Zum Inhalt der Seite

Walking on Soil made of Sin

★ AoixUruha ★
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Prolog

Kouyou war schon als Kind anders als andere. Er wurde immer gehänselt wegen seines mädchenhaften Äußeren und der schulterlangen Haare. Das war aber auch das Einzige, an was er sich erinnern konnte aus der Zeit, bevor er starb und ein Engel wurde.
 

Seitdem 'lebte' er zwischen den Wolken, schlief neben den Sternen und blickte hoch zur Sonne, dem strahlenden Licht seines Herrn. Er hatte den ewigen Frieden.
 

Aber er war noch immer ohne Freunde. Wie sehr er sich auch anstrengte, wie freundlich auch die anderen waren, keiner wollte lange in seiner Nähe bleiben. So zog sich der junge Engel immer wieder zurück um nach unten auf einen bestimmten Fleck auf der Erde zu blicken, den Atlantik. Er hatte zwar das Paradies hier oben, die unendliche Weite des blauen Himmels, nur...
 

Er sehnte sich nach dem Meer. Was auch immer er vorher erlebt hatte, es hatte ihn geprägt. Hier oben hatte er nichts. Keinen Hunger, keinen Durst. Er konnte nicht riechen, nicht richtig fühlen. Er schwebte nur zeitlos dahin. Aber tief in seinem Inneren vermochte er es, sich vorzustellen, wie wohl der tiefe dunkle Atlantik roch...
 

Kouyou seufzte schwer, lehnte seinen hübschen Kopf auf seinen Arm, der über eine Wolke hing. Ein Engel hatte nicht zu hoffen oder zu verlangen, weder zu wünschen noch zu wollen. Seine Tage bestanden aus lobsingen und beten, weiter nichts.
 

'Ich wäre so gerne dort unten...'
 

"Kouyou... du machst mir Sorgen, weißt du das?"
 

Der junge Engel erschrak, erhob sich sofort und warf Gabriel fast mit seinen Flügeln um. Der ältere konnte gerade noch so ausweichen und sah ihn sorgenvoll an.
 

"Du bist wirklich sonderlich. Aber das warst du ja schon immer. Wie man nur so stürmisch sein kann..."
 

Gabriel drehte sich um und lief davon, in Erwartung, dass Kouyou ihm folgte.
 

Dieser hastete - noch so einer Sonderlichkeit - dem obersten Erzengel hinterher.
 

"Kouyou, man möchte meinen, du hättest immer noch etwas Menschliches in dir. Vielleicht ist das auch der Grund, warum wir dich ausgesucht haben..."
 

Sie blieben auf demselben Wolkenfeld, aber Kouyou bemerkte wie sie tiefer sanken und sich alles veränderte. Der Himmel vor ihm schien zu wanken, sich zu drehen und alles rüttelte und schüttelte sich. Eine kleine Wolke verfärbte sich durch einen Windhauch...
 

"Das hier ist Suzuki Akira. Er nennt sich jedoch Reita. Er spielt schon lange und sehr gerne Bassgitarre und wurde endlich in einer kleinen Band aufgenommen. Jedoch... ist sie schon wieder dabei sich zu trennen und er ist gezwungen sich anderweitig umzusehen."
 

Der ältere Engel drehte sich um zu Kouyou und sah ihn aufmerksam an.
 

"Er ist eine besondere Ausnahme, fast schon wie du. Seine Seele ist... zwiegespalten, gefärbt von blau und rot, gut und böse. Nur einer von einer Millarde Menschen wird mit so einer Seele geboren. Auch wenn- oder gerade weil er noch jung ist, braucht er einen Schutzengel, einen Freund der ihm hilft und auf ihn Acht gibt. Und dabei kommst du ins Spiel."
 

Als er diese Worte vernahm, sah Kouyou gerade alles andere als wie ein anmutiger Engel aus. Eher wie ein Fisch auf dem Trockenen.
 

"W-was??? Ich soll ein Sch-schutzengel werden???"
 

Das Non-plus-ultra. Der sogenannte Jackpot. Die Elite unter den Engeln.
 

"So ist es. Akira braucht Halt in seinem Leben um nicht vom rechten Weg abzukommen. Hilf ihm dabei und wache über ihn."
 

In den nächsten sieben Tagen und Nächten erzählte Gabriel dem frisch gebackenen Schutzengel alles über die Welt der Menschen, was dort Gang und Gebe war und wie er sich zu verhalten hatte. Er erklärte Kouyou alle Fährnisse, die so eine Veränderung vom Engel zum Menschen mit sich brachten, wie er seine Flügel zu verbergen hatte und was er dort unten alles tun konnte und vor allem, was ihm verboten war. In den letzten drei Tagen und Nächten wurde ihm alles über Reita, seinen Schützling erklärt.
 

Und zu allerletzt die Gefahren. Alles, was im Schaffensbereich Satans lag, und die Sünden, die Kouyou nicht begehen durfte.
 

"Vergiss nicht, du bist ein Krieger Gottes. Lebe nach seinem Sinne, seinem Ideal."
 

Kouyou nickte heftig. Er wollte niemanden hier oben enttäuschen. Er durfte auf die Erde... Nach Japan...
 

Gabriel hatte ihm alles erzählt, was er selbst wusste. Nur hatte er ihm eines verschwiegen: Kouyous Vergangenheit. Es gab schließlich keinen Grund ihm davon zu erzählen...
 

"Nun denn, ich werde dich nun zum Ausgang führen, der dich sicher und schmerzlos auf die Erde bringen wird. Ja, Kouyou, auf der Erde wirst du Schmerzen kennen. Also pass gut auf dich auf."
 

Der jüngere Engel nickte widerum, konnte sein neues Abenteuer kaum abwarten. Hier oben würde ihn sowieso kein Wesen vermissen...
 

Anderorts, einem Ort, der nicht unterschiedlicher sein könnte, saß ebenfalls ein junger Engel, mit schwarzen Flügeln und einer ebenso pechschwarzen Seele, der Beelzebub beim Peinigen der Seelen zusah. Ein blauhaariger Teufel saß daneben, genoss das kleine Schauspiel immer wieder aufs neue.
 

Hades mochte den jungen Sprössling des Bösen, ein Satansbraten nach seinem Sinne. Dass der schwarze Engel immer seine Zigaretten an ihm ansteckte, machte ihm nichts aus, solange-
 

"Gib mir auch eine, du verdammter Nichtsnutz!"
 

Seinen Blick starr nach vorne gerichtet, hielt er eine Hand nach hinten, wartete auf eine Zigarette und zündete sie schließlich mit seinem heißen Atem an.
 

"Und jetzt fang an zu plappern, Bilz, ich hab keine Lust die nächsten 300 Jahre zu warten!"
 

Der Gehilfe des Satans rollte mit den Augen und unterließ es für eine Weile die armen Seelen mit seiner Peitsche zu quälen.
 

"Du weißt also wirklich nicht, warum ich dich hierher gerufen habe, Yuu?"
 

Der junge Engel verdrehte nur die Augen und sah Beelzebub etwas gelangweilt an, auch wenn es ihn innerlich vor Neugierde fast zerriss. Er hatte gelernt, dass man in der Hölle seine wahren Gefühle am besten verbarg.
 

"Nein, woher denn? Kann ich hellsehen?"
 

Aber natürlich dachte sich Yuu etwas dabei. Diese ganze Geheimnistuerei war schon sehr merkwürdig, normalerweise wurde mit Aufträgen oder ähnlichem nicht so hinter den Berg gehalten. Es sei denn...
 

Beelzebub grinste wie sein Meister, Satan, persönlich. Hades Kinnlade klappte jedoch nach unten und er drehte sich aufgebracht zu dem Duo.
 

"NEIN! Ich will schon seit Ewigkeiten Schwingen und alles, was ich kriegte, war ein dreiköpfiger Köter, der nicht mal draußen Pipi machen kann!!!"
 

Hades wurde rot. Doch Beelzebubs Hände erhoben sich und beschwichtigten den kleinen Teufel.
 

"So weit sind wir noch nicht. Es gibt einen Grund, warum ihr beide hier seid. Hades, neben mir bist du Satans treuester Diener. Dir will er einen großen Wunsch erfüllen."
 

Seine Finger legten sich auf Hades Lippen und stießen ihn weg, bevor er noch vor Freude angekokelt wurde.
 

"Nun zu dir... Unserem gefallenen Engel. Yuu, du bist erst seit Kurzem bei uns, aber hast außergewöhnliches Potential. Deswegen musst du für deinen Wunsch etwas tun."
 

"Warte, warte, warte!" Hades hatte Beelzebubs Hand genommen und hielt sie fest, während er ihn anstrahlte wie eine 1000-Watt-Glühbirne. "Du willst mir sagen- mir wirklich deutlich machen, dass ich endlich auf die Erde kann zum Unruhe stiften???"
 

"Ja, und um auf Yuu aufzupassen."
 

Der ältere Dämon stellte sich vor den dunklen Engel, kniete sich dann nieder und zeichnete mit seinem langen Fingernagel in das schwarze Gestein. Ein Gesicht, ein Körper, Formen, die schnell dreidimensional aufstiegen, zeichneten sich ab.
 

"Das ist unser Mann. Jemand, der dir ähnlich ist, Yuu. Jemand, der dort oben nichts zu suchen hat, der von Gott nicht gewürdigt wird."
 

'Dort oben' war eine wage Beschreibung des Himmels, ein verbotenes Wort, ein verbotener Gedanke im Reich Satans.
 

"Sein Name ist Suzuki Akira, wird aber von allen Reita genannt. Wir haben Informationen erhalten, dass er versuchen will ihn auf den 'rechten Weg' zu bringen. Das können wir nicht zulassen."
 

Beelzebub erzählte dem schwarzen Engel alles, wer Reita war und wie sehr Satan diesen Jungen wollte. Yuu lauschte aufmerksam seinem Auftrag, betrachtete das Bild seines 'Schützlings' genau. Er prägte sich das Gesicht ein (was nicht schwer war wegen eines seltsamen Bandes, das er über der Nase trug), die blonden aufgestachelten Haare, seine Statur, Größe, alles.
 

"Er hat ihn schon von Geburt an im Auge. Egal wie zwiegespalten seine Aura ist, du musst ihn auf unsere Seite bringen! Wer auch immer im Auftrag Gottes auf die Erde geschickt wurde, er ist gefährlich für dich. Ein Engel, ein Schutzengel, wahrscheinlich eine gutgläubige Seele, die zum ersten Mal Fuß auf diesem Planeten fasst, der uns gehört!"
 

Hades rollte die Augen, als Beelzebub theatralisch wurde. Er sah zu, wie der ältere Dämon sich erhob, Yuus Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger nahm und ihm langsam Pech und Schwefel ins Gesicht hauchte.
 

"Wehe, du enttäuschst mich, dann reiße ich dir eigenhändig diese verdammten hässlichen Flügel aus, eine Feder nach der anderen, jeden Knochen breche ich dir und esse sie wie Spare Ribs."
 

Yuu schaute in die hässliche Fratze Beelzebubs, während er dem stechenden Blick standhielt. Er war schon einiges gewohnt. Unbeeindruckt bließ er den Rauch, den er eingeatmet hatte, zurück in das Gesicht des anderen Teufels. Dieser ließ den Engel los, drehte sich um und klopfte sein Gewand wieder zurecht.
 

"Du wirst Satan nicht hintergehen oder der Hölle einen schlechten Ruf besorgen. Nicht, wenn du deine Schwingen willst."
 

"Keine sorge. Ich weiss wie Engel ticken. War schließlich selbst mal einer..."
 

Der schwarzhaarige Engel rieb sich das schmerzende Kinn und wollte bereits gehen, drehte sich dann aber nochmal um und schaute über seine Flügel hinweg.
 

"Wie... soll ich diesen anderen Engel finden? Er verliert auf der Erde seine Flügel, oder?"
 

Der ältere Teufel rollte bei dieser Frage nur die Augen und widmete sich wieder seiner Lieblingsbeschäftigung ohne großartig darauf einzugehen.
 

"Zu lange schon hier unten, was? Du weißt es nicht einmal..."
 

Hades lief dagegen wie ein glücklicher Teufel rüber zu Yuu und legte freundschaftlich einen Arm um den verwirrten Engel.
 

"Lass mich dich einweihen, Kleiner."
 

Er zog den Rauch seiner Zigarette ein, bließ ihn wieder aus und wedelte mit seinem Glimmstengel, während er aufgeregt erzählte.
 

"Was Beelzebub meinte, ist, ihr Engel habt so eine... Ausstrahlung, weißt du, was ich meine? Dieses... Strahlen! Als ob der Himmel hinter ihren Ärschen aufgeht! Sowas verliert man nicht, wenn man den Erdboden betritt. Und ein Schutzengel schon gar nicht! Und du, mein Lieber, hast diese Ausstrahlung auch noch nicht ganz verloren, egal wie lange du hier unten schon ankokelst. Die Konkurrenz wird dich vielleicht auch erkennen!"
 

Gänge, Treppen, Gewölbe. Alles war viel einfacher zu erreichen, wenn man mit Hades unterwegs war. So kamen sie schnell zum Meer der Seelen, wo der blaue Teufel hauste.
 

"Und wegen der Flügel... er wird sie wahrscheinlich nicht verlieren. Sie werden ihm wohl zeigen, wie man sie versteckt, etwas, was du noch nicht so gut kannst!"
 

Er lachte sich schlapp. Immer wenn er mit Yuu undercover unterwegs war, zogen sich die Flügel zwar unter die Haut ein, doch zurück blieb immer noch ein Tattoo von schwarzen Flügeln, das sich über seinen Rücken ausbreitete.
 

"Aber das ist nicht so wichtig, Schätzchen, es gibt tausende Mittel und Wege sie zu verstecken. Und du bist nicht dumm, oder? Das Engelchen wird Reita finden, du wirst ihn finden und boom- Du weißt, dass er es ist!"
 

Kurz lief Hades in seine Kammer und veränderte seine Gestalt. Er wischte sich den Ruß der Hölle aus dem Gesicht und bewunderte seine menschliche Schönheit. Ein kurzer Kammstrich durch die braunschwarzen Haare, und er lief lächelnd wieder zurück zu Yuu, der sich ebenfalls menschliche Kleidung anlegte. Cerberus, der dreiköpfige Hund, der Hades immer begleitete, hatte sich in drei große Hunde verwandelt, von denen Yuu aber trotzdem nicht glaubte, dass sie wenig Aufsehen erregen würden...
 

"Okay. Und dann soll ich ihn kalt machen oder wie?"
 

Vor ihnen erhoben sich dann Steintreppen, die sie ans Tageslicht der Oberwelt bringen sollte, in die Menschenwelt.
 

"'Kalt machen'? Bist du noch ganz dicht? Einen Engel? Einen Engel! Wir kidnappen ihn und setzen Gott und seine Sippschaft dort oben unter Druck, ist doch wohl logisch!"
 

Oben angekommen, blinzelten beide erstmal von dem starken Sonnenlicht, das sie an der Oberfläche begrüßte. Als sich Yuus Augen an die Sicht gewohnt hatten, schaute er sich um und er konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Sie waren an einem alten unbenutzten shintoistischen Schrein rausgekommen. Die Hochhäuser am Horizont des Parks ließen auch nur einen Schluss zu. Sie waren in Japan, Yuus früherer Heimat.
 

"So, und wo finden wir diesen Reita jetzt? Oder vielmehr... wo finde ich ihn? Du scheinst ja eher darauf aus zu sein, deinen Spaß zu haben..."
 

"Du kommst hier ja alle zwei Monate hoch! Ich war hier gerade ein Mal und das war ein Versehen, natürlich werde ich Spaß haben! Solltest du auch tun!"
 

Grinsend nahm Hades die drei Hunde an die Leine und machte sich schon daran, sich von Yuu zu verabschieden.
 

"Wir machen's anders: Du versuchst herauszufinden, wie du am besten in Reitas Umfeld kommst und vor allem auch bleibst! Du musst eine Freundschaft zu ihm aufbauen, klar? Ich such uns eine Unterkunft und was zu essen. Und Handies! Wenn was ist, ruf mich einfach!"
 

Der Teufel war wie ein Kind im Spielzeugladen und so machte er sich, gezogen von den drei Hunden, auf und davon.
 

Yuu dagegen war alles andere als begeistert von dieser Situation. Erstens hatte Hades ihn einfach so stehen lassen ohne ihm auch nur einen Anhaltspunkt auf Reitas Aufenthaltsort zu geben und zweitens machte ihm diese scheinbare Anwesenheit eines weiteren Engels zu schaffen...
 

"Dieser Idiot. Hat nicht einmal meine Frage beantwortet..."
 

Ratlos schaute Yuu sich um und kratzte sich sich den Kopf. Wo zum Teufel (haha!) sollte er nur diesen Reita finden? Tokyo war groß. Es würde ihm vermutlich nicht einmal viel nutzen, wenn er einfach über die Dächer fliegen würde. Je länger er sich darüber den Kopf zerbrach, desto wütender wurde er über seinen 'Aufpasser', der sich einfach so aus dem Staub gemacht hatte. Trotzig steckte Yuu sich die Hände in die Hosentaschen und trottete Richtung Stadt.
 

Wie er dabei jedoch 'Spaß haben' sollte, war ihm nach wie vor ein Rätsel...

Irgendwo auf der anderen Seite der Stadt lag Kouyou leicht verrenkt im Gras. Er traute sich kaum die Augen zu öffnen, da Gabriel ihm geraten hatte, er solle erst 30 Schäfchen zählen, bevor er sie öffnen durfte. Wie ihm geheißen, öffnete er erst dann seine Augen und wurde sofort von einem strahlend blauen Himmel und der Sonne begrüßt. Der junge Engel war an die Sonne gewöhnt, so kümmerte ihn das leichte Brennen in den Augen nicht. Die Wolken dagegen sahen so weit entfernt aus...
 

"Oh, Herr im Himmel, ich danke Euch für die Gabe..."
 

Er spürte das Gras unter sich, wickelte seine Finger in das frische, grüne Gewächs. Weit entfernt hörte er Menschenstimmen und Verkehr, sonst war Stille, die nur von dem Gesang der Vögel durchbrochen wurde.
 

Alles war neu für Kouyou. Als er aufstand, merkte er, dass sehr viele Dinge anders waren. Fester Boden unter den Füßen, zum Beispiel. Auch war die Luft viel stickiger...
 

An sich selbst sah er auch einige Veränderungen. Seine Kleidung bestand in einer schlichten weißen Stoffhose, einem weißen Hemd, weißen Schuhen und einem weißen Seidenschal. Alles sehr hübsch, wie der Engel fand, nur das leere Gefühl auf seinem Rücken, daran musste er sich erst noch gewöhnen. Gabriel hatte ihm gezeigt, wie man seine Flügel verstecken konnte. Alles eine Frage der glücklichen Gedanken, meinte der Erzengel.
 

So stand Kouyou da, sah um sich und nahm alles Neue in sich auf. Auch bekam er ein knurrendes Gefühl in der Magengegend. In der dritten Nacht war ihm beigebracht worden, was ein Mensch alles benötigte zum Überleben, da er so nun auch fühlen würde.
 

Etwas unbehaglich wühlte er in seiner Hosentasche und fand dort etwas Papier und Metallmünzen. Geld... Es war zwar keine Erfindung des Teufels, doch war es ihm auch nicht ganz geheuer. Wie auch immer, er musste sich etwas zu essen besorgen.
 

'Alles, was du brauchst, wird in den Kirchen zu finden sein.'
 

Eine Kirche! Dort konnte man ihm sicher weiterhelfen.
 

Zwei Stunden später, nachdem er endlich in dieser großen östlichen Stadt ein christliches Gebäude gefunden hatte, wurde ihm dort tatsächlich Hilfe gewährt. Kouyou dachte sich, dass die Männer und Frauen Gottes ihn sicher als einer der ihren erkannt hatten... Er bekam etwas zu essen, selbst einen Schlafplatz oberhalb der Kirche, wo auch die wenigen Mönche und Priester schliefen. Einer der jüngeren Mönche konnte ihm sogar sagen, wo die besten Clubs waren, wo sich die Szenemusiker trafen.
 

Shibuya. Kouyou konnte es zum Glück zu Fuß erreichen, denn er hatte noch etwas Angst vor der U-Bahn... Dort hielt er nach dem Jungen Ausschau, dessen Gesicht er sich gut eingeprägt hatte. Mit Gottes Hilfe würde er ihn schon finden...
 

---
 

Auf 'Gottes Hilfe' konnte Hades verzichten. Er hatte ja seinen Cerberus. Oder vielmehr... seine drei.
 

Der Dämon hatte sich zuvor bei Hugo Boss einkleiden lassen, mit einer - natürlich gefälschten - Kreditkarte bezahlt und zog nun mit seinen drei Hunden, die offenbar Reitas Spur aufgenommen hatten, durch die Stadt. Da sie einerseits knurrten, andererseits auch freudig mit den Schwänzen wedelten, konnte es sich nur um den blonden Jungen mit der gespalteten Seele handeln. Seufzend und mit rollenden Augen befahl er also einem der Hunde nach seinem kleinen nichtsnutzigen Nachwuchsteufel zu suchen.
 

'Sonst kommt der Kleine doch nie in die Puschen...'
 

Eine halbe Stunde später saß der Hüter der Seelen auf dem Dach eines tiefen Gebäudes und durfte Zeuge werden, wie ein blonder hitzköpfiger Bassist sich mit seinen Leuten verkrachte. Hades lächelte, liebte es zuzusehen. Als kleines Extra fachte er Reitas Wut noch etwas an, indem er ihm etwas von seinem blauen Höllenfeuer einhauchte.
 

"Dann verpisst euch doch! Ich brauche euch nicht mehr!"
 

Bingo.
 

Der blonde, schwer atmende Bassist stand nun allein in der Gasse, verlassen von seinen Bandkollegen. In der Hand nichts als eine alte zerschrammte Instrumententasche.
 

---
 

Yuu war kaum in der Stadt angekommen, da ließ man ihm schon keine Zeit mehr zum 'Spaß haben'. Eine dänische Dogge, die ihm sehr vertraut vorkam, streunte direkt auf ihn zu und schnupperte kräftig an seinem Oberschenkel. Sie winselte und knurrte solange, bis sich der schwarze Engel gezwungen sah ihr zu folgen.
 

'Wehe, es ist nicht wichtig, Hades...'
 

Yuu konnte kaum Schritt halten mit dem riesigen Hund, der fast schon durch die Straßen rannte. Durch die Massen von Menschen quetschte sich der junge Engel, der es gar nicht gewohnt war, so eingeengt zu sein. Am liebsten hätte er seine großen schwarzen Schwingen geöffnet und einfach alle beiseite gestoßen... Es wurde erst ruhiger, als der Hund ihn in eine etwas abgelegenere Gegend führte, wo er maximal einen Drogendealer erwartet hätte... Stattdessen hörte er aber ein entferntes Klappern von Metall.
 

"Na, auch endlich da?"
 

Hades drehte sich nicht einmal um, wusste an dem lästigen Geruch von Engel, dass das Drittel Cerberus ihn hergeführt hatte.
 

"Na, auch endlich da?", äffte der Schwarzhaarige den Teufel nach. "Sorry, aber mich hat man ja nicht mit übermenschlichen Kräften ausgestattet."
 

Grummelnd lief er zu Hades und sah hinab auf den rasenden Blondling. Ein kleiner Rebell, in Yuus Augen. Immer irgendwie aufgeheizt, aber im Grunde ein guter Kerl. Es sollte nicht so schwer werden, ihn für sich zu gewinnen...
 

"Hättest ja herflattern können, mein Engelchen.", säuselte der Dämon in Menschengestalt süßlich. "Aber wenn ich du wäre, würde ich noch nicht zu ihm gehen. Ich hab ihm, sagen wir, etwas mehr Wut eingehaucht und jetzt ist er dabei diese an den Mülltonnen auszulassen."
 

"Überlass das mir. Er wird bald müde sein und dann braucht er jemanden zum reden."
 

Daraufhin lachte der blaue Teufel los. "Ha! Ein Glück, dass du so eine Quasseltasche bist! Pass lieber auf, dass du dich nicht verplapperst. Zum Beispiel... wie willst du dich überhaupt nennen?"
 

Ein fragender Blick seitens des Engels.
 

"Na! Nicht, dass dich einer deiner Ex-Kollegen kennt und unsere Tarnung auffliegt!"
 

Na toll. Nicht genug, dass er noch keine Ahnung hatte, wie er auf Reita zugehen sollte, jetzt musste er auch noch kreativ sein! Als suchte er sich eine Inspiration, schaute Yuu sich um. Runter in die Gasse, wo sich Reita schon wieder beruhigt hatte und nun schnaufend auf dem Boden saß, hoch zum Himmel, zurück zu dem blauen Teufel-
 

Blau.
 

"Wie wär's mit 'Aoi', Sensei?"
 

Grinsend und leichtfüßig ließ sich 'Aoi' vom Dach fallen und landete sanft wie eine Katze auf seinen Zehenspitzen. Ein paar schwarze, glänzende Federn schwebten zu Boden, umspielten seine schlanke Silhouette. Eine davon fing er mit der Hand auf und verwandelte sie in eine Schachtel Zigaretten. Er steckte sich selbst eine an und lief dann lässig zu dem Blonden, ihm die Schachtel hinhaltend.
 

"..."
 

Reita guckte etwas komisch drein, als plötzlich dieser mysteriöse Fremde auftauchte und-
 

'Fuck, was will der bitte von mir-'
 

Oh.
 

Etwas misstrauisch sah er von dem Typen zu der Schachtel und wieder zurück, bevor er zögerlich einen Stängel herausnahm. Immer noch sehr irritiert von dem anderen zündete er sich die Zigarette an mit einem Feuerzeug, das er aus seiner Jackentasche gekramt hatte. Seine dunkelblauen Augen zuckten hin und her, unsicher wohin sie blicken sollten. Anstatt zu reden, zog Reita fest an der Zigarette und atmete den heißen Rauch aus. Wenn der Fremde auf ihn zugekommen war, konnte er auch genauso gut anfangen zu reden.
 

'Er ist sehr unsicher. Das wird nicht schwer...'
 

Auch Aoi zog genüsslich an der Zigarette und ließ die irdischen Freuden seine Lunge durchströmen. Er lehnte sich an die gegenüberliegende Wand der Gasse und musterte Reita für ein paar Sekunden.
 

"Stress mit deinen Leuten?"
 

Blonde Augenbrauen zuckten zusammen und dunkelblaue Augen sahen den Fremden fast durchdringend an.
 

"Hast du Spaß gehabt beim Glotzen???"
 

Reita war es satt. Warum mussten auch hier, wo es doch so abgelegen war, auch noch Leute kommen und ihn anstarren. Er fand es langsam echt zum Kotzen. Auch wenn eine Zigarette dabei heraussprang...
 

"Es sind nicht mehr 'meine Leute'. Frage beantwortet?"
 

Aois Blick verfinsterte sich und er ließ sich an der Mauer nach unten auf den Boden gleiten.
 

"Sowas ist nicht lustig..."
 

Durch tiefschwarze Augen hindurch beobachtete er Reita noch eine Weile, dessen Blick sich schon wieder gesenkt hatte. Die Stille um sie herum war erdrückend. So konnte man doch nicht ins Gespräch kommen... Er nickte zu der Instrumententasche, die neben Reita lag, wo er den Bass drin vermutete.
 

"Und? Suchst du dir jetzt eine neue Band?"
 

"Keine Ahnung..."
 

Reita hatte den Blick des Fremden gesehen, sah ebenfalls auf sein 'Baby'. Schmerz und Übelkeit zeichneten sich auf seinem Gesicht ab bei dem Gedanken, dass-
 

"Das ist nicht einmal meiner. Ich muss ihn noch zurückgeben..."
 

Und dreimal durfte man raten, wem. Die Band hatte ihn ihm damals 'geliehen', bis er genug Kohle zusammen hatte um sich einen eigenen zu kaufen, doch soweit kam es nie. Nur mit diesem spielte er am besten...
 

"Oh? Hmm..."
 

Aoi zuckte nur mit den Schultern und warf seinen Zigarettenstummel auf den Boden.
 

"Und wenn du ihn einfach behältst? Ich meine... du hast ja sowieso schon genug Ärger am Hals."
 

Langsam wurde Reita pissig. Hatte der Typ sonst keinen, den er zulabern konnte??? Eine Überlegung wäre es aber wert... Nachdenklich betrachtete er seinen Bass, streichelte abwesend das Leder der Tasche. Er konnte sich selbst keinen leisten, nicht wenn sein ganzes Geld für Miete und Essen drauf ging. Ihn zu behalten wäre zwar sein größter Wunsch, aber...
 

"Ich hab schon 99 andere Probleme, da kann ich nicht noch eins gebrauchen."
 

Weder Hände noch Augen konnten sich von seiner Geliebten trennen...
 

"Na, dann frag ich dich mal so.", grinste der Schwarzhaarige in sich hinein und stand tief lächelnd auf. Er sah genau, was in Reita vor sich ging. Das Instrument einfach mitzunehmen, es zu stehlen, eine Sünde zu begehen, wäre ein erster Schritt in die 'richtige' Richtung.
 

"Welches Problem ist größer? Stress mit der Band, mit der du sowieso schon Stress hast, oder nicht mehr spielen zu können?"
 

Das klang nach einer Logik, die in Reitas Hirn Sinn machte. Der Bass gewann schließlich immer. Und wenn er nur deshalb nie wieder in einer anderen Band spielen konnte-
 

Reita sah hoch zu dem Schwarzhaarigen, blickte mit seinen blauen Augen zum ersten Mal in diese schwarze... Seele. Nein, es waren schwarze Augen. Wie er da nur auf Seele kam...?
 

"Hn, danke."
 

Der Blonde erhob sich ebenfalls und lächelte den Fremden dann fragend an.
 

"Was ist eigentlich mit dir? Warum interessierst du dich überhaupt dafür?"
 

Aoi zuckte nur leicht mit den Schultern und fakete ein gequältes Lächeln. Was war seine erste Lektion in der Hölle gewesen? 'Wie gewinnt man eine arme Seele für sich?' Durch Gemeinsamkeiten, gemeinsame Interessen, gemeinsame Freuden, gemeinsames Leid. Und Reitas Interesse und Freude galt anscheinend voll und ganz der Musik. Und wie sagten die Menschen so schön? 'Musik ist der Schlüssel zum Herzen.' Na dann...
 

"Weil es mir nicht anders geht. Ich hab mich auch mit meiner alten Band verkracht. Hatten eine komplett andere Vorstellung von Musik als ich."
 

Aus dem Lächeln wurde ein kleines Grinsen. Aoi nickte dem Blonden zu und strich sich ein paar lose Strähnen aus dem Gesicht.
 

"Hast du Lust auf was zu trinken?"
 

"Alter, ich steh nicht auf diese Mitleids-Ausgeh-Nummer! Und schon gar nicht auf Typen!"
 

Blaue Augen funkelten Aoi irritiert an. Was sollte denn diese Anmache? Dieser zuckte nur mit den Schultern und schaute Reita unschuldig an.
 

"War nur ein Angebot. Aber dass du es so vehement abstreitest, beweist ja nur das Gegenteil..."
 

Grinsend machte sich der schwarze Engel daran, die Gasse zu verlassen. Er spürte schon, wie der Blonde hinter ihm immer mehr die Fassung verlor.
 

"W-was grinst du mich so an??"
 

Reita mochte es nicht ausgelacht zu werden. Etwas, was er schon viel zu oft erlebt hatte. Nase, Haare, Aussehen, überhaupt alles. Wie er redete, wie er sich immer um andere Sorgen machte. Alles wurde immer nur belächelt.
 

"Dann geh doch! Hau ab!"
 

Er verfluchte sich innerlich für seine Gutmütigkeit. Dass er immer nachfragen musste. Als ob ihn andere so sehr interessierten... Nur um am Ende doch wieder enttäuscht zu werden. Aber es ließ ihn nicht los...
 

'Er hat sich doch auch meine Probleme angehört...'
 

"Du siehst aus, als ob du gerade ausgespuckt wurdest. Und dein Akzent ist auch nicht von hier..."
 

Ein Hauch von Neugier überflog ihn und Aoi lachte innerlich wie ein kleiner Teufel. Reita war wirklich eine gespaltene Persönlichkeit, die nicht wusste, was sie wollte...
 

"So, tu ich das? Ich dachte, es interessiert dich nicht. Sorry, aber ich will deine und meine Zeit nicht unnötig verschwenden."
 

Trotzig kickte Reita einen Stein gegen die Hintertür des alten Gebäudes. Als hätte er damit etwas ins Rollen gebracht, öffnete diese sich wieder. Reitas Augen weiteten sich und seine Hand verkrampfte sich um den Bass in seiner Hand.
 

"Du hast noch was, was uns gehört, Alter!"
 

Reitas Ex-Bandkollegen hatten es sich überlegt, allerdings nicht ohne Zutun von Hades, der sich auf dem Dach ins Fäustchen lachte. Zu sehen, wie ein Mensch verzweifelte, die Beherrschung verlor, sein Leben geradezu ruinierte, bereitete ihm immer noch die größte Genugtuung. Genüsslich sah er zu, wie sich der Blonde immer mehr in eine Ecke drängte, weg von den anderen. Er wollte 'sie' nicht hergeben...
 

Aoi dagegen sah in der Situation seine Chance zum Erfolg. Wenn er ihm helfen würde, könnte er noch mehr bei ihm punkten.
 

"Ein Instrument sucht seinen Besitzer immer selbst, nicht umgekehrt. Ich glaube nicht, dass ihr noch eine Verwendung dafür habt."
 

Der Größte der Band, den Armen nach zu urteilen offensichtlich Drummer, schüttelte den Kopf und zupfte sein T-Shirt zurecht.
 

"Darum geht's nicht, du Penner! Das scheiß Teil hat zu viel gekostet als dass wir es einfach so einem Spasten schenken, der keine Ahnung hat!"
 

Scheiß Teil?
 

In Reita kam die Wut hoch. Blonde Augenbrauen zogen sich zusammen und ein innerer Kampf brach aus. Weitere Probleme konnte er sich wirklich nicht leisten. Er war nur noch ein kleines Häufchen Elend und man sah ihm an, wie schlecht es ihm von alldem wurde. Aber er konnte 'sie' doch nicht einfach diesen Banausen überlassen... Entgegen seiner Gedanken und Gefühle stellte sich Reita den anderen in den Weg und sah sie provokativ an.
 

"Sie gehört mir. Versucht doch sie zu holen, wenn ihr sie wieder haben wollt!"

"Wollt ihr das wirklich nicht?"
 

Aois sanfte Stimme erfüllte die Hintergasse. Die Engelsstimme wirkte hypnotisierend, fast einschläfernd, aber in Aois tiefem Ton lag noch eine Drohung.
 

Verpisst euch! Oder wollt ihr es mit mir zu tun kriegen? Wäre es nicht viel einfacher, ihn gehen zu lassen?
 

Reita drehte sich um, wollte Aoi eigentlich gerade raten, sich nicht einzumischen, als er eine Tür ins Schloss fallen hörte. Perplex blieb er wie angewurzelt stehen, starrte auf die leere Stelle vor ihm, wo er eigentlich gerade noch vier Musiker vermöbeln wollte...
 

"Wow..."
 

Erleichtert ließ er die Schultern sacken und atmete tief aus. Er wusste, was er jetzt zu tun hatte...
 

"Hey, uhm... danke." Dunkelblaue Augen strahlten den geheimnisvollen Fremden an, schenkten ihm ein kleines Lächeln. Irgendwas hatte dieser Mann an sich. Etwas, was er sich nicht erklären konnte. Warum sonst waren seine Ex-Kollegen gerade vor Angst einfach so verschwunden? Und dabei hatte er noch nicht einmal viel gesagt...
 

"Anousa, Kaffee ist nicht so mein Ding, aber ich kenn 'nen Laden, der guten Tee macht. Wenn du noch willst..."
 

---
 

Eine halbe Stunde später saßen beide Musiker dann in einem traditionellen Teehaus. Es war ruhig hier und Reita entspannte sich unter dem Einfluss des grünen Tees.
 

"Gitarre also. Ist nicht leicht 'ne Band zu finden mit so einem Allerweltsinstrument..."
 

"Ah ja... das hab ich auch schon festgestellt..."
 

Aoi war kreidebleich. Er hatte sich so auf die Schnelle etwas einfallen lassen müssen, da Reita ihn spontan gefragt hatte, was für ein Instrument er überhaupt spielte. Dummerweise spielte er gar kein Instrument! Er konnte sich dunkel erinnern, dass er in seinem früheren Leben mal eine Gitarre in der Hand gehabt hatte, aber... diese Erinnerungen waren mehr Schatten und schemenhafte Gefühle.
 

Nervös schaute Aoi auf seine Teeschale, sodass er gar nicht bemerkt hatte, dass Reita gar nicht mehr da war. Erst als der Blonde wieder kam, schreckt er hoch und blickte in das grinsende Gesicht seines neuen Freundes.
 

"Schau mal, was ich hier aufm Klo gefunden hab!"
 

Aufgeregt fuchtelte er mit einem Zettel vor Aois Nase herum und legte ihn dann auf den Tisch.
 

"'Inoffizielle Audition?'", las Aoi auf dem bunten Blatt Papier und sah den Bassisten dann fragend an. Er hatte zwar Ahnung von der Erde, aber das war ihm dann doch fremd...
 

"Ja mann! Die suchen Mitglieder für 'ne Band! Und es ist heute! Wenn wir Glück haben, nehmen sie uns vielleicht! Ansprechpartner... Takanori... Zufälle gibt's... Ich hatte mal nen Kumpel, der so hieß. Er war Drummer in meiner ersten Band."
 

Noch immer fragend und mit schrägem Blick schaute Aoi den anderen an, der sich offenbar gerade als richtige Quasselstrippe entpuppte.
 

"Guck nicht so und komm mit!"
 

Wie ausgewechselt zerrte Reita an Aois Arm und zog ihn nach draußen, seinen geliebten Bass unentwegt an sich gedrückt. Es stellte sich heraus, dass Aoi heute noch viele heruntergekommene Gegenden Tokyos kennen lernen sollte. Reita schleppte ihn durch jeden Bezirk, immerzu auf der Suche nach der richtigen Adresse. Diese war nichts anderes als eine kleine Garage in einem Außenbezirk Tokyos. Von außen hörte man bereits vertraute Klänge von E-Gitarre und Bass und gedämpftes Stimmengewirr. Nervös betraten Reita und Aoi das kleine Gebäude und fanden sich inmitten von einem Haufen Teenagern vor. Kleine, große, bunt, schwarz gekleidete, geschminkte, gestylte Jungs und auch ein paar Mädchen.
 

"Alter, sind wir hier in einem Kindergarten gelandet...?"
 

Etwas verwundert durchquerten der Blonde und der Schwarzhaarige die Meute, die aufgeregt miteinander schwatzte und sich gegenseitig ihre Instrumente präsentierte. Auf der Suche nach etwas, das über achtzehn und verantwortlich für das ganze hier war, streckte sich Reita um über die Köpfe der anderen sehen zu können und erblickte etwas weiter hinten einen jungen Mann, der nicht mehr ganz so pubertär aussah. Er war etwa so groß wie er, hatte schwarze kurze Haare und war scheinbar der Organisator des Ganzen, da er wohl gerade dabei war, die Massen durchzuzählen.
 

"Eto... entschuldigung? Wir sind-"
 

"Akira???"
 

Der kleine Junge, der neben dem Älteren stand, fiel dem Bassisten plötzlich um den Hals und riss ihn dadurch fast zu Boden. Out of nowhere. Nur dass das wohl doch kein kleiner Junge war. Klein. Aber kein Junge mehr. Mit geweiteten Augen sah Reita sein neues Anhängsel an und begann bis über beide Ohren zu strahlen.
 

"Takanori? Du steckst dahinter?"
 

Lachend ließ der Kleinere von dem anderen ab und zuckte verlegen mit den Schultern.
 

"Najaaa... Du weißt doch, dass ich schon länger Gesangsunterricht nehm. Ich will mal weg von den Drums und such mir jetzt ein paar neue Leute. Es gibt zwar massig Interessenten, aber..."
 

Der kleine Blonde nickte etwas abwertend den Kopf Richtung der quasselnden Teenies und seufzte.
 

"Mehr als interessiert sind die nicht, alles Möchtegerne und Nichtskönner und außerdem noch viel zu jung. Die versuchen den Sprung zu kriegen, aber wir nehmen ja auch nicht jeden- ah."
 

Etwas aufgeregt zog Takanori Reita ein Stück näher zu dem größeren Schwarzhaarigen, der wohl gerade fertig wurde mit zählen und kopfschüttelnd irgendwas aufschrieb. Er zupfte ihn am Ärmel und bekam ein atemberaubendes Lächeln zurück.
 

"Anousa, das ist Uke Yutaka, der einzige fähige Drummer in ganz Tokyo. Abgesehen von mir natürlich."
 

"Kai tut's auch. Freut mich."
 

Nickend verbeugte sich Reita vor 'Kai' und begrüßte ihn freundlich. Das liebe Lächeln, das er geschenkt bekam, machte ihn dabei irgendwie nervös...
 

"Suzuki Akira. Aber Reita tut's auch. Sag mal... warum hast du mich nicht einfach angerufen, wenn du neue Leute brauchst?", wandte sich Reita nun wieder seinem alten Kumpel zu, der ihn daraufhin mit hochgezogenen Augenbrauen ansah.
 

"Weil du deine Handynummer wie Unterhosen wechselst und deine Mutter keine Ahnung hatte, wo du dich wieder 'rumtreibst? Beschwer dich nicht, du bist ja jetzt hier! Aber... du hast noch jemanden mitgebracht?"
 

Neugierig schaute Takanori, so gut es ihm möglich war, an Reita vorbei und nahm die dunkle Gestalt ins Visier, die irgendwie aus der Menge herausstach. Lachend drehte Reita sich um und zog Aoi zu der kleinen Gruppe.
 

Dieser hatte allerdings gerade eine kleine persönliche Panik. Jeder dieser Jugendlichen hier würde wohl besser Gitarre spielen als er und er hatte nicht einmal eine. Nicht nur, dass er sich ohne Ende blamieren und man ihn den größten Heuchler auf Erden schimpfen würde, so könnte er auch seine Mission vergessen, da Reita ihn nicht einmal mehr mit dem Arsch ansehen würde. Kreidebleich, wodurch seine schwarzen Augen nur noch mehr zur Geltung kamen, lächelte Aoi die anderen müde an und stellte sich vor.
 

"Nenn mich Ruki!", platzte der kleine Blonde hervor. 'Aoi' war ihm zwar etwas unheimlich, aber für Reitas Wahl würde er seine Hand ins Feuer legen.
 

"Ruki?" Belustigt grinste Reita seinen alten Freund an und zog fragend die Augenbrauen hoch.
 

"Ja!" und ein stolzes Lächeln waren die einzige Antwort, die er von dem kleinen Energiebündel bekam. Grinsend schaute 'Ruki' in die Runde und klatschte dann in die Hände. Er hätte sowieso keinen dieser Stümper hier genommen.
 

"Gekauft! Ihr seid drin!"
 

Enttäuscht verließen die Ersten das Gebäude, während andere noch aufgebracht protestierten. Eine Audition, wo keiner vorspielen musste, wo gab's denn sowas? Es stellte sich aber heraus, dass Ruki nicht nur gut kommandieren konnte, sondern auch gut darin war, Leute rauszuwerfen.
 

'Gekauft? Wie bitte??? Ich kann doch nicht- Das geht doch nicht- Was wenn-'
 

Stolz hin oder her, Aoi musste die Wahrheit sagen. Zumindest die halbe.
 

"Anouuu... wenn ich mal was sagen darf? Ich... haaa- IchhabgarkeineGitarre! Gestohlen."
 

Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. So kam es zumindest Aoi vor. Der Kleinste verdrehte aber nur die Augen ("Noch so einer."), während Kai ihm aufmunternd auf die Schulter klopfte und ihn nur anlächelte.
 

"Kein Ding. Der andere Neue hat auch keine. Ihr kriegt einfach eine vom Label, das wird schon okay sein."
 

Was? So einfach? Ein kleiner Stein fiel Aoi schonmal vom Herzen. Dass er aber immer noch nicht spielen konnte, behielt er vorerst für sich. Er würde einfach Hades um Rat fragen. So wie immer. Verdammt!
 

"Eh, was? Der andere Neue? Ihr habt noch einen?"
 

Reita schaute sich verwundert um, da außer ihnen Vieren sonst keiner mehr da war. Draußen hatte er auch keinen gesehen...
 

"Ja, er holt grade Kaffee für uns. Wir dachten ja erst, dass das hier eine längere Geschichte wird..."
 

---
 

Kouyou stand wie angewurzelt vor der Tür mit drei Bechern von diesem interessanten Heißgetränk in der Hand. Er wagte sich nicht hinein. Noch nicht. Er spürte es, jede einzelne seiner weißen Federn zitterte davon. Reita, sein Schützling war dort drin. Er musste ihn nicht finden, er kam von selbst zu ihm. Nein, das war es nicht. Kouyou war sich sicher, dass das Gottes Werk war, dass er ihm geholfen hatte. Er hatte keine Angst mehr. Gott war bei ihm, mit jedem Schritt. Etwas selbstbewusster öffnete er die Tür, schwebte fast hinein. Sein Blick richtete sich von Kai zu Ruki, weiter auf Reita, auf dessen Augenkontakt er wartete. Er sah nur kurz in die dunkelblauen Augen, lächelte ihn dann an. Zuletzt fiel sein Blick auf eine schwarze Schönheit, die etwas weiter abseits stand und ihn beobachtete. Er musste wegschauen. Er hatte Angst, er würde zu lange starren. Leise tief einatmend verbeugte er sich dann in die allgemeine Runde.
 

"Mein Name ist Uruha und ich bin neu in der Stadt. Es freut mich sehr."
 

Aois dunkel geschminkte Augen weiteten sich nur etwas, als sie die helle Gestalt erblickten. Er konnte auf den ersten Blick gar nicht ausmachen, ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelte, aber eines wusste er genau: Dieses Wesen war nicht von dieser Welt. Die strahlend helle Haut, die sich fast mit der schneeweißen Kleidung vermischte, in die dieses 'Engelchen' gehüllt war, die zarten zerbrechlich wirkenden Glieder, Augen so strahlend und klar wie ein tiefer See, volle, verboten sinnliche rosa Lippen, die einen natürlichen Glanz hatten, als wären sie vom Morgentau geküsst worden, und schulterlanges blond gesträhntes Haar, das in sanften Wellen den schlanken langen Hals umspielte. Doch fast noch schöner als all das war die sanfte, tiefe und beruhigende Stimme, zu Aois Überraschung die Stimme eines Mannes, die wie süßer Honig von den noch süßeren Lippen tropfte. Die Lippen... wie sie sich beim Reden sanft nach vorne schoben und einen natürlichen Schmollmund machten und wie sie sich nach oben kräuselten, wenn er lächelte... Das Lächeln eines Engels, das wie Glocken in Aois Ohren klang. 'Uruha'... Es gab keinen Namen, der besser zu diesem Wesen passte. Wunderschön und anmutig. Eigenschaften, die für Aoi plötzlich eine ganz neue Bedeutung bekamen und alles, was er je für schön gehalten hatte, erschien ihm plötzlich hässlich und widerwärtig.
 

Der Dunkelhaarige betrachtete lange die strahlende Schönheit, wie sie fast wie in Zeitlupe die langen Haare mit feingliedrigen Fingern hinter das Ohr strich. Und wie diese Augen ihn ansahen...
 

Aoi wurde fast schlecht. Sein Herz begann zu rasen, seine Gedanken waren wirr und er ertappte sich dabei, wie er fast vergessen hätte, warum er überhaupt hier war. Peinlich berührt schaute er endlich zur Seite. Im Innern seiner Augen sah er bunte Flecken und entkräftet fuhr er sich durch das rabenschwarze Haar. Was... wer war das gewesen...?
 

"Eto..."
 

Nervös blickte Uruha in die Runde, was aber sofort durch Kai und Ruki wieder aufgehoben wurde, als sie ihm den heiß ersehnten Kaffee aus den Händen rissen. Das Verhalten des Schwarzhaarigen fand er leicht komisch, aber vielleicht waren Japaner ja so... Uruha wusste es nicht, da er sich an nichts aus seinem vorherigen Leben erinnern konnte. Trotzdem ließen ihn diese dunklen Augen nicht los...
 

'Wieso sieht er mich so an? Ist es offensichtlich, wer ich bin...? Nein, das geht doch gar nicht!'
 

"Ich werd mein Bestes geben!", sagte er, sich auf der Unterlippe herumkauend. Er war nervös, fühlte sich nicht wohl, wenn diese Augenpaare so auf ihn gerichtet waren. Zum Glück begann Kai wieder zu sprechen und wies auf eine alte Couch.
 

"Setzt euch doch kurz, hmm?"
 

Aoi, dem immer noch eine Mischung aus Nervosität und Blendung in den Knochen steckte, setzte sich als erster mit einem kleinen Seufzer hin. Uruha nickte nur und bewegte sich dann vorsichtig auf die dunkle Gestalt zu. Er setzte sich langsam neben den Schwarzhaarigen, immerzu die Augen seines Schützlings auf sich fühlend.
 

"Uhm... ist dir unwohl?", fragte der getarnte Engel leicht besorgt und schaute den anderen mit großen Augen an. 'Aoi', wie er hieß, hielt sich die Stirn, woraufhin Uruha sofort schlussfolgerte, dass ihm wohl der Kopf weh tat... Vorsichtig legte er seine Hand auf Aois Oberschenkel und sah ihn tief an.
 

'Oh Gott...'
 

Wie ironisch.
 

Fast schon zitternd schaute Aoi auf, wurde fast wieder geblendet von der Gestalt. Keuchend senkte er seine Augen wieder. Eine ungekannte Wärme durchströmte ihn, dort wo Uruha ihn berührte. Seine Haut brannte, selbst durch die Jeans hindurch. Er biss sich auf die Zunge um sich nichts anmerken zu lassen. Er zwang sich zu einem zittrigen Lächeln, zwang seine schwarzen Augen hoch zu sehen in die atemberaubenden seines Gegenübers. Er brachte fast kein Wort hervor, war geblendet von diesem Anblick, der ihn lähmte. Er öffnete seinen Mund halb, während er dem anderen ins Gesicht starrte. Fast schon erschrocken begann er dann los zu plappern.
 

"Mir geht's gut! Ich hab heute Nacht nur nicht so viel geschlafen."
 

Zu dem Gefühl der Angst, das er seit diesem Nachmittag empfand, weil er einfach nicht Gitarre spielen konnte, kam nun auch ein Gefühl der Unsicherheit. Wie sollte er nur seine Mission erfüllen, wenn er ab jetzt Tag für Tag diese Anwesenheit spüren musste, dieses Gesicht sehen musste? So konnte man doch nicht arbeiten!
 

"Vielleicht... solltest du das dann nachholen, huh?"
 

Große Augen sahen Aoi an. Uruha selbst schlief ja nie... Aber das erschien ihm ein guter Rat zu sein.
 

"Uhm... ja, vielleicht."
 

Aoi stand vor einem weiteren Rätsel. Er wusste ja selbst auch nicht, wie es war zu wenig zu schlafen. Er tat es nur in seiner Freizeit und wenn ihm danach war. Wirklich brauchen tat er es nicht...
 

Die Menschen imitierend legte Uruha eine Hand auf die glatte Stirn des Fremden. Aber Temperaturen kannte er ja auch nicht...
 

"Fieber hast du nicht... oder?"
 

Den anderen Engel immer noch anstarrend, zuckte Aoi leicht zurück vor der Hand. Da war wieder dieses warme Gefühl, als hätte man ihn auf die Sonnenbank gelegt. Unbewusst flatterten seine schwarzen Augen halb zu, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Was war da nur los mit ihm? Was tat dieser Mensch mit ihm?
 

"Huh, geht's dir nicht gut?" Nun gesellte sich auch Reita zu ihnen. Der Blonde stand genau vor den beiden, während hinter ihm Ruki und Kai leise miteinander redeten und wohl auch telefonierten. Der Bassist sah leicht irritiert zu dem Schwarzhaarigen, seine Augenbrauen krümmend. Das war schon mal gut, dachte sich Uruha, der in seinem Schützling viel Mitgefühl sehen konnte. Erschrocken schaute Aoi hoch zu Reita und schüttelte hastig den Kopf.
 

"Nein, mir geht's gut. Alles bestens. Mach dir nicht immer so viele Gedanken."
 

Etwas irritiert drehte er sich von der weißen Schönheit weg und murmelte leise. "Mir fehlt nichts, okay??"
 

"Aww, du bist schüchtern, huh?"
 

Uruha stand auf und nahm etwas Abstand, lächelte ihn dann sonnig an.
 

"Wa-? I-ich bin gar nicht schüchtern!"
 

Was war denn verdammt nochmal los mit ihm? Aoi stotterte doch sonst nicht so und für schüchtern wurde er sowieso nie gehalten! Aber dieses Lächeln... Konnte man da böse sein...?
 

Konnte man nicht, beschloss Aoi. Er schaute auf den Boden, jetzt ganz sicher, dass er nun für immer den Stempel 'schüchtern' tragen würde. Vielleicht hatte das ja auch so seine Vorteile, versuchte er sich noch einzureden.
 

Die anderen beiden fingen an zu lachen, als sich der 'Nicht-schüchterne' nun noch schüchterner benahm. Im Hintergrund wurden die Stimmen lauter und endlich kamen Kai und Ruki auch in die Runde, beide ein Strahlen auf den Lippen.
 

"Wir haben morgen Mittag einen Termin mit der Plattenfirma!", verkündete Kai freudestrahlend.
 

'Platte...?'
 

Beide, sowohl Aoi als auch Uruha, schauten den Dunkelhaarigen an wie ahnungslose Schafe. Sie hatten sehr wenig Ahnung, wie das alles jetzt weitergehen sollte. Uruha war jedenfalls froh, dass er seinen Platz an Reitas Seite gefunden hatte und nickte aufmerksam. Es klang ja zumindest gut...
 

"Lasst uns zur Feier des Tages mal einen drauf machen. Aber nicht zu lange, nicht zu viel trinken-"
 

"Kai."
 

"Nichts Großes, nur 'ne kleine Feier-"
 

"Kai.", sagte der Kleinste mit etwas mehr Stimme. Der Größere hörte aber nicht auf zu reden und alles genau zu erklären, wie er sich das vorstellte.
 

"...und benehmen! Ich erwarte-"
 

"Kai, jetzt hör mal!"
 

"Ja?", meinte der Drummer dann endlich und sah nach unten. Ruki plusterte sich auf, wirkte plötzlich ein paar Zentimeter größer, was aber auch nicht viel half.
 

"Bist du jetzt unser Leader, oder was?" So führte Kai sich jedenfalls auf.
 

"Ich finde Kai macht das ganz gut... bis jetzt...", meinte Reita unter Nicken von einem unwissenden Uruha, der einfach mal zustimmte. Auch Ruki nickte und alle Augen sahen zu Aoi, der sich bisher eigentlich ganz fein aus der Sache rausgehalten hatte. Vielmehr war dieser in Gedanken verstrickt gewesen. Als es ruhig wurde, schaute er hoch in vier fragende Gesichter.
 

"Eto..."
 

Leader? Was sollte das denn jetzt? Ihm war es doch egal. Dieses ganze Band-Gedöns war doch eh nur ein Vorwand...
 

"Wieso nicht.", sagte er nur und zuckte mit den Schultern. Am liebsten hätte er ja Reita den Posten gegeben, aber so sehr er sich auch seinem Auftrag widmen wollte, verscherzen konnte er es sich dann doch nicht mit ihnen.
 

So war es also beschlossene Sache: sie wurden eine Band und Kai ihr offizieller Leader. In dieser Formation machten sie sich auf den Weg in etwas weniger vergammelte Gegenden Tokyos, wo sie sich in das Nachtleben stürzen könnten. Das Schlusslicht bildeten Uruha und Aoi, die sich gegenseitig immer wieder misstrauische Blicke zuwarfen. Oder in Uruhas Fall: besorgte Blicke. Der Engel konnte einfach nicht vergessen, dass Aoi vorhin so schlecht ausgesehen hatte...
 

"Hey, schau mich nicht so an, mir geht's gut!"
 

Aoi waren die Blicke mehr als unangenehm. Noch nie hatte ihn jemand so angeschaut. Er fühlte sich als würden die Blicke ihn durchdringen, ihm in die tiefschwarze Seele blicken. Ihn zu enttarnen versuchen. Eben diese Augen wandten sich schnell wieder ab und blickten auf die Straße vor Uruhas Füßen. Er hatte schon wieder gestarrt...
 

'Was ist das? Neugierde? Neugierde ist nicht schlimm, sondern gesund. Oder vielleicht... ist es etwas anderes? Irgendwie hab ich so ein Gefühl... Kann ich überhaupt etwas fühlen? Darf ich etwas wollen...?'
 

Uruha war leicht verwirrt. Und das kam nicht von den vielen Straßen und Menschen, weder von den vielen Gerüchen, Geräuschen noch von den vielen Farben. Nein, es kam alleine von dem Menschen neben ihm.
 

'Er hat... nein. Die Haut eines Engels strahlt. Er sieht nicht aus wie ein Engel... aber auch nicht wie ein Mensch. Was ist das nur?'
 

Während Uruha mit seinen neuen Gedanken kämpfte, fiel er zurück. Er lief etwas langsamer, aber immer noch schnell genug um mit den anderen Schritt zu halten. Auch die Gespräche kriegte er nicht mehr mit. Nicht nur weil er gegen Lauschen war. Nein, etwas viel interessanteres war auf seinem Weg. Wortwörtlich. Seine Finger streckten sich nach etwas aus, hoben es auf mit einer ungekannten Vorsicht. Jetzt war da mehr als nur Neugierde. Mit einer akribischen Genauigkeit betrachtete er das sich in seinen Fingern drehende Objekt. Eine schwarze Feder, lang und stark. Ein unbekannter und doch vertrauter Geruch ging von ihr aus.
 

'Sie ist zu groß für ein Tier... Aber genau passend für einen Engel. Aber es gibt keine Engel mit schwarzen Flügeln...'
 

Aoi, der langsam aber sicher die Blicke an seiner Seite zu vermissen begann, drehte sich kurz um und wollte sehen, wo Uruha so lange blieb. Es wäre nicht so gut, wenn er in dem Getümmel verloren gehen würde...
 

"Uruha? Was ist, kommst d-?"
 

Die Feder.
 

"Was... was hast du da?", fragte Aoi zögerlich. Es wäre zu auffällig gewesen, sie ihm einfach aus der Hand zu reißen. Die leichte Panik, die er empfand, versuchte er zu verdrängen. Uruha würde ihn schon nicht enttarnen. Woher sollte er denn bitte von Engeln wissen? Und schon gar nicht von einem wie ihm. Er war einzigartig.
 

Lächelnd schloss Uruha wieder zu der Gruppe auf und schüttelte den Kopf, genauso wie er den Gedanken an einen schwarzgeflügelten Engel abschüttelte.
 

"Eine Rabenfeder~" redete er sich heraus und steckte sie spielerisch in Aois ebenfalls rabenschwarzes Haar. Dieser zuckte leicht zurück, ließ Uruha dann aber machen. Wäre sowieso besser, wenn die Feder wieder zur ihm zurückfinden würde. Er lächelte leicht und bemerkte nebenbei wie er etwas rot wurde, als Uruha ihn berührte. Es war nach wie vor ungewohnt, aber er begann sich langsam aber sicher daran zu gewöhnen und... Gefallen daran zu finden.
 

____________________________________________________
 

Anmerkung der Autoren: Ja, wir wissen, dass Kai nicht der erste Drummer war und dass auch sonst "historisch" alles nicht so ganz richtig ist. Künstlerische Freiheit... |D



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (17)
[1] [2]
/ 2

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Panda_Kei
2010-10-21T20:18:55+00:00 21.10.2010 22:18
woah ich finds voll cool!!! *grad entdeckt*
jetzt bin ich neugierig!
schreibt schnell weiter!! XD
Von: abgemeldet
2010-04-22T20:38:49+00:00 22.04.2010 22:38
ich find die idee richtig gut! :)
mal was ganz neues^^ ich liebe aois coole art xD
ich bin schon gespannt, wie das erste treffen von aoi und uruha aussieht^^
uru kann ich mir richtig gut als weißen engel vorstellen xD

mach weiter so! :)
ich nehm mir gleich die nächsten kapis vor ^_^
Von:  ShiroyamaYuu
2010-04-19T14:24:51+00:00 19.04.2010 16:24
Ich mag es XD
blödes Kommentar, aber der erste Gedanke der mir kommt und da ich zu faul bin nun zu jeden Kapitel ein Kommentar zu schreiben, bekommt ihr eines für alle!
Ja ich bin fies.. außerdem sollt ihr weiter schreiben, ich hasse es zu Warten und nun da Aoi ein böser böser Engel ist... hat es schon sehr viele Pluspunkte bei mir gesammelt, weil ich Engel liebe.. merkt man gar nicht wenn man sich bei mir umsieht.. stehen ja nicht viele Engel rum XD
Bin gespannt wie es weiter gehen wird, da sich ja beide Engelchen in ziemlich viele Problmchen hinein verstricken und das ohne das sie es so wirklich bemerken.
Also schön weiter machen ich will wissen wie es weiter geht.
Liebe an euch ♥
euer Yuu
Von:  Hibiyume
2010-04-13T18:35:07+00:00 13.04.2010 20:35
mädels das is mal wieder toll geschrieben...*___*
macht weiter <3
mag wissen wie's weiter geht~ <3
Von:  Koakuma
2010-04-13T18:02:03+00:00 13.04.2010 20:02
Ich mag die FF so <3
Und es ist toll, wie hingerissen Aoi von Uruha ist! Aber ich hoff trotzdem, dass er seine Selbstsicherheit wiederfindet. Die steht ihm einfach zu gut! Bin gespannt, wie's da weitergeht~
Von:  Kanoe
2010-04-13T14:32:10+00:00 13.04.2010 16:32
ich finde es toll wie kai zum leader geworden ist in deiner geschichte *lacht*
ein sehr schönes kapitel
ich mag es wie aoi panik schiebt und reagiert
Von: abgemeldet
2010-04-13T13:39:20+00:00 13.04.2010 15:39
mir gefällts XD mach weiter!
Von:  InspiredOfMusic
2010-04-13T12:32:46+00:00 13.04.2010 14:32
Oh... ich find die einzelnen Kapitel immer irgendwie ganz besonders toll.
Außerdem finde ich es voll süß, wie Aoi reagiert... ich bin echt gespannt, wie sich das alles entwickelt. : D
Von:  Kanoe
2010-03-16T13:39:10+00:00 16.03.2010 14:39
ein interesanter anfang
Von:  Koakuma
2010-03-15T22:56:40+00:00 15.03.2010 23:56
Ich kann gar nicht abwarten, dass die beiden endlich aufeinander treffen <33
Aois Charakter ist so klasse, es macht total Spaß, die FF zu lesen!
Freu mich wenn's weiter geht~


Zurück