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Against The Darkness

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Liebe Leser,
Wow wer hätte gedacht, dass ich tatsächlich doch noch einmal etwas hochlade. Irgendwie ist in letzter Zeit meine Lust am Schreiben wieder gestiegen und diese Geschichte war ursprünglich einmal eins meiner größeren Projekte. Durch einen Festplattendefekt ist damals leider viel verloren gegangen und im Nachhinein war ich mit dem Geschriebenen auch nicht mehr wirklich zufrieden. Daher habe ich mich entschieden, dass ich den Prolog und die ersten drei Kapitel, die ja bereits einmal hochgeladen waren, noch einmal überarbeite und dann neu einstelle. Außerdem habe ich mir fest vorgenommen, dass ich die Geschichte dieses Mal zu Ende schreibe. Ich kann nicht abschätzen, in welchen Abständen ich etwas hochladen werde, vermutlich wird die Geschichte auch einen anderen Verlauf nehmen als ich es ursprünglich einmal gedacht hatte. Das liegt zum Einen daran, dass ich den Fokus neu setzen möchte, zum Anderen aber auch daran, dass ich älter geworden bin und sich mein Stil im Vergleich zu damals weiterentwickelt und verändert hat.

Im Verlauf der Geschichte könnte es dazu kommen, dass sich das ein oder andere Pairing entwickelt/ergibt, wie auch immer; sollte dies der Fall sein werde ich die Altersempfehlung daran anpassen. Der Prolog wurde nur an einigen Stellen überarbeitet, aber die weiteren Kapitel werden vermutlich ganz anders als früher werden.

Also dann viel Spaß beim Lesen von "Against The Darkness" und ich hoffe, dass die Story noch den Geschmack des ein oder anderen treffen wird.


Eure KenIchijoji Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Tatsächlich kommt diese Woche noch eine Fortsetzung :3 Für alle, die die ersten drei Kapitel schon kannten kommt jetzt etwas Neues. Viel Spaß beim Lesen :3 Komplett anzeigen

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Wie alles begann

 

Prolog: Wie alles begann

 

18. Dezember 2009

Tokyo, Japan

 

Als Ken die Türe aufschloss und die Wohnung betrat, empfing ihn wohlige Wärme. Draußen war es selbst für Dezember unglaublich kalt und er hatte sich beeilt, schnell nach Hause zu kommen. Doch es war nicht nur die Kälte, die ihn vertrieben hatte, auch die undurchdringliche Dunkelheit der eisigen Winternacht sorgte bei ihm nach wie vor für ein ungutes Gefühl. Selbst nach Jahren noch machte ihm die Finsternis Angst, aber er hatte sich damit abgefunden und sorgte stets dafür, dass er dieser Angst aus dem Weg ging. Seit dem Kampf gegen MaloMyotismon waren nun fast sieben Jahre vergangen. Aus dem elfjährigen, von Selbstzweifeln und Schuldgefühlen geplagten, Jungen von damals war ein vernünftiger Teenager von 18 Jahren geworden.

 

Ken hatte bereits seine Schuhe ausgezogen und Teewasser aufgestellt, als das Telefon klingelte. Ken hatte mit seiner Mutter gerechnet, die gegen Nachmittag aus Besorgnis immer zu Hause anrief, doch die Stimme am anderen Ende der Leitung ließ ihn erschaudern. „Ken…“, flüsterte die angsteinflößende Stimme „du bist der Erste, der meine Rache zu spüren bekommt. Mach dich auf dein Ende gefasst! Niemand wird mich dieses Mal noch aufhalten können!“ Darauf folgte ein gehässiges, widerwärtiges Lachen und Ken ließ in Trance einfach nur den Hörer fallen. Was und vor allem WER war DAS? Am ganzen Körper zitternd stand er noch Minuten neben dem tutenden Telefon, ehe er in die Küche zurück stolperte. Durch seinen Kopf schoss immer nur ein und dieselbe Frage: Was hatte das zu bedeuten? Warum immer wieder er? Das fertige Teewasser nicht weiter beachtend, begab sich der Schwarzhaarige einfach nur in sein Zimmer und verkroch sich in seinem Bett. Er hatte einen Schock und nicht einmal gemerkt, dass ihm Tränen über die Wangen liefen. Ken wünschte sich in diesem Moment nichts sehnlicher, als seinen besten Freund an seine Seite. Er würde ihn beschützen, er würde ihm sagen, dass alles wieder gut werden würde. Ken schüttelte traurig den Kopf, er hatte geschworen, die anderen nie wieder in seine Probleme hineinzuziehen, nicht nach der Geschichte vor sieben Jahren. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als sich seiner Angst alleine gegenüber zu stellen. Er war nicht mehr so schwach wie damals, er konnte das… redete er sich zumindest ein. Wenn doch nur Wormmon da wäre.
 

Etwa zur gleichen Zeit, als Ken den Anruf erhielt, machte sich bei Hikari ein komisches Gefühl bemerkbar, dass ihr keine Ruhe mehr ließ, eine Intuition, dass irgendjemand ihre Hilfe brauchte, der ihr am Herzen lag, vermutlich einer der Digiritter. Sie wusste nicht so recht, wer genau es war und beschloss deshalb, jeden ihrer elf Freunde anzurufen um sicherzugehen, dass sie alle in Ordnung waren. Sie hatte diesen sechsten Sinn zu schätzen gelernt, denn sie wusste, dass ihre Pflicht der Digiwelt gegenüber sie wohl niemals ganz verlassen würde. Sie zog ihr Handy aus der Hosentasche, setzte sich auf ihr gemachtes Bett und wählte zuerst die Nummer ihres älteren Bruders Taichi in ihrem Telefonbuch aus. „Hey Schwesterchen, was gibt‘s?“, meldete er sich nach wenigen Sekunden mit ziemlich überrascht klingender Stimme und Hikari wurde etwas ruhiger. Sie erzählte ihrem Bruder, der für sie wie ein Ruhepol war, von dem merkwürdigen Gefühl und was sie dahinter vermutete, doch Taichi versuchte seine Schwester auf andere Gedanken zu bringen und empfahl ihr, sich nicht so viele Gedanken zu machen. Er wusste wie seine Schwester war, stets um alle besorgt und viel zu rücksichtsvoll, als sich zuerst einmal um sich selbst Gedanken zu machen.

 

Nachdem Taichi aufgelegt hatte, konnte die Braunhaarige Yamato und Sora ebenfalls von ihrer Liste streichen, da diese mit ihrem Bruder auf dem Weg ins Kino waren. Als nächstes rief Hikari dann Takeru an, der so etwas wie ihr Seelenverwandter war und es beruhigte Hikari sehr, dass dieser mit Miyako und Iori zusammen war, da die drei Kekse für die anstehende Weihnachtsfeier der Digiritter backen wollten. Damit fehlten ihr nur noch Mimi, Koushiro, Jou, Daisuke und Ken. Da Koushiro bei diesen Temperaturen meistens drinnen vor seinem Computer saß, erreichte sie ihn auch sofort und erzählte ihm genauso wie Taichi, was in ihrem Kopf vorging. Takeru und den anderen beiden gegenüber hatte sie den wahren Grund ihres Anrufs erst einmal verschwiegen, da sie nicht unnötig für Panik sorgen wollte, ohne sich sicher zu sein, dass an ihrem Gefühl etwas Wahres war. Vor allem Takeru hätte sie vermutlich erst wieder beruhigen können, wenn er Hikari gegenübergestanden hätte um zu sehen, dass es ihr auch wirklich gut ging. Ja so war ihr bester Freund eben. Koushiro versprach ihr, sich einmal umzusehen, ob er irgendwelche Veränderungen in der Digiwelt feststellen konnte und legte dann ebenfalls auf. Da sie von ihm außerdem erfahren hatte, dass Jou an der Uni in einer Prüfung saß und Mimi mit ihm kurz vorher noch abgesprochen hatte, wann sie für das Weihnachtsfest herüberkommen würde, blieben also nur noch Daisuke und Ken auf ihrer Liste.

 

Da sie wusste, dass Ken sich vermutlich nur unnötige Sorgen wegen ihres Bauchgefühls gemacht hätte, rief sie zuerst Daisuke an, um Ken nicht unnötig aufzuregen. Sie wusste, was der Junge in der Vergangenheit durchgemacht hatte und eine Sorge weniger in seinem Kopf war schon viel wert. Doch bei Daisukes Handy ging nur die Mailbox ran. Sie machte sich gar nicht erst die Mühe, ihm eine Nachricht zu hinterlassen, sondern rief direkt bei ihm zu Hause an. Nach wenigen Klingelzeichen hob Jun, Daisukes ältere Schwester ab und Hikari nannte der inzwischen jungen Frau ihr Anliegen. Verärgert legte sie schließlich auf und murmelte wütend vor sich hin. „Wozu schenken wir dem Chaoten alle zusammen zum Geburtstag ein neues Handy, wenn er es trotzdem immer zu Hause liegen lässt!“ Dass sie Daisuke nicht erreichen konnte machte sie zwar etwas sauer, aber Sorgen musste sie sich um den Jungen nicht unbedingt machen, der kam in der Regel mit jeder Situation irgendwie zurecht und war der Erste, der sich meldete, wenn etwas passiert war. Also war der Letzte auf ihrer Liste Ken, das damalige Sorgenkind. Doch irgendwie hatte sie das ungute Gefühl, dass sich daran nicht viel geändert hatte. Da Kens Handy meistens aus war, Hikari fragte sich hier ebenfalls, wozu er es überhaupt besaß, rief sie mehrfach bei ihm zu Hause an, doch ans Telefon ging niemand. Resignierend seufzte sie und legte schließlich auf. Sie hasste es, dass sie mit ihrem Gefühl vermutlich Recht hatte und rief erneut ihren Bruder an, doch dieser schien bereits im Kino angekommen zu sein, denn sein Handy war ausgeschaltet.

 

Verzweifelt warf sie das Handy auf ihr Kopfkissen und lief im Raum auf und ab, da sie nicht wusste, was sie nun machen sollte. Es war auch gut möglich, dass Ken einfach nur unterwegs war, versuchte sie sich selbst zu beruhigen, aber das unheimliche Gefühl wurde immer stärker. Erleichtert atmete sie auf, als ihr Handy schließlich klingelte und auf dem Display Daisukes Name erschien. Von ihnen allen war Daisuke mit Ken am engsten befreundet und er verstand den Schwarzhaarigen wie kein Anderer von ihnen. Manchmal hatte sie das Gefühl, wenn Ken es zuließ, konnte Daisuke ihn lesen wie ein offenes Buch. „Hallo Daisuke“, sagte sie sich mit möglichst ruhiger Stimme, was sie einiges an Selbstbeherrschung kostete und wartete auf eine Antwort, doch als er nichts weiter erwiderte fuhr sie direkt fort. „Sag mal, ist Ken bei dir?“, fragte sie vorsichtig und als Daisuke verneinte, gaben ihre Beine nach und sie fand sich auf dem Boden sitzend wieder. Mit zitternden Händen umklammerte sie ihr Handy, ihre Stimme klang genauso wie sich ihr Körper gerade anfühlte. „Daisuke... bitte, du solltest zu Ken fahren, ich glaube es ist was passiert!“, schrie sie fast in den Hörer, den Tränen inzwischen nahe. Der Junge am anderen Ende der Leitung schien förmlich zu erstarren.

1. Kapitel: Dunkle Winternacht

1. Kapitel: Dunkle Winternacht

 

18. Dezember 2009

Tokyo, Japan
 

Ken hörte das Telefon von seinem Zimmer aus zwar mehrfach klingeln, doch er hatte nicht den Mut, aufzustehen und den Hörer abzuheben, auch auf die Gefahr hin, dass es seine Mutter war und diese sich nun Sorgen machen würde. Noch immer stand er unter Schock, diese Stimme wollte er nicht noch einmal hören. Sie war ihm so bekannt vorgekommen, doch in seinem Kopf herrschte nur ein einziges Durcheinander, er konnte sie beim besten Willen nicht zuordnen. Er wusste nicht einmal, wie lange er hier schon saß und sich den Kopf über den mysteriösen Anrufer zerbrach. Vielleicht eine Stunde, vielleicht auch schon zwei oder drei, Zeit existierte nicht mehr, Ken registrierte nur die erdrückende Finsternis um sich herum und die Panik, die allmählich in ihm aufstieg und drohte, ihn zu ersticken. Irgendwann war er wieder aus dem Bett gekrochen und hatte sich im immer noch dunklen Zimmer an den Schreibtisch gesetzt. Seit einiger Zeit verspürte er außerdem ein Brennen im Nacken, genau an der Stelle, in die vor zehn Jahren die verhängnisvolle Saat der Finsternis in seinen Körper eingedrungen war. Diese Saat hatte ihn zu etwas gemacht, dass er niemals hatte sein wollen. Noch nach all den Jahren machte er sich Vorwürfe deswegen, obwohl ihm die anderen Digiritter längst verziehen hatten und sie Freunde geworden waren. Ken konnte sich einfach nicht vergeben, dass er die Digimon so gequält und ein Monster wie Chimeramon hatte erschaffen müssen.

 

In seinem Zimmer war es stockfinster, die einzige Lichtquelle war sein D-Terminal, welches der Schwarzhaarige seit einiger Zeit in der Hand hielt. Er hatte eine E-Mail an seinen besten Freund Daisuke eingetippt, doch noch fehlte ihm der Mut, auf Senden zu drücken. Er hatte Angst davor, sich wieder verletzlich zu machen, denn auch wenn er seinem besten Freund vertraute, fiel es ihm nach allen den Jahren ihrer Freundschaft immer noch schwer, sich diesem gänzlich zu öffnen und ihn um Hilfe zu bitten. Er schaffte es ja nicht einmal den Mut aufzubringen, endlich das Licht einzuschalten. Außerdem wollte er Daisuke nicht in Panik versetzen, vielleicht waren seine Nerven auch einfach wieder überreizt durch das viele Lernen? Die Schmerzen in seinem Nacken nahmen von Minute zu Minute zu und verschlimmerten sich, sein Körper wurde mit jeder weiteren Minute schwächer und leichter angreifbar. Er hatte das Gefühl, mit der Finsternis um sich herum zu verschmelzen und langsam zu verschwinden, in ihr zu versinken, wie gefesselt von Fäden der finsteren Mächte. Als ihm schließlich vor Schmerzen und Furcht die Tränen kamen, schickte er seinen Hilferuf endlich ab. Erschöpft und völlig verzweifelt ließ er das Terminal neben sich herabsinken, hielt sein Digivice weiterhin fest umklammert und versuchte verzweifelt sich wach zu halten und nicht dieser Kraft nachzugeben, die ihn in die Tiefe zu ziehen versuchte. Er wollte aufstehen und endlich das Licht einschalten, doch da die Schmerzen weiterhin zunahmen, sank er schließlich auf dem Boden zusammen. „Daisuke… Wormmon… helft mir...“, flüsterte er noch leise, bevor um ihn herum alles in Finsternis versank und er das Bewusstsein verlor.

 

~*~
 

Daisuke war gerade vom Training nach Hause gekommen, als er von Jun erfuhr, dass Hikari angerufen hatte. Er schleuderte die Tasche in die nächste Ecke, stopfte die Schuhe hastig in den Schrank und lief dann so schnell er konnte zu seinem Zimmer, natürlich nicht ohne sich einmal auf die Nase zu legen. Jun stand nur kopfschüttelnd an der Eingangstüre und dachte sich stillschweigend ihren Teil dazu. Kaum hatte Daisuke seine Zimmertür hinter sich geschlossen, wählte er bereits Hikaris Nummer und ließ sich mit dem Telefonhörer in der Hand aufs Bett fallen. Als Hikari sich schließlich meldete, war ihre erste Frage sofort, ob Ken denn bei ihm sei, was er verwundert verneinte. Aber er blieb ruhig, um Hikari nicht aufzuregen, denn bei ihm meldeten sich bereits die ersten Alarmglocken. Er kannte Hikari recht gut und wusste ganz genau, dass sie diese Frage nicht ohne Grund gestellt hatte. Im gleichen Moment piepste auch noch sein Terminal, sodass er dieses ebenfalls zur Hand nahm, um nachzuschauen, wer ihm geschrieben hatte. Während er Hikari weiter zuhörte, las er die Nachricht und erstarrte förmlich zur Salzsäule. Hikari hatte ihn währenddessen am Telefon darum gebeten, nach Ken zu schauen, da sie so ein Gefühl hatte, dass möglicherweise etwas passiert war. Daisuke schluckte erst einmal, bevor er zu sprechen begann. Wie verdammt Recht Hikari doch wieder einmal hatte. Nachdem er sich gefangen hatte las er Hikari ohne weitere Vorwarnung die Nachricht auf dem D-Terminal vor, sie war von Ken.

 

»Daisuke… Ich habe mir eigentlich geschworen, dass ich dich nie wieder in irgendetwas hineinziehe, aber… ich glaube ich brauche Hilfe. Irgendetwas… stimmt hier nicht, ich habe Angst... furchtbare Angst, irgendetwas will mich in die Finsternis ziehen und dann war da noch dieser Anrufer, ich… Daisuke ich brauche dich! Deshalb bitte... Hilf mir! Ken«
 

Einen Moment herrschte Schweigen, doch dann wurde sie von Hikaris Stimme durchbrochen. „Wir solltensofort zu ihm Daisuke, ich will nicht, dass ihm etwas passiert! Wir treffen uns in 15 Minuten an der Haltestelle nach Tamachi!“, rief sie aufgewühlt ins Telefon und legte dann auf. Daisuke wusste, dass sie sich beeilen mussten, bevor noch etwas Schlimmes geschah. Wenn Ken einmal von der Finsternis ergriffen wurde, kam er da ohne ihre Hilfe nicht mehr heraus, zumindest war es in der Vergangenheit immer so gewesen. Auch Hikari wäre damals ohne Takerus Hilfe nicht wieder von diesem unheimlichen Meer der Dunkelheit weggekommen. Er griff sich sein Terminal, das Digivice und sein Handy, stopfte alles in seine Jacke und verließ dann sein Zimmer. Im Flur zog er noch seine Schuhe an, steckte einen Schlüssel in die Hosentasche, da er nicht wusste, ob Jun noch zu Hause war oder nicht und rannte los zur Bahn-Station in Richtung Tamachi. „Ken… Ich komme, ich lass dich nicht im Stich!“, flüsterte er leise in den kalten Wind dieser finsteren Winternacht.
 

Nachdem Daisuke aufgelegt hatte, packte auch Hikari nur das Nötigste in ihre Manteltasche, schlüpfte in ihre warmen Winterstiefel und machte sich sofort auf den Weg zur Bahn. Immer wieder ging sie im Kopf Kens Nachricht durch. Sie wusste einfach nicht, was das alles zu bedeuten hatte und das verunsicherte die 18-Jährige. Dass er ernsthaft in Schwierigkeiten steckte, war das Einzige, dem sie sich sicher war, immerhin hatte sie ja auch noch diesen sechsten Sinn dafür, wenn etwas nicht stimmte. Doch die Nachricht warf einfach viel zu viele Fragen auf. Was war das für ein Anrufer gewesen, von dem Ken gesprochen hatte. Worum ging es in dem Anruf? Hatte Ken den Anrufer erkannt, dass er solche Angst hatte? Oder war er am Ende vielleicht sogar von jemandem bedroht worden? Da sie selbst aber ein komisches Gefühl verspürte, wusste sie eines ganz genau: Es hatte irgendetwas mit der Digiwelt zu tun. Seit sie damals auserwählt worden war, hatte sie immer wieder Veränderungen in der Welt ihrer digitalen Freunde verspürt. Schließlich holte sie ihr Handy hervor und rief in ihrer Verzweiflung noch einmal Koushiro an, erzählte ihm von der mysteriösen Email von Ken und bat ihn darum, herauszufinden, was in der Digiwelt los war und ein Meeting mit den übrigen Digirittern zu organisieren. Hikari selbst würde mit Daisuke und hoffentlich auch Ken später hinzustoßen. Nachdem sie aufgelegt hatte, schien sie schon etwas gefasster zu sein. Da Daisuke die E-Mail erhalten hatte, war Ken zumindest zu diesem Zeitpunkt noch in dieser Welt oder der Digiwelt gewesen, darauf hatte sie Koushiro hingewiesen, als sie mit ihrer Theorie anfing, Ken könne wieder ans Meer der Dunkelheit gegangen sein. Keiner außer Ken und ihr kannte den wahren Schrecken dieses Ortes und sie hoffte, dass auch niemand sonst jemals diese Erfahrung machen musste, geschweige denn sie oder Ken erneut. Fest umklammerte sie ihr Digivice und betete, dass ihm nichts passiert war und ein paar Tränen mischten sich mit der eisigen Winterluft und einigen Schneeflocken, die herabfielen. Nach einigen weiteren Minuten hatte sie dann schließlich die Bahn Station erreicht und wartete dort auf Daisuke, dessen Weg um einiges länger war als ihr eigener.
 

Gemeinsam mit Daisuke stieg Hikari wenig später in einen Zug nach Tamachi ein. Auf ihrer 15 Minuten langen Fahrt erzählte Hikari ihm von ihrem Gespräch mit Koushiro und ihren Fragen zu der gesamten Situation. Daisuke gelang es ganz gut, sie einigermaßen zu beruhigen, sodass sie beide relativ gefasst zu Ken gehen konnten. Vor der Wohnungstüre angekommen durchfuhr sie beide eine heftige Gänsehaut, denn es war stockfinster und eine Eiseskälte umgab den Gebäudekomplex. Nichts deutete drauf hin, dass sich jemand hier befand und auch auf ihr Klingeln reagierte niemand. Vorsichtig drückte Hikari die Klinke herunter nur um überrascht festzustellen, dass die Tür nicht abgeschlossen war. „Sag mal, Daisuke? Schließt Ken nie die Tür ab?“ Daisuke zuckte mit den Schultern, denn irgendwie wunderte ihn dieses nachlässige Verhalten. Das kannte er von dem sonst so vorsichtigen Jungen gar nicht. Normalerweise schlossen seine Eltern und er immer die Türe ab. Im Flur erblickte Daisuke den blinkenden Anrufbeantworter und ohne weiter darüber nachzudenken, drückte er den Knopf zum Abhören der Nachrichten. Die ersten beiden schienen die von Hikari zu sein, da man nur hörte, wie der Anrufer aufgelegt hatte. Die dritte Nachricht war von Kens Mutter.

Hallo mein Liebling, ich muss heute leider eine Doppelschicht arbeiten, da meine Kollegin sich um ihre kranke Tochter kümmern muss, ich werde dann bei meiner Chefin übernachten, damit ich nicht nachts noch durch den Schneesturm gehen und den langen Weg mit der Bahn fahren muss. Dein Vater sitzt wegen des Sturmes in Osaka fest und wird auch erst morgen nach Hause kommen. Bestell dir etwas zu Essen, Geld ist in der Dose in der Küche. Bis Morgen dann mein Schatz, pass auf dich auf.“

 

Hikari schaute Daisuke mit einem vorwurfsvollen Blick an. „DAISUKE!“, zischte sie leise und mit deutlicher Empörung in der Stimme, „du kannst doch nicht einfach den Anrufbeantworter anderer Leute abhören! Das gehört sich nicht! Du wärst auch nicht begeistert, wenn ich das bei dir machen würde!“ Daisuke kratzte sich verlegen am Hinterkopf und nickte dann, da er sich bewusst war, dass sie schon irgendwo Recht hatte, er hatte einfach mal wieder gehandelt ohne nachzudenken. „Aber zumindest wissen wir jetzt, dass wir bis morgen Abend Zeit haben, um Ken zu finden, bevor seine Mutter Alarm schlägt!“ Hikari nickte und hoffte inständig, dass er einfach nur schlafen würde. Vorsichtig öffnete sie seine Zimmertür und schaltete das Licht ein. Sie schaute sich um und schrak dann zusammen. „KEN!“, rief sie geschockt und mit zittriger Stimme, ehe sie sich neben ihn kniete, Daisuke direkt daneben. Beide schauten einander an und dachten wohl das exakt Gleiche. Was war mit Ken passiert?

2. Kapitel: Wo Finsternis herrscht...

2. Kapitel: Wo Finsternis herrscht...

 

18. Dezember 2009

Tokyo, Japan
 

Nach Hikaris Anruf hatte Koushiro sich stöhnend sein Telefon geschnappt und die Datei mit der Telefonliste an seinem Computer geöffnet. Von ihr wusste er, dass ihr Bruder mit Yamato und Sora gemeinsam im Kino war. Daher rief er nur Taichi an und hinterließ ihm eine Nachricht auf der Mailbox.Da Hikari ihn bereits angerufen hatte, konnte sich Koushiro zumindest sicher sein, dass der Braunhaarige sein Handy dabei hatte. Bei Miyako hatte er kurz angerufen, seit sie mit der Schule fertig war, hatte sie ein kleines Apartment im selben Gebäude in dem auch er selbst lebte, daher würden Miyako, Takeru und Iori in wenigen Minuten bei ihm sein. Damit blieben nur noch Jou und Mimi übrig. Die Braunhaarige würde er über ein Portal in der Digiwelt abholen, sie war bereits auf dem Weg von einem Gebiet ins Nächste. Koushiro tippte die Nummer des Medizinstudenten ein und drückte die Anruftaste. Aber Jou war vermutlich mal wieder irgendwo und ging wie meistens nicht an sein Handy, sodass auch hier nur eine Nachricht hinterlassen werden konnte. Also legte der Rothaarige das Telefon wieder weg, stellte es allerdings sehr laut ein, damit er einen möglichen Rückruf mitbekam. Anschließend ging er in die Küche und begann Limonade und ein paar Snacks für die anderen vorzubereiten. //Ich hoffe sie finden Ken und es ist alles in Ordnung mit ihm. Er hatte ja oft diese Panikattacken gehabt früher, vielleicht ist es nur ein Rückfall…// Diese Gedanken beschäftigten Koushiro, doch irgendetwas schien ihm zu sagen, dass er damit dieses Mal gewaltig daneben lag.
 

~*~
 

Hikari und Daisuke schauten sich beide vollkommen ungläubig an. Ken lag zusammengekrümmt auf dem Boden und wirkte irgendwie leicht durchscheinend. So als ob er mehr Geist als Mensch wäre. Bei Hikari schrillten die Alarmglocken auf Sturm. Plötzlich schlug sie sich die Hand vor den Mund und rief, wie von der Tarantel gestochen: „Daisuke, ich weiß was das bedeutet! Genau SO sah ich damals aus, bevor ich vor Takerus Augen in eine andere Welt gezogen wurde.“ Sie machte noch die letzten Schritte auf Ken zu und berührte seine Schulter. Sie zuckte zusammen und zog ihre Hand ruckartig wieder zurück, während sie sich auf die Lippe biss. Hikari war die Höflichkeit in Person, aber in solchen Situationen rutschte ihr auch schon mal das ein oder andere heraus. „Verdammt, Ken ist eiskalt und klitschnass. Daisuke, jetzt hilf mir mal lieber anstatt da wie angewurzelt im Weg zu stehen!“ Vorsichtig hob Hikari den reglosen Körper etwas vom Boden und drückte ihn Daisuke in die Arme. „Du musst ihn wärmen, so gut es geht. Ich hole warme Decken und Wärmflaschen. Er darf nicht weiter auskühlen, sonst verlieren wir ihn an die Finsternis. Kannst du die Fäden um ihn herum sehen?“ Daisuke musste erst einmal mental verarbeiten, was hier geschehen war. Da lag sein bester Freund, zusammengesunken, bewusstlos, flach atmend und halb erfroren in seinen Armen und er konnte einfach nichts tun, als ihn festzuhalten. Zum ersten Mal seit langem spürte Daisuke ein Gefühl, dass ihm Angst bereitete: Hilflosigkeit! Doch gleichzeitig erwachte in ihm eine andere Kraft: Die Kraft der Freundschaft. Die Wärme, die dieses Gefühl in ihm auslöste, versuchte er auf Ken zu übertragen und allmählich wirkte Kens Gesicht nicht mehr ganz so leichenblass wie zuvor.

 

Unterdessen war Hikari mit einem Schlafanzug und einem großen Stapel Decken ins Zimmer zurückgekehrt. „Daisuke, du musst mir helfen ihm die nassen Sachen auszuziehen, sonst wird er noch schwer krank. Daisuke folgte Hikaris Anweisungen und nach guten zehn Minuten hatten sie Ken vollständig umgezogen und von Kopf bis Fuß in warme Decken gewickelt. Daisuke war es unangenehm gewesen, dass sie das ohne Kens Einverständnis getan hatten, aber die Alternative wäre gewesen zu riskieren, dass er sich den Tod holte. Hikari legte gerade noch einige Wärmflaschen dazu, als plötzlich Kens Digivice, dass sie beiseite gelegt hatten, zu leuchten begann. Daisuke wollte schon „Achtung!!!“ rufen, als der Computermonitor zu leuchten begann und sich ein kleines, grünliches Wesen zu manifestieren begann. Es war Kens geliebter Digimonpartner Wormmon! „Ken-chan... oh nein Ken-chan..“, hörte man es nur noch entsetzt rufen und schniefen, als sein Blick auf seinen bewusstlosen Partner fiel.
 

~*~

 

18. Dezember 2009

Unbekannter Ort
 

Alles lief nach Plan. Er hatte den zerbrechlichen Jungen so sehr verängstigt, dass er sich allein zurückgezogen hatte. Er hatte ihn damit soweit geschwächt, dass er freien Zugang zu dem bekommen hatte, was er am allermeisten ersehnt hatte. Über all die Jahre hatte er nur auf diesen Moment gewartet, ein ekelhaftes Lachen erklang. Diese naiven Digiritter würden schon sehen, was sie davon hatten, dass sie ihm eine solche Schmach zugefügt hatten. Die meisten Menschen waren einfach so herrlich schwach! //Schon bald wird mir die ganze Welt gehören!!!//

 

~*~

 

18. Dezember 2009

Tokyo, Japan
 

Koushiro war gerade mit der Limonade fertig, als Mimi durch das Portal in sein Zimmer kam und es im fast exakt gleichen Moment klingelte und Miyako, Iori und Takeru vor der Türe standen. Dass sie inzwischen auch Bescheid wussten, was los war, konnte man ihnen deutlich ansehen. Miyako heulte Rotz und Wasser, dass sie für Ken schwärmte war ja kein großes Geheimnis, auch wenn der Schwarzhaarige ihr einen Korb nach dem anderen gab. Takeru war auch ein bisschen blass um die Nase, vermutlich spürte er auch etwas von dem Finsteren, das auch Hikari wahrgenommen hatte. Iori erschien ihm extrem gefasst. Der Junge war auch damals schon immer der Ruhepol gewesen, wenn es brenzlig geworden war. Er war wirklich die Zuverlässigkeit in Person. Der Rothaarige führte Miyako und die anderen in sein Zimmer und flüsterte dabei Mimi unauffällig ins Ohr: „Wir müssen Miyako irgendwie beruhigen. Ihre Hysterie kann ich hier gerade eigentlich nicht gebrauchen.“ Mimi nickte und Koushiro seufzte. „Wenn sie jetzt schon vollkommen fertig ist, will ich lieber nicht wissen was passiert, wenn wir alle Details kennen.“
 

Unterdessen saß Daisuke mit dem dick eingepackten Ken auf dem Sofa im Wohnzimmer. Hikari war auf den Balkon gegangen und versuchte einen ihrer Freunde zu erreichen, da sie hier ohne Auto mit Ken wohl nicht mehr wegkamen. Ken war zwar ziemlich dünn und leicht, sodass Daisuke ihn problemlos tragen könnte, aber sie würden nicht ungesehen mit der Bahn nach Odaiba kommen, von der Kälte draußen mal abgesehen. Wormmon hatte sich eng an Ken gekuschelt, der auf Daisukes Schoß lag, so als ob es auch versuchen wollte, Ken irgendwie aufzuwärmen. Das gelang dem kleinen Wesen natürlich nicht wirklich, aber Daisuke fand es rührend, wie sehr sich Wormmon um Ken sorgte und kümmerte. Er selbst vermisste Veemon auch sehr und er nahm sich fest vor, es bald auch mal wieder aus der Digiwelt abzuholen. „Ken, wach doch bitte auf, wir sind doch hier…“, flüsterte Daisuke leise, während er sich fest auf seinen Mut und seine Freundschaft zu dem Jungen konzentrierte. Schon einmal hatte er Ken aus der Finsternis geholt indem er ihm das Licht eines Wappens als Wegweiser geschickt hatte. Damals war es das Zeichen der Wunder gewesen. Heute würde er sich auf sein Vertrauen zu Ken verlassen müssen. Er war mutig, dass wusste er. Er war bereit, für seine Freunde wie ein Löwe zu kämpfen, ohne dabei leichtsinnig zu werden. Daisuke war froh, dass sich die vertraute Wärme in ihm ausbreitete, aber irgendwie hatte er das Gefühl, dass sie nicht auf Ken übergriff. Irgendwas lief hier gewaltig schief, das spürte er ganz deutlich. Aber er würde Ken nicht aufgeben, auch wenn er durch die Hölle und zurück musste.
 

Seit gut zwanzig Minuten, die ihr gefühlt wie zwei Stunden vorkamen, stand Hikari nun bereits auf dem Balkon der Ichijojis und versuchte ihren Bruder oder Jou zu erreichen. Ken war nach wie vor komplett weggetreten und es war ihr und Daisuke nicht möglich, ihn ohne Auto von Tamachi zu Koushiro nach Odaiba zu befördern. Jou mit seinem medizinischen Fachwissen wäre ihr gerade wirklich am liebsten, aber sie wäre schon echt zufrieden, wenn überhaupt mal irgendjemand an sein Telefon gehen würde. Man merkte Hikari ihre Frustration, gemischt mit der Sorge um Ken deutlich an. Sie war schwer auf die Palme zu bringen, aber sie spürte selbst, dass ihr bald der Kragen platzen würde, wenn nicht bald etwas passierte. Vorhin in Kens Zimmer waren ihr schon einige Dinge herausgerutscht, die sie unter normalen Umständen niemals sagen würde. Aber wann herrschten in Bezug auf Ken schon normale Umstände? Sie seufzte resignierend. Sie hatte an Ken etwas bemerkt, das wohl nur sie zu sehen schien. Selbst Daisuke hatte sie diese Entdeckung verschwiegen, es reichte, dass er schon so genug in Sorge war. Hikari wählte schließlich vollkommen genervt die Nummer von Koushiro. Sie erzählte ihm, was sie bei Ken vorgefunden hatten und erfuhr im Gegenzug von ihm, dass Mimi, Miyako, Iori und Takeru bereits bei ihm waren. Auf die Nachricht, dass Miyako vollkommen hysterisch war, seufzte Hikari nur sehr laut. „Wir brauchen entweder Jou oder Taichi, die uns mit dem Auto abholen. Ansonsten bekommen wir Ken niemals zu dir, er ist vollkommen unterkühlt und bewusstlos“, sagte sie noch zu Koushiro, woraufhin die beiden abmachten, dass er versuchen würde Jou zu erreichen, während Hikari weiter ihren Bruder kontaktierte.

Sie legte auf und war erleichtert, dass wenige Sekunden später das Handy erneut klingelte und ihr Bruder endlich am Apparat war. Auch ihm fasste sie das Wichtigste kurz zusammen, nannte ihm Kens Adresse und betonte noch einmal, dass er sich beeilen sollte, ehe sie auflegte.
 

Sie betrat wieder die Wohnung und merkte beim Hereinkommen, dass sie selbst auch schon ganz durchgefroren war. Daher ließ sie den Mantel an, als sie ins Wohnzimmer ging, in dem immer noch Daisuke mit Ken im Arm saß und Wormmon direkt daneben. Erleichtert sagte sie: „Daisuke, ich hab meinen Bruder erreicht, er ist in etwa 10 Minuten hier.“ Daisuke seufzte ebenfalls erleichtert. „Das ist gut. Dieser Ort strahlt für mich irgendetwas Finsteres aus, Ken muss hier dringend weg, Hikari.“

Hikari schaute den Jungen verdutzt an, damit hatte sie nicht gerechnet. „Du spürst das auch?“

„Nicht direkt, aber ich kann es irgendwie erahnen. Vielleicht durch das enge Band mit Ken. Seit unserer ersten DNA-Digitation vor sieben Jahren spüre ich immer, wenn Ken beunruhigt ist oder Angst hat, wenn er in meiner Nähe ist. Hikari nickte wissend, mit Miyako ging es ihr ähnlich, auch wenn ihre Verbindung lange nicht so intensiv war wie Kens und Daisukes. Der Braunhaarige schloss für einen Moment die Augen. „Ich weiß nicht ob es klappen wird, aber das hat mich gerade eventuell auf eine Idee gebracht, wie wir Ken helfen können!“

 

3. Kapitel: ...muss Licht sie bekämpfen! Teil I

3. Kapitel: ...muss Licht sie bekämpfen! Teil I

 

18. Dezember 2009

Tokyo, Japan

 
 

„Ich glaube, ich weiß wie wir Ken helfen können!“ Daisuke schaute Hikari fest entschlossen an, die ihn wiederum vollkommen entgeistert ansah. Sie konnte sich Daisukes plötzlichen Geistesblitz nicht erklären.

„Im Grunde genommen haben wir den Schlüssel zur Lösung gerade selbst genannt. Mein Band zu Ken ist meine Verbindung zu ihm und somit auch die Möglichkeit, Ken da wegzuholen wo er gerade ist.“

Hikari schüttelte nur den Kopf und lachte. „Wenn du deinen Kopf immer so weise gebrauchen würdest, mein lieber Daisuke, dann könnte aus dir doch noch etwas Gescheites werden.“

Normalerweise wäre Daisuke auf diese Aussage beleidigt angesprungen, aber er hatte den Ernst der Lage schon längst erkannt und es war nicht der Zeitpunkt für dumme Späße. Sein bester Freund brauchte ihn gerade mehr als jeder Andere. Da war kein Platz für Kindereien.

„Aber zuerst einmal muss er hier weg Hikari. Ich hoffe dein Bruder kommt schnell!“

„Ich hoffe es auch, aber sie wollten in Odaiba ins Kino, ich denke bis hierher braucht er maximal noch fünf bis zehn Minuten. Ich gehe nochmal auf den Balkon, um Koushiro anzurufen, bleib du bitte bei Ken!“

 

Und damit verließ Hikari den Raum erneut, wählte Koushiro Nummer und war froh, dass er sich sofort meldete. „Hey Koushiro, Hikari nochmal. Folgendes: Daisuke hat uns auf eine Idee gebracht, wie wir Ken eventuell helfen könnten. Dazu brauche ich aber deine Hilfe!“„Dann sag mir mal bitte was ich für dich tun kann, Hikari.“ „Also: Zuerst einmal brauchen wir unsere gesamte Gruppe und wir brauchen alle unsere Digimon. Kannst du sie irgendwie herholen? Wormmon hat übrigens den Weg von allein hergefunden, es hat das mit Ken wohl gespürt. Gatomon und Veemon zu holen sollte für mich kein Problem sein. Außerdem musst du irgendwie Jou erreichen, Sora und Yamato sind gleich bei dir und mein Bruder kommt uns hier abholen. Bring du bitte in der Zwischenzeit die anderen in den Park bei deinem Wohngebäude. Wir stoßen dann mit Ken zu euch. Alles Weitere erkläre ich dann.“„Okay Hikari, ich vertraue euch. Bis dann.“ Das braunhaarige Mädchen steckte ihr Handy in die Manteltasche und kehrte wieder zu Daisuke zurück.

 

„Daisuke, ich hab Koushiro erreicht, er geht mit den anderen in den Park. Und ich bräuchte jetzt mal bitte dein Digivice.“ Daisuke schaute sie verdutzt an, griff aber in seine Tasche und warf es ihr zu. Er wusste dass Hikari sehr vorsichtig in allem war. Wenn sie etwas tat, dann nur mit Bedacht. Sie ging in Kens Zimmer und stellte sich dort vor den Computerbildschirm. Sie hielt ihr eigenes Digivice hoch und rief dann laut: „TOR ZUR DIGIWELT, ÖFFNE DICH!“ Und mit einem leisen Geräusch verschwand Hikari in der Digiwelt. Daisuke blieb mit Ken und Wormmon zurück und versuchte seinem Freund gut zuzureden, aber Ken reagierte immer noch nicht. Gerade als er anfing, sich auch Sorgen um Hikaris langes Verschwinden zu machen, betrat Hikari das Wohnzimmer, ihren Partner Gatomon und sein Veemon im Schlepptau. „VEEMON!“ Daisukes Augen strahlten vor Freude, als Veemon zu ihm lief und ihn umarmte so gut es eben ging mit dem immer noch sehr durchsichtigen und kalten Ken im Arm.„OH DAISUKE, ich habe dich soooooo vermisst!“, rief es fröhlich. Hikari lächelte zufrieden. Sie hatte sich das Wiedersehen mit den Digimon anders vorgestellt, aber es musste jetzt schnell gehen. Sie steckte Daisuke das Digivice wieder in die Hosentasche, sie hatte es gebrauch, um Veemon schneller zu finden. Schließlich stand Taichi vor der Türe und sie konnten Ken nach unten bringen. Daisuke wickelte Ken vorsichtig aus den Decken, gab diese an Hikari weiter und nahm den Jungen halb Huckepack halb über die Schultern hängend und mit den Digimon im Schlepptau gingen sie nach unten.
 

Taichi kam seiner Schwester und Daisuke auf halbem Wege entgegen. Als er Ken über Daisukes Schulter hängen sah wurde ihm auch irgendwie anders. „Oh Gott… was ist denn mit Ken passiert?“ Seine Schwester schüttelte nur den Kopf. „Das kann ich dir leider auch nicht genau sagen. Ich hoffe mal stark, dass Daisukes Idee fruchtet, dann werden wir es bald von ihm selbst erfahren können. Er schrieb Daisuke noch eine Mail, in der irgendetwas von einem mysteriösen Anruf stand. Als wir Ken gefunden haben, war er schon so. Naja gut, in dem Moment, in dem wir ihn fanden war er klitschnass und hatte mindestens ein paar Grad weniger Körpertemperatur. Daher würde ich auch vorschlagen, wir beeilen uns, bevor er wieder auskühlt.“ Taichi verstand sofort, was sie wollte. Er nahm Ken vorsichtig auf seine Arme, ließ Daisuke auf den Rücksitz klettern und bettete dann Kens Kopf auf dessen Schoß. Hikari deckte ihn gründlich zu und setzte sich dann zu Taichi nach vorne. Wormmon und Veemon hatten es sich auf der Kofferraumablage bequem gemacht, denn Wormmon wollte nicht weiter von Kens Seite weichen, als unbedingt nötig war. Gatomon hingegen saß auf Hikaris Schoß. Taichi startete den Motor und die Fahrt zu Koushiro begann.
 

Die Braunhaarige blickte immer wieder besorgt in den Rückspiegel. Ken ging es augenscheinlich immer schlechter und Daisuke schien die ganze Situation irgendwie auch sehr stark zu schwächen, denn ihm fielen immer wieder die Augen zu, bis er schließlich komplett einschlief. Hikari atmete auf und sah ihren Bruder an. „Taichi, ich glaub ich weiß was mit Ken los ist.“ Taichi warf ihr einen kleinen Seitenblick zu, konzentrierte sich aber direkt wieder auf den Straßenverkehr. „Erinnerst du dich noch was vor sieben Jahren passiert ist, in der Schule, wo ich plötzlich verschwunden war?“ „Ja damals warst du an diesem komischen Meer und… HALT MAL! Meinst du Ken ist DA hin?! FREIWILLIG?!“ Hikari schüttelte den Kopf. „Ich glaube schon, dass er dorthin gezogen wird, ich hab mich damals auch so komisch aufgelöst, aber das macht Ken nie und nimmer freiwillig. Er hat panische Angst vor den Mächten der Finsternis. Ich glaube eher, jemand zwingt ihn dorthin zu gehen.“ „Und was ist mit dir? Wieso ruft es dich dieses Mal nicht?“ fragte Taichi. „Aber eins sag ich dir Schwesterchen ich bin froh, dass es dich nicht ruft.“ Hikari senkte betrübt den Kopf. „Ich sehe etwas, dass ich eigentlich nicht sehen dürfte… Erinnerst du dich noch an diese Saat der Finsternis die Oikawa alias Myotismon damals von Ken aus in die anderen Kinder verpflanzt hatte?“ „Klar wie sollte ich das jemals vergessen. Aber die Saat wurde ja zum Glück unschädlich gema…. WARTE... du willst mir doch nicht sagen, dass…?!“

Hikari seufzte. „Doch genau das. Die Saat ist wieder aktiv und ich kann die riesige Blüte über Ken sehen. Aber keine Angst, sie wird nicht von ihm genährt sondern von der Finsternis um ihn herum, die ihn zu fesseln versucht. Ich glaube also nicht, dass Ken wieder zu diesem arroganten Bastard wird und seine Persönlichkeit sich verändert. Wir sollten uns trotzdem echt beeilen, Taichi, ich weiß noch, wie geschwächt Noriko damals war, als Myotismon die Blüte bei ihr geerntet hatte. In dem Zustand steht Ken das nicht lange durch.“ Das ließ sich der junge Mann nicht zweimal sagen und er trat nochmal kräftig aufs Gaspedal
 

~*~
 

Nach Hikaris letztem Anruf begann Koushiro wie wild auf seinen Computer einzuhämmern bis er eine Verbindung zu dem Ort in der Digiwelt herstellen konnte, wo sich ihre Partner aufhielten. Tentomon erblickte Koushiro zuerst. „KOUSHIRO-HAN!! Wie schön, dich zu sehen.“ Er musste lächeln, auch er freute sich, seinen Partner wiederzusehen. „Tentomon, wir brauchen euch alle hier in unserer Welt! Irgendetwas Merkwürdiges geht hier vor sich. Such bitte die Anderen und kommt dann hier ans Portal. Gatomon, Veemon und Wormmon sind schon hier.“ Der Rothaarige lehnte sich zurück, zumindest das war schon mal erledigt. Er stand auf und marschierte in Richtung Wohnzimmer, wo vor einiger Zeit Mimi damit beschäftigt gewesen war, Miyako zu besänftigen. Inzwischen war hier einigermaßen Stille eingekehrt. „Mimi, Miyako, Takeru und Iori, macht euch bitte schon mal fertig. Sora und Yamato werden gleich hier ankommen und dann werden wir alle zusammen unten in den Park gehen. Ich habe bereits Tentomon kontaktiert, unsere Partner werden gleich hier sein.“ Mimi schaute ihn verdutzt an. „Unsere Digimon kommen auch her? Ist es denn so schlimm?“ Koushiro schaute sie an und schüttelte seufzend den Kopf. „Ich weiß es auch nicht so genau, Hikari wollte, dass wir die Digimon holen und in den Park gehen, ich glaube Daisuke und sie haben eine Idee.“ Miyako, die inzwischen wieder die Ruhe selbst war schaute ihn fest an. „Ich kann spüren, dass Hikari vor irgendetwas wahnsinnige Angst hat. Aber sie versucht für jemand anderen stark zu bleiben. Mutige, kleine Hikari.“ Miyako schaute auf den Boden. „Und ich kreische hier herum wie ein Waschweib. Damit kann ich Ken auch nicht helfen. Also dann schnappen wir uns unsere Sachen und dann ab in den Park.“

 

Die anderen nickten entschlossen, während sich Mimi und Koushiro aufatmende Blicke zuwarfen. Damit war zumindest das Miyako-Problem vorerst aus der Welt. Der Rothaarige machte sich gerade auf den Weg zurück zu seinem Computer, als sein Handy erneut klingelte. Erleichtert stellte er fest, dass es Jou war. „Jou, dem Himmel sei Dank du gehst endlich ans Telefon. Ich hab dir ja schon auf die Mailbox gesprochen, dass wir dich hier dringend brauchen.“ Jou auf der anderen Seite der Leitung seufzte. „Tut mir leid, ich war mitten in einer Examensprüfung, aber ich sitze schon im Auto. Ich bin in zehn Minuten da!“ Koushiro legte erleichtert auf, das wäre dann auch erledigt. Er drehte sich zu Mimi um. „Gehst du bitte mit den anderen schon mal nach unten und wartest dort auf Sora und Yamato, sowie auf Jou? Wenn die drei da sind geht ihr bitte in den Park und bildet einen Kreis. Ich werde mit Daisuke, Hikari, Taichi und Ken nachkommen und auch die Digimon mitbringen.“ Mimi nickte und ging in Richtung Wohnzimmer zurück. Während er weiter auf das Portal schaute um auf die Rückkehr seines Partners zu warten, hörte Koushiro bereits, wie die anderen die Wohnung verließen.
 

~*~
 

Während der Fahrt hielt Daisuke seine Augen geschlossen. Er versuchte mit seinem Herzen das Band zu Ken zu finden, dass er vor etwa 7 Jahren mit ihm geknüpft hatte. Er hoffte so endlich herauszufinden, wo Ken wirklich war und ob Hikari mit ihrer Vermutung recht hatte. Zuerst blieb alles schwarz. Doch nach und nach erschien vor Daisukes innerem Auge tatsächlich ein Bild. Er sah zuerst nur eine weite Fläche, doch nach und nach klärte sich das verschwommene Bild und er erkannte, dass er an einem Strand gelandet war. Er schaute sich zuerst einmal um. Der Himmel war bewölkt und kaum ein Sonnenstrahl drang durch die dichte Wolkendecke hindurch. Das Meer war rau und hohe Wellen peitschten gegen die Felsklippen. Daisuke lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Er war nicht sehr ängstlich, aber die Umgebung, in der er sich befand, bereitete ihm durchaus Unbehagen. Er begann den Strand entlang zu laufen, erst langsam, dann wurde er aber mit jedem Schritt schneller. Aus der Ferne konnte er schließlich etwas oder jemanden im Wasser treiben sehen. Er rannte so schnell er konnte, immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass es Ken sein könnte. Immer wieder rief er verzweifelt den Namen des Jungen, der ihm so viel bedeutete. „KEN!“ Ein letztes Mal rief er, dann konnte er die Gestalt erblicken. Er sank auf den Boden, ihm wurde schwindelig und übel.„Oh Gott, KEN!" Er begann zu zittern und dann versank alles um ihn herum in völliger Dunkelheit. Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, aber als er das nächste Mal die Augen öffnete, beugte sich Hikari über ihn und schaute ihn besorgt an. „Daisuke, ist alles in Ordnung? Du hast geschrien, als ob dich etwas umbringen wollte.“ Daisuke setzte sich vorsichtig auf. Sie standen irgendwo am Straßenrand, er konnte nicht genau erkennen wo sie waren. Er versuchte sich zu erinnern, was gerade passiert war, als schlagartig die Bilder zurückkamen. „Ken…“, wimmerte der sonst so tapfere Junge. „Ich habe Ken gesehen, Hikari. Wir müssen uns beeilen, bevor es zu spät ist.“
 

~*~
 

Zeit… Ken wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, seit er hier gelandet war. Sekunden, Minuten, Stunden, vielleicht auch schon Tage, Wochen, Monate? Zeit existierte nicht mehre, er spürte nichts mehr, selbst der Schmerz in seinem Nacken war verschwunden, da waren nur seine Gedanken. Lebte er überhaupt noch oder war er gestorben? War er vielleicht ein Geist? Da war kein Körper, den es zu spüren gab, keine Hand und kein Bein, das er bewegen konnte. Da waren nur diese Gedanken, die er hatte, eine Art von Bewusstsein, dass ihn umgab. Da war diese unendliche Dunkelheit, die nirgendwo anfing und auch nirgendwo endete. Und da war er. Dieser Junge, den er immer wieder sah. Der Junge mit den stacheligen Haaren, den schokobraunen Augen und diesem unendlich traurigen Blick. Er sah ihn, aber wenn Ken ihn ansah, spürte er nur Leere. Nichts war mehr da. Keine Erinnerungen, keine Gefühle, nur das Bild dieses Jungen, dass er irgendwie durch die Finsternis hindurch sehen konnte. Ken ließ seine Gedanken abtreiben. Es war so anstrengend, sich an das Gesicht des Jungen zu erinnern, sich darauf zu konzentrieren. Er war müde, viel zu müde, er wollte nur noch schlafen, seine Gedanken stoppen, aber es ging nicht. Irgendetwas hielt ihn wach, immer wieder sah er kurz etwas aufblitzen. Es wirkte wie ein goldener Faden, der sich durch die finstere Unendlichkeit zog. Doch Ken konnte beim besten Willen nicht wahrnehmen, wohin dieser Faden führte. Wieder verging eine undefinierbare Zeitspanne, als plötzlich ein Licht auf ihn zukam. Ein orange-blau leuchtender Lichtstrahl, der versuchte, sich durch den dichten Nebel zu ihm durchzukämpfen. Er hatte das dringende Gefühl, sich diesem Licht nähern zu wollen, den unbändigen Drang sich dem Licht hinzugeben. Doch schwarze Fäden hüllten ihn immer weiter ein, nahmen ihm die Luft zum Atmen, fesselten ihn, banden ihn. Und dann diese Stimme, von der er nicht ausmachen konnte, woher sie kam. „Dich lasse ich nicht mehr gehen!“ Und dann dieses unheimliche Echo eines Lachens in seinem Kopf, dass ihn fast wahnsinnig machte. Er wollte schreien, doch er konnte es nicht. Wenn es in seiner Macht läge, würde er lieber sterben, als das hier noch länger zu ertragen.

4. Kapitel: ...muss Licht sie bekämpfen! Teil II

4. Kapitel: … muss Licht sie bekämpfen! Teil II

 

18. Dezember, 2009

Tokyo, Japan

 

Kurz bevor sie Koushiros Wohngebäude erreicht hatten, zuckte Hikari zusammen, als Daisuke plötzlich zu schreien begann. „Taichi, halt an!“, rief sie ihrem Bruder zu und kaum stand der Wagen, sprang sie heraus und öffnete die Türe zur Rückbank. Gerade als sie sich über ihn beugte, öffnete Daisuke seine Augen und Hikari hätte erleichtert aufgeatmet, wenn der Junge nicht so schrecklich blass ausgesehen hätte. „Daisuke, ist alles in Ordnung? Du hast geschrien, als ob dich etwas umbringen wollte.“ Der Junge setzte sich etwas auf und dann hörte Hikari diesen Laut, der ihr die Kehle abschnürte. Daisuke, der Junge, den nichts und niemand erschüttern konnte, war den Tränen nahe. Nur ein Wort kam über seine Lippen, aber es traf die Braunhaarige wie ein Schlag in den Magen. „Ken... Ich habe Ken gesehen, Hikari. Wir müssen uns beeilen, bevor es zu spät ist.“ „Wo ist er, Daisuke? Wo?“ Hikaris Hände zitterten. Bitte nicht.. bitte bitte nicht… „Meer...“ Ein einziges Wort reichte aus um die Trägerin des Lichtwappens aus der Fassung zu bringen. Ihre Augen weiteten sich, sie musste sich am Auto festhalten um nicht wieder auf dem Boden zu landen. „Nein… nein… bitte nicht...“ Vermutlich wäre sie zusammengebrochen, wenn nicht ihr Bruder auf einmal hinter ihr gestanden hätte und seine starke Hand auf ihre Schulter gelegt hätte. „Es wird alles gut Hikari, komm, wir müssen zu Koushiro, sie warten auf uns.“ Schweigend nickte das Mädchen und stieg wieder ins Auto ein und auf dem gesamten Rest der Fahrt ließ sie die beiden Jungen auf der Rückbank nicht mehr aus den Augen.

 

~*~

 

Es hatte eine ganze Weile gedauert, aber zu guter Letzt hatte Tentomon alle Digimon vor dem Portal versammelt und Koushiro holte sie herüber. Koushiro verschwendete keine Zeit damit, irgendetwas zu erklären, sondern nahm sich einfach nur seinen Laptop und seinen Mantel und dirigierte die Digimon hinaus in den Park. Dort hatten sich inzwischen auch Yamato, Sora und Jou eingefunden, die von Takeru zumindest schon einmal die wichtigsten Informationen erhalten hatten. Nun mussten sie noch auf die fehlenden vier Digiritter warten. „Habt ihr eine Idee, was Hikari vor hat?“, fragte die Rothaarige und die anderen schüttelten nur den Kopf. „Aber ich vertraue ihr, sie wird schon wissen, was sie macht“, gab Takeru von sich, als Koushiro schließlich die Gruppe erreicht hatte und alle ihre Digimonpartner begrüßten. Es war schön, sie wiederzusehen, auch wenn die Umstände wieder einmal fragwürdig waren.

„Ich glaube, sie kommen!“, rief Miyako plötzlich und alle drehten sich in die Richtung, in die sie zeigte. Und tatsächlich, in der Ferne erschien zuerst die Silhouette von Hikari und Gatomon, neben ihnen Taichi und Veemon, ein Stück dahinter Daisuke, der ein Bündel aus Decken im Arm hatte. Schließlich hatten sie die Anderen erreicht und die waren alle ein bisschen blass geworden, als sie Ken sahen. „Was ist mit ihm?“, fragten alle im Chor und Hikari seufzte leise. „Wenn Daisuke recht hat, dann ist er dort, wo er nicht sein sollte. Am Meer der Dunkelheit.“

 

Kurz berichtete sie, mit Unterstützung von Daisuke, wie sie Ken vorgefunden hatten und was Daisuke gesehen hatte. „Als Hikari und ich darüber gesprochen haben, dass wir die Gefühle unseres DNA-Partners oft wahrnehmen können, kam mir die Idee, dass diese Verbindung vielleicht der Schlüssel sein könnte, um Ken dort weg zu holen“, schloss Daisuke die Erzählung. Koushiro hatte schweigend zugehört überlegte. „Die Idee ist gar nicht so schlecht, Daisuke. Das Problem ist, wir können Ken rein physisch nicht erreichen, weil niemand von uns, Ken ausgenommen, das Portal zu diesem Meer öffnen kann. Hikari ist damals ein Mal dorthin gerufen worden und beim zweiten Mal war die von BlackWargreymon verursachte Verzerrung dafür verantwortlich, dass ihr dorthin gelangt seid. Die Methode Ken über eine emotionale Verbindung könnte durchaus deswegen funktionieren, weil Takeru damals auf eine ähnliche Weise zu Hikari gelangt ist.“ Der Blonde nickte, als Koushiro ihn ansah. „Wie hast du dir das vorgestellt, Daisuke?“, fragte er den Jungen, der sich gerade mit Ken im Arm auf den Boden setzt hatte, sodass der Schwarzhaarige nun wieder auf seinem Schoß lag. Der machte große Augen und sah Koushiro an. „Öhm, naja…“ Er atmete einmal tief durch. „Wir alle sind irgendwie miteinander verbunden und ich dachte mir, dass wir es vielleicht mit der Kraft unserer Wappen schaffen können.“ Er sah die übrigen Digiritter an. „Ich weiß, Miyako, Iori und ich haben in dem Sinne kein Wappen und ihr anderen habt die Wappen damals weggeben. Aber wenn ich dich damals richtig verstanden habe, Koushiro, dann kommt die Kraft der Wappen ausschließlich aus unseren Herzen, richtig?“ Der Rothaarige nickte kurz. „Ja, das ist richtig. Deshalb ist es unseren Digimon auch möglich, in bestimmten Situationen immer noch mit der Kraft der Wappen zu digitieren, sofern es Azulongmon und die Anderen zulassen.“ Daisuke nickte, dann fuhr Hikari fort. „Unsere Idee war, dass wir mithilfe unserer Digivices und der Kraft der Wappen Ken vielleicht erreichen können. Wenn wir das Licht der Digivices auf Ken und Daisuke richten, dann erreicht er ihn vielleicht über ihre Verbindung.“ „Je dunkler der Schatten, desto heller muss das Licht strahlen, mit dem wir ihn vertreiben wollen.“, sagte Takeru, der neben Hikari und Daisuke getreten war und zustimmend nickte. Daisuke schaute sich um und sah auch auf allen anderen Gesichtern ein zustimmendes Lächeln. „Dann lasst uns beginnen.“

 

~*~

 

Ken hatte aufgegeben, sich gegen die finsteren Fäden zu wehren, die in sein Fleisch schnitten und versuchten, ihn immer tiefer zu ziehen. Mehr als noch zuvor hatte Ken das Gefühl, er würde ertrinken, er konnte nicht atmen, die Schwärze um ihn herum war wie ein Tintensee, aus dem er nicht entfliehen konnte. Der goldene Lichtfaden verblasste immer mehr, das orange-blaue Licht zuvor hatte den dichten Nebel und die Schwärze nicht durchdringen können. Er wusste nicht, wer er war, wo er war, er schwebte wie in einer Blase, er hörte nichts, sah nichts, fühlte nichts. Die Zeit stand still, nichts existierte mehr. Träumte er? Dann bewegte sich eine Gestalt auf ihn zu, erst langsam, dann immer schneller und schneller. Kens Herz raste, ihm wurde abwechselnd heiß und kalt, was zur Hölle passierte hier gerade mit ihm? Je näher die Silhouette kam, desto unwohler fühlte er sich. Wie aus dem nichts spürte er plötzlich einen stechenden Schmerz in seinem Kopf. Er wollte schreien, aber da war keine Luft, die ihm das ermöglicht hätte. Der Schrei kam nur stumm über seine geöffneten Lippen und dann… dann hörte er diese Stimme, dieses Lachen… und Kens Welt zerbarst mit einem qualvollen Schrei.

 

~*~

 

Alle Digiritter hatten sich im Kreis um Ken herum gesetzt, sodass er mit Daisuke zusammen im Zentrum lag. Gerade wollte der Junge das Startsignal geben, als er bemerkte, wie sich Ken in seinem Arm verkrampfte. Panisch sah er zu Hikari. „Irgendwas stimmt nicht, er verkrampft total!“ Kens Atem ging auf einmal hektisch, fast als bekäme er keine Luft und Daisuke wurde blass. Er war dankbar, als Jou wenige Sekunden später neben ihnen saß und nach Kens Puls tastete. Daisuke spürte inzwischen nicht mehr nur sein eigenes Herz rasen, sondern auch das des Schwarzhaarigen. „Jou, was ist mit ihm?“, fragte er ruhiger, als er sich fühlte. „Ich weiß es nicht genau, es sieht so aus, als hätte er eine Panikattacke. Solange er nicht bei Bewusstsein ist, kann ich nichts genaues sagen.“ Hikari war es schließlich, die das Schweigen durchbrach. „Wir sollten anfangen Daisuke, es wird immer schlimmer. Sieh nur, wie er leidet.“ Ken zuckte unruhig hin und her und Daisuke nickte entschlossen, als Ken auch noch zu schreien begann. Jetzt war nicht der Zeitpunkt, um sich zu fürchten. Ken würde auf ihn zählen können, er würde sein Leiden beenden. „Okay, haltet eure Digivices auf Ken und mich und konzentriert euch auf die Eigenschaft eurer Wappen, auf die stärkste Kraft in eurem Herzen. Unsere Partner können uns dabei helfen.“ Alle Teenager schlossen die Augen und Taichi war es, der schließlich begann.

 

„Mut bedeutet nicht, sich kopflos ins Abenteuer zu stürzen. Mut bedeutet, seine eigenen Grenzen zu überwinden und sich seinen größten Ängsten zu stellen. Ken, ich schicke dir meinen Mut, damit auch du dich deinen Ängsten stellen kannst.“ Sein Digivice leuchtete auf und er hielt es auf die beiden Jungen in der Kreismitte.

 

„Freundschaft ist mehr als nur ein Gefühl. Freundschaft ist es, was uns alle stark macht und uns zusammenhält. Freundschaft ist ein Band, das, einmal richtig geknüpft, ein Leben lang hält. Ken, ich schicke dir meine Freundschaft, damit auch du deinen Weg zurück über das Band der Freundschaft findest.“ Das war Yamato.

 

„Liebe ist das stärkste und zugleich vielseitigste Gefühl. Liebe ist mehr als nur eine Partnerschaft. Liebe ist das Gefühl, dass uns lebendig macht. Ken, ich schicke dir meine Liebe, damit auch du nicht vergisst, was es bedeutet, sich lebendig zu fühlen.“ Sora hielt ebenfalls ihr Digivice in die Höhe.

 

„Aufrichtig mit sich selbst zu sein ist schwer, aber man fühlt sich so viel befreiter, wenn man weiß, dass man zu sich selbst stehen kann, denn dann können es auch die anderen. Ken, ich schicke dir meine Aufrichtigkeit, damit auch du zu dir selbst finden kannst.“ Mimi lächelte ihr typisches, warmes Lächeln.

 

„Wissen ist mehr als nur eine Anhäufung von Informationen. Etwas zu wissen macht stark und schützt davor, von anderen manipuliert zu werden. Ken, ich schicke dir mein Wissen, damit auch du erkennst, was du eigentlich tief in dir längst weißt.“ Koushiro grinste, als er die Augen öffnete und die anderen ansah.

 

„Zuverlässigkeit bedeutet auch ein hohes Maß an Verantwortung. Man kann sich nur auf jemanden verlassen, der auch bereit ist, sich den Verantwortungen des Lebens zu stellen. Ken, ich schicke dir meine Zuverlässigkeit, damit auch du spürst, dass wir alle uns bedingungslos aufeinander verlassen können.“ Jou erhob sein Digivice.

 

„Hoffnung ist das Licht in unserem eigenen Herzen, das uns vor dem dunklen Schatten der Verzweiflung beschützt. Hoffnung ist es, die uns auch in der tiefsten Verzweiflung am Leben erhält. Ken, ich schicke dir die Hoffnung, damit sie Licht sät an den Orten deines Herzens, die von der Dunkelheit überwältigt wurden.Meine Hoffnungen sind auch deine Hoffnungen.“ Takeru richtete sein D3 auf Ken und ein warmes Gefühl durchströmte ihn.

 

„Licht und Schatten sind die beiden Gegenspieler, die uns jeden Tag umgeben und sich das Gleichgewicht halten müssen. Je heller das Licht scheint, desto dunkler ist sein Schatten. Aber auch ein dunkler Schatten wird von einem genauso hellen Licht begleitet. Ken, ich schicke dir das Licht, damit es der Finsternis die Waage hält. Lasse dein Licht erstrahlen und verlasse diesen Ort der ewigen Finsternis. Mein Licht soll auch für dich erstrahlen.“ Hikari lächelte warm, als auch sie ihr D3 auf Ken und Daisuke richtete.

 

Miyako und Iori konzentrierten sich ebenfalls auf die Worte, die Mimi, Sora, Koushiro und Jou gesagt hatten. „Ken, auch ich schicke dir meine Liebe und meine Aufrichtigkeit, damit sie dir in dieser schweren Zeit beistehen.“ Miyako erhob ihr D3 und lächelte leicht. Iori tat es ihr gleich. „Mein Wissen und meine Zuverlässigkeit sollen dich wieder nach Hause führen, Ken.“

 

Zum Schluss blieb also nur noch Daisuke übrig, der ein warmes Lächeln auf seinem Gesicht hatte, als er seine Freunde ansah. Sie alle waren durch ein dünnes Band aus Licht miteinander verbunden, der Kreis wurde von diesem Leuchten völlig umschlossen. Die Lichter ihrer Digivices wiederum hatten eine Verbindung zu Ken und ihm aufgebaut, alle Lichtstrahlen bündelten sich auf sie. Es war atemberaubend. Und nicht nur das, jeder von ihnen hatte auf der Brust eine leuchtende Silhouette des eigenen Wappensymbols. Auch Hikari musste darüber lächeln, es war wie damals beim Kampf gegen Apocalymon.

 

Daisuke schloss die Augen und flüsterte leise: „Ken, uns beide verbindet etwas, dass nur wir beide uns teilen. Einst haben mein Mut und meine Freundschaft ein Wunder vollbracht und dich und deine Freundlichkeit befreit. Mein Vertrauen in dich ist grenzenlos und ich kenne niemanden, der es mehr verdient hätte, als du. Ken, ich schicke dir mein Vertrauen, damit es dir dabei hilft, deine eigene Freundlichkeit wiederzufinden. Folge dem Licht unserer Wappen und du wirst den Weg aus der Dunkelheit finden. Vertraue in Taichis Mut, Yamatos Freundschaft, in meinen Mut, meine Freundschaft und mein Vertrauen, in Soras Liebe, Mimis Aufrichtigkeit, Miyakos Liebe und Aufrichtigkeit, Koushiros Wissen, Jous Zuverlässigkeit, Ioris Wissen und Zuverlässigkeit, Takerus Hoffnung, Hikaris Licht und vor allem Ken: Vertraue in deine Freundlichkeit und Güte. Sie ist der Schlüssel zu deinem wahren Ich." Nun hob auch er sein D3 in die Höhe und ließ sein Licht mit dem der anderen Digiritter zusammentreffen. Das Licht bündelte sich in einem einzigen Strahl und es wirkte fast, als würde Kens D3, das Daisuke ebenfalls in der Hand hielt, das gesamte Licht aufnehmen und auf Ken übertragen. Sein Körper zuckte, er hustete und mit dem Erscheinen seines Wappens auf seiner Brust fand Daisukes sein eigenes freudiges Lächeln gespiegelt in blau-violetten Augen voller Güte und Freundlichkeit.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So das war dann der überarbeitete Prolog, die restlichen Kapitel sind in der Überarbeitung. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Damit ist die Überarbeitung und der Reupload der ersten drei Kapitel abgeschlossen. In etwa einer oder zwei Wochen wird Kapitel 4 spätestens online sein. Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  Neimount
2018-02-20T17:38:11+00:00 20.02.2018 18:38
Hallo,
Habe deine Geschichte heute entdeckt und bin begeistert :)
Dein Schreibstil ist super und warte gespannt auf das nächste Kapitel, hoffe sie können Ken retten.
Liebe Grüße


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