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Scorpius und Rose
von

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Irrtümer

Rose Weasley mein Name.
 

Und aufgrund dessen meinte einst ein junger, arroganter, wichtigtuerischer, bescheuerter Schnösel Namens Scorpius Malfoy er müsste mir das Leben auf Hogwarts zur Hölle machen.

Er dachte, nur weil ich eine Weasley bin, könnte er mich ein bisschen ärgern, beschimpfen und lächerlich machen.
 

Doch da irrte er sich.
 

Oh ja, ich bin eine Weasley. Und gerade deswegen stieß der Schönling auf Granit.

Ich vermute, er hatte sich sein Tun etwas anders vorgestellt, erfolgreicher.

Den Erfolg nahm ich ihm.
 

Seit dem sind wir verbitterte Feinde.
 

Was mit albernen Späßen und Streichen begann, wurde zu Konkurrenzkämpfen und purer Ignoranz.

Beide waren wir Stufenbeste, Vertrauensschüler und beliebt.
 

Er war bekannt als charmanter Frauenheld, ich als aufgeweckte Streberin.

Zwei interne Gegensätze, die auch nach Außen hin nicht unterschiedlicher hätten sein können.
 

Aufgeben kam nicht in Frage.
 

Wir hatten unsere Stärken und Schwächen.

Ich verstand zum Beispiel rein gar nichts von Quidditch, dafür verstand er nichts von Frauen und Gefühlen.

Immer noch ist mir schleierhaft, wie er so viele Mädchen abbekommen konnte.
 

Doch wir dachten im Traum nicht daran, dem anderen eine Chance zu geben.

Nie.
 

Er konnte mich nicht unterkriegen.
 

Oh ja, er irrte sich gewaltig.

Ich mich allerdings auch…

Einen Augenblick, bitte.

Regelmäßiges Pochen und fast schon hörbares, wütendes Schnaufen war das einzige, was man in diesem Moment von Rose Weasley vernahm, als sie durch die Gänge von Hogwarts rauschte. Eine Hand zu einer Faust geballt, die andere umschloss ein Stück Pergament. Viele Augenpaare huschten der Siebtklässlerin hinterher, doch die Weasley nahm keine Blicke wahr. In ihrem Kopf schwirrte nur ein Gedanke:

Scorpius Malfoy. Dieser miese, kleine Windbeutel!

Mit zusammengebissenen Zähnen erreichte sie die große Halle und ihre dunklen, braunen Augen suchten sofort den Slytherintisch ab. Schnell entdeckte sie den blonden Schopf, der fast schon aus der Schülermenge heraus stach.

„Du kannst was erleben...“ Flüsterte sie und die umstehenden Schüler warfen ihr teils irritierte, teils ehrfürchtige Blicke zu. Mit Rose Weasley war für gewöhnlich nicht gut Schokofroschessen, wenn sie in dieser Stimmung war.

Die Gryffindore quetschte sich durch die vereinzelten Schüler, die noch quatschend auf dem Gang standen. Ein ‚Entschuldigung’ kam nicht über ihre Lippen, als sie hier und da sogar Mitschüler anrempelte. Ihr Blick haftete auf dem verhassten Slytherin.

Ein lauter Knall, verursacht von Roses Hand, die auf dem Slytherintisch aufschlug, ließ umsitzende und –stehende Schüler zusammenzucken, außer einem.

„Findest du das etwas lustig?“ fauchte sie Scoprius Malfoy entgegen und sie deutete mit ihrem hübschen Kopf auf das Pergament, das sich unter ihrer eben auf dem Holz aufgeschlagenen Hand befand. Die einzige Antwort, die Scorpius von sich gab, war ein

„Ja.“, gefolgt von einem süffisanten Grinsen und dem Gelächter von Albus Potter, der direkt neben besagtem Blonden saß.

Roses Augen huschten von Scorpius zu ihrem Cousin und wieder zurück.

„Das ist es aber nicht!“ zischte sie und zerknüllte das Pergament, bevor sie es Scorpius mit aller Kraft gegen den Kopf warf.

„Ich glaube schon.“ Sagte der Angesprochene und warf einen kurzen Blick auf Albus, der sich vor Lachen schon den Bauch hielt.

„Gib nicht so viel auf Al’s Gelächter. Er amüsiert sich über Alles, auch wenn es noch so primitiv ist.“ Sagte Rose knapp und warf dem Potter einen weiteren grimmigen Blick zu, unter dem der Schwarzhaarige schluckend zum Schweigen kam.

Auch wenn Albus Potter in Slytherin eingeteilt wurde, so hatten er und Rose eigentlich immer noch ein gutes Verhältnis.

Außer in manchen Momenten. In Momenten, in denen Scorpius Malfoy dabei war. Denn scheinbar glaubte Albus, er müsste sich dann auf Scorpius’ Stufe stellen, die mit großer Sicherheit die aller, aller unterste war.

„Nicht nur Albus’ Lachen hat mich überzeugt, weißt du.“ Gab Malfoy von sich und er schaute sich demonstrativ um. Mit einem seltsamen Gefühl im Magen, das plötzlich unangenehm schnell anstieg, folgte Rose dem Blick des Blondhaarigen und sie erkannte ihre Mitschüler, die sich inzwischen um die kleine Gruppe versammelt haben. Manche hielten sich die Hände vor ihre grinsenden Münder, andere machten sich gar nicht erst die Mühe, ihr Gelächter zu verbergen und brüllten bereits vor Lachen. Fast Alle hielten sie ein Pergament in den Händen.

Gleichzeitig mit dem Entstehen dieses fiesen und wohlbekannten Kloß in ihrem Hals, stieg auch die Röte in ihre Wangen.

Das konnte doch alles nicht wahr sein…

Ruckartig wandte sie den Kopf wieder zu den beiden Slytherins vor ihr, sodass ihre braun-rötlichen Locken nur so um ihren Kopf hüpften.

Sie wollte etwas sagen, etwas, das diesen dummen, selbstverliebten Slytherin in den Boden trieb. Doch ihr fiel nichts ein.

Die Scham in diesem Moment war so groß und vor allem so unerwartet, dass es ihr die Sprache verschlug.

„Das ist so kindisch!“ presste sie hervor und ihre Fäuste spannten sich an.

„Aber wirkungsvoll.“ Grinste Scorpius ihr entgegen und tauschte mit Albus einen vielsagenden Blick.

Mit einem kleinen, unkontrollierten Wutschrei stampfte Rose davon, doch nicht ohne Malfoy einen ihrer unheilvollsten Blicke zuzuwerfen.
 

Es durfte Alles einfach nicht wahr sein…

Sie wusste ja, dass Scorpius keine Scheu hatte auch zu den äußersten Mittel zu greifen. Aber dass er so weit gehen würde…

Ach, was machte sie sich schon vor. Natürlich würde er so weit gehen. Schließlich hätte sie dasselbe getan, wenn sie…

Woher hatte er dieses verfluchte Foto überhaupt?

Welche Quellen musste er schon wieder bestechen, damit sie ihm so etwas liefern konnten?

Es war unglaublich.

Sie wurde gedemütigt von Scorpius Malfoy.

Und zwar in höchstem Maße.

Immer und immer wieder lieferten sie sich nun diesen bitterlichen Kampf. Schon seit Rose denken konnte, waren sie auf einander losgegangen.

Doch immer nur mit Klausurergebnissen, bösen Worten, hier und da mal einem Streich.

Aber nie hatte man den anderen so sehr verletzt oder in den Boden getrampelt.

Das würde sie ihm zurück zahlen. Wenn er glaubte, sie würde jetzt aufgeben, dann hatte er aber gewaltig an der falschen Seite des Zauberstabs gezogen.

Wenn er glaubte, er hätte gesiegt, dann lag er falsch. So was von falsch.

Jetzt würde es erst richtig anfangen.
 

Mit erhitzten Wangen, die ihre Wut heraufbeschworen hatten, saß Rose auf dem kalten, steinernen Boden des Mädchenklos der Maulenden Myrthe.

Vor ihr ein Berg von Pergamentstücken, die sie auf dem Weg zu ihrem derzeitigen Aufenthaltsort allen möglichen Schülern wutentbrannt aus den Finger gerissen hatte. Natürlich waren es nicht alle. Aber umso erschreckender war es, dass sich trotzdem vor ihr schon eine solch reichliche Anzahl dieser verfluchten Blätter angesammelt hatte.

Da lagen sie, stumm und farblos.

Und alle zeigten das gleiche Foto:

Rose Weasley, die nichtsahnend auf einem Korridor steht und deren Rock sich großteils in ihrem Höschen verfangen hat.

Mit einem wehleidigen Stöhnen ließ Rose ihren Kopf gegen die steinerne Wand fallen, an der sie lehnte.

„Das ist mein Ende.“ Jammerte sie.

„Hör auf zu quatschen!“ hörte sie eine wohlbekannte Stimme und lediglich ein geöffnetes Auge suchte die Quelle.

Alice Longbottom, ihre Freundin aus Gryffindore, kam in das Bad hereingestolpert, ebenfalls ein Stapel Papier auf den Armen.

Erschöpft ließ die kleine Schwarzhaarige die Blätter auf den schon vorhandenen Berg gleiten und setzte sich umständlich neben Rose.

„Ich quatsche nicht, ich erkläre hiermit mein Ende.“ läuterte die Weasley und schloss beiden Augen wieder.

Mit einem lauten Seufzen verdrehte Alice ihre dunklen Augen und stupste Rose in die Seite. „Hey! Gejammert wird nicht! Es ist nur Malfoy!“

Mit einem Ruck befand sich Rose in einer aufrechten Position, ihre Augen starrten die Longbottom entgeistert an.

Nur Malfoy?“ fragte sie zischend. „NUR Malfoy? Ich glaube du verstehst den Ernst der Lage nicht!“ rief sie aufgebracht und warf zur Unterstützung ihre Hände in die Luft. „Es gibt kein ‚nur Malfoy’! Und wenn ich mit ihm fertig bin, wird es nicht einmal mehr ein ‚kein Malfoy’ geben!“ fluchte sie weiter und verschränkte die Arme vor der Brust. Mit einem weiteren Ruck ließ sie sich wieder, vielleicht etwas zu schnell, gegen die geflieste Wand fallen.

Ein weiteres Augenrollen war Alice’ Antwort.

„Ja, ja, ich weiß. Kampf der Giganten…“ leierte sie und verzog ihr rundliches Gesicht.

„Also, was machen wir mit diesen…“ ihr Blick huschte zu dem Papierhaufen.

„Ähm… Desaster?“

„Verbrennen.“ Sagte Rose knapp und ihre Augenbrauen zuckten einen winzigen Millimeter.

Als hätte es nie eine andere Antwort zu dieser Frage gegeben nickte Alice mit zusammengepressten Lippen, während sie die Blätter fast schon fachmännisch begutachtete.

„Weißt du, das könnte etwas schwierig werden…“ begann die Kleinere der Beiden nach einer Weile der Stille und deutete auf die Fotos.

Genervt stöhnte Rose auf und mit einer umständlichen Bewegung stellte sie sich auf ihre Füße.

„Ja… das hab ich befürchtet. Alles was mit Scorpius Malfoy zu tun hatte, ist ‚etwas schwieriger’.“ Sagte sie müde und ihr Blick wanderte durch den Raum, während auch Alice sich langsam auf die Beine bewegte.

Roses Blick blieb auf einem Punkt hängen und kurzerhand zückte sie ihren Zauberstab.

Etwas verwirrt beobachtete Alice das Tun ihrer Freundin und mit hochgezogenen Brauen besah sie Rose misstrauisch.

„Was hast du vor?“ fragte die Dunkelhaarige skeptisch und ihre noch eben vergrößerten Augen wurden zu Schlitzen. Wenn Rose Weasley im Zusammenhang mit Scorpius Malfoy den Zauberstab zückte folgten für gewöhnlich keine guten Ausgänge.

Ein weiteres genervtes Stöhnen entwich Roses Lippen und nun war sie es, deren Augen in den Höhlen rollten.

„Keine Bange. Ich sorge nur dafür, dass diese furchtbaren Fotos verschwinden.“

„Bitte lass dabei das Schloss stehen, ja?“

Ein weiteres Augendrehen und Rose schwang ihren Zauberstab, während sie eine Formel murmelte. Die Blätter schwebten alle mit einem Mal in die Lüfte und langsam aber sicher schlugen sie den Weg zu einer Klokabine ein.

Auf Alice’s fragenden Blick zwinkerte Rose lediglich.

„Ich lasse Scorpius’ ‚grandiose Idee’ wortwörtlich den Bach runter gehen.“ Trällerte die Weasley und funkelte dem fliegenden Pergamentstapel entgegen, der nach und nach hinter der Tür der Kabine verschwand. Die Mädchen vernahmen ein Gluckern und Platschen, eine Klospülung und weiteres Plätschern. Dann herrschte Stille.

Einen kurzen Moment sagte keine der Gryffindores etwas, bis Rose letztlich das Wort erhob.

„So!“ sagte sie und strahlte ihrer Freundin entgegen. „Das hätten wir erledigt. Gehen wir jetzt zum Abendessen oder was?“ Doch Roses letzte Worte wurden von einem erneuten Gluckern überlappt und die Augenpaare der Mädchen wanderten langsam zu der Kabine, in der vor wenigen Sekunden die Papiere verschwunden waren und aus der nun weitere, unheilvolle Geräusche erklangen.

„Rose…“ piepste Alice wenige Momente nach einer unangenehmen Stille, in der lediglich das Platschen der Toilette zu hören war. Die Angesprochene hätte ihre Mitschülerin beinahe überhört, so laut war das Gluckern.

„… ich glaube, da stimmt was nicht.“

Wäre Rose in diesem Moment nicht damit beschäftigt gewesen, ihr Herzklopfen unter Kontrolle zubringen, so hätte sie ein weiteres Stöhnen hören lassen. Es fiel aus, stattdessen schluckte sie nur schwer.

Mit langsamen und vorsichtigen Schritten näherte sich die Weasley der Kabine und spähte um die Kante der dünnen Wände. Erschrocken schnappte sie nach Luft, als sie das Klo entdeckte. Sie konnte nicht genau erkennen, was es war, aber in seinem Innern blubberte und sprudelte es nur so vor sich hin.

„Was ist los?“ hörte sie die leise Stimme von Alice, die neben ihr auftauchte um ebenfalls einen Blick auf die Toilette zu werfen.

„Oh.“ Ihre Augen wurden groß.

Ein weiteres Schlucken von Rose. „Ich glaube wir sollten machen, dass wir hier-“

Doch weiter kam die Gryffindore nicht, denn ein gigantischer Wasserstrahl schoss aus dem viel zu kleinen Klo und entlud sich in blitzartiger Geschwindigkeit im ganzen Raum.

Rose und Alice wurden von der kräftigen Fontäne gepackt und von den Füßen gerissen.

Mit wild umher schlagenden Armen versuchte Rose irgendwo Halt zu finden, doch vergeblich. Sie wurde durch den Wasserstrom umhergewirbelt, wusste nicht mehr wo oben und unten war. Die Toilette schien sich an ihr rächen zu wollen, denn so viel Wasser konnte unmöglich aus nur einem Klo kommen. Das Wasser sammelte sich um sie und mit einem Ruck wurde sie in die feuchte Masse gedrückt, sodass sie fast schon panisch die Luft anhielt. Unterwasser presste sie genötigt ihre Augen auf und versuchte aus ihrer verschwommenen Umgebung irgendetwas wahrzunehmen, doch nichts eröffnete sich ihrem Blick. Sie spürte nur den Druck des Wassers auf sich, der sie umherwirbelte wie ein luftiger Stoff, der im Sommerwind umherflatterte. Allerdings nicht so angenehm.

Gerade als sie sich an etwas festkrallen wollte, das einer Toilettentür ähnlich kam, erfasste sie ein weiterer Strom, der allerdings wesentlich stärker war als der vorherige und mit einem weiteren Ruck wurde ihr zierlicher Körper davon geschwemmt. Wohin konnte sie nicht sagen, doch der Gedanke, dass sie sich immer noch im Schloss befand, beruhigte die Weasley nicht wesentlich…
 

Zur etwa gleichen Zeit saß Scorpius Malfoy immer noch unter dem Gelächter seines Freundes Albus Potter in der großen Halle und schob seinen endlich leeren Teller Pudding von sich weg.

„… Und wie sie geguckt hat! Oh Mann! Ich hab Rosie noch nie so außer sich gesehen!“ brüllte Albus und schüttelte den Kopf, sodass seine mittellangen, schwarzen Haare um seine Stirn hüpften.

„Ja, das war es wert.“ Sagte Scorpius kühl, doch das Grinsen verließ nicht sein blasses Gesicht.

„Ach komm schon Scorp! Es kommt mir gerade so vor, als würde es dich total langweilen!“ sagte Albus mit einem letzten, lachenden Atemzug und klopfte seinem blonden Freund auf die Schulter.

„Ich langweile mich bestimmt nicht.“ Sagte Scorpius. „Ich befürchte nur, dass das noch ein böses Nachspiel haben wird.“ Das Grinsen in seinem Gesicht ebbte etwas ab, doch so ganz verschwand es nicht.

Albus zuckte nur mit den Schultern und schob sich den letzten Löffel Eis in den Mund.

„Ja, das glaube ich auch, aber… was soll’s! Rosie’s Gesicht war einfach nur einmalig!“

Wieder ertönte das laute Lachen des jungen Potter und dieses Mal stieg Scorpius mit ein.

Ja, Weasleys Gesicht war sehenswert. Doch auch wenn Scorpius es ungern zugab, hatte er das dumpfe Gefühl, einen schlafenden Bären geweckt zu haben. Er kannte Rose Weasley nun schon lange und sie schaffte es jedes Mal ihn zu überraschen. Zwar waren seine Streiche nie minderwertiger oder harmloser, doch waren sie in irgendeiner Weise berechenbar. Rose dagegen konterte mit raffinierten Zügen, auf die sich der junge Malfoy nie wirklich einstellen konnte. Sie war pfiffig und ganz und gar nicht dumm. Ihr fehlte zwar das gewisse Slytherin-Gen, das ihren Tricks die letzte Bosheit verlieh, doch trotzdem schaffte sie es immer wieder mit humorvollen und scharfkantigen Schlägen, ihn kurzweilig in den Boden zu stampfen.

Mit einem unguten Gefühl in der Magengegend widmete er sich wieder Albus, der soeben aufgestanden war.

„Lass uns abhauen. Ich muss noch Zaubertränke fertig machen…“ sagte der junge Potter und nickte zu Tür der großen Halle.

Scorpius nickte ebenfalls und richtete sich auf, als ihm auf dem Boden etwas ins Auge stach. Das zusammengeknüllte Pergament, welches Rose ihm eben noch gegen den Kopf geworfen hatte, lag immer noch auf dem Boden. Ein erneutes Grinsen stahl sich auf die Lippen des Blonden als ihm ihre Reaktion wieder durch den Kopf schwirrte und ein kehliges Lachen entfuhr seiner Kehle. Ihr Auftreten war wirklich zum Schreien gewesen. Eins musste er ihr lassen, wäre er solche Attacken nicht gewohnt gewesen, hätte er bestimmt etwas Angst gekriegt. Die Reaktion seiner Mitschüler in dem Moment, als Rose auf ihn zustürmte, bestätigte seine Gedanken nur. Ja, er hätte sich bestimmt etwas gefürchtet. Etwas.

Aber solche Reaktionen ihrerseits waren ja fast schon zum Alltag geworden.
 

Ein kurzer Fußtritt schleuderte das Papierknäuel aus Scorpius Sichtweite und mit schnellen Schritten folgte der junge Malfoy seinem dunkelhaarigen Freund nach draußen.

„Ich muss noch kurz in die Bibliothek.“ Erwähnte Scorpius, als er vor der großen Halle inne hielt und deutete mit einem knappen Nicken zu einem dunklen Gang.

Albus verdrehte die Augen und ein schiefes Grinsen entstand auf seinem so wieso schon stets fröhlichen Gesicht.

„Ich hab mich schon gewundert, dass du diesen Spruch heute noch nicht gebracht hast...“ stöhnte Albus schon fast und winkte Scorpius gegenüber ab. Gerade wollte er erneut den Mund öffnen, um weiter zu sprechen, als ein seltsames Geräusch ihn stutzen ließ. Eine Art Strömen, das er sonst nur von Flüssen oder Wasserfällen her kannte, drang in seine Ohren und skeptisch und gleichzeitig verwirrt blickte er sich um. In diesem Schloss musste man auf Alles gefasst sein, ob es nun ein harmloser Hausgeist war oder Ritterrüstungen, die sich selbstständig gemacht haben und den nächst besten Schüler als vergessenen Gegner wieder erkannten, hier konnte man nie vor etwas sicher sein. Ein kurzer Blickwechsel mit Scorpius verriet dem jungen Potter, dass auch er das Geräusch wahrnahm und auch die lahmenden Bewegungen der anderen Schüler, die sich um ihn tummelten, machten deutlich, dass diese Laute nicht nur in seinen Ohren klangen.

„Was geht dann da ab?“ sagte er zu Scorpius, der wieder näher zu ihm getreten war. Es war keine Frage, denn Albus war sich sicher, dass Scorpius keine Antwort parat hatte. Wie zur Bestätigung wanderte auch der Blick des Blonden ratlos und zugleich auf Alles gefasst durch die Hallen des Schlosses.

„Das kommt, glaube ich, von da drüben…“ sagte Scorpius und er trat näher zu einem der vielen sich abzweigenden Gänge.

„Ich glaube, da hinten sind nur Toiletten und alte Klassenzimmer.“ Sagte Albus und auch er spähte in den dunklen Korridor.

„Bist du sicher?“ fragte Scorpius und ein belustigter Ausdruck entstand auf seinem Gesicht.

„Ziemlich.“ Stimmte Albus in das anfängliche Lachen seines Freundes mit ein.

Im selben Augenblick rauschte in hoher Geschwindigkeit eine meterhohe Welle Wasser durch den Korridor und löste kurze Schreie und wagemutige Fluchtsprünge bei den umstehenden Schülern aus.

Auch Scorpius und Albus sprangen zur Seite um dem gigantischen Wasserstrahl entweichen zu können, bevor sich das klare Wasser auf dem steinernen Boden seicht ausbreitete.

Zuerst starrten Scorpius’ blaue Augen nur fassungslos auf den kurzfristig entstandenen See in der Eingangshalle. Überall waren noch Aufschreie zu hören und Ausrufe der Verwunderung.

"Was zum..." hörte der Malfoy Albus fluchen, als sich sein Blick von dem anfänglichen Schock erholte und es ihm nun möglich war, einen gesamteren Anblick des Szenarios erfassen zu können. Das, was er dabei sah, erheiterte ihn augenblicklich.
 

Mitten in dem klaren Teich hockte Rose Weasley, triefnass und mit einem leichten Schwindel in ihren dunkeln Augen. Die Haare klebten an ihrem Gesicht und die Kleider an ihrem Körper. Nicht weit von ihr entfernt versuchte Alice Longbottom gerade umständlich auf allen Vieren an Orientierung zu gewinne. Erst jetzt erkannte der Slytherin, dass unter dem feuchten Teppich immer wieder Pergamentstücke umher trieben. Mit einer belustigenden Vorahnung schnappte er sich kurzerhand eines der Blätter und unter der verwischten Lage Tinte konnte er noch das Foto von Rose erkenne, das er heute Mittag im ganzen Schloss verteilt hatte. Ein lautes Lachen entfuhr ihm und sein Blick suchte wieder seine Lieblingsfeindin.

Diese war scheinbar durch sein plötzliches Auflachen hellhörig geworden und er sah, wie sie sich nun weniger verwirrt umblickte. Schnell hatten ihre Augen die seinen gefunden und Scorpius nutzte seine Chance. Mit einer schnellen Bewegung hielt er das eben aufgefischte Pergament in die Höhe und rief laut: „Wiesel, du kannst den Tatsachen nun mal nicht entgehen!“

Roses Augen verengten sich sofort und eine Art Funken entsprang ihnen. In einer flinken Bewegung richtete sie sich auf und taumelte auf den blonden Slytherin zu. Auch Albus und vereinzelte andere Schüler, die von der plötzlichen Flutwelle nicht in die Flucht geschlagen wurden, ließen nun ein Lachen hören, was Roses Wut nur noch mehr zum kochen brachte.

Ihre Hand schnellte nach vorne und wollte das Pergament schnappen, doch Scorpius war schneller.
 

„Das kannst du vergessen, kleine Rosie.“ Sagte er hämisch und grinste breit. Die Weasley trat einen Schritt näher auf ihn zu, sodass die beiden nur noch Zentimeter trennte. Einen kurzen Moment funkelten sie sich gegenseitig an.
 

Tiefe Schwärze traf in eisiges Blau.
 

Roses Atem ging schwer, noch völlig aus der Puste vom vielen Paddeln half ihr die aufsteigende Wut in ihrem Brustkorb und das heftige Klopfen ihres Herzens nicht gerade, wieder die Fassung zu gewinnen. Sie überlegte, was sie diesem schmierigen Hund an den Kopf werfen konnte. Irgendetwas musste sie finden, etwas das ihn verletzten würde. Ihr war alles Recht. Sie hatte immer darauf geachtet, nicht persönlich zu werden. Das entsprach nicht ihrem Niveau. Doch damit war es vorbei! Wenn Scorpius es so haben wollte, dann konnte er es haben. Sie würde nun keine Rücksicht mehr nehmen.

Doch während sie in seine blauen Augen starrte, wollte ihr einfach nichts einfallen. Keine Worte schwirrten in ihrem Kopf herum, keine Taten kitzelten in ihren Fingern. Noch nicht einmal eine Geste fiel ihr ein, die sie ihm entgegenschleudern konnte. In ihrem Kopf war alles leer. Das einzige was sie noch spürte, war das Klopfen ihres Herzens, welches in ihrem scheinbar hohlen Kopf widerhallte.

Sie registrierte noch nicht einmal, dass auch Scorpius keinen Ton von sich gab. Auch er starrte einfach nur zurück. Es wäre seine Gelegenheit gewesen, Weasley den letzten Schlag zu verpassen. Er hätte sie nieder getrampelt und jeder hätte es gesehen. Doch die richtigen Beleidigungen schienen ihm nicht einzufallen. Generell schien ihm in diesem kurzweiligen Moment einfach Alles entfallen zu sein. Verwirrt und ohne Orientierung suchte er nach Antworten, egal was, hautpsache irgendwelche Worte. Doch die Schwärze, aus der Rose ihn anblickte, stahl ihm seinen Halt, seine klugen Überlegungen und kecken Sprüche. Noch nicht einmal die Idee, seinen Blick einfach abzuwenden, kam ihm in den Sinn. Er schien regelrecht in ihren Augen zu versinken. Ohne Halt stürzte er in dunklen Wellen von Rose Weasley’s Augen…
 

… McGonnagalls Stimme warf die Beiden aus ihren Gedanken und sie stoben erschrocken auseinander.
 

„WAS IST HIER LOS?“
 

Die Direktorin stürmte mit erhobenem Zauberstab und einem Blick, unter dem sogar ein fünf Meter großer Troll schrumpfen würde, auf die nasse Szenerie zu. Mit schnellen Augen verschaffte sie sich ein Bild von diesem Durcheinander und ihr Blick blieb schließlich auf Rose und Scorpius hängen, die nebeneinander standen, zwei Meter Abstand zwischen ihnen, und mit erzürntem Ausdruck ins Leere starrten.

Mit wenigen Schritten hatte Prof. McGonnagall die beiden Vertrauensschüler erreicht und blieb zwischen ihnen stehen.

„Haben Sie beide schon wieder etwas damit zu tun?“ fragte sie scharf und ihre Augen wanderten von Rose zu Scorpius und wieder zu Rose.

Gleichzeitig ertönten die Stimmen der beiden Angesprochenen und ihre Fingerzeige deuteten auf den jeweils anderen.

„Es ist Alles seine Schuld!“ schimpfte Roses helle Stimme durch den Raum und zeitgleich hörte man Scorpius’ raue Wörter: „Sie ist an Allem Schuld!“

McGonnagall hob lediglich eine Hand und die beiden verstummten sofort wieder. Nur noch Albus’ kurzes Losprusten war zu hören, doch auch diesen Laut wusste die Direktorin mit einem Blick zum Verstummen zu bringen.

„Nachsitzen. Sie beide.“ Sagte McGonnagall knapp und ihr knochiger Finger zeigte auf Rose und Scorpius.

„Keine Widerrede!“ fügte sie lauter hinzu, als Rose wütend nach Luft schnappte um Einspruch zu erheben. Noch ein letzter Blick der Professorin, der auf der Gryffindore und dem Slytherin haftete, bevor sie mit einem Kopfschütteln davon eilte.
 

Fast schon bebend vor Wut erschien Rose in Scorpius’ Blickfeld als dieser sich zu ihr umwandte. Das Grinsen auf seinem Gesicht war verschwunden.

„Hör zu…“ setzte er an, doch Rose ließ ihn nicht ausreden.

„Nein!“ rief sie. „Du hörst zu! Du wirst das Alles bereuen! Es ist mir gleich wie, aber du wirst es bereuen!“ Ein letztes Funkeln schickte sie ihm aus ihren Augen, bevor sie sich, zögernd und verkrampft, von ihm abwandte, um zu Alice zu gelangen. Diese saß nämlich immer noch am Boden in der riesigen Pfütze und hielt sich ihre schmerzende Hand. Sie half ihr auf die Beine und eilte mit ihr zum Krankenflügel, ohne sich ein weiteres Mal umzudrehen.
 

Mit nicht weniger bösartigerem Blick sah Scorpius den beiden Gryffindores nach, bis sie schließlich hinter der nächsten Ecke verschwunden waren.

Albus’ Hand, die sich schwer auf seiner Schulter ablegte, verleitete ihn erst dazu, sich wieder dem aktuellen Geschehen zuzuwenden. Nachdem die angenommene Gefahr gebannt schien, versammelten sich mehr und mehr Schüler um den kleinen See und nahmen das Geschehen genauer unter die Lupe.

„Lass uns gehen, Mann.“ Sagte Albus ruhig und blickte seinem Freund ernst entgegen. Ein kurzes Nicken des Blonden und die beiden Slytherins bewegten sich von dem Ereignis weg. Gedankenlos und steif folgte Scorpius dem jungen Potter. Irgendetwas fühlte sich komplett verkehrt an, doch er hatte keinen blassen Schimmer woran es liegen konnte. Seine Welt war aus der Fuge geraten. Es war nur ein kleiner Ruck, aber sein eigenes Universum drehte sich anders. Wie anders, das wusste er nicht. Aber es war anders.
 

Scorpius atmete einmal tief ein und erst jetzt spürte er etwas Feuchtes in seiner Hand. Sein Blick wanderte nach unten und er erkannte das nasse Pergament, das sich langsam auflöste. Mit einer einfach aussehenden Bewegung ließ er das nasse Papier fallen. Doch auch wenn dieses schlichte Strecken seiner Finger leicht aussah, kostete es ihn Unmengen an Kraft. Sein ganzer Körper war erstarrt. Nur mühselig, so kam es ihm vor, konnte er sich fortbewegen.

Seit diesem…

Nein!

Heftig schüttelte er seinen Kopf und seine Wirbelsäule fühlte sich seltsam taub an.

Es hat damit nichts zu tun!
 

Doch auch wenn der junge Malfoy versuchte, diesen Augenblick, der Alles veränderte, zu vergessen oder zu verdrängen, so führten all seine Gedanken wieder zu ihm zurück.

Zu diesem einen Augenblick.

Mühsames Entfallen

Hallo liebe Leser:)

Zuerst einmal möchte ich mich nochmals herzlich für eure Kommis bedanken. Es freut mich wirklich sehr, dass euch meine Geschichte so gut gefällt.

Ich wollte euch noch bitten, in eurem Kommi kurz zu bemerken, ob ihr vielleicht eine Ens haben möchtet, wenn das nächste Kapitel online ist. So weiß ich, wen ich mit "Es-geht-weiter"-Ens nerven darf und wen nicht^^.
 

So,und jetzt gehts los.

Viel Spaß und frohes Kommi-schreiben;)

Eure Schnie.
 


 

Mühsames Entfallen
 

Immer und immer wieder spulte Rose die Szene des gestrigen Abends ab.

Immer und immer wieder stieg ihr erneut die Röte ins Gesicht, wenn sie an der Stelle mit dem Wasser in der Eingangshalle ankam.

Immer und immer wieder hing ihr Gedankengang einige Sekunden länger an der Stelle, an der sie Scorpius Malfoy anfunkelte.

Und immer und immer wieder versuchte Rose nun schon diese albernen Gedanken aus ihrem Kopf zu vertreiben.

Leider erfolglos.

Es war nun genau ein Tag her, seit Rose Weasley von diesem mysteriösen Wasserstrahl mitten in die Eingangshalle gespült wurde.

Vor die Augen von Scorpius Malfoy, dem sie dieses ganze Debakel auch noch zu verdanken hatte.

Und als wäre das Alles nicht schon schlimm genug, wurde sie auch noch zum Nachsitzen verdonnert.

Natürlich mit Mr. ‚Ich-bin-unwiderstehlich’.

Und das schon in der ersten Woche dieses Schuljahres.

Ihres letzten Schuljahres.

Nein, schlimmer konnte es nicht werden.

Ja, das war der Höhepunkt ihrer Schmach.
 

Resigniert warf Rose ihren Kopf in den Nacken und starrte an die dunkle Decke des Gryffindore-Gemeinschaftsraums. Ihre Hände wanderten durch ihre offenen Haare, die sie bei dieser Bewegung über der Rückenlehne ausbreiteten.

Ihre Hausaufgaben für Verwandlung lagen unberührt auf ihrem Schoß, ihre Feder drohte jeden Moment aus ihrem Griff zu rutschen und die Tinte war schon seit langer Zeit ausgetrocknet.

Da es noch nicht sonderlich spät war, herrschte in der gemütlichen Räumlichkeit noch ein reges Treiben. Normalerweise ließ sich Rose von nichts ablenken, sie konnte überall arbeiten und lernen. Natürlich war die Bibliothek ihre liebste Lernstätte, doch Alice hatte sie einfach in den Gemeinschaftsraum mitgeschleift. Dass die Weasley das einfach so über sich hatte ergehen lassen, lag schlicht daran, dass ihre Gedanken um nichts anderes mehr zu kreisen schienen, als um den gestrigen Abend.

Ob es nun aus purer Wut war und der Ungerechtigkeit, dass auch sie nachsitzen mussten, spielte inzwischen keine Rolle mehr. Der vergangene Vorfall spukte pausenlos durch ihre Gedanken und ließ keinen Platz mehr für andere.

So hatte die Weasley auch erst bemerkt, dass sie auf dem Weg zum Gemeinschaftsraum war, als sie schon mitten drin stand. Niedergeschlagen hatte sie sich auf dem nächstbesten Sessel niedergelassen, in dem sie in diesem Moment immer noch verweilte.
 

Alice hatte inzwischen aufgegeben, ein Gespräch mit ihr führen zu wollen. Sie saß still neben Rose und arbeitete ebenfalls an ihrem Aufsatz für Verwandlung. Allerdings schien sie um einiges erfolgreicher zu sein. Denn im Gegensatz zu Roses Pergament, das sich noch völlig in seinem Ursprungszustand befand, war Alices Papier schon mit vielen Wörtern bedeckt.

Die dunklen Augen der Weasley trafen auf die mit einem leichten Verband umwickelte Hand ihrer Freundin und etwas stach in ihrem Innern.

Nicht, dass dieser Schnösel Malfoy es nur auf Rose abgesehen hatte, nein, jetzt brachte er auch ihr komplettes Umfeld in Gefahr.

Auch nicht erheiternder war, dass Alice mit ihrer leichten Gelenkprellung immer noch schneller arbeiten konnte als Rose in ihrem derzeitigen Zustand, der, zumindest rein äußerlich, erheblich weniger körperliche Schmerzen hervorrief.
 

Rose ließ ein Schnaufen hören und die kleine Schwarzhaarige neben ihr schaute mit einem amüsierten Blick auf. Alices Augen huschten von Rose zu ihrem nicht vorhandenen Aufsatz und wieder zurück zu Rose.

„Hey, du bist ja schon fast fertig.“ Gab die junge Longbottom von sich und verkniff sich ein Grinsen.

„Sehr lustig.“ Sagte Rose trocken und obwohl ihr in diesem Moment nicht zum Lachen zumute war, konnte auch sie ein Schmunzeln nicht unterdrücken.

Alice Longbottom hatte einfach das Talent jeden mit ihrer außergewöhnlichen Fröhlichkeit anzustecken. Sogar als sie gestern im Krankenflügel saß war sie nicht um einen Scherz verlegen. Kein Wunder, dass sie sich mit Albus so gut verstand. Er war genauso.

Alice war immer ganz außer Atem vor Lachen, wenn die beiden wieder mal die Gelegenheit hatte, sich eine längere Zeit unterhalten zu können, sprich: Wenn weder Rose noch Scorpius in der Nähe waren. Denn wenn diese beiden Kriterien sich erfüllten, nutzte Alice ihre Stimme lediglich für Begrüßungen und Albus um seine Lachanfälle lauten zu lassen.

Sie hielten eben beide zu ihren Freunden.

Eigentlich sehr schade, dass die Beiden nur wegen Roses und Scorpius’ ‚Feindschaft’ nicht so viel miteinander zu tun haben konnten.

Doch es war nun einmal so.

Und diese Situation würde sich mit Sicherheit in der nächsten Zeit nicht verbessern.

Nein, ganz im Gegenteil.

Natürlich hatte sich Rose das ein oder andere Mal auch schon vorgestellt, wie es wäre, keinen Krieg mit Scorpius zu führen.

Wenn sie sogar … Freunde wären.

Meistens aber verwarf die Weasley diesen Gedanken wieder ganz schnell.

Sie und Scorpius könnten niemals befreundet sein.

Das würde nicht funktionieren.

Außerdem, wo blieb denn dann der Spaß?
 

„Jetzt verzieh nicht so das Gesicht, Rosie.“ Sagte Alice und holte Rose somit aus ihren Gedanken.

Als Antwort schob die Angesprochene lediglich ihre Brauen in die Stirn und brummelte vor sich hin.

Alice verdrehte die Augen. „Sieh es doch mal positiv. Diese albernen Fotos sind nicht mehr aufgetaucht und heute hatte kaum noch jemand ein Wort darüber verloren.“

Wieder seufzte Rose. Da musste sie Alice Recht geben. Von den Fotos hatte sie heute keine mehr entdeckt. Und obwohl dieses oberpeinliche Ereignis erst wenige Stunden her ist, sprachen auch nur noch wenige darüber.

Wenigstens etwas.

Die Peinlichkeit würde zwar nicht vergessen sein, aber zumindest war sie nicht mehr der Mittelpunkt aller Gespräche.

Ein kleines Lächeln bildete sich auf Roses Lippen, was Alice sogleich ein Strahlen verlieh.

„Na also! Geht doch.“ Rief sie erfreut und streckte sich auf dem Sessel aus.

Rose verrollte die Augen und grinste Alice entgegen. Wie gesagt, sie schaffte es immer, andere Leute aufzuheitern.

So startete Rose auch einen neuen Versuch, ihre Hausaufgaben für Verwandlung zu bewältigen und griff nach ihrem Tintenfass.

„Meine Tinte ist schon ganz ausgetrocknet…“ erklärte sie erstaunt und ein fast schon irritiertes Kopfschütteln folgte.

„Eine Premiere.“ Fügte Alice schmunzelnd hinzu und die beiden Gryffindores wandten sich mit besserer Laune wieder ihren Aufsätzen zu.

Gerade besah sich Rose ihre Aufgaben zum ersten Mal genauer und mit höherer Konzentration, als jemand ihren Namen rief.
 

„Rosie!“

Diese Stimme kannte sie nur zu gut.
 

Mit einem genervten Seufzen lehnte sich die Gerufene in ihrem Sessel zurück, sodass sie ihren Blick in die Mitte des Gemeinschaftsraumes richten konnte.

„Was, Hugo?“ fragte sie mit müder Stimme und erwartend hob sie die Augenbrauen.

Hugo Weasley kam gerade mit freudiger Miene in den spärlich erleuchteten Gemeinschaftsraum geschlendert. Als hätte er nie etwas anderes vorgehabt setzte er sich kurzerhand auf die Armlehne des Sessels, in dem Rose saß.

„Hey Alice.“ Grüßte er die Dunkelhaarige, die ihm nur kurz zunickte.

Die andere Weasley sah ihren Bruder von unten herauf mit hochgezogenen Brauen an.
 

„Hugo, was ist?“ fragte sie nach einem kurzen Moment der Stille, in der Hugo lediglich auf der Armlehne saß, vor sich hin grinste und Alice beim Schreiben ihres Aufsatzes beobachtete.

Der junge Weasley glaubte zwar felsenfest, dass niemand davon wusste, aber er hatte eine kleine Schwäche was die junge Longbottom anging. Ausgereifte Schwärmerei könnte man es nennen. Natürlich wussten sowohl Rose als auch Alice davon, doch offenbart hatten sie ihm ihre Entdeckung noch nicht. Zu lustig waren die Reaktionen des jungen Gryffindores, wenn Alice ihn, amüsanter und irgendwie auch gemeiner Weise, mit einem einzigen Augenklimpern völlig aus dem Konzept brachte.

Die Longbottom selbst hegte selbstverständlich keinerlei Gefühle für Hugo. Wobei auch zu bezweifeln ist, ob die Gefühle des jungen Weasley tatsächlich so echt und rein sind, wie er zu glauben scheint. Er war schließlich erst vierzehn. Was verstand man da schon von Gefühlen und Liebe…
 

„Ich hab was für dich.“ Sagte er und richtete seinen Blick nur zwingend auf seine Schwester.

Rose zog die Stirn kraus.

„Für mich?“ fragte sie verwirrt.

Zwar hatten die beiden Weasley-Geschwister ein recht gutes Verhältnis, doch waren sie hauptsächlich immer noch Bruder und Schwester. Und das besagte nun einmal viele Streitereien.

Und bestimmt keine Geschenke, ohne bestimmten Anlass.
 

Mit einer schnellen Bewegung griff Hugo in seine hintere Hosentasche und ein Brief erschien in Roses Blickfeld.

„Der ist von McGonnagall. Sie sagte, ich soll ihn dir geben.“ Erklärte er grinsend.

„Oh nein.“ Seufzte Rose.

Auch Alice hob nun den Blick und ihre Brauen zogen sich in ihre Stirn, als sie erstaunt den Brief musterte.

„Da lässt Gonni aber wirklich nichts anbrennen.“ sagte die Dunkelhaarige und schenke ihrer Freundin einen mitleidigen Blick.

„Nein, das tut sie nie.“ Antwortete Rose und griff nach dem Brief. Nach einem kurzen Rangeln, weil Hugo ‚lustigerweise’ ihr den Brief nicht gleich geben wollte, hatte sie das Pergament endlich erringen können und mit einem flauen Gefühl im Magen las sie die wenigen Zeilen.
 

„Und?“ fragte Alice nach wenigen Sekunden. „Was schreibt sie?“

Entmutigt ließ sich Rose wieder gegen die Rückenlehne ihres Sitzes fallen, die Hand die noch immer den Brief hielt ließ sie schlapp an der Seite des Sessels herunterbaumeln.

„Morgen, 17 Uhr in ihrem Büro. Jipphie.“ Fügte sie letzteres noch hinzu, doch der Sarkasmus in ihrer Stimme verlieh dem eigentlichen Ausruf des Frohsinns eine etwas andere Bedeutung.

Hugo prustete los und mit einem kräftigen Schups stieß Rose ihn von dem Sessel.

„Auftrag erledigt, also verschwinde, du Nervensäge.“ Sagte sie mit grimmigem Blick und machte in Hugos Richtung eine verscheuchende Handbewegung.

Mit einer letzten Grimasse eilte Hugo davon und gesellte sich zu seinen Freunden.

Rose verdrehte die Augen und Alice ließ ein Kichern hören

„Also eure innige Beziehung ist wirklich zu beneiden.“ Sagte die Dunkelhaarige, wobei sie die letzten Worte mehr trällerte statt einen normalen Ton anzulegen.

„Ja, zu schön.“ Antwortete Rose und zog eine Braue in die Stirn, bevor sie blinzelnd beobachtete, wie Alice ihre Utensilien zusammen packte.

„Bist du etwa schon fertig?“ fragte sie etwas verblüfft.

„Schon?“ sagte Alice amüsiert. „Hast du mal auf die Uhr geschaut? Wir sitzen schon seit zwei Stunden hier.“

Vor Schreck weiteten sich Roses Augen für einen Moment.

Zwei Stunden? Das konnte nicht möglich sein.

Aber es stimmte. Die große Uhr über dem Kamin zeigte 21.00 Uhr.

Es waren tatsächlich schon zwei Stunden.

„Oh Mann!“ stöhnte Rose und die Alles erlahmende Trägheit, die vor wenigen Minuten nicht mehr aus ihrem Körper weichen wollte, war mit einem Mal verschwunden.

Hektisch setzte sie sich aufrecht in den großen Sessel, ihre Hände wanderten flink zu ihren Haaren, die sie schnell zu einem lockeren Zopf banden und mit ihrer Linken schnappte sich ihr Buch, in dem sie wild umherblätterte.

„Wir müssen den Aufsatz morgen abgeben! Ich werde nicht fertig!“ stieß sie fast schon panisch aus.

Dass Alice neben ihr nur ein Lachen hören ließ, beruhigte die Weasley nicht wirklich.

„Ja, du hast gut Lachen.“ Schmiss sie der Longbottom an den Kopf. „Du bist ja auch schon fertig!“

Alice prustete nur noch ein weiteres Mal los und sah ihre Freundin entschuldigend an.

„Tut mir leid, Rosie. Aber normalerweise bin ich immer die jenige, die spät dran ist. Das ist irgendwie lustig.“

„Ich lach mich tot.“ Kam die trockene Antwort von Rose, während sie das Buch wieder zur Seite legte und sich Pergament und Feder krallte.

„Na ja, wenigstens hast du deinen alten Ehrgeiz wieder.“ Sagte Alice und zuckte mit den Schultern.

„Super! Wird seit Neustem vielleicht bei einer Portion Ehrgeiz auch ein Zeitumkehrer mitgeliefert? Den bräuchte ich nämlich im Moment mehr!“ nuschelte die Weasley und mit einem letzten Handgriff nach ihrer Tasche richtete sie sich ruckartig vom Sessel auf.

„Wo willst du hin?“ fragte Alice sie irritiert.

„In die Bibliothek.“

„Jetzt noch?“

„Ja! Dort habe ich alle nötigen Bücher. Mit diesem blöden Exemplar-“ Roses Kopf nickte auf den niedrigen Tisch, auf dem noch ihr altes Verwandlungsbuch lag. „-kann doch niemand etwas anfangen.“ Und mit diesen Worten rauschte Rose zum Portraitloch, hinter dem sie auch wenige Augenblicke später verschwand.

„Ja. Du kannst damit nichts anfangen.“ Rief ihr Alice noch mit amüsiertem Grinsen hinter her, doch ihre Worte erreichten die Weasley nicht mehr.
 

~
 

Das Kratzen der Feder hatte aufgehört und Rose setzte den letzten Punkt an den untersten Rand ihres Pergaments.

Es war geschafft. Der Aufsatz war fertig.

Mit einem leichten Lächeln streckte sich Rose auf ihrem Stuhl aus und strich sich ihre Locken aus der Stirn. Ihre Augen starrten zum ersten Mal seit den letzten Stunden nicht nur auf das Papier und die Bücher vor ihr, sonder huschten durch die dunkle Bibliothek. Mit einem Stutzten bemerkte sie, dass der Raum komplett leer war.

Zwar hatte die Weasley schon mehrmals lange Abende in der Bibliothek verbracht, doch war sie eigentlich nie alleine und falls doch, so brannten zumindest immer noch die Lichter zwischen den Regalen.

Doch in diesem Moment war es stockfinster in der doch eigentlich so geliebten Bibliothek. Nur die kleine Tischlampe auf Roses Platz erzeugte noch eine spärliche Lichtquelle. Etwas unbehaglich huschten ihre Augen durch den Raum und mit einem scharfen Luftschnappen kramte Rose ihre Sachen hektisch zusammen, packte sich ihre Tasche unter die Armbeuge und eilte zum Ausgang der Bibliothek. Kurz bevor sie die runde Tür erreicht hatte, hielt sie inne und ihre Aufmerksamkeit richtete sich auf eine Bewegung, die sie in ihren Augenwinkeln wahrgenommen hatte. Vor einem der großen Fenster im mittleren Lesebereich erkannte sie die Silhouette der alten Bibliothekarin, die noch letzte Bücher in die Regale räumte. Ein Blick auf den Ausleihschalter verriet Rose, dass die Bibliothek schon längst geschlossen war.

Sie schnappte ein weiteres Mal nach Luft und huschte durch die Tür.

Als sie die Korridore zum Gemeinschaftsraum entlang eilte, wurde Rose klar, dass sie keine Ahnung hatte wie spät es war. Sie wusste, dass die Bibliothek bis 23.00 Uhr geöffnet hatte. Doch es konnte doch unmöglich schon so spät sein! Aber wenn sie es recht bedachte, so wollte sie auch eben Alice nicht glauben, dass schon so viel Zeit vergangen war.
 

Die dunklen Korridore waren ebenso dunkel und leer, wie die verlassene Bibliothek. Ein kalter Schauer lief der Weasley über den Rücken. Sie war natürlich schon mehrmals so spät durch die Gänge geschlichen. Doch dabei war sie nie alleine. Entweder ging sie ihren Pflichten als Vertrauensschülerin nach oder Alice hatte sie dazu überredet, noch einen nächtlichen Ausflug in die Küche zu wagen. Egal wie, immer war jemand bei ihr. Doch jetzt war sie alleine. Und die hohen, schwarzen Wände erschienen Rose bedrohlicher und unheiliger als am Tage. Mit festem Griff umklammerte sie ihre Tasche und ihr Blick huschte immer wieder über ihre Schulter. Sie kam sich so merkwürdig beobachtet vor. Nicht nur die Angst um diese Zeit in den Gängen erwischt zu werden, obwohl sie keinen Dienst als Vertrauensschülerin hatte, sondern auch die Angst vor den vielen unentdeckten Geheimnisse, die das Schloss barg, übermannte die junge Gryffindore und ließ ihren Atem schneller werden. Sie hatte schon viele Geschichten gehört, ob diese nun alle stimmten oder nicht, das wusste sie natürlich nicht. Aber sie waren bestimmt nicht alle erfunden und auf aggressive Ritterrüstungen hatte sie nun wirklich keine Lust.

Ein scheuer Blick warf sie über ihre Schulter als sie um die nächste Ecke bog und durch diesen einen Moment, in dem ihre Augen nicht nach vorne schauten, stieß sie geradewegs mit einer Rüstung zusammen.

Mit einem lauten Rasseln schepperten die einzelnen Teile der Rüstung auf den steinernen Bode, Roses Tasche samt Bücher rutschte ihr aus den Armen und mischte sich mit einem Poltern unter die Blechstücke. Der kurze Aufschrei, den Rose läuten ließ, war nur eine passende Unterstreichung dieses Lärms.

Auf wackeligen Beinen wartete Rose das letzte Scheppern der noch fallenden Rüstungsteile ab und der Krach hallte an den hohen Wänden wider.

Ihre Augen geweitet, rührte sich Rose nicht vom Fleck. Nur ihr Herz pochte vor Aufregung in ihrer Brust und nach dem tosenden Lärm, der noch wenige Sekunden vorher herrschte, kam ihr das Rauschen in ihren Ohren seltsam leise vor. Ihre Augen suchten die Dunkelheit ab, doch, wie erwartet, entdeckten sie nichts. Ihre Ohren lauschten irgendwelchen verdächtigen Geräuschen, wie Schritte, das Heulen vom Peeves oder vielleicht auch gleich schon das Getöse McGonnagalls. Doch alles blieb still.

Noch einen letzten Moment verweilte Rose in ihrer starren Position, bevor sie sich zum ersten Mal wieder traute sich zu rühren. Leise atmete sie tief ein, fest darauf konzentriert sich darauf ihren Atem zu beruhigen, und ihre rechte Hand suchte Halt an der steinernen und kalten Wand. Als sie dann sicher war, dass sich glücklicherweise niemand in ihrer Nähe zu befinden schien, bückte sie sich und sammelte ihre Bücher, ihren Zauberstab und sonstige Utensilien ein. Dabei achtete sie besonders darauf, die einzelnen Teile der Ritterrüstung nicht zu berühren. Sie tänzelte als umständlich um die Blechstücke herum und endlich erreichte sie ihr Tintenfass, welches am weitesten von ihrem Ganzen Tascheninhalt geflogen war. Gerade als sie sich danach bücken wollte, machte ein weiteres Geräusch sie aufmerksam. Nur wenigen Meter weiter lag ein Arm der Rüstung, die sich gerade bewegt hatte. Noch ganz leicht wippte er auf dem Boden hin und her und das leichte Schaukeln verursachte ein leises Schwingeräusch.

Rose erstarrte in ihrer gebückten Haltung, ihre Hand war immer noch nach dem Tintenfass ausgestreckt. Ihre Augen hafteten auf dem immer noch wippenden Blecharm. Die Weasley war schlau genug, um zu wissen, dass keine ihrer eigenen Bewegungen den Arm zum Wanken bringen konnte.

Entweder es war der Arm selbst, der gleich, samt seinen anderen verstreuten Teil, auf Rose losstürzten würde um sie zu erdrosseln, weil sie so unvorsichtig mit der Rüstung umgegangen war oder es war etwas anderes. Und auch wenn in diesem Moment Roses Fantasier etwas verrückt spielte, so gefiel ihr die erste Möglichkeit skurriler Weise doch noch am besten. Denn wenn es nicht die Ritterrüstung selbst war, dann konnte das nur heißen, dass hier irgendetwas unsichtbar herumspukte. Bisher hatte Rose nur mit den Hausgeistern Bekanntschaft gemacht. Doch sie war sich ziemlich sicher, dass es auch wesentlich unheimlichere und weniger freundliche Geister geben würde.

Das Schwingen des Arms ließ nach und nun herrschte wieder vollkommene Stille. Auch wenn sich Rose sicher war, dass, wenn sich der Arm nicht selbstständig gemacht hatte, das unsichtbare, möglicherweise blutrünstige Wesen, sich bestimmt nicht mehr an jener Stelle befinden würde, klebte ihr Blick trotzdem an dem Blechteil.

Aus ihrer trockenen Kehle drang ein lautes Schlucken und wäre sie in diesem Moment nicht erstarrt, so würde ihre Wirbelsäule bestimmt bald protestieren.

Gerade als sie überlegte, dass die Zeit schon viel zu lange ohne weiteren Schrecken vergangen war, schepperten plötzlich die Blechstücke zu ihrer Linken. Nacheinander begannen sie zu rütteln und zu wackeln, zogen fast schon eine Spur, die geradewegs an Rose vorbeizog. Durch den großen Schreck, der ihr durch die Glieder fuhr, vergaß sie sogar zu schreien, während ihre Augen dem scheinbaren Weg folgten, der sich unsichtbar durch die bewegenden Köperteile aus Blech abzeichnete. Noch im selben Augenblick als ihr genau diese Erkenntnis, nämlich, dass ein Geist eine Spur in einem Haufen voller Blechmüll hinterlassen würde, äußerst seltsam vorkamen, vernahmen ihre Ohren eine Art Flüstern und Fluchen. Argwöhnisch und weniger ängstlich wandte die Weasley sich um, beobachtete die Fährte zwischen den Rüstungsteilen, während das leise Scheppern immer noch in ihren Ohren hallte. Das Flüstern und Fluchen wurde lauter, übertönten langsam aber sicher die Geräusche des schwingenden Blechs, Schrittgeräusche waren zu hören und nur eine Sekunde später weiteten sich Roses Augen vor Erstaunen und Ungläubigkeit, als sie die sich ihr offenbarende Erscheinung wahrnahmen.

Kein Ende

"So ein Scheiß!“ drang die Stimme von Scorpius Malfoy durch den grünlich schimmernden Raum in den unteren Kerkern und lenkte somit gleich die Blicke der gesamten Slytherinschülerschaft auf den blonden Jungen. Ein nicht gerade freundlicher Blick seinerseits und seine Mitschüler wandten sich eiligst wieder ihren Aufgaben zu. Scorpius zerknüllte mit viel zu viel Kraft das Pergament, auf dem Prof. McGonnagalls Termin zum Nachsitzen verzeichnet war, und warf es mit noch mehr Kraft in das Feuer, das vor ihm brodelte. Die Augen seines besten Freundes Albus Potter lagen auf ihm, doch er beachtete ihn nicht.

In diesem Moment wollte er am liebsten nichts beachten.

Nicht seinen Freund, seine Umgebung, seine Hausaufgaben, seine Pflichten als Vertrauensschüler, sein Magenknurren, das schon seit einer Ewigkeit keine Ruhe fand, und vor allem nicht seine Gedanken.

Ja, die wollte er am aller wenigsten beachten. Einfach vergessen, wegwerfen und nie wieder danach suchen.

Er wollte sie loswerden, so wie er dieses bescheuerte Stück Papier gerade losgeworden war.

Die Flammen fraßen sich durch die Fasern des Pergaments.

So sollten sie sich auch durch die Gänge, die Irrgänge, seiner Gedanken fressen.

Und am besten nichts zurück lassen.

Nichts außer einer Leere.

Ach, wie angenehm wäre diese Leere, mit welcher Zufriedenheit würde er sie entgegennehmen.

Wenn nur endlich diese Gedanken aus seinem Kopf verschwinden würden.

Diese Gedanken, die ihm seit gestern einfach nicht mehr entfallen wollten.

Er war wütend, außer sich, fast nicht mehr zu bremsen, dass er wegen dieser Weasley nun auch noch Nachsitzen sollte.

Dabei war doch alles nur ihre Schuld. Was konnte er schon für ihre Dummheit?

Ja, er konnte seine Wut kaum in Zaum halten.

Und Obwohl es seine Idee war, beruhigte es ihn, dass diese Fotos auf unbekannte Weise von der Bildfläche verschwunden sind. Denn, so grandios sein Plan auch war, sie würden ihn an Alles erinnern.

An wirklich Alles.

An das plötzliche Wasser, das Lachen der Anderen, Rose Weasley triefnass in der Pfütze, das Gefühl seines Genusses, als sie sich vor ihm aufbaute und…

Und natürlich auch an Prof. McGonnagall, die ihnen Nachsitzen aufbrummte.

Ihnen Beiden. Unfairer Weise.

Das waren ungefähr die Gedanken, die dem jungen Malfoy die ganze Zeit im Kopf herum spukten. Auf keinen Fall wollte er sie weiter ausführen, kleine und mit Sicherheit unwichtige Details wiederholen, wieder empfinden. Nein, das wollte er auf keinen Fall.

Zu viel Angst, ja Angst, hatte er vor dem Ergebnis.

Dieser Moment gestern war ein Moment. Ein kurzer Augenblick, voller verrückt spielender Gefühlen, natürlich hauptsächlich wegen Roses Wut und seiner Freude wegen ihrer Scham. Nichts anderes. Ein Moment. Ein Moment den man vergessen konnte, musste.

Und das würde er auch.

Den verschwunden Fotos sei Dank.

Denn die würden ihn an wirklich Alles erinnern. Jedes Detail aus seiner tiefen Gedankenwelt auskramen, ihm unberechenbar und grausam vor die Augen halten. Womöglich würden sie ihn fesseln, damit er sich nicht abwenden konnte.

So ungefähr stellte sich dies Scorpius vor. Vielleicht noch ein kleines Bisschen barbarischer.

Aber so ungefähr.
 

Natürlich bemühte Scorpius sich lediglich so sehr darum, diese Gedanken in Zaum zu halten, weil er nicht noch einmal die Fassung verlieren wollte.

Es war alles die Schuld dieser Weasley.

Das war’s. Genau.

Er war einfach wütend, dass er wegen ihr nachsitzen musste.

Wie leicht es doch manchmal war, komplexe Probleme und Verwirrungen mit einer einzigen, simplen, wenn auch nicht ganz ehrlichen, Lösung zu besänftigen.

Wie leicht es war, einfach wütend auf sie zu sein.

Zu leicht, sie innerlich zu beschimpfen, zu hassen.

Und je leichter es wurde, umso mehr stieg die Wut.
 

„War Gonni so gemein zu dir?“ fragte Albus über sein Buch hinweg und schielte zu seinem blonden, schlecht gelaunten Freund.

Dieser warf ihm einen finsteren Blick zu, die einzige Antwort, bevor er wieder reglos ins Feuer starrte.

Albus seufzte. Das ging nun schon den ganzen Tag so. Noch nicht einmal das Lob, welches Scorpius heute vom alten Slughorn für seinen ausgezeichneten Trank erntete, heiterte den Malfoy auf. Zum verrückt werden. Und dabei war er doch sogar besser als Rose. Und das war normalerweise Punkt Eins auf der Liste ‚Wie vergnügt man Scorpius Malfoy …’

Albus war ratlos. Also wandte er sich wieder seinem Buch zu. Auch wenn er das Verhalten seines Freundes als sehr merkwürdig empfand und sich keinen Reim darauf bilden konnte, so hatte er schon alles versucht. Und nichts hatte geholfen. Also ließ er ihn in Ruhe. Überließ ihn seinen eigenen Gedanken. Denn wenn Scorpius selbst es nicht schaffte, mit seinem scheinbar inneren Chaos fertig zu werden, dann schaffte Albus es bestimmt nicht. In die komplexe Welt des Scorpius Malfoy hatte es noch niemand gewagt einzudringen. Albus war einer der Wenigen, dem es, aber auch nur manchmal, gelang, den Blonden zu verstehen.
 

„Scorpius, heute so mies drauf?“ erklang die harmonische Stimme von Natalie Collister plötzlich.

Die hübsche Blondine lehnte sich elegant über die Rückenlehne ihres Auserwählten und schlang die Arme um seinen Oberkörper. Langsam wanderte ihr Kopf zu dem seinen und ihre langen Haare fielen über ihre Schultern, sodass sie sich geschmeidig um sein Gesicht formten.

Scorpius bewegte sich nicht. Seine Augen waren immer noch auf das Feuer gerichtet, seine Arme lagen immer noch steif auf den Lehnen. Hätte er nicht geantwortet, so hätte man meinen können, der kleine Überfall der Slytherin wäre ihm unbemerkt geblieben.

„Was geht es dich an.“ Flüsterte er schon fast.

„Na hör mal.“ Trällerte Natalie in gespieltem Tadelton und schüttelte in eitler Manier den Kopf, während sie sich von ihm löste und um den Sessel herum tänzelte. Gleitend ließ sie sich auf die Armlehne von Scorpius’ Sessel sinken und streichelte ihm durch die blonden Haare.

„Ich bin nur besorgt um deinen Gemütszustand.“ Rechtfertigte sie sich und Albus konnte nicht anders als loszuprusten. Sogleich erntete er von Natalie einen scharfen Blick und er versteckte sich immer noch schmunzelnd hinter seinem Buch. Auf Scorpius Lippen bildete sich ein mattes Grinsen.

„Bist du nicht.“ Sagte er und sah Natalie in die Augen. Sie waren groß und sehr dunkel. Wirklich ein hübscher Anblick, wenn sie ihn nicht an etwas erinnern würden…

„Du hast Langeweile und willst ein Bisschen ‚Spaß’ haben.“ Die Worte kamen schnell, zu schnell für das Mädchen, sodass sie nichts erwidern konnte. Und noch schneller wandte er seinen Blick von ihr ab. Ohne Rücksicht auf sie zu nehmen, stand Scorpius auf, stützte sich dabei auf seinen Armlehnen ab, wodurch er Natalie abschütteln konnte. Diese sprang fast schon entsetzt auf, fixierte ungläubig Scorpius Tun.

„Al, ich glaub, beim Abendessen war nicht mehr genug für mich übrig.“ Sagte er lediglich zu dem jungen Potter, worauf dieser sofort sein Buch aus der Hand legte, mit einem Strahlen im Gesicht nickte und die Treppen zum Jungenschlafsaal hoch hetzte.

Natalie beobachtete das knappe Gespräch der beiden Jungs nur ungeduldig und sobald Albus außer Sicht war, widmete sie sich wieder Scorpius.

„Warum so zickig? Du hast doch sonst nichts gegen ein bisschen ‚Spaß’.“ Flötete sie und trat näher. Ihre dunklen Augen funkelten Scorpius von untern herauf an und ihre Zeigefinger strich über seine muskulöse Brust. Wieder wandte der Blonde seinen Blick ab und entwich mit einem beiläufigen Standbeinwechsel ihren Streicheleinheiten. Sie erwartete eine Antwort, eine Erklärung, die er ihr nicht geben konnte. Er wusste ja selbst nicht, warum ihm im Moment nicht ‚danach’ war.

Glücklicherweise hörte er auch schon die dumpfen Schritte von Albus, der eilig die Treppen herunter sprang und somit Scorpius’ Aufmerksamkeit einen Grund gab, sich auf etwas anderes zu richten, seine Gedanken einen anderen Weg einschlugen ließen.

Der Schwarzhaarige gesellte sich flink zu den beiden anderen Slytherins und nickte Scorpius mit einem Zwinkern zu. Dieser erwiderte kurz sein Nicken, bevor er sich wieder an Natalie wandte.

„Ich bin nicht dein Spielzeug.“ Sagte er schlicht, dann rauschte er an ihr vorbei. Geschwind erreichte er die Öffnung in der Steinwand und Natalies Worte drangen nur noch gedämpft an seine Ohren.

„Ach so, ich bin aber deines, oder wie?“ rief sie empört und schon war er mit Albus in die dunklen Korridore geflüchtet.
 

„Also ich muss sagen, wie du Natalie abgeschüttelt hast, das war wirklich eine Meisterleistung.“ Sagte Albus mit vollen Backen und streckte sich bequem auf dem großen Küchentisch aus. Die beiden Slytherins hatten nach ihrer Flucht vor der hübschen Blondine sofort den Weg in die Küche eingeschlagen. Dort saßen sie nun, die kleinen Hauselfen tummelten um die Beine der Beiden und servierten immer wieder kleine Teller mit verschiedenen Häppchen. Es war nicht ihr erster Ausflug in den großen Raum, der kein besseres Essen liefern konnte. Schon des Öfteren stahlen sie sich durch die dunklen Gänge um letztlich in der Küche zu landen. Der Unsichtbarkeitsumhang, den Albus von seinem Vater vor seinem ersten Jahr in Hogwarts als Geschenk bekam, war dabei natürlich sehr hilfreich. Schade, dass er nicht auch diese Karte der Rumtreiber abstauben konnte. Die hatte Lily gekriegt. Obwohl Albus ja dachte, dass dieser Teil der väterlichen Güte ein Fehler war. Verschwendung. Lily war viel zu brav um jemals nachts durch das Schloss zu schleichen. Aber daran war nun auch nichts mehr zu ändern. Außerdem war es sein letztes Jahr. Und das würde er auch ohne diese blöde Karte genießen können.
 

„Stimmt.“ Grinste Scorpius als Antwort, seine Stimme schwamm in Egoismus gerade zu.

Der Schwarzhaarige ihm gegenüber lachte, froh darüber, dass Scorpius wieder der Alte war. Es ging eben nichts über eine gute Mahlzeit um wieder zu klarem Verstand zu kommen. Doch trotzdem schwirrte eine Frage durch den Kopf des Potters. Zuerst wollte er sie nicht stellen, aus Gefahr, Scorpius könnte wieder sein ‚neues Ich’ an den Tag legen. Doch nun, da er wieder besserer Laune war und das sich häufende Essen einen großen Beitrag dazu liefert, wollte er es doch wagen.

„Danke, Dizzy.“ Sagte er zu einer kleinen, grauen Elfe, die ihm einen Teller frisch gebackener Kekse vor die Nase hielt und sich sofort tief verbeugte, bevor sie wieder davon tapste um mit den anderen Hauselfen weiteres Essen vorzubereiten.

„Sag mal…“ begann Albus also und biss von dem Keks ab. „Gibt es eigentlich einen bestimmten Grund, warum du Natalie abserviert hast? Ich meine,… das ist ja sonst nicht so deine Art.“ Er drehte nebenbei den Keks in den Fingern, seine Frage sollte so nebensächlich wie möglich wirken. Schließlich wollte er nicht wieder den Malfoy’schen Zorn erwecken.

Scorpius sah ihn kurz an, bevor er sich auf seinen Pudding konzentrierte. Seine Stirn bildeten langsam Falten und eine Weile sagte niemand etwas. Doch dann legte der Blonde seinen Löffel beiseite und streckte sich auf seinem Stuhl. Irgendetwas musste er schließlich antworten.

„Ich weiß auch nicht.“ Sagte er müde und rieb sich die Augen. „Natalie ist heiß. Keine Frage. Aber sie ist nicht gerade sehr… schlau.“ Ein höhnisches Schmunzeln zierte die Lippen des Malfoy und mit vielsagendem Blick besah er sich seinen Freund, dem ebenfalls das Grinsen im Gesicht stand.

Natürlich entsprach Scorpius’ Aussage der Wahrheit. Natalie war eines der hübschesten Mädchen auf Hogwarts. Aber sie langweilte ihn schnell. Für eine oder auch zwei Nummern war sie gerade zu perfekt, doch für eine Unterhaltung oder eine Diskussion konnte man sie vergessen.

Allerdings war das nicht die ganze Wahrheit. Zwar war er inzwischen von Natalie genervt, das stimmte. Aber dass das der einzige Grund für seine Ablehnung war, stimmte nicht. Doch das sollte Albus nicht erfahren.

Und er wollte auch, dass das so blieb.

Schließlich hatten seine Gedanken rein gar nichts zu bedeuten. Er war nur wütend. Ganz einfach, wie gesagt. Und warum sollte er andere mit etwas langweilen, denn so würde es auf jeden Fall sein, was noch nicht einmal stimmte? Was nur eine kurze Phase war? Eine Phase der Wut, die ausnahmsweise mal andere Weg einschlug und sich anders äußerte. Überflüssige Energie, die er verschwenden würde.

Genau. Es wäre unnötig. Also befasste er sich eben mit der halben Wahrheit und vergas, wie nun schon so oft, den Rest.
 

„Da hast du Recht.“ Sagte Albus und nickte kräftig. „Außer einem guten Körper hat Natalie wirklich nicht viel zu bieten.“ Doch das hatte den Malfoy sonst auch nie gestört.

„Und seit wann genau hast du dir vorgenommen, mit Natalie wichtige, wissenschaftliche Gespräche zu führen?“ fuhr Albus fort und kratzte sich mit einer Hand am Kopf, während er mit der anderen die Schokostücke aufsammelte, die sein Gebäck nicht halten konnte.

Scorpius’ Kopf zuckte eine winzige Sekunde und seine Augen trafen auf die des Potters.

„Ich… keine Ahnung. Ich hatte wohl einfach keinen Bock.“ Gab der Blonde schließlich zu und erkannte an Albus’ Mimik, dass er sich damit zufrieden gab. Vorerst. Denn auch wenn Albus sein Freund war, war er auch immer noch ein Slytherin. Und so stellte der Schwarzhaarige seine Neugierde oft einen Platz über sein freundschaftliches Einfühlvermögen. Doch im Moment schien letzteres gewonnen zu haben. Für den Fall, dass die Slytherinseite sich bald wieder bemerkbar machen würde, hatte der Blonde schließlich noch etwas Zeit, um sich eine bessere Ausrede einfallen zu lassen.
 

Mit der flachen Hand schlug Scorpius auf den Tisch und richtete seinen Blick zum ersten Mal direkt auf Albus.

„Also, hauen wir ab? Es ist schon nach elf.“

Albus nickte zwar, doch ein Grinsen konnte er nicht verbergen.

„Ja, ja, schon klar. Klein Malfoy muss ins Bettchen. Schließlich hat er morgen einen Krieg zu führen, was?“ Ein lautes Lachen über Albus’ eigenen, brillanten Witz ermöglichte es Scorpius seine Antwort zu unterdrücken. Auch wenn Albus Recht hatte, denn Scorpius hatte es sich irgendwann einmal angewöhnt, nicht nach Mitternacht schlafen zu gehen, da er so am nächsten Tag viel besser in Form war und somit die Chancen stiegen, Rose in welcher Form auch immer zu schlagen, so wollte er doch jeden Gedanken an die Weasley vermeiden.

Die Beiden Slytherins erhoben sich von ihren Stühlen und sofort eilten viele, kleine Hauselfen herbei.

„Mr. Potter, Mr. Malfoy, wünschen Sie noch etwas für den Weg?“ piepste die Stimme einer gräulichen Elfe.

Albus und Scorpius tauschten einen kurzen Blick und der Schwarzhaarige unter ihnen wandte sich mit einem breiten Strahlen an das kleine Wesen.

„Na wenn du schon so fragst, Poppy. Dann mal her mit dem Proviant!“

Wieder huschten die Hauselfen eilig umher, klimperten mit Besteckt, schwangen Pfannen und zückten braunes Butterpapier. Nach nur wenigen Sekunden streckten sechs zierliche Ärmchen den beiden Jungen einen ganzen Haufen Essenspakete entgegen.

„Danke ihr Drei.“ Sagte Scorpius und nahm einen Teil des Proviants an sich. Albus tat es ihm gleich und mit einem Grinsen der Jungs und vielen, tiefen Verbeugungen der Elfen verabschiedeten sie sich von ihren Köchen.

Kaum traten die Beiden auf den Flur, warf Albus auch schon den Unsichtbarkeitsumhang über Scorpius und sich selbst.

Die Arme voll mit verpacktem Essen spähte Scorpius an sich herunter.

„Langsam wird es etwas eng hier.“ Stellte er fest und verzog das Gesicht. Der Umhang berührte nur noch ganz leicht den Boden und verbarg so nur noch knapp die Fußspitzen der beiden jungen Männer.

„Hey!“ stieß Albus aus und sah seinen blonden Freund fast schon pikiert an.

„Beleidige den guten, alten Umhang nicht! Der war uns jahrelang treu!“ schimpfte der Potter und Scorpius verkniff sich ein Grinsen. Ja, das stimmte. Der Umhang hatte die Beiden schon vor vielerlei Übel bewahrt.

„Entschuldige, guter, treuer Umhang.“ Presste Scorpius unter seinem Grinsen hervor und setzte sich mit Albus in Bewegung.
 

Während sie die Korridore entlang schlichen konnte Albus nicht mehr an sich halten und öffnete nacheinander die kleinen Esspakete.

„Oh Mann, das schmeckt fast noch besser, als das frische Essen.“ Sagte er kauend und nickte zur Bekräftigung seiner Aussage.

„Konntest du nicht noch diesen einen Moment warten?“ beschwerte sich Scorpius und sein Blick wanderte immer wieder nervös in die dunklen Ecken. Nicht, dass der Malfoy Angst hätte vor Gespenstern oder sonstigen umher schleichenden Wesen. Viel mehr ängstigten ihn umher schleichende Lehrer oder Hausmeister.

Durch Albus’ plötzliche Fressattacke waren die Beiden wesentlich langsamer als sonst und die Zeit kletterte mehr und mehr Richtung zu spät.

„Reg dich ab! Wir sind hier doch gut versteckt- Oops.“ Ein Kürbiskerntörtchen fiel dem Schwarzhaarigen aus der Hand und kullerte geradewegs unter dem Tarnumhang hindurch durch den Korridor.

Scorpius hob eine Augenbraue. „Ja, super gut versteckt.“

Albus verrollte die Augen und schnappte sich den verlorenen Kuchen.

„Jetzt komm endlich!“ herrschte der Blonde ihn an und zog an seinem Ärmel.

„Hör auf hier herum zu hetzten. Du wirst es überleben, wenn du mal nicht um Punkt Zwölf im Bett liegst!“ schimpfte Albus.

„Ja, das vielleicht. Aber einen Sturm der McGonnagall’schen Art sicherlich nicht. Also beweg deinen Arsch endlich etwas schneller!“ Konterte der Malfoy mit gedämpfter Stimme und zerrte ein weiteres Mal mit seiner freien Hand an dem Ärmel seines Freundes.

„Jetzt hör endlich auf damit! Du zerreißt noch meine Pullover!“ zischte dieser und befreite sich umständlich mit immer noch vollen Armen aus Scorpius Griff.

„Du kannst froh sein, wenn dein Pullover das einzige ist, das an dir noch heil bleibt, wenn du nicht gleich aufhörst zu essen und schneller gehst!“ fauchte Scorpius und während er Albus grimmig dabei beobachtete, wie er mit angestrengter Miene versuchte seinen Proviant nicht fallen zulassen, trat er immer noch unter dem Umhang versteckt um die nächste Ecke.
 

Fast zeitgleich mit dem Scheppern der zusammen gestürzten Rüstung erfassten Scorpius’ Augen Rose Weasley, die einen heiseren Schrei ausstieß und ihre Bücher fallen ließ.

Auch Albus erstarrte in seiner Bewegung und ebenso wie Scorpius hafteten seine Augen auf seiner Cousine. Die Teile der Rüstung verteilten sich lautvoll auf dem Boden, Roses Hab und Gut mischte sich darunter.

Nach diesem kurzen jedoch nicht gerade lautlosen Moment, in der scheinbar auch Rose versuchte sich wieder zusammeln, tauschten Albus und Scorpius einen Blick.

Der Malfoy führte seinen Zeigefinger an den Mund und deutete Albus leise zu sein und sich nicht zurühren. Albus nickte mit weit aufgerissenen Augen, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder gespannt auf Rose richtete.

Auch Scorpius beobachtete die Gryffindore. Selbst wenn der Blonde in diesem Moment ruhig und konzentriert wirkte, so war er aufgeregter denn je, während seine Augen jede keine Bewegung der Weasley musterten.

Rose sammelte fast schon unsicher ihre Utensilien ein, schlängelte sich um die Körperteile aus Blech und versuchte, sich so lautlos wie möglich zu beeilen.

In Scorpius Brust pochte sein Herz so laut, dass er befürchtete, Rose könnte es hören.

Nicht nur die Tatsache, dass er und Albus mitten in der Nacht der am meisten gefürchteten Vertrauensschülerin gegenüber standen bereitete dem Slytherin ein seltsames Gefühl in der Magengegend, sonder auch die Gedanken, die ihn plötzlich alle wieder einholten. Die Gedanken, gegen die er die letzten vierundzwanzig Stunden angekämpft hatte und sie zu vertreiben versuchte.
 

Er spürte, wie sich Albus neben ihm mehr und mehr anspannte und seine Gedanken, die abgedriftet waren, richteten sich wieder auf das aktuelle Geschehen.

Rose Weasley schlich immer näher an die Slytherins unter dem Tarnumhang heran, unwissend, wem sie sich da näherte.

Das konnte nichts Gutes bedeuten.

Scorpius schluckte lautlos als Rose sich nach ihrem Tintenfass bückte, welches am nächsten bei den Unsichtbaren lag. Kaum hatte sie ihren Blick abgewandt um ihn auf ihr Tintenfass zu leiten, stieß Albus Scorpius mit dem Ellbogen in die Seite. Der Blonde warf ihm einen entgeisterten Blick zu und durch den kleinen, ungeahnten Ruck, der Scorpius packte, stieß seine Fußspitze gegen einen Arm der Rüstung, der direkt vor ihm gelandet war.

Mit starrem Blick beobachteten die beiden Jungs, ebenso wie Rose das Rütteln des Blechteils.

Scorpius Herz raste.

Und dann, ohne Vorwarnung, packte Albus ihn am Arm und zerrte ihn an Rose vorbei. Die Flucht, die der Potter scheinbar heimlich geplant hatte, ging allerdings nach hinten los. Nicht nur die sonstigen, zerstreuten Rüstungsteile, die mit einem erneuten Scheppern durch die Hallen Hogwarts läuteten zogen einen Strich durch seinen Plan. Obwohl diese auch einen erheblichen Einfluss darauf hatten.

Denn durch den Schreck, plötzlich von den Füßen gerissen zu werden, konnte Scorpius nicht anders, als seinem Freund hinterher zustolpern ohne darauf zu achten, wohin er trat. So kam es dann schließlich auch, dass er natürlich auf einem der Rüstungsteile ausrutschte, jedoch von Albus gerade noch so gehalten wurde, bevor er auf den Boden stürzte. Leise fluchend befreite sich Scorpius wild aus Albus’ Griff und samt ihren Essensvorräten, die aus ihren Armen plumpsten, glitt auch der Unsichtbarkeitsumhang auf den Boden.
 

Noch mitten in ihrem Geplänkel von Wörter und Anschuldigungen verstummten die Slytherins und ihr Blick wandte sich langsam auf Rose, die ihnen gegenüber stand.

Ihre dunklen Augen waren geweitet, jedoch nicht vor Schreck, sonder vor Erstaunen. Sie huschten von den Jungs auf den am Boden liegenden Umhang und wieder zu Albus und Scorpius.

Eine knappe Weile starrten die Drei sich einfach nur an, bis Rose schließlich blinzelte und mehr oder weniger das Wort erhob.

„Was… wie…woher…?“ stammelte sie und wieder hüpften ihre Augen zu dem Umhang. Es war unglaublich. Da standen Scorpius Malfoy und Albus Potter, gerade aus dem Nichts aufgetaucht, und schauten sie an, als wäre sie die jenige, die aussähe wie ein Geist. Na ja, vielleicht tat sie das in diesem Moment ja auch, schließlich stand sie immer noch mit großen Augen und offenem Mund da, während sie das Schauspiel ungläubig begutachtete. Niemand sagte etwas. Vermutlich waren Scorpius und Albus zu sehr damit beschäftig, zu hoffen, dass Rose glaubte, sie würde träumen.

Einige Sekunden länger verweilten die dunklen Augen der Weasley auf dem Umhang, der sich um die Füße der Jungs gewickelt hatte. Roses Stirn zog sich kraus.

„Ist das…?“ fragte sie erstaunt und sah zu Albus auf.

Dieser tauschte einen schnellen Blick mit Scorpius, dessen Körper sich scheinbar nicht mehr aus seiner Starre lösen wollte.

Albus öffnete den Mund, wollte etwas sagen. Was wusste er selbst nicht, doch er kam sowieso nicht dazu.

Denn Rose hatte nicht nur den Umhang entdeckt sondern auch die Essenspakete, die auf dem Boden lagen.

„Essen? Wart ihr etwa in der Küche?“ zischte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. Ha, das war doch was mit dem man etwas anfangen konnte. Schließlich war sie zu so später Stunde nur noch in den Gängen unterwegs, weil sie fleißig war und noch zu lernen hatte. Albus und Scorpius schienen allerdings ganz andere Dinge im Kopf gehabt zu haben.

„Ach komm schon Rosie, als hättest du dich noch nie nachts in die Küche geschlichen!“ fand Albus seine Stimme wieder und in Potter’scher Manier verdrehte er die Augen.

Rose schnappte aufgebracht nach Luft, wollte etwas erwidern, doch Scorpius fiel ihr ins Wort.

„’Miss Möchte-Gern-Perfekt’ würde doch niemals nachts in den Gängen herumschleichen, Albus. Sie hat gewiss etwas Besseres zu tun.“ Sagte er und schüttelte gespielt tadelnd den Kopf, bevor er Rose ein hämisches Grinsen zuwarf.

Die Augen der Weasley verengten sich schlagartig und sie löste ihre Verteidigungshaltung als sie auf die Beiden zutrat, Scorpius nicht aus den Augen lassend.

„Was ich nachts treibe geht dich einen feuchten Dreck an!“ fauchte sie dem Malfoy entgegen, was diesen nur zum Schmunzeln brachte.

„Glaub mir Wiesel, ich möchte gar nicht wissen, wer sich nachts in deine Träumen verirrt hat.“ Lachte Scorpius auf und wechselte einen belustigten Blick mit Albus.

Dieses Mal war es Rose, die die Augen verdrehte.

„Oh, bitte Malfoy, etwas besseres fällt dir nicht ein?“ sagte sie müde, eilte zurück zu ihrem Tintenfass, verstaute alles in ihrer Tasche und widmete sich erst wieder ihren momentan einzigen Gesprächpartnern, als sie wieder direkt vor ihnen stand.

„Wenn ihr mich bitte durchlassen würdet…“ sagte sie in süßem Ton, doch ihre Stimme schwamm in Ironie, als sie auf den parallel laufenden Gang deutete, dessen Zugang von Albus und Scorpius versperrt wurde.

Albus warf seiner Cousine einen genervten Blick zu und wollte schon zur Seite treten, doch Scorpius dagegen näherte sich Rose.

„Und was machst du noch so spät hier?“ fragte Scorpius und funkelte Rose an, sodass der Hohn nur so strahlte.

Die Weasley baute sich ebenso vor ihm auf. Das wäre ja gelacht, wenn sie ihm nicht die Stirn bieten könnte.

Das, mein ‚Lieber’, geht dich überhaupt nichts an!“ fauchte sie und musste sich auf die Zehen stellen, um ihrer Aussage Nachdruck zu verleihen.

„Ach nein?“

„Nein!“

„Falls du es aber vergessen hast, ich bin ebenfalls Vertrauensschüler. Und somit geht es mich sehr wohl etwas an.“ Sagte er und Albus Stöhnen war neben Roses pochender Wut das einzige was man hörte. Nun ging das schon wieder los. Tja, der Krieg machte eben keine Pausen.

Rose stieg vor Zorn fast schon die Röte ins Gesicht. Was fiel diesem schmierigen Wichtigtuer eigentlich ein?

„Und was jetzt, du toller Vertrauensschüler? Willst du mich verpetzten?“ fauchte sie aufgebracht.

Scorpius’ Grinsen wurde breiter.

„Vielleicht.“ Sagte er nur und entlockte Rose somit ein leicht hysterisches Lachen.

„Sehr lustig, du Genie. Hast du vielleicht vergessen, dass ich euch genauso verpetzten kann?“ sagte sie und verschränkte wieder die Arme. Albus nickte Scorpius zu, als wäre der Blonde der einzige unter ihnen, dem diese Idee noch nicht gekommen war.
 

„Dann werde ich dir eben zuvor kommen.“ Sagte Scorpius.
 

„Das wollen wir ja erst noch sehen!“
 

„Das kannst du gerne haben!“
 

„Als würde irgendwer dir mehr Glauben schenken. Du bist ein dreckiger Slytherin!“
 

„Aber immer noch Vertrauensschüler!“
 

„… was mir immer noch unbegreiflich ist!“
 

„Du warst ja noch nie die hellste…“
 

„Ha! Wer hat denn bitte in Zaubertränke ein Ohnegleichen einkassiert? Und wer nur ein Erwartungen übertroffen?“
 

„Ja, dafür musst du aber auch immer Stunden lang in der Bibliothek sitzen!“
 

Falls es noch möglich war, so stieg der Rot-Ton in Roses Gesicht noch weiter. Das Schlimmste an dieser Beleidigung war, dass Scorpius auch noch Recht hatte. Zwar hatte Rose das Glück, die Intelligenz ihrer Mutter geerbt zu haben, doch traute sie dieser trotzdem nicht immer und um ja nichts zu riskieren verbrachte sie eben immer noch zusätzlich viel Zeit mit dem Lernen. Dass Scorpius ein Super-Genie war und nichts für seine ebenso außerordentlich guten Klausuren lernen musste, bezweifelte sie zwar, doch schließlich war er es, der diese Angriffsfläche gerade attackiert hatte und nicht sie. Ihm war es in den Sinn gekommen, nicht ihr. Das war der Knackpunkt.

Während Rose noch mit Worten rang, trat Albus näher und legte Scorpius eine Hand auf die Schuler.

„Wir sollten langsam verschwinden.“ Flüsterte er und sah seinen blonden Freund eindringlich an.

Doch bevor dieser etwas erwidern konnte, hatte Rose ihre Stimme auch schon wieder gefunden und setzte zum Gegenangriff an.
 

„Ich muss eben auch nicht die ganze weibliche Schülerschaft Hogwarts’ befummeln um mir Anerkennung zu beschaffen. So sind eben die Unterschiede, Malfoy.“ sagte sie und ein siegreiches Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Sie wusste, dass Scorpius zwar stolz auf seine weiblichen Errungenschaften war, doch sie wusste auch, dass er es hasste, wenn ihn jemand nur darauf reduzierte. Mit hochgezogenen Brauen erwartete sie seine Antwort, doch Scorpius starrte sie nur zornig an.
 

Etwas in ihrem Augenwinkel regte sich und automatisch huschte Roses Blick zu Albus, der sich plötzlich auf etwas ganz anderes zu konzentrieren schien.

Fast schon sichtbar rutschte ihm das Blut aus seinem Gesicht und in seiner plötzlichen Blässe schienen seine Gesichtsmuskeln eingeschlafen zu sein.

Roses Augen suchten den Weg zurück zu Scorpius und auch dessen blaue Augen starrten über ihren Kopf hinweg, auf einen Punkt, der Rose nicht sichtbar war.

Es waren nur Sekunden vergangen, in denen sie die sich verändernde Mimik der beiden Slytherins entdeckt hatte und plötzlich vernahm sie ein Geräusch hinter sich, das ihr mehr Angst und Schrecken durch die zierlichen Glieder jagte, als jedes Kettenrasseln oder Heulen uralter und erbarmungsloser Geister.

Das Räuspern, um das Geräusch zu benennen, war ihr nur zu gut bekannt. Und das bedeutet nichts Gutes. Nein, das bedeutete überhaupt nichts Gutes.

Erstarrt, unfähig auch nur irgendetwas zu tun, zwang sie ihren Körper, sich umzudrehen.
 

Ein lautes Schlucken war das einzige, was sie von sich geben konnte, als sie in die grünen Augen von Prof. McGonnagall sah, die sich mit geschürzten Lippen unmittelbar hinter ihr aufgestellt hatte.

Völlig regungslos starrte Rose die Direktorin an, ihre Glieder waren gelähmt. Sie würde hier festwachsen. Ganz klar.

Doch als Prof. McGonngall eine ihrer furchteinflößenden Augenbrauen ruckartig in die Stirn zog, erschrak Rose so sehr, dass sie mit einem leisen Quieken einen kleinen Sprung nach hinten setzte und sich somit in die Reihe von Scorpius und Albus einordnete.

Keiner der Dreien wagte auch nur irgendetwas zu sagen. Prof. McGonnagall galt zwar auch als die Fairste unter den Lehrern, doch leider gewann ihr Ruf als Gefürchtete häufiger.
 

„Gibt es irgendwelche Erklärungen für Ihr nächtliches Zusammentreffen, das Sie aus dieser Lage retten könnte?“ ertönte die strenge Stimme der Direktorin und Rose stellte, neben ihrem eigenen Schrecken, genüsslich fest, dass auch Scorpius und Albus bei dem Klang dieser Stimme zusammen gezuckt waren. Natürlich war McGonnagalls Frage eine rein rethorische. Niemand würde in solch einer Situation eine Antwort finden, die die Direktorin besänftigen würde. Wenn es dergleichen überhaupt gab…
 

„Wie ich sehe nicht. Schön.“

Und bei der Art, wie Prof. McGonnagall schön sagte, lief es Rose eiskalt den Rücken herunter.

„Strafarbeiten. Alle Drei.“ Sagte sie knapp und bestätigte Roses ungutes Gefühl. Die Angesprochenen sahen gleichzeitig auf, doch niemand wagte etwas zu sagen.
 

Das war ja wirklich großartig. Jetzt musste Rose nicht nur mit diesem Windbeutel nachsitzen, jetzt durfte sie auch noch Pokale mit ihm polieren oder sonst was.

Ein Traum.
 

„Und ich weiß auch schon was. Sie werden bei den Vorbereitungen zum Halloween-Ball mithelfen. Neben ihren diesbezüglich so wieso schon anfallenden Vertraunensschülerpflichten.“ Fügte sie noch hinzu, dieses Mal nur an Rose und Scorpius gewandt.

Die erstarrte Mimik der Weasley verrutschte zu einer gequälten und sie hörte, wie auch Scorpius ein ganz leises Stöhnen von sich gab.

McGonnagall aber sah die drei nur nacheinander an und nickte, als müsste sie sich selbst für ihre grandiose Idee loben.

Dann seufzte sie auf ein Mal und ihr Blick schweifte über Scorpius und Rose.

„Warum sind eigentlich immer Sie beide in solche Aktionen verwickelt?“ fragte sie und ein leichtes Kopfschütteln vermittelte den Angesprochenen, dass sie auch auf diese Frage nichts antworten sollten.

Für einen ganz kurzen Augenblick trafen sich die Blicke der Weasley und des Malfoy und Rose wusste nicht, ob er das gleiche dachte, doch auch sie stellte sich dieselbe Frage wie McGonnagall in diesem Moment. Warum? So viele Streiche und so viel Unsinn wurden auf Hogwarts getrieben, nur in den seltensten Fällen wurde jemand dabei ertappt. Aber sobald Rose Weasley und Scorpius Malfoy in die Sache verstrickt waren, flog Alles auf. Ein Fluch. Das musste es sein.
 

Erneut ertönte die Stimme der Direktorin.

„Und nun machen sie, dass sie in ihre Gemeinschaftsräume kommen. Und zwar auf direktem Wege!“ Ein letzter eindringlicher Blick und McGonnagall rauschte davon. Kaum war sie hinter der nächsten Ecke verschwunden, stürmten Rose und Scorpius aufeinander los. Zur gleichen Zeit warfen sie sich die übelsten Wörter und Beschuldigungen an den Kopf, Albus stand lediglich dazwischen und verrollte stöhnend die Augen. Nur eine Sache konnte die beiden Streithälse wohl nun auseinander treiben…

„Ich sagte auf direktem Wege!“ donnerte die Stimme McGonnagalls lauter denn je durch die Gemäuer und noch bevor die Direktorin erneut hinter der Ecke verschwand, waren Rose und Scorpius auseinander gewichen.

Jeder der Beiden stand auf einer Seite des Ganges, die Wände boten sowohl Rose als auch Scorpius Halt.

Die Gryffindore ließ ein Schnauben hören und sie raffte ihre Tasche.

„Also, dann bis zum Nachsitzen.“ Trällerte sie gekünstelt, doch der zischende Unterton blieb nicht aus. Ein krummes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen, während sie mit den Augenwimpern klimperte.

„Ich freu mich echt schon wahnsinnig.“ sagte sie als sie sich endlich umwandte und den Korridor entlang stürmte. Dieses Mal unterdrückte sie den Sarkasmus und den Zorn in ihrer Stimme nicht.

„Frag mich mal!“ fauchte Scorpius ihr nach und schon war Rose um die nächste Ecke verschwunden. Nur noch ihr Getrampel war zu hören.

Ein kleiner, stummer Wutschrei und ein Tritt gegen die steinerne Wand später, half er Albus auch schon, ihre Vorräte aufzusammeln.

Sein Vorhaben, die störenden Gedanken aus seinem Kopf zu vertreiben, unterstützte diese neuste Gegebenheit nicht sonderlich.
 

Ein weiteres Mal ließ Rose Weasley Scorpius Malfoy wutentbrannt und gleichzeitig total verwirrt auf einem dunklen Gang stehen.

Und es würde nicht das letzte Mal sein…
 


 


 

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So meine lieben und aufmerksamen Leser.
 

Wie ihr seht, haben sich eure Vermutungen bewahrheitet^^ Es waren natürlich Scorpius und Albus. Alles andere wäre ja auch total~ langweilig gewesen;)
 

Ich möchte euch allen noch ganz dolle danken für eure tollen Kommentare! Es freut mich wirklich immer wahnsinnig, wenn jemandem meine Ideen gefallen. So ist man doch gleich viel motivierter, eine Geschichte fortzusetzen.

Also,macht schön weiter :D

Ich hoffe, dass euch auch dieses Kapitel gefallen hat. Obwohl ich mitten in der Klasurenzeit stecke, konnte ich meine Finger einfach nicht von den Tasten lassen^^Aber in dem ganzen Stress ist das Schreiben ab und an doch wirklich sehr entspannend:)

So, das wars aber jetzt von mir.

Fühlt euch geknuddelt.
 

Eure Schnie.

Wandel der Fronten

Hallo meine tollen Leser.
 

Ja, es ist tatsächlich so. Ich bin zurück. Harhar.

Dieses Kapitel dauerte etwas länger, die Klausuren haben mich dann letztlich doch sehr eingenommen. Aber nun ist es geschafft! Jipphie!

Ich möchte euch allen noch einmal für die lieben Kommis danken!(In der letzten Zeit bin ich nicht so oft dazu gekommen, ein »Danke.« zu hinterlassen T__T) Ich finde es unglaublich, wie viele Leser ich schon mit meiner FF gewinnen konnte und eure tollen Kommentare motivieren mich wirklich sehr:)

Ihr seid toll [knuff].

Wie ihr vielleicht (oder auch nicht) schon in den Stecki-Bildern gesehen habt, habe ich eine ENS-Liste angefertigt. (Ja, ich gehöre zu der Sorte Mensch, die Alles vergisst, wenn sie es sich nicht sofort aufschreibt...) Ich habe einfach Alle eingetragen, die irgendwann einmal ein Kommi hinterlassen haben^^

Falls ich jedoch jemanden vergessen haben sollte oder ihr doch nicht auf der Liste stehen möchtet, sagt mir einfach bescheid.(Kommi oder ENS...)

So,nun genug von mir.

Viel Spaß beim Lesen:)
 

Eure Schnie.

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Kapitel 4:       Wandel der Fronten
 


 


 

„Auuuufstehen!“
 

Rose blinzelte.

Es war ein Albtraum. Ganz klar.

Etwas anderes konnte es gar nicht sein. Ein Albtraum.

Und gleich würde sich herausstellen, dass alles, wirklich einfach alles, auch bloß ein Traum gewesen war. Zwar ein Albtraum, aber Traum blieb Traum.

Und den zog Rose in diesem Moment der Realität um einiges vor.
 

„Rosie! Jetzt mach schon!“
 

Ach, wie schön. Ein Traum…

Sie hatte die ganze Zeit nur geschlafen. Einfach geschlafen und diesen, wenn auch ziemlich lebendigen und ehrfürchtigen, Traum geträumt.

Leise seufzte die Weasley. Etwas Besseres konnte es gar nicht geben.
 

„Jetzt steh endlich auf!“
 

Zu schön. Dieses ganze Chaos einfach als Traum abzustempeln. Nach dem Aufwachen huschte er zwar noch in ihrem Kopf herum, doch war nach ein paar Stunden alles vergessen und die Erinnerungen lösten sich in dem nebligen Hauch auf, in dem die Träume der Nacht immer verschwanden. Hier und da würde vielleicht wieder etwas auftauchen, in ihr Gedächtnis zurückkehren. Aber was sollte das schon?

Es war schließlich nur ein Traum.

Ja. Etwas Besseres gab es nicht.
 

„Sag mal bist du ins Koma gefallen? Wenn du so weiter machst, verpennst du noch deine Strafarbeit…“
 

…Und es gab auch nichts Unrealistischeres.
 

Mit einem lauten Schnaufen öffnete Rose endlich die Augen. Kurz geblendet von der morgendlichen Sonne erkannte sie Alice, die sich mit gestemmten Armen über sie gebeugt hatte. Ihre Augenbrauen waren so sehr in ihre blasse Stirn verankert, dass sie schwere Falten zogen.

Auch schon wach?“ säuselte die Longbottom und, ob man es glauben wollte oder nicht, ihre Augenbrauen zogen sich sogar noch ein Stückchen weiter nach oben.
 

„Hättest du mich nicht einfach in meiner Traumwelt weiter leben lassen können?“ sagte Rose und schloss verkniffen wieder die Augen.

„Da war alles so schön…“ stöhnte sie und rollte sich auf die Seite, ihre Decke festkrallend.

„So schön Malfoy-frei?“ fragte Alice belustigt.

Rose' Antwort war lediglich ein Grummeln. Am liebsten wäre sie sofort wieder in ihre Malfoy-freie Traumwelt zurückgesunken. Doch leider lag die Realität viel näher, als es ihr lieb war.
 

Heute sollte die erste Stunde der Strafarbeit sein, die Prof. McGonagall Scorpius, Albus und ihr aufgetischt hatte. Und eins musste man der alten Hexe lassen: Wie man Schüler quälte, das wusste sie.

Heute war nämlich Samstag. Um genau zu sein, Samstagmorgen. Zwar war Rose noch nie eine Langschläferin gewesen, doch hatte sie gestern Nach noch so viel zu lernen gehabt, dass sie erst spät ins Bett kam.

Und warum hatte sie noch so viel zu lernen gehabt?

Weil dieses blöde Nachsitzen am Mittwoch ihren kompletten Zeitplan über Bord warf. Die zwei Stunden, die sie mit Nachsitzen verbracht hatte, wollte sie eigentlich zum Lernen nutzen.

Unmöglich. Denn sie musste ja nachsitzen.

Wieder stöhnte Rose auf. Wenn es irgendwie möglich war, wollte sie jeden Gedanken an diese schrecklichen zwei Stunden so gut es ging vermeiden. Bis jetzt klappte es. Allerdings hatte sie die letzten Tage auch so viel zu tun, dass es ihr gar nicht erst gelang, an das Nachsitzen zu denken.

Umso besser.
 

„Jetzt steh schon auf!“ ertönte wieder die, in diesem Moment sehr grell wirkende, Stimme von Alice.

„Ja, ja…“ grummelte Rose und bewegte sich umständlich aus dem Bett, um das Bad anzusteuern, während Alice zur Hälfte in ihrem Schrank verschwand um scheinbar das richtige Outfit zu finden.

Nach einigen ruhigen Minuten, in denen Rose im Bad verschwunden war und Alice im Schrank, trat erstere aus der Badezimmertür, die Zahnbürste noch im Mund, die Haare nass.

„Sag mal… was machst du da eigentlich?“ fragte sie und zog eine Augenbraue hoch, während sie Alice beobachtete … oder besser gesagt, ihren Hintern, denn der war das einzige Teil, welches von der Schwarzhaarigen zu sehen war.

„Ich… suche… etwas…“ antwortete Alice.

„Aha.“ Machte Rose nur und beobachtete, sich immer noch die Zähne putzend, weiterhin Alice‘ Hinterteil.

Da nach einer guten Weile immer noch keine näheren Informationen zu kommen schienen, horchte Rose weiter nach.

„Und…was?“

Und dann war endlich wieder Alice‘ Kopf zu sehen. Ihre wilden Locken hüpften um ihr Gesicht, als sie, total zerzaust, an der Schranktür vorbeiblickte.

„Ähm…“ machte sie und ihr Blick huschte durch den Raum. Rose wurde argwöhnisch. „Ja..?“ hakte die Weasley weiter nach und ging einen Schritt auf Alice zu.

„Ich… also, ich suche mein Kleid.“ Spukte sie endlich aus und verdrehte die Augen. Die Schwarzhaarige war einfach immer viel zu leicht zu etwas zu überreden. Rose gefiel diese Eigenschaft, Alice eher weniger.

„Dein Kleid?“ sagte Rose, und es war eigentlich keine Frage. Im Gegensatz zum nächsten Teil. „Wieso brauchst du denn jetzt unbedingt ein Kleid?“

Rose runzelte die Stirn und ihre Augen huschten zu der Wanduhr, die am Ende des Raumes hing.

Neun Uhr in der Frühe. Eindeutig nicht die Zeit für ein Kleid.

Gequält stöhnte die Weasley auf. Wie viel länger sie jetzt noch hätte schlafen können... und vor allem wie viel mehr sie jetzt noch hätte lernen können...

Ja, McGonagall hatte alle Arbeit geleistet.

So früh aufzustehen, nur um diesen blöden Ball vorzubereiten. Also wirklich….

Doch bei diesem Gedanken stutzte Rose.

Sie selbst hatte einen Grund, so früh am Samstagmorgen aufstehen zu müssen.

Aber Alice?

Ihre dunklen Augen suchten wieder die Longbottom, die sich erneut ganz im Schrank versteckte.

„Alice?“ sagte Rose und ihre Stimme klang bei weitem nicht mehr so belustigt. Nein, eher argwöhnisch. Und zwar sehr. Oder beziehungsweise so sehr, wie man eben mit einer Zahnbürste im Mund argwöhnisch klingen konnte.

„Alice!“ wiederholte Rose sich und stemmte die Hände in die Hüften. Von Alice kam kein Laut, nur das Geraschel oder Gerümpel der Sachen, die im Schrank umher plumpsten und von Alice‘ wilder Suchaktion zur Seite geschupst wurden.

Rose verdrehte die Augen und griff kurzerhand nach ihrem Zauberstab.

„Accio Alice’ Kleid!“ rief sie. Für einen kurzen Moment war es ganz still im Zimmer, noch nicht mal Alice‘ Gewühle war zu hören.

Doch dann ertönte ein wildes Getrampel und das gewünschte Kleid flatterte in Windeseile aus dem Schrank, Alice stolperte hinterher und plumpste schließlich auf den Boden.

Mit einem gezielten Handgriff schnappte sich Rose das rote Kleid und blickte, eine Braue in die Stirn gezogen, zu ihrer dunkelhaarigen Freundin hinunter, die immer noch auf allen Vieren auf dem Boden hockte.

„Erzählst du mir jetzt endlich mal, was los ist?“ forderte sie, und wieder war es alles andere als eine Frage.

„Musst du nicht zu deiner Strafarbeit?“ sagte Alice grimmig und richtete sich auf.

„Für ein bisschen Klatsch und Tratsch ist immer Zeit“, entgegnete Rose und Alice schien aufzugeben. Augenrollend griff sie nach dem roten Stoff und schenkte ihrer Weasley-Freundin einen verärgerten Blick.

„Na gut, ich erzähle es dir. Aber du musst versprechen nicht böse zu sein“, begann Alice endlich, nachdem sie eine Minute lang das Kleid in ihren Händen gemustert hatte.

Rose machte lediglich eine undefinierbare Bewegung mit ihrer Hand. Was konnte schon so schlimm sein, dass sie böse sein würde.

Mit einem letzten ‚Jetzt-mach-schon-Blick’ kehrte Rose zurück ins Bad.
 

„Okay“, hörte sie Alice sagen. Ein kräftiges Einatmen folgte. „Ich hab ein Date.“

Rose stellte unbeeindruckt ihre, inzwischen saubere, Zahnbürste in den Becher und blickte sich im Spiegel an.

„Na und?“ rief sie Alice entgegen und strich mit ihrer Hand durch ihre Haare. Sie waren immer noch etwas feucht, doch ein Schwenker ihres Zauberstabes würde das schon richten.

„Na ja…“, begann Alice erneut und Rose beugte sich über das Waschbecken, um sich etwas Wasser ins Gesicht zu spritzen. Vielleicht würde sie so ja wach werden, denn wenn Alice nicht gleich mit der Sprache rausrückte, dann schlief sie wieder ein…

„Das Date ist mit Marcus Adlard. Er ist… ein Slytherin.“ Sagte Alice kleinlaut, doch laut genug, damit Rose es hörte.

Mit einem heftigen Ruck richtete sich die Weasley auf und schlug sich dabei den Kopf an einem der Regale an, die über dem Waschbecken hingen. Gerade noch Zeit dazu, sich das Handtuch zu greifen, stürmte Rose aus dem Badezimmer.

Entgeistert blickte sie ihre Freundin an, die fast schon eingeschüchtert mitten im Raum stand und an dem roten Stoff herumfummelte.

„Ein Slytherin?“, fragte Rose nur.

„Hör zu, ich weiß, dass du nicht viel von ihnen hältst, eigentlich ja nur von dem einen nichts, und da dachte ich…“

„Ach, die sind doch alle gleich!“, zischte Rose.
 

„Sind sie nicht! Albus war doch auch immer okay!“
 

„Albus ist ja auch mein Cousin!“
 

„Na und? Er ist aber in Slytherin! Das hat dich bisher auch nie gestört.“
 

„So kann man das nun auch nicht sagen…“
 

„Ach komm schon! Du bist doch nur so drauf, weil Scorpius ein Slytherin ist. Wäre er ein Ravenclaw, dann würdest du eben die hassen. Das hat nichts mit dem Haus zu tun. Sondern nur mit eurem blöden Streit! Und deswegen soll ich jetzt nicht mit Marcus ausgehen? Das kannst du vergessen! Du versaust mir nicht mein Date, nur weil dir der Kerl nicht passt!“
 

Rose starrte ihre Freundin an, unfähig etwas zu sagen. Und das sollte schon etwas heißen, schließlich handelte es sich hier um Rose Weasley.

Zwar waren die Worte der Longbottom nicht ungewöhnlich, schon oft hatte Rose sich so etwas anhören müssen, doch noch nie hatte Rose das alles aus dieser Perspektive gesehen.

Hatte Alice sich etwa immer von irgendwelchen Jungs ferngehalten, weil Rose sie nicht mochte? Nein, das konnte nicht sein. So war Alice doch gar nicht, oder?

„Alice…“, begann Rose, doch sie wusste immer noch nicht, welche Worte sie wählen sollte.

Die Angesprochene dagegen blickte sie nur finster an. Alice war wirklich sauer.

„Nein, Rosie! Es ist meine Sache mit wem ich ausgehe. Deshalb wollte ich es dir ja auch nicht sagen. Weil ich genau wusste, wie du reagieren würdest!“

Wieder nur ein Blinzeln von Rose. Nie hätte sie gedacht, dass Alice ihr so etwas verschweigen würde.

„Alice, hör zu. Es tut mir leid. Du kannst ja ausgehen mit wem du willst, aber…“

„Aber was? Geh aus mit wem du willst, so lange es kein Slytherin ist?“, stieß Alice aus und ihre Stimme hatte deutlich an Lautstärke gewonnen.

„Der ewige Streit zwischen Gut und Böse ist vorbei, kapier das doch endlich Rose!“ spie die Dunkelhaarige der Weasley entgegen und stürmte noch während dem Sprechen ins Bad.

Rose lauschte dem Geräusch des Schlüssels, der sich im Schlüsselloch der Badtür drehte und ließ sich auf ihr Bett sinken.

Warum war Alice denn nur so wütend? Okay, Rose hatte vielleicht etwas überreagiert, aber Slytherin blieb doch nun einmal Slytherin... oder?
 

Seufzend rieb sich die Gryffindore die Beule am Hinterkopf, während ihre Augen fast schon unwillkürlich durch den Raum wanderten und schließlich an der Uhr hingen blieben. Ein weiteres gequältes Stöhnen entfuhr ihr und nur widerwillig stand sie auf.

Schnell quetschte sie sich in ihre Jeans, zog ihren grünen Lieblingspullover über und lief eilig aus dem Gemeinschaftsraum.

Um Alice würde sie sich später kümmern müssen, schließlich wollte sie nicht noch eine Strafarbeit abbekommen, weil sie zu spät zu ihrer Strafarbeit kam.
 

Während Rose also durch die noch ruhigen Korridore wanderte, auf dem Weg zu dem Klassenzimmer, wohin McGonagall sie angewiesen hatte zu gehen, hingen ihre Gedanken immer noch an Alice. Es tat ihr leid, dass ihre beste Freundin so empfand, was Rose anging. Schließlich wollte sie ja nicht, dass Alice wegen ihr auf irgendetwas verzichtete. Natürlich hatte sie Recht gehabt mit dem, was sie gesagt hatte.

Die ewigen Rivalitäten zwischen Slytherin und Gryffindore waren lange vergessen, nur Rose und Scorpius tanzten eigentlich noch aus der Reihe, oder besser gesagt, nach den alten, vergessenen Regeln.

Doch es hatte sich schließlich so eingelebt, was sollte Rose schon dagegen tun.

Seufzend schüttelte die Weasley den Kopf, während sie langsam einen Fuß vor den anderen setze.

Der Gedanke, einfach Frieden mit Scorpius zu schließen, war ihr zwar noch nie direkt gekommen, doch schon oft hatte sie sich gewünscht, einmal nicht in dem Druck zu stehen, besser als er zu sein. Was sich noch dazu ziemlich häufig als ganz schön schwierig gestaltete. Allerdings machte sie es ihm auch nicht leicht.

Ein Grinsen erschien auf Rose‘ Lippen, als sie an sein Gesicht denken musste, als sie das Ohnegleichen in Verwandlung kassierte.

Nein, darauf wollte sie einfach nicht verzichten. Der Anblick war zu schön.

Was wiederum weniger schön war, waren die ganzen Strafarbeiten, die sie sich schon wegen ihm eingehandelt hatte.

Wieder ein Seufzen.

Dabei war das Zusammentreffen von ihr und Scorpius beim Nachsitzen am Mittwochabend das ruhigste, welches die beiden seit langem erlebt hatten.

Und mit Sicherheit auch das ungewöhnlichste, zumindest für Rose…
 

Rose verharrte an der Tür von McGonagalls Büro.

Sie wollte gar nicht wissen, was sie darin erwartete.

Das Nachsitzen bei der Direktorin war allgemein bekannt, und gefürchtet.

Die alte Frau war scheinbar sehr kreativ und dachte sich gerne und oft neue Strafen für ihre liebsten Schüler aus.

Das ließ ja hoffen.

Einmal tief durchatmend hob Rose endlich, wenn auch zögerlich, die Hand um anzuklopfen. Doch ihre Finger hatten das schwere Holz der Tür noch nicht einmal berührt, als eine wohlbekannte Stimme sie zusammenzucken ließ und somit ihr Vorhaben verwehrt wurde.

„Angst, Weasley?“ höhnte Malfoy und schlenderte auf sie zu.

Rose zog ihre Hand von der Tür weg und stöhnte genervt auf, bevor sie sich zu ihm wandte.

„Davor mit dir eingesperrt zu sein? Ja!“ Sie schenkte ihm ein spöttisches Lächeln. Als hätte sie jemals klein bei gegeben, wenn es um ein Wortgefecht mit Scorpius Malfoy ging. Niemals!

Scorpius lachte nur und Rose blickte an ihm herunter. Er trug seine Quidditchuniform, also kam er wohl gerade vom Training.

Im Bauch der Weasley schnurrte etwas triumphierend. Ha! Also musste er sein Training früher verlassen um zum Nachsitzen zu kommen. Wenn das mal kein Sieg auf ganzer Linie war.

Scorpius drängte sich vor sie und klopfte schließlich an die Tür. Fast unmittelbar danach schwang sie auf und Scorpius trat vor Rose in den Raum.

Ein Dufthauch von Dreck, Schweiß und Nässe drang in ihre Nase, als sie hinter ihm herging. Zuerst wollte sie die Nase rümpfen und ein Kommentar ablassen, doch dann vernahm sie noch einen anderen Duft. Sie konnte ihn nicht zuordnen, aber er war weniger abscheulich als die anderen Gerüche. Wesentlich weniger abscheulich!

Er erinnerte sie an die schattenwerfende Sonne am späten Sommerabend, an ein fröhliches Fest unter herbstlich bunten Eichen, an die Unbeschwertheit in den Ferien und die dazu passende, faule Hitze…

Es war unglaublich! Woher kam dieser Geruch?

Doch bevor Rose weiter darüber nachdenken konnte, geschweige denn die Quelle ausfindig machen konnte, ertönte auch schon McGonagalls Stimme.
 

„Da sind Sie ja. Schön.“ Ihre Lippen waren geschürzt. Kein gutes Zeichen.

Rose trat neben Scorpius und erwartete die Strafe ihrer Professorin.

„Sie dürfen dort drüben Platz nehmen“, sprach sie weiter und deutete auf zwei Stühle und Tische in einer Ecke ihres üppigen Büros.

Rose‘ Blick wanderte ebenso wie Scorpius’ zu den Sitzplätzen und zugleich wieder zurück zu Professor McGonagall.

Sollte das etwa schon alles gewesen sein?

Die Antwort kam postwendend.

„Sie werden dort zwei Stunden sitzen. Jeden Mittwoch.“

Die Gryffindore riss die Augen auf und versuchte zu blinzeln. Auch Scorpius rührte sich, allerdings kaum merklich.

„Zwei Stunden Langeweile und Zeit um über ihr unmögliches Verhalten nachdenken zu können, wird ihnen mal ganz gut tun!“

Und damit war McGonagalls Ansprache beendet. Eine letzte Handbewegung in Richtung der Sitzplätze und Rose und Scorpius eilten, einen unsicheren Blick wechselnd, zu den Stühlen.
 

Und dann saßen sie da. Minute um Minute.

Rose hatte die Hände auf dem Tisch gefaltet und ihre Augen hafteten darauf.

In ihrem Kopf schwebte immer noch dieser Geruch und automatisch hob sich ihr Blick.

Vielleicht entkam dieser Duft ja aus einer Quelle hier in McGonagalls Büro? Schließlich war er ihr hier zum ersten Mal aufgefallen…

Also untersuchte sie mit ihren Augen genau jedes Detail in dem Zimmer. Die vielen, silbernen Werkzeuge und Geräte fielen Rose erst jetzt auf. Doch diese schienen den wohligen Duft nicht zu beherbergen. Ihre Augen wanderten weiter, über Regale, Bücher, eine ganze Reihe Einmachgläser mit undefinierbarem Inhalt, einen leeren, aber großen Vogelkäfig, Prof. McGonagall an ihrem Tisch, weitere Regale und Einmachgläser, eine Vitrine voller Süßigkeiten, Scorpius, eine Beckenartige Schüssel mit klarem Inhalt, ein Muggelradio, Scorpius… Moment.

Rose‘ Blick blieb an Scorpius hängen. Fast schon verwirrt blinzelte sie ihn an. Er hatte ihren Blick noch nicht bemerkt, starrte nur auf einen unsichtbaren Punkt im Raum, während er lässig auf seinem Stuhl hing.

Das konnte doch nicht sein, oder?

Rose war sich sicher, dass kein Ding in diesem Raum den Duft versprühen könnte.

Nein, ein Ding nicht, aber vielleicht ein Mensch.

Dann plötzlich wandte Scorpius seinen Kopf um und sein kalter Blick traf auf Rose.

Hektisch drehte sie sich um und ab diesem Moment sah sie ihn nicht mehr an.

Sie konzentrierte sich darauf, nicht durch die Nase zu atmen, sondern durch den Mund und beinahe akribisch klebten ihre Augen auf ihren Fingern.
 

Kein Mucks entwich den beiden Schülern.

Scorpius warf Rose noch ein paar misstrauische Blicke zu, Prof. McGonagall hob lediglich zweimal ihre Brauen und Rose bemühte sich darum, schnellstmöglich aus dem Raum zu verschwinden, sobald die Direktorin das Freizeichen gab.


 

Die Weasley schüttelte sich leicht.

Es war einfach unmöglich, dass dieser doch so gute Geruch von Scorpius ausging.

Erst recht nicht, da er diesen dreckigen Umhang trug.

Mal abgesehen von der Person, die drin steckte.

Rose musste es sich eingebildet haben, genau.

Dass die Gryffindore sich jedoch bemühte, den Duft nicht aus ihrer Erinnerung zu verlieren, ignorierte sie.

Erfolgreich.
 

„Miss Weasley, da sind Sie ja endlich“, sagte Prof. McGonagall und ihre Lippen wackelten etwas eigenartig, als Rose das Klassenzimmer betrat, in dem besagte Lehrerin, Scorpius und Albus schon warteten.

„Entschuldigen Sie, Professor McGonagall“, entgegnete Rose und sie versuchte angestrengt nicht Albus’ Blick zu begegnen, denn dieser ließ es sich in einem Moment der McGonagall’schen Unaufmerksamkeit bestimmt nicht nehmen, eine Grimasse gegenüber Rose zu ziehen.

Die Mundwinkel der Gryffindore zuckten zu einem Grinsen.

Prof. McGonagall nickte kurz und wandte sich zum Raum hin.

„Ich habe hier schon ein paar Dekorationen vorbereitet.“ Ihre Hand deutete auf mindestens zehn Kisten.

„Die werden sie zusammenbasteln, ohne Magie!“ fügte sie noch hinzu, als Albus schon freudestrahlend nach seinem Zauberstab griff. Sein Strahlen erlosch augenblicklich.

„Ich werde in zwei Stunden wieder nach Ihnen sehen. Also strengen Sie sich an.“ Ein weiteres Nicken und die Direktorin eilte aus dem Zimmer.
 

~
 

„Oh Mann, das ist echt total bescheuert!“, stieß Albus aus und ließ den Riesenkürbis aus Pappe auf den Boden fallen.

Scorpius, der ihm gegenüber saß, lachte.

„Ich weiß gar nicht was du hast, du scheinst in dem Handwerk doch total aufzugehen!“ sagte er unter seinem Gelächter und hob vergleichend seinen und Albus’ Kürbis in die Höhe. Im Gegensatz zu dem des Potters glich Scorpius’ eher einer Birne.

Albus grinste schief. „Ich bin eben ein Naturtalent. Obwohl das unter euch ja nicht so schwer ist“, sagte er und sein Blick huschte zu Rose, die etwas abseits saß und stumm vor sich hin schnitt und klebte. Albus’ Grinsen wurde breiter.

„Ihr beiden solltet einen Club gründen. Der Club der absolut talentfreien Bastler.“ Mit einer ausschweifenden Handbewegung unterstrich er seine Aussage und prustend wandte er sich erwartungsvoll zu Rose. Auch Scorpius ließ ein Lachen hören, doch seines klang eher spöttisch. Beide Augenpaare richteten sich auf Rose, blau und grün waren auf sie geheftet. Doch die Weasley blieb weiterhin stumm, nur das Schneiden ihrer Schere war zu hören.

Die beiden Jungs wechselten einen Blick, woraufhin Albus ratlos mit den Schultern zuckte.

„Rosie? Lebst du noch?“, sagte der Potter, als seine Augen wieder seine Cousine suchten.

Die Angesprochene blickte auf und schien erst jetzt zu realisieren, dass sie gerade angesprochen wurde.

Im Gegensatz zu den sonstigen Blicken jedoch, mit denen sie die beiden immer ansah, war dieser ein komplett anderer. Sonst hatte sie für die Slytherins nur wütende, erzürnte, aber auch hämische Blicke übrig.

Dieser jedoch zeugte von keinem der eben beschriebenen Gefühle.

Ihre dunklen Augen bargen eher Gedankenlosigkeit, Hilflosigkeit und Schuld.

Albus zuckte schon fast zusammen, als er diese ungewohnte, wenn auch nicht unbekannte, Seite von Rose sah.

Scorpius schien einen Moment daran festzuhängen, wandte sich aber gleich wieder seinem Kürbis zu.
 

„Was ist?“ fragte Rose.

Albus lachte matt. „Sag mal, was ist los mit dir?“

„Was meinst du?“ entgegnete sie und ihre Frage war so gar berechtigt. Sie wusste nicht, worauf ihr Lieblingscousin hinauswollte. Sie hatte doch gar nichts getan…

„Na ja, du bist so still. Das ist man nicht von dir gewohnt.“ Wieder war Albus‘ Stimme in ein Lachen getränkt, doch dieses war bitterer.

„Ach echt?“ fragte sie wieder.

Der Potter hob eine Augenbraue und sein Blick huschte zu Scorpius. Dessen Aufmerksamkeit war geweckt und auch er schaute verwirrt drein.

Seit wann war Rose im Zusammensein mit Albus Potter und Scorpius Malfoy so friedselig?

Albus seufzte und stand auf.

„Jetzt spuck’s schon aus. Was ist los?“ sagte der Dunkelhaarige, als er die wenigen Meter, die ihn und Rose trennten, überbrückt hatte und sich zu ihr setzte.

Rose fummelte nur nervös an dem Stück Pappe herum, hin und wieder huschte ihr Blick zu Scorpius, der versuchte, seinem Kürbis eine rundliche Form zu verleihen.

Albus bemerkte diese scheuen Blicke und schüttelte genervt den Kopf.

„Jetzt vergiss doch mal diesen blöden Streit. Was.Ist.Los?“

Dieses Mal seufzte auch Rose und resigniert warf sie das verhunzte Kürbisteil in eine Ecke.

„Na gut, es geht um Alice!“

„Alice?“ hakte Albus nach. Normalerweise gab es nie Schwierigkeiten zwischen Rose und Alice.

„Ja, wir haben uns gestritten.“ Sprach sie endlich aus und Albus’ Augenbrauen schossen in die Höhe.

„Ihr hattet doch noch nie Streit. Um was ging’s denn?“

Scheinbar hatte der Potter es geschafft, mit diesen wenigen Worten Rose Weasley auftauen zu lassen, denn diese sprang auf, die ganzen Schnipsel fielen von ihrem Schoß, und warf laut fluchend die Arme in die Luft.

„Ach, es war total unnötig! Sie ist völlig ausgeflippt!“ rief sie und stampfte im Raum umher, während sie ihrer Wut freien Lauf ließ.

Albus und Scorpius tauschten wieder nur einen Blick, der sowohl Belustigung als auch etwas Ehrfurcht widerspiegelte.

„Sie hatte mich heute Morgen aus dem Bett geworfen, da war sie noch total gut gelaunt. Und dann, dann kommt sie auf einmal mit dieser Bombe! Ich konnte es gar nicht glauben!“

Wieder eine Reihe von Flüchen.

„Ich meine, von mir aus kann sie ausgehen mit wem sie will! Aber muss es unbedingt ein Slytherin sein?“

Der Satz war noch nicht ausgesprochen, als sowohl von Albus, als auch von Scorpius ein beleidigtes „HEY!“ erklang.

Rose rollte mit den Augen.

„Ach, stellt euch nicht so an!“, fauchte sie, womit sie sich wieder setzte.

„Alice hat also ein Date?“, hakte Albus nach und versuchte den Konfliktpunkt ausfindig zu machen.

„Ja!“ zischte Rose.

„Mit einem Slytherin?“

„Jaha!“

„Und weiter?“

Wieder seufzte Rose. „Ich weiß nicht! Ich meine, von mir aus kann sie machen, was sie will. Aber… ach, ich weiß ja auch nicht!“

Sie zog die Arme an die Brust und verschränkte sie davor, während sie ihre Beine übereinander schlug. Die Weasley-Trotzhaltung.

Der Potter zog die Stirn kraus. „Also ich versteh das nicht. Wieso habt ihr euch denn nun gestritten?“

„Keine Ahnung. Ich weiß ja, dass die Feindschaften nicht mehr so…intensiv sind wie vor ein paar Jahren noch.“

Unwillkürlich suchten ihre Augen Scorpius, der stumm auf den Boden blickte.

„Aber sie ist einfach ausgerastet. Und…“ Rose stockte mit ihrer Wortauswahl.

„Ja? Was und?“ fragte Albus.

„Sie…“, begann die Weasley wieder, stotternd. „Sie meinte, ich wäre nur so wegen…“ sie deutete ausschweifend auf den Malfoy.

„Oh. Verstehe“, meinte Albus nur und Scorpius rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her.

„Na ja…“ sagte der Dunkelhaarige. „Darüber muss ich euch ja wohl nicht mehr viel sagen. Was ich darüber denke, wisst ihr ja.“ Albus streckte sich grinsend auf seinem Stuhl aus und erntete sofort einen Klaps auf den Kopf von Rose.

Nach einem kleinen Lachanfall von dem Potter und einem endlich wieder erscheinenden Lächeln auf Rose' Lippen bewegte sich Albus Hand zu seinen Haaren. Eine typische Geste, die wohl in der Familie lag.

„Mit wem hat Alice eigentlich ein Date? Wenn es ein Slytherin ist, kennen wir ihn bestimmt.“ Er nickte kurz zu Scorpius, der zum wiederholten Male von seinem misslungenen Kürbis aufsah.

„Warte…sie hat mir den Namen genannt. Irgendetwas mit K….“ überlegte Rose und tippte sich an ihr Kinn. „Ah, ich weiß es wieder! Marcus Adlard. So hieß er.“

Albus prustete los.

Irgendetwas mit K?“ lachte er. „Na wenn du es sagst…“

Doch das Gelächter des Potters wurde unterbrochen.

„Marcus Adlard, sagst du?“, mischte sich Scorpius das erste Mal ein.

Rose war schon fast etwas verwundert, warum der Malfoy einen so, mehr oder weniger, normalen Ton auflegte. Doch wenn man mal tatsächlich von ihren Streitereien absah, dann war auch der angeschlagene Ton kein normaler. Zumindest nicht in diesem Zusammenhang. Scorpius’ Stimme klang ernst, seine Stirn lag in Falten und sein Blick ruhte ganz still auf Rose. Dass Albus bei den Worten seines Freundes sofort verstummte, minderte die seltsame Wirkung nicht. Albus war normalerweise schwer zu stoppen, befand er sich erst einmal in einem ausgewachsenen Lachanfall.

Doch Scorpius schien es geschafft zu haben.

„Ja“, nickte Rose und sie musste sich anstrengen, dass ihre Stimme unter Scorpius’ Blick nicht brach. Die neue, unbekannte Art, die der Malfoy in diesem Moment an den Tag legte, behagte der Weasley gar nicht.

Nicht, weil er sie einschüchterte, sondern, weil es einfach unangenehm war.

Unangenehm deshalb, weil sie es nicht gewohnt war, Scorpius Malfoy in dieser Haltung zu sehen.

Ernst, erwachsen, ruhig.

Sie hatte bisher nur mit vorlaut, skrupellos und zynisch Bekanntschaft gemacht.

Sie schluckte schwer und wandte den Blick von dem Slytherin ab, ihre Augen wanderten zu Albus.

„Was ist mit ihm?“, fragte sie.

Wieder ein vielsagender Blickwechsel unter den Jungen. Und Rose stöhnte auf.

„Bei Merlin! Könntet ihr mal bitte damit aufhören? Eure blöden, ‚ach so geheimen’ Blicke sind nicht sehr hilfreich!“, zischte sie und schaute erzürnt von Albus zu Scorpius und wieder zurück.

Albus grinste, auch wenn es nur von kurzweiliger Dauer war.

„Marcus Adlard ist ein seltsamer Typ“, sagte er endlich.

„Aha“, machte Rose nur.

„Ja, er ist erst in der 6. erst nach Hogwarts gekommen. War vorher in Durmstrang.“

Rose nickte. Jetzt, wo Albus es erwähnte, da fackelten auch die ein oder anderen Erinnerungslichter in ihrem Kopf. Sie wusste von diesem neuen Schüler, doch er wurde nicht bei der alljährlichen Einteilungszeremonie vorgeführt –wahrscheinlich, weil er schon so alt war- und da er scheinbar nach Slytherin eingeteilt wurde, hatte sie auch gar nicht mehr an ihn gedacht. Wenn sie recht überlegte, dann hatte sie ihn auch noch nie wirklich gesehen. Vielleicht. Irgendwann mal auf dem Gang, in der großen Halle, im Unterricht. Das war schon möglich. Aber wie er genau aussah, konnte sie nicht sagen.

Aber nur weil er vorher in Durmstrang war und sich nicht oft blicken ließ, hieß das ja noch lange nicht, dass er seltsam war.

„Und was genau ist an ihm so seltsam?“ hakte Rose nach.

„Ich weiß auch nicht“, begann Albus. „Er ist riesig. Ein echt großer Typ, aber nicht normal, das sag ich dir. Das hat nichts mit einem plötzlichen Wachstumsschub zu tun. Außerdem hat er immer diesen düsteren Blick drauf. Und das ist wirklich seltsam. Aber die Mädels scheinen drauf zu stehen.“ Die letzten Worte seufzte der Potter eher und Scorpius grinste geräuschvoll, worauf hin Albus ihm ein Papierknäuel an den Kopf warf. Das wiederum verlieh Rose ein Grinsen.

„Also sieht er gut aus?“, fragte Rose nach der kleinen Papierschlacht.

Albus zuckte mit den Schultern und ein hilfesuchender Blick huschte zu Scorpius.

Dieser lächelte nur süffisant, bevor er aufstand und sich ausstreckte.

„Er ist der typisch Gutaussehende. Schwarze Haare, dunkle Augen. Kleine, naive Mädchen sehen in ihm bestimmt den Gott auf Erden. Also ja, in deinen Augen wird er wohl gut aussehen.“

Aha, da war es also wieder. Das Malfoy-Gen ist aus seiner Pause zurückgekehrt.

Sofort stand auch Rose auf ihren Beinen, die Arme vor der Brust verschränkt.

„Ach, du glaubst also mir würde diese Art Mann gefallen, ja?“ konterte Rose.

Scorpius zuckte mit den Schultern. „Wer weiß. Es ist nicht das erste Mal, dass ein unschuldiges Mädchen auf sein Aussehen hereinfällt.“ Immer noch dieses Grinsen.

„Keine Sorge, so unschuldig bin ich nicht mehr, dass ich auf ein Aussehen reinfallen würde“, sagte sie. „Aber Hey, tu dich doch mal mit ihm zusammen. Dieser Marcus kann dir bestimmt ein Paar gute Tipps geben.“

Albus prustete los und Scorpius kaute angestrengt auf seiner Zunge. Rose grinste nur siegessicher.
 

~
 

„Schön. Sehr schön“, urteilte Prof. McGonagall über Albus’ gefertigte Kürbisse, als sie nach zwei Stunden wiederkam. Bei der Entdeckung von Rose‘ und Scorpius’ abstrakten Versionen änderte sie zwar ihre Meinung nicht, doch ihre rechte Augenbraue zuckte etwas merkwürdig.

„Gut“, sagte sie wieder. „Nächsten Samstag, gleiche Zeit, gleicher Ort.“

Mit diesen letzten Worten schickte die Direktorin die Drei hinaus, ein „Husch, husch!“ wies sie an, sich zu beeilen.

Kaum waren sie auf den Flur getreten, rauschte Prof. McGonagall auch schon um die nächste Ecke, ihr Umhang bauschte sich hinter ihr auf.

„Die hat es ja eilig“, Lachte Albus. „Also, was machen wir jetzt?“ Ungewohnter Weise huschten seine Augen zwischen Scorpius und Rose hin und her. Die letzten Minuten waren so freundschaftlich abgelaufen, sodass Albus den jahrelangen Krieg schon beinahe zu vergessen haben schien.

Die Angesprochenen hoben fast zeitgleich die Brauen.

„Ich gehe lernen“, sagten beide und während Albus seinen üblichen Nörgelattacken verfiel grinsten Rose und Scorpius nur.

„Wie hätte es auch anders sein können… Ihr seid echt schrecklich.“ Seufzte Albus und mit einer wegwerfenden Handbewegung schlenderte er in Richtung Slytheringemeinschaftsraum, Scorpius folgte ihm.

Rose dagegen schlug den anderen Weg ein. Sie hatte vor, Alice von diesem Marcus zu berichten und – wenn sie überhaupt schon von ihrem Date zurück war - sich zu entschuldigen. Das war sie ihr schuldig…

„Hey, Weasley!“, ertönte dann jedoch eine Stimme hinter ihr und Rose wandte sich wieder um. Scorpius war auf halbem Wege stehen geblieben, Albus hinter ihm drängelte schon.

„Arbeite nicht zu viel. Stress verursacht Falten!“, sagte der Malfoy und seine Lippen verzogen sich zu einem schiefen Grinsen.
 

Eigentlich hätte Rose verwirrt sein müssen. Das war ihr bewusst. Diese Anspielungen waren zwar üblich, doch nicht mit diesem lächelnden Unterton.

Aber verwirrender Weise war Rose nicht verwirrt.

Die letzten zwei Stunden hatte sie mit Scorpius in Frieden verbracht.

Na ja, zumindest friedlicher als sonst. Könnte, oder besser gesagt wollte, man die vergangenen Jahre des kleinen Krieges vergessen, so bestünde eine Chance, auf ein sanftmütiges Miteinander.

Wie gesagt, wenn man es wollte…
 

„Keine Sorge. Meine Haut bleibt weich wie ein Baby-Popo“, schmunzelte Rose und mit dem nächsten Schritt war sie um eine Ecke verschwunden. Selbst einige Meter weiter konnte sie Scorpius' Lachen noch hören.
 


 

Es war seltsam.

So konnte doch nur eine Krise zwei verfeindete Mächte zusammenbringen.

So musste erst etwas geschehen, bevor der Krieg zwischen Rose Weasley und Scorpius Malfoy seine Ruhe fand.

Vorerst.

Seltsame Geschehnisse

Hallöchen ihr lieben:D

Ich melde mich wieder mit einem neuen Kapitel.

Ich weiß, ich weiß, die schnellste Schnie von Mexico |D

Aber ich kann meine Finger einfach nicht zurück halten, alles ihre Schuld u.u
 

Ich hoffe, ihr mögt das nächste Kapitel. Ich mag es nämlich sehr :)

Dieses Mal habe ich mich an einem Zitat aus einem Film bedient. Das mach ich ja zwar sonst nicht, aber ich fand einfach, dass es perfekt passt ^.^

Mal sehen, ob ihr es entdeckt.

So und nun viel Spaß beim Lesen.
 

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Kapitel 5:      Seltsame Geschehnisse
 

Mit schnellen Schritten irrte Rose Weasley durch die Korridore. Ihre schwarzen Augen huschten über die vereinzelten Schülermengen, die inzwischen aus ihren Betten gekrochen waren. Dann und wann blieb ihr Blick auf einem schwarzen Haarschopf hängen. Doch immer wieder stellte sich heraus, dass der schwarze Haarschopf nicht der gewünschte war und so suchte Rose weiter.

Seit vor einer Stunde die Strafarbeit zu ende war suchte die Weasley nun schon nach Alice. Natürlich hatte sie zuerst den Gemeinschaftsraum durchforstet. Doch weder in diesem, noch im Schlafsaal war die Longbottom zu finden. Also musste sie wohl noch auf dem Date sein.

Seufzend verlangsamte Rose ihre Schritte und mit einer Handbewegung durch ihre Haare lehnte sie sich gegen eine steinerne Wand. Die Augen geschlossen ließ sie den Kopf, vielleicht etwas zu heftig, gegen die kühlen Steine schlagen und wieder wanderte ihre Hand durch die Haarpracht.

Wo konnte Alice nur sein?

Überall schon hatte sie gesucht. Im Gemeinschaftsraum, in der Bibliothek, in der großen Halle, auf den Ländereien, in der Eulerei, auf dem Astronomieturm. Einfach überall.

Doch von Alice keine Spur.

Ein weiteres Seufzen und Rose öffnete wieder die Augen.

Hoffentlich stellte Alice in dieser Trotzreaktion, in der sie sich im Moment sicherlich befand, nichts Dummes an.

Rose schüttelte es am ganzen Körper.

Nein, hoffentlich nicht.

Und dafür musste sie sorgen. Schließlich waren Freundinnen dazu da, einander zu helfen. Und Alice musste geholfen werden.

Den alten Ehrgeiz wieder gewonnen, marschierte die Gryffindore weiter durch die Gänge. Immer wieder befragte sie Bekannte und andere Freunde nach Alice, doch niemand schien sie gesehen zu haben.

Langsam überkam Rose ein seltsames Gefühl.

Was, wenn Alice etwas geschehen war? Wenn dieser Marcus wirklich so ein übler Kerl war, wie Albus und Scorpius sagten?

Bei Merlin, daran durfte sie jetzt gar nicht erst denken…
 

Weiter und weiter lief sie durch den Irrgarten Hogwarts’. Jedes Geräusch, jeder Schritt wurde genau unter die Lupe genommen. So langsam glaubte Rose, dass sie eine Art Zwang entwickelte. Bei jedem Geräusch zuckte sie innerlich zusammen. Ein Grinsen huschte über ihre Lippen, als sie in einen weiteren dunklen Korridor abbog. Wenigstens hatte sie ihren Humor nicht verloren.

Als wäre alles geplant gewesen, vernahm sie plötzlich ein wohlbekanntes Lachen. So glockenhell und hysterisch, wie es nur von einer Person kommen konnte.

Abrupt blieb Rose stehen.

Durch die hohen Wände schallte das Lachen durch die Gänge und Rose konnte nicht ausmachen, aus welcher Richtung genau es kam.

Doch gerade als sie sich umdrehte, regte sich etwas am Ende des Ganges und

Alice kam laut lachend um die Ecke geschlendert. Ihr Gesicht war erhitzt und etwas glitzerte in ihren Augen.

Fast schon automatisch hielt Rose die Luft an. Ein letztes Wappnen, bevor sie schließlich auf Alice zu trat und sich bemerkbar machte.

„Alice“, sagte sie und die Angesprochene hielt sofort inne. Ihr Lachen verschwand und machte einer eisigen Miene Platz.

„Können wir kurz…“, begann Rose doch ihre Stimme versagte, als ein Junge, nein, ein junger Mann, hinter Alice auftauchte.

Als hätte dieser junge Mann sie in seinen Bann gezogen, konnte sie einfach nicht mehr weitersprechen. Er sah so unglaublich gut aus. Rabenschwarze Haare, dunkle, geheimnisvolle Augen, große, athletische Statur und dann dieses neckende Lächeln auf den Lippen.

Ein Gott auf Erden.

Er trug keine Schuluniform. Natürlich nicht, es war ein Samstag. Also konnte Rose nicht sagen, zu welchem Haus er gehörte.

Aber war es möglich, dass dieser Junge…?

Erst als Alice das Standbein wechselte bemerkte Rose, dass sie den Jungen die ganze Zeit angestarrt hatte. Das amüsierte Grinsen auf dessen Gesicht, bestätigte ihre peinliche Einsicht lediglich.

Rose begann zu stottern. „Ich…äh… Alice, könnten wir…“

Sie musste sich konzentrieren, den Blick nicht wieder auf den Jungen zu lenken und so beschloss sie letztlich, die Augen einfach zu schließen.

„Alice, könnten wir vielleicht kurz mit einander reden?“, sagte die Weasley schließlich und als sie die Augen wieder öffnete, hatte sich, zu ihrem Leidwesen, die Szene nicht verändert.

Alice’ kalter Blick ist nicht gewichen, nein. Aber dafür hatte sie zusätzlich noch ihre Arme verschränkt und den Kopf schief gelegt. Rose fühlte sich furchtbar. Alice’ Blick schien sie geradezu zu demütigen.

Sie begann an einer ihrer Haarsträhnen herum zu fummeln, immer noch bemüht, den Jungen nicht anzusehen.

„Ich habe dir nichts zu sagen“, schoss Alice heraus und ihre Stimme glich in Klang und Farbe ihrem Blick.

Rose war dermaßen schockiert und überrascht von dieser bisher unbekannten Art ihrer Freundin, dass sie total vergaß, nervös wegen der Anwesenheit eines so gutaussehenden Jungen zu sein. Perplex blinzelte sie die Longbottom an, ihre Unterlippe zitterte ganz leicht. Die passenden Wörter wollten ihr einfach nicht einfallen. Gab es dazu eigentlich passende Wörter?

„W… was soll das heißen?“, sagte sie endlich. Immer noch zitternd.

„Dass ich nicht mit dir reden will. Das soll es heißen!“, zischte Alice als Antwort und mit einem Nicken zu dem Jungen, der immer noch still hinter ihr verweilte, stolzierten sie an Rose vorbei.

Eine winzige Weile starrte Rose auf den Punkt, an dem Alice vor wenigen Sekunden noch stand. Unfähig, zu handeln, zu sprechen.

Was war mit ihrer Alice passiert?

Dieses Wesen dort war jedenfalls nicht die Alice, die Rose kannte. Jemand musste sich ein Alice-Kostüm angezogen haben, genau.

Und die wahre Alice war irgendwo versteckt.

So war es bestimmt.

So musste es sein.

Warum konnte es nicht einfach so sein?

Rose ließ die Schultern hängen. Dass die wahre Alice irgendwo in den Gemäuern Hogwarts gefangen gehalten wurde war absurd. Aber umso mehr traf sie die Alice, die gerade noch vor ihr gestanden hatte.

Sollte sie jetzt einfach aufgeben?

Sie mit diesem Marcus ziehen lassen?

Oh Nein! Was hatte sie gerade eben noch gedacht? Freundinnen waren dazu da, einander zu helfen. Oh ja, und das würde sie auch tun.

Das Weasley-Kampf-Gen hatte wieder die Überhand ergriffen.

Mit einem Ruck drehte Rose sich um, Alice und der Junge steuerte gerade die nächste Ecke an, um dahinter zu verschwinden.

„Aber ich will mit dir reden!“, rief Rose und ballte die Fäuste. Am liebsten hätte sie noch mit dem Fuß aufgestampft, doch sie hatte das Gefühl, dass diese Handlung kontraproduktiv gewesen wäre.

Mit erzürnter Miene wartete die Weasley auf eine Antwort, als Alice sich umwandte.

„Das interessiert mich aber nicht“, sagte Alice und der Ton, so leise, unbeeindruckt, gleichgültig, ließ Rose’ so eben noch gewonnene Kampfhaltung endgültig zusammenbrechen.

„Marcus, wir gehen.“ waren die letzten Worte, die Alice aussprach, bevor sie in der Dunkelheit verschwand und Rose in ihrer da gelassenen Kälte zurückließ.
 

~
 

Die Tage vergingen, mal zu langsam, mal zu schnell. Doch seltsamerweise nie richtig.

Alles schien verkehrt zu sein, seit Rose Weasley und Alice Longbottom den Pakt der Lautlosigkeit geschlossen haben.

Schweigen war nun die erste Priorität unter den ehemaligen Freundinnen.

Ab und an konnte man einen verächtlichen Funken in den Augen einer Gryffindore erkennen.

Ab und an einen Funken Traurigkeit in den Augen der anderen.

Doch immer schritten sie auf dem Teppich der Verschwiegenheit, in welcher Situation sie auch sein mochten.

Das ging so weit, dass nicht nur engste Freunde die Veränderung realisierten, sondern auch Außenstehende.

Sogar Slytherins.
 

Scorpius Malfoy war auf dem Weg zum Nachsitzen.

Wie er es hasste.

Als wäre es nicht schlimm genug, zwei Stunden einfach nur da zu sitzen, ohne etwas tun zu dürfen. Nein, er musste auch noch früher von seinem Quidditchtraining abtreten, um zwei Stunden einfach nur da zu sitzen, ohne etwas tun zu dürfen.

Es war eine Qual.
 

Doch diese zwei folgenden Stunden sollten interessanter werden. Dies wurde Scorpius spätestens dann bewusst, als er, vier Minuten zu spät, McGonagalls Büro betrat.

Dass die alte Hexe es sich nicht nehmen ließ, ihm die Hölle heiß zu machen, wunderte ihn nicht. Doch dass Rose Weasley, ganz Rose Weasley untypisch, einfach nur dasaß, scheinbar nicht mal richtig zuhörte, geschweige denn einen Kommentar dazu beisteuerte, und lediglich Löcher in die Luft starrte, wunderte den Malfoy wesentlich mehr.

Nach dem Zusammenstauchen der Direktorin nahm auch Scorpius schweigend auf seinem Stuhl Platz. Die Tischreihe war genauso angerichtet wie beim letzten Mal, also musste Scorpius den Kopf wenden um Rose ansehen zu können. Irgendetwas war anders an ihr, doch er konnte nicht sagen, was es war.

Eine äußerliche Veränderung?

Nein. Sie sah aus wie immer.

Vielleicht trug sie neue Kleider?

Auch nicht. Sie trug die Schuluniform.

Also musste es etwas anderes sein.

Die blauen Augen des Malfoy huschten kurz zu Professor McGonagall, die an ihrem Schreibtisch saß und vor sich hin arbeitete.

Gut, so konnte er Rose ungestört beobachten. Was sollte er auch sonst tun?

Sein Blick richtete sich wieder auf Rose und als hätte die Weasley plötzlich einen Vorhang der Äußerlichkeiten fallen gelassen, erfassten Scorpius die Gefühle und Empfindungen, die Rose’ Veränderung zeichneten.

Sie war traurig.

Ungläubig, geschockt, verwirrt und irgendwie auch fasziniert blinzelte Scorpius das Mädchen neben sich an.

Natürlich war ihm klar, dass Rose Weasley Gefühle besaß, auch wenn sie diese gut zu verstecken wusste. Doch noch nie hatte er sie so gesehen.

Sie wirkte richtig verletzlich. In seiner Nähe hatte sie immer nur die starke Weasley geprobt, mit ihren Sprüchen und knallharten Worten.

Wenn einer seiner Streiche ihr jemals nahegegangen war, dann wusste sie dies zu verbergen, oder er hatte sich nie dafür interessiert.

Wenn er recht überlegte, hatte er sich mit Rose immer nur im Zusammenhang von Klausuren, Wettbewerben oder Wortgefechten beschäftigt. Wie die Gryffindore wirklich war, wusste er nicht. Albus kannte sie, aber er sprach nur selten von ihr, da er wusste, welchen Groll Scorpius gegen sie hegte.

Scorpius kannte sie nicht. Kein Stück.

Das einzige von ihr, von dem er sagen konnte Ja, das kenne ich, war ihre selbstsichere Art, mit der sie ihm schon mehr als einmal entgegengetreten war.

Ja, die kannte er nur zu gut.
 

Als Prof. McGonagall von ihren Unterlagen aufblickte und sich erhob, ruhte Scorpius’ Blick immer noch auf Rose.

„Ich muss Sie für ein Paar wenige Minuten alleine lasse. Stellen Sie keinen Unsinn an!“, sagte sie in strengem Ton und eilte aus der Tür.

Rose schien durch diese Unterbrechung der Stille zum ersten Mal aufzusehen und so bemerkte sie auch den Blick des Malfoy.
 

„Was ist?“, fauchte sie, als McGonagall die Tür hinter sich schloss.

Scorpius’ schlichte Miene ließ ein Grinsen erkennen. Rose hatte ihre alte Art also nicht abgelegt. Seltsamerweise verlieh ihm diese Tatsache ein wohliges Gefühl in der Magengegend.

„Nichts.“, schmunzelte er und Rose schnaufte geräuschvoll.

„Bei dir ist nie nichts“, sagte sie und sah ihn herausfordernd an.

Diese Worte entlockten Scorpius ein Lachen.

„Gut zu wissen“, entgegnete er unter seinem Gelächter. Doch die nächsten Worte, so plötzlich und unerwartet sie auch kamen, waren in keinen Hohn getaucht.

„Dann sind wir ja schon zwei.“, stellte er fest und seine blauen Augen schienen Rose fast anzuklagen. Der argwöhnische Unterton in seiner Stimme ließ sie unruhig auf ihrem Stuhl herumrutschen. Sein Blick machte sie nervös.

Er hatte also bemerkt, dass sie schlecht gelaunt war?

Na und, was sollte das schon. Schließlich gab es nur wenige, die davon noch nichts wussten.

„Und jetzt? Willst du nicht irgendeinen blöden Witz darüber reißen?“, zischte sie und mit sturem Blick starrte sie wieder gerade aus.

„Wenn du mich kurz überlegen lässt, fällt mir bestimmt etwas ein.“, erklärte er, immer noch belustigt.

Rose schnaubte erneut und Scorpius’ Augen ruhten nach wie vor auf ihr, was der Weasley nicht entging.

„Warum schaust du mich die ganze Zeit an? Das nervt!“, rief sie fast schon und warf ihm einen grimmigen Blick zu.

„Ich weiß auch nicht“, sagte der Malfoy. „Irgendwie bist du heute interessanter als sonst.“

Rose verrollte die Augen. „Oh… Wow“, stöhnte sie sarkastisch.

„Was?“, fragte Scorpius nach, etwas überrascht von ihrer Antwort. Zwar konnte man es voraussehen, dass Rose Weasley bestimmt nicht auf solche Sprüche hereinfiel, erst recht nicht wenn sie von ihm kamen, doch er war solche Antworten einfach nicht gewohnt.

Und wieder bohrten sich seine Augen in ihre.

„Hör endlich auf mich anzustarren!“, rief Rose ihm entgegen und sprang vom Stuhl auf.

Im selben Moment trat Professor McGonagall wieder in das Büro und nach einem kurzen Moment, in dem sie scheinbar versuchte zu begreifen, warum Rose Weasley aufbrausend vor Scorpius Malfoy stand, räusperte sie sich laut.

„Was geht hier vor?“, fragte sie im bekannten strengen Ton.

Rose wich sofort zurück und sah schuldig zu Boden, Scorpius dagegen erhob sich ebenfalls.

„Nichts, Professor. Entschuldigen Sie, es war bloß ein Missverständnis“, erklärte er und Rose, die neben ihm stand blinzelte nur verwundert.

Professor McGonagall schien einen Moment zu überlegen, nickte dann aber.

„Gut. Die Zeit ist nun sowieso schon um. Also, raus mit Ihnen.“, sagte sie und deutete auf die goldene Sanduhr, die auf ihrem Tisch stand.

Rose und Scorpius, beide gleichermaßen verwirrt, wechselten einen kurzen Blick, eilten aber ohne Widersprüche hinaus.

Scheinbar hatte sowohl Rose als auch Scorpius gar nicht bemerkt, wie schnell die Zeit verging.

Als die Direktorin die Tür hinter ihnen schloss, wandte sich Rose zu ihrem Gegenüber. Die Reaktionen von Scorpius waren wirklich merkwürdig gewesen. Sie fand sogar, dass die Beschreibung unheimlich ganz gut passen würde. Doch nichts desto trotz hatte er ihr aus der Patsche geholfen. Und dafür sollte sie sich bedanken. Schließlich war sie eine Gryffindore.

Gerade als sie den Mund öffnen wollte, um etwas zu sagen, auch wenn sie nicht wirklich wusste, was, unterbrach er ihre noch nicht ausgesprochenen Worte.

„Schon okay“, sagte er auf ihren stummen Dank und Rose schloss ihren geöffnet Mund geräuschvoll, wieder einmal überrumpelt von Scorpius Malfoy.

Dieser grinste nur, als er sich umdrehte und durch den dunklen Korridor zurück zum Slytheringemeinschaftsraum ging.

„Warte“, sagte Rose laut, sobald sie ihre Stimme wieder gefunden hatte.

Er blieb sofort stehen, ohne Umschweife, wandte sich aber nicht zu ihr um.

„Wieso hast du das gemacht? Ich meine, du hättest mir dort drinnen die schlimmste Strafarbeit in der Geschichte Hogwarts’ an den Hals jagen können. Das war doch sonst immer eines deiner größten Hobbys“, sagte sie.

Für einen kurzen Moment war es ganz still.

„Mh“, machte Scorpius und dann zuckte er mit den Schultern. „Keine Lust. Außerdem dachte ich, du brauchst auch noch etwas Zeit zum Lernen. Wer sonst sollte es denn dann mit mir aufnehmen?“

Auch wenn Rose sein Gesicht nicht sehen konnte, hörte sie an seiner Stimme das Lächeln, das mit Sicherheit in diesem Moment seine Lippen zierte.

Scorpius hob lediglich noch eine Hand als Abschiedsgruß und verschwand schließlich nach ein Paar Schritten in der Dunkelheit.

Rose sah ihm nach, bis er nicht mehr zu sehen war, dann wandte auch sie sich schließlich kopfschüttelnd ab und ging ihren Weg.
 

~
 

„…Und Nathalie hat dich echt schon wieder angegraben?“, lachte Albus als er zusammen mit Scorpius das Klassenzimmer betrat.

Der Donnerstagmorgen begann wie üblich mit der ersten Stunde Zaubertränke. Albus und Scorpius setzten sich auf ihre gewohnten Plätzen in der letzten Reihe und der Potter schleuderte seinen Rucksack lärmend auf den Tisch.

„Ja. Unglaublich, was?“, sagte Scorpius belustigt. „Sie will einfach nicht aufgeben.“

„Tja“, machte der Potter und warf einen Blick auf Professor Slughorn, der soeben den Raum betreten hatte und alle zur Ruhe bat. „Das hat auch seine guten Seiten.“

Er zwinkerte dem Blonden neben sich zu und schlug sein Buch auf. Natürlich hatte er nicht wirklich vor, auch in diesem Buch zu lesen. Aber es schon einmal aufzuschlagen, war besser als nichts.

Seine grünen ebenso wie Scorpius’ blaue Augen schweiften durch den Raum, als sie ein wildes Stuhlgeklapper wahrnahmen. Schnell fanden sie den Unruhestifter. Oder besser gesagt, die Unruhestifter.

Rose und Alice, die für gewöhnlich bei jeder Gelegenheit zusammensaßen, hatten ihre Stühle lautstark von einander weg geschoben.

Albus warf dem Malfoy neben sich einen erstaunten Blick zu, doch die Aufmerksamkeit seines Freundes war voll und ganz auf das Geschehen gerichtet, weshalb auch der Potter sich wieder umwandte, um Rose und Alice zu beobachten.

Rose saß am Ende der Tischreihen, es folgten fünf leere Plätze und dann Alice und Marcus Adlard. Die Longbottom warf Rose einen verhassten Blick zu, bevor sie ihre Bücher aus ihrer Tasche nahm und mit Marcus sprach, der allerdings von dem Gespräch nicht sehr angetan schien.

Rose starrte einfach nur auf das noch zugeschlagene Buch, welches vor ihr auf dem Tisch lag. Ihre Stirn war in Falten gelegt. Traurige vermischten sich mit wütenden Falten.

Wieder warf Albus Scorpius einen Blick zu und dieses Mal erwiderte ihn der Blonde auch.

„Die haben doch echt nen Knall“, sagte der Schwarzhaarige und schluckte. „So einen Streit zu haben, nur wegen diesem Kerl!“

„Ich weiß nicht“, sagte Scorpius und sein Blick ruhte zuerst auf Rose, bevor er zu Marcus wanderte. „Adlard ist mir nicht geheuer.“ Er beobachtete, wie Alice munter auf den Slytherin neben ihr einredete, sie schien ihm irgendetwas zu erzählen. Doch er saß einfach regungslos auf seinem Stuhl, starrte auf einen unsichtbaren Punkt im Raum. Seine Lippen waren zu einer bitteren Grimasse verzogen, wie man sie aus gedankenlosen Momenten kennt, ganz unpassend zu der fröhlichen Unterhaltung des Mädchens. Seine Augen aber, und die beunruhigten Scorpius am meisten, strahlten eine Art Schalk aus. Jedoch von einer Art, die einem kleinen Kind Angst einjagen würde. Seine Mimik passte nicht zusammen. Der Ausdruck seiner Augen und der seiner Lippen sprachen nicht miteinander. Es schien so, als würde er mit dem Mund das eine und mit den Augen das andere Gefühl ausleben.

Ein Kampf der Gedanken.

Eine Zwiespältigkeit.

Sowohl innerlich, als auch äußerlich.
 

~
 

Es war noch nicht einmal Zeit fürs Abendessen und Rose hatte das Gefühl, schon jetzt ins Bett fallen zu können.

Die ganzen Strafarbeiten, die Hausaufgaben, das Lernen, ihre sehr vernachlässigten Vertrauensschülerpflichten, der Stress mit Alice – einfach alles wuchs ihr über den Kopf. Es kam ihr vor, als wäre sie nur noch am arbeiten. Pausenlos.

War sie nicht im Unterricht, so war sie am Essen oder am Lernen.

War sie nicht beim Nachsitzen oder bei ihrer Strafarbeit, so war sie am Essen oder am Lernen.

Schlafen? Das konnte sie seit dem Krach mit Alice sowieso nicht mehr, zumindest nicht richtig.

Seufzend sank die Weasley tiefer in den großen Sessel vor dem Kamin im Gemeinschaftsraum, den sie in diesem Moment eigentlich als viel zu gemütlich empfand. Sie durfte noch nicht müde sein, sie musste noch einige Aufsätze erledigen. Ganz zu schweigen von den Dingen, die sie als Vertrauensschülerin noch erledigen musste: Termine eintragen, Rundgänge planen, einiges für den immer unsympathischer werdenden Halloweenball vorbereiten und, und, und.

Ihre dunklen, müden Augen wandten sich von dem Pergament auf ihrem Schoß ab und durchstreiften den Raum. Wären sie doch nur auf dem Aufsatz hängen geblieben.

Denn kaum hatte Rose den Blick gehoben, traf sie auch schon auf eine Meute Mädchen, die lachend am anderen Ende des Gemeinschaftsraumes standen und sich regelmäßig die Locken über die Schultern warfen. Richtig girlyhaft.

Ganz vorne mit dabei: Alice.

Ja, sie war der Mittelpunkt dieser kichernden Ansammlung. Und ihre Geschichten von dem außerordentlich tollen Marcus natürlich das Hauptthema.

Rose verdrehte die Augen und sie musste sich bemühen, einen Würgelaut zu unterdrücken.

Jetzt, da sie diesen Marcus schon öfter gesehen hatte, kam er ihr ganz und gar nicht mehr so hübsch vor, wie bei ihrer ersten Begegnung.

Wo er damals noch der glänzende Opal in der Dunkelheit war, die sich um ihn schmiegte wie ein perfekt passendes Gewand, war er nun nur noch der Kieselstein, den man die ganze Zeit in der Tasche mit sich schleppen musste. Aufgedrängt von irgendjemandem. Von wem? Keine Ahnung. Er war plötzlich da und nahm einfach so den ganzen Platz in der Tasche weg, sodass andere, schönere Gegenstände keinen Platz mehr darin fanden.
 

„Ich weiß.“ Ertönte plötzlich eine Stimme und vor Rose’ Blickfeld schob sich eine Gestalt. Leicht erschrocken und aus ihren Gedanken gerissen blinzelte sie hoch und sah genau in die braunen Augen von Lily Potter, die zu ihr runter sah und sie anlächelte.

„Hey Lils.“, grüßte Rose die jüngste der Potters. Sie mochte die kleine Rothaarige. Lily war so quirlig und fröhlich wie Albus, nur weniger gehässig. Weshalb sie wohl auch nach Gryffindore kam, im Gegensatz zu Albus. Manchmal war Rose etwas neidisch auf den schönen Rot-Ton ihrer Haare, da ihre eigenen sich zwischen rötlich braun und normal braun nicht wirklich entscheiden konnten. Andererseits war sie auch ganz froh, nicht ein weiterer Weasley mit roten Haaren geworden zu sein. Es reichte schon, wenn die Familien Potter und Weasley die Schule belagerten, so musste man nicht noch an jeder Ecke einen roten Haarschopf treffen.
 

„Ähm, was weißt du?“, fragte Rose irritiert.

Die kleine Figur Lilys schob sich elegant auf die gegenüberliegende Couch, warf einen Blick über die Schulter zu Alice und wandte sich wieder Rose zu.

„Ich weiß, was du denkst. Mir geht es nicht anders. Das Verhalten von Alice ist albern“, erklärte Lily.

„Halleluja“, sagte Rose nur und ließ den Kopf auf die Rückenlehne ihres Sessels fallen.

Lily kicherte, bevor sie weiter sprach. „Ich verstehe nicht, was sie an diesem Marcus so toll findet.“

Rose schluckte, nickte aber. Na gut, auch wenn sie diesen Adlard jetzt nicht mehr anziehend fand, bei seinem ersten Anblick hatte es ihr regelrecht die Sprache verschlagen.

Die Potter schien die Reaktion bemerkt zu haben und verdrehte belustigt die Augen.

„Ja, ja. Er sieht gut aus und alles. Aber er ist ein seltsamer Typ. Als er mich ein paar Mal in der Bibliothek angesprochen hatte, da-“

„Warte. Er hat dich in der Bibliothek angesprochen?“, fragte Rose verwundert und setzte sich gerade in ihren Sessel.

Lily hob unbeeindruckt eine Augenbraue. „Danke“, meinte sie und ihre Stimme schwamm in Sarkasmus. Rose lachte auf und es war seit Tagen das ehrlichste Lachen, das man von ihr hörte.

„Nein, entschuldige, So meinte ich das nicht. Es ist nur… ich hab gehört, er redet nicht so oft mit jemandem.“, erklärte Rose, so beiläufig wie möglich. Schließlich wollte sie nicht, dass jemand erfährt, dass sie sich mit Albus über den Freund ihrer ehemaligen besten Freundin unterhielt.

Die Potter zuckte nur mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Bei mir war er jedenfalls alles andere als schüchtern“, erzählte sie und der eigenartige Unterton entging Rose nicht. Fragend hob sie die Augenbrauen.

„Ach, es ist nichts Schlimmes“, winkte Lily ab. „Er hat mich nur ein paar Mal angesprochen, ein paar seltsame Fragen gestellt. Bis ich ihm dann irgendwann klar und deutlich gesagt habe, dass ich in der Bibliothek bin, um zu lernen.“

„Ein paar ‚seltsame Fragen’?“, fragte Rose.

„Ja. Ich weiß nicht mehr alle. Aber er fragte mal, ob ich ein gutes Verhältnis zu meinem Dad hätte. Zuerst fand ich das gar nicht so unnormal. Doch als ich dann Ja sagte, grinste er so komisch. Das war echt gruselig. Und einmal fragte er, ob meine Eltern irgendwann mal hier in die Schule kommen würden. Er würde sie gerne mal kennen lernen. Weißt ja, der große Harry Potter.“ Lily verdrehte die Augen und grinste. „Ich hab dann gesagt, dass sie arbeiten und keine Zeit dazu haben. Höchstens an besonderen Festen, wie die Abschlussfeier zum Beispiel.“ Wieder zuckte sie mit den Schultern und Rose lehnte sich entspannt wieder zurück.

Nichts Abwegiges. Schließlich war Lilys Dad Harry Potter. Es war nicht das erste Mal, dass ihn jemand unbedingt kennen lernen wollte.

Aber merkwürdig war es schon. Schließlich hätte Marcus auch Albus fragen könne, sie waren immer hin im selben Haus.

Rose schüttelte ganz sachte den Kopf. Al hatte Recht. Ein wirklich seltsamer Typ, dieser Marcus.

„Ach so, was ich eigentlich fragen wollte“, begann Lily erneut. „Hast du Mr. Jenks gesehen?“

Rose hob ratlos eine Augenbraue. Wer beim Dementor war Mr. Jenks?

„Oh. Das weißt du noch gar nicht? Er ist mein Kater.“, erzählte sie stolz.

„Seit wann hast du denn einen Kater?“, fragte Rose verwundert. Sie konnte sich daran erinnern, dass Tante Ginny nie eine Katze haben wollte, aus Angst, der alte Arnoldo würde einen Herzinfarkt bekommen.

„Er ist mir zugelaufen. Am Anfang des Schuljahres“, sagte Lily beiläufig. „Aber ich suche ihn schon die ganze Zeit und kann ihn nicht finden.“

„Wie sieht er denn aus?“, fragte die Weasley und richtete sich etwas auf um, genauso wie Lily, durch den Gemeinschaftsraum zu spähen. Bemüht, die Gruppe von Mädchen, inklusive Alice, zu meiden.

„Einfach nur schwarz. Nicht gerade auffällig, ich weiß.“, erklärte Lily grinsend und stand auf. „Na ja, ich werde ihn schon finden. Ich geh jetzt erst einmal zum Abendessen. Kommst du mit?“

Rose schüttelte den Kopf und erhob sich ebenfalls. „Nein, ich muss noch in den Vertrauensschülerraum, ein paar Sachen erledigen. Ich komme nach.“, sagte sie.

Lily schenkte ihr einen mitleidigen Blick, streifte beim Vorbeigehen kurz ihren Arm zum Trost und verschwand schließlich hinter dem Portraitloch. Rose lächelte ihr nach.

Die kleine Potter war wirklich ein niedliches Ding.

Doch das Seufzen kehrte sofort wieder zurück und mit einer schnellen Handbewegung band sich Rose ihre Haarpracht zu einem lockeren Zopf zusammen. Beim Arbeiten brauchte sie keine widerspenstigen Haare, die ihr im Weg waren. Sie griff sich ihre Unterlagen und rauschte aus dem Gemeinschaftsraum, ohne Alice und ihren hühnerähnlichen, neuen Freundinnen noch eines einzigen Blickes zu würdigen.
 

~
 

Mit einem lauten Knall klappte Scorpius sein Buch zu. Genug gearbeitet für heute. Das musste einfach genügen.

Die Bibliothek, in der er saß, würde sowieso bald schließen. Was sollte er also noch tun?

Sogar das Abendessen hatte er heute kürzer ausfallen lassen. Wenn das so weiter ging, verfrachtete Albus ihn irgendwann noch ins St. Mungos, wegen Unzurechnungsfähigkeit.

Genüsslich streckte der blonde Slytherin sich auf seinem Stuhl aus, bevor er seine Unterlagen zusammen suchte, der Bibliothekarin eine angenehme Nacht wünscht und schließlich durch die verlassenen Korridore wanderte. Bis ihm plötzlich wieder etwas einfiel…

„Ach Scheiße!“, stieß er aus und abrupt machte er kehrt. Seine Notizen von Zauberkunst lagen immer noch im Vertrauensschülerraum. Die brauchte er morgen früh und zur Sicherheit wollte er sie vor dem Schlafen noch einmal durchlesen.

Verärgert und vor sich hin grummelnd, eilte er also durch die Gänge, bis er endlich an seinem Ziel ankam.

Ganz auf sein Fluchen konzentriert öffnete er lautstark die Tür und stürmte zum Sitzungstisch, auf dem seine Mappe mit Pergamenten noch fein säuberlich lag. Erst als er sie kurz überflog, bemerkte er das schwache Licht, welches ihm zwar die Sicht erleichterte, er aber nicht eingeschaltet hatte. Verwundert blickte er auf und schaute sich um.

Da entdeckte er sie.
 

Der Raum der Vertrauensschüler war dafür gedacht, dass sich eben jene Vertrauensschüler und Schulsprecher trafen, ihre Sitzungen vollzogen und in Ruhe arbeiten konnten. Dem entsprechend geräumig war das Zimmer auch ausgestattet. Neben dem großen, runden Tisch, an dem sie ihre Sitzungen immer abhielten, gab es auch noch ein Sofa, einen Kamin, Bücherregale und zwei weitere, kleinerer Tische, falls die Schüler alleine arbeiten wollten.

Und an einem dieser kleinen Tische saß Rose Weasley. Oder, um genauer zu sein, lag Rose Weasley eher darauf.

Ihr Kopf, der zum Großteil von einer wilden Haarpracht verdeckt war, ruhte auf ihren Unterlagen. Ihre Arme hatte sie auf dem Tisch ausgebreitet und seelenruhig schlummerte sie vor sich hin.

Scorpius huschte ein Grinsen über die Lippen, als er näher trat. Wie lange sie wohl schon hier lag?

Er beugte sich vorsichtig zu ihr herunter, ganz leise, um sie nicht zu wecken. So nah bei ihr, konnte er ihren ruhigen Atem hören und die zarte Haarsträhne, die quer über ihrem Gesicht lag, bewegte sich im Takt ihrer Atmung.

Wieder grinste er und richtete sich auf. Unsicher blickte er sich um. Was sollte er denn jetzt tun? Er könnte sie hier liegen lassen. Sie würde wohl bis morgen früh durchschlafen. Andererseits, wenn nicht, würde sie sicherlich in später Nacht durch die Gänge zurück zum Gemeinschaftsraum schleichen. Und bei dem Glück, welches sie scheinbar im Moment verfolgte, wurde sie mit Sicherheit wieder erwischt, was wiederum zur Folge hatte, dass sie in nächster Zeit ganz auf das Schlafen verzichten müsste, da sie ihre Zeit nur noch mit nachsitzen verbringen würde.

Scorpius zog entschlossen die Luft ein.

Nein, das konnte und wollte er auch irgendwie nicht zulassen.

Vorsichtig hob er eine Hand und stupste sie ganz sachte an.

Obwohl er sich bemühte, sie so achtsam wie möglich zu berühren und nebenbei der Meinung war, sie würde tief und fest schlafen, schrecke Rose ruckartig auf und ließ ihn doch glatt zusammen zucken.

Ein Blatt Papier, auf dem sie gelegen hatte, klebte noch an ihrer Wange und Scorpius trat einen Schritt zurück, um sich das Schauspiel genau ansehen zu können.

Mit einem verschlafenen Grummeln blickte Rose sich verwirrt um, während sie fast schon orientierungslos nach dem Papier an ihrer Wange griff, das noch vor der Berührung auf den Tisch zurück segelte. Sie schien noch nicht richtig zu wissen wo sie war, denn irritiert beobachtete sie, wie das Papier sich zu den anderen gesellte. Wieder hob sich ihr Blick und zum ersten Mal schien sie den ganzen Raum wahrzunehmen, inklusive Scorpius, der sie grinsend beobachtete.

Sie erstarrte, als sie ihn entdeckte und eine zarte Röte stieg ihre Wangen hoch. Ihre dunklen Augen, mit einem Ausdruck der Ungewissheit über Traum oder Realität, ruhten auf ihm.

Ihr Haarknoten war eigentlich kaum noch vorhanden. Die Haarschleife, mit dem sie ihn zusammengebunden hatte, verband nur noch die unterste Partie ihrer Haare, die restlichen hingen wild um ihren Kopf.

Wie sie dasaß, so zerzaust, so verwirrt und trotzdem so glühend, belustigte Scorpius irgendwie.

Sie sah richtig niedlich aus.

Ohne Vorwarnung begann Scorpius zu husten, hatte sich an seinen eigenen Gedanken verschluckt.

Okay. Das war seltsam.

Hatte er das wirklich gerade gedacht?

Scheinbar.

Er schüttelte sich leicht, um wieder die Beherrschung zu gewinnen.

Rose’ Blick wurde durch diese Szene eher argwöhnisch und sie schien wieder zu ihrem normalen Wachzustand zu gelangen.

Ihre Hand wanderte zu ihren Haaren und als diese das Gestrüpp auf ihrem Kopf ertastete, gesellte sich die andere dazu um das Schlimmste zu beseitigen. Sie löste den Haarknoten und strich mit den Fingern durch die offenen Haare um sie wenigstens einigermaßen zu bändigen. Die Hitze, die seit ihrer Entdeckung Scorpius’ in ihrem Gesicht Urlaub machte, verschwendete scheinbar keinen Gedanken daran, sich in den nächsten Minuten zu verdünnisieren.

Bemüht kontrolliert und noch ein wenig verschlafen ordnete sie stumm ihre Unterlagen, immer wieder huschte ihr Blick zu Scorpius. Die Situation schien ihr äußerst peinlich zu sein. Der Malfoy dagegen tat sich schwer daran, seinen Blick abzuwenden. Erst Recht jetzt, wo dieser blendende Gedanke in seinem Kopf brannte. Nur steif konnte er sich dem großen Sitzungstisch zuwenden und endlich seine Unterlagen in die Hand nehmen. So hatte er wenigstens das Gefühl, sich irgendwo festhalten zu können. Doch sein Blick war immer noch frei und so huschte dieser sofort wieder zu Rose.

„Was tust du eigentlich hier?“, fragte sie als ihre Blicke sich trafen.

„Ich habe meine Unterlagen vergessen. Die wollte ich noch holen.“, erklärte er und hob seine Mappe zur Verdeutlichung hoch. „Und du?“

Rose blinzelte ihn fragend an.

„Warum schläfst du seit neustem hier und nicht in deinem Bett?“, führte er seine Frage genauer aus, woraufhin Rose seufzte.

„Ich musste noch ein Paar Dinge für den Halloweenball erledigen und ich war so müde. Da bin ich wohl… eingeschlafen.“, erklärte sie und sah auf den Tisch vor ihr.

Etwas überrascht, dass sie ihm die Frage in normalem Ton beantwortet hatte, trat Scorpius ein paar Schritte näher.

„Du scheinst in letzter Zeit sehr oft müde zu sein“, sagte er und verengte etwas die Augen. Rose wandte den Blick ab und in Scorpius zuckte etwas.

Er wollte nicht, dass sie wegsah. Seltsames Gefühl.

Bestimmt empfand er nur so, weil man ihn sonst immer ansah, wenn jemand mit ihm redete. War ja auch ganz normal, oder?

„Kann sein“, seufzte sie und legte das letzte Blatt zu Recht, ihr Blick blieb darauf haften.

Scorpius trat noch näher zu ihr und setzte sich halb auf ihren Tisch.

„Weißt du“, begann er. „Meiner Meinung nach ist das zwischen Alice und Marcus nichts Ernstes. Das wird ganz schnell beendet sein. Und dann wird sie sehen, was sie ein einer Freundin-“ sein Blick huschte zu ihr „-wie dir hat.“

Zuerst blinzelte Rose ihn nur an.

Was war denn das gerade? Versuchte Scorpius Malfoy nett zu ihr zu sein?

Und vor allem, woher wusste er, was sie bedrückte?

Doch es tat gut, irgendwie. Sie hatte schon lange nicht mehr mit jemand geredet. Zumindest nicht auf diese Weise.

Warum also nicht?

Unwillkürlich zog sich ein belustigtes Grinsen über ihre Lippen.

„Na, du musst es ja wissen.“, sagte sie und konnte ein Lachen nicht unterdrücken.

Er stimmte in ihr Lachen mit ein und gleichzeitig wollte er einfach nur schreien.

Was war hier los?

Warum war es plötzlich so einfach, mit Rose Weasley zu reden, mit ihr zu lachen? Und sie nicht bei jeder Gelegenheit durch den Dreck zu ziehen?

Sein Blick huschte wieder zu ihr hinunter.

Sie könnte gehen. Schließlich war es spät. Und ein weiteres Nachsitzen konnte sie sich sicherlich nicht leisten.

Doch sie saß immer noch da. Sie blieb.

Genauso wie er.
 

„Was findet sie nur an ihm?“, stieß sie plötzlich aus und stützte sich auf ihrer Hand ab.

„Er ist ein schmieriger, angeberischer Typ, der immer nur böswillig in der Gegend umher glotzt. Nichts Besonderes. Eher unheimlich.“

Er lachte über ihre Wortwahl und verschränkte die Arme, während er immer noch bemüht lässig an dem Tisch lehnte, an dem sie saß.

„Ich hab mich wohl getäuscht, was?“, sagte er und erntete erneut verwirrte Blicke der Weasley.

„Na ja, ich sagte doch, dass er der typische Mann ist, auf den ihr Mädchen steht. Aber da habe ich mich wohl geirrt. Zumindest, was dich betrifft.“, erklärte er.

„Ah“, machte sie nur und schaute wieder auf die Tischplatte. Dass sie diesem Marcus anfänglich auch komplett verfallen war, verschwieg sie erfolgreich.

„Verrätst du mir auch, wer der typische Mann ist, auf den du stehst?“, fragte der Malfoy und stützte sich auf seinen Händen ab, während er sich näher zu ihr beugte.

Wäre er nicht selbst dabei gewesen und wäre er nicht selbst der Jemand, der diese Worte gerade ausgesprochen hatte, dann würde er das niemals jemand glauben.

Er flirtete mit Rose Weasley.

Bei diesem Gedanken wollte er zusammenzucken, weglaufen, alles zurücknehmen, doch etwas hielt ihn auf. Die dunklen Augen, in die er blickte, die ihn schon einmal gefesselt hatten, machten ihn auch dieses Mal bewegungslos.

Ihre Gesichter waren wieder nur Zentimeter getrennt. Er konnte ihren warmen Atem spüren.

Die Reaktionen, Gefühle und Spannungen, die durch diese plötzliche Nähe entstanden war, wussten zwar sowohl Rose als auch Scorpius gut zu verstecken, doch nicht zu ignorieren.

So sahen sie sich zuerst nur eine Weile an.

Bis Rose unwillkürlich grinste und den Blonden, zu dem sie inzwischen hoch sehen musste, anfunkelte.

„Mh…“, überlegte sie gespielt und sah ihm Raum umher. „Das wüsstest du wohl gerne“, sagte sie schließlich knapp.

Scorpius lachte laut auf und bewegte sich wieder in eine normale Position.

Das war eindeutig das merkwürdigste Gespräch, das sie je mit diesem Slytherin geführt hatte, doch sie konnte nicht anders, als in sein Lachen einzustimmen.

Nachdem sich beide wieder von ihrem Gelächter erholt hatten, verweilten sie noch einen Moment. Keiner sagte etwas über das eben Geschehene, über die Nähe. Es war ein Versehen. Nichts weiter.
 

Seufzen stand Rose auf, ihre Unterlagen in der Hand.

„Ich glaube, wir sollte langsam mal… Es ist schon spät.“, sagte sie und deutete zur Tür.

Scorpius nickte und stützte sich auf dem Tisch ab, bevor er zusammen mit Rose aus dem Vertrauensschülerraum trat.

„Weißt du“, erhob Scorpius erneut die Stimme als sie nebeneinander hergingen.

„Du bist gar nicht so zickig, wie du immer tust.“

Er schielte sie schmunzelnd von der Seite an.

Rose prustete los und blieb stehen, als sie die Abzweigung erreicht hatten, an der sich ihre Wege trennten.

„Und du bist nicht so unwiderstehlich wie du denkst.“, konterte sie.

Wieder lachte er laut und seine Hand strich durch seine Haare.

Zuerst hing Rose’ Blick an dieser Geste. Obwohl ihr diese Bewegung doch so vertraut war -schließlich vollführte ihre halbe Familie sie tagtäglich- war sie doch bei Scorpius irgendwie anders.

Wenn Albus, James oder Onkel Harry dazu ansetzten, ihre Hände in die jeweiligen Haarschöpfe zu befördern stöhnte Rose für gewöhnlich schon genervt auf, da haben die Betroffenen ihre unwillkürliche Handlung selbst noch nicht realisiert.

Im Zusammenhang mit Scorpius allerdings wirkte diese Geste eher anmutig, fast schon anziehend.

Mit der erneut aufkommenden Hitze in ihren Wangen wandte Rose schnell den Blick ab und sah zu Boden.

Bei Merlin, was dachte sie da bloß.
 

„Also dann, Weasley.“, sagte er und entfernte sich ein Paar Schritte.

Rose verrollte grinsend die Augen. Noch nie hatte er sie Rose genannt. Das war eigentlich auch noch nie merkwürdig oder gar schlimm.

Aber nach diesen ruhigen Minuten war es irgendwie verkehrt.

Doch, wie gesagt, sie war eine Weasley und die ließ sich von nichts unter kriegen.

„Malfoy.“, sagte sie schmunzelnd und nickte ihm kurz zu, bevor sie sich umwandte und ‚ihren’ Korridor entlang ging.
 

Dass Beiden das Lächeln nicht weichen wollte, wussten sie nicht.

Dass Beide diese Nacht nicht viel schlafen würde, wussten sie nicht.

Dass Beide in dieser Nacht seltsame, aber angenehme, Träume haben würden, wussten sie auch nicht.
 

Aber was machte schon eine Seltsamkeit mehr oder weniger aus?
 

Schließlich war es auch seltsam, dass Scorpius Malfoy diese Gedanken überhaupt gegenüber Rose Weasley hegte.

Noch seltsamer war es allerdings, dass Scorpius Malfoy diese damit verbundenen Gefühle nicht zurück hielt.

Doch was alles andere in seiner Seltsamkeit sprengte, wenn diese Möglichkeit überhaupt noch in irgendeiner Weise existierte, war die Tatsache, das Rose Weasley auf diese Gefühle auch noch ansprang.
 


 

___________________________________*___________________________________
 

So, jetzt kommt die große Auflösung xD

Habt ihr das Zitat entdeckt? Bestimmt ;)
 

Und hier ist die Lösung [tadaaa]:
 

|"Du bist gar nicht so zickig wie immer tust." - "Und du bist nicht so unwiderstehlich wie du denkst."|
 

Gemopst hab ich es aus: 10 Dinge, die ich an dir hasse

Und ja, es war Zufall, dass dieser Film erst gestern im Fernsehen lief -___-
 

So, das wars dann auch wieder von mir.

Ich hoffe, ihr seid auch bei meinem nächsten Kapitel wieder dabei.

Also, in Hoffnung darauf:

Bis dahin.

Eure Schnie.

Der Vorhang fällt

Liebe Leser,
 

i'll be back.

Und zwar mit einem neuen Kapitel. Jipphie jay.

Nochmals aller liebsten Dank für eure lieben Kommentare. Ihr seid so toll^.^

[alle mal durchknuff]

Ich hoffe doch sehr, dass ihr das Kapitel mögt. Ob ich persönlich es mag, weiß ich ehrlich gesagt noch nicht ^^' Manche Stellen gefallen mir total gut, andere wiederum finde ich total bescheuert.

Aber bildet euch selbst ein Urteil:)

Es ist mein bisher längstes Kapitel, glaube ich. Aber auch eines der wichtigesten, ihr werdet sehen;)

Hach, ich bin wirklich gemein... spanne euch hier mit meinem Gelaber auf die Folter, wo doch das neue Kapitel da unten nur auf euch wartete.

La,la,la...

Thihi, nein. Ich will ja meine tollen Leser nicht verkraulen.

Aber eines muss ich noch schnell loswerden. In Zeiten meiner stetig anwachsenden Langeweile habe ich mich an einen kleinen Soundtrack gemacht, den ihr in der Beschreibung findet ^///^

Die Songs passen nicht immer genau vom Text, aber von der Stimmung. Finde ich zumindest. Außerdem waren sie mir immer eine große Inspiration :]

(Wir befinden uns übrigens mit diesem Kapitel ungefähr bei Track 3.)

So, und nun schluss mit den Gemeinheiten.

Viel Spaß beim lesen.

Speedy-bi,speedy-bo.
 

Schnie
 


 

Kapitel 6:        Der Vorhang fällt
 


 

Das gefaltete Papier in dem Umschlag schlug unter einem Klatschen auf dem Marmortisch auf.

Albus stemmte seine Hände, die besagtes Pergament soeben noch hielten, in die Hüften und mit einem energischen Ausdruck sah er Scorpius an, der vor ihm auf dem Sessel saß. Dieser hob eine Augenbraue.

„Was soll das?“, fragte der Blonde verwirrt.

„Sieh es dir an“, befahl Albus und deutete auf den Umschlag, während er sich ebenfalls auf einer der gemütlichen Sessel des Gemeinschaftsraumes sinken ließ.

Scorpius warf ihm einen argwöhnischen Blick zu und beäugte das Objekt genauer. Albus’ Handschrift zierte die oben liegende Seite und der Argwohn des Malfoy stieg.

„Soll ich jetzt deine unmögliche Rechtschreibung in einem Brief an deinen Dad korrigieren, oder was?“, fragte Scorpius, nachdem er die Worte An Dad las, und lehnte sich wieder desinteressiert in seinem Sessel zurück. Der Potter verrollte die Augen. „Nein. Du sollst ihn lesen.“

Scorpius ließ ein freudloses Lachen hören. „Klar“, stieß er unter seinem Gelächter aus und schüttelte den Kopf.

Albus stöhnte genervt auf und schnappte sich den Brief vom Tisch, um ihn nur einen Moment später seinem Freund zu zuwerfen.

„Jetzt mach schon“, drängte er.

Der Angesprochene tadelte Albus mit einem genervten Blick und klappte schließlich den Brief auseinander. Seine Augen huschten über die Zeilen, sogen die Information auf und mit jedem Wort schoben sich seine Brauen ein Stück weiter in die Stirn.

„Ist das dein ernst?“, fragte er schließlich und hob den Brief hoch, als müsste er unterstreichen um was genau es sich bei seiner Frage handelt.

„Natürlich“, antwortete Albus. „Dad kann uns da bestimmt helfen.“

„Al. Da gibt es nichts zu helfen. Dieser Typ-“, Scorpius schüttelte den Brief in seiner Hand. „-ist einfach nur ein Freak. Fertig.“

„Das glaube ich nicht. Und wenn es so ist, dass er eben ‚nur ein Freak ist’, dann gut. Aber es schadet doch nichts, wenn sich Dad im Büro mal ein bisschen nach diesem Marcus umhört, oder?“

Scorpius seufzte. „Und du meinst wirklich, dass die im Aurorenbüro eine Akte über Adlard aufbewahren?“

„Wer weiß…“, entgegnete Albus und zuckte mit den Schulter. „Es ist auf jeden Fall einen Versuch wert.“

„Du spinnst“, sagte Scorpius nur und widmete sich wieder seinem Buch.

„Ich will ja nur auf Nummer Sicher gehen. Nichts weiter“, erklärte Albus und lehnte sich in seinem Sessel zurück, während er die Arme hinter seinem Kopf verschränkte.

„Vielleicht haben die in Durmstrang ja so etwas wie eine Schulakte hinterlassen. Da könnte er drin stehen. Wer weiß, was der dort alles angestellt hatte“, erzählte Albus weiter. Scorpius schüttelte nur wieder den Kopf und widmete sich einem erneuten Versucht, sein Buch zu ende zu lesen.

Der Potter schnaubte, als er die Unaufmerksamkeit seines Freundes erkannte.

„Du wirst schon sehen…“, murmelte er mehr zu sich selbst.
 

~
 

Das penetrante Klingeln des Weckers entlockte Rose lediglich ein Grummeln. Mit einem kräftigen Schwung wollte sie sich auf die Seite drehen, ungeachtet dessen, dass sie schon an der Bettkante lag. So ertönte nur ein dumpfer Knall, als die Weasley auf dem Holzboden landete, die Decke über ihr.

Mit einem qualvollen Stöhnen tauchte sie unter ihrer Decke auf und sah sich verschlafen im Raum um. Hoffentlich hatte sie mit ihrem Trampel-Temperament niemanden geweckt.

Ihre Augen huschten von Bett zu Bett. Alle waren noch gefüllt. Stumm und bewegungslos lagen die restlichen Mädchen des siebten Jahrganges in ihre weichen Federn. Bis auf eines. Rose blinzelte durch das Halbdunkel zu Alice’ Bett hinüber und erkannte auch beim zweiten Blick keine Person darin.

Ein Druck machte sich auf Rose’ Brust breit, der eindeutig von der sauber zusammengelegten Bettdecke und dem aufgeschüttelten Kissen hervorgerufen wurde.

Alice war also schon aufgestanden.

Wahrscheinlich hatte sie wieder ein Date mit Mr. Black Beauty.

Kein Wunder. Es war ja auch ein Hogsmeadewochenende.

Seufzend rappelte Rose sich vom Boden auf und trottete ins Bad.

Warum musste der Samstagmorgen seit neustem zu ihren Unglücksstunden gehören?
 

Nachdem sich Rose in aller Ruhe fertig gemacht hatte und dann, allerdings weniger ruhig, in die große Halle gehetzt war, um sich noch ein Brötchen von dem nächstbesten Tisch zu klauen, eilte sie zu ihrer Strafarbeit.

Während sie auf ihrem trockenen Brötchen herum kaute und die Gänge entlang ging, überlegte sich, was die alte Hexe wohl heute für sie bereit hielt. So lange es ums Basteln ging, war es ja eigentlich noch eine ganz lustige Arbeit. Auch wenn Rose eine total Niete darin war.

Aber schließlich war sie das auch nicht alleine. Mit vollen Backen und einem Grinsen dachte sie an Scorpius’ ‚Kürbis-Birne’. Die sollten sie wirklich an Halloween aufhängen. Davor würden sich die jüngeren Schüler bestimmt fürchten.

Durch den Gedanken prustete Rose los und die wenigen Schüler, die an ihr vorbei gingen, warfen ihr argwöhnische Blicke zu. Die Gryffindore schien schließlich niemanden in der Nähe zu haben, der sie gerade belustigen könnte.

Rose räusperte sich mit geröteten Wangen und plötzlich packte sie die Arbeitswut, bei dem Gedanken an das bevorstehende Handwerk.

Da sie die letzten Tage immer nur Kopfarbeit geleistet hatte, war diese Handarbeit, welche sie mit Sicherheit gleich erwarten würde, doch eine sehr angenehme Abwechslung.

Der letzte Bissen ihres Brötchens verschwand und passend dazu trat sie auch schon in den großen Klassenraum, in dem Prof. McGonagall schon bereit stand. Ebenso wie Albus und Scorpius.

Ersterer hob die Hand zum Gruß und grinste ein „Hey Rosie.“.

Diese lächelte zurück und ihr Blick wanderte automatisch zu Scorpius.

Er nickte mit unveränderter Mimik, doch während sich seine Lippen bewegten und er ein „Hi“ hören ließ, bildete sich langsam aber sicher eine Grimasse auf seinem Gesicht, die ganz stark an ein Grinsen erinnerte, das verborgen bleiben wollte.

Auch Rose hatte das vergangene, eher ungewollte Treffen mit Scorpius und somit auch das folgende Gespräch nicht vergessen. Selten, wenn nicht sogar nie, waren sie so, ja, man konnte es sagen, freundschaftlich miteinander umgegangen.

Und da Scorpius, nun da sie sich wieder sahen, die anfängliche Peinlichkeit nach diesem doch eher ungewöhnlichen Treffen mit seiner momentan ulkigen Grimasse für Rose abgeschwächt hatte, schenkte sie ihm ein belustigtes Lächeln.

Albus, verwundert über die plötzliche Nettigkeit, blickte nur irritiert vom einen zum anderen.
 

„Da sie mit den Kürbissen ja nun –mehr oder weniger- fertig sind“, begann Professor McGonagall. „Habe ich nun eine neue Aufgabe für Sie. Girlanden.“

Mit einem Schwenker ihres Zauberstabs öffnete sich eine Kiste und die Direktorin spähte mit gerümpfter Nase hinein.

Rose verzog unwillkürlich das Gesicht mit. Wer wusste schon, wie alt diese Teile waren.

„Sie müssen sie zusammenstecken“, erklärte Professor McGonagall und zog an einem Papierzipfel, der scheinbar eine Facette darstellen sollte. Doch die einzelnen Fäden und die sich daran befindenden Papiermuster waren so verknotet, dass dem kleinen Papierzipfel gleich ein ganzer Klumpen an Papier und Faden folgte.

„Nun ja“, sagte die alte Frau und räusperte sich. „Sie werden schon irgendwie damit zu Recht kommen.“, womit sie zur Tür eilte.

Doch bevor sie letztlich hinter dieser verschwand wirbelte sie noch einmal herum.

„Und geben Sie sich gefälligst Mühe!“, wobei ihre Augen etwas länger auf Rose und Scorpius ruhten als auf Albus. „Es sind schließlich nur noch neun Tage bis zum Ball und sie wollen den heutigen Hogsmeadeausflug bestimmt noch nutzen um die letzten Besorgungen zu erledigen!“

Als Professor McGonagall die Tür endlich hinter sich schloss, wandten sich alle Drei den vielen Kisten am anderen Ende des Raumes zu.

„Phu“, machte Albus und seine grünen Augen waren geweitet auf die geöffnete Kiste gerichtet.

„Du sagst es“, stöhnte Scorpius und nickte leicht.

Niemand rührte sich im Angesicht dieser schier unmöglich ohne Zauberei zu bewältigenden Arbeit.

Bis Rose so kräftig in die Hände klatschte, dass Scorpius und Albus zusammen zuckten und die Gryffindore fast schon verstört ansahen.

„Na dann wollen wir mal!“, sagte sie laut und enthusiastisch, während sie ihre Nebenmänner anstrahlte.

Albus hob eine Augenbraue. „Ist alles in Ordnung mit dir?“

„Natürlich“, entgegnete Rose und ihr Grinsen wurde breiter.

Albus’ Blick huschte zu Scorpius, der nur ratlos mit den Schultern zuckte, und dann zu den Girlanden.

„Du siehst aber schon das selbe wie wir, oder?“, sagte er und deutete mit vorgestrecktem Kinn auf die Kartons.

Rose nickte eifrig, bevor sie die Augen verrollte.

„Jetzt stellt euch mal nicht so an“, sagte sie und krempelte sich die Ärmel ihres Sweatshirts hoch.

„Nicht so anstellen? Ist dir eigentlich das Ausmaß dieses Chaos’ bewusst?“, fragte Albus und hob, seine Aussage unterstreichend, die Hände.

Dass Rose Weasley schon immer etwas anders war, wusste Scorpius. Doch in diesem Moment, in dem er sie beobachtete, ihr Handeln und ihre Worte versuchte zu verstehen, da war er sich sicher, dass sie von einem anderen Planeten kam.

Ihre Mutter musste ihren Dad mit einem Alien betrogen haben.

Eine andere Erklärung gab es nicht. Ganz klar.

„Ach, Chaos“, höhnte die Weasley. „Du wirst doch auch immer mit deinem Zimmer fertig. Dann müsste das doch ein Klacks für dich sein“, sagte sie und lachte, woraufhin Albus nur einen Schmollmund zog und Scorpius ihm gespielt mitleidig eine Hand auf die Schulter legte.

„Also, Jungs! Ran an die Arbeit. Hopp, hopp!“, rief sie schließlich und machte sich daran, die erste Kiste auszuräumen.

„Hat sie gerade hopp, hopp gesagt?“, fragte Scorpius und seine Augen ruhten auf Rose, die bis zur Hälfte in einem großen Karton verschwand.

„Jepp“, antwortete Albus und nickte vielsagend. „Sie hat uns gehopp-hoppt.“

Wäre Scorpius in diesem Moment nicht dermaßen perplex von Albus’ Worten gewesen, wäre er wohl in schallendes Gelächter ausgebrochen. Stattdessen drehte er nur langsam den Kopf zu seinem Freund und schob ebenso langsam eine Augenbraue in die Stirn.

„Was?“, entgegnete Albus verwundert, als er den Blick des Malfoy sah. „Sie liebt es, Leute zu hopp-hoppen.

Unschuldig und als wäre es das Normalste der Welt hob er die Schultern.

Scorpius schüttelte nur fassungslos den Kopf.
 

~
 

„Okay. Es ist unmöglich“, seufzte Rose resigniert und blickte sich um.

Sie, Albus und Scorpius saßen auf dem Boden, umringt von einem Meer aus Girlanden die scheinbar so lang waren, dass man sie einmal um die ganze Welt wickeln könnte und so verknotet, dass sogar ein Entfesselungskünstler aufgeben würde.

Albus prustete los. „Ich hab’s dir doch gesagt.“

Rose hob nur schmunzelnd eine Augenbraue, denn bevor sie etwas erwidern konnte, erhob Scorpius die Stimme.

„Wenigstens wollte sie nicht sofort aufgeben“, sagte er und hätte Albus seinem Freund in diesem Moment nicht eine Klebertube an den Kopf geworfen und somit eine Bastel-Schlacht unter den Dreien ausgelöst, wäre Rose wohl von den Worten des Malfoy überrascht gewesen.

Doch der kurze, fast schon scheue Blick, den der Slytherin ihr vor dem Gezanke zuwarf und sie für einen winzigen Moment völlig aus ihrer gewohnte Welt zu katapultieren schien, vergaß sie auch durch das Gespiele unter den Girlanden nicht.
 

Es war das lustigste Desaster welches Rose je erlebt hatte.

Die Papierreihen flogen nur so durch die Lüfte und alle Drei hatten an sämtlichen Stellen Konfetti oder sonstige Bastelutensilien kleben. Sie alberten in dem Meer aus Papier herum, als wäre es frisch gefallener Schnee, der nur darauf wartete, durchforstet zu werden und seine kleinen Eiskristalle wirbelnd überall zu verteilen.

„Na warte“, rief Albus, als Rose ihn mit einer großen Ladung Konfetti bombardierte. Laut lachend flüchtete sie vor ihrem Cousin, der sich kurzerhand die ganze Packung geschnappt hatte und ihr nun hinterher stürmte.

„Nein“, rief sie in gespielter Panik als sie über ihre Schulter sah und Albus nicht weit hinter ihr erkannte. Ihr Lachen verschluckte ihre restlichen, eigentlich geplanten Worte und ohne nach vorne zu schauen, lief die Weasley geradewegs in die Arme von Scorpius, mit denen er sie automatisch umschlang.

Zuerst erstarrte Rose und ihr Kopf schnellte hoch, um ihn anzusehen. Zu merkwürdig war das Gefühl, von ihm berührt zu werden. Das Glühen in ihren Wangen schien sich zu vermehren und in ihre Augen zu schleichen, als sich ihre Blicke trafen. In diesen wenigen Sekunden schlug ihr Herz so wild, dass sie nicht wusste, ob es je wieder seinen gewohnten Rhythmus finden würde.

Auf seinen Lippen zeichnete sich noch das vor tausenden Momenten herrschende Lachen ab, das seinen Zügen diesen unwiderstehlichen Schalk verlieh…

Und dann kam Albus.

„Hab ich dich“, rief er und Rose spürte, wie sie in Scorpius’ Armen umgedreht wurde, ihr Blick von seinem gerissen, sodass seine Brust nun an ihrem Rücke weilte. Im nächsten Moment wurde sie auch schon von einem Wasserfall aus Konfetti übergossen und hörte das Gelächter von Albus, unter dem ein „Gut gemacht, Scorp!“ zu hören war.

Schnell fand sie ihre Lustigkeit wieder und schüttelte sich das Konfetti aus dem Gesicht, damit sie wieder sehen konnte. Albus hatte ganze Arbeit geleistet.

Doch auch wenn sie vorgab, als spürte sie nicht, wie Scorpius’ Arme eine Sekunde zu lang um ihre Mitte geschlungen waren , als spürte sie nicht, dass er sie fester hielt als eigentlich notwendig, tat sie so, als hätte sie es nicht bemerkt.

Es war doch schließlich nur ein Spiel, oder?

Immer noch war der Raum von Albus’ Gelächter gefüllt, während Rose ihre Haare von dem Konfetti befreite.

„Mann Al, willst du mich als Konfettimensch auf dam Ball ausstellen?“, beschwerte sie sich und betrachtete eine ihrer Haarsträhnen, die mit vielen, bunten Papierpunkten bestückt war.

„Ach“, machte der Angesprochene und legte einen Arm und die zierlichen Schultern seiner Cousine. „Stell dich nicht so an. Seit wann bist du denn so ein Prinzesschen?“

Er grinste Rose von der Seite an und erntete sofort einen kräftige Rippenstoß von ihr, woraufhin er laut auflachte.

„Wisst ihr“, begann er und legte auch Scorpius einen Arm um die Schultern, sodass Albus die goldene Mitte bildete. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn der war als einziger konfettifrei.

„Ihr seid viel cooler, wenn ihr euch nicht streitet.“

Rose spürte, wie sein Griff um ihren Nacken etwas fester wurde und noch während sie zu ihm hoch spähte um seinen Plan in seinen grünen, verräterischen Augen ausmachen zu können, ließ er sich mitsamt Scorpius und ihr auf den mit Unmengen von Papier gebetteten Boden fallen. Rose stieß einen kleinen, überraschten Laut aus, als ihr Rücken auf dem mehr oder weniger weichen Untergrund aufschlug, konnte sich allerdings ein Schmunzeln auch nicht verkneifen als Albus in einen weiteren Lachanfall ausbrach. Er streckte sich auf dem Bett aus Girlanden aus und Rose sowie Scorpius taten es ihm gleich.

Nach dieser wilden Jagd tat es ganz gut, einfach nur da zu liegen und seine Gedanken schweifen zu lassen. Keine Richtung vorzugeben, in die der Gedanke einmal wandern soll. Einfach nur frei sein.

Wie überraschend und gleichzeitig so seltsam angenehm es doch war, das Rose’ Gedanken automatisch den Weg zu dem blonden Jungen auf der anderen Seite von Albus einschlugen.

Das Gefühl, das sie übermannte, als er sie berührt hatte, war so fremd und trotzdem wehrte ihr Körper es nicht ab. Er schien sich sogar nach mehr zu sehnen, doch so erstarrt wie sie war, hätte sie wahrscheinlich nicht mal ein Riese auseinander biegen können.

Aber war so etwas denn möglich?

Spannungen zu erzeugen durch eine einzige Berührung?

Eigentlich mochte sie Scorpius doch gar nicht.

Sie waren doch so lange verfeindet gewesen.

Aber die letzten Tage, die letzten Minuten.

Die Gespräche, die sie mit ihm führte, seine Handlungen und Taten, die sie überraschten.

Sie hatte ihn kennen gelernt.

Und insgeheim konnte sie nun auch nachvollziehen, warum Albus mit ihm befreundet war…

„Leute“, rief Albus plötzlich in die Stille. Rose öffnete die Augen und hatte erst mit dieser Geste bemerkt, dass sie diese überhaupt geschlossen hatte.

Der Schwarzhaarige neben ihr richtete sich auf und schwang sich auf seine Beine, während er irgendetwas murmelte das sich anhörte wie noch größeres Chaos und unmöglich.

Doch Rose registrierte das Gemurmel des Potters nur am Rande, denn als sie sich zu ihm umwenden wollte, erfassten ihre Augen nur den leeren Fleck, der ihr Blick automatisch auf die blauen Augen Scorpius’ lenkte.

Er lag ebenfalls noch auf dem Boden und ihn schien Albus’ Murmeln in diesem Moment genauso wenig zu interessieren wie Rose.

Seine Augen sahen in ihre.

An was hatte er gedacht?

An was dachte er?

In diesen wenigen Minuten der Stille, der Harmonie?

In seinen Augen spiegelte sich Erstaunen wieder. Überraschung, als wäre er verblüfft darüber, dass sie hier liegen würde.

Doch sie war doch schon die ganze Zeit an seiner Seite gewesen.
 

„Leute!“, wiederholte sich Albus und sowohl Rose als auch Scorpius drehten ihre Köpfe ruckartig voneinander weg und richteten sich ebenso schnell auf.

„Ich bin ja echt froh, dass ihr euch endlich nicht mehr anzickt, aber könntet ihr mir neben euren Flirtereien noch zuhören?“, sagte der Potter und verrollte genervt die Augen.

Natürlich hatte Albus damit auf nichts Bestimmtes angesprochen. Es war eben seine Art, sich auszudrücken.

Albus dachte lediglich in Extremen.

Wenn er ein blaues Hemd gut fand, dann liebte er es sofort.

Wenn ihn das Wetter nervte, dann hasste er die gesamte Himmelswerkstatt.

Wenn er ein Mädchen ganz nett fand, dann war sie die Schönste auf Erden.

Wenn Rose und Scorpius sich ansahen,… flirteten sie dann miteinander?
 

Rose stieg die Röte ins Gesicht und sie versuchte diesen Gedanken abzuschütteln.

Nicht, weil es unangenehm war, darüber nachzudenken, sondern weil es bestimmt nicht gerade förderlich für ihre normale Gesichtsfarbe war.

Ungeschickt richtete sie sich gleichzeitig mit Scorpius auf.

Sie spähte zu ihm, nur um zu prüfen, ob ihn Albus’ Worte ebenso in Tomatensaft getränkt hatten wie sie.

Und was sie sah, ließ sie blinzeln.

Nur für einen kleinen Moment erwiderte er ihren Blick und aus seinem anfänglichen Schmunzeln wuchs ein schiefes Grinsen. Doch es war nicht das übliche, bekannte Grinsen, das sie zu verhöhnen schien. Sie konnte es nicht genau zuordnen, doch was sie genau spürte, war das Pochen ihres Herzens, das, so fühlte es sich zumindest an, nach langer Zeit wieder schlug. Und zwar so sehr wie noch nie.

Leicht schüttelte sie ihren Kopf, um wenigstens etwas Ordnung in ihren Kopf zu bringen, als Albus schon wieder die Stimme erhob.

„Also, wie sollen wir es je schaffen, dieses Chaos innerhalb zehn Minuten aufzuräumen?“ Erst jetzt sah Rose sich in dem Raum um. Wenn sie vorher gedacht hatte, dass es schwierig werden würde, die Girlanden zu entknoten, dann wollte Rose nicht wissen, wie schwierig es nun sein würde, dieses Durcheinander von Girlanden, das sich auf dem ganzen Boden ausgebreitet hatte, zu beseitigen. In zehn Minuten. Denn mehr Zeit blieb den Dreien auch nicht mehr. Sie hatten fast zwei Stunden damit verbracht, sich gegenseitig mit Konfetti zu übergießen.

„Oh“, machte sie und mit großen Augen musterte sie das Papiermeer. Sie hörte, wie sich Albus in dem Papier bewegte und Scorpius schnaufte.

Ein kurzer Blick auf die Beiden, der an einem etwas länger hing, genügte und sie fasste den Entschluss.

Mit schnellen Schritten, die unter dem Papier wildes Geraschel auslösten, kämpfte sie sich durch das Durcheinander zu der Tischreihe, auf der die Drei ihre Sachen abgelegt hatten. Albus’ und Scorpius’ Augen folgte ihr verwirrt. Sie griff in ihre Tasche und zog ihren Zauberstab heraus. Mit einem schelmischen Grinsen wandte sie sich wieder zu den beiden Slytherins um, machte mit einer Handbewegung deutlich, dass sie aus der Papierwiese verschwinden sollten, bevor sie ihren Zauberstab schwang und eine Zauberformel murmelte.

Während Scorpius und Albus an ihre Seite eilten schwebten die Girlanden in die Höhe, entknoteten sich sachte und breiteten sich schließlich in ihrer vollen, unglaublichen Länge auf dem steinernen Boden aus. Das Konfetti zischte in die Lüfte und sammelte sich in dem ursprünglich dafür gedachten Sack. Die Kisten rückten zusammen und die letzten Papierschnipsel hüpften in den Mülleimer.

Das Chaos war beseitigt.
 

Albus stieß einen Pfeiflaut aus und nickte bewundernd. „Gut gemacht, Rosie!“

Er stemmte die Hände in die Hüften und begutachtete Rose’ Werk.

„Sieh an“, sagte Scorpius, die Hände in den Hosentaschen vergraben. „Rose Weasley bricht die Regeln.“

Er hob erstaunt und irgendwie auf seine Art anerkennend die Brauen.

Eigentlich wollte Rose cool wirken und lediglich mit den Schultern zucken.

Für sie war das doch ein Kinderspiel.

Das mit den Schultern klappte auch, doch ein stolzes Grinsen konnte sie sich dann doch nicht verkneifen.

„Tia“, sagte sie und ließ ein Lachen hören. „Ich bin eben eine Weasley, und die sind immer für Überraschungen gut.“

Sie trat ein paar Schritte vor um sich zu Albus zu gesellen und schwebte, immer noch kichernd und mit erhitzten Wange an Scorpius vorbei, nicht ohne ihm über die Schulter noch einmal neckend zuzwinkern.
 

Scorpius wollte mit ihr lachen, ihre Erheiterung erhalten. Doch als sie an ihm vorbei trat, ihre schwingenden Haare ihn fast kitzelten und ihr Duft ihn traf wie der Schreck vor einem plötzlichen Donnerschlag, die Dunkelheit in ihren Augen ihm den einzigen Funken darin schickten, verwandelte sich das Bild in seinem Kopf.

Die Vorstellung von Rose Weasley als Alientochter, die er noch vor wenigen Momenten inne hatte, zerfiel.

Aus dieser bröckelnden Hülle erschien ein anderes Wesen; ein Wesen, das vor Schönheit strahlte. Es war nur ein weißes Licht, ein Strahlen, das sein Inneres wärmte, das in der tiefsten Finsternis jedes noch so winzige Staubkorn finden würde.

Und es hatte ihn gefunden.

Gefunden und eingenommen.

Sie war schön.

Innerlich und äußerlich.

Dieser Gedanke überkam Scorpius so plötzlich als hätte jemand einen Eimer Eiswasser über ihm ergossen.
 

Ich stehe auf Rose Weasley.
 

Seine Augen hatten sich unwillkürlich geweitet und mit starren Gliedern stand er da, als sein Gehirn scheinbar wieder in die Realität eintauchte.

Es waren nur Sekunden vergangen, Rose war immer noch auf dem Weg zu Albus, der ihre Zauberkünste bewunderte.

Hatte Scorpius die Luft angehalten? Er prüfte es, in dem er versuchte zu atmen. Doch nichts geschah. Er öffnete den Mund und spürte, wie die Luft in seine Lungen strömte.

Gerade als er den Sauerstoff willkommen hieß, der nicht nur seine Lungen sonder auch seinen Kopf scheinbar mit Klarheit durchströmte, fiel sein Blick wieder auf Rose, die mit Albus herum alberte.

Die Luft, die soeben noch auf seiner Seite gestanden hatte, wechselte zur gegnerischen und schien auf dem Weg zu seinen Lungen und zu seinem Gehirn zu stoppen, sodass der Malfoy heftig zu husten begann.

Verräterischer Atem.

Albus sowie Rose drehten sich überrascht zu ihm um. Albus, der am nächsten bei ihm stand, eilte heran und klopfte ihm auf die Schulter.

„Alles klar, Mann?“, fragte er und musterte seinen Freund. Scorpius hob die Hände als Zeichen, dass es ihm gut ginge und der Potter ließ von ihm ab.
 

Er wusste nicht, ob es Glück oder eine weitere Strafe an diesem Tag für den Malfoy war, als Professor McGonagall nur einen Moment später zur Tür hinein stürmte.

Die Direktorin nahm mit ihren scharfen Augen ihre drei Schüler sofort unter Augenschein.

Albus Potter, der neben Scorpius weilte und ihm vereinzelte Blicke zu warf; Scorpius Malfoy, der etwas blass um die Nase war und seinen Blick an einem Punkt auf dem Boden zu krallen schien; Rose Weasley, deren Augen eine gewisse Unruhe zeigten und immer wieder auf die beiden Jungen huschten.

Professor McGonagall seufzte. Die Schüler wurden mit den Jahren immer merkwürdiger.

Sie räusperte sich und schritt auf die getane Arbeit zu.

„Schön“, sagte sie und schwang ihren Zauberstab, sodass Girlanden, Konfettisack und Kartons sich in die Lüfte hoben.

„Dann sind Sie fertig für heute. Gehen und nutzen Sie das restliche Hogsmeadewochenende.“

Mit diesen Worten eilte die Lehrerin auch schon aus dem Raum, die Dekoration hinter ihr her schwebend.
 

„Ich kann es nur noch einmal sagen, Rosie“, begann Albus von neuem, als die Drei kurze Zeit später auf den Flur traten. „Das war spitzenmäßig! Goni hätte uns kalt gemacht, aber so was von.“

Grinsend schüttelte er den Kopf bei dieser Vorstellung und boxte Rose ganz zart gegen den Oberarm.

„Also was ist“, fragte Albus. „Kommst du noch mit nach Hogsmeade? Ein bisschen Shoppen? Komm schon. Du hast es dir doch bestimmt nicht nehmen lassen, einen coolen Typen zu fragen, bei einer Damenwahl.“ Die Augenbrauen des Potters wackelten verführerisch in seiner Stirn, doch Rose prustete nur vor sich hin.

„Ich weiß nicht“, murmelte sie und senkte unwillkürlich den Blick. Eigentlich hatte sie gar nicht vor nach Hogsmeade zu gehen. Wofür denn auch?

Auf den Ball würde sie wohl sowieso nicht gehen, sie hatte niemanden gefragt. Ja, es war Damenwahl. Und ja, sie hatte wahrscheinlich eine große Auswahl. Sie war schließlich recht beliebt. Doch neben ihren Strafarbeiten, Nachsitzen, dem Streit mit Alice, ihren Pflichten und Hausaufgaben, da hatte sie es ganz vergessen. Und jetzt war es sowieso egal. Die guten Jungs waren alle schon vergeben.

Abgesehen von der fehlenden Lust.

„Besser nicht“, rang sie sich schließlich ab und ihre Augen huschten zu Scorpius, der immer noch wie besessen den Boden anstarrte.

Albus zuckte mit den Schultern. „Du musst es wissen. Also, bis dann Rosie.“

Er hob die Hand, boxte ihr noch einmal gegen die Schultern und verschwand mit dem stummen Scorpius im Schlepptau um die nächste Ecke.

Rose ließ den Kopf in den Nacken fallen und stöhnte.

Bälle waren zum kotzen.
 

~
 

Obwohl es erst Mitte September war, blies der Wind schon kräftig um die Dächer der kleinen Zaubererstadt und die meisten Schüler suchten sich schnell ein warmes Plätzchen in einem der vielen Läden oder in den drei Besen.

Albus zog sich gerade die Jacke enger um den Nacken und fummelte mit kühlen Fingern an seinem neusten Scherzartikel herum, den er im Laden seines Onkels gekauft hatte.

„Ich krieg diese blöde Schachtel nicht auf“, meckerte er und zog die Stirn in Falten. „Das gibt’s doch gar nicht. Kannst du vielleicht mal- Hey!“

Als er aufsah um seinen blonden Freund um Hilfe zu bitten, bemerkte er erst, dass dieser nur auf einen unsichtbaren Punkt starrte und ihn gar nicht zu bemerken schien.

„Mann!“, rief Albus, nun etwas lauter, und Scorpius hob blinzelnd den Kopf.

„Was ist denn mit dir los, Alter? Du bist so komisch drauf“, sagte Albus und fummelte weiter an der kleinen Schachtel.

„Nichts“, grummelte Scorpius nur und hob die Schultern zum Schutz vor dem kalten Wind.

„Na, wenn nichts ist, dann kannst du mir vielleicht auch mal helfen diese blöde Schachtel aufzukriegen!“, schimpfte der Potter und hielt Scorpius besagte Schachtel entgegen. Der Angesprochene verrollte nur genervt die Augen, machte aber keine Anstalten, das Stück entgegen zu nehmen.

„Wozu brauchst du denn jetzt Kotzpastillen?“, fragte er und hob eine Augenbraue.

„Ich will ja nur mal wissen, wie sie aussehen“, erklärte Albus und machte sich weiter daran, an der Öffnung herum zu doktern.

„Und warum, du Genie, benutzt du nicht einfach deinen Zauberstab?“, fragte Scorpius schließlich. Dass seine Stimme äußerst gereizt klang, merkte der Malfoy erst, als Albus ihm einen argwöhnischen Blick zu warf.

„Okay“, machte Albus und steckte die immer noch verschlossenen Kotzpastillen in seine Jackentasche. „Was ist los?“

Scorpius verzog nur das Gesicht und wandte sich stöhnend von ihm ab.

Was sollte er denn sagen?

Ach, alles in Ordnung. Ich glaube nur, dass ich total in deine reizende Cousine verschossen bin.

Ja, das würde die Stimmung bestimmt heben.

Statt der Wahrheit begnügte er sich wieder nur mit einem Grummeln, das ein weiteres „Nichts“ bedeuten sollte.

„Hey, jetzt mach mir nichts vor. Du schweigst die ganze Zeit nur in der Gegend herum und starrst Löcher in die Luft, sodass ich Angst haben muss, dass bald keine Luft mehr übrig ist“, sagte Albus und verschränkte die Arme. Sie waren nun schon so lange beste Freunde. Wenn Scorpius glaubte, er könnte ihm was vormachen, dann hat er aber einen fetten Knoten im Zauberstab.

Ein schiefes Grinsen, das eher einer Grimasse glich, zeichnete sich auf Scorpius’ Gesicht und wieder seufzte er, als seine Hand durch seine Haare wanderte.

„Also?“, forderte Albus erneute und hob erwartungsvoll die Augenbrauen.

Scorpius rang mit sich selbst. Wenn er jetzt die Wahrheit sagen würde, war es offiziell. Und dazu war er alles andere als schon bereit.

Was jetzt in seinem Kopf herum spukte, konnte morgen schon wieder verschwunden sein. Warum also jetzt schon die Bombe platzen lassen, wenn es doch noch gar keinen Grund dafür gab?

Allerdings, und das war der Punkt, der ihm einen Strich durch die Rechnung machte, wusste er schon allein bei dem Gedanken, dass es morgen vielleicht schon wieder anders sein würde, dass er sich selbst anlog.

Es würde morgen nicht anders sein. Und übermorgen auch nicht.

Es war einfach ein Gefühl, das Gefühl.

Er wusste es einfach.

Er wusste, dass sein Herz flatterte, wenn sie in der Nähe war.

Er wusste, dass sie ihn mit einem Augenaufschlag von den Beinen reißen konnte, dass die Form ihrer Lippen ihm den Verstand raubte, die Bewegung ihrer Hand in ihrem Haar ihm die Luft stahl.

Und er wusste, dass er genau das noch nie gespürt hatte.

Es war, als würde sich ein schwieriger Zaubertrank plötzlich von selbst lösen, als würde ihm die Lösung, die er seit Wochen suchte, auf einmal wie Schuppen von den Augen fallen.

Er wusste es einfach.

Was er allerdings nicht wusste, war ihr Gefühl.

Und dieses Unwissen, dieser leichte Hauch von Irrung und Zweifel, schien ihm im Moment das Genick zu brechen.

Was dachte sie über ihn? Nach all den Jahren.

Würde sie ihn auslachen? Ihn verhöhnen, so wie er es schon so oft getan hatte?

Oder würde sie ihm um den Hals fallen? Wohl eher nicht. Oder doch?

Es hat sich so Vieles geändert. So Vieles so sehr.

Aber in welcher Weise das Viele sich geändert hatte, wusste er nicht.

Er wusste eigentlich nichts, außer der Wahrheit über sein Gefühl.

Und die war in diesem Moment das einzige, was er lieber nicht wissen wollte.

Er hatte absolut keine Ahnung, wie er dem ganzen entgegentreten sollte.
 

Wieder seufzte der Malfoy und seine Hand glitt über sein Gesicht.

„Es ist…“, begann er und sein Blick huschte kurz zu seinem dunkelhaarigen Freund.

„Es…“, begann er wieder.

Konnte er es denn überhaupt schon gestehen?

Er atmete einmal kräftig ein und spürte die kühle Luft in seiner Kehle.

Wollte er es denn überhaupt schon gestehen?

Er wusste doch selbst noch nicht, wie er mit dieser, und zweifelsohne war es eine, Krise umgehen sollte.
 

Gerade als er wieder die Stimme erheben wollte, erkannte er, wie Albus’ Aufmerksamkeit auf etwas anderes rückte.

Schalk bildete sich in seiner Mimik und mit einem hämischen Grinsen schüttelte er den Kopf.

„Und jetzt sieh mal an, wen wir da haben!“, rief er, warf die Arme in die Höhe und stürmte an Scorpius vorbei.

Verwirrt blinzelte dieser dem Potter hinter her, er wollte sich schon lauthals beschweren. Schließlich war er gerade dabei, ein Geständnis, das wohl die Geschichte der Zauberei verändern würde, abzulegen und sein Freund interessierte sich mehr für…

Für was eigentlich?

Scorpius’ Augen suchten Albus’ angestrebtes Ziel und als er erkannte, was sein Freund entdeckt hatte, schienen Scorpius Gesichtszüge einzuschlafen.

Sein Herz konnte sich nicht zwischen vor Aufregung zerplatzen und vor Schreck stehenbleiben entscheiden.

„Das kann doch alles nicht wahr sein…“, stöhnte er nur.
 

~
 

Seufzend streichelte Rose’ Hand den schwarzen Stoff.

Sie hatte es also doch getan. Sie war nach Hogsmeade gegangen.

Welch eine Verschwendung.

Und warum war sie dahin gegangen, wider jede Logik? Weil sie sich dazu genötigt fühlte, doch ein Kleid zu kaufen. Wer wusste denn auch schon, ob sie nicht vielleicht doch auf den Ball gehen wollen würde? Vielleicht überkam sie an jenem Abend den plötzlichen Drang, doch das Tanzbein schwingen zu wollen.

Ein freudloses Prusten huschte über ihre Lippen. Klar, sie war ja auch die große Tänzerin.
 

„Hast du was gefunden, Schätzchen?“, ertönte eine Stimme hinter ihr und fast schon ertappt drehte sich Rose ruckartig um, die Röte in ihren Wangen.

Mrs. Bottyfeyer, die kleine, rundliche Frau, die immer etwas zu viel Schminke und etwas zu wenig Kleidung trug, stand vor ihr, mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen. Ihr gehörte dieser einzige Kleiderladen in Hogsmeade, in dem sich Rose gerade aufhielt.

„Ähm“, stotterte Rose. „Nein, ich glaube-“

Ich glaube, dieses schwarze Kleid würde dir fabelhaft stehen“, fiel ihr die alte Frau ins Wort und zeigte mit einer bedeutungsschweren Geste auf das Kleid, von dessen Stoff Rose vor wenigen Sekunden noch fasziniert war.

„Meinen Sie?“, fragte Rose unsicher und ihre Augen huschten zu dem Ständer.

„Willst du mir etwa unterstellen, dass ich von meinem Job keine Ahnung habe?“, rief Mrs. Bottyfeyer in gespielt entrüstetem Ton und eilte auch schon auf des Kleid zu, um es schließlich von seiner Halterung zunehmen.

„Hier, probier’ es an“, sagte sie und hielt Rose den schwarzen Stoff entgegen.

Die Augen der Weasley ruhten für einen Moment auf dem Kleid. Eigentlich wollte sie nicht auf den Ball. Aber anprobieren hat noch niemandem geschadet, oder?

Bei Merlin, sie war schließlich auch nur eine Frau.

Und wenn Männer diese Ausreden benutzen durften, dann durfte Frau das auch.

Fast schon zu schnell packte sie sich das Kleid und lief unter den zufriedenen Augen der Verkäuferin in die nächste Kabine.
 

Es war umwerfend.

Und von der Größe her scheinbar wie für Rose gemacht.

Es war einfach nur schwarz. Keine Träger.

Am Oberkörper lag es eng an, doch das Unterteil fächerte sich mit Hilfe von viel Tüll und anderen Stoffarten, die Rose noch nicht einmal benennen konnte, an ihren Beinen aus, bis es auf Höhe ihrer Knie endete.

Eigentlich sollte man sich ja als etwas verkleiden. Schließlich war Halloween.

Aber wo war schon der Witz daran, wenn man keinen Partner hatte, mit dem man sich verkleiden konnte.

Gehe ich eben als einsame Hexe.

Wie passend.

Aber schließlich hieß es doch nicht umsonst ‚schwarz passt immer’, oder?

Seufzend drehte sich Rose vor dem kleinen Spiegel, betrachtete sich von allen Seiten.

Unglaublich wie gut es passte.
 

„Und?“, fragte Mrs. Bottyfeyer und spähte durch die Vorhänge der Kabine.

„Ich denke, es passt“, antwortete Rose.

Du denkst? Schätzchen, wenn dieses wunderbare Stück dir nicht passt, dann niemandem“, sagte die alte Frau und machte große Augen bei dem Anblick von Rose. Noch einmal drehte sich die Weasley vor dem Spiegel. Dann warf sie resigniert die Arme in die Lüfte.

„Na gut, bei Merlin. Ich nehme es ja!“, sagte sie und ließ ein Schnaufen hören.

Sie würde es bereuen. Oh ja, und wie sie es bereuen würde. Spätestens an Halloween, wenn sie wie ein Vollidiot dasitzen würde, in ihrem schicken Kleid, ohne Begleitung.

Aber vielleicht hatte sie ja Glück und ihr Prinz auf weißem Ross würde angeritten kommen und sie in ihrer Not retten…

Ein Besen würde es allerdings auch schon tun.
 

„Unglaublich“, stöhnte Rose, als sie aus dem Laden trat, die Papiertasche um ihren Arm und den Kassenzettel in der Hand.

„Unglaublich!“, wiederholte sie sich unbewusst und starrte auf den Preis: Die größte Zahl, die Rose je auf einem so kleinen Zettel gesehen hatte.

„Wie kann so wenig Stoff so viel kosten?“, schimpfte sie und stampfte verärgert mit dem Fuß auf. Sie warf einen Blick über die Schulter und spähte in den Laden hinein.

„Wahrscheinlich zieht sie bei all ihren Kundinnen so eine Nummer ab. Das ist ja wirklich unver-“

Doch ihre Nörgeleien wurden unterbrochen als sie eine Stimme rufen hörte.

„Und jetzt sieh mal an, wen wir da haben!“, rief Albus und sie hörte ihn früher als dass sie ihn sah. Geschickt. So konnte niemand vor ihm flüchten.

Er war nur wenige Meter von ihr entfernt und kam immer näher, mit einem gehässigen Ausdruck im Gesicht. Scorpius trottete ihm lediglich hinterher.

„Ich dachte, du wolltest nicht nach Hogsmeade!“, beschwerte Albus sich grinsend und legte einen Arm um ihre Schultern.

Rose verdrehte die Augen und schmunzelte.

„Falsch. Ich wollte nicht mit dir nach Hogsmeade“, witzelte sie und verkniff sich ein Lachen, als ihr Lieblingscousin in gespielter Entrüstung von ihr abwich.

„Okay, du hast gewonnen“, gab er schließlich nach und spähte in ihre Papiertasche.

„Was hast du denn gekauft?“, fragte er und Rose zog die Tüte sofort näher an sich.

„Nichts!“, rief sie, schon fast zu laut, und sofort schlich sich die Röte in ihre Wangen. Der Potter stöhnte genervt auf und warf die Arme in die Luft.

„Was habt ihr heute nur mit eurem blöden nichts! Ich kriege heute ja nichts anderes zuhören!“, schimpfte er und bemerkte erst dann seinen grandiosen Wortwitz. Er brach in schallendes Gelächter aus und wandte sich zu Scorpius.

„Hast du das gehört? ‚Ich kriege heute nichts anderes zu hören!“, lachte er und sein blonder Freund hob lediglich eine Augenbraue, sodass Albus sich genauer erklärte.

„Ich kriege nichts anderes zu hören als Nichts! Das ist urkomisch“, freute sich der Dunkelhaarige.

„Ja, zum totlachen“, entgegnete Rose in sarkastischem Ton und unter Albus’ immer noch währendem Gelächter trafen sich Scorpius’ und ihr Blick zum ersten Mal. Er schmunzelte, etwa über ihre Antwort?

Doch noch bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, hatte Albus auch schon ihren Arm in Beschlag genommen.

„Na wenn du schon mal da bist, können wir auch zusammen ein Butterbier trinken gehen“, sagte er und zog sie hinter ihm her, ohne auch nur einmal auf ihre wilden Beschwerden zu achten.
 

Nur wenige Minuten später saßen die drei auch schon in den Drei Besen, in dem sie in den Massen an Schülern, die sich hier versammelt hatte, glücklicherweise noch ein Plätzchen gefunden hatten.

Albus war aufgesprungen, mit dem einfachen aber alles erklärenden Wort „Butterbier“, und im Tumult verschwunden.

Nun saßen sich nur noch Rose und Scorpius an dem kleinen Tisch gegenüber, schenkten sich verscheuchte Blicke, denen keiner der Beiden standhalten konnte.

„Also…“, begann Scorpius zu reden, zögerlich, und seine Hand wanderte zu seinen Haaren. Rose wandte absichtlich den Blick ab.

„Freust du… dich schon… auf den Ball?“, fragte er und schaute sich absichtlich interessiert im Raum um, obwohl ihn in diesem Moment nichts anderes mehr interessierte als ihre Antwort.

Er kam sich total albern vor. So war er nicht. Dieses Gestammel…

Rose blinzelte ihn zuerst etwas irritiert an, bevor sie antwortete.

Noch immer war ihr der nette Umgang mit dem Slytherin etwas suspekt. Wobei suspekt ja nicht gleich unangenehm bedeutete…

„Na ja, im Moment freu ich mich erst mal, wenn er wieder vorbei ist“, antwortete sie und schmunzelte auf Scorpius’ überraschten Blick.

„Die Strafarbeiten sind dann auch vorbei“, erklärte sie und der Slytherin verrollte belustigt die Augen.

Er wollte weiter mit ihr reden, ihre Stimme hören. Es war ein merkwürdiges Gefühl, in der Gegenwart eines Mädchens nicht zu wissen, was zu tun war. Aber bisher hatte er auch noch nie mit einem Mädchen wie Rose Weasley zu tun gehabt. Die meisten Mädchen, mit denen er sich abgab, legten auf eine anständige Unterhaltung nicht so viel wert. Mal abgesehen von der Tatsache, dass man sich nicht jeden Tag in seine Erzfeindin verliebte…

Nervös schluckte er und gerade, als er versuchte den Mund zu öffnen um etwas zu sagen, veränderte sich Rose’ Gesichtsausdruck. Sie starrte zu einem Punkt hinter ihm, die Augenbrauen in die Stirn gezogen und ein schiefes Grinsen auf den Lippen.

„Wer ist denn das?“, fragte sie.

Scorpius wandte den Kopf und entdeckte Albus an der Theke. Er sprach mit einem Mädchen und nutzte die Lautstärke, um ihr näher zu kommen. Eine Hand lag an ihrer Seite, mit der er sie immer näher zog. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr, dem Mädchen schien es zu gefallen.

Sie kamen sich näher und… küssten sich!

„Oh“, machte Rose überrascht und Scorpius prustete los, belustigt durch ihre Reaktion.

„Das ist Fallon Avoy“, erklärte er grinsend. „Ravenclaw. Albus ist schon lange hinter ihr her.“

„Verstehe“, sagte Rose und bemühte sich, die beiden nicht all zu sehr anzustarren, was gar nicht mal so einfach war.

„Also, freust du dich schon auf den Ball?“, fragte sie in ihrer Not und die Worte sprudelten regelrecht aus ihrem Mund, während ihre Augen sich viel zu angestrengt an Scorpius hefteten. Dieser musste ein Lachen unterdrücken und so stimmte auch Rose in das nun nicht mehr aufzuhaltende Gelächter des Blonden ein.

Es war ein gutes Gefühl, mit ihr zu lachen. So ungezwungen, so leicht.

Doch dann erstarb ihr Lachen plötzlich und ihr Blick hing an einem anderen Punkt. Er folgte ihrem blinden Fingerzeig und erspähte das Bild, welches Rose das Lachen raubte.

Alice tummelte sich feucht fröhlich mit Marcus in einer Ecke.

Und dann wusste Scorpius auf einmal, was er zu tun hatte.

Was brachte schon dieser ewige, lahme Smalltalk, der so gar nicht zu ihm passte. Zwar konnte er eine gewisse Nervosität in ihrer Nähe nicht verleugnen, doch musste er ja nicht gleich zum Trottel mutieren. Er war ein Mann der Taten und nicht umsonst ein Slytherin.

Auch wenn ihm dieser Gedanken, noch bevor er ihn überhaupt ausdenken konnte, zu wider war, aber Rose Weasley musste erobert werden.

Und schließlich hatte er nicht umsonst jahrelang den Ruf als Gentleman und Charmeur, oder? Der einzige Unterschied zu sonst war nur, dass er nun der jenige war, dem es bei seinem Gegenüber die Sprach verschlug. Seltsam, einmal auf der anderen Seite zu stehen...
 

„Lass uns gehen“, sagte er schließlich knapp und stand auf. Noch ehe Rose seine Worte unter dem Anblick Alice’ wirklich realisieren konnte, umfasste er ihr Handgelenk. Sie spürte die Wärme seiner Hand, die sich um ihre Haut schloss und sie ließ sich von ihm unter den vielen Schülern nach draußen in die kühle Herbstluft ziehen.

Sie nahm einen großen Atemzug von der Kühle, im gleichen Augenblick ließ er sie los.

Ihr Blick hing auf dem Boden, zu viel schämte sie sich für ihre Schwäche, immer noch nicht mit der Situation zwischen ihr und Alice zu recht zu kommen.

„Alles okay?“, hörte sie seine raue Stimme und sie sah auf. Seine Augen waren auf sie gerichtet, während er sich tiefer in seinem Mantel vergrub.

„Ja“, seufzte sie und bemühte sich, nicht wieder zurück in den Pub zu schauen.

„Gut. Gehen wir“, sagte er und ging die Straße entlang. Rose blinzelte ihm hinter her, bevor ihre Beine sich zu ihm bewegten.

„Du musst nicht mit mir zurück, ich kann auch alleine gehen“, sagte sie, als sie ihn eingeholt hatte.

„Ich weiß. Aber ich glaube kaum, dass Albus nun noch viel Interesse an mir hat“, schmunzelte er und hob die Augenbrauen.

Rose verkniff sich ein Kichern und nickte schwerfällig.

Ja, Albus war mit etwas Besserem beschäftigt.
 

Eine Weile liefen sie einfach nur den Weg zurück, jeder seinen eigenen Gedanken nachhängend. Sie verließen die Straße Hogsmeades und schlenderten den langen Weg zum Schloss herauf.

„Was stört dich daran?“, fragte er plötzlich in die Stille und Rose blickte ihn fragend an.

„Ich meine Alice“, erklärter er. „Dass sie nun mit diesem… Typ zusammen ist.“

Die Weasley seufzte lange und ihr Blick wanderte gen Himmel.

„Ich weiß auch nicht. Es ist nicht einmal die Tatsache, dass sie mit jemandem zusammen ist“, sagte sie. „Ich glaube einfach nicht, dass sie ihn wirklich mag. Sie hat nie von ihm erzählt und alles. Ich glaube es ihr einfach nicht. Und es macht mich irgendwie wütend, dass sie sich selbst belügt…“
 

Warum erzählte sie ihm das eigentlich?

Weil er gefragt hatte.

Ach ja.
 

Scorpius nickte. „Du denkst also, dass sie eigentlich gar nicht in ihn verliebt ist?“

„Ja, genau.“

Wieder nickte er.

Und würde dieses Gespräch nicht auf einem Thema aufbauen, welches Rose traurig stimmte, so wollte er nun am liebsten in die Luft springen vor Freude. Singen, lachen, schreien.

Was für ein merkwürdiges Gefühl.

Merkwürdig und doch so unbeschreiblich gut.

Er wollte es nicht mehr hergeben, aufgeben.

Wenn er doch nur wüsste, wie sie…?
 

„Ich frage mich, wie man so etwas tun kann“, sagte er.

Rose lachte kurz auf. „Na ja. So etwas nennt man in der Fachsprache emotionale Bindung. Soll ich es für dich vielleicht definieren?“, witzelte sie und obwohl es ihn bei diesen Worten durchzuckte, stimmte er in ihr Lachen ein.

Wie hätte es auch anders sein können. Er hatte schließlich jahrelange Arbeit geleistet, um sich diesen Ruf aufzubauen.

Dass er das jemals bereuen würde, hätte er nie gedacht.

„Das meinte ich eigentlich nicht“, sprach er weiter und bemühte sich, locker zu klingen. „Ich meine, wie kann man eine Beziehung mit jemandem eingehen, den man eigentlich nicht mag?“

Und das war die Wahrheit. Er verstand es nicht. Er mochte die Frauen, doch hatte er noch nie eine so sehr gemocht, dass er es lange mit ihr hätte aushalten können. Geschweige denn eine Beziehung hätte aufbauen können.

Er sagte den Mädchen direkt, was Sache war. Wenn sie darauf eingingen, schön.

Wenn nicht, auch schön.

Aber er hatte nie eine Beziehung mit einem Mädchen angefangen, welches er nicht auch wirklich mochte. Das erklärt womöglich auch seine geringe Anzahl an Beziehungen, die er die letzten Jahre geführt hatte… oder eben auch nicht.

Rose sah ihn einen Moment an, eine Mischung aus Verwunderung und Argwohn in ihrem Blick, bevor sie antwortete.

„Vielleicht mag sie ihn ja auch…“, seufzte sie.

„Mh“, machte Scorpius und verzog das Gesicht. „Nein, ich glaube nicht“, sagte er und ließ die Worte in der kühlen Herbstluft hängen, sodass Rose ihn blinzelnd ansah.

„Adlard ist ein Idiot“, war seine einfache Erklärung und er zuckte die Schultern.

Rose, die nach seinen vergangenen Sprüchen etwas philosophischeres erwartete hatte, lachte vor Überraschung auf und gab ihm einen Klapps auf den Oberarm.

Er grinste lediglich und konnte einen gewissen Grad an Stolz nicht verbergen.

Rose’ Lachen erhob sich in die Lüfte und verlor sich schließlich im Wind, der die Baumkronen zum Tanzen brachte, der ihnen die, vielleicht noch unentdeckte, Wahrheit in die Ohren flüsterte, der sie einfach nur umgab, wie ein Gefühl, ein Zustand, eine Klarheit.
 

Stumm gingen sie nebeneinander her. Doch es war keine unangenehme Stille oder gar eine fiese, wie sie es sonst gewohnt waren. Immer darauf vorbereitet, von dem jeweils anderen einen verbalen Angriff zu ernten.

Nein, es war einfach nur eine Ruhe, die sie umfasste. Nicht weniger.

Vielleicht etwas mehr, aber auf keinen Fall weniger.
 

~
 

Fast schon rhythmisch bewegte Rose die Haarbürste durch ihre Haare.

Ihre Augen starrten in ihr Ebenbild und um ihre Mundwinkel zuckte ein Lächeln.

Es war Abend und Rose stand nun schon seit einer halben Ewigkeit im Bad des Mädchenschlafsaals und beschäftigte sich mit ihrer Haarpracht.

Der vergangene Tag war eindeutig der merkwürdigste, den sie je erlebt hatte. Zuerst die Strafarbeit, in der sich Malfoy seltsamer benommen hatte denn je.

Dann ihr Aufenthalt in Hogsmeade, der ebenfalls alles erlebte auf der Seltsamkeitsskala sprengte.

Und nicht zu vergessen, der Höhepunkt der Merkwürdigkeiten: Ihr Heimweg mit Scorpius.

Unglaublich wie er sich in ihren Augen verändert hatte.

Vor wenigen Wochen wollte sie ihn am liebsten noch persönlich den hungrigen Riesen ausliefern und jetzt spazierte sie mit ihm durch Hogsmeade.

Und er war so… angenehm.

Ja, das war das passende Wort.

Es war so angenehm, mit ihm zu reden, zu lachen.

Und seine Anwesenheit störte sie gar nicht. Ganz im Gegenteil. Heute Nachmittag tat es richtig gut, mit ihm zu reden. Endlich eine andere Meinung zu hören. Als hätte er gewusst, was sie bedrückt.

Und seine Reaktion in den Drei Besen. Sie glich ja fast schon einer Rettung.

Ein Lächeln hüpfte über ihre Lippen.

Hätte er sie früher einfach an der Hand gepackt und sie weggezogen, wäre sie ihm wohl an die Gurgel gesprungen.

Ja, früher. Aber da hatte sich auch ihr Bild von ihm noch nicht geändert.

Seit wann war aus ihm dieser charmante, zuvorkommende, witzige, zweifellos gutaussehende Mann geworden?

Okay, sie musste zugeben, sein Aussehen war ihr nichts Neues. Schließlich hatte er auch nicht umsonst so viele Verehrerinnen.

Dass er Witz besaß, wusste sie auch. Nicht nur einmal musste sie sich ein Lachen wegen ihm verkneifen.

Doch seine freundliche Seite, die er ihr nun zeigte, die kannte sie noch nicht.

Und sie war überrascht.

Er hatte sie überrascht.

Aber auch das war nicht das erste Mal.

Wie oft hatte sie sich gewundert, dass sie ihn über ihn schmunzeln musste?

Wie oft hatte sie schon über seinen Ehrgeiz gestaunt?

Zum Glück hatten die Rivalitäten zwischen ihnen nur nachgelassen und waren nicht ganz verschwunden.

Es wäre wirklich komisch gewesen, nach all den Jahren ihn nicht mehr besiegen zu müssen.

Schließlich war es schon immer so gewesen.

Seit sie nach Hogwarts kam, richtete sich ihr Leben hauptsächlich nach ihm.

Ihn besiegen; schlauer sein als er; einen besseren Streich aushecken; beliebter sein.

Er war immer der Mittelpunkt gewesen.

Wenn man sich auf nichts verlassen konnte, darauf, dass er da war, könnte sie ihr ganzes Hab und Gut verwetten.

Er war immer an ihrer Seite.

Immer.

Er…
 

Die Haarbürste glitt aus ihrer Hand und landete schallend im Waschbecken, in dem sie geräuschvoll hin und her schlitterte.
 

Oh Gott.
 

Ich stehe auf Scorpius Malfoy.

Steinige Wege

Hola ihr Lieben!
 

Nach einem wundervollen, sonnigen, warmen, entspannenden und einfach traumhaften Urlaub [hust] melde ich mich zurück mit einem neuen Kapitel.

Dieses Mal dauerte es leider etwas länger als sonst, da ich schon vor dem Urlaub mit dem Kapitel meine Schwierigkeiten hatte und hab ich danach den Anschluss komplett verloren xD

Aber ich habe ihn glücklicher Weise wieder gefunden und an reichlichen Wörtern nicht gespart.

Ja... ich glaube, das war es nun auch schon von mir.

Ich wünsche euch ganz viel Spaß mit dem neuen Kapitel und hoffe natürlich auf jede Menge Kommis:)
 

Eure braun gebrannte und erholte Schnie.
 


 

-~-
 


 

Kapitel 7:     Steinige Wege
 


 

Es gab Tage, da wusste man mit dem ersten Augenaufschlag schon, dass es der Tag werden würde.

Wenn die Sonne dich wach kitzelte, ihre ersten Strahlen dich wärmten und dich ohne zu frösteln sachte aus dem Bett führten.

Das Wasser unter der Dusche hatte auf Anhieb die perfekte Temperatur und das Handtuch war auf magische Weise so angenehm warm.

Die morgendliche Müdigkeit fiel natürlich aus, da die vergangene Nacht von wunderschönen Träumen besucht wurde, die dir alle Sorgen raubten.

Ja, so konnte der Morgen ablaufen.

Es gab aber auch Tage, an denen man mit dem ersten Augenaufschlag schon wusste, dass dieser Tag bestimmt nicht der Tag werden würde.

Die Sonne war greller denn je und der erste Blick wurde von ihr so geblendet, dass man die nächsten drei Stunden von bunten Lichtern in der Optik verfolgt wurde.

Es war eisig kalt, da zu solch frühen Stunden die Heizung noch nicht ansprang und somit fiel natürlich auch das heiße Wasser aus. Das Handtuch war noch feucht von der gestrigen Abendwäsche.

Auch deine Träume hatten dich nicht im Stich gelassen, denn sie hatten sich mit dem Omen dieses schlechten Tages verbündet und dir haufenweise Albträume verschafft.

Ja, auch so konnte der Morgen ablaufen.

Doch es gab noch eine dritte Variante.

Jene Tage, an denen ein erster Augenaufschlag gar nicht erst existierte.

Die Dusche fiel aus, da man dank schlafloser Nacht nicht aus dem Bett kam, weil die Gedanken an etwas weit, weit Entferntem festhingen.

Die morgendliche Müdigkeit wurde zur täglichen und zusätzlich zum lästigen Begleiter jener Gedanken, die man schon in der Nacht nicht verdrängen konnte.
 

Einen solchen Tag hatte Rose Weasley hinter sich. Einen exakt solchen Tag.
 

Mit müden Augen und dem Kopf auf ihre Hand gestützt saß sie nun schon seit gefühlten zehn Stunden in der Bibliothek, dabei war es erst später Nachmittag. Das Pergament vor ihr war so jungfräulich wie eh und je, die Feder noch nicht mal angerührt und das Tintenfass ruhte noch seelenruhig in ihrer Tasche.

Die Bücher, die sie sich gesucht hatte, lagen neben ihr und zeichneten auf ihrer Staubschicht keine Spuren der Benutzung ab.

Ihre Finger trommelten auf der Tischblatte in rhythmischen Wiederholungen.

Dass andere Bibliotheksbesucher dieses Geräusch vielleicht stören könnte, kam ihr gar nicht erst in den Sinn.

Der einzige Gedanke, der in ihrem Kopf herumspukte, war den ganzen Tag schon derselbe:

Scorpius Malfoy.
 

Sie hatte alles versucht, um sich abzulenken.

Ein Zauber, der ihr stetig Musik in den Ohren dröhnen ließ.

Mitschüler, die sie pausenlos zu plapperten.

Bücher, die ihre Fantasie anregen sollten.

Sie hatte sogar an einem Zauber überlegt, der ihr kleine Stromschläge verpassen würde, wenn sie an besagten Slytherin dachte. Eine Art Schocktherapie. Doch das überstieg wohl ihre Fähigkeiten.
 

Im Moment war sie dabei, sich einzureden, dass alles nur ein Missverständnis war.

Mal wieder. Immer noch erfolglos.

Ein Missverständnis zwischen ihr und ihrem Herzen.

Ihr Herz glaubte nur, aus welchen Gründen auch immer, dass sie auf den Slytherin stehen würde. Aber das tat sie natürlich nicht.

Warum auch?

Er war ein mieser, hinterhältiger, gerissener, schlauer, witziger, gutaussehender…

Wie gesagt, erfolglos.
 

Sie hatte sogar versucht ihr Herz auszutricksen.

Denn dass es lediglich beim Gedanken an ihn ins Stolpern geriet, war völlig unmöglich.

Also dachte sie an Dinge, die ihren Puls mit Sicherheit kalt lassen würden.

Hausaufgaben. Würmer. Eiscreme. Handtücher. Sommer. Klebezettel. Vögel. Garten. Butterbier. Gebratenes Hähnchen. Blumen. Bäume. Himmel. Blau. Augen. Gänsehaut.

Verdammt!
 

Seufzend ließ sie sich in ihrem Stuhl zurückfallen. Ihre Hand ließ von der nervtötenden Bewegung ab und ihre Arme baumelten an den Seiten.

Na gut, dann gönnte sie sich eben heute mal einen Tag ohne Arbeit. Pausen mussten ja schließlich auch sein. Zwar hatte sie mit dem heutigen Tag ihre Pausen für die ganze nächste Woche aufgebraucht, aber es gab immer Verluste, oder?

Resigniert sammelte sie ihre nicht gebrauchten Utensilien ein, schnappte sich ihre Tasche, raunte einem Zweitklässler ein „Was?“ zu, als dieser sie mit bösen Blicken wegen ihrer Lautstärke schimpfte.

Mit absichtlich polternden Schritten verließ sie die Bibliothek, während sie versuchte ihre Unterlagen in ihrer Tasche zu verstauen.

Seit wann war ihre Tasche zu klein? Und seit wann ihre Unterlagen zu groß?

Grummelnd drückte sie ihre Notizen in den Beutel, bis –und wie hätte es anders sein sollen- sämtliche Pergamente zu Boden segelten.

Rose jammerte gequält auf und bückte sich, um die Papiere wieder einzusammeln, als ihre Ohren plötzlich eine helle Stimmen vernahmen. Sie sah auf und blickte sich suchend um.

War das nicht…?
 

„… aber was interessiert dich das?“, sagte die helle Stimme und nun war sich Rose sicher.

Alice.

Erschrocken zog sie die Luft ein und sammelte hektisch ihre restlichen Unterlagen ein, die sie achtlos in ihre Arme stopfte, um sich im nächsten Moment hinter einer Ecke zu verstecken, als auch schon die Longbottom am Ende des Korridors auftauchte. Im Schlepptau natürlich Marcus Adlard.

„Schließlich bin ich auch noch da. Ich bin deine Freundin“, hörte Rose Alice schimpfen. Von Adlard war nichts zu hören.

Rose spähte um den Wandvorsprung und durch ihre Gewichtsverlagerung fielen die Pergamente aus ihren Armen. Sie griff noch hektisch danach, doch es war schon zu spät. Raschelnd fanden sie den Boden und Alice’ geweitete Augen hafteten auf Rose, die zögerlich aus ihrem Versteck hervor trat.

Der Blick ihrer ehemaligen Freundin schien sie förmlich anzuklagen, sodass Rose auf diesen stummen Klageschrei unwillkürlich den Kopf schüttelte.

„Entschuldige. Ich, ähm…“

Etwas Freudloses glitzerte in Alice’ Augen und Rose hatte das Gefühl, irgendetwas sehr wichtiges zerbrochen zu haben.

Die Longbottom stürmte mit einem undefinierbaren Laut an ihr vorbei und verschwand um eine Ecke. Rose sah ihr nach, hin und her gerissen. Sie wollte ihr nachlaufen, sie trösten, auch wenn sie gar nicht wusste, warum. Sie spürte, wie ihre Glieder zuckten, sie antrieben. Doch ihr Verstand schrie dagegen.

Sie will dich sowieso nicht sehen.

Geschweige denn mit dir reden.

Dann fiel ihr etwas ein.

Sie drehte den Kopf in die Richtung aus der Alice gekommen war und ihre Augen erfassten Marcus Adlard, der keine Anstalten machte, seiner eigentlichen Freundin zu folgen. Er stand lediglich im Gang und starrte Rose an.

Schwarz auf schwarz, und keines wollte nachgeben.

Bis sich auf seinen Lippen ein Grinsen bildete, welches Rose einen Schauer über den Rücken jagte. Doch zu stolz war die Weasley, dass sie sich dadurch einschüchtern ließe und so bemühte sie sich, schnell wieder die Fassung zu gewinnen, um dem Slytherin ihren unheilvollsten Blick zu schicken, bevor sie erhobenen Hauptes davon stolzierte.
 

~
 

Auch die darauffolgenden Nächte waren für Rose Weasley keine Heilung. Zwar konnte sie dem vermeintlichen Feind geschickt aus dem Weg gehen, doch das änderte nichts an der Tatsache, dass er immer noch permanent in ihrem Kopf herumspazierte.

So tapste sie auch an diesem Morgen mit müden Augen die Stufen zum Gemeinschaftsraum hinab und während sie sich gerade vornahm, zu gähnen, ertönte ein Guter Morgen-Gruß in einer wohlbekannten Stimme.

„Hey, Lily“, antwortete Rose müde und blickte bemüht freundlich zu der Potter herunter.

„Bei Merlin“, sagte Lily. „Was hast du heute Nacht denn getrieben? Schon mal dran gedacht, die Nacht zum Schlafen zu nutzen?“

„Erzähl mir mal was neues…“, murmelte Rose und trat mit Lily durch das Portraitloch.

„Gehst du auch zum Frühstück?“, fragte die Rothaarige und auf das stumme Nicken der Weasley ließ sie ein „Toll, dann können wir zusammen gehen!“ hören.
 

So kam es also, dass die müde Weasleytochter mit der aufgeweckten Pottertochter zum Frühstück spazierte, während letztere unaufhörlich plapperte.

Rose war so sehr damit beschäftigt, den vielen Worten der kleinen Gryffindore zu folgen, dass sie ihre Umwelt durch ihre erschöpften Augen gar nicht mehr wahrzunehmen schien und, in der großen Halle angekommen, geradewegs in den bisher erfolgreich gemiedenen Slytherin lief.

„Oh!“, stieß sie aus. „Verzeihung, ich-“

„Nein, schon gut, ich-“, begann Scorpius.

„Ja, ich, äh…“, endete Rose schließlich und senkte mit hochrotem Kopf den Blick. Zu groß war die Angst, dass sie sich mit jedem Wimpernschlag verraten würde. Ganz zu schweigen von ihrer in diesem Moment sicherlich unnormalen Gesichtsfarbe.

Da hatte sie die letzten Tage so penibel darauf geachtet, Scorpius nicht zu begegnen und dann war sie einmal unaufmerksam und schon wurde ihr Plan zunichte gemacht.

„Was denn? So früh schon Training?“, hörte Rose Lily sagen und sie spitzte kurz über die Kleidung des Malfoy. Er trug seine Quidditchuniform, genauso wie Albus, der neben ihm auftauchte.

„Hey, das Spiel ist Morgen. Da bleibt keine Sekunde ungenutzt“, sagte Albus und die Erkenntnis, dass Scorpius noch nichts hatte lauten lassen, beunruhigte die Weasley, während sie ihre Augen angestrengt auf ihren Schuh heftete.

„Ach, stimmt“, sagte Lily und Rose erfasste den Blick der Potter, der kurz unter argwöhnischer Musterung zu ihr herüber huschte. Vermutlich war sie verwundert über Rose’ neue Technik, den Slytherins gegenüber zu treten. Denn gewöhnlicher Weise war das älteste der Weasleykinder um kein Wort verlegen, erst recht nicht, wenn es darum ging Malfoy eins auszuwischen.

„Ravenclaw macht euch fertig“, kicherte Lily dann. „Ich werde zusehen und dir pro gefallenem Slytherin ein Butterbier ausgeben. Versprochen“, witzelte sie weiter, worauf Albus natürlich einging und die beiden anfingen, hektisch miteinander zu diskutieren.

„Siehst du es dir auch an?“, hörte Rose durch das Wortgefecht der Potters plötzlich Scorpius’ Stimme und automatisch verkrampfte sie sich.

Sie spürte, dass die Blicke von Lily und Albus an ihr hingen wie Gewichte, als sie mit ihrer Antwort zögerte.

„Natürlich wird sie es sich ansehen“, rief Lily schließlich und packte Rose Arm. „Es sei denn, sie verhungert vorher. Im Gegensatz zu euch sind wir nämlich noch nicht seit drei Stunden auf und unsere Mägen schreien geradezu nach Pfannkuchen, nicht wahr, Rosie?“

Dankbarer denn je, dass ihre Cousine eine leidenschaftliche Plaudertasche war, nickte die Angesprochene heftig, sodass ihre Locken um ihren Kopf hüpften.

„Na dann. Wir müssen“, sagte Albus und schlenderte an den Mädchen vorbei.

Erst nach einer kleinen Ewigkeit folgte auch Scorpius ihm und Rose’ Körperspannung löste sich. Zum ersten Mal sah sie an diesem Morgen die große Halle in ihrer ganzen Pracht. Ein Seufzen entwich ihr und erst jetzt bemerkte sie die ungewöhnliche Stille, die von der jüngsten Potter an ihrer Seite ausging. Ihr Blick wanderte zu besagter Gryffindore und die drängende Röte, die unter den viel zu weisen Augen der Potter ihre Wangen belagerte, versuchte sie zu ignorieren.

„Ist was?“, kratzte Rose hervor. Die wenigen Sekunden des Wartens schafften es, ihr Herz zum Rasen zu bringen.

Doch dann:

„Nein, nichts“, antwortete Lily und ein strahlendes Lächeln zauberte sich auf ihre Lippen.

„Also was ist nun? Frühstück oder was?“
 

„Sag mal…“, sprach Lily, ein Brötchen zwischen den Zähnen. „Wie lange soll das jetzt zwischen dir und Alice eigentlich noch so gehen?“

Rose sah nur kurz von ihren Cornflakes auf, bevor sie seufzte und mit den Schultern zuckte. Automatisch suchte ihr Blick am Gryffindortisch die junge Longbottom und entdeckte sie auch gleich.

Die Schwarzhaarige saß alleine am Ende der Tafel, starrte auf ihren leeren Teller.

Wieder seufzte Rose. Warum konnte sie nicht einfach zu ihr gehen? Ihr sagen, dass es ihr leid tat und alles war vergessen.

Ja, warum nicht?

Und dann sprang Alice plötzlich von ihrem Stuhl auf und stürmte aus der Halle.

Ach ja. Alice wollte nicht.
 

~
 

Auch wenn es den Eindruck erweckte, Rose Weasley sei in ihr Buch vertieft, so täuschte der Schein.

Auch wenn dieses gegebene Bild kein ungewöhnliches war, so war es innerlich doch bizarrer denn je.

Auch wenn der Glaube bestand, Rose Weasley hasste die Ablenkung während der Arbeit, so war es doch nicht immer die Norm.

Und in diesem scheinbar ruhigen Moment im Gemeinschaftsraum der Gryffindors schien Lily Potter genau dies zu wissen.
 

„Wie geht’s, wie steht’s?“, strahlte Lily über das Buch hinweg, welches sich in Rose’ Händen befand. Die Weasley hob lediglich eine Augenbraue.

„Was willst du denn schon wieder?“, fragte sie, kein Gedanke an das Weglegen des Buches verschwendend.

Auch wenn sie ihre Cousine mochte, so war sie doch immer noch das anstrengendste Mädchen, das in diesem Schloss umherwandelte. Von der Tatsache, dass sie auch noch zur Verwandtschaft zählte, abgesehen.

Und in der vorliegenden Situation brauchte sie gewiss nicht noch mehr Folter.

„Ach, nichts besonderes…“, antwortete Lily und zuckte mit den Schultern. Diese doch so unscheinbar wirkende Geste machte Rose argwöhnisch. Mit einer kontrollierten Bewegung legte sie ihr Buch zur Seite und schenkte Lily einen vielsagenden Blick.

„Was. Willst. Du?“, fragte sie erneut, doch ihre Stimme klang nun bei weitem nicht mehr nach Gleichgültigkeit.

Die Potter sah sich in aller Ruhe im Raum um, fummelte an ihren Haaren, kaute auf ihrer Unterlippe, bis sie nach einer Ewigkeit schließlich Rose wieder ansah.

„Du bist in Malfoy verknallt“, sagte sie und ihre Worte fielen auf Rose nieder wie Granitbrocken.

Wahrscheinlich hätte man für die Aufzeichnung ihrer Gesichtsregung keine spezielle Kamera gebraucht. Auch für das normale, menschliche Auge war die Veränderung ihrer Mimik deutlich zu erkennen, so ermüdend verlief sie.

Ihre Gesichtsmuskulatur erschlaffte, erstarrte, erschlaffte, geriet außer Kontrolle und erstarrte.

In dieser Reihenfolge.

Innerhalb mehrerer Sekunden.

Ganz zu schweigen von den unterschiedlichsten Rottönen auf ihren Wangen.

Lilys Antlitz dagegen zeichnete geweitete Augen und ein verstummtes Lachen.

„Bei Merlins Unterhose“, sagte die Potter nur, von ihrer eigenen Erkenntnis überwältigt, und nun läutete auch das Gelächter ein.

„Bei Merlins Unterhose“, wiederholte sie sich und immer noch weilten ihre überraschten Augen auf Rose.

Diese hatte die Frage, woher ihre reizende Cousine diese Information hatte, schon längst verworfen. Wenn es um Dinge ging, die man um jeden Preis geheim halten wollte, war Lily Potter die erste, die diese Geheimnisse lüftete.

Den anfänglichen Schock also innerhalb weniger Sekunden überwunden, seufzte Rose resigniert.

„Ich fasse es nicht“, rief Lily, die erhitzte Einsicht zeichnete noch immer ihre Wangen.

„Bei Merlin“, lachte sie. „Du stehst tatsächlich auf Malfoy!“

„Schht“, machte Rose und warf der Potter einen gehetzten Blick zu, bevor sie sich im Raum nach möglichen Zuhörern umsah.

Glücklicherweise waren die meisten Schüler schon in ihren Betten oder mit vergessenen Hausaufgaben beschäftigt.

Lily prustete in ihre Hand.

„Dein Dad…“, begann sie, wurde aber von einem Kicheranfall unterbrochen. „Dein Dad wird dich umbringen! Er wird so was von ausflippen! Das wird das Spektakel des Jahres, des Jahrhunderts, der Geschichte-“

„Danke, Lily.“

„Entschuldige…“, sagte die Rothaarige und presste ihre Lippen aufeinander.

„Aber er wird einfach so was von ausflippen.“ Ein weiteres Kichern, bis dieses plötzlich erstarb. „Warte“, sagte sie und Rose blickte auf, verwundert von der unerwarteten Veränderung des Gemüts ihrer Cousine.

„Lädst du ihn zum Ball ein?“, fragte Lily dann und das bekannte Grinsen lag wieder auf ihrem Gesicht.

Rose verschluckte sich fast an ihrem eigenen Atem.

„Bist du verrückt?“, rief sie aus und bereute sofort ihre Lautstärke.

„Ich mach mich doch nicht zum Kröter!“, fügte sie im Flüsterton hinzu.

Lily hob die Augenbrauen und warf sich in ihrem Sessel zurück.

„Vielleicht machst du dich ja gar nicht zum Kröter…“, sagte sie und betrachtete Rose mit prüfenden Augen.

„Wie meinst du das?“, fragte diese misstrauisch und hob ebenfalls die Brauen. Auch wenn die kleine Lily ein herzensguter Mensch war, so war sie doch immer noch eine Potter und was man den anderen Potterkindern nachsagte, wollte Rose nun lieber nicht erwähnen.

„Ich meine“, begann Lily. „Es ist doch gar nicht mal so abwegig, dass er auch auf dich stehen könnte.“

Rose lachte auf. „Ja, klar. Hast du die letzten sechs Jahre vergessen?“

„Nein“, sagte Lily. „Aber du doch auch nicht, oder?“

Wie gesagt, sie war eine Potter. Und die Potterkinder waren dafür bekannt, ein geschicktes Mundwerk zu besitzen. Geschickt, vorlaut und meistens unheimlich wahr.

„Außerdem“, begann sie erneut und ein Grinsen legte sich auf ihre Lippen, das Rose sehr missfiel. „Wie kannst du wissen, dass er dich nicht mag, wenn du es noch nicht einmal versucht hast?“

Rose seufzte und ließ sich die wahrscheinlich genau ausgewählten Worte ihrer Cousine durch den Kopf gehen.

Sie hatte noch nie die Gelegenheit gehabt, einen Jungen zu beobachten, der möglicherweise auf sie stand. Also konnte sie nicht sagen, welche Anzeichen es dafür gab. Wenn sie ein Date hatte, wurde sie eigentlich immer nur von einem Jungen gefragt. Sie sagte ja und dann hatten sie ein Date.

Ende der Geschichte.

Bei Merlin, wie erbärmlich.

Wieder seufzte die Weasley. Doch gerade als sie noch nach den richtigen Worten suchte, um ihrer Verzweiflung Ausdruck zu verleihen, hörte sie hinter sich ein leises Räuspern. Gleichzeitig mit Lily wandte sich Rose zu diesem Geräusch um und erkannte…

Alice?

Die Longbottom trat auf die zwei Gryffindors zu, den Blick gesenkt.

Rose und Lily wechselten einen schnellen, unbemerkten Blick und in dem Glauben, die falschen Signale gesendet zu haben, beobachtete Rose mit Entsetzen, wie Lily von ihrem Sessel aufsprang.

„Ähm, ich muss dann mal. Bis dann“, flötete sie, zwinkerte Rose zu und hastete die Stufen zu den Schlafsälen hoch.

Rose wollte sie aufhalten, sie am liebsten wieder zurück hexen.

Warum wusste sie selbst nicht. Aber sie wusste, dass sie nach all dem nicht mit Alice alleine sein wollte.

Hart schluckend wandte sie sich wieder Alice zu, die nun vor ihr stand.

Einen Moment sahen sie sich einfach nur an, mit großen Augen, als hätten sie zum ersten Mal erfahren, dass sie Hexen waren. Dann kniff Alice plötzlich die Augen zu und streckte eine Hand aus. Etwas verwirrt blinzelte Rose auf eben jene Hand und erkannte ein gefaltetes Pergament darin.

„Eine Nachricht von McGonagall“, ließ die Schwarzhaarige läuten und wedelte mit dem Papier.

„Oh“, machte Rose und nahm den Brief entgegen. „Danke“, piepste sie, ihre Augen waren aber weiterhin auf das Pergament in ihren Händen gerichtet.

Alice rührte sich etwas unbehaglich auf der Stelle, nickte mit aufeinander gepressten Lippen und eilte dann wortlos zu den Schlafsälen.

Eine lange Weile sah Rose ihr nach.

Wie lange sollte das nun noch so gehen?

Wie lange konnte sie es nun noch so aushalten?
 

Mit einem langen Stöhnen ließ sich die Weasley tiefer in ihren Sessel sinken und erst dann erhaschten ihre Augen wieder den Brief in ihren Händen, den sie völlig vergessen hatte. Genervt, was Goni nun schon wieder wollen könnte, riss sie den Umschlag auf und zerrte das gefaltete Papier heraus.
 

Miss Weasley,

da der Halloweenball nun nur noch wenige Tage in der Zukunft ruht, möchte ich Sie, Mr. Potter und Mr. Malfoy bitten, einen Tag vor dem Ball nach dem Mittagessen in der großen Halle zu erscheinen um weitere Vorkehrungen zu treffen.

Ihr eigentlicher Termin am folgenden Samstag wird dafür natürlich entfallen. Ebenso wie die Termine zum Nachsitzen von Ihnen und Mr. Malfoy. Ihr Miteinander steht nun wohl unter einem besseren Stern, weshalb ihre Strafe nicht mehr von Nöten ist.

Minerva McGonagall
 

Rose heulte theatralisch auf.

Unschlüssig ob diese neue Entwicklung –als gäbe es in der letzten Zeit nicht genug neue Entwicklungen- sie nun zum Lachen oder Weinen stimmte.
 

Ihr Miteinander steht nun wohl unter einem besseren Stern. Ha, ha.

Mit einem wütenden Grunzen zerknüllte sie das Papier und schleuderte es geradewegs in das Feuer des Kamins. Ein kurzer Moment weilten ihre Augen auf dem verglühenden Brief, bis sie schließlich lautstark in den Schlafsaal polterte.
 

~
 

Scharfe, blaue Augen spähten durch die kleine Öffnung der Kabine, die Spieler und Spielfeld nur noch trennte.

Die Uniform schon gesattelt und den Besen bereit, quetschte sich Scorpius Malfoy förmlich gegen die Holzverkleidung, um einen Blick auf die Tribünen zu erhaschen. Doch unter den grünen und blauen Fahnen und Mützen konnte er kein Gesicht erkennen.

„Nervös, Mann?“, schallte plötzlich Albus’ Stimme durch den kleinen Raum und Scorpius spürte eine kräftige Hand auf seiner Schulter. Er warf seinem Freund ein schiefes Lächeln zu.

Nervös wegen dem Spiel? Nein.

Nervös wegen den Zuschauern? Nein.

Nervös wegen einer Zuschauerin? Oh ja.

Albus lachte. „Das hab ich mir gedacht. Dich bringt so schnell nichts aus der Ruhe“

Und damit gesellte sich der Potter wieder zu seinen Teamkameraden. Scorpius’ Augen folgten ihm, bis er sicher war, dass die Aufmerksamkeit seines Freundes ein anderes Ziel gefunden hatte und er widmete sich wieder seinem Ausblick.

Er wusste nicht, ob Rose Weasley zu Quidditchspielen ging. Er hatte sie nie gefragt, geschweige denn sich dafür überhaupt interessiert. Bis gestern…

Und sie hatte Ja gesagt, oder? Also würde sie doch bestimmt auch kommen.

Aber er wusste, dass sie nichts von Quidditch verstand. Sie war eine vollkommene Niete auf dem Besen.

Ein Lächeln huschte über die Lippen des Malfoy.

Wenn man an die Vergangenheit dachte, hätte er nun wohl einen Witz über sie gerissen.

So lange ihr nicht spielt wie Rose Weasley, können wir gar nicht verlieren.

Ja, früher.

Aber jetzt?

Ihre ungeschickte Art, wenn es darum ging kontrolliert und beständig zu sein, zauberte ihm ein Lachen in sein Herz.

Und die Vorstellung, sie auf einem Besen zu sehen, wie sie tollpatschig und fluchend herumwirbelt und ihr Haar um ihr hübsches Gesicht wehte, lies ihn doch glatt auflachen. Die argwöhnischen Blicke seiner Mannschaft ignorierend, wandelte sich das Bild und neben ihr stand er. Eine Hand ihr reichend, um sie zu halten, zu beschützen, wenn es sein müsste. Und sie würde sie nehmen, ohne Misstrauen, ohne Zögerung.

Doch der Malfoy schüttelte seinen Kopf und das Bild verschwand.

Merlin, wie kitschig.

Kitschig und dumm und verloren und berauscht und hoffnungslos und jämmerlich und verliebt.

In Rose Weasley.
 

Das schrille Läuten der Pfeife, das die Spieler aus ihren Kabinen rufen sollte, ließ Scorpius’ Gedanken abdriften und mit der typischen, eisernen Malfoymiene drehte er sich zu seiner Mannschaft um.

„Also Leute, machen wir sie platt“, sagte er und in das Jubeln seines Teams drang das Gekreische der Zuschauer, als sie auf das Spielfeld traten.
 

~
 

„… und nun hat Smith den Quaffel und er stürmt vor, doch NEIN, da blockt Potter ihn ab. Ja, das war ein Zug! Doch nicht zu sicher, Potter, denn- Oh! Ja, was hab ich gesagt, da klaut ihm Johnson das Teil…“
 

Die Hände verkrampft in ihren Schoß gedrückt und die Augen darauf heftend, als wäre es die größte Notwendigkeit, nun den Blick nicht abzuwenden, verharrte Rose auf den hölzernen Bänken der Zuschauertribünen des Quidditchfeldes und lauschte den Ansagen des Kommentators. Lily hatte sie gegen alle Wehr mit hier hin geschleppt und kaum hatte das Spiel vor wenigen Minuten begonnen, verfiel Rose ihrer Starre und schien sich nicht mehr rühren zu können. Die Schreie der Gryffindors um sie herum, die einstimmig für Ravenclaw jubilierten, und die Buhrufe gegen Slytherin drangen neben der durch das Mikrofon hallenden Stimme in ihre Ohren. Auch wenn sie nicht den Mut hatte, den Blick zu heben, verfolgte sie jeden einzelnen Spielzug über die Reaktionen ihrer Umgebung.

Wieso sie nicht aufsehen konnte?

Wegen ihm. Wieso schon…

Er flog dort oben durch die Lüfte, unberechenbar wo er nun gerade sein könnte, war die Gefahr viel zu groß, ihn zu finden und dabei ertappt zu werden, ihn auch gesucht zu haben. Doch trotz ihrer Angst und dem Zweifel, der sie förmlich zu zerfressen schien, rauschten Lilys Worte in ihrem Kopf und klangen neben dem Geschrei vom Spiel wie ein störendes Hintergrundgeräusch.

Aber sie hatte Recht gehabt.

Wie konnte Rose wissen, was er dachte? Schließlich hatte sich so viel geändert.

Und nun konnte sie ihn gar nicht mehr einschätzen.

Früher waren seine Schachzüge vorhersehbar. Doch jetzt?

Es war einfach alles so anders. So willkommen anders.

Auch wenn sie diese Vorstellung immer noch zum Schmunzeln brachte, konnte man doch fast schon sagen, dass sie so etwas wie Freunde geworden waren.

Zumindest irgendwie.

Äußerlich vielleicht.

Und innerlich?

Ja, innerlich wünschte sie sich nichts sehnlicher, als dass die Freundschaft verpuffte und zu etwas viel, viel Größerem anwuchs.

Ein Wunsch.

Doch wer war schon Rose Weasley, die nur wünschte?

Sie war eine Weasley und Weasleys wünschten nicht nur, sie nahmen die Sache selbst in die Hand. Erfüllten ihre Wünsche selbst.

Genau, sie war Rose Weasley und die würde ihr Glück nicht nur einer Sternschnuppe überlassen.

In diesem Moment, in dem sie aus ihrer wirren Gedankenwelt, die plötzlich viel klarer schien, wieder heraustrat, vernahm sie die Stimme des Kommentators.
 

„Und Malfoy hat den Quaffel an sich gerissen, er stürmt nach vorne, saust an Smith vorbei…und…. Er schießt das TOR!“
 

Ruckartig schnellte ihr Kopf hoch.

Von ihrem Herzen geleitet sprang sie auf die Beine und klatschte in großem Eifer in ihre Hände, während sie laute Jubelschreie von sich gab.

Doch sie war nun mal immer noch Rose Weasley, eine Gryffindor, und so bemerkte sie auch schnell, dass etwas hier gar nicht stimmte.

In ihrer klatschenden Bewegung lahmend besah sie sich ihrer Umgebung und erkannte ihre Mitschüler und andere Gryffinodrs, die sie argwöhnisch, teilweise sogar beleidigt musterten.

Alle sitzend.

Alle stumm.

Rose räusperte sich um ihren nächsten Jubel zu unterdrücken und spürte, wie die Hitze aus ihren Fingern langsam aber sicher ihren Kopf erreichte.

Schnell huschte ihr Blick in die Wolken, die Spieler schienen nichts mitbekommen zu haben. Immer noch sausten sie durch die Lüfte, hochkonzentriert.

„Ähm... Ich äh… meine natürlich… Buuu“, sagte sie endlich und ließ sich hektisch wieder auf die Bank fallen.

Beschämt und knallrot versteckte sie ihr Gesicht in ihrem Schal, die Augen auf die Bank ihres Vordermannes gerichtet. Schnell ließen die Blicke von ihr ab und waren wieder in den Spielverlauf vertieft.

Außer einer.

Lily neben ihr presste die Lippen aufeinander und verkniff sich angestrengt ein Lachen.

Rose warf ihr einen ‚Alles-deine-Schuld’-Blick zu, bevor sie sich wieder in ihrem Schal vergrub.
 

~
 

„Mann, das war super!“, rief Albus, als er zusammen mit Scorpius und den anderen Teammitgliedern zurück in die Kabinen stürmte. Alle stimmten jubelnd dem Potter zu und klopften nacheinander Scorpius auf die Schultern. Dieser schenkte jedem ein breites Grinsen, bevor er nach einer kleinen, aber trotzdem ausgiebigen Feier mit seiner Mannschaft die Kabinen verließ. Obwohl die Feier über ihren Sieg in den Kabinen dieses Mal weit aus kürzer ausgefallen war als sonst, hatten sich die Tribünen schon reichlich geleert und viele Schüler waren auf dem Weg durch die kühle Luft zum Schloss. Der Malfoy schulterte seinen Besen, als er auf den Rasen trat, der den Weg zum Schloss überzog und hielt Ausschau nach Albus. Wo war er denn jetzt so schnell hinverschwunden? Mit einem genervten Stöhnen suchte er die vielen Köpfe ab, die in dicke Schals und Mäntel vergraben waren. Dann sah er plötzlich den schwarzen Haarschopf und gerade als Scorpius die Hand heben wollte und den Mund öffnete, um nach seinem besten Freund zu rufen, erkannte er die ganze Situation. Neben Albus tauchte Fallon auf, die sich schmunzelnd an ihn schmiegte und Albus drückte sie mit einem selbstgefälligen Grinsen an sich. Über Scorpius Lippen huschte ein kleines Lachen und ohne weiter auf den Potter und das Mädchen zu achten, setzte auch er seinen Weg zum Schloss fort. Doch weit kam er nicht, denn eine einzige Stimme ließ ihn in seiner Bewegung erstarren.
 

„Hey, gut gespielt. Aber Ravenclaw war besser!“
 

Mit einem schiefen Grinsen wandte er sich um und blickte genau in die dunklen Augen, die er erwartete hatte. Rose, in ihren bordeauxroten Mantel gehüllt, stand nur wenige Meter hinter ihm. Ein etwas verhetzter Ausdruck lag auf ihrem Gesicht, aber trotzdem glühten ihre Wangen. Ein freches Lächeln zierte ihre vollen Lippen und erst durch das Prusten der jüngsten Potter, die hinter Rose auftauchte, konnte Scorpius seine Augen von der Weasley wenden.

„Ravenclaw war besser?“, fragte Scorpius belustigt. „Aber wir haben doch gewonnen!“

„Stimmt“, sagte sie keck. „Aber ich bin nun mal eine echte Gryffindor.“

Der Witz, der ihre Stimme zuvor noch unterstrichen hatte, war mit einem Mal verschwunden. Auch wenn diese Worte keine Seltenheit waren, so ergaben sie in diesem Moment, und vor allem in der letzten Zeit, eine andere Interpretation. Er war ein waschechter Slytherin. Und sie eine Gryffindor. Nur ein Problem, das ihnen im Weg stand. In dem Weg, von welchem beide noch nichts ahnten.

Rose, sowie Scorpius, hatten auf ihre Weise verstanden, was Rose damit unterschwellig ausgesprochen hatte. Doch im Gegensatz zu Scorpius, dessen Miene sich unwillkürlich verhärtete, begann Rose zu stottern.

„Ähm, ich meine…also…“, sagte sie und um ihre Wangen zeichnete sich ein dunkelroter Schimmer. Lily hinter ihr stöhnte genervt auf und schritt an ihr vorbei, jedoch nicht ohne ihr einen kleinen, unauffälligen Schups zu geben, sodass die Weasley in Richtung Scorpius stolperte. Wenn es möglich war, so stieg die Röte in ihren Wangen noch mehr an und als sie sich wieder sicher auf ihren eigenen Beinen zu fühlen schien, warf sie Lily einen grimmigen Blick zu. Diese lächelte lediglich lieblich bevor sie sich unter die Schüler mischte.

Scorpius verengte skeptisch die Augen –was sollte das Ganze?- doch ein leichtes Schmunzeln konnte er nicht verbergen.

Er hatte vor dem Spiel, während dem Spiel und, zugegebener Maßen, auch nach dem Spiel daran gedacht, wie es wohl wäre, wenn sie ihn während eines Spiels mit Rufen unterstützen würde. Wie es wäre, wenn sie ihn bei einem Sieg beglückwünschte, bei einer Niederlag tröstete. Es war ein merkwürdiges Gefühl, sich zu wünschen, dass sie ihn insgeheim anfeuert, für ihn hoffte und mit ihm fieberte. Doch daran musste er sich wohl nun gewöhnen. Wenn dies in irgendeiner Weise möglich war…

Bevor er jedoch weiter über diese neuen, merkwürdigen Gegebenheiten nachdenken konnte, erhob Rose schon wieder das Wort.

„Also, ich äh, meine nicht, dass du nicht gut gespielt hast oder so…, ich meine nur, dass ähm….“, stammelte sie und verhaspelte sich mit ihren eigenen Worten. Die Röte auf ihren Wangen, die im Sekundentakt wuchs, stand ihr wirklich ausgezeichnet, wie Scorpius fand. Von diesem Antlitz für einen Moment abgelenkt, erfasste er erst jetzt ihre Worte. Und ihre ungeschickte Art, sich auszudrücken, ließ ihn auflachen

„Ach, das hast du bemerkt?“, lachte er. „Obwohl du so gut wie nicht einmal aufgesehen hast?“ Immer noch war seine Stimme in sein Gelächter getränkt und erst als Rose’ Miene sich nun in eine skeptische verwandelte, verstummte der Malfoy urplötzlich.

Ups.

Na ja, von da oben hatte man eben einen wirklich guten Überblick. Und er wäre doch dumm, wenn er diesen nicht nutzen würde, oder?

Doch auch dieses Mal blieb den beiden keine Zeit, eben Geschehenes zu erläutern…

„Hey, was ist los? Kommt ihr jetzt endlich mal?“, rief Albus Scorpius und Rose entgegen. Mit der Hand machte er eine ungeduldige Bewegung.

Scorpius verrollte die Augen, war sich allerdings noch nicht sicher, ob er sich bei seinem Freund bedanken oder ihn verfluchen sollte.

„Ähm, ja. Ich sollte dann auch mal…“, sagte Rose und sie biss sich grinsend auf die Unterlippe.

Bei Merlin, warum ließ ihn eine solch banale Geste förmlich zu Pudding werden?

Sie huschte an ihm vorbei, noch ehe er ein weiteres Wort sagen konnte, und gesellte sich wieder zu Lily, die am Rande des Schlosses auf sie gewartet hatte.

Der Malfoy sah ihr einen Moment nach, bevor er sich mit tadelnden Blicken wieder dem unwissenden Albus zuwandte.
 

Ebenso freundlich entgegnete auch Rose der jungen Potter.

„Was sollte das?“, fauchte sie die Rothaarigen an, als sie nebeneinander her zum Schloss schlenderten. Rose’ Gesichtsfarbe hatte einen neuen Rekord erreicht.

„Ach“, machte Lily und zuckte grinsend mit den Schultern. „Stell dich nicht so an. Wenn euch nicht bald mal jemand hilft, dann wird das ja nie was mit euch beiden.“

Rose verschluckte sich fast an ihrer Spucke.

„Und was ist wenn ich gar keine Hilfe will?“ Ungewollt erlangte ihre Stimme einen Hauch von Trotz, was sie im selben Moment schon bereute, denn ein gefährliches Grinsen erschien auf Lilys Lippen.

„Na hör mal!“, sagte diese. „Meinst du etwa ich lasse es zu, dass du deinen eigenen ‚grandiosen’ Plan zum Scheitern bringst?“

Rose, die ihren erzürnten Blick noch nicht abgelegt hatte, blinzelte die Potter verwirrt an. Verwirrt und ertappt.

Lily kicherte nur. „Jetzt mal im Ernst, Rosie. Ich bin nicht blöd, oder dachtest du wirklich ich hätte nicht bemerkt, dass du dir beim Absteigen von der Tribüne Zeit gelassen hast?“

Rose schluckte hart.

„Ich meine“, sprach Lily weiter. „Es weiß doch jeder, dass die Spieler immer etwas länger brauchen, weil sie in den Kabinen noch feiern und sich umziehen und so…“

Die Jüngere plapperte so munter vor sich hin, als ginge es um den letzten Verwandlungstest. Ach, wie sehr zöge Rose nun einen solchen Test der momentanen Situation vor.
 

~
 

„So Rosie, jetzt oder nie“, sagte Lily und legte Rose enthusiastisch die Hände auf die Schultern, während sie ihr ein strahlendes Lächeln entgegenbrachte.

Rose allerdings war alles andere als zum Lachen zu Mute.

Es war der 30. Oktober. Ein Tag vor Halloween. Und um genau zu sein: Ein Tag vor dem Ball. Allein bei dem Gedanken daran näherte sich Rose’ Kreislauf schon einem Ohnmachtsanfall, der für die nächsten dreihundert Jahre ausreichen würde.

Die beiden Mädchen standen vor der großen Halle, in der Rose sogleich bei den letzten Vorbereitungen für den Halloweenball aushelfen würde. Allerdings fühlten sich ihre Beine ganz und gar nicht stabil genug für jegliche Arbeit an. Und dies lag allein an einem einzigen Jungen, der sich direkt hinter dieser Wand befand.

Was war mit der starken, siegessichern und geistreichen Rose Weasley passiert? Der Rose Weasley, die niemals aufgab, ein Scheitern nur auslachen konnte und jeder noch so ungewissen Herausforderung entgegentrat?

Ach ja, die ist in den letzten Tagen verloren gegangen. Und zwar auf einem Weg, dessen Ziel von Anfang an nur die ewige Blamage war.

Und wessen Schuld war das? Lilys Schuld. Ganz klar.

Zumindest redete Rose sich das ein.

Es fing alles damit an, dass die kleine Potter es scheinbar nicht mehr mitansehen konnte, wie Rose sich gegenüber dem geliebten Slytherinfeind Nr. 1 verhielt und somit entschied, dass sie nun die Führung in diesem nicht zu gewinnenden Krieg übernahm. Ihr stetig arbeitendes Mundwerk war für Rose keine Neuigkeit mehr, allerdings sprengte Lily in ihrer neuen Mission sämtliche Rekorde. Sie redete so lange auf Rose ein, klebte in jeder Sekunde an ihrem Rockzipfel, überraschte sie in den ruhigsten Momenten und ließ einfach nicht locker, sodass Rose schließlich, völlig erschöpft und der Zukunft nahe, in der Irrenstation von St. Mungos zu enden, resignierte und die aufgezwungenen Ratschläge von Lily befolgte.

Ziel der Mission: Bitte Scorpius um ein Date für den Halloweenball. Mit einem möglichst positiven Ausgang. Diese Formulierung beunruhigte Rose zwar etwas, aber –so ungern sie es auch zugab- die positiven Aussichten an dieser ganzen Sache gefielen ihr.

Also nahm sie ihren ganzen Gryffindormut zusammen und machte sich daran, Scorpius tatsächlich um ein Date zu bitten. Es war zwar die absurdeste Idee, die sie wohl in ihrem ganzen Leben gehabt hatte, ganz zu schweigen von den möglichen negativen Folgen. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt, nicht wahr?

Jedoch sprach sich dieses Sprichwort wesentlich einfacher, als dass es umzusetzen war.

Rose Weasley war regelrecht vom Pech verfolgt.

Sobald sie kurz davor war, ihn anzusprechen, ihre Tapferkeit sicher in ihrem Herzen verstaut, kam irgendetwas dazwischen.

Jason Miller aus Hufflepuff verspürte nach den Vertrauensschülersitzungen plötzlich den Drang, Scorpius zu seinem besten Kumpel zu ernennen, in der Hoffnung ein paar Tipps in Sachen Mädchen zu kassieren.

Bei einer Gruppenarbeit in Kräuterkunde entschied sich Professor Longbottom plötzlich gegen die Zweiergruppe Rose und Scorpius, obwohl er die beiden seit dem 5. Schuljahr liebend gerne damit ärgerte, indem er die verfeindeten Schüler immer wieder zu Arbeitspartnern machte.

Sogar zu den nächtlichen Kontrollgängen wurden sie nicht mehr zusammen eingeteilt. Zwar hatte Rose diese wenigen Stunden des nächtlichen Zusammenseins mit Scorpius verflucht, doch konnte sie sich im Moment keine bessere Begleitung für diese Arbeit vorstellen.

Und kam es dann doch einmal zu dem vermeintlichen Wunder, dass die beiden alleine und für sich waren, so tauchte plötzlich Albus aus dem Nichts auf und verbreitete mit seinem lauten Organ aufregende Quidditchergebnisse oder den neusten Tratsch und Klatsch.

Eine hoffnungslose Mission also, weshalb auch Rose’ Mut mehr und mehr sank, bis schließlich nur noch ein winziges Böhnchen davon übrig war. Und dieses Bisschen reichte auf keinen Fall für ihr eigentliches Vorhaben.
 

„Also“, erhob Lily erneut die Stimme. „Du gehst da rein und haust ihn mit deine geballten Frauenpower um, okay?“

„Okay“, piepste Rose und sie fragte sich stumm, wo sie noch mal gleich diese Power gelassen hatte.

„Oh Mann, Rosie. So funktioniert das nicht. Ich will mehr Kampfgeist hören!“, sagte Lily laut und schüttelte leicht Rose’ Schultern.

„Sag mal, hast du Alice in den letzten Tag mal gesehen?“, plapperte Rose und spähte nervös an Lily vorbei, in der Hoffnung die Potter etwas ablenken zu können. „Sie war irgendwie so selten-“

„Rosie! Konzentration“, unterbrach Lily sie jedoch mit harter Stimme. Sie war einfach unermüdlich.

Rose presste schuldig die Lippen aufeinander und ließ ein gequältes, undefinierbares Geräusch hören. Lily, die eiserne Kriegerin, ging erst gar nicht auf Rose’ Gejammer ein, sondern schob ihre Cousine regelrecht in die Große Halle.

„Mach ihn fertig!“, rief sie Rose hinterher und ein siegessicherer Ausdruck lag in ihren Augen. Die Betroffene lachte lediglich in sarkastischem Ton auf, wobei sie die Augen verrollte, genervt von Lilys leidenschaftlicher Folter.
 

Die Vorbereitungen verliefen relativ zügig. Außer den Vertrauensschülern, waren abgesehen von Albus noch andere zum Helfen verdonnert worden. Unter anderem auch Nathalie Collister, die um Scorpius herumflatterte wie eine fette Hummel um eine Blume.

„Scorpi-Schatz“, flötete die blonde Slytherin und Albus, der gerade mit Rose eine Reihe Lametta aufhängte, gab einen unüberhörbaren Würglaut von sich, sodass die gesamte Truppe hinter vorgehaltener Hand zu lachen begann. Inklusive Scorpius, was Rose’ Herz kurz zum Hüpfen brachte. Nathalie warf Albus nur einen erzürnten Blick zu, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder Scorpius widmete.

„Scorpi, hilfst du mir bitte?“, sagte sie mit lieblicher Stimme. „Ich bin viel zu schwach, um diesen großen Kürbis aufzuhängen.“

Mit großen, klimpernden Augen sah sie zu dem Malfoy auf, der angestrengt den Blick abwandte.

„Nathalie…“, sagte er und seine Augen huschten zu Albus und Rose, bevor sie einen kalten Ausdruck annahmen.

Angewidert von den dümmlichen Worten dieser Slytherin und ihrer scheinbar stetig fallenden Intelligenz, schöpfte Rose wieder neuen Mut.

„Warum“, begann sie mit lauter Stimme. „…schaltest du nicht mal dein niedliches Hirn ein und benutzt deinen Zauberstab?“ Sie bemühte sich beiläufig zu klingen, während sie immer noch mit Albus am Lametta kämpfte. Innerlich jedoch hoffte sie auf ein kleines Lachen, eine kleine Zustimmung, oder auch nur auf ein kleines Lächeln. Irgendetwas, das sie jetzt bestärkte.

Und da kam es.

„Viel Erfolg“, rief Albus und man konnte ihm ansehen, dass er sich das Lachen verkneifen musste. Rose schenkte ihm ein dankbares Lächeln und der restliche Raum füllte sich mit Gekicher. Ihre dunklen Augen huschten zu Scorpius und mit Erleichterung stellte sie fest, dass auch er die Lippen aufeinander presste um sein Gelächter zu dämmen. Nathalie schob die Unterlippe vor und wenn Blicke töten könnten, hätte Rose nun mindestens acht ihrer neun Leben verloren.
 

„Ach, jetzt komm schon…“, fluchte Rose und streckte sich nach einer Kürbisgirlande, die einfach nicht an der Kürbislaterne hängen bleiben wollte. Seit sieben Minuten fuchtelte sie schon daran, die Schlinge der Girlande an der Laterne zu befestigen, doch Rose war zu klein und so segelte die Girlande jedes Mal wieder zu Boden. Mindestens drei Klebezauber sind ihr schon eingefallen, doch leider hatten sie, Albus und Scorpius immer noch Zauberverbot. Es war schließlich immer noch ihre Strafarbeit. Stöhnend betrachtete Rose, wie das Papier ein weiteres Mal abschmierte und mit hilflosem Blick sah sie sich in der Großen Halle um.

„Al?“, rief sie. „Kannst du mir-“

Doch der Angesprochene wehrte schon ab, bevor sie ausgesprochen hatte. Auch er kämpfte mit der Dekoration. Begleitet von einem hoffnungslosen Schnaufen sah sie wieder zur Laterne, als sie plötzlich eine andere Stimme vernahm.

„Vielleicht kann ich helfen?“

Überrascht, ausgerechnet diese Stimme gehört zu haben, drehte Rose sich um und sah gerade noch, wie Scorpius sich ihr näherte. Auf seinen Lippen lag ein schiefes Grinsen und seine graublauen Augen hafteten die ganze Zeit auf ihr. Er bewegte sich so geschmeidig und elegant, dass er sogar in seinem schlichten grauen Shirt umwerfend aussah. Völlig von seinem Anblick eingenommen bemerkte Rose zuerst gar nicht, wie er nach dem Papierzipfel in ihren Händen griff. Sein Grinsen wuchs heran zu einem kleinen, rauen Lachen als ihre Augen etwas perplex zu ihrer nun leeren Hand huschten. Langsam beugte er sich an ihr vorbei, um die Schlinge an der Laterne zu befestigen. Sein kühler Blick, der jedoch in diesem Moment alles in Rose zum Kochen brachte, ruhte permanent auf ihr.

Oh, wow. Das war sie also. Die geballte Kraft des Malfoy’schen Charmes. Bisher hatte Rose noch keine direkte Bekanntschaft damit gemacht. Natürlich hatte sie davon gehört, schließlich redete die halbe weibliche Gemeinschaft Hogwarts von nichts anderem. Aber erlebt hatte sie ihn noch nicht. Bis jetzt.

Durch seine Größe gelang es Scorpius im Handumdrehen den Dekor zu befestigen und er blieb an dem gewünschten Platz. Ebenso wie Scorpius. Nun, nur wenige Zentimeter von ihr entfernt, verschwand sein Grinsen und sie hörte, wie er leise schluckte. Sie wusste nicht, ob sie es sich eingebildet hatte, aber es sah fast so aus, als hätte sein Kopf sich ein winziges Stück zu ihr bewegt. Ein Kribbeln breitete sich bei diese Entdeckung, ob wahr oder falsch, auf ihrer Haut aus und mit dem Gefühl keine Luft mehr zu kriegen öffnete sie automatisch etwas den Mund, um leise einzuatmen. Sie versank förmlich in seinen Augen, die ihr so nahe waren und sie vergaß Zeit und Ort um sich herum.

Vor allem Ort…
 

„So“, dröhnte die strenge Stimme von Professor McGonagall durch den Raum und Rose und Scorpius schreckten auseinander.

„Die Arbeit ist geschafft“, sprach die Direktorin weiter. „Es ist spät und nun gehen sie schleunigst in ihre Betten, damit sie am morgigen Abend auch munter sind!“

Die wenigen Schüler stöhnten vor Erleichterung im Chor auf und beeilten sich, in ihre Schlafsäle zu gelangen.

„Also, ähm…“, sagte Scorpius und sein Blick wanderte von McGonagall zu Rose.

„Ja, ähm… wir sollten dann auch…“, hauchte sie und er nickte. Er schnappte sich seinen Rucksack, warf ihr noch einen Blick zu und schritt zu Albus, der am Ende der Halle auf ihn wartete. Rose biss sich auf die Unterlippe, bevor auch sie sich umwandte, um nach ihrer Tasche zu suchen. Und sogleich bereute sie ihre Entscheidung.

So ein Drachenmist! Das wäre die perfekte Gelegenheit gewesen, ihn zu fragen. Ohne viel darüber nachzudenken drehte sie sich schwungvoll wieder um und ihre Augen fanden auch gleich ihr Ziel.

„Scorpius!“, rief sie, ihre Stimme jedoch wurde gegen Ende des Wortes leiser, als sie die ganze Situation erfasste. Kaum war Scorpius wieder auf freiem Fuß schwirrte auch schon diese Sumpffliege von Nathalie um ihn herum. Was sie sagten, konnte Rose nicht verstehen, doch Nathalie redete viel und gestikulierte wild. Scorpius blieb stumm, bis er plötzlich nickte und sie ihm mit einem quietschenden Schrei, den sogar Rose hören konnte, um den Hals fiel. Dann wirbelte die Blondine auch schon aus der Halle und Rose sah, wie Albus seinem Freund eine Hand auf die Schulter legte, bevor auch sie nach draußen verschwanden.

Oh nein.

Hatte sie ihn gerade…?

Bat sie ihn gerade um ein Date?

Um ein Date für morgen?

Warum sonst hätte sie wohl so ausflippen sollen? Bestimmt nicht, weil sie ihn nach den Zaubertränkehausaufgaben gefragt hatte.

Er hatte also wirklich noch keine Partnerin gehabt.

Na ja, bis eben zumindest.

Eine Welle der Müdigkeit überflutete Rose’ Körper und mit einem mal fühlte sie sich schwach, ausgelaugt und so unglaublich traurig.

Das war es also. Alle Mühe umsonst. Alle Hoffnung vergebens.

Wie sollte es auch anders sein?

Wie dumm war sie doch, zu glauben, er könnte vielleicht auf ihre Einladung gewartet haben.

Ein merkwürdiger Druck bildete sich in ihren Augen und sie presste die Lippen aufeinander, um heiße Tränen hinunter zu schlucken.

Er ging mit einer anderen zum Ball. Fertig. Das war die ganze Geschichte.

Und dieser Gedanke verfolgte sie die ganze Nacht, während sie sich in dem viel zu groß wirkenden Bett umherwälzte und sich im schwarzen Nachthimmel verlor.
 

~
 

Den gleichen Nachthimmel, ebenso schwarz und weit, betrachtete ein weiteres Augenpaar in dieser alles verändernden und eigenartigen Nacht.

Jedoch hatte diese Person eine Freude an der endlosen Schwärze, die sich über den Köpfen der Welt ausbreitete und sie wie eine schwere Decke fesselte.

Ja, Schwärze war förderlich. Sie ermöglichte Schutz, Deckung und die Aufbewahrung von Geheimnissen. Die dunkle Gestalt lächelte in dem Schatten des Schlosses und ihre weißen Zähne blitzten eine Sekunde der Finsternis.

Nicht mehr lange. Der erste Schritt war getan.

Oh ja, und wie er getan war.

Er hatte vermutete, dass es einfach werden würde.

Dass es jedoch so einfach werden würde, hätte er sich in seinen schönsten Träumen nicht vorstellen können.

Natürlich gab es Komplikationen. Doch auch diese waren zu meistern. Niemand hatte ihm wirklich im Wege gestanden.

Ein glatter, einfacher Bruch.

Endgültig.

Berechenbar, wenn man genau hinsah.

Irritierend, wenn man die Augen verschloss.

Und sie hatten ihre Augen verschlossen, sie alle.

Herz über Kopf

Meine Lieben,

dieses Mal möchte ich euch gar nicht lange mit meinem Geplapper aufhalten und euch einen freien Weg zu meinem neuen Kapitel ermöglichen^^

Aber es gibt ja auch noch einen Schluss...muhaha. ;]

Also, viel Spaß und bis später ^___^
 


 


 

Kapitel 8:        Herz über Kopf
 


 

„Meinst du diese Schleife passt besser?“
 

„Nein, nimm lieber die andere.“
 

„Wieso? Dieses Rot ist doch sehr schön.“
 

„Und welchen Lippenstift soll ich auftragen?“
 

„Den neuen, der ist klasse.“
 

„Ja, find ich auch.“
 

Woran man merkte, dass ein Ball anstand? Etwa an der Dekoration, der Arbeit, oder gar den Einkäufen?

Falsch. Am Geschwätz. Denn das Gerede der Mädchen ganz Hogwarts’ drehte sich den ganzen Tag um nichts anderes als um jene Festivität.

Passende Haarschleifen, Unterröcke, Schuhe, Halsketten, Armbänder, Strümpfe –ja, Strümpfe-, Ohrringe, Hüte, Masken und vielleicht auch noch das passende Toilettenpapier zum Lippenstift?

Alles nur heiße Luft.

Das war die Meinung von Rose Weasley, die schon an jenem Morgen von solch monotonen Dialogen aus dem Schlaf gerissen wurde. Die Weasley war von Beginn an nicht gut auf diesen Ball zu sprechen, schließlich musste sie härter arbeiten denn je. Doch der gestrige Vorfall trieb ihre Lustlosigkeit, ihren Frust und ihre Unfreundlichkeit so sehr nach unten, dass sie befürchtete, sogar China würde sie zu spüren bekommen. Den ganzen Tag wurde sie mit Rüschchen, Bändern und Schmuck konfrontiert. Sie sollte ihren Rat abgeben, ihre Meinung äußern, oder einfach nur bewundern. Doch nicht in einem der genannten Punkte reagierte die Gryffindor wie es von ihr erwartet wurde. Sie fauchte Erstklässler an, stauchte Zweitklässler zusammen und schenkte den Outfits einiger Hufflepuffs nur ein abfälliges Gelächter.

Okay, sie übertrieb vielleicht etwas mit ihrer Feindseligkeit, aber diese Schnepfen provozierten es doch. Was interessierte es Rose, ob Michael Spark die Ohrringe von Jenna Spring gefielen? Oder ob es Lars Thornton wohl auffiel, dass Elisa’s Unterrock nicht den gleichen Gelbton wie ihre Haarschleife hatte? Natürlich gab es auch Notfälle, wie verlorengegangene Schuhe, kein passender Lidschatten, oder gar ein abgebrochener Nagel. Skandalös.

Zum sterben.

Es war eine Qual für Rose, sich den ganzen Tag über durch diese Tortur von Schminke und Haarklammern durchzuquälen. Erst in der Bibliothek hatte sie Ruhe gefunden, denn diese war vollkommen leer gewesen. Dort konnte sie all ihre vernachlässigten Pflichten erledigen, Hausaufgaben korrigieren und sogar schon etwas vorarbeiten. Bis sie schließlich am späten Nachmittag wirklich nichts mehr zu tun hatte und die Bibliothek wieder verließ, um in die nächste Folter zu geraten.

Denn nun, nur noch wenige Stunden vor dem Ball, brach unter der weiblichen Gemeinschaft Hogwarts das Chaos aus. Ein verlorener Schuh war nun das geringste Problem.

Nervöse Rötungen an Dekolleté und Hals, Schweißausbrüche und ein kleiner Mutmacher namens Feuerwiskey, der die ersten schon vor dem Ball aus den Schuhen kippen ließ.

Da Rose ihre Bitterkeiten gegenüber Bällen während der Arbeit in ausgiebigem Maße überwunden hatte, half sie also doch den Mädchen, die reihenweise zum Opfer der geballten Kraft der Nervosität wurden. Sie hexte Pickel weg, richtete Haare neu und gab hier und da ein paar Tipps. Bis sie sich schließlich unter einem Dutzend hübscher und aufgeregter Mädchen davon stahl und sich im Schlafraum versteckte.
 

Ja, sie hatte gedacht, sie wäre aus dem Gröbsten raus, hätte das Schlimmste überstanden. Doch gegen die größte und wirkungsvollste Waffe konnte sogar Rose Weasley nicht bestehen:

Die Tatsache, dass auch sie nur ein Mädchen war.

Und so saß sie da, einsam und alleine im Gryffindorgemeinschaftraum. Das Feuer fackelte munter im Kamin und passte so gar nicht zu ihrer Stimmung, die trüber denn je war.

Das neue, schwarze und traumhafte Kleid, welches sie sich extra für diesen Abend gekauft hatte, schmiegte sich scheinbar noch eleganter um ihren Körper als beim ersten Mal. Die braun-roten Locken hatte sie, nach einer ausgiebigen Haarkur, zu einem lockeren Seitenzopf gebunden, der nun in sanften Wellen über ihre nackte Schulter hing. Der alte Hexenhut ihrer Mutter verzauberte das schlichte Kleid in ein Kostüm, wenn auch in ein eher einfallsloses. Selbst mit ihrem Make-Up hatte sich Rose Mühe gegeben und sogar die wenigen Schmerzen, die ihr die schwarzen Pumps zufügten, nahm sie in Kauf.

Doch was waren schon ein paar Schürfwunden oder Blasen an den Füßen gegen den Schmerz in ihrem Herzen?

Nichts. Genau.

Mit fast schon irrem Blick starrte sie in das Feuer, vor dem sie saß. Ihr Körper war zur Salzsäule erstarrt, die Arme ruhten angewinkelt an ihren Seiten und die Hände waren zu Fäusten geformt.

Ein merkwürdiger Anblick, in dessen Genuss niemand kommen würde.

Denn sie war alleine und einsam und dumm.

Sie hockte einfach nur auf diesem Sessel, in ihrem hübschen Kleid, frisiert, gestylt und einem theatralischen Tränenausbruch nahe.

Würde Rose Weasley wirklich so enden?

Gut… vielleicht dramatisierte sie die Situation etwas, aber warum konnte nicht auch sie einmal ihren Gefühlen freien Lauf lassen und wütend, traurig, verletzt und gleichzeitig hibbelig sein?

Doch Rose kniff die Augen zusammen und schüttelte energisch den Kopf, sodass ihr Zopf im Takt hüpfte. Mit einem Ruck stand sie auf ihren Beinen und stürmte aus dem Gemeinschaftsraum, durch die Korridore, so schnell sie ihre Stöckelschuhe trugen.

Warum sie sich nicht von ihren Gefühlen zu einem Häufchen Elend machen ließ?

Eben weil sie Rose Weasley war. Und Rose Weasley vegetierte nicht einfach an einem Ballabend alleine vor sich hin. Sie handelte, und wenn es nur banale Dinge waren.

Das klackende Geräusch ihrer Schuhe war das einzige was man in den leeren Gängen hörte und kam erst zur Ruhe, als sie vor einer Tür stand.

Der Raum für Vertrauensschüler.

Gegen etwas Ablenkung hatte sie nun bestimmt nichts einzuwenden und was war eine bessere Ablenkung als Arbeit?

Jedoch vergaß sie bei ihrem Entschluss, sich im Vertrauenschülerraum nieder zu lassen und mit Arbeit zu überhäufen, dass sie besagte Arbeit schon am Mittag erledigt hatte.
 

Und so saß sie nun da, einsam und alleine im Raum der Vertrauensschüler.

Hatten wir das heute nicht schon mal…?

Seufzend lehnte sich Rose in dem großen Sofa zurück, ließ sich tiefer in den Stoff sinken, sodass der Hut auf ihrem Kopf verrutschte.

Doch es war ihr egal.

Es war ihr egal, ob der Hut ihre Frisur ruinierte, ob sie dalag wie eine Heimatlose auf der Straße oder ob ihr Kleid zerknittern könnte.

Es war ihr einfach alles-
 

„Interessante Art, sich für einen Ball vorzubereiten.“
 

Zu Tode erschrocken und fast panisch sprang Rose auf, versuchte auf ungeschickte Weise ihr Gleichgewicht wieder zu finden und richtete hektisch ihren Hexenhut, als sie ihren Blick endlich hob und die Person erkannte, die sie sich beim Klang dieser Stimme erhofft hatte.

Scorpius.

Er lehnte lässig am Türrahmen, die Hände in den Hosentaschen vergraben, und ein schiefes Grinsen zierte seine Lippen. Er trug lediglich einen schwarzen Smoking und eine, wer hätte es gedacht, grüne Krawatte. Rose’ Augen weitete sich auf unermessliche Größe und ihr Herz nahm wieder diesen seltsamen Takt an, den es in letzter Zeit immer schlug, wenn er in der Nähe war.

Irgendwann hatte sie sich wohl daran gewöhnt…

Oder auch nicht.
 

„W-was machst du denn hier?“, fragte Rose und ihre Stimme schien es sich noch auf dem Sofa gemütlich zu machen. Ohne sein Grinsen abzulegen betrat Scorpius den Raum und blieb wenige Meter vor ihr und dem Sofa stehen.

„Das selbe könnte ich dich auch fragen“, sagte er und hob die Augenbrauen.

Ha, als wüsste dieser verdammt gutaussehende Idiot nicht, warum sie hier war.

Mit verschränkten Armen ließ sie sich wieder auf das Sofa plumpsen und schnaubte so heftig, dass sich eine Haarsträhne aus ihrem Zopf löste. Die Augen richtete sie wieder auf das Feuer, sodass sie das kehlige Lachen des Malfoys nur hören konnte. Doch der Klang genügte schon um ihr einen wohligen Schauer über den Rücken zu jagen und in ihren Mundwinkeln zuckte es. Sogar in ihrer dunkelsten Stunde schaffte es dieser Slytherin ihr ein Lachen zu rauben.

Die Welt war wirklich verrückt geworden.

Aber das wusste sie ja schon…
 

„Also, wieso bist du nicht auf dem Ball?“, fragte er und Rose bemühte sich, den Blick nicht zu heben.

„Und wieso bist du nicht bei Nathalie?“, war ihre Antwort und das Grummeln hinter ihrer Stimme konnte sie nicht verhindern. Sofort bereute sie ihre Worte und aus Scham rutschte sie tiefer in den Sessel.

Von Scorpius war wieder nur ein mattes Lachen zu hören. Rau und unwiderstehlich.

„Okay, ich sage dir, warum ich nicht bei Nathalie bin, aus welchen Gründen auch immer du darauf kommst, und du verrätst mir, warum du hier sitzt und nicht in der Großen Halle das Tanzbein schwingst“, sagte er und Rose konnte förmlich hören, wie seine Augenbrauen in seine Stirn wanderten. Sie biss sich auf die Unterlippe, während sie überlegte. Seine Worte steigerten ihren sowieso schon vorhandenen Argwohn und weckten zusätzlich noch die Neugierde in ihr.

„Abgemacht“, sagte sie schließlich und einen Moment sahen sie sich beide nur erwartungsvoll an, bis Rose ein „Du fängst an“ hören ließ und sich ein Grinsen auf ihre Lippen stahl. Scorpius’ Blick wanderte durch den Raum, bevor er antwortete.

„Ich sag’s mal so. Nathalie hatte noch nie eine wirkliche Chance. Und unter den Mädchen, die mich gefragt haben, war die Richtige nicht dabei.“

Rose schielte ihn an, unsicher, was genau sie nun mehr beunruhigte. Die Tatsache, dass er Mädchen im Plural erwähnte, oder der Ausdruck die Richtige. Doch viel weiter kam sie mit ihren Gedanken auch nicht, denn da sprach er auch schon weiter.

„Jetzt du.“

Mit einem resignierten Seufzen löste Rose ihre strenge Haltung und hob endlich den Kopf.

„Na ja, während ich mich heute hübsch gemacht habe ist mir plötzlich eingefallen, dass ich gar keine Begleitung habe. Also hab ich mir gedacht, verbringe ich meinen Abend eben im Raum der Vertrauensschüler. Mir gefällt’s hier nämlich so gut, weißt du?“ Dass ihre Stimme nur so in Ironie schwamm, konnte sie nicht unterdrücken. Mit hochgezogenen Brauen blickte sie ihn an und erkannte wieder das schiefe Lächeln in seinen scheinbar perfekten Zügen.

„Aha“, machte er und seine Augen huschten über ihren Körper, was die Schmetterlinge in Rose’ Magen geradezu in den Wahnsinn trieb.

„Dir ist aber schon klar, dass das ein Kostümball ist, oder?“, sagte er frech und verkniff sich ein breiteres Grinsen. Scheinbar hatte er in Rose wieder die alten Eigenarten geweckt, denn sie ging ungeniert auf seine Neckereien ein. Mit einer eindeutigen Geste zeigte sie auf den Hut auf ihrem Kopf.

Ich bin verkleidet“, sagte sie höhnisch und kräuselte gespielt die Lippen. Scorpius lachte auf.

„Ja, als Hexe. Sehr kreativ.“

„Wenigstens etwas. Ganz im Gegensatz zu anderen Personen in diesem Raum“, entgegnete sie.

„Hey, unterschätze nicht den Glanz der Schlichtheit“, sagte er und grinste überlegen.

Rose beobachtete irritiert, wie seine Hand zu seiner Krawatte wanderte, sie berührte und kurze Zeit später der grüne Stoff zu blinken und leuchten begann wie ein übertrieben geschmückter Tannenbaum.

Überrascht und vielleicht sogar etwas überwältigt von dem tatsächlichen Glanz der Schlichtheit prustete Rose los.

„Ein Muggel-Kleidungsstück“, verriet Scorpius und betrachtete Rose, die ihr Lachen noch immer nicht stillen konnte.

Wenige Momente war der Raum nur von Rose’ hellem Lachen gefüllt, welches Scorpius mit einem Lächeln aufnahm. Ein Lächeln, hinter dem sich so viel mehr verbarg.
 

Mühsam wandte er den Blick ab und sagte nur „Du solltest zum Ball gehen.“

Rose verstummte langsam und sah ihn belustigt an.

„Ja, klar. Und mit wem? Timmy ‚Pickelface’ Diggs vielleicht? Nun ja, frei wäre er bestimmt noch…“, flötete sie und dieses Mal war es das Lachen Scorpius’, welches durch den Raum drang.

„Auch eine Möglichkeit. Aber nein, den meinte ich nicht“, sagte er und obwohl seine Stimme noch in die Lustigkeit getränkt war, ließ sie Rose verstummen.

Sein Blick ruhte wieder auf ihr und in ihm spiegelte sich das Feuer des Kamins, welches in dem Grau seiner Augen ein Farbspiel auslöste, das Rose ganz in seinen Bann zog. Das Rot des Feuers durchzog das eisige Blau seiner Augen, als hätte es nie einen anderen Weg gegeben und erschien nahezu vollkommen. Ihr wild tanzendes Herz lähmte sämtliche Funktionen in ihrem Körper, inklusive Stimmbänder, sodass sie das Folgende nur krächzen konnte.

„Und wen meintest du dann?“

Er trat nur wenige Schritt auf sie zu, doch es schien als hätte er mit dieser geringen Veränderung etwas zu Fall gebracht. Und mit einem Mal schienen sich sämtliche Unklarheiten und Wirrungen aufzulösen. Scorpius hatte mit dieser kleinen, vielleicht banalen Handlung, etwas ausgelöst, das auf beide einschlug wie ein eiskalter Wasserfall, der sich nur als solcher tarnte. Denn keine Naturgewalt konnte eine solche Wirkung auslösen. Nein, möglich war dies nur der Einsicht.

Denn das Unmögliche wurde gerade zur einzigen Möglichkeit.

Und so verrückt und anormal es auch sein mochte, es war gut so.
 

Seine Hand fuhr durch sein Haar.

„Mich.“
 

~
 

„Bist du sicher, dass wir das tun sollten?“, flüsterte Rose nervös und schluckte.

Die riesige Tür der Großen Halle zeigte sich in ihrer vollen Pracht vor Rose und Scorpius, und im Gegensatz zu ihm, schien ihr die Wucht und Größe des sich dahinter befindenden Raumes jegliche Tapferkeit zu rauben.

Nur ein kleiner Spalt ermöglichte es den beiden Außenstehenden einen Blick in das Innere der Großen Halle zu werfen und die Lichter und Geräusche, die hinaus drangen verrieten eine gute Stimmung.

„Na ja“, sagte Scorpius. „Du kannst natürlich auch wieder zurück in den Vertrauensschülerraum gehen.“

Rose verrollte die Augen. „Schon gut“, piepste sie.

Ihre Finger fummelten an dem Stoff ihres Kleides, während sie auf ihrer Unterlippe kaute. Ihre dunklen Augen waren nur auf das Licht des Festes gerichtet.

Der Grund für ihre Nervosität war nicht die Tatsache, dass sie gleich im Mittelpunkt stehen würde, denn das würde sie zweifellos, wenn sie mit Scorpius Malfoy auftauchte. Nein, es war eher der Grund, dass in diesem Moment einfach alles zu perfekt war.

Irgendetwas musste schief laufen. Irgendetwas musste passieren. Etwas schlimmes, etwas unangenehmes, etwas…

Und wie aus dem Nichts umfasste plötzlich eine warme Hand ihre flinken Finger. Ihr Kopf wandte sich zur Seite und Scorpius lächelte sie an.

„Bleib mal ruhig, du machst mich auch noch ganz nervös“, sagte er und seine Finger umschlossen etwas kräftiger die ihren.

Nun völlig überfordert lachte Rose hysterisch auf, was Scorpius ebenfalls ein Lachen entrang.

„Merlin, ich hab dich ja noch nie so nervös erlebt“, sagte er unter seinem Gelächter.

Sofort verhärtete sich Rose‘ Mimik und mit grimmigem Blick sah sie ihn an. Doch bevor sie irgendetwas sagen konnte, schnappte er sich ihre Hand und legte sie auf seinen Unterarm, sodass sie sich automatisch bei ihm unterhakte. Die plötzliche Nähe zwischen ihnen ließ Rose kurz nach Luft schnappen und ein bekannter, längst vergessener Duft stieg in ihre Nase. Die schattenwerfende Sonne am späten Sommerabend, ein fröhliches Fest unter herbstlich bunten Eichen, die Unbeschwertheit in den Ferien und die dazu passende, faule Hitze…

Natürlich ging er von Scorpius aus. Sie hatte es gewusst, seit sie ihn das erste Mal vernahm. Noch einmal atmete sie tief ein, ließ seinen Geruch durch all ihre Glieder strömen und spürte, wie er sie von innen wärmte.

„Wenn du immer so reagierst, sollte ich dich öfter ausführen", flüsterte er und sein Atem kitzelte ihr Ohr. "Wenn du nervös bist, kannst du ja richtig niedlich sein…“ Ohne es wirklich zu bemerken zog Scorpius sie durch die Tür und als wäre dies die höchste Form der Selbstverständlichkeit betraten sie zusammen den Ball.
 

~
 

Oh wow. So war es also, wenn die Aufmerksamkeit jeder Person im Raum auf einem ruhte. Wenn gefühlte eine Millionen Augenpaare einen anstarrten, wenn man befürchtete, jeden Moment würde die Musik verstummen und jeder in seiner Bewegung inne halten. So, nur noch viel schlimmer.

„Du weißt schon, dass uns jeder anstarrt?“, sagte Rose, während Scorpius sie über die Tanzfläche führte.

„Das liegt bestimmt an meiner umwerfenden Krawatte“, war seine Antwort, während es auf seiner Brust noch immer in grünen Lichtern blinkte.

„Weil sie so dezent ist?“, fragte Rose ironisch und Scorpius verkniff sich ein Grinsen.

Die Blicke ihrer Mitschüler verfolgten die beiden seit sie die Große Halle betreten hatten. Rose wäre am liebsten wieder hinausgerannt, doch Scorpius’ starker Arm gab ihr Halt. Sie würde ja sagen, ohne ihn hätte sie das nie durchgestanden, doch ohne ihn wäre sie auch gar nicht in einer solchen Situation. Seltsam jedoch, dass sie sich ein ohne ihn schon gar nicht mehr vorstellen konnte.

Lange verweilten sie nicht an der Bar, denn diese schien der perfekte Platz zu sein, um wirklich alle Blick anzuziehen, sodass sie sich kurze Zeit später unwillkürlich auf der Tanzfläche wieder gefunden hatten. Und Rose gefiel dieser Fundort, an dem sie sich nun immer noch befanden. Seine linke Hand ruhte auf ihrem Rücken, während seine rechte ihre linke umschloss.
 

„Oh Mann“, sagte Rose und ihr Blick schweifte durch den Raum um die Dekoration genauer zu betrachten. Die Große Halle war förmlich in goldenes Lametta getränkt und an jeder Ecke hingen riesige Kürbisse, die Rose, Albus und Scorpius bei ihrer Strafarbeit angefertigt hatten.

„Das ist echt ganz schön kitschig“, stöhnte sie schließlich und schüttelte grinsend den Kopf.

Scorpius lachte. „Ja, wir haben ganze Arbeit geleistet, was?“

Es herrschte einen Moment Ruhe zwischen ihnen, bevor er sie sanft, aber dennoch bestimmend, etwas näher an sich drückte.

„Gefällt es dir?“, flüsterte er. Durch ihre Nähe konnte sie ihn genau verstehen.

„Ja“, hauchte sie zurück und auch, wenn sie sich in diesem Moment nicht ansahen, so fühlten sie doch das Lächeln des anderen.
 

„Sag mal“, begann Rose. „Woher wusstest du eigentlich, dass ich im Raum der Vertrauensschüler war?“ Sie hob den Kopf, um ihn ansehen zu können, jedoch ohne sich aus seinen Griffen zu befreien. Schmunzelnd beobachtete sie, wie sich ein fast schon ertappter Ausdruck in Scorpius’ Miene bildete.

„Na ja…“, sagte er. „Das war ehrlich gesagt etwas merkwürdig. Ich habe in einem Korridor auf Albus und Fallon gewartet, um mit ihnen zum Ball gehen zu können. Und dann tauchte plötzlich Lily aus dem Nichts auf und meinte ‚Rose ist im Raum der Vertrauensschüler’. Dann war sie auch schon wieder hinter der nächsten Ecke verschwunden. Und ja, den Rest kennst du ja…“

Rose seufzte lange, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen. Ja, Lily war eindeutig ihre Galleonen wert.

„Jetzt musst du mir aber auch verraten“, sagte Scorpius. „Was dieser Spruch mit Nathalie sollte?“ Rose konnte genau sehen, wie er sich ein freches Schmunzeln verkniff und sie spürte, wie in ihre Wangen wieder die allbekannte Hitze stieg.

„Ähm…“, machte sie und senkte den Blick um ihre erröteten Wangen zu verbergen.

„Also ich hab euch gestern bei den Vorbereitungen gesehen... Wie sie dich gefragt hatte und als du genickt hast, ist sie dir um den Hals gefallen und-“

„Warte“, unterbracht sie Scorpius belustigt. „Du meinst, sie hätte mich gestern nach einem Date für heute Abend gefragt?“

In Rose stieg die Hitze noch mehr und sie schien sich in ihren Wangen zu sammeln.

„Ja, also… es sah danach aus“, sagte sie, verstummte jedoch gegen Ende des Satzes, als Scorpius zu Lachen begann.

„Also da muss ich dich enttäuschen“, sagte er. „Sie bat mich lediglich um die Hausaufgaben für Zaubertränke.“

„Oh“, machte Rose und nun hatte ihr Hitzefaktor einen neuen Rekord erreicht. „Und deshalb fällt sie dir gleich um den Hals?“ Dass ihre Stimme alles andere als begeistert klang, war eigentlich nicht ihre Absicht gewesen.

Wieder lachte Scorpius. „Ja, sie ist etwas temperamentvoll.“

„Etwas, ja…“, sagte sie leise und plötzlich spürte sie, wie sich der Druck seiner Hand auf ihrem Rücken verstärkte und er sie noch näher zu sich zog.

Sein Atem streifte ihre Locken und eine Gänsehaut bildete sich auf ihrer Haut, als ihre Becken sich berührten. Ganz sanft strich seine Hand über ihre Wirbelsäule, fast schon harmonisch passten sich all ihre Bewegungen der langsamen Melodie an, die sie umgab. Rose’ Atmung wurde etwas unkontrolliert und die zarte Luft kitzelte stoßweise seinen Nacken.

Sie war nervös.

Er machte sie nervös.

Unwillkürlich bildete sich ein Lächeln auf seinen Lippen.

„Ich glaube, ich werde heute Abend sehr viele Neider haben“, sagte er und Rose blinzelte verwirrt über seine Schulter hinweg.

„Du hast nicht gerade wenige Anwärter“, schmunzelte er und der matte Unterklang in seiner Stimme ließ Rose grinsen. Sie spürte, wie sein Kopf sich näher zu ihr neigte, bevor er sprach.

„Du siehst sehr hübsch aus“, sagte er leise und seine raue Stimme streichelte ihr Ohr. „Und ich meine nicht nur heute Abend.“

Rose schnappte stumm nach Luft. Während sie sich bemühte, ihr derzeitiges Glück in ein einfaches Lächeln zu quetschen, verspürte Scorpius ihren Atem nicht mehr in seinem Nacken.

„Atmen, Rosie“, sagte er belustigt und Rose verstummte in jeglicher Bewegung. Er hatte sie Rosie genannt. Das hatte er noch nie getan. Unglaublich, wie gut es sich anfühlte.

Und obwohl sie sein Gesicht nicht sehen konnte und den Schalk in seinen Worten nur heraushörte, so war es doch eine Art des Zusammenseins, welche beide nicht gewohnt waren. Eine Art, die beide nicht kannten. Eine Art, die ihnen jedoch so vertraut war, dass es einfach nur richtig sein konnte.
 

„Ich würde dir gerne etwas zeigen“, sagte Scorpius und Rose hob fragend die Augenbrauen.

„Jetzt?“, fragte sie verwirrt.

„Ja“, war seine einfache Antwort und mit einem schiefen Grinsen umschloss er ihre Hand, um sie aus der Großen Halle zu leiten. Natürlich folgte sie ihm.
 

~
 

„Der Astronomieturm?“, fragte Rose überrascht und belustigt zugleich, als sie zusammen mit Scorpius besagten Ort betrat. Nur wenig Licht erreichte diesen höchsten Turm des Schlosses, denn Laternen oder Lampen gab es hier nicht. Lediglich große, runde Fenster an Decken und Wänden, die nachts natürlich kein Licht spendeten, außer dem Schimmer der Sterne, weshalb dieser Ort auch sehr beliebt bei frisch verliebten Paaren war…

„Ja, ich weiß. Ganz schön klischeehaft, was?“, sagte Scorpius und lachte matt, während er weiter in die Dunkelheit trat. Rose folgte ihm und wunderte sich im Stillen über die Leere hier. Sie hatte eigentlich erwartete, dass an dem heutigen Tag die Paare hier Schlange stehen würden.

„Das kannst du aber laut sagen“, antwortete sie grinsend und lehnte sich neben ihn an eine Brüstung, welche den Blick über das gesamte Gelände Hogwarts’ preisgab.

„Kommst du jetzt auch noch mit Sprüchen wie ‚Hey Baby, deine Augen funkeln wie Sterne’“, witzelte sie, doch Scorpius’ Miene wurde ernst und mit einem Schritt war er ihr so nah, dass sie nur noch wenige Zentimeter trennten.

„Und wenn es so wäre?“, fragte er rau und die Ernsthaftigkeit blieb in seiner Mimik bestehen. Zum wiederholten Male stieg in Rose die Röte hoch. Doch diese war anders: Unentschlossen, ob sie aus der Tatsache entstand, dass Scorpius diesen albernen und kitschigen Spruch wirklich aussprach oder ob Rose, trotz der Peinlichkeit dieses Satzes, sich wünschte, Scorpius würde es ernst meinen.

„War nur ein Scherz“, sagte er schließlich knapp und musste sich ein Lachen verkneifen. Erleichtert, dass er nicht auf einen solchen Spruch zurückgriff und froh, dass sie niemals herausfinden würde, ob sie ihm wegen einer solchen Albernheit verfallen wäre, lachte Rose auf und versuchte, ihre Stimme nicht allzu hysterisch klingen zu lassen.

„Ich komme oft hierher um nachzudenken. Der Ausblick befreit irgendwie die Gedanken, finde ich…“, erklärte Scorpius und lachte matt über seine eigene Wortwahl. Rose lächelte über seine Verlegenheit und ihr Blick schweifte über das Gelände. Der Kontrast zwischen der Schwärze des Waldes und der hellen Wiese verwandelten den Anblick in ein Gemälde. Die Sterne zierten die passende Beleuchtung, nicht aufdringlich und dennoch eindringlich. Der Mond, von einem Hauch Nebel verdeckt, schenkte dem Betrachter eine Art Intimität, die jedes Geheimnis hütete und jeder Unsicherheit Zuflucht bot. Der leichte Wind, der durch die Baumkronen tanzte verlieh der stummen Nacht eine Seele, die über die Lebewesen wachte und ihnen als Geist ihrer selbst Wohlmut und Zuversicht zuflüsterte.

„Es ist wirklich schön“, sagte Rose und seltsamerweise trübte ihre Stimme die Schönheit des Anblicks nicht.

„Aber immer noch klischeehaft“, fügte sie schmunzelnd hinzu und Scorpius verrollte belustigt die Augen.

Eine Weile verging, in der niemand etwas sagte. Sie standen einfach nur da, nebeneinander, und genossen die äußere Stille. Denn in ihrem Innern brach ein Feuerwerk an Gefühlen aus, welches wütete, tobte und forderte. Zu schön war der Augenblick um ihn zu zerstören, doch gab es einen der passender hätte sein können?

Aber passender für was?
 

„Rose?“, sagte Scorpius in die Stille und wandte sich zu ihr um.

„Ja?“, sagte sie und sofort ruhte ihr Blick auf ihm.

Er näherte sich ihr nur einen Schritt, doch der genügte, um die Spannungen zwischen ihnen ins unerträgliche zu steigern.

„Ich glaube…“, begann er zögernd.

„Ja?“

„Ich glaube, ich…“ Wieder zögerte er.

Rose nickte ermutigend auf seine stummen Worte. „Ja?“

Er wusste nicht, ob es ihre großen Augen waren, in denen er zu versinken drohte, oder das einfache Gefühl der Glückseligkeit, das ihm ein Lachen in sein Herz trieb.

Und er wusste auch nicht, ob es einfach nur die momentane romantische Stimmung war, oder ihre bloße Anwesenheit, oder die Art wie sie sich bewegte, wie sie lachte, wie sie sprach und wie sich dabei ihre Lippen formten, oder ob es an diesem Gefühl lag, welches jeden Moment drohte aus ihm zu brechen, das Gefühl der unendlichen Zuneigung und Vertrautheit. Ein Gefühl, das er noch nie in diesem Maße fühlen durfte. Vielleicht war es auch lediglich der Drang in seinem Herzen, den er schon so lange verspürte und zurückhielt.

Nein, er wusste nicht, was ihn in diesem Moment dazu verleitete, auf sie zuzugehen, ihr Gesicht zu umfassen und ihre zarten, geröteten Wangen zu berühren, bevor er sich mit einem ehrlichen Lächeln zu ihr beugte um ihre warmen und weichen Lippen mit den seinen zu vereinen.
 

~
 

Endlich. Er konnte aus diesem albernen Umfeld flüchten, welches er so lange dulden musste und welches ihm jeden Nerv raubte. Doch er ist entkommen und nun war er bereit, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Nur noch wenige Vorbereitungen mussten getroffen werden, denen er sich nun widmen wollte. Nun, so weit von seinem Ziel entfernt und doch so nah daran, es endlich zu erreichen.
 

„Es sind alle da, Meister“, ertönte eine Stimme in dem dunklen Raum. Ach, wie oft hatte er es ihnen gesagt, gepredigt, eingebläut. Es war einfach hoffnungslos.

„Was habe ich gesagt? Wie sollt ihr mich nennen? Trottel!“ Er schwenkte seinen Zauberstab und die Hand dieses Dümmlings fasste Feuer. Unter seinen Schreien hörte er Entschuldigungen und Gebettel. Zwar wollte er nicht den Eindruck erwecken, gnädig zu sein, doch wollte er seinen restlichen Anhängern die Regeln erklären und zeigen. Sie würden nun wissen, was ihnen bevorstand, hielten sie sich einmal nicht daran. Ein weiterer Schwenker seiner Hand und das Feuer erlosch.

„Also?“, sagte er mit kühler Stimme.

„M-mein Lord“ war die Antwort dieses Nichtsnutzes. Doch sie entsprach der Wahrheit.

Natürlich gab es nur einen einzigen Lord, der diese Anrede verdiente. Doch er, als sein Nachfolger, hatte auf das gleiche Recht bestanden.

Der dunkle Lord war ein Genie, ein Dichter, ein Gott. Ein Gott, der seinem eigenen Tod entgegenblicken musste. Was ihn zu einem Gott machte? Zu einem düsteren Gott? Seine schwarze Seele. Und diese besaß er auch.

Er würde vollenden, was der dunkle Lord nicht vollenden konnte. Er würde die töten, die der dunkle Lord nicht töten konnte. Er würde das vernichten, was der dunkle Lord nicht vernichten konnte.

Es hatte seine Zeit gedauert und es würde seine Zeit dauern. Schließlich hatte er nur Anfänger als Unterstützung gewählt. Doch sie waren die richtigen. Die richtigen für naive Tate, für unüberlegte Pläne und für voreilige Flüche. Perfekt.

Er müsste sie trainieren. Womöglich lange. Doch es würde seinem Zweck dienen. Schließlich hatte er noch genügend Zeit.

Ob sie überlebten, ob sie in ihrer niedrigen, magischen Entwicklung überhaupt die Chance hatten, zu überleben? Was interessierte es ihn.

Er würde sein Ziel erreichen. Er würde vollenden, was dem dunklen Lord nicht bestimmt war. Er würde ihn töten.

Und er wusste genau, wie. Der Schwachpunkt, das war die Lösung. Und den hatte er entdeckt. Welch eine einfache und doch glorreiche Entdeckung.

Er hatte lediglich ein paar Jahre warten müssen. Nur ein paar Jahre. Oh, wie lange entwickelte er nun schon diesen Plan. Und nun war es so weit.

Die Schwachstelle würde sich bald offenbaren, angreifbar machen.

Schon bald.

Er musste also nur noch etwas länger warten.

Ah, wie ihn dieses Warten verrückt machte. Er wollte ihn umbringen. Diesen Menschen, der dem dunklen Lord in die Quere kam.

Nur warten, er musste nur warten.

Und dann würde er ihn töten. Am besten gleich alle.

Die ganze Familie des Gezeichneten.

Dies war die einzige Rache, die dem dunklen Lord zu ehren war.

Die einzige.

Und er würde sie vollführen.
 

~
 

„Rose, da bist du ja!“, rief Lily und ihre Stimme übertönte nur schwach die Band, die in der Großen Halle spielte. Rose und Scorpius hatten gerade erst wieder die Große Halle betreten, als die kleine Potter schon auf sie zugestürmt kam. Mit immer noch erhitzten Wangen warf Rose Scorpius einen Blick zu. Das Schmunzeln zeichnete immer noch seine Lippen und auch auf seinen sonst so blassen Wangen lag ein Rotschimmer.

„Rose, ich muss mit dir reden“, rief Lily aufgeregt, verstummte jedoch, als sie Scorpius entdeckte.

„Lily, ich kann jetzt nicht“, zischte Rose und sah ihre Cousine mit vieldeutigem Blick an.

„Ich weiß“, sagte Lily gehetzt. „Aber es ist wirklich wichtig!“

Rose verrollte die Augen. „Lily, ich-“

Doch sie wurde von der Kleineren unterbrochen. „Es geht um Alice.“

Und mit diesen Worten packte die Potter Rose’ Arm, um sie aus der Großen Halle zu schleifen.

Die Weasley blinzelte Lily an. Es ging um Alice? Aber…

Ihre dunklen Augen huschten zu Scorpius. Er erwiderte ihren Blick und sie konnte erkennen, wie er leicht nickte.

„Geh nur“, sagte er. „Ich komme alleine klar.“ Er grinste schief und mit einer flüchtigen Geste berührte er ihren Arm, bevor Rose von Lily weggezerrt wurde.
 

„Wehe es ist nicht wirklich wichtig“, schimpfte Rose, während sie Lily durch die Gänge hinterher stampfte.

„Ist es aber“, sagte Lily und ein gefährliches Grinsen stahl sich auf ihre Lippen. „Außerdem hattest du ja schon deinen Spaß.“

Rose lief sofort tomatenrot an und ließ als Antwort nur ein Schnaufen hören.

Wären sie doch nur dort oben geblieben und….

Doch weiter kam Rose mit ihren Gedanken nicht, denn Lily blieb abrupt stehen, sodass Rose geradewegs in sie hineinlief. Die Potter strafte sie mit einem genervten Blick, den Rose nur mit einem unschuldigen Schulterzucken abtat, bevor sie sich umsah.

„Das Mädchenklo?“, fragte Rose irritiert und Lily nickte. Doch bevor Rose weitere Fragen stellen konnte, packte Lily ihren Arm und schupste sie durch die Tür. Kaum hatte die Weasley den Schreck überwunden und wieder Halt auf ihren Schuhen gefunden, wollte sie sich schon wieder umdrehen um ihrer Cousine die Leviten zu lesen, doch ein Geräusch ließ sie in ihrem Vorhaben innehalten. Eine Art Schluchzen und Wimmern, welches sie aus der hinteren Ecke des Mädchenklos vernehmen konnte. Neugierig spähte Rose um eine Kabine und entdeckte Alice, die auf dem Boden kauerte. Ihr rotes Kleid war zerknittert, ihre Frisur zerzaust und ihre Schminke verlaufen.

„Bei Merlin, Alice“, rief Rose und stolperte auf die Longbottom zu. Zuerst zuckte die Schwarzhaarige vor Schreck zusammen und ihre Augen weiten sich, doch als sie Rose erkannte brach Alice in weiteren Tränen aus. Kaum saß Rose neben ihr, fiel Alice ihr auch schon schluchzend um den Hals.

„Oh Rosie, es tut mir so leid“, weinte sie. „Es tut mir alles so, so leid! Bitte, du musst mir verzeihen, bitte…“

Die weiteren Worte wurden von wilden Schluchzern begraben und Rose tätschelte Alice’ zerzauste Haarmähne. Sie kauerte sich auf Rose’ Schoß zusammen, vergoss Tränen und weinte in Rose’ Kleid. Doch es war der Weasley egal. Es hätte der teuerste Stoff der Welt sein können, es wäre ihr egal.

Alice war wieder da.
 

Nachdem sich die Schwarzhaarige etwas beruhigt hatte, wagte Rose die ersten Worte.

„Alice? Was ist passiert?“

Zwar hatte Rose eine leise Ahnung, wer der Grund für diese Verschwendung an Tränen war, doch schließlich konnte sie sich auch irren.

„Marcus“, krächzte Alice und erhob sich.

Okay, sie irrte sich nicht.

„Er…er“, stammelte die Longbottom unter ihren Tränen. „Er kam einfach nicht. W-wir waren verabredet. Heute Abend. A-aber er kam nicht.“ Ein Schluchzen. „Ich hab so lange gewartet, so verdammt lange. Er kam einfach nicht. Er hat mich sitzen lassen.“ Ein neuer Sturzbach an Tränen, der einige Minuten dauerte.

„D-dieser arrogante Idiot“, stotterte Alice und wischte sich mit der Hand über die Augen. Noch immer lag Rose’ Arm um ihre Schultern.

„Er war so cool, am Anfang. Doch dann…“ Alice schüttelte den Kopf und die Tränen wurden langsam weniger. „Er saß nur noch stumm und blöd herum. Hat kaum etwas geredet. U-und wenn, dann,… dann…“ Ein weiteres Schluchzen. Und noch eines.

„Was, Alice?“, hakte Rose nach.

„Dann hat er nur über dich geredet“, sagte die Schwarzhaarige schließlich und fiel sofort wieder in Rose’ Arme. Diese war so verblüfft, dass sie die nächsten Worte erst gar nicht realisierte.

Marcus redete über Rose?

„Rosie, es tut mir einfach so leid. Ich war so sauer, dass er mich nur Sachen über dich gefragt h-hatte, dass ich automatisch auch a-auf dich wütend war. Es tut mir so leid.“

„Schon gut“, sagte Rose und streichelte über Alice’ Kopf.

„Nein, nichts ist gut“, jammerte Alice und setzte sich wieder aufrecht hin, bevor sie in ein Stück Toilettenpapier schnäuzte.

„Ich war so dumm“, sagte sie schließlich leise und ihre Stimme war von den Spuren der Tränen befreit. Sie sah Rose mit großen Augen an.

„Ja, ein Beispiel für glanzvolles Verhalten war das nicht gerade“, grinste Rose und Alice stimmte in das Lachen mit ein.

„Ehrlich Rosie, es tut mir unendlich leid. Du hattest ja so recht, er war ein Idiot. Ich habe es leider zu spät bemerkt...“

Rose nickte und reichte Alice ein weitere Stück Toilettenpapier, welches diese gleich zu verwenden wusste.

„Kannst du mir verzeihen?“, fragte Alice nach einer Weile und sie sah dabei so bemitleidenswert aus, dass Rose sich nur schwer ein Lächeln verkneifen konnte. Das letzte Mal als Alice so sehr weinen musste, war an ihrem sechsten Geburtstag, als sie die gewünschte Zelda-Puppe nicht bekam.

„Mh“, machte Rose und dachte gespielt über eine Antwort nach. „Natürlich kann ich“, sagte sie schließlich und erwiderte die Umarmung von Alice.

„Aber glaub mir, das werde ich dir dein ganzes Leben lang vorhalten“, witzelte Rose und Alice kicherte. „Du wirst es kaum glauben, aber das darfst du sogar.“

Da saßen sie nun, auf dem kalten Fußboden, zusammen, mit verrutschten Frisuren und zerknitterten Röcken. So, wie es sein sollte.

Denn sie waren zusammen.

Und wahrscheinlich konnte dieser überaus glückliche Moment von nichts übertrumpft werden.

Außer vielleicht von einer Kleinigkeit…

„Also, wieder Freundinnen?“, fragte Rose.

„Klar! Für immer“, antwortete Alice und blinzelte fragend auf das plötzlich entstandene Grinsen auf Rose’ Lippen.

„Gut“, sagte Rose. „Ich muss dir nämlich etwas erzählen.“
 

_._
 

So, da bin ich auch schon wieder :D Also ich hoffe, dass das Kapitel euch gefallen hat und es nicht zu kitschig war. Ich bin zwar der Meinung, dass ein gewisser Grad an Kitsch einfach sein muss, allerdings hoffe ich, dass ich diesen gewissen Grad nicht überschritten habe ^^'

Außerdem möchte ich gleich noch etwas klarstellen. Und zwar handelt es sich bei dem "bösen und geheimen Pläneschmieder" nicht um einen Nachkommen oder vergessenen Todesser Voldemorts. Das wäre ja völlig absurd u.u Nur um diese Sache an dieser Stelle mal zu erklären^^

Und sonst, wie gesagt, hoffe ich inständig, dass ich den lange ersehnten Ball und dessen Folgen nicht total versaut habe. Gleiches gilt natürlich auch für die Versöhnung von Alice und Rose, die ja nun endlich eintraf^^

Ich selbst bin im Großen und Ganzen eigentlich ganz zufrieden mit dem Kapitel, wobei die Selbstkritik mal wieder überwiegt. Aber dafür hab ich ja euch und freue mich schon jetzt auf eure Kommis :)

Bis Bald!

Eure Schnie-bel-di <3

Dirty Little Secret

So, meine Lieben.

Schnie meldet sich zurück, und zwar aus ihrer stressigen, wenig kreativen und Nervenaufreibenden, dunklen Zeit. Ein Tiefpunkt meines Ruhms, die schnellste Schnie von Mexico hat ihrem Namen keine Ehre mehr gemacht *theatralisch seufz*

Aber es ist geschafft, das neue Kapitel ist endlich fertig – genauso wie ich u.u

Ich möchte euch nach dieser scheinbar endlosen Wartezeit auch gar nicht mehr lange auf die Folter spannen und wünsche euch viel Spaß und Freude mit dem neuen Kapitel :)

Wer weiß, vielleicht wird mit diesem ja auch die 100-Kommi-Grenze erreicht?;)
 

Einen guten und nicht all zu glitschigen Rutsch ins neue Jahr!

Prost, euer Schnie-Vieh
 


 


 

Kapitel 9:       Dirty Little Secret
 

„Also ich finde es ja immer noch unfair, dass du mit einem Slytherin rummachen darfst und ich nicht“, sagte Alice und betrachtete provokant, wenn dies in irgendeiner Form überhaupt möglich war, ihre Fingernägel. Rose verrollte die Augen, sah aber nicht von ihrem Buch auf, hinter welchem sie sich unwillkürlich mehr und mehr verkroch. Somit hörte sie auch nur den erschrockenen Laut von Alice, als Lily ihr ein Kissen entgegen warf. Die drei Mädchen befanden sich an diesem Nachmittag im Gemeinschaftsraum der Gryffindors und gingen, je nach Möglichkeit, ihren eigenen Interessen nach. Hausaufgaben, Übungen oder einfach nur faulenzen. Wie gesagt, je nach Möglichkeit. Denn Rose konnte sich nur schwerlich auf die Wörter konzentrieren, die sich vor ihr offenbarten. Auch wenn Alice mit ihren, nun schon mehr als einmal ausgesprochenen Worten, Recht hatte, so erinnerten sie Rose immer und immer wieder an jenes Ereignis auf dem Ball –oder besser gesagt, auf dem Astronomieturm. Und mit dieser Erinnerung kam auch jene dazu, die nichts weniger beinhaltete, als dass besagter Slytherin seit dem Ball ein äußerst merkwürdiges Verhalten an den Tag legte. Merkwürdig? Nein. Eher abscheulich, grässlich, entsetzlich.

Dieser Ball war nun schon vier Tage her. Zwar verlieh Rose der Gedanke an die Szene auf dem Turm ein äußerst angenehmes Hochgefühl, leider verlieh ihr aber der unweigerlich darauffolgende Gedanke ein mehr als unangenehmes Tiefgefühl, weshalb sie auch jegliche Erinnerung an diesen Abend so gut es ging verdrängte. Dass ihre beiden Freundinnen, Lily und Alice, immer wieder darauf zu sprechen kamen, war natürlich keine Hilfe. Man könnte diese so genannten Freundinnen als fies und gemein bezeichnen, wenn sie die arme Rose immer wieder auf ihren Schmerz aufmerksam machten. Doch jene Freundinnen waren immer noch in dem Glauben, dass zwischen Rose und Scorpius ein ausgeglichener Frieden herrschte, zumindest konnte die Weasley diese Version den beiden vermitteln. Laut Rose bestand offiziell ein ‚Pakt’ zwischen Rose und Scorpius, der ihr vergangenes Zusammensein geheim halten sollte. Natürlich bestand ein solcher Pakt nicht; wie auch, wenn die Beiden schon seit vier Tagen kein Wort mehr miteinander gesprochen haben? Doch für Rose war es einfacher, an dieser Version festzuhalten, statt zu geben zu müssen, dass sich an diesem verfluchten Slytherin nichts geändert hatte und sie letztlich doch auf ihn hereingefallen war.

Den einen oder anderen argwöhnischen Blick blieb ihr allerdings von Seiten ihrer Freundinnen nicht erspart, wenn Scorpius und Rose sich zufällig begegneten und die Luft plötzlich zu gefrieren schien. Glücklicherweise konnte die Weasley die beiden Mädchen immer wieder beruhigen und seit ungefähr zwei Tagen haben neugierige Fragen oder aufdringliches Gekicher nachgelassen. Nur ein kleiner Trost im Angesicht des eigentlichen Debakels. Denn im Gegensatz dazu, waren die nervtötenden, femininen Attacken ihrer Freundinnen schon fast erträglich gewesen.

Das Geplapper von Alice und Lily, die immer noch über Anschuldigungen und eventuell gemachte Fehler diskutierten, drang nur noch gedämpft zu Rose und während die Wörter vor ihren Augen langsam verschwammen, wurde die Erinnerung an die vergangenen Tage immer deutlicher.

Wie aufgeregt war sie gewesen, als sie am Morgen nach dem Ball in die Große Halle getreten war. Da die Versöhnung von Alice und Rose leider den restlichen Abend eingenommen hatte, blieben Rose und Scorpius in dieser Nacht keine Zeit mehr. Doch wer konnte auch schon ahnen, dass Scorpius darauf scheinbar keinen Wert legte?

Kaum hatte Rose sich also an jenem Morgen am Gryffindortisch nieder gelassen, schweifte ihr Blick auch schon zu den Slytherins. Sie war so damit beschäftigt, den blonden Haarschopf zu suchen, dass sie die Ankunft der Posteulen erst bemerkt hatte, als Alice sie anstupste und mit teils irritiertem, teils unheilvollem Blick auf die Weasleyeule deutete, welche es sich gerade in dem Müsli der Longbottom gemütlich gemacht hatte.

Nachdem das Frühstück und der Kampf um Alice’ Müsli zwischen ihr und der Eule beendet war, steuerten die beiden Gryffindors gerade die Bibliothek an, als ein lauter Ruf die Mädchen stoppen ließ. Albus hatte sie gesichtet und mit einem plötzlichen Pochen in ihrer Brust, erspähte Rose auch Scorpius, dessen Blick durch die Schülermenge huschte. Doch noch bevor Alice und sie sich zu den beiden Slytherins durch die quatschende Menge kämpfen konnten, war der Malfoy verschwunden. Albus sagte, er hätte etwas von ‚dringendem Termin’ gemurmelt.

Die stechende Enttäuschung in ihrem Herzen ignorierend verbrachte Rose den restlichen Tag damit, die Augen offen zu halten, in der Hoffnung Scorpius ein weiteres Mal zu entdecken. Leider vergeblich. Merkwürdigerweise war er wie vom Erdboden verschluckt.

Der zweite Tag nach dem Ball zeugte nicht gerade von einem Aufschwung, was die scheinbare Krise zwischen Rose und Scorpius anging. Der Unterricht hatte wieder begonnen und auch wenn es sicherlich nicht Rose’ Plan war, dem Slytherin während dem Unterricht um den Hals zu fallen, so hatte sie sich doch etwas mehr Aufmerksamkeit seinerseits erhofft.

„Ich sollte aufhören, solche naiven Hoffnungen zu hegen“, murmelte sie zu sich selbst, als der Unterricht für diesen Tag beendet war und Rose aus dem Klassenraum trat. Missmutig huschte ihr Blick zum letzten Mal über die Köpfe ihrer Mitschüler, die mit ihr den Raum verließen. Natürlich, er war nirgendwo zu sehen. Der junge Malfoy schien ein neues Talent an sich entdeckt zu haben: Das In-Luft-Auflösen. Den ganzen Tag über hatte sie ihn kein einziges Mal in den Gängen gesehen. Er war zwar im Unterricht, doch da konnte sie ihn nicht ansprechen. Und sobald sich eine günstige Möglichkeit ergab, machte er sich aus dem Staub.

Wo er am vergangenen Tag mit seiner Abwesenheit glänzte, so steigerte er seine Taktik am dritten Tag scheinbar in Ignoranz. Nicht gerade eine Veränderung zu Rose’ Gunsten, doch zumindest wusste sie nun, dass er nicht von einem schwarzen Loch verfolgt wurde…

Wütend, gekränkt und völlig verwirrt betrat Rose an diesem dritten Tag nach dem Ball den Zaubertränkeunterricht, die Slytherins würden also auch da sein. Doch statt nach ihm Ausschau zu halten, senkte Rose stur den Blick, während sie mit nun beeinträchtigter Sicht ihren Platz suchte. Ha, sollte er doch seine Show abziehen! Sie würde ihm sicherlich nicht nachlaufen. Es tat zwar weh, sehr sogar, doch noch mehr, und da war sie sich absolut sicher, würde ihr gekränktes Ego sie verletzen. Mit den Gedanken also vollkommen bei ihrem zerbrechenden Herzen und den Blick auf den dunklen Boden gerichtet, stolperte sie -und wie könnte es anders sein?- natürlich direkt in den gemiedenen Malfoy. Die Zeit schien für einen Moment stehen geblieben zu sein, jedoch wirklich nur für einen Moment. Denn kaum hatte Scorpius registriert, wer ihn da gerade angerempelt hatte, huschte er mit eiligen Schritten und einer seltsam stummen Grimasse auf seinen Platz, wo er sich den Rest des Unterrichts verkroch. Die Wut, die langsam in Rose hoch krabbelte, übertrumpfte die quälenden Stiche ihres schreienden Herzens und hatte sie geglaubt, dies wäre der Höhepunkt ihrer Schmach gewesen, so irrte sie.

Am vierten Morgen nach dem Ball, womit wir uns wieder am gegenwärtigen Tage befinden, war Rose fester Überzeugung, dass die Welt gegen sie war. Wieso? Eine Vertrauensschülersitzung war geplant. Ein schlichtes Treffen, welches die Weasley förmlich in die Luft gehen ließ. Die ganze Stunde, in der die Schülersprecher ihre Pläne erklärten und neue Passwörter verteilten, wich Rose’ Blick nicht von der Tischplatte vor ihr. Denn hätte sie aufgesehen, so wäre ihr erster Augenaufschlag wohl dem Slytherin am gegenüberliegenden Platz gewidmet und das wollte sie in jedem Fall vermeiden. Die Aufmerksamkeit eingrenzen, ein guter Plan. Leider sahen das die Schulsprecher ein wenig anders.

„Rose, wärst du so nett uns heute auch mal mit deinem Organ zu beglücken?“, zischte Melinda Morgan, die Schulsprecherin aus Hufflepuff, und hob eine Augenbraue. Etwas irritiert blinzelte die Angesprochene, während sie sich bemühte, ihre Augen nicht in Richtung Slytherinecke zu lenken.

„Ähm“, machte sie, wurde jedoch von einer quietschenden Stimme unterbrochen.

„Das Wiesel ist noch ein bisschen benebelt von dem Ball. Schließlich war es dort ja so aufregend, nicht wahr, Rosie?“, flötete Simone Stimpson, der weibliche Part der Vertrauensschüler aus dem Hause Slytherin. Eine Siebtklässlerin, folglich Scorpius Partnerin. Belustigt stieß Simone Scorpius in die Seite, um ihn zu einem Lachen anzustacheln. Und tatsächlich, ein Grinsen, wenn auch zaghaft, huschte über seine Lippen. Der Spaß jedoch wurde augenblicklich unterbrochen, als Rose aufsprang und mit der Hand auf den Tisch schlug, während sie angestrengt versuchte, die Tränen der Wut zu unterdrücken.

„Ach halt’ doch deine dümmliche Klappe, Stimpson! Ihr seid doch alle gleich, ihr verblödeten…“ Leider brachte sie die plötzliche Aufmerksamkeit der anderen im Raum aus dem Konzept, weshalb sie peinlicherweise zuerst nach den passenden Worten suchen musste.

„… Flubberwurm fressenden, arroganten Slytherins!“ Die Ausdrücke, wenn auch weniger schlagfertig als geplant, endlich gefunden und ausgesprochen, schnappte sich Rose ihre noch nicht einmal ausgepackte Tasche und stürmte aus dem Raum. Das höhnische Gelächter von Simone schien ihr noch Stunden später in den Ohren zu hallen…

Zumindest kam es ihr so vor, als sie an diesem Nachmittag im Gemeinschaftsraum saß und erst Alice und Lilys lauter werdende Diskussion sie wieder aus ihren trüben Gedanken riss. Willkommen zurück, in der knallharten Gegenwart.

Lautlos sammelte Rose ihre Bücher und Federn ein, bevor sie sich erhob und mit dem Gemurmel „Bibliothek“ aus dem Raum verschwand. Die streitlustigen Stimmen ihrer Freundinnen waren das letzte, was sie hörte.

„Das ist alles deine Schuld!“

„Das stimmt gar nicht!“

„Doch!“
 

Müde trottete Rose den Korridor entlang. Es hatte sich herausgestellt, dass die Taktik der Weasley, sich mit viel Arbeit vor ihren Gefühlen zu drücken, eine wirklich gute war. Sie funktionierte ausnahmslos. Egal um welches Gefühl es sich handelte, ein bisschen Arbeit und es war vergessen. Leider gab es da aber immer noch die wenigen Momente, in denen Rose nicht schuftete, wie zum Beispiel die Essenszeiten, das Zubettgehen oder, wie in diesem Moment, der Weg von der Bibliothek zurück in den Gemeinschaftsraum. Eine gefühlte Ewigkeit, in der ihre Gedanken und Gefühle viel zu viel Unfug anstellen konnten.

Den ganzen Nachmittag hatte sie in der Bibliothek verbracht, Bücher gelesen, Hausarbeiten erledigt, die Regale aufgeräumt… einfach gearbeitet. Und obwohl es erst früher Abend war, das Abendessen, welches sie hatte ausfallen lassen, war gerade erst vorbei, herrschte weitgehende Ruhe in den Korridoren. Der Schatten, welcher ihr Körper an die spärlich beschienene Wand warf, war Rose’ einziger Begleiter auf dem Weg durch die verlassenen Gänge. Zumindest glaubte dies Rose. Denn plötzlich umschloss etwas ihr Handgelenk und im nächsten Moment stolperte sie auch schon, geführt durch den Griff um ihre Hand, in einen scheinbar winzigen Raum. Nur ein Blinzeln und ihr kurzer, erschreckter Aufschrei minimierte sich zu einem beinahe erstickten Quieken als sie seine warmen Lippen auf ihren spürte. Warum, wusste sie nicht, doch noch ohne ihre Umwelt richtig wahrgenommen zu haben, war sie sich bewusst, wer ihr da gerade so nahe war. Das Gefühl, Scorpius wieder spüren zu können und seinen Duft einzuatmen, seine Leidenschaft zu teilen und sich völlig zu vergessen… ließ sie fast vergessen. Fast, denn dann kam ihre Erinnerung zurück. Abrupt löste sie ihre Hände von seinem Nacken, die sich wenige Sekunden zuvor aus unwillkürlichem Effekt um jenen geschlossen hatten, nur um im nächsten Augenblick auf seine Brust einzuprügeln. Mit zusammengekniffenen Augen und zu Fäusten geballte Hände schlug sie immer wieder auf seine scheinbar steinharte Brust, während Scorpius völlig überrumpelt versuchte, ihre unkontrollierten Hände zu umgreifen.

„Oh nein!“, rief Rose wütend und ihre Stimme klang seltsam schrill. „Du wirst hier nicht noch mal den möchte gern Prinzen spielen und unschuldige Mädchen verletzen! Das kannst du dir abschminken! Nicht mit mir, mein Lieber! Du kannst nicht einfach hier antanzen, mir schöne Augen machen, mich verführen und dann… dann…“ Hektisch ließ Rose von Scorpius ab, allerdings nur um sofort und nicht weniger hektisch nach dem Zauberstab in ihrer Tasche zu suchen, während sie vor sich hin fluchte. Scorpius jedoch schaffte es endlich, ihre wilden Hände zu umfassen, noch bevor diese auch nur –Merlin sei Dank- in die Nähe ihres Zauberstabs kamen.

„Bitte, lass es mich erklären“, sagte er mit kräftiger Stimme und versuchte ihren Blick einzufangen. Leider ein unmögliches Vorhaben. Rose schüttelte energisch den Kopf.

„Vergiss es! Du hast genug erklärt, ich verstehe schon!“, sagte sie laut und endlich hob sie ihren Blick.

„Nein, du verstehst nichts! Darf ich es dir bitte erklären?“, entgegnete Scorpius mit ebenso lauter Stimme.

„Was? Was willst du erklären? Dass du ein blöder Idiot bist? Nein danke, das brauchst du nicht mehr zu erklären! Das ist dir auch ganz gut ohne jegliche Worte gelungen!“

Scorpius umfasste Rose’ Hände fester und zwang sie somit sanft etwas zur Ruhe zu kommen.

„Bitte, gib mir nur zwei Minuten.“ Seine Augen wurden weich und beinahe flehend, als sie dummerweise seinen Blick erwiderte.

Ein sturer Blick und eine vorgeschobene Unterlippe unterstrichen ihre Antwort. „Eine.“

Scorpius schloss für einen Moment erleichtert die Augen, bevor er zu sprechen begann.

„Es ist… mein Vater. Er hat irgendwie von dem Ball erfahren und dass ich mit dir dort war, ich weiß nicht wie, aber er hat es mich wissen lassen.“ Er ließ ihre Hände frei und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand. „Am Morgen nach dem Ball bekam ich direkt eine Eule und er teilte mir in einem Brief auf ‚höfliche’ Weise mit, dass ich mich in Zukunft mit anderen Mädchen abgeben soll.“ Geräuschvoll rutschte der Malfoy an der Wand hinab, sodass er auf dem Boden zum Sitzen kam. Rose starrte ihn lediglich an. Sollte sie ihm das glauben? Ihre Eltern und sogar Onkel Harry hatte schon oft von den Malfoys erzählt, von ihren Traditionen und ihrem Glauben. Doch waren sie wirklich so streng damit, dass sie ihrem Sohn den Umgang mit einem Mädchen verbieten würden? Okay… wenn sie so darüber nachdachte, dann würde ihr Vater sicherlich auch nicht vor Freude in die Luft springen, wenn er von ihr und Scorpius erfahren hätte. Aber drohen würde er ihr auch nicht, auf keinen Fall. Allerdings war Rose’ Vater auch aus einem komplett anderen Holz geschnitzt als Scorpius’. Zumindest hatte sie davon gehört.

Rose spürte, wie die Wut nachließ und ihre Atmung sich beruhigt, sodass die Bewegung ihres Brustkorbes, die sich ihrer rasenden Atmung angepasst hatte, sich verlangsamte. Eine Mischung aus Erleichterung und Mitleid breitete sich in ihr aus.

„Ich dachte“, begann Scorpius erneut. Sein Blick wich ihrem aus und seine Hand fuhr nervös durch seine Haare. „Ich dachte, es wäre besser wenn wir das einfach alles vergessen. Wenn du mich weiterhin für das Arschloch hältst, für das du mich die ganzen Jahre über gehalten hast. Deshalb bin ich dir aus dem Weg gegangen, in der Hoffnung wir könnten es einfach vergessen und beide normal weiter leben.“ Nun sah er sie wieder an und ein trauriges Grinsen zierte seine Lippen. „Hat wohl nicht ganz funktioniert…“

Rose schnaufte und gesellte sich zu Scorpius auf den Boden.

„Das kannst du laut sagen“, antwortete sie, als sie sich neben ihm niederließ.

„Ich weiß auch nicht, was los war. Ich denke, ich hab einfach… das getan, was man von mir erwartet hatte“, sagte er und ließ seinen Kopf gegen die Wand fallen.

Rose’ Blick schweifte durch den kleinen Raum, der sich inzwischen als eine Art Besenkammer herausgestellt hatte, und auch wenn ihre Gedanken völlig überfüllt waren und aus einem einzigen Wirrwarr bestanden, so schienen sie doch eine gewisse Klarheit darzustellen.

„Ich habe etwas anderes von dir erwartete“, sagte sie schließlich und das glückliche Funkeln in seinen Augen beim Aussprechen ihrer Worte ließ nun auch über Rose’ Lippen ein Lächeln huschen, wenn auch ein unauffälliges. Er hatte also verstanden. Verstanden, dass sie damit nicht nur ihrem Vorwurf Ausdruck verleihen wollte, sondern auch ihren Erwartungen ihm gegenüber. Sie hatte eine andere Seite an ihm kennen gelernt, in deren Genuss bisher scheinbar nur wenige kommen durften.

„Ich weiß, es tut mir leid. Wirklich, es tut mir unglaublich leid“, sagte er. Seine Stimme klang fast schon wehleidig, weshalb Rose sich ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte. Schließlich hatte sie die letzten Tage wegen ihm und seiner blöden Familie gelitten, also konnte sie nicht anders als sich an seinem eigenen Kummer zu erfreuen. So gemein es auch erschien, es war doch eine wirklich angenehme Erfahrung.

Auch wenn er nicht wusste, aus welchem Ursprung Rose’ Grinsen stammte, so erwiderte er es automatisch. Wie sollte es auch anders sein? Rose war hier. Die letzten Tage hatte er mit sich gekämpft, mit sich gerungen. Musste sich immer wieder selbst ermahnen, um sie nicht anzusprechen, nicht ihre Haare zu berühren, ihre Hand zu halten, wenn er sie entdeckte. Er hatte sich in Arbeit gestürzt, bis selbst diese sich irgendwann nur noch um sie drehte. Sie hatten in den vergangenen Wochen so viel Zeit miteinander verbracht. Friedliche Zeiten, lustige Zeiten, seltsame Zeiten und auch brenzlige Zeiten. Aber sie war immer da gewesen. Bis zu einem Zeitpunkt. Er hatte einen Fehler gemacht, einen großen Fehler. Sonst handelte er nie aus reinem Effekt heraus, bedachte immer alles. Aber wie konnte er sich denn auch von ihr fernhalten, wenn seine sonst so hilfreichen Gedanken sich nur um sie drehten? Ein hoffnungsloses Unterfangen, wie sich herausstellte.

Und jetzt war sie einfach wieder da.

Und er war einfach glücklich.

Ein beinahe bescheidenes Gefühl und doch so wirkungsvoll.
 

So saßen sie nun da, Rose Weasley und Scorpius Malfoy. Seite an Seite, in einer verstaubten Besenkammer. Und sie könnten nicht glücklicher und verwirrter zugleich sein.
 

„Ich hab dich also verführt, ja?“, brach Scorpius die Stille und man konnte den Schalk in seiner Stimme fast greifen.

„Oh!“ Rose stöhnte beschämt auf und ihre Hände fuhren durch ihr Haar, während sich ein Rotschimmer auf ihren Wangen abzeichnete. „Halt einfach die Klappe“, jammerte sie und stupste Scorpius in die Seite. Dieser stimmte jedoch nur in das Lachen, welches unter dem Gejammer der Weasley herausdrang, mit ein und zerzauste mit einer leichten Bewegung ihr Haar. Jeglicher Rest an Zweifel, Wut und Trauer war plötzlich Vergangenheit. Als hätte man sie mit einem Verschwindezauber belegt. Fast schon in untypischer Manier erhob Rose schüchtern den Kopf um Scorpius ansehen zu können, dessen Arm nun um ihre Schultern lag. Mit großer Freude entdeckte sie, dass in seinen Augen die gleiche Leidenschaft herrschte, die es sich auch gerade in ihrem Innern gemütlich machte. Somit war es nun auch keine Überraschung, dass Scorpius ihre Wange berührte, um sich, Rose und scheinbar den Rest der Welt in einen berauschenden Kuss zu tauchen.
 

„Wolltest du mich eben eigentlich wirklich verfluchen?“, erhob Scorpius erneut die Stimme in der erneut herrschenden Stille und Rose verdrehte nur belustigt die Augen.

„Könntest du bitte mal aufhören, die romantische Stimmung zu ruinieren?“, sagte sie amüsiert, auch wenn ihr das von dem Malfoy angesprochene Thema nicht unbedingt ein Grinsen auf die Lippen trieb. Doch was könnte ihre Stimmung in diesem Moment auch trüben? Der Kuss, wenn dies in irgendeiner Form überhaupt möglich war, überbot jenen auf dem Astronomieturm bei weitem. Sodass die Beiden, nachdem sie sich nach einer gefühlten Ewigkeit wieder von einander lösen konnten, einfach nebeneinander saßen und ihren eigenen Träumen und Gedanken nachhingen.

Immer noch in der schäbigen Besenkammer, immer noch zusammen.

Scorpius lachte über Rose’ Reaktion und schielte mit einem hämischen Blick zu der Weasley. „Also, wolltest du?“, fragte er und auch wenn er die Antwort schon kannte –schließlich war ihm das Temperament der Gryffindor sehr wohl bekannt- blieb das Grinsen in seinen Zügen bestehen. Ein weiterer Auslöser für seine Lustigkeit war natürlich auch die glühende Röte, die sich langsam aber sicher in Rose’ Wangen schlich. Als könnte sie einer Antwort ausweichen ließ sie den Blick über die kahle Wand gleiten und vermied es, Scorpius’ wissenden Augen zu begegnen. Bis sie selbst zu der Erkenntnis kam, dass ein Umgehen der Antwort wohl kaum möglich war und schließlich ein „Eventuell“ piepste. Wieder lachte Scorpius auf, doch dieses Mal hatte sein Gelächter einen entrüsteten Unterton.

„Was?“, fragte Rose überheblich und grinste. „Du wolltest es doch unbedingt wissen“, verteidigte sie sich und strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. Okay, sie hatte vielleicht etwas überreagiert. Einen Fluch hätte er wohl nicht direkt verdient. Aber war es nicht allgemein bekannt, dass man einem müden, unter Liebeskummer leidenden Mädchen nicht zu nahe kommen sollte? Demnach war er einfach nur selbst schuld, oder?

„Sag mal, wie kam es überhaupt zu deiner plötzlichen Erleuchtung, nun doch die Wahrheit zu sagen?“, fragte sie, um in erster Linie das Thema zu wechseln. Doch als sie die Worte ausgesprochen hatte, fiel ihr auf, wie brennend sie Scorpius’ Antwort auf ihre Frage wirklich interessierte.

Ein unechtes Grinsen zog sich über Scorpius Lippen und nun war er es, der eben jenes Zeichen der eigentlichen Erheiterung nutzte, um dem Thema zu entgehen.

Seine Hand wanderte durch sein dichtes Haar und eine Strähne fiel gegen seine Nasenspitze.

„Nun ja...“, begann er. „Deine Reaktion bei der Sitzung heute Morgen, die hat mir irgendwie zu denken gegeben.“

„Ach ja?“, fragte sie verwundert. Eigentlich hatte sie geglaubt, dass ihn diese eher umstimmen würde, falls er zu diesem Zeitpunkt schon eine ähnliche positive Entscheidung gefasst hätte.

„Ja“, grinste er über ihre Überraschung und zog sie etwas näher zu sich.

„Und warum genau?“, hakte Rose nach und entlockte Scorpius somit ein weiteres Seufzen.

„Ich weiß auch nicht, irgendwie warst du die vergangenen Tage über so weit von mir entfernt. Ich wusste nicht, wie du fühlst, was du denkst, was du von der ganzen Sache überhaupt hältst. Und als ich dich dann so wütend sah und so...“, er machte eine kurze Pause, bevor er weiter sprach. „Verletzt. Das brach mir regelrecht das Herz.“

Die Gryffindor beobachtete ihn einen kurzen Augenblick, bevor sie ein „Mh“ hören ließ. „Na ja, verdient hättest du es ja...“, sagte sie schließlich und presste die Lippen zusammen, um ein Grinsen zu unterdrücken. Scorpius lachte erneut auf, doch dieses Mal klang sein Gelächter eher nach einem rettenden Ausweg, da er die Wahrheit hinter ihrer, wenn auch nun eher neckenden, Aussage erkannt hatte.

„Aber es sind doch nicht alle von uns Slytherins so... wie sagtest du doch gleich, Flubberwurm fressend und arrogant, oder?“, fragte er schließlich nach einer Weile und auch wenn ein Grinsen um seine Lippen tanzte, so klang seine Stimme viel mehr nach einer Frage, die nach der Wahrheit verlangte. Nämlich nach der Wahrheit ihrer tatsächlich Akzeptanz seiner Person und ihrer tatsächlich angenommenen Entschuldigung.

Wie seltsam es doch war, dass sie sich dessen so sicher war. Sicher, was seine Empfindungen angingen, sicher, was seine Zweifel angingen, sicher, was ihn anging.

Doch den Basilisken würde sie tun und sich diesen Spaß entgehen lassen...

„Nein, da hast du Recht“, sagte sie und überlegte gespielt, während ihr die Hitze in die Wangen stieg, die zur Abwechslung ein verkniffenes Lachen zum Ursprung hatte. „Albus ist auch ein Slytherin und der ist eigentlich ganz okay...“
 

Wenn man bedachte, dass zwischen diesem doch sehr ungleichen Paar ein ebensolches wurde und man die Beschreibung Paar auch tatsächlich zu verwenden vermochte, ohne den Drang zu verspüren, einen möglicherweise passenderen Ausdruck finden zu müssen, so kann man doch von einem kleinen Wunder sprechen. Ein kleines und dennoch geschehenes Wunder, welches zwar lange hatte auf sich warten lassen, doch ist es durch diese Tatsache der scheinbar ewigen Dauer etwa minder interessant oder liebreizend? Wohl kaum, denn viel eher hat diese Geschichte durch diesen langen Weg an Reiz gewonnen. An Reiz, Liebe und auch etwas Respekt. Respekt vor dem Unergründlichen, dem Unerwarteten. Unerwartet und dennoch abzusehen, lehrt sie uns, der Tradition zu trotzen, dem Herzen zu folgen und dem Verstand nicht immer zu gehorchen. Eine Lehre in einer Geschichte, beinahe eine Moral, die ihr Ende noch lange nicht schrieb. Ein Ende wird es sicherlich geben, doch weder jetzt noch bald. Doch wer möchte in solchen Momenten auch schon an ein Ende denken? Möchten wir uns nicht viel eher mit den uns bekannten Charakteren beschäftigen, sie näher kennen lernen, ihnen folgen und mit ihnen bangen? So wird es kommen. Wir werden sie kennen lernen, unsere Freunde, von jeder Seite. Wir werden ihnen folgen, auf jedem Wege. Und wir werden mit ihnen bangen, mit ihnen und um sie. Doch wir sind schon wieder bei dem verwünschten Ende, welches unseren Horizont noch lange nicht passieren wird. So widmen wir uns doch dem Geschehen, welches unseren Akteuren in diesem Moment widerfährt. Denn ist es nicht ähnlich unterhaltsam anzuschauen, dass Rose Weasleys Plan, welchen sie ihren Freundinnen Lily Potter und Alice Longbottom berichtet hatte, nun doch wahr geworden war? Ein Plan, der sie vor einem tiefen Fall bewahrte; ein Plan, der ihrer gewünschten Vorstellung so unheimlich nahe kam; ein Plan, der letztlich doch in die Wahrheit eintauchte. Sie erzählte von einem Packt, den sie mit dem jungen Malfoy geschlossen hatte, berichtete von glücklichen Stunden und positiven Ergebnissen ihrer Gespräche, und sie ignorierte die argwöhnischen Blicke ihrer doch so cleveren Freundinnen, die aus Rose’ hinreißenden Geschichten und ihrer trotzdem währenden Übellaunigkeit keine lösbare Formel bilden konnten. Doch auf welch glücklicher Fährte sich Rose Weasley doch befinden musste, dass ihr Wunsch in Erfüllung ging. Ein Packt der Schweigsamkeit und des Geheimnisses. Ebenso praktisch wie erlösend. Denn schließlich musste die Geschichte nicht umgeschrieben werden. Nun ja, Rose’ Geschichte musste nicht umgeschrieben werden. Von unserer Geschichte wollen wir hier jedoch noch nicht sprechen...
 

~
 

„Einen wunderschönen Guten Morgen“, rief Rose als sie am nächsten Morgen mit einem breiten Lächeln am Gryffindortisch Platz nahm und Alice und Lily anstrahlte, während diese sich nur einen argwöhnischen Blick zu warfen. Schließlich war Rose’ Fröhlichkeit die letzten Tage über nicht gerade ein oft vorkommender Zustand gewesen. Alice war die erste unter den drei Freundinnen, die die Stimme erhob. Sie räusperte sich und hob eine Augenbraue. „Alles okay mit dir?“

Die Angesprochene blinzelte die Longbottom an, bevor ihre Augen zu Lily huschten, die ebenfalls etwas besorgt drein sah. „Klar“, grinste Rose und zuckte unberührt mit den Schultern, bevor sie sich Rühreier auf den Teller lud. „Es könnte mir gar nicht besser gehen.“

Wieder wechselten Alice und Lily einen misstrauischen Blick, ließen das Thema jedoch fallen. Schließlich wollten sie die alte griesgrämige Rose nicht wieder erwecken. Dass Rose’ Blick immer wieder zum Slytherintisch wanderte und dort ebenfalls immer wieder auf ein blaues Augenpaar traf, entging den Beiden.
 

„Al, ich muss später mal kurz mit dir reden“, sagte Scorpius und wandte endgültig den Blick vom Gryffindortisch ab, ein Grinsen unterdrückend. Stattdessen drehte er sich zur Seite, um seinen besten Freund anzusehen, der, wie sich herausstellte, mit den Backen voller Speck über seinem Teller hing. „Wasch gibt’sch denn?“, fragte der Schwarzhaarige und Scorpius hob die Augenbrauen, unsicher, ob Albus diese Menge an Nahrung in seinem Mund überleben würde. Doch er bewies dem Malfoy das Gegenteil, indem er das Essen geräuschvoll hinunterschluckte und fragend eine Braue in die Stirn schob. Tja, diese Frage war wohl berechtigt, ebenso jedoch auch die Antwort des Blonden: „Später, sagte ich.“ Mit diesen Worten widmete sich Scorpius wieder seinem Frühstück, während er überlegte, wie er das gestern Geschehene seinem besten Freund beibringe sollte.

Nachdem Rose und er sich ausgesprochen hatten, eine wirkliche tolle, wenn auch kurze Zeit in der Besenkammer verbrachten –oh ja, dem Malfoy war vollkommen bewusst, welche Art von Gerüchten diese Geschichte entlocken würde, käme sie ans Licht- fassten beide den Entschluss, dass es leichter wäre ihre Beziehung vorerst geheim zu halten. Auch wenn Rose darauf bestand, dass jenes vorerst in ihrer Vereinbarung vorkam, so rief Scorpius sich immer wieder in Erinnerung, dass diese Bedingung in ihrer Bedeutung immer noch reine Auslegungssache war. Natürlich wäre es ein Schock, für ihre beiden Familien, für ihre Mitschüler, wahrscheinlich für die ganze Zauberergemeinschaft, doch der Malfoy war sich ziemlich sicher, dass seine Bestrafung wesentlich härter ausfallen würde, als die der Weasley, weshalb er sich also mit der offenherzigen Zustimmung zu diesem Punkt in ihrem kleinen Packt etwas zurückhielt.

In der gestrigen Nacht trennten sie sich also mit dem Wissen, ein Geheimnis zu haben, welches nur sie beide bewahrten. Nun ja, auch Alice Longbottom und Lily Potter waren beteiligt, weshalb sich Rose und Scorpius darauf einigten, auch Albus einzuweihen. Sicher sollte jedoch sein, dass Scorpius das Geheimnis betonte, da ihre Zweisamkeit keinesfalls an die Öffentlichkeit geraten sollte. Und erst recht nicht nach dem unmissverständlichen Brief von Scorpius’ Vater.
 

„Na dann los, ich bin fertig“, unterbrach Albus seine Gedanken und mit einem Seufzen erhob sich der Malfoy, um seinem besten Freund nach draußen zu folgen. Die beiden Slytherins schlenderten eine Weile stumm nebeneinander her, während die Korridore immer verlassen und einsamer wurden. Ein Teil von Scorpius’ Plan, schließlich sollte es keinen ungewollten Zuhörer an ihrem Gespräch geben. Albus hob erwartend die Augenbrauen, während sein Blick immer wieder zu dem blonden Slytherin huschte. „Also, über was wolltest du reden?“, fragte er erneut und man konnte einen Hauch der Ungeduld in seiner Stimme erkennen. Der Potter war kein Kind der Zurückhaltung, weshalb es bei ihm nie einen Grund gab, um ein Gespräch unter vier Augen zu suchen. Umso weniger konnte er die Reaktion seines besten Freundes nachvollziehen.

„Okay, also...“, begann Scorpius schließlich und warf einige Blicke über die Schulter um ihr Alleinsein auch zu kontrollieren, bevor er Albus in eine dunkle Ecke zog.

„Mann, du bist gerade echt unheimlich“, sagte Albus und der fragende Ausdruck in seinen Zügen wich einem argwöhnischen. „Jetzt spuck’ s schon aus, bevor ich dem Drang nachgebe vor dir zu flüchten“, scherzte er weiter, was Scorpius’ plötzliche Nervosität allerdings nur noch mehr zum gedeihen brachte.

„Schon gut“, sagte er und warf unwillkürlich einen erneuten Blick über die Schulter, bevor er geräuschvoll schnaufte. „Also, okay. Ähm... du kennst doch Rose...“

„Meine Cousine?“, fragte Albus belustigt und Scorpius wurde bewusst, dass dies der falsche Weg war, dem Potter alles zu beichten, weshalb ein mattes Grinsen über seine Züge huschte und er den Kopf schüttelte, um sich wieder zu sammeln.

„Ja, ähm. Also Rose und ich, wir... wir...“

Albus hob erwartungsvoll die Brauen.

„Wir sind... also wir... ich glaube, ja... man kann jetzt von uns beiden sagen, dass wir nicht mehr zu haben sind“, endete Scorpius schließlich und hoffte, dass Albus den Wink mit dem Besenstil verstanden hatte.

Albus’ Augen weiteten sich und seine Augenbrauen bohrten sich noch tiefer in seine Stirn, sodass tiefe Falten entstanden, während sein Blick auf Scorpius ruhte. Okay, der Malfoy war sich sicher, dass Albus den Wink verstanden hatte und im gleichen Moment bereute er seine Beichte auch schon. Es war doch klar, dass dem Potter diese Tatsache alles andere als zusagen würde. Er mochte seine Cousine und er wusste, welche Vergangenheit in Sachen Frauen Scorpius hatte. Es war also nur logisch, dass Albus darauf nicht positiv reagieren würde. So weit hatte ihn Rose Weasley also schon getrieben, dass er einen Streit mit seinem besten Freund riskierte? Ja, das hatte sie. Und sie könnte ihn wohl noch zu ganz anderen Sachen treiben, wenn er recht überlegte. Auch wenn er es zu Beginn vielleicht noch eher ungern zugab, aber die Gryffindore schwirrte ihm viel zu oft in seinem Kopf herum, als dass es nur eine Sache für Zwischendurch sein könnte. Doch würde ihn Albus davon abhalten können, sich weiterhin mit ihr zu treffen? Würde er für seine Freundschaft Rose Weasley aufgeben? Wäre es denn überhaupt eine Freundschaft, wenn er dies tun müsste? Oder wäre es gerade aus diesem Grund eine Freundschaft? Vielleicht eine Freundschaft zwischen Albus und Rose? Und wo stünde dann Scorpius?

Was wäre jedoch, wenn Albus diese Beziehung nicht anklagen würde? Eine Weite Landschaft voller Fragen in der Unendlichkeit. Was war mit Scorpius’ Eltern? Die Familie Malfoy würde bei dieser Anklage sicherlich an oberster Spitze stehen...

Doch würde der jüngste Malfoy sich gegen seine Familie stellen? Gegen seine Familie und für Rose?
 

„Wie jetzt?“, fragte Albus und unterbrach endlich die kurze, jedoch viel zu lang wirkende Stille zwischen ihnen.

Scorpius schluckte. Seine Befürchtung schien gerade sehr nahe Richtung Wahrheit zu tendieren. „Rose und ich...“

„Ihr seid zusammen, ein Paar, führt eine Beziehung, ich hab’s schon kapiert“, fiel Albus ihm ins Wort und erneut schoben sich seine Brauen nach oben.

Wieder schluckte Scorpius. Er hatte keine Angst vor Albus oder etwas Derartiges. Doch auch wenn er ein Slytherin war, so war Albus immer noch sein bester Freund und dessen Meinung war Scorpius wichtig. „Ja“, sagte er schließlich und sah den Potter prüfend an. Hatte er seinen Zauberstab dabei?

Albus schnaubte lautstark. „Und auf die Idee kommt ihr jetzt erst?“, fragte er und schüttelte belustigt den Kopf. Scorpius blinzelte ihm lediglich entgegen. Viel zu verwirrt, um erleichtert zu sein.

„Ich meine“, begann Albus erneut. „Wie lange seid ihr nun schon scharf aufeinander? Und jetzt entscheidet ihr euch, mal zusammen zu finden. Mann, ihr habt echt ein Talent zum Dramatischen!“ Ein kurzes Lachen und wieder schüttelte er den Kopf, bevor er auf Scorpius’ Schulter klopfte und mit ein paar Schritten aus der dunklen Ecke trat.

Okay, damit hatte Scorpius nicht gerechnet. Nein, damit hatte er ganz und gar nicht gerechnet. Mit Beleidigungen, Fäusten und Flüchen, ein bisschen Ignoranz. Aber nicht damit.

„Das ist also okay für dich?“, fragte Scorpius skeptisch und folgte Albus aus dem Schatten.

„Klar, war doch nur eine Frage der Zeit, oder?“ Der Potter zuckte mit den Schultern. „Und dafür machst du so einen Aufriss“, sagte er und nickte zu ihrem dunklen Versteck, als er erneut ein Lachen hören ließ.

„Ja“, stimmte Scorpius halbherzig in sein Gelächter ein und plötzlich kamen ihm seine ganze Aufregung und Nervosität total dämlich vor.

„Aber Hey, halte bloß deine Klappe. Wenn mein Vater davon erfährt, dann-“, begann Scorpius, doch Albus legte ihm den Arm um die Schultern.

„... wird er dich so was von umbringen“, beendete der Potter den Satz und nickte schwerfällig. Das Grinsen in seinen Mundwinkeln verlieh seiner Aussage jedoch nicht den gewünschten Effekt. „Hey Mann, ich schweige wie ein Schnatz. Aber dafür erzählst du mir jetzt mal, ab wann euch bewusst wurde, dass ihr aufeinander steht.“ Sie schlenderten wieder den Korridor entlang und wo Scorpius eben noch vor der möglicherweise wütenden Reaktion des Potters bangte, so fürchtete er nun die spaßige Variante. Denn auch wenn er das Geheimnis akzeptiert hatte, in seiner ganzen Form, so verzichtete Albus sicherlich nicht darauf, den Malfoy mit dieser Geschichte aufzuziehen. Es war für ihn so zu sagen ein gefundenes Fressen.

„War es ab dem Tag, an dem Rosie das Mädchenklo überflutet hatte oder doch erst ab unserer Bastelstunde bei Goni? Darüber grübele ich nun schon die ganze Zeit...“

Wie gesagt, ein gefundenes Fressen. Und zwar eine sehr, sehr große Portion.
 

~
 

Der Unterricht nahm wieder seinen Lauf und so wich die taumelnde Freiheit, die nach solchen Festivitäten immer um die Köpfe der Schüler schwirrte, dem grauen Alltag, der von Tests, Übungen und langen Nachmittagen geprägt war.

Doch seltsamerweise war der Alltag nun nicht mehr ganz so grau, zumindest für Rose Weasley. Denn nun hatte die Seltsamkeit einen Namen, nämlich Scorpius Malfoy. Und diese Seltsamkeit, so spannend und unerwartet, erhellte nun die Stunden der Langeweile und tauchte sie in bunte, aufregende Farben. Auch wenn die Beiden sich mit aller Kraft bemühten, ihr kleines Geheimnis auch als solches zu belassen, so konnten sie sich den einen oder anderen Blick nicht verkneifen.

So auch in der im Augenblick herrschenden Zaubertrankstunde, die schon in vollem Gange war. Die Gryffindors und Slytherins brüteten über ihren Kesseln mit erhitzten Wangen und krausem Haar, manche befürchteten mit jeder Bewegung und mit jeder neuen Zutat eine Explosion, andere mixten einfach wild drauf los. Und auch wenn Rose Weasley immer schon eine sehr gewissenhafte Zaubertrankmischerin gewesen war, so lenkte sie der gelegentliche Seitenblick von Scorpius doch mehr ab, als es vielleicht gut war. Die Flüssigkeit in ihrem Kessel war nämlich von dem zum Ziel gesetzten Purpur noch sehr weit entfernt.

„Hey, Konzentration!“, rief Alice und stieß Rose in die Seite. Diese zuckte zusammen und wandte sich mit einer Grimasse zu der Longbottom schließlich von Scorpius’ Rückseite ab und widmete sich ihrem Zaubertrank.

„Weißt du, ich bin eigentlich ziemlich froh, dass ich diesen Typen los bin“, begann Alice und Rose hob die Augenbrauen. Das hatte die vergangenen Tage aber noch ganz anders geklungen.

„Ach ja?“, fragte Rose skeptisch und Alice nickte. „Ja. Ich meine, er ist doch nur ein blöder Kerl, oder? Und die scheint es ja an jeder Ecke zu geben.“

Rose nickte langsam. „Wenn du das sagst.“

Ihr Blick glitt durch den Raum und ausnahmsweise blieb er nicht an dem Malfoy hängen, sondern suchte das hübsche, wenn auch verhasste Gesicht des anderen Slytherins.

„Sag mal, wo steckt er überhaupt?“, fragte sie, während sie die Trollnägel in den Trank warf und mit Freude zusah, wie sich die Farbe der Flüssigkeit schon langsam einem Rotton näherte.

„Wer?“, fragte Alice und auch wenn ihre Stimme nach Gleichgültigkeit klang, so gab sich die Longbottom vielleicht etwas zu viel Mühe, desinteressiert zu wirken.

„Du weißt genau, wen ich meine“, grinste Rose und Alice zuckte nur unschuldig mit den Schultern, was der Weasley verdeutlichte, dass dieses Thema scheinbar tabu war. Seufzend widmete sich Rose also wieder ihrem Trank, zumindest mehr oder weniger. Weniger dem Trank, mehr ...etwas anderem.
 

Das Läuten beendete die Stunde und auch wenn Rose es geschafft hatte, dass ihr Trank das gewünschte Purpur erreichte, so schwenkten ihre Gedanken während des Unterrichts immer wieder zu dem Slytherin. Doch dabei handelte es sich nicht wie gewöhnlich um den Malfoy sondern um den wesentlich weniger sympathischen Slytherin: Marcus Adlard. Sie konnte nicht genau sagen, warum, aber seine Abwesenheit erschien ihr äußerst merkwürdig, sodass sie beim Verlassen des Raumes an Scorpius’ Seite huschte.

„Hey“, hauchte sie und ohne dass er sich zu ihr umwandte schlich ein Grinsen über seine Lippen, welches Rose automatisch erwiderte. Ihre Umgebung plapperte wild durcheinander und die meisten Schüler waren damit beschäftigt, sich über die Menge an Hausaufgaben zu beschweren, als dass sie großes Interesse an Rose oder Scorpius zeigten.

„Weißt du, was mit Adlard los ist?“, fragte Rose mit gedämpfter Stimme und der Blick des Malfoy huschte für einen kurzen Moment zu ihr.

„Nein“, sagte er. „Es hieß heute Morgen nur, er habe sich krank gemeldet.“

„Krank?“, hakte Rose nach und Scorpius nickte.

„Das ist doch seltsam, oder?“, flüsterte sie weiter und Scorpius’ fragender Blick wurde argwöhnisch. „Rosie, er ist bestimmt nur erkältet“, antwortete er, doch diese Antwort befriedigte Rose’ Neugierde ganz und gar nicht, weshalb sie nach dem Unterricht auch sofort zum Krankenflügel huschte. Die Antworten, welche sie dort fand, befriedigten ihre Neugierde weitaus mehr. Oder vielleicht sollte man besser sagen, sie regten ihre Neugierde noch mehr an?
 

„Er ist nicht im Krankenflügel“, berichtete sie mit hochgezogenen Brauen, als sie sich am Abend mit Scorpius in einem leeren Klassenzimmer traf.

Der Malfoy verdrehte nur grinsend die Augen, bevor er sie näher zu sich zog.

„Wollen wir jetzt wirklich über Marcus Adlard reden?“, sagte er mit gedämpfter Stimme und berührte ihren Rücken, während sich ein Grinsen auf seine Lippen schlich.

„Nein“, antwortete Rose und legte ihre Hände in seinen Nacken. „Aber es ist doch wirklich seltsam, dass-“

Das Weitersprechen gelang ihr jedoch nicht, da sie auch schon die warmen und weichen Lippen von Scorpius auf ihren spürte und auch wenn sie dieses Thema noch gerne weiter ausdiskutiert hätte, so gab sie seiner Leidenschaft nach und erwiderte den so

willkommenen Kuss.
 

„Irgendwie hat es ja schon seine Reize, sich immer verstecken zu müssen“, grinste die Weasley und nachdem sie von dem Blonden abgelassen hatte, setzte sie sich auf einen der Tische im Raum. „Ich meine, es macht das Ganze etwas spannender.“

Scorpius lachte, als er sich zu ihr setzte. „Als ob das Ganze nicht schon spannend genug wäre.“

Auch wenn das mühevolle Geheimnis vielleicht nicht das heiterste Thema derzeit in Rose Weasleys Leben war, so stimmte sie in sein Lachen mit ein und schmiegte sich an ihn. „Ach“, machte sie und spürte seinen Arm, der sich um sie legte. „Das Leben kann gar nicht spannend genug sein.“ Mit den letzten Worten erhob sich ihre Stimme ein wenig und machte eine übertrieben feierliche Geste, bevor sie ein Lachen hören ließ und zu Scorpius aufsah, der glücklicherweise ihre Freude teilte. Sie sah, wie er den Mund öffnete, vermutlich um etwas zu sagen, jedoch durch ein krachendes Geräusch unterbrochen wurde, das einer sich öffnenden Tür sehr nahe kam. Erschrocken zuckte Rose zusammen und wandte den Kopf, ebenso schnell wie der Malfoy, in Richtung der Tür.
 

„Siehst du, ich hab es dir doch gesagt!“, rief Alice, die in das Klassenzimmer marschierte und den Kopf schüttelte.

„Ja, ja“, raunte Albus, der hinter ihr hinein trat und mit genervtem Schein die Augen verdrehte.

„Hey Leute“, kam es von Alice und sie setzte sich zusammen mit Albus auf den Tisch gegenüber von Rose und Scorpius. Diese wechselten lediglich einen verwirrten Blick, bevor Rose sich mit gehobenen Brauen ihren Freunden zu wandte.

„Ähm, was wird das denn?“

„Na, wir haben euch gesucht“, erklärte Albus und zuckte mit den Schultern, als wäre dies die einzig logische Antwort auf Rose’ doch so dämliche Frage. Die Brauen der Weasley wanderten noch höher in ihre Stirn, ihr Ausdruck steigerte sich in seiner Fragwürdigkeit, bis Alice schließlich weiter sprach. „Also ich hab dich gesucht und dabei hab ich Albus getroffen. Er hat mir erzählt, dass er Scorpius sucht und da dachten wir, suchen wir doch einfach zusammen.“

„Ach so“, antwortete Rose und war von der scheinbar fehlenden Cleverness der Beiden wirklich überrascht.

„Und ihr habt euch nicht vielleicht gedacht, dass...?“, begann Scorpius und beendete den Satz, in dem er auf Rose und sich deutete.

Als Antwort erntete das frische Paar nur verwirrte Blicke, worauf hin die Weasley hoffnungslos schnaufte.

„Oh“, ertönte es schließlich von Alice und sie verrollte überschwänglich die Augen, als sie sich an Albus wandte. „Sie wollten alleine sein.“

Auch bei dem Potter schien nun der letzte Knut gefallen zu sein und auch er betätigte sich derselben Geste wie Alice.

„Tut mir ja echt leid, Leute“, sagte er. „Aber daran zu denken, dass ihr beide alleine sein wollt, bedarf wohl einer längeren Eingewöhnungsphase als ein paar Tage.“ Er zuckte mit den Schultern und Rose verstand, dass ihre so genannten Freunde wohl nicht wieder vorhatten, zu verschwinden. Sie wechselte einen erneuten Blick mit dem Slytherin an ihrer Seite, der wohl auch zu verstehen schien, bevor sie sich ihren Gegenübern widmete.

„Also, was gibt es neues?“, begann sie, bevor ihr plötzlich etwas einfiel. „Ach, ihr werdet nicht glauben, was ich herausgefunden habe“, unterbrach sie Alice, die auf ihre erste Frage gerade antworten wollte und nun einen kleinen Schmollmund zeigte.

„Marcus Adlard ist gar nicht im Krankenflügel“, gab sie die, ihrer Meinung nach, sensationelle Nachricht preis und wartete gespannt auf die Reaktionen von Albus und Alice.

„Adlard war krank?“, war Albus’ Antwort, wobei von Alice nur ein zischendes „Was interessiert mich das?“ zu hören war.

„Ja Adlard war krank. Zumindest hat Scorpius das erzählt“, erklärte Rose und wo bei Albus das Interesse an ihrer Neuigkeit scheinbar wuchs, wuchs bei Alice nur das Interesse an ihren Fingernägeln.

Ach, auf Albus war verlass. Zumindest was solche Verschwörungstheorien anging...

„Rose“, seufzte Scorpius. „Das hat doch nichts zu bedeuten. Vielleicht ist er auch nur schon wieder draußen.“

„Nein“, entgegnete die Angesprochene. „Madam Pomfrey sagte, er wäre die letzten Tage überhaupt nicht hier gewesen.“

Gerade als der Potterspross unter ihnen etwas dazu sagen wollte, und Rose war sich sicher, dass es aus ihrer Sicht ein positiver Beitrag gewesen wäre, fiel Alice ihm in die noch nicht ausgesprochenen Wörter und sprang auf.

„Wie auch immer“, stöhnte sie theatralisch auf und schnappte sich Rose’ Handgelenk, die Beschwerde der Weasley ignorierend. „Wir müssen jetzt los. Sonst kriegen wir noch eine Strafarbeit aufgehalst. Obwohl das einigen von uns ja wirklich etwas gebracht hatte. Welch ein Wunder, wer hätte das gedacht. Vielleicht sollten wir öfter mal nachsitzen. ‚Finden den Traummann in einer Strafarbeit’, der neue Verkaufsschlager“, plapperte die Longbottom und zog Rose mit sich aus dem Raum, die den teils verdutzten, teils schmunzelnden Slytherins einen entschuldigenden Blick zu warf.
 

~
 

„Alice, manchmal bist du echt anstrengend“, seufzte Rose und ließ sich auf den großen Sessel im Gemeinschaftsraum fallen. Nachdem die Schwarzhaarige sie durch das halbe Schloss gezerrt und weiterhin von Strafarbeiten, Glückspilzen und Pechmariechen geredet hatte, fanden sie endlich ihr Ziel, den Gemeinschaftsraum der Gryffindors. Kaum hatten die beiden Siebtklässer den gemütlich warmen Raum betreten, schränkte Alice ihr Sprachpotential ein. Welch eine angenehme Abwechslung.

„Na und“, war die glorreiche Antwort der Longbottom und als Rose sich daraufhin ein Grinsen nicht verkneifen konnte, ließ auch Alice ein Schmunzeln erkennen.

Und Inmitten dieses breiten und allgegenwärtigen Gegrinse schwang zu dieser späten Stunde noch das Portrait auf und sowohl Alice als auch Rose wandten ihre Aufmerksamkeit auf den nächtlichen Wanderer.

„Hugo“, erkannte Rose den jungen Gryffindor schnell und dass ein Hauch Überraschung in ihrer Stimme mitschwang, konnte sie nicht verhindern. Der Jüngste in ihrer Familie war normalerweise niemand, der gerne und oft die Schulregeln brach. Er war zwar frech und humorvoll, dem Hang zur Sicherheit ging er jedoch häufiger nach, als einem möglicherweise anstehenden Abenteuer. Umso merkwürdiger war es auch, dass ausgerechnet Hugo Weasley sich nach Bettruhe noch draußen herum trieb. Noch merkwürdiger war es jedoch, mit welchem Gemüt er scheinbar noch in den Gängen herum geschlichen war. Nach seiner Mimik zu urteilen hatte er keine besonders gute Laune.

„Hugo, ist alles in Ordnung?“, fragte Rose nach einem kurzen Blickwechsel mit Alice, der die Übellaunigkeit des Weasleyjungen auch aufgefallen war.

„Alles bestens“, fauchte er, während er den Jungeschlafsaal ansteuerte, und Rose hob provozierend die Augenbrauen. „Hey, das war nur eine Frage.“

„Und das war nur eine Antwort“, gab Hugo in garstigem Ton zurück, worauf hin Rose von dem Sessel aufstand. Das wäre doch gelacht, wenn sie sich von ihrem kleinen Bruder so einen Ton bieten lassen würde.

„Jetzt halt mal die Luft an, ja?“, brummte Rose zurück und stemmte die Arme in die Seiten. „Wo ist dein Problem? Ich hab’ dich nichts getan!“

Kaum hatte Rose diese Worte ausgesprochen, blieb Hugo stehen und drehte sich mit wütender Miene zu ihr um.

„Nein, da hast du recht! Du hast ausnahmsweise mal nichts getan! Es geht nämlich nicht immer nur um dich, weißt du?“, rief der Jüngere und unwillkürlich fiel Rose’ Angriffshaltung, um ihren Bruder verwirrt anzublinzeln.

„Was? Aber, was soll das denn heißen?“, stammelte sie.

„Das soll heißen, dass sich nicht immer alles um dich dreht! Ich hab auch ein Leben, aber das versteht ja keiner, weil ich nur ‚der kleine Bruder von Rose bin’!“ Hugos Stimme verlor nicht an Lautstärke, sondern gewann viel mehr noch an Wut.

„Du spinnst doch!“, stieß Rose aus und schüttelte zur Bekräftigung ihrer Aussage den Kopf. Auch Alice hatte schon die Augenbrauen zu einer skeptischen Maske zusammen gezogen, während sie die hitzige Diskussion verfolgte.

„Nein!“, rief Hugo und die beiden Mädchen wechselten einen schnellen Blick. Welche Acromantula hatte den denn bitte gebissen?

„Niemand hört mir zu! Immer geht es nur um dich, weil du so schlau und toll bist! Marcus hat gesagt, dass es so kommen wird. Er hat dich durchschaut!“

Rose blinzelte ihm entgegen, völlig überfordert mit Hugos Worten und seinen Anschuldigungen, die so unerwartet kamen. Völlig überfordert mit der ganzen Situation.

„Aber das stimmt doch gar nicht, es ist...“, begann Rose und die Worte ihres Bruders hallten in ihren Ohren wider, bis Alice’ Stimme sie aufhorchen ließ: „Hast du gerade Marcus gesagt?“

Rose’ Blick huschte zu Alice und wieder zurück zu Hugo.

„Hugo?“, hakte Rose auf Alice’ Frage nach, worauf hin der junge Gryffindor nur trotzig nickte.

„Marcus Adlard?“, fragte sie weiter und ein weiteres Nicken bejahte ihre Frage. Sie hörte Alice nach Luft schnappen und Rose selbst blinzelte ein paar Mal, um das Gehörte nun wirklich zu verarbeiten.

„W-was hast du... ich meine, warum hast du mit ihm geredet? Was hattest du mit Adlard am Hexenhut?“, sprach sie schließlich die wenigen Fragen unter den viel zu vielen in ihrem Kopf aus.

Alice richtete sich langsam auf, während Hugo seine Arme enger um seinen Körper presste, seine Trotzhaltung verstärkte. Er trat von einem Bein auf das andere, bevor er antwortete. Und dass Rose, sowie Alice bei diesen nächsten Worten beinahe die Luft im Halse stecken blieb, war wohl kaum verwunderlich.
 

„Er war mein Freund.“

Irgendwo dazwischen

Jay, endlich ein neues Kapitelchen:D Ich konnte es ja selbst kaum erwarten, hihi. Aber es ist so weit und dieses Mal möchte ich euch wirklich nicht weiter auf die Folter spannen, sondern einfach nur viel Spaß wünschen. Also: Viel Spaß:D
 

Eure Schnie <3
 


 

Kapitel 10:     Irgendwo dazwischen
 

„Er war mein Freund.“
 

Rose’ klappte förmlich der Mund auf. Das konnte doch jetzt nur ein schlechter Scherz sein.

Alice rührte sich nicht mehr, sie stand einfach nur noch da wie eine sehr alte Statue. Ohne Dynamik, ohne Leben. Außer ihre Augenbrauen, die bewegten sich beinahe schon in Zeitlupe immer höher in ihre Stirn.

Die Weasley räusperte sich. „Was genau meinst du mit Freund?“, fragte sie und ihre Augen verengten sich automatisch. „Und warum war er es? Was ist passiert?“

Es war einfach viel zu unglaublich und verwirrend. Wie konnte sie, Hugos eigene Schwester, davon nichts mitbekommen haben? Okay, sie hatte in letzter Zeit wirklich einiges um die Ohren und wurde möglicherweise durch gewisse Entwicklungen etwas abgelenkt. Aber war sie denn so blind gewesen? Hugo und Adlard? Das klang mehr als absurd. Es klang einfach... unmöglich. Was wollte Hugo denn von diesem Schleimbeutel?

„Er war eben einfach mein Freund!“, platzte der Jüngste heraus und seine Stimmlage hob sich etwas.

„Also ihr habt mal Zauberschach gespielt und ab und zu zusammen gelernt?“, hakte Rose nach. Sie brauchte mehr Informationen! Freund, Freund, Freund! Ein Freund konnte alles Mögliche sein, je nach dem wie man es definierte.

„Nein, er hat mir zugehört und mit mir geredet!“, antwortete Hugo. „Er hat mir bei meinen Problemen geholfen und mich beim Lernen unterstützt. Wir haben einfach nur geredet! Und jetzt, jetzt ist er weg!“ Seine Stimme wurde immer lauter, je mehr er sich dem Ende seiner Erzählung näherte, sodass er nun beinahe schon schrie. „Und das ist alles nur ihre Schuld!“, fauchte er schließlich und deutete mit ausgestrecktem Arm auf Alice, die ihre Starre augenblicklich noch mehr verhärtete.

„Spinnst du?“, rief Rose zurück und Hugo hielt ihrem wütenden Blick mit gleichem Effekt stand.

„Es ist alles ihre Schuld“, wiederholte er sich und seine fieberhaften Augen huschten zu Alice. Es war beinahe unheimlich, wie der Weasley dastand. So wütend, dass er fast schon zitterte, und seine Augen drückten zugleich eine solch große Traurigkeit und Verletztheit aus, als wären er und Marcus Adlard wirklich Freunde gewesen. Als hätte dieser Marcus Adlard Hugo tatsächlich etwas bedeutet. Aber das konnte doch nicht sein, oder? Warum hatte Rose davon nichts mitbekommen?

„Das ist völliger Unsinn“, mischte sich nun auch Alice ein, doch ihre Stimme klang nicht so stark, wie sie vielleicht gehofft hatte. Zwar hatte die Longbottom mit diesem Slytherin abgeschlossen, doch Rose wusste, dass ihr dieses Thema immer noch sehr nachging. Erst Recht in einer solchen Situation.

„Ihr habt doch überhaupt keine Ahnung“, zischte Hugo, ballte die Hände zu Fäusten, warf den beiden Mädchen noch einen fuchsigen Blick zu und verschwand schließlich die Treppen zum Jungenschlafsaal hoch.

„Hey, wir sind hier noch nicht fertig!“, rief Rose ihm nach, doch sie hörte schon das laute Scheppern der Tür, die ins Schloss fiel.

Mit einem langen Stöhnen wandte sie sich an Alice, die sie mit großen Augen ansah.

„Das ist doch völliger Unsinn, oder?“, fragte die Schwarzhaarige unsicher und Rose war sich nicht sicher, was sie darauf antworten sollte.
 

~
 

Die ganze Nacht hatte Rose kein Auge zugemacht. Ständig schwirrten ihr Bilder von Hugo und Marcus Adlard im Kopf herum, wie sie zusammen sitzen und über einen Witz lachen. Konnte Adlard überhaupt über einen Witz lachen? Er machte jedenfalls nicht gerade den Eindruck, als würde er sich an jeder noch so dämlichen Pointe amüsieren, ganz im Gegenteil. Vielleicht musste man ihn einfach besser kennen, um mit ihm Spaß zu haben? Aber Alice kannte ihn besser und im Nachhinein hatte sie die Beziehung zu ihm auch nicht sehr positiv bewertet. Sogar Albus und Scorpius sagten, dass Marcus ein merkwürdiger Kerl war. Okay, Hugo war auch immer schon etwas merkwürdig gewesen, aber dass Rose -seine Schwester- dieser Ansicht war, konnte man doch schon beinahe als normal bezeichnen. Geschwisterliebe eben. Geschwisterliebe, die sich jetzt in einen Haufen wütenden Blicke und murrender Beschimpfungen verwandelt hatte. Und das, wo Hugo doch sonst immer der Spaßvogel der Familie war. Es passte einfach nichts zusammen, egal wie die Weasley es drehte und ihre anfängliche Vermutung, dass mit diesem Marcus etwas stimmte, wuchs zu einem schmerzlichen Verdacht. So schmerzlich, dass sie diesen natürlich gleich Jemandem mitteilen musste. Zwei Jemanden, um genau zu sein...
 

„...und dann meinte er, sie hätten geredet und Adlard hätte ihm bei seinen Problemen geholfen“, erzählte Rose nun schon zum vierten Mal und auch zum vierten Mal nickte Albus begierig, wohingegen Scorpius zum vierten Mal nur belustigt die Augen verdrehte.

Sie hatte die Beiden auf dem Weg zum Frühstück abgefangen, um noch mit ihnen reden zu können, bevor sie die Große Halle betraten. Bis zur ersten Pause oder gar erst bis zum Mittagessen hätte sie es nie im Leben ausgehalten. Sie brauchte jemanden, der ihre Verdächtigungen unterstützte und da Alice immer so tat, als könnte sie Rose nicht hören, sobald diese mit dem Thema anfing, musste sie sich eben jemand anderen suchen; jemand, der nicht auf emotionale Weise in diese ganze Sache verstrickt war. Und wer käme da besser in Frage, als zwei verlogene Slytherins, von denen der eine ihr bester Freund und der andere ihr fester Freund war? Eben, scheinbar perfekte Ansprechpartner. Allerdings nur scheinbar, denn wo Albus förmlich an Rose’ Lippen hing und sich mit ganzem Herzen an dieser Verschwörungstheorie beteiligte, ließ es Scorpius unberührt. Er spazierte nur stumm neben ihnen her und gab, mit viel Glück, ab und an ein Grunzen von sich. Rose wusste zwar nicht, was dieses Grunzen genau bedeutete, aber sie war sich ziemlich sicher, dass es nicht sein maßloses Interesse an ihren Theorien ausdrückte.
 

„Ich glaube, du steigerst dich da in etwas hinein“, bestätigte der Malfoy schließlichihre Gedanken. Rose blinzelte ihn etwas ungläubig an, doch er sprach einfach weiter. „Wer weiß, was mit Marcus los ist und warum er wirklich nicht mehr hier ist. Vielleicht ist etwas in seiner Familie passiert und er musste frühzeitig abreisen? Hugo ist vermutlich einfach nur traurig.“ Seine blauen Augen huschten zur Tür der Großen Halle, die sich mit ihren Schritten mehr und mehr näherte, bevor er sich wieder Rose zuwandte.

Einfach nur traurig sah er aber nicht gerade aus“, erwiderte sie und erinnerte sich an seine wütenden Mimik. Nein, einfache Traurigkeit war das nicht. Es war ausgewachsener Zorn und Rose konnte sich keinen Reim darauf bilden.

„Wie geht es jetzt eigentlich Alice?“, fragte Albus und Rose zuckte nur müde mit den Schultern.

„Sie hat bisher nicht viel dazu gesagt, aber das ist ja auch kein Wunder. Sie war gerade über ihn hinweg und dann kommt so was. Das hat sie ein großes Stück zurück geworfen“, erklärte sie und blieb schließlich vor der Großen Halle stehen. Von drinnen drang schon der Geruch von Kaffe, Brötchen und gebratenen Eiern in ihre Nase und automatisch knurrte ihr Magen. Albus nickte auf ihre Antwort und auch sein Blick huschte in die Große Halle.

„Sie packt das schon“, sagte er und wandte sich mit einem Lächeln wieder an Rose.

„Ja, ich weiß. Es ist auch nicht Alice, um die ich mich sorge. Im Moment geht es mir eher um Hugo, er sah gestern wirklich fertig aus“, sagte sie. „Wenn ich doch nur wüsste, über was sie geredet hatten. Ich glaube kaum, dass sie nur über Hausaufgaben und über Hugos Problemchen geplaudert haben. Ich würde so gerne mit Hugo darüber sprechen, aber heute Morgen hat er mich nicht einmal angesehen, als er zum Frühstück ging.“ Sie seufzte und gerade als sie weiter reden wollte regte sich neben ihr plötzlich Scorpius. Ihr Blick wanderte zu ihm und sie erkannte, wie aus seiner teils gelangweilten, teils belustigten Mimik eine eisige Maske wurde.

„Ich muss los“, sagte er mit harter Stimme und bevor er sich in Richtung Großer Halle bewegte, flüsterte er Rose noch ein „Wir sehen uns später“ zu. Die Weasley sah ihm mit großen Augen und noch immer geöffnetem Mund hinter her und sie beobachtete, wie er sich einer kleinen Gruppe Slytherins anschloss, die scheinbar gerade an ihnen vorbei gegangen waren, um ebenfalls zum Frühstück zu gehen. Er wurde von ihnen begrüßt und stimmte sofort in ihr Lachen ein.

„Aber...“, wollte Rose noch einwenden, doch Scorpius hörte sie schon gar nicht mehr, als er sich mit den Slytherins einen Platz am Slytherintisch suchte. Sie starrte ihm hinterher, als hätte er sich gerade in ein rosa Einhorn verwandelt. Er hatte ihr noch nicht einmal Zeit gegeben, etwas zu erwidern. Hatte sie einfach hier stehen lassen, war einfach abgehauen. Zu seinen Freunden. Okay, sie hatten vereinbart ihre Beziehung geheim zu halten und seine Bedenken und Befürchtungen gegenüber seinem Vater könnte Rose vollends nachvollziehen. Er wollte vermeiden, dass ihre Mitschüler erneut auf falsche Gedanken kamen. Wobei diese Gedanken ja noch nicht einmal falsch waren, sondern einfach nur geheim.
 

Albus holte sie aus ihren Gedanken, indem er ihre Schulter berührte.

„Nimm es nicht so schwer“, sagte er und als Rose mit gehobenen Augenbrauen ein nicht ganz glaubhaftes „Mh?“ lauten ließ, nickte Albus mit gestrecktem Kinn zu seinem besten Freund.

„Du weißt genau, was ich meine“, sagte er und auf seine Lippen schlich sich ein altkluges Grinsen. „Du hast dich mit dem Slytherin eingelassen, Rosie“, sprach er weiter und lehnte einen Arm um ihre Schultern, bevor sie zusammen in die Große Halle traten. „Du hast dich auf das Abenteuer eingelassen, also musst du auch sehen, wie du den Slytherin bändigst.“ Er grinste sie an und Rose verdrehte belustigt die Augen.

„Sehr weise, Al.“ Sie kniff ihm in die Seite, bevor auch der Potter sich seinem Haustisch zuwandte und Rose dem ihren. Ihr Blick wanderte noch zurück, zu dem blonden Slytherin am Slytherintisch voller Slytherins. Er erwiderte ihren Blick für einen Moment, bevor er sich wieder den Umsitzenden zuwandte. Und Rose wandte sich den Gryffindors zu. Am anderen Ende des Raumes.
 

~
 

Langsam tanzten die einzelnen Schneeflocken durch die feine und eisige Brise, die draußen ihre Kreise um Türme und Baumkronen zog. Doch die Zeit war noch nicht kalt genug, sodass die Flocken langsam und gemächlich zu winzigen Tropfen verpufften, kurz bevor sie die Fensterbank berührten. Sie glitzerten in der abendlichen Dunkelheit wie kleine Sterne, die vom Himmel fielen, die Erde jedoch nie erreichen würden.

Rose saß in der Bibliothek und während sie immer noch die Feder in ihrer Hand hielt starrten ihre Augen aus dem Fenster, beobachteten den weißen und eisigen Niederschlag, statt sich auf das Buch vor ihr zu richten. Seit heute Morgen hatte sie nicht mehr mit Scorpius gesprochen. Immer, wenn sie ihn irgendwo sah, war er umringt von Slytherins, bei denen sie sich nicht hätte blicken lassen dürfen. Nach dem Unterricht entdeckte sie ihn mit Albus und zwei anderen Jungen, wie sie zusammen durch die Gänge schlenderte. Und nach dem Abendessen sah sie ihn warten, vermutlich auf sie. Doch sie schlug einen anderen Weg ein, um ihm nicht zu begegnen. Sie wollte wütend auf ihn sein, ihn anzicken und ihm eine Szene machen, dass er sie einfach so stehen ließ und sich nicht um sie scherte. Doch sie konnte es nicht. Die Wut war zwar da, aber irgendetwas in ihr hielt sie zurück, sodass sie nicht ausbrechen konnte. Dann waren da noch diese Traurigkeit und diese Enttäuschung, die sie immer wieder, wie plötzliche Herzschläge, überkamen. Das Merkwürdige daran war jedoch, dass neben diesen ganzen negativen Gefühlen, der Wut, der Traurigkeit und der Enttäuschung, kein Zweifel bestand. Sie wusste genau, was sie tat. Theoretisch war sie glücklich. Doch nur die Theorie genügte ihr nicht.

Sie wollte mehr, so viel mehr.

Die wenigen Stunden, die sie mit Scorpius verbrachte, genoss sie in vollen Zügen. Sie lachten zusammen, alberten herum und küssten sich, knutschten wild. Sie waren einfach ein Paar. Ein Paar, in diesen wenigen Stunden, die sie zusammen verbrachten.

Und in den anderen Stunden? Da waren sie ein Slytherin und eine Gryffindor. Mehr nicht.

Und was ergab dies nun im Ganzen? Ein Paar? Kein Paar? Nichts passte; es war einfach irgendetwas dazwischen. Mal so, mal so.

Sie verstand die Bedenken von Scorpius und als das Alles begann, war sie über seine Entscheidung auch erleichtert, zumindest in irgendeiner Weise. Schließlich hielt sich ihre Freude auch zurück, ihren Eltern davon zu berichten, dass sie eine Beziehung mit einem Malfoy führte. Doch inzwischen war einige Zeit vergangen und wo zu Anfang diese Geheimnisse und Versteckspielchen noch interessant und aufregend waren, begannen sie nun zu stören. Sie wollte ihn nicht nur mal hier und mal da sehen, sich in einem alten, verstaubten Klassenzimmer verstecken. Sie wollte seine Hand halten, wenn sie zur Großen Halle gingen, sie wollte ihn küssen, wenn sie ihn auf dem Weg zum Unterricht traf. Sie wollte eine richtige Beziehung. Und zwar mit ihm.

Ihr Blick hing immer noch an den weißen Flocken, die draußen herumwirbelten. Der Winter entfaltet Tag für Tag mehr seine volle Pracht und auch Weihnachten würde bald wieder ganz Hogwarts einnehmen, was wiederum bedeutete, dass auch die alljährliche Weihnachtsfeier von Hogwarts wieder anstand. Es war kein großes Fest, sondern einfach nur die Möglichkeit für Schüler und Lehrer zusammen das Weihnachtsfest zu feiern, bevor sie alle zu ihren Familien reisten. Wie gesagt, kein großer Ball oder eine wilde Party, aber man ging üblicherweise zu zweit. Mit einem Partner, einem Date, einem Rendez-vous, einem Freund, einer Verabredung; wie auch immer man es nennen wollte. Rose mochte die Weihnachtszeit und sie mochte auch die Feier, vor allem den Honigkuchen. Doch merkwürdigerweise beschlich sie das Gefühl, dass sie dieses Jahr nicht einmal der Honigkuchen vor einem miesen Weihnachten retten könnte.

Und das alles nur wegen diesem Malfoy. Diesem einen Malfoy.

Aber was war daran nur so verkehrt? An diesem Malfoy? Würde es denn etwas an ihm, an seiner Persönlichkeit, an seinem Charakter, an seinem Humor und seiner –tatsächlich vorhandenen- Herzlichkeit ändern, wenn er einen anderen Namen trüge? Nein, er wäre immer noch derselbe. Und obwohl Rose zu Beginn noch Angst davor hatte, ihrer Familie, vor allem ihrem Vater, von Scorpius und ihr zu erzählen, so war es ihr inzwischen gleich. Bei den Weasleys war es schließlich nicht gerade üblich, jemanden wegen falscher Partnerwahl aus dem Stammbaum zu verbannen. Allerdings wusste sie auch, dass es in der Familie Malfoy anders aussah.

Sie seufzte schwer.

Warum musste sie ihr Herz auch ausgerechnet an einen Malfoy verschenken? Hätte es nicht ein Roger, Brown oder Smith sein können?
 

„Weißt du es hilft, das Buch beim Lesen auch anzusehen“, ertönte eine Stimme und ohne den Blick von dem Fenster zu wenden, wusste Rose, wer gesprochen hatte. Wie sagte man doch so schön? Wenn man vom Dementor spricht? Na ja, so ähnlich...

Sie brachte ein Lächeln zu Stande und drehte sie sich schließlich auf ihrem Stuhl zu Scorpius um, der mit den Händen in den Hosentaschen an einem hohen Bücherregal lehnte und sie, unverschämt gut, angrinste.

„Du solltest vorsichtig sein, es könnte uns jemand miteinander reden sehen und glauben, wir hätten ein wilde und schmutzige Affäre“, sagte sie, obwohl sie genau wusste, dass in diesem hinteren Teil der Bibliothek, in dem sie sich befanden, um diese Uhrzeit keine Menschenseele mehr zu finden war.

Er trat ein paar Schritte auf sie zu und als er sich auf einem Stuhl neben ihr fallen ließ, sagte er: „Haben wir das denn?“

Rose lachte auf und antwortete ein, möglicherweise etwas zu entschieden klingendes, „Nein“. Zwar bildeten seine Lippen immer noch dieses unverschämt gutaussehende Lächeln, aber in seinen Augen spiegelte sich eine gewisse Reue wider.

„Ich weiß“, seufzte er und Rose blinzelte etwas perplex.

„Es tut mir leid, dass ich heute morgen einfach so abgehauen bin“, sagte er und als er ihr überraschtes Gesicht sah, fügte er noch ein „Albus hat es mir erzählt“ hinzu, woraufhin Rose die Augen verdrehte. Slytherin bleibt nun einmal Slytherin.

Scorpius berührte ihr Haar und lächelte müde. „Es ist nur so, dass ich jedes Mal befürchte mich in deiner Nähe auch nur mit einem Blick zu verraten. Dass mir eben jeder direkt ansieht, wie sehr ich auf dich stehe.“

Die Weasley schloss für einen Moment die Augen und genoss seine Berührung, bevor sie ihm antwortete: „Du alter Schleimbeutel.“

Er lachte und zerzauste ihre sowieso schon durcheinander geratenen Haare, bevor er sie mit einer leichten Bewegung näher zu sich zog und sie in einen fiebrigen Kuss einhüllte.
 

„Vielleicht kann ich mich ja verkleiden“, sagte Rose und grinste verschwörerisch.

Nachdem sie sich voneinander gelöst hatten, sich wieder küssten und wieder voneinander lösten, saßen sie nun immer noch in der schwach beleuchteten Bibliothek. Rose hatte ihre Füße auf Scorpius’ Beine gelegt, der diese mit einer Hand festhielt und sich mit der anderen lässig auf dem Tisch abstützte. Sogar wenn er einfach nur dasaß, sah er gut aus. Eine Unverschämtheit.

„Was meinst du?“, fragte er und hob belustigt eine Augenbraue.

„Na ja, wenn ich mich als jemand anderes verkleide können wir auch in der Öffentlichkeit zusammen sein.“

Er lachte laut auf, doch eine gewisse Traurigkeit schwang in diesem eigentlich fröhlichen Ton mit. „Nicht, wenn sich dein Verkleidungstalent seit Halloween nicht verbessert hat“, antwortete er und Rose’ Augenbrauen zuckten in ihrer Stirn. „Scheinbar hat dir aber mein Kostüm gefallen“, sagte sie und funkelte ihn an.

„Allerdings“, grinste er schief.

Es entstand eine kurze, sehr angenehme Stille, in der jeder seinen eigenen Gedanken, Gefühlen und Wünschen nachging, bis Rose laut seufzte und sich durch ihr Haar fuhr.

„Was ist?“, hakte Scorpius nach, als sie kein weiteres Kommentar dazu höre ließ, und Rose zuckte etwas steif mit den Schultern.

„Warum können wir nicht einfach... Ich meine“, begann sie, wusste jedoch nicht die richtigen Worte zu finden. „Wir können es doch einfach versuchen, einfach darauf anlegen. Was kann schon passieren?“

Scorpius’ Blick wurde beinahe schon gequält. „Rose, das geht nicht. Mein Vater-“, doch sie unterbrach ihn: „...wird dich schon nicht umbringen.“ Sie erntete von dem Malfoy nur einen vergnügten Blick. „Du weißt aber schon, wer mein Vater ist, oder?“, fragte er belustigt und Rose verdrehte grinsend, jedoch nicht entmutigt, die Augen. „Ja, okay. Er wird dich vielleicht tagelang in den Keller sperren, dich nur mit Wasser und Brot versorgen, dich von dem großen Malfoyreichtum enterben und dir wahrscheinlich auch noch nach seinem Tod als Geist das Leben schwer machen“, sagte sie und winkte lässig ab. „Aber jetzt mal ehrlich, du solltest dich nicht so anstellen“, endete sie schließlich und grinste frech. Er stimmte in ihr kleines Lachen mit ein und ließ den Kopf in den Nacken fallen. „Wie ich sehe, hast du die Situation ziemlich genau erfasst“, sagte er und strich mit seiner warmen Hand sanft über ihren Knöchel.

Na gut, Scorpius’ Vater würde wahrscheinlich nicht annähernd so heftig reagieren, doch wesentlich fröhlicher würde er wohl auch nicht sein. Trotz allem wollte Rose aber noch nicht aufgeben.

„Jetzt mal im Ernst, Scorpius. Was könnte er schon tun?“, begann sie erneut und fuhr etwas zögernder fort. „Wenn wir zum Beispiel nächstes Wochenende zusammen... nun ja, nach Hogsmeade gehen würden?“ Sie senkte ihren Blick etwas, aber behielt seine Reaktion trotzdem genau im Auge. Erwartend erkannte sie, wie sich trotz seines Seufzens ein Grinsen auf seinen Lippen schlich. Er wanderte mit seinen Fingerspitzen von ihrem Knöchel weiter zu ihrem Schienbein. „Wollen wir jetzt wirklich über meinen Vater reden?“, fragte er mit rauer Stimme und seine blauen Augen fixierten ihre, während er mit seiner zärtlichen Berührung weiter ihr Bein herauf strich. Seine Finger fühlten sich sogar auf ihrer Strumpfhose, die sie unter ihrer Uniform trug, unglaublich warm an. Beinahe glühend heiß, jedoch nicht so heiß, dass sie befürchtete gleich zu verbrennen. Wobei das doch auch irgendwie zutreffend war. Denn für einen Moment herrschte in Rose ein kleiner Kampf. Seine Berührungen, waren sie auch noch so hauchzart und winzig, raubten ihr gerade zu den Atem und etwas in ihr verlangte nach mehr. Doch dann waren da auch noch diese Fragen und Unklarheiten. Und schließlich hob sie ihre Füße vorsichtig von seinem Schoß, bevor sie seufzte.

„Scorpius“, sagte sie und tadelte ihn mit einem Schmunzeln. „Natürlich will ich nicht über deinen Dad reden. Ich will über das Hogsmeadewochenende reden, über uns. Geh mit mir nach Hogsmeade. Nur dieses eine Mal.“ Es war kein Befehl, kein Verlangen oder Flehen. Es waren einfach nur ein paar Worte der Hoffnung. Verschwindender Hoffnung.

Der Malfoy schloss für einen Moment die Augen und fuhr sich durch sein blondes Haar, ehe er näher an Rose heranrückte. Er wirkte unruhig und in seiner Bewegung verhärtet, als er ihre Hand in seine nahm, zuerst sanft und dann etwas drückte. Ihre Blicke trafen sich und obwohl auf seinen Zügen ein leichtes, kaum erkennbares Lächeln lag, wirkten seine Augen beinahe zerrissen. Innerlich zerrissen. Die Augen waren der Spiegel der Seele, oder? Wie wahr.

„Ich kann nicht, Rose.“
 

~
 

„Ich hasse Hogsmeadewochenenden“, murrte die Weasley und trat einen Kieselstein aus dem Weg.

„Seit wann denn das?“, fragte Alice und schielte unter ihrer zu großen Mütze zu Rose herüber.

„Rate mal“, flötete diese nur und vergrub sich in ihrem dicken Schal.

Welch eine Ironie, dass sich, trotz dieser plötzlichen Abneigung gegen das beliebte, kleine Dorf, besagte Weasley und auch besagte beste Freundin gerade auf dem Weg nach Hogsmeade befanden. Dick in Schal, Mütze und Mantel gehüllt eilten sie mehr oder wenig über den Weg, um schnellst möglich ihre Einkäufe zu erledigen und sich anschließend im Drei Besen einzunisten. Die kalte Winterluft zog scharf um ihre Körper und den dichten, grauen Wolken nach zu urteilen würde es heute sicherlich noch das ein oder andere Mal schneien.

„Alice, du hast mindestens zweidutzend Kleider, warum also musst du dir für dieses blöde Weihnachtsfest noch ein neues kaufen?“, klagte Rose, als die beiden Gryffindors die Einkaufsstraße von Hogsmeade erreichten und die Longbottom sofort den nächsten Kleiderladen ansteuerte. Die Angesprochene zuckte nur mit den Schultern und schenkte Rose ein breites, alles erklärendes Lächeln, das so viel sagte wie: Ich bin ein Mädchen. Eine schlichte und, Rose musste zugeben, wirklich einleuchtenden Erklärung. Sie seufzte als sie den Laden betraten und wenn es irgendwie möglich gewesen wäre, hätte sie dieses Seufzen wohl den ganzen Einkauf über nicht abgelegt. Alice probierte wahrscheinlich jedes Kleid in diesem Laden an und Rose beantwortete jede ihrer „Wie sehe ich aus“ - Fragen mit einem „Toll“. Ob rot, grün, schwarz, blau, weiß, violett, gestreift, kariert, gepunktet, zu groß, zu klein, modern oder altmodisch; Alice hatte alles anprobiert und schließlich ging sie – ja, tatsächlich- mit leeren Händen hinaus.

„Es ist nicht zu fassen“, stöhnte sie und raufte sich ihre schwarze Lockenpracht.

„Allerdings“, knurrte Rose und warf Alice einen strafenden Blick zu, den diese jedoch gar nicht wahrnahm, da sie zu sehr damit beschäftigt war, über ihr Leid zu klagen.

Als die Beiden schließlich und endlich das Drei Besen erreicht hatten, Alice immer noch jammernd und Rose immer noch genervt, umhüllte sie schnell und stickig die warme Luft im Innern des Gasthauses und sofort entspannten sich die Mädchen etwas. Alice ließ für einen Moment von ihrem tragischen Schicksal ab und widmete sich der Bestellung zweier Butterbier, während Rose ihren Mantel öffnete und sich nach einem freien Platz umsah. Böser Fehler, denn natürlich fiel ihr Blick als erstes auf einen Tisch in ihrer Nähe, an dem niemand anderes saß, als Scorpius und Albus – natürlich in Begleitung einiger Slytherins, unter anderem auch Nathalie Collister, die ihre blonde Mähne schüttelte. Der Potter unter ihnen entdeckte die Weasley und winkte ihr mit einer schlichten Handbewegung und einem breiten Grinsen zu. Sie erwiderte das Grinsen flüchtig und hob die Hand, um ihm zurückzuwinken. Ihre Augen huschten über den Tisch und blieben an Scorpius hängen, dessen Mundwinkel kurz nach oben zuckten und dessen Blick sie regelrecht zu durchbohren schien. Doch sie reagierte nicht auf seine Mimik, sondern wandte sich einfach nur von ihm und den Slytherins ab, um Alice das Butterbier abzunehmen und mit ihr nach einem freien Tisch zu suchen. Sie hatten sich an jenem Abend in de Bibliothek nicht wirklich gestritten, doch seitdem war die Stimmung irgendwie angespannter. Vor allem in der Öffentlichkeit. Rose wusste, dass Scorpius sich bemühte, sie nicht zu sehr zu ignorieren, doch er durfte sie auch nicht zu sehr nicht ignorieren. Es war alles furchtbar kompliziert und schwer und irgendwie schrecklich. Es war kompliziert, das alles zu verstehen und zu akzeptieren, es war schwer ihn zu sehen und nicht berühren oder küssen zu dürfen und es war irgendwie schrecklich ihn zu beobachten, wie er seinen Alltag lebte. Ohne sie. Doch Albus hatte Recht gehabt, sie hatte sich mit dem Slytherin eingelassen und dem würde sie auch standhalten. Weshalb sie es auch auf keinen Streit angelegt hatte. Sie wollte beweisen, dass sie eine echte Weasley war, die mit komplizierten, schwierigen und irgendwie schrecklichen Situationen fertig wurde und diese meisterte. Auch wenn ihr die Tatsache, eine Weasley zu sein, gerade zum Verhängnis wurde.
 

„Er starrt dich an“, sagte Alice nach einer Weile der Stille und nippte an ihrem Butterbier.

„Wer?“, fragte Rose skeptisch und die Longbottom verrollte die Augen. „Wer schon? Dein Slytherin natürlich.“ Sie deutete auf etwas, das sich hinter Rose befand, doch die Weasley rührte sich nicht, um ihrem Blick zu folgen. Es war schließlich kein Zufall, dass sie mit dem Rücken zu einem gewissen Jemand saß. Rose seufzte und strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr, während sie etwas unbehaglich auf ihrem Stuhl herumrutschte.

„Ehrlich?“, hakte sie nach und Alice nickte nur grinsend. Na super, jetzt machte er sie auch schon ganz nervös, wenn sie ihn noch nicht einmal ansah.

„Und jetzt? Immer noch?“, fragte sie erneut und Alice’ Grinsen wurde breiter. „Ja, immer noch“, antwortete die Schwarzhaarige und Rose konnte förmlich sehen, wie viel Spaß es ihrer besten Freundin machte, sie so zu ärgern. Es entstand ein gewisser Schalk in ihren dunklen Augen, der regelrecht glitzerte. Man könnte jetzt eigentlich sagen, dass die Longbottom damit sehr hübsch und keck aussah, was womöglich auch der Fall war. Doch Rose wollte sich diese Tatsache im Moment nicht wirklich eingestehen.

„Du bist fies“, grummelte Rose in ihre Tasse und entlockte Alice somit ein helles Lachen. „Und du bist süß“, kicherte sie, fügte jedoch noch ein weniger fröhlicheres „Und dämlich“ hinzu.

„Warum?“, beschwerte sich Rose und zog die Augenbrauen zusammen.

„Weil du dich an Kleinigkeiten störst“, antwortete Alice und ließ die Weasley in ihrer erneuten Beschwerde gar nicht erst zu Wort kommen. „Lass ihm doch einfach etwas Zeit. Vielleicht kommt er dann ja irgendwann selbst auf die Idee, es seinem Vater zu sagen.“

Rose räusperte sich. „Ja, irgendwann. Und dann habe ich eine Schar ehemaliger Todesser am Zauberstab hängen. Oder, was noch schlimmer ist, ein ganzer Haufen Rotschöpfe, alias die Weasleys“, sagte sie mit betont gleichgültiger Stimme und Alice brach in schallendes Gelächter aus, worauf hin auch Rose nicht anders konnte, als in ihre Fröhlichkeit einzustimmen. Die Vorstellung, dass eine Menge weißblonder Malfoys und eine Menge rothaarige Weasleys zusammen aufmarschierten, um gegen die Beziehung ihrer Kinder zu wettern, war wirklich ulkig.

Gerade versuchte Rose ihr Lachen wieder unter Kontrolle zu bringen um ohne Gefahr etwas von ihrem Butterbier zu trinken, als Alice plötzlich ganz verstummte und ihre Augen sich wieder auf etwas hinter Rose hefteten.

„Oh, es tut sich etwas“, flüsterte sie schnell und vor lauter Aufregung hätte sich Rose beinahe an ihrem Butterbier verschluckt. Gerade noch so konnte sie sich daran hindern, sich doch noch umzudrehen. „Was? Was tun sie?“, fragte sie leise und ihre Stimme klang etwas hoch.

„Sie gehen“, antwortete Alice und trank, möglicherweise etwas zu bemüht unauffällig, aus ihrer Tasse. „Oh, nein doch nicht. Er kommt her“, sprach sie weiter und Rose quiekte überrascht auf. „Was?“

Jetzt wusste sie, was Scorpius damit meinte, er würde sich auch nur durch einen Blick verraten, wenn sie zusammen wären. Rose konnte sich kaum vorstellen, sich normal zu verhalten, wenn er neben ihr stand und sie mit diesen verflucht blauen und verführerischen Augen ansah.

Doch Alice befreite sie. „Nicht er. Albus“, sagte sie und nickte in dieselbe Richtung, in der die Slytherins eben saßen. Der Überraschung nachgebend, wandte sich Rose schließlich doch um und da stand der Potter auch schon neben ihnen, der mit dem typischen Pottergrinsen von der einen zur anderen strahlte. „Na Mädels“, sagte er und lehnte sich lässig an ihren Tisch.

Rose’ Blick huschte über ihre Schulter und sie erkannte, wie sich die Slytherins inklusive Scorpius von dem Tisch erhoben und die Tür ansteuerten. Der Malfoy warf ihr noch einen Blick zu, den sie mit einem winzigen Lächeln erwiderte, bevor er schließlich durch die Tür verschwand.

„Was gibt’s Al?“, frage Alice gerade, als Rose sich wieder den Beiden zuwandte und Albus ließ sich auf einem Stuhl nieder. Er rückte etwas näher an den Tisch heran und sah beinahe prüfend über seine Schultern, bevor er mit leiser und äußerst mysteriöser Stimme zu sprechen begann. „Es geht um Adlard. Ich muss euch unbedingt etwas zeigen.“
 

Natürlich ließen sich Rose und Alice solch ein mysteriöses Angebot nicht zweimal anpreisen, weshalb die Mädchen sofort ihre Butterbiere bezahlten und zusammen mit Albus aus dem Gasthaus in die eisige Kälte nach draußen traten.

„Jetzt sag schon, was ist los?“, drängte Rose, während sie neben ihrem Cousin den Weg zum Schloss einschlug. Die scheinbar neu aufkeimende Verschwörung war gerade zu die perfekte Ablenkung für die Weasley. Was gab es auch schon besseres, als einem verdächtigen Typen hinterher zu spionieren um nicht von einem dramatischen Liebeskummer überfallen zu werden? Genau, rein gar nichts. Und Albus erfüllte dieses Bedürfnis gerade äußerst bereichernd.

„Ich habe doch meinem Dad einen Brief geschrieben, damit er mal etwas nachforscht über dieses Adlard“, sagte er und sah abwechselnd zu den beiden Gryffindors zu seinen Seiten.

„Aber den Brief hast du doch schon vor Wochen abgeschickt“, sagte Rose argwöhnisch und hob eine Augenbraue, als Albus sich etwas nervös räusperte.

„Na ja, ich hab ihn vor Wochen geschrieben“, antwortete er und kratzte sich am Hinterkopf. „Abgeschickt habe ich ihn erst vor ein paar Tagen.“ Er grinste breit und Rose wusste, dass das seine Art war sich für Banalitäten zu entschuldigen, weshalb sie nur belustigt die Augen verdrehte.

„Und jetzt? Hast du eine Antwort?“, fragte Alice und der Potter nickte. Er wühlte kurz in seiner Manteltasche herum, bis er schließlich ein zerknittertes Stück Pergament herauszog und es Rose reichte. „Hier, das musst du dir ansehen.“

Sofort huschte auch Alice an Rose’ Seite um ihr beim Lesen über die Schulter sehen zu können, während Rose den Brief auffaltete. Merkwürdigerweise raste ihr Herz plötzlich. Jedoch war es nicht diese Art von Rasen, das sie verspürte wenn sie Scorpius sah. Es war mehr ein aggressives Rasen, das sie davor warnte, diese Zeilen zu lesen. Ein Unwohlsein, das man von schlechten Prüfungen kannte, von kleinen Gefahren im Alltag. Nur das es sich hierbei nicht um den Alltag handelte, und womöglich auch nicht um kleine Gefahren.

Während sie die ersten Worte überflog, in denen es nur um vergessene Socken und Hausaufgaben ging, hörte sie wie Albus wieder das Wort ergriff.

„Ach Alice, willst du mit zur Weihnachtsparty gehen?“ Er strich sich mit der Hand durch sein dichtes, schwarzes Haar und Rose sah aus dem Augenwinkel, wie die Longbottom von dem Brief abließ.

„Klar“, sagte sie fröhlich und hell, während Rose nur die Augen verdrehte.

„Das wird bestimmt lustig“, fügte Alice noch hinzu und der Potter nickte breit grinsend. „Natürlich, mit dir doch immer“, schäkerte er und Rose stöhnte. „Ihr nervt. Hört auf mich beim Lesen zu stören.“

Und als sie die richtige Stelle in dem Brief fand, wusste sie, dass das schnelle Klopfen ihres Herzens Recht behielt. Es war kein angenehmes Rasen, nein. Es war genau das Rasen, das sie befürchtet hatte. Ihr Herz befahl ihr regelrecht, davon zu laufen. Nicht vor den Worten, nicht vor Wahrheit, sondern vor Marcus Adlard. Nun passte tatsächlich nichts mehr zusammen. Es war verwirrend und trotzdem flüsterte ihr das bekannte Bauchgefühl, dass sie sich sehr nahe an der Grenze der Wirklichkeit bewegte. Zu nahe. Nichts war eindeutig und die Fronten waren verschwommener denn je. Ein hin und her. Auch wenn Onkel Harrys Nachforschungen keine definitiven Verurteilungen zuließen, die Wörter bewiesen, dass etwas an diesem vermeintlichen Slytherin seltsam war. Sehr seltsam. Und ihr Herz schrie diesem Argwohn regelrecht ein Ja entgegen...
 

...Außerdem habe ich mich mal nach diesem Jungen erkundigt, nach dem du mich gefragt hast. Marcus Adlard war ein Schüler auf Durmstrang und er hat dort vor drei Jahren seinen Abschluss gemacht. Er schien ein wirklich guter Schüler zu sein, zumindest stand das in seinen Zeugnissen. Du solltest dir mal ein Beispiel an ihm nehmen, Al...

Warum wolltest du das eigentlich wissen und woher weißt du von diesem Jungen? Stell ja keinen Unsinn an!
 

Grüß Lily, Rose, und Hugo von mir und gib Lily ihr Zaubertränkebuch zurück (Ja, ich weiß davon!) und ich soll dir von deiner Mom sagen, du sollst dich gedrückt fühlen. Du weißt ja, wie sie ist...
 

In Liebe,

Dad

O du Fröhliche

Hallöchen hallo :)

Ja, ihr lest richtig und nein, es ist keine Halluzination: Ein neues Kapitel ist da :D

Und da ihr sowieso schon so lange habt warten müssen, will ich euch jetzt natürlich nicht noch länger warten lassen.

Also dann – Viel Spaß!

Näheres von mir gibt’s am Schluss ;)
 


 

Kapitel 11:     O du Fröhliche
 

Es gab Tage, die sicher in jedem jährlichen Kreislauf einer jeden Hexe, eines jeden Zauberers und auch eines jeden Muggels einmal vorkommen – mal häufiger, mal glücklicherweise seltener, wobei diese letztere Möglichkeit sich eher in Grenzen hielt.

Tage, an denen alles auf einmal zu passieren schien. Sei es nun der Beginn jenen Tages mit dem Überhören des Weckers und dem folgerichtigen Verschlafen, vielleicht noch die richtige Würze durch einen unangekündigten Test in der ersten Stunde und als vollendendes Sahnehäubchen natürlich auch noch ein Quidditchtraining bis in die späten Abendstunden – bei Regen, versteht sich.

Nun gut, dieses Bild eines nicht ganz perfekten Tages passte, spätestens bei der Erwähnung des Quidditchtrainings, nicht wirklich in die Welt von Rose Weasley. Aber die Konsequenz des erwähnten Tages im Vergleich zu einem solchen, der sich in ihrer Welt doch recht gut darstellte, war die gleiche.

Denn die Weasley konnte behaupten, dass der gegenwärtige Tag ihrer grausigsten Vorstellung mehr als nur entsprach. Zwar hatte ihr Morgen nicht mit einem versagenden Wecker begonnen, aber schließlich gab es noch viele andere Varianten, einen neuen Tag mit dem allbekannten falschen Fuß zu betreten.

Kaum war sie aus ihren warmen und weichen Kissen gekrochen jagte ihr ein eisig kalter Schauer durch die Glieder und ihre nackten Füße schienen beinahe auf dem kalten Boden schock zu gefrieren, als ihr auch schon einige Schneeflocken durch die Haare wirbelten, gefolgt von einem frostigen Windzug. Jemand hatte scheinbar am vorigen Abend vergessen, das Fenster zu schließen und so stand es die ganze Nacht offen. Das Ergebnis dieses Malheurs äußerte sich auch sogleich in einem kräftigen Niesen, sodass Rose noch vor dem Frühstück zu aller erst den Krankenflügel ansteuerte. Nachdem Madame Pomfrey ihr schließlich einen kleinen Becher Irgendwas verabreicht hatte, das wie eine Mischung aus alten Socken und Stachelbeeren schmeckte, widmete sie sich appetitlos ihrem Frühstück. Während sie erleichtert bemerkte, wie Madame Pomfreys Wundermittelchen langsam zu wirken begann, redete Alice unaufhörlich von der bald anstehenden Weihnachtsparty, ihrer noch immer elenden Lage ohne Outfit dazustehen und den Gedanken, die sie sich bisher um mögliche Weihnachtsgeschenke gemacht hatte. All das löste in Rose – neben weiteren Niesanfällen und vor Erkältung tränenden Augen – nur ein weiteres Stöhnen aus, welches sie an diesem doch erst so kurzen Tage schon so oft hatte lauten lassen. Weihnachtsgeschenke. Noch nie war ihr ihre Lieblingsjahreszeit so furchtbar schrecklich vorgekommen.
 

Sie schnäuzte kräftig in ein Taschentuch und übertönte somit beinahe das schrille Läuten, welches die erste Stunde beendete und zusammen mit Alice trat sie aus dem Klassenzimmer.

„Meinst du, ich sollte Albus wieder etwas schenken?“, nahm die Longbottom erneut jenes Thema auf, woraufhin Rose ihr nur einen fragenden Blick zu warf.

„Na ja, letztes Jahr habe ich ihm etwas geschenkt, aber er mir nicht“, begann die Schwarzhaarige ihre Bedenken zu erklären und Rose hätte zu gerne losgeprustet, wenn ihre Nase nur nicht so verstopft gewesen wäre.

„So stimmt das nun ja auch wieder nicht“, erwiderte sie demnach nur und konnte sich bei dem Gedanken an das letzte Weihnachtsfest ein Grinsen nicht verkneifen. Alice hatte wochenlang nach einem passenden Geschenk gesucht – und es letztlich in einem Quidditchkalender gefunden. Albus dagegen hatte mit so einer Geste keineswegs gerechnet und so stand er natürlich ohne Präsent für die kleine Longbottom da. Doch scheinbar konnte sogar ein Slytherin so etwas wie ein schlechtes Gewissen empfinden, weshalb Alice nur wenige Stunden später doch ihr Geschenk bekam: Eine Schachtel selbstgebackener Kekse, die, wie sich herausstellte, eigentlich einem Zweitklässler gehört hatte. Alice war geschlagene drei Wochen zu Tode beleidigt und hatte kein Wort mehr mit dem Potter geredet, was ihn wiederum dazu veranlasste, regelrecht um Verzeihung zu flehen. Es war wirklich lustig mit anzusehen, wie er ihr durch das ganze Schloss hinterher rannte und bei jedem Schritt eine Entschuldigung ausrief. Mal in origineller Aufmachung und mal, nun ja, weniger originell.

Wirklich ulkig, ja. Und auch typisch Slytherin, kam es Rose direkt in den Sinn, während sie sich an jene Szene erinnerte, was natürlich dazu führte, dass ihre Gedanken zu einem ganz bestimmten Slytherin abdrifteten. Heute Morgen hatte Scorpius wie immer seine Maske angelegt und ihr nach dem Frühstück beim Verlassen der großen Halle nur ein kleines Lächeln zugeworfen. Ein kleines, verstecktes Lächeln und so süß dieser Anblick auch war, so war es nicht das, was Rose wirklich glücklich stimmte. Ganz im Gegenteil.

Sie seufzte, während Alice neben ihr weiterhin vor sich hin plapperte und im Kopf scheinbar schon eine Pro- und Contraliste ausarbeitete, ob Albus nun ein weiteres Geschenk verdient hatte oder nicht.

„Sag mal“, unterbracht sich die Longbottom jedoch schließlich selbst. „Was schenkst du Scorpius eigentlich zu Weihnachten?“

Na ja, was konnte man auch von einem Tag erwarten, der schon so angefangen hatte?

Sofort verfinsterte sich der Gesichtsaudruck der Weasley und der sowieso schon dunkle Schatten unter ihren Augen trat noch deutlicher hervor – bildete einen nicht sehr vorteilhaften Kontrast zu ihrem heutigen blassen Teint.

„Gar nichts“, grummelte sie nur und schob die Schultern hoch, so als wollte sie sich zwischen ihnen verstecken. Es war doch wirklich zum verrückt werden. Ihre liebste Jahreszeit steuerte gerade ihren Höhepunkt an, es waren nur noch wenige Wochen bis Weihnachten. Die Lehrer begannen langsam alles her zu richten und zu schmücken und es wurden schon erste aufgeregte Gespräche über mögliche Pläne für die Weihnachtsferien geführt. Rose hatte vor wenigen Tagen beobachten können, wie Hagrid mit einem großen Tannenbaum im Schlepptau aus dem Verbotenen Wald stampfte. Sogar der erste Schnee war schon gefallen, der zwar nur für kurze Zeit das schloss in seinen weißen Zauber hüllte, doch deshalb nicht minder zu den ersten Anzeichen der anbrechenden Weihnachtszeit zählte – der Countdown lief.

Und all diese kleinen und großen Vorboten für das schönste Fest des Jahres konnte Rose nicht genießen, weil dieser – zugegeben wirklich umwerfende – Malfoy sie gerade zu in den Wahnsinn trieb. Zum einen mit seinem Lächeln und zum anderen mit seiner Sturheit, einfach nicht zu seinen Gefühlen stehen zu wollen.

Sie musste den Blick gar nicht erst auf ihre beste Freundin richten, um zu wissen, dass diese sie mit einem irritierten Gesichtsausdruck musterte.

„Wieso?“, hakte Alice nach „Wegen der Sache mit seinem Vater?“

Natürlich, Rose würde Scorpius nur zu gerne etwas zu Weihnachten schenken, auch wenn sie noch nicht wusste, was genau man einem heimlichen aber festen Slytherinfreund schenken sollte. Aber würde er denn überhaupt ein Geschenk wollen? Schließlich war er noch nicht einmal dazu bereit in der Öffentlichkeit ihre Hand zu halten, also würde er wohl kaum ein Geschenk von ihr erhalten wollen, oder?

Die Weasley stöhnte genervt auf und warf die Arme in die Luft. „Ja, wegen der Sache mit seinem Vater, wegen seinen Freunden und wegen der Tatsache, dass er ein Slytherin ist!“ Lautstark ließ sie ihrem Frust freien lauf und gestikulierte so wild, dass die Mitschüler in ihrer Umgebung schon Reißaus nahmen.

„Habe ich noch etwas vergessen?“, fügte sie anschließend noch in einem provozierenden Ton hinzu. „Ach, ja. Wegen ihm natürlich auch noch! Denn ohne ihn würde ich mich jetzt gar nicht erst in dieser Lage befinden.“ Ein wütendes Schnaufen symbolisierte das vorläufige Ende ihres kleinen Wutausbruchs und Alice legte tröstend eine Hand auf ihre Schulter.

„Vielleicht ändert er ja noch seine Meinung“, versuchte es die Longbottom, doch Rose schüttelte nur den Kopf, während ihre erzürnte Mimik einer traurigen wich.

„Er ist ein Slytherin, Alice. Ich frage mich, was ich wohl erwartet habe.“
 

~
 

Albus ließ ein langes, gedehntes Seufzen hören, während er sich mit beiden Händen durch sein dichtes, schwarzes Haar fuhr. Rose schloss für einen kurzen Moment die Augen und der erste Gedanke, der ihr durch den Kopf schoss, war diesem abscheulichen Tag gewidmet, der scheinbar unbedingt den Titel ihres Pechtages erlangen wollte und einfach kein Ende fand.

Gleich nach dem Unterricht hatten sich Albus und Rose verabredet, um über den Brief von Harry zu reden und endlich Näheres über Marcus Adlard herauszufinden, der schon seit Tagen nicht mehr im Unterricht aufgetaucht war.

Da sie diese Unterhaltung lieber ohne ungewünschte Zuhörer führen wollten, schlichen sie sich in einen alten Kerkerraum, von dem Albus ihr versichert hatte, dass hier schon seit einer Ewigkeit niemand mehr gewesen war. Und wenn sich Rose so umsah, die vielen Spinnweben und die dicke Staubschicht begutachtete, dann zweifelte sie keineswegs an seinen Worten.

Scorpius begleitete die Beiden. Denn auch wenn er nicht viel von ihrer Verschwörungstheorie gegen Marcus Adlard hielt, so wollte er die Gelegenheit nutzen, um mit Rose zusammen zu sein. Die Weasley musste ein mädchenhaftes Kichern regelrecht unterdrücken, als der Malfoy sein Erscheinen begründete und noch dazu dieses charmante Lächeln auf den Lippen trug. Doch statt ihre ungestörte Zweisamkeit – von Albus einmal abgesehen – zu genießen, diskutierten sie nun schon seit beinahe einer Stunde über den möglichen Grund hinter Onkel Harrys merkwürdigen Forschungsergebnissen. Potter und Weasley hielten wie zu erwarten zusammen und ebenfalls wie zu erwarten war es der Malfoy unter ihnen, der sich von ihrer Meinung abgrenzte.

„Warum willst du denn nicht einsehen, dass an dieser Sache etwas ganz gewaltig stinkt?“, unterbrach Rose die wahrscheinlich gut durchdachten und rationalen Argumente des Malfoys, der dafür nur ein Seufzen übrig hatte. Sie rutschte von dem alten Lehrerpult herunter, auf dem sie sich nieder gelassen hatte und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre braunen Augen musterten Scorpius, der falsch herum auf einem verstaubten Stuhl saß und sich auf dessen Rückenlehne abstützte, während Albus scheinbar nicht mehr ruhig hatte sitzen bleiben können und nun schon seit Minuten immer wieder hin und her stolzierte.

„Ich sage doch gar nicht, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht“, verteidigte Scorpius seine Meinung. „Aber ihr interpretiert in sein Verschwinden einfach viel zu viel hinein. Wenn es überhaupt ein Verschwinden ist!“ Seine Stimme nahm einen Hauch des Hohns an. „Habt ihr mal mit McGonagall geredet oder einem anderen Lehrer? Vielleicht hat Adlard einfach nur die Schule gewechselt.“

Albus, der in seiner hektischen Bewegung inne hielt, und Rose tauschten einen kurzen Blick und die Weasley überkam ein Gefühl der Beschämung. Vielleicht waren sie wirklich etwas zu voreilig mit ihren Beschuldigungen gewesen, denn auf die Idee, sich zu aller erst einmal an die Lehrer zu wenden, sind sie bisher noch nicht gekommen. Dafür waren sie viel zu sehr damit beschäftigt, sich ihre eigenen, sicherlich wesentlich interessanteren Geschichten auszudenken als sich ihre heiße Spur lediglich mit der Begründung Marcus Adlard hat die Schule gewechselt verwischen zu lassen.

Doch noch ehe Rose ihren beginnenden Zweifeln nachgeben konnte, entgegnete ihr Cousin auch schon den Worten des Malfoys. Hach, auf Albus war Verlass.

„Aber das ist doch unsinnig“, sagte er und schüttelte den Kopf. „Überleg doch mal. Adlard ist erst vor einem Jahr an unsere Schule gekommen. Warum also sollte er nun schon wieder von hier verschwinden? Und das so kurz vor seinem Abschluss. Das ist völlig absurd!“

Rose nickte dem Potter zu, bevor sie sich mit einem weiteren Nicken an Scorpius wandte, der nur die Augen verdrehte.

„Und was ist mit Lily und Hugo“, fügte sie schließlich noch hinzu, durch Albus’ sicheres Auftreten bestärkt. „Wie erklärst du dir das? Warum hat er auf Biegen und Brechen versucht, mit ihnen in Kontakt zu kommen?“ Sie hob die Augenbrauen und nickte erneut, als Albus mit einem „Und Alice!“ auf eine weitere Merkwürdigkeit verwies.

Doch der Malfoy schüttelte nur ein weiteres Mal den Kopf und Rose hatte den leisen Verdacht, dass sie dieses Gespräch noch hunderte Male führen konnten und es würde sich jedes Mal wieder und wieder im Kreise drehen.

„Überleg doch mal, Mann“, sagte Albus nun mit lauterer Stimme. „Zuerst macht er sich an Alice ran, redet nur von Rosie und über ihre oder meine Familie. Dann versucht er sich Lily zu nähern, die ihn zum Glück nicht an ihn rangelassen hatte.“ – Rose meinte in diesem Moment ein kleines Stoßgebet von seinen Lippen ablesen zu können. – „Ganz zu schweigen von Hugo, bei dem Adlard scheinbar mehr Glück hatte und ihn nicht nur gegen seine Freunde sondern sogar gegen seine eigene Schwester aufhetzen konnte.“ Der Schwarzhaarige deutete auf Rose, die unwillkürlich einen dicken Kloß im Hals verspürte. Seit sie sich mit Hugo gestritten hatte, behandelte er sie wie seinen schlimmsten Feind. Und sie konnte es sich einfach nicht erklären. Was wusste, oder vielmehr glaubte dieser Marcus zu wissen, das Hugo so wütend werden ließ. Noch nie war ihr kleiner Bruder ein Junge gewesen, der sich viel aus Prügeleien, Ärger oder ähnlichem Unheil machte; abgesehen von seinen geliebten Feuerwerkskörpern und seinen Scherzen. Er war eben ein ganz normaler Junge gewesen, ohne je eine böse Absicht hinter seinen Taten zu hegen. Zumindest so normal, wie man als Zauberer und zusätzlicher Weasleyerbe eben sein konnte. Aber jetzt war er wie ausgewechselt und jedes Mal raste Rose förmlich eine Gänsehaut in Lichtgeschwindigkeit über den Körper, wenn er sie mit diesem beinahe schon hasserfüllten Blick ansah. Es war zum fürchten. Und Furchtbar traurig.
 

Scorpius biss sich auf die Unterlippe, als sein Blick zu Rose wanderte und etwas, das nach Einsicht aussah, blitze in seinen blauen Augen auf.

Er seufzte schwer und sah von Rose zu Albus und wieder zurück. „Na gut, das klingt alles wirklich sehr suspekt“, gab er schließlich zu und der Potter ließ ein gedehntes „Na endlich!“ hören, bevor er wieder seiner nervösen Bewegung nachgab.

Der weniger hyperaktive Slytherin dagegen richtete sich auf und lehnte sich schließlich neben Rose gegen das alte Lehrerpult.

„Hugo, er redet immer noch nicht mit dir?“, fragte er und während Rose seinen warmen Körper neben sich spürte und sich somit unwillkürlich behaglicher fühlte, nickte sie. In solchen Momenten glaubte sie wirklich, sie würde gleich durchdrehen. Sie könnte den Malfoy für seine Einstellung – seine lächerliche Slytherineinstellung! – verfluchen und zugleich wollte sie ihn am liebsten den ganzen Tag um sich haben, mit ihm reden, seinen Duft einatmen und ihn küssen.

Sie seufzte. Vielleicht war sie ja auch schon längst verrückt geworden, das würde zumindest so einiges erklären.

„Okay, das ist dann wohl der Zeitpunkt für mich, um abzuhauen!“, rief Albus und mit einem Blick auf Rose und Scorpius, die näher zusammen gerückt waren, grinste er schief, bevor er auch schon die Kerkertür ansteuerte.

„Nein, du musst nicht –“, wollte Rose einwenden, schließlich war es nicht ihre Absicht, Albus zu vertreiben, wo er ihr doch die ganze Zeit beigestanden hatte. Doch als sie das beinahe mahnende Grinsen auf Scorpius’ Lippen entdeckte, änderte sie ihre Meinung.

„Also ich meine, wenn du unbedingt gehen musst, dann kann ich dich natürlich nicht aufhalten“, sagte sie und schenkte dem Potter ein scheinheiliges Lächeln, welches jenen belustigt die grünen Augen verdrehen ließ. „Schon klar“, meinte er nur, zwinkerte dem Malfoy zu und verschwand schließlich aus dem Raum.

Rose lachte heiter auf, bevor sie sich wieder an Scorpius wandte und als sie seine veränderte Haltung bemerkte, hob sie eine Augenbraue. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und seine Mimik hatte diesen Zug angenommen, der sie auf unheimliche und doch auch irgendwie auf faszinierende Weise an seinen Vater erinnerte. Zwar hatte sie Draco Malfoy noch nie wirkliche Aufmerksamkeit geschenkt und trotzdem schlich sich bei Scorpius’ derzeitig harter Miene sogleich das Bild seines Vaters in Rose’ Gedanken.

„Was ist?“, hakte sie nach und wollte dem unheilvollen Gefühl in ihrem Innern schon nachgeben, als seine steinerne Maske auch schon zu bröckeln begann und ein kleines Grinsen um seine Mundwinkel zuckte.

„Dieser Adlard interessiert dich ja wirklich sehr“, sagte er und nur mühevoll gelang es ihm scheinbar, ein Schmunzeln zu unterdrücken, wie Rose an den kleinen Fältchen erkennen konnte, die sich langsam um seine Lippen bildeten. Mit einem leichten Schwung stieß sie sich von dem Pult ab und trat vor ihn, während ihre Augen seine fixierten. Ein nicht minder mühevoll unterdrücktes Grinsen schlich sich auch auf ihre Lippen und als sie ihre Arme um seinen Nacken legte, konnte sie es einfach nicht mehr zurückhalten.

„Ist da etwa jemand eifersüchtig?“, fragte sie mit heller Stimme und sofort lachte der Malfoy auf.

„So ein Quatsch!“, höhnte er, doch das leichte Flackern in seinem sonst so sicheren Grinsen verriet ihn.

Seine Hände wanderten zu ihrer Taille und er zog sie näher zu sich, bevor er sie zärtlich küsste. Rose strich einmal durch sein blondes Haar und während sie seine Berührungen genoss, schlich sich zu ihrem Leiden wieder Hugo in ihr Gedächtnis. Hugo, der sie beim Abendessen ignorierte und sie im Gemeinschaftsraum aus einer dunklen Ecke mit einem Blick zu verfluchen schien.

„Du machst dir Sorgen, nicht wahr?“, hörte sie Scorpius’ raue Stimme an ihrem Ohr und sie seufzte schwer.

„Ich will jetzt nicht mehr darüber nachdenken.“ Um ihre Aussage zu unterstreichen, schüttelte sie bestimmend den Kopf. „Ich denke schon viel zu viel über so einen Schwachsinn nach. Dabei habe ich doch wesentlich Besseres zu tun.“

Mit einem schiefen Lächeln rückte sie näher an Scorpius heran und dieses Mal war sie es, die ihre Lippen auf seine legte. Sie spürte, wie seine Hände auf ihrem Rücken den Druck erhöhten und er sie somit noch näher zu sich zog, während sie erneut durch sein leicht zerzaustes Haar fuhr und den Kuss intensivierte.

In Scorpius’ Nähe war es ganz leicht, die schweren und unschönen Dinge des Lebens zu vergessen. Sie fühlte sich frei und unbeschwert und manchmal glaubte sie, dass hinter dem Spruch auf Wolke Sieben schweben doch das ein oder andere dran war. Mit einem kleinen Hüpfer flog sei einfach davon, ließ die großen und kleinen Problemchen zurück und entschwand somit sogar dem Gedanken, diese wundervollen Minuten nur als Geheimnis erleben zu dürfen.

Doch gerade als sie sich auf die Zehenspitzen stellte, um sich etwas enger an ihn zu schmiegen, wurde sie von ihrer schwebenden, rosafarbenen Wattewolke geschupst, als sich Scorpius ohne Vorwarnung einfach von ihr löste.

Verwirrt blinzelte sie ihn an, doch Scorpius kam ihrer Frage nach dem Warum zuvor.

„Ich muss noch etwas mit dir besprechen“, sagte er und ein Lächeln huschte über seine Lippen, als seine Augen ihre geröteten Wangen erblickten.

Rose erwiderte das Lächeln, hatte jedoch nicht vor, auf seine Worte einzugehen. Was waren schon alberne Worte und vermutlich unangenehme Themen im Vergleich zu ihrer rosa Wolke?

„Das kann doch warten“, sagte sie beschwichtigend und wollte erneut zu einem Kuss ansetzen, doch der Malfoy wich ihr aus, sodass das anfangs harmlose verwirrte Blinzeln einem fordernden Blick nach Wahrheit wich.

„Ich befürchte nur, dass du mich nicht mehr küssen willst, nachdem du das gehört hast“, erklärte er sich auch sogleich, was Rose jedoch nicht gerade beruhigte. Ihre Hände rutschten von seinem Genick herunter und sie trat einen Schritt zurück, während sie ihn argwöhnisch musterte.

„Muss ich meinen Zauberstab bereit halten?“, fragte sie und achtete bemüht darauf, witzig zu klingen. Was ihr natürlich kläglich misslang.

Was zum Dementor war nun schon wieder los?

Und seit wann waren Beziehungen so kompliziert? – Ach ja, seit sie eine Beziehung mit einem Malfoy führte.

„Also, es ist so“, setzte Scorpius an und während er redete, von scheinbar wichtigen Entwicklungen und unberechenbaren Vorkommnissen – kurz: er redete um die heiße Kürbispastete – dachte Rose, dass ihr nach so einem fürchterlichen Tag eigentlich nichts mehr Schlimmeres widerfahren könne. Doch als Scorpius geendet hatte, musste sie erkennen, dass es tatsächlich so war: Es ging immer noch etwas schlimmer.
 

Sie blinzelte ihn an. Unsicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte.

„Was soll das heißen, du gehst mit Natalie zur Weihnachtsparty?“ Ihre Stimme klang gereizter, als sie es eigentlich beabsichtigt hatte.

Ihre rosa Wattewolke war gerade mit einem lauten Knall verpufft und hinterließ stattdessen einen abscheulich grauen Niederschlag, der Rose zu begraben schien und ihre Umwelt verpestete.

Scorpius aber versuchte es mit einem Lächeln. „Es ist so zu sagen nur ein Scheindate, zumindest von meiner Seite aus. Nur damit mein Vater beruhigt ist.“ Er trat einen Schritt auf sie zu und dieses Mal war es Rose, die die Arme vor der Brust verschränkte und sich um eine eiserne Mimik bemühte. Vermutlich vergeblich, denn dazu war sie viel zu unbeherrscht und aufgewühlt, als dass sie mit der frostigen Erscheinung eines Malfoy konkurrieren könnte. Unwillkürlich schob sie die Unterlippe vor und funkelte ihren Gegenüber an, den ihr Anblick scheinbar amüsierte.

„Ist da etwa jemand eifersüchtig?“, fragte er belustigt und vergriff sich absichtlich an ihren eigenen Worten, mit denen sie vor wenigen – noch glücklichen – Momenten seine Haltung deutete, die ihrer nun so ähnlich war. Doch ganz im Gegensatz zu dem Malfoy, empfand Rose die Ironie dieser Situation alles andere als erheiternd.

„Nicht witzig“, kommentierter sie seinen Scherz deshalb auch nur monoton und versuchte ihre Haltung noch etwas mehr zu versteinern, als Scorpius durch ihr Haar strich.

„Rosie“, sagte er und trat noch einen Schritt näher, während er sich bemühte, ihren Blick einzufangen. Nur schwerlich gelang es ihm, denn Rose wich seinen blauen Augen immer wieder aus. „Es ist nur wegen meinem Vater. Wenn er sich erst einmal beruhigt hat, wird alles viel leichter.“

Rose schnaufte.

„Ja, aber…“ Sie wollte ihm etwas Gemeines an den Kopf werfen. Eine Hand voll Worte, die ihn genauso verletzten, wie seine Worte sie verletzt hatten. Vielleicht eine fiese Beleidigung! Oder wenigstens gute Argumente, die ihn in Grund und Boden stampfen würden. Argumente, die ihm endlich verdeutlichten, dass er mit ihr – Rose Weasley – zur Feier zu gehen hatte und nicht mit diesem blonden Wischmob. Zur Feier und durch das Leben. Oh ja, sie wollte ihm beweisen, dass seine Entscheidung völlig unüberlegt und komplett falsch war.

„Das ist doch total blöd!“, rief sie allerdings nur aus und stampfte mit dem Fuß auf. Nicht ganz das Auftreten, das sie sich vorgestellt hatte. Aber um nun eine rationale Diskussion zu führen und ihre explodierenden Emotionen wegzusperren, war sie einfach viel zu aufgebracht. Und dass sich an dem kleinen Grinsen auf den Lippen des Malfoys noch immer nichts geändert hatte, trug nicht gerade dazu bei, ihre Aufregung zu mildern.

Ohne auf ihre noch immer distanzierte Haltung einzugehen, hob Scorpius seine Hände an ihre Wangen und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen. Nur mit sehr viel Mühe gelang es der Weasley, ihre Starre beizubehalten. Wobei sie sich nicht sicher war, welchem Drang sie eher nachgeben würde, sobald sie sich erlaubte, ihre Festigkeit zu lösen: Verfluchen oder vernaschen? Und schon wieder war sie kurz davor, durchzudrehen.

„Ich versichere dir, es wird nichts Schlimmeres passieren, außer vielleicht Natalies nervigem Geschwätz“, flüsterte er mit rauer Stimme und Rose lachte auf. „Na, das wäre ja noch schöner!“

Nette Worte von dem Malfoy, die Rose vermutlich besänftigen sollten. Allerdings hatte die Weasley gerade erst mit der grausigen Wahrheit Bekanntschaft gemacht, dass jeder Zeit etwas Schlimmeres geschehen konnte.
 

~
 

„Er geht mit Collister zur Weihnachtsfeier“, sagte Rose und ihre Stimme klang seltsam eintönig.

Alice seufzte. „Ja, ich weiß.“

„Er geht mit Collister zur Weihnachtsfeier“, wiederholte sich die Weasley, während sie fast unmerklich den Kopf schüttelte.

Wieder seufzte Alice. „Rosie, nur weil du es dir nun schon zum hundertsten Mal vorsagst, wird es nicht unwahr, weißt du?“

Und nun seufzte Rose. „Ja, ich weiß.“ Sie legte den Kopf in den Nacken und spürte den kalten Wind auf ihrem Gesicht, der nur ab und an eine Prise Schnee um ihre Nasenspitze tanzen ließ. Während sie die Augen schloss und hoffte, die frische Luft würde ihre Gedanken einfach davon wehen, glitten jene scheinbar steinharten Gedanken zurück zum Nachmittag desselben Tages.

Nachdem sich Scorpius ungefähr vierundzwanzig Mal entschuldigt hatte, siebzehn Mal seinen Vater imitierte, wie er ihn eigenhändig erwürgen würde, ginge er mit keinem Mädchen oder – noch schlimmer – mit Rose zur Weihnachtsfeier, und nachdem er ihr mit nur drei Küssen jedes Mal wieder den Atem raubte, hatte Rose seine Entscheidung schließlich unter einem Grummeln bejaht. Und als sie sein erleichtertes Lächeln gesehen hatte, dessen Wärme sie sogar in diesen Kerkern nicht mehr frösteln ließ, erschien ihr ihre Lage doch nicht mehr so abgründig. Vielleicht war es eine gute Entscheidung, seinen Vater nicht noch mehr zu reizen. Vielleicht war es darum auch ganz gut, dass er mit Natalie zur Weihnachtsfeier ging. Vielleicht war Scorpius nur um ihr Wohl besorgt. Vielleicht reagierte Rose einfach etwas über.

Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Immer nur vielleicht. Und kein sicherlich.

Natürlich, es war alles furchtbar logisch und doch empfand Rose es als völlig falsch.
 

„Rosie, so geht es nicht weiter!“, ließ die herrische Stimme von Alice die Angesprochene aufschrecken und blinzelnd bemerkte diese, dass die Schwarzhaarige sie scheinbar die ganze Zeit beobachtet hatte, statt die schöne Winterlandschaft der Hogwartsländereien zu betrachten.

Nachdem Rose am Nachmittag etwas ungehalten im Gemeinschaftsraum der Gryffindors erschienen war, hatte Alice sie mit der Begründung „Du brauchst frische Luft!“ nach draußen befördert. Allerdings glaubte Rose, dass ihre beste Freundin lediglich befürchtete, sie würde in diesem Zustand ganz Hogwarts kurz und klein hexen. Was natürlich Unsinn war, denn wenn Rose etwas oder besser gesagt jemanden kurz und klein hexen würde, dann fiel ihr Wahl sicher auf eine gewisse Blondine.

„Was geht so nicht weiter?“, fragte Rose und Alice verdreht die Augen.

„Das mit dir und diesem Malfoy“, sagte die Longbottom und zog ihre Mütze so weit über den Kopf, dass ihre schwarzen Locken wie Sprungfedern unter der Wolle heraussprangen.

Die Weasley hob fragend eine Augenbraue und wieder verdrehte Alice die Augen.

„Such dir einen anderen Kerl, der mit dir zur Weihnachtsparty geht!“, rief sie bestimmend und kaum hatte sie den Satz zu Ende gesprochen, lachte Rose auf.

„Ja, klar!“

„Nein, ich meine es ernst. Scorpius darf seinen Spaß haben und du sollst nur zusehen? Das bist nicht du, Rose.“ Alice’ Augenbrauen schoben sich vielsagend unter ihrer Mütze in die Stirn und Rose biss sich auf die Unterlippe.

Bei Merlin, wurde sie etwa zu einem dieser Mädchen, die sich ihrem Freund unterordneten? Und das, wo Scorpius nur ihr heimlicher Freund war?

„Und wen soll ich mir bitte suchen? In ein paar Tagen ist die Party bereits, die wenigsten Jungs werden jetzt noch kein Date haben“, tat die Weasley den Vorschlag ihrer besten Freundin ab, doch diese grinste nur und klimperte mit den Wimpern – Rose hatte so etwas befürchtet. Sie hob eine Augenbraue um ihrer stummen Frage Ausdruck zu verleihen.

„Na ja, Douglas Corey löchert mich schon seit Tagen, mit wem du zur Feier gehst“, antwortete die Dunkelhaarige bemüht beiläufig und zupfte an ihrem Handschuh.

Rose prustete los. „Douglas Corey? Bei Merlins Unterhose, Alice!“

Diese zuckte jedoch nur mit den Schultern. „Was? Er kann ganz nett sein.“

„Nett? Er ist ein Schleimer und von seinen Pickeln will ich gar nicht erst anfangen“, verteidigte Rose ihren Geschmackssinn und Alice kniff die Lippen zusammen, um ein Lachen zu unterdrücken, während sich ihre Wangen vor Anstrengung langsam rot färbten. Sie schien nach den richtigen Worten zu suchen, um Rose von Douglas Corey zu überzeugen. Aber dem Anschein nach war Alice selbst nicht zu hundert Prozent von ihrer Idee begeistert, weshalb die Röte auf ihren Wangen schließlich ihren Höhepunkt erreicht hatte.

„Seine Pickel gleichen echt Vulkanen“, platzte es schließlich aus der Longbottom heraus und zusammen begannen sie, kichernd und witzelnd über die schlimmsten Jungs auf Hogwarts zu plaudern.

Selbst wenn Alice’ Vorschlag Rose nun nicht gerade weiter zu helfen schien, so hörte sie sich wenigstens selbst wieder lachen. Dramatischer Gedanke, aber dennoch irgendwie wahr. Und nicht minder dramatischer.
 

Aber der Tag war noch nicht zu ende.
 


 

Scorpius fragte sich unweigerlich, wie lange ein Mensch – oder genauer gesagt, ein Mädchen – über das Thema Kleidung wohl reden konnte und er musste Albus’ längst vergangener Antwort, die er ihm auf diese ebenso längst vergangene Frage einst gegeben hatte, wohl nun Glauben schenken: eine Ewigkeit. Der Potter hatte also, verdammt noch mal, recht gehabt.

Scorpius hätte vermutlich für eine solche Art der Gesprächsthemen Verständnis gezeigt, würde es sich um ein anderes Mädchen handeln – und mit anders meinte er ausschließlich Rose Weasley. Denn nein, bei dem eben erwähnten Mädchen, welches jene Frage unter Männern in sein Gedächtnis rief, handelte es sich nicht um seine Weasley.

Es handelte sich um eine Slytherin, an deren Anwesenheit er selbst die Schuld trug, wie ihm mit jedem weiteren Schritt, den er zusammen mit der quasselnden Blondine in Richtung Großer Halle trat, deutlich bewusst wurde.

Ein paar Slytherins hatten sich ihnen angeschlossen, darunter unter anderem auch Robert Goyle und Dorian Smith – seine Freunde. Sogar recht gute Freunde. Doch trotz dem eigentlich gewohnten Umgang empfand Scorpius diese Szenerie als schrecklich ermüdend und abstrus. Wobei dieses Gefühl vermutlich weniger an der Anwesenheit seiner Freunde lag, sondern viel mehr an Natalie, die lästig an seinem Arm hing, und über deren ausdrucksloses Gerede sich sogar Rob zu amüsieren wusste.

Gute Freunde, ja.

Und eigentlich könnte man sich in einer solchen Notlage fragen, wo der beste Freund denn abgeblieben sei. Doch darauf gab es leider eine recht erklärende, wenn auch sehr merkwürdig erscheinende Antwort. Denn Albus schien seit einigen Tagen den Gefallen an der Bastelkunst gefunden zu haben und er nahm seine scheinbare neue Lebensaufgabe außerordentlich ernst, wie Scorpius erst gestern erkennen durfte, als er es wagte den Potter während seiner Arbeit zu stören. Was genau das Ziel der vielen Papierchen und Aufkleber letztlich darstellte, konnte Scorpius aus Albus’ Gemurmel nicht ganz heraushören – aber er erwähnte immer wieder das Weihnachtsfest und redete von einem Debakel des letzten Jahres. Allerdings halfen diese Informationen dem Malfoy nicht weiter, denn Albus schien ein regelrechter Magnet für Weihnachtsdebakel zu sein. Aber wenn sich Scorpius das bisherige Werk betrachtete, dann vermutete er, dass es einmal einem Mädchen gehören sollte – zumindest bewertete er dementsprechend die vielen Glitzersteinchen und die rosafarbenen Federn.

Und während Scorpius seinen eigenen, wesentlich angenehmeren Gedanken nachhing, redete Natalie noch immer von der Farbe ihres Kleides und ihrer Schuhe, von dem Aufwand ihrer Frisur und ihrem teuren Lippenstift und ihre grelle Stimme erschien dem Malfoy schließlich nur noch wie ein störendes Hintergrundgeräusch.

Nur an ihrer sich plötzlich verändernden Stimmlage, die den heiteren Klang verlor und mit einem Mal einen viel gehässigeren Ton annahm, erkannte Scorpius, dass sich das Thema scheinbar geändert hatte, was unweigerlich seine Aufmerksamkeit eroberte – denn wie er die letzten Stunden bitter erkennen musste, war es nicht einfach, Natalie von ihrem Modegeschwafel abzubringen.

„Oh, wen haben wir denn da“, drang ihre giftige Stimme an sein Ohr und Scorpius hatte das Bedürfnis zu blinzeln, so als wäre er gerade aus einem Mittagsschläfchen erwacht. Natalie war also regelrecht einschläfernd.

Seine blauen Augen wanderten mit neu gewonnenem Bewusstsein durch den Korridor und automatisch hielt er die Luft an, als er erkannte, wer an Natalies Themenwechsel Schuld war.

Rose schlenderte in jenem Augenblick zusammen mit Alice um eine Ecke geradewegs auf die Slytherins zu und ihr soeben noch heiteres Lachen auf ihrem hübschen Gesicht gefror beim Anblick der Slytherins beinahe augenblicklich.
 

Für eine gefühlte Ewigkeit war ihr keine andere Reaktion möglich, als Scorpius lediglich anzustarren – ihn und Natalie, deren Arm sich besitzergreifend um den seinen geschlungen hatte.

Seine blauen Augen huschten in ihren Höhlen aufgeregt umher, während sie ihre dunklen fokussierten, die eine so seltsame Ruhe ausstrahlten. Beinahe unpassend, betrachtete man die gegenwärtige Lage.

„Rosie wird in letzter Zeit etwas nachlässig – nicht nur im Unterricht, wie es scheint“, ließ Natalies höhnende Stimme die Angesprochene blinzeln und ihr Blick wanderte nur wenige Zentimeter von Scorpius hinab, um der Blonden zu begegnen. Sie hörte, wie Goyle und Smith ein dumpfes Gelächter von sich gaben und Rose begriff sofort, auf was die Slytherin mit ihrer Aussage abzielte. Erst vor ein paar Tagen hatte die Weasley einen überraschenden Test in Zaubertränke komplett verhauen, weil sich ihre Gedanken in ganz andere Themen flüchteten. Der Professor war von ihrer schlechten Note so bestürzt, dass er sie noch während dem Unterricht zur Sprache bat – und natürlich kam dies auch den Slytherins zu Ohren, die am gleichen Kurs teilnahmen.

In vergangenen, ähnlichen Situationen hätte Rose dieser Collister vermutlich einen bemüht vernichtenden Kommentar entgegen geschleudert und wäre erhobenen Hauptes davon stolziert. Doch in diesem Moment schien sie alleine Natalies bloße Gestalt über die Maßen zu provozieren.

Rose’ dunkle Augen lagen ruhig auf der Slytherin, deren Lippen ein fieses Lächeln zierte, während sie noch immer an Scorpius’ Arm klebte. Am liebsten hätte sie ihr jedes ach so perfekt schimmernde Haar einzeln heraus gerissen. O ja, heraus gerissen. Ohne Zauberei. Filch hatte recht: die alten Foltermethoden waren noch immer die besten. Doch sie ging ihrem inneren Drang nicht nach und stürzte sich nicht auf Natalie, um eine filmreife Prügelei zu beginnen. Man könnte meinen, es wäre unmöglich, doch Rose schaffte es in dieser Situation ihre eiserne Maske nicht ins Wanken zu bringen. Innerlich kochte sie vor Wut. Äußerlich straffte sie nur unmerklich die Schultern, bevor sie zu einer Antwort ansetzte.

„Und du vernachlässigst dein Gehirn schon seit deinem dritten Lebensjahr.“ Aha. Verbale Prügeleien befriedigten ihre Zerstörungslust also auch. Zwar nicht in den Maßen, wie es vielleicht eine Natalie Collister getan hätte, die gerade vom Astronomieturm plumpste – aber besser als nichts.

Alice’ Kichern entlockte Rose ein selbstbewusstes Lächeln unterer ihrer eisernen Maske und noch ehe Natalie etwas erwidern konnte, kam Rose ihr zuvor.

„Aber dafür kannst du sicher nichts, das liegt wahrscheinlich an deinem Umgang. Denn Malfoy vernachlässigt ja auch gerne mal die einen oder anderen Dinge.“

Alice’ Kichern erstarb augenblicklich und endete in einem Husten.

Rose’ Augen wanderten langsam zu Scorpius, dessen Blick auf ihr ruhte, sie beinahe zu durchbohren schien. Sein sonst so warmes Leuchten in seinen eisblauen Augen, mit denen er sie sonst betrachtete, war erloschen und seine Mimik entsprach deren kühler Farbe. Es war lange her, als er ihr das letzte Mal mit diesem Blick begegnete. Nein, eigentlich war es noch gar nicht so lange her – aber ihre einstige Feindschaft schien aus einer längst vergessenen Vergangenheit zu stammen. Unwirklich, verdrängt. Als wäre sie nie dagewesen. Bis jetzt.

„Was willst du damit sagen, Wiesel?“, zischte Natalie und Rose zerrte ihren Blick von dem Malfoy.

„Oh so einiges, Collister. Aber ich habe nicht erwartet, dass du es verstehst. Die Prioritäten von euch Slytherins liegen eben eher auf den banalen Dingen des Lebens.“

Vielleicht war es nicht der passende Zeitpunkt, um gewisse Probleme zwischen ihr und Scorpius anzusprechen, doch vielleicht war es auch genau der richtige Zeitpunkt. Und vielleicht würde es auch nie einen richtigen Zeitpunkt für derlei Gespräche geben, was wiederum bedeutete, dass dieser Zeitpunkt genauso gut war wie jeder andere. Wie dem auch sei, Rose war sich der Zweideutigkeit ihrer Worte bewusst, die sicherlich nur ein Teil der Anwesenden begriff. Und doch glaubte sie, dass sie die richtige Wirkung erzeugte. Nun ja, sie hoffte es.

„Rosie“, sagte Alice leise und ihre Stimme klang beinahe mahnend, doch die Angesprochene ignorierte die beste Freundin. Passend zur eisernen Maske.

„Scorpi-porpie“, sprach Natalie und ihre Augenbrauen zogen sich zusammen, während ihr Blick immer wieder zwischen Rose und dem Malfoy wechselte. „Was faselt sie da? Wovon redet sie?“ Sie klang nervös und beinahe hysterisch. Ganz im Gegensatz zu Scorpius, dessen Augen keinen Millimeter von Rose’ Erscheinung gewichen waren. Generell schien er recht bewegungslos und irgendwie verkrampft. Nur seine Augen verrieten ihn. Ihre Wärme war gänzlich ausgelöscht und wo sie vorerst nur prüfend die Unterhaltung zu mustern schienen, sprühten sie nun vor Kälte und Ablehnung. Ein Stich in Rose’ noch immer so warmes Herz. Doch der Schmerz war befreiend, irgendwie.
 

„Weasley redet Unsinn, wie immer“, sagte Scorpius schließlich nur und seine Stimme hätte die Wände gefrieren lassen können.

„Unsinn, ja?“, höhnte Rose und ihre eiserne Maske ging zu Bruch. Eine Schmach vor den Slytherins, aber Gefühl blieb nun mal Gefühl.

„Wie schön zu wissen, dass du mein Gerede für Unsinn hältst“, rief sie dem Malfoy regelrecht entgegen und unterdrückte das Bedürfnis, in Tränen auszubrechen.

Natalie schnaufte. „Du wirst wirklich immer merkwürdiger, Wiesel“, säuselte sie und hob eine Augenbraue, während sie Rose nur argwöhnisch musterte.

Alice' beruhigende Hand legte sich auf Rose’ Schulter und – beste Freundin sei Dank – hinderte jene daran, Natalie an die Gurgel zu springen.

„Halt die Klappe Collister und kümmere dich lieber um deine Begleitung. Er gehört ganz dir!“

Damit stürmte Rose davon. Und während das Gelächter der Slytherins sie durch die Korridore zu verfolgen schien, tropfte die erste Träne von ihren geröteten Wangen.

Denn es kam letztlich immer noch etwas schlimmer.
 

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Meine lieben Leser, ich möchte mich wirklich entschuldigen, dass dieses Kapitel so unendlich lange auf sich warten ließ. Das Konzept steht schon seit ungefähr drei Monaten, aber da das Ende meiner Unizeit bald bevorsteht (8]) hatte ich recht viel um die Ohren in letzter Zeit.

Aber ich habe es noch vor Weihnachten geschaft - so zu sagen also ein Vorweihnachtsgeschenk von mir an euch ;) Und vielleicht schaffe ich auch noch das nächste Kapitel vor Weihnachen, aber macht euch nicht zu viele Hoffnungen :D

Ich freue mich auf eure Meinungen und hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat.Wie immer weiß ich nicht recht, was ich davon halten soll. Mal mag ich es, mal nicht. Der normale Wahnsinn also :D
 

Eure Schnie

Das erste Stück des Kuchens

Kapitel 12:     Das erste Stück des Kuchens
 

Alice Longbottom mochte Weihnachte. Manchmal. Sie mochte die vielen Lichter, diese warme Atmosphäre, die sich, sobald ein Weihnachtsbaum im Raum stand, scheinbar auf jeden niederlegte und die Launen der Menschen somit unwillkürlich ein wenig ruhiger und behaglicher werden ließ. Sie mochte das Gebäck, das bergeweise gebacken wurde und dessen Geruch sich in jede Fuge einschlich. Ja, Alice mochte sogar das ein oder andere Weihnachtslied, das ihre Urgroßmutter nach dem dritten Glas Eierlikör lautstark vor sich her trällerte. Kurz: Alice mochte die schönen Seiten dieses besinnlichen Festes. Die vorweihnachtliche Hektik jedoch verabscheute sie. Sätze wie Bei Merlin, was schenke ich ihm?, Was hatte sie sich noch mal gewünscht? oder Ach du Schreck, ist morgen etwa schon Weihnachten? waren keine Seltenheit in jener Zeit am Ende eines jeden Jahres – und doch stürzt sich die Longbottom am Ende eines jeden Jahres immer wieder mit vollem Eifer in jene Zeit. Es war ein wahrer Teufelskreis.

Doch es war äußerst interessant, wie sich die Empfindungen in dieser Angelegenheit unterschieden.

Albus zum Beispiel liebte Weihnachten. Jedoch nicht aus den offensichtlichen Gründen, wie etwa Geschenke, leckere Speisen oder gar das Beisammensein der ganzen Familie. Nein, der Potter bevorzugte an diesen Festtagen die so zu sagen kleinen Dinge, über die er sich jedes Jahr aufs Neue amüsierte. Und zwar jene kleinen Dinge, mit denen niemand gerechnet hatte, demnach umso überraschender zu sein schienen und – das war der entscheidende Punkt – die meist ein recht katastrophales Ende nahmen. Ein Weihnachten ohne Unfälle sei kein richtiges Weihnachten, hatte er einmal gesagt – weshalb es auch nicht verwundern sollte, dass das vorletzte Weihnachten den ersten Platz seiner Top Ten in Sachen Weihnachtsturbulenzen ergatterte. Der brennende Weihnachtsbaum war auch wirklich ein Highlight. Nun ja, man sollte Ron vielleicht auch nicht die Aufgabe zukommen lassen, den heiligen Baum mit Kerzen zu schmücken. Allerdings hatte der Weihnachtsbaum auch noch nie so geleuchtet wie an jenem Tag.

Ganz im Gegensatz dazu war seinem besten Freund, Scorpius Malfoy, Weihnachten scheinbar gleich – Zumindest schätzte Alice jenes Empfinden so ein, denn sie hatte ihn noch nie dabei erwischt, wie er der aufwändigen Weihnachtsdekoration von Hogwarts verträumte Blicke zugeworfen hatte, genauso wenig wie sie ihn dabei beobachten konnte, voller Eifer die Heimreise anzutreten. Von Albus hatte sie einmal erfahren, dass der Malfoy keinen besonderen Wert darauf legte, an Weihnachten zu Hause zu sein. Sehr merkwürdig hatte die Longbottom diese Eigenart damals empfunden, denn wer wollte diese Zeit nicht im Beisammensein seiner Familie verbringen? Inzwischen allerdings hatte sich Alice’ Argwohn verflüchtigt – nun, wo sie den Malfoy dank Rose besser kennen gelernt hatte. Mehr oder weniger zumindest.

Rose hingegen bildete das Extrem unter den bereits genannten. Man könnte sagen, die große Leidenschaft der Weasley wären Bücher und das Erweitern ihres Wissens. Das stimmte auch, zumindest einen Großteil des Jahres. Denn sobald der Dezember näher rückte, verschoben sich Rose’ Prioritäten grundlegend. Wenn Alice es nicht besser wüsste, würde sie beinahe schon behaupten, Rose wäre der erste Weihnachtself des Weihnachtsmannes höchstpersönlich. Aber Alice wusste es besser: Rose war einfach nur verrückt – was Weihnachten anging. Ja, diese Verrückte liebte sogar die Hektik und die Verzweiflung, wenn man an den letzten Adventtagen in der Winkelgasse umherirrte und nach vergessenen Geschenken suchte. In solchen Situationen lief Rose regelrecht zur Höchstform auf und meisterte die Präsentsuche in einem Tempo, worauf sogar der Treiber der Appleby Arrows neidisch wäre. Sie hatte ein Gespür für die richtigen Geschenke, hegte eine ungewöhnlich große Sympathie für weihnachtlichen Kitsch und – das war wohl die größte Schwäche der Weasley – war dem Honigkuchen ihrer Großmutter mehr als nur verfallen. Genau genommen war sie jeder Art Honigkuchen verfallen, stammte er nun aus der kleinen Bäckerei in Hogsmeade oder von den Hauselfen Hogwarts’. Doch die feine Backware ihrer Großmutter Molly erlangte einen besonderen Status, denn da die alte Dame sehr genau um die Schwäche ihrer Enkeltochter wusste, gebührte Rose jedes Weihnachten die Ehre, das erste Stück des Honigkuchens zu verspeisen. Niemand aus der Familie scherte sich wirklich darum, das erste Stück des Kuchens zu gewinnen, außer Rose – sie nahm den kleinen Teller mit dem goldfarbenen Gebäck entgegen, als händigte man ihre gerade den Pokal der Quidditch-Weltmeisterschaft aus. Oder in Rose’ Fall zutreffender: den Hauspokal.

Die Longbottom wusste nicht recht, warum sich diese Anekdoten ausgerechnet in diesem Augenblick in ihr Gedächtnis schlichen, während sie das Szenario mit wachsamen Augen musterte, das sich an diesem kalten Tag in diesem scheinbar noch kälteren Korridor abspielte.
 

„Weasley redet Unsinn.“
 

„Unsinn, ja? Wie schön zu wissen, dass du mein Gerede für Unsinn hältst!“
 

Alice hielt den Atem an, als befürchtete sie, das entflammte Inferno durch ein Ausatmen nur noch mehr zu entfachen. Ihre Hand fand Rose’ Schulter und eine Welle der Erleichterung überschwamm die Longbottom, als sie registrierte, dass die Weasley ihrer vermutlichen Neigung, Natalie jedes Haar einzeln aus zu reißen, nicht nachging.
 

„Halt die Klappe Collister und kümmere dich lieber um deine Begleitung. Er gehört ganz dir!“, rief Rose – ihr wildes Haar flatterte um ihren Kopf, als sie sich umwandte und an Alice vorbei stampfte. Einen letzten Moment ruhten die braunen Augen der Longbottom noch auf Scorpius, dessen linker Fuß merkwürdig zuckte. Doch entgegen Alice’ Hoffnung rührte er sich nicht, um Rose’ zu folgen. Ein schmales Seufzen entwich ihren Lippen, bevor sie sich beeilte, um ihre beste Freundin noch einzuholen.
 

„Dieser Mistkerl!“, fluchte Rose, als Alice auch nur wenige Abzweigungen später wieder auf sie traf. Ihre Wangen waren gerötet und ihre dunklen Augen merkwürdig gläsern – ihren harten und schimpfenden Worten so gar nicht entsprechend.

„Wie kann er nur mit diesem Wischmob zur Party gehen? Das ist doch wirklich unglaublich!“, rief Rose und hielt in ihrer hektischen Schritten inne, als sie sich zu Alice umwandte. „Wie kann er das nur tun?“, fragte sie und nun glich ihre Stimme dem Ausdruck auf ihrem Gesicht mehr, als die Longbottom es befürchtet hatte. Rose’ Unterlippe begann zu zittern und sie presste die Lippen aufeinander, um diese äußerliche Schwäche zu verbergen. „Warum macht er das?“, fragte sie erneut und lehnte sich gegen die kalte Steinmauer. Ihre rötlich-braunen Locken verdeckten ihr Gesicht, als sie den Kopf hängen ließ und Alice konnte nur anhand der kleinen Schluchzer erahnen, wovor sich ihre beste Freundin versteckte.

„Rose“, sagte sie und wollte so gerne ein paar tröstende Worte finden – nur eine handvoll. Doch was sollte man in solchen Situationen schon sagen? Er ist nun mal ein Slytherin? Nicht gerade clever und als Alice ihre Gedanken laut aussprach, empfand sie diese als noch dümmer. Und Rose entwich lediglich ein klägliches Wimmern.

Die Longbottom trat näher und tätschelte unbeholfen Rose’ hängenden Kopf. Sie waren beste Freundinnen und doch hatten die beiden einen solchen Zustand noch nie zusammen durchkämpfen müssen. Meistens war es Alice selbst, die irgendwelchen Jungs nach weinte und sich von Rose schließlich mit ein paar exakt gewählten Worten trösten ließ. Aber auch nur, weil sie das Weinen satt hatte. Rose Weasley jedoch hatte noch nie wegen einem Jungen geweint. Eigentlich hatte Alice sie noch nie weinen sehen – noch nicht einmal damals, als ihr vorgeworfen wurde, ein Buch aus der Bibliothek nicht zurück gebracht zu haben.

Was sagte man also zu einer besten Freundin, die noch nie geweint hatte?

„Ich meine“, begann Alice schließlich zögernd. „Vielleicht ist er ja auch nur–“

Hallende Schritte jedoch ließen die Dunkelhaarige verstummen und ihr Kopf wandte sich unwillkürlich in jene Richtung, aus der das Geräusch näher zu ihr drang.

Scorpius Malfoy blieb mit einem Ruck stehen, als er die beiden Mädchen entdeckte und sein Blick huschte zwischen Rose und Alice hin und her. Sein Brustkorb hob und senkte sich in schnellen und regelmäßigen Bewegungen und seine blauen Augen waren seltsam ausdruckslos. Irgendwie – denn möglicherweise wirkten sie auch nur in jener Art, da der Malfoy sich scheinbar nicht zwischen Wut, Traurigkeit und Unsicherheit entscheiden konnte.

Alice murmelte ein „Rosie“ und als jene aufsah, den Malfoy entdeckte, straffte sie sofort ihre Schultern und strich sich das Haar aus dem Gesicht. Mit einem Wisch ihres Ärmels waren auch die letzten Spuren der seichten Tränen auf ihren Wangen beseitigt und sie stieß sich von der kalten Wand ab.

„Was willst du denn hier?“, fragte Rose tonlos. „Hast du keine Angst, dass deine Slytherinspürhunde die Fährte aufnehmen und unser gut behütetes Geheimnis aufdecken, Scorpi-Porpie?“

Scorpius schob die Hände in seine Hosentaschen und trat ein paar wenige Schritte auf die zwei Gryffindors zu.

„Die finden ihre Knochen auch ganz gut ohne mich“, erwiderte er und auch wenn sein Witz ein durchaus gelungener war – wie Alice fand – so erheiterte dieser seine Stimmlange in keinster Weise.

Rose schnaubte unter seinem kühlen Blick und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Was sollte diese Nummer eben?“, fragte er schließlich gerade heraus und durchbohrte Rose regelrecht mit seinen stechenden Augen. Diese jedoch zuckte nur mit den Schultern und minderte somit die Wirkung eines beleidigten Kindes nicht wesentlich.

„Deine Anspielungen waren nicht gerade dezent“, sagte er und näherte sich einen weiteren Schritt. „Das ist unsere Angelegenheit und geht sonst niemanden etwas an!“

Rose hob jedoch nur eine Augenbraue, die den Malfoy geradezu belächelte.

„Sie hätten etwas herausfinden können!“, donnerte dieser schließlich mit lautem Organ und jener herrschende Ton schien in der Weasley die Mauern der Verteidigung zu Fall zu bringen. Sie setzte auf Angriff.

„Du bist doch paranoid!“, schleuderte sie ihm entgegen und öffnete ihre verschränkten Arme. „Das ist doch nicht normal! Nur weil dein Vater den Namen Weasley nicht mag, drehst du völlig durch!“

„Ich will nur meinen Arsch retten – du kennst meinen Vater nicht“, entgegnete Scorpius und Rose lachte auf. „Oh ja, dein ach so böser Vater. Werd’ erwachsen Scorpius! Falls du es noch nicht bemerkt hast, wir sind alt genug, um eigene Entscheidungen zu treffen.“

Der Slytherin schüttelte mit ungelenkiger Bewegung den Kopf und es wirkte furchtbar anstrengend. „Du hast doch keine Ahnung!“, rief er. „Er würde-“

„Was? Was würde er? Dir Hausarrest verpassen? Dir dein Lieblingskuscheltier wegnehmen? Du bist volljährig, Scorpius! Verdammt noch mal!“ Rose stampfte mit dem Fuß auf und ballte die Hände zu Fäusten. Ganz im Gegensatz zu dem Malfoy, der beinahe hilflos seine Arme in die Lüfte warf. „Du verstehst es nicht“, sagte er mit entnervter Stimme. „Sie will es einfach nicht verstehen“, wiederholte er sich mit einem Blick auf Alice, als würde sie ihm nun erklären, dass alles nur ein Scherz gewesen sei. Doch deren Mundwinkel zuckten nur in einer kurzen, hölzernen Bewegung nach oben – den Dementor würde sie tun und sich freiwillig in diesen nicht zu gewinnenden Kleinkrieg einmischen.

„Stimmt“, entgegnete Rose und stemmte die Arme in ihre Hüften. „Ich verstehe es nicht.“ Und dann nahm ihre Miene einen äußerst ungewöhnlichen Ausdruck an – in Anbetracht dieser momentanen Lage. Ihre Lippen kräuselten sich und es sah aus, als bemühte sie sich um ein triumphierendes Grinsen, das ihr jedoch nicht ganz gelingen wollte. Sie strich sich das Haar zurück und wackelte etwas unbeholfen mit den Schultern. „Dann geh eben mit dieser Collister – ich habe sowieso schon ein anderes Date.“

Scorpius, dessen Haltung seit Beginn dieser Unterhaltung Überheblichkeit ausstrahlte und dessen Mimik sogar einem Riesen hätte das Selbstbewusstsein stehlen können, hustete auf, da er sich scheinbar an seinem eigenen Atem verschluckt hatte. Überrascht und in seiner Sicherheit leicht verrutscht, blinzelte er Rose an. Die Longbottom jedoch reagierte weniger unbeherrscht, jedoch nicht minder überrascht, sodass sich ihr Kopf in einer argwöhnischen Bewegung zu Rose drehte.

„Aha, und wer?“, räusperte sich der Malfoy, sich um eine Fassung bemühend, und nahm somit Alice die Worte regelrecht aus dem Mund.

„Douglas Corey“, antwortete die Weasley mit einer Beiläufigkeit, deren Absicht man wahrscheinlich noch in Australien hätte riechen können. Die rechte Augenbraue der Longbottom wanderte mit solch geringer Geschwindigkeit in ihre Stirn, dass sie dem Ausdruck der Skepsis wohl nicht gerechter hätte werden können. Douglas Corey? Hatte sich Rose nicht vor wenigen Minuten noch köstlich über ihn amüsiert und Alice mit einem bitterbösen Blick bestraft, als diese eben jenen Douglas Corey als eventuelle Notlösung vorschlug? Die eigentliche Absicht hinter dem Vorschlag der Longbottom war eigentlich nur ein Lächeln auf Rose’ Lippen zu hexen – und vielleicht auch, um dem nervigen Gefrage von Douglas endlich ein Ende zu bereiten. Aber hauptsächlich ersteres.
 

„Oh ich bitte dich, mit dieser Kröte?“, höhnte Scorpius und sein sonst so elitäres Lachen klang nun gar nicht mehr so selbstsicher.

„Er ist keine Kröte“, erwiderte Rose weniger überzeugt, als vermutlich beabsichtigt. „Er ist eben natürlich – stimmt’s, Alice?“

Die Angesprochen schreckte beinahe auf, als sie aus ihrer Rolle der stummen und unbehaglichen Beobachterin geschupst wurde und nun am Geschehen teilhaben sollte.

„Ähm“, machte sie dementsprechend überfordert, was der Weasley jedoch auch schon zu genügen schien. Diese nickte nämlich überzeugt und ihre Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf Scorpius, der verächtlich schnaufte.

„Er ist ein widerlicher Schleimer“, verdeutlichte er nachdrücklich, als hätte Rose einfach noch nicht begriffen, wen sie sich als Tanzpartner ausgesucht hatte.

„Und Natalie ist der Jackpot?“, höhnte diese hingegen und verdrehte die Augen. Alice glaubte, dass sich Rose und Scorpius irgendwann einmal köstlich über dieses nichtige Gezanke amüsieren würden. Und zugleich befürchtete sie, dass dieser Zeitpunkt noch in ferner Zukunft lag. In sehr ferner Zukunft.

„Na schön“, bellte Scorpius. „Dann geh eben mit dieser schleimigen Kröte!“

„Diese Kröte“, entgegnete Rose mit spitzer Stimme. „will sich wenigstens in der Öffentlichkeit mit mir blicken lassen.“

Und dieses Mal ertönte keine Erwiderung des Malfoys – doch seine Körperhaltung sprach für sich. Verkrampft straffte er die Schultern und als er das Kinn reckte, erkannte man seine angespannten Kiefermuskeln.

„Das ist albern“, erklang seine eiserne Stimme. Das Blau seiner Augen flimmerte matt und hilflos und während es Rose fixierte, senkten sich deren Schultern kapitulierend.

„Ja“, sagte sie müde.

Und obwohl dieses Verhalten tatsächlich albern war, diese Diskussion überflüssig und das Szenario vielleicht sogar ein wenig ulkig – so glaubte Alice, noch nie etwas traurigeres gesehen zu haben, als Scorpius den Blick senkte und schließlich mit stolzen Schritten in der Dunkelheit der winterlichen Korridore verschwand; Rose zurücklassend.
 

~
 

„Na ja, du könntest immer noch mit uns gehen?“

Rose hob eine Augenbraue und betrachtete den Potter.

„Mit euch?“, wiederholte sie ihrem Ausdruck entsprechend skeptisch und Albus zuckte unbekümmert mit den Schultern, was Rose unwillkürlich dazu veranlasste, ihm einen Klaps auf den Hinterkopf zu geben.

„Klar“, sagte sie trocken, noch ehe sich der Potter beschweren konnte. „Und dir und Alice beim Knutschen zusehen. Nein, danke.“

Albus’ Gesicht nahm beinahe in Rekordgeschwindigkeit eine rötliche Farbe an – eindeutig die Erbschaft seiner Mutter. Und während seinem protestierenden Gestammel und seinen abwehrenden Gestikulationen überlegte Rose, wie gut Douglas Corey wohl tanzen konnte; wobei sie es angestrengt vermied, einen Vergleich mit dem Malfoy anzustellen, der sich vermutlich wesentlich besser auf der Tanzfläche machte als Douglas.

Aber das war natürlich nur eine Vermutung.
 

~
 

Scorpius schrieb und schrieb und schrieb. Die Wörter auf dem Pergament flossen einfach so dahin – sein Aufsatz für Verwandlung hatte die fünfzig Zentimeter Pflichtlänge schon längst überschritten und dennoch kritzelte der Malfoy weiterhin Sätze auf das gelbliche Papier, während sich seine Flinke-Formulier-Feder gerade den letzten Rest gab und mit einem keuchenden Geräusch den letzten Tropfen Tinte ausspuckte, bevor sich ihr Schaft in einem schlappen Bogen neigte.

Scorpius stöhnte auf, warf die verbrauchte Feder von sich und rieb sich mit der flachen Hand über seine müden Augen. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und musterte den Bücherstapel, der sich vor ihm häufte und in dem spärlichen Licht der Bibliothek noch mächtiger wirkte, als er ohnehin schon war. Seine hellen Augen ruhten erschöpft auf den sich aneinander reihenden Bücherrücken und unwillkürlich huschte ein mutloses Lachen über seine Lippen – das war der Grund, warum er sich die letzten Tage gerade zu in die Arbeit gestürzt hatte. Denn kaum waren ihm ein paar Minuten der Gedankenlosigkeit vergönnt, schwebte Rose in seinen Kopf – wie oft hatte er sie dabei beobachtet, wie sie sich übereifrig hinter Bücherbergen vergrub – und erinnerte ihn daran, dass sie nun nicht mehr seine Rose war.

Er seufzte schwer und griff nach seiner Ersatzfeder, die schon völlig abgenutzt war und doppelt so viel Tinte benötigte. Aber sie erfüllte ihre Pflicht.
 

~
 

Lily Potter war nicht bekannt für ihre Geduld. Und aus dieser Eigenschaft irgendwie resultierend mochte sie es auch ganz und gar nicht, wenn ein Geheimnis in ihrer nächsten Umgebung umher flatterte, das für sie auch nur ein eben solches blieb. Demnach verstimmt wanderten ihre Augen nun schon seit einigen Minuten zwischen ihrer Cousine Rose und Alice hin und her, die ihr am Gryffindortisch gegenüber saßen und stumm ihren Eintopf verspeisten. Die Longbottom schielte in regelmäßigen Abständen zu Rose hinüber, während sich ihr Blick zwischen besorgt und ungehalten abwechselte. Rose hingegen drehte nun schon zum vierten Mal dieselbe Kartoffel auf die andere Seite und schien die Blicke ihrer besten Freundin gar nicht zu bemerken.

Eines stand für Lily fest: hier war etwas mächtig faul.

Denn während die große Halle in goldenem Licht erstrahlte, die ersten Zauberhüte schon durch Nikolausmützen ausgetauscht wurden und Peeves immer häufiger Weihnachtslieder durch das Schloss posaunte, schien sich Rose mehr für sämtliche Seiten der Kartoffel zu interessieren als für ihre Umgebung. Und das war äußerst seltsam.

Irgendetwas war vorgefallen, doch die zwei Grazien hatten mit keinem Wort etwas erwähnt, was Lily schließlich ein unkontrolliertes Schnaufen entlockte. Ihre flache Hand flog geräuschvoll auf den hölzernen Tisch und der Laut ließ Alice aufschrecken.

„Könntet ihr mir bitte erklären, was mit euch los ist?“, fragte die Potter ärgerlich.

Doch Alice’ Blick flog nur unter erneuter Besorgnis zu Rose, die wiederum nur ein „Weihnachten nervt“ grummelte.

Lily seufzte frustriert. Wie gesagt, äußerst seltsam.
 

~
 

„Vielleicht solltest du einfach noch mal mit ihr reden“, schlug Albus vor und erntete sogleich einen vielsagenden Blick von dem Malfoy. Albus verdrehte die Augen und verschränkte die Arme hinter dem Kopf, während er neben seinem besten Freund durch die Korridore streifte. Nun gut, er streifte durch die Korridore – Scorpius ging zur Bibliothek, die er übrigens in letzter Zeit beunruhigend oft besuchte. Albus hätte unter anderen Umständen ja nun vermutet, dass sich Scorpius nur so oft dort aufhielt, um Rosie zu treffen. Aber ja, unter anderen Umständen.

„Ihr seid echt völlig verrückt, weißt du das?“, sagte er und erwartete schon gar keine Antwort mehr, denn der Malfoy schien bei jenem Thema merkwürdigerweise immer augenblicklich zu verstummen.

„Ich meine, ihr macht es euch echt schwer, Mann“, redete er unbekümmert weiter und folgte dem genervten Scorpius unablässig.

„Du entschuldigst dich, sie entschuldigt sich, dann ein paar Küsschen oder was auch immer und alles ist wieder gut.“ Der Potter zuckte mit den Schultern. „Ist doch ganz einfach.“

Inzwischen hatte Scorpius seine Schritte beschleunigt und sein Blick stierte ausdruckslos geradeaus, während Albus’ permanentes Gerede ihn begleitete.

„Einer von euch müsste eben nur mal damit anfangen und ich würde sagen, das ist deine Aufgabe, Mann“, sagte er. „Sie wird dir sicher verzeihen.“

Doch sogar Albus verstummte jäh, als die Beiden um die nächste Ecke bogen und Rose beinahe in sie hinein lief. Gerade noch rechtzeitig hielt die Gryffindor in ihren schnellen Schritten inne, wodurch ihre Schuhe ein quietschendes Geräusch auf dem Boden auslösten. Auch Scorpius blieb stehen und nun starrten seine so gar nicht mehr ausdrucklosen Augen auf Rose, die mit ebenso erschrecktem Blick zurückstarrte. Jedoch nicht für lange, denn sie nahm sich kaum die Zeit, die Slytherins auch nur länger zu betrachten, als es nötig war. Mit wehendem Umhang und einer schnellen Bewegung drehte sie sich um und war im nächsten Moment auch schon wieder hinter der nächsten Ecke verschwunden.

Albus schluckte hart und Scorpius wandte sich mit gehobener Augenbraue zu ihm um.

„Ja, ganz sicher.“
 

~
 

Die heitere Weihnachtsmelodie wurde nun schon zum sechsten Mal angestimmt und Professor Flitwick dirigierte ebenso heiter auch diesen Versuch, den Weihnachtschor zu perfektionieren.

Rose grinste leicht, als der kleine, inzwischen ergraute Lehrer bei dem falschen Ton von Melissa McLaggen beinahe von seinem Podest stolperte. Mit schüttelndem Kopf richtete die Weasley ihre Aufmerksamkeit wieder auf die goldenen Laternen vor sich, die darauf warteten, mit Hilfe ihres Zauberstabs an den Wände hoch zuschweben.

Die letzten Vorbereitungen für die morgige Adventsparty wurden getroffen und alle Lehrer, Vertrauensschüler, Schulsprecher und freiwillige Helfer – wobei sich letztere eher in Grenzen hielten – schwirrten durch die große Halle, um Tische zurecht zu rücken, Christbaumschmuck zu ergänzen oder den glitzernden Schnee, der von der Decke rieselte, noch glitzernder zu gestalten.

Rose seufzte und beobachtete eine Laterne, die, von ihrem Zauberstab geführt, langsam über die hohen Fenster schwebte und schließlich dort funkelnd ihren magischen Halt fand. Rose’ Blick hing einen Moment lang beinahe sehnsüchtig an der Dekoration. Dieses Weihnachten war wirklich das tristeste, das sie je erlebt hatte – und eigentlich hatte sie geglaubt, dass die Tatsachen, eine Weasley zu sein und Hogwarts zu besuchen, jene Tristesse ausschließen würden. Aber sie lag falsch, denn ein Malfoy sprengte scheinbar alle bisher dagewesenen Grundsätze.

Dabei hatte sie sich so auf den Honigkuchen gefreut, doch selbst dieser schien nur ein kleiner, fast schon verschwindend geringer Lichtblick darzustellen.
 

„Hallo, Rose“, ertönte eine ölige Stimme.

Und natürlich nahm ihr Unglück kein Ende.
 

Mit einem gequälten Lächeln und einer hölzernen Bewegung drehte sie sich um und erblickte, wen sie erwartet hatte: Douglas Corey.

„Hey Douglas“, sagte sie und erkannte mit dem Hauch eines Schreckens ein Lächeln auf seinem Gesicht.

Douglas Corey hatte in etwa dieselbe Größe wie sie, was sie nicht unbedingt verurteilte; diese Größe allerdings kombiniert mit seinen wulstigen Proportionen ließen den Hufflepuff irgendwie unförmig wirken. Sein braunes Haar trug er kurz und auch wenn diese Form nicht gerade vorteilhaft für sein ovales und schlaffes Gesicht war, so konnte man seine Frisur auch nicht direkt als Katastrophe bezeichnen. Doch als sie sich vor wenigen Wochen noch über seine unreine Haut beschwert hatte, so empfand sie diese nun im Gegensatz zu seinem Gerede fast schon als Segen. Aber auch nur fast.
 

„Du siehst heute wirklich wieder hübsch aus“, sagte er.

Man könnte denken wirklich nett!

„Ich mag Frauen, die nicht so sehr auf ihr Äußeres achten.“

Und dann kam so etwas.

Doch das eigentlich Erschreckende daran war, dass er diesen Worten keine höhnende Bedeutung beimaß, sondern sie wahrhaftig ernst meinte. Seit sie ihm für die Weihnachtsparty zugesagt hatte, hegte er scheinbar das Bedürfnis, ihr jeden Tag einen kleinen Besuch abzustatten und sie mit seinen Komplimenten zu beglücken. Dabei war er jedoch so radikal ehrlich, dass er sie vor wenigen Tagen sogar auf ihre dunklen Augenringe hinwies, die er übrigens ganz bezaubernd fand.

Nicht gerade die Art Komplimente, die Rose im Moment brauchte.

„Danke, Douglas“, seufzte sie und überlegte, wie sie nun am glaubwürdigsten ihre übergroße Beschäftigung erklärte, während Douglas irgendetwas von Manschettenknöpfen, Krawatten und Flubberwürmern faselte. Doch seine monotone Stimme drang kaum bis zu Rose’ Bewusstsein hindurch; erst recht nicht, als in jenem Augenblick Scorpius die Große Halle betrat und seine blauen Augen magnetengleich die Weasley fanden.

Unverzüglich brach Rose in schallendes Gelächter aus und höchst amüsiert boxte sie dem völlig verwirrten Douglas gegen den Oberarm.

„Doug, du bist so lustig“, japste sie unter ihrem künstlichen Gekicher und erkannte aus den Augenwinkeln, dass der Malfoy auf dem Absatz kehrt machte und aus der Halle stolzierte.

Ihr Lachen erstarb sobald Scorpius verschwunden war.

Douglas dagegen schien neuen Mut gefasst zu haben und verkündete nun höchst motiviert jeden Witz, den er kannte. Und er schien einige zu kennen.

Vielleicht machte Rose sich lächerlich, ja – aber sie hatte es wirklich satt, zu weinen.
 

~
 

„Bist du sicher, dass es dir gut geht?“, rief Alice aus dem Badezimmer und stellte diese Frage nun schon zum gefühlten hundertsten Mal. Rose verrollte die Augen – sie weigerte sich, auf jene Frage erneut zu antworten.

„Ich wollte nur sicher gehen“, rechtfertigte sich die Longbottom, als sie aus dem Badezimmer trat und Rose’ genervten Blick entdeckte.

„Bist du jetzt fertig damit?“, scherzte Rose und die Antwort ihrer besten Freundin war ein fliegendes Kissen, dass die Weasley am Kopf traf.

Es war der dreiundzwanzigste Dezember – der Tag der Adventsparty. Und der letzte Tag an Hogwarts in diesem Jahr, denn morgen früh würde die meisten unter ihnen die Reise nach Hause antreten, um über die Feiertage bei ihren Familien zu sein. Ein wahrer Hoffnungsschimmer, wie Rose fand. Denn im Moment wollte Rose nichts sehnlicher, als den steinernen Wänden Hogwarts’ zu entrinnen und im Kreise ihrer Familie hoffentlich die nötige Ablenkung zu finden. Die Aussicht auf Grandma Mollys Honigkuchen war natürlich ein Bonus.

„Ich meine es ernst, Rosie“, sagte Alice und gesellte sich zu Rose auf ihr chaotisches Bett – die Weasley hatte bei dem Versuch, ihr Chaos in den Koffer zu packen, aufgegeben.

„Wenn du willst, kannst du gerne mit Albus und mir zur Party gehen.“

Erneut verdrehte die Weasley ihre Augen. „Du glaubst gar nicht, wie gut ihr beiden zusammen passt“, sagte sie nur und bemerkte amüsiert, dass Alice’ Wangen sich trotz irritiertem Gesichtsausdruck rosa färbten. „Und jetzt verschwinde endlich. Dein Potter wartet auf dich.“

Alice braucht scheinbar einen Moment, um sich zu sammeln, bevor sie ein aufgeregtes Quieken hören ließ, aufsprang und zur Tür des Mädchenschlafsaales eilte. Dort angekommen drehte sie sich noch einmal um und ihr schneeweißes Kleid wirbelte umher. Ihr mitleidiger Blick ruhte auf Rose, die jedoch nur aufstöhnte. „Geh, und amüsier dich gefälligst“, rief sie und lachte auf, als Alice salutierte und mit einem „Aye, aye“ aus dem Mädchenschlafsaal huschte.

Kaum fiel die hölzerne Tür mit einem leisen Klacken, das in dem leeren Raum furchtbar laut wirkte, in ihre Angeln, als Rose auch schon ein tiefes Seufzen entwich. Schwerfällig richtete sie sich von ihrem Bett auf und schlürfte zu einem großen Standspiegel, der den Mädchenschlafsaal zierte. Ihr Blick wanderte an dem roten Stoff ihres Cocktailkleides hinauf, der sich in recht ansehbaren Falten um ihren Körper schmiegte und trotz seiner Schlichtheit wirklich hübsch aussah. Sie hatte sich bewusst geweigert, sich unter den Weihnachtsfarben für Grün zu entscheiden.

Ihr Dekolleté schimmerte leicht, je nach Bewegung und Lichteinfall, dank einer Muggelcreme von Alice. Überflüssig, hatte Rose gesagt – doch Alice hatte darauf bestanden. Gerade noch so konnte sie die Longbottom davon überzeugen, dass sie die Creme nicht auf ihrem ganzen Körper verteilte. Ein kleines Lächeln schlich sich auf Rose’ Lippen, das jedoch sofort wieder im Nichts versank, als ihr Blick die Augen ihres Spiegelbildes erreichten. Matt blinzelten die dunklen Pupillen ihr entgegen und sie versuchte es mit einem breiten Lächeln, das den Anblick jedoch nur noch grotesker wirken ließ. Das Lächeln erreichte ihre Augen nicht.

Mürrisch stöhnte Rose auf und wandte sich von dem Spiegel ab, um den Mädchenschlafsaal schließlich auch zu verlassen – allerdings nicht ganz so quirlig wie Alice zuvor.

Sie durchquerte den Gemeinschaftsraum der Gryffindors, in dem sich schon einige Paare zusammen gefunden hatten um ebenfalls zur Party zu gehen. Immer wieder vernahm Rose ein Kichern und man konnte die Frage, ob denn die Frisur noch sitze, aus beinahe jeder Richtung hören. Aber nur wenige hatten sich richtig in Schale geworfen – es war schließlich nur eine Party, die den Schülern die Möglichkeit bot, ein bisschen Weihnachen zusammen zu verbringen. Viele Jungs trugen schlichte Jeans und ein Hemd, die Mädchen bevorzugten scheinbar hübsche, aber legere Kleider oder Röcke.

Rose quetschte sich grummelnd an einer kleinen Gruppe Fünftklässler vorbei, die den Tunnel zum Portraitloch versperrten. Douglas wollte vor dem Portrait der Dicken Dame warten und als sie aus dem Portraitloch trat, sichtete sie ihn sofort. Zwar hielten sich vor dem Zugang zum Gryffindorturm nicht viele Schüler auf – lediglich wartende Kavaliere oder tratschende Grüppchen – doch trotzdem stach Douglas aus der kleinen Menge förmlich heraus.

Er trug einen dunkelblauen Smoking, darunter ein weißes, mehr als nur glattes Hemd und Rose meinte sogar eine Weste erkennen zu können. Sein Hals zierte eine rote Fliege und an seinen Ärmeln blitzten goldene Manschettenknöpfe – hatte er so etwas nicht mal erwähnt? Und warum war Rose nicht eingeschritten?

Einen Moment, einen wirklich kurzen Moment, überlegte sie, ob sie sich nicht schnell wieder aus dem Staub machen sollte – doch da entdeckte er sie auch schon und ein strahlendes Lächeln legte sich auf seine Lippen, das seine Pickel noch mehr zum Leuchten brachte.

Rose seufzte und trat auf ihn zu, während sich einige ihrer Mitschüler nach Douglas umdrehten, bevor sie mit vorgehaltener Hand zu kichern oder flüstern begannen.

Großartig.

„Wow“, sagte Rose verkniffen. „Du siehst ja richtig – schick aus.“ Nur mühevoll konnte sie das höfliche Lächeln erhalten und als sie Douglas mit hochrotem Kopf in Richtung Große Halle folgte, der in Sachen Komplimente wieder zur Hochform auflief („Deine Beine sehen in diesem Kleid viel schlanker aus als sonst.“) rief sich Rose stets den Funken Hoffnung am Ende des Horizonts in Erinnerung:

Honigkuchen, Honigkuchen, Honigkuchen.
 

~
 

Abgesehen von einer Laterne, deren Schwebezauber scheinbar nachgelassen hatte und die jetzt auf halber Höhe an der Wand herum dümpelte, war die Party durchaus gelungen, dachte Rose, als sie zusammen mit Douglas durch die Große Halle schritt.

Der verzauberte Himmel an der Decke strahlte in einem dunklen Blau und die funkelnden Sterne wurden gelegentlich durch dicke, flauschige Wolken verdeckt, die nach Lust und Laune zu schneien begannen. Die glitzernden Flocken jedoch lösten sich etwa zwei Meter vor Berühren des Bodens auf und hinterließen ein kurzes Schimmern. Außer den goldenen Laternen, die sich im ganzen Raum verteilten, spendete der riesige und strahlende Tannenbaum das nötige Licht, sodass die Halle zwar ausreichend beleuchtet war, jedoch nicht zu grell wirkte. Es herrschte eine Atmosphäre, die dazu einlud, sich mit Tee und Gebäck am Tisch seiner Freunde nieder zu lassen oder aber mit seinem Partner romantisch über die Tanzfläche zu schwingen – ihr Blick fiel auf Douglas – oder auch nicht.

Entlang der Tanzfläche verlief die Bar und Rose steuerte automatisch auf sie zu. Zwar bezweifelte sie, dass alkoholische Getränke angeboten wurden, aber der Gedanke, etwas in ihren Händen zu halten, beruhigte sie – denn Douglas’ Hand hatte sich schon gefährlich oft in die Nähe ihrer verirrt. Außerdem bestand ja noch immer die Hoffnung, dass einer ihrer Cousins dem Punsch eine gewisse Würze verpasst hatte.

Die allgemeinen Regeln des Anstandes außer Acht lassend, ließ Rose ihren Blick durch den Raum gleiten, während Douglas begann von der richtigen Zubereitung seines Lieblingsgerichtes – Erbsensuppe – zu plaudern. Sie bereute es allerdings sofort, dass sie nicht weiterhin Douglas’ Gerede gelauscht hatte. Denn in jenem Augenblick betrat Scorpius die Große Halle, zusammen mit Natalie, deren Kleid natürlich ein grünes war. Sie hing an Scorpius’ Arm, der lediglich ein schwarzes Shirt und ein Jacket trug und damit so unverschämt gut aussah, dass es beinahe wehtat. Natalies überfröhliches und strahlendweißes Lachen erweckte ein Gefühl in Rose, das einer Tobsucht ziemlich ähnlich kam. Und dennoch schien sie wie versteinert, als sie mit feurigen Wangen und rasendem Herzen beobachtete, wie Natalie besitzergreifend ihre Hände in Scorpius hintere Jeanstasche schob. Doch noch ehe sich Rose’ Vorstellung, wie sie Natalie in eine stinkende Ratte verwandelte, präzisieren konnte, erschien plötzlich Lilys strahlendes und von Sommersprossen übersätes Gesicht in ihrem Blickfeld. Ihr rotes Haar stand in einem nicht gerade unauffälligen Kontrast mit dem pinkfarbenen Dress, das ihren doch schon so erwachsenen Körper zierte.

„Fröhliche Weihnachten“, sagte die Potter fröhlich und zog somit unwillkürlich Rose’ Aufmerksamkeit auf sich.

„Wir sehen uns an Weihnachten noch, Lily. Wir sind verwandt, falls du es vergessen hast“, erwiderte Rose und Lily winkte ab. „Ja, ich weiß. Aber heute sagen alle Frohe Weihnachten – so etwas gewöhnt man sich schneller an, als man glaubt.“

Rose nickte verstehend, was sie wohl selbst verwundert hätte, wenn sie nicht gerade damit beschäftigt wäre, einen gewissen Malfoy ausfindig zu machen, den sie durch Lilys Auftauchen nämlich aus den Augen verloren hatte.

Mit einem kleinen Schnauben richtete Rose ihre Aufmerksamkeit nach einer erfolglosen Suche schließlich wieder auf Lily, die Douglas indessen mit zweifelndem Blick musterte, während dieser erneut das Thema seines Lieblingsgerichtes aufgriff und munter von der richtigen Auslese der Erbsen erzählte.

„Ah“, machte Lily anschließend nur und blinzelte Rose an. „Ich geh dann auch mal wieder.“ Und weg war sie.

„Weißt du“, begann Douglas. „Um die Erbsen so richtig schön knackig zu lassen-“

„Willst du uns nicht ein paar Drinks holen gehen, Doug?“, unterbrach Rose ihn mit gereizter Stimme und auch wenn der Hufflepuff von der plötzlichen Unterbrechung scheinbar überrascht war, so nickte er hektisch und drängte sich auch schon durch die vielen Schüler, die an der Bar anstanden und auf ihre Getränke warteten.

Die Weasley seufzte lange und erschöpft, während sie glückliche Paare beim Tanzen beobachtete. Mit schmerzhaft krampfendem Herzen wandte sich Rose von der Tanzfläche ab und ihr Blick fand Alice, die sich scheinbar gerade köstlich über einen von Albus’ Witzen amüsierte – und möglicherweise etwas zu sehr ihrem Lachen nachgab, denn sie verschluckte sich an ihrem Butterbier, sodass der Potter ihr auf den Rücken klopfen musste.

Rose lachte leise und auch wenn Albus und Alice wahrscheinlich das ulkigste Paar darstellten, das Rose je gesehen hatte, so empfand sie doch einen Funken des Neids, als sie beobachtete, wie die Hand des Potters viel länger als nötig auf Alice’ Rücken verweilte und der Rotschimmer auf den Wangen der Longbottom sicher nicht nur ein Zeichen ihrer Beinahe-Erstickung war.
 

„Weißt du eigentlich, dass du dich total lächerlich machst?“, ertönte eine raue und eisige Stimme an ihr Ohr und automatisch zogen sich Rose Augenbrauen zusammen.

Es war das erste Mal seit Wochen, dass sie miteinander redeten. Aber es hätten auch Jahre sein können, so ewiglich fühlte es sich an.

„Und weißt du eigentlich, wie wenig mich das interessiert?“, entgegnete sie murrend und wandte sich zu Scorpius um.

„Das sah eben aber ganz anders aus.“ Er betrachtete sie lediglich aus den Augenwinkeln und Rose verfluchte ihn für seine Größe, die seine Überheblichkeit nur noch unterstrich. Sie schnaubte geräuschvoll und richtete ihren Blick wieder auf die Tanzfläche, wo die sich drehenden Paare nun wirkten wie schwirrende Farben in einer nicht weniger farbenprächtigeren Umgebung. Scorpius raubte ihr den Verstand und es war grausig, nichts dagegen tun zu können.

„Tia“, sagte sie schließlich. „Dann hast du dir das wohl eingebildet – das kannst du ja so gut.“ Sie spürte, wie sich Scorpius neben ihr regte und scheinbar etwas erwidern wollte, doch noch ehe sie seine Bewegung auch nur in irgendeiner Weise deuten konnte, erschien Douglas mit zwei Butterbier an ihrer Seite. Und Scorpius verschwand kommentarlos zwischen den Schülern.

„Was wollte denn Malfoy bei dir?“, fragte Douglas argwöhnisch, als er Rose ein Butterbier reichte, die sich mühevoll weigerte, dem Slytherin hinterher zu sehen. Sie richtete ihren Blick starr auf die Tanzfläche und setzte die Flasche Butterbier an, die sie in einem Zug zur Hälfte leerte.

„Fragen, wo die Toiletten sind“, antwortete sie schließlich angespannt.

„Und hast du es ihm gesagt?“, fragte er weiter und nun wandte sich Rose doch von der Tanzfläche ab. Mit hochgezogener Augenbraue blickte sie Douglas an.

„Ich mein ja nur“, verteidigte dieser seine scheinbar dumme Frage. „Schließlich steht er jetzt da drüben und starrt hier her.“

Rose blinzelte. Mit einer hektischen Bewegung drehte sie sich in jene Richtung, in die Douglas mit seinem Butterbier gedeutet hatte, und sie erkannte Scorpius, dessen durchdringender Blick auf ihr ruhte. Natalie quasselte neben ihm heiter vor sich hin und schien seine geistige Abwesenheit nicht zu bemerken.

Rose straffte die Schultern und wandte dem Malfoy wieder den Rücken zu.

„Keine Ahnung. Diese verrückten Slytherins, also echt“, grummelte sie und leerte ihr Butterbier.

„Also wenn dieser Malfoy dich belästigt“, sagte Douglas hochmütig und automatisch schwellte sich seine Brust. „Dann kriegt er es mit mir zu tun, keine Angst. Sag mir einfach nur bescheid. Ich werde mit ihm schon fertig!“

Ein kleines Schmunzeln zuckte in Rose’ Mundwinkeln und sie kam nicht umhin, in ihrem möglicherweise etwas merkwürdigen Rendez-vous eine doch recht goldige Seite zu sehen. Sie stellte die leere Flasche Butterbier auf einen Stehtisch ganz in ihrer Nähe und griff nach Douglas’ Hand, der jäh überfordert damit war.

„Mein Held. Und jetzt gehen wir tanzen.“ Noch ehe Rose die letzte Silbe ausgesprochen hatte, zog sie ihn auch schon hinter sich her.
 

~
 

Dicht drängten sich die Paare auf der Tanzfläche und die vielen bunten Farben der Kleider und Anzüge leuchteten wie Lichter zwischen dem gedämpften Schein der Laternen. Der glitzernde Schnee, der von der Decke herab rieselte, verlieh dem Anblick noch das letzte funkelnde Detail.

Wie tausend tanzende Regenbögen, dachte Rose, während sie sich mit Douglas drehte und über dessen Schulter hinweg die Große Halle musterte.

„Ich habe noch gar nicht von dem Honigkuchen probiert“, flüsterte sie so leise, dass Douglas es nicht hören konnte. Wie seltsam und doch ulkig, dass ihr in diesem Moment jener Gedanke kam. Doch vielleicht war es auch einfach nur dieses Gefühl, das die goldenen Laternen in ihr weckten, die über ihre Köpfe hinweg schwebten.

Eine Art Wunschtraum, denn der Honigkuchen bedeutete glücklich sein.

Ein Lächeln schlich sich auf Rose’ Lippen, welches ihr unvermittelt im Halse stecken blieb, als sie Douglas’ Hand über ihren Rücken streichen spürte.

„Du fühlst dich gut an“, sagte er ölig und die Weasley beherrschte sich nur mit viel Mühe, ihre Miene nicht angewidert zu verziehen.

„Ach ja?“, antwortete sie zögerlich und Douglas nickte.

Statt weitere, bedenkliche, Komplimente lauten zu lassen, wirbelte er sie weiter durch die Halle, sodass Rose kurzzeitig die Orientierung verlor – sie jedoch auch schneller wiederfand, als es ihr lieb war. Unmittelbar in ihrer Nähe führte gerade Scorpius Natalie über die Tanzfläche, und sein Blick war auf Rose gerichtet. Ein sturer, regelrecht wilder Blick, der sie aus diesen blauen Augen traf und ihr Herz scheinbar dazu verleitete, unkontrolliert zu schlagen, ihren Verstand hingegen aber lähmte.

Ohne das wirkliche Bewusstsein über ihre Handlung, übernahm Rose die Führung und zusammen mit Douglas wirbelte sie zwischen den vielen Paaren umher, bis sie sie ihr Ziel schließlich erreicht hatte. So dicht und zugleich unbemerkt, wie es bei jenem Andrang in der großen Halle möglich war, hatte sie sich Scorpius genähert.

„Und, hast du deinen Spaß?“, zischte sie dem Malfoy ungehalten zu, während Douglas unbekümmerte vor sich hin wippte und mit geschlossenen Augen die Muse der körperlichen Ausdrucksweise zu genießen schien.

„Und du?“, entgegnete Scorpius nicht weniger diskret oder gar mürrisch.

Ein letzter, erzürnter Blick – ein Funken, der übersprang.

Was war noch gleich der Auslöser dieses Gefechtes gewesen? Bei diesem Kampf um was auch immer? Wo hatte sich der Ursprung versteckt? Es war fürchterlich, nicht zu wissen, wohin man gehen sollte. Doch es war völlig verrückt, nicht einmal mehr zu wissen, woher man kam.

Hatte es nicht einmal mit einem Fehler begonnen? Mit der Ungerechtigkeit, die doch in der Perspektive eines jeden Individuums so gänzlich andere Formen annahm. Aber wenn es doch mit einem Fehler begann, mit dem falschen Handeln – wessen eigentlich? – warum nur fühlte sich nun das genaue Gegensätzlich, das somit eigentlich Richtige, so falsch an?

Und der letzte Funke war verglüht, als Douglas die Führung wieder für sich gewann und Rose mit leichten Schritten und einem Summen auf den Lippen von Scorpius entfernte.
 

Erneut verlor Rose die Orientierung – unsicher, ob jener Verlust an Douglas heiterem Tanztempo lag oder an ihrer inneren Verwirrung. Unsicher, wo oben und unten, links und rechts, richtig oder falsch ihre Plätze fanden, brach in einem überraschenden Moment die Sicherheit über sie herein, als sie Scorpius sichtete, der sich mit vollem Ellenbogeneinsatz durch die Menge drängte. Die zur Seite geschupsten Mitschüler klagten und gestikulierten, warfen mit irritierten Blicken um sich und zu der wachsenden Aufmerksamkeit gesellte sich Natalies Stimme, die hysterisch Scorpius’ Namen rief.

Er erreichte Rose in jenem Moment, als auch Douglas die veränderte Situation begriff. Mutig baute sich der Hufflepuff vor Scorpius auf, doch ein Blick des Slytherins genügte, um Douglas weichen zu lassen.

Ein beinahe durchtriebenes Grinsen entstand auf Scorpius’ Lippen, das Rose so vertraut war und in diesem Moment doch so überraschte, dass sie ihn nur mit sehr wahrscheinlich dämlichem Gesichtsausdruck anblinzeln konnte.
 

Und dann küsste er sie. Vor aller Augen. Und der Honigkuchen verpuffte aus Rose’ Gedanken.

Denn das war so viel besser als das erste Stück des Kuchens.
 

---
 

Meine lieben Leser,

das Gerüst dieses Kapitels steht schon fest seit dem ersten Gedanken, den ich an un.expected verlor. Zwar hat sich das Endergebnis etwas geändert, aber ich hoffe trotzdem, dass es euch etwas gefallen hat :) Der Streit zwischen Rose und Scorpius ist nun recht 'kurz' ausgefallen, bekam aber durch die kleinen Zeitsprünge hoffentlich den erwünschten langwierigen Effekt ;)

Und ich mag Douglas irgendwie - er ist so schön verrückt :D
 

Eure Schnie



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Von: abgemeldet
2012-07-08T01:40:02+00:00 08.07.2012 03:40
Hallo :)
Was für ein tolles Kapitel. Es hat mir sehr gut gefallen. Ich hab da jetzt mal eine Frage, wer war die Person am Ende? Will man Voldi wieder auferstehen lassen, oder wie? Das war ein wunderbars Kapitel. Ich an Rosie ihrer Stelle hätte mich auch versteckt. Ich fand die Szene auf den Astronomieturm richtig toll. Insgesamt ein super Kapitel.

Grüße
B0UNTY
Von: abgemeldet
2012-07-02T21:58:53+00:00 02.07.2012 23:58
Hey :)
Was für ein Kapitel.
Nicht wahr, oder? Scorp geht doch nicht mit dieser komischen zum Ball, oder? wenn ja gehe ich sterben XD Ich meine Rose würde besser zu ihm passen, als begleiterin und so. Ich glaube das Ende war Marcus. der ist doch eh schon so komisch, wenn ich mich richtig entsinne.

Trotz allem war es ein super Kapitel, welche mir sehr gut gefallen hat.

Grüße
B0UNTY
Von: abgemeldet
2012-07-02T21:28:57+00:00 02.07.2012 23:28
Ach du heiliger...
Die Erkenntnisse kamen aber mehr als nur schnell. Ich muss gestehen dieses Kapitel ist wahrlich einer meiner lieblinge :) Albus hat Harry einen Brief wegen Marcus geschrieben? Ich bin gespannt, was dabei rum kommt. Die ganze Beschreibung von diesem Kapitel war wunderbar. Einfach toll. Es hat mir viel Spaß gemacht dieses Kapitel zu lesen

Grüße
B0UNTY
Von: abgemeldet
2012-06-27T17:17:08+00:00 27.06.2012 19:17
Hallo
Also mir ist etwas aufgefallen. Und zwar folgendes. Die Zeit zum Nachsitzen ging mehr als schnell rum. Es kam für mich so rüber, als wären es gerade einmal ein paar Minuten gewesen und nicht 2 Stunden. Vielleicht meinte ich das nur, wer weiß. Ich fand Alice hat ziemlich komisch reagiert. Wie sie Marcus verordnet hat mit ihr zu gehen, als wäre er ihr Hündchen oder so was. Das Verhaltnis zwischen Scorp & Rose wird immer und besser, wie man merkt. Vielleicht bahnt sich zwischen den beiden auch was an?

Grüße
B0UNTY
Von: abgemeldet
2012-06-27T17:11:35+00:00 27.06.2012 19:11
Hi :)
Was für ein Kapitel. Ich fand Rose hat wegen Alice ihrem Date ziemlich überreagiert. Aber vielleicht war es ja begründet? Ich finde es interesannt wie sich das Verhältnis zwischen Rsie und Scorp sich langsam ändert. Es ist eine Tolle Idee für die Handlung. Ich möchte ja gerne mal wissen, wie das Date von Alice wird?

Schönes Kapitel

Grüße
B0UNTY
Von: abgemeldet
2012-06-27T17:07:51+00:00 27.06.2012 19:07
Hey, eigentlich habe ich das MKapitel jetzt schon mehr mals gelesen, aber immer das Kommi vergessen *drop* Deswegen wunder dich bitte nicht, wenn das Kommi nun etwas kürzer wird, wahrscheinlich auch in den anderen Kapitel ^^" jetzt amer das wichtigste :)

Ich fand das Kapitel ist der sehr gut gelungen. Ich fand es genial wo Scorp Natalie abblitzen lassen hat. Ich kann dieses "Mädchen" eh nicht wirklich leiden,m deswegen hat mich das sehr gefreut. Das aufeinander treffen von Scorp, Al & Rose sehr lustig.

Du hast das Kapitel gut beschrieben und war sehr schön flüssig zu lesen, was erwartet man auch anderes? Die Handlung des Kapitels war Top.

Grüße
B0UNTY
Von: abgemeldet
2012-06-18T20:52:05+00:00 18.06.2012 22:52
Hi :)
Ich muss sagen ich mag Alice. Sieht würde perfekt zu Albus passen :) Rose macht sich wegen Malfoy zu viele Gedanken.

Ich bin wegen dem nächsten Kapitel gespannt.

B0UNTY
Von: abgemeldet
2012-06-18T19:44:33+00:00 18.06.2012 21:44
Hey :)
Tolles Kapitel. Ich muss sagen das ich die Aktion von Scorpius mehr als gemein fand. So was habe ich in meiner Leserlaufbahn noch nie erlebt. Trotzdem fande ich das Kapitel mehr als unterhaltsam :D Rose fand ich gut mit ihrer Aktion wo sie Versucht die Bilder verschwinden zu lassen.

Grüße
B0UNTY
Von: abgemeldet
2012-06-18T18:49:52+00:00 18.06.2012 20:49
Hi :)
Der Prolog ist für den Anfang echt gut und macht mich heiß auf mehr, das hört sich an xD. Ich fand die Beschreibung von Rose und ihrem Verhältnis zwischen Scorpius gut beschrieben. Ich muss auch sagen, dass ich dein Schreibstil sehr mag. Er ist angenehm zu lesen :)

Grüße
B0UNTY
Von:  JO89
2011-06-25T20:20:18+00:00 25.06.2011 22:20
Ich bin entzückt. Das Foto ist ja, eine Frechheit.
Und das mit der Rache des Klos ist einfach nur Pech.
aber ich liebe diese Geschichte :D


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