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Die Ganze Geschichte

von

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Es geht weiter

1

MAXI

Also, wo soll ich anfangen? Am besten da, wo alles begann.
 

Wir saßen auf Camelot und hatten nichts zu tun. Vanessa war abgehauen. Ihre alte Liebe für Gonzo Gonzales war auf einmal wieder aufgeflammt und sie hatte alles stehen und liegen gelassen für ihn. Leon hatte das seltsamerweise nie wirklich gejuckt, das lag vielleicht auch an Hanna. Ich sollte vielleicht zuerst mal erwähnen: Bei uns ging es nun wirklich nicht mehr um Fußball. Eher um die Liebe, und um Eiswürfel. Vorallem aber um Eiswürfel. Dazu aber muss ich weiter ausholen. Vielleicht wollt ihr auch wissen, wer Hanna ist. Oder Carly kennenlernen. Oder juckt es euch, mehr über die Sache zwischen Nerv und Klette zu erfahren? Dann solltet ihr jetzt mal gut aufpassen. Also, alles begann, nachdem wir die Vampire besiegt hatten ...
 

„Leon, gib mir sofort die Decke zurück! Ich frier mir hier den Arsch ab und dich juckt das nicht im Geringsten!“ Leon grinste verschmitzt und hauchte Hanna einen Kuss auf den Mund, der ihre Gesichtzüge glättete. Er legte ihr die Decke auf die Beine und legte einen Arm um ihre schmalen Schultern. „Tropf, tropf, ich hör das Schmalz schon triefen!“, beschwerte sich Juli über das Geturtele der Beiden unter seiner Mütze. Ich grinste ihn dumm an. „Grins nicht so blöd, und wehe, du fängst hier jetzt mit Carly das Rumgeknutsche an!“ Ich steckte mir einen Eiswürfel in den Mund, anstatt zu antworten, und lutschte ihn genüsslich. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und fast aus den Angeln gehoben, mit so einer Wucht kam Joschka reingeplatzt. Er hielt drei zerknitterte, verschmierte Zettel in der Hand, die schon älter aussahen. Sein Grinsen reichte von einem Ohr zum anderen. Julis Blick verschärfte sich. Er kniff die Augen zu und blinzelte Joschka skeptisch an. In seinem Blick lag die unausgesprochene Frage: „Hat der kleine Dreckskerl schon wieder in meinen Sachen geschnüffelt?!“ Die Frage erledigte sich von selbst, als Joschka, ohne auch nur ein „Hallo“ von sich zu geben, begann vorzulesen. „Allerliebste geliebte Carly!“ Schon weiteten sich Julis Augen. „Ich kann nachts kein Auge zutun, weil ich immerzu an deine himmelblauen Augen denken muss, nicht zu vergessen deine honigblonden Haare, immer mit einem Glanz, wie gerade von der Sonne sanft angehaucht. Und natürlich deine herrlichen, rosigen Lippen, ein Rosé-Ton wie eine taufrische Orchidee! Carly, ich liebe dich, und ich werde für immer dein Romeo sein! Meine Liebe ...“ Weiter kam er nicht. Juli war aufgesprungen und hatte Joschka die Blätter aus der Hand gerissen. Sein Gesicht war blutrot angelaufen, und seine Zähne zusammengebissen. „Du ... du kleines Dreckskind! Wer hat dir erlaubt, in meinen Sachen zu schnüffeln? Etwa deine beschissene Jule?“ Joschkas Gesichtsausdruck wechselte von süffisant grinsend zu betrübt. Er verließ Camelot und setzte sich unten auf den Rasen. Carly, Hanna, Leon, Raban, Nerv, Klette, Markus und ich verstanden nur Bahnhof.

Vielleicht sollte ich zwischendurch erklären, dass Blossom, Marry, Terry und Düsentrieb gegangen waren. Abgehauen waren sie. Zurück zu Darkside. Das Leben als Mensch reizte sie nicht mehr, wenn sie alles haben konnten. Warum auch immer, aber sie liebten die Sehnsucht und das Dunkle, Verborgene. Kein Problem für mich, Blossom hatte die hässlichste Frisur des Planeten, und geliebt hatte ich sie auch nicht gerade. Oh, diesen Satz sollte Carly wohl besser nicht hören. Aber ich liebte sie ja, meine Carly.

Also, wo war ich? Ach ja.

Klette sprach aus, was alle dachten. „Wer zum Teufel ist Jule?“ Julis Gesicht hatte sich abgekühlt und er setzte ein durchtriebenes Grinsen auf. „Jule“, begann er, „ist, oder viel besser war Joschkas ‚große Liebe‘. Die wievielte auch immer. Aber der aaarme Joschka wurde gestern eiskalt von ihr abserviert.“ Er grinste immernoch. Ich konnte in Carlys Gesicht ablesen, wie leid er ihr tat. „Hey, komm! Es geschieht ihm ganz recht, dass er mal an die Falsche gerät! Sonst serviert er die Mädels der Reihe nach ab!“ Carly verdrehte die Augen, und auch Hanna nahm Joschka in Schutz : „Aber wenn er sie doch liebt! Sei nicht so fies, Juli!“ Er verdrehte die Augen. „Nicht mal Schadenfreude ist einem hier gegönnt...“, murmelte er. Da meldete sich Nerv zu Wort. „Also, Maxi, können wir dann allmählich mal? Ich hab keine Lust ... Wuaaaaah!“ Alamiert sprang ich auf. Wenn Nerv schrie, konnte in den nächsten zehn Sekunden die Welt vernichtet werden. Er war von seiner Kiste gerutscht (er saß auf einer Holzkiste, belegt mit einem zerfusselten Kissen) und hatte eine offene Colaflasche und eine Schüssel Chips zu Boden gerissen. Ich stöhnte auf. „Kannst du nicht ein einziges Mal irgendwo sitzen, ohne irgendwas zu zerstören?“ Ich fragte mich, ob ich diese Frage gerade ernst gemeint hatte. Also ob sich das nicht von selbst beantworten würde! Nerv grinste dumm vor sich hin, was er ohnehin am besten konnte. Warum hatte ich keinen klugen Bruder, oder wenigstens einen weniger nervigen?! Aber Nervs Schicksal war es nunmal, andere grundlos zu nerven. Womit ich das verdient hatte, war mir nicht so ganz klar. Ich könnte ihn oft genug köpfen. Ich verpasste ihm eine leichte Ohrfeige. Ohne was zu sagen, rieb er sich das Ohr und versuchte, aufzustehen, Schon das war ein Problem für ihn. Er rutschte auf der ausgelaufenen Cola aus und setzte sich erneut unfreiwillig auf den Boden. Klette klatschte die Hand vor die Stirn, hielt ihm aber dennoch die Hand hin. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich ihre Mimik. Oh Gott, was hab ich da gesagt? Mimik? Mimikri! Nein ernsthaft, das ist ein furchtbares Wort. Ähm, wo war ich jetzt ... ach ja. Aus dem Augenwinkel heraus beobachtete ich sie. Wir alle hatten nämlich den Verdacht, dass sie sich ein kleines großes bisschen in Nerv verguckt hatte, weiß der Teufel warum! Als er wieder auf der Kiste saß, musste er seine Hand aus ihrer herausziehen, damit sie losließ. Ich grinste ihm verschwörerisch zu, aber er tat, als hätte er meinen Blick nicht gesehen.

Carly und Hanna versuchten derweil (schon wieder so ein klugscheißermäßiges Wort), sich aus dem ‚Haus‘ zu stehlen. Ich hielt Carly am Arm fest. „Wollt ihr jetzt den exklusiven Kummerkasten 2007 für Joschka spielen?“, lachte ich. Ich hätte das besser nicht sagen sollen, denn Carlys Gesicht wurde von einem wunderschönen Lächeln geschmückt, das allerdings auch ein wenig Schalk versteckt hielt. Ich sah sie verdutzt an. „Nicht dein Ernst ...“ Sie grinste, gab mir einen Kuss und schon waren das wundervollste Mädchen der Welt und ihre dämliche Freundin verschwunden.
 

JOSCHKA

Ich hatte ja schon mit vier beschlossen, Juli zu verfluchen, aber ab heute war es ein endgültiger Entschluss. Meine Fresse, da wühlt man ein bisschen in der Vergangenheit, und bekommt dafür eine saftige Erinnerung an den schlimmsten Kummer seines dreizehnjährigen Lebens verpasst. Jule, das wundervollste Mädchen dieses Planeten, hatte meiner Wenigkeit gestern einen schmerzvollen Stich in mein kleines Herz verpasst, indem sie mich einfach hat stehen lassen! Verdammt, um es hart zu sagen: Sie hat mich abserviert. Und dabei liebte ich sie doch! Ich vergrub meinen Kopf zwischen den Händen in meinem Schoß und wartete auf irgendein Lebenszeichen von drinnen. Blinzelnd schaute ich nach oben. Ich konnte Markus‘ Lachen hören und Klettes zarten Rücken sehen, den sie aus dem Fenster gelehnt hatte, um frische Luft in die Bude zu lassen, wie ich vermutete.

Camelot war schräg und schief, das kam daher, weil Juli es selbst erbaut hatte. Natürlich hab ich ihm geholfen. Mehr oder weniger zumindest ... Aber die meiste Zeit hatte ich an meiner Bräune gearbeitet. Hatte ich das? Hach, ich war damals schon gutaussehend! Aber genug davon. Ich schloss die Augen und ließ mir die Abendluft um die Nase wehen. Als ich sie wieder öffnete, bemerkte ich Hannas und Carlys Anwesenheit neben mir. Hanna, meine Ex, jetzige Freundin von Leon, und Carly, Julis Ex, jetzige Freundin von Maxi. Die Zeit mit Hanna war peinlich gewesen, aber darüber möchte ich jetzt nicht reden, nee. Hanna sah mich erwartungsvoll an. Ich zuckte die Schultern, als Carly mich anatmete. Ich spürte ihren Atem im Nacken und das machte mich agressiv. „Atme mich nicht an, ich hab gesagt, du sollst aufhören zu atmen!“, knurrte ich sie an. Ich konnte ihr Grinsen förmlich hören. „Also, raus damit, wer ist Jule? Die zehnte Liebe deines dreizehnjährigen Lebens, Kleiner?“ „Nenn mich nicht Kleiner, du Miststück!“, fauchte ich Carly an. Sie wich zurück, als sie merkte, wie agressiv mich der Liebeskummer machte. Das Grinsen wich ihr nicht aus dem Gesicht. Hanna schloss sich ihr an. „Erzähl schon!“, drängte sie. Ich seufzte und begann. „Jule hab ich vor drei Wochen kennengelernt, und vor zwei Wochen sind wir zusammengekommen. Sie ist wunderbar! Aber gestern hat sie mich dann verlassen.“ Hanna und Carly schauten einander an. Dann lachten sie gleichzeitig los. „Und das hat dir den Kummer deines Lebens verursacht?“, prustete Carly. Ich schmollte. Dann ließ ich mich von Hanna wieder mit nach oben schleifen. Sie riss die Tür auf und knallte sie Nerv genau gegen die Nase. Er schrie erschrocken los und hielt sich die Nase. Ich zeigte auf ihn und lachte los. Wütend funkelte er mich an. Der ganze Raum war erfüllt von Lachen über Nervs demolierte Nase, nur Klette sah erschrocken aus. Großes Wunder. Jeder, wirklich jeder auf diesem Planeten wusste von ihren Gefühlen für Nerv. Nur er selbst nicht, diese Dumpfbacke! Er jammerte: „Meine Nase, ich sag’s dir, die ist gebrochen!“ Hanna grinste. „Ich wusste gar nicht, wie gewalttätig du werden kannst!“, schäkerte Leon süffisant. Hanna streckte ihm dafür die Zunge raus. Wie witzig! Ich rollte genervt mit den Augen. Der einzige außer Nerv und Klette, der sich nicht am allgemeinen Gegacker beteiligte, war mein Bruder, Julian Lucas Fallz. Ich konnte meine Mutter für die Tatsache, dass sie uns beiden Zweit- und mir sogar Drittnamen gegeben hatte, köpfen. Joschka Bastian Romeo Fallz. Meine Fresse!

Zurück zum Geschehen. Juli saß, seine Mütze (die ich ihm mit 11 geschenkt hatte, was hat mich da bloß geritten ...) tief ins Gesicht gezogen, auf einer Holzkiste und schimmelte vor sich hin. Ehrlich, manchmal glaubte ich, er wäre festgewachsen, wo er gerade stand, saß oder lag, und demnächst würde er verschimmeln. Man konnte nie wissen, wie lange Juli schon dieselben Boxershorts trug.
 

HANNA

Nerv hielt sich übertriebenerweise immernoch seine kleine Krüppelnase. Zur Erklärung: Wir sitzen hier auf Camelot (Ergebnis der Langeweile), und Juli hatte Joschka mit einem Satz über die zehnte Liebe seines Lebens vergrault. Carly und ich hatten uns die Geschichte angehört – und Joschka ausgelacht. Er und Jule waren zwei Wochen zusammen gewesen, und schon bezeichnete er sie als seine große Liebe. Mit dreizehn. Ist klar. Ich hab ihn an der Hand wieder mithochgeschleift (denkt jetzt nichts falsches! Ich hasse Joschka) und die Tür aufgerissen, wobei ich sie ausversehen Nerv gegen die Nase geknallt habe. Und nun hat er eine Krüppelnase. Nun ja, was einem nicht alles passieren kann ...

Leon hielt sich am Stuhl fest und wischte sich die Lachtränen aus dem Auge. Ich hielt ihn am Arm fest und grinste. Von der Seite schaute er mich aus großen dunklen Augen an. „Können wir jetzt endlich nachhause, Maxi?!“, quengelte Nerv. Maxi verschränkte die Arme. „Ich hab hier auch noch zu tun, du Wicht!“ Nerv wartete, bis ihm etwas eingefallen war, was er kontern konnte. „Carly abschlecken?“ Maxi verzog das Gesicht, und Carly grinste Nerv an. „Du kleine Ratte. Er schleckt nicht!“ Nerv sah aus, als müsse er sich übergeben. „Keine Details, bitte!“, quakte er. „Können wir jetzt endlich? Ich will nachhause, Maxi, und es ist schon halb zwölf!“ Maxi riss ihn am Arm zur Tür, machte rückwärts drei Schritte zurück und küsste Carly über die Schulter zum Abschied. Klette umarmte Nerv, wobei natürlich alle Augen auf sie gerichtet waren. Ich grinste, und Markus konnte sich ein fieses Kichern nicht verkneifen. Dann verschwanden die Brüder.

Nach und nach verschwanden auch die anderen, Leon und ich als letztes, abgesehen von Juli und Joschka natürlich. Während Juli schon fast auf dem Stuhl weggepennt wäre, war Joschka total überdreht geworden. Er war herumgesprungen und hatte gequietscht wie eine Schaukel, die geölt werden musste. Ich empfand ihn als höchst nervig!

Auf dem Nachhauseweg kam mir Leon näher als gewollt. Wir waren seit zweieinhalb Monaten zusammen, und ich wollte definitiv nicht mehr als Küssen, oder Kuscheln, oder was weiß ich. Leon allerdings musste ich das erst mal klarmachen. Als er mir die Zunge fast in die Luftröhre steckte, wusste ich, dass ich damit nicht mehr warten konnte. Ich drückte ihn ein Stück von mir weg. Er sah mich fragend an. Ich schüttelte den Kopf, aber mein Freund war schwer von Begriff. Ich seufzte, und als Leon sich mir wieder näherte, drückte ich ihn wieder weg. „Was ist los?“, flüsterte er in die Nacht. „Ich will das nicht!“, sagte ich. Ich konnte praktisch hören, wie er sich dick und fett ‚Was?‘ dachte. „Was meinst du? Ich mein, wir ... Ich hab dich doch bloß geküsst.“ „Aber wie. Das war für mich ... offensichtlich.“ Ich grinste. Er grinste zurück und küsste mich. „Ist doch kein Problem! Aber ich wollte nicht auf das hinaus, was du denkst.“ Anstatt zu antworten, küsste ich ihn. Er ließ seine Zunge in meinen Mund gleiten, aber nach unserem Gespräch war es schon angenehmer. Ich lächelte, während ich den Kuss erwiderte. Ich drängte mich näher an ihn, weil es mir kalt wurde. Er legte seine Arme um mich und zog mich an sich. Mit einer Mischung aus Entsetzen und Fasziantion spürte ich seine mehr oder weniger harte Männlichkeit. Ich löste mich von seinem warmen Körper und beschloss augenblicklich, ihm nie etwas davon zu verraten. Ich lächelte ihn an, sogut es ging, und ließ mich, glücklicherweise ohne Zwischenfälle, von ihm nachhause bringen. Vor der Haustür küsste ich ihm zum Abschied so kurz es ging, und so weit entfernt von ihm, wie es ging. Drinnen setzte ich mich an den Laptop und ignorierte die Uhr, die auf Eins stand. Sofort loggte ich mich im Chat ein und textete Carly zu. Mein Atem ging schnell. Carly fand das ganze eher witzig. ‚Ich ruf dich an‘, schrieb ich, und schon war ich ausgeloggt und hatte das Telefon in der Hand. Ich wählte ihre Nummer schneller, als ein Kaninchen hoppeln konnte. „Jo!“ Sie klang müde, aber darauf konnte ich jetzt keine Rücksicht nehmen. „Oh mein Gott! Carly, das ist so abartig!“, jammerte ich lachend. Sie lachte und sagte: „Soooo widerlich ist das nun auch nicht, außerdem hat er doch gesagt, dass er auf nichts bestimmtes hinauswollte, oder?“ Ich grinste schelmisch. „Du findest das also nicht widerlich ... ?“ Wenn sie ein wenig Grips im Hirn hatte, fand sie meine versteckte Frage. Aber sie antwortete: „Quatsch, wieso? Ich mein, so schlimm wäre es nun auch nicht, wenn Maxi eine Latte hätte, wenn wir kuscheln würden.“ Raus war die Katze aus dem Sack. Ich lachte schallend los. „Du weißt aber schon, dass du dich gerade übelst verraten hast?“, gackerte ich ins Telefon. Schweigen. Dann lachte Carly los. „Und selbst wenn. Ist doch egal.“ „Ja ja ...“ Ich grinste immer noch. Carly seufzte grinsend. „Ich will zu Bett ... wir sehen uns morgen?“ „Ja, und süße Träume.“, konnte ich mir nicht verkneifen, doch Carly hatte schon aufgelegt.
 

LEON

Ich bin ja so verdammt dämlich! Hätte ich sie bloß nicht so nah an mich rangezogen ...

Ihr wollt eine Erklärung? Ihr kriegt eine Zusammenfassung des Abends.

Wir saßen zuerst auf Camelot herum, weil uns tierisch langweilig war. Nachdem Nerv dank Hanna eine Krüppelnase abgestaubt hatte, sind wir dann auch gegangen. Auf dem Nachhauseweg haben Hanna und ich ein bisschen rumgemacht, und, na ja, ist ja normal, dass man dann irgendwann ... einen hochkriegt halt. Hanna hat mich weggestoßen, weil ich sie wohl falsch geküsst hatte, oder so. Jedenfalls dachte sie, dass ich mit ihr schlafen wollte. Auch wenn ich den Gedanken schon öfter hatte, verraten wollte ich ihr davon auf keinen Fall was, und jetzt schon gar nicht, wo sie so angewidert darüber gesprochen hatte. Wir haben uns dann später wieder geküsst, und ... ich schätze, dass ich sie dann zu nah rangezogen habe, jedenfalls hat sie mich dann energisch weggedrückt und ist ziemlich schnell vor mir hergelaufen. Hatte natürlich auch seine Vorteile, denn ihre Hinteransicht war nicht von schlechten Eltern. Vor der Haustür ist sie mir beim Abschiedskuss so fern wie möglich geblieben, und vermutlich hat sie gerade Carly alles brühwarm erzählt. Warum zum Teufel sind Mädchen solche Quasseltanten?

Nun lag ich hier auf meinem Bett und dachte über den Abend nach. Eigentlich war er, bis auf diesen kleinen Zwischenfall, gar nicht so schlecht gewesen. Ich hätte jetzt Marlon davon erzählen können, aber ich ließ es lieber. Er hatte Stress mit seiner Ja-Nein-Freundin. Wenn man die fünf Pausen, die sie gemacht hatten, nicht mitzählte, waren sie jetzt drei Monate zusammen.

Ich hatte es auf höchstens vier Monate gebracht, abgesehen von Vanessa, aber da habe ich nicht mitgerechnet. Mit Hanna war ich nun zwei Monate zusammen. Sie war ein wundervolles, aber sehr sprunghaftes Mädchen. Am liebsten änderte sie ihre Klamotten oder ihre Frisur. Sie hatte mir erzählt, dass ihre längste Beziehung drei Monate gehalten hatte. Mit Pausen, versteht sich. Die peinlichste aller ihrer Beziehungen war mit Abstand die mit Joschka. Drei Wochen, ja, fast einen Monat, waren sie zusammen gewesen, seit seinem zwölften Geburtstag. Von ihm hatte Hanna ihren ersten Kuss bekommen, was für eine Vergeudung! Damit ärgert sie mich am liebsten, dass Joschka gut küssen kann. Joschka, der Casanova. Er gehört zu den wilden Kerlen wie Hundescheiße auf den Rasen. Unersetzlich, unsere siebte Kavallerie! Die Mädchen laufen ihm scharenweise hinterher (glücklicherweise nicht ‚unsere‘ Mädchen!), und das nutzt er gerne aus. Er liebt es, sich in den Mittelpunkt zu stellen. Anders als sein großer Bruder Juli (Julian Lucas klang einfach grausam!). Juli ist still und steht nicht gern im Rampenlicht. Meistens stand, lag oder saß er irgendwo herum, die Mütze tief ins Gesicht gezogen. Ab und zu mit iPod-Kopfhörern im Ohr. Manchmal mit einem Eiswürfel im Mund, genauso wie Maxi. Maxi allerdings vergötterte die Dinger, also Eiswürfel. Und er vergötterte Carly. Und wie, ich sag’s euch! Er las ihr so ziemlich jeden Wunsch von den Augen ab, und ich glaube, dass sie auch sonst ziemlich verwöhnt war. Ihr Vater war ein Rockstar, und sie besaß ein eigenes Zimmer für ihre Klamotten ... Aber ok, ich will ihr keine Vorurteile vor die Füße schmeißen, denn ich kannte sie selber nicht. Demnach kann ich hier auch so gut wie nichts über sie erzählen, außer, dass sie ihren blonden Kopf öfter mit Hanna zusammensteckte. Scheinbar wurden die beiden immer bessere Freundinnen, und das gefiel mir nicht. Die eigene Freundin die beste Freundin von der Freundin des besten Freundes? Das konnte nur Probleme mit sich bringen. Zumal ich Carly, wie schon gesagt, nicht einschätzen konnte. Dafür kannte ich zum Beispiel Nerv umso besser. Er konnte sich nirgendwo zehn Minuten aufhalten, ohne das irgendwas zu Bruch ging. Wie Maxi es zuhause mit ihm aushielt, war mir ein Rätsel ... und wie sich Klette in ihn verlieben konnte, erst recht! Wirklich jeder sah es ihr an der Nasenspitze an ... jeder außer Nerv natürlich.

Verknallte Kerle

KLETTE

Verdammt! Kann Hanna denn nicht aufpassen, wo sie ihre Tür gegenknallt? Nervs arme Nase ... Oh, hm? Denkt jetzt nicht, dass ich irgendwie Mitleid hätte oder so ... nur ich möchte keine Tür gegen die Nase bekommen! Mitleid, pah! Mit Nerv doch nicht! Dummer Blindfisch ...

Ich lag auf dem Bett und konnte partout nicht einschlafen. Immer wieder kniff ich die Augen zu und kuschelte mich in die Decke, doch ich wollte und wollte nicht müde werden! Verflixt und zugenäht! Gegen drei tapste ich vorsichtig, um niemanden zu wecken, die Treppe hinunter und holte mir ein Glas Milch. Soll ja helfen. Bin ich ja mal gespannt. Ich kippte die Milch in einem Zug runter, setzte mich an den Tisch und wartete. Und wartete. Und wartete ...

Als ich wach wurde, war es draußen schon hell. Verflixt, was war heute für ein Tag? Musste ich ihn die Schule? Ich rieb mir die Augen und stand auf. Autsch! Über dem Küchentisch einzuschlafen, konne schmerzhafter sein, als ich es mir vorgestellt hatte ... Ein Blick auf den Kalender verriet mir glücklicherweise, dass heute Samstag war. Ich suchte in meinem Gedächtnis nach einem wichtigen Ereignis, das diesen Samsatg hätte sein können. Allerdings konnte ich mich an nichts erinnern und stapfte guter Dinge die Treppe hoch. Die Uhr in meinem Zimmer zeigte auf Zehn. Ich konnte mich guten Gewissens noch ein, zwei Stunden schlafen legen, zum Glück! Nur leider war es nicht so einfach, einzuschlafen, wenn es hell war ... Als ich es dann geschafft hatte, musste natürlich das Telefon klingeln, was auch sonst. Mein Vater hob unten ab, und wenige Sekunden später brüllte er meinen Namen. Ich keifte gereizt zurück und ging ans Telefon. „Ja?“, fragte ich mehr als verschlafen. „Klette?“ Beim Klang von Nervs Stimme wurde ich hellwach. „Natürlich ich, wer sonst! Was ist los? Hast du wieder irgendwas kaputtgemacht? Oder die Küche in Brand gesetzt?“ Meine Fragen waren kein Witz. Nerv hatte die Eigenschaft, alles in seinem Umfeld zu zerstören oder wenigstens kaputtzumachen. „Nein!“, schnappte er beledigt. „Aber hast DU vielleicht vergessen, was heute ist?“ Ich dachte noch mal scharf nach. Shit! Heute! Samstag! Treffen auf Camelot. Was sonst? Ich knallte mir die Hand vor die Stirn. „Verdammt, ja! Wann sollte ich da sein ... ?“ „Um eins.“ Ich konnte das Grinsen in Nervs Stimme deutlich hören. Dieser Mistkerl! Was dachte er sich eigentlich? „Du ... du ... grrr! Lass mich doch einfach schlafen!“ Nerv aber setzte noch einen drauf. „Ich dachte, du brauchst vielleicht ein bisschen länger, du weißt schon, dich aufhübschen, schminken und so Kram.“ Dieser Tropfen hatte das Fass zum Überlaufen gebracht! „Vielleicht solltest du das mal mit dir selbst probieren, du siehst nämlich immer aus wie eine explodierte Klobürste!“, giftete ich ins Telefon. „Weck mich noch einmal um zehn Uhr morgens auf, und du bekommst eine kostenlose Geschlechtsumwandlung!“ Stille. Dann lachte Nerv. „Sehr witzig! Was machst du eigentlich noch bei uns, wenn du doch so eine Jungshasserin bist?“ Ich schwieg. Jungshasserin? Jungs waren tausendmal besser als Mädchen. Außerdem brauchten Jungs keine zehn Stunden, um sich zu stylen, anders als die meisten Mädchen. Ich verabscheute dieses Aufegehübsche, und genau das wusste Nerv auch. „Ich liebe Jungs! Und ich hasse Mädchen. Das weißt du!“, knurrte ich. Nerv klang angewidert, als er weitersprach. „Du liebst mich? Bääääh!“ Ok. Das reichte. Kurzum legte ich auf und ließ mich in die Kissen fallen und versuchte, Nervs Sätze zu vergessen. Er merkte auch überhaupt nichts! Total gefühlskalt war er.

Jetzt brachte es auch nichts mehr, zu versuchen, wieder einzuschlafen. Also ging ich duschen und frühstückte. Natürlich war mir nach dem Telefonat der Hunger vergangen, aber wenn ich Nerv nachher wiedersah, musste ich gestärkt sein. Bis um eins dauerte es noch eine halbe Ewigkeit, und so lief ich schon um halb los.
 

JULI

Beim Aufstehen hätte ich mir nie träumen lassen, so jemand wundervollem zu begegnen! Braune, volle Haare bis zur Taille, schwarze Glitzeraugen, hammer Figur, volle Lippen, süße Stupsnase. Oh ja, sie war ein Traum!

Oh, vielleicht sollte ich euch erst mal erklären, worum es hier geht.

Um für meine dämliche Mutter einkaufen zu gehen, musste ich schon um elf aufstehen. Klar, dass man da das Kotzen kriegt. Als mir langsam dämmerte, dass ich zum Einkaufen gehen durch die eiskalte Winterluft laufen musste, hätte ich ihr beinahe eine geklebt. Auf dem Weg zu den Gurken war ich dann IHR begegnet: Delaney. Gaaaaaanz ausversehen hatte ich sie angerempelt und dann den Inhalt ihres Korbes für sie aufgehoben, sowas kam immer gut! Sie hatte mir ein umwerfendes Lächeln geschenkt, und nun standen wir hier und redeten. Sie hatte mir bereits ihren Namen mitgeteilt, und dass sie vierzehn Jahre alt sei. „Bin ich auch.“, entgegenete ich gerade. Sie warf ihre unglaublichen Haare über die Schulter und lächelte. „Wie schön! Ähm ... denk bitte nichts falsches von mir, aber ... hast du eine Freundin?“ Auf ihrem süßen Gesicht bildeten sich zwei leicht rote Flecke auf Wangenhöhe. Ich grinste. „Nein ... Du einen Freund?“ Was für eine blöde Frage! Warum hätte sie mich denn sonst gefragt? Ich Idiot! Die Flecken auf ihren Wangen waren verschwunden. „Nein.“, feixte sie. Ich starrte auf den Boden. Dann sah ich ihr in die wundervollen Augen. „Würdest ... würdest du mir deine Handynummer geben? Das heißt, natürlich nur, wenn du mich wiedersehen willst ...“ War doch ganz ordentlich formuliert. Sie lächelte und nickte. Dann kramte sie einen Stift aus ihrer Jackentasche und packte meine Hand. Ein leichtes Flattern breitete sich in meinem vollgefutterten Bauch aus. Mit schwungvoller Schrift hatte sie ihre Handynummer auf meinem Unterarm notiert. Nun lächelte sie mir ein letztes Mal zu und verschwand hinter dem Regal mit den Backwaren.



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  denise7xy
2010-01-02T20:02:12+00:00 02.01.2010 21:02
Und, ich hoffe du schreibst bald weiter.

Von:  denise7xy
2010-01-02T20:01:26+00:00 02.01.2010 21:01
^^ Gurken!

Geil geschrieben... ;D Ach ja. Das waren noch Zeiten.
Von:  denise7xy
2010-01-02T14:12:04+00:00 02.01.2010 15:12
Ach! Herrlich! Was wäre gewesen wenn wir nie angefangen hätten die Geschichte zu erzählen?
Eine Katastrophe sag ich dir !Oh Ja! Jetzt ist die Geschichte schon über zwei Jahre lang und wir/ du fangen/ fängst erst jetzt damit an sie aufzuschreiben! 28. Dezember, ein herrlicher Tag!
Der Absatz war die höhe! Da konnte ich mich nicht mehr einkriegen vor lachen!
Joschka, der Casanova. Er gehört zu den wilden Kerlen wie Hundescheiße auf den Rasen.
meine Mum hat mich sogar schon schief angeschaut als ich durchs ganze haus gelacht hab! :D:D:D


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