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Drei Jahre in Hong Kong

KaRe
von

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Surprising Secrets

SURPRISING SECRETS
 

Projekt: Winter-/Frühlingswichteln 2o11 des KaRe-FF-Zirkels

http://animexx.onlinewelten.com/community.php/KaiXRay_FFZirkel/beschreibung/

Thema: Krankheiten

Wichtelopfer: Shayd_chan

Genre/Warnung: Shonen-Ai

Disclaimer: Die Hauptcharaktere gehören Takao Aoki. Mir gehören die Handlung und die Idee.

Autorenkommentar: Die Vorgaben stammen von Atem; ich hoffe Shayd_chan sagt die Geschichte zu. Die betreffende Krankheit in Kombination mit dieser Person war doch eine knifflige Angelegenheit. Die Umsetzung hat mir aber riesigen Spaß gemacht^^!
 

Enjoy reading!
 

Als sich Kenny auf den Stuhl im Wartebereich des Hong Konger Krankenhauses setzte, überkam ihn erneut eine Welle des Zweifels. Womöglich war ja doch nichts und er war nur mal wieder hysterisch. Dann würde er sich darüber zu Tode ärgern, sich in einem fremdsprachigen Krankenhaus blamiert zu haben. Aber andererseits, schallt sich der Braunhaarige, wenn doch was war, dann würde er es bereuen so feige gewesen zu sein. So blieb er mit zusammengebissenen Zähnen sitzen und nur die in seiner Hose verkrallten Finger gaben Aufschluss über sein Unwohlsein.
 

„Kenny?“ Völlig aus seinen Gedanken gerissen, schaute der Angesprochene perplex auf. Kannte er diese Stimme nicht?

„Tatsächlich! Was machst du hier?“

„Rei?“

„Genau der.“

Kenny traute seinen Augen nicht. Vor ihm stand ein junger Mann im weißen Kittel und mit langen schwarzen Haaren, die er zu einem lockeren Zopf zusammengebunden trug.

Die freundlichen Augen betrachteten ihn erfreut und neugierig: „Was machst du in Hong Kong?“

„Ich arbeite für Apple und bin geschäftlich hier“, erklärte der Braunhaarige mit nervösem Lächeln.

„Nicht schlecht. Aber es war ja zu erwarten, dass du was mit Informatik machst.“

„Und was ist mit dir? Du bist Arzt?“ Kenny rückte erstaunt seine Brille zurecht, „Ich hätte immer gedacht, du wirst was mit Sport oder Gastronomie machen.“

Rei strahlte ihn an: „Ja, aber nach einem Praktikum im Krankenhaus... Jetzt bin ich Gynäkologe.“

„Wow!“

„Und was führt dich her? Du siehst gesund aus. Wartest du auf jemanden?“

Kenny sah ratlos zurück: „Äh... na ja...“

„Mr. Chou? It’s your turn“, meldete sich die Krankenschwester zu Wort und bedeutete Kenny die Richtung, in der er das Behandlungszimmer finden würde.

Rei sah zu der Schwester, dann zu seinem ehemaligen Teamkamerad: „Chou?“

Der Braunhaarige ließ ergeben den Kopf sinken, als er zu der Frau sagte: „Thank you.“
 

Rei setzte sich auf den leeren Platz neben Kenny und starrte ihn von der Seite fragend an: „Also Mr. Chou, seit wann heißen Sie Chou?“

Kenny bemitleidete sich sehr: „Ich will nicht, dass mich hier einer kennt“, flüsterte er mit roten Wangen.

„Warum?“ Im Kopf des Schwarzhaarigen begann es zu rattern.

„Äh... Ich... na ja... Es ist ja nur eine Routineuntersuchung. Ich will die Pferde nicht scheu machen. Mein derzeitiger Chef ist recht streng“, stotterte er mit hochrotem Kopf.

Die goldenen Augen blitzten verstehend auf: „Du hast ein Problem im Intimbereich, oder?“

Kenny starrte ihn fassungslos an, froh, dass seine geweiteten Augen durch den Pony nicht zu sehr auffielen: „W... was? Woher...?“ Stand es auf seiner Stirn geschrieben?

„Ach, diese Begründung ist Gang und Gebe. Wenn du willst, kann ich mir das ja mal ansehen. Ich bin zwar Facharzt für Frauenheilkunde, aber damit kenne ich mich zur Genüge aus.“

Kenny war so überrumpelt, dass er kein Wort mehr herausbekam.

Rei hingegen sah ihn erwartungsvoll an. Er war es gewohnt mit komplizierten Patienten und heiklen Krankheiten umzugehen. Im Verhalten unterschieden sich Männer und Frauen diesbezüglich kaum.

Unter dem braunen Haarschopf arbeitete es wie wild. Sollte er es machen? Rei war schon immer kompetent und verlässlich gewesen. Nie hatte es Anlass gegeben ihm ernsthaft zu misstrauen. Ein geradliniger Typ, mit dem man doch über alles reden konnte, nicht wahr?

Kenny nickte zaghaft. Im Gegensatz zu dem anderen Arzt verstand der goldäugige Chinese wenigstens seine Sprache einwandfrei.

„Gut. Komm mit. Raum 5 müsste frei sein.“
 

Keine zwei Minuten später stand der Braunhaarige in Unterhosen vor dem jungen Arzt und sah ihn unsicher an.

Rei schien sich nicht das Geringste zu denken: „Leg dich bitte da hin und mach dich untenherum komplett frei.“

Der Chinese streifte sich Handschuhe über und stellte sich neben die Liege: „Nicht erschrecken, meine Finger sind kühl.“

Behutsam tastete er den Genitalbereich ab und stutze leicht: „Hattest du vor etwa vier bis fünf Wochen ungeschützten Sex? Hast du irgendwelche Beschwerden?“

Kenny wünschte sich ganz weit weg ins letzte Mauseloch, aber es half nichts:

„Ja, eine Kollegin. Und nein, mir geht es sonst gut“, stammelte er tapfer.

Rei zog die Augenbrauen zusammen: „Aller Wahrscheinlichkeit nach ist es Syphilis. Ende Primärphase, wie man an den abschwellenden Lymphknoten im Beckenbereich spüren und dem kleinen Knoten, den Ulcus durum, hier am Penis sehen kann. Normalerweise wird sie nicht so früh entdeckt, weil sie in dieser Phase noch keine Schmerzen verursacht. Gut, wir machen jetzt noch einen Bluttest, um sicher zu gehen. Wenn sich meine Annahme bestätigt, können wir die Krankheit mit Penicillin therapieren. Das wird wieder.“

Der Schwarzhaarige zog sich die Handschuhe von den Fingern und beobachtete seinen alten Freund, wie er sich völlig zerstreut und mit zitternden Händen wieder anzog.

Kenny fehlten buchstäblich die Worte. Er hatte ja geahnt, dass es eine Geschlechtskrankheit sein könnte. Aber es zu wissen, war wieder etwas anderes. Sein Magen krampfte sich vor Wut zusammen. Er fühlte sich dreckig, benutzt und unsagbar dumm.

„War das nur diese eine Frau?“, ließ ihn zu Rei aufschauen.

Kenny rückte seine Brille zurecht, als er sich gegen die Liege lehnte: „Ja. Ich habe später erfahren, dass sie unter der Mannschaft hier recht rumkommt.“ Wie konnte er nur so blind gewesen sein?

Der Chinese verschränkte die Arme: „Du musst ihr sagen, dass sie wahrscheinlich krank ist und sie verpflichten den anderen Männern bescheid zu geben. Diese Krankheit endet tödlich, wenn man sie nicht behandelt und kann im späten Stadium für bleibende Schäden sorgen. Sie ist wirklich gefährlich.“

„Ich weiß.“ Kenny biss die Zähne zusammen. Da würde ganz schön Ärger auf ihn zukommen.

Rei nahm sich eine Ampulle und Nadel aus dem Schrank: „Ich brauche deinen linken Arm.“

Tapfer ließ sich der Japaner das Blut abnehmen und wartete alleine im Behandlungsraum, während Rei die Probe ins Labor brachte.
 

Während er wartete, dachte Kenny noch einmal über seinen ersten Arbeitstag in Hong Kong nach. Alles war neu und aufregend nach den langen Jahren in San Francisco gewesen. Endlich durfte er beweisen, dass er auch im Bereich Marketing und Vertrieb glänzen konnte. Die AG, mit der er im Jahr den Löwenanteil seiner Zeit verbringen sollte, stellte sich als sehr fähig und freundlich heraus.

Gleich am ersten Abend war ihm eine junge IT-lerin aufgefallen. Eine indische Schönheit mit tiefbraunen Augen, die einem alles versprachen, was man sich nur denken konnte. Diese unsäglichen Augen hatten ihn innerhalb einer Woche umlullt und verführt. Er war ihr so ergeben, dass er auf all seine Grundsätze und damit auch das Thema Verhütung verzichtet hatte. „Ich nehme die Pille“ hatte sie gesagt. Nur half die Pille nichts bei Geschlechtskrankheiten. Der Braunhaarige war so verknallt gewesen, dass es geschlagene zwei Wochen gedauert hatte, bis er die amüsierten Blicke der Kollegen bemerkte. Erst als er einen Kollegen, mit dem er am besten auskam, fragte, was es damit auf sich hatte, erfuhr er von dem ungemeinen Erfolg der hübschen Frau bei fast allen Männern der Abteilung. Abgesehen von der allgemeinen Enttäuschung und dem bodenlosen Scham, gesellte sich eine leise Angst zu seinen Empfindungen. Kenny war durchaus nicht entgangen, dass ungeschützter Sex mit verschiedenen Geschlechtspartnern einen Haken haben konnte. Und verbunden mit seiner ohnehin hysterischen Veranlagung dauerte es nicht lange, bevor er das Gras wachsen hörte. Als er auch noch entdeckte, dass die Lymphknoten leicht angeschwollen waren, hatte er sich bei dem nächstmöglichen freien Termin auf den Weg ins Krankenhaus gemacht. Anscheinend war das auch goldrichtig gewesen.
 

„Also Kenny, der Test auf die unspezifischen Antikörper ist positiv ausgefallen, was zusammen mit den Symptomen ganz eindeutig auf Syphilis schließen lässt. Zwei Wochen Penicillin und es sollte überstanden sein. Trotzdem solltest du dann zur Nachuntersuchung kommen. Du verträgst Penicillin doch immer noch, oder?“ Rei war plötzlich aufgetaucht und stand nun vor ihm, die Arme in die Seiten gestemmt. Kenny kam nicht umhin seine aufrechte Haltung und seinen seltsam strengen Blick als „typisch Arzt“ zu identifizieren.

„Ja, klar. Ich danke dir. Kannst du mir ein Rezept ausstellen?“

„Ja“, Rei neigte etwas den Kopf, „Du weißt schon, das und wie man verhütet, oder?“

Kenny wurde schlagartig rot: „Ja, ja, natürlich. Es war ein Versehen. Das ist noch nie passiert.“

„Das sollte es auch nicht. Es ist heutzutage nicht mehr nötig für Sex seine Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Man sollte immer verhüten; die Kondome sind dünn genug, um genug Spaß zu haben und dabei gesund zu bleiben. Und wenn man keins mehr benutzen möchte, kann man sich und den Partner vorher gründlich durchchecken lassen und einen AIDS-Test machen. Es passiert ja auch mit Kondom noch genug. Aber man sollte sein Glück und das des Partners nicht dermaßen herausfordern.“

Rei hatte diese Predigt schon unzählige Male gehalten und diese Sache diesmal ausgerechnet Kenny näher zu bringen, war zwar recht seltsam und unter anderen Umständen sogar lustig, aber der Schwarzhaarige war zu beherrscht, um sich etwas anderes als Professionalität unterstellen zu lassen.

Sein Patient starb dennoch tausend Tode vor Scham und versuchte krampfhaft sachlich zu bleiben. Er hatte einen Fehler gemacht, der nicht hätte passieren dürfen und es war Reis Aufgabe als Arzt ihn aufzuklären und zu belehren. Außerdem waren sie Freunde und der Chinese wollte sicherlich nur das Beste für ihn. Eigentlich konnte Kenny froh sein, dass es kein Fremder war, der ihn nicht kannte und sonst was von ihm gehalten hätte. Der kranke Ausländer, zu dumm, um ein Kondom überzustreifen und womöglich Chinesinnen verführte und ansteckte. Eine fürchterliche Vorstellung! Purer Horror.

„Wie bezahle ich dich? Ich habe noch gar niemandem meine Versichertenkarte gegeben“, fiel Kenny nun ein.

Rei schmunzelte: „Gar nicht. War ein Freundschaftsdienst.“

„Nein, wirklich. Ich möchte mich bei dir entgeltlich zeigen.“

Der Chinese fuhr sich unters Kinn, überlegte: „Ich habe einen neuen iMac, ein neues Netzwerk und kenne mich damit null aus.“

„Ich habe Zeit. Wo wohnst du?“

Rei schaute auf die Uhr und lächelte: „Ich habe seit gut zehn Minuten Feierabend, wir können sofort gehen.“
 

Kai war ein ungeduldiger Mensch. In Bewerbungsgesprächen war das seine Schwäche Nummer eins, die er gut als einen positiven Charakterzug zu verkaufen wusste. Aber im realen Leben trieb er damit sich und seine Umwelt in den Wahnsinn. Er lief jetzt bestimmt zum hundertsten Mal durch die ganze Wohnung und schaute aus jedem Fenster heraus. Er wusste, dass es oft später wurde, trotzdem war er bisher nicht in der Lage gewesen sein Gemüt etwas abzukühlen, nein, er lief jedes Mal wie ein verrücktes Huhn durch die Gegend.

Endlich hörte er den Schlüssel im Türschloss und mit einem überlegenen Lächeln auf den Lippen positionierte er sich im Türrahmen. Doch als die Tür aufgezogen wurde, sollte ihm das Grinsen schnell vergehen.
 

Rei ahnte nichts böses, als er zusammen mit Kenny in das hohe Appartementhaus schritt und Minuten später die Haustüre aufsperrte und aufzog. Er erstarrte und staunte nicht schlecht bei dem Anblick, der sich ihm bot, geschweige denn, dass Kenny realisierte, was er sah.

Vor ihnen stand ein junger Mann in einem langen schwarzen Ledermantel. Nur mit dem Ledermantel. Kenny fand die Mimik des Mannes, den er kannte, aber bei Gott jetzt nicht zuordnen konnte, faszinierend. Sie wechselte von lasziv grinsend in ein überraschtes Augenweiten, dann in Erkenntnis und schließlich färbte sich die Haut rot und die Augenbrauen zogen sich zusammen und formten eine tiefe Zornesfalte. Es dauerte keine drei Sekunden und ihnen wurde die Tür wieder vor der Nase zugehauen.

Kenny erkannte jäh: „War das Kai???“

Rei neben ihm schien aus seiner Schreckstarre zu erwachen und sah ihn etwas blass an: „Äh, ja.“

„Was macht Kai halbnackt bei dir in der Wohnung?“ Kenny war noch zu irritiert, um die Bedeutung dieser Feststellung zu begreifen. Hallo? Kai war normalerweise vom Erdboden verschluckt und tauchte nur zu Beyblade-Turnieren auf. Sie hatten sich vor elf Jahren das letzte Mal gesehen.

Der Schwarzhaarige verstand die Frage allerdings nur zu gut und rang nach einer passenden Antwort, doch da fiel ihm ein: „Das weiß ich eigentlich auch nicht so genau.“

Mit fragendem Gesichtsausdruck öffnete er vorsichtig erneut die Haustür, als handle es sich um einen Raubtierkäfig. Nun, war es in gewisser Weise wohl auch.
 

Im kleinen Flur war zumindest nichts mehr von Kai zu sehen, doch noch während sie sich auszogen, roch Rei den signifikanten Duft von ausgemachten Kerzen. Verwundert huschte der Chinese in die Küche, wo auf dem gedeckten Esstisch zwei große weiße Kerzen standen, die noch leicht rauchten. Auf den Tellern lagen allerlei japanische Köstlichkeiten, alles Kaltspeisen, wie Rei es nach der Arbeit gerne hatte. In Reis Kopf arbeitete es wie wild. Er hatte etwas vergessen, oder?

Kenny stand hinter ihm und lugte neugierig in die große Küche und auf den romantisch gedeckten Tisch. Hatte Kai das gemacht?

Kaum wollte der Braunhaarige zu einer Frage ansetzten, hörte er hinter sich eine Tür zuschlagen und erkannte noch kurz Kais Silhouette, bevor der mit Rei in der Küche verschwand, deren Türe ihm vor der Nase zugehauen wurde.

„Eh... hallo?“ Verwirrt starrte er auf das dunkle Holz, drei Millimeter von seiner Nase entfernt.
 

„Hey! Nicht so grob!“ Rei machte einen Satz zurück, um von Kai Abstand zu gewinnen. Er hasste es herumgeschleift oder wie in diesem Fall –geschoben zu werden.

Kai schnaubte wie ein Stier, nun mit einem dunkelblauen Hemd bekleidet, dass nachlässig über einer schwarzen Jeans hing: „Was fällt dir ein einfach so unangemeldet hier mit jemandem aufzutauchen? Ausgerechnet heute?“

Rei wusste, er hatte etwas Wichtiges vergessen, doch sein Hirn war wie zugenagelt: „Äh, das ist Kenny und...“

„Das hab ich gesehen!“, unterbrach Kai ihn harsch.

„Und er war heute bei mir im Krankenhaus...“

„Toll!“

„Ich habe ihn behandelt und als Dankeschön richtet er meinen Computer ein“, erklärte der Chinese hastig.

„Und warum zum Henker rufst du nicht an? Du weißt schon, mit diesen kleinen Teufelsgeräten namens Handy.“ Kai war stinksauer.

Rei bewegte sich auf sehr dünnem Eis: „Ich wusste nicht, dass das nötig ist.“

„Ah ja?“

„Ich dachte, du bist heute gar nicht da“, wandte er vorsichtig ein und schaute zaghaft in die roten Augen vor ihm.

„Wie bitte?“, rief Kai aufgebracht, „Wer wollte denn, dass wir den Jahrestag feiern? Wer hat mich denn darum gebeten etwas vorzubereiten?“

Rei war perplex: „Jahrestag?“

„Ja. Heute ist der 23.“ Mit verschränkten Armen lehnte sich der Graublauhaarige gegen das Spülbecken und starrte strafend zu dem anderen, der plötzlich so blass schien.

„Scheiße! Das ist heute? Oh, verdammt, Kai! Das hab ich ja völlig vergessen!“

Rei betrachtete den sorgfältig gedeckten Tisch und holte sich das Bild von Kai im Türrahmen zurück ins Gedächtnis. Er verstand.

Zu Kais Unverständnis jedoch brach der Schwarzhaarige plötzlich in schallendes Gelächter aus.

„Was ist daran bitte jetzt so witzig?“ Er musste sich beherrschen, Rei nicht an die Gurgel zu springen.

Der krümmte sich buchstäblich vor Lachen: „Kai... es...es tut mir sooo leid.“

Dieser rümpfte miesepetrig die Nase, als der Chinese auf ihn zukam und kichernd vor ihm stehen blieb, Lachtränen in den Augenwinkeln. Der Graublauhaarige fand es einfach nur entwürdigend.

„Dass du das alles gemacht hast... und dieser einmalige Aufzug!“

Rei legte seine Hände an Kais Wangen, ignorierte dabei die böse funkelnden Augen geflissentlich, „Du kannst ja so süß sein!“

Jetzt reichte es ihm. Barsch schob der Graublauhaarige Rei von sich und stürmte aus der Küche, vorbei an einem verwirrten Kenny und ab ins Schlafzimmer.
 

Als Kenny die Küche mit drei Fragezeichen im Gesicht betrat, begann sich Rei wieder von seiner erneuten Lachattacke zu beruhigen.

„Was war das?“

„Ach, Kenny, das ist eine sehr lange Geschichte“, gluckste der Schwarzhaarige weiter.

Der Japaner wusste nicht, wie er es formulieren sollte: „Das sah recht... eigenartig aus. Und was war das mit Jahrestag? Nicht, dass ich gelauscht hätte, ihr ward nur so laut, also...“, beteuerte er hektisch.

Rei winkte ab: „Schon gut. Komm, hilf mir kurz das Essen umzuschüsseln und es ins Wohnzimmer zu schaffen.“
 

Als die Beiden letztendlich auf der rostbraunen Eckcouch saßen, begann Rei zu erklären:

„Vor zwei Jahren wurde ich zu einer Hausgeburt zusammen mit einer Hebamme im Hafen bei den ganzen Hausbooten gerufen. Ein reiches Pärchen, ihr zweites Kind. Um zu dem hintersten Boot zu gelangen muss man über Stegbrücken, die über die anderen Boote führen und wie es der Zufall wollte, bin ich an diesem verregneten Tag ausgerutscht und vor die Kajüte des Bootes gefallen, in dem Kai wohnte. So haben wir uns wieder getroffen. Und seit gut 1 1/2 Jahren sind wir jetzt zusammen.“

„Wie zusammen?“ Er musste das jetzt falsch aufgefasst haben.

„Ein Paar.“ Rei sah das alles nicht so eng.

Kenny verschluckte sich allerdings an seiner eigenen Spucke und musste heftig Husten.

„Geht’s wieder?“, fragte der Schwarzhaarige etwas besorgt.

„Ja“, röchelte Kenny, „ihr seid schwul?“

„Na ja, ich würde mich eher als hetero+Kai bezeichnen. Ich habe nie Interesse an anderen Männern gehabt und bis heute nicht. Nur Kai.“

„So etwas gibt es doch nicht“, beharrte Kenny.

„Na gut, dann bin ich eben bi. Aber Kai ist definitiv bi, auch, wenn er es nicht zugibt, die feige Eule“, kicherte Rei, dem wohlweislich bewusst war, dass Kai lauschte.

Prompt landete auch ein Kopfkissen an seinem Kopf: „Erzähl keinen Scheiß.“

„Kai!“ Kenny hatte ihn zuvor nicht bemerkt.

„Hey! Nicht so grob mit meinem Lieblingskopfkissen“, beschwerte sich Rei augenblicklich.

Sein Freund brummte nur: „Das du dich noch traust.“

„Was machst du denn in Hong Kong, Kai?“ Kenny war die Situation etwas zuviel.

Der ehemalige Teamleader ging gerne auf die Frage ein, während er sich auf den Sessel gegenüber setzte: „Ich arbeite für drei Jahre bei Porsche als Vertriebsmanager hier in Hong Kong. Eins habe ich noch vor mir, dann geht es womöglich wieder zurück nach Deutschland.“

„Wow. Deutschland? Wo? In die Autostadt?“ Das war ein faszinierender Lebensweg.

Kai schüttelte den Kopf: „Nein. Hannover. Zu den VW Nutzfahrzeugen.“

„Hm, nicht schlecht. Läuft das Geschäft gut?“

„Ja, geht ganz gut. Und was ist mit dir?“

„Ich arbeite für Apple. Ich bin dieses Jahr hier im Marketing tätig, danach mal sehen, wo es mich hinführt.“

Kai nickte, ehe ihm einfiel: „Warum bist du im Krankenhaus gewesen?“

„Tja, ähm...“ Die Frage musste ja kommen.

„Weil er krank war“, antwortete Rei stattdessen.

„Nein, wirklich?“, hakte Kai sarkastisch nach.

„Wirklich, Kai. Lass ihn in Ruhe.“ Rei klang sehr ruhig und standfest.

Kai schlug die Beine übereinander: „Hey, ich bin halbnackt in der Tür gestanden. Das ist doch das mindeste, was ihr mir sagen könnt.“

Der Braunhaarige fühlte sich plötzlich so heiß.

Der Goldäugige gab aber nicht nach: „Dafür kann Kenny nichts. Er braucht dir deswegen kaum seine Krankengeschichte erläutern.“

„Du weißt es ja auch“, meckerte Kai schlecht gelaunt.

„Ich bin ja auch Arzt und habe ihn behandelt.“

„Du bist Frauenarzt!! Ich sehe hier aber keine Frau!“, begehrte Kai auf, „Es war also ein reiner Freundschaftsdienst. Und weil es ein Freundschaftsdienst war, könnt ihr es mir genauso gut sagen.“

„Nein!“, knurrte es stur zurück.

Kenny atmete einmal tief durch. Was sollte es: „Ich habe Syphilis.“

Umgehend kehrte zwischen den zwei Streithähnen Stille ein. Während Reis Gesichtsausdruck weich wurde, starrte Kai den Jüngeren wie vom Blitz gerührt an: „Du verarscht mich.“

Als Kenny den Kopf schüttelte: „Ausgerechnet du hast dir die Kurtisanenkrankheit schlechthin eingefangen???“

„Kai“, kam es mahnend von seinem Freund.

„Es war ein blöder Zufall und es war nur eine Frau“, erklärte sich der Braunhaarige mit roten Wangen.

„Das sagen sie alle. Syphilis. Warum läufst du dann noch so munter rum? Geht es dir gut?“

„Es ist noch ein sehr frühes Stadium. Normalerweise wird es nicht so früh erkannt, aber in diesem Fall hatten wir Glück“, schaltete sich Rei fachmännisch dazwischen.

„Ah, also hast du doch damit gerechnet, dass etwas sein könnte. Was war es denn für ein Luder?“

„Kai.“ Langsam verlor Rei seine Geduld mit diesem unsensiblen Typ.

Kenny atmete noch einmal tief durch: „Es war eine Kollegin. Ich war neu und wusste nicht, dass sie so beliebt ist.“

„So kann man es auch ausdrücken“, sinnierte der Graublauhaarige leise, ehe er den Japaner wieder fest ansah: „Hauptsache es wird wieder. Der blöden Ziege solltest du was erzählen! Wo sind wir denn hier! Im Busch?“

„Du bist ganz schön aufbrausend geworden“, lächelte Kenny über das Verhalten des Älteren.

Schlagartig wurde Kai ruhig und beschränkte sich darauf mit verschränkten Armen vor sich hin zu brummen.

Rei quittierte das mit einem sanften Lächeln: „Ich würde vorschlagen, dass wir jetzt erst einmal diese leckeren Schweinereien, die Kai hier vorbereitet hat, essen und dass du dir dann den Computer anschaust, Kenny.“

„Klar, gerne“, antwortete dieser mit einem entspannten Grinsen.
 

„So, fertig.“ Zufrieden fuhr Kenny den Rechner runter und schaute zu Rei, der mit einem Stuhl schräg hinter ihm saß.

„War eigentlich kein Ding. Danke, dass du dir dafür so viel Zeit genommen hast.“

„Ach, schon okay. Es war nett euch mal wieder zu sehen.“

Kenny verließ mit dem Chinesen das Schlaf-/Arbeitszimmer und folgte ihm ins Wohnzimmer, wo Kai auf der Couch lag und fernsah. Als er die anderen Beiden sah, stellte er auf stumm: „Ihr habt ganz schön lang gebraucht.“

Kenny streckte sich genüsslich: „Solche Sachen nehmen immer entnervend viel Zeit in Anspruch.“

„Nochmals danke!“ Rei tat es ihm gleich und dehnte seine eingeschlafenen Glieder etwas.

„Kein Problem. Ich mach mich dann mal auf den Heimweg.“

„Es ist schon halb zwölf. Willst du nicht lieber bleiben?“, gab Kai zu bedenken.

„Oh, schon so spät?“

„Stimmt. Du hast doch gesagt, du wohnst fast am anderen Ende der Stadt. Da wäre es vielleicht wirklich besser du bleibst.“ Rei hatte das völlig übersehen.

Kenny hatte jetzt auch keine große Lust mehr stundenlang durch die Gegend zu tigern. Da war das Angebot schon recht verlockend.

„Wenn es keine zu großen Umstände bereitet?“

„Nein, keineswegs. Du müsstest halt auf der Couch schlafen.“ Freundlich sahen ihn die goldenen Augen an.

„Ich bin schlimmeres gewohnt.“ Er brauchte nur daran zu denken, wie oft er schon am Schreibtisch eingeschlafen war. Eine Couch war dagegen reinster Luxus.

„Gut. Ich bring dir noch Bettzeug.“
 

Keine halbe Stunde später lag Kenny im dunklen Wohnzimmer auf dem bequemen Sofa und dachte noch einmal über den Tag nach. Es war gut gewesen, dass er ins Krankenhaus gegangen war. Es stellte sich zwar heraus, dass er sich eine gefährliche Geschlechtskrankheit eingefangen hatte, aber glücklicherweise war sie so rechtzeitig erkannt worden, dass er nach zwei Wochen Antibiotikum wieder kerngesund sein konnte. Der unangenehmste Part, es seiner Kollegin mitteilen zu müssen, kam zwar noch auf ihn zu, aber insgeheim beschloss er, es auf eine sehr gemeine Art und Weise zu machen. Wenn sie keine Scheu hatte vor der ganzen Mannschaft zu zeigen, dass sie mit allen schlief und kein tabu daraus machte, warum sollte er es dann mit seiner Krankheit anders machen? Man merkte es selten, aber Kenny gehörte durchaus zu der Sorte Mensch, die sich gerne für ausgleichende Gerechtigkeit einsetzte, wie er sein Rachebedürfnis dann und wann umschrieb.

Rei und Kai wieder getroffen zu haben, war ein glücklicher Zufall. Sie hatten sich schon ein Jahrzehnt lang aus den Augen verloren und trotzdem fühlte es sich an, als wären keine drei Monate vergangen. Freilich hatte sich viel verändert und sie hatten sich alle weiterentwickelt, aber dennoch. Er sollte wirklich zusehen, dass sie diesmal in Kontakt blieben. Wenn Tyson erfuhr, dass Kai eine Beziehung mit Rei führte... dieser Gesichtsausdruck wäre sicherlich göttlich. Allerdings hatte er selber auch nicht schlecht aus der Wäsche geguckt. Aber die Zwei schienen sich wirklich sehr zu mögen. Seltsam wo das Leben die Menschen so überall hinbrachte. Letztendlich zählte nur, dass es allen gut ging. Und nach dem morgigen Arbeitstag würde es Kenny wieder ein Stück besser gehen...
 

Unterdessen kuschelte sich Rei neben Kai in die Kissen. Dieser lag mit dem Rücken zu ihm und spielte schlafen. Doch der Schwarzhaarige ließ sich nicht so leicht vergraulen:

„Hey, es tut mir echt leid, dass ich das alles vergessen habe. Kannst du mir verzeihen?“

Anbiedernd schmiegte er sich an Kais Rücken, umarmte ihn und strich langsam mit dem Zeigefinger kleine Kreise auf Kais warmen Bauch, der bei der Berührung empfindlich zusammenzuckte. Ein Zeichen dafür, dass der Graublauhaarige nicht mehr böse zu sein schien. Ansonsten würde gar nichts an ihm reagieren. Wie zur Bestätigung drehte Kai sich plötzlich um und funkelte ihn mit seinen weinroten Augen herausfordernd an:

„Was tust du, um dich bei mir für diese Schmach zu revanchieren?“

Rei spielte mit: „Ich habe dir einen Kenny mit einer recht interessanten Krankheit mitgebracht.“

Dafür erntete er ein leises Lachen: „Ja. Kenny mit Syphilis. Das glaubt uns doch keine Menschenseele.“

„Es erwischt aber auch den Falschen. Obwohl ich gar nicht glaube, dass Kenny so unschuldig ist, wie er tut. Er ist halt auch erwachsen geworden.“

„Ob wir ihm eine Ming-Ming CD als Trost schenken sollten?“ Kai konnte einfach nicht aufhören sich über ihren damaligen ach so prüden und schüchternen Chef lustig zu machen.

„Wahrscheinlich ist er ein kleiner Herzensbrecher. Er ist ja ganz ansehnlich, vor allem wenn man mal seine grünen Augen erhascht“, sinnierte der Chinese, während er mit einer grauen Haarsträhne spielte.

„Na na, was sind denn das für Töne?“, grinste Kai, „Aber ich denke, du bist mir trotzdem noch etwas schuldig.“

Mit diesen Worten pinnte er Reis Hände hinter dessen Kopf und legte sich auf ihn. Die goldenen Augen glitzerten ihn leicht verschleiert an, als ihm etwas siedendheiß einfiel: „Haben wir uns nicht am 24. März wieder getroffen?“

„Ja, genau. Deshalb bleibt uns auch nur noch eine Minute um reinzufeiern“, hauchte Kai mit heiserer Stimme an seinem Ohr.

„Ach, du...!“ Die fordernden Lippen auf den seinen erstickten Reis Schimpftirade jäh.
 

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Der Impuls für diese FF^^.

Über Kommentare würde ich mich freuen!
 

Bye
 

Minerva 

Just Joy

JUST JOY
 

Diese Passage widmet sich ausschließlich dem Wiedersehen.
 

Enjoy reading!
 

Es war seine erste Arbeitswoche als fertiger Facharzt für Frauenheilkunde und bei Gott, Rei hatte schon einiges hinter sich, aber an diesem Tag sollte er seine Grenzen erreichen. Es war Donnerstagabend und er konnte sich erinnern das letzte Mal am Dienstag geschlafen zu haben. Nach Doppelschichten und Schlafentzug stand er nun am Hong Konger Hafen im Regen.

Er zog seinen Mantel enger um die Schultern und starrte böse auf die grauen Wolken über ihnen, bevor er der Hebamme so schnell er konnte hinterher eilte. Sie waren zu einer Hausgeburt auf einem der Hausboote gerufen worden. Die ursprüngliche Hebamme hatte sich bei einem Autounfall einen Arm gebrochen und konnte nicht wie geplant kommen. Nun musste er als Arzt mit der Ersatzhebamme mitlaufen, damit sich das betuchte Pärchen auch ja sicher mit der fremden Geburtshelferin fühlte.

Hausgeburten waren meist unkompliziert und die Mütter hatten oft schon Erfahrung, aber wenn wirklich etwas schief lief, konnte die Versorgung im Krankenhaus einfach schneller und effizienter gewährleistet werden. Was so toll sein sollte ein Kind in den eigenen vier Wänden zur Welt zu bringen, war und blieb dem Schwarzhaarigen ein Rätsel. Vielleicht lag es daran, dass er als Arzt einfach eher die Risiken sah, die dabei entstehen konnten.

Mit einem gequälten Stöhnen folgte er der betagten und viel zu flinken Hebamme mit seinem schweren Arztkoffer über die Stege, die knapp über die anderen Hausboote führten. Der Regen peitschte ihm erbarmungslos ins Gesicht, obwohl er mit einem Arm versuchte sich davor zu schützen.

Wenn Rei gedacht hatte, schlimmer könne es nicht mehr kommen, wurde er nun eines besseren belehrt. Er hetzte zielstrebig auf das letzte Boot zu und übersah eine glitschige Stelle am Boden, trat drauf und verlor plötzlich den Halt. Sein Fuß rutschte nach rechts weg und Rei fiel mit voller Wucht fast zwei Meter tief auf das Deck eines Hausbootes.

Im ersten Moment verschwamm alles vor seinen Augen, bis ein gewaltiger Schmerz durch seine Glieder zuckte. Stöhnend wand sich Rei vorsichtig und stellte fest, dass er mit dem Rücken auf einer Sitzlandschaft gelandet war. Die weichen Polster waren zwar mit einer durchsichtigen Schutzhülle überzogen worden, aber er war sanft genug gelandet, um sich nicht ernsthaft verletzt zu haben. Erst jetzt bemerkte er, dass er den Arztkoffer hoch in die Luft hielt. Na, wenigstens dem ist nichts passiert!

Mühsam drehte er sich auf den Bauch und schaffte es zumindest auf allen Vieren zu stehen, was nicht so einfach bei dieser nassen und dadurch wabbligen und rutschigen Schutzfolie war.

Rei hatte während seines Manövers nicht bemerkt, dass jemand auf Deck gekommen war und zuckte dermaßen zusammen, als er eine Stimme hörte, dass er vorne davonglitt und wieder auf seinen Ellenbogen aufkam.

„Ist Ihnen etwas passiert?“, hörte er die Stimme in fürchterlichem Chinesisch sprechen.

Mit den Händen den dumpf pochenden Kopf haltend, lugte Rei zu der Person. Er erkannte eine schwarze Stoffhose, ehe sein Blick langsam über das weiße Hemd, über die Krawatte und zu den roten Augen wanderte, wo sie irritiert innehielten.

„Rei? Bist du’s?“

Diese Stimme: „Kai?“

„Ich glaub es ja nicht!“ Mit zwei Schritten war der Mann neben dem Schwarzhaarigen und half ihm von der Sitzlandschaft, was sich als äußerst abenteuerlich herausstellte. Rei ließ sich mehr runterschleifen und wäre beinahe wieder hingefallen, hätten ihn die schlanken Hände nicht eisern festgehalten. Vollkommen neben sich und etwas verlegen, fand der junge Arzt erst jetzt Zeit sich sein Gegenüber genau anzusehen:

„Du bist es wirklich.“

Kai grinste ihn an: „Sicher. Ich dachte eigentlich immer, wenn Katzen runterfallen, landen sie auf den Beinen.“

„Ja, aber das liegt daran, dass Katzen bei so einem Scheißwetter gar nicht erst aus dem Haus gehen und sich solchen Umständen aussetzen“, lächelte Rei.

„KON! Das Baby wartet nicht auf dich!“, keifte eine strenge Stimme von den Stegen herunter.

„Was für ein Herzchen.“, bemerkte der Blaugrauhaarige trocken.

„Ja!“, rief der Schwarzhaarige genervt, bevor er wieder zu Kai sah: „Ich muss leider weiter.“

Erst jetzt bemerkten sie, dass sie sich immer noch an den Armen festhielten und ließen voneinander ab.

„Vielleicht hast du Lust mich zu besuchen, wenn du fertig bist“, schlug Kai vor, während sich der Chinese umständlich nach seinem Arztkoffer verrenkte, „Ich denke, es gibt viel zu erzählen.“

Rei strahlte ihn freudig an: „Ja, gerne. Ich weiß ja jetzt wo ich hin muss.“

„Na ja, du kannst auch gerne die Treppe nehmen.“ Kai deutete auf eine schöne Edelstahltreppe, die zu dem Steg führte.

Der Schwarzhaarige verzog gespielt beleidigt eine Grimasse: „Wo bleibt denn da der ganze Spaß?“

Kai hob grinsend die Hand, als Rei hastig zu den Stufen eilte, nur um ihm von oben noch mal mit einem fröhlichen Lächeln zuzuwinken.
 

Es stellte sich heraus, dass die ganze Hetzerei vollkommen umsonst gewesen war. Das Baby ließ noch geschlagene drei Stunden auf sich warten, obwohl eigentlich die Rede davon gewesen ist, dass es quasi mit dem Kopf schon halb draußen sei. Fehlanzeige.

Normalerweise war Rei nicht sehr zynisch, wenn es um seine Arbeit ging, aber der heutige Tag war dermaßen heftig gewesen, dass er mit seiner Geduld einen Punkt erreicht hatte, von dem er gar nicht gewusst hatte, dass er existierte. Umso erleichterter war er, als die Geburt die heiße Phase erreichte und das Baby, ein kleines Mädchen, endlich auf die Welt kam und er der Hebamme nicht mehr auf die Finger schauen musste. Schließlich war er nur auf Patientenwunsch hier, um Aufpass-Wauwau zu spielen.

Zufrieden und erleichtert überließ er das Weitere der Geburtshelferin und verabschiedete sich von dem Pärchen und ihrem dreijährigen Sohn, der mehr Lärm verursacht hatte, als das Neugeborene.

Es schüttete draußen in Strömen, es war bereits halb acht Uhr abends und er hatte einen langen Heimweg vor sich. Ja, er hatte jetzt frei! Einen ganzen Tag lang! Am Wochenende hatte er Bereitschaft, aber daran wollte er jetzt noch nicht denken.

Voller Vorfreude tapste er vorsichtig über den unberechenbaren Steg, als ihm etwas einfiel, das ihn innehalten ließ. Er hatte Kai versprochen, oder zumindest zugesagt, noch einmal vorbei zu schauen, wenn er fertig war. Rei wusste nicht, wie er sich entscheiden sollte. Er freute sich sehr, Kai wieder getroffen zu haben. Das war unwahrscheinlicher als ein Sechser im Lotto. Der Halbrusse neigte dazu vom Erdboden verschluckt zu werden und nur aufzutauchen, wenn er es wollte. Nachdem sie alle mit dem Beybladen als aktive Leistungssportler aufgehört hatten, also überhaupt nicht mehr. Und nun war er hier in Hong Kong. Auf just dem Hausboot, auf das Rei ausversehen gestürzt war. Nein, er musste noch einmal reinschauen. Nachher war Kai nur noch heute dort und er hätte diese rare Möglichkeit den anderen zu sehen, verpasst.

Etwas übervorsichtig ging der Schwarzhaarige die Treppe zum Deck des Bootes hinunter, schaute in das Licht, welches die Kajüte erhellte. Sogar eine Klingel hatten die hier auf den Luxusbooten, dachte sich Rei, während er auf den kleinen Knopf drückte, woraufhin sogleich ein lauter Glockenklang zu hören war. Es dauerte keine dreißig Sekunden und Kai zog die weiße Tür auf:

„Ich dachte schon, du kommst nicht mehr.“

„Ich auch. Das Kind wollte nicht so recht auf die Welt kommen“, seufzte der Chinese, als er eintrat und seinen durchnässten Mantel und Arztkoffer neben der Tür ablegte.

„Nachvollziehbar. Was möchtest du trinken?“ Kai ging voraus in etwas, das wie eine große Lounge mit Bar, die ein Wohnzimmer mit Küche darstellen sollte, wie man am riesigen Flat-Screen erkennen konnte, aussah.

„Wenn du Rotwein hast, sag ich nicht nein.“ Erschöpft setzte sich Rei auf die runde Sofalandschaft, ähnlich der, auf die er draußen gefallen war.

„Du bist also Gynäkologe“, schloss Kai, als er sich mit zwei Gläsern und einer Weinflasche neben ihn setzte.

„Ja. Es ist meine erste Woche als fertiger Facharzt. Und das meine ich in beiderlei Sinn.“ Dankbar nahm der Schwarzhaarige das Glas entgegen.

„Arzt sein stelle ich mir auch fürchterlich anstrengend vor. Wie bist du denn dazu gekommen?“

„Studium.“

„Wow.“

Lächelnd blickte Rei in die roten Augen, die ihn musterten, und er erkannte in ihnen tatsächlich Freude darüber, dass er hier war. Eine nette Abwechslung.

„Auf dass wir uns wieder getroffen haben!“ Mit diesen Worten prostete der Schwarzhaarige Kai zu, der hinzufügte: „Und dass Katzen auch mal auf die Schnauze fliegen!“

„Sehr komisch“, Rei trank einen guten Schluck, „Hmm, der ist gut. Was ist das für einer?“

„Ein Fränkischer.“ Kai stellte sein Glas zurück auf den runden Tisch vor ihnen und lehnte sich entspannt zurück, ihn nicht aus den Augen lassend.

„Aus welchem Land?“, fragte Rei verständnislos. Er hatte noch nie etwas davon gehört.

„Aus Deutschland.“ Der Graublauhaarige funkelte ihn fast herausfordernd an.

„Und wie kommst du an einen deutschen Wein?“

„Indem ich in eine deutsche Vinothek gehe.“

Rei lehnte sich zurück: „Dann erzähl mal, was du die letzten Jahre gemacht hast.“

„Ich habe in Deutschland BWL studiert, dann in einem Porschezentrum gearbeitet und mich im Vertrieb etabliert. Jetzt haben sie mich vor einer Woche hergeschickt, um den Verkauf anzuheizen.“

Rei hob eine Augenbraue: „Vertrieb? Was machst du? Die potentiellen Käufer solange bedrohen bis sie das Auto mitnehmen?“

„Das Gute an einem Porsche ist, dass er sich oft fast von selbst verkauft. Deswegen möchte ich nach Vertragsende zurück nach Deutschland und VW Nutzfahrzeuge vermarkten. Das ist in der Branche die Königsklasse, was den Vertrieb angeht. Da sind nur die besten Vertriebler erfolgreich.“

Kai beobachtete, wie Rei müde versuchte ein Gähnen zu unterdrücken, was ihm im Endeffekt doch nicht gelingen wollte.

„So öde ist meine Arbeit auch nicht“, kommentierte er amüsiert.

Rei lächelte müde: „Tut mir leid. Ich habe seit Dienstag nicht geschlafen. Wie hat es dich nach Deutschland verschlagen?“

„Ich konnte die Sprache. Die Unis sind gut. Nach Amerika wollte ich nicht.“ Er zuckte mit den Schultern.

„Und ist es schön dort? Warst du auf dem Oktoberfest?“

„Ich habe fast zwei Jahre in München gelebt und ja, das Land ist schön, die meisten Leute auszuhalten.“

„Das ist in jedem Land so“, grummelte Rei über diese Kai-typische Antwort.

Dieser verzog nur die Lippen zu einem Grinsen: „Und wie kommst du nach Hong Kong? Ist Mariah auch bei dir?“

Der Schwarzhaarige trank sein Glas aus, dass ihm sogleich nachgefüllt wurde: „Ich habe in Peking studiert und in der Uniklinik gearbeitet. Als ich die Chance hatte, meinen Facharzt woanders zu machen, habe ich sie ergriffen. Und was Mariah betrifft... ich wusste gar nicht, dass du das mit uns weißt?“

Kai zuckte mit den Schultern: „War nicht zu weit hergeholt.“

„Hm... Auf jeden Fall waren wir zusammen, haben zusammen Medizin studiert und dann sind wir zusammen übereingekommen, dass es nicht mehr funktioniert. Der Grund, warum ich weg wollte.“

„Wieso?“, fiel Kai gleich auf, „wenn ihr beide zu dem Schluss gekommen seid?“

Reis Glas war schon wieder leer, als er nonchalant erklärte: „Na ja, nachdem sie mir gesagt hat, dass sie mich nicht mehr so liebt, habe ich beschlossen, dass es keinen Sinn mehr macht, sie an demselben Abend um die Hand zu bitten.“

Mit diesen Worten packte sich Rei die Weinflasche und schenkte sich und Kai nach, der diese Aussage mit einer hochgezogenen Augenbraue kommentierte: „Nett. Und seitdem hattest du keine Freundin mehr?“

„Nichts Festes, nein. Den Ärger handle ich mir so schnell nicht noch einmal ein. Und was ist mit dir?“

Der Graublauhaarige überlegte kurz, ob er darauf antworten wollte. Er mochte es nicht über seine privaten Angelegenheiten und Gefühle zu reden, aber es war schließlich nur Rei. Ein langsam recht betrunkener Rei.

„Bisher hatte ich das Pech, dass die Frauen, die mir gefallen würden, immer meine besten Freundinnen geworden sind und ich neben ihnen nur One-Night-Stands hatte.“

Der Chinese lachte unkontrolliert auf.

„Schön, wenn dich das so erheitert“, murrte Kai mit strengem Blick.

„Tut mir leid“, gluckste Rei weiter, „es ist nur so seltsam. Die Vorstellung, dass du eine beste Freundin hast... und dann auch noch für sie schwärmst!“ Rei brach erneut in Gelächter aus.

„Ich denke, du hattest genug Wein.“ Leicht beleidigt schenkte sich Kai den letzten Rest ins Glas und stellte die Flasche daraufhin auf den Boden.

Als er sich wieder beruhigt hatte, schaffte Rei es zu fragen: „Haben die Mädchen es denn nicht bemerkt? Wie viele waren es denn?“

Kai seufzte, als er in die goldenen, fragend guckenden Augen blickte: „Zwei. Eine in Wien, Sarah, und eine in München, Jasmin. Sie haben nie etwas gesagt, aber ich glaube zumindest Jasmin hat es gemerkt.“

„Jasmin. Süßer Name. Warum hast du es ihnen nie gesagt?“ Rei konnte sich schwer vorstellen, dass der Graublauhaarige nicht um das gekämpft hatte, was er wollte. Er war ja sonst auch nicht ins Boxhorn zu jagen.

„Warum soll ich etwas erzwingen, von dem ich sehe, dass es auf keinen Nährboden stößt?“

Rei lachte kurz auf: „So was! Wie kannst du nur so von dir eingenommen sein? Wie kannst du eine etwaige Liebe von dannen ziehen lassen, nur weil du meinst, der andere ist unveränderlich? Schon daran gedacht, dass es so etwas wie verborgene Gefühle gibt? Die berühmten Schuppen, die einem von den Augen fallen? Vielleicht wäre ja doch etwas daraus geworden.“

„Du bist betrunken. Ich hole dir etwas Wasser und etwas zu Essen“, meinte Kai ein wenig säuerlich.

Der junge Arzt bemerkte dies bestürzt: „Es tut mir leid, Kai. Ich wollte dich nicht angreifen. Ich...“

„Schon gut“, unterbrach der Rotäugige, bemüht das Thema abzuschließen.

„Okay“, gab Rei ungewohnt reumütig von sich. Da traf er Kai mal und vergraulte ihn prompt.
 

Kai kam nach kurzer Zeit des Schweigens mit zwei Käse-Sandwichs und einer Flasche Wasser zurück und konnte sich ein Lächeln bei dem Anblick nicht verkneifen, als er den Schwarzhaarigen scheinbar schlafend auf der Couch wieder fand. Ganz leicht berührte er ihn an der Schulter: „Möchtest du nicht lieber in ein Bett?“

„Mhm mhm.“

„Das interpretiere ich jetzt mal als „Nein“.“

„Mhmm.“

Kopfschüttelnd suchte Kai eine Decke heraus, die er über Rei ausbreitete. Anschließend stellte er das Essen in den Kühlschrank und löschte das Licht: „Wenn du was brauchst, dann nimm es dir einfach.“

„Kai?“, kam es kaum hörbar von dem Chinesen genuschelt, „Ich bin sehr froh dich getroffen zu haben.“

Ein Lächeln zeichnete sich auf seinen Zügen ab, als Kai ehrlich meinte: „Ich auch.“
 

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Es ist nicht viel passiert, aber es ist ein Anfang.

Über positive und negative Kritik würde ich mich sehr freuen^^!
 

Bye
 

Minerva

Some Steps

SOME STEPS
 


 

Diesem OS widme ich der Sorge.
 

Enjoy reading!
 


 

Nach ihrem ersten „Treffen“ auf Kais Hausboot hatte es sich eingebürgert, dass sie sich jede Woche verabredeten, wenn ihre engen Zeitpläne es zuließen. Sie trafen sich auf dem Boot, um etwas zu trinken, in Reis Hochhausappartement, um etwas zu essen, in Cafés oder Parks. Sie redeten über Gott und die Welt und fanden allmählich gefallen daran, dass der jeweils andere problemlos folgen konnte.

Dabei stellte Rei fest, dass Kai ihm gegenüber zwar recht aufgeschlossen war, aber eigentlich immer noch ein grummelnder, kühl erscheinender und einzelgängerischer Typ war, der er schon als Junge gewesen ist. Aber der Schwarzhaarige störte sich viel zu selten an seiner Art, um den Kontakt mit seinem ehemaligen Teamkollegen nicht zu genießen.

An einem Abend hatte Rei Kai zum Essen eingeladen, weil er zu faul gewesen war, seine Wohnung zu verlassen. Er musste erst nächsten Abend wieder arbeiten und wollte sich gebührend ausruhen.
 

Sie unterhielten sich gerade über Angehörige einer von Reis Patientinnen, als Kai plötzlich ungewöhnlich blass wurde und der Chinese besorgt nachfragte: „Alles in Ordnung?“

„Hmm“, gab Kai von sich, stand auf und eilte aus der Küche Richtung Badezimmer.

Etwas perplex ließ der Schwarzhaarige seine Stäbchen sinken und ging ihm nach. Hinter der geschlossenen Tür nahm er eindeutige Würgegeräusche wahr: „So schlimm war mein Essen auch nicht.“

Die Antwort war ein gequältes Husten.
 

Wahnsinnig genervt und vor allem leidend, klammerte sich Kai ans Klo und übergab sich. Er hatte keine Ahnung, woher die Übelkeit so plötzlich kam, aber er wusste, dass es nicht am Essen gelegen haben konnte. Seit Tagen grassierte in seiner Abteilung eine Magen-Darm-Grippe und nun sah es ganz danach aus, als hätte es ihn ebenfalls erwischt. Ausgerechnet jetzt. Abgesehen davon, dass er es hasste Schwäche zu zeigen, war das Übergeben müssen nicht nur ekelhaft, entwürdigend und unangenehm, sondern auch überaus schlauchend. Er zitterte wie Espenlaub, sein ganzer Rachen brannte und es schien kein Ende nehmen zu wollen.

Als sich sein Magen endlich beruhigt hatte, wischte er seinen Mund mit Klopapier ab, spülte und blieb erst mal neben der Toilette hocken, zu erschöpft, um zu dem Waschbecken zu gehen. Rei, der die ganze Zeit über draußen gewartet hatte, drückte die Klinke herunter und entdeckte besorgt den aschfahlen Kai, der sich gerade weit weg wünschte.

„Magen-Darm-Grippe?“ Der Schwarzhaarige ging zum Spiegelschrank über dem Waschbecken und suchte etwas heraus, während Kai ein „Ja“ krächzte. Bewaffnet mit einer Spritze, Wasserbecher und Schüssel mit Lappen, kniete er sich vor den Graublauhaarigen, der ihn missmutig ansah:

„Es geht schon wieder. Du brauchst dich nicht um mich zu kümmern, ich komm gleich raus.“

Dummerweise ließ sich Rei nicht so leicht loswerden: „Mag sein. Ich gebe dir diese Spritze gegen Durchfall. Es gibt zwar auch Tabletten und Pulver zum Trinken, aber nachher wird dir wieder schlecht und es war umsonst.“ Mit diesen Worten reichte er Kai das Wasser, mit dem er seinen Mund ausspülte.

„Du willst mir dieses Ding jetzt in den Arm jagen?“, fragte er anschließend, die Augen auf die aufgezogene Spritze gerichtet.

„In den Arm oder den Po“, grinste Rei, „du kannst es dir aussuchen.“

Widerwillig krempelte Kai seinen Ärmel hoch und spürte sogleich kühle Finger um seinen Ellenbogen, als sich Rei vorlehnte, um im Licht des Flures die Vene zu finden. Misstrauisch beobachtete er, wie der Chinese die Nadel positionierte und zustach. Überraschenderweise spürte Kai nicht viel davon.

„Ich dachte, ihr Ärzte könnt nicht richtig Spritzen geben.“

„Es gibt auch viele, die das auf die Schwestern oder Arzthelferinnen abschieben, aber ich habe seiner Zeit an jedem geübt, der mir unter die Finger kam und außerdem mache ich das gern“, erklärte er, während er ein Pflaster auf die Einstichstelle klebte.

„Als kleine Rache für nervige Patienten?“

„Hmm, ich muss zugeben, manchmal kann das wirklich befriedigend sein“, grinste Rei, ehe er aufstand und die Sachen wegräumte.

Auch Kai stand etwas wacklig auf und krempelte sich den Ärmel wieder runter: „Danke. Ich gehe jetzt am besten nach Hause.“

Ein wenig neben der Spur, wollte Kai sich seine Jacke holen, um endlich dieser vermaledeiten Situation zu entgehen, als ihm plötzlich schwarz vor Augen wurde.

„Hey, nicht so schnell!“ Reflexartig hatte Rei nach dem Graublauhaarigen gegriffen, hielt ihn von vorne unter den Armen fest und stemmte sich gegen den plötzlich bleischweren Körper, damit er nicht zu Boden sackte. Kai war unterdes nur kurz weggetreten und hielt sein Körpergewicht rechtzeitig wieder selber, sodass Rei sich nicht mehr überlegen musste, wie er ihn auf eine bequeme Unterlage verfrachtete.

Die roten Augen waren glasig und sahen ihn verwirrt an, ehe Kai begriff, was geschehen sein musste.

„Ich denke nicht, dass du in diesem Zustand nach Hause fahren kannst“, meinte der Chinese mit hochgezogener Augenbraue, den anderen immer noch an den Schultern festhaltend, da er befürchtete, Kai könne gleich erneut umkippen.

„Ich muss mich nur kurz ausruhen. Mit einem Taxi geht das schon.“ Er wollte sich von Reis Händen befreien und ins Wohnzimmer gehen, doch der junge Arzt wich ihm nicht von der Seite.

„Unsinn. Du kannst ja kaum gehen. Außerdem bist du ganz heiß und hast womöglich Fieber. Du bleibst hier.“

„Aber...“

„Kai! Sei doch nicht so stur. Ich bin immerhin Arzt.“

„Frauenarzt.“

„Arzt. Frauenheilkunde ist doch nur eine Spezialisierung. Außerdem weiß jeder normale Mensch, dass man sich in so einem Zustand ausruhen und nicht eine dreiviertel Stunde durch die Stadt tigern sollte, nur um in der Nacht alleine über rutschige Stege zu stolpern.“

„Ich bin keine Katze.“

„Nein, du hast einen Vogel!“ Damit zwang er Kai auf die Wohnzimmercouch, bevor er ins Schlafzimmer ging, um Decke und Kissen herauszusuchen.

Kai legte sich erschöpft hin und kam sich vor wie ein Kleinkind. Er wusste zwar, dass Rei recht hatte, aber es passte ihm ganz und gar nicht krank hier zu liegen und sich umsorgen zu lassen, gleich ob Rei nun Arzt war oder Metzger.

Rei hingegen hatte keinerlei Probleme mit der Tatsache, dass Kai krank geworden war. Ihm war es in seiner Assistenzzeit auch einmal passiert, dass er von jetzt auf gleich von einer Magen-Darm-Erkrankung heimgesucht worden war. Zu seinem Pech war das jedoch während einer OP passiert, aus der er rennen musste. Das Gelächter darüber klang ihm bis jetzt noch in den Ohren. Als wenn er etwas dafür gekonnt hätte.

Mit einer weichen Decke, Kissen und Thermometer kam der Schwarzhaarige zurück und als feststand, dass Kais Körpertemperatur 39,3 °C betrug, schien auch der einzusehen, dass er hier besser aufgehoben wäre.

„Warum auch noch Fieber?“

„Womöglich hast du dir noch andere Keime eingefangen, die sich über dein geschwächtes Immunsystem gefreut haben, sonst aber keine Chance gehabt hätten.“

„Dein patientenfreundliches Gerede in allen Ehren, aber ich bin nicht bescheuert.“

„Das wollen wir mal nicht auf den Prüfstand stellen.“

„ICH schon.“

„Ja, das mit dem „wir“ und „uns“ ist schon eine Arztmarotte. Als wäre die Frage: „Wie geht’s uns denn heute“ sinnvoll.“

Kai seufzte unzufrieden auf.

„Ich könnte dir eine Infusion verabreichen mit Elektrolyten und einem fiebersenkenden Mittel“, schlug der Schwarzhaarige enthusiastisch vor, „Außerdem könnte ich dir anbieten mit - oder auch ohne mich - in meinem Bett zu schlafen. Es ist groß und viel bequemer und geeigneter als die Couch.“

„Geeigneter für was?“

„Für so einiges, aber für dich vor allem zum Gesund werden.“ Rei zwinkerte ihm zu, als er aufstand, was Kais Gemütszustand nicht besserte.

„Ich bleibe hier.“

„Ich dachte, das hätten wir schon geklärt.“ Der Chinese blieb stehen.

„Ich meine, auf der Couch. Und eine Infusion will ich auch nicht.“ Der Graublauhaarige verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.

Der Anblick ließ Rei auflachen, bevor er ihn aufzog: „Meine Suppe ess’ ich nicht, nein, ich esse meine Suppe nicht.“

„Ach, leck mich doch!“

„Gerne, aber erst, wenn du wieder gesund bist. Das heißt, du lässt meine Behandlung, die übrigens kostenlos ist, über dich ergehen und ärgerst mich nicht weiter, sonst hole ich den Notarzt und lasse dich ins Krankenhaus einliefern. Und falls du denkst, eine Magen-Darm-Grippe sei dafür zu harmlos, so lass dir gesagt sein, dass ich auf patientenunfreundliche Weise genug im Petto habe, dass die dich nehmen. Außerdem habe ich viel Phantasie.“

Rei brauchte nicht in Kais Gesicht zu sehen, um zu wissen, dass er ihn in Grund und Boden geredet hatte, so bemerkte er jedoch auch nicht die Verlegenheit in den roten Augen.
 

Der Schwarzhaarige hatte in einem der Badschränke immer Vorräte an medizinischen Mittelchen, die normal Sterbliche nicht in der Hausapotheke führen durften und war schnell mit einem justierbaren Infusionsständer von 1,50 m samt Beutel und Spritze im Wohnzimmer. Flink und professionell legte er einen Zugang im linken Arm des Graublauhaarigen und spritze das fiebersenkende Mittel in den Infusionsbeutel. Tropfen für Tropfen rann die klare Flüssigkeit den Schlauch hinab und verschwand in Kais Blutbahnen.

Dem Schwarzhaarigen entging der überaus misstrauische Blick nicht: „Ich vergifte dich schon nicht.“

Kais Lippen verzogen sich zu einem müden Lächeln und seine Augen funkelten undeutbar, als er ehrlich sagte: „Danke.“

Rei erwiderte sanft: „Das mach ich doch gerne.“ Diese rubinfarbenen Augen zogen ihn immer noch in ihren Bann. Schon früher fand er sie faszinierend.

Ohne darüber nachzudenken, beugte er sich hinunter und gab Kai einen Kuss auf die Stirn. Erschrocken über seine eigene Handlung stand er daraufhin schnell auf, vermied Kais fragenden Blick und flüchtete fast aus dem Zimmer, während er meinte: „Ich räume noch die Küche auf und mach alles fertig. Es dauert ja noch, bis die Elektrolyte durchgelaufen sind.“
 

In der Küche musste sich Rei erst einmal an der Spüle abstützen. Er atmete tief durch, versuchte seine plötzlich weichen Knie zu ignorieren und das seltsame Gefühl in seinem Bauch zu ergründen. Er ahnte, dass es wohl kaum an einer aufkommenden Grippe liegen konnte, dafür fehlten die weiteren Symptome. Die andere Bedeutung solcher Empfindungen kam ihm in den Sinn, was sogleich ein Flattern in seiner Magengrube auslöste. Rei schüttelte energisch den Kopf, fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Nein, Fieber hatte er wahrscheinlich nicht. Er sollte wohl mal wieder ausgehen. Eine Frau kennenlernen, Sex haben, die Anspannung abbauen. Seine Abstinenz ließ ihn noch durchdrehen, wenn es so weiter ging. Er konnte sich schließlich nicht ewig wegen Mariah grämen. Das war immerhin schon gute vier Jahre her...
 

Kai war eingeschlafen, als er wiederkam. Er wusste einen kurzen Moment nicht, wie er reagieren sollte, ließ ein Lächeln dann doch zu, das sich bei diesem Anblick auf seinem Gesicht manifestierte. Der Beutel war leer und so machte sich der Schwarzhaarige daran die Sachen wegzuräumen und den Zugang abzumachen, wobei Kai trotz der vorsichtigen Entfernung der Nadel aufwachte.

„Rei?“, fragte er verschlafen.

„Die Infusion ist zu Ende. Du kannst gleich weiter schlafen. Wir müssen dich nur rüberbringen.“

„Hmm.“

Ungewöhnlich gefügig, dachte Rei. Er schmunzelte darüber, wie pflegeleicht der Graublauhaarige wurde, wenn er so müde war. Das musste er sich merken.

Er half Kai in sein Bett, wo er auch schnell wieder vom Land der Träume entführt wurde. Rei indessen beschloss, dass es besser für ihn wäre auf der Couch zu schlafen.
 

Kai schlief den nächsten Tag einfach durch und da es Sonntag war, stellte das mit seiner Arbeit auch kein Problem dar. Ungeachtet dessen, musste Rei um 17:00 Uhr seine Schicht im Krankenhaus antreten und hinterließ kurzerhand einen Zettel auf dem Nachttisch. Immerhin hatte er zurzeit nur einen Hausschlüssel da, weil der andere sich in seinem Krankenhausspind befand, und musste seinen ehemaligen Teamleader einsperren.

Als Kai wenig später aufwachte, gefiel es ihm nicht sonderlich zu erfahren, dass er wie ein Haustier in der Wohnung festsaß, andererseits fühlte er sich ohnehin zu matt, um nach Hause zu fahren. Daher nahm er Reis Hinweis auf den vollen Kühlschrank gerne an und aß ein wenig Hühnersuppe, die er in der Mikrowelle erwärmte, ehe er sich wieder ins Bett legte, um die Zeit wenigstens zur Erholung zu nutzen und morgen zur Arbeit gehen zu können.
 

Ein Geräusch weckte ihn aus dem Schlaf und es dauerte einige Augenblicke, bis er sich erinnerte, wo er war und das es wohl Rei sein musste, der die Haustür geöffnet hatte. Wie zur Bestätigung kam der Schwarzhaarige keinen Wimpernschlag später in das dunkle Schlafzimmer und ließ sich auf die andere Betthälfte fallen.

„Rei?“

Der junge Arzt zuckte ein wenig zusammen. Anscheinend hatte er Kais Anwesenheit vergessen, was diesen etwas verwunderte, geradezu irritierte.

„Ich wollte dich nicht wecken“, meinte dieser nach einer Weile der Stille mit einer seltsam kraftlosen Stimme.

Der Graublauhaarige zog die Augenbrauen zusammen und drehte sich zu dem Chinesen, der auf dem Rücken lag, den linken Arm über die Stirn geschlagen.

„Alles in Ordnung?“

Er sah, wie er den Kopf langsam von rechts nach links bewegte, ehe Rei fragte: „Fühlst du dich besser?“

„Rei“, Kai konnte genau so unnachgiebig sein, wie der Schwarzhaarige, „Was ist passiert?“

Statt zu antworten, zog sich Rei ein Kissen über das Gesicht. Durch dieses Verhalten beunruhigt, stützte sich Kai auf dem Unterarm ab und blickte auf Rei hinab. Nach einer ihm unendlich erscheinenden Wartezeit verlor er die Geduld und zog dem anderen schlicht das Kissen vom Gesicht und erschrak. Die sonst funkelnden Augen wirkten trüb und so niedergeschlagen, wie Kai es noch nie bei ihm gesehen hatte.

Rei wandte den Kopf zu ihm, als er begann zu sprechen: „Es gab einen Autounfall. Ein Mann fuhr mit seiner hochschwangeren Frau besoffen über eine rote Ampel und kollidierte mit einem Kühllastwagen. Die Frau kam zu uns mit schweren inneren Blutungen und wir mussten einen Kaiserschnitt machen, um die Babys zu retten und die Frau medikamentös behandeln, sie operieren zu können. Doch die Verletzungen waren zu schlimm. Sie verblutete uns auf dem Tisch und die Zwillinge... ich habe noch versucht sie wiederzubeleben, aber sie waren durch den schweren Aufprall beim Unfall und dem Blutverlust zu schwach. Sie starben mir unter den Fingern weg, während ihr verfluchter Vater mit ein paar Kratzern davongekommen ist und besoffen durch den Gang gegrölt hat, von seinen Rechten gesprochen hat, die ihm beschnitten würden, weil die Polizei zum Verhör gekommen ist. Der LKW-Fahrer liegt übrigens auch schwer verletzt auf der Intensivstation. Nur ihm ist nichts passiert.“

Der junge Arzt hatte die ganze Erzählung monoton heruntergeleiert und nun die traurigen Augen geschlossen: „Ich hätte die Babys oder die Frau retten können, wenn ich nur etwas schneller erkannt hätte, dass ich einen Kaiserschnitt machen muss. Aber ich wollte einfach nicht einsehen, dass ich nicht alle retten kann.“ Seine Stimme versagte.

„Ich bin sicher, du hast dein Bestes gegeben“, sagte Kai beruhigend, seine Bestürzung zu verbergen versuchend.

„Es war nicht genug“, presste Rei zwischen den Zähnen hervor, „es hat einfach nicht gereicht!“

Seine Fäuste ballten sich so fest, dass die Fingergelenke knackten und sein ganzer Körper spannte sich in dieser Verzweiflung zum Zerbersten an.

„Rei, du bist kein Gott, du bist ein Mensch und fehlbar. Deine Fähigkeiten helfen und die nächste Frau mit diesen Symptomen wird es schaffen, weil du gelernt hast, was du tun musst. Andere Ärzte ohne diese Erfahrung würden diesen Fehler vielleicht auch machen, oder einen anderen, der nicht weniger schwerwiegend ist. Und das sind dann die Ärzte, die das Leben schätzen und ihren Beruf gut ausüben werden. Es ist doch im jeden Bereich so.“

„Es sterben dabei Menschen! In welchem Bereich hast du das schon? Durch diese Autos, die ihr verkauft, tötet ihr höchstens“, spie Rei auf Kais Worte hin.

„Gäbe es nicht so Masochisten wie dich, würden viel mehr Menschen sterben, weil keiner da wäre, der ihnen wenigstens noch einen Hauch Hoffnung geben könnte. Du kannst nur davon lernen oder such dir einen anderen Beruf.“

Direkt starrten ihn diese verzweifelt glänzenden Augen an, ehe Rei mit den Händen über sein Gesicht rieb.

„Diese kleinen Babys... sie sind gestorben, kaum dass sie die Augen aufgemacht haben. Es waren zwei Mädchen, das ganze Leben hätte vor ihnen gelegen. Wo ist da die Gerechtigkeit? Warum passiert so etwas Schreckliches?“ Reis Stimme versagte jäh.

Er krümmte sich geradezu vor seelischen Schmerzen und Kai konnte nicht anders, als den Schwarzhaarigen kurz entschlossen in seine Arme zu ziehen. Fest umklammerte Rei ihn sogleich und presste sich Halt suchend an ihn, den Kopf in seiner Halsbeuge vergrabend. Kai sagte nichts mehr. Worte konnten diesen Schmerz einfach nicht lindern. So versuchte er den Schwarzhaarigen mit zärtlichem Streicheln über dessen Rücken zu trösten bis sich seine verkrallten Finger in seinem T-Shirt entspannten. Doch anstatt sich von ihm zu lösen, glich es nun eher einer sanften Umarmung, als sich Rei weiterhin an ihn schmiegte.

„Danke“, flüsterte er leise gegen seinen Hals, während Kai unbeirrt über seinen Rücken strich.

„Für nichts.“
 

Am nächsten Morgen befiel den Schwarzhaarigen auf einmal eine ungekannte Sehnsucht, die ihn sich ausstrecken und schließlich erwachen ließ. Seine Finger griffen ins Leere und es dämmerte ihm langsam, warum er das tat, was eine Welle des Kribbelns in seinem Bauch auslöste. Die Ereignisse des Vorabends verscheuchten dieses Gefühl jedoch wieder und er fühlte sich ausgelaugt und müde.

„Kai?“, fragte er, auf dem Bett sitzend, „Bist du da?“

Ein Blick auf den Radiowecker bestätigte ihm, dass es noch früh war, 6:30 Uhr morgens. Wahrscheinlich war Kai zur Arbeit abgehauen. Wut durchflutete Rei bei diesem Gedanken. Warum konnte dieser Sturschädel nicht auf ihn hören? Nachher überanstrengte er sich und lag wieder krank im Bett.

Doch die Wut verrauchte ganz schnell wieder, als er Kai ins Zimmer kommen sah: „Guten Morgen. Hab ich dich geweckt?“

„Nein“, na ja, indirekt vielleicht..., „Was machst du? Solltest du dich nicht noch ausruhen?“

„Mir geht es gut und ich fahre jetzt nach Hause, um mich umzuziehen. Ich habe meinem Chef gesagt, dass ich ein bis zwei Stunden später kommen werde. Mehr kann ich mir nicht leisten.“

Rei stand auf, die goldenen Augen skeptisch dreinblickend, blieb er vor ihm stehen.

„Hmm, tatsächlich. Du siehst gesünder aus als vorher.“

„Ich habe auch seit Jahren nicht mehr so lange geschlafen“, schmunzelte Kai.

„Na gut“, seufzte Rei theatralisch auf, „du darfst gehen.“

„Danke, Herr Doktor.“ Kai deutete eine leichte Verbeugung an und drehte sich um, als er meinte: „Wenn was ist, kannst du mich jederzeit anrufen oder zu mir kommen, okay?“

Überrascht von diesem Angebot ging Rei hinterher und blieb in der Haustür stehen, als sich Kai noch einmal zum Abschied umdrehte und ihn irgendwie seltsam – anders konnte Rei es nicht beschreiben – ansah.

„Danke. Das weiß ich zu schätzen.“ Und er wusste es zu schätzen, dass Kai ihn nicht auf die Sache im Krankenhaus ansprach, ihn fragte, wie es ihm geht, zurückhaltend war. Das hatte er immer an ihm gemocht und gehörte zu den grundlegendsten Unterschieden zu Tyson und Max.

„Gut.“ Rei wartete, dass Kai endlich ging.

„Gut.“ Der stand aber noch da.

„Tschüs.“ Kai hob letztlich die Hand zum Abschied und verschwand den Flur herunter.

„Tschüs“, murmelte Rei verwirrt zu sich selbst.
 

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So Magen-Darm-Grippen sind echt fies und tauchen wirklich manchmal schlagartig auf. Ist mir mal passiert -_- War ungut.

Reis Schicht betrug hier echt "nur" acht Stunden.

Man braucht vier bis fünf Jahre in Deutschland für den Facharzt in Gynäkologie.

Langsam wird es mit den Beiden^^.

Ja, es ist noch mehr eine FF, als OS, aber das wird sich ändern, sobald sie zusammen sind. Dann kommen zeitlich unabhängige Sequenzen aus ihrer Beziehung. Aber zwei Kapitel kommen noch mit "Zusammenhang"^^.
 

Über ein Statement würde ich mich sehr freuen!
 

Bye
 

Minerva

Fancy Faith

FANCY FAITH
 

Dieses Kapitel widme ich dem Vertrauen.
 

Enjoy reading!
 

Es war eine wunderbare Frühsommernacht und Rei saß satt und zufrieden auf der Couchlandschaft auf dem Deck von Kais Hausboot, wo sie zuvor gegrillt hatten und nun Wein tranken. Kai war gerade herein gegangen – wahrscheinlich ins Bad – während der Schwarzhaarige genüsslich am Weinglas hing und die Sterne bestaunte, die sich durch den Dunstschleier der Stadt kämpften und ihn anstrahlten. Doch er wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als ein typischer Nokia Tune die angenehme Ruhe zerstörte. Mit missmutig zusammengezogenen Augenbrauen starrte Rei auf das klingelnde und auf dem Tisch rumrutschende Handy. Anders als erhofft, hörte es jedoch nicht nach einer Minute auf und Kai war auch nicht in Sichtweite, um dem Lärm ein Ende zu setzen, sodass Rei der Geduldsfaden riss und kurzerhand an das fremde Handy ging:

„Hiwatari’s mobile phone. Kon.“

„Oh, wieder einer von Kais Liebhabern?“, sprach es vom anderen Ende der Leitung auf Englisch zurück. Definitiv weiblich und schlecht gelaunt.

„Äh, Entschuldigung. Ich habe deinen Namen nicht verstanden.“ Rei war von dieser „Begrüßung“ irritiert. Hatte er das richtig verstanden?

„Mein Name ist Jasmin Meerberger“, kam es etwas ungeduldig zurück.

„Jasmin? Aus München?“

Eine kurze Pause entstand, ehe die Frau antwortete: „Ja, genau die. Wer bist du?“

Es war klar herauszuhören, dass es sie verwunderte, dass ihm ihr Name ein Begriff war: „Rei Kon...“

Er kam gar nicht zu mehr, da es sogleich aus dem Handy fiepte: „Rei Kon? Der mit den wunderschönen goldenen Augen?“

„Äh, denke schon.“ Dieser Stimmungsumschwung war ja heftig.

„Kai hat ein Bild von euch im Wohnzimmer stehen. So ein Siegerbild von der ersten Beyblade-Meisterschaft.“

Was sollte er darauf antworten?

„Was war das eigentlich, was du am Anfang gesagt hast?“, fiel ihm wieder ein.

„Ach das. Vergiss es. Nicht so wichtig“, beschwichtigte sie schnell. Zu schnell. Also hatte er sich nicht verhört? Aber das war doch abstrus. Was hatte sie gemeint?

„Wo ist Kai eigentlich und was machst du in Hong Kong?“

„Kai ist gerade drin und ich lebe hier seit vier Jahren.“

„Was arbeitest du denn?“ Desinteresse konnte man ihr nicht unterstellen.

„Ich bin Arzt“, er befürchtete einen Fiepanfall, sollte er ihr eröffnen, dass er Frauenarzt war, „und du?“

„Tierärztin. Was für ein Fachbereich?“

Tierärztin. Warum überraschte es Rei nicht, dass Kai sich in eine Tierärztin verliebt hatte?

„Frauenheilkunde“, gab er nun doch zu.

„Echt?“, lachte sie. Es war ein belustigtes, angenehmes Lachen. Überhaupt klang ihre Stimme angenehm. Rei wäre zu neugierig gewesen zu erfahren, wie sie aussah.

„Warum findet das jeder lustig?“, fragte er verständnislos.

„Mein Frauenarzt ist kompetent und hässlich. Ich würde sterben, müsste ich mich vor so einen gutaussehenden Arzt legen.“

Ihre Schmeicheleien stimmten ihn skeptisch, aber sie hatte recht mit dem, was sie sagte. Die meisten Frauen, vor allem junge, schämten sich anfangs bei ihm. Aber im Krankenhaus hatten sie keine Wahl und werdenden Müttern, welche einen Großteil seiner Patientinnen darstellten, war das ohnehin ziemlich egal.

„Rei?“ Kais Stimme holte ihn wieder in die Realität zurück. Der Graublauhaarige hatte eine geschlossene Weinflasche in der Hand und sah ihn fragend an. Rei hielt ihm nur entschuldigend dreinblickend das Handy hin und erklärte:

„Es hat nicht aufgehört zu klingeln. Jasmin ist dran.“

Kai nahm ihm das Gerät ab und der Schwarzhaarige konnte deutlich das freudige Aufblitzen der roten Augen sehen, als er hineinsprach: „Hey Jazz!“

Den Rest konnte der Chinese nicht mehr verstehen. Kai redete Deutsch mit ihr und ging Richtung Reling, weg von Rei. Dieser war nicht davon begeistert ignoriert zu werden, auch, wenn er versuchte diese alberne Eifersucht zu verdrängen.

Jazz. Ein Spitzname. Sie kennt Kais Bilder in Kais Wohnzimmer. Hatte der Graublauhaarige nicht erwähnt, dass sie womöglich herausgefunden hatte, dass er was für sie empfand? Was war da dann vorgefallen? Anscheinend waren sie immer noch befreundet. Was hatte sie nur am Anfang gemeint?
 

Rei schrak regelrecht hoch, als Kai sich wieder ihm gegenüber setzte und es bemerkte: „Alles ok?“

„Ja, ja. Sorry, dass ich rangegangen bin.“

Kai winkte ab und öffnete die Weinflasche: „Solange das nicht zur Gewohnheit wird.“

„Sie scheint recht launisch zu sein“, begann Rei vorsichtig.

Kais Lippen verzogen sich zu einem Lächeln: „Sie ist mir einerseits ziemlich ähnlich, andererseits kann sie sehr enthusiastisch und mitreißend sein. Hat sie dich angehimmelt?“

„Vielleicht ein bisschen.“ Der Chinese sah in die rote Flüssigkeit in seinem Glas.

„Als sie das Bild von den Championchips gesehen hat, war sie vollkommen hin und weg von dir“, grinste Kai ihn an. Um eine leichte Verlegenheit zu kaschieren, griff Rei zu der neuen Flasche.

„Es musste ja eine Tierärztin sein“, schmunzelte er.

Kai hob eine Augenbraue: „Wie lange habt ihr eigentlich telefoniert?“

„Ach, eine Weile. Sie musste mir schließlich all deine Eroberungen aufzählen.“

„Jetzt tust du mir Unrecht. So viele waren es nicht.“ Er sah in die goldenen Augen und ahnte, dass Rei neugierig auf sein Privatleben geworden war, von dem Jasmin ein Teil war. Und ehrlich gesagt, war der Graublauhaarige auch überaus interessiert daran, was der andere so zu verbuchen hatte.

„Wie viele?“ Der Chinese vertrug nicht viel Alkohol, Enzym sei Dank, und er war gerade dabei sich mit seinem losen Mundwerk in eine heikle Situation zu begeben.

Kai legte den Kopf schief, schien zu überlegen.

„Das ist nicht dein Ernst?“ Baff beugte sich Rei nach vorne und starrte ihn an: „Sag nicht, du weißt es nicht mehr?“

„Hm, es müssten so um die sechzig gewesen sein“, meinte er leicht zweifelnd. Er hatte echt nicht mitgezählt. Es diente nur der Befriedigung und spielte für ihn danach keine Rolle mehr. Und das auf beidseitigem Einverständnis. Erinnern konnte er sich nur an diejenigen, die sein Herz gefangen nahmen, egal ob es sich dabei um Liebe oder Freundschaft handelte.

Rei hingegen war sprachlos.

„Schau mich nicht so an! Ich bin 26, was erwartest du?“ Die Art, wie der Schwarzhaarige ihn ansah, machte ihn ganz verrückt. Als hätte er ihm gerade erklärt eine Affäre mit der ganzen Stadt zu haben.

„Wie viele waren es denn bei dir?“

Oh je, durchzuckte es Rei, genau diese Frage wollte er vermeiden. Jetzt hatte er sich in die Nesseln gesetzt. Er musste ja fast antworten, schließlich hatte er es provoziert: „Wenigere“

„Wie viele weniger?“ Er würde jetzt ganz sicher nicht locker lassen.

„Na, so um die neunundfünfzigsechzigstel.“

Kai sah ihn kurz mit blankem Ausdruck an, ehe er zu begreifen schien: „Sag mir jetzt nicht, dass du nur mit Mariah geschlafen hast?!“

Reis ausweichender Blick sprach Bände. Kurz herrschte eine, für Rei peinliche, Stille, bevor Kai in herzliches Gelächter ausbrach.

Der Schwarzhaarige ertrank seine Scham im Wein.

Als er wieder Luft in den Lungen hatte, wandte er sich zu dem Chinesen: „Aber warum denn, Rei? Du bist den ganzen Tag von Frauen umgeben, schließlich bist du ihr Arzt, und schläfst mit keiner einzigen?“

„Man schläft nicht mit seinen Patientinnen“, murmelte er gegen sein Glas.

Dem Graublauhaarigen dämmerte noch etwas: „Warte, du hast doch vor deinem Facharzt mit Mariah Schluss gemacht, nicht?“

Rei nickte zaghaft. Nun war es Kai, der ihn völlig baff anstarrte: „Du hattest seit vier Jahren keinen Sex mehr? Seit du 23 warst?“

Wieder ein zaghaftes Nicken.

„Oh man. Und wie überlebst du das?“ Er lehnte sich zurück in die Lehne und beobachtete, wie der junge Arzt ihn daraufhin spitz ansah.

„Warum sollte ich das nicht überleben? Ich hatte viel zu arbeiten. Und das mit Mariah hat sich halt so ergeben. Sie war meine erste große Liebe und ich wollte sie heiraten. Als sie Schluss gemacht hat, war ich halt zu fertig, um mich auf was Neues einzulassen.“ Seine Stimme wurde immer verbitterter.

„Tut mir leid, dass das jetzt so unsensibel rüberkommt, aber... das war vor vier Jahren! Wer hat denn gesagt, dass es gleich eine Beziehung sein muss?“

„Ich!“ Mit diesem barschen Wort stand Rei auf und ging zur Kajüte.

Die Kälte in seiner Stimme und der verletzte Ausdruck in den Bernsteinaugen, ließen Kai innerlich zusammenzucken.

„Hey, Rei! Das war doch nicht böse gemeint.“ Er ging hinterher und fand den Schwarzhaarigen vor, wie er sich die Jacke anzog: „Wohin willst du?“

„Nach Hause.“ Seine Mimik war immer noch wie versteinert. Den Grauhaarigen erschreckte es, den anderen so zu sehen und die Erkenntnis, dass er daran schuld war.

Gerade als Rei an ihm vorbei durch die Tür gehen wollte, fasste er ihn kurz entschlossen an den Schultern und drückte ihn leicht gegen die Wand:

„Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht verletzen.“

„Lass mich los“, zischte Rei gefährlich, „ich hasse das.“

Ruckartig ließ Kai ihn los, trat einen Schritt zurück, hielt aber Blickkontakt. Die goldenen Augen verloren etwas an Kälte, doch strahlten sie weiterhin Widerwillen aus. Anders als erwartet blieb der Schwarzhaarige jedoch an Ort und Stelle stehen.
 

Er wusste, dass seine negativen Gefühle, diese arge Reaktion, durch den Wein ziemlich verstärkt wurden. Aber er fühlte sich schlichtweg ungemein deprimiert und frustriert. Er wollte einfach nur weg, nicht darüber reden müssen, was mit Mariah war, nicht analysieren, warum er unfähig war sich zu binden, warum ihm diese Sache so Nahe ging. Doch als er in diese rubinfarbenen Augen blickte, die ihn ehrlich entschuldigend und bang ansahen, wollten sich seine Beine nicht mehr vom Fleck bewegen.

Rei seufzte tief auf, als er sich umdrehte und wieder rein ging, sich auf die Couch im Wohn-/Küchenbereich setzte. Kai folgte ihm und der Schwarzhaarige fühlte sich an einen wilden Hund erinnert, so bedacht wie er sich dabei bewegte, die Augen aufmerksam auf ihn gerichtet, als würde er jeden Augenblick mit einem geworfenen Stein rechnen.

Erneut seufzte er auf und vergrub sein Gesicht in den Händen, massierte seine Schläfen:

„Tut mir leid. Ich vertrage keinen Wein. Bei Ärzten ist der Alkoholismus eine Berufskrankheit, ich sollte wohl nicht schon jetzt damit anfangen.“

„Wir machen das ja nur selten“, gab Kai von sich, während er sich neben Rei setzte.

„Für mich kam das so aus heiterem Himmel. Ich dachte wirklich es ist alles in Ordnung und dann sagt sie mir, dass sie mich nicht mehr liebt. Man sollte meinen nach vier langen Jahren hätte ich das abgehakt.“

„Was hat sie denn dazu gesagt, dass du ihr einen Antrag machen wolltest?“

„Oh, davon weiß sie nichts.“

„Warum?“, fragte Kai verständnislos.

„Warum hätte ich mir und ihr das antun sollen? Es war auch so schlimm genug, dass ich nicht mitbekommen hab, dass es für sie nicht mehr funktioniert. Auf ihren fassungslosen und mitleidigen Blick konnte ich verzichten.“

„Hm.“

„Was?“, wollte Rei gereizt wissen. Diese „Hms“ hatten immer etwas zu bedeuten.

„Ich finde, du hättest es ihr trotzdem sagen sollen.“

„Und das kommt von jemanden, der sich in seine besten Freundinnen verliebt und seinen Kummer in One-Night-Stands ertränkt, statt es ihnen zu sagen“, kam es barsch zurück.

„Ich denke wir sind jetzt quitt“, presste Kai aus zusammengebissenen Zähnen hervor.

Beschämt von seinen Worten, wich er den roten Augen aus, die ein gewisses Maß an Verletzung nicht vor ihm verbergen konnten.

„Um eines klarzustellen: Ich habe meinen Liebeskummer nicht bei anderen ertränkt. Ich habe einfach nur meine Sexualität ausgelebt. Die paar Male, wo ich das aus Frust getan habe, kann ich an einer Hand abzählen.“

„Und dazu brauchtest du immer jemanden? Schon mal was von „Handarbeit“ gehört?“

„Das ist unbefriedigend.“

„Orgasmus ist Orgasmus.“

„Bei mir eben nicht.“

„Was ist es dann?“ Rei konnte ein Schmunzeln nicht verhindern, als er zu Kai sah, der so viele Emotionen wie eine Marmorstatur verriet.

„Belassen wir es einfach dabei, dass es mir nicht reicht.“

Dem Schwarzhaarigen wurde noch etwas anderes bewusst: „Du hast dann ja noch nie mit jemandem geschlafen, den du liebst, oder?“

„Nein“, gab Kai zu und hätte sich dafür watschen mögen, dass Rei so leicht an alle Informationen kam, die er haben wollte. Das schaffte doch sonst nur Jazz und bei ihr purzelten die Tatsachen auch nicht so schnell über seine Lippen.

Rei hingegen versuchte das erst einmal zu verdauen, bevor er etwas dazu sagte. Er kannte es gar nicht anders, als jemanden in den Armen zu halten den er liebte und der ihn liebte. Er wollte es sich eigentlich nicht anders vorstellen. Das Gefühl dabei war zu berauschend und es tat ihm leid, dass Kai bisher nicht dieses Glück gehabt hatte.

Sein Mitleid darüber musste sich in seinen Augen widergespiegelt haben, denn Kai meinte sogleich etwas scharf: „Hör sofort auf mich zu betrauern! Dazu gibt es keinen Grund.“

Rei verkniff sich seinen Kommentar und fragte stattdessen: „Dann warst du bis jetzt zweimal verliebt?“

„Eigentlich schon.“

„Und uneigentlich?“

„Eigentlich auch.“

Sie schwiegen eine Weile und starrten ins Nichts, ehe Rei wieder etwas einfiel und er seine Neugier nicht mehr bremsen konnte:

„Als ich rangegangen bin, hat Jasmin etwas gesagt, dass ich nicht verstanden habe“, fing er an und analysierte dabei den Ausdruck in den Rubinen, „Sie fragte mich, ob ich wieder einer deiner Liebhaber sei.“ Gut versteckt, aber vor seinem geschulten Arztblick leider nicht gut genug, erkannte er ein kurzes Aufflackern in den roten Meeren vor sich. Kai wusste also, was sie damit gemeint hatte.

„Und warum hast du sie nicht gefragt?“, entgegnete er gelassen wie immer.

„Hab ich, aber sie hat abgewiegelt.“

„Dann kann ich dir auch nicht helfen.“

„Du lügst“, entfuhr es Rei erheitert.

„Wie bitte?“ Als hätte er etwas ganz und gar irrationales von sich gegeben, hob sich eine von Kais Augenbrauen verständnislos in die Höhe.

„Jetzt verarsch mich nicht! Ich sehe es in deinen Augen. Du weißt ganz genau, was sie meinte und du weißt, dass sie es mir nicht verraten würde.“

Kai biss sich auf die Zunge. Jedes weitere Wort würde ihn nur weiter in den Schlamassel bringen. Er hatte Reis Aufmerksamkeit und Scharfsinn letztlich doch unterschätzt. So sah er ihn einfach nur mit unbewegter Mine an und zuckte gleichgültig mit den Schultern.

Na gut, dachte sich Rei, dann würde er ihn eben aus der Reserve locken müssen.

„Bist du schwul?“, fragte er frech.

Leider hatte es nicht den gewünschten Effekt: „Ich denke, dass die vielen Frauen das anders gesehen haben.“

„Woher soll ich wissen, dass es wirklich Frauen gewesen sind?“ Er wagte sich auf dünnes Eis. Jederzeit könnte Kais Geduldsfaden, ob dieser dreisten Unterstellung reißen.

Doch leider hatte der Graublauhaarige bemerkt, dass Rei seine eigenen Worte nicht ernst nahm und spielte weiter mit: „Ach, komm schon Rei! Hast du keine bessere Taktik?“

„Wenn es nichts zu verheimlichen gibt, kannst du mir bestimmt erklären, was sie gemeint hat.“

„Könnte ich, aber ich mag nicht.“

„Angst?“

„Sturheit.“

Kai lachte kurz auf, als sich Reis Lippen zu einem Schmollmund verzogen: „Jetzt siehst du aus wie Tyson.“

„Ich hab dir auch so viel erzählt“, versuchte er es weiter schmollend wie ein Kind.

„Ich habe dich aber nicht dazu gezwungen.“

„Ah, dann bin ich also der Idiot hier?“

Kai schüttelte belustigt mit dem Kopf, ehe er scherzhaft meinte: „Man könnte ja fast glauben, du würdest es dir wünschen, ich hätte mit Männern geschlafen.“

„Hast du?“, schaltete Rei rechtzeitig, dieses seltsame Gefühl in seinem Bauch verbannend, was ihm vorzüglich gelang. Kai jedoch scheiterte damit, als ihn seine Körpersprache verriet und er unbewusst kurz den Saum seines Hemdes zwirbelte.

Ein überlegenes Grinsen breitete sich auf Reis Zügen aus. Anfangs verwundert, realisierte der Graublauhaarige, was seine Hand tat und legte sie still auf seinem Oberschenkel ab. Er hatte verloren. Sich selbst verraten durch eine unbedachte Bewegung. Man merkte, dass der Abtei-Drill lange zurück lag.

„Also?“, fragte Rei triumphierend.

Es sollte wohl ein böses Funkeln sein, doch stattdessen sahen ihn die roten Augen mehr beleidigt an, als Kai sich erhob und Richtung Ausgang ging.

„Wohin gehst du?“ der Schwarzhaarige stand ebenfalls auf.

„Raus.“

„Fliehst du?“

Er schaute genervt über seine Schulter: „Ich hole die Sachen rein.“

„Eine Ausweichhandlung.“

„Ein Akt des Ordnung Schaffens“, meckerte er sarkastisch.

Rei verschränkte grinsend die Arme vor der Brust, während er den anderen vom Türrahmen aus beobachtete.

Der bemerkte es unerfreut: „Du darfst gerne auch ‘nen Finger krumm machen.“

Provokativ hob der Chinese seinen Zeigefinger und bog ihn betont langsam ein.

„Du bist ein Idiot“, kommentierte Kai und ging mit Gläsern und Flasche bewaffnet an ihm vorbei.

„Und du bist bi“, stellte er nüchtern fest.

„Bin ich nicht.“

„Aber du hast mit Männern geschlafen.“

„Deswegen bin ich noch lange nicht bi und schon gar nicht schwul.“

„Ah, du gibst es also zu!“ Rei tat so, als hätte er die Entdeckung des Jahrhunderts gemacht.

Kai rollte mit den Augen.

„Wie würdest du es denn bezeichnen?“, bohrte der Chinese weiter.

„Als Experiment.“

„Und wie viele dieser „Experimente“ hast du gemacht und warum?“ Er war richtig in Fahrt.

Für einen kurzen Moment haftete sich Kais Blick an die leere Weinflasche neben sich und ein gedankliches Szenario, in dem diese nette und überaus harte Flasche Bekanntschaft mit Reis hübschen Köpfchen machte, spielte sich vor seinem geistigen Auge ab, ehe er durch die erneute Nennung seines Namens wieder zurück in die Realität geholt wurde. Innerlich tief aufseufzend, lehnte er sich mit dem Rücken an die Spüle und sagte mit Blick auf die neugierigen Katzenaugen vor ihm: „Es waren drei und ich war frustriert.“

„Hintereinander?“ Diese Frage konnte im Zweifelsfall zweideutig aufgenommen werden.

„Nein“, antworte er bissig.

Vielleicht sollte er nicht allzu sehr in die Tiefe gehen, dachte der Schwarzhaarige, als er zur nächsten Frage kam: „Warum warst du frustriert?“

„Aus einem sehr ähnlichen Grund, warum du Abstinenz hältst.“

//Liebeskummer also//, schoss es Rei durch den Kopf.

„Und du hast dann jedes Mal mit einem Mann geschlafen, wenn du Liebeskummer hattest? Als Rache am weiblichen Geschlecht, oder warum?“

Nun traf ihn doch der Waschlappen im Gesicht, als Kai die Beherrschung verlor: „Nein!“

„Hey! Der ist nass.“

„Wirst schon nicht zergehen“, fauchte der Graublauhaarige ungehalten und drehte sich zum Abspülen um.

Rei verzog das feuchte Gesicht: „Hat es wenigstens Spaß gemacht?“

„Probier’s halt aus“, knurrte er sauer.

„Nein, ich denke nicht. Außerdem frage ich nach deiner Erfahrung.“

„Da ich der Aktive war, war der Unterschied nicht zu immens. Und wenn du mir noch eine Frage diesbezüglich stellst, dann ertränke ich dich im Meer“, drohte er eindrucksvoll.

Rei verging es tatsächlich noch weiter zu stochern, obwohl er bezweifelte, dass Kai ihn so einfach klein kriegen würde. Schließlich hatte er neben dem Bladen zahlreiche Stile der Kampfkünste erlernt. Er konnte sich verteidigen. Aber er hatte mehr von seinem ehemaligen Teamkameraden erfahren, als er sich in seinen kühnsten Träumen ausgemalt hätte. Obwohl er zu anderen Menschen noch immer unbotmäßig kühl und verschlossen war, verhielt er sich zu ihm so, wie Rei es sich immer gewünscht hatte: freundschaftlich.

Ein Lächeln umspielte seine Lippen, als er einem Impuls folgte und hinter Kai trat, der weiterhin abspülte. Ohne darüber nachzudenken, schlang er seine Arme um den Graublauhaarigen, der prompt erstarrte.

„Danke“, meinte Rei leise, wobei er sein Kinn auf Kais Schulter legte, den Kopf gegen den des anderen gelehnt, wie eine Katze, die sich anschmiegte.

Kai wurde ganz anders.

„Für was?“, wollte er misstrauisch wissen, die Augen nach hinten gerichtet.

„Für dein Vertrauen“, flüsterte er ihm ins Ohr, nicht ahnend, was er bei dem Rotäugigen dabei auslöste.

„Du bist wirklich betrunken.“ Mit diesen Worten nahm der Graublauhaarige Reis Hände und löste sie von seinem Bauch, was dieser problemlos zuließ, und drehte sich um.

Die goldenen Augen funkelten ihn halb geschlossenen an, ein Lächeln auf den Lippen. Kai musste sich daran erinnern weiter zu atmen.

„Hm hm. Ich denke, ich sollte mir ein Taxi für nach Hause rufen. Du hast doch eine Nummer, oder?“, fragte er müde.

„Ja, im Handy.“

„Darf ich?“

„Du weißt ja, wie es geht“, gab der Graublauhaarige mit einem ironischen Unterton von sich.

Rei kommentierte diesen Kommentar mit einem schelmischen Grinsen.
 

Als Rei wenig später über die Stege verschwand und Kai zurück in die Kajüte ging, fuhr er sich schaudernd über die Arme. Die Gänsehaut, die der Schwarzhaarige ihm mit seiner Schmuseattacke verschafft hatte, endlich verjagend.
 

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Das Kapitel besteht aus Dialogen, ich weiß^^°.

Es wird langsam.

Zwischen den Beiden gibt es viel Konfliktpotenzial und viel Unausgesprochenes, aber ich denke, das ist auch in Ordnung so. Was meint ihr?
 

Über Kommentare würde ich mich sehr freuen!
 

Bye
 

Minerva

Coyly Curiousity

COYLY CURIOUSITY
 

Dieses Kapitel widme ich dem Gefühlschaos^^°.
 

Enjoy reading!
 

Es war bereits Anfang Juli und Rei hatte Kai seit über einem Monat nicht mehr gesehen. Nach dem Grillabend auf dem Hausboot hatten sie keine Zeit mehr gefunden sich zu treffen. Die Arbeit ließ ihnen keinen Freiraum und wenn, dann fanden sie auch auf keinen gemeinsamen Nenner.

Eines Abends sollte es sich allerdings ergeben, dass der Schwarzhaarige mit vier Kollegen aus dem Krankenhaus den Arbeitstag im Thermalbad ausklingen ließ.
 

„Hey Rei! Hast du Lust mit ins Freibecken zu kommen?“, fragte ihn einer seiner Kollegen, Kinay, ein Krankenpfleger.

„Nein, lass mal. Ich geh noch kurz in die Sauna. Dann komm ich nach.“

„Okay.“ Kinay winkte ihm zu und zog mit den anderen ab.
 

Als Rei mit einem Handtuch um die Hüfte in das Dampfbad ging, konnte er rein gar nichts erkennen. Heißer Dampf stieg von der Mitte aus auf und verwehrte die Sicht auf die andere Seite. Der Raum war viereckig, von Sitzgelegenheiten umrahmt und durch eine Trennwand von einem weiteren Raum abgegrenzt, der durch einen Rundbogen ganz rechts zu erreichen war.

Außer ihm schien keiner da zu sein. Kein Wunder eigentlich. Die letzte Woche war sehr heiß gewesen und die meisten Menschen suchten das Kühle, doch im klimatisierten Krankenhaus war es fürs Personal gleich, ob es draußen stürmte oder schönstes Sommerwetter herrschte.

Erschöpft legte er sich auf eine der Bänke, schloss die Augen und atmete den heißen Dampf tief ein. Allmählich schwanden das Surren in seinen Ohren, die Anspannung und der Stress der letzten Wochen. Seine sich schärfenden Sinne vernahmen dann auch ein Geräusch, ein Flüstern, dass aus der anderen Kammer kommen musste. Also war er doch nicht alleine hier. Der Schwarzhaarige wischte sich gleichmütig ein paar Strähnen aus der Stirn und streckte sich auf der Bank aus. Die anderen Menschen interessierten ihn nicht.

Doch als sich andere Geräusche dazu gesellten, wurde er argwöhnisch. Weibliches Gestöhne gehörte sicherlich nicht zu der Art von Eindrücken, die man in einer heißen Sauna erwarten würde. Als er realisierte, was sich auf der anderen Seite abspielen musste, öffneten sich seine Augen und starrten skeptisch an die Decke. Er war nicht prüde, aber Sex in der Sauna war nicht nur durch diese Hitze idiotisch, sondern auch wirklich daneben.

Sein Körper schien das allerdings anders zu sehen. Der fand diese Geräusche nämlich überaus anregend, wie Rei erschrocken registrieren musste. Hitze sammelte sich so schnell in seinem Unterleib, dass er gar nicht mehr dazu kam das Dampfbad zu verlassen, bevor er eine Erektion bekam. Wütend über das taktlose Pärchen und frustriert über den Verrat seines eigenen Körpers, rief er beim rausgehen laut: „Das ist ein öffentliches Thermalbad und kein Bordell! Sucht euch ein Zimmer!“

Das plötzliche Verstummen bestätigte ihm wenigstens, dass er gehört worden war. Zielstrebig und darauf achtend, dass man unter dem Handtuch möglichst nichts sah, ging Rei zum Kältebecken und stieg mit zusammengebissenen Zähnen hinein – mit Handtuch. Das eisige Wasser umschloss ihn mit tausenden Nadeln und es verging keine Sekunde bis seine Erregung abflaute. Das bestärkte den Schwarzhaarigen umso mehr den Entschluss, sich eine Freundin zuzulegen, endlich in die Tat umzusetzen. Die junge Anästhesistin Aliah, die ebenfalls mit ihnen hier war, wäre durchaus eine Option. Sie war nett, klug und hübsch. Was machte es schon, dass sie ein reiner Stadtmensch war? Sie lebten hier ja schließlich in einer....

Mit Gänsehaut auf jeder einzelnen Hautschuppe, stieg Rei wieder aus dem Becken, nicht ahnend, dass er jeden Augenblick wieder darin verschwinden würde. Denn der Anblick, der sich ihm bot, ließ ihm gar keine andere Wahl. Aus der Sauna, aus der er gerade gekommen war, kam nun ein Mann und als Rei ihn erkannte, duckte er sich automatisch wieder ins Wasser.

Er war sich sicher auszusehen wie der letzte Trottel, so wie er mit offenem Mund und ungläubig geweiteten Augen über die Ecke spähte wie ein Verbrecher, als zweifellos Kai an den kalten Duschen und ihm vorbeiging. Als der Graublauhaarige weg war, schüttelte Rei seinen Kopf, um wieder einen klaren Gedanken zu erhaschen und stieg hinaus. Kaum war er wieder im Trockenen, öffnete sich die Saunatür erneut und heraus trat eine junge Chinesin mit langen schwarzen Haaren, braunen Augen und roten Lippen. Sie war hübsch, aber nichts Besonderes. Sie zupfte ihr Höschen noch einmal zurecht und verschwand zu den Umkleidekabinen. Es gab kaum einen Zweifel daran, dass diese Frau gerade Sex an einem öffentlichen Ort mit Kai gehabt hatte. Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass er seinen Freund in einer Millionenstadt nach fünf Wochen in einem Thermalbad beim Sex erwischte? Wahrscheinlich genauso gering, wie sein Malheure vom Steg zu fallen und gerade auf dem Boot zu landen, das Kai gemietet hatte.
 

Etwas entnervt suchte der Schwarzhaarige das Männerklo auf, um sein pitschnasses Handtuch etwas unter dem Fön zu trocknen. Er konnte es kaum triefend in seinen Rucksack stecken.

Doch wie es der Zufall wollte, kam ein gewisser Graublauhaariger just in diesem Moment von den Duschen hereingeschneit.

„Rei!“

„Kai!“, rief auch er überrascht aus, den sarkastischen Unterton dabei nicht zurückhalten könnend.

Der Graublauhaarige schien es jedoch nicht zu bemerken, denn er fuhr erfreut fort:

„Das ist ja ein Zufall! Was machst du hier?“

„Baden.“ Etwas unsanft wrang er das nasse Handtuch fest aus, bevor er es unter den Händetrockner hielt, in der Hoffnung, dass es etwas bringen möge.

„Das liegt im Bereich meiner Vorstellungskraft. Und mit wem?“

„Ein paar Kollegen. Das Krankenhaus ist in der Gegend.“

„Gut zu wissen.“

Rei musterte den Graublauhaarigen unauffällig. Er war immer noch muskulös, aber nicht mehr ganz so extrem wie früher und von der Statur her einfach erwachsen und ausgereift. Die roten Augen sahen ihn erfreut an, die Lippen zierten ein freundliches Lächeln. Der Chinese wunderte sich darüber, dass er etwas an dem anderen suchte, das seltsam war, aber da war nichts. Nur ein junger Mann, der sich ehrlich über ihr Treffen freute.

Rei seufzte auf und erntete dafür einen fragenden Blick: „Was ist? Und was hast du mit dem Handtuch gemacht?“

Die goldenen Augen betrachteten Kai prüfend, ehe er neutral meinte: „Ich hab dummerweise vergessen es abzulegen, als ich ins Kältebecken gestiegen bin.“

Der Graublauhaarige nahm diese Information in sich auf: „Du warst in der Sauna?“

„Yepp.“ Rei zuckte unschuldig mit den Schultern.

Kai schien zu überlegen. Und das Resultat dieser Überlegung verursachte ein verlegenes Blinzeln und wäre seine Haut von der Hitze der Sauna nicht so gerötet gewesen, wäre Rei Zeuge eines äußerst raren Rotschimmers auf seinen Wangen geworden.

„Du warst es, der im Dampfbad geschimpft hat.“

„Bingo“, sagte Rei enthusiastisch mit einem zuckersüßen Lächeln.

„Oh je, das tut mir leid.“ Der Graublauhaarige sah tatsächlich etwas zerknirscht unter seinem nassen Pony hervor.

Der Schwarzhaarige war allerdings nicht in der Stimmung die Entschuldigung kommentarlos anzunehmen: „Es ist absolut unangebracht an so einem Ort Sex zu haben.“

Doch Kai ließ sich keine Standpauke halten: „Ach, komm schon, Rei! Hast du denn noch nie so etwas gemacht?“

„Doch, schon, aber nicht an einem Ort, wie diesen. Das ist unhygienisch und rücksichtslos. Habt ihr überhaupt verhütet?“

„Oh, jetzt kommt der Arzt zum Vorschein“, spöttelte er, „Ja, haben wir.“

„Mit was?“

„Mit einem Kondom“, grinste Kai schelmisch.

„War das geplant?“, fragte Rei. Er fand es auch jetzt noch nicht lustig, was der andere sich da geleistet hatte.

„Nein.“ Der Graublauhaarige machte sich einen Spaß daraus Rei aufzuziehen. Dieser verhielt sich aber auch zu köstlich.

„Trägst du ständig Kondome in der Badehose mit dir herum?“, wollte der Chinese verständnislos wissen.

„Ja.“ Kai funkelte ihn frech an.

„Aha.“ Rei schüttelte das nur mehr feuchte Handtuch: „War... interessant dich getroffen zu haben. Ich muss jetzt zurück. Die anderen wundern sich bestimmt schon, wo ich bleibe.“

Er ging, ohne weiter auf ihn zu achten, an Kai vorbei, der ihm hinterher rief: „Seit wann bist du denn so ein Moralapostel?“

Die Antwort kam in Form einer gehobenen Hand.
 

Kai blieb kurz unschlüssig stehen, ehe er wie geplant aufs Klo verschwand und anschließend wieder ins Bad zurückging und sich ins warme Wasser gleiten ließ. Sein Blick glitt durch die Halle, aber er konnte den jungen Arzt nirgends entdecken.

Es war nicht geplant gewesen, aber diese Chinesin hatte ihm schon an der Kasse Avancen gemacht und da hatte er kurzentschlossen ein Präservativ aus seinem Portemonnaie genommen und in die Tasche seiner Badeshorts gesteckt. Nachdem sie ihn dann erneut angeflirtet hatte, war er ohne weiter darüber nachzudenken mit ihr ins Dampfbad verschwunden, wo es dann auch einfach passiert war. Nie im Leben hätte er daran gedacht, dass er auf Rei treffen könnte, geschweige denn, dass ausgerechnet er diese Sache mitbekam. Auch hatte er nicht daran gedacht, dass in diesem Land anders über Sex gedacht wurde und er womöglich im Knast hätte landen können, wenn es jemand anderes mitgekriegt hätte. In Deutschland gab es zwar auch Ärger, aber normalerweise musste man da nur Geld bezahlen. Nicht, dass es ihn schon mal erwischt hätte... Er sollte sich wohl besser auch außerhalb des Büros ermahnen, dass er sich hier anderen Sitten und Moralvorstellungen unterzuordnen hatte. Und obwohl es eine Chinesin war, die ihn quasi verführt hatte, so würde eher er als Fremder bestraft werden, nahm er zumindest an. Aber China war in so vielen Dingen ganz anders als Europa oder die arabischen Staaten. Es war schwer einzuschätzen.

Allmählich schlich sich ein schlechtes Gewissen bei ihm ein. Nichtsdestotrotz sah er es nicht ein, sich erneut bei dem Schwarzhaarigen zu entschuldigen. Es war eine Blödheit gewesen und es reichte, wenn er das wusste.

Die Erinnerung an Reis Gesichtsausdruck, als er sich von ihm verabschiedet hatte, ließ ihn unzufrieden aufseufzen.

Es passierte wieder...
 

Rei unterdessen begab sich mit seinen Kollegen wieder zu den Liegestühlen, von wo sie einen prächtigen Ausblick über das ganze Bad genossen.

„So etwas sollten wir öfter machen“, seufzte Kinay entspannt.

„Auf einmal? Wer hat denn vorher geschrieen?“, zog ihn Xiaomeng, eine Hebamme in Ausbildung, auf.

„Pass auf, du darfst einen Mann doch nicht auf Fehler aufmerksam machen!“, scherzte die OP-Schwester Li.

Kinay verzog lediglich das Gesicht, was allgemeines Gelächter auslöste.

„Hilf mir, Rei! Die Hühner werden langsam ganz schön frech!“

Doch der schüttelte lächelnd den Kopf, während die Frauen weiter, auf Kosten des machohaften Krankenpflegers, diskutierten.

„Ist das nicht Kai Hiwatari, der Beyblader?“, rief Xiaomeng plötzlich aus und brachte alle zum Schweigen.

Sie sahen in die angedeutete Richtung und blickten auf einen jungen Mann mit graublauen Haaren, der am Beckenrand im Wasser lümmelte.

„Ich kenne mich mit den ganzen Beybladern nicht aus“, gab Kinay zu Protokoll.

„Das ist er doch, oder Rei?“, wollte die junge Frau ungeduldig wissen.

Aliah schaute verwundert zu dieser: „Woher weißt du das?“

„Mein kleiner Bruder ist ein begeisterter Blader“, erklärte sie, schaute dann wieder zum Gynäkologen: „Das ist er doch, oder?“

„Ja“, gab Rei geschlagen zu.

„Ihr ward doch in einem Team! Kannst du mich mit ihm bekannt machen oder mir nicht ein Autogramm von ihm besorgen? Mein Bruder würde ausflippen, wenn er noch ein Zweites von den Bladebreakers zum Geburtstag kriegen würde! Bitte!“

Etwas zweifelnd blickte er in diese großen grauen Augen, die ihn euphorisch und flehend anfunkelten.

„Wir treffen uns manchmal. Bei der Gelegenheit kann ich ihn ja mal fragen.“

„Warum denn nicht gleich?“, wollte sie nun hibbelig wissen. Man merkte, dass sie noch sehr jung und unausgereift war. Normalerweise bedankte man sich und forderte nicht noch mehr, aber Rei störte sich nicht daran, zu sehr war er durch seine früheren Reisen die verschiedensten Umgangsformen gewöhnt. Nicht so die anderen, die alle etwas tadelnd zu der Jüngeren sahen.

Der Schwarzhaarige wog die Möglichkeiten ab. Einerseits hatte er keine große Lust mit Kai zu sprechen, andererseits könnte er sich einen Spaß daraus machen, diese energiegeladene junge Frau auf den ruheliebenden Europäer loszulassen.

Ein diabolisches Grinsen formte seine Lippen, als er antwortete: „Du hast recht, wir könnten gleich gehen. Lass dir nur gesagt sein, dass er etwas ruppig ist und kaum Chinesisch kann.“

„Danke! Dann rede ich halt Englisch.“ Voller Tatendrang kramte Xiaomeng in ihrer Tasche herum, die neben ihrer Liege lag.

„Hast du was zu schreiben dabei?“ Die Anästhesistin sah mit krauser Stirn zu der Hebamme in spe.

„Ja! Ich habe ein weißes Stofftaschentuch und einen wasserfesten, schwarzen Stift. Das muss reichen.“

Rei stand auf und zu seiner Überraschung auch der Rest.

„Hast du geglaubt wir lassen uns dieses Schauspiel entgehen?“ Amüsiert zwinkerte Aliah ihm zu.

„Natürlich nicht.“ Mit diesen Worten gingen sie runter.
 

„Kai?“

Der Graublauhaarige hob überrascht den Kopf und war verwundert, als er eine ganze Meute Chinesen auf sich zukommen sah: „Ja?“

Rei sprach Englisch mit ihm, damit alle verstanden, was er sagte und redete dabei so sachlich mit ihm, als würde er ihm erklären, wie die bevorstehende OP verlaufen würde. Keine Spur von Sympathie schlich sich in die goldenen Augen.

„Das ist Xiaomeng. Sie hat dich entdeckt und mich gebeten sie dir vorzustellen. Sie hätte gerne ein Autogramm für ihren kleinen Bruder, der ein begeisterter Beyblader ist.“

Jetzt schaltete sich die Frau in Question ein: „Es wäre wirklich unglaublich nett, wenn Sie mir diesen Gefallen tun könnten!“

Fünf Augenpaare starrten ihn abwartend an, davon drei neugierig und eins strahlend:

„Okay. Und wo?“ Kai hievte sich aus dem Becken und stand nun vor der fast drei Köpfe kleineren Chinesin.

Aufgedreht reichte Xiaomeng dem ehemaligen Profiblader ein Handtuch, welches sie vorsorglich mitgenommen hatte, damit er sich seine nassen Finger abtrocknen konnte. Dann gab sie ihm Stift und Taschentuch, bevor sie sich umdrehte und ihren Rücken als Schreibunterlage darbot:

„Mein Bruder heißt Zuko.“

Emotionslos schrieb der Graublauhaarige seinen Namen auf das Tuch und widmete es Zuko, ehe er es der quietschfidelen Frau übergab: „Vielen Dank! Ganz nett!“, und zu Rei auf Chinesisch gewandt: „Er ist doch total süß und nett.“

Sie ahnte nicht, dass Kai das verstand.

Rei zuckte nur mit den Schultern, als er höflich sagte:

„Ich will dir meine Kollegen vorstellen: Die hochgewachsene Schönheit ist Aliah, unsere Anästhesistin, die geschickteste OP-Schwester im Krankenhaus, Li und unser Macho und Krankenpfleger Kinay.“ Alle verbeugten sich lächelnd und Kai nickte jedem einzelnen zu.

Es war seltsam nach so vielen Jahren Gewohnheit wieder auf das Händeschütteln zu verzichten.

„Es freut mich euch kennenzulernen“, erklärte Kai freundlich, wie er es von Geschäftswegen gewöhnt war, doch seine Augen waren unbewegt, wie Rei es von ihm kannte. Außer wenn sie beide zusammen waren...

„Gut, dann gehen wir wieder. Danke für deine Zeit.“ Mit einem Abschiedsnicken der anderen ging Rei zurück zu ihren Liegen, wobei Xiaomeng schwärmte, wie sich ihr Bruder darüber freuen würde von seinem zweitliebsten Blader, nach Rei, auch eine Unterschrift zu bekommen.

Kai erwiderte den Abschiedsgruß und stieg wieder ins Becken, diesmal schwamm er jedoch ein paar Runden, dabei dieses seltsame Verhalten des Schwarzhaarigen analysierend.

Rei schien ernsthaft beleidigt zu sein, so distanziert, wie er mit ihm umgegangen war, ganz so als würde sie nicht mehr verbinden als ein gemeinsamer Teamname, den sie vor einer halben Ewigkeit gute zwei Jahre trugen. Selbst mit Kenny wäre diese Geschichte herzlicher abgelaufen.
 

Es war bereits zehn Uhr nachts, als die Krankenhausangestellten in Aufbruchsstimmung gerieten. Sie mussten morgen alle arbeiten und dementsprechend bei Zeiten raus, außer Rei, der erst wieder am Abend ran musste und sich dazu entschied bis zum Badeschluss um elf zu bleiben. Nachdem er sich von seinen Kollegen verabschiedet hatte, entschloss sich der Schwarzhaarige unter den warmen Wasserfall zu treten, der von vier Metern in ein größeres Becken mit 37°C Wasser fiel. Es war zwar kein Vergleich zu dem, bei seinem Dorf, aber es würde ihn zur Ruhe kommen lassen.

Dachte er.

Er stand keine fünf Minuten dort und meditierte mit geschlossenen Augen vor sich hin, als er plötzlich an den Schultern nach hinten in die dunkle Mulde hinter dem Wasserfall gedrückt wurde. Reflexartig schlug er nach den Händen, die ihn anfassten, doch der andere zog sie rechtzeitig genug zurück, um nicht getroffen zu werden.

Aufgebracht erkannte Rei, wer ihn da gestört hatte: „Mensch, Kai! Erschreck mich halt nicht so! Das geht auch sanfter.“

„Tut mir leid. Ich habe dich angesprochen, aber du hast mich nicht gehört.“

„Wie verwunderlich. Das ist kein Grund mich hier so herumzuschubsen“, fauchte der Schwarzhaarige weiter. Er hatte Kai schon eine Stunde lang nicht mehr gesehen und angenommen, dieser sei nach Hause gefahren.

„Was willst du?“, wollte er nun etwas ruhiger wissen.

Kai sah ihm direkt in die Augen, als wolle er seine Gedanken darin lesen, als er schließlich mit geebneter Stimme anfing: „Ich wollte nur wissen, ob du mir böse wegen vorhin bist.“

Man musste kein Genie sein, um zu wissen, was er meinte. Rei ließ sich innerlich seufzend auf der Bank nieder, die sich etwa dreißig Zentimeter unter der Wasseroberfläche befand, vor ihnen der Wasserfall, der sie von den anderen Badegästen abschirmte.

„Ich fand das halt nicht sonderlich witzig, finde ich auch jetzt noch nicht, aber du brauchst dir wegen mir keine Gedanken mehr darüber machen.“ Es besänftigte den jungen Arzt, dass Kai sich deswegen anscheinend Sorgen um ihre Freundschaft machte. Das sollte er nicht. Das wollte Rei nicht.

Kai ließ sich erleichtert neben ihn ins Wasser auf die Bank sinken: „Deine Kollegen sehen sympathisch aus.“

„Es ist immer auf sie Verlass.“

„Auch auf diese Kleine?“

„Sie ist in Ausbildung und ja, sie ist sehr zuverlässig“, Rei merkte auf, „aber nichts für dich.“

Da er glaubte das verdient zu haben, erwiderte Kai nur: „Auf die Idee wäre ich bei der nie gekommen.“

„Außerdem habe ich das mal ausgerechnet, nachdem du mich so fassungslos angesehen hast. Demnach hatte ich alle 35,6 Tage einen One-Night-Stand. Da ich aber nicht mehr genau weiß, wie viele es genau waren, sagen wir mal, jeden Monat einmal. Ich finde, dass ist noch im Toleranzbereich“, fügte Kai sachlich hinzu.

Mit hochgezogenen Augenbrauen sah der Chinese zum Blaugrauhaarigen, der dem Blick neutral begegnete. Das war tatsächlich nicht so krass, wie es sich anhörte.

Eine andere Frage tauchte auf: „Wie alt warst du eigentlich bei deinem Ersten Mal?“

Jetzt war es an Kai eine Augenbraue anzuheben: „Das musst du nicht wissen.“

„Nach deiner Berechnung müsstest du dann zwischen...“, das klang nun erstaunt, „zwischen 19 und 21 gewesen sein.“

„20. Und verkneif dir einen Kommentar.“ Wie konnte er einem Naturwissenschaftler auch eine Zahl nennen? Er hätte damit rechnen müssen, dass der es im Kopf fertig brachte auszurechnen.

Er sparte sich den Kommentar, aber seine Mimik verformte sich dennoch zu einem belustigten Ausdruck.

Genervt davon, wollte Kai wissen: „Wie alt warst du denn?“

„Auf den Tag 17“, schmunzelte Rei.
 

Sie schwiegen eine Zeit lang, lauschten auf das Rauschen des Wassers und genossen die Wärme und Ruhe hier hinten.

Rei dachte über Aliah nach. Sie verstanden sich gut, hatten geflirtet und er war sich sicher, dass sie sehr wohl Interesse an ihm, über das Berufliche hinaus, hatte. Dennoch waren sie bei manchen Dingen, die ihm wahnsinnig wichtig waren, so unterschiedlich, dass er sich keine längere Beziehung mit ihr vorstellen konnte. Und mit so einer Einstellung einen Versuch zu wagen, war nicht sonderlich sinnvoll. Was anderes kam jedoch nicht mit ihr in Frage. Sie arbeiteten zusammen, sahen sich täglich und er wusste von Li, dass sie nichts von One-Night-Stands hielt. Eine andere Frau kam zurzeit nicht in Frage. Alle potenziellen Kandidatinnen für Sex oder Beziehung waren vergeben und außerhalb des Krankenhauses kannte er zu wenige Leute.

Das brachte ihn auf etwas anderes: „Wie hast du diese Frau eigentlich gefunden?“

Kai öffnete die Augen: „Sie hat eher mich gefunden. Schon an der Kasse.“

„Und wie ist es dann dazu gekommen?“

Der Graublauhaarige sah ihn zweifelnd an, sodass er weiter erklärte: „Ich verstehe nur nicht, wie man von einem Augenklimpern so schnell zu Sex kommt.“

Er begriff: „Man sieht die Absichten in den Augen und ich denke, dass der Fakt, dass ich ein Ausländer bin, vielleicht als berühmt erkannt werde, auch vieles dazu beiträgt, dass es so kommt.“

„Und in Deutschland?“

Kai deutete simpel auf seine Augen. In Reis Bauch bildete sich ein unangenehmes Knäuel.

„Weißt du, wie sie hieß?“

„Nein, aber andersherum wahrscheinlich auch nicht.“

Sie schwiegen wieder vor sich hin, diesmal war es aber keine sehr angenehme Ruhe.

Kai fragte daher ungewollt etwas lauernd: „Willst du auch so etwas ausprobieren?“

„Was?“, fragte der Schwarzhaarige aus dem Konzept gebracht.

„Einen One-Night-Stand.“

Rei schüttelte den Kopf: „Nein, das wäre wirklich nichts für mich. Ich finde den Gedanken furchtbar so was ohne Gefühle tun zu sollen mit irgendjemandem, von dem man rein gar nichts weiß.“ Allein, was es für Krankheiten gab, die man sich dabei einfangen konnte!

Der Graublauhaarige schmunzelte auf diese Antwort hin, was den Chinesen ärgerte: „Was ist daran so lustig?“

Die roten Augen sahen ihn belustigt an: „Du bist der erste Mann, außerhalb eines Klosters, von dem ich solche Worte höre.“

Das unangenehme Knäuel in Reis Bauch wurde zu heißer Wut, wie er sie schon seit Jahren nicht mehr empfunden hatte, als er diese Worte verbunden mit diesen Augen, die sich über ihn lustig machten, hörte und spie ohne nachzudenken aus:

„Wie soll auch ein unsensibler Idiot wie du, der nicht weiß, was Liebe ist, verstehen können, was ich meine!“

Es tat ihm leid, was er gesagt hatte, kaum dass die Worte seinen Mund verlassen hatten, doch das änderte nichts an Kais Reaktion darauf.

Kai fühlte sich, als würde er plötzlich von innen ertrinken, so sehr schmerzte sein ganzer Brustkorb und seine Augen starrten fassungslos und zutiefst verletzt zu dem Menschen, von dem er nie erwartet hätte, dass er absichtlich in eine offene Wunde bohren würde, von der er wusste, dass sie da war. Gleichzeitig erfüllte es den Graublauhaarigen mit Selbsthass, dass er es hatte so weit kommen lassen. Außer Yuriy – und noch nicht einmal der so richtig – kannte ihn keiner so gut wie Rei das tat. Und daran war er selbst schuld. Kai hätte besser aufpassen müssen, so wie früher.

Er wollte einfach nur noch weg, nicht mehr in diese goldenen Augen blicken müssen, für die er zu viel übrig hatte und die ihm jedes Geheimnis zu entlocken wussten.

Fahrig stand Kai auf und wollte gerade durch den Wasserfall schreiten, doch diesmal war es Rei, der ihn versuchte aufzuhalten, am Handgelenk packte und zu sich umdrehte:

„Kai, nein! Bitte nicht! Das war nicht so gemeint.“

Der Graublauhaarige versuchte sich von dem eisernen Griff zu lösen, was ihm misslang. Als er seine zweite Hand zu Hilfe nehmen wollte, packte Rei auch diese und hielt ihn so überraschend fest, dass Kai es mit purer Kraft nicht mehr schaffte sich zu befreien.

Daher zischte er bedrohlich leise: „Lass mich sofort los! Ich hasse das nämlich auch.“

„Bitte, es tut mir leid. Ich wollte dich nicht verletzen. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.“

Rei blickte verzweifelt in rubinfarbene Meere, in denen ein Sturm aus negativen Gefühlen tobte und er wünschte sich, er könnte die Zeit zurückdrehen.

„Lass mich sofort los oder du wirst es bereuen“, drohte Kai, keine zwanzig Zentimeter von Reis Gesicht entfernt.

„Das werde ich auch, wenn ich dich loslasse“, erwiderte er leise und unnachgiebig.

„Das hättest du dir vorher überlegen sollen.“ Er zog ein wenig, aber seine Handgelenke wurden wie in einem Schraubstock festgehalten.

„Das war nicht so gemeint, ich...“

„Und ob das so gemeint war!“, fuhr Kai ihn plötzlich an und ging einen Schritt auf ihn zu, wobei Rei ebenfalls einen rückwärts tat.

„Du hast genau gewusst, was du sagst. Du wusstest, dass du mich damit verletzten würdest und das wolltest du auch!“

„Nein, wollte ich nicht!“ Der Schwarzhaarige musste erneut zurücktreten.

Der Graublauhaarige fing an sich heiß zu reden: „Glaubst du, ich habe mir dieses Leben ausgesucht? Ohne Eltern aufzuwachsen? In einer Abtei bis zum Exzess gedrillt zu werden, nie zu erfahren, was es bedeutet gemocht oder geliebt zu werden? Woher soll ich mir die Fähigkeit denn ziehen, vernünftige Beziehungen – egal welcher Art - zu führen?“

Der ganze Frust darüber kam nun zum Vorschein und das war allein die Schuld von diesem dummen Chinesen und seinen unwiderstehlichen Augen, dass er sich nicht beherrschen konnte.

„Aber du hattest doch uns und ich denke, du unterschätzt dich da“, gab Rei fast kleinlaut von sich. Da hatte er eine ganz schöne Lawine losgetreten und warum? Aus purer Dummheit. Nicht einmal auf den Alkohol konnte er es schieben.

Diese Aussage fachte Kais Wut nur weiter an, aber diesmal fuhr er bedrohlich leise fort: „Hattest, ja. Ich weiß, dass es meine Schuld ist, dass ich alleine bin und hör auf mir zu erzählen, ich würde mich unterschätzen.“

Nun stand der Schwarzhaarige mit dem Rücken zur Wand, die Bank in den Kniekehlen und Kai direkt vor ihm. Trotzdem ließ er seine Handgelenke nicht los.

„Du hast doch Freunde und du hast mich“, Rei sprach leise und ernst, „auch, wenn ich zuweilen ein Arschloch bin und aus Frust schlimme Dinge sage, werde ich immer da sein, ob du es willst oder nicht.“

Der Graublauhaarige atmete von der Aufregung etwas schneller als gewöhnlich und war von oben bis unten angespannt, sobald der Schwarzhaarige jedoch diese Worte sagte, verebbte die Wut und hinterließ ihn nur mehr deprimiert. Er schloss seine Lider und atmete tief durch, ehe er wieder zu Rei sah, der seinen Blick besorgt erwiderte.

Kai hatte gar nicht realisiert, wie nah sie voreinander standen. Er konnte die Wärme spüren, die der andere Körper ausstrahlte, jeden einzelnen Wassertropfen sehen, der über die wahrscheinlich weiche Haut perlte. Die schwarzen Haare waren übersäht mit im Halbdunkel glitzernden Tropfen und Kai verfluchte sich, dass er diese ganzen Details bemerkte, sie viel zu faszinierend fand und ihn über seine Enttäuschung hinwegtrösteten.

Rei beobachtete den Wandel in den roten Augen. Sie verloren ihr wütend-trauriges Funkeln und nahmen einen undeutbaren Ausdruck an. Anscheinend beruhigte Kai sich, verzieh ihm vielleicht. Erleichterung machte sich in ihm breit und Rei musste erstaunt feststellen, wie dabei eine ungeheure Last von seinen Schultern zu fallen schien. Er fühlte sich auf einmal so unglaublich ausgelaugt. Sein Griff lockerte sich ebenfalls, allerdings eher unbewusst.

„Was hat dich so wütend gemacht, dass du mir das gesagt hast? Ich verstehe es nicht“, flüsterte der Graublauhaarige, den Blick auf Reis Schlüsselbein gerichtet.

„Ich“, begann Rei unschlüssig. Ja, was war es, das ihn so hatte durchdrehen lassen? Streng genommen waren Kais Worte nicht Grund genug dafür gewesen, ganz zu Schweigen davon, dass es überhaupt nicht seiner Natur entsprach so zu explodieren und auch noch auf so verletzende Art und Weise.

Fragend sah er zum Graublauhaarigen, als fände er dort die Antwort. Er stand sehr nah bei ihm. Normalerweise hielten Menschen immer einen gewissen Abstand voneinander, meist eine gute Ellenbogenlänge bis zu einem Meter. Er konnte nicht noch weiter zurückweichen und Kai war anscheinend zu sehr mit seinen Gedanken beschäftigt, um sich daran zu stören.

Rei sah gegen das Licht und konnte nicht alles so deutlich erkennen, trotzdem blieben seine Augen an den zweifarbigen Haaren hängen. Sie hingen Kai nass herunter und der Schwarzhaarige konnte nicht umhin diesen Anblick als interessant, neu und... irgendwie schön zu finden. Dann nahmen ihn die roten Augen gefangen, die in diesem Zwielicht beinahe violett wirkten. Kai war etwas besonderes - schon immer gewesen - und er konnte verstehen, warum die Frauen ihn nicht von der Bettkante stießen. Es war nur zu schade, dass keine von ihnen sich die Arbeit machen wollte hinter seine Schutzmauer zu blicken. Es war anstrengend, nervenaufreibend und beanspruchte einiges an Einsatz, aber man wurde früher oder später mit freudig glänzenden Augen, nackte Ehrlichkeit und Vertrauen belohnt. Und wenn man die hatte, dann war die Sache mit der schwankenden Loyalität bestimmt ebenfalls in den Griff zu bekommen. Und Rei konnte sich vorstellen, dass es beneidenswert sein musste von Kai geliebt zu werden.

„Rei?“ Kais irritierte Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.

„Hm?“ Plötzlich spürte er die warme Haut unter seinen Fingern, welche die Handgelenke des Graublauhaarigen festhielten, überdeutlich.

„Was denkst du?“, fragte Kai ehrlich verwundert.

„Wieso?“ Er verstand nicht.

Unvermittelt spürte er, wie Kai eine seiner Hände aus dem mittlerweile lockeren Griff befreite und mit den Fingern hauchzart über seine Wange fuhr, was ihn erschaudern ließ. Reis Sinne schienen auf einen Schlag auf Hochtouren zu laufen. Seine Haut fühlte sich plötzlich heiß an, dort wo die Finger ihn berührten. Er spürte Kais Atem auf seinen Lippen, was ein Kribbeln in seinem Bauch verursachte, das ihn allem Anschein nach in den Wahnsinn treiben wollte.

„Der Ausdruck in deinen Augen...“ Heiße Schauder durchliefen ihn.

Es dauerte ein paar Sekunden, ehe die Bedeutung zu Rei durchsickerte. Als der Groschen letztlich fiel, kam es ihm vor, als würde alles anfangen zu verschwimmen.

Er öffnete seinen Mund, um etwas zu sagen, doch er wusste nicht was, schloss ihn wieder und kam sich dabei vor wie ein Karpfen. Was zum Teufel passierte hier? Träumte er? Das war doch grotesk.

Ein ganzer Wirbel an Gedanken sauste durch seinen Kopf, als er noch wahrnahm, wie Kais Augen ihn verunsichert ansahen, ehe sich ihr Ausdruck erneut undeutbar veränderte.

Das Nächste, was er wahrnahm, waren die Lippen des Graublauhaarigen, die seinen auf einmal so nah waren.

„Was machst du mit mir?“, hauchte Kai gegen die seinen.

Unfähig sich zu bewegen, erwiderte er: „Ich weiß nicht.“

Ganz vorsichtig überbrückte Kai die letzten Millimeter und berührte sanft die fremden Lippen. Beide seufzten auf, ob der kurzen Berührung, bevor sie sie erneut zaghaft verschlossen. Immer wieder hauchten sie einander zärtliche Küsse auf die Lippen, bis sich ihr scheues Verlangen nicht mehr in Schranken halten ließ und sie sich inniger küssten, die Lippen gierig aufeinander pressten. Dann öffneten beide, wie auf ein geheimes Signal hin, ihren Mund. Als könnte der jeweilig andere daran zerbrechen, streckten sie langsam die Zunge nach einander aus. Kaum berührten sich die Spitzen, stob Kai plötzlich davon, als hätte er sich verbrannt.

„Scheiße!“, fluchte er vollkommen außer sich, starrte zu Rei, der verpeilt an der Wand stehen blieb.

„Hm?“ Der Schwarzhaarige blinzelte ein paar Mal, versuchte wieder einen vernünftigen Gedanken zu fassen.

„Was machen wir hier eigentlich? Verdammt!“, tobte der andere derweil weiter.

„Was ist denn jetzt passiert?“ Rei war genauso durcheinander wie der Graublauhaarige. Er stieß sich von der Wand ab und ging zwei Schritte vor. Das warme Wasser kam ihm schlagartig unsagbar heiß vor und er brach in Schweiß aus.

„Das würde ich gerne von dir wissen.“

„Wieso?“, fragte er innerlich zitternd.

„Du hast mich so angesehen, als wolltest du gleich über mich herfallen“, gab Kai vorwurfsvoll von sich.

„Aha.“ Diese Situation überforderte ihn. Erst mal musste er aus dem zu heißen Wasser raus.

„Wohin gehst du?“

„Raus. Ich kriege hier einen Hitzschlag.“
 

Im Bad waren nur noch wenige Leute. Die Uhr zeigte halb elf. Bald würde die Glocke ertönen, die anzeigte, dass sie sich umziehen gehen mussten.

Rei atmete tief die etwas kühlere Luft ein und war erleichtert, dass die Hitze etwas abnahm. Der Graublauhaarige war ihm gefolgt und stand jetzt unschlüssig neben ihm.

„Warum hast du das gemacht?“, bohrte Kai anklagend nach.

„Du warst doch auch noch da“, konterte Rei säuerlich.

Kai war weder in der Laune, noch in der Lage sich weiter mit dem Chinesen zu beschäftigen. Er wollte nur noch nach Hause. Ohne ein weiteres Wort ging er zu den Duschkabinen, aber Rei ließ sich nicht so einfach abwimmeln.

„Bleib gefälligst da! Wir müssen das jetzt klären.“ Er ging hinterher.

„Müssen wir nicht. Vergessen wir’s einfach.“ Der Graublauhaarige ging in die Herrendusche. Außer ihnen war noch einer da, aber der packte gerade sein Handtuch zum Trocknen und würde jeden Augenblick gehen. Keine berauschende Aussicht.

„Das kann man nicht vergessen, außer du pfeifst auf unsere Freundschaft. Die überlebt das dann nämlich nicht.“

Kai drehte sich wütend um: „Sah das für dich sehr freundschaftlich aus?“

Überrumpelt blickte Rei in die stürmischen Augen: „Willst du, dass wir jetzt jeden Kontakt abbrechen, oder was?“

Die Rubine sahen ihn perplex an, wichen seinem Blick dann erkennend aus: „Nein.“

„Dann sag mir, warum du mich geküsst hast.“ Es brauchte ganz schön Kraft, diese Worte auszusprechen, aber irgendjemand musste es schließlich tun.

Doch Kai hatte anscheinend nicht vor zu antworten. Er starrte stur auf den Boden und schwieg eisern.

Rei seufzte tief auf: „Gut, dann fang ich eben an.“ Das konnte ja heiter werden.

Der Graublauhaarige hatte plötzlich sein Gehör wieder gefunden, denn er hob augenblicklich den Kopf und sah ihn abwartend an.

Fieberhaft suchte der Schwarzhaarige nach den richtigen Worten, nur zum Schluss zu kommen, dass es sie nicht gab. Rei war meistens ein nüchterner Mensch, sachlich. Sein Beruf verlangte das neben Einfühlsamkeit und Verständnis. Und er hatte gelernt sich selbst zu analysieren, viel intensiver als in seiner Jugend, und sich nicht selbst zu belügen. Oft klappte es. Ihm war deswegen – vor allem nach diesem Kuss - nicht schleierhaft, warum er es zugelassen hatte, dass Kai ihn küsste, er ihn sogar zurück geküsst hatte. Die Symptome seines Körpers zeigten ganz deutlich, was mit ihm los war. Jetzt musste er sich nur noch dazu bringen es endlich zu akzeptieren und, noch schlimmer, es dem Graublauhaarigen gleich zu erklären, auch ohne die richtigen Worte:

„Ich weiß nicht, wieso oder warum, aber irgendwie scheint es so, als hätte ich mich in dich verliebt.“

Unter anderen Umständen wäre Rei über Kais Gesichtsausdruck in schallendes Gelächter ausgebrochen, doch nun bemühte er sich darum nicht verunsichert dreinzuschauen und die Nerven zu behalten.

„Du spinnst“, stellte Kai trocken fest, nachdem er sich von diesem Geständnis erholt hatte.

Der Schwarzhaarige legte den Kopf schief: „Wenn das so ist, dann will ich deine Erklärung hören.“

„Wahrscheinlich lag es daran“, fing er behutsam an, „dass du so lange keinen Sex mehr hattest.“

„Ach so! Und deswegen küsse ich ‘nen Kerl, der zufällig auch mein bester Freund ist. Hast recht, ich spinne.“

Beleidigt ging er zur Dusche und stellte kühles Wasser an: „Und außerdem habe ich nie gesagt, dass ich die ganze Zeit über auch nicht rumgeknutscht hätte.“

„Aber du bist hetero! Warum sollte sich das so plötzlich ändern?“

„Ich habe gesagt, was ich fühle, nicht, dass ich es auch verstehe.“

Das half Kai nicht gerade weiter.

Rei sah ihn weiterhin an, sich dabei das Haarband öffnend: „Und was ist deine Ausrede deinen Freund geküsst zu haben? Wollust?“

Ein Blitzen ging durch Kais Augen: „Für wen hältst du mich eigentlich?“

Der Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern: „Du hast doch schon mit Männern geschlafen.“

Der Rotäugige sah ihn sprachlos an. Rei wusste, dass er ihn wieder beleidigt hatte:

„Siehst du. Genauso nett finde ich deine Begründung für mein Verhalten.“

Der Graublauhaarige verschränkte die Arme vor der Brust: „Und was machen wir jetzt? Es vergessen?“

Rei sah ihn blank an, ehe er meinte: „Warum willst du immer vergessen?“

Der Graublauhaarige antwortete leise: „Ich denke, dass kriegst du schon heraus.“

Der Chinese hatte nicht die Nerven, um den heißen Brei zu reden. Es würde keine zehn Minuten mehr dauern, bis die letzten Badegäste in die Duschen strömen würden, sie keine Zeit mehr haben würden darüber zu reden.

„Wie sollen wir zukünftig normal miteinander umgehen?“, fragte Rei schließlich, „Auf jeden Fall möchte ich nicht, dass wir uns nicht mehr sehen, du?“

Kai sah ihn an wie ein Welpe. Mehr Antwort brauchte der Schwarzhaarige nicht:

„Dann gibt es nur...“ Rei unterbrach sich und ging zu Kai, der ihn skeptisch ansah.

„... die Möglichkeit...“ Die goldenen Augen verengten sich zu einem Schlitz und er musste Kai gar nicht mehr anfassen, um ihn ein paar Schritte zurückgehen zu lassen. Wenn er wollte, dann konnte auch Rei ziemlich respekteinflößend sein. Überrascht bemerkte der Graublauhaarige, wie er mit dem Rücken an die Wand einer Duschkabine stieß.

„..., herauszufinden,“, mit diesen Worten zog Rei geschickt den Vorhang in seinem Rücken zu, „was daraus wird.“

So schnell konnte Kai gar nicht gucken, schon war Reis Gesicht direkt vor seinem. Er wollte den Schwarzhaarigen noch von sich schieben, etwas sagen, doch sobald weiche Lippen auf seine trafen, ihn liebevoll küssten, an seiner Unterlippe saugten, verrauchte sein Widerstandswille.

Ergeben erwiderte er die sanfte Berührung, leckte über die Oberlippe des Schwarzhaarigen, bat um Einlass. Bereitwillig öffnete Rei seinen Mund, empfing die fremde Zunge sanft mit seiner, rieb sie zärtlich an ihr und hörte erfreut, wie Kai leise aufseufzte. Allmählich wurden sie forscher und erkundeten mutig den Mund des jeweils anderen, bis sie sich in einem leidenschaftlichen Kuss wiederfanden, der ihnen den Atem raubte. Als ihnen die Luft ausging, trennten sie sich voneinander und stellten beide verblüfft fest, dass sie die Arme umeinander geschlungen hatten. Rei hielt Kais Gesicht umfasst und dieser hatte ihn an der Taille an sich heran gezogen.

Der Schwarzhaarige hob eine Augenbraue: „Jetzt sag mir nicht, dass es dir nicht gefallen hat.“

Kai antwortete mit einem kurzen Kuss auf die geröteten Lippen und wurde umgehend wieder in einen intensiven Zungenkuss verwickelt.

Ein ohrenbetäubender Gongschlag ließ sie wieder auseinanderfahren.

„Was war das?“ Kai sah stirnrunzelnd nach oben.

„Die Badezeit ist zu Ende“, erklärte Rei außer Atem.

Er sah in die verschleierten Rubine und fühlte sich so stark zu dem Graublauhaarigen hingezogen, dass er es nicht fertig brachte, sich von der Stelle zu bewegen. Er lehnte seine Stirn gegen die des anderen und genoss dieses berauschende Gefühl in seinem Bauch, das von dort durch seinen ganzen Körper strömte. Egal wie irrational diese Situation war, so falsch und unnatürlich konnte es nicht sein, wenn er so empfand.

Zärtlich strich er mit seinen Händen von Kais Kopf über seinen Hals und runter zu seinen Oberarmen, dabei eine Gänsehaut auf der warmen Haut hinterlassend.

„Kai?“, hauchte er.

„Hm.“ Er versank regelrecht in den goldenen Augen, die ihn so sanft ansahen und ihn schaudern ließen.

„Wenn ich jetzt gleich gehe, will ich, dass du mir vorher versprichst, nicht vom Erdboden verschluckt zu werden.“

„Ich muss eine Konventionalstrafe zahlen, wenn ich die nächsten zweieinhalb Jahre nicht hier arbeite.“

„Gut.“ Ruckartig löste Rei sich von dem Graublauhaarigen, wie sich herausstellte keine Sekunde zu früh, denn im selben Augenblick strömten die ersten Badegäste zu den Duschen.
 

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Ich kann einfach keine vernünftigen Kussszenen schreiben. Es ist zum Heulen -_-

Ich hatte ein paar Szenario im Kopf, wo das Kapitel spielen sollte.

Es ist im Thermalbad gelandet, wie man unschwer erkennen konnte. Da hatte ich dann das Problem, dass die anderen Szenen nicht mehr so richtig hineingepasst haben.

Das Resultat sind 6231 Wörter und jede Menge Hoch und Tiefs für die Protagonisten.

Im nächsten Kapitel kommt es noch mal recht bunt und erklärt noch ein paar Sachen, die hier nicht mehr zu Wort kamen.
 

Ich hoffe trotzdem, dass das Kapitel Anhänger findet, ansonsten freue ich mich über Verbesserungsvorschläge^^!
 

Bye
 

Minerva

Silly Seduction

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Don't Doubt, Darling

DON’T DOUBT, DARLING
 

Nach langer Zeit wieder ein neues Kapitel!

Vielen lieben Dank an alle meine Kommi-Schreiber*alle umflausch* Ohne euch hätte ich dieses Wochenende nicht weitergeschrieben. Vor allem nicht, wenn caramel-bonbon mich nicht wiederholt angeschrieben hätte^^° Danke für die Mahnung:)
 

Dieses Kapitel widme ich dem Zweifel.
 

Enjoy reading!
 


 

Sie hatten zwei interessante Tage auf Kais Hausboot verbracht, auch wenn dieser sich stur morgens zur Arbeit geschleppt hatte. Und obwohl sie angefangen hatten ihre freundschaftlichen Gefühle in Einklang mit ihrem sexuellen Verlangen zu bringen und es sich nicht mehr so sehr anfühlte, als würden sie zwischen zwei Welten hin und her pendeln, hatten sie weder richtig miteinander geschlafen, noch sich irgendwo außerhalb der Kajüte gezeigt. Bis dato hatte für beide auch nicht die Notwendigkeit dazu bestanden.
 

Das war nun schon wieder fast eine Woche her und Rei wurde mit Arbeit überflutet. Er war sogar so gefragt, dass er gar nicht mehr nach Hause ging, sondern wie zu seiner Assistenzzeit in den Bereitschaftsräumen übernachtete.

Eines schönen Abends konnte er wieder in seinem Bett schlafen, da er bis zum nächsten Nachmittag frei bekommen hatte. Müde schaffte er sich durch die Haustür und ging geradewegs ins Schlafzimmer, wo er sich erst mal auszog. Kaum wollte er auch seine Boxershorts abstreifen, hörte er ein Klingeln. Missmutig ging er in Unterhosen zur Haustür, verwundert über die späte Störung und öffnete diese einen Spalt breit.

„Kai!“, stellte er überrascht fest und fand sich keine drei Sekunden später an der nächsten Wand wieder.

Wie ein Ertrinkender presste der Graublauhaarige seine Lippen auf die des anderen, während er gerade noch die Tür zuschlug.

Hitze schoss durch Reis müde Glieder und er erwiderte den feurigen Kuss leidenschaftlich, genoss Kais Hände an seinen nackten Seiten, die verlangend runter strichen.

Fest schlang der Schwarzhaarige seine Arme um den Nacken des anderen, ließ es zu, dass Kai ihn weiterhin an die Wand drückte, unter seine Kniekehlen griff, ihn anhob, wodurch er gezwungen wurde seine Beine um die Hüfte des Graublauhaarigen zu schlingen. Diese Position hatte er als Mann noch nie erlebt, aber die Art, wie sein Unterleib an Kais Becken gedrängt wurde, gefiel ihm.

„Schlaf mit mir“, brachte der Graublauhaarige zwischen zwei Küssen sehnsüchtig heraus.

Und Rei erwiderte zwischen zwei Küssen: „Nein.“

Irritiert ließ Kai von ihm ab, sah in die goldenen Augen, die ihn lustvoll anglänzten.

„Warum nicht?“, fragte er verständnislos.

„Ich will, dass du erst einen HIV-Test machst“, erklärte der Schwarzhaarige sachlich.

„Ich habe Kondome dabei“, offenbarte dieser unverzüglich.

„Und ich will, dass du wenigstens ein bisschen romantischer an die Sache rangehst“, mahnte Rei trocken.

„Ach, komm schon! Ich bin gesund.“ Kai hatte die ganze Woche nur an den Chinesen denken können und empfand ein derartiges Verlangen nach ihm, dass er sich sicher war nur mit Sex dieses Gefühl besänftigen zu können.

„Ich glaube dir, sonst hätte ich keinen Oralsex mit dir gemacht. Trotzdem war es, streng genommen, unvernünftig.“

„Ich habe mich vor zwei Jahren testen lassen; reicht das nicht?“

Rei überlegte kurz: „Das ist gute 24 Frauen später und daher unzureichend.“

„Gib’s zu, du willst es nur aufschieben.“ Forschend versuchten die roten Augen auf den Grund seiner Seele zu blicken.

„Ich habe mich schon testen lassen. Natürlich negativ. Ich kann dir den Wisch gerne zeigen“, konterte der Schwarzhaarige mit zu Schlitzen verengten Augen.

Fast schmollend sah Kai ihn an, während er seine Beine wieder auf festen Untergrund stellte, sich von ihm löste.

„Geht das hier auch so einfach beim Arzt?“, gab er sich geschlagen.

„Du kannst morgen einfach zu mir ins Krankenhaus kommen. Da mach ich das schon.“

„Ich soll das mit dir machen?“ Zweifelnd sah er zu dem Chinesen, der die Haustür absperrte.

„Ja, das mache ich dauernd.“

„Okay“, sagte Kai leise, bevor er fragte: „Wo warst du die ganze Woche eigentlich? Ich hab versucht dich zu erreichen.“

„Krankenhaus.“

„Und was ist mit diesem Teufelsding namens Handy an das du nie gehst?“

Rei sah ihn perplex an: „Stimmt ja! Wo ist das eigentlich abgeblieben?“

Kai konnte über soviel Verpeiltheit nur aufseufzen. Der Schwarzhaarige brachte es ständig fertig dieses Ding zu verschlampen oder falsch abzuheben, wenn einmal der seltene Fall eintrat und er das Handy bei sich hatte und hörte.

„Warum bist du eigentlich halbnackt?“, fiel ihm erst jetzt auf.

„Ich bin keine fünf Minuten vor dir nach Hause gekommen und war gerade auf dem Weg in die Dusche.“ Rei sah ihn müde an.

Er freute sich sehr darüber, dass Kai zu ihm gekommen war, anscheinend versucht hatte ihn zu erreichen. Es war schön, dass der Graublauhaarige nach den Geschehnissen auf dem Hausboot das Bedürfnis hatte bei ihm zu sein. Das bestärkte Rei in seiner Meinung, dass Kai sich möglicherweise in ihn verliebt haben könnte.

Dieser Gedanke brachte ihn zum Lächeln.

„Was denkst du?“ Die roten Augen blickten ihn argwöhnisch an.

„Hmm“, begann er langsam, „vielleicht hast du ja Lust, jetzt wo du schon da bist, mit mir zu Duschen?“

Es machte ihn glücklich zu sehen, was für einen Einfluss seine Worte auf den sonst so kühlen und selbstbeherrschten Mann ausübten.

Ganz zu schweigen davon, was er mit seinem Mund erreichen konnte.
 

„Du hast wirklich seltsame Sachen im Bad“, sagte Kai, während er unbekleidet im Bad stand und sich abtrocknete.

Rei stieg gerade aus der Dusche: „Ich habe halt ein paar Standardsachen für meinen Arztkoffer da für den Fall, dass ich von hier aus zu einem Patienten muss. Kommt aber selten vor.“

Der Graublauhaarige deutete mit hochgezogener Augenbraue auf einen Punkt in der Ecke zwischen Wand und Waschmaschine:

„Und das Ding da? Das ist doch dieser Infusionsständer. Das gehört doch kaum zur Standardausrüstung.“

Rei grinste bei der Erinnerung: „Ich hatte mal eine Lebensmittelvergiftung und brauchte viel Flüssigkeit und Elektrolyte. Li hat den Ständer „ausgeliehen“ und mir hergebracht.“

„Leiht ihr euch öfter was aus?“

„Selten. Wir kriegen oft Reste.“

„Warum hast du es nicht zurückgebracht.“

„Ich steh auf Infusionen.“ Rei sah ihn ernst an.

„Du hast mir deine alten Elektrolytreste eingeflößt, oder?“, stellte Kai nüchtern fest.

Der Schwarzhaarige hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen: „Das Verfallsdatum war noch nicht abgelaufen.“

„Toll!“, rief Kai sarkastisch.

„Wie kam es, dass ausgerechnet du dir eine Lebensmittelvergiftung zuziehst?“

Statt einer Erwiderung musste Rei herzhaft Gähnen und zuckte mit den Schultern.

„Du willst schlafen.“

Ein müdes Nicken.

„Dann sollte ich gehen.“

Rei merkte auf: „Welcher Tag ist heute?“

„Samstag.“

„Warum willst du dann gehen?“, fragte der Schwarzhaarige verständnislos.

„Ich...“, fing Kai an, doch Rei unterbrach ihn: „Es ist unsinnig um diese Zeit so lange nach Hause zu fahren, wenn du auch bei mir bleiben kannst. Außerdem können wir morgen dann zusammen ins Krankenhaus gehen, den Test machen und, wenn du lieb bist, dann miteinander schlafen.“

Kai versuchte es schon wieder. Schon auf seinem Hausboot hatte er versucht Rei nebensächlich davon zu überzeugen zu gehen. Der Graublauhaarige wollte ständig vor ihm fliehen und Rei war mittlerweile sogar davon überzeugt, dass er es noch nicht einmal merkte. Das war wohl so ein angelerntes Verhalten, das Zeit brauchte, um zu vergehen.

„Im Krankenhaus?“ Irritiert beobachtete der Graublauhaarige, wie Rei mit einem lasziven Grinsen hinausging und folgte ihm ins Schlafzimmer.
 

Zufrieden aufseufzend ließ sich der junge Arzt in die Kissen sinken. Ein Bett war etwas wundervolles, beschloss er, während er sich unter die Decke kuschelte. Kai hingegen setzte sich an die Bettkante.

„Sex im Krankenhaus?“, hackte er noch einmal nach.

„Du bist nicht der einzige, der außerhalb des Bettes Sex hatte“, murmelte Rei müde und streckte dabei seine Hand nach dem Graublauhaarigen aus, fasste ihn am Handgelenk. Sanft ließ er sich ins Bett ziehen, wo er sofort zärtlich umarmt wurde.

Eigentlich wollte er nicht bleiben, aber er konnte diesem Gefühl nicht widerstehen. Er fühlte sich so geborgen bei ihm, genoss es, wie zärtlich Rei ihn zuweilen behandelte, sich an ihn schmiegte.

„Im Krankenhaus ist es doch pietätlos.“

Rei lächelte ihn an: „Wir waren beide junge Ärzte, kein Privatleben. Da kamen die Bereitschaftsräume und diverse Kammern gelegen, wenn wir mal Pause und Energie hatten.“

„Klingt nach einer 0815 Daily Soap.“

„Hm hm.“ Zufrieden schmuste er sich an den warmen Körper und genoss es, wie Kai durch seine feuchten Haare strich, bis er einschlief.

Der Graublauhaarige betrachtete noch lange das entspannte Gesicht nah an seinem und spielte mit den samtweichen Haaren. Obwohl er diese friedliche Situation genoss, befiel ihn eine ungeheure Furcht davor, die sich unerbittlich in seiner Brust festsetzte.
 

Als er am nächsten Morgen erwachte, war Rei schon aufgestanden. Verwundert sah er zum Radiowecker: 8:07 Uhr. Er hatte eine Stunde länger als am Wochenende üblich geschlafen, gleichzeitig wunderte er sich darüber, dass der Schwarzhaarige in seiner Freizeit so früh aufwachte. Müde streckte er sich. Er war erst spät eingeschlafen und fühlte sich etwas erschlagen. Umso einladender war da der angenehme Duft nach Kaffee und frischen Brötchen, der ihm in die Nase stieg. Gemächlich ging er ins Bad, wo seine Kleidung immer noch unordentlich am Badewannenrand lag, dort, wo er sie gestern in der Hitze des Gefechts hingeschmissen hatte. Dann ging er in die Küche, wo Rei ihn sogleich begrüßte:

„Guten Morgen! Hast du gut geschlafen?“

„Es geht. Wann musst du arbeiten?“ Dankbar nahm er eine Tasse mit köstlich duftenden Kaffee an.

„Um drei muss ich dort sein. Was hältst du davon, wenn wir vorher etwas Essen gehen? Ich kenne ein nettes kleines Restaurant in der Nähe und vorher könnte ich dir ein wenig die Altstadt zeigen. Da waren wir noch nicht.“

Das unangenehme Gefühl der gestrigen Nacht kroch wieder seinem Bauch hinauf, aber er verdrängte es: „Gut.“
 

Er war schon einmal mit ein paar Kollegen durch die Altstadt Hong Kongs gezogen, aber durch die Augen Reis kam es ihm vor, als wäre er noch nie da gewesen. Der Kontrast von alten, traditionellen Bauten und Hochmodernen war allgegenwärtig.

„Wo waren wir eigentlich, als wir damals für die Asian Championchips hier zwischengelandet sind?“, wunderte sich Kai, als sie sich an einem Brunnen in einem Park niederließen, um sich etwas auszuruhen.

Rei zeigte in eine Richtung: „Im Victoria Harbour. Wir sind auf dem Flughafen Kai Tak angekommen. Aber jetzt gibt es nur noch den Flughafen Chek Lap Kok weit außerhalb der Stadt.“

„Das war eine verrückte Zeit.“ Kai sah in den Himmel.

Rei schmunzelte: „Ihr habt nicht gemerkt, dass ich euch gekellnert habe.“

„Doch, ich schon. Aber es war mir egal.“

Der Schwarzhaarige zog eine Grimasse: „Das war ja mal wieder klar.“

Kai grinste ihn nur an: „Wenn du noch Essen gehen willst, sollten wir weiter, sonst kommst du zu spät zum Dienst.“

Seufzend stand der Chinese auf: „Ist gut.“

Er wollte nach Kais Hand greifen, doch der wich aus: „Was ist?“

„Ich will das nicht.“ Kai sah ihn an, als wolle er ihn mit einem Elektroschocker triezen.

„Warum?“

„Es sind überall Menschen“, erklärte er kühl.

„Na und? Wir sind in der liberalsten Stadt Chinas und es interessiert kein Schwein, ob wir Händchenhalten oder nicht.“

Er konnte förmlich sehen, wie der Graublauhaarige eine Mauer um sich aufbaute: „Ich will trotzdem nicht.“

„Oka~ay“, dehnte Rei zweifelnd, als er es gut sein ließ.
 

Viertel vor drei standen sie dann vor dem großen Krankenhaus, in dem Rei arbeitete. Der Eingangsbereich war einladend und mit chinesischen und englischen Schildern übersichtlich gekennzeichnet. Man musste schon sehr dumm sein, um sich hier zu verlaufen.

Zielstrebig schritt der junge Arzt einige Treppen hinauf und ging anschließend in einen Raum, den nur Ärzte betreten durften.

„Soll ich wirklich mitkommen?“ Kai trat ein und stellte fest, dass es ein Umkleideraum war.

Rei ging zu seinem Schließfach, gab eine Zahlenkombination ein und holte seinen Kittel hervor: „Es ist gar kein Problem.“

Als Rei begann sich umzuziehen, fragte Kai, um sich von dem Anblick abzulenken: „Wie lange musst du jetzt arbeiten?“

„30 oder 36 Stunden. Kommt darauf an, wie viel los ist.“

Der Graublauhaarige stieß anerkennend die Luft aus: „Kannst du da noch konzentriert arbeiten?“

„Es gibt ja Phasen, wo man schlafen kann.“

„Warum ist außer uns keiner hier?“ Erst jetzt wurde Kai bewusst, dass es seltsam war, dass keiner außer ihnen hier war, um sich auf seinen Dienst vorzubereiten.“

Rei zuckte mit den Schultern, als er sich die Schuhe anzog und sich dann fertig bekleidet vor den Europäer stellte: „Zufall.“

Schneller als dieser gucken konnte, hauchte der Schwarzhaarige ihm einen Kuss auf die Lippen, bevor er wieder nach draußen schritt: „Komm! Ich nehme dir gleich das Blut ab, damit du nicht so lange warten musst.“
 

Rei führte ihn in einen kleinen Behandlungsraum und bat ihn sich zu setzen. Kai konnte nicht umhin den Schwarzhaarigen anzustarren. Er sah so verdammt gut aus in dieser Arztkutte und ließ sein Herz ein paar Takte höher schlagen. Rei setzte sich vor ihn, sah ihn mit diesen wunderschönen goldenen Augen entschuldigend an, als er eine Nadel in seinen Arm stach, um anschließend die Kanüle daran zu befestigen, in die er das Blut zog. Der Graublauhaarige war drauf und dran ihm ein Kompliment zu machen, als plötzlich die Tür aufging.

„Oh, Entschuldigung!“ Die Ärztin, die herein trat, kam Kai seltsam bekannt vor und er sollte auch gleich wissen warum.

„Hallo Aliah! Kai kennst du ja bereits“, und an ihn gewandt, „Das ist unsere Anästhesistin, eine der Besten, sie war mit im Thermalbad.“

Aliah verbeugte sich freundlich lächelnd: „Es freut mich Sie wieder zu sehen.“

„Ganz meinerseits“, erwiderte der Graublauhaarige höflich.

„War was los?“ Der Schwarzhaarige lächelte, dabei aber auf seine Arbeit achtend.

„Mrs. Chong war wieder da. Fehlalarm“, seufzte die schöne Frau, während sie etwas in einem Schrank heraussuchte.

Rei schmunzelte: „Ich glaube fast, dass ihr Mann hysterischer ist als sie. Sie ist immer recht abgeklärt und ruhig.“

Aliah kam zu ihnen und strich ihrem Kollegen betont langsam über den Rücken. Kai brauchte nicht in ihre sehnsüchtig funkelnden Augen blicken, um zu erkennen, dass diese Frau Rei am liebsten von unten betrachten wollte. Der Graublauhaarige hatte das Gefühl in seinem Magen befände sich ein großer, schwerer Stein.

„Wie lange hast du Dienst?“, fragte sie mit zweideutig klingendem Unterton.

„Montag Nacht?“ Der Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern, bevor er aufstand und die Kanülen in eine Box steckte.

„Ich bin in vier Stunden fertig bis morgen Abend“, verkündete die Anästhesistin fröhlich, ehe sie auf die Uhr sah: „Oh je, ich muss in den OP. Bis später dann, Rei. Hat mich gefreut, Mr. Hiwatari.“

Als die Frau weg war, meinte Kai wie beiläufig: „Du weißt schon, dass sie dich gerade mental ausgezogen hat?“

Der Schwarzhaarige lächelte ihn an, als er ein Pflaster auf die Einstichstelle klebte: „Ich weiß. Das macht sie ständig.“

Diese Antwort ließ den Stein in seinem Magen nicht kleiner werden: „Und warum hast du nie etwas mit ihr angefangen?“

Rei lehnte sich ihm gegenüber an die Ablage: „Weil sie die Krätze bekommt, wenn sie einen Frosch sieht und einen Tag in einer Hütte ohne fließend Wasser nicht überleben würde. Schlechte Voraussetzungen, um mal mit mir zu Hause Urlaub zu machen.“

„Du hast also schon darüber nachgedacht?“

„Klar, aber wir sind zu verschieden. Sie ist zwar sehr nett und schön, aber ein Stadtmensch, wie er im Buche steht.“ Rei ahnte nicht, was seine Worte bei Kai bewirkten.

Dieser stand auf und erst als der Schwarzhaarige den Ausdruck in den roten Augen sah, bemerkte er, dass etwas nicht stimmte.

„Kai? Alles OK?“

„Nein. Ich denke, wir sollten damit aufhören“, sagte er beherrscht.

„Womit?“ Dieser Stimmungsumschwung verwirrte den Chinesen zusehends.

„Diese ganze Sache mit uns. Ich denke es ist ein Fehler.“ Kai konnte dem anderen nicht in die Augen sehen.

„Wieso jetzt auf einmal? Wegen Aliah?“, wollte Rei verständnislos wissen. Eine gewisse Vorahnung fasste um sein Herz.

„Nein, ich denke das schon seit gestern.“

„Wann? Vor oder nachdem wir uns einen geblasen haben?“, fuhr Rei ihn nun gekränkt an.

Der Graublauhaarige riss seinen Kopf nach oben, funkelte ihn unwirsch an:

„Allein wegen diesen Worten! Ich kann das einfach nicht! Ich kann nicht mit einem Mann zusammen sein!“

Ungläubig fauchte Rei: „Glaubst du mir fällt das so leicht? Glaubst ich habe nicht mit mir gerungen, als du krank bei mir warst und ich plötzlich solche Gefühle bekommen habe?“

„Ein Grund mehr, es schnell zu beenden“, presste Kai zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Rei schien es, als würde sämtlicher Sauerstoff aus seinen Lungen gepresst werden. Gekränkt fuhr er Kai an:

„Du egoistischer Feigling! Was fällt dir ein mich so eiskalt sitzen lassen zu wollen? Spring gefälligst über deinen Schatten, so wie ich es tue! Glaubst du, ich will schwul sein? Ich will noch nicht einmal bi sein!“

„Dann lass es bleiben!“, zischte der Graublauhaarige mit geballten Fäusten.

„Das kann ich nicht!“

„Und warum nicht?“

„Weil ich dich liebe!“, brach es aus Rei heraus und ließ Kais Herz dabei ein paar Schläge aussetzen.

Ungläubig starrten die roten Augen in Reis Goldene, die Überraschung über die eigenen Worte ausdrückten. Der Puls des Schwarzhaarigen raste und er fühlte sich hundeelend, als er beobachtete, wie Kais Blick versteinerte und er nach unten sah: „Das bildest du dir nur ein.“

Verletzt und aufgewühlt, wollte Rei gerade antworten, als die Tür plötzlich wieder aufging und Xiaomeng herein kam.

„Da bist du ja! Ich hab dich schon überall gesucht!“, sie stutze, „Alles in Ordnung?“

Rei blinzelte ein paar Mal und entspannte seine zur Faust geballten Hände, bevor er mit einem gezwungenen Lächeln in das fragende Gesicht der jungen Hebamme in spe blickte:

„Was ist denn passiert?“, fragte er sie freundlich.

„Mrs. Chou ist wieder da. Diesmal ist es wohl soweit. Meine Ausbilderin meinte, ich soll dir zur Hand gehen, weil sie gerade mit der anderen Gynäkologin zu einer anderen Geburt muss und du Mrs. Chou immerhin kennst.“

„Du lässt eine Gebärende also gerade alleine?“ Vorwurfsvoll blickten die goldenen Augen zu der kleinen Frau.

„Ähm, ihr Mann ist ja da...“ Mit schlechtem Gewissen wurde ihr der Fehler bewusst.

Rei schüttelte tadelnd mit dem Kopf, ehe er noch einen beherrschten Blick auf Kai warf, der zwangsmäßig zugehört hatte, und dann ohne ein weiteres Wort zu verlieren zu seiner Patientin eilte.

Xiaomeng meinte aber dann noch euphorisch zu Kai:

„Vielen Dank noch mal fürs Autogramm! Mein Bruder war hin und weg! Zwar ist und bleibt Rei sein Lieblingsblader, aber er findet dich auch wahnsinnig toll und...“

„Xiaomeng!“, unterbrach sie Reis wütende Stimme, was sie sofort zusammenzucken und hinterher rennen ließ, nicht ohne dem Graublauhaarigen jedoch noch einmal fröhlich zugewunken zu haben.
 

Rei atmete tief durch. Die warme Luft war angenehm, machte ihn jedoch noch müder. Umso froher war er, als er endlich nach Hause kam. Die letzten Stunden waren fürchterlich gewesen. Weniger, was die Arbeit betraf, als was ihn selbst betraf. Er war ein gefühlsmäßiges Wrack.

Als der Schwarzhaarige aus dem Lift trat und dem Flur zu seinem Appartement folgte, erkannte er plötzlich einen Schatten an der Wand gegenüber seiner Tür und erschrak.

„Was willst du?“, fragte er kalt, als er die Silhouette erkannte.

Schwerfällig erhob sich die Person, ging ein paar Schritte, blieb vor ihm stehen. Rei zuckte bei dem erschöpften Anblick des Graublauhaarigen zusammen.

„Rei, ich... Es tut mir leid. Bitte vergib mir. Ich...“ Kai fand keine Worte. So lange hatte er sich überlegt, was er sagen sollte. Alles umsonst.

„Warum sollte ich?“ Seine Stimme klang ruhig. Er wollte sich nicht weiter von Kai verletzten lassen. Er hatte genug Probleme bei der Arbeit; damit, dass er anscheinend bi war. Da konnte er dieses hin und her nicht gebrauchen und ertragen.

„Ich... Können wir drinnen weiter reden?“

„Nein.“

Ein Seufzen: „Ich weiß, ich habe mich schrecklich benommen. Ich komme einfach nicht so einfach damit klar wie du...“

„Einfach?“, unterbrach ihn Rei scharf, „Nichts ist daran einfach für mich! Mein Herz wurde auf gemeine Weise gebrochen und jetzt verliebe ich mich plötzlich in meinen alten Teamkameraden! Was glaubst du, wie einfach ich damit klar komme?“ Er spuckte jedes Wort geradezu aus.

„Ich weiß nicht“, meinte Kai kleinlaut.

„Gar nicht! Hörst du? Überhaupt nicht!“, fauchte er weiter.

„Aber warum hast du dann beschlossen es zu versuchen?“ Er war davon überzeugt gewesen, dass der Schwarzhaarige nicht so ein Problem damit hatte wie er.

Reis Stimme klang plötzlich ganz ruhig und bestimmt: „Warum nicht? Etwas, dass sich so gut anfühlt, kann doch nicht so falsch sein.“

Das war der Satz, den Kai gebraucht hatte. Sein Herz raste und er meinte vor Gefühlen überlaufen zu müssen. Seit er das Krankenhaus verlassen hatte, war es ihm beschissen gegangen. Es war, als hätte man ihm ins Herz gestochen – mit dem Unterschied, dass er selber es war, der das Messer hielt. So sehr Kai es versucht hatte, er konnte nicht damit klar kommen, es verdrängen, was er Rei gesagt hatte. Er wollte den Schwarzhaarigen nicht verlieren. Er wollte es so sehr nicht, dass er ihn nicht mehr verlieren konnte, ohne vor Sehnsucht verrückt zu werden. Es war beängstigend, wie schnell, unvorhergesehen und heftig er von dem Chinesen abhängig geworden war.
 

Von einem unbändigen Impuls geleitet, überbrückte er die letzte Distanz und verschloss Reis Lippen zu einem stürmischen Kuss. Er wurde jedoch jäh weggestoßen.

„Hör auf damit! Erst willst du Schluss machen und jetzt nicht mehr, oder wie? Ich habe keine Lust auf so etwas.“

„Bitte Rei. Ich habe Fehler gemacht. Ich dachte, es ist besser, wenn wir es beenden, aber... Ich konnte nicht aufhören an dich zu denken... Ich möchte dich nicht verlieren.“ Kai konnte selbst nicht glauben, was da für Worte aus seinem Mund kamen.

„Dann behandle mich, wie ich es verdiene. Reiß dich zusammen, wie ich es tue und vertrau mir, wie ich dir vertraue.“ Er hoffte, dass er nicht gerade einen Fehler vor lauter naiver Verliebtheit beging.

Der Graublauhaarige schluckte: „Ja.“

Rei blickte fest in die dunklen, roten Augen. Er erkannte die Reue und Hoffnung in ihnen, die Sehnsucht. Heiße Schauer rannen seinen Rücken hinab, verschleierten seine Gedanken.

Ehe er sich versah, schlangen sich seine Arme um Kais Hals und seine Lippen versiegelten in einem leidenschaftlichen Kuss die des Graublauhaarigen. Wohlig seufzte Kai auf und zog Rei ganz nah an sich, erwiderte wie verhungert.

„Ich glaube... uhm... wir sollten... rein gehen.“ Zwischen Küssen versuchte Rei den Schlüssel seiner Wohnung rauszukramen und aufzusperren. Die Tatsache, dass vorwitzige Hände unter seiner Kleidung gemeine Dinge taten, war dabei nicht sonderlich hilfreich.

Aufkeuchend fielen sie mehr in die Wohnung, als sie gingen.

„Rei...“, säuselte Kai heiser vor Erregung, als er ihn an die Wand drückte.

Der Schwarzhaarige grinste lasziv: „Hmm, kommt dir diese Situation bekannt vor?“

„Hnn.“ Feuchte Küsse bedeckten Reis Hals, Finger umfassten sein Becken.

„Dein Ergebnis ist negativ“, fuhr er fort, grinste noch breiter, als Kai inne hielt.

Rote Augen sahen ihn an: „Das wusste ich auch vorher.“

„Hmm. Du verstehst nicht. Das war gerade ein Angebot.“ Rei genoss es zu sehen, wie Kais Gesichtszüge entglitten.

„Duuu...“ Das war das einzige, was der Graublauhaarige herausbrachte, bevor sie erneut in einem berauschenden Kuss versanken.

Rei wollte ihn. Und er wollte ihn jetzt.
 

_______________________________________________________________________________________________________________________
 

Das Ende ist gemein, aber ich bin froh, das ich eines gefunden habe. Das Kapitel lag nämlich seit April halb fertig rum und ich konnte nicht daran schreiben. Dafür ist es aber wenigstens viel positiver ausgegangen, als ursprünglich geplant.
 

Über Kommentare würde ich mich wie immer sehr freuen^^!
 

Bye
 

Minerva



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Kommentare zu dieser Fanfic (45)
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Von:  DasHasi
2013-05-20T10:12:47+00:00 20.05.2013 12:12
Wow ^.^
Sehr tolle Geschichte :)
Hoffe du schreibst irgendwann weiter!!
Von:  caramel-bonbon
2012-01-16T22:01:57+00:00 16.01.2012 23:01
wuhuu, du hast mich ja erwähnt! :D und ich bin eine solch schlechte leserin und les es erst jetzt... >< schande über mich...

oooh, daaaas ist ja mal eine nette überraschung! :D irgendwie kommt da so eine leicht verzweifelte sehsucht von kais seite her rüber.. ganz schön ^^
ich finde es sehr gut, dass du erwähnt hast, dass diese position für rei nicht einfach verständlich ist...! daumen hoch!
und dann diese frage, alles klar :D wah! wieso nein? :(
achsooo... na wie vernünftig, das ist schön... :) aber irgendwie grad total unpassen! und dann wirft er kai vor, unromantisch zu sein... -∆-
ja rei, das handy wurde tatsächlich schon erfunden...
rei du schlimmer!! XD
wie die immer so nüchtern über alles reden, ich find das einfach herrlich :D
[„Sex im Krankenhaus?“, hackte er noch einmal nach.] hakte nach... ist doch prickelnd!! XD
hä? ich dachte mariah war die einzige, mit der er jemals sex hatte?? ôo oder meint er da mariah?
ich mag dieses unangenehme gefühl nicht... das versaut nur alles... ¬¬
also... ich versteh kai ja, dass er das nicht will... :3
[um sich auf seinen Dienst vorzubereiten.“] da haben sich gänsefüsschen am falschen ort eingeschlichen... ^^
jaah totaaaler zufall =P
woooah, wie fiiiies... XD
aah, das musste ja noch kommen... und schon haben sie ihren ersten krach... und dann gleich so... na besser jetzt als ein jahr später...
und dann können sie das nicht einmal ausdiskutieren... mann, du machst es ihnen nicht gerade leicht... T_T
[Etwas, dass sich so gut anfühlt] etwas, das sich...
und jetzt: versöhnungssex, yehaaa!!! XD
wand? hui, ein deja-lu ^^
hehe mal wieder ein super kapitel, mit viel gefühl und gekribbel in meinem bauch und ein fettes grinsen auf mein gesicht zeichnend - wie immer hast du mich nicht enttäuscht! :D
aber meine liebe, weihnachten ist schon lange vorbei, wo bleibt das nächste kapitel? ich will eine sexszene!!! XD
ich habe zwar noch prüfungen bis mitte februar, aber am donnsterstag gebe ich meine bachelorarbeit ab und habe wieder mehr zeit und dann werde ich auch wieder fleissiger kommentieren können :D also los, an die arbeit!! XD
*motivationskick-in-den-arsch-verpass*
*bonbon da lass*

Von:  caramel-bonbon
2012-01-16T21:01:33+00:00 16.01.2012 22:01
uh, ich bin so hinterher... tschuldigung!! ><
also, zu kapitel 5:

das hört sich aber gemütlich an ^^
ich versteh nicht, wo kais problem ist... rei erwidert doch seine gefühle... ôo
hihi du bringst mich echt zum schmunzeln. wie du kai durch rei in die enge treibst, echt lustig :D
[„Du liebst mich?“, hackte Rei sofort nach.] hakte Rei nach... ich mach den fehler auch andauernd... -_-
ah rei, nun sei doch nicht wieder gleich so analytisch!! das ist ja furchtbar! aber andererseits auch wieder witzig XD
„gefühlsmischmasch“ hach ist das süß ^^
hah lol „dich verführen“, bam! XD
kai muss ganz schön nervös sein, auch wenn er es selbst nicht schnallt... der lachanfall ist ein typisches symptom, genau!
uh, sexy aktion mit der krawatte =P
na, kais widerstrand hat ja nicht gerade lange gebraucht um zu brökeln XD wobei, für rei wohl lang genug XD uuh, wie prickelnd...
aber ich finde, es hätte besser gepasst, wenn kai nun „stürmisch“ anstelle von „sanft“ gewesen wäre...
iih, stoff auf der zunge ist eklig XD das fühlt sich so filzig an....
aah, was erwartest du denn, nach 4 jahren gar nichts??? XD
„archivierte jede von Kais Reaktionen in seinem Gedächtnis“ archivieren?? haha okay, das ist wohl der perfekte ausdruck für diesen rei XD
[berauschenden Gefühl hin, dass sich in seinem Bauch ausbreitete] , das sich....
kais rummeckernder verstand... einfach köstlich ^^
ach komm schon, kai, das hast du dir doch immer gewünscht, also zier dich nicht so!
ah, rei ist so süß ^^~<3
ein tolles kapitel! <3
*bonbon da lass*

Von:  Shayd_chan
2011-12-19T16:21:56+00:00 19.12.2011 17:21
Wieder mal ein tolles Kapi.
Auch wenn ich anfangs ziemlich gebraucht hab, um wieder rein zu kommen.^^

Ich fand deine Schilderung über Kai's Angst echt gut. Vor allem wie du die Situation mit Kai aufgebaut hast.
Am Anfang war ich ein bisschen verwirrt, aber du hast es ja im Endeffekt dann näher erläutert.
Was auch gut war, war Reis "Nein". Ich konnte mir das so richtig schön bildhaft vorstellen xD

Ich freu mich schon aufs nächste Kapitel

Shayd_chan <3
Von:  Shayd_chan
2011-12-12T07:05:54+00:00 12.12.2011 08:05
Es ist sooo cool!!! *_*

Als ich die Krankheit erfahren hab, dachte ich erst mal "WTF?! Kenny?!"
Und dann vergisst Rei auch noch den Jahrestag... böse, böse!
Vor allem aber finde ich jetzt im Nachhinein den Aufbau der gesamten Geschichte echt gut. Man weiß jetzt zwar schon, dass die beiden zusammen kommen, aber das 'Wie' bleibt noch geheim.
Wie ich schon im Zirkel geschrieben hab, die Geschichte ist so schön humorvoll und ich kann mir gut vorstellen, dass die Umsetzung am Anfang echt schwierig war, aber du hast eine super geschichte daraus gemacht.
Vielen, vielen dank dafür! ^^

*knuffz* Shayd_chan
Von:  blackangel_tsukuyomi
2011-12-08T16:36:57+00:00 08.12.2011 17:36
Deine Inspiration liegt also etwas weiter in der Zukunft.
Das heißt du arbeitest daraufhin?
Aber die Geschichte ist total witzig.XD
Wie die sich begegnen und wie du Kenny siehst ist einfach nur zu komisch.XDD
Was passiert eigentlich,wenn Kai nach Deutschland zurück muss?
Was wird dann aus den beiden?
Das hab ich mich ja schon von Anfang an gefragt,als ich das gelesen habe.
Aber das kommt sicher noch,also bringt es mir eigentlich gar nichts zu fragen.
Freu mich schon,wenn es weitergeht.
Bis zum nächsten Mal.^^

LG
Von:  Alex_Dryden
2011-12-07T10:37:45+00:00 07.12.2011 11:37
Okay....
ich war jetzt mit dem Prolog etwas überfordert...weil ich finde er dient nicht so richtig als Prolog, weil ja eigentlich schon alles gesagt wird...
Vllt hätte man das so machen sollen, das Rei zu erzählen beginnt und das ende dann als Epilog...
aber ist ja deine Endscheidung^^
Aber rein für sich betrachtet ist es ein gutes Kapitel.
Kenny mit Syphilis...also echt...nein...super lustig...
aber noch lustiger wie Kai im Türrahmen stand XD

Freu mich aufs nächste Kapitel, wenns dann weiter geht

Bye Gauve_Lexi
Von:  caramel-bonbon
2011-12-06T19:57:19+00:00 06.12.2011 20:57
so stürzen wir uns doch nun endlich auf das monster- und mein lieblingskapitel!! :D

[dann fanden sie auch auf keinen gemeinsamen Nenner] kannst du das auch und das auf nicht einfach streichen? ôo

ach rei, werd locker, wenn sie sich nicht wie wild bewegen und sie sich verausgaben ist das sicher kein problem X,D
ach rei, du hast auch schon lange keinen sex mehr gehabt...
„gänsehaut auf jeder einzelner hautschuppe? wie geht das denn? XD
hachja, der liebe zufall XD

ich liebe es einfach, wie die beiden miteinander reden und ihre kleinen gesten, die sie eigentlich so was von verraten!! :D
ist das „gut zu wissen“ auf die möglichkeit bezogen, dass jemand beim sex in der sauna ohnmächtig werden könnte? XD

naaa kai, rei ist eifersüchtig! ;)
ES passierte wieder!! jaah, darauf habe ich gewartet!! :D

hm... ein rücken, ein dünnes stofftuch und wasserfester stift? das drückt doch bestimmt durch! na, dann hat die kleine auch gleich ein autogramm und es geht nicht mal ab beim baden, ist doch praktisch! <XD
zuko, ja? hehe den namen hast du dir bestimmt geliehen, nicht wahr? ;)

wie rei von aliah spricht... hayayay... will er kai etwa triezen?

uuh, das ist vielleicht ein ort... so versteckt und hihi

[Ich finde, dass ist noch im Toleranzbereich“, fügte Kai sachlich hinzu.] das ist noch...
ja, das finde ich allerdings auch :)
ein geburtstagsgeschenk von mao, hm? XD
oje, ich find das irgendwie schrecklich, wie rei da analysiert, wer alles in frage käme für eine beziehung.. als würde er eine liste führen mit anhaltspunkten... verlieb dich doch einfach, du idiot, und zwar in kai! los! XD
genau rei, sonst endest du wie kenny! XD
oje... sowas gesagt zu bekommen tut schon weh, aber dann auch noch von demjenigen, in den man eigentlich schon die ganze zeit über heimlich verliebt ist und sich nur deswegen mit bedeutungslosem sex betäubt... das ist echt hart.. T_T
o-oooh, das prickelt ganz schön, auch wenn kai wütend ist, die funken fliegen schon! *-*
„Und Rei konnte sich vorstellen, dass es beneidenswert sein musste von Kai geliebt zu werden“ einfach nur ein wunderschöner satz! *-*
haaaach, ich weiß ja nicht wie du das machst, aber diese ganze szene ist einfach nur wahnsinnig prickelnd...
haaaaah, mein bauch hört nicht mehr auf zu kribbeln... das mit dem gegen die lippen hauchen und dann diese frage „was machst du mir mir“ ist einfach wahnsinnig verführerisch *-*
aaach und schon ist es zu ende, wie schade T_T

ich wusste schon immer, dass rei eigentlich der stärkere der beiden ist =P
ich mag diesen rei besser als der oh-gott-ich-bin-doch-so-süß-und-unschuldig-rei... gibt einen fetten pluspunkt für die ganze story! ;)
typisch arzt... symptome... bäh...

[„Ich denke, dass kriegst du schon heraus.“] das...

ohaa, na das nenn ich eine eindeutig einladung! XD

oh gott du spinntst... von wegen du kannst keine vernünftige kuss-szene schreiben, du hast uns gerade nicht nur einmal deutlich vom gegenteil überzeugt! mann, war das vielleicht heiß!! *¬*
ja und die hochs und tiefs haben dieses kapitel beinahe gleichwertig wie eine eigene ff gemacht! wirklich, das hast du klasse hinbekommen, die widmung an das gefühlschaos perfekt erfüllt!

*bonbon da lass*

Von:  caramel-bonbon
2011-12-06T18:54:59+00:00 06.12.2011 19:54
so, dann bin ich ja mal gespannt, was der prolog nun enthüllt! ^^
keine widmung diesmal? ö_ö

jaaah kenny! ich mag ihn nämlich :3
och ich kann ihn verstehn, ich war mal in indien im krankenhaus, mann war das vielleicht was...
aber was macht kenny denn in hong kong?
wie, für apple?? na das passt jetzt aber totaal!! :D wie geil :D
aaahahah nein wie süüüss... :D hat er sich den tripper eingefangen oder was? XD

[den anderen Männern bescheid zu geben] Bescheid geben groß

hach kenny, du bist auch nur ein mensch :) ich find’s super, dass sich mal jemand dem chef widmet! :D

[Du weißt schon, das und wie man verhütet] dass

„das gras wachsen hören“ ha, wie witzig, das muss ich mir merken :)
haha das sagt der, der kaum sex hat *rofl* XD mit mao braucht der bestimmt keine kondome und sonst hat er ja auch keinen sex XD

hm, ich glaube zwar, ich mache das auch nicht wirklich, aber hier könntest du zwischen dem abschnitt mit rei und dem abschnitt mit kai (und auch umgekehrt) ruhig mehr abstand lassen bzw. ein sternchen oder so setzen, finde ich... ^^

[Rei ahnte nichts böses] Böses groß! nach nichts/etwas immer groß!

wtf??? kai? häh? in reis wohnung oder was? also in bezug auf den rest der geschichte (die ich ja schon kenne) versteh ich jetzt gar nichts mehr...
vielleicht kommt das ja noch... ôo aber hätte rei ihn dann nicht irgendwann mal darauf angsprochen? ich mein, wen man nur in einem ledermantel die tür aufmacht... ^//////^’’
oder! spielt der prolog etwa NACH den ersten paar kapiteln?? ôo
dann müsste ich jetzt ziemlich lachen hahahah XD
[öffnete er vorsichtig erneut die Haustür] meinst du da nicht eher die Wohnungstür? sonst würde kai ja ziemlich exhibitionistisch im haus rumstehen X,D

oh gott, ich hab einen lachanfall!!! XD
ist ja eigentlich ganz ‚süß’ von kai, aber halt dumm gelaufen DX
oh neeeeein, reeeeei, wie kannst du nur!! XD

oh gott hör mir bloß auf mit jahrestag... ich höre jeden monat den gleichen satz: „weißt du, was heute für ein tag ist?“ echt, man kann’s ja auch übertreiben ^^’
aber den jahrestag vergessen... ayayayyy

ach, das ist schon so lange her? aber wieso feiern die 1 ½ jahre? ôo oder feiern sie ihre erste wiederbegegnung?
[„Das du dich noch traust.“] dass du dich...

eine ming-ming-cd zum trost, nein wie geil!! haha was ne anspielung XD

aach wie süüss, der schluss ist total gut gelungen!
und ja, ich kann kai gut verstehen, dass er sich über kenny lustig macht XD
also das war wirklich ein toller prolog, auch wenn er erst jetzt kam.

*bonbon da lass*

PS: hast du nicht gesagt im prolog wird enthüllt, wieso rei gynäkologe geworden ist? ôo
Von:  tenshi_90
2011-12-06T18:03:45+00:00 06.12.2011 19:03
Hey!

Das war ja mal ein schönes Kapitel :)

Hätte nie gedacht, dass Kenny so unvorsichtig sein kann... Die Reaktion von Kenny auf die Tatsache, dass Rei und Kai ein Paar sind, fand ich auch total süß :)

Freu mich schon aufs nächste :)

LG


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