Zum Inhalt der Seite

Forever is not enough

Wenn Liebe unsterblich macht..
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ein etwas anderes Mädchen/ seltsame Träume und ein erstes Treffen

Ich wurde geboren und musste kämpfen. Ich musste mich von Anfang an durchs Leben schlagen, niemand reichte mir die Hand und führte mich. Ab und an tauchte ein Gesicht in mein Blickfeld, doch wie eine Welle verschwanden sie wieder aus meinem Leben. Nur du bist in meinem Kopf geblieben, in meinem Herzen, hast meine Sinne, die sonst so geschärft waren, aus dem Gleichgewicht gebracht und mein Leben aus dem Rahmen geworfen.
 

Es begann alles im Jahre 1838. Ich lebte mit meiner Familie in einer Kleinstadt in England, wir hatten uns einen kleinen Landsitz erwirtschaftet. Mein Vater hatte es bisher zu nichts gebracht und es gab eine Zeit, in der es nicht gut um unsere Familie stand. Um jene Kleinstadt gab es ein wundervoll weites, gedeihendes Land, welches einem Grafen von hohem Adelsstand zugesprochen worden war. Meine Mutter, die schon immer eine begnadete Denkerin gewesen war und die Fäden des Lebens immer wieder zu ihrem Vorteil spannte, war es auch zu dieser Zeit wieder, die wusste, wie sie unserer Familie ein wenig mehr Ansehen verschaffen konnte.
 

Langes, goldenes Haar, das in der Sonne einem Meer aus funkelnden Sternen glich. Rosige Wangen, eine kleine, gerade Nase, Augen in der Farbe des Himmels. Meine große Schwester. Sie war der Traum eines jeden Mannes. Leise stöhnte sie auf. "Was ist, Kind?" "Mutter, Ihr schnürt mir die Luft ab." "Dann ist es Recht so.", erwiderte meine Mutter hart. Isabell schaute mich mitleidig an. "Sophia, bitte hilf mir einmal." "Es steht mir nicht zu, die Aussage unserer holden Mutter in Frage zu stellen, Isabell." Meine Mutter schaute mich an und wies mich mittels einer Handbewegung an, zu ihr zu kommen. "Nun bist du an der Reihe, Sophia." Ohne Vorwarnung schnürte sie meine Corsage mit einem heftigen Ruck zu, sodass ich hörbar nach Luft schnappte. "Vergiss nicht, Isabell, dies ist ein wichtiger Tag für unsere Familie.", sprach sie, zu meiner Schwester gewandt. Wieder schnappte ich nach Luft, doch meine Lungen füllten sich nicht. "Mutter...", flüsterte ich, als mein Blickfeld benommen wurde und ich den Halt verlor..
 

"Sophia!" "Sophia, bitte komm zu dir!", hörte ich fern eine Stimme rufen. Es war die Stimme meiner Schwester. Ich öffnete langsam meine Augen und blickte um mich. "Was ist passiert, Isabell?" "Mein kleiner Engel, Mutter hat dir deine Corsage zu eng geschnürt.", antwortete sie liebevoll. Mit ihren schmalen Fingern strich sie über meine Wange. "Wünsch mir Glück, Sophia. Ich hoffe der Graf ist ein Mann von Verstand. Sonst wird er mich nicht zu zähmen wissen."; sagte sie kichernd und erhob sich. Langsam schritt sie mein Zimmer entlang zur Tür. Mit leisen Handgriffen öffnete sie diese und war schon fast hinter der Tür verschwunden, als sie grinsend fragte: "Wie sehe ich aus?" "Wie ein Stern..zum Greifen nah und doch so unerreichbar. Du siehst bezaubernd aus, Isabell." Ihr Grinsen wurde breiter und sie schloss die Tür von außen. Leise hörte ich ihre Schritte ganz sachte über den Boden schleifen. Ich schloss meine schweren Lider und spürte wieder den Sog, der mich sanft in den Schlaf zog.
 

Mein Herz schlug heftig gegen meine Brust und mein Atem raste. Angstvoll blickte ich mich um, doch ich nahm nur eine schwarze Leere war. Etwas riss mich zu Boden und ich schrie auf. An meinem Hals spürte ich einen Schmerz, als hätte ein scharfes Messer seine Dienste getan. Ich schnappte nach Luft, doch an meinem Hals röchelte es. Voller Panik versuchte ich mich zu wehren, doch mein ganzer Körper wurde heftig gegen den Boden gedrückt. Alles um mich herum wurde gedämpft, mein Körper wurde taub. War es so, zu sterben?

Ich spürte ein Feuer, dass sich in meinem Körper auszubreiten schien. Ich verbrannte innerlich. Mir wurde heiß..so unerträglich heiß.. ich wandt mich vor Schmerzen. Zum Schreien fehlte mir die Kraft. "Bitte..bitte..mach dass es aufhört.", flehte ich leise in die Dunkelheit. "Bitte töte mich..bitte.." "Ich kann nicht..Es tut mir leid.", hörte ich eine männliche Stimme leise flüstern. Mein Körper fing an, heftig zu zittern und Blut quoll aus meinem Mund. "Ich werde niemals dein Richter sein.."
 

Mein eigener Schrei riss mich aus dem Schlaf. Mein ganzer Körper zitterte und meine Augen waren starr vor Schreck. Die Tür flog auf und eine Bedienstete trat herein. "Mylady! Ist alles in Ordnung? Ich habe Euch schreien hören." "Es..e-es geht-t mir g-gut..", stotterte ich zusammen. Mary, die liebe, kleine Mary, die uns trotz all unserer schweren Zeiten nicht verlasse hatte, trat an mein Bett und schaute mich besorgt an. "Ihr seht nicht gut aus, Mylady." "Ich habe schlecht geträumt, Mary, das ist alles. Es ist nicht der Rede wert." Immer noch schaute sie mich besorgt an. "Ich gedenke, wieder zu schlafen." "Ich bleibe in Eurer Nähe, Mylady.", versprach sie. "Ich danke dir, Mary." Leise schlich sie aus dem Zimmer und ich schaute besorgt aus dem Fenster. Zu viele Gedanken schwirrten in meinem Kopf umher. Was dieser angsteinflößende Traum wohl zu bedeuten vermag?
 

Ich hörte Vogel zwitschern und öffnete meine Augen. Scheinbar war ich letzte Nacht nach einer Weile eingeschlafen gewesen. Schnell streifte ich mir meinen Morgenmantel über und ging schnurstracks die Treppen hinunter in den Speisesaal unseres Hauses. Meine beiden Eltern genossen bereits schweigend ihr Frühstück, doch meine Schwester befand sich nicht am Tisch. "Wo ist sie?", fragte ich geradeheraus. "Setz dich, Kind, und iss erst einmal etwas dieses köstlichen Frühstücks.", erwiderte mein Vater gut gelaunt. Es musste also etwas Positives passiert sein. Ich musste mir ein Lächeln verkneifen und ließ mich auf einem Sitzplatz neben meiner holden Mutter nieder. Wortlos brachte Mary mir ein Tablett, doch ihre Augen waren fragend und leuchteten vor Neugierde. "Mary?", begann ich sanft, "würdest du mir nach dem Frühstück in mein Kleid helfen?" "Selbstverständlich, Mylady." Meine Mutter schaute mich skeptisch an. "Wie ergeht es dir dieses Morgens mein Kind? Hast du dich von den gestrigen Strapazen erholt?" Ich nickte. Sie plauderte ein wenig über ihren Verdienst, der Familie endlich einen guten Stand der Gesellschaft verschafft zu haben, doch meine Gedanken schweiften ab. Wieder nahm mich der Traum der vorigen Nacht gefangen. Diese Stimme...

"Sophia?" Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen. "Oh...Entschuldigt bitte Mutter..Was sagtet Ihr?" "Der Graf wird uns heute die Ehre erweisen, unser bescheidenes Haus zu besuchen, um die Familie seiner zukünftigen Ehegattin kennenzulernen." "Bereits heute sagt Ihr?", erwiderte ich traurig. "Gibt es ein Problem, Sophia?" "Nein Mutter. Es war meine Absicht, in den Garten zu reiten um nach den Blumen zu sehen. Aber sicher wird sich dies an einem anderen Tag ebenfalls anbieten."

Mein Vater druckste ein wenig herum, bevor er sich zu mir wandt und sprach: "Wieso gehst du nicht heute? Es ist ein wundervoller Tag und es widerspricht nichts, wenn du ein wenig fort bist. Einen Grafen werden wir wohl kaum beleidigen, wenn unsere Tochter im Garten nach den Pflanzen sieht." "Ich danke Euch, Vater." Ich erhob mich von meinem Sitzplatz und gab ihm einen kleinen Kuss auf die Wange, bevor ich mich aufmachte, mein Kleid anzuziehen. In meinem Zimmmer wartete Mary bereits auf mich mit dem Kleid. Ich zog langsam mein Kleid an und stellte mich mit dem Gesicht zur Wand. Mary nahm meine Corsage und schnürte sie mit heftigen Rucken zu. "Mylady? Darf ich mich erkundigen, wie sich Eure restliche Nacht gestern gestaltete?" "Mache dir nicht immer so viele Gedanken, Mary. Ich habe gut genächtigt. Es freut mich, wie besorgt und einfühlsam du zu mir bist. Ich danke dir." "Ich bin Eures Dankes nicht wert, Mylady, aber ich nehme mir Eure Worte zu Herzen. Kann ich Euch noch behilflich sein, Mylady?" " Bitte sag doch dem Stalljungen, er möge mein Pferd satteln." Mary nickte und verschwand leise aus dem Zimmer. Sachte ließ ich mich auf dem Bett nieder und seufzte. Der Graf in unserem Haus? Ich konnte nur hoffen, dass einmal alles gut von Statten gehen würde.
 

Wenn der Wind in mein Gesicht peitschte und meine Haare im Wind tanzten, fühlte ich stets eine Freiheit, eine Lebendigkeit, die ich am liebsten mit meinen Händen festhalten wollte. Meine Mutter sah nicht gerne, dass ich auf einem Pferd ritt wie ein Mann, doch ich genoss jede Sekunde, die ich mit meiner Stute in der Natur verbrachte. Ich liebte die Freiheit und war im Gegensatz zu den Interessen meiner Mutter nicht im geringsten an einem Mann, einer Familie, einem Haus mit Garten und all diesen "normalen" Dingen interessiert. Ginge es nach meinem Kopf, so hätte ich ein paar Habseligkeiten gepackt und wäre auf und davon geritten, immer in Richtung des Horizontes. Ich war bereits an den Gärten angekommen, doch meine Gedanken ließen mich nicht los. Ich schlenderte zwischen den wundervollsten Blüten umher, sog den Duft der Blumen tief ein und schloss die Augen. Wie ich diesen Ort liebte..
 

"Mylady!" Ich öffnete die Augen wieder und blickte in das strahlende Gesicht unseres Gärtners. "Welch Ehre Euch wiedermal bei uns begrüßen zu dürfen!" Ich lächelte sanft und erwiderte: "Kümmert ihr euch gut um meinen Garten, Pedro?" Er nickte und grinste verschmitzt. Pedro war ein Einwanderer, der auf der Suche nach Arbeit zu uns gestoßen war. Er war noch sehr jung, vielleicht ein zwei Jahre älter als meine Wenigkeit. In seinem Grinsen verbarg sich stets die rassische Aura des Jungen, das Feuer, das ich stets in seinen Augen brennen sah.

Er führte mich ein wenig herum, um mich über den Lauf der Dinge zu unterrichten. Der Garten war wesentlich gewachsen seit wir dieses Stück Land durch meine Mutter erwirtschaftet hatten. Wie viel Arbeit ich in diesen Garten gesteckt hatte, der einst nur ein Stück karges Land gewesen war.. Höflich verabschiedete sich Pedro bei mir und ging weiter seiner Arbeit nach. Ich stieg auf mein Pferd und ritt zurück. Was mich wohl erwarten mochte, wenn ich in unser Haus eintreten würde? Heftig schüttelte ich den Kopf und ließ mich von dem Wind in meinem Gesicht und meinen flatternden Haaren ablenken.
 

Ich hatte bereits all meine Reitutensilien abgelegt und bewegte mich langsam auf das Haus zu. Die Fenster waren weit geöffnet und ich hörte amüsiertes Gelächter. Keine Spur von Ironie, kein Hauch eines schlechten Zeitpunktes. Als ich näher kam, öffnete Mary mir die Tür. "Mylady! Ihr seid wohlbehalten zurückgekehrt, wie schön. Kann ich etwas für Euch tun?" Ich schüttelte den Kopf, bat sie allerdings näher zu kommen. "Ist er erträglich, Mary?" Sie nickte überzeugend. "Er ist ein sehr zuvorkommender, höflicher Mann mit guter Erziehung." "Ich danke dir, Mary." Mary ging ihrer Wege und ich wurde bereits von meiner Mutter an der Tür, die in den großen Speisesaal führte, erwartet. "Wie geht es voran, Sophia?" "Er arbeitet sehr zufriedenstellend, Mutter. Aus einem einst trockenen Stück Land hat er ein kleines Paradies geschaffen." Sie nickte zufrieden. "Bitte komm doch mit mir ins Herrenzimmer. Ich möchte dich mit dem Grafen bekannt machen." Ich verrollte die Augen und folgte meiner Mutter. Als sie die Tür des Herrenzimmers öffnete, machte mein Herz einen Aussetzer, denn ich hatte Mühe, Luft zu bekommen. Sofort schritt der werte Graf auf mich zu und küsste mir die Hand. Ich lächelte und machte einen kleinen Knicks. "Es freut mich Sie kennenzulernen, werte Lady." "Die Freude liegt ganz meinerseits.", erwiderte ich lächelnd. Ich ließ mich auf einem der bequemen, tiefen Sessel nieder und lauschte gespannt dem Gespräch, das gerade zwischen meinem Vater und dem Grafen von Statten ging. Ab und an spürte ich einen Blick des Grafen auf mir. In seinen Augen spiegelte sich etwas, dass ich keinesfalls beschreiben konnte. Doch ich wollte unbedingt herausfinden, was dieser Ausdruck in diesen tiefschwarzen Augen zu bedeuten vermochte. Er war ein gut gebauter, junger Mann, hatte einen hohen Wissenstand und einen ausgesprochen guten Kleidungsstil. plötzlich wandte er sich mir zu und schaute mich fragend an. "Mylady, erlaubt Ihr mir eine Frage?" "Fragt, was immer Euch beliebt, werter Graf." "Weshalb habt Ihr mich warten lassen?" Diese Frage zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht und es steckte mich regelrecht an. Auch ich musste nun lächeln und antwortete: "Ich habe nach meinem Garten gesehen. Es war allerdings nicht meine Absicht, Euch zu verärgern." Er lachte leise. "Das habt Ihr nicht, Mylady. Mein Name ist Enricco Carabench. Aber bitte..nennt mich Enricco." "Sophia." "Welch wundervoller Name.", sprach er. Ich konnte mein Lächeln nichtmehr abstellen und senkte meinen Blick. Meine Mutter machte Enricco Carabench darauf aufmerksam, dass es nun bereits spät war und er wandt sich zum Gehen. Wir brachten ihn zur Tür und er schenkte mir noch einen seiner geheimnissvollen Blicke, bevor die Tür sich nach ihm schloss.

Enricco Carabench..

seltsame Vorkommnisse

"Und was meinst du, kleine Schwester?", hörte ich die sanfte Stimme meiner Schwester hinter mir. "Ihr seid ein Traumpaar, Isabell." Sie schmunzelte leise. "Er ist doch ein wahrer Traum. Gestern sagte er mir, er suche nach DEM einen Mädchen, dass sein Herz in einer Weise berührt, wie es sonst keine andere tut.Ist das nicht romantisch?" Ich nickte desinteressiert. DAS eine Mädchen? Was für ein Unsinn! Als ob es so etwas gab.. Wenn er meine Schwester für DAS Mädchen hielt, wieso schenkte er mir dann solche Blicke? Der Hunger war mir vergangen, ich bat mich zu entschuldigen und zog mich in mein Zimmer zurück. Mit einem großen Seufzen ließ ich mich auf mein Bett fallen und blickte zur Decke. Mary hatte es versäumt, mein Fenster zu schließen und ein kalter Windstoß ließ mir einen Schauder über den Rücken laufen. Ich raffte mich auf und ging zum Fenster. Sanft verschloss ich es.
 

Plötzlich ertönten Klänge meines Klaviers und ich zuckte zusammen. "Wer ist da?", fragte ich in die Dunkelheit hinein. Ich konnte im Dunklen nichts ausmachen und ging vorsichtig in Richtung meiner Tür. Ich hatte sie schon fast erreicht, streckte meine Finger nach der Klinke aus, als mich etwas seitlich erwischte und aufs Bett schmiss. Einen kurzen Moment musste ich mich sammeln, bevor ich mich aufsetzen konnte. Mein Herz raste und ich versuchte angestrengt, etwas in der Dunkelheit auszumachen. In meinem Gesicht spürte ich von einer Sekunde auf die nächste einen Lufthauch und zwei starke Arme drückten meinen Körper in die Matratze. Seiner Statur nach musste es ein Mann sein, doch wie sollte er durch mein Fenster im 1.Stock gekommen sein? Sein Atem ging schwer und sein Gesicht kam dem meinen immer näher. Ich sah zwei dunkle, flehende Augen und endlich reagierte mein Körper mit Gegenwehr. Allerdings hatte dies nur zur Folge, dass er mich stärker in die Eingeweiden meines Bettes drückte.Ich öffnete meinen Mund leicht und wollte gerade schreien, als ich zwei warme, weiche Lippen auf meinen spürte. Meine Gegenwehr wurde immer weniger und erstarb schließlich. Er entfernte sich ein wenig und sagte:"Würdest du dich nicht wehren, würde sich dies hier anders gestalten."
 

Eiseskälte durchzog mich. "Enricco..", flüsterte ich. Er lockerte den Griff um meine Handgelenke ein wenig und schaute mich ausdruckslos an. "Wie..?" "Glaubtet Ihr, ich würde Eure Stimme nicht wiedererkennen?" Eine bedrückende Stille folgte. "Sophia, Ihr wisst nicht das geringste." "Dann teilt es mir mit, Enricco. Ich bin die Schwester Eurer zukünftigen Ehegattin. Wieso also das alles?" "Ich werde sie nicht heiraten, Sophia." "Aber..", stammelte ich geschockt. "Sie ist nicht, DAS Mädchen, dass ich suche. Ich kann mein Herz keinem anderen Mädchen schenken, Sophia, versteht Ihr nicht?" Ich schüttelte den Kopf. "Geht runter von mir, Enricco." "Ich kann nicht, Mylady." Ich schenkte ihm einen verständnislosen Blick und er lächelte. "Geht sofort von mir herunter, Enricco, oder ich werde schreien!", erwiderte ich mit Nachdruck. Er verstärkte den Druck auf meine Handgelenke wieder und kam meinem Gesicht wieder gefährlich nahe. "Ihr werdet nicht zum Schreien kommen, Mylady. Also bitte wagt keinen Versuch.", hauchte er leise. Ich wurde trotzig und wollte mich beweisen, als ich wieder diese wahnsinnigen Lippen auf meinen spürte. Er küsste mich wilder und wilder und ich wurde immer hilfloser. Seine Lippen wanderten über meine Wangen und hinunter an meinen Hals. "Enricco..bitte..unterlasst das..", bat ich leise. Verschmitzt lächelte er mich an und sagte leise: "Ich glaube daran, dass ich bei Euch ganz ohne meine Fähigkeiten auskomme." Wieder und wieder küsste er meinen Hals und jede Berührung jagte einen Schauer über meine Haut. Abrupt ließ er meine Handgelenke los und ließ sich neben mir auf dem Bett nieder. "Ich kann es einfach nicht..Mein Bruder hat Recht. Ich denke einfach zu viel darüber nach.." Ich drehte mich auf die Seite und schaute in sein wunderschönes, makelloses Gesicht. "Ich verstehe nicht ganz.." Sein Blick traf meinen und er schenkte mir abermals dieses geheimnisvolle Lächeln. "Ich...", stammelte er. Sein Blick wurde gequält und er wandt ihn von mir ab. Sanft nahm ich sein Gesicht in meine Hände und konnte nicht anders, wie ihm einen Kuss auf die Stirn zu geben. "Solch großes Leid sehe ich in deinen Augen, Enricco." Er setzte sich auf und lächelte verschmitzt. "Sophia? Möchtest du ein Spiel spielen?" "Bitte?", antwortete ich geschockt. Ich konnte seine Gedankengänge beim besten Willen nicht nachvollziehen. "Ich möchte die Gedanken nun ausblenden. Und du wirst meine Spielfigur dabei sein." "Ich bin keine Spielfigur..nicht deine und nicht die des Königs!" Voller Empörung schlug ich mit den Händen auf mein Bett und wandt ihm den Rücken zu. Alles was ich wollte, war einfach aus diesem Zimmer, dieser falschen Situation zu entfliehen. Sanft zog er mich zurück auf das Bett und in seine Arme. "Entschuldige Sophia." "Ich verstehe garnichts, Enricco. Was soll das alles?" "Ich werde es dir zeigen..einverstanden?" Ich nickte leicht.

Er atmete tief ein und aus und drehte mich abermals auf den Rücken. Langsam stieg er über mich, nahm meine Handgelenke sanft in seinen Besitz und begann wieder, mich zu küssen. Ich ließ mich vollkommen fallen,vergaß alles um mich herum und erwiderte den Kuss sanft. Er presste seine Lippen fester an meine, küsste mich wilder und raubte mir damit meinen Verstand. Würde ich die Augen öffnen, könnte ich ihn vermutlich gen Himmel steigen sehen.

Wieder wanderten seine Lippen zu meinem Hals hinunter, küssten und liebkosten ihn sanft. Bei jeder Berührung spürte ich wieder und wieder den Schauer, der sich durch meinen ganzen Körper zog. Ich öffnete meine Lippen ein wenig und seufzte leise. Mit seinen Händen berührte er meine Taille, suchte unterhalb meiner Hüfte nach dem Ende des Kleides. Leider konnte er es nicht auf dieser Höhe finden, da keines meiner Kleider oberhalb der Knie endete. Abrupt zog er mich hoch und ich saß plötzlich auf ihm. Seine Hände ließ er nun meinen Rücken entlanglaufen und öffnete dabei geschickt mein Kleid. Ich atmete erleichtert auf, das erste Mal an diesem Tag, dass ich tief einatmen konnte und Luft bekam. Das Kleid rutschte bis zu meiner Taille hinunter und seine Hände hatte er fortan nichtmehr unter Kontrolle. Sanft legte er mich wieder auf den Rücken und liebkoste mich weiter. Ich konnte ein sanftes Keuchen nicht unterdrücken und er schien Gefallen daran zu finden. Mein Kleid zog er mir geschickt mit seinen Händen aus, während seine Lippen immer noch meinen Nacken küssten.

"Enricco..", keuchte ich leise.
 

Leise vernahm ich das Geräusch zwitschernder Vögel. Völlig benommen öffnete ich die Augen und blickte um mich. Was war letzte Nacht geschehen? Ich ordnete meine Gedanken und setzte mich auf. Sanft klopfte es gegen meine Tür. "Mylady,seid Ihr wach?" "Ich brauche deine Hilfe heute morgen nicht, Mary. Danke.", rief ich zur Tür. "Ruft, falls Ihr doch Hilfe benötigt, Mylady." Leise entfernten sich ihre Schritte. Ich ging zügig zu meinem Kleiderschrank und zog das Kleid an, dass mir unsere Näherin einmal genäht hatte. Meine Mutter sah es nicht gerne an mir, da es keines der üblichen Kleider für eine Dame waren. Es war wunderschön geschnitten und machte trotz des einfachen Schnittes eine tolle Figur. Voller Wehmut erinnerte ich mich an die letzte Nacht und ihrem Ausgang. Was nur hatte ihn so aus der Fassung gebracht? Hatte ich etwas falsch gemacht? Plötzlich hatte er sich um 180° gedreht. Noch nie hatte ich einen Mann so bitterlich weinen sehen. "Ich kann nicht..ich kann nicht..", hatte er immer wieder gestammelt. Er hatte mich in seine Arme geschlossen und seine Tränen in meinen Haaren versteckt. Sanft gab er mir einen Kuss auf meinen Kopf und murmelte leise:" Es tut mir leid, Sophia.Wirklich.Ich bin solch ein Idiot." Ich schüttelte heftig den Kopf. "Das bist du sicher nicht. Aber..möchtest du es mir nicht erzählen? Ich verstehe das alles nicht im geringsten..und ich möchte es verstehen.." "Nicht jetzt, Sophia.Gib mir ein wenig Zeit." "Du hast alle Zeit der Welt, Enricco. Ich gebe sie dir." Er hatte mir wieder das wundervolle Lächeln geschenkt, bei dem jedes Mal mein Herz stehen blieb.
 

"Mylady!" Ich blickte verwirrt um mich."Mary stand vor mir und schaute mich sorgenvoll an. "Mylady? Ist alles in Ordnung? Soll ich einen Arzt rufen?"Ich schüttelte leicht den Kopf. "Nein..nein..E-es geht mir gut." "ich werde Eure Mutter rufen, Mylady." "Mary..bitte sagt Mutter nichts. Ich habe heute etwas auswärts zu erledigen." "Wie Ihr wünscht, Mylady." Mary verbeugte sich höflich und zog sich aus dem Zimmer zurück. Ich schlüpfte in meine Schuhe und ging langsam die Treppen hinunter zur Eingangstür. "Geht meine Tochter wieder einmal nach Ihrem Garten schauen?" Ich drehte mich zu der Stimme um und sah meinem Vater ins Gesicht. "Nein Vater. Ich gehe ein wenig in die Stadt." Er lächelte und streifte mir mit seiner Hand über die Wange. "Du bist so erwachsen geworden, Sophia." "Eure kleine Prinzessin bleibt auch nicht vom Leben verschont, Vater.", erwiderte ich lächelnd. Er öffnete mir die Tür und winkte mich hinaus. Ich machte einen Knicks und ging lachend vor die Tür.

Allerdings hatte ich nicht vor, in die Stadt zu gehen, wie ich es meinem Vater gesagt hatte. Ich musste ihn sehen..sofort!
 

Ich lief durch die offenen Felder, mit einem klaren Ziel vor Augen. Hinter den Feldern fand ich eine riesige Villa vor mir und ich stieg langsam die Treppen zu der riesigen Einganstür, die aus Massivholz gearbeitet war, hinauf. In Gold war der Name "Carabench" an der Tür angebracht. Sollte ich diesen Schritt wirklich wagen? Gerade hatte ich den Entschluss gefasst, wieder zu gehen, als die Tür sich plötzlich hinter mir öffnete. "Kann ich Ihnen helfen, Madame?" Ruckartig drehte ich mich um und sah einen jungen, ansprechenden Mann vor mir. "Ich suche Enricco Carrabench. Ist er hier zu finden?" Der junge Mann druckste ein wenig. "Er..ist zurzeit nicht zuhause. Aber Ihr könnte auf ihn warten, wenn Ihr möchtet. Er sollte bald wiederkommen." Er geleitete mich hinein. Ich kam in eine riesige Empfangshalle und sah seitlich zwei Treppen, die nach oben führten. Durch einen Türbogen kamen wir in einen großen Wohnraum und er bat mich, mich doch zu setzen. Ich tat wie mir geheißen und er ließ sich in einen Sessel gegenüber dem meinen nieder. "Ihr sucht also meinen Bruder?" Ich nickte leicht. "Darf ich fragen, in welcher Beziehung Ihr zu ihm steht?" "Ich..meine Schwester.." Ich senkte den Blick. "Oh, ich verstehe. Ihr seid sicher Sophia?!" "Ja." "Er wird Eure Schwester nicht heiraten." "Ich weiß. Er hat es mir bereits mitgeteilt." "Und was hat er Euch noch alles mitgeteilt, Mylady?" "Ich verstehe nicht recht." Er schüttelte den Kopf und lächelte. "Liegt es nicht in Eurem Ermessen sich nach seiner Vergangenheit zu erkundigen?" "Aber natürlich. Leider befürchte ich, dass es ihm nicht Recht ist." "Wie wahr..wie wahr..Wie Recht Ihr doch habt, Sophia." Er stand auf und ging um meinen Sessel herum, die Hand ließ er auf der Lehne streifen. "Er hat die letzte Nacht bei Euch zugebracht?" Ich schaute ihn an. "Ich wüsste nicht im geringsten, was es Euch angeht.", erwiderte ich plump. "Mein Bruder war noch nie eine einfache Person. Er hat sich immer alles schwerer gemacht, als es eigentlich war." Ich bemerkte seinen Blick auf mir und sah zu ihm hinauf. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Er kniete sich neben den Sessel, auf dem ich Platz genommen hatte und starrte in den Raum hinein. "Wie kommt es, dass mein werter Bruder an Eure ältere Schwester gehalten ist?" "Sie ist in einem heiratsfähigem Alter und meine holde Mutter möchte sie schnellstmöglich einen Mann anheiraten, der von adeligem Blut ist." Er lachte laut auf. Ich schaute ihn verwundert an. "Was ist so lustig?", fragte ich verwundert. "Ich habe Eure Schwester bereits mehrfach gesehen sowie gesprochen. Sie ist nicht im Geringsten so interessant wie Ihr es seid, Mylady." Mir wurde plötzlich warm und ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss.
 

"Luca. Lass sie in Ruhe.", ertönte hinter uns eine Stimme. Ich wandt mich zu ihm um und schenkte ihm ein Lächeln, welches er jedoch nicht erwiderte. Wütend starrte er seinen Bruder an und dieser entfernte sich langsam von mir und verschwand in das obere Stockwerk der Villa. "Was suchst du hier,Sophia?", zischte er böse. "Ich..es ist wohl besser wenn ich wieder gehe.", erwiderte ich kalt. Ich erhob mich von meinem Sitzplatz und ging schnellen Schrittes zur Tür. Enricco lief mir nach und hielt mich an meinem Handgelenk zurück. "Sophia, bitte." "Lass mich gehen, Enricco." "Gibt es ein Problem?", ertönte die Stimme seines Bruders am Fuße der Treppe. "Nicht im Geringsten.", erwiderte ich schnell und entzog mein Handgelenk Enriccos Hand. Keinen Moment später war ich auch schon auf dem freien Feld und hastete nach Hause. "Ich hätte nie kommen sollen.", schoss es mir durch den Kopf. Im wohlbehüteten Zuhause zog ich mich sofort in mein Zimmer zurück und verschloss die Tür. Ich zog den Schlüssel ab und verwahrte ihn unter meinem Kopfkissen. Mit einem lauten Seufzen ließ ich mich auf mein Bett fallen und schloss die Augen. Die Gedanken zogen mich nach unten, wollten ganz Besitz von mir ergreifen.
 

"Es tut mir leid." Ich zuckte fürchterlich zusammen und öffnete schlagartig die Augen. Enricco.. "Wie bist du hereingekommen?" "Das ist nicht von Belangen, Sophia. Ich möchte dir erzählen, was es mit meiner Person auf sich hat." "Ich.." Blitzschnell war er vom Fenster zu mir ans Bett gekommen und legte mir einen Finger auf die Lippen. "Bitte lass mich dir das alles mitteilen.. Danach liegt es in deiner Hand, welche Wendung die Zukunft einschlägt." Ich nickte leicht. Er atmete tief ein und aus und begann zu erzählen.

past...

Als ich klein war, fühlte ich mich stets abgeschlagen und kraftlos. Fast täglich befand sich ein Arzt in unserem Haus, der nach mir und meinem Bruder, dem es genauso erging wie mir selbst, schaute und uns versorgte so gut es ging. Ich war ständig krank und verbrachte die meiste Zeit meiner Kindheit in meinem Bett. Fieber und Brechreiz waren an der Tagesordnung. Kein Arzt vermochte zu sagen, welch schlimmes Unheil über uns gekommen sein mochte.
 

„Hier. Trink!“ Ich nahm den mir gereichten Trinkbecher und nippte leicht an der dunklen Flüssigkeit. Es schmeckte widerlich und ich verzog das Gesicht. „Vater, das ist widerlich..was ist das?“ „Blut, mein Sohn!“ Ich schaute meinen Vater angewidert an. „Blut?“ Er nickte leicht mit dem Kopf. Meine Mutter kam lächelnd auf mich zu und setzte sich zu mir an mein Bett. „Enni, davon gehen all die bösen Träume und die Schmerzen weg. Ich verspreche es dir. Du musst das nur regelmäßig trinken.“ Sie streichelte mir über mein Haar und drückte mir einen sanften Kuss auf die Stirn. Nickend hob ich den Becher abermals an meine Lippen und trank. Was Mutter auch sagte, ich würde es tun. Ich hob meinen Blick an und sah in ihr Gesicht. Sie lächelte.
 

„Wir sind anders als die anderen, verstehst du, Enni?“ Unsere Familie besteht nicht aus gewöhnlichen Menschen. Wir sind etwas ganz besonderes.“ Ich blickte meine Mutter verwundert an. „Etwas besonderes?“ „Du fühltest dich immer kraftlos, weißt du noch?“ Ich nickte leicht. „Das Blut hat mir geholfen.“ Meine Mutter schenkte mir ein Lächeln. „Das Blut brauchst du zum Überleben. Ohne Blut arbeitet dein Kreislauf nicht richtig und du bist zu nichts im Stande. Die Kraft verfliegt, selbstverständliche Dinge werden zu übermenschlichen Aufgaben.“ „Sind…w-wir etwa…V-vampire?“, fragte ich geschockt. „Ja.“, flüsterte meine Mutter leise. Mein ganzer Körper begann zu zittern und sich zusammenzuziehen, ich bekam keine Luft und japste laut. Beruhigend nahm mich meine Mutter zu sich und schlang ihre Arme um mich. „Wenn du in die Sonne gehst, mein Schatz, nimm bitte stets eine der Kapseln, die dein Vater dir stets auf den Nachttisch legt. Sie beinhalten ein Kraut, welches es dir ermöglicht, bei Tag unter die Menschen gehen zu können.
 

In Windeseile war ich nach Hause zurückgekehrt, ich rannte zu der großen, massiven Tür unseres Hauses und ließ sie auffliegen. „MUTTER!“, schrie ich durch die Einganshalle. Eine unserer Angestellten wollte mich begrüßen, doch ich schob sie nur zur Seite auf dem Weg nach oben. Die Tür zum Zimmer meiner Mutter stand auf und ich schritt langsam hinein. „Mutter?“ Im nächsten Augenblick sah ich sie im Bett liegen, das Gesicht kreidebleich und die Stirn überfüllt mit Schweißperlen, die von ihrer misslichen Lage zeugten. Ich trat an ihr Bett und kniete an ihrer Seite nieder. Mit zitternden Händen nahm ich ihre Hand in die Meine. „Mutter..“ Sie zog ihre Lippen zu einem Lächeln zusammen, doch es fiel ihr sichtlich schwer. Zu meinem Vater gewand sagte ich:“ Wo ist Luca?“ Er schüttelte den Kopf und senkte den Blick nach unten. Ich wandt meinen Blick wieder meiner Mutter zu und erkannte die Wunde, die sie das Leben kosten würde. Ein Holzpflog hatte ihr Herz durchbohrt und sie musste sicherlich Höllenqualen leiden, doch sie lag ruhig auf dem Bett, als könnte sie nichts betrüben. Ich betete, mein Bruder möge bald kommen und meine Mutter lebend antreffen, als plötzlich die Tür knarrte und mein Bruder ans Bett stürzte. „Mutter..“ Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn und setzte sich zu mir an ihr Bett. Bald darauf schloss sie lächelnd ihre Augen und wir wussten, sie würde sie niemals wieder öffnen. Ich kämpfte einen erbitterten Kampf mit den Tränen und verlor. Wieder und wieder rannten sie über meine Wange und tropften auf die leblose Hand meiner Mutter. Mein Vater verließ mit langsamen Schritten das Zimmer und zog sich in sein Zimmer zurück. Mein Bruder, der selbst schwer mit den Tränen zu kämpfen hatte, legte mir eine Hand auf die Schulter. „Wieso?“, flüsterte ich leise. „Weil sie uns jagen, Enricco. Wir müssen aus der Stadt entfliehen, sonst wäre Mutters Tod vergeudet gewesen.“ Ich nickte leicht. Mutter zurücklassen und unser geliebtes Heim verlassen, erschien mir moralisch unmöglich.
 

„Tu gefälligst, was ich dir sage!“ Mit demütigem Blick schaute ich zu meinem Vater. Tränen stiegen mir in die Augen. „Vater..ich kann nicht..“ Hinter mir ertönte ein lautes Lachen. „Vater, Ihr werdet es ihm niemals angewöhnen. Es ist sinnlos.“ „Luca. Zeig deinem Bruder wie ein richtiger Mann es tut!“ „Wie Ihr befehlt, Vater.“ Er schritt auf das kleine, zierliche Wesen vor unseren Augen zu und beugte sich zu ihr herunter. Sie zitterte vor Angst am ganzen Körper. Ich konnte ihre Angst förmlich riechen, so sehr stand sie in diesem Raum. Er kam mit seinem Gesicht ihrem Hals näher und wir hörten einen furchtbaren Schmerzensschrei seitens der Frau. Luca ließ von ihr ab und sie fiel in sich zusammen. Das Blut bildete eine Lache auf dem Boden vor mir und der beißende Geruch setzte sich in meine Nase und sofort schlug der Dämon in mir an. Welch herrlicher Duft..frisches, junges Blut.. Ich schnaufte tief durch und fasste mich wieder. Mein Bruder grinste mich an. „Na, Hunger bekommen?“ Ich schüttelte den Kopf. „Das ist einfach nur widerlich. Wir haben die Seelen von Monstern in uns, ja, aber müssen wir uns deshalb wie Monster benehmen?“ Mit schnellen Schritten verließ ich das Zimmer des Wirtshauses, indem wir eine Weile Unterschlupf gefunden hatten. Ich hatte kein Verständnis für diese Lebensweise meines Vaters wie meines Bruders. Als Mutter noch unter uns weilte, hatten sie sich nicht wie Tiere benommen. Mutter..
 

„Ich werde meine eigene Reise antreten, Vater.“ Mein Vater schaute mich ernst an. „Wenn das dein Wunsch ist.“, erwiderte er kalt und distanziert. „Ja, Vater, ich möchte ein wenig die Welt sehen und ein wenig Abstand der Umstände gewinnen.“ „So soll es sein. Nun denn, mein Sohn, viel Glück auf deinen Reisen.“ „Ich danke dir, Vater.“
 

Ich ging auf Reisen, verdiente mein Geld durch Arbeiten jeglicher Art, ob Bauarbeiten, Bote, Einkaufsdienste, Koch, am Ausschank eines Wirtshauses oder anderes. Das Leben forderte mich heraus und ich vergaß all die Vorkommnisse, den Tod meiner geliebten Mutter, meinen Vater und meinen Bruder, unser Zuhause. Ich genoß das Leben, es war keines in Reichtum und Überfluss, doch selbst die einfachen Dinge im Leben lernte ich zu schätzen.

Ich war um einiges erwachsener geworden und hatte einiges gelernt, als ich vom Verkauf einer Villa in meiner Heimatstadt erfuhr, gerade als ich mich wieder einmal in der Nähe befand. Ich entschloss mich, die Villa zu besichtigen und mich nach all den Jahren wieder dort niederzulassen.
 

Ein netter junger Mann begleitete mich zur Villa und ich musste tief schlucken. Es handelte sich um DIE Villa, mein Elternhaus, in dem ich all meine Kindheit verbracht hatte, das Haus, in dem ganz und gar meine Mutter steckte. Und so viele Erinnerungen..
 

Ohne Widerrede unterschrieb ich den Vertrag und holte nach langen Jahren des einfachen Lebens all meine Anteile an der Bank wieder zurück, die mein Vater mir einmal übermittelt hatte. Ich investierte eine Menge Geld in die Einrichtung des Hauses und passte meinen Kleidungsstil dem meines Standes wieder an. Ich war zurückgekehrt. Nach 120 Jahren war ich endlich nach Hause gekommen.
 

Kurze Zeit später erfuhr ich vom Tode meines Vaters und ließ ihn neben meiner werten Mutter auf dem Friedhof der Stadt beerdigen. Nicht viele lud ich ein, die meisten seiner Freunde waren Menschen gewesen, die selbst schon lange Zeit auf diesem Friedhof lagen.
 

Zur Beerdigung hatte ich erstmals wieder meinen Bruder getroffen. Sein Leben war erfüllt von Frauen und Alkohol, sowie unkontrollierte Ausbrüche des Dämons in ihm. Er empfand es als gelungen, ich war geschockt, hatte fast ein wenig Mitleid, dass er sich so hatte gehen lassen. Mein Angebot, zu mir in die Villa zu ziehen, nahm er freudestrahlend an. Ich brauchte kein solch großes Haus für mich selbst. Meinem Bruder war wichtig, den Rest der Familie um sich zu haben. Dieser Rest bestand allerdings nur noch aus mir.

Ich hatte wirklich geglaubt, meinem Bruder das Leben ein wenig erleichtern zu können, wenn ich ihn in meiner Gegenwart hätte.

please hold me and save me from danger

„Ich…“ Er hatte den Blick gesenkt und schaute wehmütig zu Boden. Die Erzählungen seinerseits hatten mich zutiefst erschüttert. „Es wird wohl das Beste sein, ich gehe nun.“ Leicht nickte ich mit dem Kopf. Keine Sekunde später war er wieder verschwunden. Mein Kopf drehte sich, alle Eindrücke strömten zusammen und versetzten meinen Körper in ein vollkommenes Emotionschaos. Tränen rannten mir die Wangen hinunter und ich wusste nicht im Geringsten, wieso. Erschöpft ließ ich mich zurückfallen, zog meine Bettdecke bis über den Kopf. Ich wollte nichts hören, nichts sehen, nichts fühlen. Ich fühlte mich leer. Wenn man sagen kann, dass das Leere ist. Wie kann man denn Leere schon beschreiben? Wieder kamen die Tränen. Dieses Mal versuchte ich nicht, gegen sie zu kämpfen, sondern überließ ihnen sofort den Sieg.
 

Draußen hatte ich ein Geräusch wahrgenommen. Vorsichtig lugte ich unter meiner Decke hervor. Langsam stieg ich aus meinem Bett, meine Beine fühlten sich taub an und jede Bewegung war unwirklich, als wäre alles nur ein Traum. Meine Beine bewegten sich zu meinem Fenster, vorsichtig zog ich die Vorhänge zurück. Grelles Taglicht blendete mich und ich wich einen Schritt zurück. Ich lugte nach draußen und erblickte meine Schwester, die lachend durch unseren Garten tanzte. Ein Mann kam langsam auf sie zu und umarmte sie sanft. Sofort schoss mir die Erinnerung an den Tag in den Kopf, an dem ich im Hause der Carabench´s auf ihn getroffen war..Luca Carabench. Was suchte dieser vermaledeite Kerl bei meiner Schwester?
 

Wut überrannte mich und ich ging schnellen Schrittes durch das Haus, um meine Schwester von ihm wegzuholen. „LUCA!“ Mit einem großen Lächeln auf den Lippen drehte sich Luca Carabench zu mir um. “Guten Morgen, Mylady! Wie war Eure Nacht?” „Verlasst sofort unser Anwesen, Mr. Carabench! Sie sind hier nicht weiter Willkommen!“ Isabell schaute mich verwundert an. „Schwester, Mr. Carabench wollte sich nur nach unserem Wohl erkundigen.“ „Lady Isabell, würdet Ihr mich und Eure Schwester einen Moment entschuldigen?“, sagte er zu ihr gewandt. Sie nickte lächelnd und machte kehrt.
 

„Seid Ihr von allen guten Geistern verlassen, Mylady?“ „Solltet Ihr meiner Schwester ein weiteres Mal zu nahe kommen, werde ich Euch eigenhändig einen Pflog durch Euer totes Herz stoßen, Mr. Carabench!“, fauchte ich ihn an. „Er hat es Euch also wirklich erzählt…“ Luca schüttelte den Kopf. „Das hätte er vermutlich nicht tun sollen..“, murmelte er vor sich hin. „Ich warne Euch, Luca.. Sie ist mein Leben. Und ich würde alles tun um sie zu schützen. Selbst morden würde ich für sie.“ Er schaute mich ernst an. „Ihr möchtet also die Heldenrolle besetzen, Sophia?“ Ein breites Grinsen tat sich in seinem Gesicht auf. Innerhalb einer Sekunde packte er mich fest an meinem Oberarm und zerrte mich hinter unserem Grundstück in das große Feld hinein. Grob schmiss er mich auf den Boden und stand triumphierend über mir. „Seid Ihr nun auch noch so groß, wie Ihr es zu sein behauptet?“

Ich raffte mich auf und funkelte ihn an. „Ihr macht mir keine Angst, Luca.“ Mit einer einfachen Bewegung packte er mein Handgelenk und drehte es, sodass ich meine Knochen brechen hören konnte. Ich schrie auf, die Schmerzen durchrannten meinen Körper. Ein wenig wich ich zurück, doch er ging selbstsicher auf mich zu. Ich versuchte zu rennen, doch er war schneller und drückte meinen zarten Körper fest auf den Boden. Gegenwehr war nutzlos und mir blieb nichts, als zu hoffen, dass er mich gehen lassen würde. „Habt Ihr etwas zu sagen, Mylady?“ „Solltet Ihr auf ein Betteln und Flehen hoffen, so muss ich Euch bitterlich enttäuschen, Luca.“ Er schüttelte den Kopf und murmelte: „Ihr wolltet ja nicht hören..“, bevor er mir seine Zähne in den Hals rammte und begann, mir das Leben aus den Adern zu saugen. Der Schock nahm mich an der Hand und führte mich in einen leeren Raum, in dem ich alleine saß und keine Schmerzen verspürte. Alles war taub und ich merkte unwillkürlich, wie mein Leben mit jedem Zug mehr schwand. Die Bewusstlosigkeit nahm die Klinke in die Hand und schloss die Tür zu jenem Zimmer, in dem ich mich befand und es wurde dunkel. Tiefschwarz umgab mich.
 

Nach einer Weile kam ich zu mir, unfähig mich zu rühren und blickte zum Himmel hinauf. Er war bewölkt und sanft tropften die ersten Regentropfen in mein Gesicht. Der Regen nahm mehr und mehr zu, prasselte auf mich nieder. Auf mich, alleine auf dem Boden eines Feldes liegend, unfähig, etwas an der Situation zu ändern. Mein Hals brannte wie Feuer und auch auf Armen und Beinen spürte ich Schmerzen wie Einschürfungen eines Peitschenhiebes. Ich versuchte mich aufzurichten, sackte jedoch stöhnend wieder zusammen. Die Dämmerung brach herein, die Nacht schlich sich immer weiter und weiter über das Land und es war mir immer noch nicht möglich, die Kraft aufzubringen, aufzustehen. Meine Augen fielen mir zu und ich wehrte mich keineswegs dagegen.
 

~ Enricco ~
 

Sanft fiel die Tür ins Schloss. „Wo warst du, Luca?“ Er ging an mir vorbei, stieg die Treppen hinauf und erwiderte dabei: „ Ich habe mich ein wenig amüsiert.“

Ich war gerade auf dem Weg zurück ins unser Wohnzimmer, als es wie wild an der Tür klopfte. Ich machte auf der Stelle kehrt und schritt zur Tür. Mr. Da Silva stand völlig aufgelöst in meinem Türrahmen. „Entschuldigen Sie die späte Störung, Mr. Carabench. Ist Ihnen zu Ohren gekommen, wo sich meine werte Tochter zurzeit aufhält?“ „Von welcher Eurer bezaubernden Töchter sprecht Ihr?“ „Sophia.“ „Es tut mir leid Ihnen mitteilen zu müssen, dass ich nichts über den momentanen Aufenthaltsort Ihrer Tochter weiß, Mr. Da Silva. Ich werde allerdings umgehend eine Suche anordnen lassen.“ „Ich danke Ihnen, Mr. Carabench.“ „Es ist mir eine Ehre. Und seien Sie unbesorgt. Ich finde Ihre Tochter.“ Er nickte mir verunsichert zu und ging wieder seiner Wege. Nachdem ich die Tür geschlossen hatte, hastete ich in den Wohnraum und schnappte mir meine Jacke. Der Gedanke, Sophia konnte etwas zugestoßen sein, war für mich unerträglich. „Wohin zu so später Stunde, mein Bruder?“ „Sophia ist nicht auffindbar. Ich muss sie suchen.“ „Dann wünsche ich viel Spaß.“ Mit einer wegwerfenden Handbewegung und einem mitleidigen Blick verzog er sich wieder in das obere Stockwerk.
 

Hastig durchquerte ich den Wald, doch ich fand keine Spur von ihr. In der Stadt hatte sie auch niemand gesehen. Je mehr Menschen ich fragte und je mehr dieser unfähigen Kreaturen meine Frage verneinten, desto hektischer und aufgeregter wurde ich. Sophia, wo bist du nur?
 

Entmutigt lief ich durch die Felder. In der Ferne konnte ich schon die Lichter unserer Villa sehen, als ich stolperte und über etwas fiel. Ich konnte mich noch abfangen und blickte hinter mich. Was zum Teufel war das? Ich hörte ein Röcheln und dann sah ich sie… vollkommen durchnässt und mit Schmutz bedeckt und nahm erst ziemlich spät den beißenden Geruch in meiner Nase wahr… Blut. Ich atmete tief durch, um dem Monster in mir Herr zu werden und nahm sie auf meine Arme. Sie war nicht mehr bei Bewusstsein und ich trug sie so schnell wie möglich nach Hause. Sanft legte ich sie auf meinem Bett nieder und versorgte ihre Wunden. Die Bisswunde an ihrem Hals ließ mich sofort Verdacht schöpfen. Dieser elende Bastard…
 

„Luca!!“ Wutentbrannt lief ich die Treppen zur oberen Etage hinauf und riss seine Zimmertür auf. Luca lehnte in seinem Sessel und genoss eine Zigarre. Verwundert schaute er mich an, als ich auf ihn zustürmte und ihn am Kragen in die Höhe beförderte. „Enricco! Was geht hier vor?“, fragte er geschockt. „Tu nicht so, du elender Bastard! Du hast ihr das angetan!“ „Ich weiß nicht im geringsten, wovon du redest, Bruder.“ „Solltest du noch einmal Hand an sie legen, Luca, so schwöre ich, werde ich dir den Kopf herunterschlagen und ihn mir als Trophäe an die Wand hängen.“ Ich ließ ihn los und verschwand aus seinem Zimmer.
 

~Sophia~
 

Ich öffnete meine Augen und fand mich in einem mir unbekannten Raum wieder. Was war eigentlich vorgefallen? War ich nicht gestorben? Vorsichtig setzte ich mich auf, um den Raum, in dem ich mich befand, besser beurteilen zu können. Doch nichts an alledem erkannte ich wieder. Die Tür öffnete sich einen Spalt und ein mir sehr bekanntes Gesicht lugte vorsichtig hinein. „Du bist schon wieder zu dir gekommen?“, fragte er sanft, während er einige Schritte in auf mich zu machte. Sachte ließ er sich auf den Rande des Bettes nieder, in dem ich saß und musterte mich. Ich schenkte ihm einen fragenden Blick. „Wie fühlst du dich?“ „Ich…wie komme ich hierher?“ Er lächelte sanft und antwortete: „Ich habe dich gefunden, Sophia. Du warst stark verletzt und ich habe dich versorgt.“ Mein Blick senkte sich. „Danke.“, erwiderte ich leise. Stille legte sich in den Raum zwischen uns. Ich wollte aufstehen und versuchte mich hochzuziehen, sank jedoch in mich zusammen. Und ich wäre gefallen, hätten mich seine starken Arme nicht aufgefangen. Er brachte mich zurück in sein Bett und ließ sich neben mir nieder. Mit seiner Hand fuhr er sanft durch mein Haar und ich genoss es nur. Meine Augen suchten seine Blicke und als ich sie fand, war ich hin und weg. Wie nur schaffte er es, mich so willenlos zu machen? Ein leichtes Lächeln kam über meine Lippen. Er schaute mich verwundert an. „ Was hast du?“ Ich schüttelte den Kopf. „Wie.. wie ist das möglich? Menschen werden geboren, Menschen sterben. Wie also ist das möglich? Ich nahm an, die ganzen Legenden um Vampire und Werwölfe und all diese mystischen Wesen wäre alles Fiktion.“ Enricco schmunzelte leicht. „Ich werde dir beweisen, dass es keine Fiktion ist, Sophia!“ Geschickt wand er sich aus dem Bett und lief in eine dunkle Ecke seines Zimmers. Als er sich umdrehte und mich verschmitzt angrinste, bemerkte ich den Dolch in seiner Hand. „Enricco, nicht!“ In Sekundenschnelle war ich aufgestanden und auch die Schwäche meines Körpers hielt mich nun nicht davon ab, zu ihm zu stürmen. Doch er war schneller.. Tief sank der Dolch in seine Bauchgegend und er wurde ein wenig blass im Gesicht. Langsam sank er auf die Knie, sein Blick wurde leer. Ich wurde total panisch, wusste nicht, was ich tun sollte. Mein ganzer Körper zitterte wie Espenlaub und ich konnte mich kaum auf den Beinen halten. Sein Blick änderte sich schlagartig. Das Blut lief an seinen Beinen herunter und Tropfte auf den Boden, was ihn nun nicht mehr weiter zu stören schien. Mich allerdings schon. Ich wurde kreidebleich im Gesicht und alles fing an, sich zu drehen. „Sophia?“ Enricco stand nun ganz nah bei mir und drückte mich fest an sich. Sein Atem legte sich auf mein Haar und sanft drückte er mir einen Kuss auf die Stirn. Ich atmete tief ein und aus, versuchte mich zu beruhigen und das Zittern meines Körpers unter Kontrolle zu bringen. „Bitte lass mich niemals wieder los.“, wisperte ich leise. Ich spürte, wie er mich näher an sich drückte und seufzte. „Ich habe nun keine Angst mehr, Sophia. Das ist dein Verdienst.“ „Angst? Wovor Angst?“ „Zu fallen... mich auf etwas einzulassen, dass ich bereuen könnte. Und die Angst davor, selbst Auslöser eines Verlustes zu sein.. Ich wollte nie jemandem weh tun, verstehst du?“ Ich nickte leicht. „Ich…“ Mir wurde heiß und kalt und meine Beine hielten meinem Körpergewicht nicht mehr stand.
 

Es war, als würde ein Feuer in mir toben. Die Hitze wurde mit jeder Sekunde unerträglicher und ich schrie auf vor Schmerzen. Mein Körper wand sich auf den Boden hin und her, im Wahn riss ich mir sämtliche Kleidungsstücke vom Leib, die ich fassen konnte. Fern nahm ich die Rufe Enricco´s wahr, doch ich konnte nicht antworten. Meine Augen nahmen verschwommen meine Umgebung wahr, doch mit einem Mal wurde alles dunkel. Furchtbar dunkel.
 

~Enricco~
 

Plötzlich sank sie in sich zusammen, wand sich auf dem Boden und schrie wie eine Wahnsinnige. Ich kannte diese Anzeichen und sofort klingelten bei mir alle Alarmglocken.

Sanft nahm ich sie auf meine Arme und legte sie in meinem Bett nieder. Mit mulmigem Gefühl beugte ich mich über sie und fing an, sanft ihren Hals zu küssen. Ich musste es tun, sonst würde sie sterben. Der Gedanke, dass ihr Leben an meinem inneren Schweinehund hing, versetzte mir harte Schläge in die Magengegend. Ganz vorsichtig ließ ich meine Zähne in ihre Haut gleiten und sog sanft das Gift aus ihrer Blutbahn. Wenn ich diesen Bastard in die Finger bekäme.. Sie schrie nochmals auf und ich bemerkte, dass dies an meinem verstärkten Biss lag. Nun mischte sich Blut unter das Gift, dass ich aus ihrem Körper saugte. Ich verlor mehr und mehr die Kontrolle über mich und konnte mich nicht mehr gegen das übergroße Verlangen wehren…

Dunkle Wolken und ein heftiger Sturm

„Bitte, mach das es aufhört!“, schrie sie mich an. „Ich kann nicht.. Ich werde niemals dein Richter sein, Sophia.“ Ihre Augen starrten mich an.

Der beißende Geruch ihres Blutes stieg mir in die Nase und betörte meine Sinne. Mein Körper wurde taub, die Gedanken wurden leiser und leiser, fast als würden sie flüstern.
 

~ Sophia~
 

Ich fiel, immer tiefer und tiefer und fand nirgendwo Halt. Es war seltsam, dass ich keinen Luftzug spürte, kein Geräusch wahrnahm, nicht einmal eine Farbe mit meinen Augen sah. Fiel ich denn überhaupt nach unten? Wo war unten, oben, rechts und links in dieser weißen Welt? Und konnte man überhaupt nach oben fallen??

In der Ferne vernahm ich eine Stimme, ganz leise, doch ich konnte ihren Besitzer nicht ausmachen. Da war keine Menschenseele, nicht einmal etwas Lebendiges in der Welt, in der ich mich gerade befand. Befand ich mich überhaupt in einer Welt?? War ich nicht vielleicht einfach nur in einem weißen, leeren Raum?? Alle meine Sinne hatten mich verlassen, ich wünschte mir sehnlichst, etwas, dass mich vermuten ließ, dass ich noch am Leben war. Irgendetwas.

Doch nichts geschah. Ich schloss meine Augen, hoffte nur noch auf ein baldiges Ende meiner Situation. Etwas packte mich fest am Arm, erschrocken riss ich die Augen auf und schrie.
 

„Sophia! Bitte beruhige dich doch!“ Ich schlug wie wild um mich. Der Griff um meine beiden Arme wurde noch fester und jemand schüttelte mich. „SOPHIA!!“ Erst jetzt vernahm ich die mir vertraute Stimme und sah sein Gesicht vor mir. Die wundervollen, großen Augen, die markanten, männlichen Gesichtzüge und seine Lippen, die mich auf eine so wundervolle Weise berührt hatten.. und nun voll Blut waren. Ich erschrak. Langsam legte ich einen meiner tauben Finger an seine Lippen und warf ihm einen fragenden Blick zu. „Es tut mir so Leid, Sophia! Ich habe die Kontrolle über mich verloren.“ Ich verstand kein Wort von dem, was er sagte. „Bitte?“, flüsterte ich leise. „Das Gift ist aus deinem Organismus. Ich bringe dich nun nach Hause, dein Vater wird sich sicher schon Sorgen machen.“ „Nein, nein, ich will hierbleiben. Bitte!“ Er nahm mich auf seine starken Arme, ich war zu schwach mich zu wehren. Erschöpft schloss ich die Augen und sog tief seinen Duft ein. Nun benutze ich oft die Blume Engelstrompete, um einen brauchbaren Vergleich für die Leser zu haben. Wunderschön, anmutig und doch so giftig.. Das war er für mich.
 

~Enricco~
 

Ich sah, wie sie tief einatmete und die Augen schloss. Ich trug sie nach Hause, ihr Vater wusste nicht recht, wie er sich angemessen bei mir bedanken könne und ich redete ihm ins Gewissen, nichts mache mich so glücklich, als einen besorgten Vater beruhigen und Sophia heil nach Hause bringen zu können. Die Hausmädchen kümmerten sich rührend um Sophia und doch wollte ich sie nicht alleine mit ihr lassen, hatten sie doch keine Ahnung, was wirklich mit ihr geschehen war. Isabell gesellte sich zu mir und fragte, wo ich sie denn gefunden hätte. „Im Feld hinter meinem Anwesen.“, erwiderte ich kühl. Sie fing ein Gespräch mit mir an, meine Gedanken allerdings kreisten nur um Sophia.
 

Nachdem ich mich versichert hatte, dass sie gut versorgt war, verließ ich ihr Haus mit schnellen Schritten. Als ich die schwere Eingangstür des Hauses hinter mir zuzog, prasselte leise der Regen auf mich nieder. Ich atmete tief ein und setzte meinen Weg fort. Es gab nur einen Schuldigen für diesen Vorfall. Und diesen Schuldigen gab es zu stellen..
 

Ich überraschte ihn von hinten, doch ohne große Mühe schleuderte er mich gegen die entgegengesetzte Zimmerwand. „Was ist nur in dich gefahren, liebster Bruder?“ „ES IST ALLES DEINE SCHULD, LUCA! WAS HAST DU NUR GETAN?“ „Bitte Enricco, schrei mich nicht an. Ich denke wir sind alt genug, uns wie vernünftige Menschen zu unterhalten.“, setzte er mir mit einem Lächeln entgegen. „Ich.. ich.. wegen dir habe ich die Kontrolle über mich verloren. Ich habe sie verletzt.. und das ist deine Schuld! Du hättest sie töten können! Ist dir das bewusst?“, wand ich ihm entsetzt entgegen. Er grinste mich verschmitzt an, Gott, wie ich dieses Grinsen hasste. „Sie ist nur ein Spielzeug, Ricco.. Sie ist nichts wert.“ Ich war blind vor Wut und ging auf ihn los. Er sprang behände zur Seite und rammte mir einen Pflog, den er plötzlich hervorzog, in den Bauch. Unvorstellbare Schmerzen machten sich in Sekundenschnelle in meinem Körper breit und ich brach zusammen. „Du bist eine Schande für unsere Rasse!“, spottete er von oben zu mir herunter und versetzte mir einen Tritt in den Magen.
 

~ Luca~
 

Der teure Whisky war eigentlich zu gut für diesen Abschaum unserer Rasse, doch ich musste schnell handeln. Alle Flaschen warf ich auf den Boden, sah ein letztes Mal in sein schmerzverzehrtes, flehendes Gesicht, bevor ich Richtung Tür schritt und das brennende Streichholz in mein Zimmer warf. Schlaf schön, mein Bruder..
 

Verliebt hatte er sich, dieser Teufelskerl, und wäre Rache nicht viel süßer, wenn man auch andere daran teilhaben lassen würde, wäre mir diese Idee vermutlich niemals in den Kopf gekommen..
 

Enricco hatte sie vor mir gerettet, hatte ihre Verwandlung oder gar ihren Tod verhindert.. einmal. Dieses Mal würde er mir nicht in die Quere kommen. Es war stockfinster und wieder einmal schlich ich mich durch das Haus ihrer Familie, nichtsahnend lagen sie in ihren Betten und ruhten friedlich.
 

Als ich die Tür zu ihrem Zimmer öffnete, wehte mir ein Blutgeruch entgegen. Ich habe dich gefunden, geliebtes Spielzeug.
 

Leichten Fußes ging ich durch ihr Zimmer, ließ mich neben ihr auf ihrem Bett nieder. Sie lag auf der rechten Seite und hatte die Beine angezogen, zusammengerollt wie ein kleines Kätzchen, ihr Gesicht war so schön, es hätte aus Marmor sein können. Ich streichelte sanft über ihre Wange, fühlte ihre wohltuende Wärme und vergaß für einen Moment, weshalb ich gekommen war. Sie gluckste leise und griff mit ihrer Hand in meine Richtung. Tief vergrub sie diese in meinem T-Shirt und legte ihren Kopf an meine Brust. Ich fuhr ihr nun mit meiner Hand durch ihre wunderschönen, langen Haare und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn, bevor ich mein Gesicht ihrem Hals näherte und meine Zähne in ihrer Hauptschlagader niederließ. Ich wartete auf eine Reaktion, doch alles blieb still. Deshalb widmete ich mich nun einzig dem Grund, weshalb ich gekommen war: Um ihr dasselbe Schicksal wie auch mir aufzubürgen. Ein Leben in Verdammnis, ein Leben, getrieben von natürlichen Trieben, gejagt von der Menschheit.
 

Einen letzten Blick auf ihre Schönheit, ihre Anmut, gönnte ich mir, bevor ich das Dorf, meine Heimat, endgültig verließ.
 

~Sophia~
 

Qualvolle Schmerzen ließen mich erwachen, mein Körper wand sich und ich konnte nichts tun um ihn zu stoppen. Es brannte fürchterlich in mir und ich biss in meine Bettlaken, um niemanden mit meinen Schreien, die ich nicht unterdrücken konnte, zu wecken. Als selbst diese meine Schreie Leid zu sein schienen, nahm ich all meine Kraft zusammen und verschwand mit ein paar zusammengepackten Sachen in der Nacht. Im Wald hörte niemand meine Schmerzenschreie, die mir die ganze Nacht keine Ruhe ließen.
 

Nasse Tropfen weckten mich und ich schlug die Augen auf. Es regnete und ich war immer noch im Wald, vermutlich war ich aus Erschöpfung einfach eingeschlafen. Langsam tastete ich nach dem Baum hinter mir und zog mich langsam an ihm hoch. Mein Kleid war voll von

Matsch und Dreck, auch meine Haare und mein Gesicht klebten. Ich begab mich zum nahegelegenen Bach, um mich zu waschen und meine Bekleidung zu wechseln. Ich hatte in der Eile gestern meinen Jagdanzug geschnappt, kann mich allerdings an nichts mehr genau erinnern. Alles schien wie ein böser Traum, die Schmerzen allerdings waren dafür zu echt gewesen.
 

Ich wusch mich am besagten Bach und zog mich um, danach trat ich den Weg nach Hause an, man machte sich sicherlich bereits Sorgen um mein Verschwinden. Ich war erstaunlich schnell zuhause, dabei war ich wie immer gelaufen, hatte mich nicht gehetzt. Mit viel Schwung stieß ich die Einganstür auf und lief direkt in die Arme meiner Mutter. „Sophia!! Du treibst mich noch in den Wahnsinn! Wo bist du gewesen?“ „Zu Diensten, Mutter!“, erwiderte ich gelassen. Sie blickte mich erstaunt an. Auch meine Schwester sah mich verwundert an, sagte allerdings nichts. „Ich ahne nicht im geringsten, was in deinem klugen, kleinen Köpfchen zurzeit vorgeht, aber ich warne dich, Sophia.“, zischte sie. Ich trat ganz nah an sie heran und flüsterte ihr ins Ohr: „Mutter, es kümmert mich nicht.“ Mit einem Lächeln lief ich zur Treppe und stieg langsam die Stufen hinauf. „Außerdem werde ich dieses Haus verlassen!“ Mit einem lauten Knall ließ ich die Tür meines Zimmers hinter mir zufallen.

Ein Lächeln breitete sich in über mein Gesicht aus, ich fühlte mich, als ob mir eine Last von den Schultern gefallen wäre.

Trotzdem musste ich schnell von hier verschwinden, die Gefahr einen geliebten Menschen zu verletzten war einfach zu groß. Also packte ich mir das Wichtigste zusammen, verabschiedete mich von meinen Liebsten, meiner Mutter, die immer noch erschüttert über mein Auftreten ihr gegenüber war, meinem Vater, der mir mit stolzen Augen einen alten Drachendolch überreichte und mich bat, gut auf mich Acht zu geben und meiner Schwester, meiner geliebten Schwester, die mich mit Tränen in den Augen umarmte und mir Lebewohl wünschte, als würden wir uns niemals wiedersehen. Dann stieg ich auf meine gesattelte Stute und ritt davon.
 

Ich wollte nach Enricco schauen, ihm von all dem berichten, was geschehen war und ihn um Rat fragen, war er doch schließlich schon jahrelang auf der Flucht vor sich selbst, als ich das vollkommen abgebrannte Haus der Carabench´s vor mir sah. Schnell band ich meine Stute fest und rannte zu dem Haufen Schutt, der übrig geblieben war. „ENRICCO??“ Ich kämpfte mich durch den Schutt auf der Suche nach etwas brauchbarem.. einem Grund, weshalb ihr Haus so plötzlich abgebrannt zu sein schien. Doch ich fand nichts. Gerade als ich wieder zurück zu meinem Pferd durch die Hausruine stieg, stolperte ich über etwas großes und fiel beinahe zu Boden. Ich drehte mich um und erblickte ein Gesicht.. Sein Gesicht! Sofort zog ich ihn aus dem Schutt und versuchte alles in meiner Macht stehende, um ihn wieder zurückzubringen. Nach einer Weile prustete er los und kam langsam wieder zu sich. Benommen schaute er mich an. „Ruhe dich aus, Enricco, ich bringe dich an einen sicheren Ort.“ Seine Augen fielen wieder zu, er war zu schwach um bei Bewusstsein zu bleiben. Behutsam schleifte ich ihn zu meinem Pferd und setzte ihn vorsichtig hinauf. Wäre mein Pferd nicht so gut trainiert gewesen, hätte ich ihn niemals hinaufgebracht, doch sie ließ sich nieder und nahm mir so eine große Last ab. Ich selbst setzte mich hinter ihn und spannte die Zügel, damit er mir nicht seitwärts vom Pferd fallen konnte. Eine Weile ritten wir über Feldwege, bis wir zu einem kleinen Dorf kamen. Ich nahm in der Gaststätte ein Zimmer und versorgte seine Wunden, so gut es ging. Als er zu sich kam, gab ich ihm zu essen und zu trinken, er musste schließlich schnell wieder zu Kräften kommen. Ich habe nicht mitgezählt, wie oft er sich an diesem Abend bei mir bedankte. Seine Augen leuchteten, als er mich mit seinem Lächeln ansah. „Bitte setz dich zu mir, Sophia.“, bat er mich nach einer Weile. Mit großen Augen schaute ich ihn an. „Was ist passiert??“, flüsterte er mir leise zu. „Ich bin nicht mehr das kleine, dumme Mädchen, Enricco..“ Er schüttelte den Kopf. „Das warst du niemals.“ „ Er war da, in der Nacht. Ich hab mich fallen lassen, habe es nicht verhindert. Ich dachte wirklich, er würde mich erlösen. Aber stattdessen er legt er mir diesen Fluch auf, ein Leben ohne Sinn, getrieben von Instinkten. Ich sehe immer noch ihre Gesichter vor mir, als ich mich von ihnen verabschiedete..“ Meine Stimme versagte und eine Träne schlich sich leise über meine Wange. Enricco schaute mich entgeistert an. „Ich muss Menschenblut trinken, hab ich Recht? Ich werde sterben, falls ich es nicht tun sollte..“ Er nickte leicht und senkte den Kopf. „Was wirst du tun, Sophia?“ Weitere Tränen rollten mir über die Wange. „Ein Leben in Abgeschiedenheit, auf der Flucht.. ich will das nicht. Ich kann mich dafür entscheiden, jetzt zu sterben oder vor dem Tod zu flüchten, bis ich es leid bin. Es ist vollkommen gleichgültig, wie ich mich entscheide..“ Enricco ballte die Hände zu Fäusten und schlug mit ihnen auf die Bettdecke auf. Sein Gesichtsausdruck verhärtete sich und er schaute mich ernst an. „Es ist dir egal? Du willst mich einfach hier alleine lassen, weil du keine Verantwortung für nichts und niemanden übernehmen willst? Weil du zu feige bist, weiter für dich zu kämpfen? Dann geh, verdammt, ich lebe auch ohne dich weiter. Denn ich habe den Mut, für mich zu kämpfen!“
 

Er stand auf und ging ans Fenster. Ich lief mit vorsichtigen Schritten auf ihn zu. „Enricco..ich..“ „VERSCHWINDE SCHON!“ Es stach fürchterlich in mein Herz und ich versuchte krampfhaft, meine Lunge mit Luft zu füllen. Ohne Erfolg. Ein wenig zu hastig drehte ich mich um und ging schnellen Schrittes durch die Tür, verließ das Wirtshaus und die Stadt, um die Enttäuschung und den Schmerz in meinem Herzen zurückzulassen. Für immer..
 

~ Enricco ~

Mit Tränen in den Augen sah ich sie auf ihr Pferd steigen und fortreiten. Ich hielt sie nicht auf, zu groß war meine Wut über ihre Worte. Erst als sie für eine Weile verschwunden war und ich beharrlich auf die Stelle starrte, an der ich sie zuletzt gesehen hatte und sie trotz allem nicht wiederkehrte, wurde mir bewusst, was ich getan hatte..

I would do everything for you, darling..

Ich ritt in Windeseile, kein Ziel vor Augen, ich wollte nur fort… Fort von all den Worten, fort von der Enttäuschung und dem Schmerz, der sich in meinem Herzen ausbreitete. Ich hatte ihm sein Leben gerettet, hatte ihn aus den Trümmern seines Hauses gerettet und das war nun sein Dank?
 

Nach vielen, vielen Jahren, in denen ich ziellos umherzog, zog es mich in ein märchenhaftes, kleines Dorf und kaufte mir ein kleines Haus, das auf einer kleinen Anhöhe nahe des Dorfes lag. Ich hatte einen wunderschönen Ausblick und richtete mich ein wenig im Stil eines Landhauses ein. Ihr fragt euch sicher, weshalb ich mir nun doch eine Zukunft ausmalte und mein Leben nicht beendete, indem ich einfach kein Blut zu mir nahm und starb. Ich habe darüber nachgedacht und beschlossen, das Beste aus meinem Leben zu machen und es als Geschenk zu sehen, dass Luca mich verwandelt hatte. Ich eröffnete eine kleine Apotheke im Dorf und übernahm eine Weile später, nachdem der Dorfarzt gestorben war, auch diese Tätigkeit. Anfangs fiel es mir schwer, den Geruch menschlichen Blutes zu ertragen, ernährte ich mich schließlich ausschließlich von tierischem Blut, doch mit der Zeit lernte ich immer mehr, mich in Beherrschung zu üben und meinem tierischem Drang nicht nachzugeben, Herr über meine Instinkte zu werden.

Nächtelang lag ich wach und fragte mich, wie es ihm wohl gehen möge. Nie hatte ich ihn vergessen können, obwohl es nun bereits 100 Jahre her war, dass sich unsere Wege trennten.
 

Es war ein ganz normaler Tag wie jeder andere in meinem neuen Leben, dachte ich. Die Tür meiner Praxis wurde aufgestoßen und ein paar Bauern trugen einen Mann in mein Zimmer. Sofort konnte ich den Geruch von Unmengen Blut riechen und befahl den Bauern, sie sollen mir den Patienten auf die Liege legen, ich würde mich dann um ihn kümmern. Die Männer verschwanden aus meinem Zimmer und ich trat an den Patienten heran. Er hatte jede Menge offene Wunden und seine gesamte Kleidung war in Blut getaucht. Ich desinfizierte die Wunden gründlich und legte Verbände darum. „S-Sophia?“, hörte ich eine leise Stimme meinen Namen rufen. Ich schaute verwundert in das Gesicht des Patienten und erschrak. „Luca!“ Automatisch trat ich wenige Schritte nach hinten, hatte ich in all den Jahren schließlich nicht vergessen, wem ich die Flucht vor allem zu verdanken hatte. „Wie gut, dass ich dich endlich gefunden habe, Sophia.“, lächelte er sanft. „Es geht um Enricco. Ich..“ „Spare deine Kraft. Ich bringe dich zu mir nach Hause, dort kannst du dich ein wenig ausruhen. Wir reden, wenn du zu Kräften gekommen bist.“
 

Mit dem Wagen meines Nachbars fuhren wir Luca zu mir nach Hause. Sanft bettete ich ihn auf eines meiner Gästebetten, das in einem abgelegenen, kleinen Raum meines Hauses lag. Ich schaute ab und an nach ihm, er lag im Fieberwahn und stammelte ständig nur die Worte: „Wie oben, so unten; wie innen, so außen; wie im Großen, so im Kleinen.“
 

Luca war nun bereits 3 Tage bei mir, als ich von einem Schrei aus dem Schlaf geholt wurde. Ich stürmte in Lucas Zimmer und fand ihn schweißgebadet aber bei Bewusstsein im Bett vor. Seine Augen waren weit aufgerissen und sein ganzer Körper bebte. Erst als ich ihn wieder ein wenig beruhigt hatte, begann er, zu erzählen…
 

„ Nachdem du gegangen warst, dauerte es nicht lange, bis sie seine verzweifelte Seele fanden. Sie haben ihn mitgenommen und verwandeln ihn langsam in einen furchtbaren Dämon, der seelenlos wie eine Puppe nach den Fäden der dunklen Seite tanzt. Ich bin gewiss kein Freund der guten Seite, doch diese Leichenfledderer sind nicht die Dunkelheit, für die ich zu kämpfen gelernt habe.“ „Wie lange ist er bereits dort?“ „Vielleicht 25 Jahre? Nichts im Vergleich zu dem Loch in seinem Herzen, dass ihm der Verlust deiner Wenigkeit zugefügt hat..“ Ich winkte ab. „Du sprichst von den Schatten, über die alle sprechen..? Was meintest du mit dem, was du im Fieberwahn sagtest?“ Er schaute mich verwundert an und ich wiederholte leise seine Worte, sodass es fast wie ein Lied oder ein Zauberspruch klang. „Damit hat sie ihn verhext… dieses dreckige Hexenweib!“ „Kannst du mir noch eine Frage beantworten, Luca?“ Er nickte leicht. „Wieso sollte ich deinen Worten Glauben schenken? Du bist mein Schöpfer, ja, ich habe viel darüber gelesen, doch du hast mir dieses Schicksal aufgebürdet und deinen Bruder fast um sein Leben betrogen...“ „Du bist Ärztin, Sophia?“ Auch ich habe mich im Laufe der 100 Jahre seit unserer letzten Begegnung verändert. Ich bin erwachsen geworden.“ Er schmunzelte leicht. Ich versuchte irgendetwas an ihm auszumachen, dass mir bekannt vorkam, doch ich konnte tatsächlich keine seiner bisherigen Charaktereigenschaften feststellen. Tausende Gedanken schossen mir durch den Kopf, bis ich schließlich die zündende Idee hatte. „Dann werde ich dir glauben, Luca. Ich muss ein paar Tage fort, bleib du bitte hier und ruhe dich noch ein wenig aus. Du musst zu Kräften kommen, ich brauche dich vielleicht. Ein verdatterter Blick war seine einzige Reaktion auf meine Worte.
 

Ich stürmte in mein Ankleidezimmer und packte ein paar Sachen zusammen, nach 100 Jahren zog ich erstmals wieder meinen Jagdanzug an und stieß dabei auf den Dolch, den mir mein Vater am Tage meines Auszuges überreicht hatte. Ich schob ihn in die lederne Tasche und band diese an meinem Bein fest. Vielleicht würde ich ihn brauchen.
 

In Windeseile fuhr ich zu ihm und berichtete ihm von meiner Not. „ Ich kann dir nicht helfen, Sophia.“ Tränen schossen mir in die Augen, ich konnte kaum schlucken. „Bitte...“, flehte ich, „ bitte gebt ihn mir zurück.“ „Uns steht es nicht zu, dir einen solchen Gefallen zu tun. Geh zu unserem Schöpfer und frag ihn selbst.“ „Wie kann ich ihn finden?“ „Suche nicht, er wird dich finden, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.“
 

„Bleib stehen, bitte!“ Das Mädchen rannte beharrlich weiter, obwohl sie stark blutete. Immer näher kamen wir dem Gebäude, dass ich stets zu meiden versuchte. „Ich kann dir helfen aber bitte bleib stehen!“, rief ich ihr hinterher. Sie drehte sich um und schaute mich kurz an, bevor sie die großen Türen des Gebäudes öffnete und hineinstürmte. Mein Atem wurde schwerer, doch ich stieg trotzdem die Treppen hinauf. Ich spürte einen stechenden Schmerz in meiner Brust und musste tief Luft holen, bevor ich durch die Tür in das Gebäude eintrat. Ich musste ihr helfen..

Überall spürte ich schneidende Schmerzen und Blut lief an meinem ganzen Körper hinunter. Vor mir erblickte ich ein wunderschön verziertes, riesengroßes Kreuz und meine Augen brannten wie Feuer. Jeder Schritt schmerzte, doch ich musste weiter, bis an den Altar vor, an dem das Mädchen nun zu mir gewandt stand. Auch aus meinen Augen spürte ich nun Blut laufen und meine Beine versagten. Ich sank zusammen und blickte sie mit flehendem Blick an. „Bitte fürchte mich nicht.. Ich möchte dir helfen.“ Das Mädchen hielt ein Kreuz in ihrer Hand und legte es mir auf die Stirn. „Und wenn ich auch wanderte im finsteren Todestal, fürchte ich kein Unglück; denn Du bist bei mir, dein Stecken Stab, die trösten mich.“ Mein Körper wurde taub und ich konnte mich nicht mehr rühren. „Es reicht, meine Liebe.“, ertönte eine männliche Stimme. „Du hast sie genug gequält, findest du nicht?“ „Sie ist eine Unwürdige, Herr.“ „Sie wird unser Engel sein.“ Eine Hand legte sich sanft auf meine Stirn und alle Schmerzen wichen von mir. Ich öffnete die Augen, die ich zuvor vor Schmerzen geschlossen hatte. Ein junger Mann stand vor mir und lächelte mir freundlich entgegen. Er reichte mir seine Hand und zog mich hoch. „Nun treffen wir endlich aufeinander, Sophia!“ „Seid Ihr mir bekannt?“ „Ich habe viele Namen, Gesichter, Körper… doch nur dies ist meine wahre Erscheinung. „ „Ihr seid.. der Schöpfer..“, flüsterte ich leise und ging auf die Knie. „Oh bitte Sophia, steht wieder auf und erhebet euren Blick.“ Ich tat wie mir befohlen und folgte ihm einen kleinen Weg entlang, inmitten reinster und schönster Natur. „Bitte entschuldigt das ungehobelte Verhalten meines Engels. Sie ist noch sehr jung und muss viel lernen. Ihre Ausbildung hat vor nicht allzu langer Zeit erst begonnen.“ „Ich verspüre keinerlei Schmerzen, Herr.“ „Ich habe Euch geheilt. Euer Anliegen wurde mir berichtet. Es gibt für mich nur eine Lösung dieses Problems…“ Ich schaute ihm zuversichtlich entgegen. „Ihr werdet ein Engel und tretet meiner heiligen Himmelsschar bei.“ „Aber ich..“ Er schüttelte den Kopf. „Nichts sollst du fürchten. Wir werden deine Seele reinwaschen in unseren heiligen Quellen und ich werde dich einem Engel für den Beginn deiner Ausbildung übergeben.“ „Und.. was ist mit.. ihm?“ „Du selbst wirst ihn von alle seinem Leid befreien können, Sophia.“ Ich nickte. „Dann soll es so sein.“
 

Das laute Stöhnen eine Kabine neben mir ließ mich aus dem Schlaf fahren. Ein Schrei ertönte. An meiner Tür wurde gerüttelt und ein in schwarz gehüllter Mann trat ein. In rauem Ton befahl er mir, mich zu erheben und führte mich durch einen langen Gang, in dem noch viele Zellen wie die meine mitsamt Insassen waren. Am Ende des Ganges betraten wir ein Zimmer, in der einzig ein Stuhl stand. Er befahl mir, mich auf diesen Stuhl zu setzen und ich tat wie mir befohlen. Was sollte ich tun, wie sollte ich mich wehren, hatte ich weder eine Waffe, noch wusste ich, wie oder wo ich hier herauskommen konnte. Als ich auf dem Stuhl Platz genommen hatte, verschwand der Mann und schloss die Tür mit einem lauten klackenden Geräusch ab. Das Licht erlosch und ich hörte Absatzschuhe auf den Boden schlagen. Klack, Klack, Klack. Ein kleiner Schein erschien vor meinen Augen und ich sah ein wunderschönes, weibliches Gesicht. Mein Herz machte einen Sprung als ich sie erkannte. „Sophia!“ Die Stille, die kurz danach eintrat, wurde von ihrem Schrei zerbrochen. Der Schein erlosch und wieder umgab mich tiefschwarze Dunkelheit. „Sophia, wo bist du?“ Ich versuchte aufzustehen, doch in diesem Moment klappten an dem Stuhl scheinbar Schellen zu und banden mich an dem Stuhl fest. Mit aller Kraft versuchte ich mich zu befreien und hörte abermals einen Schrei meiner Geliebten. Ich schrie in die Dunkelheit hinein doch ich erhielt nur weitere schmerzverzerrte Schreie meiner Geliebten. „Bitte, lasst sie gehen..“, flehte ich. Das Licht ging an und ich sah sie blutend am Boden liegen, die Kleidung zerrissen und über ihr kniete ein schmieriger Kerl mit einem Skalpell in der Hand. „NEIN!!!!“, schrie ich aus vollem Hals, bevor er es ihr wieder in den Körper stieß und sie vor Schmerzen aufschrie. Tränen schossen mir in die Augen. „Ich würde alles tun..bitte..“

Take me to heaven, Romeo..

Ich lächelte in den Spiegel. Ein wenig rückte ich meine Krawatte zurecht und fuhr mir ein weiteres Mal durch die Haare. Mit schnellen Schritten ging ich durch das Haus, dass Sophia mir eine Weile überlassen hatte. Sie war in der Ausbildung zum Engel, eine furchtbare Sache, die ich nicht unterstützen würde, würde sie sich all das nicht ausschließlich für meinen Bruder aufbürden lassen. Seit nunmehr 50 Jahren war ich in diesem Dorf. Anfangs hatte ich mich kaum aus dem Haus getraut, da mir die Menschen in dem Dorf ziemlich unheimlich vorkamen. Lachhaft, wenn man bedachte, wer von uns der Unheimliche war.
 

Ich betrat das kleine Floristik-Geschäft. „Guten Tag, Mr. Carabench!“, rief mir die Angestellte des Betriebes entgegen. „Ich suche eine Baccara Rose für eine bedeutende Lady in der Stadt.“, erwiderte ich kühl. „Seid Ihr auch zum Ball des Bürgermeisters eingeladen, Mr. Carabench?“ Ich nickte ein wenig. Sie zeigte mir eine wunderschöne Blüte und ich gab ein kurzes, zustimmendes Brummen von mir. Aufwendig packte sie die Rose ein und ich wurde ein wenig ungeduldig, hatte der Bürgermeister doch etwas mit mir zu besprechen, wie er verlauten ließ.
 

Ich stieg die Treppen zu dem mächtigen Haus des Bürgermeisters empor und drückte leicht den Knopf. Eine Dienstmagd öffnete mir die Tür und ich trat ein. „Ihr seid Mr. Carabench, hab ich Recht?“ „Ja, das ist richtig.“ „Bitte warten Sie einen Moment, ich unterrichte Mr. Boroi von Eurer Ankunft.“ „Gut.“ Ich ließ meinen Blick durch die riesige Vorhalle wandern und war entzückt über die Größe des Anwesens. „Luca, mein Lieber! Ich hatte Sie nicht so früh hier erwartet!“ Mein Blick wanderte zur Treppe, auf welcher der Bürgermeister gerade die Stufen hinunter stieg. „Ihr batet mich darum, früher zu erscheinen, mein Herr.“, erwiderte ich kühl. Er nickte kurz. „Ich möchte Euch etwas zeigen, Luca. Bitte folgt mir.“ Er öffnete eine Tür und wir stiegen eine Treppe hinunter, scheinbar in einen Keller. Der Geruch von verwestem Fleisch stieg mir in die Nase und ich musste mich fast übergeben. Unten befand sich ein Verlies, in dem ich etwas fand, dass mich zurückschrecken ließ. „Das kann nicht… “ Er lächelte nur. „ Ein Prachtexemplar! Einer der wenigen Überlebenden dieser Rasse.. wir haben alle unsere Geheimnisse, Luca. Ihres ist mir bereits bekannt. Deshalb, kommen wir gleich zum Geschäftlichen.“ Ich konnte meinen Mund nicht wieder schließen und hörte nur aufmerksam zu. „Ich möchte eine Armee aus ihnen züchten.“ „Herr Bürgermeister.. ich halte das für keine gute Idee. Das sind wilde Tiere… sie sind nicht wie Vampire, gesittet und anpassungsfähig. Ihr Vorhaben wird nicht funktionieren.“ „Luca, mein Lieber, es ist mir bewusst, dass Ihr euch nicht mit dieser Rasse vergleichen möchtet, allerdings nur aus diesem Grund habe ich Euch auserkoren, mir bei diesem Vorhaben zu helfen. Kein anderer wird davon erfahren. Ihr müsst mir helfen, Luca. Ich flehe Euch an, ich benötige Eure Kenntnisse.“ Ich seufzte. „Ich werde Euch zu Diensten sein.“ Ein breites Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Von oben ertönte eine Stimme. „Liebling? Bitte komm aus dem Keller, die Gäste finden sich ein.“ Wir gingen schleunigst nach oben und ich gesellte mich unter die Menge der Gäste, während der Bürgermeister eine kleine Ansprache hielt. Im Augenwinkel nahm ich eine Bewegung am oberen Ende der Treppe wahr und blickte nach oben.
 

Vorsichtig schritt sie die Treppen hinunter, ihr Anblick ließ mich erstarren. Ihre weichen Gesichtszüge, diese wundervollen, durchdringenden Augen, die sanften Bewegungen, alles an ihr war durch und durch getränkt voll Anmut und Schönheit. Sie blickte kurz zu mir und lächelte, als der Bürgermeister sie zu sich hinunter rief und sie weiter die Treppen hinunter stieg. Mit ihrem Blick fixierte sie mich und stolperte plötzlich. Durch die Menschenmenge hinweg glitt ich zu ihr und fing sie sanft ab. Mein Gesicht war dem Ihren ganz nah, ich konnte ihren Atem auf meinem Mund spüren. Ihr vor Schreck erstarrtes Gesicht entspannte sich und ein Lächeln umspielte ihre Lippen. „Danke.“, wisperte sie mir leise entgegen. Ich entfernte meine Hände langsam von ihrem Körper, als ich sicher war, dass sie wieder festen Boden unter ihren Füßen hatte.
 

Der Bürgermeister nickte mir zu und bedankte sich bei mir und die Stimmung der Gäste, die bis zu diesem Moment angespannt war, lockerte sich wieder. Die Menge verteilte sich und nach und nach wurden Geburtstagswünsche ausgesprochen. Ich schlich mich hinter sie und übergab ihr die Rose. Sie drehte sich sanft um und bedankte sich höflich bei mir. Leider war dieser Moment viel zu schnell wieder vorbei und sie wurde von anderen Gästen herzlichst umarmt und beglückwünscht.

Der Bürgermeister trat an mich heran. Gemeinsam überschauten wir die Menge und er lächelte mir zu. „ Sie ist eine Schönheit, nicht wahr?“ Ich nickte und lächelte. „Wie wahr, wie wahr..“ „Wo hält sich Eure Gemahlin zurzeit auf, Luca?“ „Ihr meint Mrs. Da Silva? Ihr Herz ist meinem Bruder sicher, nicht mir. Sie ist wohlerzogen und äußerst gastfreundlich. Sie befindet sich zurzeit nicht im Lande, ich kümmere mich derzeit um ihr Anwesen.“ „Ach so ist das. Entschuldigt bitte.“ „Ich bin froh, dass dieses Missverständnis aufgeklärt wurde.“ „Und Ihr habt Euch noch nicht mit dem Gedanken angefreundet, sesshaft zu werden?“ „Sehr wohl, jedoch fehlt mir dazu die andere Hälfte meines Herzens, wenn Ihr versteht, was ich Ihnen mitteilen möchte.“ „Ihr denkt an eine bestimmte Person, Luca?“ „Sehr wohl, Herr.“ Er schaute mich fragend an. „Ich kann Euch nicht ganz folgen, Luca.“
 

Ich ging einige Schritte in Richtung des wundervollen Mädchens, dass die Meine sein sollte und hielt ihr auffordernd meinen Arm entgegen. Sie schmiegte sich leise an mich und ich führte sie an ihrem Vater vorbei, der leicht verlegen lächelte. Auf der Terrasse verlangsamten wir unsere Schritte und sie ließ sich auf einem der kleinen, weißen Stühle nieder. „Seid Ihr schon lange in der Stadt?“ „ Eine Weile, Mylady.“ „Euer Gesicht ist das eines Fremden.“ „Ich komme von weit her, Mylady. Die Schönheit, die in dieser Stadt wohnt, hat mich allerdings zum Bleiben verleitet.“ Sie lächelte leicht. „Gedenkt Ihr weiterhin, zu bleiben?“ Ich nickte. „Und sagt, wo ist Euer Wohnsitz in dieser Stadt?“ „Ihr habt sicher schon von dem Da Silva- Anwesen gehört. Sie ist die Gemahlin meines Bruders und in ihrer Abwesenheit kümmere ich mich um das Haus.“ „Interessant.“ Unsere Blicke streiften sich und sie schenkte mir ein wunderschönes Lächeln. Ich ließ mich auf einem der kleinen Stühle neben ihr nieder und konnte ihr so direkt ins Gesicht schauen. „Wenn Ihr erlaubt, Mylady..“ Sie schaute mich mit großen Augen an. „Ihr seid wunderschön. Eure weichen Gesichtszüge, diese wunderschönen, großen Augen, Eure..“ Sie legte mir einen Finger auf die Lippen. „Schweigt, bevor Röte meine Wangen berührt.“ Sie erhob sich von ihrem Stuhl und sah mir tief in die Augen. „Möchtet Ihr mir nach dem Fest Gesellschaft leisten, Mr. Carabench? Ich warte auf Euch.“ Schnellen Schrittes ging sie wieder zu den anderen Gästen.
 

Ihr Vater gesellte sich kurze Zeit später zu mir. „Ihr meint meine Tochter?“ Ich nickte. „Das kann ich nicht..“ „Ich fürchte, Herr, dann wird es keine Zusammenarbeit geben.“ Mit überraschtem Blick musterte er mich. Ich war sofort auf den Beinen und sagte beiläufig: „ Sicher wird es auch den Stadtrat interessieren, welche Vorhaben Sie für die Zukunft dieser Stadt planen. Ich verabschiede mich hiermit für heute. Überlegen Sie sich gut, was Sie zu tun gedenken, Herr.“ Ich verabschiedete mich bei der Gattin des Bürgermeisters, dankte für Speise und Trank und für einen wundervollen Abend und verließ die Villa.
 

Ich war ziemlich aufgebracht, wie konnte dieser Mann nur meinen Wünschen widersprechen? Allerdings hatte ich nach dem heutigen Tag ein gutes Druckmittel. Ein wenig Zeit zum Nachdenken sollte ich ihm vermutlich noch geben.
 

Die Straße war dunkel und ich wollte in meiner Wut schnellstmöglich den Heimweg antreten, bevor ich mich vielleicht nicht mehr so unter Kontrolle hatte, wie bisher. Ein Stein fiel mir vor die Füße und ich schaute nach oben. Am Fenster saß sie, mein Herz, mein liebster Goldschatz und wisperte hinunter: „Willst du nicht zu mir hinaufkommen?“ Wie von Zauberhand war all der Ärger verflogen und ich kletterte die Rosenranke zu ihrem Fenster hinauf. Sie hatte ein großes Zimmer, mit einem riesigen Himmelbett auf der einen, einem massivem Kleiderschrank auf der anderen Seite. In der Mitte des Zimmers befand sich ein edler Flügel und in der Ecke ein kleiner Tisch mit einem farblich passendem Stuhl, der vermutlich zum Zurechtmachen verwendet wurde. Sie setzte sich auf ihr Bett und beobachtete, wie ich langsam durch ihr Zimmer schritt, direkt auf den Flügel zu. Ich berührte mit meinen Finger leicht die Tasten und setzte mich vor den Flügel. Ich spürte ein Vibrieren in meinen Fingern und ließ sie sanft auf den Tasten hin und her gleiten. Sie lächelte und setzte sich neben mich. „Spielt Ihr etwas für mich?“ Ich grinste sie an und nickte leicht. Sanft schloss die Augen und spielte. Erst eine leichte, verspielte Melodie, dann impulsiver. Sie lehnte ihren Kopf an meine Schulter und lauschte gespannt den Klängen. Nach einer Weile spürte ich ihre Hand in meinem Nacken und genoss die kreisenden Bewegungen und das Zwirbeln meiner Haare. So sehr ich es auch zu vermeiden versuchte, meine Hände konnte ich nun nicht länger an den Tasten halten. Sanft legte ich meine Hand an ihre Wange und streichelte diese. Sie drehte ihr Gesicht dem Meinen zu und lächelte mich an. Ihre Blicke verzauberten mich, ich bemerkte, wie ich sanft ihrem Zauber verfiel, doch ich konnte mich nicht wehren. Sie stand auf, schlich um mich herum und ließ sich auf meinem Schoß nieder. Dabei schob sie den langen Überrock ihres Kleides ein wenig nach oben und schlang ihre Arme um meinen Hals. All die Jahre hatte ich so hart an der Beherrschung meines Triebes gearbeitet, nun verlor ich sie wie einen Faden, der mir aus der Hand gleitet, langsam und doch unaufhaltsam. Meine Lippen dürsteten nach den Ihren und ich bekam, was ich wollte. Wir küssten uns leidenschaftlich, mit meinen Händen fuhr ich sachte ihre Oberschenkel hinauf. Ich begann, die Bänder ihrer Korsage zu lösen und entblätterte so ihren makellos schönen Körper. Dann fasste ich sie an der Taille und setzte sie auf den Flügel. Ich würde ihr unter keinen Umständen wehtun…

alte und neue Bekannte

In meinem Traum bin ich dir begegnet. Wie so oft lagen wir zusammen auf einer Wiese auf der Waldlichtung, deine Arme um mich geschlungen und dein Lachen hallte durch den Wald. So vertraut war mir die Situation und doch war etwas anders als sonst.
 

Deine Nähe fühlte sich falsch an, beinahe bedrohlich und ich versuchte mich aus deiner Umarmung zu lösen. Deine Arme schlangen sich noch fester um mich, dein Lächeln wurde zu einem Grinsen. Alles Schöne schwand von dem Augenblick. „Lass mich los!“, sagte ich mit zittriger Stimme. „Nein! Du gehörst mir!“ Ich versuchte abermals, mich loszureißen, diesmal energischer. Du packtest mich noch fester an den Armen und drücktest mich nach unten. Ich schrie auf vor Schreck. „Du wolltest doch, dass wir wieder vereint sind!“, schrie er mich an. „ Ich wollte einzig meinen Geliebten zurück…“
 

Mein Bettlaken war feucht von Angstschweiß, als ich in jener Nacht erwachte. Keuchend lag ich inmitten der Dunkelheit, versuchte, mich langsam wieder zu fassen. Ich konnte nach diesem Traum nicht mehr einschlafen und ging ein bisschen im Dorf umher. An unserem See machte ich halt. Ich blickte auf das klare Wasser und den Baum der Lichter, der in aller Pracht erstrahlte. Im See der Seelen wohnten alle Seelen, die die Engel erfolgreich in den Tod begleitet hatten. Sah man genau hin, konnte man sie angeblich dort schwimmen sehen, wie sie fröhlich in der Tiefe tanzten. Ich blickte in das tiefschwarze Wasser und sah eine junge Frau, der eine Träne über ihre rosigen Wangen lief. Sie blickte zu mir hinauf und streckte ihre Hand nach mir aus. Wie von Geisterhand fühlte ich mich nach unten gezogen und fiel…
 

„Erwache, Engel und fürchte dich nicht.“ Ich kam langsam zu mir und die Frau, die ich im See der Seelen gesehen hatte hielt meine Hand. „Sagt, geht es Euch gut, Engel? Ihr seid gefallen… habt ihr mich erhört?“ „Ich.. Wo bin ich?“, stotterte ich leise. „Ihr seid im Reich der Seelen, Engel. Bitte hört mich an. In der Welt der Lebenden, gibt es jemanden, der mir nahe steht. Bitte findet diesen Menschen für mich und teilt ihm mit, dass es mir gut geht. Ich flehe Euch an, Engel!“ Ihre Augen sahen mich flehend an. „ Ich werde… diesen Menschen für Euch finden. Gebt mir nur seinen Namen.“ „Cloud.. sein Name ist Cloud.“ Und als sie seinen Namen sagte, lächelte sie.
 

Vorsichtig stieg ich die Treppen hinunter, schenkte meinem Herr einen letzten Blick. Alles um mich herum verschwamm und wurde weiß…
 

Ich fiel und fand mich auf einer Straße wieder. Ein lautes Hupen tönte direkt neben meinem Ohr. Eine Autotür schlug zu und ich hörte Schritte auf mich zukommen. „Miss? Miss? Geht es Ihnen gut?“ Ich suchte Halt und wurde von einer Hand hochgezogen. „Miss?“ Ich blickte in das Gesicht eines jungen Mannes, doch meine Beine gaben nach und mir wurde schwarz vor Augen.
 

„Ich glaube sie kommt zu sich…“ „… Und sie ist wirklich einfach vom Himmel gefallen?“ „Wenn ich es dir sage… direkt vor meinen Wagen ist sie gefallen… und sie kam wirklich aus dem Nichts…“ Ich schlug die Augen auf und blickte ängstlich um mich. „Miss? Geht es Ihnen gut?“, fragte mich eine junge Frau mit langen, schwarzen Haaren freundlich. „I-ich…“ Ein Mann mit blonden Haaren trat ebenfalls in mein Sichtfeld. Ihn hatte ich vor meinem Kreislaufkollaps bereits gesehen. „Können Sie mir Ihren Namen verraten, Miss?“ „Mein… Mein Name ist Sophia… da Silva.“ Ich setzte mich auf und schlagartig wurde mir wieder schwindlig. Trotzdem stand ich hastig auf und wollte mich sofort aus dem Staub machen. „Entschuldigen Sie, Miss da Silva.“ Der blonde Mann hielt mich am Arm fest und ich drehte mich ruckartig zu ihm um. „Können Sie mir erklären, wo Sie herkamen? Sie sind mir so gesehen einfach vor die Füße gefallen!“ „Entschuldigen Sie, aber ich habe keine Zeit für Erklärungen. Ich habe etwas sehr Wichtiges zu erledigen!“ Weiterhin hielt er mich am Arm fest. Die schwarzhaarige Frau fing an zu lächeln. „Cloud, lass sie gehen und sei nicht so grob!“ „Cloud?“ Der junge Mann sah mich fragend an. „ Ihr Name ist Cloud…?“ Er nickte. „Cloud… Strife?“ Er nickte ein weiteres Mal. „Sie sind…“ Ich lächelte ihn an. „Ich habe Sie gesucht.“ Nach seinem Blick zu urteilen, verstand er nun gar nichts mehr. „Ich glaube, Sie haben mir so einiges zu erklären, Miss da Silva!“ Ich nickte leicht.
 

„Ich soll Ihnen von ihr mitteilen, dass es ihr gut geht und Sie sich keine Sorgen um sie machen müssen. Sie ist nun behütet.“ Tränen traten ihm in die Augen und er senkte seinen Blick. Ich legte meinen Finger an sein Kinn und hob seinen Kopf ein wenig an, sodass er mich wieder ansah. „Sie hätte nicht gewollt, Euch so zu sehen.“ Er stand auf und stellte sich ans Fenster des kleinen Raums, in das er mich geführt hatte. „Wieso??“ Ich konnte seine Trauer spüren als wäre es meine eigene. Plötzlich schlug er mit der Hand auf das schmale Fenstersims, dass es unter seiner Faust nur so ächzte und knackte. Ich fuhr angesichts des nichtangekündigten Wutausbruchs zusammen und meine Beine knickten wie Strohhalme weg. Meine Beine rutschten auf dem glatten Boden auseinander und im Nu landete ich unsanft auf dem Fußboden. Er kam langsam auf mich zu und streckte mir die Hand entgegen. Ich legte meine Hand in die seine und er zog mich nach oben. „Ich glaube, Ihr seid diesen Körper nicht gewohnt, Sophia.“ „Wohl wahr.“, antwortete ich verlegen. Innerhalb von Sekunden hatte er mich auf seine starken Arme und anschließend durch das gesamte Haus in ein Zimmer mit riesigem Bett getragen. Sanft ließ er mich auf diesem nieder und setzte sich ans Fußende des Bettes. „Ein Engel also?“ Ich nickte leicht. Vorsichtig kroch er zu mir hinauf und setzte sich etwas unsanft neben mich. „Und… wie kommst du zurück nach oben?“ „Ich werde es wohl abwarten müssen…“ Ich schaute betrübt zu Boden, daran hatte ich bisher noch keinen Gedanken verschwendet. „Seit wann blasen Engel Trübsinn?“, sagte er und grinste mich verschmitzt an. Plötzlich war all die Last scheinbar von ihm abgefallen. Er legte seine Arme um mich und zog mich zu sich. „Cloud.. ich bitte Euch...“ „Sophia… Wir haben eine Menge Zeit wenn ich das richtig sehe… Und solange sie dich nicht zurückholen, bist du meine Gefangene… Engel fallen schließlich nicht jeden Tag vom Himmel!“ Er lachte herzhaft und zog mich noch näher zu sich. Ich schüttelte den Kopf und drehte mich zu ihm um, um ihm mit ernstem Gesicht meine missliche Lage zu erklären. Plötzlich spürte ich warme, weiche Lippen auf meinen. Ich wollte mich wehren, doch irgendetwas in mir sträubte sich dagegen. Ich öffnete leicht meine Lippen und erwiderte den Kuss. Zum ersten Mal seit so vielen Jahren ließ ich mich fallen und genoss einfach nur…
 

Es dürstete mich mehr den je nach frischen, warmen Blut… Ich war ihnen mittlerweile so vertraut geworden, dass sie mir freie Hand bei allem ließen. Also entschloss ich mich, auf die Jagd zu gehen. Ich musste diesen Durst unbedingt stillen… Ich wusste nicht, wie lange ich bereits hier war, nur, dass ich es nicht länger aushielt mit diesen Monstern, obwohl ich selbst auch eines geworden war. Sollte ich eines Tages wieder als freies Wesen durch die Welt gehen können, wie nur sollte ich ihr beibringen, was ich nun war? Ich lief den langen Flur entlang, an dessen Ende sich das Zimmer meines Meisters befand.
 

„Du gehst fort?“ Ich nickte leicht. „Ewig harre ich hier nun aus. Ich möchte etwas tun, bitte Herr, gebt meinem Dasein einen Sinn.“ „Ich verstehe…“ Er erhob sich langsam von seinem Stuhl und ging auf mich zu. Mit seinem Zeigefinger tippte er mir auf die Stirn und bat mich danach, meiner Bestimmung zu folgen. Erhobenen Hauptes verließ ich den Ort, der ein Monster aus mir gemacht hatte, an dem so viel Dunkelheit herrschte, weil sich die Sonne nicht traute, ihre Lichtstrahlen dort abzuwerfen.

Ich streifte durch die Gegend, bis ich in einem kleinen Dorf vorbeikam. Seltsame Blicke trafen mich, als ich durch die Straßen lief, direkt auf die Dorfschenke zu. Schwungvoll stieß ich die Tür auf und trat ein. Alle musterten mich. An der Theke ließ ich mich auf einem Stuhl nieder, ich genoss, wie sie mich anstarrten, den geheimnisvollen Fremden in ihrem friedlichen Dorf. Der Wirt stellte mir einen Krug voll Gesöff hin und ich nahm einen stolzen Schluck. Nach und nach nahmen sie ihre Blicke von mir und wandten sich wieder ihren vorigen Gesprächen zu. Neben mich hatte sich ein wunderschönes, junges Mädchen gesellt und verlangte nach einem Glas Wasser. „Das geht auf mich.“ Sie sah zu mir herüber. „Wirklich nur ein Wasser?“, fragte ich sie mit einem verschmitzen Grinsen. Sie nickte. „Ihr seid nicht von hier, oder?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nur auf der Durchreise.“, flüsterte ich leise. „Ein Fremder also.. Interessant. Wohin führt Euch euer Weg denn?“ „Der Wind bestimmt meine Richtung, meine Augen das Ziel.“ „Ein Weltenbummler also.. Ziehst du noch heute weiter, Fremder?“ „ Ich bleibe die Nacht im Dorf. Wer seid Ihr, schöne Frau?“ „ Elly ist mein Name. Ich bin die Tochter des Bürgermeisters. Soll ich Euch ein wenig die Stadt zeigen? Ich stehe nicht gerne unter Beobachtung, wenn Ihr versteht, was ich meine.“ Durch leichtes Kopfnicken bestätigte ich ihre Aussage und erhob mich von meinem Platz. Ich legte ein paar Münzen auf den Tisch und verschwand aus der Schenke. Ich lief die Straße weiter entlang, bis ich plötzlich von Elly stürmisch eingeholt wurde und sie sich in meinem Arm einhängte. Wir spazierten ein wenig so durch die kleinen Gassen des nicht allzu großen Dorfes, als sie mich plötzlich in eine dunkle Seitengasse zog und küsste. Ich erwiderte ihren Kuss stürmisch und schob meine Hände unter ihr Kleid. Sanft packte ich sie an den Oberschenkeln und hob sie an die Wand. Wie ich das vermisst hatte…

Nachdem sie vor Erschöpfung seufzte, küsste ich leidenschaftlich ihren Nacken und ihren Hals. Ich konnte jeden einzelnen Schlag ihrer Pulsadern an meinen Lippen spüren. Das Verlangen brannte in mir und ich ließ meine Zähne in ihren Hals gleiten. Als ich das warme Blut schmeckte, war es vollkommen um meine Zurückhaltung geschehen.
 

Ich genoss sein herzliches Lachen und das Leuchten, dass er dabei in seinen Augen hatte. Wie lange war es her, dass ich so glücklich gewesen war? Nachdem ich mich hatte fallen lassen, kam ich mir schmutzig und falsch vor. Ich redete mit ihm und erläuterte ihm meine Situation. Zu meiner Verwunderung hatte er vollstes Verständnis dafür und bat mich darum, nur für eine Weile, sein Trost und sein Halt zu sein. Und ich, ich hatte ja gesagt. Womit sonst hätte ich meine Zeit sinnvoller nutzen können, wenn ich denn nun schon hier unten festsaß. Er hatte mich auf eine wunderschöne Wiese entführt, die in ihrer ganzen Blüten- und Farbenpracht erblühte. Als er das Band vor meinen Augen löste, ließ ich vor Entzücken einen kleinen Schrei los. „Bei Gott… Ist das schön hier.“ Er grinste übers ganze Gesicht und nahm meine Hand erneut in die Seine. Langsam führte er mich hinein in das Blumenmeer und ich konnte eine kleine Decke ausmachen, auf der ein Picknickskorb stand. Ich ließ mich nieder neben ihm und lehnte meinen Kopf an seine Schulter. „Ist das alles für mich?“ Er wisperte leise: „So etwas hätte ich für niemanden sonst getan, Sophia.“ „Ich genieße die Zeit mit dir so, Cloud. Alles was du tust ist wundervoll.“ „Dann bleibe bei mir, Sophia. Geh nicht wieder zurück nach oben… Was erwartest du denn von eurem nächsten Aufeinandertreffen? Denkst du er wird dir freudestrahlend entgegenlaufen und dir ins Ohr flüstern ~ Ich hab dich vermisst mein schatz~ ? Er ist ein Dämon, seine Seele ist schwärzer als alles, was auf dieser Erde existiert. Diese Dämonen sind daran Schuld, dass wir in Vergangenheit auf der Erde solch ein Unglück hatten, beinahe schon die Apokalypse. Viele schon haben versucht sie zu bekehren, leider ohne Erfolg und du wirst auch nur eine der Personen sein, die daran scheitern werden. Einem solchen Wesen ist nicht mehr zu helfen.“ Tränen traten mir in die Augen. „Du hast diesen schönen Augenblick gerade zunichte gemacht, Cloud.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich versuche nur, dich zur Vernunft zu bringen, Sophia!“ Ich stand auf und ging weg von ihm, weg von der Situation, in die er mich gebracht hatte, weg von all den Erinnerungen und dem Schmerz, den diese in meiner Brust hervorriefen. Leise vernahm ich noch, wie er meinen Namen rief und mich bat, zurückzukommen, doch ich blieb nicht stehen.
 

Nachdem ich die Leiche der wunderschönen Elly entsorgt hatte, die ich am Abend zuvor im wahrsten Sinne des Wortes „vernascht“ hatte, zog ich weiter und machte im nächsten Dorf Halt, da ich eine ungewöhnlich starke Witterung aufnahm. Ich folgte dem Geruch durch das Dorf und kam über eine Blumenwiese, auf der ein blonder Mann mit hängendem Kopf saß. „Kann ich dir helfen?“ Er schüttelte den Kopf und sah mich verwundert an. „Euch kenne ich gar nicht. Seid Ihr auf der Durchreise?“ Ich lächelte kurz. „Sehr wohl.“ Ich drehte mich um und ging fort, ohne ein weiteres Wort an den blonden Trauerkloß zu richten. Was war es nur, was einen so ungewöhnlich starken Geruch absonderte?
 

Mir war, als vernähme ich ein Geräusch hinter mir. Ich verlangsamte meine Schritte und hörte das Geräusch näher kommen. Allerdings merkte ich schnell, dass es sich nicht um Cloud handelte. Zwei starke Hände packten mich von hinten und drückten mich an einen Baum, an meinem Hals konnte ich den heißen Atem des Wesens spüren und die bloße Aura dieses Monsters ließ das Blut in meinen Adern zu Eis gefrieren.

Geben und Nehmen

Die Versuche, mich zu wehren blockte das Monster ohne jegliche Anstrengung ab. Ich spürte zwei spitze Zähne in meinen Hals gleiten, spürte etwas Warmes an meinem Hals herunter laufen und stieß einen Schrei aus. Cloud war nun meine letzte Hoffnung…
 

~ Cloud ~

Ich hörte einen Schrei und konnte ihn sofort zuordnen. SOPHIA! In Windeseile war ich auf den Beinen und flog beinahe in die Richtung, aus der der Schrei kam. Als ich ankam, bot sich mir ein Bild des Schreckens. Der Kerl, der mich vorhin noch angesprochen hatte, hatte meine Sophia in seinen Armen, bewusstlos und blutend. „Du elendiger…!“ Ich wollte auf ihn zustürmen doch er war schneller. Mit einem Mal war er verschwunden und tauchte hinter mir wieder auf, nur um mir über die Schulter hinweg eine „Gute Nacht“ zu wünschen und mir einen dumpfen Gegenstand in den Nacken zu schlagen. Mein Blick verschwamm und ich sank zu Boden.
 

~ Sophia ~

Ich kam zu mir und versuchte mich aufzusetzen. Allerdings war mir so schwindlig, dass ich mich übergeben musste. Mit meiner Hand fasste ich vorsichtig an die Stelle an meinem Hals, die unerträglich pochte. Etwas Nasses legte sich auf meine Hand und als ich meine Hand wegnahm, war sie voller Blut. Ich wagte einen Blick um mich und war beruhigt, dass ich scheinbar alleine in dem Waldstück war, in dem ich angegriffen worden war. Ein schmerzverzerrtes Stöhnen ließ mich zusammenzucken. Leise flüsterte ich ein „Cloud?“ in Richtung des Stöhnens, doch ich erhielt keine Antwort. Die Angst, Cloud könnte verletzt sein war größer als die vor der Bestie und ich robbte langsam über den feuchten, mit Moos bedeckten Waldboden. Mein Herz machte einen Sprung, als ich feststellte, dass es sich bei der Person wirklich um Cloud handelte. „Cloud? Hörst du mich, Cloud?“ Er öffnete leicht die Augen und lächelte, als er mein Gesicht sah. „Bin ich schon in deinem Himmel, Sophia?“, flüsterte er leise. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen und schüttelte den Kopf. „So schnell nehmen wir dich nicht auf, mein Lieber!“ Er versuchte zu lachen, es misslang ihm jedoch. Ich legte meine Hände auf seine Brust und flüsterte leise die Worte: „ …………“ Danach lief ich mit aller Not zurück ins Dorf und bat die Männer, sie sollen meinen Freund aus dem Unterholz holen, ein wildes Tier habe ihn angegriffen. Ich konnte mich noch an damals erinnern, in der Zeit, in der ich ein Vampir war, hatten alle immer nur von Tierangriffen gesprochen und niemals von einem Fabelwesen wie einem Vampir. Ob die Menschen sich weigerten, an all diese Wesen zu glauben, die es doch eigentlich nur in ihrer Fantasie gab? Oder glaubten sie wirklich, diejenigen, die von unserer Existenz wussten, wären nicht ganz bei Sinnen? Man wollte sich die Wunde an meinem Hals ansehen, doch ich weigerte mich. Cloud wurde regelrecht auseinandergenommen von den Ärzten, während mir ein anderer, ein großer, schlanker, gutaussehender Arzt mitteilte, sie müssten ihn ein wenig bei sich behalten. Ich nickte nur und wartete stumm ab, bis alle Ärzte sich aus dem kleinen Zimmer geschlichen hatten. „ich war zu schwach, dich zu schützen.“, flüsterte Cloud. Er konnte mich dabei nicht einmal anschauen, so sehr schien er sich dafür zu schämen. Ich nahm mein Gesicht in meine Hände und schüttelte den Kopf. „Du bist ein Mensch, Cloud. Bitte vergiss das nicht. Ich muss ihn suchen. Ich bin aber bald zurück, versprochen.“ Er schüttelte heftig den Kopf. „Du kannst nicht alleine gehen. Lass uns zusammen gehen.“ Ich lachte. „Nein, Cloud. Sie behalten dich eine Weile hier.“ Er machte ein beleidigtes Gesicht und ich musste abermals lachen, so verletzlich und unvollkommen wie er in diesem Moment war. Er erzählte mir noch einige Einzelheiten über die Bestie, die mich angegriffen hatte. Und die Beschreibung passte haargenau auf dich…
 

~ Enricco~

Zu sehen, an wem ich mich da vergangen hatte, hatte mich zutiefst verletzt. Ich wollte dich nie verletzen und nun warst du einfach so in meine Fänge hineingeraten. Die Frage, weshalb du mich so angezogen hattest, ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Und aus welchem Grund nur war ich so unbeherrscht, selbst als ich wusste, dass du mein Opfer warst?
 

~ Sophia ~

„Enricco!“ Wie angewurzelt blieb er stehen. Fast wie in Zeitlupe drehte er sich um. „Du hast es nicht richtig gemacht, Ricco.“ „Wenn ich das gewollt hätte…“, entgegnete er kalt. Seine Augen funkelten mich bedrohlich an. „Wie es scheint, hat sich in meiner Abwesenheit viel verändert.“ Ich nickte. „Ich bin nun ein Engel, Enricco. So viele Jahre habe ich dafür geschuftet, dich endlich wiedersehen zu dürfen…“ Er fing an, lauthals zu lachen. „Ein Engel? Also bist du auch eine derjenigen, die versuchen wollen, mich zu bekehren.“ „Wer spricht denn von bekehren? Ich habe das alles nur für dich getan, verdient das nicht ein bisschen Respekt?“ Er trat ganz nah an mich heran und schlug mir ins Gesicht. „Respekt? Einem Wesen wie dir gehört nur der Tod. Mehr bist du auch nicht wert.“ Ich hielt mir die Wange, auf die er mich geschlagen hatte und musste mich beherrschen, meine Tränen zurückzuhalten. Mit einem Mal stand er hinter mir und zückte eine Klinge. Waren meine Flügel auch unsichtbar in dieser Welt, so konnte ich trotzdem spüren, wie er versuchte, sie mir abzuschneiden. Ich spürte eine neue Kraft in mir, ein Feuer, das tief in mir loderte und nun auszubrechen drohte. Ein weißes Licht breitete sich um uns aus. Enricco stand nur reglos da. Nun waren wir in meinem Element. „Was soll denn der lächerliche Aufzug, Sophia?“ Ich schaute an mir herunter und sah, dass ich plötzlich ein weißes, kurzes Gewand trug. Ein Schwert lag in meiner Hand und eine Stimme flüsterte zu mir: „ Nun kämpfe.“ Enricco zog ein Langschwert aus seinem Mantel und stürmte auf mich zu. Ich wich geschickt aus und konterte. Es war schwer, einen Treffer zu landen, da Enricco ein ausgezeichneter Schwertkämpfer war, doch in einem Moment der Unachtsamkeit erwischte ich ihn am Bein. Er brach ein und fiel auf die Knie. Sein Schrei war herzzerreißend und doch gebot ich mir nicht, aufzuhören. „Du kannst mich nicht töten, Sophia. Dafür liebst du mich viel zu sehr.“ Wieder hatte er nichts, als das hämische Lachen für mich übrig. Ich atmete tief ein und stieß ihm mit voller Kraft mein Schwert in die Brust. „Im Namen meines Gottes, vollstrecke ich das Urteil.“ Seine leeren Augen blickten mich entsetzt an. Ich drehte das Schwert noch einmal in dem Brustkorb meines Gegners herum. Dann drehte ich mich um und lief weg. Mit einem Fingerschnippen rief ich mein Schwert zurück und wieder zerteilte ein Schrei die Luft. Ich war eben nicht mehr nur sein kleines Mädchen.
 

~ Enricco ~

Nachdem das Schwert aus mir gewichen war und ich am Boden lag, begann es sanft zu regnen. Ich starrte in den Himmel hinauf und sagte mit letzter Kraft: „Niemals werde ich euch hörig sein.“ Ein Stimme, ganz nah an meinem Kopf ertönte plötzlich: „ Es ist Zeit, nach Hause zu kommen, Enricco.“ Ich war eiskalt gewesen und ich wusste, dass ich sie getötet hätte, wäre die Möglichkeit dazu gewesen. So endete also eine Liebe, die so wunderschön begonnen hatte und von der wir dachten, sie würde niemals enden. Über so viele Jahre hatten wir allem getrotzt und selbst als wir getrennt wurden, hörten die Gedanken nicht auf. Auch jetzt konnte ich wieder an sie denken, meine Sichtweise klärte sich. Wie Recht sie gehabt hatte, mich niederzustrecken. Ich hatte sie töten wollen… meinen geliebten Engel… was war ich nur für ein Monster? Und ich lächelte dem Himmel entgegen, denn ich wollte nur noch nach Hause. Heim, zu all meinen Freunden und meiner Familie. Und frei sein von allen Einflüssen, für immer. So leicht lässt man sich im Leben beeinflussen von seinem Umfeld, dass nur der Tod uns wirklich von all den Einflüssen befreien kann… was ein Trauerspiel.
 

~ Cloud ~

Ich vernahm, wie die Tür sanft herunter gedrückt wurde und öffnete die Augen. Ein Engel trat an mein Bett, ja wahrlich, so wunderschön wie sie war und nahm meine Hand in die Ihre. „Es wird alles gut.“, flüsterte sie mir zu. „Ich weiß.“ Ich erschrak, als ich plötzlich sah, wie sie sich langsam auflöste. „Sophia?!“ „Es wird alles gut, Cloud.“ Tränen traten mir in die Augen. „Bitte verlass mich nicht.“ „Wir sehen uns wieder, versprochen.“ „Du bist Mein und ich bin Dein.“ Sie nickte und lächelte dabei. Dann verschwand sie von mir und mein Herz machte einen solchen Sprung, dass ich mich zurücklehnen musste. Alles wurde schwarz und ich konnte in allerletzter Sekunde den Notfallknopf drücken, bevor ich mich endgültig von meinem Kreislauf verabschieden konnte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  sunny12
2011-06-26T17:43:49+00:00 26.06.2011 19:43
Hey!
Ein schönes Kapitel.
Ich bin ja gespannt, wie es zwischen Luca und der Tochter des Bürgermeisters weitergeht. Sie scheint ja auch nicht ganz abgeneigt zu sein.
Aber was hat der Bürgermeister in seinem Keller versteckt? Luca scheint davon ja nicht besonders begeistert zu sein. Naja, ich lass mich einfach mal überraschen ;)

Ich freu mich schon auf das nächste Kapitel und bin gespannt, wie es weitergeht.
lg sunny12
Von:  sunny12
2011-05-07T22:19:57+00:00 08.05.2011 00:19
Hey!
Die Story klingt sehr interessant. Und sie lädt zum Weiterlesen ein.

Du hast einen schönen Schreibstil und es lässt sich gut nachvollziehen, wie die Charaktere sich gerade fühlen und man ist dadurch in der Lage auch richtig mit ihnen mitzufühlen.
Ich finde es auch beeindruckend, wie du es schaffst, die damals wahrscheinlich gängige Art sich auszudrücken, anwendest. Das gefällt mir auch sehr gut an dieser Geschichte.

Luca ist ein echt mieser Kerl. Erst versucht er seinen Bruder zu verbrennen (Gott sei Dank hat es nicht geklappt) und dann macht er Sophia auch noch zu einem Vampir... Schließlich hat Enricco sie gerade erst davor bewahrt. Aber vielleicht war es auch ein Wink des Schicksals? Immerhin kann sie dann für immer mit demjenigen zusammen sein, in den sie sich verliebt hat. Jedoch klappt das nur, wenn sie sich dazu durchringen kann, Verantwortung zu übernehmen.
Irgendwie kann ich Enricco ja verstehen, dass er wütend wird, aber muss er gleich so reagieren und Sophia wegjagen, nur weil sie gerade nicht weiß, wie sie vorgehen soll? Ich hoffe, er sucht sie jetzt, entschuldigt sich bei ihr und hilft ihr die richtige Entscheidung zu treffen.

Ich bin schon sehr auf das nächste Kapitel und den weiteren Verlauf der FF gespannt,
lg sunny12
Von: abgemeldet
2010-12-25T15:39:40+00:00 25.12.2010 16:39
Hey Sissy!!
Bitte schreib die Story auf alle Fälle weiter.. auch wenn du wenig Zeit hast!
Ist nämlich super geschrieben..du hast das drin deswegen solltest du nicht aufhören!
LoVe YoU
YoUr BrO :*


Zurück