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Der Ritter

von

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Gabriel

Das Wartezimmer war vollkommen weiß. Nicht ein einziger Farbklecks war zu sehen, noch nicht einmal ein Fenster. Alles erstrahlte in weis, bis auf die Warteten. Sie brachten ein wenig Farbe in das Zimmer, doch selbst sie schienen an Farbe zu verlieren, je länger sie hierblieben. Das war es was mich nervös machte. Ich befürchtete, dass ich bald auch vollkommen farblos sein würde, und man mich nicht von der Wand unterscheiden könnte, und man mich einfach übersehen würde.
 

Ich schüttelte den Gedanken mit ein wenig Mühe ab und versuchte an die Zukunft zu denken, was ich alles erreichen würde. Die Vergangenheit schmerzte zu sehr.
 

Irgendwas in mir wehrte sich gegen diese Ablenkung und brachte meine Aufmerksamkeit  in das Zimmer zurück. Jedoch zwang Ich mich selbst da zu bleiben, und nicht vollkommen aufgebracht das Zimmer zu verlassen. Ich brauchte die Behandlung, die es nur hier gab. Ich…

Bevor ich noch weiter in Gedanken versank kam eine Krakenschwester und rief meinen Namen. Die Krankenschwester war ebenfalls in weiße Kleider gehüllt, und auch ihre Haut schien sehr farblos zu sein. Meiner Meinung befand sie sich schon zu lange hier, genauso wie ich.

„Gabriel“ rief sie erneut meinen Namen. Ich stand schleppend auf.  „der Arzt wird gleich für sie da sein. Folgen sie mir.“

Ich tat wie mir geheißen, nachdem ich kurz noch mich zusammenriss und die Trägheit des Raumes abschüttelte.

Alles in diesem Gebäude schien weis zu sein. Irgendwie nervte mich das weiß ungeheuerlich. Und irgendein Gefühl sagte mir, dass hinter dieser sauberen Fassade es nicht ganz so sauber zuging, wie man den Patienten Glauben machen wollte, denn man hat nur selten jemanden dieses Haus verlassen sehen.

Ich folgte der weißen Dame durch den weißen gang, und sie verfrachtete mich durch eine Tür mit einer großen silbernen drei darauf.

„warten sie hier auf den Arzt. Er ist gleich bei ihnen.“ Sagte sie, bevor sie sich abwandte und ging. Mit einem leisen klicken fiel die Tür in ihr schloss. Der Raum war vollkommen weiß.

„War ja klar, eine andere Farbe als weiß scheint es hier ja nicht zu geben“ dachte ich mir. Der Raum an sich war schon spartanisch eingerichtet, doch das Weis machte ihn irgendwie unfreundlich. Vor mir stand ein weißer Tisch mit weißen Stühlen. Selbst die Maschinen und Stifte waren weis, sowie die Liege, die im hinteren teil des Raumes lag.

Ich wollte weg von hier. Der Raum machte mir Angst. „Es gibt hier doch nichts, was mir Angst machen könnte“ sagte ich mir und versuchte mich ein wenig zu beruhigen. Ich setzte auf einen Stuhl. Und ich wartete. Lange.

Gleich ist doch so ein dehnbarer begriff, dachte ich mir, als ich eine gefühlte Stunde warten musste.
 

Der Doktor kam herein - auch vollkommen in weis gehüllt - und warf einen Blick in einen Hefter, der wohl sämtliche Informationen über mich beinhaltete, also wohl meine Krankenakte, und sagte: “Sie wollen also so einer werden? Wenn sie es sich anders überlegen sagen sie es jetzt. Bedenken sie dabei aber, dass die Chancen diese Behandlung zu überstehen bestenfalls bei nur 50% liegen“

Es trat eine kurze Stille ein. Eigentlich wollte ich es mir anders überlegen, aber mir war jede andere Chance genommen. Trotzdem war ich der Meinung, dass ich mit meinen 18 Jahren noch zu jung war, um zu sterben. Zumindest hatte ich darin vertrauen, dass ich nicht sterbe.  Schließlich Arzt meinte: „sie sind sich wohl sicher. Angesichts ihres Alters würde ich ihnen davon abraten.“

„ich bin mir sicher also fangen sie jetzt endlich an“, erwiderte ich leicht genervt. Zumindest hoffte ich, dass ich so rüberkam, denn ich hatte eine höllische Angst.

Auch wusste ich, dass die Behandlung bei Personen unter 25 die Sterberate noch ein ganzes Stück höher lag. Aber ich hatte ja außer meinem Leben nicht mehr viel zu verlieren. Meine Freunde haben einen Weg gefunden ihre Talente zum überleben zu benutzen. Ich dagegen habe keine großen Talente. Alles was ich konnte war irgendwie zu überleben und dabei jeden um mich herum ziemlich böse mitzunehmen. Kaum jemand hatte es gewagt mit mir im Kampf aufzunehmen, nachdem auch die Stärksten und Härtesten vor mir in die Knie gegangen sind.

Schließlich sagte der Arzt: „dann legen sie sich bitte hin“ dabei deutete er auf die liege im hintern Teil des Zimmers. ich tat was man mir sagte und legte mich hin. Ich spürte noch, wie eine Spritze mir in den Arm gestochen wurde. Irgendetwas sagte mir, dass dies keine gewöhnliche Betäubung war, doch bevor ich länger darüber nachdenken konnte verlor ich das Bewusstsein.
 

Als ich erwachte befand ich mich in einem Glastank, der mit einer durchsichtigen und zähen Flüssigkeit gefüllt war ich versuchte mich zu bewegen doch schaffte ich es kaum. Ich bekam Angst im Angesicht meiner Unfähigkeit. Das war das erste Mal, dass ich tatenlos zusehen musste, wie mir etwas mit widerfuhr, ohne eine Möglichkeit oder Alternative.

Die gesamte Umgebung lächelte mich diesmal nicht in gellem weis an, sondern in einem sanften grau.

Dann erst fragte ich mich, warum ich noch nicht ertrunken war. Dann fiel mir einen Arzt auf, der etwas auf einer Konsole eintippte, auf der massenhaft bunte Lichter blinken. Ihm schienen sie was zu sagen. Mir jedoch nicht. Zumindest nickte er, dann schrieb er etwas in einen Hefter.

Schließlich bemerkte ich, dass ich nackt war, aber auch nur weil ich meine Spiegelung im Glas sah, und diese auch nur verzerrt. Ich fühlte mich dabei so hilflos, dass es schon fast schmerzte. Ein Arzthelfer - er hatte einen tiefgrünen Kittel, mit roten flecken, an - kam herein und meinte dass ein Patient gestoben sei. Die einzige Antwort des Arztes war dass man die Leiche entsorgen solle. Diese Kaltblütigkeit erschreckte mich, doch was hatte ich erwartet? Ganz sicher keine Kaffe Kränzchen. Oder vielleicht doch? Ich grinste bei dem Gedanken.

Wieder drücke der Arzt einige Knöpfe auf seiner Konsole und ich spürte plötzlich einen stechenden Schmerz im Nacken woraufhin ich wieder bewusstlos wurde.
 

Wieder erwachte ich. Diesmal im Behandlungszimmer in dem ich betäubt wurde. Ich spürte wie der Arzt mir eine Infusionsnadel aus dem Arm zog, was ziemlich schmerzte, und wodurch ich fast schon wieder ohnmächtig geworden wäre. Der Arzt sagte: „sie werden gleich mit ein paar anderen abgeholt. Bitte warten sie so lange in diesem Raum. Ach ja dort liegen auch ein paar Kleider für sie bereit, die werden sie brauchen. Und an ihrer stelle würde ich mich beeilen “ Ich betrachtete mich und musste feststellen, dass ich nur einen Patentenkittel trug, was mich einerseits erstaunte, andererseits auch wieder nicht. Dennoch trauerte ich meinen alten Klamotten hinterher, sie hatten mich lange begleitet.

Schließlich tat ich wie mir geheißen und es kamen wirklich nach wenigen Minuten einige Männer in schwarzen Anzügen in den Raum gefolgt von zwei weiteren Patienten. Die waren wenigstens pünktlich, und ließen nicht eine Ewigkeit auf sich warten. Das Schwarz lag im krassen Kontrast zu dem allgegenwärtigen Weis. Ich stand auf und folgte ihnen wortlos, wie in Trance. Ich hatte das Gefühl, das mich etwas leitete, aber ich konnte beim besten willen nicht sagen, was es war, noch warum. Und vor allem nicht wohin.

 Ich wurde in einen schwarzen Bus geführt. Das allgegenwärtige Weis wurde nun von einem allumfassenden schwarz abgelöst. na ja, dachte ich mir, immerhin konnte man dabei die Augen ein wenig entspannen. Das Schwarz blieb vorhanden, doch draußen wandelte sich das Vorstadtgrau schnell in das grün des Waldes. Endlich wieder Farbe, dachte ich mir.

Mir fiel ein, dass man Talarm, dieses Land, &nbsp;als die fortschrittlichste Nation ansah. Damals wusste ich nicht warum, doch bei dem Anblick der Wildnis, durch die wir fuhren wurde mir klar, was dies in unserem Leben bedeutete. Doch nun hatte ich das Gefühl jegliche Zivilisation zu verlassen.<br>

Noch mehr Unsicherheit, na toll.

Die Fahrt dauerte einige Stunden doch bald waren wir am Ziel angelangt: ein grauer Kasten von Gebäude der streng bewacht wurde und weit ab von jeder Zivilisation lag.

Die Ausbildung

Die Ausbildung

Das Gebäude war riesig. Ich schätzte es auf etwa vier Geschosse.

Ruppig beförderte man uns aus dem Bus und schon in Richtung Gebäude. Eine uniformierte Person rannte an und wechselte ein paar Worte mit einem der schwarzen Begleiter. Diese schienen es dann auf einmal sehr eilig zu haben, denn wer auch nur ein oder zwei Meter zurückfiel wurde weitergeschoben. Dabei hatten sie alle einen besorgten Gesichtsausdruck. Ich musste feststellen, dass das Gelände riesig war, denn für den geraden Weg über eine offene, betonierte Fläche benötigten wir trotz des strammen Tempos immer noch knapp fünf min.
 

Vor dem Gebäude wurden wir harsch von einer uniformierten Person Begrüßt: „Na endlich seid ihr da! Habt euch auch wirklich Zeit gelassen. Ihr wollt also die neue Elite werden? Na so was. Wenn ich mit euch fertig bin, dann seid ihr das. Habt ihr verstanden?“

Ein leises „Ja.“ hauchte über den Platz, manche nickten, wie ich.

„Wie war das? Ich hab euch nicht gehört!“

Wir sagten ein wenig lauter „Ja.“

„Das heißt: Jawohl Sir, und lauter, hier wird nicht geflüstert!“, brüllte er uns entgegen.

„Jawohl, Sir!“, brüllten wir zurück.

„Dann mal los, in eure Uniformen! In zehn Minuten seid ihr fertig in der Halle. Der Sargent hier wird euch zeigen wo es lang geht, verstanden?“

„Jawohl, Sir“, brüllten wir zurück, dann legte der Sargent einen Laufschritt vor und ich beeilte mich, um nicht zurückzufallen. Das erwies sich als gar nicht so einfach, da hier uns Leute entgegenkamen und wir rennen mussten, um mit ihm Schritt zu halten.

Ein paar Minuten später waren wir endlich im Umkleideraum, jeder hatte einen eigenen Spind bereits zugewiesen, den wir suchen mussten.

Wir machten so schnell wir konnten, doch immer wieder wurden wir gehetzt mit Sprüchen wie: „Macht schneller, ihr Lahmärsche“ oder „Fa wäre ja ein Einhändiger mit Krückstock schneller!“ Und dann schon nach ein paar Minuten - gefühlt war es eine Minute, doch tatsächlich waren es drei oder vier - wurden wir alle weitergescheucht. Er nahm aber nicht das Geringste an Tempo heraus. Nach wahrscheinlich exakt zehn Minuten, zumindest würde ich so den Sargent einschätzten. Wir kamen an, allesamt außer Atem und erschöpft. In der Halle stand eine Bühne mit extra Seiteneingang, durch den ein paar Menschen immer wieder hindurchflitzten, und Tische und Stühle hin und her trugen. „Nehmt Haltung an, der Major kommt jeden Moment, und wenn ihr in seiner Gegenwart nicht ordentlich ausseht, na dann viel Spaß“, warnte der Sergant uns, diesmal nicht brüllend.

Damit nahmen wir kollektiv noch mal Haltung an, stellten uns gerade und in einem Block vor die Bühne und warteten die letzten Minuten bis zu seiner Ankunft.

Dann kam er endlich, und irgendwie war mir klar, warum der Major in einem Ausbildungslager gelandet war: Er war ein wenig korpulenter und schien sich seine Zeit mit anderen Dingen als Übung für den nächsten Einsatz zu vertreiben. Und ich musste unweigerlich daran denken, dass er wohl auch ein wenig Dekadent war. Ebenso wie das Ausbildungslager hier garantiert nicht unter seiner Kontrolle war. Er kramte einen Zettel aus der Tasche, dann begann er seine Rede: „Endlich seid ihr da. Die Soldaten, die uns vor jeder Art von Bedrohung schützen sollen, komme sie von Außen oder auch von Innen. Jeder von Ihnen wird Verantwortung tragen und jeder wird seinen Teil zur Sicherheit dieses Landes Beitragen.“ Damit beendete er seine Rede, drehte sich zu einem uniformierten Mann um, den ich gar nicht hatte kommen sehen. Er wechselte ein paar Worte mit ihm, dann verließ der Major die Bühne und verschwand. Die Person mit der er geredet hatte, ein Mann, dem „Härte“ schon fast auf der Stirn hätte tätowiert sein können, trat vor und begann seinerseits eine Rede:

„Ich bin der Leiter dieses Lagers, in dem ihr ab heute zu Drachenjägern, den mächtigsten Elitekämpfern ausgebildet werdet. Einerseits könnt ihr stolz auf euch sein, denn die Behandlung habt ihr überlebt. Doch erwartet bloß keine Gnade, nur weil ihr hier neu seid. Ihr werdet mindestens genauso hart trainieren wie der Rest, wenn nicht noch härter. Auch werdet ihr jeden Befehl sofort ausführen, egal was es ist, selbst wenn er ist, vom Dach zu springen, und glaubt mir, dieser Befehl wird kommen. Und noch was: Nicht alle überleben diese Ausbildung, also passt auf euch auf, das ist immer so ein scheiß Papierkram, wenn ihr draufgeht, also hütet euch gefälligst draufzugehen, sonst folge ich euch noch in die Hölle um euch noch mal umzubringen! Trotzdem hört für gewöhnlich die Hälfte nicht auf mich, ich hoffe ihr seid besser.“ Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er diesen letzten Satz jedes Mal sagte, wenn neue kamen. Damit übergab er uns den Ausbildern. Ich hatte das Gefühl, dass einer der Ausbilder der Sargent von vorher war und dass er ein Lächeln auf dem Gesicht hatte, das einem nichts Gutes verhieß.

Die ersten Wochen wurden wir körperlich fit gemacht, das heißt Dauerläufe, bis wir kaum noch stehen konnten. Danach Kraftübungen. Und sehr viel von dem was sie „Selbstverteidigung“ nannten. Ich nannte es „Wie töte ich meinen Gegner möglichst schnell, ohne, dass er den Angriff kommen sieht.“ Hierbei gab es auch tatsächlich die meisten Toten, da man manchmal Fehler machte, die dem Kameraden dann das Leben kosten konnten. Manch einer, den man nie wieder sah brach einfach beim Dauerlauf zusammen und stand nicht wieder auf oder wachte einfach am Morgen nicht mehr auf.

Von Zeit zu Zeit gab es dann allerdings auch so etwas wie Schießübungen. Hier gab es eigentlich keine Toten, es sei denn, jemand drehte durch, was glücklicherweise nicht geschah, zumindest nicht in meiner Anwesenheit.

Wenigstens war das Essen nicht so schlecht, wie man außerhalb des Militärs befürchtete. Wir waren immer gut genährt, so dass wir jederzeit volle Leistung bringen konnten. Auch wurde uns beigebracht, selbst für Nahrung zu sorgen, wenn wir nicht versorgt wurden. Wir lernten, was essbar war, und auf was man besser verzichtete.

Dann, eines Morgens, während des Morgenappells:

„So, dies ist der letzte Tag ihrer Ausbildung. Sie wurden die letzten Monate hinweg zu guten Soldaten ausgebildet. Wenn wir im Krieg wären, dann würden sie jetzt an der Front landen. Da dem aber nicht so ist, werden sie neuen Einheiten zugeteilt, die zwar zum Krieg fast schon bereit wären, doch meist nur einfachere Aufgaben erledigen müssen. Heute Abend bekommen sie ihren Versetzungsbefehl. Guten Tag noch.“

Wir, die Soldaten, schauten den Leiter verdutzt an und überlegten, ob wir grade richtig gehört hatten. Wir kamen hier weg? Welch gute Nachricht. Dann überlegten wir, wie lange wir schon hier waren, und stellten fest, dass wir tatsächlich schon mehrere Monaten hier waren, doch wie viele genau wusste keiner mehr, da teilweise die Erinnerung der Tage ineinander verschwamm und wir nur schätzten konnten. Ich schätzte auf vier Monate. Könnten aber auch fünf oder sechs sein, da war ich mir nicht ganz sicher. Der Tag verging vergleichsweise zahm, da wir heute Abend noch ansprechbar sein sollten, dachte ich mir. Wir genossen den milden Tag. Am Abend wurde uns befohlen, uns auf dem großen Platz vor dem Gebäudekomplex zu versammeln. Jeder wurde namentlich aufgerufen. Der Aufgerufene trat vor zum Leiter, und nahm einen Zettel entgegen. Auf diesem stand alles, was er wissen musste für seinen weiteren Werdegang.

Der Leiter gab mir meinen mit einem traurigen Gesichtsausdruck, sagte noch: „Viel Glück, Sie werden es brauchen.“ Auf meinem Zettel stand „Dragoons“. Das war, wenn man den Gerüchten glauben schenken konnte, die älteste und mit Abstand die am besten ausgerüstete Truppe, die man finden konnte, allerdings auch die strengste und die mit den gefährlichsten Missionen. Außerdem stand noch auf dem Zettel, dass die Reise dorthin in knapp zwei Stunden losging, und dass wenn ich zu spät käme, man mich nicht mehr finden werde. Eine solche Drohung hatte ich lange nicht mehr gehört oder auch nur gelesen. Also wartete ich noch bis die Verteilung zu Ende war und packte innerhalb einer Stunde alles zusammen, was ich hatte und rannte los. Den Bus, der mich noch rechtzeitig in die Stadt brachte, in der ich die Dragoons finden sollte, erreichte ich in der letzten Minute. Ruhe war ein rar gewordenes Gut geworden.

Also machte ich es mir im Bus gemütlich und ruhte mich auf der gut vierstündigen Fahrt noch ein Wenig aus.

Der Dragoon

Kapitel 3

Der Dragoon
 

Die Fahrt in die Hauptstadt zurück war langweilig. Es war ungewohnt niemanden zu haben, der einem sagte, was man jetzt genau zu tun hatte. Eigentlich war ich jemand, der wissen sollte was man zu tun hatte, und wie man voran kam. Aber da war ein Wort in meinem Gedankengang, der mir nicht gefiel: „Eigentlich“. Ich mochte dieses Wort nicht. Es drückte eine Unsicherheit aus. Dabei wollte ich mir so sicher sein, dass ich dieses Wort nicht brauchte. Diesmal vermied ich bewusst, dieses Wort im Gedankengang.

Ich wandte meine Gedanken anderen Dingen zu, um nicht mehr über dieses unangenehme Wort nachzudenken. Ich überlegte, was ich alles eigentlich über die Dragoons wusste. Ich stellte fest, dass es abgesehen von ein paar Gerüchten, die ich schon vor meiner Ausbildung aufgeschnappt habe, nichts über sie wusste. Man sagte, dass sie die besten, grausamsten und skrupellosesten waren. Man sagte sich auch, dass sie mit einer tausendfachen Überzahl fertig werden würden, und dass sie alleine mindestens genauso gut waren wie die meisten Assassinen waren und sie dadurch fast unaufhaltbar wären. Also war alles was ich wusste, dass sich jeder vor ihnen fürchtete und man sie in der Gesellschaft praktisch nicht zu sehen bekam. Sie waren die Besten der Besten.

Meine Gedanken liefen noch ein wenig weiter und ich döste ein. Zumindest bis der Bus zu einem abrupten Halt kam. Ich wurde kräftig durchgerüttelt und wachte wieder vollständig auf.

Ich blickte aus dem Fenster und sah einen Soldaten der Armee, der ein Gewehr in der Hand hielt. Wahrscheinlich könnte ich sogar genau sagen was für eines es wäre und wie lange es Dauerfeuer geben könnte, doch im Moment interessierte es mich nicht. Kurz darauf wurde die Tür vorne geöffnet und ein Soldat redete kurz mit dem Fahrer. Dann folgte eine Durchsage:

„Es tut mir leid, aber wir können nicht in die Stadt fahren, denn sie ist im Moment wegen Rebellenaktivität abgeriegelt. Man bittet Sie, ruhig zu bleiben und auf ihren Plätzen zu warten.“

Ich staunte nicht schlecht als ich das Wort „Rebellen“ hörte. Ich wusste gar nicht, dass es so etwas in diesem Land gab. Allerdings hatte es mich bisher auch nicht wirklich interessiert.

Ich kramte in meiner Tasche nach meinem Versetzungsbefehl, packte die Tasche, marschierte zum Fahrer und sagte: „Mach die Tür auf, ich hab’s eilig.“ Der Fahrer schaute mich zuerst nur dumm an, dann gehorchte er aber, als ich ihn böse anschaute. Er murmelte etwas unverständliches, ließ mich aber in Ruhe. Kaum hatte ich den Bus verlassen, war ich auch schon von drei Soldaten umgeben, zwei von ihnen das Gewehr schussbereit. Der Dritte war ein wenig ruhiger, hatte aber dennoch die Hand an der Waffe.

„Und warum hast du dich dafür entschieden die eindeutige Anweisung zu missachten? Du bist doch Soldat, du solltest es doch gewohnt sein, zu gehorchen.“

„Ganz einfach: ich hab’s eilig. Hier, wenn ihr mir nicht glaubt, dann schaut her.“ Sagte ich und übergab ihm meinen Versetzungsbefehl mitsamt der übrigen Aufforderung der Einfindung in einem gewissen Gasthaus. Er las ihn durch, dann musterte er mich und las die Zettel erneut durch. Schließlich ließ er mich bei den beiden anderen mit den Worten: „Warte hier, ich bin gleich wieder da.“ Dann ging er ein paar Schritte außer Hörweite und setzte sich ein halbes Headset auf. Er unterhielt sich mit aufgeregt mit jemandem. Nach ein paar Minuten kam er zu mir zurück. Die beiden anderen Soldaten hatten sich in der gesamten Zeit nicht einmal bewegt. „Also, du kannst gehen, allerdings musst du laufen.“

„Ist mir recht. Kann ich den Befehl zurückhaben? Ich glaube, den brauche ich noch.“

„Aber sicher.“ Er gab mir meine Zettel zurück. Zur Sicherheit schaute ich sie mir noch mal genau an. Geändert hatte sich nichts. „Warum auch? Egal, ich muss jetzt los, und zwar schnell. Ich muss in zwei Stunden am Gasthaus am Bahnhof sein.“ Machte ich vor mir klar. Planmäßig dauerte die fahrt noch gut 20 Minuten. Wird knapp. Ich packte meine Zettel in die Tasche und lief los. Wenn ich mich nicht irrte müsste der Bahnhof immer die Straße in Richtung Stadtmitte liegen. Die Straße war erstaunlich leer. Niemand war zu sehen. Mit freiem Weg begann ich zu rennen. Die Straße flog nur so an mir vorbei. Ich hatte kaum das Gefühl den Weg noch zu berühren.

Dann kam plötzlich ein Trupp keine fünf Meter vor mir aus einer unübersichtlichen Seitenstraße heraus gerannt. Ich versuchte zu bremsen, aber schaffte es nicht wirklich. Stattdessen kam ich aus dem Tritt und stolperte.

Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass die Zeit stehengeblieben war. Jetzt hatte ich doe Möglichkeit, die Truppe näher zu betrachten. Sie waren zu fünft, allesamt vermummt und mit mindestens einem Gewehr und einem Messer bewaffnet. Einer trug sogar ein klassisches Schwert an der Hüfte. Ein Weiterer trug auf den Schultern einen Mann, dessen Kopf in einer Tüte steckte. Der Getragene war ein wenig beleibter und sah sehr wichtig mit seinem Anzug aus. „Das müssen wohl die Rebellen sein“, dachte ich mir. Dann verging die Zeit wieder normal und da ich mich immer noch nicht gefangen hatte, rammte ich einen von den Rebellen. Dadurch kam ich nicht zu Fall, dafür aber zum Stehen. Dafür machte sich meine Tasche selbständig und segelte über die gesamte Straße und rutschte noch fast gegen die gegenüberliegende Wand. Der Gerammte flog halb so lange, trotzdem sah er nicht mehr ganz gesund aus. Die drei noch Bewaffneten, die noch die Hände frei hatten griffen zu ihren Waffen und richteten sie auf mich. Der Schwerträger zog statt seinem Gewehr das Schwert und schlug noch aus derselben Bewegung zu. Ohne noch groß nachzudenken wich ich dem Schwertschlag aus und schaffte es irgendwie, nicht von den ersten Kugeln durchlöchert zu werden und gleichzeitig so nahe an einen Schützen heranzukommen, um ihn in den Sodaplexus zu schlagen. Ich traf nicht ganz, doch das Ergebnis war ähnlich. Man hörte noch das trockene Knacken des Brustkorbes, als sich mein Gegenüber erbrechend und vor Schmerzen krümmend zu Boden sank. Noch bevor er den Boden erreichte, ging ich in die Knie und fegte den Schwertkämpfer mit einer schnellen Drehung mit ausgestrecktem Bein von den Füßen. Dann sprang ich zur Seite und bewegte mich mit einer Drehung hinter den letzten und schlug noch in derselben Bewegung zu. Ich zielte mit der Handkante auf den Nacken, doch da er nicht stehen geblieben war traf ich nur das Schlüsselbein, das allerdings unter dem Treffer nachgab. Der Letzte warf mir seine Fracht entgegen, wodurch er mich von den Beinen fegte. Allerdings setzte er mir nicht nach, sondern ergriff die Flucht. Als ich mich aufgerichtet hatte stand der Schwertkämpfer allerdings schon und versuchte mich zu erschlagen. Seine klinge fuhr nieder, und wurde abgelenkt. Mit einiger Verspätung erkannte ich, dass es ein Kopf war.

Vollkommen perplex schaute ich mich um und sah eine Gestalt in knapp 20 Metern Entfernung stehen. Sie steckte in einer goldenen und blauen Rüstung, das Gesicht sah man nicht, da es unter einem Helm verschwand. Zu ihren Füßen breitete sich eine Blutlache aus, die von einem kopflosen Körper ausging. Sie machte einen Satz und war plötzlich neben mir und vor dem Schwertkämpfer. Die blau-goldene Gestalt schlug mit der gepanzerten Faust zu. Er griff in die Brust seines Gegenübers. Als er seine Hand wieder herauszog hielt er etwas Blutspritzendes darin. Der Gegner schaute vollkommen verblüfft auf die Hand. Dann wurden die Augen glasig und er fiel rückwärts um. Dann erkannte ich, dass die blau-goldene Gestalt das Herz des Schwertkämpfers in der Hand hielt und ich wollte mich übergeben, doch mehr als wenig bittere Galle kam mir nicht über die Lippen.

Als ich mich wieder gefangen hatte blickte ich auf. Als ich wieder einen klaren kopf hatte, stellte ich fest, dass jeder andere bewaffnete, der nach meinem Auftauchen noch lebte, seinen Kopf mittlerweile verkehrt herum trug.

„Endlich wieder bei Sinnen?“, fragte er mich. Ohne auf eine Antwort zu warten fuhr er fort: „Tut mir leid für die schlechte Begrüßung. Ich bin Quentin. Du musst dann wohl Gabriel sein. Ich bin da, um dich abzuholen.“

Er hatte seinen Helm abgenommen und schaute mich an. Er hatte ein kantiges Gesicht, das allerdings eine Sanftmut ausstrahlte, dass man glaubte, er wäre zu einem Akt solcher Grausamkeit gar nicht fähig. Er hatte blaue Augen und blondes Haar. Die Haare umrahmten sein Gesicht und machten das sanftmütige aussehen fast vollständig. Allerdings verrieten ihn seine Augen. In ihnen konnte man den Schmerz und die Erfahrung vergangener Kämpfe sehen, aber auch eine Grausamkeit, die mich erschaudern ließ.
 

„Ahm, ja du hast Recht. Der bin ich.“

„Gut, dann folge mir“, sagte er und ging voraus. Ich lief um ihn einzuholen, denn ich wollte ihn noch etwas fragen. Als ich ihn eingeholt hatte setzte ich an: „Sag mal, musste das…“

„Ja“, unterbrach er mich. „Ist wichtig wegen der Abschreckung. Man will ja keine Nachahmer. Und bevor du fragst: Das Fragen alle, nachdem sie uns zum ersten Mal in Aktion gesehen haben.“ Betreten schwieg ich. Und folgte ihm still. Er führte mich in zu einem Wagen und als wir einstiegen fuhr er fort: „Du kennst die Gerüchte über uns Dragoons?“

„Ein paar.“

„Vergiss sie, wir sind schlimmer, viel schlimmer.“ Dann stieg er ein.

Nach kurzem Zögern folgte ich ihm.



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