den leeren Platz gegenüber von Sakura und begrüßte uns ebenfalls. Wir vier schauten sehr verwirrt, denn es war weder Sakuras noch Inos Art, zu uns zu kommen, wenn es keinen triftigen Grund oder wenigstens ein interessantes Thema gab. Noch misstrauischer machte mich, dass die Beiden unentwegt grinsten. Sie hatten ihr Frühstück mitgebracht. Offenbar hatten sie vor hier bei uns zu essen.

//Wahrscheinlich haben die ihre Clique so genervt, dass sie sich umsetzen mussten.// Der Gedanke ließ mich grinsen.

Ino begann gleich zu essen, nur Sakura schaute noch zu uns.

„Ich soll euch von Sensei Uchiha sagen, dass wir uns gleich nach dem Frühstück in der Eingangshalle treffen. Sie wollen dann Gruppen bilden.“

//Ach, deswegen haben die so gute Laune. Sasuke hat sich herab gelassen mit ihnen zu reden…// Choji guckte sie irritiert an.

„Hä? Weshalb das denn?“ Sie zuckte nur mit den Schultern, während sie sich ein Brötchen schmierte.

„Keine Ahnung. Hat er wohl so mit den Anderen abgemacht. Ist ja auch egal…“ Dann drehte sie sich grinsend zu Ino.

„… Hauptsache ich bin in seiner Gruppe.“ Beide begannen zu kichern, ehe sie sich wieder über ihr Frühstück her machten. Genervt drehte ich mit den Augen. Noch vor ein paar Monaten hatte ich gedacht, ich könne mich vielleicht mit ihnen anfreunden, aber inzwischen hatte ich das aufgegeben. Spätestens seit der Geschichte an Weihnachten konnte ich sie nicht mehr leiden. Kiba hatte da zwar auch Mist gebaut, sich aber immerhin nach den Ferien entschuldigt. Sakura hatte mich nur die ganze Zeit gefragt, wie genau Sasukes Wohnung aussah, da sie selber nur einen flüchtigen Blick hatte drauf werfen können. Aber im Grunde war mir das egal.

Als ich mit dem Frühstück fertig war, ging ich, gemeinsam mit den Anderen, in die Eingangshalle. Die Meisten waren schon da und wir brauchten auch nicht lange warten bis Sensei Kakashi und Sasuke dazu kamen. Gut gelaunt begrüßte uns Kakashi, während Sasuke, ernst wie immer, neben ihm her ging.

„Morgen Klasse! Wir wollen keine Zeit vertrödeln, wir haben noch Einiges vor heute.“ Er griff in seine Hosentasche und holte einen zusammengefalteten Zettel raus.

„Also, wir sind zu Viele, um gemeinsam irgendeine Tour zu machen, deshalb werden wir euch in zwei Gruppen teilen. Die, die ich jetzt aufrufe stellen sich zu mir, ok?“ So fing Kakashi dann an die Namen auf der Liste vorzulesen. Darunter waren auch Choji und Kiba. Als er fertig war, faltete er das Blatt wieder zusammen und steckte es weg.

„Gut, meine Gruppe wird heute wandern. Der Rest, den ich jetzt nicht aufgezählt habe, gehört zu Sensei Uchihas Gruppe. Ihr habt heute die Fahrradtour. Übermorgen werden wir tauschen. Ich möchte, dass ihr euch startklar macht und in zwanzig Minuten wieder hier seid.“ Ich war überhaupt nicht begeistert, aber es hätte mich auch überrascht, wenn mal etwas so gelaufen wäre, wie ich es mir wünschte. Was mir viel mehr Sorgen machte, war dass ich den ganzen Vormittag mit Sasuke verbringen würde. Ich wollte nicht riskieren, dass er seine Drohung vielleicht noch wahr machte. Unweigerlich wanderte mein Blick zu Sasuke, um den sich wieder eine kleine Schar von Mädchen versammelt hatte. Er stand ganz gelassen da und ließ die nervigen Fragen über sich ergehen. Dabei fuhr er sich ein paar Mal durch die rabenschwarzen Haare. Ich konnte nicht hören, was sie sagten, aber das war auch egal. Es widerte mich echt an, wie sich die ganzen Mädchen, Sakura und Ino mit eingeschlossen, an Sasuke ranmachten, so als würde er ihnen einen Grund dazu geben.

//Eigentlich kann er einem echt leidtun...// Langsam verschränkte ich die Arme und beobachtete ihn weiter, bis ich ihm plötzlich direkt in die Augen sah. Einen Moment konnte ich diesem Blick standhalten, doch als sich ein leichtes Schmunzeln auf seinem Gesicht ausbreitete, schaute ich sofort weg. Es war mir irgendwie peinlich, denn diesen Ausdruck war ich von ihm überhaupt nicht gewohnt, außerdem bedeutete es selten etwas Gutes für mich, wenn er mich angrinste. Verlegen wandte ich mich ab und ging auf mein Zimmer, um mich umzuziehen.
 

~Sasuke~
 

Fast wehmütig dachte ich an das Frühstück zurück, als ich, von einem Haufen Weiber umzingelt, in der Eingangshalle stand. Sie fragten mich lauter unwichtige Sachen, zum Beispiel, ob ich vergeben wäre oder was ich so für Hobbies hätte. Auf diese Fragen antwortete ich allerdings nicht. Ich hasste es, wenn sich jemand in meine Angelegenheiten einmischte. Noch dazu so vorlaute Gören wie die, die gerade vor mir standen. Um nicht schon gleich so früh am Morgen wieder schlechte Laune zu bekommen, versuchte ich mich etwas abzulenken und strich mir gelegentlich durch die Haare, während ich die wenigen Fragen, die sich auf die Klassenfahrt bezogen, beantwortete. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass ich wohl noch Jemandes Aufmerksamkeit geweckt hatte. Es war Naruto, der mit verschränkten Armen, nur einige Meter von mir entfernt, stand. Er wirkte, als würde ihm irgendwas nicht passen. Wild drauf los geraten hätte ich vermutet, dass es daran lag, dass er nicht glücklich darüber war, in meiner Gruppe gelandet zu sein. Nur allzu deutlich konnte ich die Überraschung in seinen Augen sehen, als er realisierte, dass ich seine Blicke sehr wohl bemerkt hatte. Ich liebte es einfach, das bei ihm zu sehen. Auch war mir aufgefallen, wie argwöhnisch er die Mädchen zuvor beobachtet hatte. Das war eine ganz neue Seite an ihm. Egal, ob sein Argwohn mir oder der nervenden Meute galt, es stand ihm unglaublich gut.

Er erwiderte weiterhin meinen Blick, doch als ich ihn angrinste, weil mich sein Benehmen doch irgendwie amüsierte, drehte er sich weg. Eine deutliche Röte zierte dabei seine Wangen, ehe er wegging.

//Interessant…// Vielleicht würde es heute doch nicht so langweilig werden, wie ich befürchtet hatte. Diese Aussicht besserte tatsächlich meine Laune. Ich schaute ihm nach, bis er, ohne sich noch einmal umzudrehen, im Treppenhaus verschwand, und beschloss dann mich endlich von diesen, noch immer quatschenden, Nervensägen zu befreien und meine Tasche zu holen.

„Hört mal Mädels, die Fragen könnt ihr mir auch nachher noch stellen, aber jetzt solltet ihr lieber eure Taschen holen.“ Dabei setzte ich eines dieser charmanten Lächeln auf, das bei den Mädchen immer wirkte. Und wie zur Bestätigung wurden sie allesamt knallrot und begannen zu kichern. Ich schlängelte mich an ihnen vorbei und machte mich auf den Weg zu meinem Zimmer.

Nach zehn Minuten stand ich wieder unten in der Eingangshalle und wartete zusammen mit Kakashi und den beiden Eltern, die auch mitgekommen waren, darauf das sich alle in ihrer Gruppe einfanden. Als endlich alle da waren, konnte es los gehen. Ich ging mit meiner Gruppe und dem Vater, der uns begleitete, direkt zum Sportzentrum, gleich neben dem Hotel. Dort hatte ich schon die Fahrräder für die Tour reservieren lassen, weshalb es auch nicht lange dauerte bis jeder ein Fahrrad bekam. Es waren nun ein paar Wolken am Himmel und es wehte ein schwacher, frischer Wind. Eigentlich das perfekte Wetter für eine längere Fahrradtour.

//Wenn ich das nur nicht mit den ganzen Halbwüchsigen machen müsste…//

Bevor wir starteten, besprach ich noch ein paar Einzelheiten mit dem Vater von einem Schüler. Das Gespräch hielt sich kurz. Er konnte mich aus irgendeinem Grund nicht besonders leiden. Ich ihn aber noch viel weniger. Wir einigten uns, dass er vorne an der Spitze fahren würde, während ich hinten bei den Langsameren bliebe.

So marschierte unsere Gruppe auf einem schmalen, etwas unebenen Weg, in Richtung Wald. Die Meisten waren sehr guter Laune, lachten und alberten miteinander, nur Einer lief mit etwas Abstand zu den Anderen und somit direkt vor mir. Es war Naruto. Er trottete langsam vor mir her und schob lustlos sein Fahrrad an, während er dabei desinteressiert den Boden beobachtete. Offensichtlich war er nicht glücklich die Fahrradtour machen zu müssen. Einen Augenblick beobachtete ich ihn. Sein Haar schimmerte leicht im ab und an durchbrechenden Sonnenlicht, fast wie Gold. Es lud geradezu ein einmal darüber zufahren. Dann wanderte mein Blick von seinen schmalen Schultern zu seinem Rücken. Seine Sachen lagen eng an, so dass ich sehen konnte wie schlank er war. Während ich langsam weiter hinab sah, verweilte mein Blick für einen kurzen Moment auf seinem Gesäß, bevor mir klar wurde, was ich da tat und schnell zu seinen, für seine Größe, langen Beinen kam. Zugegeben, er war attraktiv.

Ich beschleunigte meinen Schritt und holte ihn schnell ein. Gleich, als Naruto merkte, dass ich neben ihm lief, blickte er auf. Er schaute ein wenig überrascht, doch war sein Gesicht sonst ebenmäßig und glatt. Ein paar der blonden Strähnen hingen ihm ins Gesicht und seine ozeanblauen Augen blickten direkt in meine. Seine Lippen waren leicht geöffnet, als wollte er etwas sagen. Er war wirklich schön, das konnte ich nicht leugnen. Fast automatisch wanderte mein Blick von seinem Gesicht weiter abwärts und blieb an seinem Hals haften, der halb vom Kragen seiner Weste verdeckt wurde. Zum Glück, wie ich fand, denn sofort überkam mich die Gier nach frischen Blut. Seit zwei Tagen hatte ich schon nichts mehr getrunken und es fiel mir schwer die Kontrolle zu behalten, besonders bei Naruto. Sein Blut roch so verlockend gut, unter Tausenden könnte ich ihn finden.

„Was schaust du mich so komisch an?“ Sofort sah ich ihm wieder ins Gesicht. Seine Überraschung war nun einem misstrauischen Ausdruck gewichen, worüber ich aber nur leicht lächeln konnte. Auf seine Frage ging ich gar nicht erst ein, die Antwort hätte ihm sowieso nicht gefallen. Stattdessen grinste ich ihn selbstsicher an.

„Ich könnte es ja verstehen wenn du heute Abend so missmutig schaust, aber doch nicht jetzt schon.“ Naruto sah kurz wieder geradeaus auf den Boden, bevor er mich deutlich grimmiger musterte.

„Hätte ich nicht mit zu Kiba in die Gruppe gekonnt? Das wäre lustiger geworden als mit denen da.“ Er machte eine kurze abfällige Kopfbewegung in Richtung der Gruppe. Das hatte ich mir schon gedacht, als Kakashi und ich die Gruppen zusammen gestellt hatten und scheinbar ahnte er auch, dass das meine Idee gewesen war. Naruto hatte sich vielleicht mit zwei oder drei Leuten aus der Klasse angefreundet, aber der Rest zeigte keinerlei Interesse an ihm. Das, was ich an ihm so interessant und anziehend fand, war wohl für Andere eher abschreckend. Ich zuckte nur kurz mit den Schultern

„Sei doch froh, dass ich euch mal für eine Weile getrennt habe. Du baust mir sowieso zu viel Mist wenn er dabei ist. Mich würde doch noch interessieren, was du damals in meiner Wohnung wolltest…“ Narutos Reaktion auf meine letzte Aussage war wirklich amüsant. Er begann meinem Blick auszuweichen und schaute unruhig in der Gegend rum.

„N-nichts Bestimmtes… hab längst vergessen, worum es ging...“ Damals war es mir egal gewesen, aber jetzt machte er mich, so ungern ich das zugab, doch neugierig. Zu gerne hätte ich gewusst, was er damals in meiner Wohnung gesucht hatte. Doch ich kam leider nicht dazu ihn weiter in die Ecke zu drängen, denn wir holten die Anderen ein, die schon am Waldrand auf ihre Fahrräder stiegen. Auch Naruto tat es ihnen gleich…
 

~Naruto~
 

Ich war doch etwas erleichtert als wir endlich am Wald ankamen und ich so um die Antwort auf Sasukes Frage herum kam. Sicher war es keine große Sache gewesen, weshalb ich damals in seine Wohnung eingebrochen war. Konohamaru hatte ein falsches Heft bei Sasuke abgegeben und dann Panik gehabt, er würde sonst was damit machen. Es hatte wirklich so geklungen, als würde sein Leben davon abhängen und in Wirklichkeit war es völlig unwichtig gewesen. Was ich damals nicht gewusst hatte, war nämlich, dass es sich lediglich um eine Art Tagebuch von Konohamaru gehandelt hatte. Als wenn Sasuke daran Interesse gehabt hätte, aber stattdessen war ich tatsächlich in die Wohnung von ihm eingebrochen, um das Heft zu holen. Es war so blöd! Ich konnte froh sein, dass er mich damals nicht getötet hatte.

Nichtsdestotrotz musste ich jetzt diese blöde Tour mitmachen. Am Anfang war es auch noch nicht schwer, ich fuhr in einem bequemen Tempo, so wie die Meisten anderen, doch mit der Zeit änderte sich das. Die Strecke wurde immer unebener und steiler. Einige aus der Gruppe fielen ebenfalls etwas zurück, doch war ich mir nicht bei Jedem sicher, ob es an der Strecke lag. Auch mir fiel es immer schwerer die Geschwindigkeit beizubehalten. Ich war nicht unsportlich, auch wenn ich keinen Sport mochte, trotzdem war es verdammt anstrengend. Immer mehr, die auch hier hinten fuhren, überholten mich. Noch dazu konnte ich förmlich Sasukes Blick in meinem Nacken spüren, nur dass ich es nicht wagte mich umzudrehen und nachzusehen. Bei meinem Glück wäre ich dann bestimmt irgendwo gegen gefahren.

Ab und an wurde die Strecke ebener, wo ich dann etwas ausruhen konnte, doch leider ging es fast den ganzen Weg zum Schrein bergauf. Es half auch nichts, wenn ich an den Gängen rumschaltete. War er zu leicht eingestellt, strampelte ich wie ein Ertrinkender und rollte fast rückwärts den Hang wieder runter und war er zu schwer, konnte ich kaum die Pedale durchtreten und blieb beinah auf der Stelle stehen.

//Ob meine Gangschaltung kaputt ist…?// Ich hoffte es zumindest, denn den Anderen fiel es offensichtlich weniger schwer als mir. Und es wäre auch wieder typisch für mich gewesen.(1) Eine ganze Weile fuhr ich so und schaffte es mit den Anderen mitzuhalten. Allerdings wurde ich langsam müde. Mein Herz schlug schwer gegen meine Brust, das Blut rauschte mir in den Ohren und vom starken Atmen taten mir die Lungen weh. Ich fuhr mir mit der Hand über die schweißnasse Stirn und wischte dabei noch ein paar nervige Haarsträhnen beiseite. So langsam begann ich mich zu fragen, wie weit es eigentlich noch zu diesem verdammten Schrein war und ob überhaupt eine Pause eingeplant war. Neugierig luchste ich auf meine Armbanduhr. Wir fuhren gerade mal zwanzig Minuten! Es wäre sicher noch ein weiter Weg, bis wir endlich ankämen und zu allem Überfluss wurde die Strecke schon wieder steiler.

„Naruto, du wirst zu langsam.“ Sasuke fuhr auf einmal neben mir, mit deutlich weniger Schwierigkeiten als ich und musterte mich ernst.

„Ja…“ gab ich nur kleinlaut von mir. Zu mehr reichte mir einfach nicht die Luft. Der hatte gut reden, für ihn, als Vampir, war das sicher ein Klacks. Ich stemmte mich mehr in die Pedale, klammerte mich dabei fest an den Lenker des Fahrrades und versuchte so wieder etwas an Geschwindigkeit zuzulegen. Das klappte auch, doch dann durchfuhr mich auf einmal ein Ruck, begleitet von einem Rasseln, und die Pedale schlugen durch, sodass ich ins Leere trat. Augenblicklich verlor ich wieder die gewonnene Geschwindigkeit, bis ich allmählich zum Stehen kam und das Fahrrad langsam begann rückwärts bergab zu rollen. Ich war so erschrocken, dass ich nur einen überraschten Ton heraus bekam, den Atem anhielt und versuchte weiter in die Pedale zu treten, was leider nichts brachte. Ich rollte weiter. Nur beiläufig fiel mir Sasukes irritierter Blick auf, als er an mir vorbei fuhr und dann anhielt. Schnell fasste ich mich wieder und streckte fast automatisch die Füße aus, wobei ich auch gleichzeitig die Handbremse festzog. Schlingernd kam ich zum Stehen, brauchte aber mehrere Versuche um mein Gleichgewicht zu finden, da es ziemlich ungewohnt war ein Fahrrad rückwärts anzuhalten und auch meine Beine von der Anstrengung doch ziemlich zitterten. Letzteres führte dann auch dazu, dass mein Bein einknickte und ich samt Fahrrad nach rechts kippte. Ich landete auf meinen vier Buchstaben und fing den Sturz auch noch mit meinen Händen ab. Zu meinem Glück hatte ich mir dabei nicht sonderlich weggetan. Nur meine Hände waren etwas dreckig geworden. Argwöhnisch und noch immer außer Atem begutachtete ich das Fahrrad. Das Vorderrad hing etwas in der Höhe und drehte sich, während das Gestell auf meinem rechten Bein lag. Angesäuert trat ich es mit dem linken Fuß runter, als auch schon Sasuke neben mir stand und zu mir herab sah.

„Alles in Ordnung?“, fragte er und reichte mir seine Hand. Ohne groß darüber nachzudenken ergriff ich sie und ließ mir aufhelfen. Meine Beine zitterten noch immer ein bisschen und schmerzten leicht.

//Das wird bestimmt ein fieser Muskelkater…// Ich rieb mir die Hände, um sie so etwas sauber zu bekommen, und klopfte den Staub von meiner Hose, während ich ihm antwortete.

„Ja… Hab mich nur erschrocken.“ Das entsprach auch der Wahrheit, mein Herz raste nicht nur wegen der Anstrengung. Einen Moment musterte er mich nachdenklich, ehe er sich dem Fahrrad zuwandte. Er griff nach dem Lenkrad, stellte es hin und begutachtete es. Dazu hockte er sich hin und musterte jedes Teil ganz genau. Derweil schoben drei meiner Klassenkameraden, ihre Namen fielen mir gerade nicht ein, doch kannte ich sie auch nicht besonders gut, ihre Fahrräder wieder bergab zu uns und schauten nach, was passiert war. Dabei fiel mir deutlich die Spur auf dem Fußboden auf, die mein Fahrrad hinterlassen hatte. Es war mir wie eine lange Strecke vorgekommen, die ich zurück gerollt war, doch tatsächlich handelte es sich dabei um nicht mehr als fünf Meter, den Bremsweg mit eingeschlossen.

//War aber auch gut so, sonst ginge es mir jetzt vielleicht nicht ganz so gut…// Sasuke hatte sich wieder hingestellt, als meine Mitschüler zu uns stießen, und setzte seinen Rucksack ab. Dabei sprach er mit dem Mädchen, das ihm am nächsten stand.

„Fahrt schon mal weiter, nicht das ihr die Anderen verliert. Etwas weiter oben ist ein Rastplatz, wo wir geplant haben eine Pause einzulegen. Informiert bitte Junkos Vater, dass wir nachkommen.“ Die Drei nickten, setzten sich auf ihre Fahrräder und fuhren weiter. Ich trat etwas näher an Sasuke, um sehen zu können, was er da tat. Er hatte sich nämlich wieder hingehockt und wühlte in seinem Rucksack. Kurz darauf holte er ein etwas längliches schwarzes Mäppchen und Arbeitshandschuhe hervor. Als er es öffnete, kamen darin einige Werkzeuge zum Vorschein. Ich staunte nicht schlecht darüber, wie gut Sasuke vorbereitet war. Dieser sah mich daraufhin grinsend und selbstsicher an. Abwehrend verschränkte ich die Arme vor der Brust und erwiderte mit etwas unwohlem Gefühl in der Magengegend seinen Blick. „Du bist ja richtig gut vorbereitet…“ Ich lobte ihn eigentlich nur ungern, auch wenn ich der Meinung war, dass es ihn überhaupt nicht interessierte. Noch immer mit einem leichten Lächeln auf den Lippen wandte er sich wieder dem Fahrrad zu, krempelte sich die langen schwarzen Ärmel hoch, sodass mehr von seiner, nahezu weißen, Haut zum Vorschein kam, und zog sich die Arbeitshandschuhe über.

„Wie ungewohnt, ein Lob aus deinem Mund…“ Bestimmt wurde ich in diesem Moment etwas röter um die Nase, denn während er das sagte, warf er mir einen kurzen, aber vielsagenden Blick zu. Eine seiner Strähnen fiel ihm ins Gesicht. Wieder konnte ich das kurze Aufflackern in seinen Augen sehen, mit dem er mich schon öfter aus der Bahn geworfen hatte. Es verschlug mir wieder die Sprache, weshalb ich einfach nur verlegen zur Seite sah. Er währenddessen, kümmerte sich weiter um das Fahrrad.

„… Bei solchen Ausflügen sollte man immer für den Notfall planen, besonders wenn man sich das Fahrrad nur ausleiht. Wir hatten aber noch mal Glück, die Kette ist nur abgesprungen. “ Ich nickte kaum merklich und schaute ihm zu, wie er das Fahrrad reparierte. Ehrlich gesagt, war ich neidisch auf ihn. Er bekam alles hin und war immer gelassen und so selbstsicher, als könnte ihn nichts überraschen, während ich mich eher durchs Leben schlängelte und nicht wusste, was ich eigentlich machen sollte. Und er dagegen hatte sicher schon viel erlebt, darum hatte er auch keine Schwierigkeiten Menschen und Situationen richtig einzuschätzen.

//Ob es ihm nicht auch irgendwann langweilig wird…? Ich wüsste zu gern wie alt er ist…//

Während ich vor mich hin grübelte und Sasuke zusah, wie er gerade die Handschuhe und das Werkzeug wieder im Rucksack verstaute, strich ich mir gedankenverloren über den linken Unterarm. Aus irgendeinem Grund brannte es dort. Ich verdrehte ein wenig meinen Arm, um sehen zu können, was ich dort hatte.

//Nur ein Kratzer…// Meine Aufmerksamkeit wurde aber wieder auf Sasuke gerichtet, als dieser aufstand, das Fahrrad am Sitz hochhob und die Pedale mit einem Fuß durchtrat um zu sehen, ob es wieder funktionierte. Dann stellte er es wieder ab und drehte sich zu mir.

„So gut wie neu. Jetzt kannst du wieder damit fahren…“ Während er sprach stützte er sich leicht am Lenkrad ab.

„… allerdings ist die Gangschaltung auch kaputt, ich denke mal schon länger. Das schau ich mir dann oben noch mal an… Was machst du da?“ Die ganze Zeit über hatte ich genickt, doch wurde ich durch die Frage plötzlich aus meinen Gedanken gerissen.

„Äh… w-was meinst du?“ Ich wusste wirklich nicht, was er meinte. Er stemmte eine Hand in seine Hüfte, zog seine Augenbraue hoch und zeigte auf meinen Arm. Auch wenn ihn diese Haltung arrogant wirken ließ, konnte man nicht abstreiten, dass sie ihm sehr gut stand.

„Dein Arm. Sag nicht, dass du es doch geschafft hast, dich zu verletzen.“ Verwirrt sah ich auf meinen Arm. Ich hatte mich so auf Sasuke und das, was er tat, konzentriert, dass ich gar nicht bemerkte hatte, wie ich ihn weiterhin festhielt.

„Nein, hab ich nicht.“ Mir war klar, dass das gelogen war, aber ich wollte Sasuke einfach kein Recht geben. Bei ihm klang es so, als wäre gar nichts anderes von mir zu erwarten. Dieser kam mir jetzt aber näher und blieb nur ein paar Schritte von mir entfernt stehen.

„Los Naruto, wir haben jetzt keine Zeit für die üblichen Spielchen. Lass mich deinen Arm ansehen.“ Dabei griff er schon nach meinem Oberarm, doch ich drehte mich etwas zur Seite, weshalb er ihn nicht mehr erreichte.

„Ja klar. Wenn es eins gibt, dass ich von dir gelernt habe, dann ist es dir NIEMALS eine offene Wunde vor das Gesicht zu halten. Außerdem ist es nur ein Kratzer…“ Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass Sasuke genervt mit den Augen drehen und meckern würde, doch seine Reaktion überraschte mich. Ein schwaches, schelmisches Lächeln bildete sich auf seinen Lippen und er zuckte leicht mit den Schultern.

„Das ist sehr vernünftig… und jetzt zeig her.“ Ehe ich reagieren konnte, griff er erneut nach meinem Arm, zog mich noch ein Stück näher und sah sich die Stelle an. Meinen Oberarm hielt er mit der rechten Hand fest, während er mit der Linken mein Handgelenk fixierte. Mir war nicht ganz wohl dabei, Sasukes Gesicht so nah an meinem Arm zu haben, denn dort hatte er mich schon mal gebissen. Zu allem Überfluss waren Sasukes Lippen ein wenig geöffnet, während er sich die kleine Wunde ansah, sodass ich ansatzweise seine scharfen Zähne sehen konnte.

//Das macht der extra!//, schoss mir unwillkürlich durch den Kopf. Innerlich bereitete ich mich schon darauf vor, ihm ordentlich eine zu knallen, falls er tatsächlich versuchte mich zu beißen. Doch zu meinem Glück blieb mir das erspart. Er ließ mich los und öffnete den Reißverschluss seiner Bauchtasche.

„Es könnte sich trotzdem entzünden. Es ist besser, wenn die Wunde gereinigt wird.“ Nach einigen Sekunden zog er eine kleine dunkle Box, ein Fläschen und ein weißes Tuch hervor. Er befeuchtete das Tuch kurz mit der Flüssigkeit und schnappte sich dann wieder meinen Arm.

„Das kann jetzt vielleicht ein bisschen brennen.“ Kaum hatte er das gesagt, drückte er das Tuch auch schon auf die verletzte Stelle. Augenblick fing es an zu brennen und ein leichtes, wehleidiges Keuchen entwich mir. Rein instinktiv wollte ich den Arm wegziehen, doch Sasuke hielt ihn mit festem Griff.

Als er damit fertig war, öffnete er die kleine dunkle Box, holte ein Pflaster heraus und klebte es mir auf die gereinigte Wunde. Kurz strich er noch mal darüber, um sicher zu gehen, dass es auch wirklich fest war, ehe er meinen Arm los ließ und mich abwartend musterte. Ich winkelte meinen Arm an, um mir die behandelte Stelle anzuschauen. Sie war sauber und ein weißes Pflaster haftete dort. Sachte strich ich darüber. Jetzt brannte es nicht mehr, es fühlte sich nur etwas taub an. Ich ließ meinen Arm wieder sinken und sah etwas verlegen zur Seite. Es war mir peinlich, dass er mir schon wieder geholfen hatte.

„Danke…“, nuschelte ich leise und schaute langsam zu Sasuke. Er sah mir direkt in die Augen. Sein Gesichtsausdruck war für mich nicht definierbar. Sasuke musterte mich, als würde er auf etwas warten, allerdings wirkte er dabei nicht so ernst wie gewöhnlich und erst recht nicht freundlich. Einen Moment erwiderte ich seinen Blick und wagte es nicht zu blinzeln oder etwas zu sagen, bis Sasuke nach wenigen Sekunden antwortete.

„Schon gut.“ Dann drehte er sich um und ging zu seinem Fahrrad zurück.

„Jetzt lass uns aber weiter, die werden nicht ewig warten.“ Ich tat es ihm gleich und ging schnell zu meinem, nun wieder heilen, Fahrrad und setzte mich darauf. Es war schwer in Gang zu kommen, da, wie Sasuke vorhin gesagt hatte, die Gangschaltung noch immer kaputt war und es dazu auch noch bergauf ging. Ich versuchte die Pedale nicht zu sehr zu belasten, damit mir nicht noch einmal die Kette abspringen konnte, doch ich kam nur langsam voran. Sasuke, der neben mir fuhr, schien derselben Meinung zu sein, denn er fuhr auf einmal dichter an mich heran, so dass ich schon fast Angst bekam, dass sich unsere Lenkstangen miteinander verhaken könnten, und griff unter meinen Fahrradsattel. Er drückte kräftig dagegen, wodurch ich weiter und schneller nach vorne fuhr. Und jedes Mal, wenn ich ihm zu langsam wurde, wiederholte er das. Jedes Mal, wenn er das tat, hatte ich zu ihm rüber geschaut, bis er mir beim vierten oder fünften Mal sagte, ich solle wieder nach vorne schauen, wenn ich nicht noch mal auf die Nase fallen wollte. Ich machte ein beleidigtes Gesicht und tat dies dann auch. Auch wenn es mir etwas peinlich war, dass er das tat, war ich doch froh, dass er mir half. Meine Beine zitterten noch immer von der Anstrengung.

Nach wenigen Minuten wurde der Weg ebener und die Steigung nahm ab, weshalb Sasuke mir keinen Anschwung mehr gab. Kurz darauf erreichten wir dann endlich die kleine Lichtung, von der Sasuke vorhin gesprochen hatte, und auf der ich auch schon einen Teil unserer Gruppe ausmachen konnte. Die Lichtung war von hohen Laubbäumen, wie sie auch schon die ganze Fahrt am Wegrand gestanden hatte, umgeben. Sasuke fuhr inzwischen vor mir. Ich folgte ihm einfach und hoffte inständig, dass er bald anhalten würde, denn mir taten wieder die Beine weh.

//Diese verdammte Gangschaltung macht mich noch fertig!//, dachte ich mir und verfluchte das Fahrrad. Endlich hielt Sasuke dann, in einiger Entfernung zu den Anderen, an und stieg von seinem Rad. Ich tat es ihm gleich, nur mit dem Unterschied, dass ich mich auf einem kleinen Hügel, direkt neben mir nieder ließ und das Fahrrad dabei mitzog. Völlig alle ließ ich es auf meine Beine sinken und sah schwer atmend zu Sasuke rüber. Er war zu dem Vater meines Mitschülers gefahren und unterhielt sich nun mit ihm. Ehrlich gesagt, wirkte dieser nicht besonders begeistert und bedachte Sasuke mit einem abschätzenden Blick, wodurch sich dieser aber nicht besonders beeindrucken ließ. Er wirkte gelassen und gleichgültig wie immer und ließ die abschätzenden Blicke, wie an einer Mauer, abprallen. Ich war beeindruckt wie gut es Sasuke gelang, die Meinung Anderer zu ignorieren.

//Wahrscheinlich kommt das von ganz allein, wenn man so lange lebt wie er…// Geschafft setzte ich meinen Rucksack ab, holte meine Trinkflasche daraus und nahm einige kräftige Schlucke. Die Erfrischung tat wirklich gut und ich genoss es, wie der Wind leicht durch meine Haare wehte. Ich blickte wieder auf, als ich bemerkte, das Sasuke vor mir stand und sich vorbeugte, um das Fahrrad wieder hinzustellen. Ohne ein Wort zu sagen, stellte er es links vor mir ab und begann damit die Gangschaltung zu reparieren. Eine Weile sah ich ihm still zu, doch wurde mir die Stille schnell unangenehm, weshalb ich versuchte irgendetwas dagegen zu tun.

„Ähm… Junkos Vater scheint dich nicht besonders zu mögen.“ War sicher nicht das beste Thema, aber es war wenigstens nicht mehr so still. Er sah nicht auf, als er antwortete.

„Ja… anscheinend hat er was gegen mich.“ Er klang dabei genauso gleichgültig, wie er drein schaute. Ich konnte mir ein Grinsen dabei nicht verkneifen.

„Kann ich mir gar nicht vorstellen… wo du so umsichtig mit den Leuten bist…“, meinte ich und schaute ihm gerade zu, wie er vor dem Fahrrad hockte und an einigen Kabeln rumschraubte. Ich konnte es verstehen. Wenn ich ehrlich war, war ich selber oft neidisch auf Sasuke. Ihm fiel alles so einfach, war so selbstsicher und bei Frauen begehrt. Das konnte einen schnell verunsichern.

„Ich lege keinen Wert auf die Meinung von Menschen. Sie sind falsch und lügen, nur um ihre Ziele zu erreichen. Sie brauchen nicht mal einen echten Grund, um jemanden nicht zu mögen…“ Er legte das Werkzeug beiseite, stellte sich wieder hin und spielte an der Gangschaltung rum. Dabei sah er immer wieder auf das Hinterrad, wohl um zu testen, ob es wieder funktionierte. Einen Moment dachte ich über seine Worte nach und musste ihm zumindest teils Recht geben, auch wenn sicher nicht alle so waren. Ich zog mein rechtes Bein dicht an meinen Körper, legte meine Arme darum und sah ihn unbeirrt an.

„Und Vampire sind da anders?“, fragte ich ihn direkt, denn ich glaubte nicht, dass Vampire da so anders sein sollten. Sasuke, der mir den Rücken zugewandt hatte, drehte sein Gesicht langsam zu mir, schaute dabei über seine linke Schulter, und sah mir mit einem drohenden Blick direkt in die Augen und hob wieder seine Augenbraue.

„Durchaus.“, war seine knappe Antwort, als wollte er daran keinerlei Zweifel lassen und er verzog dabei keine Miene. Dann drehte er sich wieder um und verstaute seine kleine Werkzeugtasche in seinem Rucksack. Er konnte einem wirklich Angst mit seinen Blicken einjagen. Ihm würde ich wirklich nicht gerne im Dunkeln begegnen… nicht schon wieder. Als er die Sachen verstaut hatte, drehte er sich ganz zu mir um, legte seine rechte Hand auf den Sattel und hatte ein leichtes Lächeln auf den Lippen.

„Das Fahrrad ist wieder in Ordnung, du solltest damit nun keine Schwierigkeiten mehr haben“ Sein plötzlicher Stimmungswechsel von bedrohlich zu fast schon freundlich verunsicherte mich noch mehr. Langsam stand ich auf, was mir noch etwas schwer fiel, da sich meine Beine wie Gummi anfühlten. Aber das war mir lieb, als ständig zu ihm aufblicken zu müssen. Ich griff nach dem Lenkrad des Fahrrades und zog es an mich ran. Dabei warf ich einen kurzen Blick darauf. Wenn ich ehrlich war, konnte ich nicht erkennen, was Sasuke an den Kabeln gemacht hatte, aber andererseits hatte ich davon auch keine große Ahnung.

„Danke…“ Ich vermied es ihm in die Augen zu schauen.

Gleich nachdem ich das gesagt hatte, fasste ich das Lenkrad mit beiden Händen und wollte an Sasuke vorbei gehen, doch wurde daraus nichts. Er griff meinen Oberarm und hielt mich fest.

„Was denn? Das ist alles?“ Überrascht schaute ich zu ihm auf. Was sollte ich denn mehr machen können, als mich zu bedanken?

„Ähm… Vielen Dank…“, versuchte ich es noch einmal.

„Ich hätte etwas mehr erwartet, als ein einfaches `Danke`... mehr eine Art Gefallen…“ Ein, für mich, beunruhigendes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, das teilweise seine scharfen Reißzähne entblößte. Ich hatte Angst zu fragen, doch war mein Mund wieder schneller als mein Kopf.

„Nur aus Neugier… was für eine Art Gefallen?“ Schon im nächsten Moment bemerkte ich, wie dumm die Frage gewesen war, denn Sasuke zog mich näher an sich ran. Sein Griff war so fest, dass es fast schmerzte und ich konnte deutlich seinen Atem auf meiner Haut spüren. Das Herz schlug mir bis zum Hals und ich wagte es nicht mal Luft zu holen. Bekam denn niemand mit, was hier gerade geschah? Ich schaute mich um und bewegte dabei leicht meinen Kopf in beide Richtungen. Es schien wirklich niemand auf uns zu achten, allerdings hatte ich nicht lange Gelegenheit nachzusehen.

„Naruto…“ Sofort richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf meinen Gegenüber, der mich immer noch selbstsicher anlächelte.

„Nur eine Kleinigkeit, es ist ga-“

„Sensei!“ Augenblicklich lehnte er sich wieder zurück, wodurch er ein Stück größer wirkte und schaute, deutlich verärgert, über seine Schulter. Dabei drehte er den Oberkörper etwas weg von mir, sodass ich sehen konnte, wer ihn da so grob unterbrochen hatte. Sakura kam hinter Sasuke angelaufen. Durch seine Position konnte sie nicht sehen, dass er noch immer meinen linken Arm festhielt. Doch sein Griff lockerte sich, als sie näher kam, bis er schließlich ganz los ließ. Fast automatisch strich ich über die Stelle, da er doch ziemlich fest zugepackt hatte. Sakura stellte sich neben Sasuke, während er sie missmutig musterte. Sie schien nervös zu sein, denn sie spielte die ganze Zeit mit ihren Fingern am Saum ihres Shirts rum. Dabei sah sie verlegen zu Sasuke auf.

„Sensei, könnten Sie sich vielleicht auch mein Fahrrad mal ansehen? Irgendwas stimmt mit der Handbremse nicht, mal funktioniert sie und mal nicht…“ Einen Moment zögerte er, bis er nickte und mit ihr ging.

„Wir reden nachher weiter, Naruto.“, rief er mir noch über die Schulter zu und ging weiter. Auch Sakura warf mir noch einen Blick zu, zusammen mit einem gehässigen Lächeln auf den Lippen. Ich sah ihr verwirrt hinterher.

//Was sollte das eben? Was sollte denn dieser fiese Blick?// Ich stellte das Fahrrad, das ich die ganze Zeit noch festgehalten hatte, ab und setzte mich wieder ins Gras. Ich konnte mir diesen Blick von Sakura nicht erklären. Fast als wäre sie stolz darauf, ihn von mir weggeholt zu haben. Sicher war sie eifersüchtig auf mich, weil er sich viel mehr mit mir beschäftigte, als mit ihr. Meinetwegen konnte sie ihn haben. Seine unberechenbaren Stimmungsschwankungen wurden mir langsam zu viel. Gestern noch sagte er mir, ich solle mich von ihm fern halten und heute gab es kaum eine Minute, wo er nicht bei mir war und offensichtlich Spaß daran hatte, mir Angst zu machen. Dass das doofe Fahrrad kaputt gegangen ist, war schließlich nicht meine Schuld. Eine leichte Ahnung, was er mit “Gefallen“ gemeint haben könnte, hatte ich, aber ich hoffte stark, dass ich falsch lag. Er hatte mich mit diesem fixierenden Blick angesehen, so wie er es immer tat, kurz bevor er mich biss. Und das war schon zweimal der Fall gewesen. Genervt seufzte ich und sah in den leicht bewölkten Himmel. Es ärgerte mich, dass ich jetzt, wo ich endlich Ruhe hatte, nur über ihn nachdachte.

//Dieser blöde Vampir…//
 

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Leider war die Pause viel zu schnell vergangen, als es auch schon wieder weiter ging. Sasuke war nicht mehr zu mir zurück gekommen. Er hatte sich die restlichen Minuten Sakuras Fahrrad angesehen, aber wohl nichts finden können. Zumindest hatte er das Werkzeug die paar Male, als ich zu den Beiden rüber gesehen hatte, nicht gebraucht. Sakura hatte ihn die ganze Zeit zugequatscht, ich glaubte er, hörte nicht mal mehr zu.

Für die restliche Strecke brauchten wir etwa zwanzig Minuten. Die Fahrt war jetzt, wo die Gangschaltung wieder in Ordnung war, um einiges einfacher als vorher. Trotzdem war es noch anstrengend.

//Vielleicht sollte ich doch mal mehr Sport treiben…//, dachte ich die ganze Zeit, auch wenn ich mir ziemlich sicher war, dass ich das nicht machen würde. Warum musste dieser Tempel auch nur so hoch gelegen sein?

Als wir endlich beim scharlachroten Torii (2), dem Eingang zur Tempelanlage, ankamen, besserte sich meine Laune. Der Ausblick, den man hier hatte, war echt wundervoll. Ich konnte sogar das Hotel und einen See in einiger Entfernung sehen. Schon die Ansicht hier machte mir klar, warum der Schrein so berühmt war. Ehe es los ging, belehrte uns Sasuke noch, dass wir nichts anfassen und wir uns benehmen sollten. Er hatte wirklich kein Vertrauen in seine eigene Klasse. So begannen wir unseren Rundgang. Wir gingen über einen gepflasterten Hof, er wirkte fast wie ein Garten, und überquerten eine rote, leicht gebogene Brücke, die über einen großen Teich führte. Dann erreichten wir das Hauptgebäude. Ich fand es einfach atemberaubend. Im Gegensatz zum Torii, das eher schlicht gehalten war, war das Hauptgebäude kunstvoll verziert. Es bestand aus dunklem, fast schwarzem Holz, während die Fenster und Schiebetüren weiß waren. Beim einfallenden Sonnenlicht schien das gewölbte Dach lila zu sein. Über dem Eingang waren goldene Verzierungen aufgemalt, wodurch das Gebäude noch prachtvoller wirkte. Wir betraten das Gebäude und sahen uns die Haupthalle und anschließend die Zeremonienhallen an. Irgendwann dazwischen hatten wir noch eine Mittagspause eingeschoben. Obwohl der Tempel ziemlich bekannt war, gab es heute bis auf uns nicht viele Besucher. Nur eine Hand voll Menschen, die eine Spende in den Opferstock taten und für etwas beteten, waren hier. Ich war doch froh mit hier hoch gefahren zu sein, auch wenn die Sache mit dem Fahrrad nicht hätte sein müssen. So war es nicht verwunderlich, dass ich nicht mal bemerkt hatte, wie die Zeit verflogen war, denn als ich das nächste Mal auf die Uhr sah, war es bereits fünfzehn Uhr. Sasuke diktierte uns langsam zum Ausgang. Bis auf das Heiligtum des Schreins hatten wir uns wirklich alles ansehen können.

Der Rückweg verlief um einiges ruhiger und schneller als der Erste und war auch nicht so anstrengend. Die meiste Zeit ging es bergab, was mich am Meisten freute. Es machte wirklich Spaß so zu fahren und zu spüren, wie einem der Fahrtwind durch die Haare fegte. Trotzdem war ich froh, als wir den Wald wieder verließen und das Hotel in Sichtweite kam. Ich war müde, der ganze Ausflug hatte mich ziemlich geschafft. Wieder beim Sportzentrum angekommen, drängelten sich alle regelrecht darum als Erste ihre Fahrräder abzugeben. Erst als Sasuke ein Machtwort sprach, ging es weiter. Gleich nachdem ich meins abgegeben hatte, machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es schon siebzehn Uhr war. Ich konnte kaum fassen, wie lange wir im Tempel gewesen waren. Blieb nur zu hoffen, dass einer von den Anderen da war, denn ich hatte keinen Schlüssel. Und ich hatte Glück. Als ich anklopfte, machte mir Kiba die Tür auf und grinste mich munter an.

„Na, hattest du Spaß?“

„Haha… sehr lustig.“ Er wusste, dass ich keine Lust auf die Tour gehabt hatte. Ich ließ die Frage einfach offen und trat ein. Meine Tasche ließ ich neben meinem Bett fallen.

„Es war furchtbar anstrengend! Ich bin total alle, ich werde jetzt duschen und hau mich kurz hin!“ Kiba zuckte nur mit den Schultern.

„Mach ruhig, für den Nachmittag ist sowieso nichts geplant… Ey Naruto, was hältst du davon, wenn wir alle nachher vorm Abendessen mal die heißen Quellen ausprobieren?“ Begeistert nickte ich.

„Gute Idee!“ Meine Beine taten ganz schön weh und ich wusste jetzt schon, dass ich einen fiesen Muskelkater bekommen würde. Da würde mir etwas Entspannung sicher gut tun. Dann ging ich ins Badezimmer und nahm eine kurze Dusche. Anschließend zog ich bequeme Freizeitsachen an und legte mich ins Bett. Ein kurzes Nickerchen würde nicht schaden…
 

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Als ich das nächste Mal aufwachte, war es im Zimmer etwas dunkler als vorher. Verwirrt sah ich mich um, denn irgendwas hatte mich aufgeweckt. So in der Dämmerung hatte das Zimmer wirklich etwas Unheimliches. Nach kurzer Zeit erfasste ich ein paar Stimmen aus dem kleinen Flur und wusste sofort um wen es sich handelte. Zwei meiner Zimmergenossen waren gerade eingetreten. Langsam richtete ich mich auf und rieb mir über die verschlafenen Augen. Das Licht ging an, sodass ich einige Sekunden geblendet wurde.

„Hey Naruto, bist du endlich wach?“ Etwas verwirrt sah ich ihn an und mir viel auf, dass er gar nicht seine üblichen Sachen trug. Stattdessen trug er einen einfarbigen blass-blauen Yukata und ein Handtuch um den Nacken, genau wie Shikamaru, der ihm folgte.

„Wieso endlich? Sag mir nicht, ihr wart schon bei den heißen Quellen? Hättet ihr mich nicht wecken können?“ Ein wenig angesäuert war ich schon, denn ich hatte mich darauf gefreut.

„Ich hab es doch versucht und du hast mir fast eine geknallt!“

„Ja, sah sehr lustig aus.“, bestätigte mir Shikamaru. Empört sah er ihn an. Ich konnte ihm das kaum glauben, allerdings wusste ich, dass ich im Schlaf gern um mich schlug, wenn man versuchte mich zu wecken.

„Ach Mist!“ Genervt ließ ich mich wieder zurück sinken und starrte auf den Lattenrost des Bettes über mir.

„Ist doch nicht schlimm. Dann badest du eben morgen. Jetzt steh lieber auf, es gibt gleich Abendessen.“ Ich schaute auf die Uhr. Es war wirklich schon kurz vor sieben.

//Ich muss ja echt fertig gewesen sein…// Etwas widerwillig stand ich auf, zog mich um und ging mit den Beiden runter zum Essen. Ich bekam einige komische Blicke, weil ich vergessen hatte mir die Haare zu kämmen. Das Essen ging schnell vorüber. Alle redeten miteinander und erzählten sich, was sie den Tag über erlebt hatten. Ich hörte nur mit einem Ohr zu, denn es interessierte mich nicht. Lustlos stocherte ich in meinem Nachtisch. Richtigen Appetit darauf, hatte ich irgendwie nicht. Andauernd musste ich an vorhin, mit Sasuke denken. Erst hatte ich mir keine Gedanken gemacht, aber dann war mir aufgefallen, wie seltsam Sasukes Verhalten vorhin gewesen war. Naja, passender wäre untypisch. Er war sonst immer so darauf bedacht, nicht aufzufallen, damit niemand Verdacht schöpfte und vorhin hatte er darauf gar keine Rücksicht mehr genommen. Jeder hätte uns sehen können und ihn hatte es nicht interessiert. Jetzt bekam ich wirklich Angst, dass er mich beißen wollte. Vielleicht hätte er es auch wirklich getan, wenn nicht Sakura dazwischen gekommen wäre. Jetzt, wo ich so drüber nachdachte, fragte ich mich, wo Sasuke eigentlich Blut herbekommen wollte, solange wir hier waren. Er konnte schlecht jemanden von seinen Schülern nehmen, mich eingeschlossen. Zaghaft drehte ich meinen Kopf zu Sasuke, der am Tisch seitlich hinter mir saß, und musterte ihn möglichst unauffällig. Kakashi unterhielt sich gerade mit Sasuke, der in seinem Salat stocherte und ab und an nickte. Ein seltsamer Anblick, Sasuke Salat essen zu sehen.

//Irgendwie total unrealistisch…// Er bemerkte meinen Blick aber schnell, wenn auch nur zufällig, als er beiläufig an Kakashi vorbei gesehen hatte. Den ersten Moment hatte er ernst geguckt, doch dann grinste er mich gewohnt selbstsicher an und zwinkerte mir zu, bevor er sich wieder Kakashi widmete. Verlegen drehte ich mich wieder um.

//Dieser blöde Kerl macht mich noch wahnsinnig mit seiner Art…//

Nach etwa fünfzehn weiteren Minuten waren alle an meinem Tisch fertig mit essen und wir gingen wieder auf unser Zimmer. Kiba, Shikamaru und ich spielten ein paar Runden Karten, wobei Choji nur zusah und Chips aß. Draußen war es inzwischen ganz dunkel geworden, was aber auch nicht verwunderlich war bei der Uhrzeit. Kiba ließ mit einem Mal seine Karten sinken und sah in die Runde.

„Mir ist langweilig. Wollen wir nicht mal rüber zu den Anderen gehen?“ Sicher war ihm so langweilig, weil er die ganze Zeit verlor. Shikamaru legte die Karten auch auf den Tisch.

„Meinetwegen.“, war seine knappe Antwort. Ich hatte keine Lust zu irgendwem von den Anderen zu gehen. Choji stimmte auch zu und die Drei standen auf.

“Und was ist mit dir, Naruto?“ Ich grinste nur, ich wusste schon was mir lieber war, wenn ich an den Muskelkater dachte.

„Nö, ich denke ich gehe lieber doch noch zur heißen Quelle.“

„Aber Sensei Uchiha hat uns gesagt, dass wir so spät nicht mehr in die Quelle dürfen, vor allem nicht alleine.“ Ich zuckte nur mit den Schultern und stand ebenfalls auf.

„Er muss es ja nicht erfahren.“ Kiba grinste mich spitzbübisch an und knuffte mir leicht gegen den Oberarm.

„Klar Alter, lass dich nicht erwischen.“ Mit den Worten folgte er den beiden Anderen und ließ mich im Raum zurück. Ich nahm mir mein Handtuch, Waschzeug und einen von den bereit gelegten Yukata und ging zur heißen Quelle.

Gleich als ich den Umkleidebereich betrat, kam mir der bekannte, schwache Schwefelgeruch entgegen. Ich fand es sogar besser, dass ich erst so spät baden ging, so hätte ich das ganze Bad für mich alleine. Meine Sachen legte ich in den dafür vorgesehenen Korb und stellte ihn in den Schrank. Anschließend ging ich zu einem der Waschplätze, setzte mich auf das Bänkchen und wusch mich ab. Das Handtuch wickelte ich mir um die Hüften und ging durch die Schiebetür, zu meiner linken, nach draußen. Ich betrat einen kleinen, überdachten Bereich. Der Boden war mit flachen, abgeschliffenen Steinen gepflastert. Ein paar Meter weiter vor mir war die heiße Quelle. Das Wasser war, soweit ich das durch die Dampfschwaden erkennen konnte, grün und etwas trüb. Die Quelle war eingerahmt vom mehreren großen Felsen von denen auch einige aus dem Wasser ragten. Zusätzlich waren noch Abtrennungen aus Bambus an den Rändern aufgestellt worden, wohl damit hier niemand unerlaubt badete. Die Abtrennung auf der rechten Seite konnte ich von hier allerdings nicht sehen, wahrscheinlich ging die Quelle dort noch weiter. Auf der linken Seite war sicher der Teil für die Frauen.

Neugierig sah ich mich um, es schien sonst niemand im Bad zu sein. Vorfreudig rannte ich auf das Wasser zu, ließ das Handtuch am Beckenrand fallen und sprang mit einem lauten

„Arschbombe!!“ ins Wasser. Als ich auftauchte, schüttelte ich den Kopf, damit mir nicht alles ins Gesicht lief. Das Wasser ging mir bis zu den Schultern, es war angenehm warm, fast schon ein bisschen zu warm, aber meine geschundenen Muskeln entspannten sich sofort. Wohlig seufzend tauchte ich etwas tiefer ins Wasser.

„Hach… schön…“ So entspannt war ich schon lange nicht mehr.

„Schön, dass es dir gefällt…“ Ruckartig blickte ich wieder auf, schaute entsetzt über meine Schulter, drehte mich dabei etwas, und sah in das verständnislose Gesicht Sasukes.

„… aber ich dachte ich hätte euch gesagt, dass ihr so spät nicht mehr baden dürft. Wieso bist du dann hier?“ Das konnte einfach nicht wahr sein. Von allen, die hier hätten baden können, war ausgerechnet ER hier! Sasuke stand etwa zwei Meter von mir entfernt, in einer etwas verwinkelten Ecke, weshalb ich ihn vorhin nicht gesehen hatte. Er fuhr sich durch die schwarzen, tropfenden Haare. Offenbar hatte ich ihn eben, beim Rein springen, nass gespritzt. Allerdings hatte ich kein schlechtes Gewissen. Viel mehr wunderte mich die Tatsache, dass er, ein Vampir, in einer heißen Quelle saß. Sasuke überraschte mich immer wieder.

Trotzig musterte ich ihn immer noch über die Schulter und antwortete ihm kleinlaut.

„Lass nicht so den Lehrer raushängen…“ Wenn ich etwas von Sasuke wusste, dann war es, dass er es einfach liebte, seine Überlegenheit zu demonstrieren. Er hob abwertend eine Augenbraue hoch.

„Wäre es dir lieber, wenn ich den Vampir raushängen lasse, dich bis zur Bewusstlosigkeit unter Wasser drücke, aussauge und deine Leiche im Wald verscharre?“ Das sagte er ohne eine Miene zu verziehen und kam dabei ein Stück näher, weshalb ich mich halb zu ihm umwandte. Er machte mir Angst damit, dass er sowas furchtbares so gelassen aussprechen und wahrscheinlich auch noch ernst meinen konnte. Noch immer kleinlaut murmelte ich ihm ein leises

„Nicht unbedingt…“ entgegen, woraufhin er zufrieden lächelte. Scheinbar war es seine einzige Freude mich zu ärgern, denn sonst sah ich ihn nie lächeln. Er drehte seinen Kopf leicht seitlich, behielt mich aber weiterhin im Blick.

„Jetzt schau nicht gleich so verschreckt. Wenn dir hier etwas zustößt, werde ich dafür verantwortlich gemacht, also kannst du beruhigt sein.“ Diese Aussage sorgte wirklich dafür, dass ich mich etwas beruhigte. Einen Moment sah ich auf das trübe, dampfende Wasser vor mir. Ich hatte ganz vergessen, dass er für mich verantwortlich war, da ich bekanntlich keine Eltern hatte, die mir die Genehmigung für die Klassenfahrt hätten unterschreiben können.

Keiner von uns sagte etwas, aber ich spürte immer noch deutlich Sasukes Blick auf mir. Ich sah etwas zögerlich zu ihm rüber und gab ihm eine verspätete Antwort auf seine erste Frage.

„Ich wollte vorhin schon baden, weil ich Muskelkater von dieser blöden Fahrradtour habe, aber ich habe geschlafen, als die Anderen gegangen sind.“

„Und sie haben nicht versucht dich zu wecken?“

„Ähm… doch, aber ich bin nicht aufgewacht.“ Er wirkte für einen Moment nachdenklich und skeptisch, gab dann aber nur einen verstehenden Laut von sich und schwieg. Wieder wurde es unangenehm still.

„Und warum bist du hier?“ Sasuke zog wieder fragend eine Augenbraue hoch und musterte mich eindringlich, weshalb ich mich wieder etwas mehr zu Seite drehte. Ich war mir zwar sicher, dass er durch das trübe, grünliche Wasser nichts sehen konnte, aber ich wollte es nicht riskieren.

„Was ist das für eine Frage? Warum sollte ich nicht hier sein?“ Jetzt war ich derjenige, der verwirrt schaute und auch etwas verunsichert war.

„Na du bist ein Vampir…“

„Ja und?“ Das Lächeln schlich sich wieder auf Sasukes Lippen. Mir kam der Gedanke, dass es möglicherweise nicht schlau gewesen war, mit dem Thema anzufangen.

„Wenn mich jemand fragen würde, wo ich einen Vampir suchen würde, käme ich nie auf den Gedanken, dass er in einer heißen Quelle sitzen könnte…“ Allein schon den Gedanken daran fand ich komisch.

„… ich meine, müsstest du nicht abgelegene, dunkle und kalte Plätze bevorzugen und solche Plätze hier meiden?“ Einen Moment sah er mich an, als müsse er erst verarbeiten, was ich eben gesagt hatte, doch dann fing er auf einmal herzhaft an zu lachen. Ich konnte überhaupt nicht verstehen, was daran so lustig war. Während ich ihn empört musterte, lachte er immer noch. Es dauerte einige Augenblicke, bis er wieder aufhörte und eine Strähne beiseite schob, die ihm ins Gesicht gerutscht war.

„Haha… Du bist so herrlich naiv. Nachdem du so oft versucht hast mich zu exorzieren und gescheitert bist, glaubst du immer noch an diese Klischees…“ Er musste sich immer noch das Lachen verkneifen. Scheinbar fand er das wirklich lustig und tat nicht nur so, wie ich zuerst vermutet hatte.

„Ist ja gut…“, meinte ich eingeschnappt. Ich hasste es, wenn er sich über mich lustig machte. Woher sollte ich denn auch wissen, was er nun vertrug und was nicht.

//Dieser blöde Vampir… ich wünsch ihm eine fiese Knoblauchallergie an den Hals…//

„Jetzt sei nicht gleich eingeschnappt…“, kam es überraschend freundlich von ihm, woraufhin ich ihn noch immer beleidigt ansah. Kaum merklich seufzte Sasuke, ehe er fortfuhr.

„Im Grunde ist es ganz gleich, wie warm oder kalt meine Umgebung ist… ich spüre keinen wesentlichen Unterschied. Egal ob das Wasser kochend heiß, eiskalt oder “heilig“ ist, es kann mir nichts anhaben.“ Beim letzten Teil sah er mich eindringlich an. Scheinbar erinnerte er sich noch gut daran, wie ich versucht hatte, ihn mit heiligem Wasser los zu werden. Obwohl ich ihm nicht glaubte, dass er keine Temperaturunterschiede spüren konnte, so war ich mir sicher, dass er so wohl den Unterschied zwischen heiligem als auch normalem Wasser spüren konnte. Als er damals aus der Flasche mit heiligem Wasser getrunken hatte, schaute er mich sofort an, also hatte er es sehr wohl bemerkt. Außerdem fiel es sehr schwer so was zu glauben, wenn man gerade selber in diesem heißen Wasser saß und am Schwitzen war.

„Ich sehe dir an der Nasenspitze an, dass du mir nicht glaubst.“

„Es klingt auch nicht sehr glaubhaft.“

Sasuke grinste mich herausfordernd an.

„Dann wirst du dich wohl davon überzeugen müssen, wenn du mir nicht glaubst.“ Während ich ihn verwirrt musterte, da ich nicht wusste, wie er mich davon überzeugen wollte, hob er seinen Arm aus dem dampfenden Wasser und hielt ihn quer vor seine Brust. Offenbar wollte er, dass ich ihn anfasste, doch ich zögerte. Immerhin hatte er mir noch vor ein paar Minuten angedroht, mich unter Wasser zu drücken, bis ich das Bewusstsein verlor. Und noch dazu fand ich den Gedanken, jetzt so nahe bei Sasuke zu stehen, nicht sehr einladend, da ich nichts außer meiner Haut an mir trug und mein Handtuch außer Reichweite war.

„Komm schon her oder bist du gar nicht neugierig?“ Ehrlich gesagt, war ich sogar sehr neugierig, aber das durfte ich vor ihm nicht zugeben. Es war nicht Sasukes Art so verhältnismäßig freundlich zu sein und genau das war es, was meine Neugier weckte, mich aber auch zögern ließ.

„Oder hast du Angst?“, fügte er noch hinzu, als ich weiter schwieg.

„Nein, natürlich nicht!“ Und wieder einmal hatte ich den Karren in den Dreck gefahren.

//Ich und meine große Klappe…// Etwas zögerlich ging ich auf Sasuke zu, der mich immer noch abwartend musterte. Ich versuchte so gelassen wie möglich zu wirken, damit er nicht bemerkte, wie nervös ich war. Und das, obwohl ich mir ganz sicher war, dass es sich nur um einen fiesen Scherz von ihm handelte. Langsam streckte ich die Hand nach seinem Arm aus, ohne ihn aber dabei anzusehen. Bestimmt grinste er wieder so überlegen, dass ich wieder jede Sicherheit verlor. Umso überraschter war ich, als ich seinen Unterarm berührte.

//Kalt? Wie kann das sein... sein Arm war doch bis eben noch im heißen Wasser gewesen…// Ich strich über den gesamten Unterarm, bis hin zum Handgelenk, doch nichts änderte sich. Er war eiskalt. Eine leichte Gänsehaut lief mir über den Rücken. Verwirrt blickte ich zu ihm auf. Auf seinen Lippen bildete sich ein leichtes, kaum merkliches, siegessicheres Lächeln.

„Na? Überzeugt?“ In diesem Moment war ich mir nicht sicher, ob ich ihn vor Erstaunen einfach nur weiter anstarren oder Angst haben sollte. Ich entschied mich aber dafür, ihm einfach zu antworten.

„Ja, bin ich.“

„Fein… Dann kannst du ja deine Hand wieder von meinem Arm nehmen.“ Für einen Augenblick überlegte ich, was er meinte, sah dann aber auf meine Hand, die ich unbewusst auf seinem Unterarm liegen gelassen hatte. Sofort zog ich meine Hand weg und ging automatisch zwei Schritte zurück. Mir wurde warm im Gesicht, also wärmer, als mir sowieso schon durch die heiße Quelle war. Dabei sah ich zur Seite und versuchte es ganz beiläufig wirken zu lassen, was aber nicht klappte, weil ich ziemlich ruckartig gehandelt hatte.

Von Sasuke kam ein zufriedenes, wenn auch leises Lachen. Eingeschnappt sah ich zu ihm rüber.

„Was ist so komisch?“ Wenn der sich schon wieder über mich lustig machte…

„Haha… Ach nichts, ich musste eben nur an dich denken, als du damals mit mir in der Bibliothek warst. Du hast damals gesagt, es wäre bestimmt toll mal einen Werwolf oder so zu treffen…“, er zuckte kurz mit den Schultern.

„… und jetzt kennst du einen waschechten Vampir und kannst gar nicht weit genug von mir entfernt sein.“ Da hatte er nicht ganz Recht. Ich fand seine Art, wenn er so tat, als wäre er ein normaler Mensch, irgendwie gut, auch wenn er oft total arrogant dabei rüber kam. Aber ich wollte nicht mit ihm alleine sein, denn dann war er unberechenbar, so dass ich nie sagen konnte, was er als Nächstes machen könnte. „Das war ja auch bevor ich heraus gefunden habe, was du wirklich bist und wozu du fähig bist.“ Ein selbstgefälliger Ausdruck schlich sich auf seine Lippen, ehe er mir antwortete.

„Wozu ich fähig bin? Was ist mit dir? Du hättest in Kauf genommen, dass ich mich in aller Öffentlichkeit in ein Häufchen Asche verwandle, wenn deine armseligen Versuche geglückt wären.“ Trotzig erwiderte er meinen Blick und verschränkte dabei seine Arme vor der nassen Brust.

„Du kannst froh sein, dass ich nicht nachtragend bin.“ Jetzt war ich derjenige, der ein leises Lachen nicht unterdrücken konnte.

„Nicht nachtragend? Du hast mir monatelang vorgeworfen, dass ich EINMAL deinen Unterricht geschwänzt und auf meinen Mathetest gezeichnet habe.“ Und das war nicht gelogen! Jedes Mal wenn ich keine Lust auf die Kunst-AG hatte, die zu dem Zeitpunkt noch meine Bestrafung war, kam er mir mit diesem vollgezeichneten Mathetest und das ich die Noten sehr gut zum Aufbessern der Anderen gebrauchen konnte. Sasuke zog eine Augenbraue hoch, wie er es immer tat, wenn er mit etwas nicht ganz einverstanden war, was bedeutete, dass ich Recht hatte.

Unbewusst sah ich zur Seite, drehte dabei meinen Kopf etwas von Sasuke weg. Wenn ich daran dachte, wie ich mich damals, trotz der Strafe, auf die AG gefreut hatte, einfach weil Sasuke der zuständige Lehrer war…

„Ich mochte dich mehr, als ich noch nicht wusste, was du bist.“, murmelte ich eher zu mir selber, als zu ihm und schaute wieder nach vorne, ohne ihn anzusehen. Einen Augenblick herrschte Stille, doch dann sah ich aus den Augenwinkeln, wie das Wasser leichte Wellen schlug. Sofort blickte ich auf, direkt in Sasukes ebenmäßiges Gesicht, der weiter auf mich zu kam. Er stoppte nicht mal als er nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt war. Das war mir eindeutig zu nah! Ich wich automatisch weiter nach hinten, doch schon nach wenigen Schritten stieß ich an einen großen Stein, der mitten aus dem Wasser ragte. Ich konnte nicht weiter und Sasuke kam immer näher. Er blieb erst etwa zehn Zentimeter vor mir stehen, was mir sehr unangenehm war, da wir Beide nichts anhatten und ich mir fast einbildete die Kühle seines Körpers durch das Wasser zu spüren. Abwehrend hielt ich die Hände vor meinen Oberkörper, um Sasuke wegstoßen zu können, falls er irgendwas versuchen sollte. Er stütze sich mit seiner rechten Hand neben meinen Kopf am Felsen ab und beugte sich somit leicht zu mir runter. Ich konnte ihm nicht direkt in die Augen schauen, wollte aber auch nicht den Kopf wegdrehen und ihm damit meinen freien Hals präsentieren.

„Tatsächlich? Schade, denn ich mag dich erst seit du es weißt…“ Überrascht sah ich zu ihm auf. Mit dieser Antwort hatte ich wirklich nicht gerechnet, genau so wenig, wie mit seinem Gesichtsausdruck. Ein deutliches Lächeln lag auf seinen Lippen, welches nur schwer zu beschreiben war. Es war kein „fröhliches“ Lächeln, wie man es einem Freund schenkte, viel mehr wirkte es wie das Lächeln, dass man seinem Rivalen zeigte, wenn man ihn herausforderte. Während seine Worte noch einige Momente in meinem Kopf widerhallten, schlug mir das Herz immer höher. Meinte er das ernst oder machte er sich nur wieder einen Spaß daraus mich zu verwirren? Erneut sah ich in sein makelloses Gesicht und blickte in seine nachtschwarzen Augen, aber ich fand nichts. Er schien es ernst zu meinen. Augenblicklich spürte ich, wie mir noch zusätzliche Wärme in den Kopf stieg.
 

~Sasuke~
 

Der Anblick, der sich mir bot, war einfach herrlich. Naruto sah verlegen zu mir auf, während sich eine verräterische Röte auf sein Gesicht schlich und er nervös mit seinen Händen spielte. Wieso musste er mich so quälen? Diese momentan zurückhaltende Art und dazu noch der freie Blick auf seine Haut, unter der ich praktisch das Blut pulsieren sehen konnte, machten mich fast wahnsinnig! Und dabei war ich selber schuld. Ich hatte ihm gesagt, dass er sich, zumindest während dieses Ausfluges, von mir fern halten sollte, und trotzdem sagte ich solche Sachen, von denen ich wusste, dass er so reagieren würde. Und dann stand er vor mir, so wie jetzt, nur mit dem Unterschied, dass ich seinen Geruch im Moment nicht wahrnehmen konnte. Würde der Schwefelgeruch der heißen Quelle nicht Narutos Duft überdecken, dann wäre er vielleicht schon nicht mehr am Leben. Aber es war mehr als nur der Drang sein Blut zu trinken, ich wollte wieder seine Wärme spüren, so wie damals an Weihnachten oder wie noch vor wenigen Sekunden, als seine Hände auf meinem Arm gelegen hatten. Es war so ganz anders, als bei allen vorher und ich wusste nicht warum, was mich fast wahnsinnig machte. Seine warme glatte Haut verleitete geradezu, berührt zu werden.

Langsam legte ich meine linke Hand auf seine Wange und strich über die weiche, nasse Haut. Naruto zuckte zurück und musterte mich verwirrt, als wäre er sich nicht sicher, wie er reagieren sollte. Doch ich ließ mich davon nicht beirren und strich sachte mit dem Daumen über seinen Mundwinkel, streifte dabei leicht die Lippen. Es hatte etwas Hypnotisches an sich.

//Seltsam für einen Menschen…// Seine Lippen öffneten sich leicht, als wenn er etwas sagen wollte, doch dann schloss er sie wieder, drehte sein Gesicht nach rechts, so dass meine Hand fast ganz auf seinen Lippen lag und schlug diese dann beiseite.

„Ich habe genug gebadet.“, meinte er nur und ging zügig Richtung Beckenrand. Ich sah ihm nach und ließ dabei meine rechte Hand wieder sinken. Doch aus irgendeinem Grund blieb er am Rand der Quelle stehen und sah sich um. Er fand schnell, was er gesucht hatte, denn er lehnte sich über den Rand hinaus, stützte sich mit dem Ellbogen auf dem Steinfußboden ab und griff nach einem Gegenstand, der sich als sein Handtuch heraus stellte. Dabei hatte ich einen leicht seitlichen Blick auf ihn, wobei ich aber fast nur seinen Rücken sah. Er musste es vorhin, als er ins Wasser gesprungen war, und mich nass gespritzt hatte, beiseite geschmissen haben. Allerdings erreichte er es auch mit ausgestrecktem Arm nicht, da er darauf achtete das Wasser nicht weiter als zur Hüfte zu verlassen. Ein paar Mal sah er über seine Schulter zu mir rüber.

//Wieso steigt er nicht einfach aus dem Wasser und hebt es auf, anstatt hier diese Verrenkungen abzuziehen?// Und schon in der nächsten Sekunde wurde mir klar warum.

„Naruto, du genierst dich doch nicht etwa?“ Es war keine Frage sondern eine Feststellung. Augenblicklich ließ er sich wieder ganz in das warme Wasser sinken, ließ die Hände am Rand der Quelle ruhen und dreht sich zu mir um.

„Gar nicht wahr!“ Die Röte in seinem Gesicht und der ertappte, leicht ärgerliche Blick, bestätigten meine Aussage. Unweigerlich musste ich wieder grinsen, etwas, was er mit vielen seiner Handlungen hin bekam. Naruto tat immer so als könnte ihm niemand etwas anhaben. Dabei handelte er schneller, als das er nachdachte und bewies dabei unabsichtlich wie jung und unerfahren, fast schon naiv, er noch immer war.

„Komm schon Naruto, ich bin erheblich älter, als ich aussehe. Du hast nichts, was ich nicht schon längst gesehen hätte.“ Dabei kam ich ein paar Schritte näher. Sein Gesicht wurde sofort eine Spur röter und auch ärgerlicher.

„Du Blödmann! Lass mich endlich in Ruhe!“ Dann drehte er sich wieder um und griff wieder nach dem Handtuch, diesmal mit mehr Schwung, wodurch er es auch zu fassen bekam.

„Hab dich!“, rief er erfreut, zog das Handtuch an sich ran und band es sich um die Hüften. Eigentlich unüblich, denn normaler Weise sah man es in heißen Quellen nicht gerne, wenn das Handtuch mit ins Wasser genommen wurde. Er machte Anstalten aus dem Becken zu klettern, doch ich war schneller. Innerhalb von wenigen Sekunden stand ich direkt hinter ihm, fasste ihn mit meiner rechten Hand am linken Arm und wirbelte ihn herum. Sofort legte ich meine andere Hand auf seinen rechten Oberarm und zog ihn vom Beckenrand weiter nach links, wo ich ihn gegen einen Stein drückte. Erst sah er erschrocken zu mir rauf, doch dann wurde er ärgerlich und versuchte sich aus meinem Griff zu befreien.

„Du blöder Bastard! Verdammt, du sollst mich loslassen!“

Ich machte mir nichts aus seinen Beleidigungen, auch wenn ich so langsam das Gefühl bekam, dass er seinen Respekt mir gegenüber verlor.

„So harte Worte! Gut, dass ich weiß, dass du meine Gefühle nicht verletzen willst, sonst würde ich das persönlich nehmen.“, grinste ich ihn provozierend an. Ich drängte ihn dichter an den Felsen und war ihm so nah, dass ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte. Ich lehnte mich zu seinem Ohr vor und augenblicklich hörte er auf zu zetern und hielt die Luft an. Ich konnte förmlich spüren, wie das Blut durch seinen Körper schoss. Leise flüsterte ich ihm ins Ohr.

„Wenn du mich wirklich loswerden willst, dann ramm mir einen Pfahl ins Herz und schneid mir den Kopf ab. Bringst du das fertig?“ Ich lehnte den Kopf wieder etwas zurück, um seine Reaktion sehen zu können. Er hatte sein Gesicht zu mir gedreht und wirkte unsicher und unentschlossen. Einen Moment musterte er mich so, als würde er über eine ehrliche Antwort nachdenken, doch dann ließ er den Blick sinken. Für mich ein Zeichen, dass er es wohl nicht konnte. Ein selbstsicheres Grinsen schlich sich auf meine Lippen. Ich brachte ihn dazu mich wieder anzusehen, indem ich seinen linken Arm losließ, sein Kinn umfasste und seinen Kopf hochzog. Sein Gesicht war warm und aufgrund der Kälte meiner Hand bekam er Gänsehaut. Fast zeitgleich griff er nach meinem rechten Handgelenk.

„Was willst du?“ Erfolglos versuchte er sich wieder zu befreien, aber ich war zu stark und er beeindruckte mich damit kein bisschen.

//Eigentlich so leichte Beute…//, war der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schoss, als ich ihn so ansah. Doch ausnahmsweise wollte ich jetzt was ganz anderes.

„Das ist schwer zu sagen… Ich hab dir vorhin nicht ganz die Wahrheit gesagt, als ich meinte ich könnte gar keine Wärme spüren…“ Dabei strich ich leicht mit dem Daumen über seine Wange.

„… Ich kann lediglich die Wärme eines lebenden Wesens spüren.“ Naruto wurde sichtlich nervöser und versuchte seinen Kopf etwas nach hinten zu ziehen und zog die Schultern hoch, wohl in der Annahme, dass ich vorhatte ihn zu beißen. Aber als ich weder etwas sagte, noch etwas tat wurde er unruhig.

„Ja und?“, fragte er kleinlaut, genau die Frage, auf die ich gewartet hatte. Ich zuckte grinsend mit den Schultern.

„Na, mir ist kalt.“

Im nächsten Moment zog ich sein Gesicht an mich ran, überwand somit die letzten Zentimeter, die uns voneinander trennten und küsste ihn. Er riss überrascht die Augen auf, ließ mein Handgelenk los und versuchte mich mit zusammengeballten Händen von sich zu drücken. Natürlich erfolglos.

Ich konnte einfach nicht von ihm ablassen, selbst wenn ich gewollt hätte. Diese Wärme war einfach zu berauschend, genau wie diese sündhaft weiche und wohlriechende Haut. Irgendetwas hatte der Junge an sich, das ich mich einfach nicht mehr kontrollieren konnte. Sachte strich ich mit dem Daumen über seine Wange, ohne aber sein Kinn loszulassen, und fuhr immer wieder die Kontur seiner Wangenknochen nach. Eher unbewusst tat ich das auch an seinem rechten Arm, den ich noch immer festhielt, und spürte deutlich wie sich eine Gänsehaut an der Stelle ausbreitete und er leicht zitterte. Allmählich ließ seine Gegenwehr nach, er schien es jetzt sogar zu genießen, und genau wie Weihnachten reizte mich das nur noch mehr. Immer wieder küsste ich auf diese weichen Lippen und ließ meine Hand von Narutos Kinn zu seinem Nacken wandern. Dort strich ich sachte über seinen Haaransatz, verstärkte so seine Gänsehaut und wurde mit einem leisen Seufzer seinerseits belohnt. Neugierig sah ich ihn an. Er reagierte sehr sensibel auf Berührungen, doch überraschte mich das wenig. Naruto lebte alleine und hatte niemanden, der ihm nahe stand. Vielleicht war das auch der Grund, weshalb er das hier so genoss.

Ich verstärkte den Griff in seinem Nacken und animierte ihn den Kuss zu erwidern. Vorher hatte ich den Kuss durch meine Bewegungen an Narutos Kinn kontrolliert, doch jetzt wo er ihn, wenn auch nur zaghaft erwiderte, wurde die Sache um einiges interessanter und anregender. Ich fuhr mit meiner linken Hand langsam seinen Arm hinab, jagte ihm dabei noch mehr Schauer über den Rücken, bis ich bei seinem Ellbogen ankam. Dort ließ ich ihn endgültig los und legte meine Hand an seine Taille. Langsam strich ich über die nasse, warme Haut und zog ihn mit einem leichten Ruck dichter an mich heran. Er erschrak deshalb und löste sich von mir. Doch nicht für lange. Ich zog sein Gesicht wieder zu meinem und verwickelte ihn in einen neuen, wesentlich intensiveren Kuss. Immer wieder knabberte ich an seiner Lippe, passte dabei aber auf, ihn nicht zu verletzen, denn das würde kein gutes Ende nehmen.

Mir blieb nicht verborgen, wie schwer Narutos Atem ging. Sein Mund war leicht geöffnet, um genug Sauerstoff einatmen zu können. Das nutzte ich aus und drang mit meiner Zunge in Narutos Mundhöhle ein. Neugierig erkundete ich die neue Umgebung, begann dann aber nach kurzer Zeit immer wieder Narutos Zunge anzustupsen. Zu meiner Überraschung dauerte es keine drei Sekunden bis er das Spiel erwiderte. Langsam öffnete ich meine Augen und sah in das Gesicht des Chaoten vor mir. Er genoss das hier anscheinend wirklich, denn seine Augen waren geschlossen und er versuchte nicht mehr mich von sich zu drücken. Die Situation kam mir sehr bekannt vor, so wie an Weihnachten. Und auch jetzt war ich in Versuchung meinen Hunger nach Blut an ihm zu stillen. Seit die Reise begonnen hatte, konnte ich nichts mehr zu mir nehmen und ich hatte hier keine freie Minute, um mir was zu organisieren. Und die Tatsache, dass er hier ohne irgendwelche Gegenwehr vor mir stand, machte es wirklich nicht leichter. Seine Nähe war einfach berauschend und es wäre so einfach…

Ich löste meine rechte Hand von seinem Nacken, strich langsam an den Unterseiten seines Oberarms entlang hinab und drückte leicht gegen seinen Ellbogen. Damit schob ich ganz automatisch seine Hand, die noch immer leicht geballt auf meiner Brust lag, nach oben, über meine Schulter. Das Selbe tat ich auf der anderen Seite. Ich ließ meine Hand von seinem Rücken hoch zu seinem Arm wandern und legte diesen über meine Schulter. Als das erledigt war, platzierte ich meine Hände wieder auf seinem Nacken und seinem Rücken und drängte ihn vollends gegen den Felsen hinter sich. Naruto registrierte das nur beiläufig, viel mehr konzentrierte er sich auf den Kuss, der fast schon leidenschaftliche Ausmaße angenommen hatte. Und so dauerte es einige Sekunden bis er zaghaft die Arme um meinen Nacken legte und seine Wangen dabei immer mehr an Röte zunahmen. Er war schon irgendwie niedlich, wenn er so schüchtern wurde, wo er doch sonst vorlaut war.

Doch viel wichtiger war, dass er jetzt nicht mehr weg konnte. Ihm verblieb keine Ausweichmöglichkeit mehr und er könnte mich nicht von sich schieben, auch wenn ich zweifelte, dass er die Kraft dazu aufbringen konnte. Ich hätte ihn loslassen müssen, aber es war so ungeheuer schwer der Versuchung zu wiederstehen, einfach seinen Kopf zur Seite zu reißen und zuzubeißen. Nachdenklich strich ich mit dem Daumen meiner rechten Hand über die Schlagader an Narutos Hals, während wir uns weiter küssten. Deutlich konnte ich das pulsierende Blut unter der weichen Haut spüren. Ich wollte so gern… doch ich zögerte. Irgendwas hielt mich zurück und ich wusste nicht was. Sonst hatte ich doch auch keine Skrupel.

//Was ist bloß los?// Mir blieb jedoch keine Zeit mehr, darüber nachzudenken, denn Naruto hatte aufgehört den Kuss zu erwidern und sah mir unverwandt in die Augen. Seinen Kopf hatte er zurück gelehnt, wodurch unsere Gesichter wieder einige Zentimeter voneinander entfernt waren. Seine Lippen waren leicht geöffnet, während er fragend zu mir aufsah. Deutlich konnte ich die Unsicherheit in seinem Blick erkennen. Sein ganzer Körper spannte sich an, auch seine Arme. Im ersten Moment fragte ich mich was er hatte, doch dann fiel es mir auf. Naruto ahnte was ich vorhatte. Er musste Verdacht geschöpft haben als ich ihm, gedankenlos wie ich gewesen war, über den Hals gestrichen hatte und erinnerte sich offenbar noch gut an das letzte Mal.

//Schlauer Junge…//, dachte ich mir innerlich grinsend. Doch er saß in der Falle, er konnte nicht weg und das wusste er. Wie ein in die Enge getriebenes Reh sah er zu mir auf und rührte sich kaum einen Millimeter. Ich spürte wie er den Griff seiner Hände in meinem Nacken lockerte, bereit mich verzweifelt von sich zu drücken, sollte ich ihn anfallen. Und genau das war es, was ich tun wollte! Doch ich wartete darauf, dass er einen Fehler machte. Er sollte mir einen Grund geben. Die Situation war zum Zerreißen gespannt. Ein Zucken, ein zu tiefer Atemzug oder nur ein Wimpernschlag hätten gereicht, damit ich endgültig jede Kontrolle verlor.
 

~Naruto~
 

Ich hatte wirklich Angst. Wieder hatte ich mich von Sasuke einwickeln lassen und war ihm dabei voll in die Falle gegangen. Mit der Rechten hielt er mich am Nacken fest, während er mich mit der Linken weiter an sich ran zog. Jeden einzelnen seiner Muskeln konnte ich spüren und ganz automatisch schlug mein Herz schneller. Obwohl mir klar war, in welcher Gefahr ich mich befand, konnte ich kaum meine Verlegenheit verbergen. Wieder einmal verstand ich mich selbst nicht. Ich war doch sonst nicht so dumm, wurde früher wie auch jetzt noch, nie erwischt, wenn ich etwas ausgefressen hatte und trotzdem überrumpelte nur er mich immer wieder. Was war nur los mit mir? Der einzige Grund, warum dieser Idiot es immer wieder schaffte mich in diese Situationen zu drängen war, weil es mir einfach nicht möglich war, ihn einzuschätzen. Warum fiel mir das nur so schwer? Hatte ich doch so wenig Menschenkenntnis oder konnte er sich einfach nur ausgezeichnet verstellen? Und jetzt stand er direkt vor mir, festigte seinen Griff in meinem Nacken und sah mich wie ein Raubtier, das seine Beute fixierte, an.

Sasuke ließ mich keinen Moment aus den Augen, als würde er auf etwas warten. Ich hatte das Gefühl, dass er jeden Augenblick über mich herfallen würde, doch er tat es nicht. Die Anspannung war unerträglich und mit jeder Sekunde, die verstrich, wurde es schlimmer. Ich traute mich kaum Luft zu holen, geschweige denn mich zu bewegen. Vielleicht wartete er wirklich, wie ein Raubtier, darauf, dass ich versuchte zu flüchten, um dann anzugreifen…

Ich hielt die Spannung einfach nicht mehr aus! Das Gefühl, das jeden Moment etwas passieren musste, zerriss mich fast. Meine Arme begannen vor Anspannung zu zittern. Ich wollte ihn einfach von mir stoßen. Das Zittern breitete sich auf meinen Körper aus und mit steigendem Unwohlsein merkte ich, wie sich Sasukes Mundwinkel kaum merklich nach oben zogen. Ich bildete mir ein sogar seine scharfen Zähne zu sehen. Sicher war ich mir nicht, denn immer mehr machte sich die Panik in mir breit. Ich konnte nicht mehr richtig urteilen und merkte nicht mal mehr bewusst, wie sich Sasuke langsam vorbeugte und leicht den Mund öffnete und dabei wirklich seine scharfen Reißzähne preisgab. Es gab nichts, was ich tun konnte, ich war machtlos und hilflos…

Aber gerade, als ich doch die Arme losreißen wollte, um ihn noch von mir zu stoßen, oder es wenigstens zu versuchen, war ein lautes Rattern links von uns, wo sich die Tür befand, zu hören. Ich riss meine Augen, die ich zuvor aus Panik zusammen gekniffen hatte, wieder auf. Sasuke hatte sich erschrocken wieder aufgerichtet, den Griff gelockert und schaute verärgert in die Richtung aus der das Geräusch gekommen war. Sein Atem ging hektisch, als wenn er einen Marathon gelaufen wäre. Mein Herz schlug so schnell, dass ich Angst bekam, es würde gleich aus meiner Brust springen. Zögerlich tat ich es ihm gleich und sah dorthin. Durch die Nebelschwaden war noch niemand zu sehen, doch anhand der Stimmen konnte ich eindeutig heraus hören, dass es sich um Kakashi und den Vater meines Mitschülers handelte. Ich konnte mein Glück kaum fassen, als langsam auch die Silhouetten der Beiden sichtbar wurden. Augenblicklich nahm ich die Arme von Sasukes Nacken, schob ihn, möglicherweise etwas unsanft, beiseite und schlängelte mich an ihm vorbei. Ich verschwendete keinen Gedanken mehr daran, dass Sasuke mir jetzt noch irgendwas tun würde, zumal er nicht mal versucht hatte mich weiter festzuhalten. Er sah mir nur für einen Moment mit einem seltsamen Ausdruck hinterher. Ich blieb erst stehen, als ich zwischen ihn und mich etwa drei Meter Abstand gebracht hatte.

„Oh Sasuke! Ich wusste gar nicht, dass du hier her wolltest!“, kam es überrascht von Kakashi, als er Sasuke erkannte. Der Vater meines Mitschülers stand nur schweigend neben Kakashi und sah abwertend zu ihm herab. Einen Moment schwieg der Vampir, ehe er dann doch mit einem gespielten Lächeln antwortete.

„Tja, ich brauchte wohl, so wie du, eine Pause von der Meute…“ Da lachte auch Kakashi und kratzte sich ertappt am Hinterkopf, während er ins Wasser stieg. Dabei fiel ihm dann auch auf, dass ich ebenfalls da war.

„Naruto, du bist auch hier? Weißt du eigentlich wie spät es ist?“ Kakashis Begleiter musterte nun mich und das sogar noch herablassender als er es bei Sasuke getan hatte. Ich kannte diesen Blick. Oft war ich so angesehen worden. Es war der Ausdruck mit dem man einen unerwünschten “Sonderling“ bedachte. Ich wusste, dass einige Eltern dagegen gewesen waren, dass ich an diese Schule kam und offenbar hatte ich vor mir einen meiner größten Fans stehen. Kaum hatte ich das gedacht, begann er zu sprechen.

„Nur weil die Schule den Ausflug für dich übernimmt, heißt das nicht, dass du dich nicht an die Regeln halten musst. Die gelten für dich genau wie für jeden Anderen, aber kann ja sein, dass dein Lehrer vergessen hat dir das zu sagen.“ Dabei sah er kurz zu Sasuke rüber. Verärgert blickte ich ihn an und wollte gerade zu einer passenden Antwort ansetzen, als mir Sasuke zuvor kam.

„Das ist ihm klar, allerdings halte ich es durchaus für notwendig Sie darauf aufmerksam zu machen, dass das keine Art ist mit einem Schüler zu sprechen, zumal Sie keinerlei Verantwortung für ihn haben.“ Das hatte gesessen. Der Blick des Angesprochenen verfinsterte sich noch ein Stück mehr und er schien kurz davor zu sein, Sasuke an die Gurgel zu gehen. Innerlich spürte ich Genugtuung, denn, auch wenn ich es mir gerade jetzt nicht wirklich eingestehen wollte, ich stand auf Sasukes Seite. Das lag aber mehr daran, dass er mir gegenüber nie eine so feindliche Haltung eingenommen hatte.

„Aber, aber…“, setzte Kakashi ein, bevor noch irgendwas passieren konnte.

„… wir sind hier um zu entspannen und nicht für irgendwelche Zankereien.“ Dabei hatte er sein typisches fröhliches Grinsen aufgesetzt, zumindest glaubte ich das, denn sehen konnte ich es nicht. Kakashi trug noch immer einen Mundschutz oder was es war. Durch den ganzen Dunst konnte ich nicht besonders viel sehen. Die beiden Anderen schwiegen sich nur an, ehe Sasuke nach einigen Sekunden doch noch mal das Wort ergriff.

„Jedenfalls habe ich Naruto erlaubt jetzt noch zu baden, weil er vorhin verschlafen hatte.“ Kakashi nickte nur. Ich glaubte sowieso nicht, dass er mich weggeschickt hätte. Er war etwas lockerer was Zeiten und Pünktlichkeiten betraf.

Und so kam ich dann doch noch zu meinem entspannenden Bad. Ich hielt meinen Sicherheitsabstand zu Sasuke und hörte den Dreien zu, wie sie sich unterhielten. Obwohl es größtenteils Kakashi und der Blödmann waren. Sasuke warf nur ab und an was mit rein und schwieg sonst. Doch nach etwa fünfzehn Minuten wurde es mir zu viel. Die lange Zeit im heißen Wasser war anstrengend und machte sich langsam bemerkbar. Möglichst unauffällig ging, bzw. schwamm, ich an den Dreien vorbei, zum Beckenrand und kletterte heraus. Ich wollte gerade zur Tür gehen, als ich ein deutliches „Gute Nacht, Naruto.“, hinter mir hörte. Etwas ungläubig sah ich über meine linke Schulter. Es war tatsächlich Sasuke gewesen, der mir eine gute Nacht gewünscht hatte und er sah mir direkt in die Augen. Auch Kakashi und der blöde Anhang musterten mich. Ein verlegenes Grinsen schlich sich auf meine Lippen.

//Haben sie doch bemerkt, wie ich abhauen wollte…//

„Ähm, Ihnen auch.“, sagte ich, vermied es aber Sasukes Blick zu erwidern. Erst als ich mich zum Gehen umwand, sah ich ihn kurz an. Er schien wieder ganz der Alte zu sein, sein Atem war ruhig und er strahlte die übliche Kälte aus. Dann verließ ich die heiße Quelle.

Nach etwa fünfzehn Minuten verließ ich die Umkleidekabine und machte mich auf den Weg in mein Zimmer. Es war gar nicht so einfach gewesen ein trockenes Handtuch zu bekommen, ohne einen der drei noch Badenden zu beklauen. Abgesehen von Kakashi hätte es mich nicht gestört, aber es war zu offensichtlich, dass ich es gewesen wäre. Stattdessen hatte ich in einer fast schon versteckten Ecke noch ein kleines Regal mit dem letzten Handtuch entdeckt. Ich Glückspilz! Die ganze Zeit dachte ich über das, was in der heißen Quelle passiert war, nach und wie es dazu gekommen war. Wie nah mir Sasuke gekommen war. Jeden einzelnen Muskel hatte ich spüren können. Erst jetzt realisierte ich wirklich, was dort geschehen war und ich grübelte, wie weit es noch gegangen oder was passiert wäre, wenn nicht Kakashi dazu gekommen wäre. Ob ich dann noch am Leben wäre? Doch wenn ich daran dachte, wie Sasuke mich geküsst und gehalten hatte, stieg mir sofort wieder die Hitze ins Gesicht. Warum hatte ich mich nur wieder so einwickeln lassen? Jetzt dachte er sicher er könnte sich alles mit mir erlauben. Und wie es schon begonnen hatte. Er meinte ihm wäre kalt. Augenblicklich stieg der Ärger in mir hoch und ich sprach meine Gedanken laut aus.

„Dieser Blödmann! Wie kann ihm kalt sein, wenn er in einer heißen Quelle hockt?!“ Zu meinem Glück war niemand in der Nähe, der das hätte hören können. Als ich endlich das Zimmer erreichte, schmiss ich meine Sachen beiseite und mich ins Bett. Ich war hundemüde vom Tag.
 

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Der nächste Tag begann um einiges sanfter, als der Vorige. Kiba hatte vergessen seinen Wecker anzuschalten, weswegen wir zwar fast das Frühstück verpasst hätten, aber wenigstens ausgeschlafen waren. Zumindest die anderen Drei. Ich hatte kaum ein Auge zugetan, denn immer wenn ich am Einschlafen gewesen war, erschien Sasuke vor meinem geistigen Auge und schon war ich wieder hell wach. Gegen zehn Uhr sollten wir uns wieder alle in der Eingangshalle treffen. Heute war geplant, dass wir runter ins Dorf gingen, es uns etwas ansahen und etwas über die Geschichte erfuhren. Da war schon vorbestimmt, dass es für mich schrecklich langweilig werden würde. Den Weg hinunter ins Dorf waren wir mit dem Bus gefahren. Gleich darauf begann auch die Führung durch das Dorf. Kakashi hatte uns alle dazu angemeldet und nun führte uns ein scheinbar uralter Mann, der gerade mal noch so groß wie ich war. Sein Gesicht war faltig und halb von einem schneeweißen Bart bedeckt. Wir folgten ihm durch die Straßen, während er mit monotoner und kratziger Stimme zu jedem Haus und jedem Geschäft eine Geschichte erzählte.

Das Dorf war eigentlich viel zu groß um ein “Dorf“ zu sein. “Kleines Städtchen“ passte da schon eher. Alle Häuser waren sehr altmodisch gestaltet, doch machte gerade das den Charme hier aus. Mich interessierte nicht besonders, was der Mann erzählte, obwohl die meisten relativ interessiert zuhörten. Seit dem Frühstück, als ich Sasuke wieder gesehen hatte, musste wieder über das Geschehene von gestern nachdenken. Ich war so machtlos gewesen. Doch es beruhigte mich, dass wir in einer Gruppe waren. Da fühlte ich mich viel sicherer, auch wenn ich ständig das Gefühl hatte, dass Sasuke mich beobachtete. Sicher war ich mir allerdings nicht, da er auch genauso gut jemanden hinter mir hätte mustern können.

Nachdem uns der alte Herr alle Sehenswürdigkeiten gezeigt hatte, folgten wir ihm ins Museum. Dort führte er uns auch durch die Ausstellung. Anschließend, das Ganze hatte etwa zwei Stunden gedauert, obwohl es sich eigentlich viel länger anfühlte, kamen wir noch in einen großen Vorführungsraum, wo wir uns alle, auf Kakashis Anweisung, mit dem Gesicht zur Leinwand hinsetzten. Ich nahm mir einen Platz in den hinteren Reihen, direkt an der Wand, da ich mir jetzt schon sicher war, dass mich der Film, den wir uns jetzt ansehen mussten, nicht interessieren würde. Allerdings bereute ich das, als sich auf einmal Sasuke rechts neben mich setzte. Misstrauisch sah ich zu ihm rüber. Seine Arme waren vor der Brust verschränkt und seine Beine hatte er überschlagen. Stur und gefühlslos erwiderte er meinen Blick und rührte sich keinen Zentimeter. Ich fragte mich insgeheim, ob er überhaupt atmete. So wie er mich ansah, konnte ich fast nicht glauben, was gestern passiert war, als er mir so nah gewesen war. Wenn ich nur daran dachte, erkannte ich mich selber nicht mehr. Hätte er mich in diesem Moment nicht mit seinem Blick fast erstickt, denn ich wagte es kaum zu atmen, wäre ich wieder rot angelaufen. Je länger ich ihn ansah, umso mehr bekam ich das Gefühl, dass ich wegsehen sollte. Es war fast wie gestern, als er nur darauf gewartet hatte, dass ich einen Fehler machte, nur das es mich dieses Mal nicht so zerriss. Zu meiner Überraschung war es Sasuke, der zuerst weg sah und seine Aufmerksamkeit der Leinwand schenkte. Ich sah erst nach vorne, als nach einigen Sekunden das Licht ausging. Sonst war es nie Sasuke, der zuerst nachgab und das wunderte mich etwas. Meine Gedanken wanderten aber bald in eine andere Richtung, da der kleine Dokumentarfilm, der vorne spielte, langweiliger war als erwartet.
 

~Sasuke~
 

Ganz von alleine hatten mich meine Füße zu dem Platz neben Naruto geführt. Ich hatte mich einfach neben ihn gesetzt und ihn gemustert. Am liebsten hätte ich ihn einfach irgendwohin geschleift und diesen schrecklichen, brennenden Hunger gestillt. So schlimm war es schon lange nicht mehr gewesen und Naruto wäre momentan einfach das perfekte Opfer. Er wusste was ich war, würde aber niemanden etwas sagen, da er an seinem Leben hing. Was also hieß, dass ich ihn im Augenblick nicht umbringen und loszuwerden müsste. Aber ich zwang mich selbst diesen Gedanken zu beenden. Stattdessen löste ich widerwillig meinen Blick von Naruto und sah nach vorne. Bestimmt machte er sich noch immer Gedanken, über das, was gestern geschehen war.

Das Licht wurde ausgemacht und ein Film abgespielt. Es ging um die Geschichte dieses Dorfes. Jede noch so langweilige Kleinigkeit wurde behandelt, wie zum Beispiel der Handel mit Milchprodukten aus Eigenerzeugung im 17. Jahrhundert, begleitet von der monotonen Stimme des Sprechers. Da ich in der hintersten Reihe saß, konnte ich regelrecht zusehen, wie sich immer mehr Schüler gelangweilt umsahen, einige sogar miteinander redeten oder einschliefen, die dann aber von Kakashi zurecht gewiesen wurden. Übel nehmen konnte man es ihnen nicht. Selbst mir fiel es unter diesen Bedingungen schwer, mich auf den Inhalt zu konzentrieren. Und mit der Zeit wurde es immer schwieriger, trotzdem folgte ich weiter dem Film, wobei ich mir sicher war, dass ich vor Langweile sterben würde, wenn ich kein Vampir wäre. Doch als ich plötzlich ein leichtes Gewicht an meiner Schulter spürte, riss ich meinen Kopf nach links. Naruto lehnte an meiner Schulter, mit ruhigem Atem und geschlossenen Augen. Der Junge war wirklich kaum zu fassen. Gestern hatte er gar nicht schnell und weit genug von mir weg sein können, aus zugegeben verständlichen Gründen, und jetzt machte er hier Mittagsschlaf an meiner Schulter. Im ersten Moment glaubte ich, dass er das nur aus purer Bosheit tat, weil er wusste, dass ich ihm hier nichts tun konnte. Allerdings wurde diese Annahme von seinen ruhigen und regelmäßigen Atemzügen widerlegt. Ich war unsicher, was ich tun sollte, doch entschied ich mich es erst mal gut sein zu lassen, auch wenn es mir schwer fiel. Sein Duft vernebelte mir fast die Sinne und wären hier nicht so viele Leute, hätte ich Naruto ein nettes Muster am Hals verpasst. Doch ich ließ mich tiefer in den Stuhl sinken, verschränkte die Arme und lehnte den Kopf an die Wand direkt hinter mir. Wie schön es wäre mal eine Stunde ohne diese nervigen Gören zu sein oder mal seit langem wieder am Tag zu schlafen, doch stattdessen saß ich hier. Es wurde wirklich allmählich Zeit wieder den Standort zu wechseln… Es gab nur ein Problem. In all den Jahrhunderten, die ich schon lebte und umher zog, hatte nie jemand mein Geheimnis entdeckt und weitergelebt… bis auf ihn. Das hieß, dass ich ihn möglichst bald und vor allem unauffällig los werden musste. Bei diesem Gedanken sah ich auf den schlafenden Naruto hinab. Es war klar, was getan werden musste, doch wollte ich jetzt noch keine Entscheidung treffen. Momentan war es einfach noch nicht relevant, auch wenn ich mich nicht ewig um eine Antwort drücken konnte. Ein weitaus wichtigeres Problem war, dass ich bald wieder frisches Blut brauchte und zwar sehr bald. Mir war schon zu Beginn der Reise klar gewesen, dass es nicht leicht werden würde an frisches Blut zu kommen und das Naruto da möglicherweise mit reingezogen wird. Genau so war mir auch klar, dass ich mich selbst damit quälte, mich in seiner unmittelbaren Umgebung zu befinden, auch wenn das hier jetzt das erste Mal war und ich ihn zu Beginn der Reise gewarnt hatte. Es waren halt zwei unterschiedliche Dinge, was einem die Vernunft riet und der Instinkt sagte…

Nach einigen Minuten, sie kamen mir persönlich vor wie eine Stunde, endete der Film dann doch endlich. Erleichtert sprangen alle auf und verließen gemeinsam den Raum. Naruto derweil bekam von dem ganzen nichts mit, weshalb ich ihn dann doch wach rüttelte. Einen Augenblick sah er sich etwas desorientiert um, bis er realisierte an wen er sich die ganze Zeit gelehnt hatte. Er schwieg eine ganze Weile, aber dann schaute er zur Seite, rückte seine Jacke zurecht und räusperte sich verlegen. Ein leichter Rotschimmer lag auf seinen Wangen.

„Ähm… ein interessanter Film…“, versuchte er, die, für ihn, unangenehme Situation zu überspielen. Grinsend stand ich auf und wuschelte ihm kurz durch das Haar. Ich konnte einfach nicht anders, es war eigentlich selten ihn fast sprachlos zu erleben.

„Schon gut, ich fand den Streifen auch öde.“ Noch während mich Naruto fassungslos ansah, da er mit dieser Antwort wohl nicht gerechnet hatte, ging ich schnell Richtung Ausgang. Ich brauchte Abstand zu ihm wenn ich nicht wollte, dass irgendwas schief ging und vor allem brauchte ich eine Lösung für mein aktuelles Problem. Einige Sekunden später hörte ich, wie Naruto sich wieder gefasst hatte und mir nachgelaufen kam.
 

~Naruto~
 

Sasukes Antwort hatte mich wirklich überrascht, genauso wie die Tatsache, dass er mich nicht gleich geweckt hatte. Es war mir einfach peinlich gewesen und die Situation so unangenehm, vor allem nach dem, was gestern passiert war. Als Sasuke einfach aufstand und rausging, folgte ich ihm gleich. Ich hatte fast das Gefühl, dass er vor mir weglief. Draußen angekommen, versammelten sich alle auf dem Hof vor dem Museum. Es war fast das größte Gebäude im ganzen Dorf. Alle sahen irgendwie mitgenommen und auch irgendwie müde aus. Der Film war wohl wirklich ziemlich langweilig gewesen, aber ich hatte wenigstens den fehlenden Schlaf von letzter Nacht nachholen können und fühlte mich wunderbar ausgeruht.

Wir durften, nach einer kurzen Belehrung, für drei Stunden in kleinen Gruppen durch das Dorf gehen und uns gegebenenfalls Andenken kaufen. So zogen alle erneut durch den kleinen Ort, allerdings suchten sich die Meisten schnell einen Platz in einem der kleinen Cafés und erholten sich von dem anstrengenden Vormittag. Nach drei Stunden, es musste ungefähr vier Uhr nachmittags gewesen sein, gingen wir zurück ins Hotel. Auf dem Weg dorthin schwärmten Viele von den Souvenirs, die sie sich gekauft hatten. Ich hatte nichts für mich finden können, außerdem hatte ich mir am ersten Tag schon den Fuchsanhänger geholt, den ich vorerst an den Zimmerschlüssel gebunden hatte. Am Hotel angekommen hatten ein paar der Mädchen die Idee Tischtennis zu spielen, woraufhin sich fast die gesamte Klasse anschloss, so wie auch ich. Ich wusste sowieso nicht, was ich bis zum Abendessen machen sollte. Dummerweise bemerkte ich erst zu spät, dass Sasuke auch mitkam, denn sonst hätte ich mich doch lieber auf mein Zimmer verdrückt. Da wir zu viele Spieler für die drei Tischtennisplatten waren, spielten wir so, dass jeder Spieler immer um die Tischplatte laufen musste und so jeder dran kam. Während der ersten Runde sah Sasuke nur zu, aber dann drängten ihn die Mädchen mitzumachen, sodass er nach einer Weile genervt nachgab und mitspielte. Ein paar Mal musste ich ihm gegenüber treten und schaffte es sogar ein paar seiner Bälle an den nächsten Spieler zu schlagen. Meine Bälle traf er leider immer. Beim letzten Spiel waren nur noch er und ich übrig und ich hielt ihn sogar ziemlich auf Trab. Zumindest länger, als die Anderen, die gegen ihn gespielt hatten, nur mit dem Unterschied, dass ich total fertig und Sasuke noch nicht mal ins Schwitzen geraten war. Er schlug den Ball hart zurück, den ich mit Müh und Not parieren konnte, als er die Kugel auch schon wieder zurück feuerte. Ich versuchte den Ball zu erwischen, doch ich konnte mich nicht schnell genug umdrehen, stolperte dabei über meine eigenen Füße und flog, überrascht aufschreiend, bäuchlings hin, während der Ball an meinem Gesicht vorbei segelte. Im ersten Moment war es ganz still, doch als die Ersten merkten, dass ich mir nicht wehgetan hatte, lachten alle los. Sogar ich konnte nicht anders als mit zulachen, da mir klar war, wie lustig das ausgesehen haben musste. Verlegen lachend strich ich mir das Haar aus dem Gesicht und stand langsam auf. Nur Sasuke schien davon unbeeindruckt, legte die Kelle auf die Platte und sah auf die Armbanduhr.

„Es wird langsam Zeit für das Abendessen. Räumt die Kellen weg und macht euch fertig.“ Und während alle beim Aufräumen waren, machte Sasuke sich fast unbemerkt davon.

Beim Abendessen erzählten sich alle gegenseitig, was sie den ganzen Tag getan hatten. Mich kümmerte es nicht besonders, viel zu sehr beschäftigte mich Sasukes komisches Verhalten. Er war noch abweisender als sonst, schien gar nicht wirklich mit den Gedanken da gewesen zu sein und das war so untypisch für ihn... Und das beunruhigte mich so sehr.

Die Anderen hatten bemerkt, dass mich etwas beschäftigte, weil ich so wenig aß, was mich selber wunderte. Seltsamer Weise war es Sakura gewesen, die mich darauf ansprach, doch ich lenkte nur ab. Mir konnte dabei niemand helfen, also setzte ich mein typisches Grinsen auf und schaffte es sie davon zu überzeugen, dass alles in Ordnung war.

Nach dem Essen ging ich gleich auf mein Zimmer, gefolgt von den Anderen. Die schienen genau so erledigt zu sein, wie ich es war. Etwa eine halbe Stunde war nichts Besonderes passiert, jeder beschäftigte sich selbst, nur ab und zu wurden einige Worte gewechselt. Shikamaru lag mit einem aufgeschlagenen Buch, das er sich auf das Gesicht gelegt hatte, in seinem Bett, während Choji am Tisch saß und Kartoffelchips aß. Kiba saß neben ihm und schaute gelangweilt aus dem Fenster. Ich hatte es mir auf meinem Bett bequem gemacht und packte meine Tasche aus.

„Hey… Hey, schaut mal.“ Kiba sprach erst leise, wurde dann aber lauter und winkte uns ran, ohne aber den Blick von Fenster abzuwenden. Choji und ich gingen zu ihm und schauten ebenfalls hinaus. Shikamaru machte sich nicht die Mühe aufzustehen und blieb einfach liegen. Wir hatten freie Sicht auf einen schmalen Weg, der von Bäumen umgeben war und runter ins Dorf zu führen schien. Doch viel interessanter war die Person, die eilig auf diesem Weg entlang ging. Es war bei der Dunkelheit schwer zu erkennen, um wen es sich handelte, doch die Silhouette der Person kam mir bekannt vor. Noch bevor sie zwischen den Bäumen in der Dunkelheit verschwand, erkannte ich Sasuke. Ich fragte mich, warum er so spät dort draußen rumschlich und warum er es so eilig hatte.

„Habt ihr erkannt, wer das war?“, fragte Choji. Ich schüttelte den Kopf.

„Nein, hab ich nicht.“, log ich.

„Ich schon, das war Sensei Uchiha.“, kam es dann gleich von Kiba. Nun stand auch Shikamaru auf und stellte sich zu uns.

„Was der wohl so spät da macht?“, kam es wieder von Choji. Eine Weile herrschte Stille.

„Lasst es uns doch einfach herausfinden!“, rief Kiba auf einmal laut aus. Geschockt sah ich ihn an. Das war eine ganz schlechte Idee, denn inzwischen war ich mir vollkommen sicher, dass das, was auch immer Sasuke zu so später Zeit machte, niemals etwas Gutes sein konnte.

„Spinnst du! Weißt du wie spät es ist? Wir kriegen riesen Ärger, wenn wir erwischt werden.“ Das war mir eigentlich egal, ich wollte nur nicht bei der Dunkelheit raus gehen, wenn ich wusste, dass Sasuke da irgendwo rumlungerte. Kiba sah mich überrascht an.

„Seit wann hältst du dich denn an Regeln?“ Verärgert erwiderte ich seinen Blick. „Ich verstoße nicht grundsätzlich gegen Regeln, außerdem kann es uns egal sein, wo er hin geht.“ Es kam mir selber seltsam vor Vernunft vorzutäuschen. Ginge es nicht um Sasuke, hätte ich wahrscheinlich mitgemacht. Ich verschränkte die Arme.

„Also ich bleibe auf jeden Fall hier.“ Kiba zuckte nur mit den Schultern, murmelte dabei ein leises „Meinetwegen…“, stand auf und ging mit den anderen Beiden zur Tür. Davor blieb er noch mal stehen und drehte sich zu mir um.

„Also weißt du, sonst bist du immer so locker, aber wenn es um Uchiha geht, wirst du irgendwie voll komisch… das fällt ja schon auf!“ Prompt folgte meine Antwort.

„Das ist nicht wahr! Ich hab einfach keinen Bock da drauf!“ Sofort stieg mir die Wärme ins Gesicht und ich hoffte inständig, dass es keiner der Drei bemerkte. Wieder zuckte Kiba nur mit den Schultern und ging dann mit den Beiden eilig raus. Ich setzte mich wütend ans Fenster.

//Dieser Blödmann… der hat doch keine Ahnung!// Ich schaute einen Moment aus dem Fenster, doch bekam ich dann ein schlechtes Gefühl bei der Sache. Sasuke war da draußen und so komisch und jetzt folgten ihm die Drei. Das letzte Mal, als ich ihm gefolgt war… da hatte ich heraus gefunden, was er war. Sofort sprang ich auf und rannte ihnen hinterher. In der Halle holte ich sie ein, sie standen dort und sprachen gerade mit Sakura. Als ich sie erreichte, wurde ich mit einem „Hast du es dir doch noch anders überlegt“ begrüßt. Ich winkte nur ab.

„Ja, ja…“ Dann gingen wir los und zu meinem Entsetzen kam Sakura mit.

//Wahrscheinlich haben sie ihr gesagt, dass sie Sasuke verfolgen.// Diese Vermutung wurde von Sakuras fröhlichem Gesicht bestätigt. Genervt verdrehte ich die Augen. Sie nervte mich mit ihrer ständigen Schwärmerei von Sasuke, als wenn sie wirklich eine Chance bei ihm hätte.

//Die einzige Chance, die sie vielleicht bei ihm hat, ist die seine Mahlzeit zu werden.// Der Gedanke zauberte nun mir ein Lächeln auf die Lippen.

Draußen war es nicht mehr so warm, wie noch am Tag. Es war dunkel und ein ziemlich kalter Wind fegte durch die Bäume. Die einzige Lichtquelle waren die Sterne und der Sichelmond am Himmel. Es war unheimlich, alleine wäre ich ganz sicher nicht weiter gegangen. Wir folgten dem Pfad, auf dem vorhin Sasuke entlang gegangen war. Weit konnte Sasuke noch nicht sein. Ich musste es irgendwie schaffen die Drei davon abzuhalten ihn weiter zu suchen, doch wie genau ich das anstellen sollte, wusste ich nicht. Ein paar Mal versuchte ich sie davon zu überzeugen, dass Sasuke woanders lang gegangen war, aber Shikamaru blockte diese Versuche ab, indem er mich fragte, wohin er denn sonst gegangen sein konnte. Zugegeben, es war nicht leicht den Weg zu verlassen, da alles ziemlich dicht zugewachsen war. Darauf konnte ich nichts erwidern, worauf Sakura sich einmischte.

„Wenn du Angst hast, kannst du doch auch wieder zurück gehen.“ Wie sehr ich mir in dem Moment wünschte, dass sie der Blitz träfe…

Wir erreichten nach einigen Minuten das Ende des Pfades, der nirgendwohin zu führen schien. Das Geäst war nicht mehr so dicht, doch führte der Weg nirgends mehr hin. Wir sahen uns um und ich erschrak als ein weiterer, ziemlich heftiger Windstoß durch das Laub fuhr. Die Blätter flogen an uns vorbei und durch das Geäst konnte ich die Lichter des Dorfes erkennen. Es war nicht mehr weit weg. Ich drehte mich zu den anderen um.

„Der Weg ist zuende, er kann überall sein! Wir sollten wieder zurück gehen.“ Doch, als ich keine Reaktion bekam, sah ich zu den Anderen. Allerdings waren nur zwei meiner drei Mitschüler zu sehen. Kiba war nicht da. Auf einmal trat dieser aus dem Gebüsch hinter ihnen hervor, legte den Finger auf die Lippen und deutete uns dann ihm zu folgen. Nur widerwillig folgte ich ihnen. Wir schlugen uns durch das Dickicht bis sich Kiba hinter einen Busch hockte und hindurch schaute. Die Anderen taten es ihm gleich, so wie auch ich, denn ich war neugierig, was es dort zu sehen gab. Geschützt durch das Blattwerk der Büsche und das Laub der Bäume, spähte ich hindurch und entdeckte tatsächlich Sasuke. Er stand nahe einem Baum und wirkte angespannt und müde, was ihn viel älter wirken ließ. Sein Haar bewegte sich etwas durch den nun schwächer gewordenen Wind. Aber zu meiner Überraschung war er nicht alleine. Eine lächelnde Frau, sie schien um die Dreißig zu sein, stand etwa zwei Meter von ihm entfernt. Sie unterhielten sich, allerdings so leise, dass nichts zu hören war. Dann ging Sasuke auf sie zu, hob eine Hand und legte sie an ihre Wange. Dabei sah er ihr in die Augen. Sie hörte auf zu reden und erwiderte weiter seinen Blick, während er sie langsam mit der linken Hand heran zog. Das kam mir seltsam vertraut vor… Stille herrschte zwischen den Beiden, bis sich Sasuke langsam vorlehnte. Er strich dabei mit der rechten Hand von ihrer Wange abwärts zu ihrem Hals, wo er kurz verweilte. Ich spürte regelrecht wie die Vier angespannt zusahen und dass sie wohl kaum glauben konnten, bei was sie gerade ihren Lehrer beobachteten. Doch als er langsam den Mund öffnete, war ich mir absolut sicher, dass er ganz bestimmt nicht vorhatte sie zu umarmen oder gar zu küssen. Panisch stolperte ich zurück, die Anderen achteten nicht weiter auf mich, und sah mich hektisch um. Wenn ich nicht irgendwas tat, dann würden sie es herausfinden und wer weiß was Sasuke ihnen dann antun würde! Oder ob er dann überhaupt noch einen Grund hätte irgendeinen von uns am Leben zu lassen. Ganz automatisch und ohne groß darüber nachzudenken, griff ich nach einem morschen Ast, der an einem alten, toten Baum hing und glücklicher Weise auf meiner Höhe war. Kräftig zog ich daran, bis der Ast geräuschvoll in meinen Händen zerbarst. Erschrocken drehten sich die Vier um und sahen mich an, um schon im nächsten Moment wieder zu Sasuke zu sehen. Und diesmal war ich es, der fast einen Schock erlitt. Sasuke stand noch da wie zuvor, hielt weiterhin die Frau im Arm, nur dass er in unsere Richtung sah. In dem Augenblick, als er sie losließ und auf uns zukam, flüsterte Choji panisch ein „Er kommt!!“, sprang auf und rannte an mir vorbei, wie auch die Anderen. Ich hörte, wie etwas schweres zu Boden fiel und vermutete, dass es sich um die Frau handelte, doch kam ich nicht dazu nachzusehen, da Kiba, als er an mir vorbei gerannt war, mich versehentlich angerempelt hatte, wodurch ich ins Schlingern geraten war. Endgültig flog ich hin, als mich dann noch Sakura aus dem Weg schubste, um freie Bahn zu haben. Ich landete der Nase nach auf dem Boden und verlor für einen kurzen Moment die Orientierung. So schnell ich nur konnte, rappelte ich mich wieder auf und rannte, den Anderen hinterher, durchs Unterholz zurück zu unserem Zimmer.
 

~Sasuke~
 

Geschockt hatte ich aufgesehen, als ich dieses markerschütternde Geräusch gehört hatte. Es kam aus der Richtung, aus der ich gekommen war. Wütend darüber, dass mir jemand gefolgt war und mich jetzt bei meiner, mehr als notwendigen, Mahlzeit störte, ließ ich das Weib, dass ich heute Nachmittag im Dorf aufgegabelt hatte, los, woraufhin diese begann zu torkeln und zu Boden fiel. Sie würde vorerst nicht wegrennen, dafür hatte ich gesorgt.

Zügig rannte ich zu der Stelle, wo ich den Voyeur vermutete und schlug mich durch das Gebüsch. Ich entdeckte mehrere Fußabdrücke, die eindeutig in Richtung des Pfades führten.

//Diese gottverdammten Gören!!!// Zornig blickte ich auf. Wie konnte ich nun sicher sein, wie viel sie gesehen hatten. Wer es war, wusste ich. Ich konnte eindeutig ihre Gerüche wahrnehmen. Choji, Shikamaru, Kiba, Sakura und… Naruto. Das war interessant. Ich sah mich um, was dieses Geräusch verursacht haben könnte und kam schnell zu dem alten knorrigen Baum, der etwa drei Meter von mir entfernt stand. Dort, auf dem Boden lag ein abgebrochener Ast, der teilweise von dem aufgewühlten Laub verdeckt wurde. Ich hob ihn auf, wobei das Laub verschoben wurde und etwas Buntes zum Vorschein kam. Irritiert nahm ich es in die Hand und richtete mich wieder auf. Es war ein Plüschfuchs in Miniaturformat. Der kam mir bekannt vor, ich hatte ihn schon vor drei Tagen in dem Souvenirladen gesehen. Deutlich konnte ich Narutos Fährte daran wahrnehmen. Nachdenklich musterte ich den Anhänger und die Fußspuren um mich herum, während ich mich erhob. Es schien wohl Naruto gewesen zu sein, der seinen Freunden die Haut gerettet hatte. Wären sie noch hier gewesen, hätte ich sie ohne zu zögern getötet. Wieder musterte ich das kleine Ding in meiner Hand. Sie konnten nichts gesehen haben, da ich noch rechtzeitig aufgehört hatte.

Ich beschloss sofort zurück zum Hotel zu gehen, ließ die Frau einfach dort liegen, wo sie war. Jetzt hatte ich mir doch völlig umsonst die Mühe gemacht, ich würde heute wieder leer ausgehen. Trotzdem durfte ich nicht riskieren, dass auffiel, das ich einfach gegangen war und außerdem gab es da noch einen Besuch, den ich machen musste…
 

~Naruto~
 

Nachdem wir alle völlig außer Atem in unseren Zimmern angekommen waren und ich mich mehrere Male für das “Versehen“ entschuldigen musste, hatten wir uns entschlossen ins Bett zu gehen. Ich war noch mal duschen gewesen und als wir in den warmen, weichen Betten lagen, begann Kiba immer wieder davon zu reden, dass er echt nicht fassen konnte, dass Sasuke so ein Aufschneider war, wobei ihm die Anderen zustimmten. Sie konnten schlecht wissen, dass er was ganz anderes vorgehabt hatte.

Als es still geworden war und die Anderen schliefen, lag ich noch wach im Bett. Ich konnte wieder nicht schlafen. Zu sehr beunruhigte mich Sasuke. Er wurde irgendwie… unvorsichtig. Irgendwas fehlte ihm. Ich war mit dem Gesicht zur Wand gedreht und hatte meine Hände vor meinem Gesicht auf die Matratze gelegt. Ich erschrak leicht, als auf einmal das schwache Licht des Flurs in mein Zimmer schien. Ich versucht mir nicht anmerken zu lassen, dass ich noch wach war, doch konnte ich das kaum noch durchziehen, als ich Sasukes Silhouette an der Wand vor mir sah. Noch unwohler wurde mir, als er die Tür anlehnte und kaum noch Licht herein kam. Er kam näher, schien sich sicher zu sein, dass die Anderen schliefen. Vor meinem Bett blieb er stehen, lehnte sich vor, so dass ich seinen Atem an meinem Ohr spüren konnte. Er stützte sich mit der rechten Hand auf der Matratze ab und lehnte sich weiter vor, so dass sein Gesicht über meinem Kopf war.

„Ich weiß, dass du wach bist.“ Als ich nicht darauf reagierte, fuhr er fort.

„Du hast etwas verloren…“, stellte er fest und legte in meine rechte Hand, die noch immer auf der Matratze lag, meinen schon vermissten Anhänger. Ich schlug doch die Augen auf und umfasste den Anhänger. Ich dachte, ich hätte ihn während der Flucht irgendwo im Wald verloren. Es hätte auch nichts mehr gebracht, vorzutäuschen ich würde schlafen. Leise bedankte ich mich bei ihm. Für einen Moment herrschte Stille.

„Ich hoffe doch, sie haben nichts gesehen?“ Er legte seine linke Hand auf meine Schulter, fast als wollte er mich warnen ihn anzulügen. Ich schüttelte nur mit dem Kopf.

„Nein, nichts.“ Mir war klar, dass er mir jetzt nichts antun würde, trotzdem gefiel mir der drohende Ton in seiner Stimme nicht besonders.

„Gut...“, meinte er daraufhin nur und fasste zu meiner Überraschung die Decke an meiner Schulter und zog sie etwas höher, sodass sie meine ganze Schulter bedeckte.

„… Dann schlaf gut und… Danke.“ Das Letzte war mehr ein Hauch, als ein ausgesprochenes Wort. Ich glaubte im ersten Moment mich verhört zu haben, doch hatte Sasuke mir eben wirklich diese Worte ins Ohr geflüstert. Ich sah über meine Schulter, doch da schloss Sasuke schon die Tür und ließ mich im Dunkeln zurück. Er hatte so anders geklungen. Ich war einfach dankbar, dass ich diesen Tag auch hinter mir hatte, denn das waren für mich erst mal mehr als genug gefährliche Momente gewesen.
 

Ende Kapitel 13
 

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(1) Wer kennt das nicht, einem selbst passieren Sache, die sonst niemandem zustoßen.

(2) ein Tor mit zwei Querbalken

… to be friends?

Erst mal möchte ich mich (mal wieder) entschuldigen, dass ich euch so lange habe warten lassen, obwohl ich versprochen hatte, dass es dieses mal schneller gehen sollte. Ich hatte im letzten Halbjahr ein wenig Pech. Bin im Dezember entlassen wurden (was bis auf die Geldgeschichte nicht so tragisch war, hab den Job gehasst), im Januar hatte ich nen Autounfall und jetzt musste ich mir noch eine andere Wohnung suchen. ABER ich habs jetzt hinter mir und das Kapitel endlich zu Ende gebracht.^^ Und auf Anraten einiger Leser hab ich einfach mal ein bisschen mehr Struktur reingebracht, damit euch das Lesen leichter fällt.^^
 

Und jetzt wünsche ich euch ganz viel Spaß beim lesen.^.~
 

~Naruto~
 

Es hätte eigentlich so ein angenehmer und ruhiger Morgen sein können und normaler Weise wäre ich jetzt noch nicht mal wach. Doch, wie so oft in letzter Zeit, meinte es irgendjemand nicht besonders gut mit mir. Vor etwa fünf Minuten war Sakura in unser Zimmer gekommen und versuchte seitdem krampfhaft uns aus den Betten zukriegen und das teils erfolgreich. Bei Kiba, der leise irgendwelche leisen Beschimpfungen für Sakura vor sich hin murmelte, hatte sie es schon geschafft. Aus irgendeinem Grund wollte sie, dass wir früher aufstanden. Keine Ahnung warum. Jetzt versuchte sie es bei Shikamaru.

„Jetzt steht endlich auf! Ihr könnt später schlafen!“

„Wieso? Wir müssen doch erst in einer halben Stunde aufstehen.“, kam es genervt und verpennt von ihm. Choji, der im Bett unter Shikamaru schlief, kratzte sich nur verschlafen am Hinterkopf.

„Na ganz einfach! Ihr kommt ständig zu spät und deswegen wecke ich euch früher, damit wir heute mal pünktlich mit unserer Tour anfangen können.“ Als wenn das nur unser Fehler wäre. Mir war nicht klar, was sie damit bezwecken wollte, aber ich hatte die Vermutung, dass es etwas mit Sasuke zu tun hatte. Sie wollte ihm doch ständig imponieren und jetzt, wo sie ihn gestern mit der anderen Frau gesehen hatte, musste sich das sogar noch verstärkt haben.

„Jetzt steh endlich auf!“ Und wie zur Bestätigung ihrer Aussage boxte sie Chojis, vermeintlich sachte, in den Bauch, der sich dadurch erschrocken aufsetzte und sich jammernd den Bauch rieb. Zu meinem Leidwesen kam sie jetzt mit festen Schritt und entschlossener Miene auf mich zu. Ich blieb weiter im Bett liegen und hielt meine Decke fest. Ich würde mich von ihr ganz bestimmt nicht rumkommandieren lassen. Nebenbei fiel mir auf, dass ich noch immer den Anhänger, den Sasuke mir gestern wieder gegeben hatte, in der Hand hielt. Ich war gestern gleich eingeschlafen…

Als sie vor meinem Bett stand, zog sie auch gleich ruppig an meiner Decke, allerdings ohne Erfolg.

„Verdammt, jetzt steh endlich auf.“, meinte sie genervt und zog noch mal kräftig daran.

„Nein, nur weil ich eher aufstehe, heißt das nicht, dass wir früher wandern gehen!“, gab ich ihr zur Antwort, krallte mich noch fester in die Decke und versuchte dabei nicht aus dem Bett gezogen zu werden.

„Und ob! Außerdem hat Sensei Uchiha gesagt, wir sollen heute pünktlich sein.“ Genervt sah ich sie an.

„Ich würde jetzt nicht mal aufstehen, wenn er persönlich an meinem Bett stünde und mir fürs Aufstehen eine Eins geben würde!“ Wieder zog Sakura heftig an meiner Decke und schaffte es so sie aus meinem Griff zu befreien. Doch sie hatte zu viel Schwung dabei und landete deswegen auf ihren fünf (fetten) Buchstaben. Meckernd und fluchend hockte sie am Boden und hielt sich den Rücken. Dabei stahl sich doch ein kleines Lächeln von meinen Lippen und ich musste mich anstrengen nicht zu lachen. Dann sah sie mich böse an und ich entschloss mich, sie doch nicht noch weiter zu reizen und stand auf.

Als es dann auch noch Shikamaru geschafft hatte, ging sie raus und fünfzehn Minuten später waren wir mit ihr und einigen anderen Mädchen aus unserer Klasse auf dem Weg zur Kantine. Ich hatte mir andere Sachen anziehen müssen, da die von gestern bei meinem Sturz ganz schön dreckig geworden waren. Vom Zimmer aus war zu sehen, dass es noch genau so windig wie gestern Abend war, deshalb hatte ich mich entschlossen etwas wärmere Sachen anzuziehen. Ich trug eine dunkelgrüne 7/8-Jeans, blaue Turnschuhe, ein ebenfalls blaues, langärmliges Shirt und darüber eine orange Weste. Zugegeben, es sah eigentlich fast wie vorher aus, nur halt etwas länger und mit etwas anderen Farben, aber so gefiel es mir nun mal.

In der Kantine tat sich dann jeder auf, was er zum Frühstück haben wollte. Der wohl einzige Vorteil, dass wir so früh aufgestanden waren war, dass wir uns nicht anstellen brauchten. So saßen wir am Tisch und aßen gähnend unser Frühstück. Wahrscheinlich machte Sakura das einfach nur, weil es ihr Freude bereitete, uns zu nerven. Sie und Ino quasselten munter miteinander, doch die Anderen saßen nur schweigend da. Shikamaru machte sogar den Eindruck als wäre er wieder eingeschlafen. Müde rieb ich mir über die Augen und nahm einen Bissen meines geschmierten Brötchens. Dabei sah ich mich in der Gegend um. Inzwischen saßen schon deutlich mehr Leute hier. Sogar Kakashi und Sasuke waren schon hier und aßen Frühstück. Wie so oft in letzter Zeit blieb mein Blick an Sasuke hängen. Er wirkte anders als sonst, irgendwie älter und müde. Und wenn man genauer hinsah auch gereizt. Sasuke hatte seine Brille aufgesetzt, die er meiner Meinung nach nur zum Schein trug, und las in einem Buch, während er aß. Das tat er solange bis ihn Kakashi, den das offenbar nicht so sehr interessierte, ansprach. Sasukes Ausstrahlung machte mir Angst, denn scheinbar gab es etwas, das selbst Sasuke fertig machte. Ich drehte mich langsam wieder um, denn ich wollte nicht riskieren, dass er mich doch noch bemerkte. Auch Sakura und Ino hatten ihn beobachtet, aber offensichtlich fanden sie Sasuke Verhalten nicht so beunruhigend wie ich. Von Sakura konnte man nur leise Seufzer hören.

„Ist er nicht toll~?“, schwärmte sie verträumt und musterte ihn weiterhin. Mir wurde wieder ganz anders bei dem Gedanken an sie und Sasuke und wieder breitete sich in mir dieses nagende, unnachgiebige und brennende Gefühl aus. Diese offensichtliche Schwärmerei machte mich fast wahnsinnig. Dabei war er nicht mal nett zu ihr. Zu mir allerdings schon… Hin und wieder zumindest. //Ob das der Grund ist, weshalb Sakura mich so auf dem Kieker hat?// Ich schaute noch mal über meine Schulter hinweg zu Sasuke und erschrak leicht. Er sah mir, über die Brillengläser hinweg, direkt in die Augen. Ein paar Strähnen fielen ihm ins Gesicht und ich erinnerte mich sofort an meinen ersten Schultag bei ihm. Da hatte er mich genauso angesehen. Ich erwiderte für einen Moment den Blick, konnte einfach nicht wegsehen. Doch ein Kichern hinter mir erinnerte mich daran, dass ich nicht alleine war. Ich drehte mich wieder nach vorne und sah zu, wie die beiden Mädchen hinter vorgehaltener Hand kicherten. Zuerst konnte ich mir darauf keinen Reim machen, doch dann kam mir der Gedanke, dass sie wahrscheinlich gedacht hatten, Sasuke hätte sie angesehen. Ich war mir ziemlich sicher, dass das nicht stimmte. Er konnte sie überhaupt nicht leiden. Ich sah aber nicht noch mal zu ihm rüber, da ich Angst hatte, Sasuke würde mich noch immer mustern. //Nur keinen Blickkontakt…//
 

Nach dem Frühstück gingen wir wieder hoch in unser Zimmer, um unsere Rucksäcke für die Tour zu packen. Ich würde wieder alleine gehen müssen, da die anderen Drei von Sasuke in die Gruppe gesteckt wurden, die heute mit Fahrradfahren dran ist. Allerdings war ich froh, dass wir nur wanderten. Von der Fahrradtour vorgestern hatte ich wirklich genug gehabt. Außerdem quälte mich ein schrecklicher Muskelkater. Ich schnappte mir meine Tasche und ging runter.

Wieder mal wartete ich in der Eingangshalle darauf, dass endlich alle eintrudelten. Ich stand alleine, da Kiba und die Anderen zu Klassenkameraden aus ihrer Gruppe gegangen waren. Auch Sasuke, der wieder mal von einer Schar von Mädchen, der Begriff passte, denn er war von einem ganzen Haufen gackernder Gänse umgeben, wartete darauf, dass es endlich losgehen konnte. Sie redeten wieder die ganze Zeit durcheinander, aber Sasuke schien das seltsamerweise nicht mitzubekommen. Er schaute einfach starr geradeaus oder blickte über ihre Köpfe hinweg in eine andere Richtung. Das wunderte mich, denn sonst nervte ihn eigentlich Alles, was die Mädchen machten. Nach ein paar Minuten war dann auch der Rest angekommen, darunter auch Kakashi. Er unterhielt sich kurz mit Sasuke, dem die Mädchen in der Zwischenzeit doch zu nervig geworden waren und sie vertrieben hatte, und meldete sich zu Wort.

„Hört mal her. Der Plan sieht heute wie folgt aus. Die Gruppe, die am Montag die Fahrradtour gemacht hat, wird heute wandern und andersherum. Für den Nachmittag ist noch mal auf Bitten vieler von euch ein Besuch unten im Dorf geplant. Wenn sonst keiner mehr Fragen hat, gehen wir jetzt los. Meine Gruppe bitte zu mir…“

Ganz automatisch ging ich zu Sasuke, der uns dann nach draußen führte. Dort kam uns sofort die frische, kühle Morgenluft entgegen. Während wir dem Pfad in Richtung Wald folgten, erklärte uns Sasuke, wo wir entlang wandern würden. Wir würden an dem See vorbei kommen, den ich am ersten Tag vom Bus aus gesehen hatte. Und dort in der Nähe würden wir auch eine Rast einlegen um zu essen und uns etwas zu entspannen. Das Wetter dafür war super, auch wenn es leider nicht warm genug war, um im See baden zu gehen. Wir folgten dem Pfad, der durch den Wald führte. Es war wirklich schön hier. Links und rechts von uns standen große, in voller Pracht stehende Laubbäume. Der mittlerweile abgeschwächte Wind rauschte durch das Blattwerk der Laubbäume und untermalte das leise Zwitschern der Vögel. Das fand ich an sich schon schön, immerhin wohnte ich in der Stadt. Wann bekam man da schon mal Vogelgezwitscher zu hören? Der Himmel war noch etwas rot und ein paar vereinzelte Wolken zogen entlang. Es war etwas frisch, auch wenn wir noch Frühling hatten und es noch früh war. Der Weg, auf dem wir gingen, war eben, aber wurde schon nach einigen Minuten wilder. Größere Steine lagen an den Seiten und einzelne Sträucher zierten den Weg. Auch ein kleiner Bach floss neben uns entlang. Es war wirklich idyllisch.

Ich hatte nicht so sehr auf mein Tempo geachtet, da mir die Beine noch ziemlich wehtaten, und war langsamer geworden, um mir die Umgebung besser ansehen zu können, aber auch, weil ich Sasuke nicht gern im Rücken hatte. Ich fühlte mich dann immer beobachtet, da war es mir lieber wenn ich ihn im Blick hatte. So wie auch jetzt. Alle Anderen liefen vor mir, direkt vor mir Sasuke, der mich nicht bemerkte oder zumindest nicht registrierte, dass ich hinter ihm ging, was ich Sakura und Ino zuschrieb, die ebenfalls vor mir langliefen. Sakura ging links von ihm, Ino auf der anderen Seite und sie belagerten ihn schon seit wir losgegangen waren. //Die anderen Mädchen trauen sich wohl wegen Sakura nicht mehr an Sasuke ran…//, dachte ich mir scherzhaft. Dennoch nervte es mich, wie offen sie zeigte, dass sie etwas für ihn übrig hatte und dabei nicht mal wahr haben wollte, wie wenig Interesse Sasuke zeigte.

„Was haben Sie eigentlich für Hobbys, Sensei?“, waren die typischen Fragen, die die beiden stellten. Fast so wie damals, als sie Sasuke gefragt hatten, ob er vergeben sei und er ihnen geantwortet hatte, er wäre verwitwet. Ich weiß bis heute nicht, ob er sie angelogen hat um Ruhe zu haben oder ob es wahr war. Ehrlich gesagt, konnte ich mir das nicht so richtig vorstellen, dass Sasuke mal jemanden so gern gehabt hatte, dass er diese Person heiratete. Aber irgendwie tat er mir auch leid, so seltsam es auch klang. Egal wie oft er etwas sagte, es schien an den Mädchen, besonders an Sakura und Ino, abzuprallen. Er stand im Mittelpunkt obwohl er das wahrscheinlich gar nicht wollte. Und ich war wortwörtlich das Schlusslicht. Mürrisch trat ich einen kleinen, im Weg liegenden, Stein beiseite, wodurch ich allerdings Sasukes Aufmerksamkeit erregte. Er sah links über seine Schulter hinweg zu mir und hob fragend eine Augenbraue.

„Gibt es eigentlich einen Grund, dass du hinter mir läufst? Komm nach vorn.“

Er verlangsamte seinen Schritt ein wenig, wobei er etwas von Sakura und Ino zurück fiel, drehte den Oberkörper weiter nach links und deutete mir mit einer Handbewegung, dass ich an ihm vorbei gehen sollte. Den Arm ließ er ausgestreckt, während ich widerwillig schneller ging. Als ich in Reichweite war, legte er seine Hand auf meine rechte Schulter, so als wollte er mich voran schieben, doch als ich vollends an ihm vorbei gehen wollte, krallten sich seine blassen Hände in mein Oberteil und hielten mich zurück. Irritiert sah ich ihn an. Er erwiderte meinen Blick, schaute dann kurz hinter mich und dann wieder geradeaus auf den Weg. Verwirrt drehte ich mich um und sah in das wütende Gesicht Sakuras. Sie musterte mich mit einer Mischung aus Wut und Unverständnis, als könnte sie es nicht glauben, dass ich es wagte mich zwischen sie und Sasuke zu drängen. //Dieser Saukerl!// Er schob mich tatsächlich vor, damit Sakura ihn nicht mehr so nervte. Und sie würde mich das bestimmt wieder spüren lassen. Ich drehte meinen Kopf zu Sasuke um und sah ihn mindestens so wütend an, wie Sakura mich, was er allerdings ignorierte. Langsam nahm er seine Hand wieder von meiner Schulter. Als ich merkte, dass er nicht darauf reagierte, senkte ich wieder meinen Blick und sah auf den Weg vor mir. Keiner von uns sagte etwas. Offenbar war keine der Beiden mehr zum Reden aufgelegt und Sasuke schien die Ruhe zu genießen. Umso mehr überraschte es mich, als Sasuke das Wort erhob und mich ansah.

„Naruto, hast du dir eigentlich überlegt, ob du in der Kunst-AG bleiben möchtest?“ Ich brauchte ein paar Sekunden um die Frage zu verarbeiten, da ich mit so etwas Banalem nicht gerechnet hatte.

„Ähm… nein, ich weiß nicht…“ Eigentlich wollte ich schon, aber auf der anderen Seite wollte ich nicht länger als nötig in Sasukes Nähe sein. Aus den bekannten Gründen. Andererseits hatte ich auch schon festgestellt, dass ich das Talent hatte, ihm in die Arme zu rennen, wenn ich versuchte von ihm los zu kommen.

„… ich hab viel zu tun. Meine Pflanzen…“ Ich wusste, dass das eine faule Ausrede war und konnte auch Sasuke ansehen, dass er es wusste. Er zog wieder seine Augenbraue fragend nach oben. Wie ich es hasste, wenn er das tat, weil es ihm erstens, zugegebenermaßen, gut stand und es zweitens eine einschüchternde Wirkung hatte.

„Und deine Pflanzen überleben keine weitere Stunde ohne dich?“, fragte er mit einem leicht spöttischen Lächeln im Gesicht.

„Ähm… naja, ich denke schon. Nur hab ich gerade eine Pflanze, die sich irgendwie nicht mehr erholt…“ Ich wollte ihn irgendwie von Thema ablenken, denn ich wusste, dass er jedes meiner Argumente kontern würde, bis er hatte, was er wollte. Zu meiner Verwunderung war sein Lächeln verschwunden und er sah mich interessiert an.

„Was für eine Pflanze ist es denn?“

„Eine Acalypha Hispida…“, ich konnte mir ein leichtes Lächeln nicht verkneifen, denn ich sah Ino hinter Sasuke fragend dreinblicken. Scheinbar schaute sie zu Sakura, die genau so wenig wusste wie sie, was mich etwas wunderte, da Inos Familie ein Blumenladen gehörte. Dann sprach Sasuke weiter.

„Also ein Katzenschwänzchen?“ Verwundert sah ich ihn an. Mir war klar, dass er ziemlich viel wusste, aber trotzdem erstaunte es mich, dass er sich ausgerechnet damit auskannte.

„Ja… Sie kennen sich mit Pflanzen aus?“ Ein leises Lachen entwich seinen Lippen und er schüttelte leicht seinen Kopf, ehe er mich freundlich anlächelte. //Irgendwie gruselig…//

„Gott nein! Botanik ist nicht gerade mein Fachgebiet. Allerdings ist mein Latein ganz gut und mit etwas Allgemeinwissen kommt man dann schon drauf. Auch wenn ich mit dir nicht mithalten kann, was das angeht.“ Etwas zögerlich erwiderte ich sein Lächeln. Irgendwie mochte ich diesen netten Sasuke, der freundlich war und mich lobte. War zumindest besser als der Sasuke, der mich bedrängte und mein Blut trinken wollte.(1) Verlegen sah ich zur Seite, so wie ich es eigentlich immer tat, wenn ich gelobt wurde. Ich konnte damit nicht so gut umgehen.

„Naja, das ist trotzdem ziemlich gut. Und man nennt sie auch Fuchsschwänze. Deswegen hab ich sie mir eigentlich erst geholt.“ Sasukes Blick änderte sich ein wenig, in einen, für ihn typischeren, Ausdruck. Sein Lächeln wurde ein wenig breiter und er zog wieder eine Augenbraue etwas in die Höhe. Es war der gewohnte Ausdruck bei ihm, wenn ich das getan hatte, was er erwartete. Halt so wie ich ihn auch kannte.

„Das überrascht mich überhaupt nicht.“ Ich ging nicht darauf ein, sicher wollte er mich nur wieder ärgern. In dem kurzen Moment, in dem es still geworden war, setzte Sakura zum Sprechen an, doch wurde sie harsch von Sasuke unterbrochen. Dass sie überhaupt etwas hatte sagen wollen, fiel mir erst eine ganze Weile später auf.

„Und wo liegt jetzt das Problem bei deiner Pflanze?“ Inzwischen hatte ich nicht mal mehr das Gefühl, dass Sasuke mich vorschob, sondern dass es ihn tatsächlich, zumindest etwas, interessierte.

„Naja, ich bin mir nicht ganz sicher. Ich habe vielleicht beim Umtopfen die Wurzeln verletzt. Zumindest weiß ich nicht woran es sonst liegen könnte. Die Pflanze hat genug Sonne, die Temperatur ist in Ordnung, sie bekommt die richtige Menge Wasser und hat kein Ungeziefer. Ich hab keine Ahnung.“ Sasuke überlegte kurz ehe er antwortete. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, dass Ino nicht mehr neben Sasuke herlief, sondern zu Sakura rüber gegangen war und sich mit ihr unterhielt.

„Versuch doch einfach mal einen anderen Dünger.“ Auf meinen fragenden Blick hin, denn die Antwort kam mir ziemlich simpel vor, fuhr Sasuke fort.

„Na vielleicht verträgt die Pflanze den neuen Boden nicht. Der Dünger könnte helfen.“ Da hatte er Recht.

„Ich kann es ja mal ver-…“

„Sensei!“ Reflexartig zuckte ich zusammen, als eines der Mädchen hinter mir Sasukes Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte. Etwas verärgert, da ich mich ziemlich erschrocken hatte, sah ich nach links, zu den Beiden rüber. Sakura sah demonstrativ an mir vorbei und lächelte ihn charmant an. Sasuke musterte sie gewohnt gleichgültig.

„Sensei, wir gehen mal nach vorne und fragen Junkos Dad, ob er auch mit unserem Vorschlag einverstanden ist.“ Der Angesprochene nickte leicht und schon liefen die beiden Mädchen nach vorne und verschwanden zwischen meinen Mitschülern. Ein mehr als erleichtertes Seufzen kam von Sasuke.

„Endlich ist sie weg! Ich dachte schon die verschwindet gar nicht mehr…“ Gequält und genervt verzog er das Gesicht und strich sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht. Mich jedoch freute das sehr. Immerhin hatte ich jetzt wirklich eine Bestätigung, dass er Sakura nicht leiden konnte. // Ich wusste es doch!//

„Was lächelst du denn so?“, fragte Sasuke mich prompt.

„Äh… gar nichts… was für einen Vorschlag meinte Sakura denn?“ Genervt verdrehte Sasuke die Augen.

„Ach, keine Ahnung! Ich hab irgendwann nicht mehr zugehört. Dorf findet wohl ab morgen ein Festival statt und sie möchte mit den Anderen da unbedingt hin.“

Frustriert schüttelte er mit dem Kopf und murmelte leise: „So was Nerviges habe ich noch nie erlebt…“ Er konnte einem wirklich fast leidtun. Sakura schien das letzte bisschen Geduld aus ihm raus geholt zu haben.

„Und du hast es erlaubt?“

„Ich hab ihr gesagt, dass ich das nicht alleine entscheiden kann und sie noch die Begleitpersonen und Kakashi fragen soll, aber sie ist einfach nicht abgehauen.“ Ich fand es lustig, wie Sasuke sich darüber aufregte und gegen Sakura irgendwie machtlos zu sein schien. Doch dann kam mir noch ein anderer Gedanke.

„Hey, dann hast du mich ja vorhin wirklich nur vorgeschoben. Dich hat das gar nicht interessiert!“ Enttäuscht sah ich ihn an, doch er lächelte mich nur verschmitzt an.

„So kannst du das nicht sagen. Eine Hand wäscht die Andere.“ Dann wuschelte er mir kurz durchs Haar.

„Ich würde sagen, wir sind quitt.“ Sicher spielte er auf die “paar“ Mal an, als er mir geholfen hatte. Da konnte ich mit dem von eben und der Aktion von gestern nicht wirklich mithalten.

„Außerdem war es gar nicht mal so uninteressant.“, fügte er noch grinsend hinzu. Ich antwortete ihm nur knapp.

„Dann ist ja gut. Ich gehe jetzt auch mal etwas weiter nach vorne.“ Allerdings vereitelte Sasuke das, indem er mich am Kragen zurück zog und festhielt.

„Schön hier geblieben. Du bleibst bis zur Pause erst mal bei mir.“ Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich meinen können, Sasuke fürchtete, dass Sakura zurück kommt. Doch um meiner Gesundheit Willen, sprach ich diesen Gedanken lieber nicht aus und lief stillschweigend neben ihm her.
 

Nach gut einer halben Stunde gingen wir einen steilen Hügel hinauf. Sakura, die inzwischen wieder weiter zurück gefallen war, und ein paar andere Klassenkameraden, hatten sehr früh angefangen rum zu jammern und bettelten regelrecht um eine Pause. Ich hätte ehrlich gesagt gerne mitgemacht, da sich immer wieder der Muskelkater in meinen Beinen bemerkbar machte und wir schon Stunden unterwegs waren. Doch schon ein Blick von Sasuke hatte gereicht um mich zum Schweigen zu bringen. Er wirkte auf einmal wieder müde und noch blasser, genau wie heute Morgen. Erst hatte er sich dafür nicht sonderlich interessiert, doch je länger es anhielt umso gereizter wurde er. Und als er, genervt von dem Gejammer, mit den Augen drehte und mich dann so seltsam ansah, bekam ich kein Wort heraus. Er kam mir ein bisschen wie eine tickende Zeitbombe vor.

Der anfängliche kühle Wind war nun kein Problem mehr, da es anstrengend war diesen Weg zu gehen. Doch für die Aussicht, die man dafür geboten bekam, lohnte es sich wirklich! Wenn ich nach rechts sah, konnte ich, durch das Geäst der Bäume hindurch, das Schimmern des Sees erkennen. Er war ganz nah, im Grunde gleich am Fuße des Hügels. //Zu schade, dass es nicht warm genug ist…// Nach ein paar Minuten hatten wir dann unseren geplanten Rastplatz erreicht. Alle setzten sich auf den Boden oder auf einen der Baumstümpfe, die hier standen, und aßen und tranken erst einmal ausgiebig. Genau wie ich. Während alle aßen, sah ich mich etwas um. Die Meisten saßen in der Sonne und genossen die Wärme. Bis auf Sasuke. Er saß unter einem großen, schattenspendenden Baum. Während ich von meinem Brot abbiss, musterte ich ihn ein wenig. Seine Augen waren geschlossen, während seine rechte Hand auf seinem Bauch lag und der Wind sachte durch sein Haar wehte. Es war ein so friedliches Bild. Man kam nicht auf den Gedanken, dass Sasuke ein gefährlicher und menschenmeuchelnder Vampir war. Ich sah ihm eine ganze Weile ins Gesicht, bis ich aus meiner Starre gerissen wurde, als einer meiner Klassenkameraden, sein Name fiel mir vor Schreck nicht ein, meinen Namen rief.

„Hey Naruto! Hast du Lust mit uns Fußball zu spielen? Einer fehlt uns noch.“, fragte er grinsend. Noch etwas überrumpelt schaute ich noch mal kurz zu Sasuke. Sein Gesicht war zu mir gedreht und er musterte mich mit einem durchdringenden Blick, so dass ich mich schnell wieder wegdrehte. Ich räusperte mich, rief ihm zu, dass ich mitspielen würde und ging, trotz meines Muskelkaters, sehr schnell zu den Anderen.

So spielten wir die erste Runde. Leider verlor meine Mannschaft, allerdings auch mit unfairen Mitteln. Der Begleitvater spielte in der gegnerischen Mannschaft mit und Sasuke weigerte sich mitzumachen, mit der Begründung, dass er nicht sonderlich gut Fußball spielen konnte und lieber im Schatten sitzen bleiben wollte. Meiner Meinung nach hatte er einfach nur keine Lust.

In der zweiten Runde spielten dann auch einige Mädchen mit. Die hatten erst nur zusehen wollen, wollten dieses Mal allerdings mitmischen, darunter auch Sakura. Die Teams wurden gemischt, damit jeder eine faire Chance hatte. Der Vater war dieses Mal der Schiedsrichter. Sakura spielte in der gegnerischen Mannschaft und das sogar sehr gut. Trotzdem war unsere Mannschaft die bessere und so gewannen wir nach 20 Minuten das Spiel mit 4:2 Punkten. Ich atmete schwer, denn es war wirklich kein leichtes Spiel gewesen, allerdings hatte es wirklich Spaß gemacht. Währenddessen hatte ich gemerkt, wie Sasuke ab und an zugeschaut hatte. Inzwischen stand er unter dem Baum und sah in eine ganz andere Richtung. Sakura allerdings war nicht so zufrieden mit dem Spielergebnis. Sie war etwa fünf Meter von mir entfernt, meckerte und behauptete, dass wir geschummelt hätten. //Dabei war sie vorhin diejenige gewesen, die mir die Beine weggetreten hatte…// Ich versuchte sie etwas zu beruhigen, da sie komischer Weise mich anblaffte.

„Komm schon Sakura, das war doch nur ein Spiel.“ Dabei hob ich beschwichtigend die Hände und grinste sie typisch an. Doch sie verstand das wohl falsch oder wollte sich nicht beruhigen.

Frustriert schrie sie mir ein: „Ach, halt die Klappe!“ entgegen und trat den Ball vor ihren Füßen fest in meine Richtung. Der schoss direkt auf mein Gesicht zu. Reflexartig duckte ich mich und konnte somit in letzter Sekunde verhindern, dass mich der Ball direkt im Gesicht traf. Zufrieden, und auch ein wenig schadenfroh, dass sie mich nicht getroffen hatte, grinste ich zu Sakura, hörte jedoch sofort damit auf, als ich ihr entsetztes Gesicht sah und sie laut aufschrie.

„Sensei!!“ Erschrocken über den plötzlichen Aufschrei drehte ich mich um. Ich hatte vergessen, dass Sasuke noch immer hinter mir stand. Durch den plötzlichen Ausruf Sakuras schaute er überrascht auf. Innerlich konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen, denn der Gedanke daran, wie Sasuke den Ball in sein makelloses Gesicht bekam, war einfach zu lustig. Doch es kam ganz anders. Nach dem anfänglich überraschten Blick, wurde seine Miene wieder gewohnt ernst und ich glaubte für einen Moment das altbekannte rote Funkeln in seinen schwarzen Augen gesehen zu haben. Er sprang etwas hoch, stoppte so den Ball mit der Brust und ließ ihn dann auf seinen rechten Oberschenkel fallen. Dann jonglierte er den Ball mehrere Male zwischen dem rechten und linken Bein hin und her. Alle schauten ihm beeindruckt zu, denn es sah wirklich professionell und elegant aus, nur ich musterte ihn missmutig. //Von wegen er kann kein Fußball spielen… blöder Alleskönner.// Dann ließ er den Ball auf seinen linken Fuß fallen, schoss ihn etwas höher und trat mit voller Wucht mit dem rechten Fuß dagegen. Der Ball flog ein, zwei Meter am Tor vorbei und verschwand zwischen den Bäumen und Sträuchern weit hinter mir. Das Alles geschah wahnsinnig schnell. Ich fragte mich, was das sollte, doch keinen außer mir schien das zu interessieren.

Ernst sah er in die Runde. Offensichtlich war er überhaupt nicht glücklich über die Beinahe-Bekanntschaft des Balls mit seinem Gesicht.

„Passt gefälligst auf, wo ihr hin schießt. Das hätte schief gehen können.“, sagte er mit ernster Stimme und ich konnte deutlich hören, wie auch etwas Wut darin mitschwang. Sakura atmete erleichtert aus und lief anschließend zu Sasuke hin, um sich bei ihm ausgiebig zu entschuldigen. Doch als sie dann anfing davon zu schwärmen, wie gut das doch eben ausgesehen hatte, drehte Sasuke mit den Augen. //Er scheint heute wirklich keine Geduld zu haben…// Sein Blick blieb an mir hängen und er musterte mich nachdenklich. Ich fragte mich warum er mich so ansah, doch schon im nächsten Augenblick wurde es mir klar. //Der wird mich doch wohl nicht wieder vorschieben wollen?!...// Just in diesem Moment rief der Junge, der mich vorhin auch gefragt hatte, ob ich mitspielen wollte, wo der Ball hin gerollt sei.

Noch bevor Sasuke irgendwas machen konnte, drehte ich mich um und rief ihm ein: „Ich weiß, wo er ist, ich hol ihn schnell.“, zu und rannte in die Richtung. //Besser als wieder vorgeschoben zu werden.//
 

~Sasuke~
 

Ich hatte zuerst nicht mal mitbekommen, dass das Spiel bereits geendet hatte. Zu sehr lenkten mich die ganzen Gerüche und Bewegungen der Menschen ab und heizten dadurch nur noch mehr meinen Hunger an. Während es vorhin noch halbwegs ging und ich größtenteils keine Probleme hatte, war das Brennen in meiner Kehle momentan nahezu unerträglich. //Und das nur, weil mich diese Gören gestern Abend unterbrochen haben.// Sie verdankten es nur Naruto, dass sie noch am Leben waren…

Irgendwann hatte ich mich aufgesetzt und lehnte jetzt am Baum. Wenigstens musste ich nicht mitspielen, dazu fehlte mir momentan wirklich der Nerv. So konnte ich mich darauf konzentrieren, mich wieder voll unter Kontrolle zu bekommen. Ich wurde erst dabei unterbrochen, als plötzlich ein erschrockener Schrei zu hören war und der Ball direkt auf mich zugeflogen kam. Naruto konnte ich auch sehen, wie er sich gerade wieder aufrichtete und mich ebenfalls erschrocken musterte. Wahrscheinlich war er dem Ball gerade noch ausgewichen. Und nun kam der dieser direkt auf mich zu. Obwohl es schwer fiel meine Aufmerksamkeit voll auf den Ball zu richten, sprang ich hoch, stoppte ihn mit der Brust ab und spielte dann ein wenig damit rum. Doch ich konnte mich nicht lange darauf konzentrieren und schoss ihn, mit viel zu viel Wucht, zu weit am Tor vorbei. Trotzdem musterten mich die Meisten noch immer begeistert. Doch mir wurde keine Pause gegönnt, denn schon kam Sakura auf mich zugerannt und entschuldigte sich bei mir wegen des Schusses. Das wäre an sich für mich in Ordnung gewesen, doch dann fing sie an davon zu Schwärmen, wie gut ich mit dem Ball umgehen konnte. Wäre ich jetzt mit ihr alleine im Wald gewesen und keiner wüsste, wo wir waren, ich hätte ihr auf der Stelle das Genick gebrochen und sie liegen gelassen, nur um endlich meine Ruhe zu haben. Noch dazu, wo sie mit daran schuld war, dass ich gestern Nacht keinen Erfolg hatte. Doch das Glück hatte ich leider nicht. Irgendwann riss sie mich mit einer Frage aus meinen Gedanken. Es fiel mir ungemein schwer ihr zu folgen, wenn sie die ganze Zeit über völlig belangloses Zeug redete.

„Sensei, Sie sind so blass und wirken irgendwie krank. Geht es Ihnen nicht gut.“ Es war kein gutes Zeichen, wenn man mir schon ansehen konnte, dass etwas nicht stimmte, aber ich winkte nur ab.

„Nein, alles ok. Bin nur ein bisschen müde.“ Anschließend sah ich auf die Uhr. Naruto ließ sich wirklich Zeit damit den Ball zu holen.

Nach weiteren zehn Minuten begann sich auch der blöde Wichtigtuer Gedanken zu machen und kam zu mir.

„Wir sollten allmählich wieder zurück. Wo bleibt der Bengel nur.“, fragte er in einem abfälligen Ton. Offenbar hatte sich seine Einstellung seit der Sache in der heißen Quelle nicht gebessert, doch ich ließ mich nicht von ihm provozieren. Andernfalls wäre er tot, noch bevor er mit der Wimper zucken könnte. Ich verzog keine Miene, als ich ihm antwortete.

„Ich werde nachschauen, wo er bleibt.“ Und ohne ihn noch eines einzigen Blickes zu würdigen ging ich in die Richtung, in die Naruto gegangen war. //Bloß weg von diesem blöden Penner!// Ich machte mir zwar keine Sorgen um Naruto, aber ich fragte mich, was er nur so lange machte. Immerhin hatte er das Talent sich in unmögliche Situationen zu manövrieren.

Es ging ein wenig bergab und ich war rundum von Bäumen und Sträuchern umgeben. Einen richtigen Weg gab es nicht und man musste Acht geben beim Bergabgehen nicht über die vereinzelten Steine zu stolpern. Ich ärgerte mich, dass Naruto sich so viel Zeit ließ und ich ihm jetzt hinterher musste, auch wenn ich zugeben musste, dass der stärkere Schatten wirklich gut tat. Nach etwa einer Minute wurde die Erde ebener und ich konnte in der Nähe den See erkennen, an dem wir vorhin schon in einiger Entfernung vorbei gegangen waren. Das schwache Sonnenlicht wurde von der Wasseroberfläche reflektiert und im Hintergrund waren der Wald und die Berge zu sehen. Narutos Geruch lag deutlich in der Luft. Ich ging zwischen den immer weniger werdenden Bäumen entlang. Auf dem Boden lagen immer mehr kleine, runde Kieselsteine, die bei dem ein scheinenden Licht weiß schimmerten und leise knarzende Geräusche verursachten, wenn ich darüber ging. Der Schuss war ziemlich stark gewesen, wenn der Ball bis hierhin gerollt war, obwohl ich auch Naruto zutrauen konnte, dass der den Ball mit hierher genommen hatte. Ich schaute mich nach ihm um und blieb an einem der letzten Bäume stehen, bevor endgültig der Kiesstrand begann. Weit weg konnte er nicht sein und ich sollte Recht behalten. Naruto stand dicht beim Wasser und hatte sich die Schuhe und Strümpfe ausgezogen und krempelte sich gerade den Hosensaum auf beiden Seiten bis übers Knie hoch. Neugierig lehnte ich mich an den Baum neben mir, verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihm zu, wie er langsam und zaghaft in das Wasser watete. Dabei erschauderte er etwas und zog seine Arme dicht an seinen Oberkörper. Das Wasser war wohl zu kalt für ihn. Noch während ich mich fragte, was er dort trieb wurde die Frage ganz automatisch beantwortet. Ein paar Meter von Naruto entfernt trieb der Ball auf der schimmernden Wasseroberfläche. Er konnte unmöglich von alleine soweit geflogen sein. Naruto versuchte an ihn heran zu kommen. Erst als ihm das Wasser bis zu den Knien stand, war der Ball in seiner Reichweite. Sofort griff er danach und hob ihn aus dem kalten Nass heraus.
 

~Naruto~
 

Ich fand den Ball recht schnell zwischen ein paar Sträuchern und als ich ihn aufhob und mich wieder aufrichtete, bot sich mir ein toller Anblick. Ganz in meiner Nähe konnte ich den See sehen, den ich schon vorhin bewundert hatte. Wir würden dort sicher nicht mehr hingehen, denn es war schon fast Mittag, deshalb beschloss ich einfach ihn mir für einen Moment alleine anzusehen. Ich ging zwischen den immer weniger werdenden Bäumen hindurch, über den Kiesboden auf das Wasser zu. Der See war sehr groß und rundum von einem Strand aus weißen Kieselsteinen und dem anschließenden Wald, in der Form eines Halbkreises, umgeben. Es war abgesehen vom Vogelgezwitscher sehr ruhig. Einfach zu schön um gleich wieder zurück zu gehen. Viel lieber nutzte ich die Gelegenheit ein paar Minuten länger für mich zu sein. Ich ließ den Ball fallen und jonglierte ihn ein wenig mit meinem Fuß, indem ich immer wieder leicht dagegen trat. Dabei musste ich an Sasuke denken, wie er das vorhin gemacht hatte und wie leicht es bei ihm aussah. Sofort begann ich mich wieder über ihn zu ärgern. //Warum muss er so ein blöder Alleskönner sein?!// Sofort schoss ich den Ball etwas höher und versuchte ihn, genau wie Sasuke vorhin, mit dem Oberschenkel aufzufangen und zu jonglieren. Allerdings missglückte der Versuch und der Ball flog zu Boden. Ich versuchte es mehrere Male, wurde auch immer besser, bis ich den Ball ungünstig auf den Oberschenke bekam und er nach vorne weg sprang. Ich versuchte ihn noch mit der Fußspitze aufzufangen, aber ich erwischte ihn nicht mehr richtig, wodurch der Ball nur noch weiter weg flog und im Wasser landete.

„So ein Mist!“ Ärgerlich stellte ich mich ans Wasser, versuchte ihn mit den Händen zu erreichen und streckte mich so sehr ich nur konnte.

„Nun… komm schon…“ Leider hörte der Ball nicht auf mich. Ich stellte mich etwas dichter ans Wasser um den Ball vielleicht doch noch zu erreiche, doch stoppte ich, als ich spürte wie mir Wasser in die Schuhe lief. Zum Schluss suchte ich mir einen losen Ast von einem der Bäume und versucht ihn raus zu fischen, ebenfalls erfolglos, und erreichte damit nur, dass der Ball weiter auf das Wasser trieb. Resignierend seufzte ich und warf lustlos den Ast beiseite. //Das hab ich ja wieder super hingekriegt…// Einen Moment beobachtete ich den Ball, wie er auf der Wasseroberfläche trieb und zuckte mit den Schultern. „Hilft ja nichts.“

Sofort zog ich meine Schuhe und Strümpfe aus und krempelte meine Hosenbeine bis zum Knie hoch. Erst die rechte Seite, dann die Linke. Nur langsam ging ich in das Wasser, denn es war sehr kalt. Als es mir bis zu den Waden stand, fing ich an zu zittern und zog meine Arme dichter an meinen Körper.

„Verdammt… ist… das… kalt…“ Ich ging, auch wenn es mir schwer fiel, so weit ins Wasser, bis es mir zu den Knien stand. Langsam näherte ich mich dem Ball, denn ich wollte nicht riskieren, dass er noch weiter raus trieb. Nach etwa einem weiteren Meter erreichte ich ihn endlich und hob ihn, zufrieden mit mir selbst, aus dem Wasser. Schnell ging ich zurück ans Ufer, stoppte jedoch, als ich plötzlich eine Person zwischen den Bäumen stehen sah. Ein paar Sekunden brauchte ich, um zu erkennen wer es war. Dort stand wirklich Sasuke! Er lehnte lässig an einem Baum, hatte die Arme verschränkt und mir offenbar die ganze Zeit zu gesehen. //So langsam bekomme ich wirklich Verfolgungsangst.// Ich setzte mich wieder in Bewegung und verließ endgültig das Wasser, in dem ich bis eben noch knöcheltief gestanden hatte. Ich hob meine Schuhe hoch und ging langsam auf Sasuke zu. Die Steine kamen mir nach dem eiskalten Wasser richtig warm vor. Als ich fast bei ihm war, kam er mir etwas entgegen und blieb so vor mir stehen, dass ich nicht an ihm vorbei gehen konnte. Skeptisch musterte er mich für einen Moment.

„Lass mich raten: Du hast mit dem Ball rumgespielt und ihn auf den See geschossen?“ Es klang seltsamer Weise nicht provokativ, so wie ich es von ihm erwartet hätte, sondern eher wie eine Feststellung. Ich brauchte es aber auch nicht leugnen, denn er hatte sicher schon eine Weile zugesehen. Also zuckte ich gelassen mit den Schultern und hielt den Ball weiterhin in meinen Händen.

„Ich hab nur ein bisschen damit trainiert. Und da hab ich mich halt einmal verschätzt.“ Bei meinen Worten schlich sich auf Sasukes Lippen ein selbstsicheres Grinsen.

„Wie man es von dir kennt.“ Sofort sah ich ihn beleidigt an.

„Ach ja? Wer von uns beiden hat denn meterweit daneben geschossen, weswegen ich jetzt überhaupt hier stehe?“ Und mit größter Zufriedenheit sah ich, wie der sichere Ausdruck aus Sasukes Gesicht wich und er betroffen den Mund öffnete, doch er sprach kein Ton. Er war wortwörtlich sprachlos, als könnte er es nicht fassen, dass ich ihm so offen einen Fehler vorhielt. Das hatte ich bei ihm noch nie gesehen. Automatisch bildete sich ein leichtes Lächeln auf meinen Lippen. //Ich habe tatsächlich ein Wortgefecht gegen Sasuke gewonnen!// Bevor er mir diesen Triumpf zunichte machen konnte, setzte ich mich in Bewegung und marschierte links an ihm vorbei. Dabei drehte er sich mit um und sah mir nach. Gerade als ich an ihm vorbei war und glaubte es geschafft zu haben, spürte ich plötzlich, wie er mich fest am linken Oberarm packte und zu sich herum riss. Sofort drängte er mich an den Baum, an dem er vorhin noch gelehnt hatte, und stieß mich, ohne meinen Arm loszulassen, grob gegen das Holz. Dabei schnappte er sich mit seiner freien, linken Hand, mein Handgelenk und hielt es ebenfalls fest. Ganz automatisch legte ich meine linke Hand, die ich frei bewegen konnte, weil er mich an der Schulter festhielt, auf seinen Unterarm. Vor Schreck hatte ich die Augen zugekniffen, doch als ich die Rinde des Baumes an meinem Rücken spürte, öffnete ich sie wieder. Er musterte mich mit einem so durchdringenden Blick, dass ich kaum wagte Luft zu holen. Die Kälte seiner Hand breitete sich auf meiner Haut aus und allmählich verlor ich das Gefühl in meinen Händen. Auch wirkte er viel blasser, als vor einem Moment noch. Seine Wangenknochen stachen viel deutlicher hervor, er wirkte abgemagert und er hatte deutliche Augenringe. Doch das schlimmste waren seine roten Augen, mit denen er verärgert auf mich herab sah. Ich fragte mich, was plötzlich los war und warum er so aussah. Selbst seine Hand war noch kälter, als noch beim letzten Mal. Obwohl ich eben noch so sicher gewesen war, wich bei diesem Anblick von Sasuke sämtliches Selbstvertrauen aus meinem Körper. Aber ich versuchte weiterhin seinem Blick stand zu halten, auch wenn es unsagbar schwer fiel.

„Das ist alles deine Schuld.“ Verwirrt sah ich ihn an.

„Wären du und deine kleinen Freunde mir gestern nicht gefolgt, dann ginge es mir jetzt nicht so mies. Scheint eine schlechte Angewohnheit von dir zu sein.“ Empört schaute ich zu ihm auf und kam seinem Gesicht etwas näher, als ich ihm antwortete.

„Du solltest mir dankbar sein! Ohne mich wärst du aufgeflogen und hättest jetzt ein riesen Problem!“ Wütend schnaufte ich.

//So ein undankbarer…// Es war eigentlich nicht Sasukes Art, Anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben, dennoch machte es mich in diesem Fall wütend. Für einen Moment schwieg er mich an und sah einfach nur stumm zu mir herab. Wahrscheinlich hatte er nicht mit einer so impulsiven Antwort gerechnet. Doch als seine rechte Hand, die meinen Oberarm festgehalten hatte, über meine Schulter hinweg zu meinem Hals wanderte und dort über die Haut strich, wurde mir schlagartig wieder ein wenig wärmer im Gesicht und die Wut wich Nervosität. Erst jetzt bemerkte ich, dass sein Blick nicht direkt mir gegolten hatte, sondern an meinem Hals haftete. Vielleicht hatte er mir eben noch nicht mal zugehört. Krampfhaft krallte ich mich weiter in den Ärmel seiner Jacke, damit ich wenigstens eine kleine Chance hatte mich zu wehren. Ich bekam starkes Herzklopfen, denn er strich weiterhin über meine Haut und das fühlte sich wirklich nicht unangenehm an. Aber ich schaute ihn weiterhin ernst an, wollte ihn nicht merken lassen, dass er mich verunsicherte.

„Vielleicht…“, fuhr er leise fort und legte den Kopf etwas schief.

„Ich fürchte du hast keine Angst mehr vor mir…“, stellte er, nach einer kurzen Pause, plötzlich ruhig fest. Während er sprach, konnte ich deutlich seine Fangzähne erkennen.

„… sonst hättest du dich das wohl kaum getraut.“ Er nahm seine Hand von meinem Hals, umfasste wieder fest meinen Oberarm und lehnte sein Gesicht etwas weiter vor, sodass ich seinen, zugegeben, warmen Atem an meinem Hals spürte. Ein kalter Schauer lief mir dabei über den Rücken. Dabei drückte er mich fester gegen den Baum, womit er mir allerdings weh tat. Sofort legte ich meine freie Hand an seine Schulter und schaffte es mit einiger Mühe sogar meine linke Hand aus Sasukes Griff zu befreien und sie ebenfalls gegen seine Schulter zu drücken. Er packte mich derweil auch noch am linken Oberarm und lehnte seinen Kopf langsam wieder etwas zurück. Dabei blickte er mir direkt in die Augen. Doch der Abstand war mir noch nicht groß genug und ich versuchte ihn noch weiter von mir weg zu kriegen, wobei ich schon fast auf seinen Oberkörper einschlug, doch sein Griff wurde nur fester. Schmerzhaft keuchte ich auf und schaute wieder zu ihm hoch. Seine Augen waren blutrot und fixierten mich noch immer.

„Hör endlich auf damit. Ich tue dir nur ungern weh…“ Ich konnte kaum glauben, was er da sagte. Das war so untypisch für ihn. Sein momentanes Verhalten war für mich ein einziges Rätsel. Ich versuchte in seinem Gesicht eine Antwort auf meine ungestellte Frage zu finden, aber ich hatte damit keinen Erfolg und ganz automatisch blieb mein Blick an seinen Augen hängen.

Sie zogen einen regelrecht in ihren Bann. Allmählich wurde alles um mich herum leiser, als wäre alles in weite Ferne gerückt, und mein Körper fühlte sich zunehmend dumpfer an. Ich kannte dieses Gefühl noch sehr gut. Sasuke versuchte wieder mich zu kontrollieren, wie schon damals im Lehrerzimmer. Sofort kniff ich die Augen zusammen und drehte mein Gesicht nach links, was er mit einem mürrischen Brummen registrierte. Aber das seltsame Gefühl verschwand fast im selben Moment wieder. Ich spürte, wie er meinen rechten Arm losließ, plötzlich mein Kinn umfasste und mein Gesicht wieder in seine Richtung drehte.

Ich entzog mich aber wieder Sasukes Griff, was ihn nur dazu brachte noch einmal, und deutlich fester, danach zu fassen und es erneut grob in seine Richtung zu drehen. Obwohl sein Griff sehr fest war, tat er mir nicht weh. Ich versuchte immer wieder seine Hand wegzuschlagen, doch das ließ ihn unbeeindruckt. Als er mein Kinn wieder anhob, stieß ich mit dem Kopf gegen den Baum hinter mir, weshalb ich ihn wieder ansah. Er war meinem Gesicht gefährlich nahe. Sein Blick brannte sich regelrecht in meine Augen: Sasukes blasses, schmales Gesicht, umrahmt von seinen rabenschwarzen Haaren und dann die stechend roten Augen, die mich zu durchbohren schienen. Ich konnte einfach nicht wegsehen, selbst wenn ich es gekonnt hätte. In dem kleinen stillen Moment, in dem wir uns einfach nur ansahen, spürte ich deutlich die Aufregung in meinem Innern. Allerdings wandelte die sich danach in Panik, ehe ich mich wieder sonderbar fühlte.

Um mich herum wurde es still, selbst das Rauschen des Windes, der durch die Baumkronen wehte, nahm ich nicht mehr wahr. Es war, als würde ich Alles nur aus weiter Ferne mitbekommen. Selbst mein Körper fühlte sich taub an. Meine Hände verließen die Kräfte und sie rutschten langsam von Sasukes Handgelenk runter, ehe sie endgültig sanken. Ich bemerkte kaum, dass Sasuke mein Kinn los ließ, seine kalte, rechte Hand in meinen Nacken legte und mich in seine Arme zog. Er vergrub sein Gesicht in meiner Halsbeuge und ich spürte, wenn auch nur schwach, wie er hektisch gegen meinen Hals atmete.

Das Letzte, woran ich mich erinnerte, war sein unverkennbare Duft, der mich umfing und ein dumpfes, kaum wahrzunehmendes Stechen an meinem Hals. Dann wurde alles dunkel.
 

~Sasuke~
 

Die Versuchung war einfach so groß. Naruto, völlig allein, mitten in der Wildnis und niemand würde stören. Dazu waren meine Sinne noch zusätzlich geschärft, was es mir nahezu unmöglich machte, etwas Anderes als ihn wahrzunehmen. Doch den Rest gab er mir, als er mir die Stirn bot. Und das auch noch gleich zweimal. So mutig und gleichzeitig so töricht. Ich konnte nicht widerstehen…

Noch ehe ich mich versah, drängte ich ihn an einen Baum und hörte mir sein Gezeter an, als ich ihm sagte, dass Alles seine Schuld sei. Und, obwohl ich es mir ungern eingestand, hatte er Recht. Ich hatte sie nicht bemerkt und hätte er nichts getan, wäre mein Geheimnis aufgedeckt worden. Aber diesen Sieg gönnte ich ihm nicht. Naruto schien allmählich seinen “Respekt“ vor mir zu verlieren und das würde ich nicht zulassen. Er versuchte sich gegen mich zu wehren, doch ich gab nicht nach. Längst hatte ich entschieden, wie es weiter gehen würde. Ich blickte ihm tief in die Augen und, obwohl er sein Gesicht anfangs aus meinem Griff befreite, zog ich ihn immer weiter in meinen Bann. Diesmal sollte er keine Möglichkeit zur Flucht haben. Als er langsam seine Hände sinken ließ, zögerte ich keine Sekunde. Ich ließ sein Kinn los und legte meine rechte Hand in seinen Nacken, während ich mit der Linken seine Taille umfasste und ihn so näher zog. Vorfreudig, fast schon ekstatisch, starrte ich auf die Stelle an seinem Hals und nahm gierig den Duft wahr, der mich so in Verzückung brachte. Ich hielt mich nicht länger zurück, war dazu auch überhaupt nicht mehr in der Lage und gab dem brennenden Druck in mir nach. Ungeduldig versenkte ich meine Zähne in seinem Hals, wohl bedacht darauf keinen einzigen Tropfen zu verschwenden. Ein leises, schwaches Japsen entfloh dabei Narutos Lippen, doch ich schenkte dem keine weitere Beachtung. Wieder einmal hielt ich ein Leben in meinen Händen, über dessen Schicksal nur ich entscheiden würde. Nichts zählte im Moment mehr für mich, als dieser Moment der absoluten Überlegenheit. Und mit jedem Schluck, mit jedem einzelnen Tropfen, den ich mir nahm, wich das unsägliche Brennen aus meinem Innern. Ich spürte, wie meine Kräfte zurück kehrten und ich wieder die komplette Kontrolle über mich bekam, während der Junge in meinen Armen immer schwächer wurde. Die Anspannung wich aus seinem Körper und seine Atmung wurde stockender und flacher. Doch das interessierte mich nicht. Viel zu sehr fesselten mich dieser Geschmack und der Geruch. Ich wollte einfach mehr, immer mehr! Ich zog ihn dichter an mich heran. Mein Griff um seinen Nacken wurde fester und ich krallte mich gerade zu in den Stoff seines Oberteils. Erst als seine Beine nachgaben und er drohte zusammenzusacken, rief ich mich zur Vernunft. Langsam entfernte ich mich von seinem Hals, wobei sein Kopf sofort auf meine Schulter sank, und besah mir die Bissstelle. Ein kleines Blutrinnsal floss aus der Stelle. Ein letztes Mal leckte ich darüber, woraufhin die Wunde verschwand. Ich betrachtete ihn für einen Moment und strafte mich selbst für diese Nachlässigkeit. Narutos Gesicht war bleich, seine Lippen leicht geöffnet, aber sein Puls ging, wenngleich etwas schwach, normal. Er lehnte bewusstlos an meiner Brust und wäre sofort zu Boden gefallen, wenn ich ihn nicht noch immer im Arm gehalten hätte. Wie hatte ich mich nur so gehen lassen können? Mir war zwar klar, dass ich noch vor wenigen Momenten an nichts anderes, als das Blut und die Nähe des Jungen denken konnte, doch nun ärgerte ich mich über diese Schwäche.

//Warum muss mich Naruto auch immer provozieren?//

In einer schnellen Bewegung, umfasste ich mit der rechten Hand Narutos linken Arm, drehte mich um und lehnte mich etwas vor, damit ich ihn besser auf meinen Rücken ziehen konnte. Anschließend legte ich meine Hände um seine Oberschenkel und hob ihn hoch. Ich schaute über meine Schulter hinweg in sein Gesicht, das an meinem Nacken lehnte. Deutlich spürte ich seinen flachen Atem, doch ich hielt es für keine gute Idee, noch weiter wertvolle Zeit zu vergeuden. Ich beeilte mich mit Naruto im Schlepptau schnell wieder zurück zur Gruppe zu kommen, was sich, aufgrund des Fußballs, den ich die ganze Zeit vor mich her kicken musste, nicht ganz einfach gestaltete. Als ich endlich ankam, versammelte sich auch gleich die gesamte Schülerschar um uns, um zu sehen was passiert war. Wie mich diese Schaulustigen nervten! Ich bahnte mir einen Weg zur Begleitperson, der übrigens nur mit offenem Mund da stand, ebenfalls glotzend und tischte ihm, auf die Frage hin, was denn passiert war, schnell irgendeine Lüge auf. Ich erklärte ihm, dass er die Gruppe alleine übernehmen sollte, was im Grunde keinen Unterschied machte, da ich mich heute sowieso kaum beteiligt hatte, und machte mich mit Naruto auf den Weg zurück zur Herberge.
 

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Als ich dort ankam, legte ich ihn sofort ins Bett. Leider hatte ich keine andere Wahl als ihn in meines zu legen, da er nicht den Schlüssel für sein Zimmer dabei hatte. Mein Bett stand auf der linken Seite des Zimmers. Kakashis auf der Rechten. Hinter den Betten stand mittig ein Tisch mit zwei Stühlen und dahinter ein Fenster. Ich zog ihm Jacke und Schuhe aus und deckte ihn zu, während ich mich innerlich immer noch ärgerte. Gerade, als ich dabei war, noch ein Glas Wasser auf den Nachttisch neben dem Bett zu stellen, kam Kakashi rein. Er sah ein wenig besorgt aus. Offenbar hatte er bereits erfahren, was vorgefallen war.

„Ah Sasuke, da bist du ja! Und Naruto auch. Was ist denn passiert?“ Während er sprach, kam er auf mich zu, stellte sich neben das Bett und beobachtete den bewusstlosen Jungen. Ich blieb gelassen wie immer und tischte ihm dieselbe Antwort, wie dem Kerl vorhin, auf.

„Ich habe keine Ahnung. Naruto kam nicht mehr zurück, als er einen Ball holen wollte und als ich ihn fand, lag er bewusstlos am Boden.“ Kakashi sah besorgt zu Naruto runter und fühlte seine Stirn und seinen Puls.

„Hmm… Wir sollten vielleicht einen Arzt rufen, um rauszukriegen, was ihm fehlt…“, meinte er nachdenklich und strich sich dabei über das Kinn. Das hätte mir ehrlich noch gefehlt!

„Das halte ich für unnötig. Es sieht mir sehr danach aus, dass Naruto einfach einen Kreislaufkollaps hatte. Der Weg war anstrengend und lang, wahrscheinlich hat er sich nur übernommen und wie immer nichts gesagt. Du kennst ihn doch.“ Zögerlich nickte Kakashi.

„Das stimmt schon…“ Ich ließ ihm keine Gelegenheit noch etwas dazwischen zu werfen.

„Er ist zwar etwas blass, aber sein Puls ist regelmäßig. Sobald er etwas trinkt und sich ordentlich ausruht, wird sich auch das geben.“ Für einen Moment dachte er über meine Worte nach.

„Ich glaube du hast Recht, aber wir sollten ihn wenigstens erst mal im Auge behalten.“ Ich stimmte ihm zu und wir einigten uns darauf, dass er heute mit den Gruppen ins Dorf ginge, während ich hier auf Naruto Acht geben würde. Das war mir sowieso eine sehr willkommene Lösung, denn so hatte ich mal etwas Ruhe vor diesen Plagegeistern. Und Naruto würde so bald nicht aufwachen…

Kakashi setzte sich derweil auf sein Bett und seufzte leise.

„Naja, wir sollten ihn jetzt vielleicht besser in sein Zimmer bringen. Kiba und Co. sind auch wieder da.“ Ich schüttelte nur nachdenklich den Kopf.

„Nein, ich finde er sollte erst mal hier bleiben, zumindest bis er aufwacht. Danach können wir sehen, wie es ihm geht und ihn immer noch rüber schaffen.“ Außerdem hatte ich keine Lust, die ganze Zeit in seinem Zimmer zu hocken.

„Wie du meinst.“ Dabei streckte er sich einmal genüsslich und ließ sich nach hinten auf sein Bett fallen.

„Erst mal eine Stunde Pause.“, meinte er grinsend und legte sich sein Lieblingsbuch auf das Gesicht. Tatsächlich musste ich über diese Aussage grinsen, denn ich war offenbar nicht der Einzige, den diese Meute schaffte.

Ich setzte mich an den Tisch und las in dem Buch, das ich mir mitgebracht hatte, während Kakashi auf seinem Bett lag und Naruto weiter schlief. So verging ziemlich rasch die folgende Stunde bis Kakashi mit den Klassen runter ins Dorf ging. Ich blieb sitzen und las weiter. Abgesehen von Narutos leisem und regelmäßigem Atmen, war es ganz still im Zimmer. Es hatte beinah denselben Effekt wie eine alte Wanduhr, bei der man, wenn es ruhig war, das sekündliche Ticken hören konnte. Nur, dass es auf die Dauer nicht nervig wurde. Leider langweilte mich das Lesen bald und ich sah vom Buch auf. Seit ich mit Naruto wieder hierher gekommen war, beschäftigte mich etwas. Ich bekam das Gefühl, dass ich allmählich nachlässig wurde. Erst gestern wäre ich beinah aufgeflogen und jetzt das hier mit Naruto. Er war überhaupt der Erste, der herausgefunden hatte, was ich war und dennoch weiter lebte. Ich hätte ihn schon damals aus dem Weg räumen sollen, doch es war einfach zu reizvoll endlich mal eine dauerhafte Beschäftigung zu haben.

Langsam stand ich, mit dem Buch in der Hand, auf und stellte mich neben das Bett, in dem er lag. Das Buch legte ich auf meinen Nachttisch und musterte den Jungen vor mir. Im Moment wirkte er mit dem ausdruckslosen Gesicht und der blassen Haut wie eine Porzellanpuppe, gar nicht so aufgeweckt und munter wie sonst immer. Seine linke Hand lag auf seinem Bauch und hob sich bei jedem Atemzug ein wenig an. So konnte man sehr gut erkennen, wie dünn er eigentlich war, auch wenn er vielleicht einen bis zwei Zentimeter gewachsen war. Ich fasste sachte an seinen Hals und drehte sein Gesicht ein wenig zur Seite, um mir die Bissspuren anzusehen. Sie waren, wie erwartet, längst verheilt und für einen Menschen nicht sichtbar. Obwohl ich ihn so genau musterte, wie selten zuvor, fiel mir an ihm nichts Besonderes auf. Vorsichtig setzte ich mich auf die Bettkante und ließ sein Gesicht wieder los.

Erneut wanderte mein Blick über seine Gestalt, doch ich kam nur wieder zu denselben Erkenntnissen: Dünn, blass und erschreckend ruhig. Seufzend gab ich es auf herauszufinden, was mir so seltsam vorgekommen war. Es fiel einem sowieso immer erst ein, wenn man nicht mehr darüber nachdachte. Stattdessen griff ich nach Narutos Hand, um noch einmal den Puls zu kontrollieren. Dieser war schwach und seine Hand fühlte sich etwas kühl an, aber es war alles im grünen Bereich.

Langsam stand ich auf, legte seine Hand unter die Decke und zog ihm Selbige bis zu den Schultern hoch. Ich hoffte inständig, dass er heute noch mal aufwachen würde, damit ich mein Bett wieder bekam, auch wenn ich damit nicht fest rechnen konnte. Ich hatte mich heute Mittag wirklich nicht zurückgehalten.

//Der Junge macht aber auch nur Ärger…//
 

Abends gegen 18:00 Uhr kam Kakashi, samt Anhang, wieder zurück. Als er das Zimmer betrat, schaute er sich erst fragend um, da er mich nicht gleich fand. Ich hatte mich vorhin, nachdem ich Naruto untersucht hatte, am Fußende meines Bettes niedergelassen und mein Buch weiter gelesen, da es mir am Tisch zu unbequem wurde. Und der Platz, auf dem ich saß, wurde größtenteils von meinem Kleiderschrank verdeckt, der direkt am Fußende meines Bettes stand. Mein linkes Bein war leicht angewinkelt, wobei mein Fuß unter meinem rechten Bein lag, dass ich aus dem Bett hängen ließ und mich mit dem Rücken an die Wand lehnte. Narutos Beine hatte ich mir über den Schoß gelegt, zum Einen, weil es gut für seinen Kreislauf war und zum Anderen, weil ich mich nirgendwo sonst hätte hinsetzen können. So betrat Kakashi also mit seinem üblichen freundlichen Lächeln, soweit man das durch seinen Mundschutz erkennen konnte, das Zimmer und setzte sich wieder auf sein Bett. Dabei warf er mir eine kurze Begrüßung zu. Er wirkte geschafft.

„Ihr seid spät dran. Haben dich die kleinen Freudenspender so geschafft?“, meinte ich fast schadenfroh. Kakashi lachte herzhaft auf und begann sich die Schuhe auszuziehen.

„Natürlich nicht, so wie immer.“ Seit ich ihn kannte, hatte er noch nie zugegeben, dass ihn seine Schüler nervten.

„Und du hast es dir bequem gemacht?“ Kakashi sah amüsiert zu mir rüber, wobei sein Blick dann bei Naruto hängen blieb, dessen Beine ich noch immer auf dem Schoß liegen hatte. Ich zuckte mit den Schultern.

„Es wurde halt unbequem am Tisch und für seinen Kreislauf ist es besser, wenn er die Beine hochlegt.“, meinte ich beiläufig, schob jedoch selbige vorsichtig von meinem Schoß und stand auf.

„Das dachte ich mir fast.“ Dann sah er auf seine Armbanduhr.

„Es ist wirklich spät geworden. Wir sollten gleich runter zum Essen.“ Ich hatte zwar logischerweise keinen Hunger, und schon gar nicht auf Menschennahrung, doch ich stimmte ihm zu. Ich strich die Decke wieder glatt und ging zur Tür. Beim Hinausgehen warf ich noch einen Blick zu Naruto, der weiterhin ruhig schlief. Dann gingen wir runter.
 

Das Essen ging schnell vorüber. Die meisten Schüler gingen anschließend Schwimmen oder Tischtennis spielen. Kakashi ging, nachdem ich ihm versichert hatte, dass ich auf Naruto Acht geben würde, zusammen mit den beiden Elternteilen runter ins Dorf. Es ging um das Festival, das Sakura vorhin angesprochen hatte. Es sollte drei Tage dauern und heute anfangen und Kakashi überlegte, ob wir morgen mit den Klassen dorthin gehen sollten. Worum es bei dem Fest ging, hatte Kakashi zwar gesagt, aber ich hatte nicht hingehört, weil es für mich nicht relevant war. So ging ich wieder in mein Zimmer, in dem ich Naruto so vorfand, wie ich ihn verlassen hatte. Es sah nicht so aus, als ob er zwischendurch aufgewacht wäre. Ich setzte mich wieder an den Tisch und sah aus dem Fenster. Mir war einfach nicht danach jetzt das Buch weiter zu lesen oder irgendwas anderes zu machen. Stattdessen schaute ich zu, wie langsam die Sonne unterging und es dunkel wurde. Innerlich bereitete ich mich schon darauf vor, die ganze Nacht hier zu verbringen. Ich war so tief in meinen Gedanken versunken, dass ich nicht einmal merkte, wie die Zeit verging. Zeit war für mich sowieso nicht wichtig Schließlich war es nicht so, dass ich zu wenig davon hätte…

Erst als ich, nach Stunden, eine schwache Bewegung aus den Augenwinkeln wahrnahm, wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Inzwischen war es draußen dunkel und auch im Zimmer war kaum etwas zu sehen. Sofort schaute ich rüber zu meinem Bett. Und tatsächlich rührte sich Naruto. Von hier aus sah ich direkt auf seinen Haarschopf, da das Kopfende in meine Richtung zeigte. Er drehte den Kopf von der Wand weg und strich sich langsam über die Augen. Dabei grummelte er leise und begann sich umzusehen. Ich stand auf und ging zu ihm rüber. Naruto bemerkte mich erst, als ich die Nachttischlampe neben ihm anmachte. Er blinzelte mich einige Male an, ehe er begriff, wer vor ihm stand.
 

~Naruto~
 

Ich wusste nicht, wo ich war. Es war sehr dunkel und mein Körper fühlte sich taub und schwer an. Es fiel mir nicht leicht meinen Arm zu bewegen, da ich kaum Gefühl darin verspürte. Erschöpft rieb ich mir dennoch die Augen, in der Hoffnung, so vielleicht doch feststellen zu können, wo ich war. Ich konnte leise Schritte hören, entdeckte aber niemanden, als ich mich umsah. Auf einmal ging ein Licht, direkt neben mir, an und blendete mich, weshalb ich mehrere Male blinzeln musste, um mich an die neue Lichtquelle gewöhnen zu können.

//Was ist passiert?// Ich konnte mich nicht daran erinnern, was passiert und wie ich hierher gekommen war. Ich konnte nur die verschwommenen Umrisse einer Person direkt vor mir erkennen. Erst bei genauerer Betrachtung erkannte ich Sasuke. Und augenblicklich erinnerte ich mich wieder was geschehen war. Mühsam versuchte ich mich aufzurichten, aber leider erfolglos. Mir fehlte die Kraft und noch dazu drückte Sasuke mich an den Schultern wieder zurück ins Kissen.

„Bleib liegen, dein Kreislauf wird wieder zusammen brechen, wenn du aufstehst.“ Widerwillig ließ ich mich zurück ins Kissen sinken und sah mich um. Es war nicht mein Zimmer und ich lag auch nicht in meinem Bett. Ich hatte nur eine schwache Ahnung, wo ich mich befand, dennoch sprach ich meine Frage aus.

„Wo bin ich hier?“ Im selben Moment erschrak es mich, wie rau meine Stimme war und wie schwer es mir fiel, diese wenigen Worte auszusprechen. Auch tat mir der Kopf weh.

„In meinem Zimmer.“, antwortete er knapp und verschwand für einen Moment aus meinem Blickfeld, tauchte dann jedoch wieder mit einem Stuhl in der Hand auf. Er stellte ihn etwas schräg neben das Bett und setzte sich so darauf, dass er den rechten Arm über die Rückenlehne legen konnte. Dabei beobachtete er mich eindringlich. Ich mochte es nicht so von ihm angestarrt zu werden, aber wenigstens war es nicht derselbe Blick wie vorhin. Dabei war ich mir allerdings nicht sicher, wie lange es her war.

//Wie lange habe ich eigentlich geschlafen?// Es war eindeutig dunkel draußen. Hieß das, dass ich über einen Tag geschlafen hatte? Oder nur ein paar Stunden? Wie lang es auch gewesen sein mochte, so wie ich mich fühlte, war es bei Weitem noch nicht genug gewesen. Ein leises Seufzen von Sasuke lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn.

„Mit dir hat man wirklich nichts als Scherereien.“ Er war nicht verärgert, inzwischen klang es mehr wie eine Floskel, die er mir einfach nur gerne an den Kopf warf, die ich aber schon nicht mehr wirklich ernst nahm. Trotzdem versuchte ich ihn verärgert anzusehen, als ich ihm angestrengt antwortete.

„Wieso ich? Du hast mich doch angefallen.“ Grinsend sah Sasuke zu mir herab, entblößte dabei fast seine Reißzähne und wuschelte mir kurz durch das Haar.

„Du übertreibst. Ich habe dich nur ein bisschen angeknabbert. Wenn ich dich wirklich anfalle, dann merkst du das auch.“ Dann änderte sich sein Gesichtsausdruck und er sah fürsorglich zu mir runter. Dabei legte er den Kopf etwas schräg.

„Außerdem würde ich dir doch nie ein Haar krümmen, du bist doch mein Lieblingsschüler.“ Beim letzten Wort zwinkerte er mir kurz zu. Auch wenn er es wahrscheinlich nicht ernst meinte, wurde mir etwas wärmer im Gesicht. Der Ausdruck stand ihm einfach zu gut. Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte, aber offensichtlich wollte er wieder spielen. Und ich würde bestimmt nicht kneifen. Kleinlaut antwortete ich ihm.

„Du knabberst wohl Jeden an, den du magst.“ Er sah mich wieder “normal“ an und grinste noch ein Stück breiter.

„Nicht doch. Diejenigen, die ich mag, knabbere ich an und lasse sie am Leben.“

„D-das… äh… also…“ Ob es an der Überraschung oder dem Blutmangel lag, wusste ich nicht, aber mir fiel nichts ein, was ich darauf hätte sagen sollen. So endete unser Wortgefecht auch gleich wieder. Verlegen sah ich zur Seite und sammelte mich einige Sekunden. Im Moment wusste ich, ausgenommen von mir, niemanden sonst, den er am Leben gelassen hatte. Nur meinte er es ernst? Zumindest hatte er mich nie wirklich ernsthaft verletzt. Und ich hatte schon an dem Abend, als ich sein Geheimnis rausfand, gesehen, wie brutal er sein konnte. Allerdings hatte er mich auch nie bis zur Bewusstlosigkeit ausgesaugt. Ob das nun hieß, dass er mich langsam aus dem Weg räumen wollte? Kaum gedacht, sprach ich diesen Gedanken auch gleich aus.

„Wirst du mich jetzt erledigen?“ Für ein paar Augenblicke war Sasukes Gesicht ausdruckslos, ehe er gelangweilt zur Seite sah. Bei dem schwachen Licht der Nachttischlampe, hatte er was gespenstisches, auch wenn er nicht mehr so schwach und müde wie zuletzt aussah.

„Hast du es denn schon vergessen? Ich sagte doch, dass ich dir nichts antun kann, solange ich hier für dich verantwortlich bin.“ Stimmt, er hatte es mir gesagt, als er mich in der heißen Quelle erwischt hatte. Aber wer hätte ihn da ernst genommen? Und da hatte ich ganz andere Sorgen gehabt. Ein schwaches Schnauben konnte ich mir nicht verkneifen.

„Ja, deswegen liege ich jetzt auch hier.“ Vorwurfsvoll erwiderte er meinen Blick.

„Und ich sagte dir auch, du sollst mich nicht reizen.“ Mir fiel ein, dass er mir das wirklich gesagt hatte. Und gleich am ersten Tag. Er sagte es mit solch einem Nachdruck, dass ich fast ein schlechtes Gewissen bekam. Aber halt nur fast. Trotzdem konterte ich dieses Mal nicht, da ich gerade nicht besonders gute Chancen hatte.

Eher kleinlaut gab ich ihm eine Antwort.

„Ich glaube du wirst langsam nachlässig. Du hättest heute erwischt werden können… Zum zweiten Mal.“ Wieder lächelte Sasuke so seltsam zu mir runter.

„Was denn? Machst du dir etwa Sorgen um mich?“ Unauffällig sah ich an ihm vorbei und versuchte die Decke etwas höher zu ziehen. Mir wurde langsam kalt.

„Ganz bestimmt nicht. Meinetwegen hätten sie dich auch erwischen können. Ich wette Sakura hätte dir ihr Blut sogar freiwillig gegeben…“ Während ich sprach, nahm Sasuke mir die Decke aus der Hand und zog sie mir bis zum Hals. Dabei streifte er mit der Hand meinen Arm und ich konnte ganz deutlich spüren, dass seine Hand sich wärmer anfühlte als sonst. //Ob das daran liegt, dass er mein Blut getrunken hat?// Doch genauso gut konnte es auch daran liegen, dass mir schrecklich kalt war.

„Naruto, du bist doch nicht etwa eifersüchtig, oder?“ Er sah grinsend zu mir runter, während ich seinen Blick schockiert erwiderte.

„Was?! Auf wen? Und außerdem warum?“

„Ich hab keine Ahnung warum, aber ich habe schon oft bemerkt, mit was für Blicken du, vor allem die Mädchen, bestrafst, wenn sie bei mir stehen und mit mir reden. Und das liegt sicher nicht daran, dass du mit der Klasse nicht richtig warm wirst.“ Ich versuchte angestrengt, dass er nicht mitbekam wie sehr er mich gerade aus der Bahn warf. Natürlich nervte es mich, dass sich alle nur für Sasuke interessierten, der wiederum alle abblitzen ließ und kein bisschen Interesse an der Aufmerksamkeit hatte, die ich schon mein ganzes Leben lang suchte. Und unter all diesen Leuten, die ich in meinem Leben getroffen hatte, war ausgerechnet Sasuke, ein Vampir, der Einzige, der mir diese Aufmerksamkeit gegeben hatte. Da war es doch klar, dass ich etwas garstig wurde, wenn dieser Jemand von einem Haufen nerviger Hühner abgelenkt wurde, oder? Aber das würde ich ihm bestimmt nicht sagen.

„Das ist nichts. Mich… nervt nur ihr Getue… als wärst du der letzte Mann auf Erden. Besonders Sakura. Musstest du mich eigentlich vorhin bei ihr vorschieben? Sie hat mich doch so schon auf dem Kieker.“ Ich hoffte mein kleines Ablenkungsmanöver würde funktionieren.

„Ich fürchte das musste sein. Sie hat mir den ganzen Morgen keine Pause gegönnt. Am liebsten hätte ich ihr…“ Sasuke brach ab und atmete einmal tief durch. Offenbar nahm er sich vor mir zurück, aber ich konnte mir gut vorstellen, was er gerne gemacht hätte.

„Egal. Wie ich schon sagte: Wir sind jetzt quitt.“ Man musste ihn nicht lange beobachten um zu merken, wenn ihn etwas nervte.

„Hat… hat dich das mit meinen Pflanzen eigentlich wirklich interessiert?“ Er lehnte sich wieder locker an die Stuhllehne und stützte seinen Kopf auf seinen rechten Arm, der noch immer auf der Lehne ruhte.

„Wie gesagt, langweilig war es nicht. Und interessanter, als das Geplapper von der Kleinen war es allemal. In den ganzen Jahren, die ich schon lebe, habe ich viele Dinge gelernt und studiert, aber Botanik…“, er schüttelte leicht den Kopf. „… das war immer ein Buch mit sieben Siegeln.“ Ganz automatisch stellte sich mir wieder eine Frage, die ich mir seit dem Tag gestellt hatte, an dem ich Sasukes Geheimnis herausgefunden hatte. Langsam drehte ich mich zu Sasuke, nach links auf die Seite und stellte diese Frage.

„Wie alt bist du denn?“ Die Frage kam so leise über meine Lippen, dass ich fast fürchtete, dass Sasuke sie nicht gehört hatte, aber er zog eine Augenbraue hoch und lächelte mich wieder an.

„Was meinst du denn, wie alt ich bin?“ Ich zuckte mit der Schulter. Ich hatte keine Ahnung wie alt er sein könnte, also konnte ich nur raten.

„Ähm… keine Ahnung. Vielleicht so Tausend?“ Sasuke machte den Eindruck, als würde ihm jeden Augenblick die Kinnlade runterfallen. Doch dann fasste er sich wieder und musterte mich verärgert.

„Das soll wohl ein Witz sein?“ Er klang ruhig, doch ich konnte deutlich einen leichten Hauch von Ärger in seiner Stimme mitschwingen hören. Unweigerlich musste ich grinsen, denn ich hätte nie erwartet, dass er da so eitel wäre. Aber ich wollte ihn lieber nicht zu sehr verärgern.

„Vielleicht etwas jünger?“ Mürrisch sah er zur Seite. Dann stand er auf und verschwand für einen Moment aus dem Schein der Lampe.

„Tja, von mir wirst du es nicht erfahren.“ Ich versuchte mir das Grinsen zu verkneifen, auch wenn es schrecklich schwer fiel. Stattdessen gab ich eine dieser Fragen, mit denen er mich gerne in die Enge trieb.

„Du bist doch jetzt nicht etwa eingeschnappt.“

„Tze…“ Er trat zurück in den Schein der Lampe, blieb aber hinter dem Stuhl, mit den Händen auf der Rückenlehne, stehen. Dabei schaute er zu mir herab und es wurde still zwischen uns. Wieder ließ ich meine Gedanken schweifen und mir fiel der Abend ein, als Sasuke mit Sakura, Ino und mir zum Essen war. Ich wusste nicht mal warum. Wahrscheinlich weil wir uns eben noch über sie unterhalten hatten. Sie waren ihm damals so auf die Nerven gegangen, dass er etwas sagte um sie vor den Kopf zu stoßen und ich fragte mich erneut, ob das wirklich stimmte. Eigentlich gab es keine bessere Gelegenheit als jetzt, um zu fragen.

„Sasuke, ich habe noch eine Frage. Weißt du noch, als wir mit Sakura und Ino Essen waren? Du hast damals gesagt, du wärst mal verheiratet gewesen. Ist das wahr?“ Einen Moment schwieg er mich an, ehe er zu einer Antwort ansetzte.

„Ich würde sagen… das geht dich nichts an.“

„Aber du schuldest mir was. Wegen mir geht es dir jetzt besser…“ Ich war mir nicht sicher warum, aber Sasuke grinste wieder selbstsicher. Wahrscheinlich war er auch noch stolz auf sich.

„Entweder beantwortest du mir diese Frage oder du sagst mir wie alt du wirklich bist.“ Sein Grinsen wurde noch ein Stück breiter.

„Du willst es unbedingt wissen, oder?“ Schwach nickte ich. Allmählich wurde ich müde. Er beugte sich vor, verschränkte dabei die Arme auf der Lehne, und grinste mich unverhohlen an.

„Na meinetwegen. Ja, genau genommen war ich mal verheiratet. Überrascht dich das?“ Langsam nickte ich, denn das tat es wirklich. Auch wenn ich lieber erfahren hätte, wie alt er wirklich ist.

„Du wirkst nicht wie jemand, der sich bindet“ Tatsächlich entlockte das Sasuke ein leises Lachen.

„Tja, auf den ersten Blick wirkst du auch harmlos und wie ein fröhlicher Junge, aber wenn man dich genauer kennt, merkt man, dass du gar nicht so fröhlich bist und den Ärger fast magisch anziehst.“ Verärgert sah ich ihn an.

„D-das stimmt gar nicht! Ich hab nur manchmal ein wenig Pech!“

„Damals auf dem Friedhof und in der Gasse hattest du mehr als nur Pech. Du kannst froh sein, dass ich immer rechtzeitig bei dir war.“ Ich wollte ihm widersprechen, aber eigentlich hatte er Recht. Beleidigt sah ich auf das Kissen.

„Wir sind uns eigentlich sehr ähnlich…“ Fragend sah ich zu ihm hinauf. Seine Stimme war ruhiger und von dem Lachen eben war nichts mehr zu sehen.

„… wir verstellen uns vor unserer Umgebung und belügen andere, damit niemand erfährt wer wir wirklich sind. Manchmal wüsste ich zu gerne, welche Geheimnisse du hinter deinem falschen Lächeln versteckst.“ Perplex schaute ich ihm in die Augen. Es gab einige Dinge, die ich über Sasuke hatte wissen wollen, aber ich war nie auf den Gedanken gekommen, dass er sich auch Gedanken über mich machen könnte. Auch wenn ich eigentlich kein Geheimnis hatte, zumindest nicht so ein Großes, wie das von Sasuke. Vielleicht war er doch nicht so schlecht, wie ich immer dachte…

„Du kannst ja fast nett sein… wenn man nicht gerade um sein Leben bangen muss.“ Ein schwaches Seufzen entglitt seinen Lippen.

„Ich fürchte du verlierst wirklich langsam deinen “Respekt“ vor mir.“ Das Wort betonte er extra.

„Trotzdem würde ich dir, selbst wenn ich ein Geheimnis hätte, bestimmt nichts verraten.“ Sasuke fing wieder an breit zu grinsen, nahm seine Arme von der Lehne des Stuhls und kam auf mich zu. Er lehnte sich über mich und stützte sich mit beiden Händen neben meinem Gesicht ab.

„Ich sagte ja auch nicht, dass ich das möchte...“ Dann kam er meinem Gesicht plötzlich gefährlich nahe. Sofort drehte ich mich wieder auf den Rücken und schob dabei automatisch die Decke beiseite. Dass ich anfing zu frieren, störte mich im Moment nicht. Viel mehr versuchte ich mein wild schlagendes Herz wieder unter Kontrolle zu bekommen und es ihn nicht merken zu lassen. Kurz vor meinem Gesicht hielt er inne und hauchte mir leise Worte zu. Ich konnte kaum verbergen, wie nervös er mich machte.

„Der Reiz an einem Geheimnis ist doch, es selber herauszufinden, oder nicht?“ Dabei sah er mich an, als wollte er etwas andeuten. Ob er vielleicht darauf anspielte, wie ich sein Geheimnis herausgefunden hatte? Nur mit dem Unterschied, dass das nicht ganz freiwillig gewesen war. Dann, noch ehe ich etwas dazu hätte sagen können, lehnte er sich zurück, ließ sich wieder auf dem Stuhl nieder und verschränkte die Arme. Ich war so überrascht, dass ich fast vergas, worüber wir eben noch gesprochen hatten. Sasuke derweil grinste wieder selbstsicher. Er freute sich bestimmt mich so aus der Bahn geworfen zu haben. Aber ich fasste mich schnell wieder und dachte über seine Worte nach. Und plötzlich drängte sich mir eine Frage auf, die ich seit dem Angriff auf mich in der Gasse verdrängt hatte und mich nicht mal getraut hatte Sasuke zu fragen. Der Mann damals, hatte behauptet, wir hätten uns lange nicht gesehen. Doch soweit ich ihn damals erkennen konnte, war er mir vollkommen fremd gewesen. Woher wollte er mich kennen?

„Hattest du damals den Mann in der Gasse schon mal gesehen?“ Irritiert musterte er mich.

„Wieso fragst du das?“ Langsam drehte ich mich auf die Seite und zog die Decke wieder hoch.

„Damals sagte er, wir hätten uns lange nicht gesehen. Aber er kam mir nicht bekannt vor.“ Sasuke musterte mich weiterhin, ohne ein Wort zu sagen, während sein Gesichtsausdruck noch eine Spur ernster wurde.

„Hast du ihn überhaupt erkannt in der Dunkelheit?“ Ungern erinnerte ich mich an den Abend zurück.

„Er war mir näher, als mir lieb war.“ Sasuke lehnte sich etwas vor und stützte seine Ellbogen auf die Knie.

„Der Mann, er war damals-“ In diesem Moment wurde die Tür aufgerissen und jemand trat herein. Vor Schreck zuckte ich zusammen und fühlte mich, als wäre mir beinah das Herz stehen geblieben. Auch Sasuke drehte sich herum.

„Du bist ja noch wach, Sasuke. Es ist schon nach Mitternacht“ Ich sah nicht gleich, wer hinein kam, da noch alles ziemlich verschwommen war, aber an der Stimme erkannte ich Sensei Kakashi. Sasuke schwieg noch einen Moment, wahrscheinlich hatte er sich auch erschrocken.

„Schon so spät? Wie die Zeit fliegt… übrigens ist Naruto eben aufgewacht.“ Sasuke stand auf und stellte den Stuhl zurück an den Tisch. Sofort kam Kakashi zu mir ans Bett.

„Mensch Naruto, was ist nur passiert, wir haben uns Sorgen gemacht!“ Dann stellte sich Sasuke wieder zu mir und Kakashi.

„Es war so, wie ich dir vorhin gesagt habe. Er ist einfach abgeklappt.“ Dann wandte er sich zu mir.

„Naruto, wenn du dich das nächste Mal überanstrengst oder dir nicht gut ist, dann sag uns Bescheid. Das hätte böse ausgehen können.“ Ich hätte ihn im Moment wieder am Liebsten erwürgt. Dabei war das Alles seine Schuld gewesen. Ich hatte mich doch in ihm geirrt. Er war ein blöder Idiot. Doch ich musste dieses Mal einlenken.

„Ja, Sensei.“ Dann richtete sich Kakashi wieder an mich.

„Wie geht es dir denn jetzt? Meinst du, wir können dich rüber in dein Zimmer bringen?“ Ich richtete mich langsam auf und stützte mich dabei mit dem Ellbogen auf der Matratze ab. Ein starkes Schwindelgefühl ergriff mich und mein Kopf tat mir noch immer weh. Mir wurde bewusst, dass meine Kräfte momentan nicht für mehr als ein Gespräch reichten, aber wenn ich die Wahl hatte zwischen dem Zimmer hier und meinem, dann wollte ich lieber in meines.

„Es geht mir wieder ganz gut. Ich hab nur etwas Kopfweh und bin müde.“

„Dann trink erst mal einen Schluck Wasser, dann bringe ich dich rüber.“ Sasuke deutete auf ein Glas, das auf dem Nachttisch stand. Es war mir noch überhaupt nicht aufgefallen. Ob es schon die ganze Zeit da stand? Eilig trank ich es aus, denn jetzt, wo ich es sah, überkam mich der Durst. Anschließend half Sasuke mir eher schlecht als recht aus dem Bett, indem er einen Arm um meine Taille legte und ich mich mit dem Linken an ihm stützte. Ich konnte nicht alleine aufstehen, da ich kaum Gefühl in meinen Beinen hatte und das Schwindelgefühl auch nicht dabei half. Ich erschrak, als er auf einmal seine linke Hand unter meine Knie legte und mich, ohne Vorwarnung, hochhob. Ich legte ganz automatisch meine Hände um seinen Nacken und hielt mich so gut es ging fest. Meinen Kopf ließ ich auf seine Schulter sinken. Anschließend drehte er sich mit einem kurzem: „Bin gleich wieder da.“, zu Kakashi um ging dann mit mir raus. Vor meinem Zimmer angekommen, öffnete er leise die Tür. Wie ich erwartet hatte, war es dunkel und die Drei schliefen bereits. Sasuke trug mich zu meinem Bett und setzte mich darauf ab. Zu allem Übel half er mir anschließend, trotz meines Widerspruchs, noch dabei mein Nachtzeug anzuziehen, mit der Begründung, dass ich ansonsten glatt in meinen Klamotten schlafen würde. Er hatte zwar Recht, aber mir ging es wirklich nicht gut. Es war mir schrecklich peinlich ausgerechnet von Sasuke Hilfe beim Umziehen zu bekommen, aber er ließ sich von meinem leisen Gemecker nicht abhalten. Ich war heilfroh als die Prozedur endlich vorbei war und ich mich, mit dem Gesicht zur Wand und dem Rücken zu Sasuke, hinlegen konnte. Er zog dabei die Decke ein Stück zurück und breitete sie anschließend über mir aus. Leider war sie nicht so schön kuschlig, wie Sasukes Decke.

Kurz bevor ich einnickte, flüsterte er mir ein leises: „Schlaf jetzt…“, ins Ohr. Eine leichte Gänsehaut bildete sich an der Stelle, wo sein Atem meine Haut streifte.

„Nacht… Sasuke…“ Dann schlief ich ein.
 

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Ich wachte erst am nächsten Abend auf. Shikamaru, Kiba und Choji spielten gerade Karten am Tisch. Als sie merkten, dass ich wach war, kamen sie sofort zu mir und fragten mich, was passiert war. Nachdem ich ihnen irgendeine Halbwahrheit erzählt hatte, erzählten sie mir was heute passiert war. Ich konnte sowieso nicht fassen, dass ich tatsächlich einen kompletten Tag verschlafen hatte. Sie waren heute bei dem Festival gewesen, dass Sasuke gestern erwähnt hatte. Sie erzählten mir auch, dass er freiwillig hier geblieben war, um auf mich aufzupassen und Sakura deswegen den ganzen Tag schlechte Laune gehabt hatte, was mich gleich etwas aufmunterte. Ganz uneigennützig war Sasuke dabei bestimmt nicht gewesen. Und Kiba konnte sich nicht verkneifen mich darauf hinzuweisen, wie blass ich war und dass er schon geglaubt hatte, ich wäre tot, so fest würde ich schlafen. Aber ich war noch immer müde und fühlte mich schwach.

„Ach ja, bevor du wieder einschläfst…“ Kiba grinste mich an.

„Sensei Uchiha wollte, dass du noch etwas isst, bevor du schlafen gehst.“ Kiba hielt mir eine Banane entgegen, die ich dankbar annahm. Ich hätte auch noch meine Taschen packen müssen, da wir am nächsten Tag wieder zurück nach Hause fahren mussten, doch ich verschob das auf den nächsten Morgen. Mein Kreislauf hätte das wahrscheinlich nicht mitgemacht.
 

Der Morgen kam auch ziemlich rasch und ich wurde sachte von Sasuke wachgerüttelt, was tausendmal besser war, als Sakuras Weckmethode. Nach dem Frühstück ging es mir schon besser und ich fing an meine Taschen zu packen. Derweil gingen unsere beiden Lehrer und die Aufsichtspersonen durch jedes Zimmer und wiesen alle darauf hin, nichts liegen zu lassen. Choji und Shikamaru waren schon runter zum Bus gegangen. Ich packte gerade meine letzten Sachen und meinen neuen Schlüsselanhänger in meine Tasche, als Sasuke noch einmal rein kam.

„Bist du fertig?“ ich nickte.

„Ja.“

„Dann komm jetzt runter.“ Er nahm meine Tasche, weil ich kreislaufmäßig noch nicht auf der Höhe war, und ich folgte ihm. Er hatte es ziemlich eilig und ich konnte kaum mithalten. Unten am Bus angekommen, verstaute er meine Tasche im Kofferraum und begann dann die Schüler durchzuzählen. Als Alle da waren, durften wir dann auch endlich einsteigen. Das Ganze hatte gedauert, weil manche einfach nicht fertig geworden waren. Ich stieg als einer der Letzten ein, da ich mich wirklich nicht in der Lage für das Gerangel um die Plätze fühlte. Ich blieb in der zweiten Reihe stehen und schaute ob weiter hinten noch Plätze frei waren. Doch mir wurde die Entscheidung nach dem Platz angenommen, als ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter fühlte und Sasuke hinter mir stand. Er schob mich auf den Platz, links von mir.

„Du sitzt wieder hier vorne, ich will dich im Auge behalten.“ Ich nickte nur kurz und setzte mich an den Fensterplatz. Kakashi und Sasuke zählten noch einmal durch und als Alles geklärt war, ging die Rückfahrt los. Ich war eigentlich nicht besonders traurig, dass es vorbei war, die Klassenfahrt kam mir nicht wie Tage, sondern wie Monate vor.(2) Außerdem war ich immer noch kaputt und müde. Nach etwa einer Stunde Fahrt, nahm ich meine Jacke, rollte sie zusammen und legte sie als Kissen ans Fenster. Es dauerte nicht lange, da war ich, obwohl ich anfing zu frieren, schnell wieder eingenickt.
 

~Sasuke~
 

Ich war so dankbar, als die Meute endlich im Bus versammelt war und jeder einen Platz hatte. Nachdem ich mit Kakashi noch einmal durchgezählt hatte, konnte es endlich losgehen.

Während der Fahrt redeten alle fröhlich durcheinander und auch ich unterhielt mich mit Kakashi über die anstehenden Prüfungen. Die Fahrt verlief wieder genauso holprig, wie auf dem Hinweg, allerdings wurde dieses Mal niemandem übel. Nach etwa 2 Stunden, kurz vor einer Pause, schaute ich neben mir nach Naruto, der die ganze Zeit ungewöhnlich still gewesen war. Als ich mich umdrehte, stellte ich schnell fest, dass er bereits eingeschlafen war. Er hatte seine Jacke zusammen gerollt und sie als Kissen genommen. Er hielt sich im Schlaf die Unterarme und rieb unbewusst immer wieder darüber. Offenbar fror er, denn ich konnte eine deutliche Gänsehaut auf seinen Armen erkennen. Kopfschüttelnd griff ich nach meiner Lederjacke und deckte Naruto damit zu. Augenblicklich kuschelte er sich tiefer in den Kragen der Jacke und seufzte wohlig auf.

//Er kann manchmal so süß sein…//

Ich lehnte mich zurück und atmete erleichtert aus. Das Schlimmste hatte ich hinter mir. In ein paar Stunden würde ich endlich wieder in meiner Wohnung sein und könnte etwas ausruhen. Ich war mir auch ziemlich sicher, dass es Naruto da nicht anders ging. Sofort dachte ich wieder an das Gespräch von vorgestern, als wir von Kakashi unterbrochen worden waren. Ich hatte den Mann nicht hundertprozentig erkannt, da es in der Gasse doch ziemlich dunkel gewesen war und ich ihn nur teilweise wahrnehmen konnte. Doch jetzt, wo Naruto mir erzählt hatte, was dort passiert war, hatte ich keine Zweifel mehr. Ich hatte ihn schon einmal gesehen und langsam beschlich mich ein beunruhigender Verdacht: Vielleicht waren diese Zusammenstöße keine Zufälle gewesen.

Langsam sah ich hinüber zum schlafenden Naruto, der leise in meine Jacke murmelte.

Das bedeutete, er war in Gefahr.
 

Ende Kapitel 14
 

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(1) den ich allerdings lieber habe, weil er erstens: einfacher zu schreiben ist, zweitens: mehr Spannung reinbringt und drittens: mir nicht so viel Angst macht.Ó.Ò
 

(2) Witz verstanden?^^

… a bitter end

Wir wünschen euch frohe Weihnachten!^3^
 

~Naruto~
 

Es war wieder Freitag und somit stand ich kurz vor meinem wohlverdienten Wochenende. Vor drei Wochen waren wir von der Klassenfahrt zurück gekommen. Die Schule war richtig stressig geworden, denn nun standen bald die Abschlussprüfungen an, was allen Lehrern einen Anlass gab, uns haufenweise zusätzliche Aufgaben zu geben. Besonders schlimm war es, wie konnte es auch anders sein, bei Sasuke. Ich hatte bei ihm, unter Anderem, Mathe und Physik. Fächer, bei denen es mir schon unter normalen Umständen schwer fiel zu folgen. Sasuke bombardierte uns so sehr mit Aufgaben, dass selbst gute Schüler wie Sakura kaum noch das Pensum schafften und ich kurz vorm Verzweifeln war. Das war der Grund dafür, dass sich meine Freizeit irgendwo im Bereich von Null und weniger befand und ich ständig müde war. Umso dankbarer war ich für das Stadtfest, das heute begann und das ganze Wochenende gehen würde. Ich könnte endlich mal wieder etwas Spaß haben und diese blöden Schulaufgaben vergessen. Da störte es mich noch nicht einmal, dass ich jetzt noch in Sasukes Kunst-AG hockte. Ich wunderte mich selber manchmal, dass ich immer noch hier war. Während die Mädchen an ihren Bildern für eine Ausstellung arbeiteten, hatte ich die Arme auf dem Tisch verschränkt und meinen Kopf darauf gelegt. Ich nutzte die Kunst-AG seit Neustem gern, um etwas Schlaf nachzuholen, was ab und an jemanden Bestimmtes auf den Plan rief. So wie auch jetzt.

„Naruto! Wie oft hab ich dir gesagt, du sollst in meinem Unterricht nicht schlafen?“ Sofort sah ich auf, direkt in das mürrische Gesicht Sasukes, und setzte mich wieder gerade. Trotz seiner schlechter Laune, konnte ich es mir nicht verkneifen, ihm eine passende Antwort zu geben.

„Ist ja lustig, das hat Sensei Iruka vorhin auch schon gesagt.“ Gereizt strafte Sasuke mich mit seinem Blick.

„Das ist nicht witzig, Naruto.“ Während er sprach, griff er nach einem Stuhl, der am Nachbartisch stand, zog ihn ran und setzte sich, ohne dabei den Blick von mir zu nehmen. „Ich bin halt müde… müssen denn die ganzen Aufgaben sein?“, antwortete ich ihm etwas grantiger, als es eigentlich beabsichtigt war. Inzwischen war ich so sehr an Sasukes Nähe gewöhnt, dass ich gerne mal vergaß, dass er eigentlich ein Vampir war. Noch dazu Einer, der, seit ich sein Geheimnis herausgefunden hatte, Spaß daran fand mich regelmäßig in blanke Panik zu versetzen.

„Wenn ich mir deine Noten ansehe, dann auf jeden Fall. Du kannst es dir nicht leisten durch die Prüfung zu fallen, wenn du den Abschluss möchtest. Du solltest an deine Zukunft denken.“

Grummelnd drehte ich mich weg und sah aus dem Fenster. Meine Noten waren inzwischen sein Standardargument, wenn mir irgendwas nicht passte. Mit der Ausrede hatte er mich damals auch in die Kunst-AG gedrängt. Im Grunde war es mir egal, ob ich den Abschluss schaffte oder nicht. Würde ich halt noch ein Jahr dran hängen. Momentan hatte ich sowieso noch keine Ahnung, was mal werden sollte. Darüber hatte ich mir noch nie richtig Gedanken gemacht. Klar, ich hatte mir schon immer vorgestellt etwas von der Welt zu sehen, ein Haus und vielleicht eine Familie zu haben, aber wie ich das schaffen wollte, hatte ich mir nie überlegt. Doch jetzt, wo ich darüber nachdachte, fiel mir schlagartig auf, welche Konsequenzen es hätte, wenn ich sitzen bleiben würde:

Ich hätte noch ein Jahr bei Sasuke Unterricht!

Bei dem Gedanken zog sich Alles in mir zusammen. Nicht, dass ich ihn nicht leiden konnte. Inzwischen hatte selbst ich mir eingestanden, dass ich es mochte in seiner Nähe zu sein. Zumindest wenn jemand anderes noch dabei war. Da war er umgänglich und meist, für seine Verhältnisse, freundlich. Doch mit ihm alleine zu sein, machte mich so nervös, dass ich manchmal zweifelte, dass es nur an der Gefahr lag, die von ihm ausging. Fast wie am Anfang, als ich ihn kennen gelernt hatte. Da war ich auch öfter nervös geworden. Aber das würde ich ihm sicher nicht sagen. Ich versuchte ihm so gleichgültig wie möglich zu antworten, stützte meinen Kopf dabei auf meiner Hand ab und schaute aus dem Fenster.

„Dann mach ich die Aufgaben halt…“

„Sehr gut. Du solltest jede freie Minute nutzen.“ Seine Antwort klang amüsiert, weshalb ich ihn, mit noch immer abgestütztem Kopf, wieder ansah. Dabei sah ich die Mädchen im Hintergrund, die konzentriert an ihren Werken arbeiteten und uns so nicht zuhörten.

„Du weißt wirklich wie man einen Schüler motiviert… aber erst morgen. Ich hab heute was vor.“

„Du willst zu dem Stadtfest, nicht wahr?“ Er zog eine Augenbraue nach oben. Verdammt, wie ich das hasste. Am Liebsten hätte ich ihm dafür eine geklebt.

„Ja, Kiba und die Anderen kommen auch. Das wird bestimmt lustig. Und es gibt Ramen…“ Bei dem Gedanken an die Köstlichkeit wäre ich am Liebsten gleich aufgesprungen, um dort hinzurennen.

„Und du denkst noch an die Sperrstunde? Die ist immer noch aktuell und nicht ohne Grund da.“

Das stimmte schon. Man hatte diesen Serientäter, der scheinbar wahllos Teenager und junge Erwachsene ermordete, noch immer nicht geschnappt. Es hatte weitere Opfer gegeben, doch was mich am Meisten beunruhigte war, das nichts in der Zeit passiert war, als wir auf Klassenfahrt waren. Wodurch sich mein früherer Verdacht, Sasuke hätte höchstwahrscheinlich etwas damit zu tun, noch weiter erhärtete. Noch dazu, dass fast alle Opfer blutleer waren, was aber nicht ganz verwunderlich war, bei dem Zustand in dem man die Meisten von ihnen gefunden hatte: In Stücken.(1) Ich sah wieder zu Sasuke und blickte ihm fest in die Augen.

„Hab ich denn Grund, mich bedroht zu fühlen?“ Schließlich wusste ich noch immer nicht, was Sasuke eigentlich vorhatte. Würde er mich töten oder einfach irgendwann verschwinden? Immerhin hatte ich in der ganzen Zeit, die wir uns schon kannten, niemandem von ihm erzählt. Außer Sakura, aber die hatte mir nicht geglaubt, weil ich betrunken war und er gleich daneben saß. Weder was er war, noch was er manchmal für schräge Sachen mit mir abzog. Und diese Sache mit dem Serientäter… Sasuke war der Einzige, von dem ich mich bedroht fühlte.

„Eventuell…“ Seine Antwort war knapp und leise, löste aber in mir blanke Panik aus. Wusste er es etwa selber nicht?! Geschockt sah ich ihm in die Augen. Ehrlich gesagt, hatte ich nicht mit dieser Antwort gerechnet. Viel mehr hatte ich gedacht, fast schon gehofft, er würde mir ein Zeichen geben, dass ich mich nicht mehr zu fürchten bräuchte.

Das plötzliche Klingelzeichen befreite mich aus meiner Starre. Sofort stand ich auf und schnappte mir meine Tasche. Sasuke tat es mir gleich und stand ebenfalls auf.

„Wenn du schon länger da bleibst, dann bleib auch bei der Gruppe.“

Nun sah ich ihn wieder überrascht an. Dieser Rat passte gar nicht zu dem, was er vorher noch gesagt hatte. Aber ich wollte keine Diskussion mit ihm und nickte einfach nur. Ich schwang mir meine Taschen über die Schulter und ging ohne ein Wort des Abschiedes, das er meiner Meinung nach nicht verdient hatte, an ihm vorbei. Doch vor der Schiebetür blieb ich noch einmal stehen und drehte mich zu ihm um.

„Sensei! ...“, rief ich ihm grob zu. Er war wieder zu seinem Schreibtisch gegangen und hatte gerade einige Papiere in seine Tasche gepackt und blickte fragend auf.

„Ich habe noch mehr als genug Zeit an meine Zukunft zu denken.“

Es war schon seltsam, dass ausgerechnet zu ihm zu sagen, wo er doch der Grund für ein eventuelles vorzeitiges Ableben meinerseits sein konnte. Mit diesen Worten verließ ich das Klassenzimmer, schloss die Tür, ohne auf eine Antwort zu warten und machte mich auf den Weg zum Fest.
 

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Auch wenn ich nach der Sache mit Sasuke geglaubt hatte, der Abend wäre gelaufen, wurde ich eines Besseren belehrt. Das Fest war toll gewesen! Die ganzen Stände, das viele Essen, die Menschen und vor allem die wundervolle Dekoration. Wie Sterne hingen die Lampen über unseren Köpfen und beleuchteten das Festival. Und die zwei Schüsseln Ramen, die Kiba mir, aufgrund einer verlorenen Wette, ausgeben musste, waren die Krönung.

So überraschte es auch nicht, dass wir am nächsten Abend wieder dorthin gehen wollten. Gestern waren nur Shikamaru und Kiba mit mir unterwegs gewesen, aber heute war die Gruppe etwas größer. Choji hatte sich, vermutlich nach Shikamarus Einladung, dazu gesellt. Genauso Lee, Tenten, ein Mädchen, mit dem ich vorher nur wenig zu tun gehabt hatte, Neji und seine Cousine Hinata. Neji und Tenten waren aus der Parallelklasse und waren wohl wegen Hinata mit dabei. Sie hatte langes blau-violettes Haar und genau wie Neji hellblaue Augen. Ich mochte sie eigentlich ganz gern. Sie war immer und zu jedem freundlich und höflich und auch ziemlich schüchtern. Nur benahm sie sich irgendwie immer seltsam, wenn ich mal mit ihr sprach.

//Naja, auch egal…//

Sakura und Ino trafen wir auch ein paar Mal, als wir von Stand zu Stand schlenderten oder irgendwo eine Kleinigkeit aßen. Zu meinem Glück gesellten sie sich nicht zu uns. Nicht, dass es mich so sehr gestört hätte, ich konnte sie zwar beide nicht besonders gut leiden, aber es gab genug Andere mit denen ich hätte reden können. Außerdem wurde ich jedes Mal, wenn ich Sakura sah, fast schmerzlich daran erinnert, dass eigentlich noch nie etwas Gutes passiert war, wenn ich mit ihr und Kiba irgendwas unternahm. Im Prinzip endete es eigentlich fast immer damit, dass ich Sasuke in die Arme rannte, beziehungsweise halbtot in seinen Armen hing.

//Dieser Blödmann…//

Dabei fiel mir ein, dass ich wegen diesem Idioten seit der Klassenfahrt und Dank Sensei Kakashi einen Ruf als Sasukes “Lieblingsschüler“ weg hatte. Zu meinem Glück ausschließlich bei den Lehrern und das nur, weil er mir ein paar Mal geholfen hatte und sich um mich kümmerte, als ich auf dem Ausflug angeblich zusammen gebrochen war.

//Naja… die Szene im Onsen wird wohl auch ihren Teil beigetragen haben...//

Aber das Schlimmste war gewesen, als Sensei Iruka, während einer hitzigen Diskussion von Sasuke und mir, es ging wieder mal um meine Noten, gemeint hatte, wir wären trotz unserer Meinungsverschiedenheiten fast wie Sensei Guy und Lee: Ein Herz und eine Seele.

Selbst Sasuke war die Kinnlade runter gefallen und auch ich empfand das nicht als Kompliment, weil ihre Beziehung meiner Meinung nach schon fast ans Perverse grenzte.

Ich schob diese ärgerlichen Gedanken wieder beiseite und schaute mich um. Wir standen gerade an einem Stehtisch und aßen einige Leckereien, während sich die Anderen angeregt unterhielten. Es herrschte ein reges Treiben, denn im Gegensatz zu gestern, waren erheblich mehr Menschen hier. Zwischenzeitlich hatten sich Sakura und Ino doch noch zu uns gesellt. Sie hatten wohl niemand besseren gefunden.

//Das ich auch immer Geister beschwören muss, die ich nicht wieder los werde…// Innerlich ärgerte ich mich etwas, denn die Beiden trieben das Thema mal wieder in eine Richtung, die ich heute Abend gar nicht haben wollte.

„Wie schade, dass Sensei Uchiha nicht hier ist…“, kam es genau in dem Moment von Ino.

„Ja stimmt. Es wäre sicher noch lustiger, wenn er mit dabei wäre.“, antwortete ihr Sakura. Wieder einmal bewiesen die Beiden, wie wenig sie Sasuke eigentlich kannten. Würde er hier wirklich mit dabei sein, wäre das einzige Lustige gewesen, zuzusehen wie er bei ihrer Ankunft fluchtartig das Weite gesucht hätte.

Während die Beiden weiter vor sich hin träumten, sah ich rüber zu Hinata, die neben den Beiden stand. Sie hörte ihnen zu, zeigte allerdings kein Interesse an dem Thema. Das fand ich auch gut an ihr. Sie schwärmte nicht für Sasuke, zumindest falls sie es tat, dann nicht offensichtlich. Shikamaru und die Anderen unterhielten sich, aber es ging dabei mehr um irgendein Fußballspiel, das sie gestern im Fernsehen geschaut hatten.

//Wie die noch die Zeit für sowas finden…//

Plötzlich blickte ich von meiner Portion Ramen auf und sah mich um. Ich hatte auf einmal das seltsame Gefühl gehabt, als würde ich beobachtet werden. Das hatte ich in letzter Zeit schon öfter gehabt. Meist, wenn ich von der Schule nach Hause ging, beschlich mich dieses unangenehme Gefühl. Aber immer, wenn ich mich umsah, war niemand in der Nähe, so wie auch jetzt. Es waren zweifellos viele Leute hier, aber keiner sah in meine Richtung. Ich schrieb es dem Stress der Prüfungsvorbereitungen zu, denn die einzige sonstige Erklärung wäre, dass ich allmählich paranoid wurde.

„Bist du bald fertig, Naruto?“, kam es auf einmal von Sakura und sie riss mich damit aus meinen Gedanken.

„Wir wollen endlich weiter.“

//Blöde Kuh… als wenn sie jemand aufgehalten hätte, wenn sie einfach gegangen wäre.//

„Äh, ja gleich.“ Ich hob die Schüssel an meinen Mund und trank den letzten Rest Brühe aus. Dann schlenderten wir weiter Richtung Stadtmitte, wo der Hauptteil des Festivals stattfand. An dem ein oder anderen Stand blieben wir stehen und sahen uns die Sachen oder Spiele an, die es dort gab. Aber die Preise waren meist Plüschtiere und aus dem Alter war ich lange raus. Eigentlich wirkte es hier fast wie auf einem Weihnachtsmarkt, nur ohne Schnee und den Glühwein. Ein paar Kleinigkeiten kaufte ich mir auch, darunter Süßigkeiten und eine Kerze, die ich in einer kleinen roten Tüte mit mir trug. Wenn auch etwas widerwillig, hielt ich mich an Sasukes Rat in der Gruppe zu bleiben. Nicht, dass es mir keinen Spaß mit ihnen machte, aber es war mir einfach zu wider ihm auf diese Art irgendwie Recht zu geben.

In einer schmalen Straße, in die einige Seitengassen mündeten und die von hohen Gebäuden umgeben wurde, war es gar nicht mehr so bequem. Es war schwer den Anderen durch das Gedrängel der Massen zu folgen. Ständig wurde man von anderen Passanten angerempelt und in eine andere Richtung geschoben. Und ich hing etwas hinterher, da ich zu lange an einem Stand stehen geblieben war. Die Anderen liefen nur ein paar Meter vor mir, aber es war schwer zu ihnen aufzuschließen.

„Hey, wartet auf mich!“ Aber sie konnten mich nicht hören. Und blöder Weise stolperte ich plötzlich auch noch, als ich erneut angerempelt wurde. Ich verlor das Gleichgewicht, doch einen Sturz konnte ich gerade noch verhindern. Stattdessen landete ich auf den Knien, was auch nicht ganz schmerzfrei war, aber immer noch besser, als sich hier, der Länge nach, hinzupacken.

So schnell ich konnte, versuchte ich wieder auf die Beine zu kommen, aber die Anderen waren nirgends mehr zu sehen.

„So ein Mist! Das passiert aber auch immer nur mir.“ Verärgert hob ich meine Tüte wieder auf, kämpfte mich an den linken Rand der Straße und klopfte mir erst mal den Dreck von der Hose. Ich stand mit dem Rücken zum Eingang einer der Nebengassen, da es sonst gerade keine Stelle gab, wo ich mal kurz etwas stehen bleiben konnte. Ich stellte die Tüte neben mir ab und sah mich noch mal nach den Anderen um. Die Sonne ging langsam unter und färbte den Himmel rot. Die ersten Sterne waren bereits zu sehen.

//Mann, hier ist es echt wahnsinnig voll!// Leider konnte ich sie in dem Getümmel nirgends entdecken. Resigniert seufzte ich.

„Toll, was soll ich jetzt tun? Warten oder einfach weiterlaufen und hoffen, dass ich sie in der Menge wieder finde?“, fragte ich mich selbst bis mir eine Idee kam.

//Plan Nummer drei! Ich rufe einfach Kiba an.//

Ich wollte gerade in meine Hosentasche greifen und mein Handy hervor holen, als mich ein Geräusch hinter mir aufschrecken ließ. Es klang wie das Scheppern einer herunter gefallenen Dose. Sofort drehte ich mich um. Die Gasse wurde nur spärlich, bis auf wenige Ecken, vom schwachen Licht der Sonne beleuchtet. Nichts war zu sehen, obwohl ich mir ganz sicher gewesen war, hinter mir habe sich etwas bewegt. Ich wartete einige Momente, aber es blieb dabei. Also drehte ich mich wieder um und sah auf mein Handy. Ein etwas älteres Modell, mit einem kleinen Bildschirm und großen Tasten. Zu mehr hatte es damals nicht gereicht, aber es erfüllte seinen Zweck. Ich telefonierte praktisch nie.

Ich suchte Kibas Nummer in der Adressliste und wollte ihn gerade anwählen, als ich wieder etwas hinter mir hörte. Dieses Mal deutlich lauter. Genervt drehte ich mich wieder um, um festzustellen, was mich da andauernd zusammen zucken ließ. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen.

Als ich gerade meinen Kopf nach rechts drehte, um einen Blick über meine Schulter werfen zu können, spürte ich plötzlich eine raue Hand, die fest mein linkes Handgelenk gepackt hatte und mir den Arm auf den Rücken drehte. Gleichzeitig drückte sich eine Hand mit einem Tuch auf mein Gesicht, so dass mein Schmerzensschrei vom Tuch gedämpft wurde. Ein süßlicher Duft ging vom Tuch aus und ich fühlte sofort, wie sich Alles anfing zu drehen. Und schlagartig, nachdem ich die Schrecksekunde überwunden hatte, begriff ich, was hier gerade geschah. Ich versuchte mein Gesicht von dem Tuch wegzudrehen, doch ohne Erfolg. Der Mann zog mich ruckartig an sich heran und mit nach hinten, in die Gasse, weg von der Menschenmenge, die ich nur noch verschwommen wahrnahm. Dabei wäre ich beinahe gestürzt und trat versehentlich meine Tüte um. Ein heftiger Schmerz durchzog meinen linken Arm, denn er zog ihn dabei noch höher.

Blanke Panik machte sich in mir breit und beherrschte meine Gedanken.

//Was passiert hier??!!//, waren die einzigen klaren Gedanken, die ich fassen konnte. Aus purer Verzweiflung, tat ich das Einzige, das mir momentan möglich war. In meiner rechten Hand hielt ich noch immer das Handy. Mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte, holte ich aus und haute es dem Typen hinter mir direkt an den Kopf. Er schrie auf und ließ mich, vor Schreck, los. Doch weglaufen konnte ich nicht. Meine Glieder waren schwer wie Blei und mir drehte sich alles. Ich versuchte das Gleichgewicht zu halten und mich entlang der Gebäudewand zurück zur Straße zu schleppen. Dabei packte ich das Handy, dessen Bildschirm jetzt ein langer Riss zierte, zurück in meine Jackentasche, um die rechte Hand auch frei zu haben. Aber ich war nicht schnell genug. Er hatte sich schnell wieder gefasst, zog mich von hinten am Kragen zurück und versuchte mir wieder das Tuch auf das Gesicht zu drücken. Ich spürte ein kurzes schmerzhaftes Ziehen am Hals. Sein linker Arm schlang sich um meinen Oberkörper und er versuchte mich hin und her zu schleudern, damit ich das Gleichgewicht verlor. Ich wehrte mich mit aller Kraft und drehte mein Gesicht weg, damit er es mit der rechten Hand nicht erreichen konnte. Jetzt, wo ich nicht mehr das Tuch mit dem süßlichen Geruch auf dem Gesicht hatte, stieg mir ein strenger, penetranter Geruch in die Nase, der eindeutig von dem Typen hinter mir stammte und mir bekannt vorkam. Doch ehe ich auch nur darüber nachdenken konnte, legte er plötzlich seine rechte Hand an meine Schläfe, machte einen großen Schritt nach links und knallte meinen Kopf mit voller Wucht gegen die Hauswand, an der ich mich eben noch abgestützt hatte. Viel zu benommen vom Schock über diese Aktion, dem Schmerz und der Übelkeit, die sich rasend schnell in meinem Körper ausbreiteten, nahm ich nur langsam die warme Flüssigkeit wahr, die mir das Gesicht hinab lief. Ich stöhnte schmerzhaft auf, als mir der Kerl auch wieder das Tuch auf das Gesicht drückte. Ich hatte keine Kraft mehr, um mich zu wehren und brach im nächsten Augenblick zusammen.
 

~Autorensicht~
 

Nach einer Weile, in der die kleine Schülergruppe sich durch die, nun deutlich übersichtlichere Menschenmenge, kämpfte, meldete sich Sakura zu Wort.

„Leute, ich glaube, wir sind durch. Ich werde langsam nach Hause gehen.“

„Ja, ich auch.“, schloss sich Ino an.

„Sakura, ich kann dich gerne nach Hause begleiten, wenn du möchtest.“ Lee hatte sich neben sie gestellt und sah sie hoffnungsvoll an. Wie immer, setzte er sich voll ein, um ihre Zuneigung zu gewinnen.

Doch, wie üblich, schmetterte sie seine Bemühung ab.

„Nein danke, lass mal gut sein.“

Neji achtete nicht weiter auf den niedergeschlagenen Lee.

„Dann sollten wir wohl auch langsam gehen.“ Die Anderen stimmten ihm zu und wollten sie gerade auf den Heimweg machen, als Choji Kiba ansprach, der sich keinen Meter gerührt hatte.

„Hey, was ist los, bleibst du noch hier?“

„Ich könnte mich irren, aber ich habe irgendwie das Gefühl, als würde etwas nicht stimmen…“ Ein betretenes Schweigen machte sich in der Runde breit, denn keiner wusste so recht, was Kiba damit meinte.

„Das klingt ziemlich melodramatisch, Kiba.“, antwortete Sakura monoton.

Kiba kratzte sich betreten am Kopf.

„Ach, ich komm einfach nicht drauf, was mich so wurmt.“

Choji zuckte nur mit den Schultern.

„Vielleicht hast du einfach vergessen zu Haus das Licht auszumachen, oder so?“ Angesprochener sah ihn verärgert an.

„Wegen so was Unwichtigem mache ich mir doch keine Gedanken!“, antwortete er ihm prompt und begann mit ihm zu streiten. Die Beiden wurden erst unterbrochen, als sich leise Hinata zu Wort meldete.

„Naruto ist weg!!“ Automatisch sahen sich alle um und stellten fest, dass der Blonde tatsächlich verschwunden war. Sakura winkte nur ab.

„Ach der ist bestimmt schon nach Hause gegangen.“

„Das glaube ich nicht…“, meinte Shikamaru. „…Es ist überhaupt nicht seine Art, ohne etwas zu sagen einfach abzuhauen.“

„Unsinn, er haut doch ständig ab. Er wird schon alleine klar kommen.“, sagte Sakura gleichgültig und wendete sich wieder zum Gehen. Hinata war entsetzt von Sakuras Worten und erhob kleinlaut und unsicher ihre Stimme.

„A-Aber Sakura... W-Was ist, wenn Naruto etwas passiert ist?“, fragte sie unsicher und die Besorgnis in ihrer Stimme war kaum zu überhören.

Kiba ging auf das Wortgefecht nicht weiter ein.

„Ich ruf ihn mal an. Dann wissen wir ja Bescheid.“ Der Braunhaarige zog sein Handy aus der Tasche und suchte Narutos Nummer heraus. Auch, wenn er es vor den Anderen nicht zugeben wollte, hatte er schon ein mulmiges Gefühl bei der Sache, denn es war, wie Shikamaru gesagt hatte, nicht Narutos Art einfach so abzuhauen und das auch noch nach der Sperrstunde. Für gewöhnlich achtete Naruto sogar sehr darauf, auch wenn er ihm nie gesagt hatte, warum. Er persönlich hatte sie nie für besonders voll genommen…

Es tutete am anderen Ende der Leitung doch auch nach einer ganzen Minute ging niemand ans Telefon. Er legte wieder auf.

„Es geht niemand ran.“

Shikamaru seufzte schwer. „Dann sollten wir ihn wenigstens suchen. Vielleicht hat er sich nur irgendwo auf dem Weg hierher verlaufen. Echt nervig…“ Die Anderen nickten und machten sich auf die Suche, während Ino und Sakura ihnen widerwillig folgten.
 

~Naruto~
 

Schwerfällig öffnete ich die Augen. Dennoch war es dunkel. Meine Gedanken waren vernebelt, mein Kopf tat weh und mein Körper war schwer wie Blei. Wie aus weiter Ferne hörte ich ein permanentes Rattern und spürte schwach, wie der kalte Metallboden unter mir, ruckelte. Verschwommen sah ich einige Behälter und Holzbretter neben mir liegen. Ich brauchte einige Momente um zu realisieren, dass ich mich auf der abgedeckten Ladefläche eines Transporters befand.

Ich konnte mich nicht rühren. Meine Hände waren hinter meinem Rücken gefesselt, genau wie meine Füße. Ich wollte nach Hilfe rufen, aber mein Mund war geknebelt worden.

//Was ist hier bloß los??// Nicht das ich am Ende noch in die Hände dieses wahnsinnigen Killers geraten war. Bevor ich versuchen konnte den Knebel los zu werden, wurde mir wieder schwarz vor Augen und ich verlor erneut das Bewusstsein.
 

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Das Nächste, woran ich mich erinnerte, waren Stimmen in der Dunkelheit. Ich spürte, wie mein Körper von der kalten Ladefläche gezogen und schwungvoll über eine Schulter geworfen wurde. Ich öffnete meine Augen einen Spalt breit, bereute es jedoch gleich wieder. Alles drehte sich und mir wurde augenblicklich übel. Sofort schloss ich die Augen wieder. Von meiner Umgebung hatte ich nicht viel mitbekommen, nur die Stimme eines Mannes und den breiten Rücken dieser Person. Er klang angsterfüllt, fast panisch.
 

„… bin anderer Meinung. Lass ihn uns lieber gleich erledigen. Ich muss das nicht haben, dass der andere Typ wieder dazwischen funkt.“

//Von wem spricht er? Wer soll wobei dazwischen funken?// Seine Stimme kam mir bekannt vor, irgendwo hatte ich sie schon mal gehört. Ein anderer, mir unbekannter Mann antwortete ihm. Er klang gleichgültig, fast wie Sasuke, wenn ihn etwas langweilte. Doch mit seinen Worten jagte er mir eine eiskalte Gänsehaut über den Rücken.

„Toroi (2), du bist ein weinerlicher Waschlappen, wie alle Menschen! Wir planen das jetzt schon, seit du ihn das letzte Mal hast entwischen lassen und jetzt wo du ihn hast, willst du dir den Spaß durch die Lappen gehen lassen. Und das nur wegen einem daher gelaufenen Vampir! Würde es mich nicht betreffen, wäre deine Feigheit fast schon amüsant.“

//Ein Vampir? Die reden doch nicht etwa von Sasuke…// Zumindest war Sasuke der einzige Vampir, den ich kannte. Aber woher sollten sie von ihm wissen? Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag. Der Mann war doch wohl nicht etwa auch ein…

„Halt die Klappe, Samui.(3), knurrte Toroi kleinlaut. Immerhin wusste ich jetzt die Namen meiner Entführer. Der Angesprochene lachte amüsiert.

„Jetzt stell dich nicht so an. Was soll der schon ausrichten? Seit fast einem Jahr weiß der Bengel hier schon Bescheid über ihn…“ Eine eiskalte Hand legte sich auf meinen Kopf, packte schmerzhaft mein Haar und zog mich hoch. Leider auch noch an der Stelle, wo ich gegen die Wand geschlagen wurde. Meine Augen waren immer noch geschlossen, weshalb ich das Gesicht des Mannes nicht sehen konnte. Aber ich spürte, dass er mir nah war. Sein Atem strich über meine Haut.

„… und trotzdem hat er ihn immer noch nicht getötet oder umgewandelt.“ Einen Moment herrschte Schweigen und ich spürte regelrecht die bohrenden Blicke dieses Samuis auf meinem Gesicht. Ich hoffte inständig, dass ich noch einen bewusstlosen Eindruck machte.

„Eigentlich… er gäbe bestimmt einen guten Vampir ab…“

//Verdammt, nein!! Der kommt doch jetzt nicht etwa auf dumme Ideen?!// Ich bekam das Gefühl, als würde ich dieses Mal nicht nur mit einem Schrecken oder einem verstauchtem Knöchel davon kommen. Schlagartig machte sich wieder Panik in mir breit, bis sich Toroi, der mich immer noch trug, plötzlich umdrehte und mich damit wieder aus dem schmerzhaften Griff befreite. Automatisch fiel mein Kopf runter und schlug gegen seinen Rücken.

„Jetzt mach mal halblang! Wir haben eine Abmachung. Ich besorge dir deine Mahlzeiten und du wirst mich unsterblich machen. Also halt dich auch dran!“ Diesmal klang er richtig zornig, aber das ließ den Anderen kalt. Der lachte wieder nur amüsiert.

„Jetzt tu nicht so, als wäre das so harte Arbeit für dich gewesen. Ich weiß genau, dass du bei den Anderen auch auf deine Kosten gekommen bist und du warst ja nicht besonders zimperlich. Die Letzte sah hinterher wirklich schlimm aus, selbst für meine Verhältnisse. Du solltest dich nicht so gehen lassen. Aber schon gut. Wie auch immer, hoffen wir, dass wir dieses Mal ungestört bleiben.“ Pure Vorfreude schwang in seiner Stimme mit und auch der Kerl, der mich trug, stimmte mit ein.

„Garantiert, lange genug hat es gedauert. Das wird ein Spaß…“

„Aber reiß dich dieses Mal zusammen. Es wird mal wieder Zeit für einen Leckerbissen und nicht für die Reste von dem, was du übrig lässt. Ich will es genießen…“

Ich musste mich beherrschen nicht los zu schreien. Ich war wirklich bei dem Killer gelandet und es war nicht nur Einer, sondern Zwei, von denen einer auch noch ganz eindeutig ein Vampir war. Und offenbar hatten sie mit mir dasselbe vor, wie schon mit den anderen Opfern. Mündlich war ich bereits das nächste Opfer der Mordserie geworden.

Toroi setzte sich wieder in Bewegung. Ich ging das Risiko ein und sah mich aus den Augenwinkeln um. Sofort wurde mir wieder übel. Es schien als wären wir in einer Lagerhalle und ich sah eine Person, die sich von uns entfernte. Benommen blinzelte ich und versuchte bei Bewusstsein zu bleiben, doch es fiel mir unendlich schwer wach zu bleiben. Wieder drehte sich alles. //Was hat der mir bloß auf´s Gesicht gedrückt…?//
 

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Als ich endlich wieder aufwachte, fand ich mich auf einem kalten und staubigen Fußboden wieder. Meine Sicht war um ein Vielfaches klarer als vorher. Anscheinend hatte das Mittel, was auch immer es gewesen war, endlich aufgehört zu wirken. Gefesselt war ich leider immer noch. Umständlich richtete ich mich auf und sah mich um. Ich war allein in einem kleinen, ziemlich dunklen Zimmer. Das einzige bisschen Licht wurde durch ein kleines Fenster gespendet. Es war also nicht viel zu erkennen. Nur ein rechteckiger Tisch, der links vor mir stand, und ein Bücherregal hinter dem Tisch. Bei genauerem Hinsehen merkte ich, dass es leer war und wahrscheinlich nicht mal einer Fliege standhalten würde, die sich darauf niederließ. Neben dem Bücherregal in der Ecke waren schemenhaft ein paar gestapelte Kartons zu erkennen. In der rechten Ecke hinter mir war eine alte Treppe, direkt an der Wand, die eine Etage höher führte.

//Also bin ich wahrscheinlich in einem Keller.//

Ich sah zum Fenster, das sich gleich neben der Treppe befand und die einzige Lichtquelle in diesem Raum darstellte. Das schwache Licht stammte nicht von der Sonne, sondern von einer Straßenlaterne. Es war also schon dunkel. Ich fragte mich, wie lange ich wohl bewusstlos gewesen war und ob ich mich überhaupt noch in der Stadt befand. Angst und Verzweiflung machten sich in mir breit. War ich jetzt tatsächlich in der Gewalt dieses gesuchten Killers, von dem schon berichtet wurde, als ich hierher gezogen war? Das durfte einfach nicht wahr sein. Ich versuchte mich zu beruhigen, bevor ich endgültig in Panik geriet.

//Ich muss einen kühlen Kopf behalten…//, sagte ich mir selber. Ich musste doch nur diese Fesseln los werden und einen Weg hier rausfinden, mehr nicht. So schwer war das doch nicht. Während ich mir weiter Mut zu sprach, versuchte ich meine Hände zu befreien. Mit wenig Erfolg. Es scheuerte schmerzhaft an den Handgelenken, aber die Fesseln waren einfach zu eng.

„So ein Mist.“, meckerte ich leise vor mich hin. Kraftvoll zog ich noch einmal an den Fesseln, wieder erfolglos, als ich gegen etwas Hartes in meiner Jackentasche stieß.

//Das kann doch nicht…// Umständlich versuchte ich mit meinem Unterarm zu erfühlen, ob es sich wirklich um den Gegenstand handelte, den ich vermutete. Und tatsächlich: Es war mein Handy!

Ich fragte mich schon, warum sie es mir nicht abgenommen hatten. Vielleicht glaubten sie nicht, dass ich mich befreien könnte oder dachten ich wäre länger bewusstlos geblieben. Aber es war mir egal, die Freude nahm einfach überhand. Wenn ich es jetzt nur noch schaffte, es irgendwie aus meiner Tasche zu bekommen, könnte ich die Polizei oder sonst wen zu Hilfe holen. Ich musste nur leise sein.

Zuerst versuchte ich mit den Händen an die Tasche zu kommen, doch das brachte nichts. Ich kam nicht mal zur Öffnung. Die Taschen waren einfach zu weit vorne. Ich musste mir etwas Anderes überlegen. Langsam legte ich mich wieder zurück auf den Boden und drehte mich auf die Seite, in der Hoffnung das Handy würde aus der Tasche fallen. Und es klappte! Ich musste mich ein wenig auf dem Boden herum wälzen, damit das Handy in Bewegung geriet, und wirbelte dabei ganz schön Staub auf, aber es funktionierte. Es rutschte aus der Tasche und fiel mit einem dumpfen Laut auf den dreckigen Boden. Jetzt musste ich nur noch diesen blöden Verband von meinem Mund runter bekommen und jemanden anrufen. Das wäre alles viel einfacher gewesen, wenn meine Hände nicht gefesselt gewesen wären.

Ich versuchte den Knebel von meinem Mund zu schieben, indem ich mit dem Kinn immer wieder über meine Schulter strich und damit das Tuch nach unten zog. Es war zwar super anstrengend, aber schon nach wenigen Minuten war ich es los. Überraschender Weise war es nicht sehr fest gewesen. Mein Atem ging schwer und wirbelte dabei noch mehr Staub vom Boden auf, weshalb ich nur knapp einen Nieser unterdrücken konnte. Ich rutschte etwas tiefer, um das Handy direkt vorm Gesicht zu haben und versuchte es umständlich durch einen beliebigen Tastendruck zu aktivieren, was sich als wirkliche Herausforderung entpuppte. Es war zwar verhältnismäßig groß, aber die Tasten waren nicht leicht zu drücken, erst Recht nicht, wenn man seine Hände nicht benutzen konnte. Ich sah auf das Display, über das sich ein langer Riss zog. Natürlich hatte ich hier auch noch schlechten Empfang. Trotzdem hüpfte mein Herz vor Freude, offenbar war ich vermisst worden. Kiba hatte acht Mal versucht mich anzurufen, aber das Handy war stumm geschaltet. Das war wirklich mal Glück im Unglück gewesen. Ich hatte vergessen, es wieder laut zu stellen, weil ich es so selten brauchte.

Ich wählte die Rückruftaste. Eine andere Wahl hatte ich eigentlich nicht. Ich war praktisch außer Stande Nummern einzugeben und in diesem Fall musste ich nur die große Rückruftaste drücken. Gut, dass ich Kiba damals, nach der Sache auf dem Friedhof, zur Vorsicht meine Nummer gegeben hatte. Auch wenn mir, so ungern ich es auch zugeben wollte, Sasuke jetzt wahrscheinlich hilfreicher gewesen wäre.

//Ob er kommen würde, um mir zu helfen…?// Ich lauschte dem Tuten.

//Bitte geh ran… Ich will hier weg…//
 

~Autorensicht~
 

In der Zwischenzeit hatten die Anderen bereits das gesamte Festivalgelände abgesucht und waren nun wieder in der engen Straße, in der sie Naruto zuletzt gesehen hatten. Es war nicht mehr ganz so voll.

„Wir haben jetzt schon fast zwei Stunden gesucht und ihn nirgends gefunden, wahrscheinlich ist er wirklich schon zu Hause.“, seufzte Sakura genervt.

„Das kannst du doch gar nicht wissen, ihm kann auch genauso gut etwas passiert sein.“, antworte Hinata prompt, dann fuhr sie fort.

„Das letzte Mal, als ich ihn gesehen habe, da stand er dort in der Nähe dieser Seitengasse.“ Neji stellte sich neben sie und sah in die Runde.

„Wir sollten da noch mal nachsehen und wenn er da auch nicht ist, gehen wir.“ Shikamaru nickte.

„Sonst bleibt uns ja nichts weiter übrig. Er geht immer noch nicht ans Handy, oder?“ Kiba schüttelte nur den Kopf.

„Ich hab es jetzt schon acht Mal versucht, aber nichts ist. Er geht nicht ran.“

Sie gingen zu der kleinen Seitengasse und sahen sich dort um, was sich als schwerer gestaltete als erwartet, denn nun war es in der Ecke stockdunkel. Zu erkennen war nur das, was sie mit dem Licht ihrer Handys beleuchten konnten.

„Also, ich kann hier nichts erkennen.“, meinte Choji. Er machte ein angestrengtes Gesicht, um im Dunkeln möglichst viel sehen zu können, allerdings erfolglos.

„Da hinten… da hinten liegt doch etwas.“ Hinata zeigte auf eine Stelle weiter hinten in der Gasse. Alle sahen sofort hin, während sie sich aus Nejis Griff gelöst hatte und zur Fundstelle ging. Der folgte ihr aber sofort. Auch Kiba sah ihr über die Schulter.

„Das… das ist doch Narutos Tüte, oder?“ Hinata nickte. Auf dem Boden lag die umgestoßene rote Tüte, deren Inhalt auf dem Boden verteilt lag.

„Ja, die Kerze erkenne ich wieder. Die hat er vorhin gekauft.“

Kiba richtete sich wieder auf und sah die Anderen an.

„Leute, langsam wird mir wirklich unwohl.“

Shikamaru seufzte schwer. „Wir sollten die Polizei rufen.“

„Ist gut, ich mach das schon.“, meinte Kiba und ging zum Eingang der Gasse, um zu telefonieren.

Nun schaltete sich Sakura wieder ein.

„Ernsthaft? Ihr wollt die Polizei rufen, nur weil ihr eine Tüte gefunden habt? Naruto kann sie auch einfach vergessen haben und zu Hause hocken.“

„Nein kann er nicht. Würde die Tüte ordentlich irgendwo rumstehen, würde ich dir zustimmen, aber sie ist umgestoßen wurden und Naruto hat sich nicht die Mühe gemacht oder die Gelegenheit gehabt, die Sachen wieder einzusammeln.“

„Jetzt, wo du es sagst…“, kam es zögerlich von Ino. „… das macht schon Sinn.“

Nach einigen Minuten, kam Kiba wieder zurück.

„Und? Was haben sie gesagt?“ Hinata sah ihn hoffnungsvoll an, aber er schüttelte nur den Kopf.

„Die haben gesagt ohne einen schlüssigen Hinweis, dass er entführt wurde, werden sie ihn erst suchen können, wenn er vierundzwanzig Stunden vermisst ist. Die meinten Jugendliche in dem Alter würden öfter mal abhauen.“ Wütend meckerte Kiba vor sich hin.

„Und was sollen wir jetzt tun?“, fragte Choji.

„Ich meine irgendwem müssen wir doch Bescheid sagen können…“ Einen Moment herrschte Stille in der Runde.

„Wir sollten Sensei Uchiha Bescheid sagen, immerhin ist er unser Klassenlehrer.“, meldete sich Sakura plötzlich. Ihre Klassenkameraden, bis auf Neji und Tenten, sahen sie entsetzt an.

„Ernsthaft? Weißt du nicht mehr, wie sauer er beim letzten Mal war? Und die Strafen, die er uns aufgebrummt hatte…“

„Wir können aber sonst niemanden anrufen.“, meinte sie einfach nur, obwohl ihr niemand diese Antwort so recht abkaufte, und zog ihr Handy aus der Tasche. Als Klassensprecherin hatte sie seine Nummer, auch wenn das mehr für organisatorische Gründe gedacht war. Ein paar Mal tutete es, bis der Anruf angenommen und sich Sasuke am anderen Ende der Leitung meldete.

„Ähm... Hallo Sensei... Hier ist Sakura. Es tut mir wirklich leid, Sie zu stören, aber wir haben ein Problem...“, begann sie zögerlich. „Was ist denn passiert?“, fragte Sasuke. Der genervte Unterton in seiner Stimme war kaum zu überhören. Er hatte eine üble Vorahnung.

„Wir waren mit Naruto auf dem Stadtfest. Unterwegs haben wir ihn aber irgendwo verloren und jetzt ist er verschwunden. Er hat sich nicht verabschiedet, geht nicht ans Telefon und wir haben sein Zeug in einer Seitengasse gefunden.“, erklärte sie besorgt. Sasuke seufzte schwer.

„Habt ihr nicht die Polizei gerufen?“

„Doch, aber die konnten nichts machen, weil wir keine Beweise haben, dass er entführt wurde. Und wir wussten nicht, bei wem wir uns sonst hätten melden sollen…“ Sie versuchte verzweifelt zu klingen, worauf Sasuke aber nicht einging. Ein erneutes Seufzen seinerseits jagte Sakura eine Gänsehaut über den Rücken.

„Schon gut, ich sehe mir das an. Bleibt wo ihr seid.“, antwortete er ernst. Sakura beschrieb ihm noch ihren Standort und legte anschließend auf. Sie drehte sich wieder zu den Anderen.

„Er kommt vorbei. Wir sollen solange hier warten.“
 

~Sasukes Sicht~
 

Eine böse Vorahnung machte sich in mir breit. Eilig schnappte ich mir meine Lederjacke und eine kleine “Lebensversicherung“ in Form einer Pistole und verließ die Wohnung. Allerdings nicht durch die Tür, sondern über meinen Balkon. Es würde viel schneller gehen, wenn ich dorthin flog, auch wenn das eine Form war, die ich nur selten annahm, da sie Einiges an Kraft kostete. Ich stellte mich auf das Geländer, die Jacke noch immer in der Hand und ließ meine Flügel erscheinen. Sie zerschnitten mein Hemd an der Stelle wo sie austraten. Noch ein Grund, warum ich das nicht oft tat. Ich sprang, breitete die Flügel aus und flog zu Narutos Wohnung. Ich hoffte inständig, dass er einfach nur nach Hause gegangen war oder sich irgendwo verlaufen hatte. Zumindest würde mir das eine Menge Umstände ersparen.

Nach wenigen Minuten landete ich, wie auch schon damals, auf Narutos Fenstersims und sah in die Wohnung. Es war dunkel und niemand war da. Genervt seufzte ich.

//Wozu mach ich mir eigentlich noch die Mühe ihn zu warnen…// Sofort machte ich mich weiter zu Sakura und den Anderen. Die Sonne war bereits untergegangen und die Lichter der Stadt erhellten den Nachthimmel. Das Stadtfest konnte ich von hier aus sehen und hören. Es war sehr viel Betrieb hier, ich hasste solche Orte.

Ein paar Minuten später landete ich lautlos in einer ruhigen Straße, in der Nähe der Gruppe. Ich ließ die Flügel wieder verschwinden, richtete mein, vom Wind zerzaustes Haar und zog die Lederjacke an, um die Löcher in meinem Hemd zu verdecken. Ich schaute um die Ecke zu der Gruppe. Jetzt, wo ich sie sah, sank meine Laune noch ein Stück. Mit diesen Bälgern hatte ich wirklich nichts als Scherereien. Es wurde langsam wirklich Zeit, etwas Neues anzufangen und ganz bestimmt nicht als Lehrer. Ich hatte den ganzen Stress satt. Langsam näherte ich mich der Gruppe, die gleich beim Eingang einer Seitengasse stand. Sofort wurde ich von Sakura und Ino begrüßt.

„Uchiha-Sensei!“ Sofort kamen sie mir entgegen. Zu den übrigen gehörten Lee, Tenten, Shikamaru, Choji, Neji, Hinata und natürlich wieder Kiba. Die beiden Letzteren wirkten sehr besorgt.

//Stimmt ja, Hinata hat eine Schwäche für Naruto…// Ich stellte mich zu ihnen und achtete dabei gar nicht auf die beiden Mädchen, die schon wieder anfingen, mich voll zu quatschen.

„Gut, dass Sie so schnell da sind, Sensei. Es wurde langsam wirklich unheimlich hier…“, fing Sakura an. Ich unterbrach sie, bevor sie noch weiter machen konnte.

„Also, wo habt ihr Naruto zuletzt gesehen?“ Hinata antwortete mir.

„Wir haben ihn in der Menge verloren, es war hier vorhin richtig voll gewesen, und er war etwa hier an der Stelle.“ Dann meldete sich Sakura.

„Ja und hier haben wir seine Sachen gefunden. Die hatte er vorhin gekauft.“ Sie stand in der Seitengasse und leuchtete mit ihrem Handy auf eine, am Boden liegende, Tüte. Ansonsten war es dort stockfinster. Ich stellte mich zu ihr und sah mir das Ganze an. Die Tüte war umgestoßen und über dem Boden verteilt lagen verschiedene Süßigkeiten und eine Kerze. Was auch passiert war, er hatte keine Gelegenheit gehabt, die Sachen wieder einzusammeln. Ich sah in die Gasse. Es lag nahe, dass er dorthinein gezogen worden war. So würde ich es zumindest machen, wenn ich jemanden entführen wollte.

„Was sollen wir jetzt machen, Sensei?“, fragte Hinata besorgt.

„Leih mir das bitte mal einen Moment.“, bat ich Sakura und griff nach ihrem Handy. Freudig überließ sie es mir.

„Wartet einen Moment hier.“ Dann ging ich weiter in die Gasse und sah mich um. Das Handy war gar nicht so unpraktisch, so musste ich meine Augen nicht so sehr anstrengen. Es war zwar dreckig und unordentlich hier, aber es gab keinerlei Spuren eines Kampfes. Bei einem beiläufigen Blick an die Wand entdeckte ich aber doch noch etwas. Dort war ein relativ kleiner Blutfleck. Ich beleuchtete den Boden. Jetzt, wo ich wusste, wonach ich suchen musste, war es nicht schwer mehrere kleine Blutflecke zu entdecken. Ich hockte mich hin und untersuchte diese. Sie waren noch recht frisch, also stammten sie mit ziemlicher Sicherheit von Naruto. Nur wo konnte er jetzt sein? Ein schwaches Schimmern erweckte meine Aufmerksamkeit. Neugierig ging ich zu der Stelle, nur wenige Meter von mir entfernt und hob den Gegenstand auf. Es war Narutos silbernes Kreuz! Es hatte das Licht des Handys reflektiert. Ein Glied in der Kette war gerissen, weshalb er es verloren hatte, wahrscheinlich, als er sich gegen jemanden wehrte.

//Also ist ihm doch etwas zugestoßen…// Das war der eindeutige Beweis. Niemals hätte er sie liegen lassen. Ich steckte die Kette ein und sah mich weiter um. Die Bluttropfen führten noch weiter in die Gasse, aber ich konnte hier nicht mehr Narutos Fährte aufnehmen. Das Einzige, was ich wahrnahm war ein schwacher süßlicher Geruch.

//Chloroform…//

Ich folgte der Spur ein Stück, doch sie endete nur wenige Straßen weiter. Er musste in ein Auto geschleppt worden sein. Nur der schwache Geruch war noch da, doch es wäre, selbst für mich, sehr schwer dieser Fährte noch zu folgen. Wenn ich ihn finden wollte, musste ich erst die Meute los werden. Ich ging wieder zu ihnen und gerade, als ich aus dem Dunkel der Gasse hervor trat und ihnen etwas sagen wollte, klingelte Kibas Handy. Jeder von ihnen war bei dem plötzlichen, unerwarteten Geräusch zusammen gezuckt. Er zog es aus der Tasche, musterte es einen Moment und ging dann freudestrahlend ran.

„Mensch, Naruto!“ Sofort horchten alle auf.

//Naruto ruft an? Seltsam…//

„Hey, ganz ruhig. Wir haben uns schon Sorgen um dich gemacht. Geht es dir-… Was?“ Einen Moment lang schwieg er. Ich gab währenddessen Sakura ihr Handy wieder.

„Kannst du nicht lauter sprechen, ich versteh kaum ein Wort. Der Empfang ist furchtbar.“

„Wie? Was? Lagerhalle? Bist du noch da? Hallo?“ Schnell schnappte ich ihm das Telefon aus der Hand.

„Naruto! Antworte mir!“ Aber von der anderen Leitung kam nur ein verzerrtes „Sa…s…ke?!“, ehe die Verbindung endgültig abbrach. Er hatte mich wohl noch verstanden. Sofort drehte ich mich zu Kiba.

„Was hat er zu dir gesagt?“

„Nicht viel, das Meiste war unverständlich oder abgehackt. Ich habe nur etwas von irgendeiner Lagerhalle verstanden und das ich etwas holen soll.“ Er raufte sich das Haar.

„Ach verdammt! Was sollen wir jetzt nur tun? Das hilft uns nicht weiter. Es gibt hunderte von Lagerhallen!“ Ich gab ihm sein Handy wieder.

„Ich werde mich noch mal bei der Polizei melden und dafür sorgen, dass sie sich der Sache annehmen. Und ihr werdet jetzt auf direktem Wege nach Hause gehen, verstanden?“

Sie nickten artig und taten, was ich ihnen gesagt hatte. Nur Sakura und Kiba blieben noch bei mir stehen.

„Sensei, ich würde ihnen gerne helfen. Kann ich nicht irgendwas tun?“, fragte Sakura hoffnungsvoll. Kiba nickte zustimmend.

„Ja, ich möchte auch etwas tun.“ Ich fasste die Beiden je an einem Arm, riss sie herum und gab ihnen einen leichten Stoß gegen den Rücken.

„Ihr helft mir, wenn ihr endlich nach Hause geht. Es ist schon weit nach der Sperrstunde.“ Etwas zögerlich blickten mich Beide an.

„Macht euch keine Sorgen.“ Dann endlich setzten sie sich in Bewegung. Als sie endlich um die Ecke verschwunden waren, ging ich in die Gasse und folgte der Spur. Wie Kiba gesagt hatte, gab es viele Lagerhallen in der Stadt, aber nicht alle waren in der Richtung, in die mich die Spur führte und auch nicht alle waren alt oder verlassen. Die Auswahl blieb dennoch groß, also musste ich mich auf meine Sinne verlassen. Einen Augenblick jedoch zögerte ich. Das war die Möglichkeit, Naruto loszuwerden. Etwas, was ich in den ganzen letzten Monaten nicht zustande bekommen hatte. Und dafür musste ich jetzt einfach nur nach Hause gehen. Dann würde sich die Sache von ganz allein erledigen. Aber… sollte ich das wirklich tun? Es würde wieder wie vorher werden und ich müsste mich nicht mehr um diese Nervensäge kümmern. Allerdings… musste ich zugeben, dass ich Alles, was ich für Naruto getan hatte, aus freien Stücken tat. Und außerdem war das eine Sache der Ehre. Jemand vergriff sich an meiner “Beute“. Also war es klar: Ich hatte keine Zeit zu verlieren und folgte der schwachen Fährte.
 

~Narutos Sicht~
 

Es kam mir wie eine halbe Ewigkeit vor, bis endlich jemand an das Telefon ging. Sofort redete ich los.

„Kiba? Kiba! Hörst du mich?“ Durch den ganzen Staub in der Luft verschluckte ich mich und fing an zu husten, woraufhin Kiba meinte, ich solle mich beruhigen. Ich unterbrach ihn, als er mich fragen wollte, wie es mir geht.

„Kiba, sei still und hör mir zu. Ich bin entführt worden. Ich weiß nicht, wo genau ich bin, aber es ist ein Keller in einer verlassene Lagerhalle, bitte hol Hilfe.“ Er klang überrascht und bat mich lauter zu sprechen, da der Empfang schlecht war und er mich nicht gut verstand. Aber ich hatte Angst, die Kerle würden mich hören, wenn ich noch lauter sprach.

„Nein, geht nicht. Sie könnten mich hören. Ich sagte, ich bin in einer verlassenen Lagerhalle und weiß nicht, wo die ist.“ Ich konnte ihn gut verstehen, doch er schien mich immer schlechter zu hören.

//Verdammter Empfang!// Er hatte offenbar nur das Wort “Lagerhalle“ verstanden und fragte, ob ich da wäre.

„Ja, da bin ich. Hol irgendwen zu Hilfe.“ Aber er hörte mich nicht mehr, er fragte an der anderen Leitung ständig nach mir. Plötzlich hörte ich ein dumpfes Geräusch, als hätte jemand auf den Hörer gehauen und in der nächsten Sekunde war Sasuke am Handy und verlangte, dass ich ihm antwortete. Doch ich war viel zu baff, denn damit hatte ich wirklich nicht gerechnet.

„Sasuke?!“ Mehr brachte ich nicht heraus, so überrascht war ich. Bevor ich noch irgendwas sagen konnte, brach die Verbindung ab. Ich sah verärgert auf das Handy. Nun hatte ich gar keinen Empfang mehr. Missmutig richtete ich mich wieder auf. Ich wunderte mich zwar, dass Sasuke bei Kiba gewesen war, aber darum konnte ich mir jetzt keine Gedanken machen. Das Ganze hatte mir nichts gebracht. Erneut zog ich an meinen Fesseln. Ich musste hier irgendwie alleine raus kommen. Aber ich hatte dabei genauso viel Erfolg, wie schon beim letzten Versuch. Die Fesseln scheuerten nur an meinen Händen.

//Ich muss das hinkriegen…// Also versuchte ich es an den Füßen und nach gut zehn Minuten hatte ich Glück. Die Seile schnitten mir zwar schmerzhaft in die Haut und ich verlor einen Schuh, als ich meinen rechten Fuß aus der Schlaufe zog, aber ich konnte mich von diesem Seil befreien. Sofort stand ich auf, lief eilig im Keller umher und suchte nach irgendetwas Scharfem, mit dem ich mich von diesen Fesseln befreien konnte. Aus dem ersten Stock konnte ich leise Stimmen hören. Ich hoffte inständig, dass mich die beiden Männer nicht hörten oder nach mir sehen würden. Das Herz schlug mir bis zum Hals. Wieder sprach ich mir Mut zu.

//Ich muss ruhig bleiben, dann wird das schon… Ganz bestimmt…//

Während ich mich weiter umsah, zerrte ich weiter an meinen übrig gebliebenen Fesseln. Beim Treppengeländer blieb ich einen Moment stehen. Ein paar Teile waren raus gebrochen, wodurch es einige scharfe Kanten gab, aber bei genauerer Betrachtung stellte ich fest, dass das komplette Geländer verrostet war. Hätte ich versucht an den vermeintlich scharfen Stellen die Fesseln aufzuschneiden, wäre wahrscheinlich das komplette Geländer geräuschvoll umgekippt.

Ich musste nur endlich die Hände frei bekommen und ich konnte Hilfe holen. So wie es jetzt war, konnte ich das Handy nicht mal aus der Tasche nehmen. Ich sah mich wieder um. Auf dem Tisch war nichts außer Staub, das Bücherregal war leer und sonst gab es nichts mehr in diesem Raum. Mein Blick fiel auf die Ecke mit Kartons. Ich ließ nichts unversucht. Etwas mühsam holte ich die Kartons mit den Füßen aus der Ecke hervor. Sie waren alle leer. Beinah hätte ich aufgegeben, doch dann sah ich im schwachen Licht, wirklich nur andeutungsweise, eine Glasscheibe. Innerlich machte ich Freudensprünge und überlegte, wie ich die Scheibe kaputt bekam, ohne dabei unnötig Lärm zu machen. Und die Antwort lag direkt vor meinen Füßen: die Kartons! Ich stellte mich auf Einen davon und trat ihn so platt ich nur konnte. Dann schob ich ihn mit dem Fuß direkt vor die Glasscheibe. Das wiederholte ich noch einmal und schob das Ganze langsam gegen die Scheibe, die dadurch an die Wand gedrückt wurde und anschließend auf die Pappe fiel. Der Sturz wurde abgefangen und die Scheibe blieb ganz. Mit den nächsten beiden Kartons machte ich das Selbe. Anschließend schob ich sie auf die Scheibe und stellte mich langsam darauf. Das sollte das Ganze auf jeden Fall abdämmen. Ein leises Knacken ging durch den Raum. Ich rührte mich keinen Millimeter und horchte, ob sich in der oberen Etage etwas rührte. Doch es blieb minutenlang still. Vorsichtig hob ich mit dem Fuß die oberen beiden Platten an, hockte mich rückwärts vor den Scherbenhaufen, nahm mir ein passendes Bruchstück und begann vorsichtig die Fesseln aufzutrennen. Es schmerzte sehr. Nicht nur, dass das Seil an meiner Haut scheuerte, auch die Scherbe schnitt jedes Mal tiefer in meine Hand, wenn ich fester aufdrückte. Aber nach einer Minute hatte ich es schon geschafft. Das Seil fiel zu Boden und ich konnte mich endlich wieder frei bewegen. Sofort fasste ich mir an die linke Schläfe. Die Stelle schmerzte schon die ganze Zeit. War aber auch kein Wunder, denn ich hatte eine Platzwunde davon getragen. Das Blut war längst getrocknet und zog sich bis über meine Wange.

//Hoffentlich kann ich mich dafür revanchieren…// Ich sah mir meine rechte Hand an. Abgesehen von den Scheuerspuren, waren einige Einschnitte auf der Innenfläche und es blutete etwas. Aber sie waren nicht besonders tief. Die Scherbe packte ich vorsichtshalber in meine linke Jackentasche.

Nun musste ich eigentlich nur noch einen Weg hier raus finden, aber das würde sich definitiv schwieriger gestalten. Schnell zog ich meinen Schuh wieder an, stellte mich vor das kleine Fenster und blickte hinauf. Selbst, wenn ich dort hoch gekommen wäre, hätte ich niemals durch gepasst.

„Beeindruckend, das hast du wirklich sehr gut gemacht.“ Für einen Moment setzte mein Herzschlag aus, so sehr erschrak ich. Ich wirbelte zur Seite und sah geschockt die Treppe hinauf. Genau die Richtung, aus der eben diese Stimme gekommen war. Doch bis auf ein rotglühendes Augenpaar in der Dunkelheit, das fast wirkte, als würde es in der Luft schweben, war dort nichts für mich zu erkennen. Hatte mein Herz eben noch ausgesetzt, raste es jetzt wie verrückt.

//Wann ist der hier rein gekommen?!// Langsam wich ich ein Stück zurück.

„Oh entschuldige, Naruto. Habe ich dich erschreckt? Das tut mir aber leid…“ Er trat gemächlich aus dem Schatten hervor und zum ersten Mal erblickte ich Samui. Vielleicht lag es daran, dass ich wusste, dass er ein Vampir war, aber man sah es ihm irgendwie an. Er hatte langes dunkles Haar, das nach hinten zu einem Zopf zusammen gebunden war, einen genau so dunklen Spitzbart und war, soweit man das in der Dunkelheit erkennen konnte, leichenblass. Seine Gesichtszüge waren eben, aber kantiger als die von Sasuke. Alles in allem wirkte er älter als dieser. Er trug eine dunkelblaue Jeans mit einem Shirt und einer braunen Cordjacke.

Ich musterte ihn unsicher. Obwohl er offensichtlich ein Vampir war, hatte er aber nicht die gleiche Wirkung auf mich, wie Sasuke. Er hatte immer, man konnte es nicht anders nennen, etwas Anziehendes, das einen in seinen Bann zog. Doch bei diesem Samui war nichts in der Art. Viel mehr schürte er Angst und Panik in mir. Die pure Blutgier schimmerte ihm aus den Augen.

„Warum zitterst du denn so, kleiner Mensch? Du hast doch alles richtig gemacht.“ Er kam noch ein Stück näher. Ich wich weiter zurück, doch ich stieß gegen die Wand hinter mir. Es gab keine Ausweichmöglichkeit mehr für mich. Erst jetzt bemerkte ich, dass er Recht hatte und ich tatsächlich zitterte. Sofort krallte ich meine Hände in den Saum meiner Jacke. Wenn es etwas gab, was ich von Sasuke gelernt hatte, dann das man einem Vampir niemals zeigte, dass man Angst hatte.

„W-was meinst du damit?“ Er schwieg einen Moment und grinste mich verschlagen an. Dann trat er von der letzten Treppenstufe herunter.

„Dein Vampir, dieser Sasuke… du hast ihn also doch erreicht. Er wird bestimmt bald hier sein, um dich wieder zu retten.“ Überrascht blickte ich auf. Es wunderte mich, dass er von ihm wusste und noch dazu seinen Namen. Aber davon ließ ich mir nichts anmerken.

„Tss… das glaubst du ja wohl selbst nicht, Vampir. Er wird nicht hierher kommen.“ Mir fiel erst hinterher auf, dass ich dabei wie Sasuke klang. Davon war ich sogar fast überzeugt, denn selbst wenn er das tun würde, hatte ich nicht wirklich viele Hinweise geben können, wo ich mich befand. Samui dagegen kicherte amüsiert.

„Aber natürlich wird er her kommen. Er wird sich in seiner Ehre gekränkt fühlen, dass es jemand gewagt hat, sich an seiner Beute zu vergreifen. Die Frage ist nur… wirst du noch da sein, wenn er die richtige Lagerhalle gefunden hat?“ Für einen kurzen Moment entglitten mir doch die Gesichtszüge.

„Du willst… das Sasuke hier her kommt??“ Zögerlich sprach ich meine Gedanken aus und als er noch breiter grinste, traf es mich wie ein Schlag. Sie hatten mich als Köder für ihn hierher gebracht, weil sie wussten, dass er ständig in meiner Nähe war. Deswegen auch der lockere Knebel, die verhältnismäßig leichten Fußfesseln und das Handy in meiner Tasche. Womöglich hatten sie sogar die Scheibe und die Kartons in die Ecke gestellt, damit ich mich befreien konnte, um Sasuke zu rufen.

„Es… es ist eine Falle.“, gab ich nur trocken von mir. Der Vampir lachte dieses Mal deutlich lauter.

„Hahahaha… Natürlich ist es eine. Er wäre sicher nicht gekommen, hätte ich ihn darum gebeten.“ Ich sah entsetzt zu Boden. Eine Falle… und ich hatte Sasuke mit meinem Anruf auch noch hierher gelockt. Ich fühlte mich so dumm. Falls er mich suchte, würde er definitiv hineintappen und ich konnte nichts tun um ihn zu warnen. Wenn ihm etwas passieren würde, wäre das meine Schuld.

Als ich nichts weiter sagte, fuhr er fort. Ich fuhr erschrocken zusammen, denn er stand plötzlich direkt vor mir. Er war etwa einen Kopf größer als ich.

„Mach dir nichts draus, Kleiner. Und übrigens, nenn mich bei meinem Namen. Schließlich hast du ihn oft genug gehört…“ Überrascht weiteten sich meine Augen.

„Ich… sollte das Gespräch hören?“ Er grinste fröhlich und strich mir mit dem Daumen über die Wange.

„Natürlich… immerhin sollte es doch echt wirken.“ Ich drückte mich fester an die Wand hinter mir. Auf keinen Fall durfte er mir die Angst ansehen. Das wäre die reinste Einladung für ihn gewesen.

„Woher kennst du Sasuke?“, fragte ich möglichst gleichgültig und unberührt. Er hörte immer noch nicht auf zu grinsen. Am Liebsten hätte ich ihm eine geknallt.

„Nun ja, man kann es nicht kennen nennen. Ich habe ihn einmal getroffen… durch dich.“ Fragend sah ich ihn an.

„Als du damals deinen kleinen Umweg gemacht hast, und unglücklicherweise Toroi bei der Müllentsorgung gestört hast…“, genervt verdrehte er die Augen. „… und ihm dann auch noch entkommen bist, habe ich dich verfolgt. Und da habe ich diesen… Vampir gesehen.“ Seine Stimme war voller Abscheu und er verzog angewidert das Gesicht. Doch so schnell wie dieser Ausdruck gekommen war, verschwand er auch wieder und er hob unbekümmert die Schultern.

„Und er hat mich auch gesehen. Ich wundere mich ein bisschen, dass er dir nichts von mir erzählt hat. Hätte er das getan, wärst du jetzt bestimmt nicht hier…“ Auch wenn ich es ihm nicht sagen würde, aber das tat ich auch. Warum hatte er das nicht getan? War es ihm einfach egal gewesen? Oder hatte er mich nicht beunruhigen wollen? Ich kam nicht dazu weiter darüber nachzudenken.

„In der Gasse hätte ich dich beinah gehabt. Was für eine Schande…“ Samui umfasste mit der rechten Hand mein Kinn, als ich aufblickte und zwang mich so, ihm direkt in die Augen zu sehen.

„Ein niedlicher, wimmernder Junge ist ein richtiger Leckerbissen im Gegensatz zu den kreischenden kleinen Huren, die mir sonst immer angeschleppt werden.“ Er beugte sich vor. Ich fürchtete schon, dass er gleich zubeißen würde, doch er stoppte neben meinem Gesicht und atmete tief meinen Duft ein.

„Stell dir nur vor, du wärst damals nicht dort entlang gegangen. Ohne den Stofffetzen, den Toroi von dir ergaunert hat, hätten wir dich nie wieder gefunden.“ Mir stockte der Atem, als die Erinnerung an den Abend zurück kam. Als ich mich von diesem Kerl, der wohl dieser Toroi gewesen war, losriss, hatte er mir ein Stück meiner Jacke abgerissen.

„Ihr habt mich verfolgt…?“ Er lehnte sich wieder zurück und grinste breit.

„Natürlich. So einen leckeren, kleinen Tropfen lasse ich mir doch nicht durch die Lappen gehen. Ich werde es genießen dein Blut zu trinken, während du zitternd und schreiend um Gnade flehst.“ Seine Worte jagten mir eine eisige Gänsehaut über den Rücken, doch ich ließ mich nicht einschüchtern. Ich durfte es nicht.

„Das selbstgefällige Gelaber liegt euch Vampiren wohl im Blut.“ Sofort änderte sich sein Gesichtsausdruck. Er blickte ernst zu mir runter, bis er plötzlich meine rechte Hand packte und das Blut von dieser ableckte. Geschockt versuchte ich sie aus seiner Umklammerung zu befreien, auch indem ich nach ihm trat, doch er ließ sich nicht beirren, packte mich mit der rechten Hand am Hals und drückte zu. Ich bekam gerade noch genug Luft um nicht das Bewusstsein zu verlieren. Plötzlich durchzog mich ein grässlicher Schmerz. Als ich die Augen öffnete um nachzusehen, lief mir erneut ein eiskalter Schauer über den Rücken. Er hatte mir in den Handballen gebissen und trank nun mein Blut. Noch dazu zerquetschte er mir praktisch das sowieso schon schmerzende Handgelenk. Ich konnte nichts dagegen tun. Vergebens versuchte ich mit der linken Hand seinen Griff zu lockern. Und er beließ es nicht dabei. Nach wenigen Sekunden, die mir wie eine halbe Ewigkeit vorgekommen waren, ließ er von meiner Hand ab, nur um anschließend in die Pulsader in meinem Unterarm zu beißen. Dieses Mal konnte ich einen schmerzhaften Schrei nicht unterdrücken. Mir wurde schwindelig, denn ich bekam endgültig keine Luft mehr. Mit diesen stechend roten Augen und dem Anblick, wie er mein Blut trank, erinnerte er mich an Sasuke. Nur war bei ihm der Schmerz nie so unerträglich gewesen, dass mir die Tränen übers Gesicht gelaufen waren. Ich hatte es so satt, ständig in solche Situationen zu geraten.

Endlich, nach einer halben Ewigkeit, ließ er von mir ab, schubste mich allerdings an sich vorbei in Richtung Treppe. Ich stürzte, denn ich hatte mit dieser Aktion nicht gerechnet. Mein Arm war taub und zitterte. Nur die Bissstellen schmerzten unerträglich. Ich konnte den Arm kaum bewegen, um den Sturz abzufangen.

„Von mir aus kannst du schreien, bis du heiser bist. Hier wird dich niemand hören, also wenn du etwas länger überleben willst, solltest du dich benehmen.“, meinte er nun wieder grinsend.

„Aber wenn du dich unbedingt sträuben willst, von mir aus. Dinner mit Showeinlage…“ Wütend sah ich zu ihm auf. Er spielte mit mir. So ähnlich kannte ich das auch schon von Sasuke. Nur hatte ich jetzt einen Beweis dafür, dass er mich noch nie ernsthaft hatte töten wollen. Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer. Aber er würde das sicher nicht. Samui und sein Komplize hatten schon so viele Menschen umgebracht und offensichtlich auch noch Freude daran.

„Oder hoffst du noch, dass dich doch noch jemand retten wird?“ Langsam stand ich auf und stützte mich dabei mit der linken Hand an der Wand ab. Er kam wieder näher. Automatisch griff ich nach meiner verletzten Hand und drückte sie gegen meinen Oberkörper.

„Wir haben dich beobachtet, wie du sicher gemerkt hast. Wir wissen, dass du ganz alleine bist.“, grinste er nun wieder schadensfroh. Dann stürzte er wieder auf mich zu und rein instinktiv, holte ich mit meiner gesunden linken Hand aus und schlug ihm, so fest ich nur konnte, ins Gesicht. Mein Triumpf währte aber nicht lange, denn es ließ ihn unbeeindruckt. Wenn ich von seinem Gesichtsausdruck ausging, sah er nicht mal so aus, als hätte er den Schlag gespürt. Er schlug meine Hand beiseite, packte mich am Kragen und biss mir, ohne irgendeine Vorwarnung in die linke Halsseite. Schmerzerfüllt schrie ich auf. Ich konnte nicht atmen, so sehr übermannte mich die Pein. Sollte es wirklich schon vorbei sein und meine Rolle als unfreiwilliger Köder enden?

//Ganz bestimmt nicht!// Ich griff in meine linke Jackentasche, schnappte mir die Glasscherbe und rammte sie diesem Mistkerl seinerseits in den Hals. Sofort schreckte er zurück und gab ein würgendes Geräusch von sich. Ich hatte nicht besonders fest zu gestoßen, da ich das mit der linken Hand nicht konnte, aber die Scherbe war scharf und brach auch noch ab, als er mich weg stieß. Ich landete auf den Stufen der Treppe und fasste mir an die Bissstelle. Ich spürte wie es warm an meinem Hals runter lief, meine Hand benetzte und sich meine Kleidung vollzog. Der Schmerz zog sich über meinen gesamten Nacken und den Kopf. Es war so schlimm, dass ich kaum den neuen Schnitt an meiner linken Hand spürte. Samui währenddessen torkelte vor mir umher, noch immer würgend, und versuchte die abgebrochene Scherbe aus seinem Hals zu ziehen. Dabei stieß er gegen den Tisch. Ich nutzte diese Schrecksekunde, stand auf und rannte schwankend hoch zur Tür. Sie war nur angelehnt, er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass ich mich so stark wehren würde. Schnell rannte ich raus, knallte die Tür zu und sah, durch eine kaputte, halb ausgehangene Tür, die sich links am anderen Ende des Ganges befand, die große Lagerhalle von vorhin. Ich wollte gerade durch den breiten Gang losrennen, als ich plötzlich einen harten Schlag auf den Hinterkopf bekam. Sofort sackte ich zusammen und fiel zu Boden, doch ich blieb bei Bewusstsein. Ob das an dem Adrenalin lag, das mir gerade durch die Venen schoss? Vorsichtig und zitternd fasste ich mir an die Stelle und suchte nach Demjenigen, der mir gerade eins übergezogen hatte. Er stand neben mir, ließ gerade eine Stange oder etwas in der Art zu Boden fallen und zog mich am Arm hoch. Das musste dieser Toroi sein. Wie konnte ich ihn nur vergessen?

„Du wolltest doch nicht etwa schon gehen?“ Er zerrte mich in die Richtung, in die ich eben noch hatte laufen wollen. Mir wurde speiübel und es begann sich Alles zu drehen.

//Verdammter Bastard, das kriegt er wieder.// Mir wurde ein paar Sekunden schwarz vor Augen. Dann fand ich mich auf einem Stuhl wieder und spürte, wie ich an diesen festgebunden wurde. Verzweifelt unterdrückte ich ein Schluchzen. Ich versuchte wirklich, meine Kräfte zu sammeln, um mich zu wehren, zu kämpfen oder sonst irgendwas tun zu können, aber es reichte kaum, um den Kopf zu heben.

„Ich bin wirklich froh, dass du ihm entkommen bist. Jetzt weiß er endlich, was für ein windiges, kleines Biest du bist.“ Dann kam er hinter mir vor und band meine Füße an den beiden vorderen Stuhlbeinen fest.

„Du kannst dir gar nicht vorstellen, was ich mir wegen dir alles anhören musste.“ Er redete weiter, doch ich konnte mich nicht drauf konzentrieren. In meinem Schädel hämmerte es, wie auf einer Baustelle und die Bissspuren schmerzten wie die Hölle. Augenblicklich wanderten meine Gedanken zu Sasuke. Er hatte mich schon öfter gebissen, es hatte sich aber nur unangenehm angefühlt. Ich konnte ihm das jetzt nicht mal mehr übel nehmen. Dieser Schmerz hier war nahezu unerträglich. Unauffällig sah ich mich hier um. Die Halle war sehr groß und schmutzig. Ich konnte nicht alles erkennen, denn die Lampen weiter hinten in der Halle waren ausgeschaltet. Nur die in meiner Nähe waren an. Viele Gegenstände standen hier nicht herum. Mir gegenüber, auf der anderen Seite, konnte ich ein paar alte zerfressene Decken, Fässer und Kisten sehen. Hier war wohl wirklich schon lange niemand mehr gewesen.

„Jetzt versteh ich langsam, warum er dich so lange am Leben gelassen hat. Du bist echt zäh.“, kam es auf einmal hinter mir. Ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass es Samui war. Seine Schritte verrieten mir, dass er auf mich zu kam. Er stellte sich vor mich, während Toroi sich rechts neben mir platzierte. Der Vampir hielt die abgebrochene Glasscherbe in der Hand. Ich hatte einen klaren Blick auf seinen Hals. Die Wunde heilte direkt vor meinen Augen. Schon nach ein paar Sekunden, war nichts mehr zu sehen.

„Wie ich sehe, hast du Toroi schon wieder getroffen.“ Fragend blickte ich zu ihm auf.

//Wiedergetroffen? Woher sollte ich ihn schon kennen?// Ich schaute zu ihm rüber und musterte ihn. Er war etwas kleiner als Samui, wirkte aber nicht minder kräftig. Das kurze schwarze Haar hing ihm ins kantige Gesicht. Er war ebenfalls blass, aber nicht so tödlich fahl, wie Samui. Ich schätzte ihn so Ende dreißig. Ich wusste, dass er der Kerl war, der mich damals in der Gasse angegriffen hatte und der mich auch hierher brachte. Aber ehrlich gesagt, kam er mir nicht bekannt vor. Er hatte kein Gesicht, dass man sich merkte. Plötzlich grinste mich Toroi an.

„Du erkennst mich wohl nicht wieder? Ist schon gut, das Problem habe ich öfter, auch wenn mich das schon ein wenig trifft… immerhin habe ich dir damals auf dem Friedhof helfen wollen.“ Entsetzt sah ich ihn an.

„D-du warst das?!“ Jetzt, wo ich es wusste, fiel es mir fast wie Schuppen von den Augen. Wie hatte ich nur diesen irren Blick vergessen können? Das erklärte auch, warum er schon damals in der Gasse gemeint hatte, dass wir uns wiedersehen. Ich war ihm nicht zum ersten Mal entkommen. Er lachte schadenfroh.

„Ja… Na kommt die Erinnerung zurück?“ Langsam ließ ich den Blick sinken. Augenblick fing ich wieder an zu zittern, ich konnte mich kaum noch halten vor Angst. Samui packte mich am Kinn und zwang mich wieder aufzusehen. Ich musste ihm in die nun wieder blutroten Augen gucken. Aber im Gegensatz zu meinen sonstigen Erfahrungen mit Vampiren hypnotisierte er mich nicht, was Sasuke sonst immer tat.

//Ob er es nicht kann?// Trotzdem fasste ich mir innerlich ein Herz. Ich hatte schreckliche Angst zu sterben und das auch noch auf eine so schreckliche Art. Sogar so sehr, dass ich am liebsten losgeheult hätte. Aber ich riss mich zusammen, es würde mir nichts bringen. So gut ich konnte, verbarg ich meine Angst und sah trotzig zur Seite.

„Kämpferisch bis zum Schluss, nicht wahr? Nun ja, nimm es nicht so schwer. Wenn wir nicht wären, dann hätte es früher oder später dein Sasuke getan.“ Wütend sah ich ihn an. Mein Mund war wieder mal schneller als mein Kopf.

„Das ist nicht wahr, Dreckskerl! Du kennst ihn überhaupt nicht, also sprich nicht von Sachen, von denen du keine Ahnung hast!“ Schneller als ich gucken konnte, verpasste er mir so heftig eine Ohrfeige, dass ich beinah samt Stuhl umgekippt wäre. Gleich darauf umfasste er mit links meinen Hals.

„Was für ein loses Mundwerk. Du hast wohl noch immer nicht begriffen, in welcher Situation du dich befindest.“ Wieder drehte sich alles und meine Lippe tat schrecklich weh. Mit der rechten Hand packte er meinen linken Arm und drückte fest zu. Ich konnte nichts machen, da meine Arme hinter dem Stuhl festgebunden waren.

„Ahh! Au!!“, schrie ich auf.

„Das tut weh, nicht wahr? Und du kannst nichts dagegen machen. Ich werde es genießen, wie du bald um dein Leben flehen wirst.“ Mit diesen Worten drückte er noch fester zu, bis ein lautes Knacken zu hören war. Erneut durchzog ein unerträglicher Schmerz meinen gesamten Körper. Dieses Mal gab es kein Halten für mich. Ich schrie mir die Seele aus dem Leib und Tränen des Schmerzes liefen mir über die Wangen. Es war so unfair. Warum musste mir so etwas passieren, womit hatte ich das verdient? Unweigerlich wanderten meine Gedanken zu Sasuke. Ich gab es auf.

//Dieses Mal wird er mir wohl nicht aus der Patsche helfen…// Nun liefen die Tränen hemmungslos über mein Gesicht, aber nicht vor Schmerz. Es würde hier enden. Ich würde niemanden aus meiner Schule wieder sehen. Ich hatte mich von niemandem verabschieden können und das Letzte, was ich zu Sasuke gesagt hatte, war eine freche Antwort, in einem Ton, den er nicht verdient hatte. Erst jetzt realisierte ich, dass er mich nur hatte warnen wollen, als ich ihn fragte, ob ich etwas zu befürchten hätte. Er hatte nicht sich gemeint, sondern diesen Vampir.

//Er hatte mich doch gewarnt!...// Schon seltsam, wie sympathisch er mir jetzt war, wo ich diesen Samui getroffen hatte. Wie schade, dass ich ihn nie wieder sehen werde…
 

~Sasukes Sicht~
 

Irgendwann hatte ich die schwache Fährte am Stadtrand verloren. Es gab einfach zu viele Gerüche, die viel stärker waren. So hatte ich mich damit abgefunden, jedes in Frage kommende Gebäude zu kontrollieren. Doch als ich gerade bei der sechszehnten Lagerhalle ankam, nahm ich die Fährte wieder auf. Es roch hier deutlich nach Naruto und, viel schlimmer, nach seinem Blut.

Die Lagerhalle sah sehr alt aus, schien aber noch Wind und Wetter trotzen zu können. An der Rückseite des Gebäudes, gleich an der Rückwand zum benachbarten Lagerhaus, waren viele leere Kartons aufgestapelt worden. Sie standen da wohl schon einige Zeit, denn sie sahen sehr mitgenommen aus. Ich ging zur Vorderseite. Die Tür zur Lagehalle war angelehnt und ein schwaches Licht trat hervor. Offensichtlich wurde ich erwartet. Also kein Grund sich zurückzuhalten.

Ich trat ein und sofort fiel mein Blick auf zwei Personen in der Mitte der Halle. Nur an dieser Stelle waren die Lampen angestellt, ansonsten war es dunkel. Ein leises Wimmern, begleitet von vereinzelten Schluchzern, erfüllte den Raum. Die kleinere der beiden Personen war auf einen Stuhl gefesselt und auch der Ursprung dieser mitleiderregenden Geräusche. Schnell, aber leise, lief ich zu den Beiden. Bei der gefesselten Person handelte es sich wirklich um Naruto. Er saß zusammengesunken auf dem Stuhl und ließ den Kopf hängen. Sein Körper zitterte und wurde immer wieder von einzelnen Schluchzern geschüttelt. Vor ihm stand ein Mann, mit dem Rücken zu mir gewandt, mit kurzen schwarzen Haaren, der süffisant lachte und mit einem Messer in der Hand rumfuchtelte. Jetzt erst fiel mir auf, dass Narutos Jacke und Shirt an einigen Stellen zerschnitten worden war. Auf der freigewordenen Haut waren Einschnitte zu sehen. Die Verletzungen waren nur oberflächlich, dennoch wurde ich wütend. Für einen Moment achtete ich nicht auf meine Umgebung und trat versehentlich gegen einen Stein. Sofort drehte er sich um. Augenblicklich erkannte ich ihn. Es war der Mensch, der damals schon auf dem Friedhof versucht hatte, an Naruto ran zu kommen.

Er erstarrte für einen Moment, in dem er begriff, wer vor ihm stand. Dann stellte er sich neben Naruto, zog seinen Kopf an den Haaren zurück, so dass ich sein Gesicht sehen konnte, und hielt ihm das Messer an die Kehle. Naruto jammerte auf. War ich eben noch wütend gewesen, wurde ich jetzt rasend vor Zorn. Naruto war schrecklich zugerichtet! Er hatte eine verschorfte Platzwunde an der linken Schläfe und ein blaues Auge. Seine Nase blutete, genau wie seine Lippe. Man konnte deutlich Tränenspuren auf seinen Wangen sehen. In dieser Situation war es verständlich. Am Hals prangten, deutlich zu erkennen, Bissspuren, die rot angelaufen waren und teilweise von getrocknetem Blut verdeckt waren. Der Kragen war ebenfalls blutbefleckt. Auch sein linker Arm, sah seltsam aus und sein rechtes Bein blutete. Langsam öffnete er die Augen und sah mich zweifelnd an, als könnte er nicht fassen, mich hier zu sehen.

„S-Sasuke…?“ Die Worte waren kaum zu hören und er wirkte, als würde er gleich das Bewusstsein verlieren. Dennoch lief er rot an und wandte sich unter dem Griff dieses Typen, als wäre ihm etwas peinlich. Ich glaubte sogar zu sehen, wie sich neue Tränen in seinen Augenwinkeln sammelten.

Wütend trat ich einen Schritt näher an diesen Kerl. Dabei färbten sich meine Augen rot.

„Du mieser, kleiner…“

„Komm nicht näher oder ich schneide ihm die Kehle durch.“, meinte er panisch. Er wusste wohl, was ich war. Nur woher war die Frage. Ich zückte blitzschnell meine Pistole und richtete sie auf seinen Kopf.

„Wenn du dazu mehr Zeit brauchst, als ich zum Abdrücken, kannst du dein Hirn vom Fußboden auflesen.“ Er stand nervös da und blickte unsicher zwischen meiner Waffe und Naruto hin und her. Doch ich konnte die Entscheidung schon in seinen Augen sehen. Genau in dem Moment, als er das Messer an seinen Hals ansetzen wollte, schoss ich ihm in die Hand. Er ließ das Messer scheppernd zu Boden fallen und hielt sich schreiend die blutende Hand. Er torkelte von Naruto weg. Ich verstaute die Waffe wieder an meinem Gürtel und rannte zu dem Blonden. Schwerfällig sah er zu mir auf.

„Sasuke…“ Ich löste die Fesseln an seinen Füßen, während sich der Mensch heulend auf den Boden kniete.

„Ganz ruhig, Naruto. Es ist alles in Ordnung.“ Als Nächstes entfernte ich die Fessel an seinen Händen, wobei ich einige Einschnitte auf seinen Handinnenflächen und auch eine weitere Bissspur auf seinem rechten Handgelenk entdeckte. Heute Nacht würde es definitiv Tote geben!

„Du musst hier schnell weg.“ Ich sah ihn verwundert an. Wie kam er denn darauf? Er hielt sich den linken Arm, während ich mich an das letzte Seil machte. Der Arm war gebrochen, deshalb hatte er vorhin so seltsam ausgesehen.

„Sei nicht albern.“ Vorsichtig löste ich das Seil, das ihn an die Stuhllehne fesselte. Ich stützte ihn, da ich fürchtete, dass er gleich vom Stuhl kippen würde. Und auf dem Bein würde er auch nicht stehen können.

„Sasuke…“, begann er schwach.

„…da ist noch einer.“ Er deutete auf eine schattige Ecke, aus der plötzlich noch jemand trat. Ihn kannte ich bereits. Ich hatte ihn gesehen, als Naruto das letzte Mal angegriffen worden ist. Er klatschte ein paar Mal in die Hände und grinste mich breit an.

„Bravo, du hast ihn gerettet. Aber ich muss dir leider sagen, dass du in meine Falle getappt bist.“

„Eine Falle sollte das sein?“ Ich sah ihn gespielt überrascht an.

„Ich hielt es für eine Einladung, so offensichtlich, wie es war. Ich meine, Naruto anrufen zu lassen, die Spuren nicht zu entfernen und so weiter. Du hättest kaum mehr machen können, um mich hierher zu kriegen.“

Er sah mich für einen Moment verärgert an, zuckte dann aber mit den Schultern.

„Wie gemein von dir. Dabei habe ich mir so viel Mühe gegeben.“ Ich stellte mich gelassen hin und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Ich habe mich schon gefragt, wer so dreist ist in meinem Revier zu jagen. Natürlich ein Jungspund.“ Ich musterte ihn herablassend. Äußerlich mochte er vielleicht älter aussehen als ich, aber an seinem Benehmen merkte man deutlich, dass er erheblich jünger war. Vampire, wie er, waren mir zuwider.

„Besser als du. Rennst ständig diesem kleinen Bengel hinterher und rettest ihm den Hals. Hast du überhaupt keinen Stolz?“

„Was weißt du schon von Stolz? Rennst zusammen mit einem Menschen durch die Gegend und tötest wahllos Leute. Was ist er, dein Maskottchen?“ Wieder zuckte er mit den Schultern.

„Wir haben halt dieselben Hobbys… Und was ist mit dir und dem niedlichen Bengel? Ihr habt doch so gar nichts gemeinsam.“

Ich erwiderte nur emotionslos seinen Blick.

„Mehr als du glaubst… Apropos, willst du ihm nicht langsam helfen?“ Ich sah rüber zu dem immer noch jammernden Häufchen Elend. Was für ein Weichei. Der Vampir lachte herzhaft auf.

„Nein, er hat nicht aufgepasst und das verdient… Aber wie auch immer, ich finde wir sollten das jetzt klären, findest du nicht auch?“ Ich zog meine Lederjacke aus und legte sie, scheinbar beiläufig, mit einer Hand um Narutos Schultern, der überrascht aufblickte.

„Das erste Sinnvolle, das du sagst…“ Dann ließ ich meine Fingerknöchel knacken.

„… Es wird mir ein Vergnügen sein, dein Leben auszuhauchen.“
 

~Narutos Sicht~
 

Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, als Samui und Toroi endlich von mir abgelassen hatten. Auch, wenn ich nicht das Gefühl hatte, jemals wieder etwas spüren zu können. Samui hatte die ganze Zeit zugesehen und Toroi Anweisungen gegeben. So hatte es ihm Spaß gemacht mein Shirt und die Jacke an einigen Stellen zu zerschneiden, wobei er aber auch Haut mit erwischte. Und Toroi hatte mir aus purer Freude das Messer in den Oberschenkel gerammt, mit der Begründung rot stünde mir so gut. Die Wunde war nicht besonders tief, trotzdem vernebelte mir der Schmerz die Sinne. Ich war so erleichtert, als sich Samui in eine dunkle Ecke zurück zog, denn auch Toroi ließ so von mir ab. Erschöpft ließ ich den Kopf sinken und schloss die Augen. Ich war so müde. Vor meinen Augen blitzten lauter Sternchen und mein Schädel dröhnte noch immer. Eigentlich tat mir wortwörtlich alles weh.

Ich schielte zu Toroi, als sich dieser direkt neben mich stellte und mich dreckig angrinste. Was würde jetzt kommen? Ich malte mir schon die schlimmsten Sachen aus, als er seine Fingerknöchel knacken ließ. Obwohl es nichts brachte, rutschte ich trotzdem weiter gegen die Lehne des Stuhls. Was hatte ich getan, dass ich das verdiente? Er schlug zu und traf meine Nase. Wimmernd ließ ich den Kopf hängen und spürte, wie mir das Blut aus der Nase lief und vom Kinn tropfte. Dieser Mistkerl sagte etwas, aber ich war einfach nicht in der Lage ihm zuzuhören.

//Verdammt! Wenn die mich umbringen wollen, dann sollen sie es endlich hinter sich bringen!//

Er umfasste plötzlich mein Kinn und zwang mich wieder aufzusehen.

„Nimm es mir nicht übel, Kleiner. Aber nachdem ich dich erledigt habe, wird er mich endlich unsterblich machen. Das verstehst du doch sicher…“ Dann ließ er mein Kinn los und fing an mit dem Messer rumzuspielen. Ich ließ den Kopf wieder sinken. Angestrengt versuchte ich die Schluchzer zu unterdrücken, was mir nicht immer gelang.

Plötzlich drehte sich Toroi um, sprang zu mir, riss meinen Kopf hoch und hielt mir das Messer an den Hals.

//Ist es endlich soweit?//, war das Einzige, an das ich denken konnte. Langsam öffnete ich die Augen, auch wenn mir das bei dem Linken nicht wirklich gelang. Ich erblickte Jemanden, von dem ich geglaubt hatte, ihn nie wieder zu sehen.

„Sasuke…“ Noch nie war ich so froh gewesen, ihn zu sehen. Wäre ich nicht an diesen Stuhl gefesselt gewesen, ich wäre ihm wahrscheinlich in die Arme gesprungen. Dann wurde mir allerdings bewusst, dass ich in zerschnittenen Klamotten, völlig wehrlos vor ihm saß, was mir furchtbar peinlich war. Ich versuchte mich irgendwie da raus zu winden, leider ohne Erfolg. Aber er war tatsächlich hier her gekommen. Ich konnte kaum die Freudentränen unterdrücken.

Sasuke schoss diesem Mistkerl in die Hand und ich konnte nicht verhindern, ein hohes Maß an Genugtuung zu verspüren. Sofort kam er zu mir und befreite mich von den Fesseln, was nicht ganz schmerzfrei blieb. Vor allem am Arm tat es weh. Ich versuchte krampfhaft ihn vor Samui zu warnen, der noch hier war. Als ich auf ihn zeigte, kam er von ganz alleine hervor und sprach Sasuke an.

Ich war ehrlich erstaunt, dass Sasuke die Falle durchschaut hatte und trotzdem hergekommen war. Ich hatte mir ganz umsonst Vorwürfe gemacht. Es war beeindruckend, wie er es schaffte, den Anderen bloßzustellen.

Sasuke legte mir beiläufig seine Lederjacke um die Schultern, weshalb ich aufschreckte. Damit hatte ich nicht gerechnet. Er hatte mich dabei ein wenig zur Seite gedrückt, als wolle er mir sagen, ich solle aufstehen. Ein Blick zu ihm verriet mir, dass ich mit dieser Vermutung Recht hatte. Dann wich Sasuke von meiner Seite und stellte sich in einiger Entfernung vor Samui auf. Dieser lachte hämisch.

„Du hättest hören müssen, wie er geschrien und geheult hat. Wirklich wunderbar.“, provozierte er Sasuke. Und dabei hatte er offensichtlich einen empfindlichen Punkt bei ihm getroffen, denn Sasuke fing wütend an zu knurren und entblößte dabei sogar seine Fangzähne. Es war das erste Mal, dass ich ihn bis aufs Messer gereizt sah. Plötzlich sprang Sasuke Samui an und zwischen den Beiden entbrannte ein wildes Gefecht. So schnell ich mit meinen Verletzungen konnte, vergrößerte ich den Abstand zu den Beiden und mir. Ich konnte kaum etwas erkennen, weil sich die Beiden so schnell bewegten. Sie packten einander, schleuderten sich gegenseitig durch die Gegend und schlugen aufeinander ein. Es ging viel zu schnell. Auf einmal fielen ein paar Schüsse. Ich fuhr erschrocken zusammen. Als die Beiden miteinander rangen, sah ich das Samui, Sasukes Waffe genommen hatte und dieser versuchte sie ihm wieder zu entreißen. Erneut löste sich ein Schuss, doch dieses Mal trafen sie eines der alten Fässer, die mir vorhin schon aufgefallen waren, welches sofort in die Luft flog. Die Druckwelle haute mich um, so dass ich mit einem schmerzhaften Aufschrei auf meinen vier Buchstaben landete. Augenblicklich fing die Lagerhalle Feuer und es breitete sich auf die Kisten und alten Decken aus, doch die Anderen ließ das unbeeindruckt.

//Wir müssen hier raus!// Doch es sah nicht so aus, als würde es so einfach werden Sasuke loszueisen und ich würde ihn ganz bestimmt nicht im Stich lassen! Ein unerwartetes Geräusch, als wäre etwas Metallenes zu Boden gefallen, erregte auf einmal meine Aufmerksamkeit. Es war die Waffe, die zu Boden gefallen war und dummer Weise auch noch in der Nähe von Toroi zum Liegen kam. Dieser kniete sich natürlich hin und hob sie auf. Er blickte sich um, genau wie ich. Die Beiden tauchten wieder auf. Sasuke holte gerade mit der rechten Faust aus, was Samui anscheinend locker mit der linken Hand parierte. Sasuke schnaufte vor Wut. Seine Augen hatten inzwischen ein leuchtendes Rot angenommen. Es ertönten erneut Schüsse und automatisch sah ich zu Toroi. Er schoss eiskalt auf Sasuke. Der erste Schuss traf ihn in den Rücken, weshalb er für einen Moment schwankte und Samui so die Gelegenheit hatte, ihm einen rechten Haken zu verpassen. Sasuke fiel zu Boden, wich aber gekonnt einem weiteren Tritt aus und sprang hinter seinen Gegner. Die Verletzung schien ihn sonst nicht weiter zu beeinträchtigen. Seine Finger waren jetzt krallenförmig und seine Fingernägel wurden seltsam lang und scharf. Er holte mit seinen Krallen aus und wollte gerade zum finalen Schlag ausholen, als ihn ein erneuter Schuss in den Magen traf. Entsetzt blickte er auf die Wunde und schaffte es gerade noch im letzten Moment dem Gegenangriff Samuis auszuweichen. Ich musste etwas unternehmen. Sasuke würde noch draufgehen, wenn ich nichts tat. Nicht unbedingt an den Patronen, aber wenn Samui ihn erwischte war es aus. Panisch sah ich mich um. Das Feuer hatte uns fast komplett eingeschlossen und die Hitze wurde allmählich unerträglich. Fast alle Gegenstände brannten schon. Mein Blick fiel auf den Stuhl, auf dem ich bis vor ein paar Minuten noch gefesselt war.

Ich schluckte die Schmerzen im Bein, Kopf, Arm und wo es sonst noch wehtat, runter. Wenn ich Sasuke helfen wollte, musste ich mich jetzt endlich zusammenreißen. Unauffällig schnappte ich mir den Stuhl mit dem gesunden Arm und schlich mich von hinten an Toroi an, der Sasuke gerade am Bein getroffen hatte. Ich nahm den Stuhl, soweit es mit dem gebrochenen Arm ging, mit beiden Händen hoch und zog ihn diesem Penner mit aller Kraft, in dem Moment über, als er gerade wieder abfeuern wollte. Der Schuss streifte Sasuke nur am Arm und er kämpfte unvermittelt mit Samui weiter. Der Stuhl zerbrach in meiner Hand. Toroi lag auf dem Fußboden und hielt sich jammernd den blutenden Hinterkopf. Ich umfasste wieder meinen gebrochenen Arm.

„Das ist für das versaute Wochenende, du Arschloch!“
 

Plötzlich hörte ich Samui laut auflachen und danach ein, für mich undefinierbares, aber dumpfes Geräusch. Ich drehte mich zu den Beiden und sah geschockt das Szenario. Samui hatte Sasuke einen Tritt in den Magen und zwei Faustschläge ins Gesicht verpasst. Noch während Sasuke langsam zurück torkelte, holte der Andere blitzschnell etwas Silbernes aus seiner Jacke und stieß es Sasuke in die Brust. Es war ein silberner Pflock! Erschrocken rief ich Sasukes Namen, doch er reagierte nicht. Auf seinem Gesicht war ein Ausdruck, den ich noch nie bei ihm gesehen hatte. Er starrte mit einer Mischung aus Schock und Entsetzen auf den silbernen Gegenstand in seiner Brust und sank langsam auf seine Knie. Danach wich dieser Ausdruck, einem schmerzverzerrtem Gesicht und er fasste sich an die Brust, während ein kleines Blutrinnsal aus seinem Mundwinkel floss.

Toroi richtete sich schwankend wieder auf und hielt sich noch immer den Kopf.

„Los Samui! Erledige ihn endlich, damit wir verschwinden können!“ Doch der ging darauf nicht ein. Der Qualm des Feuers wurde immer dichter und ich hatte Schwierigkeiten zu atmen, hustete sogar einige Male.

Langsam beugte sich Samui zu Sasuke vor und sah von oben auf ihn herab.

„Tja, nicht schlecht für so einen Jungspund, nicht wahr?“ Wieder lachte er und kam Sasuke noch näher.

„Ich bin überrascht, dass du noch am Leben bist, aber das werde ich korrigieren. Gleich wirst du sterben.“ Sasuke musterte ihn nur emotionslos, als Samui noch einmal anfing zu sprechen.

„Du bist wirklich erbä-“ Ich schrie erneut auf, aber dieses Mal nicht vor Entsetzen, sondern vor Überraschung. Sasuke hatte sich den Pflock aus der Brust gezogen und ihn innerhalb einer Sekunde dem anderen in die Brust gerammt.

„Lern erst mal zu Zielen.“, meinte er darauf nur trocken.

„Du verdammter…“ Sasuke stand auf und packte Samuis Hals mit der linken Hand. Die Rechte ruhte noch immer auf dem Pflock.

„Wenn du jemanden töten willst, dann tu es einfach und erzähl nicht nur davon.“ Dann zog er den Pflock heraus.

„Du wirst für das büßen, was du Naruto angetan hast.“ Er holte mit seiner freien, rechten Krallenhand aus und bohrte sie mit voller Wucht in die linke Brust des Vampirs, was diesen qualvoll aufschreien ließ. Mir wurde übel. Ich wollte weg sehen, aber ich konnte nicht. Doch Sasuke beließ es nicht dabei. Er riss Samui das Herz raus und zerquetschte es vor seinen Augen. Ich hörte den Vampir erneut aufschreien und sah, wie er seine Augen aufriss. Ich musste mir verkneifen aufzustoßen und mich zu übergeben, was mir schon vorher sehr schwer fiel. So viel Blut...

Sasuke ließ ihn los und Samui taumelte, sich mit entsetztem Blick die Brust haltend und röchelnd, einen Schritt zurück. Dann fiel er nach hinten zu Boden und rührte sich nicht mehr.

Toroi hatte das Ganze mit angesehen und schien nun Panik zu bekommen. Er drehte sich zu mir und rannte auf mich zu, aber nicht um mir etwas anzutun, sondern um im Affenzahn an mir vorbei zum Ausgang zu sprinten.

Ich aber rannte zu Sasuke, der nun auf dem Boden kniete und sich die Brust hielt. Ich fiel ihm um den Hals.

„S-Sasuke? Wie geht’s dir?“, fragte ich besorgt und sah ihm ins Gesicht.

„Alles bestens…“, meinte er, aber sah absolut nicht danach aus. Auch er röchelte und die Verletzung in seiner Brust zeigte, dass sein Herz nur knapp verfehlt worden war. Er durfte einfach nicht sterben.

„Komm Sasuke, wir müssen hier raus!“ Doch er schüttelte nur den Kopf und hustete plötzlich Blut.

„Du schaffst das allein… Geh schon… es ist vorbei.“ Ungläubig sah ich ihn an. Das durfte nicht wahr sein.

„Nein, du… du schaffst das! Du brauchst nur etwas Blut.“ Sofort schlang ich meinen rechten Arm um seinen Nacken und drückte sein Gesicht in meine rechte Halsbeuge.

„Los mach schon, es ist in Ordnung.“ Versuchte ich es verzweifelt, doch er stieß mich plötzlich weg.

„Verdammt noch mal, ich sagte-“, er hustete erneut Blut.

„Verschwinde endlich!!!“ Ich sah ganz deutlich in seinen Augen, dass er sich zurück hielt. Und es war mir egal, was er sagte. Wieder legte ich meinen gesunden Arm um seinen Nacken und zog ihn an mich. Er hatte meinen Hals jetzt direkt vor seiner Nase.

„Ich werde nicht ohne dich gehen. Ich…“ Der Qualm stieg mir in die Lunge, weshalb ich schwer husten musste.

„Ich lass dich ganz bestimmt nicht allein!!“ Wann war ich nur so anhänglich geworden? So nah war ich ihm nie zuvor freiwillig gewesen.

Auf einmal krachten ein paar Querbalken von der Decke und versperrten so den Ausgang. Jetzt war es egal, alleine würde ich hier nicht mehr rauskommen. Ich spürte, wie Sasuke langsam seine Arme um mich legte und sachte mit dem Lippen über meinen Hals strich. Eine angenehme Berührung nach diesen furchtbaren Erlebnissen. Erschöpft lehnte ich meinen Kopf an Sasukes Schulter. Der ganze Tag hatte an meinen Kräften gezerrt. Die Schmerzen spürte ich kaum noch.

Er zog mich dichter an sich heran. Seine rechte Hand wanderte zu meinem Haar, bei dem ich jetzt erst merkte, dass es voll mit getrocknetem Blut war. Vorsichtig strich er darüber. Dabei biss er mir langsam in den Hals. Ich spürte kaum etwas, dennoch krallte ich mich fester in den Stoff seines Hemdes. Auch sein Griff wurde mit jedem Schluck fester. Mir fiel das Atmen durch den Qualm allerdings immer schwerer und die Hitze setzte mir zu. Mit der Zeit merkte ich wie ich immer schwächer wurde. Es fiel mir schwer die Augen offen zu halten und ich fragte mich, ob Sasuke das bemerkte. Vollkommen fertig lehnte ich mein Gesicht an Sasukes Halsbeuge und atmete seinen Duft ein. Es war schon seltsam, hätte mir gestern jemand gesagt, was heute passieren würde, hätte ich ihm nie und nimmer geglaubt. Langsam verschwamm meine Sicht. Nach dem, was heute passiert war, war ich mir sicher: das war bestimmt nicht die schlechteste Art zu sterben.
 

~Sasukes Sicht~
 

Mein Verstand hatte sich verabschiedet, als Naruto mich das zweite Mal an sich heran gezogen hatte. Dabei bestand kaum eine Chance, das zu überleben. Er hatte bereits zu viel Blut verloren. Doch obwohl ich ihn von mir stieß, hörte er nicht auf mich.

Ich hatte gespürt, dass Naruto bald schon das Bewusstsein verlor, doch ich konnte nicht von ihm ablassen. Ich fühlte, wie sich mein Körper von dem Kampf erholte. Das Feuer um uns herum, nahm ich kaum wahr, geschweige denn ernst. Trotzdem löste ich mich einige Momente später schwerfällig von ihm. Er lehnte leblos an meiner Schulter. Sein Gesicht war entspannt, doch er sah aus, wie eine Porzellanpuppe. Ich sah zu Naruto runter und versuchte mich etwas zu beruhigen. Meine Augen färbten sich langsam wieder pechschwarz. Die Bisswunde, die ich ihm zugefügt hatte, verheilte in der nächsten Sekunde wieder, so dass er kein Blut mehr verlor.

Ich stand langsam auf, griff unter Narutos Kniekehlen und hob ihn hoch. Narutos Kopf lehnte an meiner Schulter. Sein rechter Arm hing schlaff herunter, während sein linker Arm angewinkelt auf seinem Bauch lag. An seiner rechten Hand war das Blut bereits getrocknet. Ich sah mich um. Ich musste heil mit ihm hier raus kommen. Schnell fand ich eine Möglichkeit und das auch nicht zu früh. Oben, dicht unter dem bereits brennenden Dach, waren mehrere Fenster, die groß genug waren. Das war der einzige Weg hier raus zu kommen, ohne dass er sich noch verbrennen würde. Denn ich erinnerte mich an die gestapelten Kartons, gleich auf der anderen Seite, die ich vorhin gesehen hatte. Sie würden definitiv den Sturz abfangen. Ich sprang, so stark ich nur konnte hoch und Rücken voran durch das Fenster, welches daraufhin klirrend zersprang. Ebenfalls mit dem Rücken voran ließ ich mich in den Kartonhaufen fallen, damit Naruto auf mir landete und ihm nichts passieren konnte. Ich kletterte mit dem bewusstlosen Naruto aus dem Haufen und wollte gerade seinen Zustand kontrollieren, als ich plötzlich mehrere Männerstimmen hörte, die eilig näher kamen.

„Da hinten! Da ist jemand gestürzt!“ An den Wänden konnte ich das Blaulicht der Polizei und der Feuerwehr sehen. Das Feuer war also bemerkt worden.

Ich sah zu Naruto. Es blieb mir keine Zeit lange über mein weiteres Handeln nachzudenken. Ich konnte ihn nicht mitnehmen, also legte ich ihn, noch immer in meiner Jacke, auf dem Kartonhaufen zurück. Vorsichtig strich ich ihm über die Wange und verschwand dann schnell in einer anliegenden Straße. Genau in dem Moment tauchten mehrere Sanitäter und Polizisten auf und brachten ihn auf einer Trage zum Krankenwagen. Aber ich war mir sicher, dass das vergebene Liebesmüh war. Als ich ihn berührt hatte, fühlte ich weder einen Puls, noch seine Atmung.

Wie ich es gesagt hatte: Es war vorbei.
 

Ende Kapitel 15
 

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(1) Ich krieg Angst vor mir selbst. O.o
 

(2) Toroi – übersetzt: dumm, träge
 

(3) Samui – übersetzt: kalt, frostig

… a better end

Es hat lange gedauert, aber hier ist es!^^
 

~Sasuke~
 

Wie unbedeutend und kurz ein Menschenleben sein konnte. So schnell kann es verschwinden. Ich lebte schon eine ganze Weile, aber diese Tatsache erstaunte mich immer wieder, wenn auch nicht auf dieselbe Art wie sonst.

Ruhelos lag ich auf meiner Couch, meine linke Hand lag neben meinem Gesicht, und starrte die silberne Kette Narutos in meiner rechten Hand an. Doch obwohl es in meiner Wohnung absolut still war, fand ich keinen Frieden. Seit Tagen gingen mir immer wieder dieselben Gedanken durch den Kopf. Andauernd musste ich darüber nachdenken, was passiert war und ob ich irgendetwas hätte ändern können. Ich spielte jedes einzelne Ereignis, jede noch so unwichtige Kleinigkeit des Tages vor meinem inneren Auge ab, aber ich kam jedes Mal zum selben Ergebnis: Ich hatte getan, was ich konnte. Mein einziger Fehler war gewesen, dass ich, trotz der Anzeichen, zu spät auf das Interesse dieses kümmerlichen Vampirs an Naruto reagiert hatte. Das Ganze war inzwischen schon fast zwei Wochen her, mittlerweile war es Freitagabend, aber es kam mir vor, als wäre Alles eben erst passiert. Die ganze Zeit über hatte ich kaum einen klaren Gedanken fassen können, weil mich immer wieder die gleichen Dinge und Fragen beschäftigten.

Naruto hätte fliehen können und mich damit gleichzeitig von der Last dieser ewigen Monotonie befreien können. Doch das hatte er nicht…

Sofort flogen mir wieder, wie so oft in den vergangenen Tagen, seine letzten Worte durch den Kopf, bei denen sich alles in mir schmerzlich zusammen zog:

//Ich werde nicht ohne dich gehen… Ich lass dich ganz bestimmt nicht allein!!//

Jedes Mal, wenn ich daran dachte, schmerzte mein Herz, als würde der Silberpflock noch immer in meiner Brust stecken. Auch, wenn ich ihm das angetan hatte, war es nicht meine Schuld. Ich hatte ihn gewarnt, aber er blieb bei mir. Warum nur ist er bei mir geblieben?

Schwer seufzte ich, strich mir dabei über die Augen, während ich unruhig mein linkes Bein von der Couch baumeln ließ. Ich war so schrecklich erschöpft. Obwohl ich mir nach dem Kampf direkt was Frisches zu trinken besorgt hatte und es mir körperlich wieder gut ging, fehlte mir doch Schlaf. Meine Gedanken ließen mich einfach nicht los und wiederholten sich, wie in einer Endlosschleife.

Natürlich war es, egal ob im Fernsehen, Radio oder sonst irgendwo, das Thema Nummer eins gewesen, als man meldete den langgesuchten Serienmörder endlich geschnappt zu haben. Dabei wurde auch erwähnt, dass es vor der Festnahme einen weiteren Übergriff gegeben hatte. Es waren natürlich keine Namen genannt worden, aber selbst diejenigen, die anhand der Beschreibung Narutos nicht wussten, dass es sich um ihn handelte, merkten spätestens am Montag, dass er nicht in der Schule war. Der Buschfunk, mehr oder weniger absichtlich angetrieben von Narutos Freunden, die mit ihm unterwegs gewesen waren, regelte den Rest. So war es an der Schule, innerhalb von zwei Tagen zum offenen Geheimnis geworden, wer das vermeintliche Opfer des Serienmörders geworden war. Die Lehrer hatten natürlich Genaueres erfahren. Sie waren alle bestürzt gewesen, schließlich hatten sie Naruto alle irgendwie ins Herz geschlossen. Besonders schlimm erwischte es Iruka. Er hatte sich nur schwer unter Kontrolle halten können und machte sich sogar Vorwürfe. Wie bescheuert von ihm! Er hatte nicht mal gewusst, dass Naruto auf das Fest gehen wollte, wie hätte er das ändern wollen? Menschen… Wenigstens hatte er sich nach einer Weile wieder beruhigt.

Bei all dem war meine geistige Abwesenheit nicht weiter aufgefallen, denn praktisch jeder war durch die Ereignisse abgelenkt, was den Unterricht nicht gerade einfacher machte. Selbst die, die noch nie viel mit Naruto zu tun gehabt hatten, waren kaum ansprechbar. Musste an der vorherrschenden Lethargie im Klassenzimmer liegen. Auch Narutos Freunden erging es nicht anders. Shikamaru lag ständig mit verschränkten Armen auf dem Tisch und blickte in die Ferne, Kiba sah aus dem Fenster, Hinatas Blick war praktisch an meinem Pult festgeschweißt, Choji war sogar der Appetit vergangen und Sakura kaute ständig an ihrem Bleistift rum. Sie schienen sich auch Vorwürfe zu machen, wobei ich ihnen definitiv mehr Schuld einräumte als Iruka. Man konnte nicht leugnen, dass Naruto von Natur aus ein Händchen dafür gehabt hatte, sich in Schwierigkeiten zu bringen, aber seit er in die Klasse gekommen war, hatten sie stets dazu beigetragen. Und jetzt…

Wieder wanderten meine Gedanken zu ihm. Wieso war dieser Idiot nicht einfach weggerannt und hätte damit sein Leben gerettet? Doch stattdessen war er an meiner Seite geblieben. Seine Worte gingen erneut, wie ein Echo durch meinen Kopf, begleitet von den Bildern des Abends. Die sonst gesunde Hautfarbe war blass, wie ein Leichentuch gewesen. Sein Körper hing schlaff, ohne die geringste Anspannung, in meinem Armen. Das Gesicht entspannt, als würde er nur schlafen, doch regte sich kein Muskel. Kein Atem, kein Puls, nicht mal der leiseste Herzschlag war zu hören gewesen. Er hatte wie eine große Porzellanpuppe ausgesehen. Ein eigentlich schönes Bild, doch so surreal, wenn man den lebhaften, fröhlichen Naruto kannte…

Wegen ihm war ich noch hier und er war vielleicht schon…

Ich merkte, wie langsam meine Fassade der Gleichgültigkeit zu bröckeln begann. Sofort verschränkte ich meine Arme vor dem Gesicht und versperrte so den Blick an die Decke. Meine Augen brannten verräterisch und normales Atmen fiel mir schwer. Es nervte und zermürbte mich so sehr, ständig von denselben Gedanken und Gefühlen heimgesucht zu werden. Ich hatte inständig gehofft, dass endlich hinter mir zu haben, doch ich fand nirgends Frieden. Selbst die Stille der Wohnung wurde unerträglich und erdrückte mich fast. Wann war mir nur das letzte Mal etwas so nahe gegangen? Es musste eine Ewigkeit her sein. Der Druck auf meiner Brust nahm zu und das Atmen fiel mir schwerer. Ich brauchte Ablenkung…

Langsam steckte ich die Kette in meine Hosentasche, griff mit der linken Hand nach der Fernbedienung auf meinem Couchtisch und schaltete den Fernseher an. Dummerweise begannen gerade die Nachrichten und es ging, wie schon die ganzen Wochen, um das eine Thema.
 

„… zu den weiteren Nachrichten: Neues im Fall des Serienmörders von Konoha. DNA-Tests haben nun zweifelsfrei bewiesen, dass es sich bei dem, vor zwei Wochen festgenommenen Mann, um den lang gesuchten Serientäter handelt. Seine Opfer, meist junge Erwachsene oder Jugendliche, hinterließ er grausam zugerichtet.

Er war Samstag vor zwei Wochen bei dem Lagerhallenbrand festgenommen worden. Die Feuerwehr konnte einen Übergriff des Feuers auf die benachbarten Lagerhallen verhindern. Bei dem Brand gab es einen Schwerverletzten. Der 16-jährige Junge war, nach Zeugenaussagen, bereits am selben Abend als vermisst gemeldet worden. Die Polizei vermutet, dass er das nächste Opfer werden sollte und sich bei der heftigen Gegenwehr des Jungen das Feuer entzündet und sie innerhalb weniger Minuten eingeschlossen hatte. Der Täter floh sofort aus der Lagerhalle und rannte der Polizei in die Arme, die bereits Vorort war. Befragungen des Täters brachten keine nennenswerten Fakten. Derzeit wird ein psychologisches Gutachten erstellt, um seine Zurechnungsfähigkeit festzustellen. Bei seiner Festnahme soll er einen verwirrten Eindruck gemacht und hysterisch von Vampiren geredet haben.

Noch ist unklar, wie sich der Junge, trotz starken Blutverlusts, mehrerer Frakturen und Traumas aus dem Feuer hatte retten können. Der Schüler wurde umgehend ins nahegelegene Konoha-Krankenhaus gebracht und operiert. Sein Zustand war kritisch…“
 

Sie erzählte das Selbe, wie schon die ganzen zwei Wochen. Er wurde sofort eingeliefert und operiert, doch es hatte nicht viel gebracht. Er war nicht aufgewacht.

Man hatte ihn auf die Intensivstation verlegt und niemand durfte zu ihm. Iruka hatte es versucht und war abgewiesen worden. Naruto würde es sicher nicht mehr lange machen. Noch ein Grund, warum Iruka seit Wochen neben sich stand. Ich dagegen hatte kein Interesse gehabt ihn zu besuchen. In meinem Leben habe ich schlimme Dinge gesehen, aber das wollte ich mir ersparen. Diese Sache beschäftigte mich schon genug, auch ohne, dass ich mir ansah, was ich ihm angetan hatte. Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen.
 

„... sein Zustand. Ein Sprecher des Krankenhauses meldete heute Mittag, dass der Junge am frühen Morgen für einige Minuten das Bewusstsein wiedererlangt hatte. Seine Aussage konnte noch nicht aufgenommen werden, doch die Ärzte seien sehr zuversichtlich. Nun zu den weiteren Nachrichten…“
 

Mit einem Satz stand ich plötzlich kerzengerade vor meinem Couchtisch und dem Fernseher und starrte Letzteren fassungslos an. Nur langsam verarbeitete ich die Information, die nun, anstelle von Narutos Stimme, durch meinen Kopf hallte.

//Er war wach gewesen!// Als mich die Erkenntnis traf, durchfuhr mich mit einem Mal die ganze Kraft, die mir die Wochen über gefehlt hatte. Ich konnte hier nicht mehr rumsitzen, ich musste irgendwas tun. Mit meinen eigenen Augen musste ich mich vergewissern, dass es stimmte und ihn sehen! Ohne lange zu zögern, rannte ich zum Balkon, genau wie vor zwei Wochen. Ich riss die Tür auf, sprang ohne anzuhalten auf das Geländer, ließ meine Flügel erscheinen und flog in die Nacht hinaus. Mir fehlte die Geduld zu fahren. Stattdessen flog ich in einem irren Tempo Richtung Krankenhaus.

Nach wenigen Minuten erreichte ich endlich mein Ziel. Ich landete lautlos in einer nahegelegenen, dunklen Seitenstraße und begab mich ins Krankenhaus. Es herrschte ein reges Treiben und nicht nur Ärzte, Krankenschwestern und Patienten wanderten durch die Gänge. Als ich den Eingangsbereich betrat, fielen mir gleich einige Reporter auf, die dort zu warten schienen. Offenbar hofften sie jetzt, wo Naruto bei Bewusstsein gewesen sein soll, auf eine weitere Schlagzeile oder vielleicht sogar ein Interview. Ich ging an der Rezeption vorbei und machte mich auf den Weg zur Intensivstation. Es war nicht schwer dorthin zu finden, doch nun galt es irgendwie sein Zimmer ausfindig zu machen. Ich nutzte meine “Fähigkeiten“ um schnell, lautlos und unbemerkt zu meinem Ziel zu kommen. Von Iruka wusste ich, welche Nummer das Zimmer hatte. Zu dumm nur, dass ich keine Ahnung hatte, wo das Zimmer war, sonst hätte ich von außen, durch das Fenster, kommen können. Als ich die Tür erreicht hatte, sah ich mich noch einmal um. Niemand hatte mich bemerkt, nicht einmal die Schwester an der Station, nur wenige Meter von mir entfernt. Ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen. Ich liebte diese Überlegenheit gegenüber Menschen. Wäre doch nur nicht diese Langeweile…

Leise betrat ich das Zimmer und sofort drang mir das Piepen eines EKGs ans Ohr. Der Raum war klein und ein einzelnes Bett, zusammen mit dem EKG und einigen anderen Gerätschaften, die mir unbekannt waren, stand am hinteren rechten Ende des Zimmers, direkt am Fenster. Durch dieses konnte man die langsam untergehende Sonne sehen. Die einzige Lichtquelle im Raum kam von einer Lampe, die am Krankenbett befestigt war. Ich trat ans Fußende des Bettes und betrachtete den darin Liegenden. Er lag auf dem Rücken, die rechte Hand an der Seite und einem eingegipsten linken Arm. Nun war ich wirklich froh, dass ich nicht schon früher hergekommen war. Naruto sah nicht mehr so aus, wie an dem Abend vor zwei Wochen. Nichts war mehr von dem puppenartigen Aussehen übrig. Sein Haar hing ihm glanzlos ins Gesicht. Die Haut war nicht mehr weiß, sondern hatte einen blass-grünlichen Ton angenommen. An der Stelle, wo die Platzwunde über seinem linken Auge war, war ein dickes Pflaster, das unter einem Verband verschwand, welches ihm um die Stirn gebunden worden war. Sein blaues Auge war schon fast vollständig verheilt. Narutos Hals, wie auch sein rechter Arm und die Hand waren verbunden. Durch die Decke konnte ich es natürlich nicht sehen, aber sicher war auch die Stichwunde an seinem rechten Bein behandelt worden.

Langsam ging ich, ohne die Augen von ihm zu nehmen, um das Bett herum und blieb zu seiner Linken, stehen. Ich konnte sehen, wie er atmete. Er sah alles Andere als gesund aus, aber doch lebendig. Und wenn er hier ohne Atmungsgerät lag, dann hatte er das Schlimmste wohl hinter sich.

Zögerlich beugte ich mich vor und streckte vorsichtig meine Hand nach ihm aus, stoppte allerdings kurz vor seinem Gesicht. Das war die letzte, die perfekte, Gelegenheit ihn loszuwerden und mein Geheimnis endlich wieder in Sicherheit zu wähnen. Und es wäre so einfach und würde nicht einmal auffallen…

Aber ich konnte es nicht tun, ich wollte nicht. Das hatte ich mir schon vor Wochen eingestehen müssen. Nach allem, was ich mit Naruto erlebt und durchgemacht hatte, erschien mir der Gedanke, wieder ohne ihn zu sein, langweilig und, zugegeben, trostlos.

Langsam legte ich meine Hand auf seine Wange und drehte sein Gesicht somit etwas zu mir. Seine Haut war warm, fühlte sich aber, im Gegensatz zu sonst, trocken und rau an, was mich nicht wunderte. Immerhin lag er schon seit zwei Wochen im Bett.

„Naruto…“ Ich wartete einen Augenblick, aber ich bekam keine Reaktion. Noch einmal versuchte ich es, allerdings erfolglos.

„Naruto.“ Dieses Mal sagte ich seinen Namen deutlich lauter und strich mit dem Daumen über seine Wange. Und tatsächlich, nach wenigen Sekunden rührte er sich. Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Es kam mir wie eine halbe Ewigkeit vor, bis er endlich seine Augen aufschlug. Naruto blinzelte einige Male und schaute sich orientierungslos um, ehe sein Blick an mir hängen blieb. Meine Anwesenheit schien ihn zu überraschen.

„Sasuke?“ Seine Stimme war ganz rau und kratzig, aber das wunderte mich nicht. Schließlich hatte er schon ewig nicht mehr gesprochen. Wie zur Bestätigung, hielt er sich die verbundene rechte Hand vor den Mund und hustete ein paar Mal. Ich ließ sein Gesicht wieder los und setzte mich auf die Bettkante.

„Ja, ich bin´s. Wie geht es dir?“

Naruto nahm die Hand wieder vom Mund und versuchte sich aufzurichten, was nicht wirklich gelang. Stattdessen hatte er sich im Bett nur ein Stück weiter nach oben gedrückt. Seufzend gab er den Versuch auf, sich aufzurichten und ließ sich wieder ins Kissen fallen.

„Geht so…“, er räusperte sich kurz. Seine Stimme kam langsam wieder in Gang.

„… mir ist nur übel, seit mir der Arzt irgendwas gegeben hat…“

//Sicherlich eine Nebenwirkung seines Schmerzmittels// Mir war gleich aufgefallen, dass er sich, trotz seiner Verletzungen, ungehindert bewegte.

„Du sahst auch schon besser aus.“, meinte er leise und musterte mich von oben bis unten. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Er spielte wohl auf mein müdes Gesicht und mein zerzaustes Haar an, welche ich eigentlich ihm zu verdanken hatte. Aber das erzählte ich ihm besser nicht.

„Wie nett, du musst grad reden. Du siehst aus wie der Tod…“ Ich konnte in diesem Moment einfach nicht anders, als ihm mit der rechten Hand vorsichtig eine Strähne aus dem bleichen Gesicht zu wischen und dabei, scheinbar beiläufig, über seine Wange zu streicheln. Ich ließ meine Hand auf seiner Schulter liegen.

„… aber du bist wirklich nicht so schnell klein zu kriegen. Sowas zu überleben… wer hätte das gedacht?“

Für einen kurzen Moment wirkte er weit weg zu sein. Man konnte ihm regelrecht ansehen, dass er gerade scharf nachdachte. Dann sah er mich wieder an, legte seine rechte Hand vorsichtig auf meinen Unterarm und sprach leise, aber mit aufgeregter Stimme.

„Sasuke, was genau ist passiert? Ich erinnere mich noch an das Feuer, aber…“, er machte eine kurze Pause, als wüsste er nicht, was er zuerst sagen sollte. Sein Atem ging dabei schwer. Ich bekam schon Angst, er würde gleich einen Anfall bekommen.

„Als ich wach war, kamen ständig fremde Leute zu mir… ich glaube Ärzte und so… und sie fragten mich immerzu irgendwelche Sachen… dabei war ich so müde…“ Wieder machte er eine kurze Pause, dieses Mal aber um einige tiefe Luftzüge zu holen. Er sprach viel zu schnell für seinen Zustand.

„Alle waren so aufgeregt, aber keiner sagte mir, was passiert ist.“ Das konnte ich mir gut vorstellen. Sie hatten seinen Zustand geprüft und er dürfte nicht viel von sich gegeben haben.

„… Ein Polizist war auch hier gewesen und hat mir seltsame Fragen gestellt. Wie ich rausgekommen bin, warum ich keine Brandwunden hab und wem die Lederjacke gehörte, die mir viel zu groß war. Ich wusste nicht was ich sagen sollte und mir war so übel… Sie haben ihn rausgeschmissen, als er mich nicht in Ruhe lassen wollte und-“

Blitzschnell, aber vorsichtig, legte ich meine rechte Hand auf seinen Mund und brachte ihn so zum Schweigen. Er blickte mich im ersten Moment verdutzt an, schien dann aber doch dankbar dafür zu sein, dass ich ihn von seinem Redeschwall befreit hatte. Nach ein paar Sekunden nahm ich meine Hand von seinem Mund und legte sie wieder auf seine Wange.

„Ganz langsam, Naruto. Beruhige dich erst mal.“ Ich erzählte ihm im Groben, was passiert war, nachdem ich ihn aus dem Lagerhaus gebracht hatte. Eigentlich war es mir nicht Recht, dass er diese Dinge erfuhr, denn so bestand die Gefahr, dass er sich bei irgendjemanden verplappern könnte. Aber es war genau so wenig fair, ihn länger als nötig mit seinen Fragen allein zu lassen. Er beruhigte sich auch wieder und war erleichtert zu hören, dass dieser wertlose Mensch gefasst worden war. Wäre er mir in die Arme gerannt, hätten sie nur noch seine blutigen Einzelteile aufsammeln können.

„… und wenn der Kommissar dich wieder fragt, was passiert ist, sag ihm, dass ihr nur zu zweit in der Lagerhalle wart, das Feuer ausgebrochen ist, als du dich gegen ihn verteidigt hast und du über eine Leiter, irgendein Holzgerüst oder sonst irgendwas nach draußen gelangen konntest. An mehr kannst du dich nicht erinnern.“

„Ja, aber sie sagten, ich wäre gar nicht mehr in der Lage dazu gewesen. Wegen meinem Bein und… du weißt schon…“ Er deutete mit seiner Rechten unauffällig auf seinen Hals. Ich schüttelte leicht den Kopf, lehnte mich dabei wieder zurück und legte meine Hände auf den Schoß.

„Das ist egal, Naruto. Der Kerl ist als Täter bereits überführt. Es wird niemanden scheren, was genau passiert ist. Du musst nur bei dieser Geschichte bleiben, egal was gesagt wird, dann wird dieser unwichtige Punkt bald vergessen sein. Und was die Jacke angeht… behaupte einfach du hättest sie auf dem Fest gefunden oder sie hätte in der Lagerhalle rumgelegen und du hast sie zum Schutz vor dem Feuer genutzt.“ Auf einmal begann Naruto mich breit anzugrinsen und schien sich sogar ein leises Lachen verkneifen zu müssen.

„Was ist denn jetzt auf einmal so witzig?“

„Naja…“, meinte er mit einem immer noch breiten Grinsen auf den Lippen.

„… sieht so aus, als würde deine Lieblingsjacke zum Schluss doch noch mir gehören. Oft genug hatte ich sie ja schon an.“

Da hatte er wohl Recht. Ich hatte sie ihm schon bei zig Gelegenheiten um die Schultern gelegt. Spontan fiel mir die Sache mit dem Friedhof und seiner Nacht bei mir ein. Eigentlich immer wenn er wieder Mist gebaut hatte… Aber ich würde ihren Verlust verkraften, auch wenn sie mir gut gefallen hatte. Ich seufzte gespielt und lächelte spöttisch zu ihm herab.

„Du hast mich doch nicht etwa all diese Anstrengungen und Umstände ertragen lassen, nur um an meine Jacke ranzukommen? Obwohl… Zutrauen würde ich es dir.“

„Das hätte ich nie getan…“, antwortete er leise.

„… Du siehst immer noch ganz mitgenommen aus. Er hätte dich beinah erwischt...“ Dieses Mal musste ich so laut loslachen, dass ich Angst hatte, die Schwester könnte mich auf dem Gang gehört haben. Doch es blieb still.

„Ts… Der?“ Ich legte den Kopf etwas schräg, wodurch mir einige Strähnen ins Gesicht fielen und grinste noch breiter.

„Dem haben noch mindestens 500 Jahre gefehlt, um mir ebenbürtig zu sein.“ Er sah mich verwirrt an. Wahrscheinlich irritierte ihn die Tatsache, dass ich so jung aussah und trotzdem erheblich älter sein sollte, als dieses feige Großmaul.

„Du bist älter als er? Wie alt bist de-“

„Wo wir gerade über die Jacke reden…“ Ich liebte es einfach, ihn bei diesem Thema zappeln zu lassen.

„… ich habe das hier wieder gefunden.“ Vorsichtig zog ich die Kette aus meiner Hosentasche und ließ sie vor Narutos Gesicht baumeln. Überrascht musterte er sie und vergaß sogar seine, noch kurz zuvor gestellte, Frage wieder. Er hob langsam seine Hand und fuhr zaghaft mit den Finger über das Kreuz. Gerade als ich dachte, er würde zugreifen, und beinah losgelassen hätte, zog er sie zurück und ließ die Kette, samt Anhänger, schwingend in meiner Hand.

„Du kannst sie behalten. Sie hat mir, seit ich sie habe, nur Unglück gebracht.“

„Das ich nicht lache, Naruto. Ich fürchte da kann die Kette gar nichts für…“ Tatsächlich konnte ich mir ein leise kichern nicht verkneifen, denn der Gedanke, das Naruto der Kette die Schuld an seinem Unglück gab, war einfach zu amüsant. Schmollend sah er zur Seite.

„Trotzdem… Und außerdem hab ich sie wieder verloren… damit gehört sie dir.“

//Meint er etwa die Sache, als er damals die Kette in meiner Wohnung hatte liegen lassen?//

„Das war ein Spaß gewesen… aber wenn du sie nicht willst…“, meinte ich und steckte sie wieder zurück in meine Tasche. Das schien mir eigentlich ganz fair dafür, dass er meine schöne Lederjacke behalten durfte.

Zufrieden stand ich vom Bett auf. Ich hatte bekommen, was ich wollte: Naruto war noch am Leben, auf dem Weg der Besserung und er wusste jetzt, was er den Leuten erzählen sollte.

„Na gut, Naruto. Genug für heute, ich gehe jetzt wieder nach Hause. Du solltest weiter schlafen.“ Ich drehte mich um und wollte gerade den Weg durch das Fenster nehmen, der für mich viel einfacher war, als ich auf einmal an der rechten Hand festgehalten wurde. Überrascht drehte ich mich um und sah in Narutos verlegenes Gesicht. Er hatte es doch noch geschafft, sich etwas aufzurichten und mit seiner gesünderen Hand meine umschlungen. Seine Wangen waren rot und er konnte kaum den Blickkontakt zu mir halten.

„Ka-Kannst du nicht noch bei mir bleiben?“ Ich kam wieder einen Schritt auf ihn zu, beugte mich zu ihm vor, löste mit der Linken seine Hand von der Meinen und legte sie auf seinen Bauch, ließ aber nicht los. Dabei drückte ich ihn mit der Anderen zurück ins Bett.

„Tja Naruto, ich will dir ja nicht zu nahe treten, aber wenn du schon glaubst, ich sehe schlimm aus, dann solltest du nicht in den Spiegel sehen. Du brauchst Ruhe.“

„Aber jetzt, wo ich wach bin, ist es irgendwie… unheimlich hier…“ Er schaute sich vorsichtig und fast schon ängstlich im Raum um, ohne sich dabei groß zu bewegen.

„... und ich muss daran denken, was passiert ist…“ Seine Stimme zitterte kaum merklich und er wirkte, als wäre er bereit, gegebenenfalls aus dem Bett zu springen und mich wieder festzuhalten. Ich hatte ehrlich gesagt nicht darüber nachgedacht, dass Naruto das Erlebte noch verarbeiten musste, immerhin war es fraglich gewesen, ob er überhaupt überlebte. Aber etwas Anderes fesselte mich viel mehr und trieb mir erneut ein breites Grinsen auf das Gesicht.

„Was denn, was denn… Du hast wohl am Ende wirklich keine Angst mehr vor mir, oder?“

Er atmete einige Male tief durch und ich spürte, wie sich unsere Hände auf seinem Bauch auf und ab bewegten. Fast beiläufig setzte ich mich wieder auf die Bettkante.

„Es… tut mir leid. Aber muss ich das denn noch? Warum hast du mich dann nicht einfach zurück gelassen?“ Er sah mir unverwandt in die Augen, obwohl er schon wieder sehr müde wirkte. Wie niedlich er gerade war, wie er versuchte mich in die Ecke zu treiben, aber das konnte ich besser.

„Hm… ich weiß nicht. Vielleicht aus demselben Grund, aus dem du es nicht getan hast?“

Augenblicklich stieg ihm die Röte ins Gesicht, was ihm, trotz seiner ungesunden Hautfarbe, ungeheuer gut stand. Der etwas empörte Ausdruck in seinem Gesicht, trug zusätzlich dazu bei. Ich hätte nie erwartet, dass ich ihn mit dieser kleinen Frage so verlegen machen konnte. Unwillkürlich legte ich meine Hand wieder auf seine Wange und strich sanft darüber, als wollte ich sicher gehen, dass er sich wirklich nicht fürchtete. Denn der Gedanke, dass er keine Angst mehr vor mir hatte, erfüllte mich mit Freude.

„D-das ist zu schwierig...“, meinte er stotternd und blickte sich nervös um. Ich wunderte mich, weshalb er auf einmal so aufgeregt war und was er damit meinte.

„… K-kannst du mir nicht einmal eine klare Antwort geben? Du scheinst das gerne zu machen…“ Wieder schlich sich ein Grinsen auf meine Lippen. Jetzt ahnte ich, was er damit meinte. Naruto konnte mir nichts vormachen. Ich wusste, dass er mich mochte, auch wenn er es nicht zugeben würde und vielleicht noch nicht einmal selber bemerkt hatte.

Für eine Sekunde beobachtete ich ihn. Inzwischen schaffte er es wieder, mir in die Augen zu sehen und sein Blick war regelrecht an mir festgekettet. Obgleich er sehr müde war, war sein Blick wachsam und das alte Glänzen war bereits darin zu sehen. Wie lange war es her, dass ich zuletzt in diesem tiefen, ozeanblauen Augenpaar versunken war? Es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Nur schwerfällig löste ich meinen Blick und ließ diesen weiter abwärts wandern. Seine Lippen waren leicht geöffnet, als wolle er jeden Augenblick etwas sagen, doch das tat er nicht. Stattdessen spürte ich, wie ihm die Hitze ins Gesicht schoss und das Rot in seinem Gesicht zunahm. Ich brauchte nicht auf den nervigen EKG zu achten, um zu wissen, dass Narutos Puls in die Höhe schoss. Das Bild, das er mir hier bot, war einfach unwiderstehlich. Wie sollte ich mich da denn noch zurückhalten können?

Vorsichtig lehnte ich mir vor, schaute nun wieder in diese atemberaubenden blauen Augen und flüsterte ihm leise etwas zu.

„Es gibt etwas, das ich eindeutig lieber mache…“ Ehe er reagieren konnte, überwand ich die letzten Zentimeter zwischen uns und küsste ihn sanft. Überrascht sah er mich an, schloss allerdings nach wenigen Sekunden die Augen und erwiderte zaghaft den Kuss. Freudig ging ich darauf ein und legte meine rechte Hand ein Stück weiter nach hinten, sodass sie auf dem Oberkiefer lag und sich sein Ohr zwischen Zeigefinger und Mittelfinger befand. So konnte ich ihn näher an mich ran ziehen und den Kuss führen. Der Griff von Narutos rechter Hand, die ich noch immer mit meiner auf seinem Bauch festhielt, wurde fester und zitterte vor Aufregung. Ich fragte mich, wie ich solange auf das hier hatte verzichten können.

Auf den anfangs zögerlichen Kuss, folgten in immer kürzer werdenden Abständen weitere, die viel intensiver waren. Es war fast wie damals, als Naruto an Weihnachten in meine Wohnung eingebrochen war. Nur war dieser Kuss um einiges unschuldiger, aber nicht weniger schön. Am liebsten hätte ich noch weiter gemacht, kam mir das ganze doch viel zu kurz vor, aber ich spürte deutlich, dass Naruto allmählich keine Luft mehr bekam. Ich gab ihm noch zwei kurze Küsse, ehe ich mich widerwillig von ihm löste und meine Stirn gegen seine lehnte. Dabei öffnete er langsam wieder seine Augen und sah mich direkt an. Sein Atem strich hektisch über meine Haut. Lächelnd lehnte ich mich zurück und nahm die Hand von seiner Wange, sodass ich wieder sein ganzes Gesicht betrachten konnte. Ihm war das ganze offensichtlich nicht unangenehm gewesen, denn er war immer noch ganz rot und erwiderte verlegen mein Lächeln.

„Du würdest mir sehr fehlen…“, antwortete ich ihm verspätet.

„Was?“ Fragend blickte er zu mir rauf.

„Na deine Frage, warum ich dich gerettet habe.“ Ich wunderte mich selber über meine Worte. Dieses Süßholzgeraspel war sonst nie meine Art gewesen und auch Naruto schien davon ziemlich überrascht.

Du wolltest doch eine klare Antwort.“ Ich lächelte ihn überlegen an, denn er begann wieder, ganz verlegen, meinem Blick auszuweichen

„Äh… j-ja… du mir… auch…?“ Seine Stimme zitterte ein wenig und klang gegen Ende so hoch, das der Satz eher wie eine Frage klang. Dennoch lächelte er mich verlegen an. Innerlich lachte ich über seine Unsicherheit und stand langsam wieder auf. Sein typisches Grinsen, sagte mir, dass mit ihm alles wieder in Ordnung war. Draußen war es bereits stockfinster. Ich musste schon ein paar Stunden hier gewesen sein und wunderte mich ein wenig.

//Eigentlich schon komisch, dass in der ganzen Zeit niemand nach Naruto gesehen hatte…// Doch schon im nächsten Augenblick wurde ich eines Besseren belehrt, als ich ein Geräusch an der Tür hörte und diese dann aufgerissen wurde.
 

~Naruto~
 

Sasuke war vom Bett aufgestanden und stand nun vor mir. Das Mondlicht schien auf seinen Rücken und ließ ihn gespenstisch wirken. Plötzlich sah er zur Seite und ich schrak fürchterlich zusammen, als die Tür aufgerissen wurde. Im ersten Moment konnte ich nicht sehen, wer in der Tür stand, doch als die Person näher kam, erkannte ich eine Schwester. Sie kam direkt auf mich zu. Ich drehte mich wieder zu Sasuke, um ihm zu sagen, er solle sich verstecken, doch er stand nicht mehr an seinem Platz. Er war verschwunden! Verwirrt sah ich mich nach ihm um, während die Krankenschwester etwas von den Geräten ablas und sich dann mir zuwandte.

„Junge, wie geht es dir? Dein Puls ist für deinen jetzigen Zustand viel zu schnell.“ Dabei sah sie noch einmal auf dieses nervige, piepende Gerät und fühlte meine Stirn. Ihre Hand kam mir im Gegensatz zu Sasukes schrecklich warm vor.

„Du scheinst etwas Temperatur zu haben. Kleinen Augenblick…“ Sie drehte sich um und ging flink aus dem Zimmer. Ich hoffte inständig, dass sie nicht wieder die Tabletten vom letzten Mal holen würde. Als sie die Tür geschlossen hatte, richtete ich mich wieder etwas auf, um besser nach Sasuke sehen zu können. Er konnte doch nicht einfach so verschwunden sein. Gerade, als ich in Richtung des Fensters blickte, sah ich wie etwas aus der oberen Ecke, mir gegenüber, auf den Boden sprang und dann langsam aus dem Schatten trat. Natürlich war es Sasuke und er hatte dabei schon etwas Unheimliches, aber ich fürchtete mich nicht mehr vor ihm. Ich ließ mich wieder zurück sinken, als er auf mich zukam und ebenfalls seine Hand auf meine Stirn legte.

//Schön kühl…//, war das Einzige, woran ich in diesem Moment denken konnte.

„Schlaf jetzt, Naruto.“, meinte er ruhig. Ich war tatsächlich ziemlich müde, glaubte aber nicht, dass ich so einfach einschlafen konnte. Meine Aufregung war immer noch nicht ganz weg. Sasuke war die ganze Zeit so anders als sonst. Ob irgendwas vorgefallen war, als ich bewusstlos gewesen war? Aber ich war froh, dass es ihm gut ging, auch wenn er ziemlich fertig gewirkt hatte.

„Kommst du wieder?“, fragte ich ihn leise und schob dabei seine Hand von meiner Stirn, damit ich ihm ins Gesicht sehen konnte. Er blickte einfach nur zu mir runter, ehe er seine Hand wieder auf meinen Kopf legte und mir durchs Haar wuschelte.

„Ich komme morgen wieder.“ Er lächelte mich an und zwinkerte mir, während er sich umdrehte, zu. Dann ging er zum Fenster, öffnete es und verschwand.

Es wäre mir lieber gewesen, wenn er noch hätte bleiben können, aber jetzt, wo ich wusste, dass er morgen wieder kommen würde, fühlte ich mich wohler. Und auch sicher genug, um doch zur Ruhe zu kommen. So schlief ich schließlich, noch bevor die Schwester zurück kam, wieder ein.
 

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Die Ereignisse der folgenden Tage und Wochen kamen mir wie eine Anreihung verschiedenster, abgehackter Erinnerungen vor und waren, im Nachhinein so schnell an mir vorbei gezogen, dass es mir wie ein Augenblick vorkam. Den Großteil der Zeit schlief ich, meist tagsüber, weshalb sich mein Zustand schnell besserte und ich auf ein normales Zimmer verlegt wurde. Sasuke hatte sein Versprechen gehalten und mich am nächsten Tag besucht. Auch die darauffolgenden Tage war er vorbei gekommen, meistens nachts, was auch einer der Gründe dafür war, dass ich die meiste Zeit des Tages verpennte. Der Polizist vom letzten Mal war nach drei Tagen wieder gekommen und ich hatte ihm erzählt, was Sasuke mir gesagt hatte. Er schien mir die Geschichte wirklich nicht abzunehmen, aber ich blieb dabei, so wie Sasuke es mir gesagt hatte. Was mich aber am Meisten überraschte, war der Besuch von Kiba und den Anderen. Auch Sensei Iruka, der Erste, der in mein Zimmer gekommen war, und selbst Sakura waren dabei gewesen. Abgesehen von Iruka, der mir total erleichtert um den Hals gefallen war und schon angefangen hatte mir eine Standpauke zu halten, wie ich nur nachts alleine raus gehen konnte, hatten mich alle Anderen ausgequetscht, was denn passiert wäre. Viel erzählte ich ihnen nicht, nur teilweise die Dinge, an die ich mich sowieso nur schleierhaft erinnerte. Immerhin hatte mir der Mistkerl ganz schön eins übergezogen. Irgendeiner von ihnen hatte mir sogar einen Teddybär auf den Beistelltisch gelegt, als ich geschlafen hatte, aber ich wusste nicht, wer es gewesen war.

Schon nach anderthalb Wochen wurde ich, unter der Bedingung mich zu schonen, entlassen. Ich hatte zwar keinen Beweis dafür, aber ich vermutete, dass Sasuke was damit zu tun hatte. Er war der Einzige gewesen, der mir Aufgaben ins Krankenhaus brachte und wollte, dass ich für die Abschlussprüfung lernte, die bald stattfinden würde. Ich hatte aber nicht gelernt. Zum Einen, weil es mir noch nicht so gut ging und zum Zweiten, selbst wenn ich lernen würde und die Prüfungen bestehe, vielleicht würde ich Sasuke dann nicht mehr sehen. Was machte da schon noch ein weiteres Jahr…

Am Tag meiner Entlassung kamen Iruka und Sasuke, um mich abzuholen. Soweit ging es mir auch wieder ganz gut, nur mein Arm war noch eingegipst und ich war etwas schwach auf dem rechten Bein. Der Schnellste war ich auch noch nicht und durch meinen eingegipsten Arm, wurde es auch nicht leichter. Als die Beiden eintraten, hatte ich gerade mal meine Hose und Strümpfe angezogen und schlug mich gerade mit dem Shirt rum. Iruka schnappte sich gleich meine Tasche, während Sasuke zu mir kam und mir half. Selbst die Schuhe hatte er mir zugebunden, was mir ziemlich peinlich gewesen war. Ich fühlte mich dabei wie ein kleines Kind, aber er schien das lustig zu finden, denn er grinste mich die ganze Zeit an. Zum Schluss legte er mir die Lederjacke, die er mir geschenkt hatte, um die Schultern. Das tat er scheinbar gerne. Dann brachten mich die Beiden ohne, dass wir von den noch immer wartenden Reportern entdeckt wurden, runter zum Auto, wobei Sasuke mich vorsichtshalber gestützt hatte, und fuhren mich nach Hause.

Dort angekommen musste ich, obwohl Iruka wollte, dass ich mich gleich wieder hinlege, erst einmal meine ganzen Pflanzen gießen, die schon gefährlich welk aussahen. Er und Sasuke gingen erst eine ganze Weile, nachdem ich mich hingelegt und sie mich verpflegt hatten. Iruka bestand darauf, dass ich mir Ruhe gönnte und erst wieder zur Schule käme, wenn ich mich erholt hatte. Sasuke war da anderer Meinung. Als Iruka das Zimmer verließ, bestand er darauf, dass ich so bald wie möglich wieder zurück käme. Ich hatte leider keine Gelegenheit ihn zu fragen, warum er das so sehr wollte, denn Iruka kam schnell wieder und kurz darauf verließen Beide meine Wohnung. Auch Sasukes nächtliche Besuche blieben von da an aus, was mir doppelt zu schaffen machte, weil ich, seit ich keine Tabletten mehr nehmen musste, immer wieder Alpträume hatte. Natürlich von diesem bescheuertem Vampir und auch wenn es mich verfolgte und mich nachts bis ins Tiefste ängstigte, war ich froh, was Sasuke mit ihm angestellt hatte.

Am dritten Tag nach meiner Entlassung, es war Mittwoch, tat ich dann doch, was Sasuke wollte und kam zur Schule, auch wenn es mir, ehrlich gesagt, widerstrebte. Gerade war ich auf dem Weg dorthin und mal wieder spät dran. Das nervte mich total. Mein Kreislauf war noch nicht ganz in Ordnung und mein Arm noch eingegipst, aber der Hauptgrund war der, dass mich in der Bahn jemand, wahrscheinlich von den Nachrichten her, erkannt hatte und mich fast alle belagerten und ausfragten. In der Schule würde es bestimmt auch so werden. Davor fürchtete ich mich, ehrlich gesagt, etwas, aber zu Hause fiel mir fast die Decke auf den Kopf und ich wollte auch unbedingt Sasuke wiedersehen. Hoffentlich wurde ich, was ihn betraf, jetzt keine Klette…

Auf jeden Fall hatte ich deswegen meine Station verpasst und nur mit Mühe die Nächste erwischt. Deswegen beeilte ich mich so schnell wie möglich die verlorene Zeit wieder aufzuholen und schaffte es tatsächlich gerade noch so den Schulhof zu erreichen, bevor das Tor geschlossen wurde. Mein Herz schlug so heftig, dass ich mich drinnen erst einmal ein paar Minuten hinsetzen musste.

//Das fängt ja schon wieder super an…//, ärgerte ich mich innerlich und machte mich auf den Weg zum Klassenzimmer. Der Unterricht hatte schon angefangen und außer mir war niemand auf den Gängen. Ich hoffte nur, dass sich der Plan nicht geändert hatte, als ich im Krankenhaus war. Vor dem Raum angekommen sah ich vorsichtig durch das Fenster des Zimmers. Alle waren in ihre Aufgaben vertieft und an der Tafel stand… Sasuke. Er schrieb gerade noch mehr Aufgaben aus einem Buch an die Tafel.

//Verdammt! Es wird auch echt immer besser!!// Warum musste ich auch immer bei Sasuke zu spät kommen. Ich atmete tief durch und öffnete leise die Tür. Bis auf Shikamaru, der direkt neben der Tür saß, hatte mich keiner bemerkt. Vielleicht schaffte ich es, dass auch Sasuke nichts merkte. Ich hielt meinen Zeigefinger vor die Lippen, um ihm damit zu sagen, dass er leise sein sollte. Er schüttelte nur lächelnd den Kopf und kümmerte sich wieder um seine Arbeit. Leise schlich ich mich an den Anderen vorbei, die sich dann erstaunt zu mir umdrehten, während ich zu meinem freien Platz am Fenster schlich. Alle starrten mich an, aber keiner wagte es irgendwas zu sagen. Das traute sich bei Sasuke kaum einer. Erleichtert, es fast unbemerkt geschafft zu haben, setzte ich mich und holte, mit etwas Mühe, meinen Schreibkram aus der Tasche.

„Schön, dass du doch noch gekommen bist, Naruto.“, kam es auf einmal von Sasuke, der sich daraufhin nach links drehte und mich mit seinem üblichen ernsten Blick ansah. Er hielt das Buch in der linken und ein Stück Kreide in der rechten Hand. Mir fiel sofort auf, dass er seit langem mal wieder seine Brille aufgesetzt hatte, die ich bei ihm wohl das letzte Mal während der Klassenfahrt gesehen hatte. Mir wurde unweigerlich warm im Gesicht. Ich konnte nicht leugnen, dass ihm das unglaublich gut stand. Trotzdem musste ich mich zusammen reißen.

„Ich… ähm… wollte pünktlich sein… ehrlich, aber… die Bahn…“, stammelte ich vor mich her und war mir gar nicht sicher, wie ich mich rechtfertigen sollte.

„Was denn? Ist die wieder “zu früh“ losgefahren?“

„Nein, ich…“, kurz schweifte mein Blick durch die Klasse, die mich allesamt anstarrten. Ich hasste das. Dann sah ich wieder zu Sasuke.

„… ich wurde aufgehalten.“ Ich musste hier nicht breittreten, dass ich wortwörtlich nicht aus der Bahn gelassen wurde. Sasuke schien das zu reichen, denn er wandte sich wieder der Tafel zu.

Der Rest der Stunde verlief ganz ruhig, abgesehen davon, dass ich absolut den Anschluss verloren hatte. Vor dem Festival hatte ich wenigstens noch einiges kapiert, aber jetzt sah ich einfach nur noch Zahlen, Buchstaben und Kurven an der Tafel stehen und ich konnte nichts damit anfangen! Was sollte das bloß werden, wenn die Prüfungen anstanden? Ich hatte Sasukes Blick gesucht, doch der las permanent in einem Buch. Langsam machte sich ein schleichendes Panikgefühl in mir breit, wie ich es nur selten gehabt hatte, und schon gar nicht wegen der Schule. Es schien wohl wirklich darauf hinauszulaufen, dass ich das Jahr wiederholen müsste.

Als die lange Pause begann, war meine Laune bereits im Keller und es kam, wie ich es geahnt hatte. Kaum ertönte das Pausenzeichen, waren Alle um mich herum versammelt und fragten mich die verschiedensten Sachen. Was passiert war, wie ich es geschafft hatte, zu entkommen, ob es gruselig war, wie es mir ginge und noch mehr. Das Alles brach wie eine Lawine über mir zusammen.

„Also, äh…“, begann ich, wusste aber nicht so recht, wo ich anfangen sollte.

//Vielleicht wäre ich doch besser zu Hause geblieben…//, dachte ich verzweifelt. Zu meinem Glück hatte Sasuke Erbarmen mit mir und rettete mich für den Moment vor der Meute. Er nahm mich mit ins Lehrerzimmer, wo er mir erklärte, was ich für die Prüfungen brauchte und lernen musste. Aber ich konnte mich nicht darauf konzentrieren. Obwohl wir ganz alleine im Raum waren, redete er nur über diesen blöden Schulkram, als hätte es den Kuss nie gegeben. Er fragte nicht mal, wie es mir ging. Und er hatte immer noch diese Brille auf. Ob er vielleicht irgendwie schizophren war? Ohne große Umschweife griff ich nach seiner Brille und nahm sie ihm von der Nase. Sasuke sah mich erst überrascht und dann verärgert an.

„Was soll das, Naruto? Das hier ist wichtig. Kannst du dich nicht einmal konzentrieren?“, meinte er ärgerlich und nahm mir die Brille wieder aus der Hand.

„Das sollte ich dich fragen! Es wäre schön, wenn du dich mal entscheiden könntest, ob du nett oder gemein zu mir bist. Dieses Hin und Her macht mich fertig.“ Sasuke seufzte genervt und packte seine Brille weg.

„Sei nicht so empfindlich, ich meine es doch nur gut mit dir.“ Fragend sah ich ihn an, denn ich konnte mir nicht vorstellen, inwiefern das gut für mich sein sollte.

„Ich möchte einfach, dass du deinen Abschluss dieses Jahr noch schaffst. Du bist wohl kaum auf eine Ehrenrunde erpicht, oder?“ So wirklich war ich das natürlich nicht, aber andererseits würde ich so noch mindestens ein Jahr bei Sasuke bleiben können. Ich zuckte mit den Schultern.

„Naja, eigentlich nicht… Aber wie soll ich das alles wieder aufholen? Ich hab nicht mal ansatzweise eine Ahnung, worum es vorhin ging!“ Milde lächelnd schüttelte er den Kopf.

„Bleib erst mal ruhig, du bist doch nicht dumm. Ich werde dir jeden Tag nach der Schule Nachhilfe geben, dann schaffst du das schon.“ Dabei strich er mir eine Strähne aus dem Gesicht und lächelte mich aufmunternd an. Irgendwie stand ihm das Lächeln noch mehr, als die Brille.

„Ja super! Moment…“ Hatte ich mich gerade wirklich darüber gefreut, dass ich jetzt jeden Tag auch noch zusätzlich zur Schule lernen durfte? Und das bei Sasuke.

„Oh Mann…“ Niedergeschlagen ließ ich den Kopf hängen.
 

Und so machten wir es auch die nächsten zwei Tage. Nach jeder letzten Stunde ging ich ins Klassenzimmer, wo Sasuke schon auf mich wartete und mich praktisch mit seinem Wissen vollstopfte. Am zweiten Tag hatte er mich sogar drei Stunden länger da behalten. Sasuke vergaß wohl, dass ich mich nicht ganz so schnell erholte, wie er. Doch es ging mir schon deutlich besser. Sogar den Gips war ich am Donnerstag los geworden.

Am Freitag war ich einfach nur hundemüde. Ich hatte nachts, wegen einem Alptraum kaum ein Auge zugekriegt und die Lehrer zogen ihren restlichen Stoff straff durch. Die einzige Pause, die mir vergönnt war, war die in Sport, während der zweiten Stunde. Mit dem noch verletzen Arm, brauchte ich zum Glück nicht mitmachen. Die AGs fielen bis auf weiteres wegen der Prüfungen erst mal aus, was ich aber nicht besonders schade fand. Die Anderen und ich wollten heute irgendwo eine leckere Nudelsuppe essen gehen und würden mich zur Feier des Tages, weil ich überlebt hatte, einladen. Ich wollte gerade meine Bücher einpacken, als Sasuke und Sensei Kakashi das Zimmer betraten. Es war noch ziemlich warm, aber Sasuke trug trotzdem seine lange schwarze Hose und ein schwarzes Hemd. Er liebte diese Farbe einfach. Fröhlich lächelte ich Sasuke an, aber der schien das nicht so recht erwidern zu wollen.

„Naruto, komm bitte mit uns. Wir müssen was klären.“ Zögerlich nickte ich, denn ich konnte mir nicht recht vorstellen, was es denn so Wichtiges zu klären gäbe. Ich schnappte mir meine Tasche, warf sie mir über die rechte Schulter und folgte den Beiden. Auf dem Weg sah ich immer wieder zu Sasuke rüber, der aber nichts auf meine fragenden Blicke hin sagte. Wir hielten vor dem Büro der Schulleiterin.

//Was wollen wir denn hier?// Verwirrt sah ich die Beiden an. Jetzt war ich wirklich neugierig und Sensei Tsunade hatte ich auch schon ewig nicht mehr gesehen. Kakashi klopfte an der Tür, woraufhin ein leises „Herein“ ertönte. Wir traten nacheinander ein und was ich sah, war für mich fast so schlimm, als würde ich wieder in der Lagerhalle stehen. Es verschlug mir wortwörtlich den Atem. Vor dem Schreibtisch von Tsunade, die mich ernst musterte, saßen meine Tante und mein Onkel. Ich konnte es kaum fassen. Als ich den Raum betrat, blickten sie gleich zu mir und setzten ein gespieltes Lächeln auf, das ich sofort durchschaute. Meine Tante war eine große, ziemlich schlanke Frau, mit strohblondem Haar und kleinen blauen Augen. Ihr Haar hatte sie meist mit einer Spange hochgesteckt, obwohl sie es sonst immer offen trug und so aussah wie eine Vogelscheuche. Mein Onkel dagegen, war ein ziemlich stabiler und kräftiger Mann, nur etwas größer als meine Tante und ziemlich herrisch. Sein kurzes schwarzes Haar hatte er sich immer über seine Halbglatze gekämmt, weil er auch noch ziemlich eitel war. Meiner Meinung nach, hatte er immer ausgesehen wie ein Ochse mit Perücke.

„Was wollen die denn hier?“ Ich konnte meinen Unmut über die Anwesenheit der Biden kaum für mich behalten. Hatte ich noch nicht genug durchgemacht, musste ich mich jetzt auch wieder mit den Beiden rumschlagen? Erst in diesem Moment fiel mir die Frau auf, die rechts neben den Beiden saß. Ich kannte sie nicht, aber sie wirkte auf mich wie eine Sozialarbeiterin oder so etwas. Tsunade ergriff das Wort.

„Hallo Naruto, schön dass du gleich kommen konntest. Setz dich doch erst mal.“ Sie wies auf den noch einzigen freien Platz links von meinem Onkel.

„Nein, danke. Ich stehe lieber.“, meinte ich in einem abwertenden Tonfall und verschränkte die Arme, worauf mich alle verwundert ansahen. Die Alten sollten gar nicht erst glauben, dass ich es mir hier gemütlich machen würde, egal was das hier werden sollte. Sasuke aber ließ sich davon nicht beeindrucken, legte vorsichtig seine Hände auf meine Schultern und bugsierte mich auf den Stuhl, was ich mir nur gefallen ließ, weil er es war. Empört sah ich zu ihm auf, während er mir versöhnlich auf die Schulter klopfte. Tsunade räusperte sich kurz und lenkte so die Aufmerksamkeit wieder auf sich.

„Schön… nun, das ist Frau Yamada, sie ist vom Jugendamt, und deine Tante und deinen Onkel kennst du ja natürlich. Sie sind hierher gekommen, weil sie sich Sorgen um dich gemacht haben und mit dir reden wollen.“ Vom Jugendamt? Ich hatte die Alte jetzt schon gefressen.

„Schön, dich kennen zu lernen, Naruto.“, meinte sie lächelnd. Sie stand auf und reichte mir zur Begrüßung die Hand, die ich aber nicht ergriff, denn ich wusste jetzt schon, dass mir nicht gefallen würde, was auch immer sie hier wollten. Nach ein paar peinlichen Sekunden zog sie die Hand wieder zurück und fuhr fort.

„Nun, weißt du Naruto, wir sind wegen dem Übergriff auf dich hier. Deine Tante und dein Onkel haben in den Nachrichten erfahren, was passiert ist und haben sich schreckliche Sorgen gemacht. Deswegen sind sie auch gleich her gekommen und-“ „Gleich?! Das Ganze ist inzwischen vier Wochen her.“, unterbrach ich sie.

„In der Zeit ist mein gebrochener Arm wieder geheilt.“, fügte ich noch etwas patzig hinzu, was aber nicht ganz stimmte. Den Gips war ich erst gestern los worden, aber ich musste den Arm noch schonen. Ich fand es schon Wahnsinn, wie ich durch die Beiden wieder in mein altes Verhaltensmuster fiel. Jetzt ergriff meine Tante das Wort.

„Naruto, du bist noch minderjährig und wir sind der Meinung, dass es einfach zu früh für dich war, alleine zu wohnen. Was, wenn das noch einmal passiert, das könnten wir uns niemals verzeihen…“ Diese verlogene Hexe! Das Einzige, was sie sich nicht verzeihen könnte, wäre wohl sich das Kindergeld für zwei Jahre entgehen zu lassen.

„… Und das Jugendamt ist derselben Meinung. Du bist bei uns einfach besser aufgehoben, als hier alleine in der Großstadt.“ Die Frau vom Jugendamt nickte bestätigend. Das sollte doch wohl nicht wahr sein.

„Ihr wollt tatsächlich, dass ich zu euch zurückkomme? Das soll ja wohl ein Scherz sein!“, patzte ich sie an, stand entrüstet auf und sah alle Anwesenden, sogar Iruka, zornig an. Nur Sasuke stand noch hinter mir und versuchte mich wieder hinzusetzen, doch ich schlug seine Hand wütend von meiner Schulter. Wie hatte er mich hier nur ohne Vorwarnung rein schicken können?

„Nachdem ich zwei Jahre gebraucht habe, endlich von euch wegzukommen, mir hier ein neues Leben aufzubauen und diesen Alptraum überlebt habe, soll ich wieder zurück?!! Wohl kaum!!“ Inzwischen schrie ich die Leute vor mir eher an, als das ich redete. Keiner von ihnen konnte mich auch nur ansatzweise verstehen. Dann stand mein Onkel auf und obwohl ich wusste, wie er sein konnte, wich ich nicht zurück.

„Offensichtlich hat das nichts an deinem Benehmen geändert! Du bist immer noch so respektlos und aufmüpfig wie früher!“ Wütend sah ich ihn an und rümpfte angeekelt die Nase.

„Na und? Für dich ist doch jeder respektlos, der nicht das tut, was du willst. Und noch etwas: Bevor ich zu euch zurückkehre, springe ich lieber wieder in das brennende Lagerhaus und brate dort Marshmallows mit diesem Bekloppten!“ Und klatsch! Schon im nächsten Augenblick hatte ich mir eine saftige Ohrfeige von ihm eingefangen. Ich hatte nicht erwartet, dass er das vor allen Anderen wagen würde. Sofort spürte ich, wie etwas Warmes mein Kinn herunter lief. Meine Lippe war links aufgeplatzt und blutete. Ich dachte schon, er würde noch einmal zulangen, doch Iruka hielt ihn zurück und Tsunade ergriff das Wort.

„Also wirklich, ich muss mich doch sehr über so ein Verhalten wundern. Und das von einem Erwachsenen! Und Naruto, das war wirklich nicht angebracht.“ Dann sprach wieder die Tante vom Jugendamt.

„Wir sollten uns alle erst mal beruhigen und ordentlich darüber reden. Wir können das bestimmt auch zu deiner Zufriedenheit klären, Naruto.“Ich tastete noch immer meine Lippe ab, sah dann aber wieder zu den Anderen. Iruka wollte gerade auf mich zukommen und sich meine Lippe ansehen, doch ich schob ihn grob beiseite.

„Es ist bereits geklärt. Ich. Bleibe. Hier.“ Mit diesen Worten ging ich zur Tür, als Sasuke mich gerade noch am linken Oberarm festhielt. Doch ich hatte weder Lust hier zu bleiben, noch mich länger vor vollendete Tatsachen stellen zu lassen. Ich drehte mich ruckartig um und haute Sasuke dabei eher unabsichtlich meinen linken Ellbogen in den Brustkorb. Ich hatte nicht geahnt, dass er so nah hinter mir stand. Aber ihm tat es bestimmt nicht mal halb so weh, wie mir. Doch es reichte, damit er mich losließ. Ich hielt mir den schmerzenden Arm und betrachtete ihn mit einem Blick, von dem ich hoffte, dass er merken würde, wie enttäuscht ich von ihm war. Dann ging ich raus. Ich brauchte dringend frische Luft.
 

~Sasuke~
 

Und schon war er verschwunden. Er hatte mir seinen schlimmen Arm in den Brustkorb gerammt. Mir tat das nicht weh, aber ihm scheinbar schon. Doch was mich mehr traf, war der Blick, den er mir zugeworfen hatte. Gab er etwa mir die Schuld daran? Ich hatte selber nicht gewusst, was Tsunade wollte. Iruka hatte mich auf dem Weg zu Naruto aufgegabelt und meinte sie wolle, dass ich dabei wäre.

„Also, so eine Frechheit! Er ist immer noch so stur wie früher.“, fing auf einmal seine Tante wieder an. Die Frau war wirklich nervig. Ich konnte nachvollziehen, wie Narutos Verhalten so schnell umschlagen konnte Und wären nicht die Anderen hier gewesen, hätte ich seinem Onkel den Arm ausgerissen und ihn damit vermöbelt, als er ihm eine Ohrfeige verpasst hatte.

„Das ist eigentlich gar nicht seine Art.“, erwiderte Iruka.

„Wie sollte er sonst reagieren? Er ist von Ihnen regelrecht überfallen und, soweit ich das einschätzen kann, vor vollendete Tatsachen gestellt worden.“ Dabei sah ich alle im Raum an, selbst Tsunade, denn von ihr hatte selbst ich mehr erwartet.

„Wir sollten noch mal mit ihm reden…“, meinte die Frau vom Jugendamt zu Narutos Onkel. Ich hatte eine Idee, die mir direkt in die Karten spielte. Auffällig räusperte ich mich und lenkte somit die Aufmerksamkeit auf mich.

„Sie sollten ihm lieber einen Vorschlag machen, der ihm eine Chance gibt.“, meinte ich beiläufig.

„Und welchen?“, fragte Frau Yamada.

„Ganz simpel. Es stehen bald die Abschlussprüfungen an. Wenn er durchfällt, muss er zurück, wenn er besteht, darf er bleiben.“

„Das ist… wirklich unkonventionell.“, antwortete sie zögerlich.

„Aber wohl die einzige Möglichkeit, ihn zurück zu holen. Denn ich traue ihm zu, dass er auch wieder abhaut.“ Dann ging ich zur Tür und öffnete sie.

„Wo wollen Sie hin?“, ertönte plötzlich die schrille Stimme seiner Tante. Es wäre ein Geschenk an die Menschheit gewesen, sie sofort zum Schweigen zu bringen.

„Es wäre besser, wenn sie mit ihm reden. Er scheint auf sie zu hören.“ Ich drehte mich gleichgültig zu ihr um und sah sie gelangweilt an.

„Ich habe Feierabend und gehe jetzt nach Hause. Und was Naruto betrifft, bin ich seiner Meinung.“ Damit verließ auch ich das Zimmer und fuhr nach Hause.

Naruto würde sich schon wieder beruhigen. Wahrscheinlich war er gerade auf dem Weg nach Hause, oder aß irgendwo wütend eine Nudelsuppe. Und da die Nachhilfe für ihn heute wohl ausfiel, konnte ich nach Hause und wenigstens einen freien Nachmittag genießen. Iruka meldete sich zwischendurch mal kurz, weil er jetzt Narutos Verwandtschaft an der Backe hatte und sie Naruto zu Hause nicht antrafen. Ich machte mir eigentlich keine Sorgen um ihn und sagte ihm, er solle es für heute einfach gut sein lassen. Es war sein gutes Recht alleine durch die Stadt zu marschieren, auch wenn ich mir, ehrlich gesagt, doch ein paar Gedanken machte. Er hatte sich schließlich erst erholt. Doch die Ruhe hielt nicht lange an. Drei Stunden, nachdem ich zu Hause angekommen war, rief mich auf einmal Naruto an. Ich war schon erstaunt, denn ich dachte die ganze Zeit, er würde erst mal eine Weile, nicht mehr mit mir reden. Ein wenig besorgt war ich jetzt doch.

„Geht es dir gut?“ Ein paar Sekunden herrschte Schweigen, bis er endlich antwortete. Er klang zwar nicht mehr wütend, aber ein wenig erschöpft.

„Ja, ich…“ ein schweres Seufzen war am anderen Ende der Leitung zu hören.

„… kannst du mich bitte abholen?“

„Ist irgendwas passiert?“, fragte ich sofort.

„Nein, ich glaube nur nicht, dass ich den Weg nach Hause schaffe.“

„Wo bist du denn?“

„Im West-Park.“ Erstaunt riss ich die Augen auf.

„Was?! Das ist doch fast am Ende der Stadt!“ Er musste die ganze Zeit unterwegs gewesen sein. Entnervt seufzte ich.

„Bleib da, ich hol dich.“ Dann legte ich auf und machte mich sofort auf den Weg. Es dauerte eine dreiviertel Stunde dorthin. Es fing schon langsam an zu dämmern und die ersten Straßenlaternen gingen an. Der West-Park war aufgrund der vielen Pflanzen, sehr beliebt bei Naturfreunden. An den Wegen waren Wiesen, wo sich die Leute bei einem Spaziergang hinsetzen und picknicken konnten. Überall standen Bäume, es gab fast alles hier. Teilweise kam es einem fast vor, als stünde man in einem Wald.

Ich folgte dem Weg und fand Naruto schnell auf einer Parkbank. Er hatte ein Bein an sich ran gezogen und lehnte seinen Kopf auf sein Knie. Seine Arme waren um sein Bein geschlungen. Die Bank, auf der er saß, stand direkt neben einer Straßenlaterne, die die einzige Lichtquelle im Umfeld war. Es wehte ein etwas stärkerer Wind, der Naruto noch mehr das Haar zerzauste.

Zügig ging ich auf ihn zu und legte sachte meine Hand auf seine Schulter. Ruckartig blickte er auf. Seine Augen waren rot unterlaufen. Ich mochte mir gar nicht vorstellen, wie er hier gesessen haben musste und geweint hatte. Aufmunternd lächelte ich ihn an.

„Dich ausfindig zu machen, wird wirklich langsam zur Angewohnheit, nicht wahr?“ Er rieb sich die Augen und sah mich dann wieder an.

„Warum hast du mir vorhin nicht geholfen oder mich wenigstens vorgewarnt?“

Ich ließ meine Hand auf seiner Schulter und setzte mich neben ihn.

„Ich wusste es selber nicht und ich kann auch deine Reaktion verstehen, aber das war unüberlegt. Du hast dich kindisch verhalten.“, meinte ich streng.
 

~Naruto~
 

Wieder mal saß ich alleine, irgendwo in der Gegend rum, und wartete, das Sasuke mich abholte. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, dass eine höhere Macht immer wieder dafür sorgte, dass mir sowas passierte…(1)

Ich hatte mich erschreckt, als plötzlich jemand neben mir aufgetaucht war, beruhigte mich aber wieder, als ich Sasuke erkannte. Ich war echt sauer auf ihn, als er behauptete, ich hätte mich wie ein Kind benommen.

„Ich bin sechszehn, da ist es ja wohl ok, wenn ich-“ Grob unterbrach mich Sasuke.

„Außerdem habe ich dir geholfen. Wenn du die Prüfungen bestehst, darfst du hier bleiben.“ Wütend sah ich ihn an. War dem denn nichts Besseres eingefallen?!

„Warum willst du andauernd, dass ich die Prüfungen ausgerechnet dieses Jahr noch mache? Hättest du dir nichts Anderes überlegen können?!“ Er sah mir ernst in die Augen und sein Griff an meiner Schulter wurde etwas fester.

„Nächstes Jahr werde ich nicht mehr hier sein.“, antwortete er darauf nur trocken. Diese Information erreichte mein Hirn nur langsam, doch dann traf es mich, wie ein Schlag ins Gesicht.

„W-was? Du…“

„Ja. Ich habe gekündigt. Es fällt langsam auf, dass ich nicht altere. Deshalb wird es Zeit für mich, weiter zu ziehen. Vielleicht auch wieder nach Hause zurückzukehren.“ Ich wollte das einfach nicht wahrhaben. Er wollte mich wirklich hier zurück lassen. Nach allem, was wir zusammen durchgemacht hatten, und dem Kuss, dachte ich, er würde es vielleicht wirklich ernst mit mir meinen. Aber ich hatte mir nur selber was vorgemacht und mich wieder blamiert.

„Also machst du dich einfach so aus dem Staub?“

„Naruto, ich-“

„Nein! Ich hab schon verstanden.“ Ich wollte es nicht hören. Ich kam mir so dumm vor. Schnell stand ich von der Bank auf und wollte weg gehen, als Sasuke mich am rechten Arm festhielt.

„Du hast nichts verstanden!“ Er stand auf, drehte mich zu sich um, so dass ich gezwungen war, ihm wieder ins Gesicht zu sehen und legte seine Hände auf meine Schultern.

„Was meinst du, warum ich unbedingt will, dass du die Prüfungen schaffst? Damit du deinen Abschluss machst und mitkommen kannst.“ Erstaunt sah ich ihn an und fühlte mich wieder, wie vor den Kopf gestoßen. Doch dieses Mal vor Freude.

„Meinst du das wirklich ernst?“ Sasuke seufzte schwer.

„Natürlich.“ Angestrengt versuchte ich nicht zu breit zu grinsen. Es war schon seltsam wie offen ich ganz automatisch zu ihm war, seit er mich gerettet hatte. Und noch nie war ich so froh gewesen, mich geirrt zu haben.

Ich riss mich aber schnell wieder zusammen und sah ihn strafend an.

“Und warum hast du das dann nicht früher gesagt?“

„Es wäre dir also lieber gewesen, wenn ich dir erzählt hätte, dass du nur mit mir mitkommen kannst, wenn du die Prüfungen bestehst und dich damit noch mehr unter Druck zu setzen?“

„Äh… Naja…“ Jetzt machte es irgendwie Sinn, warum er sich so verhalten hatte. Tatsächlich setzte mich das ganz schön unter Druck und wenn ich so an die Aufgaben der letzten Tage dachte, stieg schon die Panik in mir hoch. Hektisch sah ich zu ihm auf.

„Verdammt Sasuke, was soll ich nur tun? Wie soll ich das aufholen?“

„Genau das hatte ich gemeint.“ Plötzlich spürte ich, wie Sasuke einen Finger auf meine Lippen legte. Ich dachte, er wollte mir so sagen, dass ich schweigen sollte, weshalb ich dann auch verstummte und zu ihm aufsah. Aber er wollte nicht, dass ich still war, sondern fuhr mit seinem Finger über meine aufgeplatzte, wieder leicht blutende, Lippe und leckte sich anschließend das Blut vom Finger. Mir wurde wieder unweigerlich warm im Gesicht. Ich erinnerte mich an die Anfangszeit in der Schule, als ich noch nicht wusste, dass Sasuke ein Vampir war und ich ihn damals schon irgendwie gemocht hatte. Was sich aber geändert hatte, als ich sein Geheimnis herausfand. Gedankenverloren leckte ich mir über die kleine Wunde. Es war schon komisch, wie sich Zeiten ändern konnten.

Sasuke holte mich wieder aus meinen Gedanken, als er seine Hand auf meine Wange legte. Ich sah ihm direkt an und versank fast in seinen nachtschwarzen Augen. Er zog mich nah an sich ran und betrachtete für einen Augenblick mein Gesicht. Ich glaubte, dass er mich gleich küssen würde, doch er lehnte sich zu meiner Überraschung wieder zurück und deutete mir mit dem Kopf, ihm zu folgen.

„Na komm, lass uns fahren.“ Ich nickte zögerlich und folgte ihm.

„Sasuke, könnte ich… ähm… könnte ich heute vielleicht bei dir übernachten? Ich möchte meiner Tante und meinem Onkel heute nicht mehr begegnen.“ Sasuke schwieg einen Moment, lächelte dann aber kaum merklich.

„Wenn du willst.“ Grinsend folgte ich ihm. Kurz darauf erreichten wir das Auto und er schloss auf. Die Fahrt verbrachten wir schweigend. Ich war ziemlich fertig, mich hatte der Tag wirklich geschafft. Vor allem das Erlebnis mit meiner bescheuerten Verwandtschaft und der weite Spaziergang. Nach einer halben Stunde erreichten wir Sasukes Wohnung. Es war das erste Mal, dass ich mit dem Fahrstuhl zu seiner Etage hochfuhr. Die Treppen hätte ich heute bestimmt nicht mehr geschafft. In seiner Wohnung drückte er mir gleich ein Handtuch und ein paar Schlabberklamotten in die Hand und wollte, dass ich mich erst mal abduschte. Das war mir nur Recht. Eine angenehme Dusche würde mir bestimmt gut tun und das Badezimmer war auch schön. Doch ganz so entspannend, wie erhofft, war es leider doch nicht. Die ganze Zeit musste ich über das nachdenken, was mich in der nächsten Zeit alles erwarten würde. Dabei musterte ich meine Arme. Die Verletzungen waren alle verheilt. Nur der linke Arm tat noch etwas weh und an meinem rechten Bein, war die Narbe der Stichwunde zu sehen. Die würde wohl auch nicht mehr verschwinden.

Aber meine Gedanken wanderten irgendwann wieder zu meinem Hauptproblem. Was sollte ich tun, wenn man mich wirklich zwingen würde, wieder zurückzukehren. Für mich stand fest, dass ich auf keinen Fall mit meiner Tante und meinem Onkel mitgehen würde.

Langsam stieg ich aus der Dusche und trocknete mich ab. Dann zog ich mir die knielange Hose und das Shirt an. Ich musste den Bund etwas fester zu ziehen und das Shirt hing mir ein wenig die Schulter runter, aber das störte mich nicht mehr. Im Gegensatz zum letzten Mal, als ich hier gewesen war, musste ich keine Angst mehr vor Sasuke haben. Ich trocknete mir mit dem Handtuch die Haare, während ich aus dem Bad kam. Sasuke war gerade in seiner Wohnzimmerecke und breitete ein Laken, eine Decke und ein Kissen auf der Couch aus. Ich blieb im Flur zum Wohn- bzw. Esszimmer stehen, lehnte mich links an die Wand, wobei ich mir das nasse Handtuch um den Nacken legte und ihn beobachtete. Er hatte die Ärmel hoch gekrempelt und sich eine Strähne hinters rechte Ohr gestrichen. Sasuke bemerkte mich aber schnell und kam, nachdem er mich kurz gemustert hatte, zu mir. Er wischte mir eine nasse Strähne aus dem Gesicht, was mich dazu brachte, zu ihm rauf zusehen.

„Wow, du siehst wirklich fertig aus. Leg dich lieber schlafen.“ Obwohl ich wirklich müde war, war mir nicht nach schlafen. Ich musste einfach mit jemanden darüber reden, sonst würde es mich zerreißen. Zaghaft blickte ich ihn an.

„Was, wenn ich es nicht schaffe?“, fing ich auf einmal an und spürte, wie meine Stimme zitterte und meine Augen wässrig wurden.

„Ich will da nicht wieder hin. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie schlimm es da war!“ Ich konnte einen Schluchzer nicht unterdrücken.

„Eher hau ich ab, als das ich-“ Plötzlich spürte ich einen starken Ruck und fand mich dann in Sasukes Armen wieder.

„W-was soll das?“, fragte ich überrascht und versuchte zu ihm hoch zu schauen, doch seine Umarmung war zu fest. Er reagierte auch nicht, sondern löste sich ein kleines Stückchen von mir, legte seine Hand erneut auf meine Wange und streichelte mit dem Daumen darüber.

„Sowas will ich von dir nicht hören, Naruto. Ich werde dir helfen, also mach dir keine Gedanken.“ Ich nickte zaghaft und wischte mir schnell die aufkommenden Tränen weg. Das ich bei ihm immer so schwach sein musste. Erstaunt schaute ich drein, als er auf einmal mit seiner Hand, die eben noch auf meiner Wange geruht hatte, mein Kinn umfasste, mich zu sich hoch zog, so dass ich auf Zehenspitzen stehen musste, und mich in einen Kuss verwickelte. Seine linke Hand lag auf meinem Rücken. Mein Herz machte einen Satz und begann wieder wie verrückt zu schlagen. Der Kuss war ganz sanft und hauchfein. Nach diesem Tag war das wie Balsam für meine Seele. Aber es endete leider viel zu schnell. Sasuke beendete den Kuss, indem er mich wieder auf den Boden stellte und sich aufrichtete. Ein wenig enttäuscht erwiderte ich seinen Blick, doch er lächelte mich nur an und ließ mein Kinn los.

„Du solltest jetzt schlafen. Morgen sieht alles wieder ganz anders aus.“ Ich wischte mir die letzten aufkommenden Tränen aus den Augen. Dieses Gefühl der Machtlosigkeit war einfach furchtbar, aber ich war froh, dass wenigstens Sasuke mir Halt gab. Das erste Mal, dass jemand das tat.

//Schon komisch…// Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen.

//… vor noch nicht allzu langer Zeit, hätte ich das niemals geglaubt... und schon gar nicht von Sasuke...//

Er löste die Umarmung und drehte sich gerade wieder um, doch ich wollte das nicht. Schnell hielt ich ihn mit links an der rechten Schulter fest, legte meine rechte Hand auf seine Wange und drehte ihn wieder zu mir. Er sah mich überrascht an, aber ich wartete erst gar nicht darauf, dass er etwas sagen konnte. Ich umfasste sein Gesicht, zog ihn schnell zu mir runter und küsste ihn unsicher. Meine Augen waren geschlossen, aber ich war sicher, dass er mich total perplex anstarrte. Ich war selbst erstaunt, über mich. Er reagierte erst gar nicht, weshalb ich fürchtete, ihn überrumpelt zu haben. Ich wollte den Kuss gerade unterbrechen, doch da packte er mich auf einmal an den Schultern, drückte mich grob gegen die Flurwand und erwiderte den Kuss umso intensiver. Überrascht schnappte ich nach Luft und unterbrach dafür sogar ein paar Sekunden, unabsichtlich, den Kuss, der jedoch gleich wieder von Sasuke aufgenommen wurde. Mein Atem ging schwer und auch ihn schien es nicht kalt zu lassen. Er saugte leicht an meiner schmerzenden Unterlippe und knabberte vorsichtig daran. Dabei war er mir so nahe, dass ich jede einzelne Bewegung seiner Muskeln spürte. Ich ließ sein Gesicht los, legte meine linke Hand in seinen Nacken und vergrub die Rechte in seinem Haarschopf, wo ich, unbewusst, anfing ihn zu kraulen. Das schien Sasuke zu gefallen, denn er seufzte wohlig, löste seinen Griff an meinen Schultern und ließ die Hände langsam an meinen Seiten hinab gleiten, was mir einen wohligen Schauer über den Rücken jagte. Er wiederholte dies einige Male, während er mir fordernd über die Lippen leckte. Dieses Mal zögerte ich nicht lange. Ich öffnete den Mund und ging gleich auf Sasukes Spiel ein. Unsere Zungen umspielten sich und es entbrannte ein leidenschaftlicher Kampf um die Vorherrschaft, den ich nach wenigen Sekunden verlor, wobei Sasuke nicht fair gewesen war. Seine Hände hatten sich ihren Weg unter mein Shirt gebahnt, wo er immer wieder über die Seiten und den Rücken strich. Seine Hände waren so angenehm kühl und weich, dass meinen ganzen Körper ein starkes Zittern durchfuhr und mir ein leises Stöhnen entwich. Sofort wurde mir noch wärmer im Gesicht und ich hoffte, dass er es nicht gehört hatte, aber er löste für einen Moment den Kuss, hielt auch in seinen Bewegungen inne und sah mich prüfend an. Ich konnte diesem Blick kaum stand halten und nutzte die Gelegenheit einige Male tief Luft zu holen. Es war mir etwas peinlich, mich vor ihm so gehen zu lassen und gerade als ich mich entschuldigen wollte, lehnte er sich wieder vor und gab mir einen sanften, viel ruhigeren Kuss, als die zuvor. Wohlig seufzte ich auf. Was machte er bloß mit mir? Meine Augen fielen halb zu, als er wieder über meinen Oberkörper strich. Dann beugte er sich noch ein Stück weiter vor. Erschrocken riss ich die Augen wieder auf, als ich plötzlich Sasukes Atem an meinem Hals spürte. Viel zu gut erinnerte ich mich noch an das letzte Mal, als ich hier gewesen war und mich in dieser Position befand. Er merkte sofort, dass ich mich verkrampfte und reagierte schnell. Sasuke begann meinen Hals zu liebkosen, erst vorsichtig, dann, als ich mich wieder entspannte, immer intensiver. Ich zitterte vor Aufregung. Immer wieder verteilte er leichte Küsse auf meinem Hals oder knabberte vorsichtig an meiner Haut. Und auch seine Hände blieben nicht untätig. Sie strichen immer wieder über meinen kompletten Oberkörper. Die anfänglichen Seufzer wandelten sich immer mehr zu einem leisen Stöhnen. Meine Knie wurden weicher als Pudding. Unwillkürlich festigte ich meinen Griff in seinem Nacken und krallte mich in sein Haar, nur um ihn noch näher an mich zu ziehen und ihn davon abzuhalten damit aufzuhören. Doch als seine Hände plötzlich tiefer wanderten und meinen Hintern umfassten, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und stöhnte laut los. Ich wandte mich schon regelrecht unter seinen Berührungen und mein Herz drohte geradezu aus meiner Brust zu springen. Doch dann stoppte er plötzlich. Sein Gesicht lehnte an meiner Halsbeuge. Ich konnte deutlich seinen hektischen Atem hören, der mindestens so schnell ging wie meiner, und seine Hände wanderten wieder rauf zu meinen Rücken. Er richtete sich wieder auf und sah auf einmal missgelaunt in Richtung der Eingangstür. Verwirrt blickte ich ihn an.

„Was hast du denn?“, fragte ich, doch die Frage beantwortete sich von selbst, als ich plötzlich die Klingel hörte. Er zog mich, noch immer in seinen Armen, mit zur Gegensprechanlage und drückte einen Kopf.

„Was ist denn?“, kam es gereizt von ihm, als würde er schon wissen, wer dort unten störte. Es fiel mir schwer so schnell wieder in die Realität zu finden.

„Entschuldige, Sasuke, ich bin´s.“, hörte ich die Stimme Irukas.

„Es ist wegen Naruto. Du hast vorhin gesagt, dass er bei dir ist… und seine Verwandten wollen unbedingt mit ihm reden…“ Iruka klang ein wenig verzweifelt. Ich konnte mir vorstellen, dass die Beiden ihn nicht in Ruhe ließen. Sasuke hatte sie sicherlich mit Leichtigkeit abgeschüttelt. Deutlich freundlicher antwortete Sasuke ihm.

„Das geht nicht, Naruto schläft bereits. Sie sollen morgen wieder kommen.“

„Naja, dann-“ Plötzlich wurde er unterbrochen und die Stimme meiner Tante war zu hören.

„Wir wollen nur sicher gehen, dass es ihm wirklich gut geht.“ Die Sprechanlage machte ihre Stimme sicherlich nicht angenehmer.

„Bitte, Sasuke.“, kam es wehleidig von Iruka. Sasuke seufzte schwer.

„Na gut, aber wehe einer weckt ihn. Es war schwer genug ihn wieder zu beruhigen.“ Dann öffnete er ihnen unten die Tür. Geschockt sah ich ihn an.

„Du kannst die doch nicht rein lassen. Ich schlafe doch überhaupt nicht.“ Er grinste mich breit an.

„Deswegen legst du dich jetzt besser hin und tust wenigstens so.“, meinte er darauf nur. Dann beugte er sich noch mal zu mir vor und flüsterte mir leise ins Ohr:

„Wir machen ein andermal Mal weiter.“ Dabei sah er mich mit einem, eindeutig nicht jugendfreien Grinsen an und schob mich Richtung Wohnzimmer. Er selbst verließ die Wohnung und wartete auf seine Gäste. Ich sah ihm noch einen Augenblick hinterher.

//Was wohl passiert wäre, wenn die nicht hierher gekommen wären…// Unweigerlich stieg mir dabei wieder die Röte ins Gesicht. Es hatte wirklich nicht mehr viel gefehlt. Widerwillig tat ich, was Sasuke verlangte und ging ins Wohnzimmer. Die Couch sah schon bequem aus, aber…
 

Sasuke
 

Ich hätte Iruka im ersten Moment wirklich den Kopf abreißen können. Als Naruto duschen war, hatte ich ihm gesagt, dass er bei mir war, einfach nur damit er sich keine Sorgen machen musste. Und dann schleppte er mir auch noch diese beiden Nervensägen mit an. Und im Grunde musste ich noch froh sein, dass sie nicht fünf Minuten später gekommen waren, sonst hätte ihnen hier auch keiner die Tür auf gemacht. Und dabei hatte ich das so genossen. Ich war im ersten Moment absolut überfordert gewesen, als Naruto mich, von sich aus, geküsst hatte, doch dann hatte es für mich kein Halten mehr gegeben. Ich zweifelte stark daran, dass er wusste, was für eine Wirkung er damit auf mich hatte und wie mich sein Stöhnen und Seufzen anfeuerte. Doch am Heißesten war, das er offenbar selber nicht mal wusste, wie weit zu gehen er bereit gewesen war.

Etwas missmutig begrüßte ich meine unwillkommenen Gäste und bot ihnen absichtlich nichts zu trinken an, schließlich wollte ich, dass sie schnell wieder verschwanden. Narutos Verwandte machten einen faszinierten Eindruck, als sie meine Wohnung betraten, was mich nicht überraschte. Schließlich ließ ich mir die Wohnung einiges kosten.

„Wo ist er?“, fragte sein adipöser Onkel. Ich würdigte ihn keines Blickes.

„Er schläft im Wohnzimmer.“ Ich führte sie zur Couch, die ich extra für Naruto hergerichtet hatte, doch zu meiner Überraschung, lag er dort nicht.

//Wo ist er hin...?// Verwirrt sah ich mich um. Konnte er denn nicht ein einziges Mal das tun, worum ich ihn gebeten hatte?

„Ja, da ist er aber nicht.“, meinte seine Tante trocken.

„Was für eine glanzvolle Feststellung.“, erwiderte ich eben so trocken. Ich ahnte inzwischen, wo Naruto war. Ohne ein Wort zu verlieren, stieg ich die Treppe zu meinem Bett hoch und noch bevor ich ankam, konnte ich ihn dort bereits liegen sehen. Die anderen waren mir gefolgt. Naruto hatte sich quer über das Bett gelegt. Zu meiner Überraschung, war er in den wenigen Minuten, die ich nicht hier gewesen war, tatsächlich eingeschlafen und so, wie es schien, gleich nachdem er sich auf die Matratze geschmissen hatte. Er hatte sich nicht einmal mehr zudecken können.

//Er muss wirklich erschöpft gewesen sein.//

„Was macht der Junge im Bett eines Lehrer?!“, fing auf einmal sein Onkel an, wobei ihm seine Frau zustimmte.

„Ist es das, was sie heute unter Pädagogik verstehen??“ War ja toll, wo Naruto mich da rein manövrierte. Ich stemmte gelassen eine Hand in die Hüfte und sah die Beiden verständnislos an.

„Ich war in der Küche und sagte ihm, er solle sich schlafen legen. Und scheinbar hat er geglaubt, ich schlafe in meiner eigenen Wohnung gerne auf der Couch.“ Die Beiden antworteten nichts darauf.

„Also, wie sie sehen, geht es Naruto gut. Es wäre schön, wenn Sie jetzt mich und meinen Kollegen hier, endlich unseren Feierabend genießen lassen würden.“ Damit scheuchte ich die nervige Meute und Iruka, der nun sichtlich erleichtert war, aus der Wohnung. Er schien froh zu sein, endlich Wochenende machen zu können. Ich ging grinsend wieder zu Naruto rauf.

Ich umfasste vorsichtig seinen Oberkörper und seinen Kopf, legte ihn gerade ins Bett und deckte ihn ordentlich zu. Dann setzte ich mich auf die Bettkante und beobachtete ihn etwas. Dieser kleine Gauner… Er hatte mich absichtlich einfach aus meinem eigenen Bett vertrieben… Aber ausnahmsweise würde ich ihn heute noch mal damit durchkommen lassen. Es war mir eigentlich unbegreiflich, wie sich alles so hatte ändern können. Noch vor Kurzem war Alles so einfach gewesen und jetzt plante ich wirklich, ihn mit mir zu nehmen. Er drehte sich auf einmal auf den Rücken und strampelte die Decke etwas weg. Seine Arme lagen dabei angewinkelt neben seinem Kopf. Ich zog sie wieder hoch und legte sie über seine Schulter. So ruhig schlafend hatte ich ihn lange nicht mehr gesehen. Entweder war er nachts wach gewesen, wenn ich ihn besuchte, oder er hatte irgendwelche Alpträume gehabt. Es würde sicher lange dauern, bis er sich von allem erholt hatte.

Aber dieser friedliche Anblick erinnerte mich an frühere Zeiten. Vereinzelte Bilder vergangener Ereignisse, an die ich mich lange nicht mehr zurück erinnerte und von denen ich vergessen hatte, wie sehr sie mir fehlten… und schlagartig wurde mir klar, warum mir das immer nur bei ihm passierte. Ich hatte es all die Jahrhunderte verdrängt und jetzt, wo er vor mir lag und ich mir eingestand, was er mir bedeutete, da fiel es mir wieder ein.

Gedankenverloren streichelte ich ihm, wie schon so oft in letzter Zeit, durch das Haar. Ich würde ihn ganz bestimmt nicht alleine lassen… nicht wieder denselben Fehler machen. Vorsichtig stand ich auf und beugte mich noch einmal über ihn. Wenn man genau darauf achtete, merkte man, wie sich seine Lippen leicht bewegten und er im Schlaf lautlos vor sich hin murmelte. Mein Herz schlug vor Freude höher. Langsam beugte ich mich weiter vor, stützte mich auf der Matratze ab und hauchte ihm einen, vorerst, letzten, hauchzarten Kuss auf die weichen Lippen und sah dann in das schlafende Gesicht.

„Ich werde dich nicht wieder gehen lassen… wo du endlich wieder bei mir bist.“

Dann erhob ich mich wieder und überließ ihn seinen Träumen.
 

Ende Kapitel 16
 

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(1) Haha!! Tanzt ihr Puppen! Tanzt!!

... be with you

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

... be with you (zensiert)

17. Kapitel: … be with you
 

~Naruto~
 

Es war dunkel. Ich konnte nichts um mich herum erkennen. Mein Herz schlug unentwegt und heftig gegen meine Brust. Ich hatte Angst. Obwohl ich blind durch die Dunkelheit irrte, spürte ich, dass ich nicht alleine war. Kälte kroch meinen Körper hinauf, umschlang mich wie eine Fessel und drohte mein Herz zu zerdrücken. Ich bekam kaum noch Luft. Zitternd und fast gelähmt vor Angst, blickte ich durch die Finsternis, aber nichts war zu erkennen... Doch da! Vor mir, zu meinen Füßen, machte ich einen lauernden Schatten aus. Dunkler und schwärzer, als alles, was mich umgab, kauerte es auf dem Boden. Sofort, als ich es entdeckt hatte, riss es seine rotglühenden Augen auf und schwankte einige Sekunden abschätzend vor sich hin. Entsetzen durchfuhr mich, als es auf einmal durch die Dunkelheit auf mich zu schnellte. Ich wollte schreien, doch kein Ton entkam meiner Kehle. Ich war stumm. Panisch drehte ich mich um und rannte los, aber meine Beine waren plötzlich schwer wie Blei. Ich kam kaum voran. Ich fürchtete, dass mich die Kreatur jeden Augenblick packen könnte, doch je mehr ich versuchte schneller zu laufen, desto langsamer wurde ich. Mein Herz setzte einen Moment aus, als ich mit einem Mal gepackt wurde. Doch nicht am Bein, wie ich es erwartet hatte, sondern am linken Arm. Der Griff war so fest, dass es schmerzte. Hektisch drehte ich mich um, wollte mit der anderen Hand nach dem Vieh schlagen, doch auf einmal war die Dunkelheit verschwunden. Ich stand plötzlich mitten in einem Meer aus Flammen. Die Hitze war unerträglich, übermannte mich regelrecht und ließ mich in die Knie sinken. Von der Kreatur war weit und breit keine Spur, nur schemenhaft waren die Konturen eines großen offenen Raumes zu erkennen. Ich wollte fliehen, doch ich konnte nicht aufstehen, meine Beine rührten sich keinen Millimeter. Mich hatte jegliche Kraft verlassen. Ein Krachen ließ mich zusammen zucken und hoch zur Decke blicken. Mein Herz setzte aus. Der brennende Balken… Er kam direkt auf mich zu, wie ein Feuerball. Ich konnte nicht reagieren und dann…
 

Schreiend erwachte ich aus dem Albtraum, fiel dabei über die Kante aus meinem Bett und riss dabei die Decke mit mir. Ich richtete mich ein kleines Stück auf, stützte mich dabei mit dem Ellbogen auf dem Boden ab, und blickte mich hektisch und schwer atmend um. Noch immer stand mir kalter Schweiß auf der Stirn. Erleichterung machte sich in mir breit, als ich nach einer Weile feststellte, dass ich in meiner Wohnung war und nicht in der brennenden Halle. Unwillkürlich legte ich meine andere, freie Hand auf meine Brust. Mein Herz schlug immer noch ganz wild. Ich schreckte erneut zusammen, als plötzlich ein dumpfes Hämmern, gefolgt von einem wütendem: „Ist da bald mal Ruhe?!“, von der Wand am Kopfende meines Bettes kam. Mein Herz hatte einen kleinen Hüpfer gemacht. Es war nicht da erste Mal gewesen, das ich solche Albträume gehabt hatte und dabei versehentlich meinen Nachbarn weckte. Langsam setzte ich mich auf und fasste mir an den linken Arm. Mir war, als spürte ich den Griff der Kreatur noch immer, denn die Stelle schmerzte. Ich sah mich kurz um. Von meinem Schlafzimmer aus konnte ich nicht viel von meiner Wohnung sehen, abgesehen von einem Fenster. Es war mitten in der Nacht und stockfinster. Mir war nicht wohl hier im Dunkeln zu hocken, obwohl ich in meiner eigenen Wohnung saß. Sofort stand ich auf, sprang samt Decke zurück ins Bett und zog mir diese über den Kopf. Was war nur aus mir geworden? Was war aus dem Naruto geworden, der sich immer wehrte. Und jetzt versteckte ich mich, wie ein kleines Kind unter der Bettdecke. Langsam wischte ich mir den kalten Schweiß von der Stirn und atmete ein paar Mal tief durch. Ich hätte nie erwartet, dass mich das alles so mitnehmen würde, doch da musste ich jetzt durch. Es brachte nichts nur zu jammern, auch wenn das leichter gesagt, als getan war. Und ich musste das auch schließlich nicht ganz alleine durchstehen. Seit ich wieder zur Schule ging, hatte sich einiges geändert. Alle beachteten mich viel mehr. Sicher war es bei den meisten die pure Neugier darüber, was passiert war, als ich von diesem Verrückten in der Lagerhalle gefangen gehalten wurde und ein paar wollten sogar meine Verletzungen sehen. Natürlich hatte ich sie ihnen nicht gezeigt, viel gab es da sowieso nicht mehr zu sehen und so hatte ich ihnen erzählt, was Sasuke mir vorgegeben hatte. Der Rest aber wollte mir wirklich helfen oder zumindest wissen, ob es mir wieder gut ginge. Darunter waren sogar Mitschüler aus anderen Klassen, die ich noch nicht einmal kannte. Meine Freunde allerdings übertrieben die Fürsorge doch ein wenig. Früher hatte ich mein Handy so selten gebraucht, dass es für mich fast nur Dekoration gewesen war, aber jetzt wollte es gar nicht mehr still sein. Ständig bekam ich Nachrichten, ob es mir gut ginge oder ob ich etwas bräuchte und wenn ich nicht gleich antwortete, wurde ich angerufen…

Das brachte mich darauf, doch mal auf mein Handy zu schauen. Sicher würde es mich ablenken. Ich lugte unter der Decke hervor, erspähte es auf dem Nachttisch und griff es mir gleich. Es war nicht so ein neumodisches Handy, wie es die anderen hatten, sondern noch immer mein altes Handy, das ich schon hatte, als ich hierher gezogen war. Es war bestimmt doppelt so groß und dreimal so schwer wie die Neuen und hatte von dem Brand deutliche Spuren davon getragen. Das Plaste hatte einige Kratzer, manche davon etwas tiefer, der Akkudeckel hielt nicht mehr richtig, wahrscheinlich war er bei einem Sturz kaputt gegangen, und über dem kleinen Display hatte es einen schwarzen Brandfleck, der auch nicht mehr weggehen wollte. Wie der dahin gekommen war, konnte ich mir auch nicht erklären. Trotzdem behielt ich es und das nicht nur, weil mir die Zeit und das Geld fehlten, um ein Neues zu holen, sondern auch ein wenig aus sentimentalen Gründen. Und immerhin funktionierte es noch…

Ich sah auf das Display, brauchte aber einige Augenblicke um etwas zu erkennen. Die Helligkeit schmerzte in meinen Augen. Tatsächlich hatte ich wieder eine Nachricht. Dieses Mal war sie von Kiba und er wollte wissen, ob es mir gut ginge. Er schrieb mich wirklich rund um die Uhr an. Sasuke hatte mir erzählt, dass sie sich alle schuldig fühlten, weil sie nicht auf mich Acht gegeben hatten, aber ich gab ihnen keine Schuld. Ich wusste aus eigener Erfahrung, dass es nahezu unmöglich war, einem Vampir zu entkommen, der es auf einen abgesehen hatte. Da hätten sie keine Chance gehabt.

Meine Erinnerungen an diesen Tag waren noch etwas verschwommen, aber ich wusste noch genau, dass selbst Sasuke Schwierigkeiten gehabt hatte, diesen Kerl loszuwerden.

Ein eiskalter Schauer durchfuhr meinen Körper, wenn ich daran dachte… der brutale Kampf, nur hilflos zusehen zu müssen, der furchtbare Moment, als ich glaubte, Sasuke wäre tot und das ganze Blut… so viel Blut. Sofort kniff ich die Augen zusammen, schüttelte den Kopf, um diese Erinnerung loszuwerden und zog die Decke fester um meinen Körper. Unwillkürlich begann ich zu zittern. Wenn mich so jemand sehen würde…

//Meine Tante und mein Onkel würden mich sicher sofort einweisen lassen…//, dachte ich mir bitter. In letzter Zeit konnte ich weder schlafen, noch richtig essen, obwohl ich todmüde und hungrig war. Ob es an den Albträumen oder dem Stress in der Schule lag, wusste ich nicht genau, nur fand ich einfach keine Ruhe, weil mich ständig jemand an diese Dinge erinnerte. So wie Kiba jetzt. Beiläufig drückte ich die Nachricht von ihm weg. Mir war klar, dass er es nur gut meinte, aber er konnte mir nicht helfen.

Langsam kam ich wieder unter der Decke hervor, machte meine Nachttischlampe an und setzte mich auf. Ich winkelte das linke, auf der Matratze liegende, Bein an, zog das Rechte an meinen Körper, legte meine Arme darum und lehnte meine Stirn auf mein Knie. Die Decke lag noch immer auf meiner Schulter und wärmte mich so noch etwas. Ich fröstelte ein wenig, was ich aber dem Albtraum zuschrieb. Nachts konnte ich einfach nicht mehr richtig schlafen. Am Anfang war es noch nicht so schlimm gewesen, da Sasuke, seit meinem letzten Besuch bei ihm, öfter nachts nach mir gesehen hatte. Wie er in die Wohnung gekommen war, wusste ich nicht. Bestimmt durch das Fenster oder er hatte sich irgendwie meinen Wohnungsschlüssel gekrallt, den ich in letzter Zeit ständig verlegte. Seit neusten legte ich die Schlüssel immer in seine alte Lederjacke, damit ich sie immer fand.

Fast jedes Mal, wenn ich wegen eines Albtraumes aufwachte, hatte er schon neben mir gesessen und mir beruhigend über den Rücken und durchs Haar gestrichen. Dabei sah er immer mit einem sanften Blick zu mir herab. Nur selten hatte einer von uns etwas gesagt. Meistens beobachtete ich ihn, bis ich wieder eingeschlafen war. Es kam mir so unglaublich vor, dass dieser Typ, der sonst immer so kalt, abweisend und manchmal auch grausam war, sich so fürsorglich um mich kümmerte.

Aber seit ein paar Tagen kam er nicht mehr. Ich wusste nicht, ob es mit dem Schrecken zu tun hatte, den er mir unabsichtlich eingejagt hatte, als ich aus einem schlimmen Albtraum erwacht war und ihn im Türrahmen zu meinem Schlafzimmer hatte stehen sehen. Seine Gestalt war vom einfallenden Licht der Straßenlaterne schwach beleuchtet wurden und hatte seiner Silhouette ein gespenstisches Aussehen verliehen. Im ersten Moment hatte er für mich wie der Vampir aus der Lagerhalle ausgesehen. Ich schrie laut auf, fiel fast aus dem Bett und begann stark zu zittern. Es war mir schrecklich peinlich gewesen, als ich merkte, dass es Sasuke war, der da vor mir stand, und trotz seiner gut gemeinten Worte beruhigte ich mich nur langsam. In der Nacht hatte ich kaum ein Auge zu gemacht, obwohl er die ganze Zeit bei mir geblieben war und seitdem kam er nachts auch nicht mehr vorbei. Dabei hatte ich es sehr genossen, so umsorgt zu werden…

Langsam fuhr ich mir durch das klamme Haar und seufzte genervt. Jetzt dachte ich schon wieder nur über ihn nach. Tagsüber war er so kalt und nachts…

Konnte er mir denn nicht einmal sagen, was in seinem Kopf vorging? Und jetzt kam er nicht mal mehr vorbei und sagte mir auch nicht warum, dieser Blödmann! Dabei waren wir eigentlich, auch wenn es keiner von uns ausgesprochen hatte, mehr als nur…

Erneut seufzte ich und lehnte meine Stirn gegen mein Knie. Seit er mich gerettet hatte, war meine Angst vor ihm verflogen und das erste Mal in meinem Leben hatte ich das Gefühl, ich könne jemandem vertrauen. Nur wusste ich seitdem einfach nicht mehr, wie ich mich in seiner Nähe verhalten sollte. Als er gemerkt hatte, dass es mir wieder besser ging, zumindest körperlich, war er wieder wie zuvor geworden. Aber ich konnte das nicht mehr. Diese Alpträume verfolgten mich nicht nur in der Nacht, sondern auch am Tag. Jede freie Minute, in der ich alleine war, versuchte ich bei ihm zu sein, dem Einzigen, der mir momentan das Gefühl von Sicherheit gab. Aber in der Schule ging das nicht, auch wenn schon aufgefallen war, dass ich oft seine Nähe suchte, besonders wenn mir meine Mitschüler und Freunde mit ihren Fragen oder ihrer Fürsorge zu viel wurden. Peinlich war es mir gewesen, als ich mich in einer langen Pause, in der Sasuke Aufsicht hatte, zu ihm stellte. Wir hatten angefangen uns zu unterhalten, es ging um nichts Wichtiges, als irgendwann Sensei Guy dazu kam. Ich fand ihn eigentlich ganz gut, nur war er manchmal nervig mit seinem Gerede von der Kraft der Jugend. Er kam zu uns und sagte sowas wie:

„Na wenn das nicht Sasuke und sein kleiner Schatten sind. Hach, noch einmal so jung sein.“ Dabei hatte er uns beide angegrinst und, wie sonst, seine makellos weißen Zähne gezeigt. Ich hatte den Zusammenhang nicht verstanden, fand es aber nicht so lustig. Sofort war ich rot angelaufen, weil ich mich ertappt fühlte und versuchte mich zu verteidigen. Das ausgerechnet von ihm zu hören, wo doch Lee ständig bei ihm rumlief, wurmte mich. Aber er grinste nur noch breiter an, zwinkerte mir zu und meinte nur:

„Ja, ist klar.“ Dann sagte er noch irgendwas zu Sasuke, ging davon und ließ uns stehen. Einen Moment hatten wir so da gestanden und ihm hinterher gesehen bis Sasuke mir ein paar Mal auf die Schulter klopfte.

„Ist schon gut, find dich damit ab.“, hatte er dazu nur gesagt. Ich hoffte nur inständig, dass mich nicht alle Lehrer so nannten.

Wenn ich bei ihm zu Hause war, hatte er beide Hände damit zu tun, mir den Stoff einzutrichtern. Auch wenn mir einige Male das Herz bis zum Hals geschlagen hatte, wenn Sasuke mir bei einer Erklärung seine Hand auf die Schulter oder den Rücken legte und meinem Gesicht dabei so nah war, hatte ich mich nicht getraut irgendwelche Annäherungsversuche zu starten. Ich fragte mich, wo ich damals den Mut hergenommen hatte, Sasuke einfach ohne Vorwarnung zu küssen und wohin das beinah geführt hätte…

Bei dem Gedanken stieg mir die Röte ins Gesicht. Er war zwar netter zu mir, aber mehr als ein kurzer Abschiedskuss war nicht gewesen. Ob ich ihn irgendwie verärgert hatte? Oder hatte ich vielleicht irgendwas falsch verstanden? Aber diesen Gedanken verdrängte ich schnell wieder aus meinem Kopf. Ich wusste, dass Sasuke es ernst meinte, er hatte es bewiesen. Ich hatte in letzter Zeit viel um die Ohren, aber es war bei weitem nicht mehr so schlimm, seit mein Onkel und meine Tante mich, dank Sasuke, endlich in Ruhe ließen. Sie hatten ständig versucht mich zu überreden gleich mit ihnen zurückzukommen und akzeptierten kein nein…
 


 


 

~Flashback~
 

„Ich sagte nein, also lasst mich endlich in Ruhe!“ Wütend stapfte ich über den Parkplatz der Schule und wollte einfach nur weg von den beiden, die mich schon seit Tagen nervten. Eigentlich war ich her gekommen, weil ich gehofft hatte, Sasuke abfangen zu können. Aber keiner der beiden Wünsche wurde mir erfüllt. Mein Onkel packte mich am linken Arm und riss mich rum. Sein Griff war fest und schmerzte ein wenig. So hatte ich keine Möglichkeit den beiden zu entkommen.

„Junge, ich sag´s dir noch mal. Nicht in diesem Ton!“ Der Kerl trieb mich noch in den Wahnsinn vor Wut. Leider kam meine Tante dazwischen, bevor ich ihm eine passende Antwort geben konnte, und stellte sich links neben ihn.

„Naruto, wir meinen es doch nur gut. Du schaffst das doch sowieso nicht rechtzeitig alles aufzuholen. Wir sparen viel Zeit, wenn du gleich mitkommst. Dein Zimmer haben wir auch schon renoviert.“ Mit meiner freien Hand versuchte ich den Griff dieses blöden Ochsens zu lösen, aber er stoppte mich, indem er einmal kräftig an meinem Arm zog. In dem Moment war ich froh, dass es nicht der noch etwas angeschlagene Arm war.

„Verdammt noch mal, nein!“ Begann ich wieder. Mein Onkel war nur ein paar Zentimeter größer als ich, weshalb ich nicht wenig Lust gehabt hätte, ihm ins Gesicht zu spucken, wenn ich mir nicht sicher gewesen wäre, dass ich das wieder bekäme. Gerade als ich anfing meinen Arm aus seinem Griff zu winden, legte sich plötzlich eine blasse Hand auf die rechte Schulter meines Onkels und riss ihn herum. Alles ging so schnell. Ich konnte die Person nicht sehen, da mir mein Onkel im Weg stand, aber er war so überrascht, dass er mich vor Schreck losließ. Das war auch gut so, denn durch den starken Schwung verlor er das Gleichgewicht und wäre beinah gestürzt, wenn sich die blasse Hand nicht in seine Schulter gekrallt hätte. Durch den Beinahe-Sturz erkannte ich aber den Besitzer der Hand. Sasuke!

Sein sonst so ebenmäßiges Gesicht war nun wutentbrannt. Er zog meinen Onkel wieder ein Stück hoch, nur um im nächsten Moment mit der Rechten auszuholen und ihm einen kräftigen Kinnhaken zu verpassen. In dem Moment wich ich einen Schritt zurück, sonst hätte er mich mit umgerissen. Er fiel geräuschvoll zu Boden und blieb dort liegen. Meine Tante kniete sich sofort zu ihm runter. Mit offenem Mund starrte ich erst meinen Onkel, dann Sasuke an und konnte mir ein Grinsen kaum verkneifen. Er erwiderte meinen Blick mit einem kurzen, kaum merklichen, Grinsen, sah dann aber bestürzt hinab zu meinem Onkel, der wieder zu Bewusstsein kam und sich langsam aufrappelte. Diesen Gesichtsausdruck hatte ich bei ihm noch nie gesehen.

„Oh mein Gott, bitte verzeihen Sie! Ich dachte Sie wären irgendein Perversling, der sich an einem Schüler vergreifen wollte.“ Seine Worte klangen aufrichtig, aber ich wusste, dass er wie gedruckt log. Nicht mal sein entschuldigendes Lächeln konnte mich überzeugen und das Vergnügen verbergen, dass er gerade empfand.

//Der Sadist…//

Mein Onkel setzte sich mit der Hilfe meiner Tante auf, hielt sich die stark blutende Nase und sah fassungslos zu Sasuke rauf, während sie anfing zu meckern.

„Trotzdem können Sie doch nicht einfach so jemanden über den Haufen schlagen!!“, meinte sie schrill und versuchte vergebens ihrem fetten Mann wieder auf die Beine zu helfen. Aber Sasuke ließ das unberührt.

„Ich verstehe Ihren Unmut und werde darüber nachdenken.“ Dann lehnte er sich ein Stückchen vor, machte dabei aber keine Anstalten ihnen zu helfen, und lächelte sie vermeintlich freundlich an. Mir jagte der Blick einen leichten Schauer über den Rücken. Es wirkte fast so, als würden seine Augen gleich wieder rot aufleuchten.

„Sie sollten sich aber auch überlegen, ob sie noch mal jemanden so bedrängen, sonst könnte das noch einmal passieren…“ Seine Stimme nahm gegen Ende einen immer ernsteren Ton an und auch sein Gesicht spiegelte genau seine Stimmung wieder. Die beiden starrten schockiert zu ihm auf. Offenbar hatten sie die Warnung herausgehört. Meinem Onkel lief das Blut bereits am Handgelenk runter und die Lippen meiner Tante bewegten sich, als wolle sie etwas dazu sagen, aber sie war wortwörtlich sprachlos. Sasuke beachtete die beiden nicht weiter und wandte sich mir zur.

„Komm mit, Naruto. Ich bring dich nach Hause.“ Er legte den Kopf etwas schief, wobei ihm einige schwarze Strähnen ins Gesicht fielen und mir seit langem wieder der starke Kontrast zwischen seiner Haut und seinen Haaren auffiel. Dabei lächelte er mich freundlich, fast schon liebevoll an und deutete mit dem Daumen zu seinem nahe gelegenem Auto. Auch wenn es mir peinlich war das zuzugeben, mit dem Blick wäre ich ihm überall hin gefolgt.

Ohne mich noch mal zu den beiden umzudrehen, folgte ich ihm zu seinem Wagen, wo er mir bereits die Tür aufhielt, und stieg ein…
 

~Flashback Ende~
 

Er hatte mich erst spät abends heim gefahren, nachdem er mir bei sich zu Hause Nachhilfe gegeben hatte. Obwohl er es mir mit dem Unterricht nicht leicht gemacht hatte, war es trotzdem schön bei ihm gewesen, auch wenn mir die Überwindung für einen weiteren Schritt gefehlt hatte.

Ich stand vom Bett auf, schlüpfte in meine Filzhausschuhe und ging mit dem Handy in der Hand langsam ins Wohnzimmer. Beiläufig schaltete ich das Licht an und sah mich im Zimmer um. Abgesehen vom Summen der Deckenlampe war es wieder ganz still. Das Zimmer war, zugegeben etwas unordentlich. Resignierend stemmte ich eine Hand in die Hüfte und rieb mir den Hinterkopf. Ehrlich gesagt war es SEHR unordentlich! Als ich frisch aus dem Krankenhaus gekommen war, konnte ich die ersten Tage nichts anderes tun, als mich auszuruhen, Fernsehen zu gucken und in meinen Büchern zu blättern. Und so sah es hier auch aus. Die paar Bücher, die ich hatte, waren in der ganzen Wohnung verteilt, meine Schulbücher auf dem Wohnzimmertisch. Überall standen leere oder schmutzige Schüsseln, Teller und Tassen rum. Und dazwischen waren immer wieder einige wäschereife Kleidungstücke, die ich noch immer nicht gewaschen hatte. Ich fand einfach keine Zeit aufzuräumen. Viele Pflanzen hatte ich nicht mehr, die meisten hatten die Zeit, in der ich im Krankenhaus gewesen war, nicht überstanden. Dabei fiel mir Sasukes Lederjacke auf, die ich über die Couchlehne geschmissen hatte. Vorsichtig bahnte ich mir meinem Weg zu ihr und zog sie an. Mir wurde allmählich kalt. Seit dem Zwischenfall gehörte seine Jacke, die er mir schon bei so vielen Gelegenheiten umgelegt hatte, mir. Er hatte sie nicht wieder haben wollen, weil er froh war, dass man ihn nicht mit dem Brand im Lagerfeuer in Verbindung bringen konnte. Mir war das Recht. Sie war mir ein kleines Bisschen zu groß und sah auch etwas mitgenommen vom Brand aus, war aber warm und gemütlich. Nur roch sie leider nicht mehr nach ihn.

Vorsichtig ging ich in die Küche und achtete darauf nicht gegen den überquellenden Mülleimer zu treten, wie ich es schon öfter in dieser Woche gemacht hatte. Ich hatte riesen Durst und holte mir deswegen etwas zu trinken aus dem Kühlschrank. Ich setzte mich an den Küchentisch und nahm einen tiefen Schluck.

Danach wanderten meine Gedanken wieder zu Sasuke. Warum kam er nicht mehr vorbei? Es konnte nicht daran liegen, dass ich mich erschreckt hatte. Oder ob ihm irgendwas dazwischen gekommen war? Geistesabwesend begann ich am Etikett der Flasche rumzufummeln Als ich das merkte seufzte ich genervt, lehnte mich auf den Küchentisch und schob dabei die Flasche weiter nach hinten. Dieser Blödmann! Vielleicht wollte er mich einfach nur ärgern oder war sogar irgendwo in der Nähe, beobachtete mich und machte sich still und leise über mich lustig! Frustriert raufte ich mir die Haare. Was für einen Unsinn dachte ich da nur? Mir fehlte eindeutig Schlaf! Sasuke würde das nicht tun, das war einfach nicht seine Art…

Auch wenn es noch nicht so lange her war, dass er angefangen hatte, sich so um mich zu kümmern, hatte ich mich trotzdem schnell daran gewöhnt. Wer würde das nicht, wenn man getröstet wird, wenn man sich fürchtet und gelobt, wenn man etwas gut machte? Ich setzte mich wieder gerade und stützte meinen Kopf mit der rechten Hand ab. Vielleicht war er auch beleidigt. Ich hatte mich nie bei ihm dafür bedankt, dass er mir half. Aber ob Sasuke wirklich so schnell beleidigt war? Ich ließ die Flasche los und sah auf mein Handy. Es war gerade erst kurz nach Mitternacht…

//Sasuke ist bestimmt noch wach…// Ungeduldig tippte ich mit den Fingern auf dem Tisch. Was sollte ich nur machen? Einschlafen konnte ich sowieso nicht mehr, aber ich wollte Sasuke auch nicht nerven und ihm wie ein kleines Kind hinterher telefonieren. Ein letztes Mal seufzte ich. Ich gab es auf. Dieser Idiot, nur weil er mir nichts sagte, machte ich mir die ganze Zeit Gedanken. Ruckartig stützte ich mich am Tisch ab und stand so schwungvoll auf, dass der Stuhl umkippte. Aber das kümmerte mich nicht. Ich würde jetzt klären, was los war! Schnell stellte ich die Flasche wieder in den Kühlschrank, ging durchs Wohnzimmer, machte alle Lichter aus, öffnete die Eingangstür und verließ, mit dem Handy in der Hand, die Wohnung. Gerade als ich über die Schwelle getreten war, fiel mir auf, dass ich noch mein Schlafzeug an hatte.

„Oh Mann, das wäre peinlich geworden!“ Und ich hätte mir wieder was von Sasuke anhören können. In Gedanken versunken drehte ich mich um. Ich musste mich schnell noch umziehen, bevor ich zu ihm ging. Die Hausschuhe hatte ich auch noch an und ich musste-

RUMMS

„Aua… tut das weh…!“ Jammernd fasste ich mir an die schmerzende Stirn und starrte völlig überrumpelt auf das Hindernis vor mir. Ich hatte die Wohnung so eilig verlassen, dass die Tür hinter mir ins Schloss gefallen war. Einen kurzen Augenblick hatte ich Panik, aber dann fiel mir ein, dass ich zum Glück Sasukes Jacke an hatte. Erleichtert atmete ich auf, während ich das Handy in die linke Hand nahm und in der rechten Jackentasche nach dem Schlüssel fischte. Mir wurde etwas mulmig, als ich ihn nirgends fand. Dabei tat ich ihn doch immer in diese Tasche…

Doch dann fiel mir ein, dass ich doch heute Morgen einkaufen gewesen war und so vollgepackt war, dass ich nur die linke Hand frei hatte. Siegessicher wechselte ich das Handy in die andere Hand, stopfte es nebenbei in die rechte Tasche, und suchte nun in der Linken nach dem Schlüssel. Doch auch da wurde ich nicht fündig und bekam erneut Panik als ich ein Loch in der Tasche ertastete. Noch einmal durchsuchte ich die Tasche, sah sogar auf die Innenseite der Jacke, nur um sicher zu gehen, dass es dort keine weiteren Taschen gab. Meine Hand guckte halb aus dem Loch raus. Scheinbar hatte die Jacke doch mehr abbekommen als gedacht und ich hatte es nur nicht bemerkt, weil ich bisher immer nur die rechte Tasche benutzt hatte.

Ein paar Sekunden lang stand ich da und starrte ungläubig auf die Tür. Ich versuchte die Tür mit beiden Händen auf zu machen, aber es funktionierte nicht. Langsam sank ich auf die Knie, die Hände noch immer an der Tür, und lehnte den Kopf dagegen.

Warum musste sowas immer mir passieren? Das war jetzt schon das dritte Mal diese Woche. Es würde ewig dauern, bis der Schlüsseldienst käme!

//Sasuke hatte Recht. Ich bin wirklich ein hoffnungsloser Fall!// Entnervt stieß ich einmal leicht mit dem Kopf gegen die Tür und seufzte. Bevor ich jetzt die halbe Nacht wartete, konnte ich auch genauso gut zu Sasuke gehen. Dort würde ich wenigstens etwas Ruhe finden.

//Wenn ich mich beeile wird mich schon keiner sehen…//

Schnell stand ich auf, ging die Treppe runter und machte mich auf den Weg. Zum Glück war es draußen warm, wenn auch ein bisschen windig, aber das störte mich nicht. Schlimmer wäre es gewesen, wenn es geregnet hätte.

Der Weg war nicht gerade kurz, es würde bestimmt eine Stunde dauern. Ich lief nur auf den Hauptstraßen und vermied es in irgendwelche Seitengassen abzubiegen. Davon hatte ich wirklich genug. Mir begegneten dafür, dass es Samstagnacht war, nur wenigen Menschen auf der Straße, aber die, die mich sahen, schauten mir verdutzt hinterher. Selbst in einer so großen Stadt, wie dieser, war es auffällig, wenn jemand nachts im Schlafanzug, Hausschuhen und Lederjacke durch die Straßen rannte. Aber das störte mich irgendwann nicht mehr. Ich hatte nur noch Sasuke im Kopf, ich wollte zu ihm. Ganz automatisch wurde mein Gang bei dem Gedanken an ihn schneller…
 

Nach einer gefühlten Ewigkeit kam endlich Sasukes Wohnblock in Sicht. Die meisten Appartements waren dunkel, aber ich konnte nicht sagen, ob eines davon Sasukes war. Ich hatte es fast geschafft, ich musste nur noch ein paar Straßen weiter. Trotz meiner schmerzenden Füße, meine Hausschuhe hatten immerhin nur eine dünne Filzsohle, rannte ich den letzten Rest der Strecke. Völlig außer Atem, aber froh es endlich geschafft zu haben, kam ich vor dem Gebäude zum stehen und musste erst mal einen Moment durchatmen. Ich hatte mich wohl doch noch nicht ganz erholt…

Ein letztes Mal atmete ich tief durch, ging langsam zur Eingangstür und blieb vor dem Klingelfeld stehen. Suchend stand ich mit gehobenem Finger da und schaute auf das Feld. Ich brauchte nicht lange bis ich Sasukes Namen gefunden hatte, aber mich plagten auf einmal Zweifel. Wie Sasuke wohl reagieren würde, wenn ich auf einmal mitten in der Nacht vor seiner Tür stehen würde. Wäre er froh oder sauer, das konnte ich gar nicht mehr richtig beurteilen. Das letzte Mal, dass ich richtig durchgeschlafen hatte, war als ich zuletzt bei Sasuke übernachtet hatte, was schon mindestens eine Woche her war. Aber ich konnte auch nicht einfach wieder umdrehen und zurück gehen. Der Weg würde noch mal mindestens eine Stunde dauern und ich stände vor verschlossenen Türen. Andererseits könnte ich mir bestimmt was von ihm anhören, wenn ich ihn bei irgendwas störte. Aber was blieb mir sonst übrig…?

Während ich vor mich hin grübelte und immer wieder zwischen den beiden Möglichkeiten hin und her gerissen wurde, merkte ich nicht, wie sich jemand von hinten näherte.

„Was machst du da??“ Ertappt zuckte ich zusammen und drehte mich ruckartig um. Vor mir stand eine groß gewachsene schlanke Frau mit dunkel blondem Haar, die mich ernst ansah. Sie trug ein kurzes, eng anliegendes, schwarzes Kleid und hohe Schuhe. In der linken Hand hielt sie eine ebenfalls schwarze, kleine Handtasche und stemmte die rechte Hand in die Hüfte. Sie war stark geschminkt und durch die Absätze gut einen Kopf größer als ich. Trotz ihres Parfums, roch sie etwas verschwitzt und auch nach Zigarettenqualm. Ich vermutete, dass sie in einer Disko oder so gewesen sein musste.

„Äh… äh, ich wollte-“ Sie schnippte plötzlich mit den Fingern vor meinem Gesicht rum.

„Hallo, ich rede mit dir! Verstehst du mich nicht, oder bist du einfach nur langsam?“ Verärgert sah sie zu mir runter, verschränkte die Arme und tippte ungeduldig mit einem Finger auf ihrem Oberarm rum. Sie hatte eine unhöfliche Art und war mir von Anfang an unsympathisch.

„Doch ich verstehe sehr gut…“, antwortete ich ärgerlich.

„Ich wollte nur jemanden besuchen, aber ich hab es mir-“ Rüde unterbrach sie mich.

„Wen solltest du denn in dieser Gegend besuchen…?“, meinte sie herablassend und musterte mich dabei abwertend von oben bis unten.

//Blöde Kuh, die hält sich wohl für was Besseres!// Ich sah an mir runter und mir fiel wieder ein, in welchem Aufzug ich gerade vor ihr stand. Kein Wunder, dass sie da so misstrauisch war, auch wenn das kein Grund war, so unhöflich zu sein. Ich zog die Jacke enger um meinen Körper und verschränkte die Arme vor der Brust, damit sie nicht die ganze Zeit meinen Schlafanzug sah.

„Ich wollte meinen… äh, ich meine, ich wollte… Sasuke besuchen…“ Sie musste nicht unbedingt wissen, dass ich Sasukes Schüler war und ihn mitten in der Nacht in meinen Schlafklamotten besuchte. Das war Sasuke sicher auch Recht.

„Sasuke? Du meinst Sasuke… Uchiha??“ Auf einmal wurden ihre Gesichtszüge ganz weich und sie lächelte mich auf einmal breit an. Dann legte sie ihre Hände auf meine Schulter und beugte sich zu mir vor, wodurch ich ihr in den Ausschnitt gucken konnte. Verlegen schaute ich weg, bevor sie das noch merkte.

„Warum hast du das denn nicht gleich gesagt!“ Sie schnappte sich auf einmal meine Hand und zog mich von den Klingeln zur Eingangstür, kramte ihre Schlüssel aus der Tasche und schloss auf.

„Wenn du ein Freund von ihm bist, dann geht das doch in Ordnung.“ Dann zog sie mich mit rein.

„Nein, nicht doch! Ich wollte doch wieder-“

„Schon gut, Kleiner. Das mache ich doch gerne.“ Irgendwie glaubte ich ihr nicht ganz, dass sie das so ganz selbstlos machte. Enttäuscht seufzte ich. Es wäre so schön, wenn es einmal so laufen würde, wie ich wollte. Besonders, weil ich mich dazu entschlossen hatte, doch wieder nach Hause zu gehen… oder vielleicht auch nicht. Nachdenklich rieb ich mir den Hinterkopf, während wir auf den Aufzug warteten. Die Entscheidung wäre erheblich einfacher, wen ich mal eine Nacht durchschlafen könnte. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als mich plötzlich diese Frau ansprach. Ihre Stimme klang dabei gekünstelt freundlich.

„Sag mal, woher kennst du eigentlich Sasuke-kun?“ Was ging die das eigentlich an? Aber andererseits hatte sie mich rein gelassen, da konnte ich sie jetzt nicht einfach ignorieren.

„Ähm… wir haben uns letztes Jahr kennen gelernt… und sind halt Freunde geworden.“ Fragend sah sie mich an.

„Freunde? Ich hätte nicht gedacht, dass Sasuke sich mit jemandem wie dir anfreunden würde. Er ist doch mehr der Coole-Einzelgänger-Typ.“ Dann sah sie mich fragend an.

„Irre ich mich oder ist das Sasukes Lederjacke?“ Ich schüttelte nur den Kopf und versuchte sie gleich von dem Gedanken abzulenken.

„Und woher kennen sie ihn?“

„Ach, wir sind Nachbarn. Wir reden ziemlich oft miteinander und verstehen uns sehr gut. Ehrlich gesagt, denke ich, dass er sich ein wenig in mich verguckt hat.“ Sie zwinkerte mir zu und grinste dann breit.

„Naja, ist ja keine Überraschung.“, sagte sie selbstsicher und richtete ihr Kleid. Noch bevor ich ihr eine passende Antwort geben konnte, hielt der Fahrstuhl und sie ging raus.

//So eine arrogante Zicke… Die soll ihre Finger von ihm lassen!// Sie marschierte schnurstracks zur Wohnung von Sasuke und winkte mich ran. Langsam folgte ich ihr, auch wenn mir dabei noch immer nicht ganz gut war, und stellte mich rechts neben sie. Sie drückte auf die Klingel und zog mich ein Stück dichter an sie heran. Sie wollte sich bestimmt an Sasuke ran machen, sonst hätte sich ihr Benehmen eben nicht so plötzlich geändert. Warum sonst hätte sie auf einmal so nett zu mir sein sollen?

Es dauerte einige Sekunden bis sich etwas regte und die Tür geöffnet wurde. Sasuke hätte ich auch zugetraut, dass er jemanden, den er nicht da haben wollte, auch die ganze Nacht stehen gelassen hätte. Er öffnete die Tür nicht ganz, ich konnte ihn kaum sehen, aber erkannte ihn sofort an seiner Stimme.

„Ja? Oh… Hallo Frau… ähm…“, begann er genervt. Ich fragte mich, ob ich der Einzige war, der immer diesen genervten Unterton hörte oder ob die anderen nur besonders gut darin waren, diesen zu überhören. Sie jedenfalls lächelte ihn breit an.

„Frau Nagase, aber Sie sollen mich doch Yuna ne-“, fügte sie noch mit einem Zwinkern hinzu, wurde aber je von Sasuke unterbrochen.

„Naruto!“ Er hatte ihr gar nicht zugehört und war ihr direkt ins Wort gefallen, als er mich bemerkt hatte. Er öffnete die Tür noch ein Stück weiter um mich ganz zu sehen und blickte mich überrascht an.

„Ähm… Hi…“, antwortete ich etwas leise und hob dabei grüßend die Hand.

//Fällt mir denn nichts Besseres als “Ähm… Hi…“ bei ihm ein…// Innerlich ohrfeigte ich mich für so viel Einfallsreichtum. Ich ließ die Hand aber schnell wieder sinken, als mir die Frau auf einmal den Arm um die Schultern legte und mich an sich ran zog. Wollte die einen auf Kumpel spielen? Die Alte fing wirklich an mich zu nerven.

„Stellen Sie sich vor, ich hab ihn unten ganz allein vor der Eingangstür aufgelesen. Er schien mir irgendwie hilflos…“ Ich hob abwehrend die Hände.

„So war das nicht, eigentlich wollte ich ja… öh, naja… oder auch nicht, da war ich mir noch nicht ganz sicher. Aber ich war draußen und kam nicht mehr zurück und… naja…“ Als ich merkte, dass Sasuke mir scheinbar nicht folgen konnte, denn er zog wieder die Augenbraue nach oben, wurde ich immer langsamer mit meiner Erklärung. Ich nahm es ihm aber auch nicht krumm. Mir ging es ja genauso. Aber dann sah er mich auf einmal mit großen Augen an.

„Du trägst ja nur Schlafsachen… und Hausschuhe!“ Er befreite mich aus dem Griff der Frau und zog mich vorsichtig, aber bestimmt dichter an sich ran, so dass wir seitlich zu ihr standen.

„Du kannst doch nicht in diesem Aufzug nachts durch die Stadt marschieren! Du hast eine Operation hinter dir, du könntest dir sonst was einfangen! Ganz zu schweigen davon, was nachts für Leute durch die Straßen ziehen!“ Das klang irgendwie ironisch, wenn ich daran dachte, dass er eigentlich auch einer dieser Leute war. Er erinnerte mich gerade weniger an den meuchelnden Vampir, als an eine überfürsorgliche Mutter. Ich wusste doch, dass ich dafür noch eine Strafpredigt erhalten würde, aber mir war auch klar, dass er es gut meinte. Ich wollte ihm erklären, was passiert war, aber ich wusste nicht, wo ich anfangen sollte und dann fiel mir wieder dieses nervige Weib ins Wort.

„Wissen Sie, Sasuke, ein Tee täte ihm da bestimmt gut. Meine Großmutter hat immer einen speziellen Kräutertee gemacht. Wenn Sie wollen-“ Ich hätte wirklich beinahe etwas gesagt, weil sie mich schon wieder einfach so unterbrach, aber Sasuke drehte sich zu ihr, schob mich mit der rechten Hand, ohne den Blick von ihr zu nehmen, in die Wohnung und lächelte sie freundlich an.

„Danke, dass Sie ihn her gebracht haben. Das war wirklich sehr freundlich.“ Während er mit ihr sprach und sie praktisch in seinen Augen versank, griff er mit der linken Hand nach der Türklinke.

„Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht!“

„Äh ja, das wünsche… ich meine ich-“ Dann schloss er die Tür und ließ sie damit einfach stehen. Geschafft seufzte er.

„Hach… Mann, die nervt wie nichts Gutes.“ Ein kleines Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen.

„Echt jetzt? So wie sie das gesagt hat, seit ihr die besten Freunde… und du ein bisschen in sie verknallt.“ Ich konnte Sasukes Gesicht nicht erkennen. Es war dunkel im Flur und im Wohnzimmer brannte nur ein schwaches Licht, aber ich konnte das Lachen aus seiner Stimme raus hören.

„Ts, das hätte die wohl gerne.“ Dann ging er an mir vorbei, blieb aber noch einmal im Türrahmen zum Wohnbereich stehen, drehte sich zu mir um und kam einen Schritt auf mich zu. Dabei wurde seine Silhouette schwach beleuchtet.

„Du bist doch nicht etwa eifersüchtig?“ Erst stockte ich einen Moment, sah dann aber ertappt zur Seite.

„Also… auf die ganz bestimmt nicht…!“ Ein leises Lachen kam von Sasuke. Er überwand das letzte Stück zwischen uns und legte seine Hand in meinen Nacken.

„Wie süß, das steht dir.“ Ich sah ihn nur böse an oder versuchte es zumindest. Musste er mich denn immer ärgern?

„Sei nicht sauer.“ Dann zog er mich dichter an sich ran und gab mir einen kurzen, aber bestimmten Kuss auf die Lippen, ehe er mich wieder los ließ, kurz lächelte und mir deutete ihm ins Wohnzimmer zu folgen. Ich konnte nicht anders, als dieses Lächeln zu erwidern und ihm zu folgen. Meine, inzwischen ziemlich mitgenommenen, Hausschuhe ließ ich im Flur zurück. Im Wohnzimmer schaltete er das Licht ein und zeigte gewohnt lässig zur Couch, wo bereits eine Decke auf der Couch ausgebreitet war und der stummgestellte Fernseher lief. Auf dem Couchtisch lag ein aufgeschlagenes Buch. Es sah nicht so aus, als hätte er mich erwartet, vermutlich hatte er im schwachen Licht des Fernsehers sein Buch gelesen.

„Mach´s dir bequem, ich hol dir was zu trinken…“ Dann ging er in die Küche, aber ich machte keine Anstalten, das zu tun, was er mir gesagt hatte. Stattdessen folgte ich ihm und stellte mich an die Theke, die gleich links neben der Küchentür stand. Wie immer, war die Küche blitzblank und sah aus wie neu. Ich war mir ziemlich sicher, dass er hier so gut wie noch nie gekocht hatte, mit Ausnahme von den Tagen, an denen er mir bis spät Nachhilfe gegeben hatte und sich mein Magen zu Wort gemeldet hatte. Dann gab es Tiefkühlpizza oder leckere Instantnudeln. Bei dem Gedanken musste ich wirklich lachen, denn Sasuke hatte selber gesagt, er könne wirklich viel, aber Kochen gehörte nicht unbedingt dazu. Wozu auch, er brauchte es ja nicht, aber er hatte jetzt immer ein paar Reserven für mich im Kühlschrank. Ich stütze mich mit den Ellbogen auf der Theke ab und sah zu, wie Sasuke den Wasserkocher anschaltete und im Schrank nach etwas suchte.

„Was verschafft mir die Ehre deines Besuches?“, begann er plötzlich. Er hatte wohl gleich gemerkt, dass ich ihm gefolgt war. Dann fuhr er fort:

„Also nicht, dass ich mich nicht freuen würde, aber es ist ziemlich spät. Hattest du wieder einen Albtraum…?“ Dann drehte er sich zu mir um und musterte grinsend meine Klamotten.

„… oder warst du schlafwandeln?“ Ein wenig verlegen fummelte ich an einem der Knöpfe der Lederjacke rum und überlegte, was ich ihm sagen sollte. Ich wollte ihm nicht gleich auftischen, dass ich hier war, weil ich einen solchen Albtraum gehabt hatte, nicht mehr schlafen konnte und mich dann dummer Weise ausgeschlossen hatte. Dabei gefiel mir die Ausrede mit dem Schlafwandeln ganz gut, denn ich kam nicht ganz so tollpatschig rüber. Sasuke hatte sich inzwischen wieder umgedreht und eine Tasse aus einem Hängeschrank, rechts von ihm, geholt. Ich beschloss, einfach der Frage auszuweichen.

„Nein, nicht ganz. Ich hab mich nur gewundert… warum du nicht mehr vorbei kommst…“ Ich hoffte, er merkte mir meine Neugier nicht an, aber ich konnte sie kaum verbergen.

„Ach ja, deswegen…“ Er holte aus dem Hängeschrank, direkt vor ihm, eine neu aussehende Zuckertüte und eine Packung Tee und kramte aus einem Thekenschrank, rechts von ihm, eine kleine Porzellanzuckerdose. Sie sah unbenutzt aus. Er füllte etwas von dem Zucker in die Dose und holte einen kleinen Löffel aus einer Schublade. Dann schaute er über seine rechte Schulter zu mir.

„Du nimmst zwei Löffel Zucker?“ Ich nickte eifrig und sah ihn weiter neugierig an. Sasuke schaufelte den Zucker in die Tasse, ließ den Löffel darin stehen und drehte sich dann zu mir um. Dabei stützte er sich lässig an der Küchenzeile hinter sich ab. Die Ärmel seines schwarzen Pullovers waren zur Hälfte hochgekrempelt, was ihm richtig gut stand.

„Ich hatte ein klein wenig… Hunger.“, fing er langsam an, fasste sich schelmisch grinsend ans Kinn und wirkte als müsste er überlegen, wie er es formulieren sollte. Dabei sah er aber in die Ferne, als würde er sich zurück erinnern. Der Gedanke, wie er sich etwas “zu Essen“ besorgte, erinnerte mich stark an den Abend, als ich Sasuke verfolgt und sein Geheimnis entdeckt hatte. Auch wenn ich ihn nicht mehr fürchten musste, der Abend war mir in Mark und Bein gegangen. In letzter Zeit hatte ich diese Tatsache sowieso beiseite gedrängt. Mir war schon klar, dass er den Kampf gegen den Vampir damals kaum überlebt hätte, wenn er kein Blut getrunken hätte, und ich war auch froh, dass es ihm wieder gut ging, aber ich bekam schon etwas Mitleid mit seinem Opfer. Und obwohl er doch eigentlich immer noch der Selbe war, passte das einfach nicht mehr zu dem Bild, welches ich jetzt von ihm hatte.

„Ich hätte nicht für deine Sicherheit garantieren können, außerdem hast du dich noch nicht ganz erholt. Ich wollte einfach kein Risiko eingehen.“ fuhr Sasuke auf einmal ernst fort.

„Mir geht es wieder gut.“, setzte ich gleich nach.

„Du hättest ruhig vorbei kommen können.“ Es dauerte etwas bis mir auffiel, dass ich mich damit praktisch anbot. Sasuke hatte das deutlich schneller begriffen und bedachte mich erneut mit diesem verführerischen Lächeln von neulich. Verlegen unterbrach ich den Blickkontakt und fing wieder an, unauffällig an den Knöpfen der Lederjacke rumzuspielen.

„Ich meine, du hättest wenigstens Bescheid sagen können.“, versuchte ich meine Verlegenheit zu überspielen, aber leider erfolglos. Ich traute mich erst nicht aufzublicken, aber als ich mich doch dazu überwand, wurde ich gleich wieder von Sasukes Blick gefangen. Er lächelte mich noch immer an, doch es wurde schwächer.

„Nein, du hast dich nicht ganz erholt.“ Mit etwas Schwung stieß er sich von der Küchenzeile ab, ging um die Theke herum und stellte sich zu mir. Er hob seinen Arm, wischte mir eine verirrte Strähne aus dem Gesicht und legte seine Hand auf meine Wange, wo er anschließend mit dem Daumen einige Male über meine Haut strich. Unweigerlich schlug mein Herz schneller. Die Berührung war ungewohnt, aber so angenehm, dass mir ein leichter Schauer über den Rücken lief, ich für einen Moment die Augen schloss und mich in seine Hand lehnte. Sein Blick war ernster geworden, doch seine Lippen umspielte noch immer ein leichtes Lächeln. Vielleicht um mich aufzumuntern?

„Du bist schrecklich blass… Hast du heute überhaupt was gegessen? Freitag hast du dein Essen kaum angerührt…“ Ich hob meinen Blick wieder. Keine Ahnung, was mich mehr überraschte. Die Tatsache, dass Sasuke mir vorwarf blass zu sein, wo er doch selber bleich wie ein Leinentuch war, was ihm allerdings besser stand als mir, oder, dass er mich in der Schule beobachtete und ich es noch nicht einmal bemerkt hatte. Wahrscheinlich in einem der wenigen Momente, in denen ich weder an die Prüfungen, noch an Sasuke, der mich nicht mehr besucht, dachte und einfach nur vor mich hin döste. Ich hatte in den letzten paar Tagen nicht besonders viel Hunger gehabt, was wohl am Schlafmangel lag und es war mir unangenehm, dass er das bemerkt hatte. Ich sah zur Seite, nahm dann seine Hand von meiner Wange und hielt sie fest. Zögerlich blickte ich wieder zu ihm auf und versuchte ihn beschwichtigend anzulächeln. Ich wollte nicht schon wieder über das reden, was passiert war oder was auch nur im Entferntesten damit zu tun hatte. Schon gar nicht mit ihm. Da wäre mir doch eines unserer typischen Wortgefechte lieber.

„Ich sagte doch, mir geht es gut.“ Er löste seine Hand umsichtig aus meinem Griff und umfasste seinerseits die meine, während ich sprach. Es fiel mir schwer, mich auf das zu konzentrieren, was ich sagen wollte, denn er war dabei so sanft und vorsichtig, als hätte er Angst, mir irgendwie weh zu tun. Mein Herz schlug inzwischen so heftig gegen meine Brust, dass ich fürchtete, er könne es hören.

„Bist du dir wirklich sicher? Du bist so blass, du wirst nicht mal rot, wenn du verlegen bist.“ Er änderte den Griff seiner Hand so, dass er meine Finger zwischen Daumen und Zeigefinger hielt, wobei er sachte über meine Haut strich, und mir einen hauchzarten Kuss auf die Knöchel gab. Ich musste mich zusammenreißen vor Aufregung nicht zu stottern.

„Warum w-wollen…“ Sasuke lächelte mich wieder verführerisch an und ich musste mich kurz räuspern, um mich etwas zu beruhigen.

„Warum wollen mir ständig alle einreden, ich wäre noch nicht gesund. Alles ist verheilt, ich habe nicht mal eine Narbe behalten.“ Das klang zwar komisch, vor allem, wenn man daran dachte, welche Verletzungen ich davon getragen hatte, aber die sind bei mir schon immer schnell wieder geheilt. Etwas worauf ich stolz war, auch wenn man mich deshalb früher für unheimlich hielt.

„Das meine ich ja auch nicht.“ Sasuke ließ unsere Hände sinken, hielt sie aber weiterhin fest und legte seine andere, freie Hand auf meinen Kopf.

„Ich meine die Verletzung in deinem kleinen Wuschelkopf.“ Dann strubbelte er mir durchs Haar.

„Du hast das alles noch nicht verarbeitet. Ich kann das verstehen. Wenn du darüber reden willst, höre ich dir gerne zu.“ Baff blickte ich ihn an. So kannte ich Sasuke wirklich nicht. Ich wusste, dass er es gut meinte, aber ich wollte nicht darüber reden. Es war mir lieber einfach nur hier zu sein und nicht daran denken zu müssen. Während die Information langsam durchsickerte nahm er seine Hand von meinem Kopf, ließ meine Hand los und umfasste mein Gesicht. Er zog mich an sich ran. Erst dachte ich, er wollte mich küssen und schloss langsam die Augen, doch der Kuss blieb aus. Ich sah ihn wieder an, aber stattdessen spürte ich seine Lippen an meiner Schläfe und wie seine Finger erneut über meine Wangen strichen. Sofort fielen mir die Augen wieder zu und ich genoss die Berührungen. Viel zu schnell hörte er auf, ließ mich los und lehnte sich zurück. Ich musste schlucken und ein paar Mal tief durchatmen, um mich zu beruhigen.

„D-Du bist auf einmal so überfürsorglich… so kenne ich dich gar nicht…“ Er sah mir tief in die Augen und lächelte mich an. Ich traute mich kaum Luft zu holen, geschweige denn wegzusehen. Nur beiläufig merkte ich, dass er nach meiner linken Hand griff. Zog er gerade einen seiner Vampir-Tricks mit mir ab?

„Nun, du bist auch überraschend anhänglich geworden, oder nicht?“ Nervös lehnte ich mich von einem auf das andere Bein. Seinem Blick konnte ich nicht ausweichen.

„Das k-kommt dir bestimmt nur so vor.“, versuchte ich auszuweichen und grinste ihn an, aber er schüttelte nur den Kopf.

„Nein, ich bin mir ziemlich sicher.“ Dann stupste er mir mit dem Finger gegen meine Stirn.

„Es ist das erste Mal, dass du mich um halb drei Uhr morgens besuchst… und das im Schlafanzug. Wenn das nicht anhänglich ist?“ Sein Grinsen wurde breiter und mein Herz machte erneut einen kleinen Hüpfer. Ich konnte mir ein leises Lachen nicht verkneifen.

„Das hast du doch auch gemacht. Naja, aber ohne die Sache mit dem Schlafanzug…“ „Touché.“ Sasuke grinste etwas, als von Wasserkocher auf einmal ein leises Klicken kam. Ich ließ seine linke Hand los, ging ein paar Schritte zurück und drehte mich halb um.

„Ich geh schon mal ins Wohnzimmer.“ Dabei zeigte ich mit dem Daumen in Richtung des besagten Zimmers, in der Hoffnung ihn so von seinem Angebot, über meine Albträume zu sprechen, abzulenken. Ich wartete nicht auf eine Antwort und ging schnell raus. Ich wollte mich auf die Couch setzen und auf Sasuke und meinen Tee warten, aber er machte mir einen Strich durch die Rechnung. Anstatt, wie ich erst gedacht hatte, den Tee fertig zu machen, kam er mir gleich nach. Ich war gerade am Küchentisch vorbeigegangen, als er mich auf einmal am Arm festhielt und umsichtig umdrehte.

„Du hast mir noch gar nicht geantwortet.“ Dann ließ er mich los. Enttäuscht seufzte ich und sah auf den Boden. Wie gesagt: Es wäre auch zu schön, wenn mal etwas nach meinem Plan laufen würde.

„Naruto?“ Er griff mit seiner rechten Hand die Meine. Mit der Anderen umfasste er mein Kinn und hob es an, so dass er mir wieder in die Augen blicken konnte. Inzwischen hatte ich einen kleinen Wachstumsschub gehabt, weshalb ich nur noch etwas weniger als einen halben Kopf kleiner war, als er und der Abstand zwischen uns nicht mehr so groß war.

„Ich weiß, dass du es gut meinst, aber ich möchte nicht darüber reden. Eigentlich ist es sogar das Letzte, was ich momentan möchte. Es wäre schön einen Moment nicht daran denken zu müssen.“ Er sah mich mit einem, für ihn wirklich ungewohntem, mitleidigen Blick, der mir ganz und gar nicht gefiel.

„Wie du möchtest…“ Er strich mit dem Daumen über mein Kinn. Auf einmal kam sein typisches Grinsen zurück und er seufzte gespielt auf.

„Ach je, ich fürchte fast, du bist gezähmt worden.“ Ein wenig beleidigt sah ich ihm fest in die Augen, nahm seine Hand und löste sie von meinem Kinn.

„Aber nicht mehr als du!“ Sein Grinsen wurde breiter, als er sich aus meinem Griff befreite. Sachte strich er mit dem Handrücken über meine Wange.

„Das muss ja nicht schlecht sein…“ Dann legte er seine Hand in meinen Nacken, zog mich zu sich hoch und überwand die letzten Zentimeter zwischen uns. In diesen paar Sekunden beschleunigte sich mein Puls dermaßen, dass ich Angst bekam jeden Augenblick umzukippen. Ich sah zu ihm hinauf und konnte es kaum noch abwarten, als ich endlich seine kalten, aber weichen Lippen spürte. Augenblicklich schloss ich die Augen und erwiderte zaghaft den Kuss. Ungewollt seufzte ich, ließ seine rechte Hand los und legte meine Linke langsam auf seinen Oberarm, während er um meine Taille griff. Seine Hand in meinem Nacken wanderte weiter vor und blieb auf meinem Unterkiefer liegen, sodass mein Ohr zwischen seinem Zeige- und Mittelfinger lag und er den Kuss führte. Dabei begann er mir über die Wange zu streichen. Seine Hand war angenehm kühl und ich bekam eine schwache Gänsehaut. Ein Schauer lief mir über den Rücken.

Er löste den Kuss für einen kurzen Moment, nur um gleich einen neuen, intensiveren zu beginnen. In meinem Bauch fing es an vor Aufregung zu kribbeln und ich spürte wie langsam die Hitze in mir aufstieg. Jetzt legte ich auch meine rechte Hand auf seinen Oberarm und bis ihn leicht in die Unterlippe, als er den Kuss unterbrach und zu mir herab blickte. Sein Gesicht hatte sich kaum von meinem entfernt und ich konnte deutlich seinen Atem auf meiner Haut spüren. Als sich unsere Blicke trafen zögerte ich einen kleinen Moment. Er sah nachdenklich zu mir herab und strich weiterhin mit dem Daumen über meine Wange. Dabei wirkte er verträumt, so wie jemand, der nach einer Ewigkeit ein verloren geglaubtes Andenken wieder fand und nun in dazugehörigen Erinnerungen schwelgte. Zu gerne hätte ich gewusst, worüber er grübelte, aber er machte keine Anstalten, es mir zu sagen, sondern stand einfach da und musterte mein Gesicht. Die Situation hatte ein wenig von der an Weihnachten, als er mich hier erwischt hatte, nur hatte ich dieses Mal keine Angst vielleicht umgebracht zu werden.

Automatisch krallte ich meine linke Hand in seinen Pullover. Was auch immer er dachte, er sollte bloß nicht auf die Idee kommen, mich einfach loszulassen und mich damit wieder meinen eigenen Gedanken überlassen. Ich wanderte mit der rechten Hand hoch zu Sasukes Nacken, wo ich ihn sachte zu mir runter zog. Es war kein starker Griff, aber es reichte, um ihn wieder in die Realität zu holen. Sein Blick wanderte ein letztes Mal über mein Gesicht, ehe er an meinen Augen hängen blieb. Natürlich bemerkte er meine Absicht und grinste mich sanft an, ehe er sich wieder zu mir vorbeugte und mir damit nachgab. Ich schloss die Augen und ein erneuter, deutlich intensiverer Kuss entbrannte zwischen uns. Ein angenehmer Schauer durchfuhr mich und ich konnte nur knapp ein seufzen unterdrücken. Verspielt begann er an meiner Lippe zu knabbern. Etwas Angst hatte ich schon, dass er mich versehentlich beißen könnte, doch das machte es nur noch reizvoller. Es war wie das Spiel mit dem Feuer. Ich erwiderte seinen Kuss mindestens genauso bestimmt, wie er und biss ihm, nicht ganz sanft, in die Unterlippe. Aber ich unterschätzte die Wirkung, die das auf ihn hatte. Er griff fordernd in meinen Nacken und leckte, um Einlass bittend, über meine Lippen, während er die andere Hand auf Wanderschaft schickte. Sofort gewährte ich ihm diesen und lehnte mich mehr in seine Berührungen. Ohne Umschweife begann er meine Mundhöhle zu erkunden, während sich seine rechte Hand unter mein Hemd schlich und auf meinem Schulterblatt liegen blieb. Die andere Hand folgte und ruhte auf meiner Taille. Ein erneuter, wohliger Schauer durchfuhr mich. Sasukes Hände waren zwar kühl, fühlten sich aber auf meiner inzwischen heißen Haut angenehm an. Nach einer Weile stupste er mit der Zunge vorsichtig meine an, umspielte sie dann aber fordernd. Es schien mir eine Ewigkeit her zu sein, dass ich zuletzt in dieser Wohnung gestanden hatte und auf diese Weise von ihm geküsst wurde, aber es fühlte sich mindestens so unglaublich und überwältigend an, wie damals. Sofort ging ich auf das Spiel ein. Ein lustvolles Seufzen entkam meiner Kehle und mein Atem ging bereits sehr schwer. Davon angestachelt drängte er mich plötzlich zurück. Ich erschrak, als ich an die Wand hinter mir stieß und unterbrach sogar für einige Sekunden den hitzigen Zungenkuss, den ich beinah verloren hatte. Doch der Schreck legte sich schnell wieder und ich nahm den Kuss wieder auf. Er zog mich ein Stück hoch, so dass ich etwas auf den Zehnspitzen stehen musste, und presste mich gegen die Wand, damit er sich, trotz der nicht mehr ganz so unterschiedlichen Körpergröße, nicht vorbeugen musste. Er begann mit den Händen über meinen Rücken zu streichen. Sofort bekam ich Gänsehaut. …

Auch meine Hände blieben nicht untätig. Ich begann seinen Nacken zu kraulen, was mit einem wohligen Seufzer seinerseits belohnt wurde. Mit der anderen Hand strich ich langsam über seinen Oberarm, krallte mich aber einer Weile wieder in den Stoff von Sasukes Pullover. Ich wusste nicht so recht wohin mit meinen Händen. Diese Berührungen waren für mich noch so neu…

Als könnte Sasuke meine Gedanken lesen, löste er auf einmal, trotz meines Widerstandes, den inzwischen intensiven Kuss und ließ seine rechte Hand zu meinem Brustkorb wandern, wobei er mich wieder absetzte. Garantiert spürte er, wie heftig mein Herz gegen seine Hand schlug. Ich stöhnte leise auf, als Sasuke begann über meine Brust zu streicheln und mit der anderen Hand die ersten beiden Knöpfe meines Hemdes zu öffnen. Er suchte meinen Blick und als sich unsere Augen trafen, konnte ich nicht anders, als verlegen zur Seite zu sehen. Ich konnte kaum glauben, was wir gerade im Begriff waren zu tun. Noch dazu war es mir peinlich, solche Geräusche vor ihm zu machen. Doch von Sasuke kam ein leises, vorfreudiges Kichern. Er küsste mich auf die Wange, auf den Unterkiefer und dann unters Ohr. Sein Atem striff meine Haut und die Küsse, zusammen mit den sanften Berührungen seiner Hände, entlockten mir erneut ein deutlich lauteres Stöhnen, welches ich im letzten Moment versuchte zu unterdrücken, indem ich meine linke Hand von seinem Pullover löste und sie mir auf den Mund legte. Sofort nahm er seine rechte Hand von meiner Brust und zog sie wieder weg. Er umfasste mein Handgelenk und drückte sie an die Wand. Hauchzart flüsterte er mir ins Ohr

„Komm schon, Naruto. Sei nicht so egoistisch, ich will dich hören.“ Dann knabberte er an meinem Ohrläppchen und ich erfüllte ihm unabsichtlich seinen Wunsch, als er mir ein erneutes Stöhnen entlockte. Dann legte er seinen linken Arm um mich und küsste sich weiter hinab zu meinem Hals. Ich seufzte genussvoll auf und spürte regelrecht, dass mein Blut schon lange nicht mehr in Richtung Hirn floss und wie sich mein Verstand allmählich verabschiedete. Er küsste verdächtig oft meinen Hals, ich rechnete fast schon damit, dass er gleich zu beißen würde, doch das tat er nicht. Stattdessen richtete er sich wieder ganz auf und verwickelte mich in einen erneuten Kuss. Dabei ließ er meine Hand wieder los, legte seine auf meinen Oberarm und schob langsam die Lederjacke von meiner Schulter, als plötzlich-
 

~Sasuke~
 

Ich war wie im Rausch. Es bereitete mir ungemeines Vergnügen Naruto so zu berühren und ihm die wohligsten Schauer über den Körper zu jagen. Die Laute, die er dabei von sich gab und die Blicke, die er mir zu warf, trieben mich immer weiter voran. Ich musste mich zusammen reißen, um mich nicht ganz gehen zu lassen, besonders da Naruto mein Tun mindestens so sehr zu genießen schien, wie ich. Umso erboster war ich, als wir auf einmal unterbrochen wurden.

Ein plötzliches, in meinen Ohren schrecklich unangenehmes, Klingeln riss mich aus meinem Rausch. Es kam von Narutos Handy, das fröhlich in seiner Jackentasche vor sich hin bimmelte. Widerwillig löste ich den Kuss, um zu erfahren, wer uns störte. Naruto wehrte sich etwas dagegen. Scheinbar hatte er das nervige Klingeln noch nicht bemerkt. Er blinzelte verwirrt zu mir hoch und brauchte etwas, um sich zu sammeln. Dann räusperte er sich verlegen und sah zur Seite. Dabei legte sich tatsächlich eine kaum zu erahnende Röte auf seine Wangen. Offenbar ging es ihm doch nicht so schlecht, wie ich anfangs gedacht hatte…

Er kramte, noch etwas schwer atmend, in der Tasche nach dem nervigen Ding und hielt es vor sich in der Hand. Dabei hatte ich die Umarmung etwas gelockert, damit er etwas mehr Bewegungsfreiheit hatte. Ich konnte nicht lesen, was darauf angezeigt wurde, doch hatte ich dafür jetzt auch keine Geduld. Lieber wollte ich da weiter machen, wo wir eben aufgehört hatten. Ich wollte mehr. Und mit einfach Küssen und Berührungen würde ich mich nicht weiter zufrieden geben…
 

~Naruto~
 

Ich seufzte schwer. Es hatte mich alle Überwindung gekostet, die ich aufbringen konnte, um wieder halbwegs in die Realität zurück zu finden. Erst hatte ich überhaupt nicht gemerkt, dass mein Handy klingelte und das wäre wahrscheinlich auch so geblieben, wenn Sasuke mich nicht etwas von sich weg gedrückt hätte. Sofort holte ich es aus meiner Tasche hervor, sah auf das Display und seufzte erneut schwer auf. Es war Kiba. Dann sah ich zu Sasuke auf. Er wirkte überhaupt nicht begeistert. Bestimmt würde er mir bald verbieten, das Handy überhaupt noch an zu machen. Beschwichtigend sah ich ihn an.

„Kiba… Er macht sich wohl Sorgen, weil ich nicht auf seine Nachricht geantwortet habe. Ich geh nur-“ Weiter kam ich nicht, denn Sasuke riss mir plötzlich und blitzschnell das Handy aus den Fingern, drückte Kiba weg und schmiss es dann schwungvoll auf den Fußboden, wo es in alle seine Einzelteile zersprang. Einige Sekunden stand ich mit offenem Mund da, ehe ich begriff, was er da gerade getan hatte und die passenden Worte dazu fand.

„Hey! Bist du bescheuert?! Das war MEIN Handy!“ Ich wollte ihm gerade gehörig die Meinung sagen und ihn mit noch einigen unschmeichelhaften Bezeichnungen benennen, als er mir wieder zuvor kam. Er packte meinen rechten Oberarm, griff sanft, aber bestimmt in meinen Nacken und zog mich in einen innigen Kuss. Dabei drang er mit der Zunge erneut in meinen Mund ein und verwickelte mich wieder in einen hitzigen Kampf. Obwohl ich noch sauer war, ging ich schnell auf den Kuss ein, auch wenn meine Chancen auf einen Sieg dieses Mal nicht deutlich besser standen. Als Sasuke das merkte, ließ er mein Kinn wieder los, legte die Hand auf meinen rechten Oberarm und schob die Lederjacke endgültig von meiner Schulter, die daraufhin geräuschvoll zu Boden viel. Dann drückte er mich wieder an die Wand und drängte sich so nah an mich, dass kein Blatt mehr zwischen uns gepasst hätte. Ich verlor jegliches Zeitgefühl. Als er den Kuss nach einer Weile wieder löste, schnappte ich atemlos nach Luft. Er wischte mir mit dem Daumen der rechten Hand den Speichel von den Lippen und lehnte seine Stirn an meine. Dabei blickte er mir tief in die Augen.

„Sei nicht sauer, ich kauf dir ein neues,…“ Versöhnlich leckte er mir über den Hals und knabberte an meinem Ohr. Lustvoll stöhnte ich auf. Inzwischen gab ich mir schon keine Mühe mehr mich zu beherrschen. Dann hauchte er mir mit rauchiger Stimme ins Ohr.

„… aber heute Abend werde ich dich mit niemandem teilen.“ Mein Herz setzte einen Moment aus, nur um im nächsten Augenblick doppelt so schnell zu schlagen. Mir stieg die Hitze ins Gesicht und ein starkes, von der Aufregung ausgelöstes, Zittern erschütterte meinen Körper, als er seine Arme um meine Taille schlang und mich erneut in einen Kuss verwickelte. Er zog mich dabei weg von der Wand und lotste mich, am Essenstisch und den Überresten meines armen Handys vorbei, zur Wohnzimmercouch. Dort angekommen gab er mir auf einmal einen kräftigen Stoß und ich landete der Länge nach auf der ausgebreiteten Decke. Vor Schreck hatte ich die Augen geschlossen und noch ehe ich sie wieder öffnete, spürte ich Sasukes Hand auf meiner Wange. Er hatte sich über mich gebeugt und strich mir abwechselnd über die Wange und durch mein Haar. Einen Moment sah er mich einfach nur an und ich konnte nicht mehr tun, als es ihm schwer atmend gleich zu tun. In seinem Blick lag pures Verlangen, welches mir einen angenehmen Schauer über den Rücken jagte. Dabei legte ich meine Hand auf seine, so dass er leider irgendwann damit aufhörte und mir stattdessen nur noch mit dem Daumen über das Gesicht strich. Ich merkte sofort, wie sein Blick weiter abwärts wanderte und an meinen Lippen hängen blieb. Ein vorfreudiges Kribbeln breitete sich in meiner Magengegend aus, denn ich ahnte, was als nächstes kommen würde. Und ich behielt Recht, denn Sasuke legte seine Hand wieder in meinen Nacken und küsste mich überraschend sanft. Der Kuss dauert nicht lange an, denn schon nach wenigen Sekunden löste er sich wieder von mir, nur um mir im nächsten Moment einen ebenso sanften Kuss auf das Kinn und einen auf den Hals zu geben. Bei jedem Einzelnen hinterließ er ein angenehmes Kribbeln auf der Haut und ich spürte regelrecht wie das Blut durch meine Venen schoss und mir das Herz bis zum Halse schlug. Schwer atmend seufzte ich auf. Ich war mir absolut sicher, dass Sasuke meine Erregung bemerkte und mit sich selbst mehr als zufrieden war. Die Stelle an meinem Hals verwöhnte er ausgiebiger, weshalb ich dir Gelegenheit nutzte und meine Hände in seinen Nacken legte.
 

~Zensiert~
 

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Es kam mir vor, als würde ich aus einem langen, komaartigen Schlaf erwachen, als ich das nächste Mal zu Bewusstsein kam. Ich wusste nicht, wo ich war, noch wie ich hier her gekommen war, doch ich spürte gleich, dass es nicht meine Wohnung war. Ich lag auf einer weichen Matratze, war halb zugedeckt mit einer flauschigen, ebenfalls weichen Decke, die ich im Schlaf schon wieder halb weggestrampelt hatte, und kuschelte mein Gesicht in ein ebenso weiches Kissen. Die Sachen rochen vertraut.

Als ich mich nach einer Ewigkeit überwand, endlich die Augen zu öffnen und aufgrund des hellen Lichts einige Male blinzeln musste, erkannte ich Sasukes Wohnung. Müde rieb ich mir die Augen. Ich richtete mich langsam auf, schob dabei die Decke ein Stück zur Seite und stellte schnell fest, dass ich in Sasukes Bett lag. Durch die großen Fenster konnte ich sehen, dass die Sonne schon sehr hoch stand. Es musste schon fast Mittag sein. Ich sah an mir runter und stellte fest, dass ich Schlafzeug trug, dass mir aber mindestens eine Nummer zu groß war. Und dann fiel mir abrupt ein, was heute Nacht geschehen war. Sofort stieg mir die Röte ins Gesicht und ich konnte es kaum fassen.

//Wie hab ich mich so gehen lassen können?// Ich kniete mich auf das Bett und rief zögerlich nach Sasuke, doch er antwortete nicht. Auch bei einem zweiten Versuch blieb die Antwort aus. Offensichtlich war er nicht da, aber wo konnte er sein? Und warum ließ er mich hier allein? Auf meine Fragen bekam ich keine Antwort, aber dann hörte ich auf einmal ein Rascheln an der Tür und wie diese im nächsten Moment aufgeschlossen wurde. Ich kletterte aus dem Bett, nicht ohne einen leichten Schmerz am Gesäß zu fühlen, und sah über die Brüstung runter in den Wohnbereich. Im Flur machte ich eine Bewegung aus und Sasuke kam mit einer vollen Tüte im Arm rein. Er bemerkte mich gleich und lächelte mich an, doch ich drehte mich schnell um, sprang auf das Bett und versteckte mich unter der Decke.

//Ich kann nicht fassen, dass ich das mit Sasuke gemacht habe! Was soll ich denn jetzt sagen? Und wie muss ich mich benehmen??//

Anhand der Schritte merkte ich, dass Sasuke die Treppe zu mir herauf kam und neben dem Bett stehen blieb. Er setzte sich neben mich, hob die Decke ein Stück an, so dass ich wieder an die frische Luft kam und beugte sich über mich.

„Guten Morgen.“, Er begrüßte mich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Ich hatte ihm den Rücken zugewandt, weshalb ich über meine Schulter hinweg, zu ihm hoch sah und verlegen dieses Lächeln erwiderte.

„Äh… ja, dir auch guten Morgen.“ Ich war etwas unsicher, wie ich mich jetzt am besten verhalten sollte, aber Sasuke nahm mir diese Entscheidung ab, indem er mir einen kurzen Kuss auf die Lippen gab. Dann zog er die Decke auf einmal ein Stück beiseite, legte sich zu mir und schlang seinen Arm um mich.

„Bereust du es?“, fragte er mich ohne große Umschweife und hauchte mir leichte Schmetterlingsküsse auf den Nacken. Ich sah ihn über meine Schulter hinweg an und antwortete ihm ebenso direkt.

„Nein, tu ich nicht.“ Er zog mich noch ein Stückchen an sich ran und gab mir lächelnd einen kurzen Kuss auf die Lippen. Leider löste er die Umarmung wieder und richtete sich ein Stück auf.

„Dann komm, ich hab dir Brötchen und Marmelade geholt.“ Begeistert sah ich ihn an. Das war jetzt genau das richtige für mich, denn ich hatte seit einer Ewigkeit nicht mehr richtig gegessen und da ich endlich mal ausgeschlafen hatte, meldete sich jetzt mein Magen.

„Wenn du willst, kannst du nachher noch duschen.“ Er sah fragend zu mir rüber, als ich nicht gleich reagierte, denn in Gedanken war ich bereits beim Essen.

„Äh, was?“

„Willst du noch duschen?“ Ich war noch nicht ganz so schnell, so kurz nach dem Aufstehen, so dass ich mich nicht gleich entscheiden konnte. Sasuke deutete diese Pause, aber etwas anders.

„Oder willst du, dass ich mit dir dusche?“ Sofort lief ich knallrot an. Sein Blick war wieder so herausfordernd und erinnerte mich an die vergangene Nacht.

„N-nein, ich möchte erst frühstücken.“

„Im Bett?“ Dabei lehnte er sich ein Stück vor und kam meinem Gesicht so nahe, dass ich seinen Atem auf meiner Haut spürte. Ich wurde noch eine Spur röter, sah ihn peinlich berührt an und legte meine Hände auf seine Schultern um ihn ein Stück wegzudrücken.

„Mensch Sasuke, ich bin doch eben erst aufgewacht!“, meinte ich ein wenig empört, denn mir war der zweideutige Unterton keinesfalls entgangen. Er lachte herzhaft los, stand auf und ging zur Treppe.

„Na dann komm, sonst überleg ich es mir noch anders.“ Sasuke blieb bei der ersten Stufe stehen und drehte sich zu mir.

„J-ja!“ Sofort stand ich auf und lief zu ihm. Während wir gemeinsam die Treppe hinunter gingen, fiel mir allerdings noch etwas ein, was ich ihn eigentlich schon hatte gestern fragen wollen.

„Ähm… Sasuke? Kannst du mich nachher vielleicht in meine Wohnung reinbringen? Ich hab mich ausgeschlossen.“ Verlegen schaute ich zu ihm rüber. Er erwiderte überrascht meinen Blick und schüttelte dann resignierend den Kopf.

„Baka…“
 

Ende Kapitel 17

… become happy

Hallo Leute!

Hier ist es! Das letzte und mit Abstand längste Kapitel der Geschichte. Ich spar mir mal die Entschuldigung für die lange Wartezeit, das Lied kennt ihr ja schon zur Genüge von mir, aber dafür habt ihr jetzt ordentlich was zu lesen.

Dieses Kapitel ist nur aus Sasukes Sicht, deshalb ist seine Schrift mal nicht dick gedruckt.
 

~Sasuke~
 

Hastig drängte ich mich durch die aufgeweckten Menschenmassen und stieß dabei, ohne große Rücksicht, die Leute beiseite, die gedankenverloren im Weg rumstanden. Wieso mussten die sich immer mitten in den Weg stellen?!

Ich war spät dran und das Letzte, was ich wollte, war meinen Flug zu verpassen. Ich legte noch einen Zahn zu, als sich auf einmal Naruto hinter mir meldete.

„Nicht… so schnell… Sasuke!“ Ich schaute über meine rechte Schulter zu ihm. Seine linke Hand hatte ich fest umschlungen und zog ihn so schnell hinter mir her, dass er einige Male gefährlich ins Straucheln kam. Er trug eine schwarze ¾-Hose mit mehreren Taschen an den Seiten, ein graues T-Shirt mit einem orangen Fuchskopf vorne drauf und eine genauso orange Jacke mit Kapuze und schwarzen Bändern. Seine Umhängetasche schlug ihm bei dem hohen Tempo um die Beine, was ihn auch immer wieder aus dem Gleichgewicht brachte. In der rechten Hand zog er seinen großen Trolley hinter sich her. Sein Gesicht war gerötet und er atmete schwer. Er machte nicht den Eindruck, das Tempo noch lange durchhalten zu können. Abrupt blieb ich stehen und drehte mich dabei zu Naruto um, so dass er gegen meinen Oberkörper stieß und irritiert zu mir aufsah.

„Keine Zeit!“ Dann beugte ich mich vor, schnappte Naruto mit der linken Hand den Trolley aus der Hand, packte ihn mit der rechten Hand um die Hüfte und warf ihn mir über die Schulter. Beiläufig richtete ich noch meine eigene Reisetasche, die ich mir die ganze Zeit über die linke Schulter gehangen hatte und rannte blitzschnell wieder los. Sonst war ich nicht so nachlässig mit meiner Tarnung, aber auf uns achtete hier sowieso kaum jemand. Naruto war zuerst so verblüfft, dass er kein Wort herausbrachte. Er stützte sich mit den Händen an meinem Rücken ab und versuchte etwas unbeholfen über seine Schulter zu mir nach vorn zu sehen.

„Hey… Hey, Sasuke! Warum machst du so einen Stress?“ Ich sah nicht zu ihm, obwohl ich mir vorstellen konnte, dass es lustig aussah, wie er ungeschickt versuchte sich an meinem Rücken abzustützen.

„Soll das ein Witz sein? Wir müssen noch das Gepäck aufgeben, durch den Check In und haben nur noch eine halbe Stunde. Übrigens nur, weil du verschlafen hast.“ Empört drehte er sich wieder zu mir um.

„Du hast gesagt, du weckst mich!“

„Das hab ich dreimal!“ Ein grimmiges Murmeln war alles, was ich daraufhin bekam. Ich machte ihm keinen Vorwurf. Vor drei Wochen hatte er seine Prüfungsergebnisse erhalten und sie mir stolz vor die Nase gehalten. Die Noten waren eher mittelmäßig, aber er hatte bestanden. Und es war schon niedlich, wie er sich darüber freute. Naruto hatte es gleich allen mit seinem neuen Handy geschrieben. Eine Woche hatte seine Begeisterung angehalten, bis ihm klar wurde, dass er wirklich mit mir mitkommen könnte, dafür aber alle seine Freunde zurück lassen musste. Auch ein Grund, warum ich den Flug nicht verpassen wollte. Für mich waren diese Abschiede nichts Besonderes, ich hatte nie auch nur einen einzigen der Menschen vermisst, aber Naruto hatte sich sehr schwer damit getan, sich von Iruka, Kiba, Shikamaru und den Anderen zu verabschieden. Die Begründung, er würde eine Ausbildung im Ausland machen können, glaubten sie ihm, aber es hatte ihn sehr mitgenommen. Ich wollte nicht, dass sich das für ihn unnötig in die Länge zog.

Wir erreichten den Gepäckabgabeschalter und ich setzte ihn vorsichtig und möglichst unauffällig wieder ab. Die Gepäckaufgabe verlief reibungslos, genau wie der Check In und die Sicherheitskontrolle. Wir schafften es noch rechtzeitig zu unserem Gate und hatten sogar noch einige wenige Minuten um uns zu setzen, auch wenn wir das die nächsten 18 Stunden zur Genüge tun würden. Naruto hatte sich rechts neben mich gesetzt und sah immer wieder, nervös mit seinen Finger spielend, durch die hohen Fensterscheiben raus auf die Rollbahn. Er schwieg die meiste Zeit, was für ihn eigentlich sehr untypisch war, aber ich konnte ihm ansehen, wie aufgeregt er war. Auch wenn er die letzten Tage wegen der ganzen Vorbereitungen und dem Abschied etwas neben sich gestanden hatte, freute er sich auf seinen ersten Flug. Seine Ungeduld war echt niedlich. Immer wieder sah er auf seinem neuen Handy nach der Uhrzeit. Es war etwa so groß wie seine Hand und hatte einen großen Touchscreen, eine Kamera, Bluetooth und was in diesen neumodischen Dingern noch alles so drin war. Ich hatte es ihm gekauft, weil sein Altes vor einigen Wochen eine unangenehme Bekanntschaft mit dem Boden gemacht hatte und ich daran nicht ganz unschuldig gewesen war. Es war nicht schade darum, das Teil war arg vom Feuer mitgenommen gewesen und auch sonst kaum noch zweckmäßig. Naruto meinte zwar, er bräuchte kein so modernes Handy, doch jedes Mal, wenn er es ansah, spürte ich, wie sehr er sich noch immer darüber freute.

„Na Naruto, wie spät ist es?“, fragte ich ihn lächelnd. Sofort drehte er sich zu mir, aktivierte dabei das Handy und hielt es breit grinsend entgegen. Die Uhrzeit ablesen konnte ich allerdings nicht, da er es immer wieder aufgeregt hin und her bewegte. Ich lachte leise in mich hinein und nahm sacht seine linke Hand in meine, um ihn etwas zu beruhigen.

„Bleib ruhig, es geht gleich los.“ Ich drückte seine Hand etwas fester und sah kurz zum Gate rüber.

„Bist du denn kein bisschen aufgeregt?“ Mit seiner freien rechten Hand krallte er sich fast schon an seine Umhängetasche.

„Es ist ja nicht mein erster Flug mit dem Flugzeug. Da legt sich das irgendwann.“ Überrascht sah ich Naruto an, als er auf einmal genervt seufzte, sich vorbeugte, den Ellbogen auf sein Knie stützte und den Kopf auf seine Hand lehnte. Meine hielt er weiterhin fest.

„Dich bringt wirklich nichts so schnell aus der Fassung…“, murrte er leise vor sich hin. Ich sah grinsend zu ihm rüber, sagte aber nichts. Eine Weile schwiegen wir uns an, ehe er sich zu mir drehte und mich fragend musterte.

„Jetzt mal ehrlich, wie alt bist du denn nun? Du musst doch schon mit dem ersten Flugzeug geflogen sein.“ Verdutzt sah ich ihn an. Naruto haute das wie selbstverständlich raus und schaute mich, den Kopf noch immer auf der Hand abgestützt, neugierig an. Diese Frage hatte er mir schon gefühlte tausend Mal gestellt, aber ich hatte ihm nie eine Antwort darauf gegeben. Das schien ihn wirklich nicht loszulassen.

„Ganz schön unsensibel von dir, Naruto.“ Ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen.

„Entschuldige… aber jetzt sag schon.“ Die Neugier stand ihm praktisch auf die Stirn geschrieben und ich war mir absolut sicher, er würde mich damit wortwörtlich bis in alle Ewigkeiten nerven. Trotzdem hatte es etwas, ihn so zappeln zu sehen…

„Ich bin 826.“, antwortete ich ihm schlicht und sah zum Gate, das gerade geöffnet wurde. Naruto riss die Augen erstaunt auf. Es schien beinah die Sprache zu verschlagen.

„E-echt jetzt? So alt??“ Mein Grinsen wurde breiter, ich ließ seine Hand los und strubbelte ihm durch das Haar. Dabei stand ich auf und schnappte mir meine Tasche.

„Nein.“ Dann ging ich zum Gate. Erst sah Naruto mir verdutzt nach, doch dann stand er mit seiner Tasche auf.

„Verdammt noch mal! Ich will endlich wissen, wie alt du bist!!!“ Ich sah über meine Schulter zu ihm, lächelte ihn nur herausfordernd an und ging weiter. Als er merkte, dass ich dazu nichts weiter sagen würde, knurrte er genervt und folgte mir, leise meckernd, grinste aber wieder vor sich hin, als er sich bei mir einhakte.

Als wir endlich das Gate passiert hatten und weiter gehen konnten, Naruto hatte mich inzwischen wieder losgelassen, fiel mir auf, dass er nicht mehr neben mir war. Für einen Moment stieg in mir die Panik auf, er könne es sich doch anders überlegt haben und ich drehte mich blitzschnell um. Doch er stand nicht weit entfernt von mir im Gang und blickte gedankenverloren zurück. Ich hatte Mitleid mit ihm, etwas, was ich schon lange nicht mehr aufrichtig für jemanden empfunden hatte. Er ließ so viel zurück und das um bei mir zu sein. Ich ging die paar Schritte zu ihm zurück, umfasste seine Hand und riss ihn so aus seinen Gedanken. Er zuckte zusammen, drehte sich zu mir und sah mich entschuldigend und mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen an. Ein seltsamer Anblick, der ihn ungewohnt zerbrechlich und verletzlich wirken ließ und so ganz und gar nicht zu seinem typischen Verhalten passte.

„Entschuldige, ich… hätte mich nicht noch mal umdrehen sollen…“ Es stand ihm praktisch auf die Stirn geschrieben, wie unsagbar schwer ihm der Abschied fiel und ich konnte nicht anders, als seinen Blick mitleidig zu erwidern. Ich würde lügen, wenn ich behauptete, ich wisse, wie er sich fühlte. Sollte es mir jemals so gegangen sein, hatte ich es bereits vor langer Zeit vergessen. Doch ihn so zu sehen, tat mir in der Seele weh…

Ich umfasste seine Hand etwas fester und zog ihn ein Stück näher an mich heran.

„Das muss kein Abschied für immer sein…“, meinte ich ruhig.

„… es ist nicht so, dass du ihnen nicht schreiben könntest und…“, der letzte Teil kostete mich einige Überwindung.

„… irgendwann siehst du sie wieder…“

//… vielleicht.//, fügte ich gedanklich hinzu, denn ich glaubte nicht wirklich daran. Das war der Preis für ein unsterbliches Leben. Brennendes Verlangen, niemals Ruhe zu finden, immer umher zu wandeln, auf der Suche nach einer Zuflucht, dem eigenen Paradies. Und Naruto hatte sich entschlossen, mir zu folgen. Ich hoffte, er würde das nicht noch bereuen.

Doch für den Moment schien ich ihn aufgemuntert zu haben. Sein Lächeln wurde breiter und deutlich fröhlicher, so wie ich ihn kannte. Er drückte meine Hand fester und ließ sich von mir in Richtung Flugzeug führen. Ich versuchte nicht mehr daran zu denken und auch Naruto war inzwischen voll und ganz mit dem bevorstehenden Abflug beschäftigt. Als wir unsere Plätze erreicht hatten, Naruto hatte ich den Fensterplatz überlassen, konnte er es gar nicht mehr abwarten. Während ich das Handgepäck verstaute, diskutierte er weiterhin mit mir über meine Ruhe.

„Wie kann man denn nicht aufgeregt sein? ...“ Es war schon niedlich, dass er mir einfach nicht glauben konnte, dass es nach dem tausendsten Mal einfach an Reiz verlor, besonders wenn man, wie ich, auch aus eigener Kraft fliegen konnte, wenn man wollte. Ich war unglaublich erleichtert und befreit endlich hier zu sitzen und sah mich kurz um. Das Flugzeug war voll besetzt und es fiel mir schwer die ganzen Nebengeräusche und das Getuschel auszublenden, wobei die Themen, wie fast immer, langweilig und banal waren. Ich konnte regelrecht spüren, wie die Luft hier drin dicker wurde und fühlte mich jetzt schon unwohl, doch das nahm mir dennoch nicht die Erleichterung, die ich gerade spürte.

Ich setzte mich rechts neben Naruto und schnallte mich an. Auch dem Chaoten neben mir schien es nicht anders zu gehen. Er sah sich neugierig um, beobachtete ab und an einige Passagiere und reagierte erst nicht, als ich ihm nach einigen Minuten sagte, er solle sich setzen und anschnallen. Erst als ich ihm sanft am Oberarm packte und auf seinen Platz runter zog, holten ihn meine Worte ein. Noch während er sie verarbeitete und sich gerade nach dem Gurt umsah, lehnte ich mich schon vor zu ihm, griff um seine Taille, schnappte mir den Gurt und schnallte ihn fest. Er drehte sich etwas überrumpelt zu mir. Zu gerne nutzte ich seine Überraschung aus. Ich legte meine rechte Hand in seinen Nacken, überwand die letzten Zentimeter zwischen uns und küsste ihn sanft, aber bestimmt, auf die Lippen. Sofort schloss er die Augen und erwiderte den Kuss. Nach einigen Augenblicken löste ich mich etwas schwerfällig wieder von ihm, strich ihm über die Wange und musterte ihn nachdenklich. Er sah mich verlegen an, den rechten Mundwinkel etwas hochgezogen, wie ein schwaches verschmitztes Lächeln, und eine leichte Röte zierte seine Wangen. Inzwischen war seine Blässe endgültig verschwunden und er hatte sich wieder vollständig erholt. Wenn man ihn so beobachtete würde man nie vermuten, was er durchgemacht hatte.

Irgendwann unterbrach er unseren Blickkontakt und sah sich verlegen um.

„Das ist doch peinlich, uns werden alle anstarren…“ Tatsächlich achtete niemand auf uns, aber seit Naruto an meiner Seite war, hatte ich ein interessantes neues Verhalten bei ihm beobachten können. Wenn wir alleine waren, war er wie immer locker, fröhlich und genoss meine Nähe. Aber in Gegenwart von Anderen wurde er verlegen, fast schon schüchtern. Und so kannte ich ihn wirklich nicht.

„Was ist denn dabei? Das machen schließlich alle Paare. Außerdem starrt uns niemand an.“ Dennoch nahm ich meine Hand von seiner Wange und setzte mich wieder gerade. Naruto grinste mich überlegen an.

„Irgendwie komisch sowas von dir zu hören. Du klingst ja fast wie ein Teenager. Was ist aus dem großen bösen Vampir geworden?“ Mein Blick wurde ernster und ich zog argwöhnisch eine Augenbraue hoch. Ganz schön hart sich das von einem anhören zu müssen, der nur wegen eines Kusses verlegen wurde.

„Du solltest dich besser zurückhalten. Immerhin ist das besser, als sich wie einer zu benehmen.“ Nun war es an Naruto eingeschnappt zu gucken, wobei er noch kindlicher wirkte, weil er dabei einen Schmollmund zog.

„Ich bin ja auch einer.“ Dann rümpfte er die Nase und sah gespielt beleidigt zur Seite. Doch den Gesichtsausdruck konnte er nicht lange beibehalten, denn er lachte leise los. Dabei schielte er zu mir rüber. Ob er auch erleichtert war, endlich im Flugzeug zu sitzen?

Sein Blick blieb auf meiner Brust haften. Ich stutzte, denn ich hatte keine Ahnung, was da so interessant war, bis er sich langsam mit den Fingern unter den Kragen meines Hemdes schlich und die Kette hervor fischte, die er mir geschenkt hatte und die bis eben nur ansatzweise zu erkennen gewesen war. Er hielt sie offen in der rechten Hand und musterte das funkelnde Stück nachdenklich.

„Ich freu mich, dass du sie trägst, aber…“, er strich mit dem Daumen über den länglichen türkisen Stein in der Mitte des silbernen Kreuzes.

„…sie steht dir nicht. Das schöne Glitzern fällt bei deiner Blässe gar nicht auf und der Stein passt nicht zu deinen Augen… Ich sollte sie wieder zurücknehmen.“ Wieder grinste er frech vor sich hin und zupfte halbherzig an der Kette, die sich davon natürlich nicht öffnete. Ich umfasste seine Hand, sah ihm dabei tief in die Augen und löste so, von ihm fast unbemerkt, seinen Griff. Das Schmuckstück landete wieder auf meiner Brust.

„Schlag dir das aus dem Kopf. Die Kette gehört jetzt mir… genau wie du.“ Die letzten Worte hauchte ich ihm immer leiser werdend zu. Augenblick lief er wieder rot an und öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, doch er blieb sprachlos, was auch nicht oft vorkam. Automatisch blieb mein Blick an seinen Lippen hängen, die nun einladend geöffnet waren, aber bevor ich erneut dem Drang ihn zu küssen nachgeben konnte, holte mich die Ansage des Piloten aus meinen Gedanken. Naruto, der mich bis eben noch verlegen angestarrt hatte, würdigte mich jetzt keines Blickes mehr und saß stattdessen wieder aufgeregt auf seinem Platz und hörte den Sicherheitshinweisen der Stewardessen zu. Er war einfach zu süß.

Bald startete dann das Flugzeug und auch die Atmosphäre im Abteil wurde zu meiner Erleichterung ruhiger. Naruto hatte die erste Zeit begeistert aus dem Fenster geschaut und auch, als wir das Meer erreichten, war seine Begeisterung kaum zu stoppen gewesen. Er zog mich am Arm an sich ran, so dass ich über seine Schulter hinweg, durch das Fenster, den blauen Himmel, das dunkle Meer, und die weißen Wolken sehen konnte. Ich verstand, dass ihn dieser Anblick so beeindruckte.

Wir erzählten eine Weile über alles Mögliche, bis ich irgendwann keine Antwort mehr von ihm bekam und feststellte, dass er während meiner Ausführungen über mein letztes Studium, eingeschlafen war. Sein Gesicht lag etwas schräg, mir zugewandt und völlig entspannt. Wieder einmal brachte er mich zum lächeln. Entweder lag es an dem Stress der letzten Tage oder ich hatte ihn einfach gelangweilt. Ich legte ihm vorsichtig meine Jacke um die Schultern und lehnte mich wieder in meinen Sitz zurück. Meinen Ellbogen legte ich auf die Lehne und stützte mein Gesicht auf meiner Hand ab. Ich hing meinen Gedanken nach und merkte kaum, wie auch ich langsam eindöste.
 

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Erst ein zaghaftes Tippen an meiner Schultern holte mich zurück in die Realität.

//Ich muss kurz eingenickt sein…//, war das Erste, das mir in den Kopf schoss. Langsam richtete ich mich auf und ließ meinen rechten Arm, auf den ich mich gestützt hatte, auf die Lehne meines Stuhles sinken. Müde blinzelte ich einige Male, ehe ich wieder klar sah und richtete meine Aufmerksamkeit auf meine Umgebung. Ich saß in einem großen, steinernen Saal, der gesäumt war mit verschiedenen Gemälden, an einem großen, robusten Holztisch. Rechts hinter meinem Stuhl stand ebenfalls jemand, wohl derjenige, der mich eben geweckt hatte, doch ihm schenkte ich jetzt keine Aufmerksamkeit. Um den Tisch verteilt, jeweils zwei zu meiner Linken und meiner Rechten und einer mir gegenüber, saßen noch fünf weitere, deutlich ältere Männer und diskutierten angeregt miteinander.

//Das kann nicht wahr sein! Die palavern immer noch über das gleiche Thema.// Es ging um irgendeine Geschäftsidee, wegen der man mich, unter dem Deckmantel eines abendlichen Dinners, hierher eingeladen hatte. Eigentlich hatte ich erst absagen wollen, aber mein Diener, hatte mich mehrmals und verstärkt auf meinen und den Ruf meines Clans hingewiesen, weshalb ich bald eingelenkt hatte.

Ich schaute aus einem der verzierten Fenster. Draußen war es dunkel und die Nacht war bereits fortgeschritten. Wenn die so weiter machten, würde ich heute noch hier nächtigen müssen. Außerdem hatte ich Hunger und bestimmt nicht auf den trockenen Braten, der mir hier vorgesetzt worden war. Genervt stöhnte ich auf und augenblicklich wurden die Männer ruhiger und sahen mich an.

„Ist alles in Ordnung, Graf? Seid Ihr anderer Meinung?“ Ich blickte zu dem Mann, der mir gegenüber saß, während mich die Anderen weiter still beobachteten. Ein altes, faltiges Gesicht, schneeweißer Bart und eine Halbglatze, ein Mensch der die besten Jahre bereits hinter sich hatte und es wahrscheinlich nicht mehr allzu lange machen würde. Mir blieb deutlich mehr Zeit, als allen Anwesenden zusammen, aber ich würde diese bestimmt nicht hier verschwenden. Ich stützte mich auf den massiven Holztisch und stand auf.

„Meine Herren, ich danke für die Einladung, aber ich muss mich jetzt empfehlen.“ Dabei richtete ich mein Jackett, nickte meinem Gastgeber, der mir gegenüber saß, zu und wendete mich zum gehen. Dieser stand überrascht auf.

„Ähm, S-Sie werden sich den Vorschlag doch überlegen?“ Ich hielt einen Moment inne und sah über meine Schulter zu ihm hinüber.

„Sicher.“, meinte ich knapp und verließ die Halle, gefolgt von meinem Begleiter. Mir entging nicht der irritierte Blick, mit dem mich dieser musterte, schenkte dem aber keine größere Bedeutung. Als wir das Anwesen verlassen hatten, ein kleines Schloss mit steinernen Zinnen, schaute ich in den Himmel. Es war eine bewölkte Nacht, nur vereinzelt waren einige Sterne zu sehen, und ein sanfter, frischer Wind wehte mir durch das Haar. Sicherlich war es für Menschen heute Nacht sehr kalt, doch ich spürte keinen Unterschied. Mein Begleiter wendete sich zu mir, als er sicher war, dass niemand in der Nähe war. Er hatte ein längliches, blasses Gesicht, kurzes, gräuliches Haar und grüne Augen. Seine Kleidung war schlicht und unauffällig, die normale Dienstbekleidung meiner Angestellten.

Für einen Menschen sah er seltsam aus, doch ich wusste, dass das nicht der Fall war. Er war von meiner Art, wenn auch nicht von meiner Abstammung. Er hieß Hudson und er war schon seit langer Zeit in meinem Dienst, sehr treu, gehorsam und stets gewissenhaft. Er lief mit zwei Schritten Abstand hinter mir her und räusperte sich dezent.

„Verzeiht Herr, aber war das nicht etwas grob?“ Wir blieben vor meiner Kutsche stehen. Er öffnete automatisch die Tür und hielt sie mir auf. Ich stieg mit einem Fuß auf die Trittleiter der Kutsche und hielt mich mit einer Hand an der Wagentür fest.

„Grob? Du weißt genau, dass ich es hasse, wenn man mir die Zeit stiehlt, auch wenn ich mehr als genug davon habe. Die können froh sein, dass ich sie nicht zu mir zum Abendessen geladen habe. Jetzt bring uns heim.“ Er grinste mich breit an und neigte gehorsam den Kopf.

„Wie Ihr wünscht, Herr.“ Ich stieg in die Kutsche. Er schloss die Tür, stieg auf den Kutschbock und fuhr los. Die Pferde wieherten auf und brachten das Gefährt ratternd in Bewegung. Ich lehnte mich zurück und sah zu, wie die Lichter des Anwesens immer weiter in die Ferne rückten. Die Wolken zogen sich immer weiter zusammen, sodass bald kein einziger Stern mehr zu sehen war und es bald anfing zu regnen. Dann war auch das Anwesen nicht mehr zu sehen. Die Fahrt hierher war völlig sinnlos gewesen, aber ich hatte nicht einfach ablehnen können. Einer der Nachteile meines Standes. Das Einzige, was ich noch mehr hasste, waren Leute, die sich anmeldeten und dann nicht kamen. So wie mein Geschäftspartner aus der nächst größeren Stadt. Ich vergaß immer wieder seinen Namen. Er war ein Idiot und unverschämt gierig, doch gelegentlich brachte er einige interessante und skurrile Gegenstände von seinen Reisen in ferne Länder mit, die er mir für einen mehr oder minder hohen Betrag überließ. Eine willkommene Abwechslung, doch er hatte mehr als zwei Tage Verspätung. Nicht, dass ich mir Sorgen machen würde, aber es war alles so langweilig und frustrierend. Immer das Gleiche…

Das plötzliche, hektische Wiehern der Pferde und ein heftiger Ruck rissen mich aus meinen Gedanken. Ich glaubte, einen erstickten Schrei zu hören. Die Kutsche hielt abrupt an. Augenblicklich sprang ich auf und lehnte mich aus dem Fenster. Auf den ersten Blick war nicht viel zu erkennen. Die nervös herum tänzelnden Pferde versperrten mir größtenteils die Sicht. Verschwommen nahm ich eine am Boden sitzende Person war, die sich schwerfällig vom schlammigen Boden aufrappelte. Ich öffnete die Tür, stieg aus und sah nun deutlich mehr. Vor der Kutsche stand der Silhouette nach ein junger Mann, keine Ahnung, wo der auf einmal hergekommen war. Seine Kleidung war durchnässt, dreckig, besonders am Hosensaum und an einigen Stellen zerrissen und ausgefranzt. Er war blond, soweit man das durch den Schlamm in seinen Haaren und den Regen erkennen konnte und versuchte sich gerade den Dreck von der Hose zu wischen. Langsam richtete er sich auf und für den Bruchteil einer Sekunde sahen wir uns in die Augen. In azurblaue, vor Schreck geweitete Augen, die in der dunstigen, grauen Umgebung hervorstachen, wie die Sterne in der Nacht. Augenblicklich versank ich in deren Tiefe, bis sie sich plötzlich von mir abwandten und zu Hudson blickten, der seine Stimme wieder gefunden zu haben schien.

„Bist du wahnsinnig?! Du kannst doch nicht einfach vor die Kutsche springen und mir die Pferde scheu machen!! “

Einige Sekunden starrte der Blonde ihn an, ehe er zwei Schritte zurückwich, kurz zu mir rüber sah und dann von der Straße runter, an mir vorbei, rannte und im Wald verschwand. Irritiert und verwirrt sahen wir ihm hinterher. Ich hätte ihm folgen oder auch Hudson schicken können, aber ich entschied mich dagegen.

„Herr?“, kam es fragend vom Kutschbock.

„Fahr weiter.“ Ein letztes Mal sah ich zum Wald, ehe ich wieder kehrt machte und in die Kutsche stieg.
 

Die restliche Fahrt verlief ruhig. Nach etwa einer Stunde, durch den starken Regen wahrscheinlich sogar etwas mehr, erreichten wir endlich meine Burg. Was vor einer gefühlten Ewigkeit als kleine Festungsanlage begonnen hatte, war inzwischen ein enormer Gebäudekomplex geworden und hatte mir schon oft gute Dienste geleistet, besonders als die Zeiten noch weitaus kriegerischer waren, als sie es heute sind. Das Schloss ist, seit ich es übernommen hatte, regelmäßig aufgewertet worden, sodass auch modernere Elemente mit eingeflossen waren. Es stand auf einer Anhöhe, wodurch die Türme noch höher wirkten, als sie es sowieso waren. Ein Turm, den ich vor 200 Jahren im hinteren Teil des Hauptgebäudes errichten lassen hatte, überragte alle anderen Gebäude und Turmspitzen und war inzwischen mein liebster Ort innerhalb des Gebäudes. Ganz oben war mein Arbeitszimmer und dorthin zog ich mich zurück, wenn ich doch mal meine Ruhe wollte. Von dort oben aus hatte ich einen wundervollen Ausblick auf den umliegenden Wald und das Dorf am Rand der Anhöhe. Auch der Rest des Schlosses war nicht weniger beeindruckend. Unzählige Zimmer, darunter Salons, Stuben, Bäder, Schlaf- und Gästezimmer, Säle, Speisezimmer, eine Küche, eine riesige Bibliothek und einige mehr, waren in diesem Schloss untergebracht. Ganz zu schweigen vom Kellergewölbe unter dem Schloss. Die steinernen Wände der Flure waren geschmückt mit, je nach Stockwerk, verschieden farbigsten Vorhängen, edelsten Teppichen und Gemälden. Einige davon recht düster. Verzierte Säulen, die die Last des Schlosses trugen, säumten die Hallen. Neben meinem Arbeitszimmer war der Tanzsaal mein ganzer Stolz. Er befand sich im inneren Teil des Schlosses und war nur über das Haupttor und den Innenhof zu erreichen. Der Saal war frisch renoviert, mit großen Fenstern, neuen Kronleuchtern, Spiegeln, und einer hellen, glänzenden Tanzfläche. Die letzte Neuerung bestand im Anlegen eines neuen und etwas größeren Gartens im hinteren Schlosshof. Es gab nicht viele exotische Pflanzen, im Prinzip einige einheimische Bäume und andere Pflanzen, die verhältnismäßig frei wuchsen und der pflegehalber ab und an beschnitten und gestutzt wurden. Neuerung war natürlich relativ, denn das war bereits vor zehn Jahren gewesen. Und die Pflanzen hatten sich gut erholt, nachdem sie nach dem Einpflanzen beinah eingegangen wären. Unter dem größten Baum stand eine gepolsterte weiße Gartenbank, die ich aber so gut wie nie nutzte. Wenn ich mich entspannen wollte, tat ich das in meinem Schlafzimmer oder schloss mich in meinem Arbeitszimmer ein, las ein Buch oder schaute mir die Landschaft und das Dorf an. Dort hatte ich selten etwas zu schaffen. Die dort lebenden Menschen waren sehr orthodox und abergläubisch. Im Gegensatz zu mir mochten sie keine Veränderungen, noch weniger Neuheiten, die ich aber gerne willkommen hieß. Ich hatte folglich keine hohe Meinung von ihnen, doch Hudson waren sie zuwider. Jedes Mal wenn ich ihn ins Dorf schickte oder er aus einem anderen Grund dorthin musste, konnte er sein Missfallen kaum verbergen. Es war immer wieder aufs Neue amüsant.

Endlich passierten wir die Tore des Schlosses und hielten bald vor der Pforte zur Eingangshalle. Ich stieg aus, wies Hudson an Kutsche und Pferde wieder im Stall unterzubringen und mir anschließend eine „Kleinigkeit“ ins Arbeitszimmer zu bringen. In der Zwischenzeit begab ich eben dorthin. Der Weg war Recht lang und es gab nur eine Tür in den Turm. Dort angekommen sah ich mich im Raum um. Der Turm war achteckig, folglich war es auch der Raum. Rechts neben der Eingangstür standen zwei dunkle Bücherregale und ein Sekretär, links der Tür ein großer breiter Kamin mit einem bequemen Sessel und einem Beistelltisch davor und gegenüber an der Wand, zwischen zwei großen Fenstern, stand mein Schreibtisch. Im Kamin prasselte fröhlich ein Feuer vor sich hin. Es war nur als Lichtquelle nützlich, denn ich spürte keine Kälte und keine Hitze. Einer meiner Bediensteten musste es angezündet haben.

Ich setzte mich in den Sessel und schaute ins Feuer bis Hudson herein kam und mir das Bestellte brachte. Ich dankte ihm und machte ihm klar, dass ich heute Nacht nicht mehr gestört werden wollte. Er verbeugte sich und verließ wieder das Zimmer. Sofort machte ich mich über das frische Blut her. Früher war ich öfter selber zur Jagd gegangen, natürlich keine Tiere, aber heute waren es einfach andere Zeiten. Es gab mehr zu tun und der Alltag wurde hektischer. Außerdem fiel es eher auf, wenn jemand verschwand. Das kam zwar selten vor, denn zum Spaß, wie manch anderer meiner Artgenossen, tötete ich nicht, dennoch sparte ich mir gerne die Zeit. Aufgrund der Sonne war ich genug eingeschränkt. Ein Lichtstrahl und von mir blieb nicht mehr als ein Haufen Asche. Dann war es aus! Ganz abgesehen davon, dass das mit unermesslichen Schmerzen verbunden war. Also nicht sehr erstrebenswert.

Ich holte mir ein Buch, lehnte mich wieder in meinen Sessel zurück und verbrachte den Großteil der restlichen Nacht lesend vor dem Kamin.
 

Ich war kurz davor gewesen, mich zur Ruhe zu begeben, als es plötzlich an meiner Tür klopfte. Erst sah ich ungläubig in die entsprechende Richtung, schließlich hatte ich angeordnet, dass ich heute niemanden mehr sehen wollte. Erbost ließ ich den Störenfried eintreten. Es war Hudson, der sich tief vor mir verbeugte.

„Vergebt mir Herr, ich weiß, dass ihr heute nicht mehr gestört werden wolltet, aber am Eingangstor stehen drei Menschen. Einer davon ist dieser… äh…“ Er richtete sich wieder auf, stemmte eine Hand in die Hüfte, sah nachdenklich nach oben und legte einen Finger ans Kinn.

„Äh… wie hieß er noch gleich. Er hat es mir doch eben erst gesagt.“ Hudson hatte ein wirklich schlechtes Namensgedächtnis. Als er nicht darauf kam, verschränkte er die Arme vor der Brust. Im Normalfall amüsierte es mich schon, wie er manchmal vergaß mir gegenüber die Haltung zu bewahren, doch jetzt nervte es mich nur. Ihm wurde aber schnell wieder klar, wem er gerade gegenüber stand und fasste sich. Er stellte sich wieder gerade hin und neigte entschuldigend den Kopf.

„Verzeiht, ich meine den Herren, von dem Ihr gerne ausländische Waren zu kaufen pflegt.“ Ich legte das Buch beiseite. Nun konnte ich es Hudson in diesem Fall nicht mal übel nehmen, dass er sich den Namen nicht gemerkt hatte, schließlich vergaß ich ihn auch immer wieder.

„Du meinst diesen… ach ja… Uzuki?“ Hudson streckte den Zeigefinger aus und deutete auf mich, während er mir begeistert antwortete.

„Ja! Genau der! Äh… Ich meine…“ Er räusperte sich kurz.

„… richtig Herr.“ Ich stand auf.

„Ich begebe mich gleich zur Ruhe, außerdem ist er zwei Tage zu spät.“

„Er sagte mir, seine Kutsche hätte unterwegs ein Rad verloren und würde irgendwo im Morast feststecken. Er und seine beiden Begleiter haben nur durch Zufall den Weg hierher gefunden… Darf ich sie wegschicken?“ Sein ernster Ton schwang mit einem Mal um und er sah mich begeistert an. Der alte Sadist…

Ich schüttelte grinsend den Kopf und die Begeisterung wich aus seinem Gesicht. Normalerweise wäre mir das Alles egal gewesen, aber bei dieser Gelegenheit witterte ich ein gutes Geschäft. Immerhin würde er mir etwas schulden, wenn ich ihm half. Und wenn nicht, so hatte ich doch wenigstens eine ausgiebige Mahlzeit.

„Wo sind sie?“ Ich ging an Hudson vorbei und sah über meine Schulter zu ihm.

„Ihre Kleidung war etwas… schmutzig. Deswegen habe ich sie gebeten in der Eingangshalle zu warten.“ Ich wollte gerade losgehen, als Hudson sich noch einmal zu Wort meldete.

„Ähm… noch etwas: Sein Begleiter ist-“ Ich unterbrach ihn.

„Ja, ja, schon gut. Später…“ Manchmal war ich schrecklich ungeduldig, so wie jetzt gerade. Ich wollte das schnell hinter mich bringen, um möglichst bald meine wohl verdiente Ruhe zu bekommen. Zusammen mit Hudson machte ich mich auf den Weg zur Halle, natürlich nicht im Schneckentempo. Kurze Zeit später kam ich dort an und trat ein. Augenblicklich durchzuckte ein Blitz, gefolgt von einem lauten Donnergrollen, den Raum. Der Regen prasselte unaufhörlich gegen die großen Fenster. Offensichtlich war das Wetter noch schlimmer geworden. Die große Halle wurde von einigen Säulen getragen und tagsüber, auch wenn ich es selbst noch nie gesehen hatte, komplett von der Sonne durchflutet. Aber momentan waren die einzigen Lichtquellen hier einige vereinzelte Kerzen an den Wänden und ein großes Kaminfeuer zu meiner Rechten. Davor standen meine Gäste und wärmten sich auf. Einen davon, ein rundlicher kleiner Mann, erkannte ich sofort. Es war tatsächlich der Kaufmann, der mich bereits Tage warten ließ. Die anderen Beiden waren mir nicht bekannt. Ich trat an die Drei heran und räusperte mich kurz, um auf mich aufmerksam zu machen. Sofort drehten sich der Händler und der Größere der beiden Unbekannten zu mir um. Der Andere schien mich nicht bemerkt zu haben.

„Herr Graf, so eine Freude, Euch zu sehen. Bitte verzeiht mir meine Verspätung, aber die letzten zwei Tage war mir das Glück nicht gerade freundlich gesinnt. Erst ist das-“ Ich hob die Hand.

„Ist schon gut, mein Butler hat mir bereits erklärt, was passiert ist. Sie können ein paar Tage hier bleiben, bis Ihre Kutsche wieder repariert ist.“ Er atmete erleichtert aus, wobei sein fettes, nasses Gesicht in Bewegung geriet. Er strich sich über seinen zerzausten Schnurrbart und verbeugte sich anschließend leicht vor mir.

„Vielen Dank. Ich werde Euch einen besonders guten Preis für die Waren machen, die ich für Euch mitgebracht habe.“

//Na bitte, hoffen wir nur, dass die noch da sind, wenn die Kutsche geholt wird.// Das war sehr wahrscheinlich, denn der Wald war riesig und die Dorfbewohner betraten ihn fast nie bei Nacht. Auch bei Tag gingen sie selten fernab der Hauptwege.

„Oh, ich habe Sie noch gar nicht vorgestellt.“ Er zog den größeren Unbekannten, ein junger Mann, etwa einen Kopf größer als der Kaufmann, aber mit den gleichen Gesichtszügen wie er, wenn auch schlanker und einfältiger, an sich ran.

„Das ist mein Sohn. Er begleitet mich, damit er sieht, wie das Geschäft läuft und demnächst mit einsteigen kann.“ Dabei klopfte er ihm stolz auf die Schulter. Meiner Meinung nach hatte der Bursche nicht das Zeug dazu, geschweige denn die Intelligenz, aber die wenigsten Eltern waren für die Wahrheit offen, wenn es um ihre Kinder ging. Ich behielt den Kommentar für mich und nickte einfach nur. Ganz automatisch wanderte mein Blick zu der Person, die sich noch immer vor dem Kaminfeuer wärmte. Es handelte sich eindeutig um einen jungen Mann. Ignorierte er absichtlich alle Regeln des Anstandes oder stimmte irgendwas nicht mit ihm? Der Händler bemerkte meinen Blick und schaute ebenfalls zu der Person hinüber. Augenblicklich änderte sich sein Gesichtsausdruck. Es war nicht mehr voller Stolz, sondern wurde kalt und hart. Dementsprechend klang auch seine Stimme.

„Junge! Du bist hier zu Gast. Zeig etwas Anstand.“ Der Junge zuckte zusammen und drehte sich sofort zu uns um. Erschrocken riss ich die Augen auf, als ich sein Gesicht sah. Es war der Junge aus dem Wald! Mir wurde sofort klar, warum er nicht reagiert hatte. Er war, wie die anderen Beiden, durchnässt und durchgefroren. Seine zerschlissene und ausgefranzte Kleidung war, wie mir vorhin schon aufgefallen war, schlamm beschmutzt. Er musste längere Zeit durch den Wald gerannt sein. Einige kleine Zweige und Blätter hatten sich in seinem nassen, zerzausten Haar verfangen, welches ihm im Gesicht klebte. Auch wenn es dreckig war, konnte ich jetzt erkennen, dass es wirklich blond war. Er war blass, einen halben Kopf kleiner als ich und wirkte völlig erschöpft, doch seine azurblauen Augen sahen mich unverwandt an. Erneut fesselte mich dieser Blick. Langsam kam er ein paar Schritte näher und neigte den Kopf zur Begrüßung.

„Verzeihung, ich-…“ Er wurde je unterbrochen.

„Das ist der Neffe meiner Frau, Menma. Wir haben ihn nach dem Tod seiner Eltern aufgenommen.“ Der Junge sah verärgert aus den Augenwinkeln zu ihm rüber, offenbar hatte er in einen wunden Punkt erwischt. war aber wohl zu müde seine Meinung auszusprechen.

„Ah ja, wir haben uns schon getroffen…“ Menma sah wieder zu mir und lächelte mich entschuldigend an. Er setzte gerade dazu an etwas zu sagen, als ihm wieder sein Onkel ins Wort fiel.

„Oh ja, dafür entschuldige ich mich. Er war im Wald unterwegs und hat wieder mal nicht aufgepasst, wo er hinrennt und-…“

„Ich war im Wald unterwegs, weil ihr zwei Tage lang nur rumgesessen und darauf gewartet habt, dass mal wer vorbei kommt…“ Seine Stimme war deutlich lauter als zuvor und von seiner Erschöpfung war für den Moment nichts mehr zu sehen. Dann drehte er sich zu mir, nun nicht mehr lächelnd, sondern ernst dreinblickend, fast schon etwas verärgert.

„… und wenn Ihr mitten in der Nacht durch einen sonst verlassenen Wald fahrt, könnt Ihr trotzdem ein paar Lichter oder wenigstens eine Laterne anzünden. Ich bin schließlich keine Eule!“ Obwohl mich die Tatsache, wie er mit mir redete, regelrecht sprachlos machte, denn das passierte mir wirklich selten, war es sehr amüsant zuzusehen, wie die Gesichtszüge der Umstehenden entgleisten. Hudsons Mund war vor Überraschung ein Stück geöffnet und er schaute erstaunt den jungen Menschen vor mir an, der nun die Arme verschränkte und stur zur Seite sah. Seine beiden Begleiter nahmen das Ganze weniger gefasst, beziehungsweise eher geschockt auf. Ihre Augen waren weit aufgerissen und auch ihre Münder standen sperrangelweit offen. Nach einigen Sekunden fasste sich der Erste der Beiden, Menmas Onkel, wieder.

„Oh Gott, bitte verzeiht ihm sein Verhalten!“ Er trat neben ihn, griff ihn an der Schulter und drückte ihn ein Stück vor, damit er sich verbeugte, wobei der Junge allerdings nicht mitmachte.

„Entschuldige dich!“ Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass der Herr Kaufmann weniger sanft gewesen wäre, wenn ich nicht dabei stehen würde. Eine reizende Familie.

Inzwischen war es mir unmöglich, mir ein Grinsen zu verkneifen. Ich konnte es dem Jungen einfach nicht übel nehmen. Das Ganze war erfrischend und ich musste mich sehr zusammen nehmen nicht loszulachen. Ich hob grinsend eine Hand und winkte ab.

„Schon gut, er hat ja Recht.“ Während ich sprach, drehte ich mich zu Hudson um.

„Kümmere dich gleich morgen darum.“ Er verbeugte sich leicht.

„Sehr wohl, Herr.“ Dann sah ich wieder zu meinen Gästen, noch immer grinsend.

„Ich werde mich nun zurückziehen. Mein Butler wird Sie zu Ihren Zimmern bringen. Wir sehen uns dann heute Abend.“ Langsam wendete ich mich zum Gehen, als sich der Blonde noch einmal zu Wort meldete.

„Wieso erst abends?“ Ich blickte über die Schulter zu ihm rüber und sah gerade noch, wie ihm sein Onkel einen Klaps auf den Hinterkopf gab.

„Junge!“ Dann drehte er sich wieder zu mir.

„Entschuldigen Sie, er ist schrecklich vorlaut und-“

„Einer Person meines Standes stehen gewisse Privilegien zu. Außerdem ist es besser für… meine Gesundheit. Gute Nacht die Herren.“

Dann begab ich mich, dieses Mal deutlich langsamer, wieder zum Turm, doch nicht wieder ins Arbeitszimmer, sondern in die unterirdischen Gewölbe darunter. Natürlich waren diese nicht für jeden begehbar. Ich passierte einige verschlossene Tore und eine Geheimtür bis ich die versteckte Kammer erreichte, in der sich mein Sarg befand. Obwohl es schon ein wenig klischeehaft war und sonst nur wenige der Ammenmärchen, die man sich zum Beispiel im Dorf erzählte, wahr waren, stimmte es schon, dass ich meinen Sarg brauchte. Einer der Zwänge, denen meinesgleichen unterworfen war. Außerdem bot er im Notfall sicheren Schutz vor der Sonne. Erschöpft ließ ich mich darin nieder, schloss den Sargdeckel und schlief schon nach einigen Sekunden ein.
 

Trotz meines tiefen, traumlosen Schlafes, wachte ich pünktlich zum Sonnenuntergang wieder auf. Nur schwerlich konnte ich mich dazu bewegen aufzustehen, als mir der gestrige Abend wieder in Erinnerung kam. Ich war momentan nicht sonderlich erpicht darauf meinen Gästen über den Weg zu laufen, zumal ich noch nicht gespeist hatte.

Dennoch stand ich auf und begab mich zum Hauptgebäude. Heute stand ausnahmsweise nichts an, dessen ich mich annehmen musste, also konnte ich mich, sobald meine Gäste ins Bett gegangen waren, in mein Arbeitszimmer zurückziehen.

Im Hauptgebäude war es überraschend still. Ich wunderte mich, wo die Menschen sein konnten und, ob sie vielleicht schon zu Bett gegangen waren. Diesen Gedanken verwarf ich allerdings schnell wieder, denn es war noch deutlich zu früh. Fündig wurde ich, als ich eines der Wohnzimmer im Erdgeschoss betrat. Das Zimmer war in einem dunklen gräulich-lilanen Ton gehalten. Ich mochte keine hellen Farben. Auch die Möbel waren in dunklen Farben gehalten. Rechts von mir stand ein Kamin, in dem leise ein Feuer vor sich hin prasselte. Beinah wäre mir die Person entgangen, die in der Ecke mir gegenüber, vor einem, der im Raum aufgehängten, Gemälde stand und dieses ausgiebig studierte. Es war der Neffe des Händlers, dieser Menma. Offenbar hatte er mich noch nicht bemerkt, denn er war immer noch völlig in das Bild vertieft. Es gefiel ihm wohl. Die Fenster zu meiner Linken waren nicht verhangen und die letzten rötlichen Strahlen der Dämmerung schienen ins Zimmer. Sie machten mir nichts mehr aus, nur direktes Sonnenlicht würde mich innerhalb einiger qualvollen Sekunden in einen Haufen Asche verwandeln. Dennoch umging ich, so gut es ging, die Lichtkreise auf dem Boden. Hätte mich jemand beobachtet, würde er mich für verrückt erklären.

Augenblicklich stieg mir sein Duft in die Nase. Langsam näherte ich mich ihm. Dieser verführerische Duft lockte mich regelrecht und er bemerkte mich immer noch nicht. Direkt hinter ihm blieb ich stehen und lehnte mich vor. Ich liebte diesen Moment. Der Augenblick bevor ich dem Drang nach Blut nachgab, so wie jetzt gleich. Ich hob meine Hände, bereit ihn an den Schultern zu packen und überwand die letzten Zentimeter. Doch kurz vor meinem Ziel, meldete sich mein Verstand wieder zu Wort und ich stoppte.

//Ich muss mich zusammen reißen! Das macht nur unnötig Scherereien…//

Tatsächlich schaffte ich es wieder Kontrolle über mich zu sammeln und lehnte mich wieder zurück. Meine Hände, noch immer angehoben, zitterten vor Anstrengung, während ich sie langsam sinken ließ und mein Atem ging schwer. Menmas Haar bewegte sich leicht bei jedem meiner Atemzüge, weshalb er mich schließlich doch noch bemerkte. Vielleicht war das auch besser, so befreite er mich von der Versuchung dem Drang nach Blut doch noch nachzugeben. Er drehte sich um und stieß fast gegen das Gemälde, als er vor Schreck herumwirbelte und zurück wich. Seine rechte Hand schnellte zu seiner Brust und er sah mich erschrocken an.

„Mein Gott! Du kannst dich doch nicht so anschleichen…“ Schwer atmend und etwas verärgert sah er mich an, bis er registrierte, dass ich es gewesen war, der sich diese Frechheit herausnahm. Scheinbar hatte er jemand anderes erwartet. Seine Gesichtszüge entspannten sich etwas und er blickte mich nun etwas verlegen an.

„Äh… ich meine… Ihr… könnt Euch… nicht…“ Er wurde immer leiser, bis seine Stimme abbrach. Sicherlich hatte er Recht, dennoch fand ich seine Reaktion mehr als amüsant, weshalb ich mir kaum ein Grinsen verkneifen konnte. Genau wie gestern reagierte er zuerst impulsiv und selbstbewusst und im nächsten Moment rief er sich selbst wieder zur Ordnung. Innerhalb einer Sekunde wechselte er diese Eigenschaften und überraschte mich erneut.

„Entschuldigt, ich wollte Euch nicht erschrecken…“ Es kam mir dumm vor diesen Blondschopf, der zwar eindeutig kein Kind, aber dennoch blutjung war, zu siezen. Weder machte ich mit ihm Geschäfte, noch trug er meines Wissens nach einen Adelstitel. Trotzdem war es mir lieber in diesem Fall die Form zu wahren.

„Ich habe Euch gar nicht hereinkommen hören…“ Er musterte mich einen Moment abschätzend. Ich konnte einfach nicht aufhören diesen Jungen zu belächeln. In seiner Gestik und Mimik konnte ich lesen, wie in einem offenen Buch. Vielleicht war er sich unsicher, was er von mir halten sollte?

„Ihr wart so in dieses Gemälde vertieft, da wollte ich Euch nicht stören… Wo sind denn Ihr Onkel und Ihr Cousin?" Er zuckte etwas gleichgültig mit den Schultern.

"Sie wollten runter ins Dorf, um Hilfe wegen der Kutsche zu organisieren und Vorräte für die Weiterreise zu besorgen. Sie sind noch nicht zurück." Er war wohl nicht besonders traurig hier gelassen worden zu sein. Draußen wehte ein rauer Wind und es war alles andere als angenehm.

„Tatsächlich…“ Für einen Moment herrschte eine drückende Stille zwischen uns, die ich nur zu gerne brach.

„Das Bild scheint Euch zu gefallen…“ Mich reizten diese oberflächlichen Konversationen nicht sonderlich. Man bekam immer das Gleiche zu hören, meistens das, was man hören wollte. Trotzdem, was wäre ich für ein Gastgeber, meine Gäste die ganze Zeit allein zu lassen?

„Nein.“, kam es plötzlich von ihm.

„Was?“ Erstaunt sah ich zu ihm herab. Sein Blick war fest, doch als mir die Überraschung im Gesicht geschrieben stand, wurde er lockerer und sah beschämt zur Seite.

„Ich meine… das Motiv gefällt mir nicht… aber die Farben sind schön.“ Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Nun sah ich mir das Bild genauer an. In dem Bild war eine Jagdgesellschaft, samt Hunden und, bei genauerer Betrachtung, einem Fuchs, der sich in einem Strauch versteckte, verewigt. Das Motiv war wirklich banal, aber er hatte Recht. Die Farben waren größtenteils dunkel gehalten, aber vielfältig und einige, wie zum Beispiel die Blütenblätter oder andere Details, stachen regelrecht heraus.

„Das Bild habt Ihr doch nicht gemalt?!“, kam es plötzlich von ihm, als hätte er Angst mich beleidigt zu haben. Ich lachte leise.

„Nein, keine Sorge. Ich sammle lediglich Kunstgegenstände, aber ich male nicht. An dieses Gemälde kann ich mich allerdings nicht erinnern.“ Das Bild musste schon im Schloss gewesen sein, als ich hier eingezogen war, denn ehrlich gesagt, hätte ich mir sowas niemals aufgehängt. Der Junge atmete erleichtert aus. Er war wohl kein besonderes Konversationstalent, denn er schwieg nun und es entstand eine drückende Stille zwischen uns.

„Malt Ihr denn?“, führte ich das Gespräch fort.

„Manchmal…“ Dann grinste er mich breit an.

„… Und das auch gar nicht schlecht, wenn ich das so bescheiden von mir behaupten darf.“ Jetzt machte er mich doch neugierig.

„Tatsächlich? Ich würde mir zu gerne mal eines Eurer Bilder ansehen.“ Er sah mich ein wenig ungläubig an, doch dann, als ich nichts weiter dazu sagte, wich die Überraschung aus seinem Gesicht und er lächelte mich fröhlich an.

„Das lässt sich bestimmt einrichten.“ Ich erwiderte das Lächeln, als es plötzlich an der Tür klopfte und Hudson mit einem Tablett, samt Kanne, Gedeck und einer kleinen Schale mit Keksen, das Zimmer betrat. Es duftete herrlich nach Kräutertee. Auch wenn ich selber keinen trank, roch ich ihn doch gerne. Ich war ein wenig erstaunt Hudson hier zu sehen, denn normalerweise machte er um diese Zeit seinen Rundgang durch das Schloss.

Als er mich bemerkte, hielt er abrupt inne, verbeugte sich zur Begrüßung und brachte so die Kanne gefährlich in Bewegung, bekam das Ganze aber schnell wieder unter Kontrolle.

„Einen schönen guten Abend, mein Herr. Ich hoffe, Ihr habt Euch gut erholt.“ Ich nickte nur kurz. Er stellte das Tablett auf dem kleinen Kaffeetisch vor dem Kamin ab und wendete sich an Menma.

"Ich habe Euch den gewünschten Tee gebracht. Ich hoffe, er schmeckt Ihnen, Herr Menna." Der Junge schaute etwas beschämt, ehe er leise antwortete.

"Danke, aber mein Name ist Menma." Hudson sah ihn erst erstaunt an. Er hatte gar nicht bemerkt, dass er ihn beim Vornamen genannt hatte und das dazu auch noch falsch. Wie schon gesagt: Er hatte ein schlechtes Namensgedächtnis. Er neigte dann aber leicht den Kopf.

"Ich bitte um Entschuldigung." Er wendete sich zum Gehen, doch ich hielt noch einmal zurück.

"Hudson, bring mir doch bitte auch etwas... Du weißt schon was.", fügte ich leiser hinzu. Er nickte als Zeichen, dass er verstanden hatte und verließ das Zimmer. Ich wendete mich wieder dem Blondschopf zu.

"Bitte entschuldigen Sie ihn, er kann sich Namen nicht so gut merken." er schüttelte leicht den Kopf und lächelte.

"Ist ja nicht schlimm." Wir setzten uns an den Tisch und führten unsere Unterhaltung fort, während er Tee trank, Kekse aß und ich mir meinen speziellen "Drink" zu Gemüte führte. Ich hatte mich in meiner voran gegangenen Vermutung, dass Menma nicht besonders gut im Führen einer Konversation war, geirrt. Es musste nur ein Thema sein, das ihm lag. So erzählte er mir begeistert von seinen Bilder, einigen Ausflügen, die er heimlich des Nachts unternommen hatte und vieler anderer seiner Interessen. Ohne, dass ich es bemerkte, verstrich die Zeit wie im Flug und wir verbrachten nahezu die halbe Nacht vor dem Kamin. Wahrscheinlich hätte ich das noch nicht einmal bemerkt, hätte Menma nicht irgendwann, weit nach Mitternacht, angefangen zu gähnen und sich die Augen zu reiben. Ich hatte ganz vergessen, dass er bereits den ganzen Tag wach war und nicht, wie ich, geschlafen hatte. Deshalb bot ich ihm an, schlafen zu gehen und das Gespräch am nächsten Abend fortzuführen, was er allerdings nur zögerlich annahm. Scheinbar hatte auch er das Gespräch genossen und wollte es gerne jetzt noch weiterführen. Doch, als seine Augen schwerer wurden und immer wieder aufs Neue zufielen, rang er sich doch dazu durch, ins Bett zu gehen. Langsam stand er auf und streckte sich kurz.

"Werdet Ihr auch bald zu Bett gehen?", fragte er mich hinter vorgehaltener Hand, denn er musste gähnen. Ich grinste ihn an. Scheinbar hatte er schon vergessen, dass ich erst vor Kurzem aufgestanden war.

"Nein, ich bevorzuge es nachts wach zu sein und mich tagsüber auszuruhen."

Ein wenig verwirrt sah er mich an.

"Das ist ziemlich ungewöhnlich..." Aus meinem Sessel heraus grinste ich zu ihm hinauf.

"Das ist nun einmal der Vorteil, wenn man sich in meiner Position befindet." Von ihm bekam ich allerdings nur einen verständnislosen Blick. Ob er mir nicht folgen konnte? Ich beließ es aber dabei, stand auf und richtete meine Kleidung.

„Wie auch immer.“ Ich ging zur Tür, aber als ich bemerkte, dass er mir nicht folgte, sah ich über meine Schulter hinweg zu ihm rüber. Es dauerte einen Augenblick, bis er registrierte, dass ich auf ihn wartete.

„Du… äh… Ihr braucht mich nicht extra begleiten! Macht Euch bitte keine Umstände“ Er fuchtelte etwas hektisch mit den Händen rum, was mich nur wieder zum Grinsen brachte.

„Wisst Ihr denn, wie Ihr zu Eurem Zimmer kommt?“ Abrupt stoppte er in seiner Bewegung, grinste verlegen und rieb sich den Hinterkopf.

„Also jetzt, wo Ihr es erwähnt…“ Wieder einmal belächelte ich sein Verhalten und nickte mit dem Kopf in Richtung Tür. Etwas übereilig folgte er mir.

Wir wechselten nur wenige Worte, wenn dann nur über die, zum Teil, schon sehr alte Einrichtung, während ich ihn durch die unzähligen Gänge bis hin zu seinem Zimmer führte. Die ganze Zeit musste ich sehr mit meiner Selbstbeherrschung kämpfen. Wir waren alleine hier. Außer Hudson war niemand im Schloss und, um ehrlich zu sein, reizte es mich schon seit Wochen endlich mal wieder frisches Menschenblut zu trinken. Und gerade sein Duft war extrem… anziehend. Da fiel es mir schon schwer den Schein zu wahren.

Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten wir sein Zimmer. Ich wünschte ihm eine gute Nacht und ließ ihn allein.
 

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In den nächsten Tagen wurde dieser Ablauf zur Routine. Menma und ich setzten uns abends zusammen, erzählten, aßen dabei etwas oder ich zeigte ihm das Schloss und brachte ihn dann irgendwann in der Nacht zu seinem Zimmer. Er fand den Weg nicht alleine und nachdem er sich in der dritten Nacht hoffnungslos verlaufen hatte, war es mir lieber ihn zu begleiten. Von Tag zu Tag wurde es später, weshalb ich vermutete, dass er tagsüber ebenfalls länger schlief. Seinen Onkel und seinen Cousin traf ich manchmal beim Abendessen an, meist ohne Menma. Er hatte mir erzählt, dass die Beiden immer unten im Dorf waren, um neue Geschäftskontakte zu knüpfen und die Reparatur der Kutsche zu überwachen.

Die Gespräche mit ihm waren sehr unterhaltsam und die Zeit verstrich sehr schnell. Doch zuweilen stellte er mir etwas unbequeme Fragen. So hatte er, zum Beispiel, am dritten Abend gefragt, was ich gerade trinken würde. Er schien nicht ganz überzeugt, als ich ihm sagte, dass es sich dabei um Rotwein handelte, sagte aber nichts mehr dazu. An einem der Abende, an dem ich ihm alles zeigte, wunderte er sich, dass das Schloss keine Kapelle besaß. Tatsächlich war es das Einzige, was ich nicht brauchte und deswegen wurde auch nie eine gebaut. Leider konnte ich ihm schlecht sagen, dass ich qualvoll zu einem Haufen Asche zerfallen würde, wenn ich eine Kapelle oder Kirche betrat. Dennoch genoss ich seine Gegenwart sehr. Auch Hudson schien sich durch ihn nicht gestört zu fühlen, im Gegensatz zu Menmas Verwandten.
 

Nach einer Woche war die Kutsche repariert und der Tag der Abreise war gekommen. Es war kurz vor Sonnenaufgang, die Pferde waren vorgespannt und Hudson hatte sich zur Verabschiedung in einigem Abstand hinter mir positioniert. Der Kaufmann stand direkt vor mir, rechts neben ihm sein Sohn und links Menma. Dieser wirkte etwas bedrückt, während sein Cousin, wie immer gleichgültig dreinschaute und mich sein Onkel überschwänglich anlächelte. Er verbeugte sich tief.

„Ich danke Euch für die Gastfreundschaft. Ich hoffe, wir sind Euch nicht zu sehr zur Last gefallen.“ Ich hasste diese Schleimerei. Emotionslos beobachtete ich, wie er sich wieder zurück lehnte.

„Keinesfalls. Ich danke Euch für die interessanten Gegenstände, die Ihr mitgebracht habt.“

„Sehr gern. Beim nächsten Mal werde ich Euch wieder einige Kostbarkeiten mitbringen.“ Ich nickte nur kurz und wandte mich dann an Menma.

„Ich hoffe, Ihr werdet mich dann auch wieder besuchen, Menma.“ Er nickte und ein kurzes Lächeln huschte über seine Lippen, welches ich sofort erwiderte. In den paar Tagen, die er hier gewesen war, hatten wir uns irgendwie angefreundet. In meinem ganzen Leben hatte ich noch keinen Vampir getroffen, der so war, wie dieser Mensch. Schon seltsam…

„Nun denn… “ Beinah wäre mir der etwas missmutige Blick, den der Alte seinem Neffen zugeworfen hatte, entgangen. Man musste wirklich kein Genie sein, um zu merken, dass es nicht besonders harmonievoll in dieser Familie zuging. Wohl auch ein Grund, warum Menma und ich uns so gut verstanden: Wir konnten den Kaufmann Beide nicht leiden. Dieser wendete sich zum Gehen und die Beiden folgten ihm. Doch gerade, als Menma einsteigen sollte, stoppte er und drehte sich zu mir um. Er haderte einen Moment mit sich selbst.

„Ich… ähm… “, kam es zögerlich von ihm und er blickte mich unsicher an.

„… könnte ich… nicht noch etwas länger bleiben?“ Überrascht sah ich ihn an und auch die Umstehenden staunten nicht schlecht.

„Junge! Verzeihen Sie, er vergisst schon wieder seine Manieren!“ Dabei war er erneut einen erbosten Seitenblick auf Menma und schien sich innerlich schon eine Strafe für ihn bereit zu legen. Ich selbst fand mich zunächst sprachlos wieder, was der Junge, zugegeben, nicht zum ersten Mal schaffte. Ehe ich irgendetwas sagen konnte fuhr er eilig fort.

„Ihr meintet, ich solle Euch wieder besuchen. Ich könnte doch gleich noch etwas hier bleiben… also wenn Ihr das wünscht.“ Hoffnungsvoll lächelte er mich an und während sein Onkel anfing, ihn wegen seines einigermaßen rüden Verhaltens zu schelten, kam ich nicht umhin wieder einmal seinetwegen zu lachen. Wirklich, er überraschte mich immer wieder!

„Hahaha… Ja, da habt Ihr Recht.“ Tatsächlich erfreute mich der Gedanke, dass er weiterhin mein Gast sein würde, sehr.

„Natürlich nur, wenn Euer Onkel nichts dagegen hat.“ Ich sah ihm direkt in die Augen. Er stoppte abrupt mit seinem Gemecker und sah mich überrascht an.

„Äh… nun ja… ich weiß ni-“ Ich schnitt ihm das Wort ab und sah ihm tief in die Augen. Es war lange her, dass ich zuletzt meine Kräfte eingesetzt hatte.

„Es würde mich wirklich freuen, wenn Ihr Neffe mir noch etwas länger Gesellschaft leisten könnte.“ Er war in meinem Bann. Manche Dinge verlernte man nie. In diesem Zustand konnte ich ihm befehlen samt Kutsche und Insassen über eine Klippe zu fahren und er würde es tun.

„Nun, wenn Ihr das wünscht.“, kam es langsam von ihm.

„Ja, das tue ich.“ Dann unterbrach ich den Blickkontakt wieder, denn ich bemerkte, dass Menma mich beobachtete. Ihm schien das aber nicht aufzustoßen. Er stellte sich zu mir und sah seinen Verwandten zu, wie sie in die Kutsche stiegen. Sein Onkel war etwas überrumpelt und ratlos, wie es soweit hatte kommen können. Immer wieder eine lustige Nebenwirkung. Ich lud ihn ein, am Fest, das in einigen Wochen stattfinden würde, teilzunehmen, wohlwissend, dass er nicht kommen könnte. Und wie gewünscht, lehnte er ab. So eine Schande…

Wir schauten der abfahrenden Kutsche hinterher und als sie endlich nicht mehr zu sehen war, fiel Menma scheinbar eine tonnenschwere Last von den Schultern. Ich verschränkte die Arme hinter dem Rücken und drehte mich zu Menma.

„Nun hat es früher geklappt, als gedacht.“ Lächelnd schaute ich zu ihm herab. Er grinste frech zurück.

„Ich hoffe das macht Euch keine Umstände.“

„Keineswegs.“ Ich drehte mich zu Hudson.

„Hudson, sei so gut und-“ Er verbeugte sich.

„Ich werde das Zimmer für Herrn Memma herrichten.“

„Danke, aber mein Name ist MENMA.“ Ich musste ein starkes Lachen zurück halten. Er lächelte zwar, aber wahrscheinlich glaubte er schon, Hudson wolle ihn veralbern. Oder er fand es sehr lustig.

„Äh… ja, genau.“ Dann machte er kehrt und ging rein.

Menma drehte sich zu mir und sah mich mit leuchtenden Augen an.

„Das wird lustig werden.“
 

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Unsere Routine behielten wir nicht lange bei, zumindest nicht so wie bisher. Nach wenigen Tagen hatte es sich Menma angewöhnt ebenfalls tagsüber zu schlafen. Er sagte mir, er hätte nichts zu tun und würde mir lieber nachts Gesellschaft leisten, als am Tage allein zu sein. Außer ein paar wenigen menschlichen Bediensteten, war dann auch sonst niemand im Schloss. Die wenigen Stunden, die er früher aufwachte als ich, verbrachte er damit, sich das Schloss alleine anzusehen, aber meistens war er im Garten, wo ich ihn am Abend antraf. So auch heute.

Auch Menma war sehr von fremden und neuen Dingen angetan. Mit Begeisterung betrachtete er die ganzen Gegenstände, die ich seinem Onkel abgekauft hatte. Gerade schaute er sich einen riesigen, kunstvoll verzierten Wandteppich an.

„Wahnsinn! Ist der groß!“ Er trat ein Stück näher, um die einzelnen Motive besser sehen zu können.

„Und den hat Euch mein Onkel verkauft?“ Er kicherte kurz und fuhr mit der Hand sachte darüber.

„Egal was Ihr bezahlt habt, er hat Euch bestimmt übers Ohr gehauen.“ Lächelnd drehte er sich zu mir. Ich zuckte nur mit den Schultern und lächelte zurück.

„Er hat wohl das schlechtere Geschäft gemacht, denn ich hätte auch mehr dafür bezahlt.“ Da lachte er laut los.

„Hahahaha… Schade, dass er das nicht weiß.“ Er sah sich um und ging dann zur nächsten Tür.

„Was ist da drinnen?“

„Sieh doch nach.“ Vorfreudig grinste er und öffnete neugierig die Tür. Um ehrlich zu sein, wusste ich selber nicht mehr genau, was dahinter war. Er ging staunend hinein und ich folgte ihm. Es war ein Musikzimmer. Die Luft war stickig, aber der Raum war sauber. Hudson machte seine Arbeit wirklich gründlich, auch wenn dieser Raum von mir nie genutzt wurde. Früher hatten hier Pflanzen gestanden, doch da die dunklen Vorhänge immer zugezogen waren und selten jemand herkam, hatte Hudson sie wohl woanders hingebracht.

Die Wände waren weiß und elegant verziert und mit großen Gemälden verziert. Im Raum verteilt standen einige Sessel und Tische und in der Mitte ein großer, schwarzer Flügel. Menma lief direkt darauf zu. Seine Schritte waren im ganzen Raum zu hören. Vorsichtig strich er über das glatte Holz des Vorderdeckels. Ich folgte ihm und war dabei im Gegensatz zu ihm nahezu lautlos. Er drehte sich zu mir und lächelte.

„Könnt Ihr spielen?“ Es war ewig her, dass ich das letzte Mal auf einem Flügel gespielt hatte.

„Mal sehen…“ Lächelnd setzte ich mich auf die Flügelbank, lockerte meine Finger und begann eine ruhige, schöne Melodie zu spielen. Offenbar hatte Hudson auch Sorge getragen, dass der Flügel immer gestimmt war.

//Zuverlässig wie immer, mein lieber Hudson.// Menma hatte sich derweil auf den nächstgelegenen Sessel gesetzt, die Ellbogen auf die Knie gestützt, den Kopf auf seine Handflächen gelehnt und hörte mir aufmerksam zu. Nach einigen Minuten beendete ich das Lied und er applaudierte mir begeistert.

„Das war klasse!“ Menma stand auf und kam zu mir. Ich sah zu ihm rauf.

„Auch einmal?“ Verschmitzt grinste er mich an und rieb sich den Hinterkopf.

„Ich kann das nicht. Es hat sich irgendwie… nie ergeben.“ Er zuckte mit den Schultern, aber ihm schien es nicht ganz so egal zu sein, wie er mir weiß machen wollte. Grinsend schaute ich ihn an, rutschte zur Seite und klopfte auf den Platz neben mir. Verdutzt sah er mich an, ehe bei ihm der Groschen fiel und er sich sofort grinsend neben mich setzte.

„Also…“ Ich erklärte ihm die Tastenbelegung, wie er das Pedal nutzen musste und zeigte ihm die ersten Akkorde.

„Hier, für den C-Dur-Akkord musst du deine Finger so legen...“ Ich legte meine Finger wieder auf die Tasten und spielte den Akkord.

„Ähm… so hier?“ Er legte seine Hände auf die Tasten und versuchte es mir nachzumachen, war aber einen Ganzton zu hoch.

„Nein, Moment…“ Ich rutschte näher an ihn ran, stützte mich mit der Linken hinter ihm, auf der Bank ab, nahm seine Hand und legte sie richtig hin.

„So ist es richtig.“ Doch er schaute nicht auf die Tasten, sondern ruckte mit dem Kopf zu mir und sah direkt in meine Augen. Ein wenig skeptisch erwiderte ich seinen Blick. Ich war mir nicht sicher, was er auf einmal hatte, aber ich hörte regelrecht, wie sein Herz immer lauter schlug und sich seine Hand ein Stück weit verkrampfte. Einen Moment verweilten wir so, ehe sein Blick für einen kurzen Moment abwärts wanderte und auf meinen Lippen haften blieb. Augenblicklich lief er rot an, aber noch bevor ich etwas tun konnte, drehte er sich verlegen nach vorne und sah stur auf die Tasten.

„Tja, ähm… Meint Ihr so?“ Überrascht musterte ich ihn noch einige Sekunden von der Seite, aber er merkte es nicht oder, was wahrscheinlicher war, ignorierte mich. Ich war sehr erstaunt über Menmas Reaktion von eben. Dennoch fasste ich mich schnell wieder, damit er es nicht merkte. Langsam sah auf seine Hand runter und schüttelte grinsend den Kopf. Seine Hände lagen wieder falsch.

„Nein…“

Ich zog ihn wieder etwas näher, um ihm alles besser erklären zu können. Die zunehmende Röte in seinem Gesicht entging mir dabei ganz und gar nicht. So verbrachten wir die ganze Nacht und obwohl er, ehrlich gesagt, kein Talent hatte, brachte ich ihm eine kleine Melodie bei, worauf er sehr stolz war. Seit langem hatte ich nicht mehr so viel gelacht. Er spielte sie von da an immer wieder oder summte sie sogar vor sich hin.
 

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An einem anderen Abend, inzwischen hatte ich ihm nahezu das ganze Schloss gezeigt, besuchten wir die Ställe. Er war begeistert von meinen Pferden. Dass sie ihn damals beinah über den Haufen gerannt hatten, schien er gar nicht mehr zu wissen. Er tätschelte gerade eine weiße, schwarz gefleckte Stute, die diese Streicheleinheiten sichtlich genoss und fütterte sie mit einer Karotte. Menma hatte sie sich gleich aus der Küche geholt, als ich ihm gesagt hatte, dass ich mit ihm zu den Ställen gehen würde. Ich blieb lieber in etwas Abstand vom Geschehen stehen, denn zuweilen wurden die Tiere sehr nervös in meiner Nähe. Hudson allerdings mochten sie…

„Ihr habt wirklich schöne Tiere hier. Seit ihr auf allen geritten?“ Er sah über seine Schulter hinweg, zu mir rüber. Dabei streichelte er weiter den Hals des Tieres.

„Vielen Dank, aber nein. Die meisten Pferde, die Ihr hier seht, werden verkauft.“

„Wofür denn? Oh!“ Er blickte überrascht wieder geradeaus, als die Stute ihn anstupste und anfing an seinen Jackentaschen zu schnuppern. Da hatte er wohl mehr, als nur eine Karotte aus der Küche mitgehen lassen. Grinsend trat ich noch einen Schritt näher. Die in der Nähe befindlichen Tiere wurden sichtlich nervös und begannen unruhig in ihren Boxen umher zu stapfen. Doch der Stute schien das egal zu sein und auch Menma bemerkte nichts.

„Die meisten sind Jagdpferde, ein paar Zuchtstuten und auch einige gute Rennpferde sind mit dabei.“ Menma tätschelte wieder den Hals des Tieres, ehe er sich ganz herum drehte.

„Seid Ihr gar nicht traurig?“ Fragend sah ich ihn an.

„Warum?“

„Na, dass Ihr die Tiere weggebt. Sind sie Euch gar nicht ans Herz gewachsen?“ Ich verkniff mir ein herzhaftes Lachen und grinste ihn stattdessen nur an. Auf so eine Idee konnte auch nur er kommen.

„Nein, dazu wurden sie gezüchtet.“ Er schaute kurz über seine Schulter hinweg, zur Stute, die gerade wieder anfing, an seinen Taschen zu schnuppern. Er hob einen Arm und fuhr dem Tier durch die Mähne. Ich war mir ziemlich sicher, dass er die Stute schon jetzt ins Herz geschlossen hatte.

Langsam trat ich näher an Menma, darauf bedacht die Pferde nicht noch weiter aufzuscheuchen, legte die Hand auf seine Schulter und führte ihn ein Stück von den Boxen weg.

„Was haltet Ihr von einem kleinen Ausritt?“

„Wi-wirklich?!“ Er sah begeistert zu mir rauf.

„Sicher. Warum nicht?“ So wies ich Hudson an, mein Pferd und die weiße Stute zu satteln. Es war natürlich nicht alltäglich bei Nacht einen Ausritt zu machen, doch ich kannte mich gut auf dem Gelände aus. Außerdem war es eine sternenklare, wolkenlose Nacht und der Mond schien hell genug für uns. Ganz abgesehen davon, dass an einen solchen Ausflug am Tag gar nicht zu denken war.

Langsam und sehr umsichtig stieg Menma auf das Pferd. Er stellte sicher, dass er fest im Sattel saß, schnappte sich die Zügel und sah dann zu mir, als er bemerkte, dass ich ihn etwas verwirrt beobachtete.

„Ich bin schon seit einer Weile nicht mehr geritten…“ Verlegen grinste er mich an, während die Stute auf der Stelle trat. Ich grinste zurück, zog meine ledernen Handschuhe über und stieg auf meinen Hengst. Er war, wie konnte es anders sein, nachtschwarz. Komischer Weise schienen dem Tier seit jeher der Überlebensinstinkt zu fehlen, denn es hatte, im Gegensatz zu allen anderen Pferden, noch nie vor mir gescheut und mich sogar manchmal ignoriert. Das war der Grund, warum ich ihn behalten hatte, anstatt ihn für gutes Geld zu verkaufen. Mir war klar, dass ich ohne ihn viel schneller war, aber trotzdem war es schön auch mal zu reiten. Zumindest wenn er nicht stur war.

Heute aber schien er gnädig mit mir zu sein und gab sich nicht so unbeeindruckt wie sonst. Möglicher Weise lag es an Menmas Stute. Ich hatte ihm angeboten eines der besser trainierten Pferde zu nehmen, doch er hatte auf das Tier bestanden. Ich nahm die Zügel in die Hand und trabte zu Menma.

„Können wir?“ Er nickte und wir machten uns auf den Weg.
 

Menma war auf dem Pferd nicht ganz sicher, weshalb wir die meiste Zeit nur langsam nebeneinander her trabten. Wir wechselten nicht viele Worte, sondern genossen die Ruhe der Nacht und den klaren Sternenhimmel. Es wehte ein leichter Wind. Im Prinzip die perfekte Nacht für eine Jagd.

Ich sah rüber zu Menma. Er hatte sich inzwischen einen dickeren Mantel angezogen und einen dünnen Schal umgelegt. Es war wohl kalt geworden. Der Winter rückte näher… mal wieder. Leider spürte ich diese Temperaturunterschiede nicht und war froh, dass mir noch rechtzeitig eingefallen war, einen Mantel anzuziehen. Selbst dem manchmal etwas verträumten Menma wäre es aufgefallen, wenn ich ohne Mantel bei diesem Wetter rausgegangen wäre. Doch meine Sorgen waren unberechtigt. Er betrachtete beeindruckt die Umgebung, soweit er sie erkennen konnte, und sah nur selten zu mir. Als es dann noch begann zu schneien, im Übrigen der erste Schnee dieses Winters, war er vollends begeistert.

„Ist es nicht beeindruckend, wie anders alles bei Nacht aussieht? Wärt Ihr nicht dabei, fände ich es hier schon fast gruselig.“ Natürlich war es dunkel, aber durch das fahle Mondlicht warfen die Bäume und Sträucher düstere Schatten, die der menschlichen Fantasie schnell einen Streich spielen konnten. Das umliegende Geäst raschelte, als der Wind auffrischte, und das Knacken des Gehölzes in der Umgebung erweckte den Eindruck, dass sich jemand in der Nähe herumtrieb. Die Pferde wurden jetzt, wo wir hier nebeneinander standen, unruhig und trabten nervös auf der Stelle hin und her. Menma streichelte der Stute über den Hals, hatte aber einige Schwierigkeiten sie zu beruhigen. Meinen Hengst brachte so schnell nichts aus der Ruhe. Menma war weniger erfolgreich. Trotz der beruhigenden Worte, die er der Stute zusprach, warf sie nervös den Kopf hin und her. Ich wollte ihm gerade helfen, indem ich nach seinen Zügeln griff, als plötzlich und völlig unerwartet ein kleiner Schatten aus dem Gebüsch rechts neben ihm hervor schoss, an uns vorbei preschte und auf der anderen Seite im Gebüsch verschwand. Erst beim zweiten Blick hatte ich erkannt, dass es lediglich ein wildes Kaninchen gewesen war, doch es war zu spät. Die Stute wieherte laut auf, bäumte sich auf und noch bevor ich die Zügel zu fassen bekam, rannte sie los. Überrumpelt schaffte es Menma gerade noch sich richtig festzuhalten, um nicht abgeworfen zu werden. Sofort ritt ich hinterher, in der Hoffnung sie noch irgendwie stoppen zu können oder ihn wenigstens aufzufangen, sollte er fallen. Dabei konnte er sich ernsthaft verletzen, wenn nicht sogar schlimmer.

Sie kamen vom Weg ab und rasten ins Gehölz, gefolgt von mir. Es war schwer ihn bei dieser unebenen Strecke nicht aus den Augen zu verlieren, doch ich konnte meinen Hengst nicht noch weiter antreiben ohne Gefahr zu laufen, dass wir stürzten und er sich die Beine brach. Nur wenige Sekunden später verlor ich sie endgültig aus den Augen. Ich war gerade drauf und dran vom Pferd abzuspringen und ihm, ohne Rücksicht auf die Tatsache, dass ich damit womöglich meine Tarnung zerstörte, selbst nachzulaufen, als ich plötzlich einen erstickten Schrei, gefolgt von einem dumpfen Geräusch und dem Knacken von Ästen, vernahm. Sofort brach ich mein Vorhaben ab und erreichte die Stelle, eine kleine Lichtung, von der das Geräusch gekommen war. Im ersten Moment stockte mir der Atem, als ich Menma auf dem Boden liegend sah. Ich sprang vom Pferd ab, rannte zu ihm und beugte mich zu ihm hinab.

„Menma!“ Meine linke Hand legte ich in seinen Nacken, sodass sein Ohr zwischen meinem Daumen und Zeigefinger war. Auf den ersten Blick schien es nichts Ernstes zu sein. Er war ein wenig dreckig, hatte Laub im Haar und schien abgesehen von einigen Kratzern und einer kleinen Beule unverletzt zu sein. Mit der Rechten schlug ich ihm leicht gegen die Wange, um ihn wieder zu Bewusstsein zu bringen. Zeitgleich kam seine Stute zwischen den Bäumen hervor und blieb neben uns stehen, den Kopf zu ihm herab gebeugt. Sie hatte sich wohl wieder beruhigt, als sie bemerkte, dass ihr Reiter nicht mehr da war.

„Menma… Menma… komm schon, wach auf.“ Nach einigen Sekunden rührte er sich endlich und öffnete blinzelnd die Augen. Langsam fasste er sich an den Kopf, zuckte aber wieder zusammen, als er die Schwellung an seiner Stirn berührte.

„Autsch!... Boah… mein Kopf… Hat sich jemand den Ast gemerkt?“ Ich half ihm, sich ein Stück aufzurichten und legte dabei meine Hand auf seinen Rücken und klopfte auch gleich einige Schneeflocken von seiner Kleidung. Die Stute stupste ihn vorsichtig an, als wolle sie sich entschuldigen, woraufhin er etwas benommen begann sie zu streicheln.

„Alles in Ordnung? Ist dir schwindelig oder schlecht?“ Er rieb sich die Schläfe und schloss für einen Moment die Augen, ehe er mich lächelnd ansah und antwortet.

„Keine Sorge, es geht schon…“ Ohne groß darüber nachzudenken, zog ich meinen linken Handschuh aus und legte meine Hand vorsichtig auf die geschwollene Stelle. Sofort schloss er wieder die Augen, doch diesmal deutlich entspannter.

„Schön kalt…“ Dieser kleine Fehler fiel mir zu spät auf, sodass mir nur zu hoffen blieb, dass er sich keine Gedanken darüber machte.

„Ernsthaft jetzt, wie fühlst du dich?“

„Es ist wirklich in Ordnung. Mir wummert zwar der Kopf, aber dem Ast geht’s bestimmt mies.“ Ein Seitenblick zu besagtem Ast, der völlig unversehrt im Wind wiegte, und einem anschließenden, skeptischen Blick zu Menma, zeigten ihm, dass ich doch einige berechtigte Zweifel hatte.

„Naja… vielleicht an den Folgeschäden…“, meinte er grinsend und hob seine Hand. Ich half ihm vorsichtig auf die Beine, doch er stand sehr wackelig und verlor nach einigen Sekunden wieder das Gleichgewicht. Blitzschnell schlang ich meinen rechten Arm um seine Taille und zog ihn wieder hoch, dicht an mich gedrückt. Er krallte sich in meine Schulter, als würde er fürchten, dass ich ihn gleich fallen ließ.

„Ja, ich sehe schon. Du scheinst jemand zu sein, auf den man Acht geben muss…“ Verlegen blickte er zu mir auf.

„Tut mir leid…“ Er sah mir unverwandt in die Augen, in deren Tiefe ich fast versinken konnte, und machte keine Anstalten sich aus meinem Griff zu befreien. Ob er das genoss? Es konnte zumindest nicht an der Wärme liegen…

Trotz der Beule schien er keine großen Schmerzen zu haben, wahrscheinlich war es nur der Schreck, der ihm in die Glieder gefahren war. Langsam legte ich meine Hand auf seinen rechten Oberarm. Dabei ruhte meine andere Hand auf seinem Rücken. Eine Weile musterte er mich einfach nur und wagte kaum zu blinzeln. Gerne hätte ich gewusst, was in seinem Kopf vorging und, als könnte ich es erahnen, wenn ich nur lange genug starrte, erwiderte ich seinen Blick. Als er bemerkte, dass ich nicht vorhatte wegzusehen, lief er rot an, blickte verlegen zur Seite und drehte den Kopf weg. Grinsend nahm ich die Hand von seiner Schulter, legte sie sanft auf seine Wange und drehte sein Gesicht wieder in meine Richtung. Gleichzeitig lehnte ich mich vor und sah ihm dabei in die Augen. Sein Herz machte einen Satz und sein Atem ging schneller. Wie niedlich diese Reaktion von ihm war. Ich sah zu ihm herab, bis er langsam die Augen schloss und ich die letzten Zentimeter zwischen uns überwand und ihn sanft küsste. Augenblicklich fuhr mir ein angenehmer Schauer über den Rücken, als ich seine warmen, weichen Lippen berührte. Fast lautlos seufzte ich in den Kuss.

Sofort lehnte er sich in die Umarmung und erwiderte etwas zaghaft die Berührung. Ob das für ihn das erste Mal war? Zumindest machte er einen unerfahrenen Eindruck, was, zumindest für mich, nicht unbedingt schlecht sein musste. Im Gegenteil! Es hatte sogar einen gewissen Reiz, der Erste zu sein, der ihm so nahe kam.

Der Kuss dauerte nur wenige Sekunden, doch mir kam es wie eine wunderbare Ewigkeit vor, ehe ich mich langsam wieder von ihm löste. Auch Menma schien es genossen zu haben, denn obwohl ich mich ein Stück zurück gelehnt hatte, ich hielt ihn weiterhin im Arm, waren seine Augen noch immer geschlossen. Lächelnd sah ich zu ihm herab. Einige Momente später schaute er mich dann doch an und wurde gleich eine Spur röter, lächelte mich aber verlegen an. Sein Herz hämmerte noch immer stark gegen seine Brust. Mit dem Daumen wischte ich ihm vorsichtig etwas Dreck von der Wange.

„Vielleicht sollten wir wieder zurück gehen… bevor dich noch der nächste Ast erwischt.“, fügte ich noch etwas hämisch hinzu, woraufhin ich einen beleidigten Blick seinerseits erntete.

„Ich habe das bestimmt nicht mit Absicht gemacht.“ Er löste den Griff von meinen Schultern und verschränkte die Arme.

„Das dachte ich mir schon…“ Mir war schon aufgefallen, dass er ein Talent dafür hatte in Schwierigkeiten zu geraten. Ich nahm die Hand von seiner Wange, legte sie auf seinen Oberarm und rieb die Stelle ein wenig. Auch wenn ich keine Kälte spüren konnte, sah ich es ihm trotzdem an, wenn er fröstelte.

„… trotzdem sollten wir uns diese Beule ansehen.“ Er nickte nur und ließ sich von mir auf mein Pferd helfen. Ich setzte mich hinter ihn, schlang einen Arm um seinen Bauch und zog ihn dicht an mich. Mit der Anderen hielt ich die Zügel. Ihn so nahe bei mir zu haben, war ein sehr angenehmes Gefühl. Auch wenn seine Beule schmerzhaft aussah, war mir klar, dass es nichts Bedrohliches war. Ein wenig Ruhe und ein kalter Lappen und es würde ihm bald wieder gut gehen. So konnte ich es verantworten, natürlich unbemerkt, einen kleinen Umweg zu machen und den Moment etwas länger zu genießen. Die Stute hatte ich am Sattel befestigt, damit sie nicht noch einmal Reißaus nehmen konnte. Er erzählte nicht viel, versicherte mir nur immer wieder, dass alles in Ordnung mit ihm sei und wie beeindruckend das belebte Schloss bei Mondschein und Schnee aussah.

Als wir ankamen, es musste schon weit nach Mitternacht sein, war von dieser Aussicht aber nicht mehr viel zu sehen. Der Himmel war fast komplett mit Wolken bedeckt und aus dem anfänglichen Schneegeriesel war inzwischen ein richtiges Gestöber geworden. Ich spürte wie er in meinem Armen zitterte und sein Atem sichtbar wurde. Es musste noch kälter geworden sein.

In den Ställen half ich Menma vorsichtig vom Pferd und brachte ihn in sein Zimmer. Die Tiere überließ ich Hudson, der, nachdem er damit fertig war, mit einer Schüssel kaltem Wasser und einer Salbe zu uns kam. In der Zwischenzeit hatte sich Menma auf mein Drängen hin und etwas widerwillig, schlaffertig gemacht. Auch wenn er es nicht zugab, war es ihm bestimmt unangenehm so bevormundet zu werden. Wie ich seinen Onkel einschätzte, war er das nicht gewohnt.

„Ich hab dir doch gesagt, dass alles mit mir in Ordnung ist. Du brauchst dir keine Sorgen machen.“, kam es etwas genervt von ihm, als er aus dem Umkleidezimmer kam und mich noch immer mit verschränkten Armen vorm Fenster stehend vorfand. Ich drehte mich grinsend zu ihm. Sein Zimmer war verhältnismäßig klein. Es war eines der wenigen, die ausschließlich in warmen, hellen Farben gehalten waren. An der linken Wand stand ein riesiges Himmelbett, gleich gegenüber, an der Rechten, ein großer Kamin, in dem fröhlich ein kleines Feuer prasselte. Der Kamin war schon angezündet gewesen, als wir das Zimmer betreten hatten. Hudson musste sich kurz zuvor darum gekümmert haben. Links neben dem Kamin führte eine Tür zum Umkleidezimmer, in dem Menma bis vor wenigen Momenten noch gewesen war. Jetzt stand er vor der Tür. Rechts vom Kamin stand ein Schreibtisch mit einigen Büchern, einem Bogen Papier und einem Füllfederhalter. Es sah aber alles unbenutzt aus.

„Solange du mein Gast bist, bin ich für dein Wohlergehen verantwortlich.“ Während ich sprach, ging er zum Bett hinüber und machte es sich bequem.

„Ich mag es einfach nicht, wie ein-“ Ehe er den Satz beenden konnte, klopfte es an der Tür und Hudson trat mit den Utensilien ein. Er stellte alles auf den Nachtschrank neben dem Bett ab und verbeugte sich.

„Herr, wenn Ihr wünscht versorge ich Herrn Memmes Verletzung.“ Sofort kassierte er einen bösen Blick von Menma, den er aber, als er seinen Fehler bemerkte, so gut es ging ignorierte. Hudson und sein Namensgedächtnis, die Beiden waren einfach zu komisch.

„Schon gut, Hudson. Ich kümmere mich um ihn. Du kannst für heute Schluss machen.“

„Danke. Gute Nacht, Herr.“ Er verneigte sich erneut und ging dann. Natürlich war es nicht selbstverständlich, dass ich mich um so etwas kümmerte, aber in diesem Fall war es mir definitiv lieber. Als er draußen war, wandte sich Menma gleich wieder an mich, während ich mich zu ihm auf das Bett setzte.

„Macht der das mit Absicht??“ Ich lachte leise, während ich die inzwischen blaue Beule mit dem kalten Lappen abzupfte.

„Nein, tut er nicht.“ Er verzog schmerzhaft das Gesicht und lehnte sich ein Stück zurück.

„Ich kann dich verstehen, das habe ich am Anfang auch gedacht. Du musst verstehen, er ist hundertprozentig loyal, zuverlässig, vertrauenswürdig und fleißig. Er erinnert sich an jeden Befehl, den ich ihm je erteilt habe und erfüllt jeden meiner Wünsche. Aber Namen sind seine Schwäche.“ Ich legte den Lappen beiseite und trug etwas von der Salbe auf die geschwollene Stelle. Sie bestand aus verschiedenen Kräutern, die die Beule hauptsächlich kühlen sollten. Sein Gesichtsausdruck wurde auf jeden Fall ein Stück entspannter.

„Er kann sich einfach keinen Namen zu einem Gesicht merken. Ich bin mir nicht mal sicher, ob er sich bis heute meinen Namen merken konnte. Du kannst also sicher sein, dass er das nicht mit Absicht macht.“ Zum Schluss legte ich eine Kompresse auf die Schwellung und wickelte ihm einen Verband um die Stirn. Auf seinen mürrischen Blick hin, klopfte ich ihm kurz auf die Schulter.

„Ist nur für heute Nacht.“ Dann drehte ich mich um und wollte gerade das Zimmer verlassen, als er meine rechte Hand umfasste und mich zurück hielt. Fragend drehte ich mich zu ihm um.

„Ich… wollte nicht undankbar erscheinen…“, meinte er nach einigen Momenten der Stille und sah mich besorgt an. Wieder einmal erstaunte er mich und erneut zauberte er mir ein sanftes Lächeln auf die Lippen. Wirklich, jemandem wie ihm war ich noch nie zuvor begegnet.

Ich drehte mich rechts herum, ließ seine Hand dabei nicht los und legte die linke auf seine Schulter. Für einen kurzen Moment verweilte ich nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt, ehe ich auch das letzte Stück überwand und ihn erneut küsste. Sofort schloss er die Augen und ließ sich von mir zurück ins Kissen drücken. Dieser Kuss dauerte um einiges länger, als der vorhin im Wald. Ich genoss den süßen Geschmack seiner Lippen und lauschte erneut seinem aufgeregten Herzschlag. Nach einer Weile intensivierte ich den Kuss ein wenig, drückte ihn tiefer ins Kissen und knabberte vorsichtig an seinen Lippen, darauf bedacht ihn nicht zu verletzen, was uns sonst Beide in Schwierigkeiten gebracht hätte. Genussvoll seufzte er in den Kuss und legte seine freie Hand auf meine Schulter.

Widerwillig löste ich mich nach einer, meiner Meinung nach, viel zu kurzen Zeit von ihm. Gerne wäre ich noch weiter gegangen, aber für heute wollte ich es erst mal dabei belassen. Das Letzte, was ich wollte, war ihn irgendwie zu überfordern.

Ich lehnte mich wieder ein Stück zurück und lächelte ihn an.

„Ich habe das so nicht aufgefasst. Und jetzt ruh dich aus.“ Ich richtete mich wieder auf und löschte das Licht.

„Ach ja, und keine Sorge. Morgen wirst du nicht mehr bemuttert.“ Er konnte mein Grinsen im Dunkeln natürlich nicht sehen, aber deutlich heraus hören. Menma lachte ebenfalls kurz auf.

„Hihihi… in Ordnung. Gute Nacht.“, meinte er, nun doch etwas müde.

„Ja, gute Nacht.“, meinte ich leise und verließ dann den Raum.
 

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Erst am nächsten Abend war mir aufgefallen, dass ich einfach angefangen hatte Menma nach seinem Unfall zu duzen und er es entweder nicht bemerkt hatte oder es ihn nicht störte. Ich schätzte Letzteres, denn er hatte es schon vorher mit Förmlichkeiten nicht so genau genommen.

Ich durchschritt die Gänge, bis ich den Garten erreichte. Obwohl sich er der Garten im Innern des Schlosses befand, wuchsen die Pflanzen größtenteils wild und wurden nur ab und an getrimmt. Hier vermutete ich Menma, denn er wartete meistens an dieser Stelle auf mich. So auch heute.

Er lag auf einer Schaukelbank, die von einem starken Ast getragen wurde, und schaukelte, mit einem Fuß auf dem Boden, etwas. Sein Kopf ruhte auf seinem rechten Arm und seine linke Hand auf seinem Bauch, während er leise vor sich hin döste.

Ich schaute zum Himmel hinauf. Es war noch nicht ganz dunkel, stark bewölkt und ziemlich windig. Es würde wahrscheinlich bald wieder anfangen zu schneien, vielleicht sogar zu stürmen. Schnell ging ich zu ihm rüber und stützte mich auf die Rückenlehne der Schaukelbank.

„Ich hoffe, du liegst hier nicht schon den ganzen Tag.“ Er schreckte zusammen und wäre beinah von der Bank gefallen, hätte ich ihn nicht im letzten Moment noch an der Taille festgehalten. Er blickte überrascht zu mir rauf, grinste aber, als er mich erkannte.

„Hast du mich erschreckt! Wo bist du so plötzlich hergekommen?“ Ich ließ ihn langsam wieder los. Er richtete sich auf und setzte sich ordentlich hin, sodass ich neben ihm Platz nehmen konnte, was ich auch gleich tat.

„Plötzlich?“

„Ich hab doch gerade noch in den Himmel gesehen…“ Vielleicht war ich etwas schneller, als beabsichtigt gewesen.

„Du bist bestimmt eingedöst.“ Er verzog ungläubig das Gesicht. Die Antwort schien ihm nicht zu gefallen. Ich hoffte nur, dass er keinen Verdacht schöpfte und wechselte lieber das Thema.

„Du solltest bei diesem Wetter nicht zu lange hier draußen liegen. Es wird allmählich kalt.“ Nahm ich zumindest an…

Er rieb sich den Hinterkopf, offenbar grübelte er immer noch darüber nach, doch dann beließ er es dabei.

„Ich war noch nicht lange hier. Außerdem…“ Er grinste mich an und auch ich kam nicht umhin es ihm gleich zu tun.

„… wie hättest du mich denn sonst finden sollen?“ Dass ich ihn wahrscheinlich unter Tausenden wittern könnte, durfte ich ihm leider nicht erzählen.

„Das hätte ich schon hinbekommen…“ Wir erzählten noch eine Weile, bis Menma doch irgendwann anfing zu zittern. Ich umfasste sein Handgelenk, stand auf und ging mit ihm rein.

„Sicher, dass dir nicht auch kalt ist. Deine Hände sind eiskalt.“ Sofort ließ ich ihn wieder los.

„Nein, nein. Ich hab nur… eine schlechte Durchblutung.“

„Vielleicht solltest du öfter was Warmes zu dir nehmen. Ich sehe dich so gut wie nie etwas essen.“

„Vielleicht hast du Recht. Ich hatte schon einige Zeit nichts Ordentliches mehr.“ Dabei sah ich aus den Augenwinkeln zu ihm herab. Ich wollte schon seit Tagen frisches Blut trinken, aber ich hatte diesem Drang bisher nicht nachgegeben.

Bald erreichten wir mein Arbeitszimmer. Nach wie vor war ich hier sehr gern und nun, wo Menma mir Gesellschaft leistete, noch lieber. Soweit ich wusste, las er nicht viel. Wie er sagte, war das langweilig, besonders ohne Bilder. Dennoch setzte er sich immer wieder gerne zu mir, auf den zweiten Sessel, den ich für ihn vor den Kamin hatte stellen lassen, und machte seine Skizzen. Jetzt ging er aber zu seiner Staffelei an einem der Fenster und griff zum Pinsel. Er konnte wirklich gut malen. An der Wand neben meinem Schreibtisch lehnten einige seiner vorigen Werke, allesamt Landschaftsgemälde. Auf der Leinwand, die momentan auf der Staffelei stand, hatte er ein Portrait von uns Beiden begonnen. Aus ästhetischen Gründen war die dicke blaue Beule, die momentan noch seine Stirn zierte, nicht mit verewigt worden. Er hatte mir erklärt, ihm wäre mal danach gewesen, etwas Anderes zu malen und ich wäre, so regungslos, wie ich beim Lesen immer da saß, das perfekte Modell. Ich hatte einige Gemälde von mir, eins älter, als das Andere. Dennoch freute ich mich sehr, dass er mich gewählt hatte. Es war mir schon, bevor wir uns vor einigen Tagen geküsst hatten, klar gewesen, dass er mich mochte. Umso schöner fand ich es, dass er sich auch mit auf das Gemälde gemalt hatte. Und, wie gesagt, er war wirklich gut.

Aber im Moment war mir das egal. Ich folgte ihm und blieb direkt hinter ihm stehen. Obwohl ich nur wenige Zentimeter hinter ihm stand, bemerkte er mich nicht, was mir nur Recht war. Zumindest im Moment, denn so blieb mir die Möglichkeit ihn länger zu begutachten. Mein Blick blieb unweigerlich an seinem Hals hängen. Sofort schärften sich meine Sinne. Ich konnte das Blut unter seiner Haut pulsieren sehen und hörte seinen Herzschlag wie Trommeln in meinen Ohren. Augenblicklich stieg mir sein Duft in die Nase. Langsam lehnte ich mich ein Stück vor und atmete tief ein. Was ich hier tat, war nicht gut. Es war falsch diesem inneren, lodernden Verlangen nachzugeben, aber…

Ich wollte mich nicht mehr zurückhalten.

Ich wollte mich gehen lassen.

Zielstrebig legte ich meine linke Hand auf seine Schulter. Ich spürte seine Wärme durch den weichen Stoff. Noch ein Zeichen dafür, wie hungrig ich war. Natürlich blieb diese Aktion nicht unbemerkt. Er schreckte auf und drehte sich linksherum, weshalb ich mich zurück lehnte.

„Was-“ Sofort verstummte er wieder und seine Augen weiteten sich.

Ruckartig wich er einen Schritt zurück, stieß dabei Staffelei um, die samt Leinwand krachend zu Boden fiel. Menma selbst geriet ins Taumeln und wäre beinah der Staffelei gefolgt, hätte ich ihn nicht an den Schultern gepackt und wieder hochgezogen. Sein Atem ging stoßweise und sein Puls raste regelrecht. So schnell er konnte, rappelte er sich mit meiner Hilfe wieder auf. Dabei legte er seine rechte Hand auf meine Brust, während die Linke auf meinem Oberarm landete. Er krallte sich regelrecht in mein Jackett.

„Was hat dich so erschreckt?“, fragte ich scheinheilig. Es war Zeit etwas zu spielen.

„D-du… I-Ihr… D-deine Augen…“ Mit Entzücken betrachtete ich sein Gesicht. Er starrte mich mit einer Mischung aus Verwirrung und deutlicher Angst an, doch in seinen Augen, die mich so wach und aufmerksam musterten und in deren Tiefe ich mein eigenes Spiegelbild betrachtete, schimmerte unverkennbar Neugier mit. Wieder einmal brachte er mich zum Schmunzeln.

//Seltsamer Junge…// Dieser Ausdruck reizte mich nur noch mehr.

„Was meinst du?“ Langsam lehnte ich mich vor und zog ihn ein Stück näher an mich ran. Er wollte etwas sagen, aber es kam kein Wort über seine Lippen. Im selben Moment versuchte er mich von sich weg zu drücken, doch er stoppte nach einigen Sekunden und sah zaghaft hinunter auf seine rechte Hand. Sie ruhte nach wie vor auf meiner Brust und war nun nicht mehr verkrampft, sondern ausgestreckt. Einige Sekunden verharrten wir so. Seine Augen weiteten sich ein Stück und ein Schauer durchfuhr seinen Körper.

„Es… schlägt… nicht.“, flüsterte er leise. Der Unglaube in seiner Stimme war nicht mehr zu überhören. Ruckartig riss er den Kopf wieder hoch und sah mir direkt in die Augen. Er wirkte nervös, aber nicht weniger erwartungsvoll. Dennoch löste er seine Hand, die ich aber gleich mit der Rechten umfasste und sie wieder auf meine Brust legte.

„Bist du sicher?“, fragte ich scheinheilig und grinste ihn breit an, wobei sein Blick an meinen Zähnen hängen blieb. Ich rechnete ganz fest damit, dass er jeden Moment versuchen würde loszurennen, sich loszureißen oder sonst irgendwie von mir wegzukommen, doch das tat er nicht. Wie erstarrt stand er vor mir und rührte sich nicht. Nach einigen Sekunden blickte er zögerlich auf, jetzt sichtlich besorgt.

„D-du bist ein Vampir…!“ Nur knapp konnte ich ein starkes Lachen unterdrücken.

„Gut beobachtet. Um ehrlich zu sein, hatte ich fast schon geglaubt, du hättest eine Ahnung.“ Er atmete tief ein, bevor er mir antwortete.

„Ich wusste, dass du anders bist, aber nicht… so anders.“ Lächelnd sah ich zu ihm herab. Ich fand es ungemein amüsant, dass ausgerechnet er mich als anders bezeichnete, wo er doch selber ein kleiner Sonderling war.

„Danke dir. Ich hatte eigentlich nicht vor dir mein Geheimnis zu verraten, aber… nun ja, du hast vorhin meinen Appetit geweckt…“

Langsam wich er zurück und achtete dabei nicht einmal auf die Beine der am Boden liegenden Staffelei, auf die er trat. Doch weit kam er nicht, denn ich dachte nicht daran ihn loszulassen und kam ihm zuvor. Ich drückte ihn vorsichtig, aber bestimmt gegen die nur wenige Zentimeter entfernte Wand hinter ihm. Dabei achtete ich darauf, dass ich ihn nicht verletzte, denn gelegentlich neigte ich dazu, etwas grob zu werden, wenn ich hungrig war.

„Warum sagst du mir das?“ Kurz zögerte er.

„Du wirst mich nicht töten… richtig?“ Er riss sich zusammen, aber die Angst und Unsicherheit in seiner Stimme war nicht mehr zu überhören. Ich drückte seine rechte Hand, die immer noch auf meiner Brust ruhte, etwas fester und legte meine Linke auf seine Wange.

„Natürlich nicht, mein lieber Menma. Wir hatten doch bisher so viel Spaß…“ Mit dem Daumen strich ich vorsichtig über seine warme Haut und tatsächlich wurde er etwas ruhiger und grinste mich sogar an.

„Ja…aber…“ Das Grinsen wich wieder aus seinem Gesicht und er sah bedrückt zur Seite.

„Vielleicht hätte ich drauf kommen müssen. Für gewöhnlich haben mich die Leute nicht so gerne um sich…“ Ich lenkte seinen Blick wieder zu mir, beugte mich dabei ein Stück vor und flüsterte ihm leise zu.

„Umso besser für mich…“ Dann überwand ich die letzten Zentimeter zwischen uns und küsste ihn. Kurz darauf wich jede Anspannung aus seinem Körper und er erwiderte den Kuss. Menma hielt sich anfangs zurück, lehnte sich aber dennoch nach einigen Augenblicken in die Berührung. Ich hieß diese Reaktion durchaus willkommen, doch ich fragte mich, ob er denn überhaupt keine Angst hatte. Im ersten Moment hatte ihn die Wahrheit über mich erschüttert, aber jetzt, wo ich ihm gesagt hatte, dass ich ihn nicht töten wollte, schien er vollkommen ruhig. Ich meinte es ernst, aber glaubte er mir das einfach so? Vertraute er mir so sehr oder war es ihm einfach nur egal? Aber eigentlich war es das. Zumindest im Moment…

Sachte drückte ich ihn etwas fester gegen die Wand, ließ seine Hand los und umfasste seine Schulter. Der Kuss wurde derweil immer intensiver und ich begann vorsichtig an seinen Lippen zu knabbern, worauf er gerne einging. Menma seufzte genüsslich, als ich meine linke Hand von seiner Wange, hinab zu seinem Hals wandern ließ. Ich spürte die Gänsehaut, die sich augenblicklich auf seiner Haut bildete. Und das lag sicher nicht nur an meinen kalten Fingern. Sein Puls ging schnell und sein Blut schoss geradezu durch seine Venen. Es war einfach zu verführerisch und ich konnte nicht widerstehen. Ich ließ meine Hand wieder ein Stückchen höher zu seinem Gesicht wandern und streichelte sanft seine Wange, während ich mich langsam von seinen Lippen nach rechts, über seine Wange, bis hin zu seinem Hals küsste. Dieses Mal seufzte er deutlich lauter, drehte den Kopf zur Seite und reckte den Hals. Er hatte nicht den Schimmer einer Ahnung, was er damit anstellte. Ich küsste seine Halsbeuge, direkt über seiner Pulsader, und atmete tief ein. Sein Duft berauschte meine Sinne. Unbewusst ließ ich meine Hand ein Stück weiter in seinen Nacken rutschen und legte meinen Daumen vor seine Ohrmuschel, fast als würde ich fürchten, er könnte mir entkommen. Doch das bezweifelte ich.

Erneut küsste ich dieselbe Stelle an seinem Hals und leckte langsam über die warme Haut. Augenblick lief ihm ein Schauer über den Rücken und ein leichtes Zittern durchfuhr seinen Körper. Sein Griff an meiner Brust und meiner Schulter wurde fester und auch sein Atem ging schneller. Während ich ihn so verwöhnte, nahm ich die Hand von seiner Schulter und legte sie um seine Taille. Langsam lehnte ich mich etwas zurück, ehe ich endgültig nicht mehr warten wollte. Ruckartig zog ich ihn zu mir hoch und biss zu.

Sofort trat das Blut aus den kleinen Wunden hervor. Genüsslich trank ich es und ließ nicht einen Tropfen danebengehen. Menma hatte erschrocken nach Luft geschnappt und krallte sich regelrecht in meine Kleidung. Schmerzen konnte er nicht haben, denn ich hatte die Stelle zuvor betäubt gehabt. Doch ich konnte mir vorstellen, dass es ein unangenehmes Gefühl war. Zumindest für ihn. Ich dagegen genoss das hier sehr. Mein Griff wurde fester und ich zog ihn ein Stück höher, sodass er auf den Zehnspitzen stehen musste. Mit jedem einzelnen Schluck ließ der verzehrende Hunger ein Stück nach und ich spürte langsam, aber sicher, wie das Schwächegefühl nachließ und ich stärker wurde. Menma, dessen krampfhafter Griff sich nach einigen Sekunden gelockert hatte, ließ mich nun endgültig los und legte, zu meiner Überraschung, seine Arme um meinen Hals. Seine Hand lag jetzt seinerseits in meinem Nacken und er lehnte seinen Kopf auf meine Schulter. Es war angenehm und in der aktuellen Situation nicht gerade eine übliche Reaktion. Ich nahm meine Hand von seiner Taille und legte den Arm um seinen Rücken. Sein anfangs noch hektischer und stockender Atem wurde ruhiger, ging aber noch immer schwer. Womöglich bekam er, durch den Druck, den ich ausübte, nur schwer Luft. Trotzdem hörte ich nicht auf. Das hätte mehr Willenskraft erfordert, als ich im Augenblick aufbringen konnte. Und genau das wollte ich nicht.

Ohne groß darüber nachzudenken, biss ich erneut zu und trank genüsslich weiter. Menma spürte nach wie vor nichts. Zu gerne ließ ich mich gehen und im Rausch merkte ich kaum, wie er vor Anstrengung anfing zu zittern. Erst im letzten Moment, als ihm die Beine wegknickten und ich sein volles Körpergewicht in meinen Armen hielt, wurde mir bewusst, was ich gerade im Begriff war zu tun. Nur schwerlich, aber trotzdem entschlossen, ließ ich von ihm ab, leckte aber noch ein letztes Mal über die Wunde, damit sie heilte. Ich nahm meine linke Hand von seinem Nacken, legte sie auf seine Schulter und schaute auf ihn herab. Er war bei Bewusstsein und hielt mich weiterhin eng umschlungen in seiner Umarmung. Sein Kopf ruhte auf meiner linken Schulter und ich spürte, wie sein schwerer Atem gegen meinen Hals schlug. Ehrlich gesagt, hätte ich nichts dagegen gehabt, wenn er auch zugebissen hätte, doch das war wohl eher unwahrscheinlich… und soweit ich ihn kannte auch nicht seine Art…

Davon abgesehen war er, soweit ich das erkennen konnte, lediglich etwas blass um die Nase. Ein erneutes Zittern ging durch seinen Körper, doch dieses Mal nicht vor Anstrengung. Seine Haut war kühl und er fror. Dennoch schien es ihm alles in allem noch gut zu gehen.

„Tut mir leid…“, flüsterte ich ihm leise ins Ohr. Er hob den Kopf an, blinzelte einige Male müde, ehe er mich, plötzlich und völlig unerwartet, mit seinem typischen Lächeln angrinste.

„Ich weiß nicht, was du meinst.“ Mir war klar, dass er sich fröhlich stellte und es war genau so offensichtlich, dass er erschöpft war. Ich strich mit der Linken über seine Wange. Im Vergleich zu mir, fühlte er sich trotzdem noch warm an. Als wolle er meine Gedanken bestätigen, bekam er eine Gänsehaut und ein Schauer durchfuhr ihn. Sofort nahm ich meine Hand wieder von seinem Gesicht. Es war nicht so, dass es mir nicht leid tat, aber ich bereute es nicht. Warum sollte etwas, das sich so gut anfühlte, schlecht sein. Und ihm hatte es auch gefallen… zumindest der erste Teil…

Ein schwaches, aber ehrliches Lachen seinerseits lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn.

„Warum guckst du so? Ich meine es wirklich so.“ Er blinzelte einige Male müde, schaute aber lächelnd zu mir auf. Ich konnte einfach nicht anders, als dieses ehrliche Lächeln zu erwidern. Ich zog ihn wieder nah an mich ran, bückte mich ein Stück, um meine linke Hand in seine Kniekehlen zu legen, und hob ihn mir auf die Arme. Seinen linken Arm ließ er um einen Nacken liegen und die rechte Hand ruhte wieder auf meiner Brust. Langsam lehnte er den Kopf auf meine Schulter und blickte zu mir auf. Er seufzte wohlig auf.

„Mhh… ich glaube, mir ist heute nicht nach malen…“ Milde lächelnd sah ich auf ihn herab.

„So ein Zufall, mir ist heute auch nicht nach lesen…“ Er grinste mich noch einmal breit an, ehe er die Augen schloss. Im ersten Moment glaubte ich, er wäre direkt eingeschlafen, doch er ruhte sich nur aus. Ich drehte mich, noch immer mit ihm auf dem Arm, um, verließ dann das Arbeitszimmer und machte mich auf den Weg zu seinem Schlafzimmer. Etwas Ruhe war für ihn jetzt am Besten. Und ich würde nicht von seiner Seite weichen, bis ich sicher war, dass es ihm wirklich gut ginge…
 

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Tatsächlich erholte er sich sehr schnell wieder und stand schon am nächsten Tag wieder froh und munter auf den Beinen. Ich hatte noch Niemanden erlebt, der sich so schnell wieder von einem Biss erholt hatte. Entgegen meiner Erwartungen fürchtete er sich nicht vor mir. Im Gegenteil, er wich mir kaum noch von der Seite und bot mir ab und an sogar sein Blut an, wenn es mir nicht gut ging. Es fiel mir häufig schwer es abzulehnen.

Nur tagsüber war er nicht bei mir und soweit Hudson mir berichtete, schlief er nicht mehr den ganzen Tag und verbrachte die restliche Zeit, bis zu meinem Erwachen, allein und meist tatenlos. Ich hatte ihm angeboten, dass er gerne meine Kutsche nehmen und sich runter ins Dorf fahren lassen konnte, aber er lehnte dankend ab. Das Dorf interessierte ihn nicht sonderlich und alleine wollte er es sich nicht ansehen. Ich versprach ihm, ihn bei Gelegenheit zu begleiten, hoffte aber, dass dies nicht allzu bald sein würde, denn ich war nicht sehr erpicht darauf, wieder einmal auf den Bischof des Dorfes zu treffen. Ein sehr strenger Mann, was mich im Prinzip nicht störte, aber extrem orthodox und stark im Glauben. Und mit einem überaus unwillkommenen Talent dazu, mir immer über den Weg zu laufen und mich in irgendwelche Gespräche zu verwickeln. Bisher hatte ich immer irgendwelche Ausreden gehabt, weshalb ich nicht in die Kirche konnte, doch langsam gingen mir auch diese aus. Außerdem war ich momentan mit den Vorbereitungen für das Fest vollauf beschäftigt und froh, dass Menma mir Gesellschaft leistete und mich so etwas davon ablenkte.

Es war nicht so, dass ich dieses Fest ausrichten wollte. Mehr war es eine Tradition unter Meinesgleichen und nun war ich auch mal dran. Menma dagegen freute sich schon sehr darauf. Ob er wusste, dass es dann hier nur so vor Vampiren wimmeln würde? Wenn dies der Fall war, merkte ich es ihm nicht an.

Sicherlich freute ich mich darauf einige meiner Bekannten wiederzusehen, doch es gab auch Einige, bei denen ich mir wünschte, ihre Bekanntschaft nie gemacht zu haben. Das beste Beispiel hierfür war Lady Shou, eine Gräfin, die es sich vor einigen Jahrhunderten in den Kopf gesetzt hatte, meine Gefährtin zu werden, was sie allerdings ohne mich beschlossen hatte. Jedes Mal durchfuhr mich ein eiskalter Schauer, wenn ich an die unangenehmen Situationen dachte, in die sie mich schon einige Male gebracht hatte. Ein Wiedersehen mir Ihr wollte ich noch weniger, als mit dem Bischof. Aber dieses Mal konnte ich mich wohl nicht davor drücken.

Die letzten Tage bis zum Fest vergingen sehr schnell und der Abend des Festes rückte näher. Menma konnte seine Vorfreude kaum noch im Zaum halten. Ich verstand ihn gut. Es war schön hier und ruhig, aber zuweilen auch sehr langweilig, besonders für jemanden wie ihn. Die Abenddämmerung hatte bereits eingesetzt, als die ersten Kutschen eintrafen und die Gäste die Halle betraten. Davon ließ ich mich aber nicht stören. Einige von ihnen würde ich mehrere Tage hier haben, da kam es auf einige Minuten mehr oder weniger nicht an. Sicheren Schrittes ging ich durch die Gänge zu Menmas Zimmer und klopfte an die Tür. Sofort hörte ich seine gedämpfte Stimme durch die Tür.

„Komm rein!“ Gerne ging ich dieser Aufforderung nach, trat ein und sah mich um. Das Zimmer war hell erleuchtet und die Vorhänge bereits zugezogen. Menma wollte wohl sicher gehen, morgen nicht von der Sonne geweckt zu werden. Selbiger stand gerade vor einem gerahmten Standspiegel und schaute sich angestrengt zu, wie er umständlich versuchte, das Schleifenband um seinen Kragen gerade zu binden. Ich verschränkte die Arme und zog eine Augenbraue nach oben.

„Brauchst du Hilfe?“ Er drehte sich grinsend und mit beiden Enden des Bandes in der Hand zu mir um.

„Wie kommst du denn auf die Idee?“ Er zwinkerte, hielt mir aber die beiden Enden entgegen. Ich zuckte mit den Schultern und kam auf ihn zu.

„Ich weiß auch nicht, wie ich darauf komme…“, meinte ich trocken, erwiderte aber das Lächeln und begann ihm eine ordentliche Schleife zu binden. (1) Keiner von uns sagte etwas. Ich konnte regelrecht spüren, wie er es kaum noch abwarten konnte. Ich richtete die Schleife.

„Menma… Es wird für dich womöglich nicht so amüsant, wie du es dir erhoffst. Diese Leute, die heute hier sind, sind nicht ganz… einfach. Ich möchte nicht, dass du vielleicht von dem Abend enttäuscht sein wirst.“

„Es wird bestimmt toll werden.“

//Oh Mann, seinen Optimismus hätte ich gern gehabt…//

„Ja… Ach ja, bevor ich es vergesse…

Ich griff in meine Tasche, holte einen kleinen metallenen Anstecker, in der Form meines Familienwappens hervor und steckte ihm dieses ans Revers.

„Pass bitte auf, dass du die nicht verlierst. So weiß jeder, dass du zu mir gehörst.“ Er musterte sie kurz, ehe er wieder aufblickte

„Es werden viele Vampire da sein?“ Nun klang er doch etwas verunsichert. Es würden fast ausschließlich Vampire da sein und nur einige Menschen, die sie selber mitbrachten. Die waren meistens aber nicht sehr gesprächig. Früher war es so gewesen, dass keine „abgefüllten“ Getränke gereicht wurden, sondern Menschen mit eingeladen wurden, die dann ab Mitternacht mit zur “Unterhaltung“ dienten. Mit Sicherheit ein größerer Spaßfaktor als heute, allerdings war es sehr aufwendig, wenn nicht sogar unmöglich, hinterher die Überreste und das Durcheinander, das die panische Meute anrichtete, unauffällig wieder zu beseitigen.

Ein plötzliches Klopfen an der Tür ließ uns Beide aufschrecken und Hudson trat ein. Er verneigte sich kurz.

„Herr, die Gäste sind da.“ Ich seufzte und nickte als Zeichen, dass ich verstanden hatte.

„Gut, du kannst gehen“ Er verbeugte sich erneut.

„Sehr wohl.“ Dann neigte er den Kopf zur Verabschiedung zu Menma, sagte respektvoll:

„Herr… Mima.“, und ging. Menma atmete tief durch.

„Menma! Schreib´s dir auf!“, rief er laut hinterher. Ich nahm alle meine Kraft zusammen nicht loszulachen. Ich konnte mich nicht entsinnen, dass Hudson so ein schlechtes Namensgedächtnis hatte. Womöglich bereitete es ihm doch etwas Vergnügen. Ich fasste mich wieder und drehte mich zu Menma.

„Mach dir keine Sorgen, ich möchte nur sicher gehen. Außerdem werde ich die ganze Zeit in deiner Nähe sein. Genieß den Abend.“ Meine Worte verfehlten nicht ihr Ziel. Tatsächlich wurde seine Stimmung wieder heiterer und mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht hakte er sich bei mir ein und zog mich in Richtung Tür.

„Ok, mach ich. Dann lass uns aber jetzt auch gehen!“ Ich ließ mich zwei Schritte mitziehen, ehe ich stehen blieb und ihn, wieder mal über sein Verhalten amüsiert, zurückhielt.

„Möchtest du nicht vorher noch deine Schuhe anziehen?“
 

Zehn Minuten später stand ich in der Halle und begrüßte meine Gäste. Aus dem Saal war bereits die Musik zu hören und die Ersten begannen zu tanzen. Nachdem ich diese Tortur hinter mich gebracht hatte und alle Gäste da waren, begab auch ich mich in den Saal und sah mich um. Ich wollte schon seit einer halben Stunde Menma wieder auftreiben, war aber noch nicht dazu gekommen. Nicht, dass er in Gefahr war, aber mir war einfach wohler, ihn in meiner Nähe zu wissen. Es waren Viele gekommen und es herrschte ein munteres Treiben. Menma zu finden, gestaltete sich allerdings etwas schwieriger als erwartet. Immer wieder wurde ich in mehr oder weniger interessante Gespräche verwickelt, traf auch einige alte Freunde, die ich schon bestimmt 200 Jahre nicht mehr gesehen hatte. Doch momentan war mir Menma erst mal wichtiger. Ich fand ihn bald auf der anderen Seite der Tanzfläche in einer Gruppe von vier Vampiren. Mir war nicht ganz wohl, dass er ausgerechnet bei ihnen stand, denn das waren welche dieser “nicht ganz so einfachen“ Leute. Ihre Namen waren nicht weiter wichtig, man musste nur wissen, dass sie, trotz ihres verhältnismäßig jungen Erscheinens, mit zu den Ältesten gehörten und nicht für ihr Mitgefühl bekannt waren. Ich ging näher an die Gruppe ran.

Menma erzählte etwas, doch aus der Entfernung hörte ich noch nichts und Lippenlesen konnte ich auch nicht. Dazu gestikulierte er mit den Armen, als würde er eine Geschichte erzählen. Wie zur Bestätigung fasste er sich an die Stirn und mit der anderen Hand auf den Steiß, woraufhin die Vier lauthals loslachten. Ein Bild, das wohl Generationen verwehrt gewesen war. Ich näherte mich Menma rücklings, sodass die Vier mich gleich sahen.

„Sasuke, wie schön, dass du dich zu uns gesellst!“, meinte der Älteste, ein groß gewachsener Mann mit jungem Gesicht, aber schneeweißen Haaren gut gelaunt. Alle nannten ihn nur Chokyu. Ich blieb neben Menma stehen und legte eine Hand auf seine Schulter, woraufhin dieser zu mir aufblickte.

„Warum auch nicht?“, erwiderte ich freundlich.

„Wie ich sehe, habt ihr schon Bekanntschaft mit Menma gemacht?“ Der Mann neben dem Weißhaarigen meldete sich zur Wort. Sein Haar war schwarz und er war etwa einen Kopf kleiner, als sein Nachbar.

„Oh ja! Also wirklich Sasuke, wo hast du ihn die ganze Zeit versteckt? Du hättest ihn ruhig schon mal früher mitbringen können.“ Das erstaunte mich wirklich. Für Jemanden, der diese Vier nicht so gut kannte wie ich, mussten sie wie eine ganz normale Gruppe aussehen, die sich auf einem Fest amüsierte. Doch ich kannte sie alle schon sehr lange und das war wirklich nicht das Benehmen, dass man von ihnen gewohnt war. Die beiden Anderen amüsierten sich zum Beispiel noch immer über das, was Menma gesagt hatte. Dementsprechend überrascht war ich über diese Aussage.

„Ach tatsächlich? Aber so lange ist Menma noch nicht bei mir. Er macht hier sozusagen auf unbestimmte Zeit Urlaub…“ Ich sah zu ihm hinab.

„Was hast du Lustiges erzählt, dass meine Gäste so begeistert sind?“ Ich war ehrlich neugierig. Sie waren schwer zu begeistern.

„Alles Mögliche. Ich weiß gar nicht mehr, wie wir darauf gekommen sind, aber wir haben uns über Gärten unterhalten und da hab ich erzählt, wie ich damals trotz Hausarrestes nachts aus dem Fenster geklettert bin, das Pflanzengitter zerbrochen ist und ich direkt im Gebüsch gelandet bin-„

„Das klingt nicht so komisch.“, meinte ich etwas bestürzt.

„Schon, aber die Pflanzen an der Mauer waren Giftefeu gewesen und ich hab doch keine Ahnung von Pflanzen. Hinterher sah ich aus, wie eine Erdbeere.“ Die Beiden, die noch nichts gesagt hatten, kicherten los und auch die anderen Beiden grinsten etwas breiter.

„Danach die Geschichte, wie ich damals versehentlich fast die Bibliothek abgefackelt hätte. Aber mal ehrlich, wer versteckt denn auch schon eine Flasche Hochprozentigen in einem Schmöker über Pflanzenkunde…?“ Das letzte Stück flüsterte er mehr zu sich selbst und klang vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen. Ich hatte das Gefühl etwas verpasst zu haben. Auf meinen fragenden Blick hin, schüttelte er kurz den Kopf.

„Frag lieber nicht. Oh, jetzt weiß ich es wieder. Wir sind auf das Thema mit den Gärten gekommen, weil die Lords wissen wollten, was ich tagsüber mache. Und meistens bin ich halt im Garten“ Er grinste mich zufrieden an und fuhr dann fort.

„Und dann kam das eine Mal, als ich wegen meinem Cousin wieder Hausarrest bekommen hatte und ich ihm zur Vergeltung Chili ins Essen getan habe. Und nein, ich habe die Teller nicht irgendwie verwechselt und es dann versehentlich selber gegessen oder so, falls es das ist, was du denkst. Es war sogar ziemlich lustig, wie er durch die Gegend gerannt ist… bis er mir auf die Schuhe gekotzt hat.“ Wieder wurde das Lachen lauter. Ich nickte nur.

„Tja und dann der Zwischenfall mit dem Hund meiner Tante und ihrem Korsett…“ Er bemerkte wohl meinen entsetzten Gesichtsausdruck und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

„Naja, das Dienstmädchen hat nie wieder mit mir gesprochen… Egal, auf jeden Fall hat man mich zuletzt gefragt, wie es zu der Beule gekommen war und ich habe halt erzählt, wie das Pferd durchgegangen ist, ich gegen den Ast geritten bin und dann auf dem Hintern gelandet bin.“ Die einzige Frau in der Gruppe hielt sich schon den Bauch vor Lachen. Ich war zwar durchaus für Schadenfreude oder schwarzen Humor zu haben, fand es aber in diesem Fall nicht lustig, da ich selber mit dabei gewesen war und mich fast zu Tode erschreckt hatte.

„Menma, ich hatte keine Ahnung. Du bist eine wandelnde Katastrophe!“ Dass er manchmal etwas tollpatschig war, wusste ich, aber solche Geschichten hatte ich wirklich nicht erwartet. Dennoch steigerte das nicht meine Sympathie für seinen Onkel. Menma zuckte grinsend mit den Schultern.

„Du hast gefragt.“ Die Vier vor uns waren wieder in schallendes Gelächter ausgebrochen. Menma lehnte sich unauffällig zu mir rüber und flüsterte leise.

„Ich mach mich scheinbar gar nicht so schlecht.“ Ich grinste ihn nur an, legte meine Hand auf seinen Kopf und verwuschelte sein blondes Haar.

„Jetzt werd mal nicht übermütig.“ Dennoch hatte er Recht. Es sah wohl so aus, als hätte ich mir umsonst Sorgen um ihn gemacht. Er hatte mich wieder einmal überrascht.

Wir standen noch eine ganze Weile zusammen, als sich eine altbekannte Stimme hinter mir Gehör verschaffte. Augenblicklich spannte sich jeder Muskel in meinem Körper an und ich drehte mich langsam um. Und natürlich war es genau die Person, die ich am aller wenigsten sehen wollte: Lady Shou. Sie war eine schöne Frau, da gab es keinen Zweifel dran. Ihr rotes Haar war zu einer eleganten Hochsteckfrisur gebunden und sie trug ein ebenso elegantes und schmuckvolles, dunkelgrünes Kleid. Es war eng geschnürt und betonte ihre schlanke Taille. Aber leider war es um ihren Charakter nicht so gut bestellt.

„Wie schön Euch wieder zu sehen.“ Sie machte einen Knicks, unterbrach aber nicht den Blickkontakt. Ich verneigte mich vor ihr und auch die Vier hinter mir taten es mir gleich. Anstandsgetreu antwortete ich nicht wahrheitsgemäß.

„Die Freude ist ganz meinerseits.“

„Unser letztes Wiedersehen ist viel zu lange her. Ihr seid sehr geschickt darin, Euch rar zu machen.“ Sie lächelte mich charmant an.

„Ich bin mir sicher, dass es noch nicht so lange her ist.“, meinte ich freundlich. Und wenn es hundert Jahre gewesen sind, es war eindeutig zu kurz. Sie kicherte kurz und winkte mit einer grazilen Handbewegung ab.

„Immerhin fünfzig Jahre. Ich fürchte fast, Ihr meidet mich.“ Innerlich rollte ich mit den Augen.

„Keinesfalls, allerdings wird meine Zeit sehr von meinen Pflichten beansprucht und ich hätte Euch nur ungern eine so unbequeme Reise zugemutet.“ Sie fing langsam an mich zu nerven.

Sie zückte einen schmuckvoll verzierten Fächer und wedelte sich elegant etwas Luft zu. Was die Frau meiner Meinung nach brauchte, war eine Flasche Weihwasser und ein Pflog durch das Herz. Falls sie eins hatte.

„Nun, dennoch hättet Ihr mich-“

„Ihr seid doch jetzt hier, oder?“ Sie wirkte im ersten Moment erschrocken, fasste sich aber wieder. Eine unangenehme Stille breitete sich aus, aber das war mir recht. Es gab mir die Zeit, mich wieder zu fassen.

„Und wer ist das?“ Sie sah auf einmal an mir vorbei und mein Blick folgte ihrem. Ohne es zu merken, hatte ich mich vor Menma gestellt, der die ganze Zeit an mir vorbei geschaut hatte. Ich drehte mich ein Stück, legte meine Hand auf seinen Rücken und schob ihn etwas vor.

„Das ist Menma. Er ist seit ein paar Wochen mein Gast. Menma, das ist Lady Shou.“ Entsprechend der Etikette hatte ich sie einander vorgestellt, doch keiner der Beiden machte Anstalten sich zu begrüßen. Menma erwiderte einfach nur ihren Blick, während sie ihn abwertend musterte.

„Ein Mensch? Und dann noch ohne Manieren.“ Offenbar war ihr nicht gleich aufgefallen, das Menma ein Mensch war. Sie hatte keine hohe Meinung von Seinesgleichen. Sie bevorzugte es eher mir auf die Nerven zu gehen. Charmant lächelte sie mich wieder an.

„Seid Ihr deshalb so beschäftigt?“ Ich wollte gerade antworten, als Menma mir zuvor kam und mich somit mal wieder in Erstaunen versetzte.

„Es ist ja wohl seine Sache, wie er seine Zeit verbringt.“ Augenblicklich sahen ihn die Umstehenden, mich eingeschlossen, an. Sie rümpfte die Nase.

„Und Anstand hat er auch nicht.“ Menma sah sie verärgert an. Offenbar ein Fall von Hass auf den ersten Blick. Er zog die Augenbrauen zusammen und verschränkte die Arme.

„Da bin ich nicht alleine.“ Die Vier neben, beziehungsweise hinter mir, hielten gespannt den Atem an, aber ich konnte nicht lange an mich halten. Gastfreundschaft hin oder her, es war einfach viel zu selten, dass ihr jemand die Stirn bot und schon gar kein Mensch. Herzhaft lachte ich los und die Blicke der Anderen wanderten von Menma zu mir. Auch er sah mich an, grinste dabei allerdings. Ich klopfte ihm auf die Schulter und wischte mir mit der anderen Hand eine Träne aus dem Auge. Kaum zu fassen, ich weinte vor Lachen! Es dauerte einige Sekunden bis ich mich wieder gefasst hatte und mich räusperte. Lady Shou mutete etwas empört an. Womöglich war der vorbildliche Gastgeber wieder von Nöten.

„Verehrteste, Ihr werdet Euch doch nicht wegen so einer Kleinigkeit den Abend ruinieren lassen?“ Ich legte die Hand auf seinen Kopf und wuschelte erneut durch sein Haar.

„Die jungen Leute heute sind einfach so rebellisch.“

„Ähm… nein, natürlich nicht, nur-“ Nun war ich derjenige, der sein charmantestes Lächeln zeigte. Augenblicklich verstummte sie und wurde verlegen.

„Da bin ich erleichtert. Ich wäre untröstlich…“ Dann ging ich einen Schritt auf sie zu, ergriff ihre linke Hand, neigte den Kopf und deutete einen Handkuss an.

„Wenn Ihr mich entschuldigen würdet, ich habe noch einige Gäste zu begrüßen.“ Sie nickte nur. Ich war mir sicher, sie wäre rot angelaufen, wenn sie kein Vampir gewesen wäre. Es gab keine Gäste mehr, die ich hätte begrüßen müssen, aber ich hatte kein Interesse gehabt noch länger bei dieser Frau zu bleiben. Schnelle Schritte, die mir folgten, brachten mich aber dazu noch einmal anzuhalten und mich umzudrehen. Allerdings hatte ich nicht damit gerechnet, dass mir Chokyu eilig folgte. Neben mir angekommen verlangsamte sich sein Schritt. Sein Gesichtsausdruck war nun wieder so ernst, wie ich es kannte.

„Auf einmal wieder so ernst?“ Er sagte nichts dazu und lief stattdessen einige Schritte neben mir her, ehe er meinen Arm nahm und mich so zum stehen brachte. Nun grinste er doch etwas.

„Ich weiß, deine Angelegenheiten gehen mich nichts an…“ Nun war ich es der ebenfalls grinsen musste.

„Tatsächlich? Seit wann das denn?“ Er reagierte nicht auf die Ironie in meiner Stimme und fuhr unbeirrt fort.

„… aber ich frage mich, was du mit dem Jungen vorhast.“ Nun sah er mir endlich in die Augen. Ist hasste dieses indirekte Gelaber, als würde er nur Selbstgespräche führen.

„Was meint Ihr?“

„Nun, wir würden gerne wissen, ob du vorhast, ihn zu Einem von uns zu machen oder dir nur die Zeit mit ihm vertreibst.“ Diese Frage missfiel mir sehr, denn ich hatte sie mir in der letzten Zeit selber schon öfter gestellt und war zu keiner Antwort gekommen. Auf mein Schweigen hin sah Chokyu, über seine Schulter hinweg, wieder zu den Anderen. Ich tat es ihm gleich. Menma unterhielt sich wieder mit den aAderen, nur dass er dieses Mal derjenige war, der zuhörte. Lady Shou stand nicht mehr bei Ihnen.

„Er ist schon von einem besonderen Schlag. So jemanden findet man nicht oft. Aber das weißt du ja selber.“

„Ich habe dazu noch keine Entscheidung getroffen. Und das hat meiner Meinung nach noch Zeit.“ Er sah mich wieder an.

„Wie du dich auch entscheidest, du sollst wissen, dass du die Zustimmung des Rates hast.“ Das hatte ich vollkommen vergessen. Damals war es noch Gang und Gebe, entweder einen neuen Vampir zu erschaffen oder es zu lassen, aber das war irgendwann etwas aus dem Ruder gelaufen und einige hässliche Szenen mit den immer häufiger auftretenden Vampirjägern waren das Resultat gewesen. Inzwischen brauchte man dafür die Erlaubnis des „Rates“, bestehend aus den vier ältesten Vampiren. Dabei fiel mir auf, dass ich nie gefragt hatte, ob diese Maßnahme überhaupt etwas brachte. Zumindest erzählte hier keiner von jüngeren Angriffen auf Vampiren, also war das wohl wahrscheinlich.

Ich nickte nur und hoffte, dass das größtenteils monologe Gespräch endlich ein Ende fand.

Er verschränkte die Arme und drehte sich in Richtung der Anderen. Ich tat es ihm gleich.

„Zumindest würde er etwas frischen Wind mitbringen.“

„Fragt sich nur für wie lange…“ Ich spürte, wie er mich von der Seite ansah, ging aber nicht darauf ein, da mich auch im selben Moment Menma ansah. Er lächelte mich an, sagte noch einmal etwas zu meinen Gästen und kam dann zu mir gelaufen. Chokyu verabschiedete sich von mir und, deutlich netter, von Menma und ging dann wieder zum Rest zurück. Der Blondschopf neben mir sah ihm kurz nach.

„Ich hab ihn doch nicht etwa vergrault?“

„Nein, wir waren gerade fertig.“

„Worum ging es denn?“ Neugierig schaute er zu mir rauf, aber ich grinste ihn nur an.

„Sei nicht so neugierig.“ Er streckte mir die Zunge raus und zwinkerte mir zu.

„Dann eben nicht.“ Ich klopfte ihm auf die Schulter.

„Menma, ich muss noch zu ein paar anderen Gästen. Iss und trink doch in der Zwischenzeit etwas. Du kommst ja ganz gut alleine zurecht.“ Grinsend nickte er und ich wendete mich zum Gehen, als mir noch etwas Wichtiges einfiel. Ich drehte mich wieder um, ergriff seinen Arm, denn auch er hatte bereits losgehen wollen, und hielt ihn zurück.

„Aber lass die Finger von den schwarzen Kelchen. Die… würden dir nicht schmecken.“ Sicherlich wäre er nicht begeistert, wenn er auf einmal feststellen würde, frisches Blut, welches noch dazu nicht sein eigenes war, im Mund zu haben. Ein wenig verwundert blickte er mich an, nickte dann aber. Ich entließ ihn aus meinem Griff und ging los. Die nächsten Stunden verbrachte ich damit, mir neue, mehr oder weniger interessante Geschichten anzuhören, selber welche zum Besten zu geben und sogar einige neue Vampire kennen zu lernen. Lange blieb ich aber bei Niemandem stehen. Mir wurde wieder bewusst, wie lange es her war, dass ich das letzte Mal in einer solchen Gesellschaft verweilte. Es hatte mir nicht im Geringsten gefehlt. Des Öfteren traf ich auch wieder auf Shou, die mich in einige Gespräche verwickelte. Womöglich war das einer der Gründe, weshalb mir die Zeit so lang vorkam. Das und die Tatsache, dass Menma nicht bei mir war. Dennoch schaffte ich es, mich von den Gesprächen zu lösen. Umso überraschter war ich, als ich auf die Uhr sah und feststellte, dass es dann doch schon kurz vor drei Uhr war. Bis die Sonne aufging würde es noch lange dauern, wenn sie sich überhaupt blicken lassen würde, bei dem rauen Wetter, dass wir zu dieser Jahreszeit hatten. Ich hatte Menma schon eine Weile nirgends gesehen und war neugierig, wo er die ganze Zeit gewesen war. Gesehen hatten ihn viele und nach dem, was ich hörte, hatte er sich sehr amüsiert. Trotzdem dauerte es eine Weile, bis ich seinen Duft wahrnahm und endlich in einem der Nebensäle fündig wurde. Dort gab es eine etwas versteckte Nische mit einem edlen Sofa, die teilweise von einem seitlich gerafften Vorhang verborgen wurde. Mit der rechten Hand schob ich den Vorhang etwas mehr zur Seite, sodass die dösende Person auf dem Sofa besser beleuchtet wurde. Menma hatte sich auf die Lehne, die vom Vorhang verdeckt wurde, gestützt und den Kopf sowohl auf seine Hand, als auf gegen die Rückenlehne gebettet. Seine Beine lagen auf dem Sofa und seine freie Hand ruhte auf seinem Schoß. Ich fragte mich, ob er schon lange so da saß.

Leise trat ich näher ran. Erst jetzt bemerkte ich sein gerötetes Gesicht und realisierte noch einen anderen Geruch an ihm. Offenbar war er meinem Angebot auf seine Weise gefolgt. Ich legte eine Hand auf seine Schulter und rüttelte ihn vorsichtig wach.

„Menma, wach auf.“

Müde blinzelte er und richtete sich langsam auf.

„Ich… hab nicht… geschlafen.“ Er gab sich Mühe, aber ich merkte, dass es ihm schwer fiel, klare Worte zu sprechen.

„Wirklich? Sah für mich genauso aus...“ Ich legte eine Hand auf seine Wange, um ihn direkt ansehen zu können. Sein Gesicht war wärmer als normal. Er sah mich nicht an, deswegen hockte ich mich vor ihn hin.

„Wie viel Alkohol hast du getrunken?“

„Ähm… Alkohol?“ Nachdenklich strich er sich durch das Haar.

„Ich dachte… naja… das erklärt, warum alles so … schwummrig wurde… Ich hab nichts… von den schwarzen Kelchen getrunken… Wie du sagtest…“ Ich nickte als Bestätigung.

„… nur dieses leckere, süße Getränk… ein paar Becher… Hat gar nicht nach Alkohol geschmeckt… und dann wurde ich müde…“ Er schloss die Augen und ich hatte das Gefühl, als würde er jeden Moment wieder einschlafen. Ich verkniff mir ein Lachen, auch wenn mir eigentlich nicht danach war. Vor den Kelchen mit dem Blut hatte ich ihn gewarnt, aber davor… Wer hätte das ahnen können? Außerdem war ich froh, dass er sich hier ausgeruht hatte und nicht inmitten der ganzen Vampire. Die Versuchung bei so leichter Beute wäre für jeden zu groß gewesen. Ich nahm die Hand von seinem Gesicht und stand wieder auf.

„Na komm. Es ist spät.“ Ich reichte ihm meine Hand, die er langsam ergriff.

„Habe ich das Fest verschlafen?!“ Wenn das wirklich seine einzige Sorge war…

Lächelnd schüttelte ich den Kopf und half ihm beim Aufstehen. Er schwankte gefährlich. Schnell fasste ich mit der Linken unter seine Kniekehlen, schlang meinen rechten Arm um ihn, sodass sein Arm automatisch um meine Schulter gelegt wurde und hob ihn hoch. Er blinzelte verwirrt, ließ dann aber ohne Widerworte den Kopf auf meine Schulter sinken und schloss wieder die Augen. Ich wusste nicht, wie lange er schon hier gesessen hatte, aber ich wollte nicht, dass er sich womöglich noch ärgerte.

„Du hast nichts verpasst. Sie essen, trinken, tanzen und reden nach wie vor. Aber du solltest dich jetzt ausruhen…“ Menma schwieg. Es hätte mich auch gewundert, wenn er etwas dagegen gesagt hätte.

Mit ihm auf dem Arm machte ich mich auf den Weg zu seinem Zimmer. Natürlich nicht durch die Massen im Saal, sondern einen Dienstbotengang. Vermissen würde mich, bei dem munteren Treiben, keiner. Auf dem Weg zu seinem Zimmer, hatte er auch den rechten Arm um meinen Hals geschlungen und sein Gesicht in meiner Halsbeuge verborgen. Ich spürte, dass sein Atem schneller ging, als zuvor. Er war jetzt wohl munterer und genoss es sichtlich durch die Gegend getragen zu werden.

In seinem Zimmer angekommen, ging ich direkt zu seinem Bett, wo ich ihn vorsichtig auf der rechten Betthälfte absetzte. Es war stockduster seit die Tür wieder ins Schloss gefallen und auch die Vorhänge zugezogen waren. Als er keine Anstalten machte, mich loszulassen, ließ ich mich auf dem Bettrand nieder und nutzte die Gelegenheit, um die Petroleumlampe auf seinem Nachttisch anzuzünden. Auch wenn es mir nicht schwer fiel, ihn bei Dunkelheit zu sehen, gefiel er mir bei Licht doch besser. So wie auch jetzt.

Ich legte meine linke Hand auf seine Wange, hielt ihn mit der Anderen weiter eng an mich gedrückt und sah zu ihm herab. Nach einigen Augenblicken, in denen ich doch zweifelte, ob Menma noch wach war, öffnete er wieder die Augen und sah mir unverwandt in die Augen. Sofort versank ich in diesem Himmelblau. Wie schaffte es dieser Junge nur mich so in seinen Bann zu ziehen und das mit nur einem Blick. Für gewöhnlich war ich es, der diese Wirkung auf Andere hatte.

Gedankenverloren strich ich über seine Wange. Dieses Mal lehnte er sich ein Stück in die Berührung und schloss genüsslich die Augen. Es lockte mich, weiter zu gehen und zu sehen, wie er reagierte. Ich festigte meinen Griff um seine Taille und zog ihn enger an mich. Völlig eingenommen von diesem Anblick, merkte ich erst gar nicht, wie er mich langsam zu sich runter zog. Und ich ließ mich gern mitreißen. Die letzten Zentimeter überwand ich selbst. Ich ließ meine Hand langsam sinken und umfasste sein Kinn, um den, anfangs noch langsamen, Kuss besser zu führen. Menma krallte sich fest in mein Jackett und erwiderte den Kuss nicht ganz so zurückhaltend, wie ich erwartet hatte. Spielerisch knabberte ich an seiner Unterlippe. Es kam mir wie eine herrliche Ewigkeit vor, doch waren es wahrscheinlich nur wenige Sekunden gewesen. Zu meiner Überraschung begann Menma ebenfalls, nur weniger sanft, an meiner Lippe zu knabbern, was ich aber nicht schlecht fand. Der Kuss wurde zusehends intensiver und mein Atem schwerer. Ihm ging es nicht anders. Ich ließ sein Kinn los und öffnete seine Schleife und die obersten Knöpfe seines Kragens. Sein Griff in meinem Nacken wurde fester und seine Hände begannen vor Aufregung zu zittern. Und als wäre das noch nicht genug, schlug sein Herz so heftig gegen seine, und auch meine, Brust, dass ich fast glaubte, es wäre mein eigener Herzschlag.

Etwas unbeholfen versuchte er mir das Jackett auszuziehen, vergaß dabei aber dieses vorher zu öffnen. Unwillkürlich musste ich in den Kuss grinsen. Es war einfach zu süß.

Einen Augenblick zögerte ich, beschloss dann aber, dass unsere Gäste auch gut ohne mich klar kamen. Sie würden unsere Abwesenheit nicht mal bemerken, da machte ich mir nichts vor.

Flink öffnete ich sein Jackett, streifte es ihm von den Schultern und warf es achtlos zur Seite. Menma tat es mir gleich und schob mir das Jackett gleich darauf von den Schultern. Weiter als bis zu meinen Ellbogen kam er aber nicht, denn ich umfasste mit der Linken seine Taille, ergriff mit der Rechten seine Schulter und drückte ihn in die Kissen. Kaum merklich seufzte er in den Kuss. Für einen Augenblick löste ich mich von ihm und musterte ihn. Sein schwerer Atem strich über meine Haut und er musterte mich mit verschleiertem Blick. Er schien ratlos, wohin er seine Hände legen sollte, bis er sie unsicher auf meinen Oberarmen niederließ und mich nervös angrinste. Sofort zog er mich damit in seinen Bann. Ohne zu zögern, erwiderte ich es und er schien tatsächlich sicherer zu werden. Mir dagegen fiel es von Sekunde zu Sekunde schwerer mich zurück zu halten. Alles an ihm, seine Gestik und seine Mimik, schrie regelrecht nach mir. Oder bildete ich mir das nur ein?

Noch bevor ich den Gedanken zu Ende bringen konnte, lehnte er sich plötzlich zu mir rauf, schloss die Augen und küsste mich. Es gab wohl kaum eine schönere Bestätigung. Zu gerne ging ich darauf ein und intensivierte sofort den Kuss. Ich drückte ihn tiefer ins Kissen und begann seinen Hals zu verwöhnen. Gleichzeitig wanderten meine Hände unter sein Hemd und begannen über seine warme Haut zu streichen. Erneut seufzte er auf und bog sich meinen Händen entgegen. Etwas unbeholfen machte er sich wieder an meinem Jackett zu schaffen und brachte mich abermals zum Grinsen. Doch dieses Mal hatte er mehr Erfolg. Ich stoppte kurz in meinem Tun, damit er mir das Jackett ausziehen konnte.

Seine Hände zitterten vor Aufregung. Ich wurde fast wahnsinnig dabei, ihm zuzusehen. Meine Haut kribbelte an den Stellen, über die seine Hände fuhren und ein Schauer fuhr mir über den Rücken. Mein Jackett gesellte sich zu seinem auf dem Boden. Gleich danach fuhr ich fort und öffnete sein Hemd. Sein Atem wurde immer schwerer und auch an mir ging das Ganze nicht spurlos vorbei. Ich musste mich sehr zusammen nehmen, nicht dem Drang nachzugeben, ihn zu beißen. Egal wie verlockend und erregend das auch war, hierbei würde ich mich wohl kaum kontrollieren können, sobald ich erst mal nachgegeben hätte. Ich durfte ihn nicht verletzen.

Stattdessen küsste ich mich über sein Schlüsselbein hinab zu seiner Brust und entlockte ihm ein erstes Stöhnen. Während ich vorsichtig an seinen Brustwarzen knabberte, strich ich sanft mit der linken Hand über seine Seite, woraufhin er sofort eine Gänsehaut bekam. Mit der Rechten begann ich mein eigenes Hemd zu öffnen. So sehr mir das hier auch gefiel, allmählich wurde ich ungeduldig. Es gab keinen Grund mehr mich zurück zuhalten. Meine Hände wanderten zu seinen Hüften und entledigten ihn schnell seiner Hosen. Jetzt lag er nur noch mit dem halb ausgezogenen Hemd vor mir und musterte mich mit lustverhangenen Augen. Sein Verlangen nach mir war kaum zu übersehen. Während ich ihn musterte, entledigte ich mich endgültig meines Hemdes. Er lief dabei rot an, streckte dann langsam die Arme aus und sah mich bittend an. Gerne kam ich dieser Aufforderung nach und rutschte wieder zu ihm herauf. Ich umschloss seine linke Hand und legte sie an meine Brust. Mit der anderen Hand ergriff ich vorsichtig seinen Nacken, zog ihn zu mir herauf und küsste ihn erneut. Sofort schloss er die Augen und drückte meine Hand. Seine Finger hinterließen auf meiner Haut ein angenehmes Kribbeln, welches mir wiederum erneut einen Schauer über den Rücken trieb. Durch das schwache, warme Licht der Lampe kam es mir vor, als würde es im ganzen Schloss nur noch ihn und mich geben. Ich konnte kaum glauben, wie sehr es mich nach ihm verlangte.

Ohne weiter darüber nachzudenken, begann ich wieder an seinen Lippen zu knabbern. Plötzlich und ohne Vorwarnung umfasste Menma mit beiden Händen mein Gesicht. Während er über meine Lippen leckte, was ich von ihm ehrlich gesagt nicht erwartet hätte, schob ich, mit meiner nun wieder freien Hand, behände den störenden Stoff von seinen Schultern. Nur kurz löste er seinen Griff, damit ich ihn vom Hemd befreien konnte. Derweil gewährte ich ihm gerne Einlass, woraufhin er meine Mundhöhle erkundete. Nach einer Weile stupste ich seine Zunge mit meiner an und forderte ihn so zu einem kleinen Duell heraus. Ich gewann und drängte ihn zurück, was ich genussvoll auskostete. Neugierig erforschte ich nun meinerseits seinen Mund. Doch das reichte mir nicht lange.

Ohne den Kuss zu beenden, öffnete ich meine Hose und befreite mich so ein Stück weit aus der inzwischen fast schon unerträglichen Enge. Als Menma, dessen Hände noch immer mein Gesicht umfassten, dies bemerkte, löste er sich von mir, küsste mich noch einmal und lehnte meine Stirn an seine.

„Sasuke… ich…“ Er versuchte sich ein Stück weit zu beruhigen, aber genau wie ich, hatte er damit nur wenig Erfolg. Abermals verwickelte ich ihn in einen kurzen, aber leidenschaftlichen Kuss. Dann sah ich ihm tief in die Augen.

„Ich will dich.“ Augenblicklich spürte ich, wie ihm ein Schauer über den Rücken lief. Wieder zog er mich zu einem erneuten Kuss herunter, aber ich verweilte nicht lange so. Behutsam ließ ich ihn wieder in die Kissen sinken, nahm meine Hand aus seinem Nacken und machte mich erneut an seinem Hals zu schaffen. Er stöhnte wohlig auf und legte seine Hände jeweils auf meine Schultern. Mit der rechten Hand strich ich über seinen Oberschenkel und hob diesen dann an. Er zitterte vor Aufregung und krallte sich fest in meine Schultern, doch ich ergriff sein rechtes Handgelenk und drückte es neben seinem Kopf ins Kissen. Den flehenden Ausdruck auf seinem Gesicht würde ich nie mehr vergessen. Langsam beugte ich mich vor…
 

Seit jener Nacht, die nicht unsere Einzige bleiben sollte, waren wir fast unzertrennlich. Die Ereignisse dieses Tages, wie die stressigen Vorbereitungen, das Auftreten meiner Gäste, die Gespräche, das Alles würde verschwimmen. Es war unwichtig. Was bleiben würde, war die Erinnerung an die Zeit mit ihm. Zumindest für eine Weile…
 

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Es war stockfinster und doch mitten am Tag. Ich lag in meinem Sarg, versteckt im geheimen Raum unter meinem Turm. Doch so geheim war dieser Ort nicht mehr. Jemand hatte ihn entdeckt. Bisher hatte noch nie etwas meine tägliche Ruhe stören können, aber jetzt spürte ich intuitiv, dass sich etwas oder jemand näherte. Im Halbschlaf hörte ich dumpfe Geräusche, die erst ganz leise und selbst für mich kaum hörbar gewesen waren, und nun immer lauter wurden. Sie kamen in meine Richtung und das Echo der Schritte hallte von den Wänden zurück. Im Halbschlaf konnte ich unmöglich sagen, ob es eine oder mehrere Personen waren. Jemand blieb direkt vor meinem Sarg stehen und begann sich am Deckel schaffen zu machen. Ich war nicht beunruhigt, im Gegenteil. Ich hatte eine Ahnung, wer gerade vor mir stand. Knarrend öffnete sich der Sargdeckel ein Stück und das schwache Licht einer Kerze schimmerte herein. Bei dieser Dunkelheit war der Kerzenschein eine regelrechte Qual für mich. Ich legte meine Hand halb auf meine Augen, als der Deckel endgültig geöffnet wurde. Resignierend seufzte ich. Meine Vermutung hatte sich bewahrheitet.

„Menma, was ist denn? Es ist mitten am Tag“ Vielleicht war es ein Fehler gewesen, ihm zu sagen, wo ich tagsüber schlief. Ein paar Mal war er schon hier her gekommen, immer, weil ihn etwas beschäftigt hatte. Und nun war er wieder hier. Er stand direkt vor mir, in seinen Schlafsachen, und hielt irgendetwas in der Hand fest. Die Kerze hatte er neben meinem Sarg abgestellt, so dass sie mich nicht mehr blendete. Sein Gesicht wurde nur schwach beleuchtet, aber ich konnte ihm ansehen, dass er Augenringe hatte und eindeutig zu blass war. Ich musste mich in Zukunft wirklich mehr zusammenreißen, wenn es um ihn ging. Wenn er das nur nicht immer selber anbieten würde.

„Bist du hungrig?“, fragte er müde, fast als hätte er meine Gedanken gehört.

„Nein, ich bin müde. Bitte mach den Deckel wieder zu.“ Zögernd und nervös fummelte er mit seiner freien Hand an einem der Knöpfe seines Oberteils herum.

„Kann… kann ich dann vielleicht bei dir schlafen?“ Erstaunt sah ich ihn an und richtete mich ein Stück auf.

„Menma, warum-“ Er unterbrach mich gleich.

„Ich kann nicht schlafen. Ich wache andauernd auf und… ich weiß nicht…“ Bedrückt sah er zu mir herab.

„Du kannst doch nicht in einem Sarg schlafen. Es ist viel zu kalt für dich, außerdem gibt es oben zig weiche, warme Betten. Abgesehen davon könntest du ersticken!“

Nun hob er seine rechte Hand und ich konnte sehen, was er darin hielt. Eine Steppdecke und ein kleines Kissen.

„Siehst du? Ich werde nicht frieren. Bitte...“ Er sah mich mit großen Augen an, doch ich war zu baff um irgendetwas zu sagen. Noch bevor ich meine Stimme wieder finden konnte, schmiss er einfach die Decke auf die schmale freie Stelle neben mir und klettere vorsichtig in den Sarg. Ich stützte ihn, als er gefährlich ins Wanken geriet und beinah zurück gefallen wäre. Er wickelte sich in die Decke eine, drehte sich noch einmal um, um die Kerze auszupusten und legte das Kissen auf den Rand des Sarges, bevor er langsam und etwas ungeschickt den Deckel wieder schloss. Das Kissen wäre wahrscheinlich nicht mal nötig gewesen, denn die halbe Steppdecke schaute raus. Dann ließ er sich auf meiner Schulter nieder und atmete tief durch. Einen Moment herrschte Stille, ehe er leise flüsterte und sich an mich ran kuschelte.

„Gute Nacht.“ Einige Sekunden schaute ich auf den Jungen in meinem Arm herab, bis ich doch endlich meine Sprache wieder fand.

„Du bist ein sehr seltsamer Junge.“ Er kicherte leise.

„Danke, ich weiß.“ Resignierend schüttelte ich den Kopf, musste aber dennoch lächeln.

Wann hörte er wohl auf mich zu überraschen? Hoffentlich nie.
 

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Das Fest war inzwischen drei Wochen her und es war seitdem Einiges geschehen. Die Gäste waren allesamt am nächsten Abend wieder abgereist und nachdem Alles aufgeräumt und bereinigt war, kehrte auch wieder, zu meiner Freude und Menmas Unmut, Normalität ein. Ich machte mir noch immer Sorgen, dass ihm sein Aufenthalt hier zu fade werden würde, auch wenn er dies stets verneinte. Eine kurze Ablenkung hatte es gegeben, als mir ein Bote, zu meiner Überraschung, eine Nachricht von Menmas Onkel gebracht hatte. In dieser teilte er mir mit, dass er sich im Dorf befand, neue Waren mitgebracht hatte und seinen Neffen mitnehmen wollte. Zumindest über den zweiten Teil wunderte ich mich und auch Menma schien überrascht, als ich ihm den Brief zeigte. Er wartete auch nicht auf meine Antwort, sondern stand am nächsten Tag, laut Hudson ungefähr mittags, vor meiner Pforte. So genau wusste ich das nicht, denn natürlich hatte ich ihn bis abends warten lassen. Mich erstaunte dieses plötzliche, energische Auftreten etwas. Es war sonst nicht seine Art.

Nach dem gemeinsamen Essen mit Menma in seinem Zimmer, empfing ich seinen Onkel, allein, in der Eingangshalle. Ich hatte absolut keine Lust, mehr Zeit als notwendig mit diesem Mann zu verschwenden. Ich machte ihm klar, dass ich momentan kein Interesse an seinen Waren hatte und Menma hier bleiben wollte. Er wollte mit mir diskutieren, machte dabei einen nervösen, fast schon hysterischen Eindruck, und wurde dabei immer lauter, bis er mich sogar anschrie und mir drohte. Sein Verhalten war mir unerklärlich und erschien mir immer suspekter. Ich wimmelte ihn ab und setzte ihn, mit etwas weniger Fingerspitzengefühl, als vielleicht angebracht, wieder vor die Tür und verdeutlichte ihm die Konsequenzen eines erneuten Besuches. Er kam nicht wieder. Erst später erfuhr ich, durch einen Versprecher Menmas, dass er uns belauscht hatte.

Etliche Male hatte er erwähnt, wie sehr es ihm bei mir gefiel und das er bleiben wollte. Natürlich wollte ich das ebenfalls. Und so kam es, wie es irgendwann kommen musste, wenn auch viel eher, als ich erwartet hatte. Einige Tage nach dem Besuch seines Onkels, als wir seit Langem wieder zusammen in meinem Arbeitszimmer waren, unterbrach er die Arbeit an unserem Portrait, an dem er auffällig lange malte, wie mir schien, und stellte sich neben meinen Sessel. Sofort schaute ich auf, denn ich war ziemlich neugierig, was Menma wollte. In den letzten Tagen war er sehr still und abwesend gewesen. Er überlegte einige Sekunden, als wäre er nicht sicher, wie er anfangen sollte.

„Sasuke… du sagtest, dass du mich liebst…“ Ich nickte zustimmend und lächelte ihn an.

„… und ich könnte bleiben, wenn ich möchte…“

„Ja, und?“ Er begann nervös mit den Fingern rumzuspielen.

„Ich liebe dich auch, das weißt du, und ich möchte gerne bleiben...“

„Das ist es, was dich die letzten Tage so beschäftig hat? Wo ist das Problem?“ Er atmete tief durch, als müsse er eine riesige Hürde nehmen.

„Dann… ich möchte sein wie du.“ Erschrocken hielt ich die Luft an. Damit hatte ich wahrhaftig nicht gerechnet und ich brauchte einige Sekunden, um mich zu fassen. Ich wendete den Kopf von ihm ab und sah einen Moment auf den kunstvoll verzierten Teppich zu meinen Füßen. Nach einer gefühlten Ewigkeit brach ich die inzwischen aufgekommene, unangenehme Stille.

„Das… das geht nicht!“ Abrupt stand ich auf, blickte aber weiterhin auf den Boden.

„Aber ich hab dich und Chokyu darüber reden hören. Du könntest doch-“ Ich unterbrach ihn schroff.

„Das meine ich nicht!“ Ernst schaute ich ihn an. Für einen Augenblick, der so kurz war, dass ich fast glaubte es mir nur eingebildet zu haben, sah er mich bestürzt an. Doch dieser Anblick wich schnell einem zaghaften und verunsicherten Lächeln.

„Du sagtest doch, du möchtest, dass ich bleibe…“

„Ja, das möchte ich auch, aber…“ Es fiel mir schwer, auf die Schnelle eine Antwort zu finden, mit der ich ihn nicht kränkte, zumal ich mich solange wie möglich davor gedrückt hatte, mich mit dem Thema auseinander zu setzen.

„Es ist einfach zu früh… Vielleicht in ein paar Jahren.“

„Aber Sasuke! Ich bleibe nicht ewig jung. Irgendwann bin ich alt oder werde krank oder… sonst irgendwas! So oder so werde ich irgendwann ster-“

„Du hast keine Ahnung!“ Lauter als beabsichtigt unterbrach ich ihn erneut. Er zuckte zusammen und sah mich verletzt an. Sofort ergriff mich das schlechte Gewissen, weil ich ihn so angefahren hatte. Ich atmete tief durch.

„Du weißt nicht, wie das ist. Keine Veränderungen, immer dieselben Abläufe… Leute kennen lernen und zuzusehen, wie sie altern und irgendwann sterben… immer wieder… Ich habe mich daran gewöhnt, aber du hast das nicht verdient. Versteh mich nicht falsch, ich möchte dich bei mir haben und ich werde dich schützen, aber wenn du diesen Weg einmal beschritten hast, gibt es kein Zurück mehr.“

„Das ist mir klar, aber das ist mir egal…“ Ich legte langsam meine Hände auf seine Schultern und sprach ruhig weiter.

„ Ich möchte nicht, dass du etwas tust, das du irgendwann bereuen könntest. Und du bist noch so jung… Wie alt eigentlich? Bestimmt nicht älter als sechszehn…“ Er verschränkte die Arme und sah missmutig zur Seite.

„Ich bin achtzehn.“, grummelte er leise. Ich hielt seine Schultern weiter fest und strich sachte mit den Daumen über den Stoff.

„Trotzdem noch sehr jung.“ Seine Laune heiterte das nicht auf und es erschien mir am Klügsten nun das Thema zu beenden.

„Lass uns ein andermal darüber reden, in Ordnung?“ Er schwieg und starrte weiter zur Seite. So blieb es die nächsten Tage. Menma schwieg mich die meiste Zeit an und ließ sich nicht beschwichtigen. Aber es ging nicht anders.
 

Erst einige Tage später bot sich mir die Gelegenheit, ihn etwas milde zu stimmen, wenn auch auf meine Kosten. Wie versprochen wollte ich mit ihm runter ins Dorf. Es war ein sehr bewölkter Tag, weshalb es möglich war, schon am späten Nachtmittag mit der Kutsche loszufahren. Die Strecke war nicht lang, es dauerte allerdings etwas länger, weil der Weg teilweise vereist war. Menma sah derweil müde aus dem Fenster. Ihm war immer noch nicht danach groß mit mir zu reden, dennoch war er nicht mehr eingeschnappt, sonst hätte er mir heute Morgen wohl kaum etwas von seinem Blut angeboten. Darauf war ich natürlich gerne eingegangen. Ich hatte mich zurückgehalten, trotzdem sah er sehr blass aus. Eigentlich wäre es mir lieber gewesen, den Ausflug ein paar Tage zu verschieben, da ich Angst hatte, er könnte sich erkälten, aber ich hatte es ihm bereits vorgeschlagen gehabt und er freute sich darauf.

Im Dorf angekommen, hielt die Kutsche in der Nähe des Gasthauses und ich stieg langsam aus. Trotz der Wolken, wollte ich lieber sicher gehen, dass ich nicht gleich zu einem Häufchen Asche zerfallen würde. Aber es war sicher. Ich drehte mich wieder zur Kutsche und reichte Menma meine Hand, die er lächelnd ergriff und sich beim Aussteigen helfen ließ. Erst jetzt bemerkte ich, dass uns einige der umstehenden Passanten beobachteten. Auch wenn ich selten ins Dorf kam, die wenigen menschlichen Bediensteten, die ich beschäftigte, und die auch gelegentlich ins Dorf mussten, erzählten Einiges von mir. Und wenn auch die Wenigsten wussten, wie ich aussah, so kannte man doch meine nachtschwarze Kutsche.

Wir machten uns auf den Weg. Den Kutscher wies ich an, auf uns zu warten.

Im Dorf war nur die Hauptstraße gepflastert, deshalb mieden wir bei diesem Wetter lieber die Seitenstraßen, die teilweise vereist oder verdreckt waren. Die meisten Läden hatten schon geschlossen und auch das letzte bisschen Tageslicht war nun verschwunden. Menma schlang seinen Mantel enger um seinen Körper und die Hälfte seines Gesichtes verschwand in seinem Schal. In dieser Gegend konnte es ziemlich kalt und unangenehm werden. An einem, der noch wenigen geöffneten Stände, auf dem Marktplatz, spendierte ich Menma eine heiße Teigtasche, über die er sich sehr freute. Genüsslich biss er ab, während wir über den Markt in Richtung Rathaus spazierten und er mir lachend von seinem Tag erzählte. Keine sehr spannende Erzählung, doch die Art, wie er es erzählte, mich dabei anlächelte und im Gehen von seiner dampfenden Teigtasche aß, machte mich sehr glücklich. Als er sich dabei versehentlich bekleckerte, musste ich wieder einmal loslachen. Erst schaute er mich etwas verdutzt an, guckte dann verlegen und lachte schließlich auch mit.

„Hier, halt mal bitte.“ Er reichte mir den Rest der Teigtasche, nahm den Schal und die Handschuhe ab, die er mir ebenfalls reichte und begann mit seinem Taschentuch die Flecken von seinem Mantel zu wischen. Ich legte mir den Schal um die Schultern, steckte die freigewordene Hand in meine Manteltasche und sah ihm grinsend zu.

Sein Atem wurde durch die Kälte sichtbar und seine Nackenhaare stellten sich auf. Es musste sehr kalt sein. Ich spürte diesbezüglich keine Unterschiede. Gerade, als ich ihm helfen wollte, damit er sich schnell wieder den Schal ummachen konnte, stopfte er das Taschentuch wieder weg und streckte gerade die Hand nach seinem Schal aus, als ich hinter uns plötzlich Schritte schnell näher kommen hörte. Menma stoppte in seiner Bewegung und ich drehte mich sofort um.

Als hätte ich es mir nicht schon vorher denken können, und wie es für mein Glück typisch war, kam natürlich die einzige Person im ganzen Dorf, die ich nicht treffen wollte, auf mich zu: Der Bischof.

Nur mit viel Mühe konnte ich ein gequältes Seufzen und ein Augenrollen unterdrücken. Er blieb vor mir stehen. Ein reiferer Mann, so um die fünfzig und etwas füllig, gekleidet in einen dicken Mantel. Sein Haar war ergraut und er hatte deutliche Falten im Gesicht.

„Graf! Es muss eine Ewigkeit her sein!“ Nicht lange genug, wie ich fand. Mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen nickte ich.

„So lang kam es mir gar nicht vor… Wie ist es euch seitdem ergangen?“ Die Frage stellte ich in der Hoffnung, dass er sich vielleicht seit dem letzten Mal eine schlimme Krankheit zugezogen hatte.

„Oh ja, ganz gut, ganz gut…“ Wäre ja auch zu schön gewesen.

„… Ich habe euch bei den Predigten vermisst. Ihr hattet mir versprochen zu kommen.“ Natürlich hatte ich es ihm versprochen, anders war er beim letzten Mal einfach nicht wegzukriegen.

„Oh ich… ich war krank… und dann sehr beschäftigt.“

„Krank? Wie schrecklich… Dennoch müsst Ihr an Euer Seelenheil denken. Wenigstens zur Beichte solltet Ihr kommen.“ Ich war mir sicher, dass das nicht ganz die Absicht war, die er damit bezweckte. Meistens ließ er mich in Ruhe, wenn ich ihm eine kleine Spende für die Kirche zukommen ließ.

„Keine Bange…“, meinte ich und winkte beschwichtigend ab.

„… darum braucht Ihr Euch wirklich keine Gedanken machen. Achso, bevor ich es vergesse…“ Ich streckte meinen linken Arm ein Stück aus und deutete auf Menma.

„Das ist Menma. Er ist seit einiger Zeit mein Gast und leistet mir auf dem Schloss Gesellschaft.“ Sofort wanderte sein Blick zu ihm und musterte ihn eindringlich. Menma, der sich während der Unterhaltung die Hände gerieben hatte, reichte ihm nun die rechte Hand, die der Bischof kurz darauf etwas zögerlich ergriff.

„Freut mich Sie kennen zu lernen.“, sagte Menma nach einer Weile, als der Bischof keine Anstalten machte etwas zu sagen. Stattdessen musterte er ihn gedankenverloren und schreckte auf, als Menma die Stimme erhob. Dieses Verhalten kam mir auch wieder sehr suspekt vor. Sonst war er immer offen und erschien freundlich, und jetzt stand er da und betrachtete Menma fast schon misstrauisch. Hatte das einen Grund?

„Oh, äh… ja. Ganz meinerseits.“ Er schüttelte seine Hand nun etwas fester, als es normal gewesen wäre, und ließ ihn dann los.

„Seid Ihr ebenfalls ein Graf wie Euer Gastgeber?“ Menma stutzte einen Moment und warf mir einen kurzen Seitenblick zu. Ich grinste ihn nur an. Der Bischof legte halt Wert auf solche Dinge.

„Nein, mein Onkel ist einer seiner Geschäftspartner.“ Er wirkte überrascht.

„Ich dachte… nun Eure Kleidung ist sehr edel.“ Menma sah an sich herunter. Seine Kleidung hatte ich ihm geben lassen, als er hier angekommen war. Immerhin hatte er damals nichts bei sich gehabt. Seine neueren Stücke waren extra für ihn angefertigt worden und offenbar hatte er sich schnell an diesen Stil gewöhnt. Nur auf die Krawatten und Schleifen konnte er, wie er es nie leid wurde mir zu sagen, gerne verzichten. Ich nahm Menma die Antwort ab.

„Die waren ein Geschenk von mir. Sein Besuch kam ein wenig… unerwartet.“ Menma lächelte mich verlegen an, was ich sofort erwiderte.

„Tatsächlich? Und was, wenn Ihr mir die Frage erlaubt, macht Ihr so spät im Dorf? Die meisten Geschäfte haben geschlossen und es wird früh dunkel. Es ist nicht klug bei Nacht in dieser Kälte durch die Straßen zu gehen.“ Dabei sah er in den Himmel, der inzwischen vollkommen verdunkelt war.

„Sasuke hat versprochen, mir das Dorf zu zeigen, weil ich alleine nicht wollte.“ Zufrieden lächelnd sah er zu mir herauf und seine Augen funkelten mir im schwachen Licht der Straßenlaterne fröhlich entgegen. Zu gerne hätte ich ihn geküsst, der Moment war wirklich verlockend, allerdings war das direkt vorm Bischof keine gute Idee. Deshalb nahm ich mich noch einmal zusammen.

„Ja, auf dem Schloss kann es schnell langweilig werden, so ganz ohne Abwechslung.“ Ich legte einen Arm um seine Schulter. Auch wenn ich selbst keine Körperwärme hatte, wollte ich ihm etwas Wärme spenden. Menma schmiegte sich ganz automatisch an.

„Wie lange seid Ihr schon hier? Ich habe Euch auch noch nicht beim Gottesdienst gesehen.“ Menma sah ihn etwas schuldbewusst an.

„Ich bin kein großer Kirchengänger…“ Tatsächlich wusste ich, dass er lieber ein Buch lesen würde, als sich in die Kirche zu setzen. Rein vom Unterhaltungswert.

„So so.“ Er betrachtete ihn abschätzend. Natürlich mochte er so eine Einstellung nicht gern, aber damit musste er leben. Menma würde noch lernen, solchen Fragen aus dem Weg zu gehen.

„Nun, auf jeden Fall solltet Ihr Euch etwas wärmer anziehen, sonst werdet Ihr noch krank. Ihr seht sehr müde aus… und blass.“ Menma aber winkte ab.

„Ist schon in Ordnung, mir geht es gut.“, meinte er lächelnd. Mir war eigentlich danach, ihm den Schal und die Handschuhe gleich wieder umzulegen bzw. anzuziehen, aber ich wusste, dass er es nicht mochte, wenn er vor anderen so “bemuttert“ wurde. Alleine mochte er das aber schon. Der Bischof lächelte und nickte.

„Nun, wenn Ihr meint. Hahaha… Die Jugend von heute, immer so unvernünftig. Erinnert mich ein bisschen an meine eigene Jugend.“ Das war für mich das Zeichen, einen endgültigen Rückzug anzutreten. Doch Menma war schneller. Er umschlang meinen Arm und drückte ihn fest an seinen Oberkörper.

„Verzeihen Sie Bischof, aber ich möchte noch ein wenig vom Dorf sehen, bevor wir wieder zurück müssen.“

„Oh ja, natürlich. Ach, und lassen Sie es sich schmecken.“ Er verabschiedete sich von mir, nickte dann Menma zu und ging. Ein wenig irritiert darüber, was er damit meinte, blickte ich zu Menma, bis mir auffiel, dass ich noch immer seine Teigtasche festhielt. Ich gab ihm seine, inzwischen kalte, Teigtasche wieder, die er gleich darauf aufaß und legte ihm dann den Schal wieder um. Menma grinste selbstzufrieden, als der Bischof ganz weg war.

„Das war doch gut.“ Danach zog er sich die Handschuhe an.

„Wenn du dir heute Nacht nicht den Tod holst, dann grenzt das wohl an ein Wunder.“ So lange, wie er ohne Schal und Handschuhe dagestanden hatte, würde es mich nicht wundern, wenn er nun wirklich krank werden würde. Er grinste mich nur breit an.

„Also Menma, nach dieser erfreulichen Begegnung mit dem hiesigen Bischof, wo möchtest du hin?“ Breit grinsend hakte er sich wieder bei mir ein und zog mich mit sich.

„Lass uns einfach etwas spazieren.“ Er schmiegte sein Gesicht an meinen Oberarm und verlangsamte seinen Schritt ein wenig. Dabei verschwand sein Gesicht halb im Schal. Von seiner, seit Tagen andauernden, bedrückten Stimmung war keine Spur mehr zu erkennen. Er wirkte fröhlich und ausgelassen und schien es deutlich zu genießen mit mir allein, in dieser eiskalten Nacht, durch die Straßen zu spazieren. Gerade als wir den Schein einer Straßenlaterne verlassen hatten, hielt ich an, befreite meinen Arm aus seinen Griff, legte ihn stattdessen um Menmas Schultern und zog ihn zu mir rauf. Ohne Umschweife hob ich sein Kinn an und gab ihm den Kuss, den ich ihm vorhin nicht hatte geben können. Sofort erwiderte er den Kuss und legte seine rechte Hand auf meine Schulter. Es dauerte nicht lange und, als wir uns voneinander lösten, sahen wir uns tief in die Augen. Sanft lächelte ich ihn an und strich ihm vorsichtig mit der freien Hand über die kalte, gerötete Wange. Verlegen erwiderte er das Lächeln. Ich gab ihm einen weiteren kurzen Kuss, ehe ich mit ihm, an meiner Seite, den Weg fortsetzte. Hätte ich zu diesem Zeitpunkt nur geahnt, wie bald sich Alles ändern würde…
 

Tage später, es konnten aber nicht mehr als zwei Wochen gewesen sein, ich erinnerte mich schon nicht mehr an das Treffen mit dem Bischof, sehr wohl aber an den wundervollen Abend, den ich gemeinsam mit Menma verbracht hatte. Wir saßen eines Morgens, kurz vor Sonnenaufgang, gemeinsam in meinem Arbeitszimmer. Menma blätterte desinteressiert in einem Buch. Ich hatte versucht ihn dafür zu begeistern und versuchte nebenbei selber zu lesen, doch ich konnte den Blick nicht von ihm nehmen. Es war zu amüsant, wie er immer wieder verständnislos Grimassen zog, den Kopf schüttelte und dann doch wieder versuchte, mir zu Liebe, weiter zu lesen. Womöglich war er, wenn überhaupt, eher der Typ für einen spannenden Roman. Sein Gesicht war immer noch sehr blass. Meine Befürchtungen hatten sich bewahrheitet. Er hatte am Tag nach unserem Ausflug Fieber bekommen und konnte kaum noch aus dem Bett steigen. Meine kalten Hände hatte er sicher selten so sehr zu schätzen gewusst, wie in dieser Zeit. Erst gestern war er wieder soweit genesen, dass er bedenkenlos das Bett verlassen durfte. Und nun schlug er sich, auf ziemlich amüsante Weise, mit einem riesen Wälzer rum. Gerade, als ich ihn von seinem Leiden erlösen wollte, klopfte es an der Tür und Hudson kam herein. Dankbar, für die unerwartete Störung, schaute er auf und legte gleich das Buch beiseite. Lächelnd schüttelte ich den Kopf und blickte anschließend zu Hudson, der sich verbeugte und dann die Stimme erhob.

„Herr, eine Nachricht für Herrn Nimma.“ Menma sah ihn ungerührt hat und seine Stimme klang überraschend trocken.

„Nimma? Echt jetzt??“ Ich gab mir nicht mal Mühe, nicht zu lachen. Dabei lehnte ich meinen Ellbogen auf die Stuhllehne und legte mir die Hand vor den Mund. Ich beobachtete das Schauspiel vor mir zu gerne.

„Sir, können wir das nicht überspringen, da ist ein Brief für Sie…“ Hudson stellte sich zu Menma und reichte ihm den Brief. Flüchtig bemerkte ich, dass er kein Siegel trug, dachte mir aber nichts weiter dabei. In letzter Zeit bekam Menma öfter welche, allesamt von Leuten, die er auf dem Fest kennen gelernt hatte. Und er freute sich immer sehr, wenn er einen erhielt.

„Ich geb es auf.“ Er nahm den Brief entgegen. Ohne auch nur einen Gesichtsmuskel zu verziehen, verbeugte sich Hudson und wendete sich zum Gehen. Als er an der Tür angekommen war, hielt Menma ihn noch einmal zurück.

„Mal ehrlich, du machst das doch mit Absicht.“ Hudson, mit einer Hand auf der Türklinke, blickte erst völlig emotionslos, wie fast immer, über seine Schulter hinweg zu Menma, ehe ein schelmisches Grinsen über seine Lippen huschte.

„Ja.“ Dann drehte er sich wieder um und verließ den Raum. Menma sah mich sprachlos an.

„Nun, ich denke, er kann dich gut leiden.“ Er schüttelte grinsend den Kopf, was lustig aussah, weil er den Mund nicht zubekam. Irgendwann fand er dann doch seine Stimme wieder.

„Ich glaub es auch…“ Dann stand er auf und stellte sich neben meinen Sessel. Ich klappte mein Buch zu und blickte, den Kopf mit dem Arm auf der Sessellehne abstützend, zu ihm herauf.

„Ich lese den Brief in meinem Zimmer. Schlaf gut.“ Er lehnte sich vor und gab mir einen kurzen Kuss.

„Du auch.“ Ich legte das Buch beiseite, stand ebenfalls auf, zog ihn in meine Arme und gab ihm einen deutlich längeren, intensiveren Kuss. Als wir uns voneinander lösten, strich ich ihm eine Strähne aus dem Gesicht.

„Träum was Schönes.“ Er lächelte und ging dann zu Bett. Ich tat es ihm gleich und begab mich in meine Gruft.
 

Stunden später, es kam mir nur wie wenige Minuten vor, erwachte ich aus einem traumlosen und unruhigen Schlaf. Mir war seltsam zumute. Es musste bald Sonnenuntergang sein und ich fühlte mich wie gerädert. Nachdem ich vergeblich versucht hatte, erneut einzuschlafen, verließ ich meine Gruft.

Der Schlaf war nicht erholsam gewesen. Langsam ging ich durch die Gänge. Tagsüber waren die meisten Fenster verdunkelt, so dass ich nicht Gefahr laufen würde, spontan eingeäschert zu werden. Außerdem war es heute wieder sehr bewölkt. Ich zögerte etwas, da ich mir nicht sicher war, wohin ich gehen sollte. Menma würde sicherlich noch schlafen. Womöglich konnte ich bei ihm noch etwas ruhen. Er zumindest würde sich freuen. Menma wurde es nicht leid mir zu sagen, wie gerne er bei mir schlief.

Bei seinem Zimmer angekommen, sparte ich mir das Anklopfen und trat leise ein. Es war dunkel, dennoch konnte ich alles deutlich erkennen. Und ich war überrascht. Menmas Bett war unberührt. Hier hatte heute definitiv niemand geschlafen. Ich sah mich um. Außer mir war sonst niemand hier, auch nicht im angrenzenden Badezimmer: Wo konnte er nur stecken? Sofort verließ ich sein Zimmer und schaute in einigen anderen Räumen, in denen Menma sich für gewöhnlich gerne aufhielt, nach. Aber auch dort fehlte jede Spur. Allmählich machte ich mir doch Sorgen. Auf dem Weg zum Salon im Erdgeschoss kam mir Hudson entgegen. Er schaute irritiert drein, als er mich bemerkte. Offenbar hatte er mich noch nicht erwartet.

„Hudson! Hast du Menma gesehen?“ Er wirkte ebenso überrascht wie ich, als ich sein Fehlen bemerkte.

„Für gewöhnlich pflegt er um diese Zeit zu schlafen.“, meinte er seelenruhig. Etwas ungeduldig tippte ich mit dem Fuß.

„Das weiß ich. Er ist aber nicht in seinem Zimmer. Hast du ihn irgendwo gesehen?“ Das unwohle Gefühl in meiner Magengegend nahm zu, als er mit dem Kopf schüttelte.

„Nein, ich habe gerade in allen unteren Zimmern die Vorhänge geschlossen. Er war in keinem davon.“

„Such ihn in den oberen Geschossen.“ Hudson nickte und war blitzschnell verschwunden. Wo konnte er sein? Je länger ich im Flur stand und darüber nachdachte, desto flauer wurde mir zumute. Er musste doch irgendwo sein. Und wenn er sich nicht mehr im Schloss befand? Aber es war absolut nicht seine Art, einfach so, ohne etwas zu sagen, zu verschwinden, geschweige denn das Schloss allein zu verlassen. Mir schwirrte der Kopf, er konnte überall sein oder ihm war sonst etwas passiert. Ob es womöglich etwas mit dem Brief zu tun hatte, den er heute erhalten hatte? Ich war hin und her gerissen, was ich tun sollte und entschied mich noch einmal in seinem Zimmer nach Anhaltspunkten zu suchen. Es dauerte eine Weile, doch dann fand ich ein einzelnes, zusammen geknülltes Blatt unter dem Nachtschrank. Menma musste es nach dem Lesen zerknüllt und einfach fallen gelassen haben. Was war hier nur passiert, als ich geschlafen hatte? Ich hob den Zettel auf und begann ihn besorgt, aber auch neugierig, zu entfalten, wobei mir auch der zugehörige Briefumschlag in die Hände viel. Mir stockte der Atem, als ich meinen Blick über die wenigen Zeilen wandern ließ, die dennoch einen Terror in mir hervorriefen, wie ich ihn nie zuvor erlebt hatte.
 

~Nachricht Anfang~
 

Du kannst vielleicht den Grafen und die Anderen täuschen, aber keinen Mann Gottes. Ich weiß, was du bist und was du vorhast. Ich lasse nicht zu, dass du dich am Leben unschuldiger Menschen labst und sie mit in die Hölle reißt. Komm heute Abend bei Sonnenuntergang zum Friedhof, bei der alten Linde. Solltest du dich weigern und dich verkriechen, werde ich nicht davor zurückschrecken notfalls das Schloss und Alles, was sich darin befindet, niederzubrennen.
 

~Nachricht Ende~
 

Wie gebannt starrte ich auf das Papier. Meine Hände begannen vor Anspannung zu zittern. Das konnte nicht wahr sein. Irgendjemand glaubte er wäre… wie ich. Aber wer? Ich überflog noch einmal die Seite, als mir etwas viel Wichtigeres klar wurde. Menma musste dahin unterwegs sein! Ich riss den Kopf herum und sah zu den Fenstern. Der blasse graue Schein, der die ganze Zeit durch die Säume der Vorhänge schien, ließ mehr und mehr nach. Die Sonne würde bald untergegangen sein!

Sofort ließ ich den Zettel fallen und rannte los. Ich dachte nicht einmal daran Hudson Bescheid zu geben. Ich musste zu Menma.

Nicht einmal, als ich die Eingangstür aufschmiss, spätestens jetzt würde Hudson wissen, wo ich war, zögerte ich. Trotz des bewölkten Himmels würde das sicher kein Spaziergang werden. Und wenn die Sonne doch noch durchbrechen sollte, hätte ich ein Problem. Aber es war mir egal. Ich konnte nur daran denken, dass jemand versuchte Menma etwas anzutun. Nur wer? Während ich so schnell ich konnte runter ins Dorf rannte, erschien vor meinem geistigen Auge der Brief.

//Mann Gottes…?//, gedanklich ging ich alle Möglichkeiten durch.

„Der… Bischof?“ Zumindest war das die wahrscheinlichste Möglichkeit. Außer dem Bischof kannte im Dorf niemand Menma.

Ich erreichte das Dorf, sprang auf das erste Dach und rannte von dort weiter in Richtung der Kirche. Diese befand sich am Rand des Dorfes, sodass zwischen dem Schloss und der Kirche selbst kilometerweiter Wald, ein Fluss und der Großteil des Dorfes standen. Der Friedhof war rund um das Gotteshaus angelegt, wobei die Gräber reicherer Verstorbener in Richtung des Dorfes lagen und die der Ärmeren, Mörder und Selbstmörder hinter der Kirche. Diese Gräber wurden oft von wilden Tieren freigelegt. Der alte, teilweise verfallene und nur provisorisch restaurierte Zaun war kaum ein Hindernis für sie und es war schwer zu sagen, wo der Friedhof endete und der Wald begann.

Ich näherte mich der Kirche. Es war nicht mehr weit, als ich plötzlich einen lauten, markerschütternden Schrei vernahm und sämtliche Vögel aufschreckten und sich in die Lüfte erhoben. Dann war Stille. Ich stoppte nicht. Obwohl sich die Panik wie ein Messer in mein Herz bohrte, rannte ich weiter. Ich feuerte mich selber an, noch schneller zu rennen, aber mehr ging einfach nicht. Ich sprang von einem Dach am äußeren Rand der Siedlung in das Geäst eines großen, alten Baumes, sprang lautlos zu Boden und rannte weiter durch den Wald. Ich wollte zum hinteren Teil des Friedhofs, denn egal, was diese Person mit Menma vorhatte, er würde es nicht da tun, wo ihn jeder beobachten würde. Endlich erreichte ich mein Ziel. Die Kirche stach regelrecht in den Himmel. Ein riesiges, altes Gebäude, das dennoch gut gepflegt war. Im Gegensatz zum hinteren Teil des Friedhofes. Es sah noch schlimmer aus, als das letzte Mal, als ich hier gewesen war. Die Grabsteine waren verwaschen, teilweise zerbrochen und überwuchert von Unkraut, während die Gräber ungepflegt oder sogar zerstört waren. Typisch für Menschen, sich nie um das zu kümmern, was hinter ihnen lag oder ihnen nicht wichtig erschien. Doch das kümmerte mich nicht. Ich nahm Menmas Geruch wahr!

Sofort rannte ich zu der Stelle und erneute stockte mir heute der Atem. Dort war er. Menma kauerte auf dem Boden, gleich neben der alten Linde und hielt sich die Seite. Er atmete sehr schwer und gleich neben ihm stand eine große, nur allzu bekannte Gestalt. Der Bischof.

Auch er atmete sehr schwer, grinste aber selbstzufrieden. In seiner rechten Hand hielt er einen Dolch. Erst auf den zweiten Blick stellte ich erschrocken fest, dass es blutverschmiert war. Er holte aus, wollte es zu Ende bringen, doch ich ging dazwischen.

„Halt!“ Dabei rannte ich auf die Beiden zu. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, doch das Ganze geschah in nur einem Bruchteil einer Sekunde.

Erschrocken blickte der Bischof auf und auch Menma sah zu mir. Deutlich erkannte ich die Erleichterung in seinem Blick.

„Sasuke!“ Doch sie währte nicht lange. Plötzlich packte ihn der Bischof, schlang seinen Arm um Menmas Hals, zog ihn herauf, so dass er Menma wie einen Schild vor sich hielt und drückte ihm das Messer an die Brust. Ich konnte ihn nicht einfach beseitigen. Er könnte Menma noch ernsthafter verletzen.

„Bleibt zurück, Graf. Lasst Euch nicht von diesem Dämon einlullen!“

„Was redet Ihr für einen Unsinn?!“ Menma begann wegen des festen Griffs des Bischofs zu röcheln und versuchte ihn mit beiden Händen zu lockern. Ich musste mich beeilen. Auf seiner Jacke bildete sich bereits ein deutlicher Blutfleck ab.

„Er ist kein Dämon oder was auch immer. Lasst ihn sofort los!“

„Nein! Ihr versteht das nicht, Ihr seid bereits unter seiner Kontrolle. Mir wurde aus verlässlicher Quelle zugetragen, was er ist. Er ist ein Wiedergänger, ein Vampir! Er wird von Eurem Leben zehren, bis Ihr sterbt und genauso werdet wie er.“

„Verlässliche Quelle…?“, murmelte ich ahnungslos.

„Ich habe es auch selbst gesehen und gespürt. Seine kalten Hände und dennoch kein Kälteempfinden, die Abneigung gegen die Kirche, leichenblass und ständig erschöpft… Und Eure Erkrankung! Ihr seid sein-“

„Genug!!“ Ich hatte genug von diesem abergläubischen Geschwätz.

„Er ist kein Vampir. Lass ihn gehen.“ Ich neigte den Kopf ein Stück nach unten und schloss die Augen.

„Graf, reißt Euch zusammen! Woher wollt ausgerechnet Ihr das wissen?“ Langsam hob ich wieder den Blick.

„Weil…“ Meine Stimme war mit einem Mal ruhig, obwohl der Zorn in mir regelrecht brodelte. Aber das würde ich ihn noch spüren lassen. Ich riss meine inzwischen blutroten Augen auf und blickte direkt in die seinen.

„… ich bin der Vampir.“ Er stand wie zur Salzsäule erstarrt da.

„A-Aber… das kann nicht sein…“

„Tatsächlich?“ Ich begann um ihn herum zu schreiten, wobei er sich, zusammen mit Menma, um seine eigene Achse drehte. Ich hörte damit wieder auf, als ich bemerkte, dass er ihm dabei noch mehr wehtat. Dennoch konnte ich nicht leugnen, dass er meinen Spieltrieb weckte.

„Wenn Ihr darüber nachdenkt, passt dann Eure Beschreibung nicht auch auf mich zu?“ Der Bischof stutzte.

„Das kann nicht sein...“, sagte er langsam und stockend.

„Wollt Ihr es herausfinden?“, fragte ich daraufhin gespielt lässig und lächelte ihn an, allerdings nur, um ihm einen Blick auf meine Zähne zu ermöglichen. Seine Augen weiteten sich vor Schreck. Dann blickte er auf Menma herab, der in seinem Armen noch immer verzweifelt nach Luft rang.

„Oh nein!“ Sofort ließ er ihn los, woraufhin er keuchend zu Boden fiel und sich mit einer Hand an den Hals und mit der anderen an die Seite fasste. Menma hustete einige Male. Mein Lächeln verschwand. Er ahnte wahrscheinlich nicht mal, was ihn gleich erwarten würde. Ich nutzte die Gelegenheit, rannte auf ihn zu und wollte ihn gerade anfallen, als er plötzlich eine kleine Flasche aus seiner Tasche zog, diese mit einer schnellen Bewegung seines Daumens öffnete und mir die Flüssigkeit über eine Hälfte des Gesichtes und den Hals kippte. Sofort packte mich ein kaum beschreibbarer Schmerz, begleitet von einem leisen Zischen. Es fühlte sich an, als würde mein Fleisch brennen und gleichzeitig von meinen Knochen gerissen werden. Sofort wich ich zurück, umfasste mit beiden Händen mein Gesicht und schrie laut auf. Auch Menma keuchte erschrocken auf, als er mich so sah.

„ARGHHH!!! WEIHWASSER!... NGHHH!... VERDAMMTER PFAFFE!“ Ich krümmte mich vor Schmerz und konnte nicht sehen, was geschah. Die Pein vernebelte meine Sicht. Ich hörte nur ein metallenes Geräusch und wie der Bischof laut rief.

„Fahr zur Hölle, Dämon!“ Er griff mich an, doch ich konnte noch nichts tun. Die Verletzung in meinem Gesicht heilte zu langsam und der Schmerz lähmte mich regelrecht. Doch der erwartete Gnadenstoß blieb aus. Was ich hörte, war aber tausendmal schlimmer. Das Geräusch von durchstochenem Fleisch, begleitet von einem erstickten Aufschrei.

„Menma!“ Ich musste nicht sehen können, um zu wissen, was passiert war. Ich bekam keine Antwort von ihm. Stattdessen hustete er und ich hörte wie dabei Blut auf den Boden tropfte.

„Menma, sag was!“ Während ich sprach, murmelte auch der Bischof leise.

„Oh mein Gott, was hab ich getan?“ Ich kämpfte gegen den, nun endlich nachlassenden Schmerz an und versuchte mit meinem verschonten Auge aufzublicken. Verschwommen nahm ich Menma wahr. Er zitterte und hatte den Kopf etwas zu mir gedreht.

„Alles… in.. Ordnung.“ Es waren beruhigende Worte, doch mit jedem einzelnen Wort wurde er leiser und sein Atem schwerer. Ich sah es in seinen Augen. Er wurde schwächer. Endlich begann die Wunde zu heilen, doch bevor ich etwas tun konnte, packte ihn der Bischof und zog ihn mit in die Kirche. Ich rannte hinterher, kam aber nicht weiter als zur Pforte. Ich wollte sie öffnen, verbrannte mir jedoch die Hände. Sofort ließ ich wieder los und sah auf sie herab. Die Wunden heilten wieder, sogar deutlich schneller, als die in meinem Gesicht, aber das würde mir nicht viel helfen. Wenn ich ihn retten wollte, musste ich in diese Kirche. Ich würde zwar nicht gleich zu Asche zerfallen, aber es könnte mein Ende bedeuten. Ich schüttelte den Kopf. Ich musste Menma da raus holen, sonst würde ich mir das nie verzeihen. Ohne weiteres Zögern ergriff ich die Klinken, öffnete die Pforte und trat ein. Noch im selben Augenblick fühlte es sich an, als würde mein gesamter Körper in Flammen stehen. Meine Haut begann sich langsam aufzulösen und als schwarzer Rauch empor zu steigen. Ich verbrannte wortwirklich, ganz langsam. Ich achtete nicht auf das Innere der Kirche. Es fühlte sich an, als würden meine Augen auf der Stelle verbrennen, wenn ich auch nur eine der Heiligenfiguren ansah und dennoch spürte ich auch ihre Blicke auf mir ruhen. Außerdem fand ich sofort, weshalb ich hier war. Menma lag vor dem Altar. Er atmete noch. Direkt neben ihm saß der Bischof, intensiv betend. Doch er bemerkte mich schnell, stand auf und hob sein Kreuz.

„Weiche! Deine Seele ist verloren, ich lasse nicht zu, dass du ihn mit in die Hölle ziehst!“ Er kam auf mich zu.

„Sei endlich ruhig!“ Für einen Kampf fehlte mir die Kraft. Stattdessen ergriff ich den großen Kerzenständer neben mir und schleuderte ihn dem Bischof mit aller Kraft entgegen. Er fiel leblos zu Boden. Ohne weiter auf ihn, oder den Zustand seines Kopfes, zu achten, ging ich an ihm vorbei. Es reichte mir, dass sich bereits jetzt eine riesige Blutlache auf dem Boden gebildet hatte.

Ich kniete mich neben Menma und klopfte ihm leicht gegen die Wange. Er war blutverschmiert und neben ihm lag der Dolch. Dieser Bastard musste ihn ihm aus den Rippen gezogen haben. Erst jetzt fiel mir auf, dass der Boden nicht viel besser aussah. Ich zog meine Jacke aus und versuchte die Wunde so gut es ging abzubinden.

„Menma… Menma!“ Er blinzelte und öffnete endlich wieder die Augen, nur um mich panisch anzusehen.

„Sasuke… du musst… hier raus... deine Haut…“ Langsam hob er seine Hand und legte sie auf meine Wange. Ich musste furchtbar für ihn aussehen, doch das war jetzt nicht wichtig. Ich ergriff seine Hand, drückte sie und legte sie auf seinen Bauch. Wieder hustete er und spuckte dabei etwas Blut.

„Ich wollte… ihm sagen, dass ich… nicht… aber er… war nicht da… und als ich mich… umdrehte da…“ Ich legte meine Hand auf seinen Mund.

„Spar deine Kraft, alles wird gut.“ Ich versuchte die aufkommenden Tränen zu unterbinden, denn es sah ganz und gar nicht gut aus. Auch meine Kräfte wichen langsam. Ich musste ihn verwandeln und hier raus schaffen und zwar gleich, sonst würde er sterben. Sofort hob ich mein Handgelenk, schob den Stoff ein Stück beiseite und biss hinein. Das Blut tropfte auf seine Kleidung. Schnell hielt ich ihm mein Handgelenk vor den Mund. Er hatte kaum die Kraft zu trinken, doch ich flößte es ihm ein. Nach einer gefühlten Ewigkeit reagierte er immer noch nicht darauf. Er musste etwas fühlen, egal ob ein Brennen, ein Kribbeln oder sonst was.

„Fühlst du etwas?“

Schwach blickte er zu mir hinauf und blinzelte langsam.

„Nein… ich bin… so müde.“ Erst langsam, dann immer schneller, schüttelte ich den Kopf.

„Nein, nein, nein… bitte tu mir das nicht an.“ Ich zog ihn näher an mich ran, flößte ihm noch etwas von meinem Blut ein. Das nahezu unerträgliche Brennen meiner Haut und meines Fleisches nahm ich nur noch unterbewusst wahr. Doch es half nichts. Tränen suchten sich ihren Weg auf mein Gesicht und verschleierten langsam aber sicher meine Sicht. Ich lehnte meine Stirn gegen seine und unterdrückte krampfhaft ein Schluchzen.

„Hat es geklappt…?“, fragte er stockend

„Werden wir… für immer… zusammen sein?“ Ich konnte nicht an mich halten. Ein ersticktes Schluchzen entwich meiner Kehle. Ich umarmte ihn fester und wiegte ihn unbewusst etwas.

„Ja… das werden wir.“ Er lächelte mich glücklich an. Dann verloren seine Augen den Fokus. Er sah in die Ferne, durch mich hindurch.

„Nein…“ Meine Stimme erstickte in den aufsteigenden Tränen. Das konnte nicht wahr sein. Das durfte nicht wahr sein! Es gab kein Halten mehr für mich. Ich drückte mein Gesicht in seine Halsbeuge und schrie, brüllte und weinte zugleich. Wieso musste das passieren? Ich wollte ihn bei mir haben, mit ihm lachen, Späße machen und ihm nahe sein. Und nun war er fort. Einfach weg, obwohl er doch hier in meinen Armen lag. Ich flehte, dass es nur ein Alptraum war, doch das war es nicht. Warum begriff ich, dass es kein Traum war, aber nicht, dass er nicht mehr zurück kommen würde? Oder warum das geschehen war? Ich hatte nicht geglaubt, dass es möglich war, doch es zerriss mein Herz.

Langsam blickte ich auf und schloss seine Augen. So sah er eigentlich aus, als würde er nur schlafen und einen schönen Traum haben, doch das Blut in seinem Mundwinkel und die Schrammen erinnerten mich immer wieder an die Wahrheit. Ich legte meine freie Hand auf seine Wange und zog sein Gesicht näher zu mir heran.

„Keine Sorge. Ich hab dir versprochen, wir werden zusammen sein. Egal, was es kostet.“ Ich wollte nicht warten bis ich langsam in Flammen aufgegangen war oder bis die Sonne aufging. Ich wollte jetzt zu ihm. Wieder vergrub ich mein Gesicht in seiner Halsbeuge, doch dieses Mal aus einem anderen Grund. Vampire zogen ihre Kraft aus dem Blut der Lebenden. Totes Blut führte unweigerlich zum eigenen Ende. Und genau das war es, was ich wollte.

Ohne Zögern biss ich in seinen Hals und trank so viel ich noch konnte. Er hatte schon vorher sehr viel Blut verloren. Mein armer Engel. Fast zeitgleich erfasste mich wieder ein heftiger Schmerz, doch dieses Mal fühlte es sich nicht wie Feuer an. Es fühlte sich an, als würde mich eine eiskalte Hand langsam, aber immer heftiger von innen heraus zerquetschen. Immer weiter breitete sich dieses Gefühl aus. Die Kälte packte mich und schnürte mir die Kehle zu. Meine Schmerzensschreie verschafften mir keine Linderung und ich begann mich zu verkrampfen und zu würgen. Doch nichts half. Bald konnte ich nicht mal mehr schreien. Trotz des Leids ließ ich ihn nicht los. So wie ich an seiner Seite gewesen war, sollte er an meiner sein, wenn ich starb. Meine Sicht verschwamm vor meinen Augen und als ich endgültig zusammenbrach, umfing mich kalte Dunkelheit.
 

Doch das war nicht das Ende, etwas regte sich in mir. Nach Stunden, gefangen in eisiger Kälte erwachte ich wieder. Zuerst wusste ich nicht, wo ich war und wie ich hierhergekommen war, doch dann erschlug mich die ganze Wahrheit. Ich richtete mich langsam auf. Mein Körper fühlte sich taub an und in meinem Kopf herrschte vollkommene Leere. Verzweifelt sah ich mich um. Noch immer war ich in der Kirche. Sollte ich jetzt nicht tot sein?! Wieso war ich immer noch hier?

Ich blickte an mir runter. Während meiner Bewusstlosigkeit, hatte ich Menma die ganze Zeit über weiter im Arm gehalten. Ich konnte mich nicht rühren und nur auf den leblosen Körper in meinen Armen hinab blicken. Inzwischen war er nicht mehr warm, sondern so kalt wie ich, und hatte auch keine Ähnlichkeit mehr mit einem Schlafenden, sondern eher mit einer Puppe. Nach wie vor konnte ich es nicht verstehen, schon gar nicht begreifen, wie es soweit hatte kommen können.

„Nein…“ Ich erschrak, als ich den kratzigen, erstickten Klang meiner Stimme hörte. Nur mühsam unterdrückte ich ein heftiges Schluchzen und ein Zittern fuhr durch meinen Körper. Unwillkürlich sammelten sich wieder Tränen in meinen Augen und meine Sicht auf sein friedliches Gesicht verschwamm. Gott, wie lang war es her, dass ich das letzte Mal geweint hatte? Oder hatte ich das jemals zuvor? Ich wusste es nicht mehr. Gar nichts wusste ich mehr und es war mir egal. Da war nur noch dieser heftige Schmerz, der alle Gedanken aus meinem Kopf jagte und meinen Körper betäubte. Keine, der mir je zugefügten Verletzungen, egal ob mit einer Waffe oder durch das Tageslicht, hatte mir jemals solchen Schmerz zugefügt. Ich sehnte mich fast nach diesen physischen Schmerzen, einfach um das hier nicht erdulden zu müssen. Wieso musste das passieren?

Wieder schluchzte ich und ließ mich erneut mitreißen. Langsam lehnte ich mich runter und legte meine Stirn auf seiner ab. Meine Tränen fielen auf sein Gesicht und rollten langsam seine Wangen herab. Dabei verwischten die Blutspritzer. Es sah fast so aus, als wären es seine Tränen…

Gedankenverloren musterte ich sein Gesicht bis mir erneut etwas auffiel und ich aufblickte. Tageslicht strömte durch das Kapellenfenster mitten auf den Altar und hüllte uns in helles Licht. Doch es passierte nichts. Kein Schmerz, kein Brennen oder Rauch. Ich saß einfach im Licht und wurde von der Helligkeit so geblendet, dass meine Augen schmerzten. Ein heftiges Schütteln durchfuhr meinen Körper und die Tränen liefen über meine Wangen. Ich blickte wieder hinab zu Menma. Nichts kümmerte mich mehr.

Ich konnte nicht sterben: Ganz gleich ob ich eine Kirche betrat, totes Blut trank, heiliges Wasser abbekam oder in die Sonne trat, nichts geschah mir. Sofern es einen Gott gab, hatte er mir die schlimmste aller Strafen auferlegt und ließ mich nicht einmal im Tod mit meinem Engel vereint sein.

Wie lange ich dort im Schein des einfallenden Lichtes saß, mit ihm im Arm und nur sein Gesicht musternd, wusste ich nicht. Doch irgendwann, hatte das Licht nachgelassen, aber nicht, weil es schon wieder Nacht wurde, sondern, weil es begann zu regnen. Wieder so klischeehaft und melodramatisch, dass es fast passte.

Torkelnd stand ich auf, hob Menmas leblosen Körper auf und machte mich auf den Weg heim. Dabei wusch der Regen das Blut von Menmas Gesicht.

//Wirklich fast wie eine Puppe…// Ein Schauer fuhr mir erneut über den Rücken. Alles, was danach kam, wirkte auf mich wie eine Abfolge von einzelnen Bildern. Wie ich ihn in die große Eingangshalle trug, Hudsons entsetzter Gesichtsausdruck, mein Arbeitszimmer und meine Gruft. Dort hatte ich ihn vorübergehend hingelegt bis… bis er in seine eigene Gruft konnte. Wenn überhaupt, denn offenbar musste ich mich nicht mehr vor der Sonne verstecken. Eine Gabe, die ich sofort wieder zurückgeben würde, nur um bei ihm sein zu können.

Nun saß ich in meinem Arbeitszimmer. Vor etwas mehr als einem Tag, hatte ich hier noch gemeinsam mit ihm hier gesessen und gelesen. Und nun war plötzlich Alles anders. Auf einmal war die Welt wieder grau und farblos. Nichts, dass er anfasste würde wieder bunt und interessant werden. So hatte es sich immer für mich angefühlt, wenn er bei mir war…

Das Buch von gestern lag noch immer auf seinem Sessel. Auf dem Beistelltisch neben seinem Sessel lagen auch noch einige seiner Skizzen und seine Mappe, zusammen mit seiner Schleife. Er hatte das Teil gehasst. Ich musste doch tatsächlich grinsen, als ich daran dachte! Es war als würde er jeden Moment hier rein marschieren, wie immer ohne anzuklopfen, sich auf den Sessel setzen, seine Skizzen machen und dann…

Ich blickte auf. Dort in der Ecke stand seine Staffelei, zusammen mit seinen ganzen Gemälden. Es waren ungefähr 15 Stück, sauber an der Wand aufgereiht und auf der Staffelei selbst stand unser Portrait. Ich schluckte die aufkommenden Tränen hinunter und ging dorthin. Teile der Kleidung waren farblos und ein paar Schattierungen fehlten. Ich achtete nicht auf mich, sondern betrachtete nur ihn. Es sah aus wie er, auch wenn er immer anderer Meinung gewesen war. Selbst der Glanz in seinen Augen war da.

Er hatte es nicht fertigstellen können. Menma hatte immer gemeint, er müsse erst noch mehr Bilder malen, um gut genug für den Abschluss dieses Bildes zu sein. Aber nun würde er es niemals fertigstellen. Keiner würde das. Er wurde mir weggenommen. Und das durch einen abergläubischen Menschen, wie es sie hier nur im Übermaß gab!

„Hudson!“

Sekunden später öffnete Hudson die Tür und verbeugte sich.

„Ja Herr, was-“

„Räum hier auf! Es herrscht das reinste Chaos.“ Ich sah ihn nicht an, doch ich spürte, dass er sich erschreckt hatte.

„Meint Ihr…“ Ich schüttelte den Kopf. Egal, wie sehr es schmerzte, ich brachte es nicht über mich Alles wegzuschmeißen.

„Bring alles in sein Zimmer und versiegele es. Niemand soll mehr hinein.“ Er nickte und begann sofort.
 

Die Zeit verging, aus Tagen wurden Wochen, und ich saß erneut in meinem Arbeitszimmer. Ich begann mich zu fragen, ob das möglicherweise der Grund war, weshalb sich Alle vor dem Tod fürchteten. Die Trauer, die einen in einem einzigen Moment festhielt und trotzdem schritt die Zeit unaufhörlich voran, die Welt drehte sich weiter. Keine Uhren, die stoppten, sondern einfach weiter tickten und Menschen, die lachten, weil es für sie ein ganz normaler Tag war.

Es machte mich krank. Ich begann sie zu hassen. Es war der Bischof gewesen, der mir meinen Engel genommen hatte, aber ich wusste, dass jeder Mensch dazu in der Lage gewesen wäre. Das war es doch, was sie schon immer getan hatten. Zu töten, wenn sie ihr Leben in vermeintlicher Gefahr sahen. Und das waren sie jetzt. Ich ließ sie für das büßen, was mir geschehen war, egal, ob sie es verdient hatten.

Ich ging nachts ins Dorf, holte mir erst einen Menschen und stillte meinen Durst an ihm. Später wurden es zwei und dann drei. Bald war das ganze Dorf in purer Panik. Sie sollten für meinen Schmerz büßen. Ich spürte keine Reue, wenn ich irgendeinem von ihnen das Leben nahm. Denn sie waren alle gleich. Bis auf ihn…

Langsam lehnte ich meinen Kopf auf meine Hand. Er fühlte sich schwer an und ich war erschöpft. Niemand wusste, warum ich plötzlich gegen Alles immun war, was für jeden Anderen meiner Art sofort tödlich endete. Nicht einmal die Ältesten, die sehr betroffen gewesen waren, konnten sich einen Reim darauf machen. Sie mutmaßten, dass es vielleicht an seinem Blut, der Erkältung, den Medikamenten oder allem zusammen gelegen haben konnte. Ich sollte nie eine Antwort darauf bekommen, aber auch das war mir egal, wie so vieles Andere. Seit seinem Tod hatte ich nicht mehr geschlafen, doch heute spürte ich, dass sich das änderte. Ob ich von ihm träumen würde…?
 

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„-suke! Sasuke! Wach auf!“ Ich schreckte auf und blickte mich irritiert um.

//Ich bin… im Flugzeug?// Dann wurde meine Aufmerksamkeit auf die Person neben mir gezogen. Menma saß neben mir und zog an meinem Arm.

//Menma? Nein… warte…// Das Gesicht aus meinem Traum verschmolz mit dem direkt vor mir zu einem Bild.

//… Naruto…//, korrigierte ich mich selbst in Gedanken.

„Schnell Sasuke, schau mal. Dahinten ist die Küste! Sieht das nicht klasse aus?“ Ich brauchte einige Sekunden mich selbst wach zu rufen, schaute dann aber über seine Schulter hinweg durch das kleine Fenster und lächelte. Nicht, weil es so schön war, ich hatte das schon hundertmal gesehen, sondern weil es toll war, wie er sich darüber freuen konnte. Am Ende wollte ich es mir nicht eingestehen, aber hätte er nicht mitkommen wollen, ich glaube ich hätte ihn gezwungen.

Unwillkürlich ergriff ich die Kette um meinen Hals, die Naruto mir geschenkt hatte.

Er drehte sich wieder zu mir um und grinste mich fröhlich an.

„Ich bin froh, dass du bei mir bist. Wir bleiben von jetzt an zusammen, stimmt´s?“ Erstaunt sah ich ihn an. Das kam mir erschreckend bekannt vor. Doch dann lächelte ich ihn an, legte meine rechte Hand auf seine Wange und gab ihm einen Kuss auf die Lippen.

„Ja, das bleiben wir.“ Er erwiderte das Lächeln und küsste mich ebenfalls noch einmal.

„Entschuldige übrigens, dass ich dich so grob geweckt habe“

„Ist schon gut.“

„Was hast du geträumt? Du hast im Schlaf gemurmelt.“ Ich tat als müsste ich über die Antwort nachdenken.

„Mhhh… das… verrate ich nicht.“ Doch damit weckte ich nur seine Neugier.

„War es wenigstens ein schöner Traum?“ Diese Mal überlegte ich wirklich.

„Ja… und nein.“ Auf seinen fragenden Blick hin, lachte ich und fuhr fort.

„Müsste ich diesen Traum in einem Kapitel zusammenfassen, bräuchte ich wahrscheinlich über ein Jahr und hätte immer noch nicht alle Einzelheiten erfasst.“ Sein Blick änderte sich kein Stück, sodass ich durch sein Haar strich.

„Vielleicht erzähle ich es dir später mal.“ Naruto zog eine Augenbraue hoch, was er wohl zugegebener Weise von mir hatte.

„Du bist manchmal echt seltsam.“

„Danke, ich weiß.“ Naruto schüttelte grinsend den Kopf und sah wieder aus dem Fenster. Ich aber sah die ganze Zeit nur ihn an.

Ob ich es ihm irgendwann erzählen werde? Vielleicht, aber vorerst ist das, das Ende dieser Geschichte.
 

Ende Kapitel 18
 

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(1) wirklich eine Schleife, keine Krawatte oder Fliege.
 

Ja Leute, das war es dann und ja, ich habe beim Schreiben am Ende mehr als einmal geweint. Gut, dass ich mir gar nicht doof dabei vorkam. Die Zeit Verging ja echt wie im Flug... zumindest für mich.XDD Ich hoffe es hat euch gefallen. Ich zumindest bin sehr zufrieden, obwohl ich besonders bei diesen Kapitel nicht nur einmal vorm verzweifeln war. Die Geschichte geht an sich noch weiter, aber diese FF ist jetzt abgeschlossen. Solltet ihr wissen wollen, wie es weiter geht könnt ihr uns das auch gerne in die Kommis schreiben, vielleicht gibt es dann einen Oneshot oder so.

Wenn es euch gefallen, lasst doch einfach einen Kommi oder Favo da, wenn nicht steht es euch frei das trotzdem zu tun. Wir freuen uns drüber. ^^
 

Jetzt wo die FF abgeschlossen ist, kann ich mich daran machen, die Druckversion fertig zu gestalten und dann den Teilnehmern am Wettbewerb ein Exemplar zu schicken. Es hat zwar länger gedauert als geplant, aber ich hoffe ihr freut euch trotzdem noch drauf. ^.~



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Von:  Scorbion1984
2018-04-04T08:21:06+00:00 04.04.2018 10:21
Da ich diese FF so toll finde habe ich sie noch mal gelesen !
Wenn Du immer noch diese FF weiter schreiben willst bzw über die Zwei weiter schreibst ,dann würde es mich freuen wenn Du mir eine Nachricht schickst !
Von:  Nicol1971
2018-02-08T10:46:57+00:00 08.02.2018 11:46
Hi
Jetzt habe ich diese Geschichte schon zum dritten Mal gelesen,
Und habe immer noch nicht genug davon...
Ich finde die Story einfach wundervoll
Was soll ich noch sagen,nur: deine Rechtschreibung und Grammatik sind perfekt
und lässt sich gut lesen
Ich bin beeindruckt
Würde gerne mehr von dir lesen

LG

Von:  Scorbion1984
2017-07-26T08:51:19+00:00 26.07.2017 10:51
Hallo ,Du hattest angekündigt weiter zu schreiben ,wird es unter dem selben Titel sein ?
Und wann wird das sein ?
Würde mich über eine Nachricht von Dir freuen !
Von:  Tsuki14
2015-06-30T20:14:14+00:00 30.06.2015 22:14
Ich habe immer sehr lange gebraucht bis ich deine Kapitel gelesen habe, aber am Ende hat sich jede Stunde für mich gelohnt!
Die Geschichte ist wundervoll! Sie hat Humor, Schmerz, Tiefgründigkeit und Liebe! Ich habe es wirklich sehr genossen dieser Geschichte zu folgen und habe wahrlich mit Naruto und Sasuke mitgefiebert! "My Way to" ist einer meiner liebsten FanFiction!

Der Schreibstil ist der Wahnsinn. Ich habe viel aus dieser Geschichte gelernt und bin einfach begeistert!
Das Ende war phänomenal! Ich finde es super, dass später ein Einblick in Sasukes Vergangenheit gegeben wird und man dadurch verstehen kann, warum Sasuke so mürrisch ist und von Beginn an so von Naruto fasziniert ist. Super genial überlegt! Perfektes Ende! <3

Ich kann es gar nicht ausdrücken. Für mich ist diese Geschichte ein gelungenes Meisterwerk, welches mir bis zum Schluss große Freude bereitet hat. Danke für diese vielen schönen Stunden!

Ich freue mich sehr darauf, mehr von dir zu lesen und zu erfahren, was Sasuke und Naruto noch erleben!
Mach weiter so ;)

Mit herzlichen Gruß, Tsuki14
Von:  Erika6
2015-06-27T06:05:17+00:00 27.06.2015 08:05
Also super ende , ich finde es echt schade das es schon zu Ende ist. Ich liebe dein ff einfach und habe es mir zich mal gelesen :) ich würde die gedruckte Version sofort kaufen :D
Von:  Kaori-mori_08
2015-06-25T17:26:14+00:00 25.06.2015 19:26
Wow! Die FF war richtig klasse. ^^
Beim letzten Kapitel hab ich zwischen durch echt Mühe gehabt nicht los zu heulen.
Ich finde es schön das Sasuke am Ende doch noch seinen Menma wieder hat. :)

Lg ^.~
Von:  Noxi
2015-06-24T19:28:48+00:00 24.06.2015 21:28
Hallu~, auch ich wollte kurz mal ein paar Wörter da lassen...

Ich muss gestehen, das war eine der wenigen Fanfiction die ich wirklich "Geliebt" habe, ich habe stehts mit gelitten, mich gefreut und auch ab und zu geweint!
So kam es auch dazu das ich diese Geschichte öfters schon gelesen haben.

Dein Schreibstil, war super über alle Kapitel, ich konnte mich gut in die Geschichte einlesen! Großes Lob! :3
Auch die Charaktere waren super getroffen, was oftmals eher....nicht der fall ist, hier jedoch großartig rüber gebracht wurde!

Ich gesteh das ich am Ende sehr traurig war da nun diese wunderbare Geschichte ein Ende gefunden hat, wobei ich selber das nicht wirklich wahrhaben möchte, es sind wirklich noch viele Fragen offen, aber das ist vielleicht auch gut so? Ich bin mir ziemlich unschlüssig überlass dies dir
Und freu mich auch wenn es wirklich eine gedruckte Version gibt, würde mir diese sofort bestellen/kaufen :D
Persönlich hoffe ich weitere tolle Ff's von dir zu lesen.

Lg Loyalty ^-^
Von:  Yaoi-Girl
2015-06-23T13:05:52+00:00 23.06.2015 15:05
OMG OMG OMG Ich liebe diese FF ich kann es echt nicht fassen das sie jetzt zu Ende sein soll. Ich bin so froh das sie gedruckt und gebunden werden soll da lasse ich es mir doch nicht nehmen mir auch ein Exemplar zu holen.

Das Kapitel war einfach nur ...... ich finde gar keine Worte dafür so toll war es. Ich meine die beiden Kapitel davor haben ja schon alles getoppt aber das hier war noch einmal ein Augenschmaus und vor alledem gab es hier die lang ersehnte Antworte auf die Frage warum Sasuke so ist wie er ist und ihre Vorgeschichte.

Wenn ich so dieses Ende sehe bekomme ich glatt Lust wieder von Vorne zu beginnen nur damit diese atemberaubende Geschichte nicht zu Ende ist.

Ich hoffe ich werde noch in den Genuss vieler weiterer FF von dir kommen weil du einfach wundervoll gefühlvoll super lesbar und sehr verständlich schreibst und im Gegensatz zu vielen anderen hier bringst du auch etwas zu Ende wenn du es angefangen hast und das ist wirklich lobenswert. Lieber warte ich 6 Monate auf ein Kapitel das dann auch wirklich mit Herz geschrieben ist und für die Wartezeit eine angemessene länge hat als immer nur so halbe FF`s zu lesen die nach spätestens einem Jahr abgebrochen werden.

Bitte mach noch lange so weiter ich würde mich wirklich freuen noch viel mehr von dir zu lesen.

LG deine Yaoi-Girl / loona0309 (FF.de)
Von:  Scorbion1984
2015-06-19T14:37:35+00:00 19.06.2015 16:37
Toll,ich konnte nicht aufhören zu lesen !Schreib doch bitte noch weiter .Es sind so viele Fragen offen geblieben! Wo sind sie hin geflogen ?Steht sein Schloss noch ,wird er Naruto je aus seinem Leben ,zB.Menma ,berichten? Oder ihm sagen ,wie alt er wirklich ist ? Ihm die Bilder zeigen ,vielleicht kann ja Naruto ,das Bild von Beiden beenden!Wird er Naruto die Ewigkeit geben ? Wenn ich noch weiter mache ,fällt mir bestimmt noch mehr ein .Ueberleg es Dir bitte noch mal!!!😊😊😊
Von:  SasuLaw25
2015-06-18T23:40:36+00:00 19.06.2015 01:40
Hi tolles Kapitel
Habe zwar auch bis in den Morgen gelesen und fand es sehr rührend zwar war ich nicht so sentimental wie andere fand es trotzdem traurig. Ich fände es klasse wenn es noch ein Epilog geben würde zum Abschluss zB würde mich interessieren ob Sasuke Naruto verwandelt damit nicht das gleiche wieder passiert wie mit Narutos alten Leben als Menma, ob es zurück zum Schloss geht und was die Zukunft bring.
Trotzdem eine tolle Story eo man richtig mit leiden- und fiebern kann😁
Lg SasuLaw25


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