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Skifahren für Anfänger

von

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Von Prinzessinnen und Skisocken

Mimi bekam immer alles, was sie wollte. Na ja, fast immer.

Schon als Kind wurde sie verwöhnt von ihren Eltern und als sie mit ihnen zusammen im zarten Alter von elf Jahren in die USA gezogen war, hatte sich dies noch verstärkt. Ihre Eltern hatten ein schlechtes Gewissen gehabt, weil sie ihr einziges Kind – ihre Prinzessin – von ihrem Zuhause und ihren Freunden weggeschleppt hatten und gaben sich deshalb alle Mühe, Mimis Wünsche von ihren Augen abzulesen. Wenn Mimi einmal traurig war und ihre Freunde vermisste, ging ihre Mutter sofort mit ihr shoppen. Wenn sie wieder einmal keinen Hunger auf das seltsame japanische und doch nicht japanische Essen hatte, das man in den USA bekommen konnte, griff ihr Vater zum Telefon und bestellte ihr eine Pizza. Als ihr Computer kaputt ging, kaufte ihr Vater ihr ohne zu zögern einen neuen. Als sie eines Tages feststellte, dass ihr Handy im Vergleich zu denen ihrer Mitschüler ungefähr aus der Steinzeit stammen musste, kam ihre Mutter am nächsten Tag rein zufällig mit dem neuesten Samsung-Modell nach Hause. Und schließlich, nach knapp drei Jahren Aufenthalt, waren sie doch wieder zurück nach Japan gezogen. Nicht nur, weil Mimi ihren Eltern ständig damit in den Ohren lag, wie sehr sie ihre Freunde vermisste, sondern auch, weil ihre Eltern feststellen, dass die USA doch nicht so toll waren wie sie es sich erhofft hatten. Also hatten sie alle drei die Sachen gepackt und waren Hals über Kopf zurück nach Japan geflogen. Zunächst lebten sie in einem Hotel in Tokio, bis Mimis Vater eine passende Wohnung ausfindig gemacht hatte.

Und nun saß Mimi in ihrem rosafarbenen Mädchenzimmer vor dem Kleiderschrank auf dem Boden und musste wieder einmal einsehen, dass sie nichts zum Anziehen hatte. Schon gar nicht für einen kalten Winter mit Schnee in den Bergen.

„Mama!“, rief sie aus ihrem rosafarbenen Zimmer. „Ich hab nichts zum Anziehen!“

Satoe Tachikawa steckte ihren Kopf zur Tür herein. „Ist das dein Ernst?“

„Natürlich ist das mein Ernst. Wie soll ich mit diesem Kleiderschrank einen Winter in Österreich überstehen?“

Satoe runzelte die Stirn und kam auf Mimi zu. Sie stellte ich vor Mimis Kleiderschrank. Ein großer weißer Schrank in einem Zimmer mit rosafarbenen Wänden.

„Mimi, manchmal glaube ich, du willst mich veralbern.“ Sie griff nach ein paar Wäschestücken und warf sie vor Mimi auf den Boden. „Was ist das bitte?“

Mimi durchstöberte die Klamotten. Darunter befanden sich zwei Wollpullover, eine dicke Strumpfhose, ein warmer Rock und eine mit Kunstfell besetzte Mütze. Mimi zog eine Augenbraue in die Höhe und betrachtete die Klamotten kritisch. Die waren doch schon alt. Die hatte sie ewig nicht mehr angezogen.

„Wenn ich noch ein paar Sekunden weiter suche, kann ich dir noch mehr zeigen“, behauptete Satoe mit verschränkten Armen.

„Das bezweifle ich“, murmelte Mimi.

„Mimi, reiß dich bitte zusammen“, forderte Satoe sie auf.

„Ja ja“, stöhnte die Angesprochene und packte die warmen Sachen widerwillig in ihren pinkfarbenen Koffer.

„Es gibt gleich Abendbrot“, verkündete Satoe, während sie Mimis rosafarbenes Mädchenzimmer verließ.

Mimi suchte noch ein paar andere Sachen aus ihrem Schrank, die zwar schon alt, aber wenigstens warm waren. Ihr blieb ja nichts anderes übrig. Am Ende setzte sie sich auf ihren Koffer, um ihn zu schließen.
 

Nach dem Abendessen griff sie nach dem Telefon und verschanzte sich in ihrem Zimmer. Mit flinken Fingern wählte sie die Nummer, die sie fast jeden Tag wählte.

„Hallo, Takenouchi?“, meldete sich die Stimme am anderen Ende der Leitung.

„Hallo, hier ist Mimi. Könnte ich bitte Sora sprechen?“, fragte Mimi höflich.

„Na klar. Warte kurz, sie ist gerade noch mit Packen beschäftigt.“ Es knackte und rauschte in der Leitung und schließlich meldete sich Soras Stimme.

„Hi, Mimi.“ Sie klang ein wenig genervt.

„Hey! Ist alles okay bei dir?“

„Na ja, ich finde meine Skisocken nicht. Ich hab mir vorgestern erst welche gekauft, aber sie sind weg“, erklärte Sora und hörte sich verzweifelt an.

„Vielleicht hat deine Mutter sie irgendwohin geräumt?“, überlegte Mimi laut.

„Das wäre mal wieder typisch. Aber sie hat sie auch nicht gesehen.“

„Oh je, hoffentlich findest du sie noch, sonst kriegst du ja kalte Füße!“

„Die kriege ich bestimmt sowieso. Hast du eigentlich angerufen, um mit mir über meine Skisocken zu reden?“

Mimi kicherte. „Nein. Ich wollte nur noch mal hören, was bei dir so los ist.“

„Ach, komm schon. Sag schon, was du hast.“ Sora hatte sie natürlich durchschaut.

„Ich habe Angst vor morgen“, gestand Mimi schließlich.

„Warum? Wegen des Fliegens?“

„Genau.“

„Brauchst du doch nicht. Erinnerst du dich denn nicht mehr an Jamaika? Da haben wir es doch auch geschafft.“

„Ja, aber das ist jetzt auch schon wieder über ein Jahr her.“

„Mach dir keine Sorgen, das wird schon. Hast du Reisetabletten?“

„Puh, weiß ich gar nicht. Muss ich noch mal nachschauen.“

„Fällt dir ja früh ein. Ich bring dir morgen welche mit.“

„Bist die Beste.“

„Bleibt es morgen eigentlich dabei, dass ihr mich abholt?“

„Was? Matt wollte dich doch abholen.“

Mimi konnte sich Soras entsetztes Gesicht vorstellen. „Was?! Aber du hast doch gesagt, ihr nehmt mich mit zum Flughafen. Matt müsste doch einen riesigen Umweg fahren.“

„Reg dich ab, war nur ein Witz. Natürlich bleibt es dabei.“

„Oh Mann. Erschreck mich doch nicht so!“

Mimi lachte.

„Du, Mimi, ich muss jetzt Schluss machen. Muss ja noch meinen Koffer fertig packen.“

„Okay. Nicht vergessen, um elf sind wir morgen bei dir.“

„Nein, das vergesse ich schon nicht. Also, dann bis morgen.“

„Mach's gut. Viel Glück noch, dass du deine Skisocken findest.“

„Danke“, murmelte Sora und die beiden Mädchen legten auf.
 

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So, da ist das erste Kapitel auch schon vorbei. Das nächste wird länger, versprochen. :)

Peinliche Gespräche

Nach einem knappen Frühstück packte Mimi am nächsten Morgen ihre restlichen Sachen zusammen und zog sich an.

„Brauchst du wirklich so einen großen Koffer?“, fragte Keisuke Tachikawa und betrachtete skeptisch Mimis Koffer, der im Flur stand, bereit zum Auto gehievt zu werden.

„Papa, ich brauche Wintersachen für zehn Tage“, erinnerte Mimi ihn.

„Ist der Koffer nicht ein bisschen groß?“, wiederholte er nur.

Mimi verdrehte die Augen und schüttelte verständnislos den Kopf. „Wir müssen langsam los. Um elf sollen wir bei Sora sein.“

„Ach, Mimi.“ Satoe tupfte sich mit einem Taschentuch die feuchten Augen ab. „Pass bloß auf dich auf. Fahr keine schwarzen Pisten.“

„Mama!“ Empört starrte Mimi ihre Mutter an. „Ich muss doch erst mal Skifahren lernen. Natürlich fahre ich keine schwarzen Pisten. Ich bin froh, wenn ich heil die blaue hinunter komme.“

Diese Worte ließen Satoe nur noch mehr schluchzen. Sie drückte ihre Tochter an sich, wobei Mimi ihre feuchte Wange an ihrer eigenen spürte.

„Ist schon gut“, murmelte Mimi und tätschelte ihrer Mutter den Rücken.

„Ruf unbedingt an, wenn du angekommen bist, hörst du?“, schniefte Satoe und sah Mimi nun wieder in die Augen.

„Mach ich.“ Mimi nickte, um ihre Antwort zu bekräftigen.

Plötzlich sah Satoe sich um und wandte sich an ihren Mann. „Willst du nicht schon mal das Auto holen und Mimis Koffer einladen?“

Verwundert sah Keisuke sie an. „Klar, mach ich.“ Mit diesen Worten verschwand er durch die Wohnungstür.

Satoe musterte Mimi mit scharfem Blick. „Hast du die Kondome eingepackt, die ich dir gegeben habe?“

„Was?! Mama!“ Mimi starrte sie entgeistert an. „Ich bin siebzehn!“

„Eben. Ich möchte nicht, dass du zur Teeniemutter wirst! In so einem Urlaub kann viel passieren.“

Ungläubig betrachtete Mimi ihre Mutter. Hielt sie sie etwa für ein Flittchen?

„Mach dir doch bitte um so etwas keine Sorgen“, sagte sie ein wenig gereizt.

„Hast du sie nun eingepackt oder nicht?“, reif Satoe nun laut.

„Ja! Zufrieden?“, zischte Mimi, schnappte ihre Umhängetasche und drehte sich um. Wütend und mit vor Scham geröteten Wangen stapfte sie zur Tür hinaus und ging die Treppe hinunter.

„Vergiss nicht anzurufen“, rief Satoe ihr noch hinterher. Dann hörte Mimi, wie die Wohnungstür geschlossen wurde. Zum Glück hatte niemand dieses Gespräch mitbekommen.
 

Nach einer halben Stunde Fahrt kamen sie bei Sora an, die mit ihrem Gepäck und Toshiko Takenouchi bereits unten vor der Haustür stand. Sie winkte Mimi, als sie den Wagen sich nähern sah. Mimi und Keisuke Tachikawa stiegen aus dem Auto aus, um Sora beim Einladen ihres Gepäcks zu helfen. Zumindest Keisuke stieg deswegen aus. Mimi wollte vorrangig ihre Freundin begrüßen.

„Guten Morgen!“, quietschte sie und umarmte Sora herzlich. Anschließend begrüßte sie auch Toshiko.

Sora griff nach ihrem Koffer, um ihn in den Kofferraum zu verfrachten, doch Mimis Vater nahm ihr das Gepäckstück hilfsbereit aus der Hand und übernahm diese Aufgabe selbst.

„Danke“, sagte Sora lächelnd und drehte sich dann zu ihrer Mutter. Keisuke setzte sich wieder hinters Steuer, während Mimi neben Sora stand und auf sie wartete.

Toshiko umarmte ihre Tochter fest. „Pass gut auf dich auf, Sora. Und grüß Matt von mir.“

„Klar“, antwortete Sora, packte ihren Rucksack und ging gemeinsam mit Mimi zum Auto. Die beiden Mädchen setzten sich nebeneinander auf die Rückbank und als sie losfuhren, winkte Sora ihrer Mutter noch einmal zum Abschied.

„Deine Mutter vermisst dich bestimmt furchtbar, wenn du nicht da bist, oder?“, mutmaßte Mimi. „Ich meine, sie ist ja ganz allein, wenn du mal nicht da bist.“

„Ja, bestimmt, aber sie wird sich daran gewöhnen müssen. Nächstes Jahr fange ich ja mit dem Studium an und da werde ich bestimmt nicht weiterhin zu Hause wohnen“, erklärte Sora nüchtern.

„Hm“, machte Mimi und stellte sich vor, wie es wohl wäre, wenn sie plötzlich ausziehen würde. Ihre Eltern würden sie ganz schön vermissen, dessen war sie sich sicher. Aber eigentlich wollte sie gar nicht unbedingt von zu Hause ausziehen.

Nach einer weiteren halben Stunde Fahrt kamen sie schließlich am Flughafen an. Keisuke Tachikawa half den Mädchen ihr Gepäck auszuladen und verabschiedete sich dann nicht ganz so überschwänglich von Mimi, wie es deren Mutter getan hatte. Voller Vorfreude betraten Sora und Mimi das große verglaste Gebäude. Bei Mimi mischte sich noch Angst vor dem Flug unter die Vorfreude.

„Hast du die Reisetabletten mit?“, fragte sie Sora nervös.

„Natürlich, alles im Rucksack“, antwortete die Angesprochene fröhlich. „Brauchst du jetzt schon eine?“

„Nein, ich wollte nur noch mal sichergehen.“

Sie zogen ihre Koffer hinter sich her durch den Eingangsbereich und hielten Ausschau nach ihren Freunden.

„Da vorn sind sie“, sagte Sora und zeigte in eine Richtung. Der Erste, den Mimi erblickte, war Tai und zwar wegen seiner voluminösen Frisur. Sein Haar war zwar nicht mehr ganz so unbändig und wuschelig wie früher, aber immer noch durchaus auffällig. Bei ihm standen auch alle anderen, also waren die beiden Mädchen die letzten.

„Da seid ihr ja endlich“, wurden sie in einem genervten Ton von Tai begrüßt.

„Mach mal halblang, wir haben doch noch genügend Zeit“, knurrte Mimi.

Sora hatte sich zu Matt gesellt, der ihr einen Kuss auf die Wange drückte. Mimi blieb widerwillig bei Tai stehen. Die Beziehung zu ihm war angespannt, weil sie wusste, dass er seit ihrem Jamaikaurlaub Gefühle für sie hatte, die sie nicht erwiderte. Auch Izzy war damals ein wenig in sie verliebt gewesen, weshalb es auch zwischen ihm und Tai schwierig war, doch die beiden hatten das irgendwie geklärt und Izzy war mittlerweile nicht mehr sonderlich an Mimi interessiert. Zum Glück, wie Mimi fand.

Mit nach Österreich flogen nur die 'alten' acht Freunde. Die neuen konnten alle aus verschiedenen Gründen nicht mitkommen. Davis' Schulnoten waren zu schlecht und er durfte deshalb nicht mitkommen, sondern musste sich daheim in den Ferien mit der Schule beschäftigen. Ken wollte nicht mit und Weihnachten lieber mit seinen Eltern verbringen. Yolei konnte nicht mitkommen, da sie in dem Supermarkt ihrer Eltern aushelfen musste. In der Weihnachtszeit war dort immer besonders viel los und es wurden alle Helfer gebraucht. Cody durfte nicht mitkommen, da seine Mutter fand, er war noch zu jung, um über Weihnachten mit Freunden wegzufahren.

„Lasst uns zum Check-in gehen, Leute“, schlug Joe vor und ging voran, um sich in eine der Schlangen einzureihen. Sie teilten sich beim Anstehen auf zwei Schlangen auf. Sie würden einen Zwischenstopp in Istanbul machen müssen.

Der Check-in nahm eine ganze Weile in Anspruch, doch schließlich hatten sie alle ihre Koffer abgegeben und machten sich mit dem Handgepäck auf den Weg durch die Sicherheitskontrolle. Bei Mimi piepte es, weil sie einen Gürtel trug, doch wenigstens war ihr Handgepäck in Ordnung.

Nach der Sicherheitskontrolle hatten sie noch knapp zwei Stunden Zeit bis zum Abflug.

„Ich möchte etwas trinken, ich hole mir was“, verkündete Mimi und marschierte zum nächsten Café.

„Warte, ich komme mit“, rief Sora und eilte ihr hinterher. Sie stellten sich gemeinsam an.

„Was willst du denn trinken?“, fragte Mimi.

„Ein Wasser.“

Mimi bestellte also ein Wasser und einen Apfelsaft, als sie an der Reihe war, und bezahlte. Die beiden Mädchen setzten sich mit ihren Gläsern an einen noch freien Tisch.

„Sora, warum fliegen wir unbedingt nach Österreich? Hätte es nicht auch Hokkaido getan?“, fragte Mimi plötzlich und sah ihre Freundin verzweifelt an.

Sora erwiderte ihren Blick überrascht. „Ähm... na weil es in Österreich die schönsten Berge zum Skifahren geben soll. Und weil dort das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt.“

„Und das stimmt auf Hokkaido nicht?“

Sora zuckte die Schultern. „Ich weiß nicht. Wir haben abgestimmt und die meisten waren für Österreich. Erinnerst du dich nicht mehr?“

„Doch, ich hab für einen Sommerurlaub gestimmt“, erinnerte sich Mimi. „Bestimmt ist Skifahren total schwer und der Schnee so kalt und die Berge so hoch.“ Mimi wurde ganz schlecht, wenn sie an all diese Umstände dachte. Und dann auch noch dieser weite Flug. Worauf hatte sie sich hier nur eingelassen?

„Ach, das wird bestimmt toll!“, entgegnete Sora begeistert. „Ich freue mich auf den Urlaub und das solltest du auch tun.“

„Ich versuche es ja. Hauptsache ich muss nicht mit Tai in einem Zimmer schlafen.“

„Bitte versucht doch, euch zu vertragen. Was hast du überhaupt gegen Tai? Ich verstehe es immer noch nicht.“

„Er will unsere Freundschaft kaputt machen!“, behauptete Mimi. „Warum kann er nicht auf eine andere stehen? Ich kann mich überhaupt nicht mehr mit ihm unterhalten.“

Sora musterte Mimi mit gerunzelter Stirn. „Aber das stimmt doch überhaupt nicht. Du könntest dich so mit ihm unterhalten wie immer, aber du willst einfach nicht. Er ist immer noch der Alte, glaub mir.“

„Nein, es ist alles anders“, beharrte Mimi.

„Warum stört es dich so, dass er dich toll findet?“, fragte Sora verständnislos.

„Weil... ich will es einfach nicht!“, antwortete Mimi energisch und trank ihren Apfelsaft in einem Zug leer.

Sora seufzte resignierend. „Wir bekommen das schon hin, dass ihr nicht im selben Zimmer schlaft.“ Sie trank ihr Wasser leer und die beiden Mädchen gingen wieder zurück zu den anderen.

Sie verbrachten die restliche Zeit damit, das Prospekt für ihr Ferienhäuschen zu studieren und sich über ihre Erwartungen auszutauschen. Die Bilder des Ferienhäuschens versprachen viel. Es sollte ein Holzhäuschen sein mit drei Schlafzimmern, in denen jeweils drei Personen schlafen konnten. Das Häuschen besaß einen Balkon und einen kleinen Garten, den sie im Winter höchstwahrscheinlich nicht weiter nutzen konnten. Außerdem gab es einen Keller, der für die Skiausrüstung geeignet sein sollte.

„Es geht los, wir können ins Flugzeug“, rief Izzy und deutete auf den Schalter, der soeben geöffnet worden war. Sofort kramten alle ihre Bordkarten hervor und gingen zur Kontrolle. Von dort aus kamen sie in den Tunnel, der das Terminal mit der Maschine verband.

„Wo sitze ich denn?“, fragte Mimi, als sie im engen Passagierraum stand, und warf einen Blick auf ihre Bordkarte. Von hinten wurde sie schon ungeduldig nach vorn geschubst, weil sie stehen geblieben war, um auf ihrer Karte ihre Sitznummer zu suchen. „Hey!“ Schließlich fand sie dir richtige Sitzreihe und den Platz. „Sora, sitzen wir...“ Mimi hielt inne, als sie sah, dass Sora bereits in der Reihe dahinter am Fenster und neben Matt saß. Sie sah sie fragend an. „Schon gut“, grummelte Mimi und ließ sich auf ihren Platz fallen.

Sora schob ihren Kopf zwischen zwei Sitzen hervor. „Tut mir Leid, Mimi.“

„Schon gut“, murmelte Mimi.

„So, wo ist denn mein Platz?“, fragte eine Stimme neben ihr. „Ah, hier, da muss ich wohl oder übel neben dir sitzen.“ Mimi blickte auf und sah direkt in Tais grinsendes Gesicht.

„Hau bloß ab“, zischte sie.

„Mimi, hier ist aber mein Platz. Ich kann mich nirgendwo anders hinsetzen“, klärte Tai sie fröhlich auf.

„Dann tausch doch mit einem der anderen“, erwiderte Mimi bissig. Auf keinen Fall wollte sie sechzehn Stunden lang neben Tai sitzen. Oder zumindest bis Istanbul.

„Die sitzen aber alle schon“, sagte Tai nun ernst. Er ließ sich einfach auf den Platz neben ihr fallen. Mimi stöhnte genervt auf und sah ihn missbilligend an.

„Sag mal, spinnst du? Du tust ja so, als hätte ich eine ansteckende Krankheit“, meinte Tai und wirkte ein wenig gekränkt. Na und? Dann war er halt gekränkt. Immerhin wollte er ja ihre Freundschaft zerstören.

Mimi verschränkte die Arme vor der Brust und wandte sich ab.

Die Stewardess führte die Anweisungen zu den Sicherheitsvorkehrungen durch, während das Flugzeug bereits auf die Startbahn rollte. Wenige Minuten später wurde die Maschine schneller und schneller und Mimi wurde immer nervöser. Das Flugzeug hob ab und Mimi wurde schlecht. Panisch griff sie nach der Spucktüte, die im Sitz vor ihr steckte, und hielt sie bereit.

„Mimi!“, rief Tai erschrocken. „Du kannst doch nicht jetzt schon anfangen zu kotzen.“

Mimi atmete zu schnell und bekam das Gefühl, gleich zu kollabieren. Ihr Herz raste, sie versuchte sich zu beruhigen, doch bekam ihren Atem einfach nicht regelmäßiger.

„Hier, gib ihr das“, sagte Sora von hinten und reichte Tai etwas. Dieser packte es aus und hielt es Mimi hin.

„Nimm das“, sagte er beruhigend.

Mimi nahm die Tablette in die Hand. „Wasser“, keuchte sie.

„Es gibt jetzt kein Wasser, erst nachher. Versuch sie so zu schlucken“, erwiderte Tai und sah Mimi auffordernd an. Diese sah auf die Tablette und stellte fest, dass sie daran eher ersticken würde, als sie herunter zu schlucken. Tai bemerkte ihr Zögern und nahm ihr die Tablette aus der Hand. Mit geschickten Fingern brach er sie in der Mitte durch und stopfte ihr eine Hälfte in den Mund. Mimi versuchte, Speichel in ihrem Mund zusammen und schluckte sie herunter. Das gleiche wiederholte sie mit der zweiten Hälfte und lehnte sich zurück.

„Mach die Augen zu und versuch ruhig zu atmen“, meinte Tai. Mimi gehorchte. Es dauerte eine Weile, doch schließlich wurde Mimi tatsächlich ruhiger und ein wenig müde.

„Danke, Tai“, seufzte sie.

„Mir brauchst du nicht zu danken. Es war Soras Tablette.“

„Danke, Sora“, murmelte Mimi.

„Keine Ursache“, kam es von hinten. „Hauptsache dir geht es wieder gut.“

„Hast du eigentlich deine Skisocken noch gefunden?“, fragte Mimi, die Augen noch immer geschlossen.

Sora kicherte. „Ja, meine Mutter hatte sie in die Wäsche getan und es vergessen.“

„Mütter“, sagte Tai und schüttelte den Kopf.

„Misch dich nicht ein!“, knurrte Mimi.

„Sei nicht so eine Zicke!“, knurrte Tai zurück.

„Ich bin keine Zicke“, erwiderte Mimi energisch.

„Dann benimm dich auch nicht wie eine.“

„Du bist ätzend, Tai.“

„Das Kompliment kann ich nur zurückgeben.“

Mimi warf ihm einen genervten Seitenblick zu und schloss dann wieder die Augen. Nur wenige Zeit später war sie eingeschlafen und wurde erst wieder geweckt, als es Essen gab. Es wurden Sandwiches mit Käse oder Putenbrust serviert. Mimi nahm eins mit Käse.

„Von dem Ding soll ich satt werden?“, fragte Tai spöttisch und betrachtete das Sandwich von allen Seiten.

„Sei nicht so ein Vielfraß“, sagte Mimi und biss in ihr Sandwich. Tai hatte seines im Nu verspeist, während Mimi ihres noch nicht einmal zur Hälfte geschafft hatte.

„Willst du den Rest von meinem noch?“, fragte sie an Tai gewandt. Sie sah ihn dabei jedoch nicht an.

„Willst du es denn nicht mehr?“

„Würde ich sonst fragen?“

Tai zuckte die Schultern und nahm Mimi das angebissene Sandwich aus der Hand. Es dauerte nicht lange, bis er auch dieses verschlungen hatte. Mimi starrte ihn entgeistert an.

„Was?“, fragte Tai, während er noch auf dem letzten Bissen herumkaute.

„Wie kannst du nur so viel essen?“

„So ein Adoniskörper braucht halt auch viel Nahrung“, antwortete er grinsend. Mimi verdrehte die Augen, während von Sora und Matt, die diesen Kommentar anscheinend mitbekommen hatten, ein amüsiertes Lachen kam.

„Ich weiß gar nicht, was es da zu lachen gibt“, rief Tai ihnen zu.

Die nächsten drei Stunden verschlief Mimi ebenfalls. Die Reisetablette wirkte gut. Den Rest der Flugzeit bis Istanbul verbrachten sie redend und mit Blicken aus dem Fenster. Trotz ihrer Flugangst musste Mimi zugeben, dass dieser Ausblick schön war. Aber sie war froh, als sie einige Stunden später wohlbehalten in Istanbul landeten. Dort war es fast ein bisschen schade, dass sie nur eine Stunde Aufenthalt hatten. Gerne hätte sich Mimi noch ein wenig die Stadt angeschaut. Hier sah alles so anders aus als in Japan.

Der Flug nach Wien verlief ereignislos und war auch nicht besonders lang. Mit einem Kleinbus fuhren sie dann in das kleine Örtchen, das für die nächsten zehn Tage ihr Quartier sein würde. Die Umgebung war wirklich imposant. Die Berge waren hoch und schienen überall zu sein. Wo man auch hinsah, waren Berge über Berge. Man konnte sogar viele Skilifte und einzelne kleine Berghütten erkennen. Mimi konnte den Blick kaum vom Fenster abwenden. Überall war Schnee zu sehen und es war kalt.

Der Kleinbus brachte sie zu ihrem kleinen Holzhäuschen. Joe bezahlte den Fahrer und sie luden alle ihr Gepäck aus.

„Joe, kannst du vielleicht meinen Koffer zur Hütte ziehen? Ich bin so müde von dem langen Flug“, bettelte Mimi und sah den jungen Mann liebreizend an.

„Okay. Aber dann nimm den Schlüssel und schließ schon mal die Tür auf.“ Er hielt ihr den Schlüssel entgegen.

Mimi nickte, nahm den Schlüssel und hüpfte allen voran zur Haustür.

„Manipulatives Weib“, hörte sie Tai zischen, kümmerte sich aber ausnahmsweise nicht weiter darum. Aufgeregt schloss sie die Tür auf und fand sich in einem großen Wohnbereich wieder. Staunend blieb sie stehen und betrachtete alles.

„Geh doch mal weiter! Das Gepäck ist schwer“, stöhnte Izzy hinter ihr.

„Entschuldige“, murmelte Mimi und trat zur Seite, um ihre Freunde eintreten zu lassen. Alle ließen ihre Koffer los und sahen sich um.

„Wow“, hauchte Sora und sah sich um. „Das ist... so schön.“

Die ganze untere Etage schien aus einem Wohnbereich mit offener Küche zu bestehen. Die Küche war gefliest und nahm den hinteren linken Teil des Wohnbereichs ein. Es gab eine große Arbeitsfläche und einen Herd mit fünf Platten. Es gab ebenfalls einen Tresen mit vier Stühlen. Geradezu befand sich ein uriger offener Kamin. Davor standen zwei einladende rote Sofas und zwei Sessel. Auch ein kuschelweich aussehendes Schaffell lag auf dem Boden vor dem Kamin. Im vorderen rechten Teil des Wohnbereichs befand sich ein großer Esstisch aus hellem Holz mit zehn Stühlen. Auf der linken Seite neben der Küche befanden sich zwei Holztüren und ganz vorn gab es zwei Treppen, von denen eine nach unten und eine nach oben führte. Ganz hinten auf der rechten Seite befand sich ein Fernseher. Die Wände waren mit Gemälden und Fotografien von Berglandschaften verziert. Außerdem gab es noch ein paar kleinere Regale an den Wänden und einige grüne Pflanzen.

„Lasst uns mal sehen, was hinter den Türen ist“, rief Izzy aufgeregt und lief zuerst zu den Türen. Er öffnete die erste. Dahinter befand sich eine Art winzige Abstellkammer, wo sich Eimer, Lappen, Wischmopps, allerlei Putzmittel und ein Staubsauger befanden.

„Wie langweilig“, fand Mimi und öffnete die zweite Tür. Dahinter befand sich ein Badezimmer mit Fenster, Dusche und Eckbadewanne. Die Bodenfliesen waren azurblau, während die Wandfliesen weiß waren, verziert mit blauem Mosaikmuster.

„Oh, das sieht schön aus“, stellte Kari mit leuchtenden Augen fest. Die Handtuchhalter hingen voller schneeweißer Handtücher. Alles sah sauber und ordentlich aus.

Gemeinsam gingen alle nach oben und öffneten dort nacheinander alle Türen. Zwei befanden sich auf der linken und zwei weitere auf der rechten Seite des kleinen Flures. Links gab es zwei kleine Schlafzimmer, die beide mit jeweils einem großen Doppelbett, einem Einzelbett, einem Kleiderschrank, einem Tisch, zwei Stühlen und einem kleinen Fernseher ausgestattet waren. Von beiden Zimmern aus hatte man einen fantastischen Blick auf die kleine Stadt und die Berge. Auf der rechten Seite gab es ein weiteres Badezimmer mit Fenster und Dusche und ebenfalls ein Schlafzimmer, das genauso ausgestattet war wie die anderen beiden.

„Los, Sora, wir nehmen das hier“, sagte Mimi und zog Sora hinter sich her in das Zimmer hinten links. Sora stellte ihren Rucksack ab und ließ sich auf eine Seite des Doppelbetts fallen. Es war mit weißer Bettwäsche bezogen. Die Kissen und Decken waren sehr dick und warm. Sora seufzte zufrieden. „Ich glaube, ich bleibe gleich liegen bis morgen Früh.“

„Nichts da, wir müssen noch einkaufen“, erwiderte Mimi, stellte ebenfalls ihre Tasche ab und stellte sich vor den Spiegel am Kleiderschrank, um den Sitz ihrer Haare zu überprüfen. Sie stellte fest, dass sie unordentlich aussahen, und band sie zu einem Zopf zusammen.

Plötzlich steckte Kari den Kopf in ihr Zimmer. „Kann ich zu euch kommen?“, fragte sie lächelnd.

„Klar, komm rein“, forderte Sora sie ebenfalls lächelnd auf. „Willst du lieber hier aufs Doppelbett oder auf das Einzelbett dort?“ Sie stand auf, um ihre in Beschlag genommene Bettseite anzubieten.

„Schon gut, ich nehme das Einzelbett“, sagte Kari und stellte ihre Tasche darauf ab.

„Willst du denn gar nicht mit T.K. In ein Zimmer?“, fragte Mimi verwundert.

„Nein.“ Kari kicherte. „Seine Freundin ist doch so eifersüchtig, das würde ihr gar nicht gefallen.“

Nun fiel es Mimi wieder ein. T.K. hatte seit wenigen Wochen seine erste Freundin – sie ging in seine Parallelklasse – und diese war ganz schön eifersüchtig auf Kari, weil sie T.K.s beste Freundin war. Sie hatte schon geäußert, wie blöd sie es fand, dass T.K. und Kari überhaupt zusammen in den Urlaub fuhren.

„Von der würde ich mir an deiner Stelle gar nichts sagen lassen“, meinte Mimi schnippisch.

„Mimi!“, rief Sora. „Von der natürlich nicht, aber wenn T.K. es deswegen nicht will, kann ich Kari schon verstehen.“

„Ach, das macht doch nichts“, sagte Kari unbekümmert. „So ein Mädchenzimmer hat doch auch was.“

„Allerdings“, stimmte Mimi ihr lachend zu. „Mach dich auf Pyjamapartys und viele Gespräche gefasst.“ Sie musste dabei an ihren Jamaikaurlaub denken, in welchem zwischen Sora und ihr allerhand Gerede über Probleme mit Jungen und Beziehungen stattgefunden hatte. Ein paar Mal waren die Freundinnen auch nicht derselben Meinung gewesen, was zu Streit geführt hatte.

„Das wird bestimmt toll“, sagte Kari grinsend.

„Mädels?“ Matt hatte an die offene Tür geklopft und kam ins Zimmer. „Wir müssen noch einkaufen gehen, bevor die Läden zumachen.“

„Dann lasst uns lieber schnell losgehen, sonst müssen wir morgen Früh hungern“, sagte Sora und kramte ihre Geldbörse aus ihrem Rucksack hervor. Die drei Mädchen gingen nach unten, wo auch schon die Jungen warteten.

„Sollen wir alle einkaufen gehen?“, fragte Joe in die Runde und sah vom einen zum anderen.

„Nein, es reicht eigentlich, wenn wir Mädchen gehen, wir vergessen wenigstens nichts“, antwortete Kari.

„Ja, okay. Dann nehmt Tai mit, der trägt die Einkaufstüten“, sagte Joe.

„Was, wieso ich?“, fragte Tai verdutzt.

„Weil wir einen starken Mann brauchen“, antwortete Sora und zwinkerte ihm zu.

„Ja ja, als ob“, spottete Tai.

„Nun geht schon. Wir können ja in der Zeit die Koffer nach oben schleppen“, meinte T.K. und griff schon nach dem ersten Koffer.

Die Mädchen und Tai zogen ihre Schuhe und Jacken an und verließen das Ferienhäuschen. Sie schlenderten die Straßen der kleinen Stadt entlang und hielten Ausschau nach dem nächsten Supermarkt. Angeblich gab es in nur zweihundert Metern Entfernung eine Einkaufsmöglichkeit.

„Hoffentlich finden wir diesen Spermarkt bald. Es ist ganz schön kalt“, stellte Mimi fröstelnd fest. Sie hatte keine Handschuhe angezogen und rieb ihre Hände gegeneinander. Solche Temperaturen war sie von Tokio nicht mehr gewöhnt. Sora und Kari hingegen schienen nicht zu frieren, zumindest beklagten sie sich nicht.

„Da vorn ist er doch schon“, sagte Tai und wies mit dem Finger in eine Richtung. Sie beeilten sich und betraten den Supermarkt endlich. Über eine halbe Stunde liefen sie herum und sammelten Nahrungsmittel zusammen, die hier alle irgendwie ein wenig anders aussahen als in Japan.

„Ich bin dafür, wir bereiten morgen ein europäisches Frühstück zu“, meinte Sora, die zweifelnd vor dem Kühlregal stand.

„Was sollen wir auch sonst machen, du Schlaumeier?“, entgegnete Tai, der sich neben sie stellte. „Hier gibt es doch ganz andere Sachen als bei uns.“

„Aber was isst man in Europa zum Frühstück?“, fragte Kari.

„Also, ich habe da ein bisschen was gelesen“, antwortete Sora langsam und ging den anderen voran durch die Regale. Sie kauften Joghurt, Obst, Gemüse, Wurst, Käse, Marmelade, Nuss-Nougat-Aufstrich, Honig, Eier, Milch, Müsli, Kakaopulver, Tee, Getränke, geräucherten Fisch, Reis und Tiefkühlkräuter. Das sollte reichen. Alles andere konnten sie auch noch am nächsten Tag besorgen.

Sie machten sich auf den Weg zurück zum Ferienhäuschen. Tai schleppte zwei große Tüten, die dritte hatte ihm Sora abgenommen.

„Nicht, dass du es noch in der Bandscheibe kriegst“, hatte sie gekichert.

„Da seid ihr ja endlich wieder“, wurden sie von Izzy begrüßt, als sie durch die Haustür herein marschierten. „Habt ihr euch zwischendurch verlaufen, oder was?“

„Ein bisschen“, gestand Mimi seufzend.

„Wir müssen uns übrigens noch Skier ausleihen gehen“, erinnerte Tai sie, der keuchend die Tüten abstellte.

„Das können wir doch morgen Früh noch machen“, stöhnte Mimi. „Ich habe jetzt keine Lust darauf.“

„Ich finde auch, dass wir das morgen noch machen können“, stimmte Joe ihr zu.

Daraufhin gingen die drei Mädchen in ihr Zimmer, wo sich bereits ihre Koffer befanden. Sie quetschten die Klamotten aus ihrem Koffer alle in den Kleiderschrank, der für drei Leute einfach zu klein war, und verstauten die leeren Koffer unter ihren Betten. Außerdem zogen sie sich gemütlichere Sachen an. Zufrieden betrachtete Mimi am Ende ihr Zimmer.

„So kann man es aushalten“, fand sie. Es war zwar nicht ganz so schön wie ihr Zimmer zu Hause, doch dafür hatte sie hier eindeutig den besseren Ausblick. Und außerdem angenehme Gesellschaft.

„Wollen wir Abendessen kochen? Ich bin schon ganz schön müde von dem Flug“, schlug Kari, die auf ihrem Bett saß, gähnend vor.

„Gute Idee“, sagte Sora und so gingen die drei Mädchen nach unten in die Küche. Die Jungen saßen am Esstisch, vor ihnen Tassen gefüllt mit dampfendem Tee.

„Wir haben Tee gekocht. Da steht noch welcher“, verkündete Matt.

In der Küche stand tatsächlich noch eine halbvolle Teekanne. Mimi nahm drei Tassen aus einem Schrank und goss Tee ein.

„Habt ihr schon Hunger?“, fragte Sora an die Jungen gewandt. Alle fünf drehten sich zu ihr und sahen sie schräg an, als würden sie bezweifeln, dass Sora diese Frage wirklich ernst meinte.

„Ist ja gut, war ja nur ne Frage“, sagte sie und hob abwehrend die Hände.

Die Mädchen machten sich daran, Gemüse zu schneiden für eine Reispfanne. Dummerweise hatte Mimi sich die Zwiebeln vorgenommen, obwohl sie besonders empfindlich war, was das anging. Schon nach kurzer Zeit brannten ihre Augen und Tränen flossen über ihre Wangen. Sie schniefte.

„Hä, ist alles okay mit dir?“, fragte Izzy, der neben ihr aufgetaucht war, um Teller aus einem Schrank zu holen. Sie sah ihn an, er erwiderte ihren Blick, sah auf die Zwiebeln und grinste. „Achso. Soll ich weitermachen?“

„Ja, danke, das wäre lieb“, antwortete Mimi schniefend. Sie wusch sich die Hände und tupfte sich mit Küchenpapier die Augen ab.

„Du heulst vom Zwiebelschneiden? Sei nicht so ein Mädchen“, rief Tai und lachte laut.

„Ach, und was machst du bitte? Rumsitzen und blöde Kommentare abgeben kann jeder“, fauchte Mimi.

„Dann mach du es doch auch“, forderte Tai sie auf und deutete auf den Stuhl neben sich.

Mimi hob eine Augenbraue. „Ähm... nein, danke.“ Sie drehte sich weg und suchte das Besteck heraus, das sie brauchten. Anschließend legte sie es zu den bereits aufgestellten Tellern auf den Tisch. Tai saß nun am Tisch wie ein begossener Pudel und schwieg. Mimi lächelte zufrieden in sich hinein. Sie wollte versuchen, ihn in diesem Urlaub fertig zu machen, wenn er sie mit gemeinen Bemerkungen bedachte und sie aufzog. Im Alltag konnte sie ihm gut aus dem Weg gehen, doch hier war das nicht so leicht. Also musste sie sich wenigstens zur Wehr setzen.

Sie machte sich daran eine Zucchini zu schneiden. Dabei musste sie wenigstens nicht weinen.

Sora gab etwas Öl in zwei Pfannen und warf dann zwei geschnittene Paprika, ein paar grob geteilte Tomaten und gewürfelte Auberginen dazu. Izzy, der etwas langsam war beim Schneiden, gab schließlich auch die gewürfelten Zwiebeln in die Pfanne und als letztes kam Mimis Zucchini. Es duftete bereits verführerisch. Mimi liebte einfach gebratenes Gemüse. Sie füllte einen Topf mit Wasser und stellte ihn auf die Herdplatte. Eine knappe halbe Stunde später war schließlich das Essen fertig. Sora und Mimi brachten die beiden Pfannen hinüber zum Esstisch.

Was insgesamt eine dreiviertel Stunde und einige Tränen gebraucht hatte, war innerhalb von wenigen Minuten aufgegessen. Zufrieden lehnten sich alle zurück.

„Das habt ihr gut gekocht“, lobte Joe die Mädchen. „Dafür räumen wir auch jetzt das Geschirr ab.“

Das hielt Mimi für einen guten Plan. Während die Jungen also damit beschäftigt waren, das dreckige Geschirr in die Spülmaschine zu verfrachten, machten die Mädchen es sich mit ihren Teetassen auf dem roten Sofas bequem. Sie verbrachten den Rest des Abends mit plaudern, bevor sie alle schließlich ziemlich erschöpft zeitig schlafen gingen.

Sora riss das Fenster auf in ihrem Zimmer.

„Muss das sein? Es ist doch so kalt draußen“, beschwerte sich Mimi und kroch unter ihre Decke.

„Ja, das muss sein. Wir brauchen doch frische Luft zum Schlafen“, antwortete sie und legte sich auf die andere Seite des Doppelbetts. Kari lag schon seit einigen Minuten in ihrem Bett und schien kaum noch zuzuhören. Die Bettdecke hatte sie bis über die Ohren gezogen.

„Außerdem frierst du bestimmt nicht. Schau dir doch diese Decken an“, fuhr Sora fort.

„Wenn du meinst“, grummelte Mimi. Bestimmt würde sie frieren.
 

Mitten in der Nacht wurde Mimi plötzlich wach. Wie spät es wohl war? Sie drehte sich auf die andere Seite und wollte wieder einschlafen, doch aus irgendeinem Grund klappte es nicht. Sie lauschte auf die anderen beiden. Alles, was sie hörte, waren regelmäßige Atemzüge. Ansonsten war nichts zu hören. Nach einer gefühlten Ewigkeit beschloss Mimi schließlich, aufzustehen und etwas trinken zu gehen. Als sie auf den Flur trat, sah sie bereits, dass im Erdgeschoss Licht brannte. Sie schlich die Treppe hinunter und sah, dass das Licht aus der Küche kam. Leise ging sie auf die Küche zu. Es war kalt im Haus und sie hatte eisige Füße. Fröstelnd rieb sie sich über die Arme.

Am Tresen saß Tai mit einem Glas Milch vor sich. Den Kopf auf eine Hand gestützt starrte er gedankenverloren in die Gegend und schien überhaupt nicht mitzubekommen, dass Mimi sich näherte. Erst, als sie direkt neben ihm stand, zuckte er zusammen und sah sie an.

„Was machst du denn hier?“, fragte er leise.

„Wahrscheinlich das gleiche wie du“, gab sie zurück und goss sich ebenfalls ein Glas Milch ein. „Ich kann irgendwie nicht schlafen.“

„Geht mir auch so“, sagte Tai und starrte in seine Milch. Mimi setzte sich neben ihn und nippte an ihrem Glas. Eine Weile schwiegen sie, doch dann ergriff Tai das Wort.

„Willst du das eigentlich den ganzen Urlaub durchziehen?“

Verdutzt sah Mimi ihn an. „Wovon redest du?“

„Von deiner Art mir aus dem Weg zu gehen und mir nur schnippische Antworten zu geben“, antwortete er ernst.

„Das hängt ganz davon ab, wie oft du mich auf die Palme bringen willst“, erwiderte Mimi und sah nun auch in ihr Milchglas, als gäbe es dort etwas Spannendes zu beobachten.

„Mimi.“ Tai seufzte tief. „Du weißt doch, was ich für dich empfinde.“

„Ja, ich weiß es. Ich weiß es schon seit über einem Jahr, aber genauso lange weißt du auch, dass ich das nicht erwidern kann.“ Jedenfalls war sie bisher der Meinung, Tais Gefühle nicht erwidern zu können. Tai wandte ihr das Gesicht zu, doch sie vermied es, ihn anzusehen. Das Gespräch war ihr sehr unangenehm. Fast so wie das Gespräch mit ihrer Mutter über Verhütung.

Tai sagte nichts, sondern musterte sie nur von der Seite.

„Tai, ich... ich habe einfach das Gefühl, du zerstörst damit unsere Freundschaft. Ich kann gar nicht mehr mit dir reden, ohne dass ich daran denken musst, dass du in mich verliebt bist und das alles zwischen uns ändert“, erklärte Mimi. „Ich will dich einfach nicht als Freund verlieren.“

„Und deshalb gehst du mir so aus dem Weg?“, fragte Tai. Er klang gekränkt.

„Ich schätze ja.“ Mimi nickte.

„Aber nur, weil man mit jemandem eine Beziehung führt, verliert man ihn doch nicht zwangsläufig als Freund.“

„Wenn die Beziehung irgendwann einmal vorbei ist, dann schon.“

„Und was, wenn sie nicht vorbei geht? Wie willst du das außerdem vorher wissen?“

Mimi seufzte. Sie sah ihn immer noch nicht an. „Findest du denn kein anderes Mädchen?“

„Es gab mal eine“, sagte Tai. Mimi wurde hellhörig. „Aber das war eher so eine Art Affäre. Ich hatte keine wirklichen Gefühle für sie.“

„Hast du mit ihr geschlafen?“, fragte Mimi unverblümt. Sie spürte, wie sie rot wurde. Sie wusste selbst nicht, warum sie diese Frage gestellt hatte. Sie war ihr einfach ganz plötzlich durch den Kopf geschossen und wollte ausgesprochen werden. Unwillkürlich fragte sie sich, wie das Mädchen wohl ausgesehen hatte.

Tai sah sie verdutzt an und schien zu überlegen, ob er darauf antworten sollte oder nicht. „Ein paar mal“, sagte er schließlich langsam. „Warum?“

„Nur so“, erwiderte Mimi schnell und trank ihre Milch leer. Sie stand auf und wollte nach oben gehen, doch Tai hielt sie am Handgelenk fest.

„Jetzt mal ernsthaft, warum fragst du sowas?“, fragte er und beäugte sie skeptisch.

„Weil... ich deine Freundin bin und mir nur Sorgen mache“, antwortete sie ausweichend und wollte sich losmachen, doch Tais Griff war fest.

„Worüber?“

Mimi sah ihn an. „Na um dich, du Trottel. Wer weiß, was das für eine ist. Vielleicht wollte sie dich nur ausnutzen und mit dir spielen.“

„Selbst, wenn es so war, ist doch egal.“

„Lass mich bitte los.“

Er ließ sie los. Ihre Blicke begegneten sich.

„Ich gehe jetzt wieder schlafen“, sagte Mimi leise. „Gute Nacht.“

„Schlaf gut.“ Sie spürte, wie Tai ihr hinterher sah, als sie die Treppe hinauf ging. Nach einem solchen Gespräch würde sie erst recht nicht mehr schlafen können.

Marius, der Skilehrer

Oh, hier ist gerade irgendwas schief gegangen. Entschuldigung an die Freischalter, aber ich glaube, ich habe soeben ein leeres Kapitel hochgeladen. O_O Beim ersten Mal war auf einmal alles wieder weg.

Wie auch immer, hier ist nun das neue Kapitel. Viel Spaß und danke fürs Lesen. :)
 

Mimi hatte tatsächlich kaum noch schlafen können. Die ganze Zeit hatte sie an Tai und seine mysteriöse Freundin gedacht. Ob sie sie vielleicht sogar kannte?

Erst, als es schon langsam draußen dämmerte und man hören konnte, wie die Pistenraupen die Pisten glätteten, schlief sie wieder ein. Geweckt wurde sie schließlich durch Krach, der von unten kam. Schlaftrunken setzte Mimi sich auf und wusste im ersten Moment nicht, wo sie war. Sie sah sich um. Sora und Kari waren schon nicht mehr im Zimmer. Es war kalt. Fröstelnd stand Mimi auf und ging nur mit einem dünnen mintgrünen Nachthemd bekleidet nach unten, um zu sehen, was los war.

„Guten Morgen“, begrüßte Joe sie lächelnd im Vorbeigehen. Er war dabei den Tisch zu decken.

„Zieh dir was an!“, rief Sora aus der Küche. „Es ist doch kalt. Wir haben zwar schon alle Heizungen angeschaltet, aber viel gebracht hat es noch nicht.“

„Ja, schon gut“, murmelte Mimi und stellte fest, dass sie die Letzte war. „Warum seid ihr eigentlich alle schon auf?“

„Wir müssen doch noch unsere Skier ausleihen“, erinnerte Izzy sie.

„Haben denn die Geschäfte hier nur bis zehn Uhr auf?“, fragte Mimi mit einem Blick auf die Uhr, die in der Küche an der Wand hing.

„Nein, aber ein Skiurlaub ist halt kein Urlaub zum Ausschlafen“, antwortete Sora ungeduldig, die jetzt neben ihr stand. „Und jetzt geh dich fertig machen.“ Sie schob das verschlafene Mädchen in Richtung Treppe.

„Ist ja gut, Mama.“ Mimi ging nach oben ins Badezimmer, um sich fertig zu machen. Als sie wieder den Wohnbereich betrat, saßen schon alle am Tisch und hatten mit dem Frühstück begonnen. Es gab frische Brötchen, Rührei, Wurst, Käse, Müsli und Aufstrich. Sie setzte sich auf einen der noch zwei freien Stühle und nahm sich ein Brötchen, obwohl sie gar keinen Hunger hatte.
 

Eine Stunde später machten sich die acht Freunde auf den Weg zum Skiverleih. Keiner von ihnen hatte Skier mitgenommen und so würde es wohl eine Weile dauern, bis jeder ausgerüstet war. Dort angekommen, hatte Mimi keine Ahnung, was sie machen sollte. Die drei jungen Männer, die in diesem Laden arbeiteten, hatten offensichtlich nicht mit acht Neuankömmlingen auf einmal gerechnet.

Matt und T.K. waren einmal mit ihrem Vater Snowboarden gewesen und konnten sich daher um sich selbst kümmern. Doch der Rest der Gruppe hatte noch nie auf Skiern gestanden und daher auch keine Ahnung von den Skischuhen. Somit nahm sich jeder der Verkäufer jeweils zwei der Freunde vor und fragte sie auf Englisch nach ihren Schuhgrößen. Mimi und Sora hatten einen äußerst geduldigen Verkäufer erwischt. Vielleicht lag es auch daran, dass sie Mädchen waren.

Mimi zwängte ihren Fuß in einen der beiden klobigen Skischuhe. „Das ist ja so eng“, stellte sie fest, als sie die Schnallen nacheinander schloss. Der Verkäufer wies sie an, auch noch den zweiten Schuh anzuziehen. Gesagt, getan. Als sie beide Schuhe an hatte, stand sie auf und versuchte, ein paar Schritte zu gehen.

„Wer soll sich denn in den Dingern bewegen können?“ Ihre Füße fühlten sich mehr als bedrängt an. Sie konnte sie nicht bewegen und stampfte daher durch die Gegend wie ein Elefant. Jedenfalls fühlte sie sich so. Der nette Verkäufer bückte sich und schob eine Hand in ihren Schuh, um die Enge zu testen. Anschließend stellte er Mimis Schuhe noch viel enger, sodass sie das Gefühl bekam, ihr Bein stürbe jeden Moment ab.

„Das ist extrem unbequem. Sora, ist das bei dir auch so unbequem?“

Die Angesprochene hatte auf der Bank gesessen und Mimi schmunzelnd beobachtet. Nun stand aber auch sie auf und ging ein paar Schritte durch den Laden. „Es geht“, antwortete sie schließlich und stemmte die Hände in die Hüften. „Es ist nicht sehr bequem, aber es geht.“

Der Verkäufer fragte sie auf Englisch, ob sie ihre Zehen bewegen konnte und schickte sie dann zum Einstellen der Skier. Mimi fragte sich in der Zeit, was sie nur falsch machte. Erneut wurde sie gefragt, wie es mit den Schuhen ist. Sie beklagte sich und bekam schließlich Schuhe, die eine Nummer größer waren. Widerstrebend probierte sie diese an. Es wurde etwas besser. Wieder stand sie auf und wollte ein paar Schritte gehen, verlor aber das Gleichgewicht und landete auf ihrem Hintern auf dem Boden. Der Verkäufer sah aus, als müsste er sich ein Lachen verkneifen und half ihr auf.

„Sehr lustig“, knurrte Mimi. Aber schließlich wurde auch sie eine Station weiter geschickt. Sie kam zu einem Mann, der auf einem Tisch Skier abgestellt hatte und bei ihnen die Bindung einstellte. Er nahm Mimi einen ihrer Skischuhe ab und stellte ihn auf den ersten Ski. Es dauerte nicht sehr lange. Er schraubte ein wenig an der Bindung herum, nahm sich dann den zweiten Ski vor und nickte am Ende zufrieden. Gekonnt stellte er die beiden Skier ineinander und übergab sie an Mimi. Staunend stellte diese fest, dass die Ski fast so lang waren wie sie selbst. Was sollte das bloß werden? Wie sollte man diese Dinger nur steuern? Außerdem waren die unglaublich schwer. Sie stellte sich zu Sora, die an der Kasse stand und wartete.

„Na, du hast es ja doch noch geschafft“, sagte Sora grinsend, als sie Mimi erblickte.

„Ja, die ersten Schuhe waren einfach zu eng“, erklärte Mimi.

„Hast du sie denn gleich mit deinen Skisocken anprobiert?“

„Nein, hätte ich das tun sollen?“ Fragen sah Mimi ihre Freundin an.

„Na ja, normalerweise macht man das so. Aber wird schon gehen“, antwortete Sora.

Tai kam zu ihnen. Auch er schleppte ein Paar Skier und Skischuhe mit sich.

„Mimi, du sahst in deinen Schuhen ja fast so elegant aus wie ein Dinosaurier im Supermarkt“, stichelte er.

„Ach, halt doch die Klappe. Ich will dich ja nachher mal auf der Piste sehen“, knurrte das Mädchen.

„Du wirst staunen, wenn dir nur noch meine Schneewolke ins Gesicht weht“, erwiderte er und grinste dabei selbstgefällig.

„Nachdem du dich drei mal überschlagen hast, oder was?“, antwortete Mimi schnippisch.

„Tz“, machte Tai. „Du wirst schon sehen.“

„Wie du auf der Nase landest?“

„Ich würde mich an deiner Stelle nicht zu weit aus dem Fenster lehnen“, meinte Tai vielsagend und sah Mimi durchdringend an. Sie erwiderte den Blick in seine schokoladenbraunen Augen, konnte ihm aber nicht lange standhalten. Also streckte sie ihm die Zunge raus und sah sich nach den anderen um. „Was machen die alle so lange?“

Einige Zeit später standen schließlich alle mit Skistiefeln, Stöcken und Skiern bewaffnet an der Kasse. Sie bezahlten die Verleihgebühr und hinterließen die Adresse ihres Ferienhäuschens, die Joe sich schlauerweise vorher notiert hatte. Wahrscheinlich kannte sonst keiner der Freunde die Adresse, zumindest Mimi nicht.

Gemeinsam marschierten sie zurück zu ihrem Ferienhaus, um sich dort umzuziehen. Auch dies nahm wieder einige Zeit in Anspruch.

„Kremt euch das Gesicht ein, sonst bekommt ihr trockene Haut von der Kälte“, sagte Sora an Mimi und Kari gewandt im Mädchenschlafzimmer. Sie stand schon fertig im Raum. Ihre Skijacke war weiß mit kleinen schwarzen Mustern. Dazu trug sie eine blaue Hose und eine schwarze Mütze, über die sie ihre Skibrille geschoben hatte. Ihr Gesicht glänzte von der Creme, aber sie sah ungemein sportlich aus.

Mimi haderte noch mit sich, ob sie ihr langes Haar lieber offen oder zusammengebunden tragen sollte. Sie befürchtete, dass ihr offene Haare nur im Gesicht hängen würden, was beim Skifahren wohl nicht sehr förderlich sein würde. Also flocht sie es zu zwei Zöpfen. Sie selbst trug eine magentafarbene Jacke und eine weiße Hose. Ihre Mütze war ebenfalls weiß mit Karomuster. Als sie vor dem Spiegel stand und das Resultat betrachtete, stellte sie fest, dass man sich in Skiklamotten nicht nur fett fühlte, sondern auch fett aussah. Aber das gehörte wohl dazu.

Die drei Mädchen stapften die Treppe hinunter. Ihre Skisachen raschelten beim Gehen. Die Jungen waren ebenfalls gerade fertig geworden und so ging es nach draußen, wo sie alle ihre Skischuhe und Skier abgestellt hatten. Als alle begannen, sich die Skischuhe anzuziehen, wurde Mimi stutzig.

„Laufen wir etwa in diesen Dingern zum Lift?“, fragte sie misstrauisch.

„Nein, Mimi, wir ziehen unsere Schuhe gerade nur an, weil es uns Spaß macht. Gleich ziehen wir sie wieder aus“, antwortete T.K. und schüttelte mit den Augen rollend den Kopf. Kari kicherte. Plötzlich klingelte T.K.s Handy, sodass er in seiner Hosentasche herum kramte und dran ging. „Ja?“

„Dein Bruder ist ganz schön frech“, sagte Mimi laut zu Matt.

„Ich weiß. Von mir hat er das nicht“, antwortete dieser schulterzuckend.

T.K. entfernte sich ein paar Meter von der Gruppe, um ungestört telefonieren zu können.

„Wer ist denn das?“, fragte Izzy an Kari gewandt.

„Ach, das ist seine Freundin“, antwortete diese mit einer wegwerfenden Handbewegung. „Die hat sich gestern schon per SMS beschwert, weil er sie nicht sofort angerufen hat, nachdem wir angekommen sind.“

„Scheint ja 'ne ziemliche Klette zu sein“, stellte Tai fest, wobei sich seine rechte Augenbraue in die Höhe zog.

„Das kannst du laut sagen“, murmelte Kari.

Mimi und Sora warfen sich einen vielsagenden Blick zu und grinsten dann beide wie auf Kommando.

Schließlich schulterten alle ihre Skier und marschierten los zum Lift, wo sich auch ihre Skischule befand. Matt und T.K. brauchten keine Skischule. Sie hatten sich Snowboards ausgeliehen und machten sich gleich auf zum Lift, ebenso auch Izzy, der mal mit seinen Eltern in einen Skiurlaub gefahren war. Doch Tai, Joe und die Mädchen hatten keine Ahnung vom Skifahren und hatten deshalb einen Skikurs gebucht. Sie betraten das Holzgebäude um sich anzumelden. Sogleich kam ihnen auch ein etwas älterer Mann entgegen, der sie anscheinend schon erwartet hatte. Er begrüßte sie freundlich und ließ sie alle auf einer Liste unterschreiben.

„Wenigstens ist der Skilehrer schon alt. So ist schon mal das Klischee des jungen, schönen Skilehrers, der die Mädchen abschleppt, zerstört“, hörte Mimi Tai murmeln und warf ihm einen missbilligenden Blick zu. Doch als wäre dies sein Stichwort gewesen, tauchte plötzlich ein junger, braun gebrannter Skilehrer mit dunklem Haar und auffallend grünen Augen neben dem älteren auf. Er lächelte und entblößte dabei zwei Reihen strahlend weißer Zähne.

„Das ist euer Skilehrer, Marius“, stellte der ältere Herr den attraktiven Mann vor. Mimi erwischte sich dabei, wie sie ihn anstarrte, und sah schnell weg. Dabei bemerkte sie, dass auch Sora und Kari ihre volle Aufmerksamkeit dem jungen Marius widmeten.

„Dann kommt mal mit“, forderte Marius die fünf Freunde auf und ging ihnen voran nach draußen. Er trug rote Skikleidung mit dem Logo der Skischule auf dem Rücken. In seinen Skischuhen bewegte er sich wesentlich eleganter als Tai und die anderen zusammen.

Er führte sie zu einem freien Fleckchen und ließ sie ihre Skier vor sich auf den Boden stellen.

„So, am besten ich stelle mich noch einmal vor. Ich bin Marius, bin siebenundzwanzig Jahre alt und seit vier Jahren Skilehrer. Und jetzt sagt mir bitte alle eure Namen.“ Er sah sie erwartungsvoll an, also nannten sie nacheinander ihre Namen.

„Sehr schön“, sagte er und widmete sich seinen Skiern. „Jetzt zeige ich euch, wie man die Skier befestigt. Ihr fangt mit einem Fuß an und stützt euch am besten ein wenig durch eure Stöcke, damit ihr nicht das Gleichgewicht verliert.“ Er steckte seine Skistöcke links und rechts in den Boden neben sich, hob einen Fuß und führte die Spitze zuerst in die Bindung. „Hier vorn müsst ihr zuerst rein. Wenn ihr hier gerade seid, drückt ihr mit Kraft die Ferse nach unten.“ Mit einem Ruck stampfte er auf, es klackte und der Ski war an seinem Schuh befestigt. Zum Beweis hob er den Fuß, an dem nun der Ski hing. „Jetzt ihr.“

Sogleich begannen alle damit, ihre Skier zu befestigen. Bei Sora klappte es gleich beim ersten Mal. Auch Tai bekam es schnell hin, doch Mimi, Kari und Joe hatten Probleme. Mimi hatte kein Gefühl für diesen riesigen Schuh und bekam ihn nicht in den vorderen Teil der Bindung. Schließlich war sie die Einzige, die ihre Ski noch nicht befestigt hatte. Sie lief rot an und sah unsicher in die Gruppe, die sie beobachtete.

„Du musst den Fuß ruhig halten“, sagte Tai.

„Danke, du Schlaumeier“, fauchte Mimi.

„Ich helfe dir“, sagte Marius, kam in seinen Skiern auf sie zu gerutscht und packte ihr Bein. Er führte es langsam zur Bindung. „Jetzt die Ferse runter.“

Mimi drückte ihre Ferse nach unten. Beim ersten Mal klappte es nicht, doch beim zweiten Mal rastete der Schuh endlich ein.

„Gut so“, lobte Marius sie und lächelte. Den zweiten Fuß bekam Mimi sogar allein hin.

Anschließend übten sie, wie man die Skier wieder losmachte. Hierfür musste man, am besten mit dem Skistock oder der Hand, den hinteren Teil der Bindung nach unten drücken. Auch dies dauerte bei Mimi eine Weile, doch am Ende klappte es. Sie übten das An- und wieder Abschnallen noch zwei Mal, bevor sie sich der Fortbewegung widmeten. Er erklärte, wie sie die Skier halten mussten, um zu fahren.

„Und so“, sagte er und führte seine Skier vorn zusammen, sodass sie einen spitzen Winkel ergaben, „könnt ihr bremsen. Passt aber dabei auf, dass sich die Spitzen nicht überschneiden, sonst fallt ihr hin.“ Sie übten alle die Bremsbewegung. „So, und nun werden wir mit dem Lift nach oben fahren und das Bremsen gleich einmal üben“, verkündete er gut gelaunt. Mimi starrte ihn mit offenem Mund an.

„Aber...“, stammelte sie, doch kam nicht weit.

„Keine Angst, ihr bekommt das hin.“ Marius lächelte in die verdutzten Gesichter der fünf Freunde. Mimi hatte gehofft, sie könnten noch eine Weile Trockenübungen machen, doch ihre Hoffnung wurde jäh zerstört.

Marius rutschte ihnen voran auf seinen Skiern zum Lift. „Benutzt eure Stöcke“, riet er ihnen. Mühsam kämpfte Mimi sich vorwärts, wobei sie die Spitzen ihrer Stöcke immer wieder in den Schnee stieß.

„Geht das nicht ein bisschen schneller?“, meckerte Tai hinter ihr.

„Überhol mich doch, wenn ich dir zu langsam bin“, fauchte Mimi und sah sich dabei nach ihm um, um ihm einen möglichst vernichtenden Blick zuzuwerfen. Dabei verlor sie die Kontrolle über ihre Skier und stürzte. „Mist!“

Tai kam neben sie so gut es ging und streckte seine rechte Hand aus. Ein Grinsen konnte er sich aber nicht verkneifen. Widerwillig nahm Mimi seine Hand und ließ sich aufhelfen. Eine Sekunde später lagen beide auf dem Boden und Tai grinste nicht mehr.

„Was macht ihr denn?“ Sora, die das Schlusslicht bildete, hielt lachend neben ihnen an. „Soll ich euch helfen?“ Sie führte die Spitzen ihrer Skier zusammen, um nicht nach vorn wegzurutschen. Dann hielt sie zuerst Mimi ihre Hand hin, die sich hochziehen ließ. Als sie fast wieder hingefallen wäre, hatte Tai ihr schon eine Hand in den Rücken gestemmt, sodass sie sich noch halten konnte. Anschließend zogen die beiden Mädchen zusammen Tai in die Höhe. Marius, Kari und Joe waren stehen geblieben und sahen sich nach ihnen um.

„Jetzt kommt schon, wie wollten eigentlich heute noch oben ankommen“, rief Joe.

Die drei Nachzügler schlossen zu ihnen auf und passierten alle gemeinsam die Absperrung. Dann begann der schwierige Teil. Die sechs stellten sich nebeneinander auf und Mimi hatte Angst vor dem, was jetzt passierte.

„Geht in die Knie“, sagte Marius und machte es vor. „So kann man sich leichter auf den Lift setzen.“

Mimi ging leicht in die Knie und sah sich nervös nach dem Lift um, der schon von hinten angesaust kam. Am liebsten hätte sie sich an Sora geklammert, die neben ihr stand, doch dann hätte sie wahrscheinlich ihre Stöcke fallen lassen. Also biss sie die Zähne zusammen und schaffte es erstaunlicherweise, wie auch die die anderen fünf, sich ohne Unfälle auf den Lift zu setzen. Und stellte obendrein fest, dass es gar nicht so schlimm war.

Marius zog die Schutzstange nach unten, die sie vom Herunterfallen bewahren sollte. Unten waren Stangen angebracht, auf die sie ihre Skier stützen konnten.

„Diese Sessel sind ja richtig bequem“, stellte Mimi bewundernd fest.

Mit dem Lift ging es schnell nach oben. Sie hatten eine gute Aussicht auf die Pisten links und rechts vom Lift. Direkt unter ihnen befand ich ein lichtes Waldstück. Im Schnee konnte man Tierspuren erkennen. Dann kreuzte der Lift wieder eine Piste.

„Puh“, machte Kari, die ganz außen saß, und lehnte sich zurück.

„Alles okay?“, fragte Tai und beugte sich ein wenig vor, um sie zu sehen. „Du siehst so blass aus.“

„Das ist irgendwie höher, als ich dachte“, murmelte das Mädchen und versuchte angestrengt nicht nach unten zu sehen.

„Keine Angst, uns kann nichts passieren“, sagte Marius beruhigend und lächelte sie aufmunternd an. Kari erwiderte seinen Blick und ihre Wangen bekamen einen zartrosa Hauch.

Nach ein paar Minuten erreichten sie die erste Bergstation.

„Hört zu, gleich sind wir da. Sobald der Lift ganz langsam wird, steht ihr auf und führt gleich die Bremsbewegung aus, die wir eben geübt haben. Und habt keine Angst dabei, es kann nichts passieren.“ Marius lächelte aufmunternd in die Runde, doch die anderen machten besorgte Gesichter. „Das wird schon.“

Sie schoben den Bügel nach oben und machten sich bereit. Der Lift wurde langsam, die Skier berührten den Boden und sie standen auf. Mimi achtete darauf, die Bremsbewegung auszuführen. Vorsichtig führte sie die Spitzen ihrer Skier zusammen. Sie starrte angestrengt nach unten und dann passierte es. Ihre Skier überkreuzten sich und zu ruckartig versuchte Mimi sie wieder gerade zu bekommen. Sie rutschte nach vorn und klammerte sich an Joes Arm, als sie drohte, an ihm vorbei zu rauschen.

„Was machst du denn?!“, rief Joe empört und beide stürzten zu Boden.

„Tut mir Leid“, murmelte Mimi. „Meine Skier haben sich überkreuzt.“

„Schon gut“, erwiderte Joe, stand auf, klopfte sich den Schnee von der Kleidung und half Mimi wieder auf die Beine.

„Ich glaube, ich kriege das nie hin“, klagte Mimi.

„Wir versuchen es doch gerade mal eine Stunde“, sagte Sora streng. „Wie kannst du da schon aufgeben?“

Sora hatte leicht reden. Sie stand da, die Stöcke neben sich in den Boden gesteckt und die Hände in die Hüften gestemmt. Ihre Bremsung hatte perfekt geklappt. Auch Tai und Kari hatten sich ganz gut gemacht.

„Immer mit der Ruhe“, sagte Marius und hob beschwichtigend die Hände. „Wir haben noch genug Zeit. Ihr werdet es alle schaffen, glaubt mir.“

„Wenn du das sagst“, murmelte Mimi lustlos.

Die folgende Stunde verbrachten sie damit, den Berg wieder hinunter zu fahren, den sie mit dem Lift hinauf gefahren waren. Es war eine blaue Piste, die nur sanft bergab ging und sehr breit war. Marius und seine fünf Schüler hatten den rechten Rand der Piste für sich beansprucht, um die anderen Skifahrer und Snowboarder nicht zu behindern. Langsam Stück für Stück fuhren sie den Berg hinab. Marius fuhr immer ein kleines Stück voraus und blieb wieder stehen. Nacheinander folgten ihm Mimi und die anderen und versuchten seine Bewegungen nachzuahmen. Es kam immer wieder zu Stürzen, doch keiner verletzte sich dabei. Als sie unten ankamen, war Sora die Einzige, die kein einziges Mal gestürzt war.

„Das habt ihr super hinbekommen. Wir üben das noch einmal“, verkündete Marius. Sie stellten sich also wieder am Lift an und fuhren wieder nach oben.

„Hey, Sora, stimmt's?“ Mimi saß zwischen Marius und Sora, und Marius beugte sich ein wenig vor, um Sora sehen zu können.

„Hm?“ Sora sah ihn an.

„Du machst dich wirklich gut für eine Anfängerin. Machst du irgendwelchen Sport?“, fragte Marius interessiert.

„Oh, ähm... ja, ich habe früher mal Fußball gespielt und jetzt spiele ich seit ein paar Jahren Tennis“, antwortete Sora.

„Sora ist die Sportskanone unter uns“, warf Mimi ein.

„Ach, hör doch auf!“ Sora errötete und wandte sich ab.

„Ja, das merkt man“, erwiderte Marius fröhlich.

Noch einmal fuhren sie den Berg hinab und dann ging es wieder mit dem Lift hinauf.

„Wie sieht es aus? Wollt ihr eine Mittagspause machen?“, fragte Marius in die Runde, als alle heil vom Lift abgestiegen waren.

„Also ich könnte was zu essen vertragen“, antwortete Tai sofort.

„Ich könnte vor allem einen heißen Tee vertragen“, meinte Kari und rieb sich die Hände. Ihre Wangen und ihre Nase waren gerötet von der Kälte.

Die anderen nickten zustimmend.

„Gut, dann fahren wir jetzt ein Stück in diese Richtung, dort gibt es eine Hütte“, verkündete Marius. Langsam fuhren sie eine andere Piste hinab und kamen tatsächlich nach wenigen Minuten zu einer Hütte. Mehr oder weniger geschickt schnallten sie die Skier ab und stapften in die Hütte. Sora zückte ihr Handy. „Ich schreibe gleich mal Matt, wo wir sind, dann kommen sie bestimmt auch.“

In der Hütte war es brechend voll. Kein einziger Tisch war frei.

„Seht mal, die da drüben stehen gerade auf“, sagte Joe und deutete auf einen runden Tisch am Fenster, von welchem sich soeben sechs Menschen erhoben.

„Nichts wie rüber“, rief Tai und war schon unterwegs. Die anderen folgten ihm.

„Setz dich doch zu uns“, bot Mimi freundlich an und schenkte Marius ein Lächeln.

„Danke“, antwortete dieser und setzte sich mit an ihren Tisch. Tai studierte bereits die Karte, die auf dem Tisch lag.

„Was ist denn ein Germknödel?“, fragte er misstrauisch.

„Klingt irgendwie eklig“, fand Mimi und runzelte die Stirn.

„Der wird aus Hefeteig gemacht und da ist Pflaumenmus drin. Dazu gibt es Vanillesoße und Mohn“, erklärte Marius.

„Ich glaube, ich probiere einen von denen“, sagte Kari.

Auch Mimi entschied sich nach der Erklärung dazu diesen Germknödel zu kosten.

Als eine gestresste aber dennoch freundlich aussehende Kellnerin bei ihnen auftauchte, bestellten sie alle schnell ihre Getränke und ihr Essen. Kurz nachdem die Kellnerin wieder weg war, tauchten Matt, T.K. und Izzy an ihrem Tisch auf. T.K. blickte genervt drein.

„Da seid ihr ja“, sagte Sora glücklich. Sie rutschten auf der Bank zusammen, sodass Matt und T.K. sich noch dazu quetschen konnten. Izzy nahm auf einem Stuhl neben Mimi Platz.

„Ihr kommt zwei Sekunden zu spät. Wir haben eben bestellt“, meinte Mimi.

Matts Blick fiel auf Marius, der neben Sora saß.

„Oh, das ist Marius, unser Skilehrer“, stellte Joe den jungen Mann vor. Mimi beobachtete Matt, der Marius mit unergründlichem Blick musterte. „Das sind Izzy, T.K. und Matt.“

„Hallo“, sagte Marius und lächelte charmant. Der darauf folgende Gruß von Matt und T.K. wirkte ein wenig kühl, doch immerhin hatte Izzy ein Lächeln für ihn übrig.

„Ist alles okay, T.K.?“, fragte Kari über den Tisch hinweg. „Du siehst so... genervt aus.“

Matt grinste. „Frag ihn bloß nicht.“

„Ach, sei doch ruhig“, raunzte T.K.

„Seine Freundin hat ihn schon drei mal angerufen und schreibt ständig SMS“, erklärte Izzy an seiner Stelle und grinste ebenfalls.

Die Gruppe lachte.

„Mach dein Handy doch einfach aus“, riet Kari ihm.

„Dann kriegt sie noch die Krise“, knurrte T.K.

„Das mit den Frauen ist eben manchmal nicht so einfach“, warf Marius schulterzuckend ein und lächelte unbefangen. Tai nickte zustimmend. „Wie recht du damit hast.“ Dafür fing er sich einen giftigen Blick von Mimi ein, den er mit zu Schlitzen verengten Augen erwiderte.

Als Mimi wenig später ihren Germknödel probierte, dachte sie, sie wäre im Süßspeisenhimmel. Dieses Ding war zwar unglaublich süß, aber mindestens genauso lecker. Die drei Nachzügler hatte sich ebenfalls Germknödel bestellt und es war keiner dabei, dem er nicht schmeckte.

„Jetzt bin ich aber satt. Ich glaube, den Berg kann ich jetzt runter rollen“, murmelte Mimi nach ihrem letzten Bissen und legte den Löffel bei Seite.

„Ich rolle hinterher“, meinte Sora und lehnte sich zurück.

„Nichts da. Wir haben noch viel vor“, sagte Marius scherzhaft.

„Oh Gott, ich kann nicht mehr“, jammerte Mimi. Allein von dem Gedanken, sich jetzt wieder auf die Skier stellen zu müssen, wurde ihr schon schlecht.

„Nun hab dich nicht so“, sagte Joe. „Bisher haben wir doch kaum was gemacht.“

Mimi zog es vor darauf nichts zu erwidern. Es wussten ohnehin alle, dass sie das anders sah.

Eine halbe Stunde später standen alle ein wenig müde wieder auf ihren Skiern und Snowboards.

„Schon gut, wir machen nicht mehr so lang“, meinte Marius gütig, der bei diesem Anblick grinste. „Wir fahren den Berg hier runter. Ihr drei“, er zeigte zu Matt, T.K. und Izzy, „könnt eigentlich auch mitkommen. Anders kommt man an dieser Stelle nicht zum Lift.“ Die drei nickten und so machten sie sich zusammen an die Abfahrt. Marius und seine fünf Schüler fuhren wie gehabt hintereinander her Stück für Stück die Piste hinunter. Die anderen drei fuhren hinter ihnen her.

Obwohl Mimi sich viel zu vollgefressen fühlte, hatte sie das Gefühl, es klappte allmählich ein bisschen besser mit dem Skifahren. Sie fiel nur noch selten hin und meisterte die Bremsungen recht gut.

„Das macht ihr super“, rief Marius ihnen zu, als er bereits unten am Lift stand. Mimi kam neben ihm zum Stehen und schaute sich nach den anderen um. Matt und T.K. sahen auf ihren Snowboards ziemlich cool aus. Auch Izzy machte eine gute Figur. Es fiel auf, dass sie nicht die ganze Zeit angestrengt nach unten auf ihrer Bretter starrten.

„Wir fahren jetzt mit dem Lift wieder hoch und von da aus könnt ihr drei dann die rote Piste nehmen. Wir fahren weiter auf der blauen“, erklärte Marius.

Zum Glück, dachte Mimi. Für eine rote Piste fühlte sie sich beim besten Willen noch nicht bereit.

Sie reihten sich in die Schlange am Lift ein. Diesmal war es ein Viererlift und es kam, dass Mimi mit Sora, Matt und Tai zusammen fuhr.

„Konntest du nicht woanders mitfahren?“, sagte Tai scherzhaft an Mimi gewandt, nachdem sie den Bügel nach unten gezogen hatten.

„Konntest du dir nicht schon das Bein brechen?“, konterte Mimi.

„Konntest du nicht endlich mal nett werden?“

„Oh, das gebe ich gern zurück“, fauchte Mimi.

„Ich bin nur so zu dir wie du zu mir“, meinte Tai schulterzuckend.

„Und wie klappt es mit dem Skifahren?“, fragte Matt an Sora gewandt, der Tais und Mimis Streit einfach ignorierte.

„Ganz gut, besser als ich dachte“, antwortete Sora lächelnd.

„Wer hätte das gedacht“, meinte Mimi ironisch. „Die super sportliche Sora macht sich gut im Skifahren.“

Sora schien darauf nichts zu sagen zu haben, denn sie sah Mimi nur verdutzt an.

„Schon gut, ich mach doch nur Spaß. Ich meine nur, dass ich von dir auch gar nichts anderes erwartet hätte.“ Mimi lächelte versöhnlich.

„Sport liegt dir halt“, stimmte Tai zu.

„Dir aber auch“, erwiderte Sora.

„Ja, ziemlich“, meinte Tai grinsend.

„Nur keine falsche Bescheidenheit“, grummelte Mimi.

„Ach, Mimi“, Tai legte einen Arm um ihre Schultern, „versuch einfach damit klarzukommen, dass du mal etwas nicht so gut kannst.“

„Wenigstens funktioniert mein Hirn im Gegensatz zu deinem“, keifte Mimi und schob seinen Arm weg. Tai lachte nur.

Sie kamen oben an und der Abstieg klappte gut. Sie stellten sich zu Izzy, Joe, T.K. und Kari, die schon oben waren, und warteten auf Marius.

„Lasst uns schon mal losfahren, wir müssen ja eh woanders lang“, sagte T.K., der gerade auf dem Boden sitzend seinen zweiten Fuß am Board befestigte.

Auch Matt machte sich fertig und zu dritt fuhren sie davon.

„Bis später!“, rief Kari ihnen noch nach. „Haben die eigentlich einen Schlüssel für unser Haus?“

„Ja, ich hab Matt den Zweitschlüssel gegeben“, antwortete Sora.

„So.“ Marius stand plötzlich neben ihnen. „Auf geht’s.“

Sie fuhren noch zwei Stunden, in denen sie immer wieder andere Pisten ausprobierten. Mimi bekam das Gefühl, sie hätten die ganzen Alpen abgefahren. Völlig k.o. kamen sie schließlich wieder an ihrer Liftstation an.

„Da wären wir wieder. Ich denke, das reicht für heute“, verkündete Marius und lächelte in die Runde. Er sah unglaublich frisch aus, gerade so als hätten ihm die über vier Stunden Skifahren gar nichts ausgemacht. „Wir sehen uns dann morgen um neun wieder, oder?“

„Ähm... neun Uhr morgens?“, fragte Tai unsicher.

„Nein, Tai, wir fahren gern im Dunkeln Ski“, warf Mimi genervt ein. „Natürlich um neun Uhr morgens!“

„Wenn euch das zu früh ist, können wir uns auch eine Stunde später treffen“, sagte Marius beschwichtigend.

„Ja, ich glaube, das ist für uns besser zu realisieren“, antwortete Sora. „Es dauert eine Weile, bis man morgens alle wach bekommen hat.“ Sie grinste vielsagend in Richtung Tai und Mimi.

„Das kann ich mir vorstellen“, meinte Marius lächelnd. Mimi fiel auf, dass dieses Lächeln hauptsächlich Sora galt. „Dann erholt euch gut. Wir sehen uns morgen um zehn.“

Sie schnallten alle ihre Skier ab, wie sie es gelernt hatten, steckten sie zusammen und schulterten sie. Marius ging elegant zurück in die Hütte seiner Skischule.

„Man, ist das ein schräger Typ“, seufzte Tai, sobald er außer Hörweite war. Sie stapften los zu ihrer Hütte.

„Findest du?“, fragte Kari überrascht. „Ich finde ihn nett.“

„Ja, ich auch“, stimmte Sora zu.

„Nein, ich finde ihn auch irgendwie komisch“, mischte Joe sich mürrisch ein.

„Der gehört zu der Sorte Typen, die nur mit den Fingern schnipsen brauchen und schon haben sie alle Weiber an der Angel“, sagte Tai verächtlich. „Genau so einer ist das.“

„Höre ich da etwa Eifersucht?“, stichelte Mimi.

„Eifersüchtig? Auf so einen? Pah! Außer Skifahren kann er wahrscheinlich nichts.“

„Du tust ihm Unrecht, Tai. Wir kennen ihn doch noch gar nicht wirklich“, sagte Sora streng. „Er war doch freundlich zu uns allen.“

„Ja, das ist ja auch seine Masche. Und ehe ihr euch verseht, landet ihr alle drei in seinem Bett. Gleichzeitig!“

Mimi, Sora und Kari prusteten los, wobei Kari aus Versehen ihre Skistöcke fallen ließ. Mimi lachte so sehr, dass sie kurz stehen bleiben musste, da sie ihre Skier kaum noch halten konnte.

„Tai, echt, du spinnst“, sagte Sora lachend.

„Ihr werdet schon sehen“, drohte Tai, doch mittlerweile musste er selbst grinsen.

Fröhlich plaudernd legten sie den Rest des Weges zurück. Unterwegs kamen sie an vielen Pensionen und Häuschen vorbei, in denen um diese Uhrzeit schon die Weihnachtslichter leuchteten. Mimi blieb abrupt stehen und klatschte sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.

„Leute, morgen ist Weihnachten und wir haben noch nicht mal einen Weihnachtsbaum“, stöhnte sie.

Auch die anderen waren stehen geblieben und hatten sich zu ihr umgedreht.

„Du hast Recht“, fiel Kari mit gerunzelter Stirn auf. „Wir müssen unbedingt noch einen besorgen.“

„Wir kriegen doch am dreiundzwanzigsten Dezember nachmittags nirgendwo mehr einen Weihnachtsbaum her“, warf Joe ein und sah die Mädchen kopfschüttelnd an. „Ihr werdet es ein Jahr ohne aushalten müssen.“

Mimi fing Karis Blick auf. Sie sah genauso enttäuscht aus, wie Mimi sich fühlte. Noch nie hatte sie ein Weihnachten ohne Weihnachtsbaum verbracht. Seit sie in den USA gelebt hatte, nahm sie Weihnachten sowieso viel stärker wahr, da dies dort einen anderen Stellenwert hatte als in Japan.

Sora legte eine Hand auf Mimis Schulter. „Seid nicht traurig. Wir machen es uns trotzdem schön morgen Abend.“

Mit hängendem Kopf kam Mimi schließlich am Ferienhäuschen an. Joe schloss die Tür auf und alle marschierten sogleich hinunter in den Keller. Auch hier war alles aus Holz. An den Wänden standen Bänke und an einer Wand waren lauter kleine Holzpflöcke befestigt worden. Dort sollten sie wohl ihre Skier abstellen. Dies war auch das Erste, was sie alle taten. Mimi streckte die Arme aus, sobald sie die Last von ihren Schultern los war. Dann setzte sie sich auf eine der Bänke neben Kari um ihre Skischuhe auszuziehen. Ihr Füße fühlten sich augenblicklich unglaublich befreit. Auch die anderen wirkten glücklich. Ihre Jacken zogen sie dort ebenfalls aus und legten sie über die Heizung.

„Ich werde gleich mal unter die Dusche springen“, verkündete Sora und lief schon wieder die Kellertreppe empor. Die anderen vier folgten ihr und ließen sich im Wohnzimmer auf den Sofas nieder. Joe legte ein paar Holzscheite in den Kamin und zündete sie an.

„Hier drin ist es so schön warm und gemütlich“, seufzte Mimi und schloss die Augen. Sie hätte auf der Stelle einschlafen können.

„Will noch jemand Kakao?“, fragte Tai aus der Küche. Er stand am Herd und setzte gerade Milch auf. Alle meldeten sich. „Okay.“

In diesem Moment ging die Tür erneut auf und Matt, T.K. und Izzy traten ein.

„Ihr seid ja schon da“, stellte Izzy fest. „Tai, machst du Kakao? Ich nehme auch einen.“

Während Tai Milch nach schüttete, verzogen sich die anderen drei in den Keller.

„'Schon'“, murmelte Mimi.

„Hm?“, machte Kari neben ihr, die ihren Gedanken offenbar nicht ganz folgen konnte.

„'Ihr seid ja schon da.' Ich finde, wir sind ganz schön lang gefahren“, erklärte Mimi müde.

Kari kicherte. „Ja, mir kommt es auch vor, als wären wir zwölf Stunden ohne Pause gefahren.“

„Wo ist Sora?“ Matt stand plötzlich hinter ihnen und sah sie fragend an.

„Oben unter der Dusche“, antwortete Mimi.

Matt nickte kurz, drehte sich um und ging ebenfalls nach oben. Entrüstet sah T.K. ihm hinterher. „Oh Mann, ich glaube, mir wird gleich schlecht“, stöhnte er und ließ sich neben Kari aufs Sora fallen.

„Warum? Wenn wir alle zu zweit duschen gehen würden, wären wir viel schneller fertig“, sagte Tai und grinste in Richtung Mimi.

„Nicht mal in deinen Träumen!“, rief Mimi aufgebracht. Die anderen lachten. Tai füllte sechs Tassen mit heißem Kakao und Izzy half ihm, sie alle zu den Sofas zu tragen.

„Ah, das tut gut“, sagte Kari, als alle ihre Tassen umklammerten und einen Schluck nahmen.

„Wenn er auch sonst nichts kann, immerhin bekommt er Kakao zustande“, stichelte Mimi.

„Du suchst aber auch immer Streit, oder?“

„Das sagt der Richtige!“

„Ruhe jetzt! Ich bin kaputt und will mir keinen Streit anhören!“, rief Izzy ungeduldig und sah beide streng an, woraufhin sie sich wieder ausschließlich ihren Tassen widmeten. Mimi leerte ihre Tasse schnell und ging dann nach oben, um sich Wechselsachen zu holen. Im Badezimmer hörte sie noch immer die Dusche laufen. Außerdem hörte sie einen leisen Seufzer, woraufhin sie grinste und schnell weiterging. Mit frischen Sachen in der Hand ging sie wieder nach unten und verschwand im dortigen Badezimmer. Die heiße Dusche tat sehr gut und war noch hilfreicher als der Kakao. Aufgewärmt von innen und außen setzte sie sich wieder zu ihren Freunden. Kurz danach stießen auch Matt und Sora kurz nacheinander und mit feuchten Haaren wieder zu der Gruppe. Verstohlen und grinsend wurden sie gemustert.

„Hat ja lang gedauert“, stichelte Tai, der sich eine Bemerkung offenbar nicht verkneifen konnte.

„Halt die Klappe“, erwiderte Matt und warf eines der kuscheligen Sofakissen nach ihm. Sora war rosa angelaufen. Alle lachten.

Nacheinander gingen auch die anderen unter die Dusche um sich aufzuwärmen. Mimi schaltete das Radio ein um ein wenig Musik zu hören. Tai kochte noch eine Ladung Kakao für alle und T.K. verzog sich genervt in sein Zimmer zum Telefonieren.

„Die geht sogar mir schon auf die Nerven“, murrte die sonst eher unbekümmerte Kari.

„Wen meinst du?“, fragte Sora.

„Na Megumi, seine Freundin“, antwortete Kari.

„Höre ich da Eifersucht?“, fragte Izzy und grinste Kari an.

„Quatsch.“ Kari machte eine wegwerfende Handbewegung. „Das hält eh nicht lang mit denen.“

Nun waren alle Blicke auf Kari gerichtet. Solche abwertenden Töne war man von Tais kleiner Schwester gar nicht gewöhnt. Kari blickte verdutzt in die Runde, als sie die Blicke der anderen bemerkte. „Was denn? Ihr kennt doch T.K. Er ist nicht gerade der Typ für eine klammernde Freundin. Irgendwann wird sie es zu weit treiben und dann hat er keine Lust mehr.“

„Ich sag doch: Eifersucht“, flüsterte Izzy Mimi zu. Diese musterte Kari mit scharfem Blick. Hatte er wirklich Recht? Sollte Kari sich tatsächlich in all den Jahren der wirklich innigen Freundschaft zu T.K. heimlich in ihn verliebt haben? Oder war sie wirklich einfach nur genervt?

„Na ja, wenn man dir so zuhört, kann es ja nicht mehr so lange dauern, bis er sie wieder abschießt“, meinte Tai nachdenklich.

„So eine anhängliche Freundin würde mich auch nerven. Weiß nicht, wie er das überhaupt die paar Wochen ausgehalten hat“, stimmte Matt zu.

„Sie ist auch in der Schule so nervig“, erzählte Kari weiter. „In den Pausen hängt sie die ganze Zeit an ihm und er geht auch noch darauf ein. Ich glaube, er hat es ihr noch nicht gesagt.“

„Er sollte es ihr aber sagen“, fand Joe. „Man sollte immer ehrlich sein, das haben die anderen verdient.“

„Und wisst ihr noch was? Sie hatten schon Sex!“ Mit bedeutungsvollem Blick sah Kari in die Runde.

„Was?!“, rief Sora schockiert.

„Das glaube ich nicht!“, rief Mimi.

„Er ist doch erst fünfzehn!“, rief Matt.

„Das hätte ich nie von ihm gedacht“, meinte Joe kopfschüttelnd.

Tai war der Einzige, den diese Neuigkeit zu amüsieren schien. „Da wurde er wohl ziemlich von seinen Hormonen regiert, der Kleine.“

„Habt ihr eigentlich alle nichts Besseres zu tun als über mich und meine Angelegenheiten zu tratschen?“, kam es plötzlich von hinten. Erschrocken drehten sich alle um. T.K. stand am Fuß der Treppe und starrte mit wütendem Blick zu ihnen herüber. Keiner hatte gehört, wie er die Treppe heruntergekommen war. Und nun brachte keiner einen Ton heraus. „Und Kari“, er wandte sich an Kari, „eher werde ich auf dich keine Lust mehr haben als auf Megumi. Du bist echt das Letzte.“

Mimi schnappte nach Luft bei diesen Worten. Auch die anderen sahen fassungslos zu T.K., der sich umgedreht hatte und gerade in seine Schuhe schlüpfte.

„T.K.!“, rief Kari und lief zu ihm hinüber. „Bitte, es tut mir Leid. Das war nicht so gemeint.“

„Was war nicht so gemeint? Dass du an alle weiter plauderst, was ich dir im Vertrauen erzählt habe?“ Wutentbrannt starrte er sie an, während er sich seine Jacke überwarf.

„Nein! Ich wollte... ich wollte doch nicht... T.K., jetzt warte doch mal! T.K.!“ Verzweifelt rief sie ihm hinterher, doch er war bereits zur Tür hinaus gestürmt. „T.K., warte!“ Sie machte Anstalten ihre Schuhe anzuziehen, doch Tai trat neben sie und legte eine Hand auf ihre Schulter.

„Lass ihn erst mal“, sagte er mit ruhiger Stimme.

„Genau, der braucht erst mal ein bisschen Ruhe“, meinte auch Matt.

Noch einmal versuchte Kari nach draußen zu gehen, doch Tais Griff verstärkte sich. Mit feuchten Augen sah sie T.K. nach, der sich raschen Schrittes immer weiter entfernte, bis man ihn schließlich nicht mehr sah. „Das wollte ich nicht“, flüsterte sie. Sie drehte sich um und rannte die Treppe nach oben.

Mimi warf Sora einen bedrückten Blick zu. „Sollen wir nach oben gehen und...“

„Nein“, unterbrach Sora sie. „Lass sie. Wir gehen nachher nach oben und sehen nach ihr.“

Izzy kratzte sich am Hinterkopf. „Das ist wirklich blöd gelaufen.“

„Die kriegen sich schon wieder ein“, meinte Tai optimistisch. „In dem Alter rastet man halt auch mal aus.“

„Hört, hört“, sagte Joe. „Der Sechzigjährige spricht, lasst euch von Opa Tai mal was sagen.“

„Echt mal, Tai, gerade du Kindskopf erklärst uns, wie die Fünfzehnjährigen ticken.“ Sora lachte.

Sie vertrieben sich die Zeit bis zum Abend mit Kartenspielen und plaudern. T.K. war noch nicht wieder gekommen und auch Kari hockte noch im Mädchenzimmer.

„Ich glaube, wir sollten langsam mit dem Abendbrot anfangen. Wenn die beiden erst mal leckeres Essen riechen, kommen die schon von selbst wieder“, schlug Matt vor.

„Okay, was wollen wir denn kochen?“, fragte Izzy.

Mimi tänzelte im Takt der Musik zum Kühlschrank und spähte hinein. „Wie wäre es mit Fischsuppe?“ Es kamen keine Beschwerden, also holte Mimi Gemüse und Fisch aus dem Kühlschrank. Sie kochten alle gemeinsam, jeder bekam eine andere Aufgabe. Es dauerte über eine Stunde, bis das Essen fertig vorbereitet war.

„So, jetzt köchelt es noch eine halbe Stunde und dann können wir essen“, verkündete Matt mit zufriedenem Blick in den großen Topf.

„Ich werde mal nach Kari sehen“, sagte Mimi.

„Ich komme mit.“ Sora lief Mimi hinterher die Treppe hoch. Vorsichtig öffneten sie die Tür und traten ein. Kari lag ihnen den Rücken zugewandt auf ihrem Bett. Im Zimmer war es dunkel. Entschlossen schaltete Mimi das Licht an und ging zu Kari. Sie und Sora knieten sich vor Karis Bett auf den Boden.

„Kari?“, fragte Sora leise.

„Hmh?“, kam es müde von dem Mädchen.

„Sieh uns an“, sagte Mimi bestimmt.

Widerwillig drehte Kari sich um. Ihre Augen und ihre Nase waren ganz rot vom Weinen. In einer Hand hielt sie ein zerknülltes Papiertaschentuch, in der anderen ihr Handy.

„Hast du versucht ihn anzurufen?“, fragte Mimi.

„Ja, er ist nicht ran gegangen“, antwortete Kari mit erstickter Stimme. „Und irgendwann war sein Handy aus.“

Mimi seufzte traurig und Sora streichelte mitleidig Karis Arm.

„Hör mal, er braucht nur mal ein bisschen Zeit für sich. Dann kriegt er sich schon wieder ein“, sagte Sora aufmunternd.

„Du bist seine beste Freundin. Er wird dir schon verzeihen. Wahrscheinlich hat er dir schon verziehen“, stimmte Mimi ein.

Kari schüttelte langsam den Kopf. „Ich glaube nicht. Ich hab wirklich Mist gebaut. Er hat gesagt, ich wäre das Letzte.“ Erneut kullerten Tränen über ihre Wangen und tropften hinunter aufs Kissen.

Mimi strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Das meint er nicht so, das hat er nur im Affekt gesagt.“

„Das glaube ich auch“, fügte Sora hinzu. „Er ist zur Zeit eben leicht reizbar. Ich wette, es tut ihm sehr Leid, dass er das gesagt hat.“

„Nein, ich bin wirklich das Letzte. Ich erzähle einfach so seine Geheimnisse weiter“, schniefte Kari.

„Aber du hast sie doch nur uns erzählt. Wir sagen es ja keinem“, erwiderte Sora aufmunternd.

„Genau.“ Mimi nickte eifrig. „Wir behalten es für uns.“

Stumm starrte Kari ins Leere, während die Tränen munter weiter über ihre Wangen flossen.

Mimi nahm sich ein Taschentuch aus der Packung auf Karis Nachttisch und tupfte ihr damit die Tränen vom Gesicht. „Hör auf zu weinen“, murmelte sie einfühlsam.

„Was ist, wenn T.K. nicht wiederkommt?“, fragte Kari verzweifelt.

„Er muss wiederkommen, wir haben seine Bordkarte“, antwortete Mimi. Sora knuffte sie in die Seite und warf ihr einen finsteren Blick zu.

„Er kommt schon wieder. Er muss sich nur ein bisschen abreagieren“, sagte sie dann leise.

„Und wenn ihm was passiert ist?“ Kari schluchzte.

In diesem Augenblick betrat Tai das Zimmer.

„Geht mal beiseite“, sagte er unwirsch. Sora und Mimi standen auf und wurden von ihm weggeschoben. Er baute sich vor Kari auf und sah streng zu ihr hinunter. „Jetzt hör mal zu, du hast halt ein bisschen Mist gebaut, davon geht die Welt aber nicht unter. T.K. ist nichts passiert. Wahrscheinlich trinkt er gerade irgendwo gemütlich einen Tee und fragt sich, ob du wohl immer noch heulst.“ Er griff ihre Handgelenke und zog sie etwas unsanft nach oben, sodass sie vor ihm stand. Mit den Händen wischte er ihr die übrigen Tränen aus dem Gesicht. „Und jetzt reiß dich mal ein bisschen zusammen. Spätestens morgen seid ihr doch eh wieder ein Herz und eine Seele, das weißt du sogar noch besser als ich.“

Kari atmete einmal tief durch, straffte die Schultern und nickte dann. „Hoffentlich hast du Recht.“

„Natürlich habe ich Recht. Lass dich nicht so hängen.“ Er drückte seine kleine Schwester kurz an sich und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Und nun ab nach unten mit dir, das Essen wird kalt.“

Kari ging gefolgt von Sora aus dem Zimmer.

„Du kannst ja doch einfühlsam sein“, meinte Mimi anerkennend.

„Wer hat denn das Gegenteil behauptet?“ Tai lächelte stolz.

„Niemand, aber das sind nun mal meine Erfahrungen“, antwortete Mimi und streckte ihm die Zunge raus.

„Mimi, irgendwann klatscht's und zwar keinen Beifall“, sagte Tai scherzhaft. Auch sie gingen wieder nach unten zu den anderen.

T.K. kehrte nicht während des Essens zurück. Und auch, als der Tisch abgeräumt und Geschirr in den Geschirrspüler geräumt war, tauchte er nicht auf.

„Ich werde ihn mal anrufen“, meinte Matt nun mit einem Blick aus dem Fenster. Er holte sein Handy aus der Hosentasche, tippte darauf herum und hielt es sich ans Ohr. Schon eine Sekunde später ließ er es wieder sinken. „Ist ausgeschaltet.“

Kari biss sich auf die Unterlippe.

„Vielleicht sollten wir ihn doch lieber suchen gehen“, meinte Sora. „Es ist doch so kalt nachts.“

„Ja, ich bin auch dafür, dass wir mal nachsehen“, stimmte Joe ihr zu.

„Ich glaube, ihr übertreibt alle. Wer weiß, was er gerade macht. Er ist kein Kind mehr und wird schon wieder zurückkommen, wenn er sich abgeregt hat“, sagte Tai ernst.

„Ich finde aber auch, dass wir ihn suchen sollten. Er ist zwar kein Kind mehr, aber erwachsen ist er auch noch nicht“, erwiderte Izzy.

„Na gut, wenn ihr meint.“ Tai zuckte die Schultern und alle machten sich daran sich anzuziehen.

„Am besten teilen wir uns in drei Gruppen auf“, sagte Joe. Unwillkürlich machte Mimi einen Schritt in Richtung Sora. „Tai und Kari, ihr geht dort lang. Matt und Izzy gehen geradeaus und weil ich finde, dass ihr Mädchen nicht allein sein solltet, komme ich mit euch mit in diese Richtung.“

„Alles klar. Wenn irgendjemand ihn findet, ruft gleich die anderen an, damit wir nicht unsinnig weiter suchen“, sagte Matt.

„Okay, dann lasst uns aufbrechen.“ Sie gingen in verschiedene Richtungen. Mimi schlotterte schon jetzt am ganzen Körper. Ihr Atem bildete kleine weiße Wolken.

„Hoffentlich finden wir ihn schnell“, sagte sie und vergrub die Hände in den Jackentaschen.

„Hoffentlich finden wir ihn überhaupt“, murmelte Joe.

„Glaubst du, ihm ist was passiert?“, fragte Sora ängstlich.

„Weiß nicht“, antwortete er. „Schon komisch, dass sein Handy aus ist.“

„Kari hat versucht ihn anzurufen und währenddessen hat er es wohl ausgemacht“, erklärte Mimi.

„Okay, dann ist es vielleicht doch nicht so komisch“, räumte Joe ein.

„Wenn Kari ihn anruft, macht er sein Handy aus, aber bei dieser Megumi lässt er es an“, sagte Mimi kopfschüttelnd.

„Das war doch nur eine Trotzreaktion“, entgegnete Sora.

Sie gingen eine Weile durch die Dunkelheit. Nirgends war ein Zeichen von T.K. zu entdecken.

„Wo sollen wir ihn bloß suchen? Wir kennen uns doch hier gar nicht aus“, klagte Mimi und sah sich unsicher um.

„Er könnte überall sein“, überlegte Sora.

Eine weitere halbe Stunde gingen sie frierend und ziellos durch die Gegend. Dann klingelte plötzlich Soras Handy. Hastig kramte sie es aus ihrer Jackentasche und ging dran.

„Ja? ... Okay, wir kommen zurück zum Haus.“ Sie packte ihr Handy wieder weg. „Das war Matt. Sie haben ihn gefunden.“

„Was für ein Glück“, seufzte Mimi erleichtert. Schnellen Schrittes gingen die drei zurück zu ihrem Ferienhäuschen. Drinnen stießen sie auf Matt, Izzy und T.K., die sich gerade die Jacken auszogen. T.K. sah noch immer nicht gerade friedlich aus.

„T.K., geht’s dir gut?“, rief Sora, als sie ihn erblickte. „Wir haben uns Sorgen um dich gemacht, vor allem Kari.“

„Klar“, sagte er gleichgültig.

„Er war wirklich in einem Café“, berichtete Matt mit zornigem Blick auf seinen Bruder. „Das nächste Mal lässt du dein Handy gefälligst an, verstanden?“

T.K. warf seinem Bruder einen zornigen Blick zu und zog seine Schuhe aus. In diesem Moment kamen Tai und Kari zurück.

„T.K.!“ Kari lief auf ihn zu und machte Anstalten ihn zu umarmen, doch seine abwehrende Körperhaltung schien sie sich eines Besseren besinnen zu lassen. Sie ließ die Arme sinken und sah ihn flehend an. „Es tut mir Leid, ehrlich.“

T.K. zuckte nur die Schultern, ohne sie eines Blickes zu würdigen. „Ich geh schlafen, gute Nacht.“ Verdutzt sahen ihm alle hinterher, als er die Treppe nach oben ging.

„Mann, ich hoffe, der hat sich bis morgen wieder eingekriegt“, stöhnte Matt. „Ist ja anstrengend mit ihm.“

„Ich glaube, ich geh auch schlafen“, sagte Mimi, die sich vom vielen Skifahren, der Kälte und der wieder nachlassenden Aufregung plötzlich sehr müde fühlte. Und schließlich entschieden sich alle dazu schlafen zu gehen.
 

Doch auch diesmal erwachte Mimi mitten in der Nacht. Diesmal allerdings, da sie auf die Toilette musste. Widerstrebend kroch sie auf ihrem warmen Bett und schlich auf Zehenspitzen aus dem Zimmer. Dabei bemerkte sie, dass auch heute Nacht unten das Licht brannte. Mimi ging zuerst ins Badezimmer und anschließend nach unten. Wieder war es Tai, der dort saß und an einer Tasse nippte. Als Mimi auf ihn zu ging, sah er auf.

„Du schon wieder“, begrüßte er sie.

„Selber“, antwortete sie. „Kannst du schon wieder nicht schlafen?“

„Nein. Du auch nicht?“

„Doch, ich musste nur auf die Toilette und wollte dann gucken, wer hier unten die Einbrecher fernhält.“

„Die Einbrecher fernhält?“ Tai legte den Kopf schief und sah Mimi an.

„Na ja, ich rede mir immer ein, die brechen nicht in beleuchtete Häuser ein“, erklärte Mimi und spürte, wie sie rosa anlief.

„Ach so, deshalb schläfst du zu Hause wahrscheinlich auch immer mit Licht, oder?“, stichelte Tai sie grinsend. „Dabei würden die Einbrecher aus Angst vor dir auch ohne Licht nicht bei euch einbrechen.“

Mimi stellte sich gegenüber von ihm an den Tresen und musterte ihn mit zu Schlitzen verengten Augen. „Lieber ein Mädchen, das was drauf hat, als ein Mädchen, das immer beschützt werden muss“, knurrte sie.

„Da ist was dran“, erwiderte Tai lächelnd und nippte an seiner Tasse. „Willst du auch noch eine heiße Milch?“

„Nein, danke, ich geh jetzt wieder schlafen“, antwortete Mimi und wandte sich zum Gehen um, doch ihr fiel noch etwas ein. „Übrigens fand ich dich heute ziemlich cool, wie du Kari aufgemuntert hast und so ruhig geblieben bist.“

„Ich hab mir auch Sorgen gemacht“, sagte er nur.

„Das hat man aber nicht gemerkt.“

„Na ja, einer muss ja wenigstens so tun, als würde er einen kühlen Kopf bewahren. Sonst drehen doch alle durch.“ Er lächelte selbstgefällig.

„Gute Nacht“, murmelte Mimi und ging die Treppe nach oben.

Friede, Freude, Weihnachten?

„Aufstehen, Weihnachtsfrühstück!“ Soras Stimmte trällerte durch die Luft und riss Mimi aus einem tiefen erholsamen Schlaf.

„Hä?“ Verpennt öffnete sie die Augen und wusste im ersten Moment nicht, wo sie sich befand. Sora hielt ein frisches Brötchen unter ihre Nase und wedelte den Duft zu ihr. Mimi musste zugeben, dass das verführerisch roch. Sie wollte Sora das Brötchen aus der Hand reißen und hinein beißen, doch diese zog ihre Hand zurück und schüttelte den Kopf.

„Nein, nein, erst, wenn du dich fertig gemacht hast“, sagte sie und marschierte wieder aus dem Zimmer.

Mimi sah sich um. Draußen schien die Sonne und ließ den Schnee auf den Dächern der Häuser glitzern. Kari war ebenfalls schon aufgestanden und so machte Mimi sich auf den Weg ins Bad. Dabei hörte sie aus einem der Jungenzimmer Schnarchgeräusche. Sie lugte in das Zimmer, das gegenüber von ihrem Zimmer lag, und erblickte Tai, der noch friedlich in seinem Bett lag und schlummerte. Mimi grinste und ein Plan machte sich in ihrem Kopf breit. Sie ging ins Badezimmer, füllte ihren Zahnputzbecher mit eiskaltem Wasser und ging zurück zu Tai. Leise schlich sie sich an und als sie neben ihm stand, kippte sie das kalte Wasser in einem Schwung über sein Gesicht. Tai schnappte nach Luft und schnellte hoch. Mit weit aufgerissenen Augen erblickte er Mimi.

„Guten Morgen, Faulpelz. Das war für all deine Gemeinheiten“, sagte sie vergnügt, drehte sich um und ging wieder aus dem Zimmer. Doch Tai war aufgesprungen und packte ihr Handgelenk.

„So nicht, Fräulein“, zischte er und schubste sie auf sein Bett. Mimi wollte sich augenblicklich wieder aufrappeln, doch er stürzte sich auf sie und kitzelte sie ab. Obwohl Mimi wütend war, fing sie an zu lachen und versuchte verzweifelt ihn abzuwehren, doch er war so viel stärker als sie.

„Lass mich!“, kreischte sie und strampelte mit den Beinen, doch Tai wich ihr geschickt aus und kitzelte sie weiter. Sie musste schon weinen vor Lachen. Schließlich traf ihr rechtes Knie seine Nase und sein Kopf wurde zurückgeworfen.

„Aua!“, schrie Tai und hielt sich die Nase. Mimi nutzte ihre Chance, sprang auf und rannte ins Badezimmer, doch Tai war ihr dicht auf den Fersen. Sie stürmte zur Dusche, schnappte sich die Brause und drehte das Wasser so stark auf wie es ging. Als Tai sie gerade von Neuem überfallen wollte, richtete sie den Wasserstrahl direkt auf ihn. Im Nu war er pitschnass.

„Hey!“, rief er empört. Er kämpfte mit Mimi um die Brause, wobei auch sie innerhalb von wenigen Sekunden klatschnass wurde. Sie schrien und lachten und kämpften und...

„Stop!“, schrie jemand von der Tür her. Beide sahen auf. Sora stand im Türrahmen und starrte die beiden entsetzt an. „Seid ihr verrückt geworden?!“ Fassungslos sah sie sich in dem Raum um. So gut wie alles war nass geworden. Auf dem Boden hatten sich mehrere große Pfützen gebildet, an den Wänden hingen kleine Tropfen und auch das Fenster und der große Spiegel waren nicht verschont geblieben. Schnell stellte Mimi das Wasser ab und warf mit einer Kopfbewegung ihre nassen Haare nach hinten. Sora sah aus als würde sie jeden Moment explodieren.

„Was ist denn in euch gefahren? Habt ihr den Verstand verloren? Euch ist schon klar, dass wir hier in einem Ferienhaus sind und alles bezahlen müssen, was kaputt geht?“, tobte sie.

„Wir machen's wieder sauber“, sagte Tai kleinlaut.

Sora warf den beiden einen letzten wütenden Blick zu und verließ dann, nicht ohne die Tür geräuschvoll zuzuknallen, das Badezimmer.

„Hast du ja super hingekriegt“, raunzte Tai und schüttelte sein nasses Haar.

„Ich? Geht's noch? Du hast mich doch nicht in Ruhe gelassen!“, rief Mimi empört.

„Ach ja? Wer hat denn angefangen?“ Mit trotziger Miene wischte er Blut von seiner Nase, zog sein nasses T-Shirt aus und ging zur Tür. Mimi erwischte sich dabei, wie sie auf seinen durchaus reizvollen braungebrannten Rücken starrte. An der Tür drehte er sich noch einmal zu ihr um und es lag wieder ein keckes Grinsen auf seinen Lippen. „Man kann übrigens durch dein Nachthemd sehen.“ Mit diesen Worten verließ er das Bad.

Was hatte er da gerade gesagt? Erschrocken sah Mimi an sich herunter und musste feststellen, dass er Recht hatte. Ihr weißes Nachthemd war durchsichtig geworden, weil es nass war. Hitze schoss in Mimis Wangen und sie wurde wütend. Was bildete der sich eigentlich ein?

Sie stieg aus der Dusche, in der sie noch immer stand und fing an sich fertig zu machen. Sie schaffte es schließlich sogar noch vor Tai beim Frühstück zu erscheinen. Der Tisch sah mehr als nur einladend aus. Jeder freie Fleck, der nicht mit allerlei Tellern und Gläsern zugestellt war, war mit Kerzen bedeckt worden. Jemand hatte außerdem eine Räucherkerze angezündet und der Duft von Weihrauch erfüllte die Luft. Das Radio spielte fröhlich allerlei Weihnachtslieder. Alle ihre Freunde saßen am Tisch und Mimi fragte sich unwillkürlich, was man sich an Weihnachten mehr wünschen konnte. Lächelnd ging sie zu ihrem Platz neben Sora und setzte sich. Ihre beste Freundin warf ihr einen mürrischen Blick zu.

„Guten Morgen, Prinzessin“, sagte Izzy sarkastisch.

„Sei lieber nett und reich mir mal den Brötchenkorb“, antwortete Mimi fröhlich. Sie bekam, was sie wollte, und nahm sich ein duftendes, noch warmes Croissant. Sie sah in die Gesichter ihrer Freunde. Offenbar waren nicht alle so fröhlich wie sie sich fühlte. Lediglich Joe, Izzy und Matt wirkten gut gelaunt, während Sora und T.K. genervt aussahen und Kari immer noch ein trauriges Gesicht machte. In diesem Augenblick trat auch Tai, der sich zusammengerollte Fetzen eines Taschentuchs in die Nasenlöcher gestopft hatte.

„Was ist mit deiner Nase passiert?“, fragte Kari verwundert, als sie ihn sah.

„Mimi hat mir eine reingehauen“, murrte Tai und brachte damit alle zum Lachen.

„Aber nicht mit Absicht!“, rief Mimi empört über das Gelächter hinweg. Na, wenigstens war nun die Stimmung etwas lockerer.

Zum Frühstück aß Mimi wirklich viel und fühlte sich hinterher so vollgestopft, dass sie dachte, sie müsste platzen. Alle standen auf um den Tisch abzuräumen, doch Sora hielt Mimi und Tai auf.

„Ihr geht erst mal das Bad putzen“, raunzte sie die beiden an.

„Mimi, fängst du schon mal an? Ich komme gleich nach, ich will Sora vorher noch beim Abwaschen helfen.“ Tai legte einen Arm um Soras Schultern und lächelte unschuldig.

„Nimm deine Pfoten da weg!“, knurrte Matt scherzhaft und zerrte Tai von Sora weg. Mimi verschränkte die Arme und sah Tai missbilligend an.

„Sag mal, denkst du vielleicht, ich bin bescheuert? Du kommst schön mit.“

„Allerdings. Sonst bleibst du heute zu Hause und kümmerst dich den ganzen Tag um den Haushalt“, pflichtete Sora ihrer Freundin bei.

Tai verzog das Gesicht und ging vor sich hin grummelnd die Treppe hinauf. Mimi holte aus dem Besenschrank zwei Lappen und folgte ihm.

Viel zu spät machten sie sich schließlich auf den Weg zum Lift, wo Marius schon stand und sich gerade mit einem Kollegen aus der Skischule unterhielt. Als er die acht Freunde sah, unterbrach er seine Unterhaltung und trat auf sie zu.

„Ich dachte schon, ihr kommt gar nicht mehr.“ Er stemmte die Hände in die Hüften und musterte sie.

„Es tut uns wirklich Leid“, sagte Sora mit schuldbewusster Miene, als hätte allein sie die Verspätung verzapft. Marius sah sie an, lächelte und sagte: „Schon gut. Lasst uns anfangen.“

Zu neunt reihten sie sich in die Schlange vor dem Lift ein. Mimi wollte etwas zu Sora sagen, sah sich um und bemerkte dann, dass Marius sich mit ihr unterhielt. Sie verstand nicht, worüber, doch sie sah, dass Sora fröhlich lachte.

„Hat er sie gestern schon die ganze Zeit so angestarrt?“, zischte Matt ihr plötzlich von der Seite zu, der die beiden offenbar auch beobachtet hatte.

„Ähm... ich weiß nicht so genau.“ Eindringlich musterte sie Matt. War er etwa eifersüchtig? Ihr war gestern schon aufgefallen, mit was für einem Blick er Marius angesehen hatte. Dabei hatte Mimi doch wirklich genug mit sich selbst zu tun, um sich auch noch darum zu kümmern, dass Marius ja nicht mit Sora flirtete. Trotzdem beschloss sie, die beiden heute mal genauer zu beobachten.

Auf dem Lift unterhielten Sora und Marius sich angeregt. Sora erzählte von sich und ihren Erfahrungen mit Fußball und Tennis, Marius erzählte von sich und seinen Skischülern. Sie lachten viel und schienen wirklich gut miteinander klarzukommen.

„Mimi? Alles okay mit dir?“, fragte Joe, der sie angesehen hatte, ohne dass sie es mitbekommen hatte.

„Ja, wieso?“ Verwundert sah sie ihn an.

„Weiß auch nicht. Du siehst so misstrauisch aus“, antwortete Joe schulterzuckend.

„Pscht!“, zischte Mimi.

„Was ist denn?“ Nun sah er doch ein wenig ungeduldig aus.

„Ich erkläre es dir später“, flüsterte Mimi.

„Okay“, flüsterte Joe zurück. „Klingt ja geheimnisvoll.“

Mimi nickte zustimmend. Sie könnte Joe einweihen und ihn auch anweisen Marius und Sora zu beobachten. Doch das würde er bestimmt nicht gut finden.

Als sie oben ankamen, sammelten sich zunächst alle, bevor sich Matt, T.K. und Izzy von den anderen verabschiedeten.

„Bis nachher zum Mittagessen“, rief Tai ihnen hinterher, als sie schon die nächste Piste hinunter schossen.

Marius und die Anfänger suchten sich eine andere Piste, mit der sie üben konnten. Marius fuhr voran und die anderen fuhren einer nach dem anderen hinterher.

„Sag mal, was war das eigentlich vorhin mit dir und Tai?“, murmelte Sora in Mimis Ohr, während Joe sich gerade als Dritter auf den Weg machte. Mimi sah ihre Freundin fragend an. „Tu nicht so. Ich meine die Aktion im Bad.“

„Bist du etwa immer noch sauer? Wir haben doch alles aufgewischt“, antwortete Mimi und sah Sora verständnislos an.

„Darum geht’s doch gar nicht“, antwortete Sora unwirsch und wickelte sich die Schlaufen ihrer Skistöcke um die Handgelenke. „Ich meine, was da mit euch beiden los war.“

„Nichts weiter“, sagte Mimi mit Unschuldsmiene. „Wir haben uns nur gegenseitig geärgert, wie immer.“

„Na, wie ärgern...“

„Hallo! Kommt ihr endlich mal? Wir wollten heute eigentlich noch weiter!“, schrie Tai ihnen von unten zu.

Sora seufzte, wandte sich von Mimi ab, stieß sich mit ihren Skistöcken ab und fuhr nach unten. Mimi folgte ihr mit einigen Metern Sicherheitsabstand. Es klappte erstaunlich gut. Dabei hatte sie erwartet, sie müsste heute wieder von Null anfangen.

„Du solltest ihm keine falschen Hoffnungen machen“, sagte Sora ernst, als sie wieder darauf warteten, weiter zu fahren.

„Was? Ich mache ihm doch keine Hoffnungen!“, entgegnete Mimi empört.

„Ich wollte ja nur sichergehen. Er ist ein lieber Kerl und hat es nicht verdient“, erklärte Sora.

Mimi wurde langsam ärgerlich. „Ach ja, und was ist mit Matt? Ich glaube nicht, dass er es verdient, dass du mit Marius flirtest.“

„Ich flirte doch gar nicht mit ihm!“, protestierte Sora sofort. „Wie kommst du überhaupt darauf?“

„Also, bitte! So, wie ihr...“

„Sagt mal könnt ihr das nicht beim Mittagessen bequatschen?“ Verärgert sahen die drei Wartenden und Marius sie von unten her an.

Sora schnaubte und stieß sich wieder ab. Mimi folgte ihr.

„Tut uns Leid“, sagte Sora, als sie unten angekommen waren.

„Was ist denn überhaupt so wichtig?“, fragte Tai neugierig.

„Geht dich nichts an“, antwortete Mimi schnippisch.

„Seid ihr bereit? Können wir weitermachen?“, fragte Marius gut gelaunt. Seine Schüler nickten und weiter ging es.

„Ich flirte nicht mit ihm!“, zischte Sora, als sie wieder zu zwei dort standen.

„Das sieht Matt bestimmt anders“, zischte Mimi zurück. Wütend starrten die Freundinnen sich an.

„Wieso lenkst du überhaupt ab? Es ging gerade um dich und Tai“, sagte Sora nach einer Weile verärgert.

„Ich hab doch aber schon alles dazu gesagt, was es zu sagen gibt“, erwiderte Mimi ungeduldig. „Das war einfach nur so.“

„Das sieht Tai vielleicht auch anders.“

„Was sollte er daran anders sehen? Wir ärgern uns doch immer gegenseitig.“

„Mimi!“ Sora stöhnte genervt. „Er ist in dich verliebt! Dass du halb nackt mit ihm eine Wasserschlacht führst, wird ihn nicht gerade kalt gelassen haben! Merkst du das denn nicht?“

Nun wurde Mimi ziemlich sauer. „Ich war nicht halb nackt!“

„Und wie willst du das bitte sonst beschreiben?“ Sora sah nicht minder wütend aus.

„Weißt du was? Lass mich einfach in Ruhe und flirte weiter mit Marius“, fauchte Mimi und fuhr diesmal zuerst nach unten zu den anderen. Sora folgte ihr.

„Was ist denn mit euch los?“, fragte Joe und sah die beiden verständnislos an. „Ihr seht so aufgebracht aus.“

„Nichts!“, raunzten beide wie aus einem Mund.

„Ich würde gern den Platz tauschen“, verkündete Mimi. „Tai?“

Tai, der bisher an zweiter Stelle nach Kari gefahren war, blickte erst verdutzt drein, nickte dann aber.

„Du bist so kindisch!“, murmelte Sora wütend.

„Und du tust immer so, als wärst du die Vernunft in Person!“, blaffte Mimi sie an.

Mit offenen Mündern verfolgten die anderen den Streit. Schließlich war es Joe, der sich einmischte.

„Oh, Mädels, ganz ruhig. Man kann doch über alles reden. Was ist denn euer Problem?“

„Tz!“, machte Mimi. „Könnten wir bitte weiterfahren?“, fügte sie laut hinzu.

Marius hatte die Stirn gerunzelt, zuckte nun aber mit den Schultern und fuhr weiter.

Während des restlichen Vormittags vermied es Mimi auch nur ein Wort mit Sora zu sprechen. Zum Mittagessen trafen sie sich schließlich mit dem Rest, diesmal aber in einer anderen Hütte. Hier war alles festlich geschmückt und zur Feier des Tages gab es Wildbraten im Angebot. Ausnahmslos alle Jungen bestellten ihn sich sofort, nachdem sie einen freien Tisch ergattert hatten.

„Ich weiß nicht, aber diesen Germknödel brauche ich nicht noch einmal“, meinte Tai und rümpfte die Nase. „Davon wird man gar nicht richtig satt.“

Mimi verdrehte die Augen. Wovon wurde Tai schon richtig satt? Sie selbst hatte sich diesmal eine Suppe mit Pfannkuchenstreifen darin bestellt, die den eigenartigen Namen Flädlesuppe trug. Sie war zwar skeptisch, aber auch gespannt, wie das schmecken sollte.

Die Mittagspause war nicht so angenehm wie am vorigen Tag. T.K. redete immer noch nicht wieder mit Kari und auch Mimi und Sora ignorierten sich gekonnt. Marius, der vielleicht die Stimmung durch Erzählungen gelockert hätte, war dieses Mal auch nicht bei ihnen, sondern saß mit einem anderen Skilehrer zusammen.

„Wollen wir heute vielleicht eher Schluss machen?“, schlug Sora vor. „Immerhin ist Weihnachten und wir könnten noch was Schönes zusammen machen. Den örtlichen Weihnachtsmarkt besuchen oder so.“

Tai und Matt sahen sich vielsagend an.

„Wir müssen sowieso eher los“, verkündete Tai abwinkend.

„Wieso?“, fragte Kari verwundert.

„Haben noch was vor.“

„Was denn?“, fragte Sora neugierig. „Wir können doch dann gleich alle mitkommen.“

„Nein, nein, fahrt ihr ruhig noch weiter“, sagte Tai schnell. „Matt hat ein kleines Weihnachtskonzert vorbereitet und will dafür noch ein bisschen üben. Ich komme mit, damit er nicht so allein ist.“

Matt sah Tai mit gerunzelter Stirn an, sagte aber nichts.

„Ein Weihnachtskonzert? Das ist aber cool“, fand Izzy grinsend.

Mimi warf den beiden nur einen misstrauischen Blick zu. Die führten doch irgendwas im Schilde. Auch Sora und Kari sahen nicht so aus, als würden sie ihnen die Weihnachtskonzertgeschichte abkaufen. Doch keiner von ihnen fragte noch genauer nach.
 

Nach dem Mittagessen verabschiedeten Tai und Matt sich bereits von den Freunden.

„Pass auf Tai auf, dass er heil unten ankommt“, sagte Sora besorgt zu Matt. „Nicht, dass er sich noch was bricht.“

„Keine Angst, ich passe auf“, antwortete Matt lächelnd. Dann machten sie sich zu zweit auf den Weg.

„Hey, wir haben gerade beschlossen, dass wir mit euch mitkommen und gucken, wie weit ihr schon seid“, verkündete Izzy fröhlich.

„Kein Problem, aber ihr werdet euch sicher langweilen“, meinte Marius.

„Ach, das macht uns nichts aus“, erwiderte Izzy abwinkend.

Also begannen auch sie ihre Abfahrt. Mimi konzentrierte sich diesmal mit aller Kraft. Sie fuhr nun direkt hinter Marius. Er fuhr eine Strecke vor und Mimi machte es ihm nach. Angestrengt starrte sie nach unten, zog eine Kurve nach links, eine nach rechts, noch eine nach links und noch eine nach rechts und kam schließlich mit der gelernten Bremsbewegung neben ihm zum Stehen.

„Das war wirklich super“, lobte Marius sie. „Man sieht schon eindeutige Besserungen bei dir. Klasse!“ Er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, wobei seine grünen Augen leuchteten. Mimi lief rosa an und war nun noch wütender auf Sora, dass er sich nur für sie zu interessieren schien, obwohl die ja schon einen Freund hatte.

Als nächstes kam Joe an, der allerdings ein bisschen wackelte. T.K. kam auf seinem Snowboard neben ihm nach unten und sah dabei wesentlich eleganter aus. Kari folgte ihnen. Auch sie starrte angestrengt nach unten. Als sie kurz den Blick abwandte um zu den anderen zu schauen, schienen sich ihre Skispitzen zu überschneiden. Sie kam ins Schleudern, schrie auf und fiel dann direkt in T.K. rein, den sie mit sich riss. Die beiden landeten mit einem dumpfen Geräusch im Schnee.

„Pass doch auf!“, rief T.K., doch dann sah er Kari besorgt an. „Ist dir was passiert?“

„Nein, nein, alles okay“, sagte sie schnell. Sich gegenseitig stützend standen sie wieder auf. „Tut mir Leid, dass ich dich umgenietet habe. Und nicht nur das tut mir Leid.“ Sie sah ihn bedeutungsvoll an.

„Hör auf dich zu entschuldigen“, murmelte er und wandte sich wieder von ihr ab.

„Heißt das, es ist wieder alles okay?“, fragte Kari unsicher, aber auch ein wenig hoffnungsvoll.

Er sah sie verständnislos an. „Nein und jetzt hör auf davon zu reden.“

Kari kniff die Lippen zusammen und fing Mimis Blick auf, die sie mitleidig ansah.

Als letztes kam Sora begleitet von Izzy, die eine wirklich gute Figur machte, wie Mimi zugeben musste.

„Super, Sora“, sagte Marius begeistert, als Sora zum Stehen gekommen war. Er lächelte auch sie an.

„Danke.“ Sora lächelte verlegen.

Sie fuhren weiter. Als sie unten ankam, nahem sie den Lift nach oben und fuhren eine andere blaue Piste, die sie direkt zu der Liftstation führte, bei der sie immer anfingen.

„Ich denke, wir lassen es für heute“, verkündete Marius. „Ihr wollt sicher ein bisschen Weihnachten feiern. Ich würde vorschlagen, wir treffen uns morgen erst um elf. Eher scheint ihr es ja eh nicht zu schaffen.“ Er zwinkerte Sora zu, als er das sagte.

„Um elf sollten wir dann schaffen“, stimmte Sora lächelnd zu.

„Okay, dann wünsche ich euch einen schönen Heiligabend“, sagte Marius und schenkte nun allen ein Lächeln.

„Danke, dir auch“, sagten alle im Chor. Mit diesen Worten schnallten sie ihre Skier ab und stiefelten los nach Hause. Der Weg kam Mimi mit jedem Mal, den sie ihn mit ihren Skiern auf der Schulter ging, länger vor. Stöhnend kamen sie in ihrem Ferienhäuschen an.

„Uff, endlich.“ Joe stellte seine Skier neben sich ab und schloss die Tür auf. Innen bot sich ihnen ein Anblick, mit dem sie nicht gerechnet hatten. Mimi machte große Augen. Ihr Mund klappte auf, ohne dass sie es bemerkte. Nun war klar, was Tai und Matt im Schilde führten. Sie hatten es tatsächlich geschafft einen Weihnachtsbaum zu besorgen. Er stand mitten im großen Wohnbereich und war mit einer Lichterkette und vielen kleinen roten Kugeln geschmückt. In der Luft lag der frische Duft einer Tanne.

„Oh“, entfuhr es Kari, deren Augen leuchteten.

„Ihr wart gestern so enttäuscht, dass wir keinen Weihnachtsbaum haben“, erklärte Matt den verdutzten Freunden.

„Deswegen haben wir heimlich einen beschafft und wollten euch überraschen“, fügte Tai hinzu.

Sora lehnte ihre Skier achtlos gegen eine Wand. Noch in Skischuhen lief sie auf Matt zu, schlang die Arme um seinen Hals und küsste ihn auf die Wange. „Das ist so süß von euch. Danke.“

„Danke, Tai!“ Kari war auf ihren Bruder zugelaufen und umarmte ihn ebenfalls.

„Das ist wirklich... toll“, sagte Mimi leise und betrachtete den Weihnachtsbaum als wäre er das Beste, was ihr bisher passiert war.

„Echt cool. Wo habt ihr denn die Lichterkette und die Kugeln her?“, fragte T.K., der den Baum musterte.

„Haben wir im Besenschrank gefunden“, antwortete Tai grinsend.

„Seht ihr, jetzt müsst ihr doch kein Weihnachten ohne Baum feiern“, sagte Izzy an Mimi gewandt. Diese nickte ehrfurchtsvoll.

„Ich würde sagen, wir gehen jetzt alle unter die Dusche und dann kann die Weihnachtsfeier beginnen“, schlug Joe vor und rieb sich die Hände in Vorfreude.

„Aber wehe ihr blockiert das Bad wieder für eine Stunde“, sagte Tai an Sora und Matt gewandt und brachte damit alle zum Lachen.
 

Nachdem Mimi aus der Dusche gekommen war, ging sie ins Mädchenzimmer um ihr Geschenk für Sora zu holen. Die beiden Freundinnen schenkten sich jedes Jahr etwas zu Weihnachten und auch dieses Jahr sollte sich das wegen eines Streits nicht ändern. Mimi war zwar immer noch sauer, doch andererseits tat es ihr Leid, was sie zu Sora gesagt hatte. Sie kramte das in buntes Papier eingewickelte Päckchen aus ihrem Koffer und brachte es nach unten um es unter den Weihnachtsbaum zu legen. Dort lagen schon einige andere Päckchen und warteten darauf ausgepackt zu werden. Mimi sah die kleinen Kärtchen, die anzeigten, für wen jedes Päckchen war. Für Kari, Tai und auch für Joe und Izzy waren schon Päckchen dabei. Mimi lächelte und ging zu den Sofas, wo Tai, T.K., Joe und Izzy schon frisch geduscht saßen. Von ihnen ging ein Duft nach Duschgel aus. Mimi setzte sich auf eines der Sofas neben Izzy.

„Da steht schon Kakao für dich“, sagte Izzy und deutete auf eine dampfende Tasse auf dem niedrigen Couchtisch. Im Kamin prasselte ein munteres Feuer und das Radio spielte unablässig Weihnachtslieder.

„Ich bin dafür, dass wir heute zur Feier des Tages essen gehen“, sagte Joe und blickte in die Runde.

„Ja, gute Idee. Heute können wir uns das ja mal leisten“, stimmte T.K. zu.

Mimi nickte nur, während sie an ihrem Kakao nippte.

„Wann dürfen wir denn die Geschenke auspacken?“, fragte Tai aufgeregt und sah auf das Geschenkhäufchen unterm Weihnachtsbaum.

„Ich finde, das sollten wir erst heute Abend machen. Da haben wir Zeit und das ist doch gemütlicher“, antwortete T.K. und warf Tai einen missbilligenden Blick zu. „Du benimmst dich wie ein kleines Kind.“

„Tai IST ein kleines Kind“, warf Izzy ein.

„Manchmal schon“, stimmte Joe lachend zu.

Tai schüttelte nur den Kopf und lehnte sich zurück.

Mimi stellte ihre Tasse ab und stand auf. Sie suchte in der Küche einige Plätzchen und kleine Lebkuchen mit buntem Zuckerguss zusammen. In einer Schublade in der Küche fand sie dünnen Faden und Metallspieße, mit denen man zusammengerolltes Fleisch zusammenhielt. Sie brachte alles zu ihrem Platz auf der Couch und stellte es vor sich auf den Couchtisch.

„Was hast du vor?“, fragte Joe neben ihr. Auch die anderen Jungen beobachteten sie.

„Werdet ihr schon sehen“, antwortete Mimi geheimnisvoll lächelnd und fing mit ihrem Werk an. Wenige Minuten später kam Kari zu ihnen und Matt und Sora folgten ihr nur kurz danach. Auch die drei legten Päckchen unter den Weihnachtsbaum, bevor sie sich zu ihnen setzten.

„Oh, Mimi, darf ich mitmachen?“, fragte Kari, als sie sah, was Mimi tat.

„Klar“, antwortete Mimi. Kari nahm sich ein paar Lebkuchen und fing an mit der Nadel kleine Löcher in sie zu stechen. Anschließend zog sie einen Faden durch das Loch und knotete die Enden zusammen.

„Was macht ihr da?“, fragte nun auch Matt, der von Mimi zu Kari und wieder zurück sah.

„Wollen sie nicht verraten“, murrte Tai.

Während Mimi und Kari also beharrlich Fäden durch Lebkuchen und Plätzchen zogen, widmeten sich die anderen Gesprächen. Sie rätselten, was in den Päckchen drin sein könnte und überlegten schon fieberhaft, was sie zum Abendbrot essen wollten.

„So, das reicht“, sagte Mimi plötzlich und nahm ihre ganzen durchstochenen Gebäcke. Sie trug sie zum Weihnachtsbaum und fing an sie an die Zweige zu hängen.

„Ach so“, sagten alle anderen wie aus einem Munde und schienen dabei ein wenig enttäuscht. „Was habt ihr denn erwartet? Zaubertricks?“

Kari kam zu ihr und half ihr. „Ich finde es so schön, wenn Süßigkeiten am Baum hängen, die man einfach weg futtern kann“, sagte sie lächelnd.

„Ja, ich mag das auch“, stimmte Mimi zu. „Außerdem sieht der Baum so ein bisschen voller aus.“

Es war bereits dunkel geworden und die Freunde beschlossen sich anzuziehen und den örtlichen Weihnachtsmarkt zu besuchen, bevor der noch zumachte.

Sie schlenderten durch die verschneiten Straßen und alles wirkte unglaublich friedlich. Überall in den Häusern brannten Lichter und die Fenster waren geschmückt mit Schwibbögen, Sternen, Nussknackern und allerlei anderen dekorativen Elementen. Hier und da konnten sie einen Blick in ein Wohnzimmer erhaschen, wo Kinder gerade mit leuchtend roten Wangen dabei waren ein großes, buntes Paket auszupacken. Ihre Eltern standen mit einer Kamera in der Hand daneben und schossen Erinnerungsfotos für das nächste Album.

Sie erreichten den Weihnachtsmarkt, der sich in einer einzigen Straße befand. Normalerweise schien diese Straße eine Fußgängerzone zu sein, denn links und rechts waren einige Werbeschilder für Klamottenläden und ein paar Cafés zu entdecken. Diese hatten nun aber alle geschlossen und dafür lud der Weihnachtsmarkt ein Zeit zu verbringen.

Wenn es nicht gerade einige Diskrepanzen zwischen den Freunden gegeben hätte, dann wäre dies die perfekte weihnachtliche Stimmung für einen perfekten Weihnachtsabend, dachte Mimi bei sich und warf einen Blick zu Sora hinüber, die Hand in Hand mit Matt zum nächstbesten Stand – ein Stand, der Mützen verkaufte – schlenderte um sich anzuschauen, was es dort hab.

Kari stand neben T.K., doch der unterhielt sich gerade mit Izzy und schien sie nach wie vor zu ignorieren.

„Ich glaube, ich brauch erst mal einen Glühwein“, verkündete Mimi seufzend und sah sich um. Gerade war kein Glühweinstand in der Nähe und so musste sie wohl oder übel warten. Sie hatte keine Lust ihre Freunde am Weihnachtsabend aus den Augen zu verlieren.

Sora probierte gerade eine dicke graue Wollmütze mit zwei langen Bändern und einer Bommel oben drauf an.

„Steht dir gut“, hörte Mimi Matt sagen, der seiner Freundin die Mütze liebevoll noch ein wenig zurechtrückte. Eine Minute später hatte Sora sich die Mütze gekauft und sie konnten weitergehen. Zum Glück war nicht allzu viel los auf dem Weihnachtsmarkt, sodass sie relativ gut vorankamen und nicht nur weitergeschoben wurden.

Mimi erspähte einen Glühweinstand. „Wartet mal kurz“, rief sie nach vorn zu Tai und Joe. Die drehten sich um und als sie erkannten, was Mimi vorhatte, folgten sie ihr sogleich.

„Ich könnte auch einen vertragen“, sagte Tai und studierte die Angebotsliste. „Du auch, Joe?“

„Klar, bei der Kälte“, antwortete der Angesprochene. Der Rest der Gruppe war ebenfalls stehen geblieben und so kauften sich alle bis auf T.K., Kari und Sora einen Heidelbeerglühwein. Mimi schloss ihre kalten Hände um den heißen Becher und seufzte erleichtert auf. Sie stellten sich um einen der kleinen Tische herum, um in Ruhe ihren Glühwein zu trinken.

„Autsch! Heiß!“ Izzy streckte seine Zunge raus, die er sich soeben verbrannt hatte.

„Wer hätte das gedacht, dass Glühwein heiß ist“, sagte T.K. grinsend.

„Warte“, sagte Tai, der sich gerade gebückt hatte um etwas vom Boden aufzuheben. „Hier hast du eine Abkühlung.“ Mit diesen Worten drückte er Izzy eine kleine Hand voll Schnee ins Gesicht.

„Du Idiot!“, rief Izzy, während die anderen lachten.

Mimi pustete vorsichtig auf ihren Glühwein und nippte anschließend ein klein wenig daran. Er schmeckte wirklich lecker und wärmte gut. Allmählich spürte sie ihre Finger wieder.

In dem Glühweinstand dudelte fröhliche Weihnachtsmusik, in deren Takt Kari gedankenverloren mit dem Kopf nickte. Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum.

Joe schien die Leute zu beobachten, die an ihnen vorbeigingen. Izzy unterhielt sich gerade mit T.K. und auch sie beobachteten die Leute.

Sora nippte an Matts Glühwein und sah ihn anschließend an.

„Danke“, sagte sie leise und sah ihm in die Augen. Sie lächelten beide ein wenig verträumt, als sich ihre Gesichter einander näherten und sich schließlich zärtlich küssten.

„Nehmt euch 'n Zimmer“, murrte Tai scherzhaft. „Ist ja eklig.“

„Guck halt weg“, erwiderte Sora und streckte ihm die Zunge raus.

„Apropos Zimmer“, sagte Matt grinsend. „Überlässt du uns unser Zimmer heute?“

„Ih, nein! Vergesst es!“, rief Tai entgeistert. Sora lief rot an und Matt lachte nur belustigt. Auch Mimi konnte sich ein Kichern nicht verkneifen.

„Wo sollte Tai denn dann auch schlafen?“, fragte Mimi an Matt gewandt. „Auf der Couch?“

„Der kann doch in Soras Bett pennen“, antwortete Matt schulterzuckend.

„Auf keinen Fall!“ Mimi schüttelte vehement den Kopf. „Dann schlafe ich nicht mehr in meinem Bett.“

Tai stützte den Kopf auf die Hand und sah Mimi vielsagend an. Mimi runzelte die Stirn.

„Hör auf mich so anzusehen“, sagte sie misstrauisch.

Tai lächelte amüsiert und wandte den Blick wieder von ihr ab. Verwirrt nippte Mimi an ihrem Heidelbeerglühwein. Es fing an zu schneien.

„Wie romantisch. Schnee an Weihnachten und jetzt schneit es zusätzlich noch“, seufzte Kari und blickte in den Himmel. Dicke weiße Schneeflocken blieben in ihrem braunen Haar hängen, das unter der Mütze hervorlugte. T.K. warf ihr einen kurzen Seitenblick zu, dann klingelte sein Handy.

„Och nö“, brummte er und sah auf das Display.

„Geh doch einfach nicht dran, wenn sie dich nervt“, schlug Tai vor.

Noch immer sah T.K. auf das leuchtende Display. Einige Sekunden schien er zu überlegen, ob er Tais Ratschlag befolgen oder doch lieber antworten sollte. Er entschied sich schließlich für Letzteres und entfernte sich ein paar Schritte von der Gruppe. Mit einem unergründlichen Blick sah Kari ihm nach.

„Du kannst ja nachher noch mal mit ihm reden. Wer kann seinen besten Freunden schon am Weihnachtsabend böse sein?“, sagte Joe an Kari gewandt und lächelte ihr aufmunternd zu.

Mimi biss sich auf die Lippen und dachte wieder an ihren eigenen Streit mit Sora. Sie fing ihren Blick auf, doch diese sah schnell wieder weg. Anscheinend hatte auch sie bei Joes Worten an ihren Streit gedacht.

Nachdem alle ihren Glühwein ausgetrunken hatten und T.K. endlich Megumi hatte abwimmeln können, gingen sie weiter. Aus fast jedem Stand tönte ein anderes Weihnachtslied und es gab wirklich viel zu sehen. Neben den ganzen Ständen, die duftendes Gebäck, leckeres Grillgut und Getränke anboten, gab es noch viele Stände, wo zum Beispiel Kerzen in allen Formen und Farben, Blechschilder, Holzspielzeuge oder bunte Teelichtbehälter verkauft wurden. An einigen Ständen hielten sie an um sich alles näher zu betrachten, doch nach einer Stunde waren alle so durch gefroren, dass sie beschlossen, sich ein Restaurant zu suchen. Mimi konnte ihre Füße nicht mehr spüren und es kam ihr allmählich vor als würde sie auf Eisklumpen laufen. In einer Seitenstraße entdeckten sie schließlich ein gemütlich aussehendes Restaurant, das mit österreichischen Spezialitäten warb. Sie gingen hinein und konnten sich zwei Tische zusammenstellen, sodass sie alle beieinander sitzen konnten. Nachdem Mimi sich einen Platz zwischen Tai und Kari auf der gemütlichen weichen Bank ergattert hatte, sah sie sich um. Das Restaurant war nicht sehr groß und außer ihnen waren nur noch sieben andere Leute dort. Auch hier war alles weihnachtlich geschmückt und es duftete nach Räucherkerzen. Auf den Fensterbrettern standen kleine Lampen neben Räuchermännchen und frischen Tannenzweigen. Leise Weihnachtsmusik erfüllte die Luft. Behaglich lehnte Mimi sich zurück und studierte ihre Karte. Das Angebot war überschaubar, hörte sich jedoch gut an. Mimi wollte endlich mal in den Geschmack eines echten Wiener Schnitzels mit Pommes Frites kommen.

Nachdem alle bestellt hatten, warteten sie sehnsüchtig auf ihr Essen. Mimis Füße waren nun wieder angenehm warm und ihre Wangen glühten. Sie nippte an ihrem heißen Kamillentee und verbrannte sich die Zunge.

„Was wollen wir heute Abend noch machen?“, fragte Sora in die Runde. Das Licht der Kerzen auf den beiden Tischen spiegelte sich in ihren Augen wider.

„Ich weiß ja nicht, was du machst, aber ich packe meine Geschenke aus“, antwortete Tai mit einem vorfreudigen Grinsen im Gesicht.

„Wer sagt, dass du welche bekommst?“, stichelte Mimi.

„Tja, im Gegensatz zu dir war ich das ganze Jahr lang artig“, erwiderte Tai.

„Haha“, sagte Kari tonlos. „Wer's glaubt.“

„Also ich kann mir gerade auch nicht vorstellen, dass Tai artig sein kann“, warf Izzy ein und grinste Tai herausfordernd an.

„Ha, du würdest staunen“, rief Tai voller Überzeugung.

„Ich muss da nur an die arme kleine Aiko denken“, sagte Matt und setzte eine mitleidige Miene auf. „Zu der warst du alles andere als artig.“

„Matt!“, zischte Tai, doch natürlich hatten es alle gehört. „Als ob du immer so artig zu deinen ganzen Mädchen warst!“

„Zu Sora schon“, entgegnete Matt überlegen und legte demonstrativ einen Arm um Soras Schultern. Diese sah ihn zweifelnd an und auch Mimi konnte sich noch gut an andere Situationen erinnern.

„Wer ist denn Aiko?“, fragte Joe interessiert.

„Ach“, sagte Tai und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Niemand. War nichts Ernstes.“

„Ich glaube, das hat Aiko anders gesehen“, meinte Matt grinsend.

„Und woher willst du das wissen? Hast du sie getröstet?“, höhnte Tai. Schockiert sah Sora zuerst zu Tai und dann wieder zu Matt. „War nur'n Scherz, Sora“, fügte Tai schnell hinzu.

Matt warf seinem besten Kumpel einen missbilligenden Blick zu und nippte an seiner Cola.

„Bitte nicht noch mehr Streit“, stöhnte Joe.

„Noch mehr? Wer streitet sich denn noch alles?“, fragte Izzy verwirrt.

„Niemand. Alles in Ordnung“, sagte Mimi schnell und bemühte sich nicht in Soras Richtung zu schauen. Warum nur hatte sie heute Mittag auf der Skipiste solche Dinge zu ihr gesagt? Der Lohn war, dass sie an Weihnachten kein Wort mit ihrer eigentlich besten Freundin redete.

„Ich bin dafür, wir machen morgen einen Tag Pause vom Skifahren“, seufzte Izzy nach ein paar Augenblicken des Schweigens.

„Was? Warum?“ Joe sah ihn fragend an. „Du kannst es doch wenigstens.“

T.K. lachte auf. „Besonders gut kann er es nicht.“ Er grinste zu Izzy hinüber.

„Aber ich dachte, du bist schon mal gefahren“, fragte Joe weiter.

„Ja, einmal, aber es macht mir nicht besonders viel Spaß“, murmelte Izzy.

„Matt und ich müssen immer auf ihn warten“, erklärte T.K. zwinkernd.

„Wir können ja morgen vielleicht alle zusammen fahren, dann müsst ihr nicht nur auf Izzy warten“, schlug Mimi kameradschaftlich vor.

„Ich denke auch, dass wir mittlerweile so gut sind, dass wir die Pisten einigermaßen heil herunterkommen“, fügte Joe nickend hinzu.

„Die blauen Pisten“, ergänzte Kari.

„Ich würde so gern mal eine schwarze Piste ausprobieren“, sagte Sora und erntete dafür schockierte Blicke von allen Seiten.

„Also die kannst du erst mal ohne mich fahren“, sagte Tai und hob abwehrend die Hände.

„Sollten wir nicht erst mal die roten probieren, bevor wir an die schwarzen denken?“, warf Kari unsicher ein.

„Ich bin dafür, wir fahren weiter auf den blauen Pisten“, sagte Mimi, der bei der Vorstellung steile, glatte Pisten hinunterfahren zu müssen angst und bange wurde.

„Aber nur blau wird irgendwann auch langweilig“, fand Tai stirnrunzelnd.

„Wir können ja morgen mal Marius fragen. Der wird uns bestimmt sagen können, wann wir so weit sind andere Pisten auszuprobieren“, sagte Sora, woraufhin Matt ihr einen skeptischen Blick zuwarf. Ganz offensichtlich war er nicht sonderlich erpicht darauf Marius irgendwas zu fragen.

„Ach, der“, sagte Tai gereizt und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Der wird sagen, dass ihr Mädchen gerne mit ihm auf die rote Piste könnt und wir sollen noch eine Weile auf der blauen bleiben.“

„Du hast Vorurteile, Tai. Du kennst ihn doch gar nicht“, antwortete Sora.

„Na und? Du auch nicht“, entgegnete Tai schulterzuckend. „Auf mich macht er den Eindruck eines Mädchenliebhabers.“

„Ja, auf mich auch“, stimmte Joe zu.

„Warum?“, fragte Mimi ein wenig verdattert. Ob ihr da etwas entgangen war?

„Na so, wie er euch immer anlächelt.“ Tai machte Marius' Lächeln nach, bei dem er seine Zähne zeigte und einen verschmitzten Blick aufsetzte. „'Prima, Sora. Das hast du toll gemacht, Mimi. Super, Kari.'“

„Du spinnst doch“, murrte Mimi.

„Ich glaube, das bildest du dir ein“, sagte Sora bestimmt.

„Er ist einfach nur nett. Zu euch ist er doch auch nett“, meinte Kari.

In diesem Moment wurde das Essen gebracht und ließ die Gespräche der Freunde verstummen.
 

Als am späten Abend alle wieder in ihrem Ferienhäuschen ankamen, machten sie sich daran, die Geschenke unter dem Baum auszupacken. Also hockten sich alle um den Baum herum und suchten nach Päckchen, die für sie waren. Es dauerte nicht lange, bis Mimi ihres gefunden hatte. Es war weich und sie riss das bunte Papier ab. Darin befand ich ein Oberteil, und zwar nicht irgendein Oberteil. Es war ein hübsches Top in Pastellfarben, das sie letzten Monat beim Shoppen mit Sora entdeckt hatte. An jenem Tag hatte Mimi allerdings zu wenig Geld dabei um es sich zu kaufen und als sie ein paar Tage später wieder zu dem Laden kam, war es schon weg. Nun hielt sie es in den Händen und konnte es kaum glauben. Sie sah zu Sora, die ebenfalls gerade Mimis Geschenk auspackte. Mimi hatte ihr einen Roman von Soras Lieblingsautorin geschenkt. Sora fing Mimis Blick auf.

„Mimi, ich...“, fing sie an und hielt das Buch immer noch hoch.

„Sora!“ Mimis Augen füllten sich mit Tränen. Auf Knien rutschte sie hinüber zu ihrer Freundin und umarmte sie schluchzend. „Es tut mir Leid, was ich zu dir gesagt habe. Ich wollte das gar nicht, ich weiß selbst nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Es tut mir wirklich, ehrlich Leid.“

„Mimi“, schluchzte nun auch Sora. „Mir tut es auch Leid, wie ich reagiert habe.“ Sie drückte sie fest an sich und streichelte ihr über den Rücken.

Mimi ließ sie wieder los und sah sie an. „Vielen Dank für das Top. Damit habe ich wirklich nicht gerechnet. Ich liebe dich so sehr.“

„Oh, ich liebe dich auch. Und danke für das Buch, ich überlege schon seit langem, ob ich es mir kaufen soll oder nicht“, antwortete Sora und wischte sich die Tränen von den Wangen. Eine Weile sahen sich die beiden Mädchen an, dann mussten sie lachen und umarmten sich noch einmal.

„Hat irgendjemand mitgekriegt, warum die sich gestritten haben?“, fragte Izzy verständnislos und sah ihnen zu.

„Keine Ahnung“, antwortete Tai kopfschüttelnd.

Mimi ließ ihre Freundin los und sah in die Runde. Jeder hatte irgendein Geschenk bekommen. Kari und T.K. hatten sich gegenseitig etwas geschenkt. Beide wirkten nun unschlüssig, wie sie sich gegenüber dem anderen verhalten sollten. Von ihren Brüdern hatten sie auch etwas bekommen und ihnen natürlich selbst etwas geschenkt. Tai hatte außerdem etwas von Matt bekommen und natürlich hatte Matt auch etwas von ihm und von Sora gekriegt. Joe und Izzy hatten sich gegenseitig beschenkt.

„Hey, hier ist noch was für dich“, sagte Sora und reichte Mimi ein kleines Päckchen. Es fühlte sich hart an. Sie wickelte es auf und darin befand sich eine Tafel ihrer Lieblingsschokolade.

„Oh, danke!“, rief sie fröhlich. „Von wem ist das denn?“

„Na, wenn das mal nicht von Tai ist“, sagte Izzy grinsend.

Tai zuckte die Schultern und lächelte nur.

„Willst du dich etwa schon wieder einschleimen?“, fragte Matt und verpasste ihm einen Klaps auf die Schulter.

„Was heißt hier einschleimen?“, rief Tai empört. „Darf man einer Freundin nicht mal etwas zu Weihnachten schenken?“

Mimi lief rosa an und die anderen kicherten nur albern.

Den Rest des Abends verbrachten sie mit plaudern und naschen. Die Jungen hatten sich jeder ein Bier auf gemacht und auch T.K. durfte eine halbe Flasche trinken.

„Nicht, dass es wieder so ausartet wie letztes Jahr im Urlaub“, sagte Matt mit scharfem Unterton in der Stimme. In jenem Urlaub hatten Tai und Matt weniger auf ihre jüngeren Geschwister acht gegeben, was unschöne Folgen hatte.

Die Mädchen tranken Bratapfelwein und auch hier durfte Kari ein Glas trinken. Hin und wieder zupften sie einen Lebkuchen vom Weihnachtsbaum. Im Radio dudelte unermüdlich Weihnachtsmusik und sie brannten eine Räucherkerze nach der anderen ab. Alle saßen zusammen auf den Sofas und redeten und lachten über alles Mögliche.

„Wo sind denn T.K. und Kari hin?“, fragte Joe nach einer Weile und sah sich im Wohnbereich um.

„Keine Ahnung. Ich habe gar nicht mitbekommen, dass sie weggegangen sind“, antwortete Matt.

„Ich glaube, die sind vorhin hoch gegangen“, sagte Izzy und deutete zur Treppe. „Das heißt, Kari ist zuerst gegangen und T.K. ging irgendwann hinterher.“

„Oh Gott, die machen doch nicht etwa...“ Tai sprang mit alarmierter Miene auf und machte Anstalten zur Treppe zu gehen.

„Jetzt hör aber auf!“ Sora warf ein Kissen nach ihm. „Setz dich wieder hin. Die werden schon nichts Unanständiges anstellen.“

„Zumindest hoffe ich das“, fügte Matt hinzu, der die Stirn in Falten gelegt hat.

„Ihr macht euch zu viele Sorgen“, meinte Mimi kopfschüttelnd. „Seid doch lieber froh, dass sie sich wahrscheinlich wieder vertragen haben.“

„Genau. Ihr kennt doch die beiden. Die sind vernünftig“, sagte Izzy aufmunternd.

„Also T.K. ist momentan alles andere als vernünftig“, schnaubte Matt.

„Aber Kari ist es. Und jetzt hört auf euch Sorgen zu machen und lasst die beiden in Ruhe“, sagte Sora unwirsch.

„Deine Kinder werden es mal gut haben“, lachte Joe.

„Nicht, wenn sie auch die Kinder von Matt sind“, stichelte Tai und erntete dafür einen Fußtritt von Matt und einen bösen Blick von Sora.

Nacheinander gingen Izzy, Joe und Sora zu Bett. Auch Mimi wollte eigentlich schlafen gehen, doch von der schlechten Luft in dem Raum, die von den Räucherkerzen her rührte, und auch vom Bratapfelwein war ihr ein wenig übel und sie beschloss noch einmal vor die Tür zu gehen und ein wenig frische Luft zu schnappen. Sie schlüpfte in ihre Stiefel, zog sich die Jacke über und ging vor die Tür.

Die kalte Luft tat ausnahmsweise mal gut. Sie atmete tief ein und fühlte, wie ihr Kopf langsam wieder klarer wurde. Es hatte inzwischen zu schneien begonnen und dicke weiße Flocken legten sich über die ohnehin schon weiße Pracht auf dem Boden und den Dächern der Häuser. Hier und dort war noch ein erleuchtetes Fenster zu sehen, doch auf den Straßen befand sich um diese Zeit niemand mehr. Es war totenstill draußen. Das Knirschen des Schnees unter Mimis Füßen war das einzige Geräusch weit und breit. Mimi entfernte sich ein paar Schritte vom Ferienhäuschen, legte den Kopf in den Nacken und sah in den Himmel. Fast bekam sie dabei das Gefühl, den Schneeflocken entgegenzufliegen und wandte den Blick ab, bevor sie noch das Gleichgewicht verlor.

Die Tür des Ferienhäuschens öffnete sich und Tais Kopf erschien im Türspalt.

„Ich wollte dir nur gute Nacht sagen, weil ich jetzt schlafen gehe. Alle anderen sind auch schon im Bett. Mach dann bitte das Licht aus, okay?“, sagte er gähnend und wollte schon wieder verschwinden.

„Tai?“

„Hm?“ Fragend blickte er sie an.

„Ähm... danke für die Schokolade. Ich hab gar nichts für dich, weil ich nicht wusste, dass du mir was schenkst“, murmelte Mimi und sah ihn entschuldigend an.

„Ach, vergiss es“, sagte er abwinkend. „Allerdings kannst du dich anders revanchieren, wenn du willst.“ Ein freches Grinsen umspielte seine Lippen und Mimi wusste, dass er nur scherzte. Trotzdem trat sie rasch auf ihn zu, vergrub die Hände in seiner Jacke und küsste ihn unvermittelt auf den Mund. Seine Lippen waren weich und er schmeckte ein wenig nach Alkohol. Obwohl es nur Tai war, spürte Mimi ein nervöses Kribbeln in der Magengegend.

Sie löste den Kuss und grinste ihn an. Tai hingegen sah zu ihrer Überraschung eher wenig erfreut aus.

„Was war das?“, fragte er misstrauisch.

„Da, wo ich herkomme, nennt man so etwas einen Kuss“, antwortete Mimi schnippisch.

„Und da, wo ich herkomme, küsst man nur Menschen, die man liebt und niemanden, von dem man behauptet, er würde die Freundschaft zerstören wollen“, entgegnete Tai kühl, drehte sich um und ging davon. Mimi blieb völlig perplex zurück und wusste nicht, weshalb Tai auf einmal sauer war.

Verloren im Schnee

Mimi war an diesem Morgen früh wach und hatte die ganze Nacht über nicht sonderlich gut geschlafen. Die ganze Zeit über hatte sie daran denken müssen, dass Tai sauer auf sie war.

„Sora?“, flüsterte Mimi und drehte sich zu ihr.

Die Angesprochene öffnete müde die Augen und sah sie verschlafen an. Plötzlich setzte sie sich auf, blickte sich panisch um und rief: „Oh Gott, wie spät ist es? Wie lang hab ich geschlafen? Ich muss aufstehen!“

„Reg dich ab“, antwortete Mimi und legte bestimmt eine Hand auf ihre Schulter, da sie Anstalten machte, aus dem Bett zu springen. „Es ist halb acht.“

Verwirrt sah Sora sie an. „Halb acht? Aber... aber wieso bist du dann schon wach?“

Mimi kicherte. Da sie selbst also eher wach gewesen war als Sora, dachte diese nun, sie hätte total verschlafen und müsste eigentlich längst auf den Socken sein.

Kari hatte sich inzwischen auch aufgerichtet und sah zu den beiden herüber.

„Was ist denn los? Warum macht ihr so einen Krach?“, fragte sie gähnend.

„Ach, Sora hat nur einen Anfall“, sagte Mimi abwinkend.

„Gar nicht wahr!“, zischte Sora. „Weshalb hast du mich nun eigentlich geweckt?“

„Ich wollte... ähm... dir was erzählen“, sagte Mimi unsicher.

„Oh, ich geh schon mal ins Bad“, sagte Kari schnell.

„Quatsch, komm her“, entgegnete Mimi auffordernd und zeigte auf ihr Bett.

Kari lächelte verlegen, schlang sich ihre Decke um den Körper und kam zu den anderen beiden Mädchen herüber. Sie setzte sich auf das Fußende von Mimis Bett.

„Na, dann schieß mal los“, sagte Sora, lehnte sich gegen die Wand und sah Mimi fragend an.

Mimi zog ihre Decke fester an sich, da es noch ziemlich kalt im Raum war. Sie holte Luft.

„Also, gestern Abend, als ihr alle schon im Bett wart, hab ich Tai geküsst“, gestand sie.

„Was?“ Sora runzelte die Stirn. Kari hob überrascht die Augenbrauen.

„Ja. Nur ganz kurz.“ Verlegen fuhr Mimi sich durch die Haare. „Und dann war er irgendwie sauer und ist weggegangen.“

„Okay“, sagte Sora langsam. „Hat er irgendwas gesagt?“

„Dass er findet, dass man nur Leute küsst, die man liebt“, antwortete Mimi und sah unsicher zu Kari. Irgendwie fühlte sie sich doch ein wenig komisch dabei, vor seiner Schwester über Tai zu reden.

„Da hat er nicht Unrecht“, erwiderte Sora nickend. „Aber warum hast du ihn geküsst?“

„Es kam so über mich“, seufzte Mimi. „Ich hab mich für sein Geschenk bedankt und dann meinte er, ich könnte mich ja revanchieren und... ja. Den Rest kennt ihr schon.“

„Hm.“ Sora sah ihre Freundin nachdenklich an. „Find ich auch komisch. Ich hätte eher gedacht, er freut sich drüber.“

„Also ich glaube nicht, dass er wirklich sauer ist“, warf Kari ein. „Wahrscheinlich ist er einfach nur verwirrt. Weißt du, er ist ziemlich verliebt in dich. Er redet zwar nicht oft über dich, aber man merkt es ihm trotzdem an. Andererseits hat er sich aber schon damit abgefunden, dass du nicht an ihm interessiert bist. Zumindest nicht so. Und dann küsst du ihn und er ist verwirrt, weil er nicht weiß, was das bedeutet. Wahrscheinlich ist er auch ein bisschen traurig, weil er denkt, es hat nichts zu bedeuten.“

Verblüfft sah Mimi Kari an. Das alles klang irgendwie nachvollziehbar. Insgeheim nahm sie sich vor, von nun an öfter Kari zu fragen, wenn sie mal wieder irgendwelche Probleme mit Tai haben sollte.

„Hatte es denn was zu bedeuten?“, fragte Sora und musterte Mimi forsch.

Mimi kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe herum. Sie wusste nicht, was sie auf diese Frage antworten sollte. Ihr Schweigen aber schien den beiden Mädchen zu reichen.

„Heißt das ja?“, fragte Sora aufgeregt.

„Weißt du das etwa selbst nicht?“ Karis Augen leuchteten.

Mimi schüttelte langsam den Kopf. „Nein, ich weiß es wirklich nicht.“ Sie rieb sich die Stirn. „Das ist irgendwie kompliziert.“

„Aber mach ihm keine falschen Hoffnungen, hörst du?“, sagte Sora.

„Nein, schon gut“, murmelte Mimi und musste an ihren Streit mit Sora von gestern denken.

Kurze Zeit herrschte Schweigen. Dann fiel Mimi etwas ein.

„Sag mal, Kari, was haben du und T.K. gestern eigentlich die ganze Zeit gemacht?“, fragte sie neugierig. Auch Sora wandte sich nun an Kari.

„Ähm...“ Das Mädchen lief rosa an. „Na ja, wir haben uns ausgesprochen. Er hat mir gesagt, wie enttäuscht er von mir war und dass er sich aber nicht mit mir streiten will. Ich hab mich noch mal bei ihm entschuldigt und... ja. Vielleicht trennt er sich bald von Megumi.“

„Echt?“ Mimi sah sie überrascht an. „Weshalb? Nervt sie ihn jetzt doch zu sehr?“

„Es nervt ihn, dass sie mich nicht leiden kann und eigentlich gar nicht will, dass wir Kontakt zueinander haben. Er hat mir gesagt, falls sie ihn zwingt sich zwischen uns zu entscheiden, würde er immer mich nehmen“, erklärte Kari und das Rosa in ihrem Gesicht verdunkelte sich.

„Oh, wie schön“, seufzte Sora.

„Toll, dass ihr euch wieder vertragen habt“, fand Mimi und lächelte.

„Ja, find ich auch.“ Kari lächelte verträumt und starrte ins Leere.

„Aber sag mal...“, setzte Mimi an, doch weiter kam sie nicht, denn es klopfte an der Tür und ohne auf eine Antwort zu warten, wurde sie leise geöffnet. Matts blonder Haarschopf erschien in dem Türspalt.

„Ah, ihr seid schon wach“, sagte er und schaute etwas verwirrt, als er sie alle drei zusammensitzen sah. „Guten Morgen. Kari, geh mal deinen dämlichen Bruder wecken. Der weigert sich schon wieder aufzustehen.“

Kari sprang auf. „Immer das selbe“, murmelte sie vor sich hin, während sie den Raum verließ.

„Was habt ihr hier eigentlich gemacht? Kriegsrat abgehalten?“, fragte Matt und hockte sich auf Soras Bett. Auf den Knien rutschend bewegte er sich vorwärts, bis er direkt vor ihr war. „Morgen“, hauchte er und küsste sie auf die Nasenspitze.

„Bah!“, rief Mimi und sprang nun ebenfalls auf. „Reißt euch wenigstens zusammen, bis ich aus dem Zimmer bin!“ Sie bewarf Matt mit ihrem Kissen und lief schnell aus dem Zimmer.

„Bleib doch hier“, hörte sie Sora noch rufen, doch sie ging gar nicht darauf ein.

Im Vorbeigehen lugte sie in das Zimmer von Tai und Matt, wo Kari Tai gerade an den Haaren zog, um ihn wach zu machen. Tai jedoch ließ nur ein grunzendes Geräusch hören.

Mimi machte sich im Bad fertig und als sie wieder ins Mädchenschlafzimmer zurückkehrte um sich anzuziehen, war Matt bereits wieder verschwunden.

„Das ging aber schnell“, meinte Mimi und grinste ihre Freundin an, die vor dem Spiegel stand und sich das rötliche Haar kämmte.

„Es war gar nichts, du hättest ruhig hier bleiben können“, antwortete Sora und bedachte Mimi mit einem gehässigen Blick.

„Nein schon gut. Ich steh nicht so auf Dreier“, fügte Mimi hinzu und grinste noch breiter.

Mit schockiertem Blick drehte Sora sich zu ihr um und starrte sie an. „Mimi!“, rief sie. „Woran denkst du da bitte?“

Mimi lachte nur und warf ihr Nachthemd auf ihre Bettseite.

„Also manchmal...“, murmelte Sora kopfschüttelnd.

Schnell zog Mimi sich an und ging nach unten, um Joe, Izzy und T.K. beim Vorbereiten des Frühstücks zu helfen.

„Guten Morgen“, begrüßte sie die drei Jungen.

„Morgen“, grüßten sie zurück.

Mimi ging zur Besteckschublade und nahm eine Hand voll Messer, Gabeln und Löffel heraus, die sie auf dem Esstisch verteilte.

„Na, hast du gut geschlafen?“, fragte Izzy, der ebenfalls gerade am Tisch stand und Marmeladengläser daraufstellte. Joe stand am Herd und briet Eier, während T.K. sich gerade am Gläserschrank zu schaffen machte.

„Geht so“, antwortete Mimi schulterzuckend. „Ich habe keine Lust heute schon wieder Ski zu fahren.“

Izzy seufzte. „Da geht es dir wie mir. Wollen wir nicht einfach stattdessen was anderes machen?“

Mimi dachte über seinen Vorschlag nach. Es erschien ihr in der Tat verlockend, an diesem Tag nicht ständig hinzufallen oder eingezwängt in drückende Skischuhe einen Berg nach dem anderen hinunter zu rutschen.

„Gar keine schlechte Idee“, fand sie und sah Izzy nachdenklich an.

„Leute, ihr habt Skipässe bezahlt“, warf Joe ein und musterte die beiden skeptisch. „Die sind sauteuer. Wollt ihr die etwa verfallen lassen?“

„Also, genau genommen habe ich nur einen Teil davon bezahlt. Den Rest haben meine Eltern dazugegeben“, entgegnete Mimi mit verschränkten Armen.

T.K. ließ ein Husten hören, aus dem ganz eindeutig das Wort „Prinzesschen“ herausklang. Mimi warf ihm einen bösen Blick zu.

„Du hast ja Recht, Joe“, seufzte Izzy missmutig.

„Was? Du willst heute nicht mit Ski fahren?“ Sora stand am Fuß der Treppe und sah Mimi enttäuscht an.

„Es macht keinen Spaß und ich komme mir dabei vor wie der letzte Depp“, verteidigte sich Mimi.

„So schlimm ist es doch gar nicht. Du fährst doch schon ganz gut dafür, dass wir erst zwei Tage gefahren sind“, versuchte Sora sie umzustimmen.

„Ja, du hast gut reden“, erwiderte Mimi. „Du kannst es ja gut.“

„Mimi.“ Eine senkrechte Falte erschien auf Soras Stirn. Sie sah sie an wie ein Kind, das unbedingt ein Spielzeug haben wollte, seine Eltern ansah. „Bitte.“

„Das ist doch nicht dein Ernst“, mischte sich nun Joe an Mimi gewandt ein. „Ich bin auch nicht sonderlich gut, aber wir ziehen das jetzt durch. Wir haben gemeinsam für diesen Urlaub gestimmt und ihn außerdem auch bezahlt.“

„Ist ja schon gut“, murmelte Mimi geschlagen.

Sora lächelte glücklich. „Ohne dich würde mir das alles nicht mehr so viel Spaß machen.“ Sie ging in die Küche, um sich noch eine übriggebliebene Arbeit zu suchen.

„Ich geh mal schnell zum Bäcker“, verkündete T.K. und ging zur Tür. Ein kalter Wind wehte herein, als er die Tür hinter sich schloss und ließ Mimi frösteln.

Nach und nach kamen auch Matt, Kari und Tai nach unten, wobei Tai deutlich nach den anderen beiden erschien und immer noch aussah, als wäre er vor einer Sekunde aus dem Tiefschlaf gerissen worden. „Können wir nicht mal ausschlafen?“, nuschelte er, während er sich an den gedeckten Tisch setzte.

„Kannst du nicht mal beim Frühstückmachen helfen?“, antwortete Mimi schnippisch und sah ihn herausfordernd an, doch er erwiderte ihren Blick nicht und ging auch nicht auf ihre Bemerkung ein.

„Dafür kann er ja nachher den Abwasch machen“, meinte Joe grinsend.

Tai brummte etwas, das nach „'n Scheiß wasch ich ab“ klang und nahm sich einen Löffel Rührei aus der Pfanne, die Joe soeben auf den Tisch gestellt hatte.

Als T.K. mit den Brötchen zurückkehrte, fingen auch die anderen an zu essen.
 

Sie kamen gerade so rechtzeitig am Skilift an, wo Marius bereits wartete.

„Frohe Weihnachten! Ihr seid ja sogar pünktlich“, begrüßte er die Freunde fröhlich. „Dann wollen wir mal.“

Mimi ließ erschöpft ihre Skier auf den Boden fallen und schnallte sie sich mühsam an, was schon besser klappte als in den letzten beiden Tagen.

Matt, T.K. und Izzy machten sich bereits auf den Weg zum Lift, nachdem sie sich von den anderen verabschiedet hatten. Die restlichen fünf Freunde und Marius stellten sich wenig später ebenfalls am Lift an. Es dauerte nicht lange und sie bekamen eine Gondel zu sechst und bewegten sich langsam Richtung Bergspitze. Es schneite noch immer dicke Flocken und Mimi war froh, dass Sora sie vor dem Urlaub doch dazu hatte überreden können, sich eine dieser unattraktiven riesigen Skibrillen zu kaufen, die momentan noch auf ihrer Stirn ruhte.

„Heute wird es sich nicht ganz so schön fahren wie die letzten beiden Tage“, verkündete Marius. „Aber ihr bekommt das schon hin.“

„In Tokio schneit es fast nie“, sagte Kari.

Marius runzelte die Stirn und schien kurz nachzudenken. „Heißt das, ihr hattet noch nie weiße Weihnachten?“

„Genau“, antwortete Sora und lächelte. „So viel Schnee sind wir nicht gewöhnt.“

„Was man nicht kennt, vermisst man auch nicht“, murrte Tai und warf einen verächtlichen Seitenblick auf Marius. Mimi sah aus den Augenwinkeln, wie Kari ihn mit dem Ellbogen in die Rippen stieß, und kicherte.

„Da hast du Recht. Gefallen euch die weißen Weihnachten trotzdem?“

„Ja“, sagten Sora, Mimi und Kari sofort wie aus einem Munde.

„Ist mal was anderes“, stimmte Joe zu. „Vielleicht komm ich mal wieder über Weihnachten her.“

„Ihr könnt einfach alle mal wieder über Weihnachten herkommen“, schlug Marius lächelnd vor und sah vielsagend zu Sora, die rosa anlief. Mimi runzelte misstrauisch die Stirn.

Sie kamen oben an und der Abstieg klappte einigermaßen reibungslos.

„So“, sagte Marius, als sie alle bereit waren. „Heute können wir mal etwas längere Fahrten versuchen, ihr seid ja schon ein bisschen geübt.“

Seine fünf Schüler nickten nur und Mimi wusste nicht, ob sie diesen Vorschlag gut finden sollte oder nicht. Fühlte sie sich schon bereit für längere Abfahrten?

Es ging los. Sora fuhr direkt hinter Marius her, dann folgten Kari, Joe und Mimi und Tai stellte das Schlusslicht dar, der es immer noch vermied Mimi anzusehen.

Wider erwarten klappten die langen Abfahrten ganz gut, auch wenn Mimi sich mehr konzentrieren musste als an den letzten beiden Tagen. Einerseits war sie ständig darauf bedacht, dass ihre Skier sich nicht überkreuzten und andererseits hatte sie ständig Mühe die anderen in dem dichten Schneetreiben nicht aus den Augen zu verlieren. So dauerte es nicht lang, bis sie eine Schneewehe übersah und schreiend stürzte. Sie rutschte noch einige Meter nach unten, während ihre Skistöcke, die sie verloren hatte, weiter oben liegen blieben. Sie konnte schließlich anhalten und lag missmutig auf der Seite. Wie sollte sie denn jetzt wieder nach oben stapfen, um ihre Stöcke zu holen? Doch das Problem erledigte sich von selbst.

„Mensch, Mimi!“ Tai war neben ihr aufgetaucht und hatte ihre Stöcke mitgebracht. „Was für ein eleganter Sturz. Hatte was von einem Elefanten.“ Er grinste leicht und streckte eine Hand aus um ihr aufzuhelfen.

„Du bist ein Idiot“, murrte Mimi. „Weißt du eigentlich, wie du beim Skifahren aussiehst?“

„Wie ein Löwe?“ Er zog sie nach oben und gab ihr die Stöcke zurück.

„Eher wie ein Meerschweinchen“, zischte Mimi, der gerade kein besseres Vergleichstier eingefallen war.

„Apropos Meerschweinchen, ich hab Hunger.“

Entsetzt starrte Mimi ihn an. „Was denn? Das Frühstück ist schon wieder zwei Stunden her“, verteidigte Tai sich.

„Dir fällt bei Meerschweinchen ein, dass du Hunger hast?“, rief Mimi schrill.

„Irgendwie schon.“ Er grinste wieder. „Los, lass uns weiter fahren, sonst werden die anderen noch ungeduldig.“

Mimi fuhr nun noch vorsichtiger und sie erreichten die anderen erst später, als sie dachte.

„Wo wart ihr denn?“, fragte Joe ungeduldig. „Ihr solltet besser nicht den Anschluss verlieren.“

„Ich bin gestürzt“, erklärte Mimi, nachdem sie zum Stehen gekommen war.

„Hast du dir wehgetan?“, fragte Marius und sah sie prüfend an.

„Nein, nein, alles okay“, antwortete Mimi schnell.

Sie fuhren weiter und alle wirkten erleichtert, als sie den nächsten Lift erreichten. Mimi nahm mit Sora eine der Zweiergondeln.

„Redet Tai wieder mit dir?“, fragte Sora.

„Scheint so“, meinte Mimi schulterzuckend. „Ich hoffe nur, er spricht mich nicht doch noch mal auf gestern an.“

Sora zuckte die Schultern. „Vielleicht wäre es besser so, wenn ihr euch mal aussprecht.“

„Da gibt es nichts auszusprechen, ist doch schon alles gesagt“, meinte Mimi unwirsch.

„Hm“, machte Sora. „Das sieht Tai bestimmt anders.“

Mimi seufzte tief. „Ich wünschte, ich wäre verliebt in ihn und dann wären wir einfach so ein glückliches Paar wie du und Matt. Er wäre bestimmt ein toller Freund.“

„Ein toller Freund? Ich glaube, er würde dich auf Händen tragen.“ Sora lächelte verträumt, als stellte sie sich gerade eine Beziehung mit Tai anstatt Matt vor.

Mimi sah sie überrascht an. „Aber macht Matt das denn nicht mit dir?“

Soras Blick trübte sich ein wenig. „Doch, schon. Aber es ist ein bisschen schwierig manchmal. Er ist halt so oft mit seiner Band unterwegs und bei den Proben und Schule haben wir ja auch noch. Ich würde gern viel mehr Zeit mit ihm verbringen.“ Ihr Blick schweifte in die Ferne und wirkte gedankenverloren.

„Aber das wusstest du doch vor der Beziehung schon, oder?“, fragte Mimi vorsichtig nach.

„Schon, aber es macht mich trotzdem manchmal traurig.“

„Hast du eigentlich manchmal Angst, er könnte, während er mit der Band unterwegs ist, irgendwelchen... Mist bauen?“

Nun sah Sora Mimi wieder an. Auf ihrer Stirn erschien eine senkrechte Falte. „Nein, eigentlich nicht. Ich vertraue ihm da voll und ganz.“

Mimi lächelte aufmunternd. „Aber das ist doch super. Und wenn die Schule vorbei ist, könnt ihr zusammenziehen.“

„Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich mich darauf freue“, seufzte Sora.

Eine Weile schwiegen sie, betrachteten die Landschaft und hörten Tai hinter sich plappern. Dann sagte Sora: „Ich bin dir übrigens immer noch total dankbar. Ich glaube, ohne dich hätte ich vor eineinhalb Jahren aufgegeben und wäre nie mit ihm zusammen gekommen.“

Mimi spürte, wie sie rot wurde und wedelte mit einer Hand. „Ach was, das hättest du auch ohne mich geschafft. Schließlich hast du ihn rum gekriegt, nicht ich.“

„Ja, schon, aber ohne dich hätte ich viel eher aufgegeben.“ Sie lächelte Mimi liebevoll an, sodass diese verlegen woanders hinsah.

„So, jetzt beginnen wir unsere bisher längste Abfahrt.“ Marius stand vor der kleinen Gruppe und wartete geduldig, bis alle bereit waren die Abfahrt anzutreten. Normalerweise konnte man überall ringsherum nur Berge mit Wäldchen und Skipisten erkennen, doch an diesem Tag war es so neblig, dass man kaum zehn Meter weit gucken konnte. „Ihr müsst aber ein bisschen aufpassen. Wir müssen zwischendurch scharf links fahren, die Abbiegung verfehlt man leicht. Aber das kriegt ihr schon hin.“ Er lächelte zuversichtlich und nickte, als müsste er seine eigenen Worte bestätigen.

Er drehte sich um und fuhr los. Seine Schüler folgten in der gleichen Reihenfolge wie zuvor. Mimi kniff die Augen zusammen und bemühte sich, Joe vor sich nicht aus den Augen zu verlieren. Leider trug er wie viele andere Skifahrer eine nicht sehr auffällige schwarze Jacke und sie musste aufpassen, dass sie nicht der falschen Person hinterherfuhr. Beim ersten Zwischenstopp fühlte sie sich schon ziemlich erledigt durch die ständige Konzentration.

„Puh, hoffentlich gehen wir bald Mittag essen“, stöhnte sie, als sie wackelig neben Joe zum Stehen kam. Tai kam nur wenige Sekunden nach ihr an und so ging es schon wieder weiter.

Beim nächsten Zwischenstopp verging Mimi endgültig die Lust zum Skifahren für diesen Tag.

„Alles okay?“, erkundigte sich Joe, als sie mit einem genervten Gesichtsausdruck neben ihm ankam.

„Nein“, zischte sie. „Das Wetter ist absoluter Mist zum Skifahren.“

„Ja, die letzten Tage hatten wir mehr Glück. Aber morgen kann das Wetter schon wieder bestens sein. Das ändert sich hier schnell“, erklärte Marius, der noch immer sein zuversichtliches Lächeln auf den Lippen hatte.

„Ich kann kaum was Sehen beim Fahren“, meckerte Mimi und rückte ihre Skibrille zurecht.

„Wir können nach dieser Abfahrt in die Mittagspause gehen, wenn ihr wollt“, schlug Marius vor.

Die anderen nickten alle zustimmend, während Mimi am liebsten sofort Mittagspause machen würde.

„Weiter geht's“, sagte Marius und fuhr voran. Die anderen folgten wieder in gleichmäßigem Abstand.

Diesmal war Mimi so sehr auf Joe konzentriert, dass sie ihre Skier aus den Augen verlor und erneut stürzte. Zum Glück verlor sie diesmal ihre Skier nicht und rappelte sich nun sogleich fluchend wieder auf und fuhr weiter. Joe sah sie nicht mehr.

„Na super“, murrte sie vor sich hin. Weit konnte er ja noch nicht sein. Wenn sie ihn schon nicht mehr sah, konnte sie nun ihre volle Aufmerksamkeit auf ihre nicht vorhandenen Fahrkünste lenken. So schaffte sie es wenigstens nicht mehr zu stürzen.

Es kam ihr wie eine halbe Ewigkeit vor, bevor sie merkte, dass der letzte Zwischenstopp schon auffällig lang zurücklag. Die anderen müssten gleich hier irgendwo stehen. Hoffentlich, denn ansonsten war hier weit und breit niemand mehr zu sehen. Auch der Schnee wurde merklich tiefer und sie kam nur noch langsam voran. Ihre Oberschenkel schmerzten bereits von der Anstrengung. Um sie herum erschienen immer mehr Bäume und die Piste wurde schmaler, bis sie schließlich nur noch ein Weg war. Irgendetwas stimmte hier nicht. Beunruhigt bremste sie schließlich, bis sie zum Stehen kam, und wandte sich um. Auch hinter ihr war niemand zu sehen.

Wie auch gestern Abend schon spürte Mimi ein nervöses Kribbeln in der Magengegend, allerdings fühlte es sich diesmal nicht gut an. „Joe?“, rief sie und lauschte. Statt einer Antwort hörte sie nur unnatürliche Stille, die ihr auf die Ohren drückte.

„Joe? Sora?“, rief sie nun lauter, doch wieder erhielt sie nur drückende Stille als Antwort.

„Was schreist du so?“

Mimi wirbelte herum. „Tai!“ Sie konnte sich nicht erinnern, jemals so froh gewesen zu sein ihn zu sehen. Um ein Haar wäre sie ihm um den Hals gefallen.

„Ja, wer denn sonst?“, antwortete der Junge und blickte sie irritiert an. „Bist du sicher, dass die anderen hier lang gefahren sind? Sieht irgendwie nicht sehr belebt aus.“ Sein Blick schweifte durch die Umgebung und seine Stirn runzelte sich.

„Keine Ahnung“, gab Mimi zu. „Bin zwischendurch hingefallen und dann hab ich Joe nicht mehr gesehen.“

Tai zog die Augenbrauen in die Höhe. „Das heißt, du bist einfach irgendwo lang gefahren?“

Zur Antwort zuckte sie nur die Schultern und stieß ihre Skistöcke in den tiefen Schnee. „Ich bin einfach geradeaus gefahren.“

„Mh!“, machte Tai und schlug sich mit einer Hand gegen die Stirn. „Er hat doch vorhin was von einer Linksabbiegung erzählt.“

Mimi biss sich beunruhigt auf die Unterlippe. „Meinst du, wir haben die verpasst?“

„Kann natürlich sein, dass die öffentlichen Pisten hier immer im Tiefschnee irgendwo im Wald enden“, erwiderte Tai sarkastisch und warf Mimi einen finsteren Blick zu.

„Jetzt tu nicht so, als wäre das hier meine Schuld“, entgegnete Mimi ein wenig beleidigt und schob sich die Skibrille auf die Stirn. Der plötzlich sehr weiße Schnee blendete sie und sie kniff unwillkürlich die Augen zusammen.

„Wessen denn sonst? Du solltest einfach nur Joe hinterherfahren, was war daran bitte so schwer?“, fuhr Tai sie an und ließ Mimi ein Stück zurückweichen. Seine harten Worte verwirrten und verletzten sie.

„Falls es deinem Superhirn entgangen sein sollte: Es schneit und es ist verdammt neblig. Da kann es schon mal passieren, dass man jemanden aus den Augen verliert!“, giftete Mimi zurück und ließ sich von ihrer Verletztheit nichts anmerken. Ihre Freude über Tais Erscheinen war rasch verblasst.

„Nein, kann es nicht! Alle anderen haben es auch geschafft, nur du wieder nicht. Wo warst du wieder mit deiner Konzentration? Bei der Schminke aus der neuen Wendy? Oder doch eher in deinem rosa Barbiezimmer?“ Wütend warf Tai seine Skistöcke vor sich in den Schnee und blickte sich um, wahrscheinlich in der Hoffnung, jemanden zu sehen.

Mimi öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch ihr fiel beim besten Willen nichts Passendes ein. So starrte sie ihn nur entgeistert und mit offenem Mund an. Dann packte sie ihre Stöcke und machte sich auf den Weg zurück, indem sie sich mit ihnen anschob und versuchte zu laufen. Sie nutzte die Spuren, die sie selbst hier hinterlassen hatte und so kam sie einigermaßen voran. Sie war froh, dass Tai ihr Gesicht nun nicht mehr sehen konnte, denn sie kämpfte mit den Tränen, die sich heiß in ihren Augen anfühlten.

„Wo willst du hin?“, rief Tai genervt, doch sie antwortete nicht. Sie hatte die Lippen aufeinander gepresst und blinzelte unnötig oft um nicht zu weinen. „Jetzt warte doch!“ Aber Mimi dachte nicht daran auf ihn zu warten. Wütend, gekränkt und verängstigt zugleich kämpfte sie sich voran den Berg nach oben. Durch die Bewegung wurde ihr tatsächlich schon ein wenig warm.

„Mimi!“ Tai hatte zu ihr aufgeschlossen und packte sie am Arm.

„Lass mich!“, schrie Mimi und Tränen rannen ihr über die Wangen. Verdutzt sah Tai ihr ins Gesicht, doch sein Griff um ihren Arm lockerte sich nicht. Mimi versuchte sich loszureißen, schaffte es aber nicht, also blieb sie resigniert stehen und wischte sich mit einer behandschuhten Hand über die Augen.

Tais Augen sahen sie reuevoll an. Er ließ ihren Arm los und schnallte sich kurzerhand die Skier ab um sich in den Schnee fallen zu lassen.

„Es tut mir Leid“, sagte er leise. „War nicht so gemeint.“

Mimi stand immer noch unschlüssig an ihre Skier geschnallt da und schniefte vor sich hin. Immer wieder wischte sie sich mit einer Hand über das Gesicht. Schließlich ließ sie ihre Stöcke fallen, schnallte sich die Skier ab und setzte sich mit einem Meter Abstand neben Tai. Die Knie hatte sie an den Oberkörper gezogen und das Gesicht auf die Knie gelegt. Sie weinte noch immer und schluchzte ab und an.

„Mimi, entschuldige bitte. Ich weiß, das war echt dumm von mir. Ich bin ein Idiot“, sagte Tai und in seiner Stimme schwang ein flehender Unterton mit.

„Ich will wieder zurück zu den anderen“, nuschelte Mimi unverständlich gegen ihre Skihose.

„Ich auch. Aber ich glaub, es ist das Beste, wenn wir hier warten. Wieder hoch laufen ist zu schwer und weiter fahren sollten wir besser auch nicht. Wir wissen ja nicht, wo wir dann landen. Den anderen muss ja schon aufgefallen sein, dass wir nicht mehr da sind“, sagte Tai und klang dabei so, als bemühte er sich, zuversichtlich und aufmunternd zu klingen.

„Hast du dein Handy dabei?“, fragte Mimi, den Kopf noch immer gegen ihre Knie gelehnt.

„Achso!“, sagte Tai plötzlich, zog einen Handschuh aus und kramte in seiner Hosentasche. „Daran hab ich noch gar nicht gedacht.“ Er zog sein Handy heraus, suchte schnell eine Nummer und drückte auf den grünen Hörer. Es ertönte aber kein Tuten oder ähnlich erwünschtes Geräusch.

„Kein Empfang“, sagte Tai resigniert und steckte das Handy zurück in die Tasche, aus der er es gezogen hatte.

„Oh nein“, schluchzte Mimi. „Jetzt müssen wir bestimmt für immer hier bleiben und die Wölfe werden uns fressen, bevor wir verhungert sind.“ Sie schlang die Arme um die Knie und drückte sie somit noch fester an den Oberkörper.

„Na dann sterben wir wenigstens schnell“, antwortete Tai und versuchte lustig zu sein, doch Mimi ließ sich dadurch nicht aufmuntern. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken bei dem Gedanken an die Tiere, die hier durch den Wald schleichen und sie jagen könnten.

„Ich will noch nicht sterben“, weinte sie verzweifelt.

Tai rutschte ganz dicht an sie heran und legte ihr ungelenk einen Arm um die Schultern.

„Jetzt krieg dich mal wieder ein. Erstens glaube ich nicht, dass es hier Wölfe gibt und zweitens sucht man uns garantiert schon. Ich verspreche dir, dass wir heute Abend auf jeden Fall gemütlich in unserem Ferienhaus sitzen und heiße Schokolade trinken“, sagte er bestimmt und tätschelte ihre Schulter.

Mimi reagierte nicht, sondern verharrte weiter in ihrer Haltung. Sie war noch immer verletzt, obwohl er sich entschuldigt hatte und sie ihm auch glaubte, dass er das nicht so gemeint hatte. Doch dann fiel ihr ein, dass er ja auch sauer auf sie war.

Sie hob den Kopf und sah ihn nun doch aus verquollenen Augen an. „Bist du eigentlich noch sauer wegen gestern?“

Tai erwiderte ihren Blick irritiert. Dann gab er ihr einen leichten Klaps auf den Hinterkopf, den sie dank ihrer Mütze fast nicht spürte, und sagte: „Mäuschen, ich war nie sauer.“

„Nenn mich nicht Mäuschen“, murmelte Mimi und wandte den Blick wieder von ihm ab.

„Na gut, Prinzesschen.“ Er grinste schief und fing sich einen finsteren Blick von ihr ein. Seinen Arm hatte er wieder von ihr weggenommen und nutzte ihn nun, um sich im Schnee abzustützen.

Eine Weile sagte keiner von ihnen etwas. Mimis Tränen waren nun getrocknet, denn sie glaubte Tai, dass man sie bald finden würde. Und dass es hier keine Wölfe gab, auch wenn sie nicht so recht davon überzeugt war.

„Sag mal...“, setzte Tai an und Mimi wartete, was sie denn sagen sollte, doch er redete nicht weiter.

„Mal?“, sagte sie und sah ihn fragend an.

Tai kratzte sich unschlüssig am Hinterkopf und schien nach den richtigen Worten zu suchen. „Was war... also der Kuss gestern. Wieso hast du das gemacht?“

Verlegen blickte Mimi vor sich in den Schnee und spürte, wie sie rot wurde. „Hm“, machte sie nachdenklich. „Zu viel Alkohol?“

„Okay“, sagte Tai und nickte kurz. Plötzlich wirkte er wieder abweisend und wandte den Blick ebenfalls ab.

„Tai, es-“

„Nein, schon gut. Sag einfach nichts mehr dazu“, unterbrach er sie trocken.

Mimi schwieg und kaute auf ihrer Unterlippe herum. Nun war die Atmosphäre noch angespannter als sowieso schon. Warum nur hatte sie Tai gestern einfach so geküsst ohne sich das vorher genau zu überlegen? Hoffentlich wurden sie bald gefunden, denn allmählich fror Mimi ziemlich. Sie schauderte vor Kälte.

„Ist dir kalt?“, fragte Tai überflüssigerweise.

„Na ja, ist ja nicht so, dass wir die Temperaturen gewohnt sind“, antwortete Mimi knapp und versuchte, die Stimmung dadurch zu lockern.

„Willst du meine Jacke haben?“, fragte er und war schon drauf und dran, den Reißverschluss seiner Jacke zu öffnen.

„Was? Nein! Dann frierst du doch“, antwortete sie rasch und schüttelte den Kopf.

„Ach Quatsch. Ich wärme mich doch immer an Eisblöcken“, scherzte er und lächelte leicht.

„Ich will sie trotzdem nicht“, meinte Mimi.

„Dann heul nicht rum“, sagte Tai gleichgültig und sah in den wolkenverhangenen Himmel.

„Ich hab doch gar nichts gesagt!“, protestierte Mimi sofort.

„War ja auch nur ein Witz“, erwiderte Tai gelassen und sah weiter in den Himmel. In seinem dunklen Haar glitzerten einige zarte Schneeflocken, die sich dort verfangen hatten. Mimi betrachtete ihn für einige Augenblicke von der Seite, dann rieb sie sich die Oberarme in der Hoffnung, ihr würde dadurch wärmer werden. Ihre Nase fühlte sich an wie ein Eisklumpen, ganz zu schweigen von ihren Füßen. Ihre Zähne klapperten schon gegeneinander. Sie schloss die Augen und versuchte an den Kamin in ihrem warmen Ferienhäuschen zu denken.

„Dauert bestimmt nicht mehr lange“, sagte Tai leise, der Mimi besorgt beobachtet hatte.

„Ich bin müde“, murmelte Mimi.

„Nicht einschlafen! Man soll doch in solchen Situationen nicht einschlafen“, erwiderte Tai aufgebracht und schubste sie sanft. „Ich halte dich wach. Ähm... warte...“ Er sah sich um, als erwartete er, in der Umgebung irgendetwas zu finden, das Unterhaltung versprach. Dann holte er tief Luft. „My bonnie is over the ocean. My bonnie is over the sea. My bonnie is over the ocean. Oh...“

„Hör auf zu singen! Willst du, dass mir die Ohren abfallen?“, rief Mimi und presste sich die Hände auf die Ohren. Tai hatte keinen einzigen Ton getroffen und schien sich dessen auch bewusst zu sein, denn er grinste sie schief an.

„Ich wollte dich ja nur wach halten“, verteidigte er sich. „Hat ja auch geklappt. Willst du nicht selber was singen? Du kannst das besser.“

„Ich fang doch jetzt nicht an zu singen“, murrte Mimi und schüttelte unwirsch den Kopf, denn singen war das Letzte, wonach ihr momentan der Sinn stand.

„Dann singe ich weiter und du tanzt dazu“, schlug Tai vor und lachte. Mimi wollte ihm gerade eine abweisende Antwort darauf geben, doch da machte er plötzlich große Augen und stand auf. „Tanzen ist eine gute Idee!“

„Schön, dass du deine eigenen Ideen so gut findest, dann ist wenigstens einer von uns beiden begeistert davon“, erwiderte Mimi trocken und warf ihm einen mürrischen Blick zu. Erneut schauderte sie vor Kälte.

„Verstehst du das denn nicht? Wir müssen uns bewegen, dann wird uns nicht kalt“, erklärte er Mimi seine konfusen Gedankengänge. „Komm schon, ich zeig dir ein paar Sachen, die wir beim Training immer machen.“

„Ihr tanzt beim Training?“ Ungläubig sah sie zu ihm auf.

„Nein, natürlich nicht. Aber wir erwärmen uns und ich zeig dir einfach, was wir so machen und dann wird dir auch warm“, meinte er motivierend, packte Mimi an den Armen und zog sie nach oben. Seine schokoladenfarbenen Augen leuchteten.

„Ich mach doch jetzt hier keinen Sport mit dir“, protestierte Mimi und wollte sich wieder hinsetzen, doch Tai hielt sie fest.

„Ich will nicht, dass du frierst“, sagte Tai nun ernst. Ihre Blicke begegneten sich für einen Moment und beide wandten sich gleichzeitig verlegen wieder ab.

„Na schön“, willigte Mimi schließlich ein. „Ich mach mit dir deine blöde Erwärmung.“

Tai lächelte zufrieden und stellte sich auf. „Okay, zuerst Kniehebelauf.“

Mimi sah ihn skeptisch an. „Kniehebelauf? Mit Skistiefeln? Wie soll ich denn da die Beine hoch kriegen?“

„So ist es effektiver“, sagte Tai bestimmt und fing schon an. Bei ihm sah es sogar einigermaßen gekonnt aus. Zögerlich versuchte Mimi es ihm nachzumachen. Es fühlte sich an, als würden ihre Beine sich nur in Zeitlupe heben und senken und sie kam sich vor wie in einem Aerobicvideo für Gehbehinderte.

„Das ist doch bescheuert“, nörgelte sie.

„Mach weiter!“, forderte Tai nur und setzte seinen Kniehebelauf auf der Stelle unermüdlich fort. Also machte auch Mimi weiter, obwohl sie schon nicht mehr konnte und bereits keuchte.

„Mann, Mimi. Wenn wir wieder zu Hause sind, musst du mal anfangen Sport zu machen“, meinte Tai, der sie streng beobachtete.

„Halt doch die Klappe“, zischte Mimi zwischen ihrem Keuchen.

„So, jetzt machen wir das“, sagte Tai nach ein paar Minuten und vollführte nun praktisch das Gegenteil vom Kniehebelauf, indem er auf der Stelle rannte, aber die Fersen dabei bis an den Hintern führte. Das bekam Mimi erst recht nicht hin. „Das machst du gut“, sagte Tai, sah aber nicht danach aus, als würde er es tatsächlich so meinen.

So machten sie eine Weile Kniehebelauf und die andere Bewegung, bis Mimi schließlich erschöpft in den Schnee zurück fiel. „Du bist ein Drillsergeant, Yagami“, stöhnte sie.

„Und? Ist dir wärmer geworden?“, fragte er ohne auf ihre Beschwerde einzugehen.

„Ja, ein bisschen“, stellte Mimi überrascht fest.

„Siehst du.“ Er setzte sich wieder neben sie. „Manchmal musst du einfach auf mich hören.“ Er lächelte verschmitzt und wieder begegneten sich ihre Blicke.

„Ich möchte jetzt trotzdem gern hier weg“, seufzte Mimi und als wäre dies das Stichwort gewesen, hörten sie plötzlich Motorengeräusch. Mit großen Augen sahen sich die beiden Jugendlichen an und sprangen dann auf.

„Hier sind wir!“

„Hey, hier her! Wir sind hier!“

„Hallo!“

Sie schrien wild durcheinander und sprangen durch die Gegend. Mimi konnte nach einigen weiteren Sekunden ein Schneemobil ausmachen, das auf sie zu schlitterte. Es kam vor ihnen zum Stehen und der Mann darauf, der eine grellrote Jacke trug, stellte den Motor aus und stieg ab.

„Ihr seid also Taichi und Mimi?“, fragte er in kaum verständlichem Englisch.

Die beiden Angesprochenen nickten eifrig und sammelten ihre Skier und Stöcke vom Boden auf. Sie waren heilfroh endlich hier wegzukommen.

„Wie seid ihr denn hierher gekommen?“, fragte der Mann kopfschüttelnd und nahm Mimi die Skier ab. Er platzierte sie in einer Halterung am Schneemobil.

„Wir haben unsere Gruppe aus den Augen verloren“, antwortete Mimi fröstelnd.

Auch Tais Skier wurden nun in der Halterung verstaut. Der Mann nahm wieder Platz auf dem Mobil. „Dann quetscht euch mal beide auf den Rücksitz“, forderte er die beiden auf.

Mimi warf Tai einen unsicheren Blick zu. „Nach dir“, sagte dieser nun gelassen. So nahm Mimi dicht hinter dem Mann Platz und vergrub die Hände in dessen Jacke. Tai quetschte sich hinter sie und schlang die Arme um ihren Bauch, was Mimi unwillkürlich erröten ließ.

„Eigentlich würde ich das lieber in einer anderen Situation machen“, sagte er leise in ihr Ohr und grinste.

„Wenn du dich nicht benimmst, schubs ich dich während der Fahrt runter“, zischte Mimi nur und war nun knallrot angelaufen.

„Du vergisst, dass ich dich dann mitreiße“, erwiderte Tai lachend.

Während der Fahrt hatte Mimi tatsächlich das Gefühl, sie würde jeden Augenblick nach hinten hinunter fallen. Sie war froh, dass Tai hinter ihr saß und es ihn zuerst erwischen würde, hatte er doch immer die große Klappe.

Die Fahrt war wackelig und kam Mimi ewig vor. Als sie endlich stoppten, befanden sie sich an einer Liftstation, mit der sie direkt hinunter ins Tal zurück fahren konnten. Ihre Freunde und Marius erwarteten sie alle bereits.

„Mimi!“, schrie Sora und war ihr um den Hals gefallen, kaum dass diese vom Schneemobil abgestiegen war. „Oh mein Gott, zum Glück ist euch nichts passiert“, stöhnte sie, nachdem sie auch Tai umarmt hatte.

„Wir hatten schon Angst, ihr wärt vielleicht in eine Schlucht gefallen“, gestand Kari, die sich an den Arm ihres Bruders geklammert hatte, mit besorgtem Blick.

„Mensch, ich hab euch doch gesagt, dass es zwischendurch scharf nach links geht“, meinte Marius kopfschüttelnd und wandte sich dann an den Mann auf dem Schneemobil und redete Österreichisch mit ihm.

„Die hab ich irgendwie nicht gesehen“, murmelte Mimi an Sora gewandt.

„Aber die war doch ausgeschildert“, antwortete diese nur.

„Ja, schon, aber ich hab mich die ganze Zeit auf Joe konzentriert und dann war er auf einmal weg“, erklärte Mimi seufzend.

„Na egal, jetzt seid ihr ja wieder da“, sagte Sora und drückte Mimi noch einmal an sich.

„Ihr habt jetzt bestimmt keine Lust mehr aufs Skifahren, oder?“, fragte Joe unsicher und sah dabei vor allem Mimi an. Diese schüttelte heftig den Kopf.

„Nein, die hab ich allerdings nicht“, bestätigte sie nachdrücklich. Sie wollte einfach nur noch heim und eine heiße Dusche nehmen.

„Ich auch nicht“, stimmte Tai zu.

Auch die anderen beschlossen wieder ins Tal zurück zu fahren und so schlossen sie diesen Skitag vorzeitig ab.

„Hey, wartet mal noch kurz“, hielt Marius sie auf, als alle ihre Skier geschultert hatten und schon losgehen wollten. „Morgen Abend ist eine Weihnachtsparty im Pistenstürmer. Wenn ihr Lust habt, könnt ihr ja auch kommen. Eintritt frei bei Vorzeigen des Skipasses.“ Er lächelte den Mädchen, insbesondere Sora, zu und drehte sich dann zum Gehen um.

„Eine Weihnachtsparty?“, wiederholte Mimi und sah Sora an, deren Wangen ein rosa Schimmer zierte. „Klingt ziemlich cool. Ich finde, wir sollten hingehen.“

„Ich weiß nicht“, murmelte Sora.

Tai drehte sich zu den Mädchen um, wobei er seine Skier auf den Schultern fast T.K. ins Gesicht geschleudert hätte, der gerade noch ausweichen konnte.

„Man, pass doch auf!“, fauchte er.

„Der will doch eh nur, dass ihr Mädchen kommt. Glaub nicht, dass der auf uns scharf ist. Sorry, Kleiner“, fügte Tai an T.K. gewandt hinzu, der ihm nur einen mürrischen Blick zuwarf. Die Gruppe setzte sich nun in Bewegung.

„Ach, ich finde, wir sollten trotzdem hingehen“, meinte T.K., der nun einen Sicherheitsabstand zu Tai hielt. „Ein bisschen Party können wir uns doch erlauben. Außerdem würde ich gern mal was vom berühmten Après-Ski erleben.“

„Du willst dich doch nur betrinken“, warf Matt ein und sah seinen jüngeren Bruder streng an. T.K. grinste zurück.

„Ich komme mit, T.K.“, sagte Kari und sah ihren besten Freund vielsagend an. Dieser nickte.

„Aber du trinkst keinen Alkohol, damit das mal gleich klar ist“, sagte Tai harsch an seine Schwester gewandt. „Das im letzten Urlaub hat mir für die nächsten Jahre gereicht.“

„Schön, Tai, aber du bist nicht mein Vater“, entgegnete Kari trotzig.

„Nein, aber zumindest diese Woche übernehme ich seine Rolle“, erwiderte Tai in einem Ton, der keine Widerrede zuließ.

„Jetzt streitet euch doch nicht“, meinte Joe beschwichtigend. „Wir gehen einfach alle hin und gucken mal, was da so los ist. Dann könnt ihr beiden auch ein Auge auf eure Geschwister haben.“

T.K. und Kari stießen zischende, missbilligende Laute aus.

„Richtig, und wenn das nichts für uns ist, dann gehen wir eben wieder. Eintritt brauchen wir ja keinen bezahlen“, warf Izzy ein.

Zurück in der Ferienhütte ging Mimi zuallererst heiß duschen, wo sie sich so viel Zeit ließ, dass Kari schon an die Tür klopfte.

„Mimi? Bist du bald fertig?“, fragte sie ungeduldig.

„Ja ja“, murrte Mimi, warf sich in gemütliche Kleidung und verließ das Badezimmer. Sie merkte nun, wie hungrig sie eigentlich war, also ging sie in die Küche um zu sehen, ob sie sich etwas zu essen machen konnte. Dort traf sie Matt und Sora am Herd an, die anscheinend gerade zusammen kochten und dabei miteinander flirteten.

„Du musst schon noch ein bisschen mehr Fett in die Pfanne geben, sonst bäckt doch alles an“, meinte Matt gerade.

„Mach es doch selbst, Schlaumeier“, antwortete Sora grinsend. Sie hatte Mehl auf der Nasenspitze, das anscheinend mit einem Finger dort hingetupft worden war.

„Gibt es was zu essen?“, mischte Mimi sich ein und setzte sich auf den Tresen.

„Wir machen Eierkuchen“, antwortete Sora lächelnd. „Wir hatten ja auch noch nichts zum Mittag.“

„Mh, lecker.“ Mimi schloss die Augen und schnupperte nach dem Duft frischer Eierkuchen, der sich in der Küche ausgebreitet hatte, sobald die ersten Eierkuchen in den Pfannen gelandet waren.

„Ich hoffe, es ist lecker. Immerhin hat Sora den Teig fast allein gemacht“, sagte Matt und grinste seine Freundin an.

„Jetzt tu mal nicht so als wären meine Kochkünste unterirdisch“, entgegnete diese gespielt empört und gab Matt einen Klaps auf den Arm.

„Das hast du jetzt gesagt“, antwortete er und pikte sie in die Seite, woraufhin sie quietschte und zur Seite zuckte.

Mimi beobachtete die beiden mit einem verträumten Blick und fragte sich, warum sie selbst eigentlich noch Single war. Matt war hoch gewachsen und schlank und trug sein blondes Haar noch fast genauso wie vor vier Jahren. Sora reichte ihm etwa bis zur Schulter und auch ihr Haar war noch genauso rot und schulterlang wie eh und je. Optisch harmonierten die beiden einfach super miteinander und auch charakterlich passten sie gut zusammen. Beide eher ruhig und vernünftig und immer auf andere bedacht. Mimi fragte sich, ob es irgendwo da draußen auch jemanden gab, der so gut zu ihr passte wie Matt zu Sora. Unwillkürlich dachte sie an Joe, Izzy und Tai. Joe wäre wahrscheinlich zu gutmütig für sie. Mimi wusste, dass sie sehr stur und dominant sein konnte und vermutlich würde Joe es nicht lang mit ihr aushalten. Von Izzy befürchtete sie, dass er wohl alles mit sich machen und sich von ihr auf der Nase herumtanzen lassen würde. Dafür war der mittlerweile recht gutaussehende Computernerd wirklich zu schade. Und Tai? Tai war ebenfalls dominant. Er würde Mimi wohl die Stirn bieten können und sie wieder auf den Teppich holen, wenn sie wieder einmal abhob. Ihnen würde wohl niemals langweilig werden. Aber eine Beziehung mit Tai?

„Hey, schieb mal deinen Hintern beiseite. Ich komme nicht ans Besteck“, riss Tai sie aus ihren Gedanken und schob sie auf dem Tresen einfach ein Stück beiseite, um an die Besteckschublade zu gelangen, über der sie bis eben gesessen hatte.

„Spinnst du? Ich hätte runter fallen können!“, fuhr sie ihn an und warf ihm einen verärgerten Blick zu. Wahrscheinlich sah sie ihn etwas zu lange an, denn Tai setzte plötzlich einen verwirrten Blick auf.

„Alles okay? Du guckst so nachdenklich“, sagte er und zog eine Augenbraue nach oben.

Mimi schüttelte den Kopf um den Gedanken an sich und Tai loszuwerden. „Hm? Nein, alles gut.“

„Dann hilf mal mit!“, grummelte Tai und machte sich auf den Weg zum Esstisch.

Nach dem Essen schnappte Mimi sich eine Kuscheldecke und kauerte sich auf dem Sofa vor dem Kamin zusammen. Ihr war irgendwie immer noch kalt.

„Ist alles in Ordnung mit dir?“ Sora ließ sich neben sie auf das Sofa fallen und sah sie besorgt an. Tai, Matt und Joe waren einkaufen gegangen. Sie wollten irgendwas Tolles, Weihnachtliches fürs Abendessen besorgen. T.K. und Kari hatten sich im Mädchenzimmer verzogen und Izzy saß mit seinem Laptop am Esstisch und recherchierte irgendetwas im Internet.

„Geht schon. Mir ist nur immer noch kalt“, antwortete Mimi und zog die Decke fester um sich.

Sora rutschte näher an Mimi heran, sodass diese ihre Körperwärme spüren konnte.

„Was für ein Zufall, dass ausgerechnet du und Tai im Schnee verloren gingen, was?“, sagte sie und lächelte verschmitzt.

„Hör bloß auf“, murrte Mimi. „Ich glaube, ich möchte nie wieder Ski fahren in meinem Leben. Schon gar nicht mit Tai.“

„War er schon wieder gemein?“, fragte Sora mitleidig.

„Nicht mehr als sonst“, meinte Mimi missmutig. „Willst du was von der Decke ab haben?“

Und so kuschelten sich die Mädchen zu zweit unter die Decke und plauderten locker über alles Mögliche. Als sie gerade einmal zehn Minuten schwiegen, sank Mimis Kopf gegen Soras Schulter und sie war eingeschlafen.

Am Abend hatte es Matt tatsächlich geschafft eine Weihnachtsgans zuzubereiten, die vorzüglich schmeckte. Alle hatten hinterher das Gefühl, sie würden platzen. Den Abend verbrachten sie nach dem Essen mit Karten spielen, bis Mimi sich schließlich schon gegen neun Uhr zum Schlafen verabschiedete.
 

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Tut mir soooo Leid, dass ihr so ewig warten musstet, aber jedes Mal, wenn ich hier dran weiterschreibe, bekomme ich ein schlechtes Gewissen, weil ich mir denke, ich sollte eigentlich meine Bachelorarbeit schreiben. :D Und es tut mir auch Leid, dass das Kapitel jetzt so plötzlich endet, aber es war für meine Begriffe lang genug und mir gingen auch die Ideen aus. Außerdem hatte die arme Mimi schon genug ungewollte Action. ;)

Ich hoffe, das nächste Kapitel kommt schneller. Das Problem ist nur, dass ich am besten nachts schreiben kann, da kommen mir die meisten Ideen. Wie auch immer, Ideen fürs nächste Kapitel gibt es schon genug, weshalb es hoffentlich nicht so lang dauert. :)

Ein Tag voller Ereignisse

Schon im Morgengrauen war Mimi das erste Mal wach geworden, weil ihr Hals weh tat und sie kaum schlucken konnte. Na super, dachte sie sich. Da geht man im Schnee verloren und als wäre das nicht schon Strafe genug, wird man auch noch krank dabei. Sie würde wohl erst mal eine Apotheke finden müssen am nächsten Tag, bevor sie sich auf die Skier stellte.

Gegen acht wurde sie dann endgültig wach und fühlte sich nicht sonderlich gut, obwohl sie lang geschlafen hatte. Sora neben ihr schien sich allerdings auch nicht wohl zu fühlen, denn sie wachte mit einem Stöhnen auf.

„Alles okay?“, fragte Mimi leise, falls Kari noch schlief.

„Weiß nicht. Mir ist irgendwie schlecht“, murmelte das Mädchen neben ihr und zog sich die Bettdecke bis über das Kinn.

„Und ich hab Halsschmerzen“, verkündete Mimi missmutig.

„Ohje, seid ihr etwa beide krank?“ Kari hatte sich aufgesetzt und sah zu den Freundinnen herüber.

„Sieht so aus. Kommt bestimmt von gestern“, antwortete Mimi und setzte sich ebenfalls auf. „Ich geh mal Joe fragen, ob er Halstabletten dabei hat.“ Sie stand auf, schlüpfte in eine bequeme Hose und einen Pullover und schlurfte aus dem Raum. Sie ging über den Flur zu dem Zimmer, in dem Joe und Izzy schliefen. Ob sie schon wach waren? Vorsichtig klopfte sie an die Tür.

„Ja?“, kam es dumpf von drinnen. Mimi öffnete die Tür und steckte den Kopf in den Spalt.

Joe stand fertig angezogen vor dem Spiegel und kämmte sich das Haar, während Izzy noch auf dem Bett hockte und dabei war sich anzuziehen.

„Morgen“, sagte Mimi in nicht allzu fröhlichem Ton.

„Morgen“, erwiderten die beiden Jungs und sahen sie fragend an.

„Joe, du hast doch bestimmt ein paar Medikamente mit, oder?“, fragte Mimi und sah ihn flehend an.

„Ja, klar“, sagte er sofort, ging zum Kleiderschrank und holte eine kleine Tasche daraus hervor, die vor lauter Tablettenpackungen und kleinen braunen Fläschchen gar nicht richtig zu ging. „Was brauchst du denn?“

Mimi starrte die kleine Tasche mit großen Augen an. Sie sah aus, als enthielte sie all die Medikamente, die die restlichen sieben Freunde nicht mitgebracht hatten. „Du bist auch auf alles vorbereitet, oder?“

Er zuckte mit den Schultern und lächelte schief. „Man kann nie wissen.“

„Joe rechnet doch immer damit, dass wir alle gleichzeitig krank werden und er uns retten muss“, stichelte Izzy grinsend.

Mimi lächelte. „Ich hab Halsschmerzen“, sagte sie nur.

„Alles klar“, erwiderte Joe und fing an zu kramen. Am Ende hatte er drei Packungen hervorgeholt. „Also ich hab hier was gegen Schluckbeschwerden, gegen Entzündungen und was Betäubendes. Was möchtest du?“

„Ähm...“ Perplex sah Mimi ihn an und schluckte probeweise, doch das machte sie auch nicht schlauer. „Ich weiß nicht?“

Joe runzelte die Stirn, trat auf sie zu und sah sie prüfend an. „Mach mal den Mund auf.“

Mimi gehorchte und Joe warf einen prüfenden Blick in ihren Hals. „Ja, ist ein bisschen gerötet und auch leicht geschwollen. Darf ich mal?“ Ohne ihre Antwort abzuwarten tastete er mit den Fingern ihren Hals in Kiefernähe ab. Mimi warf Izzy einen irritierten Blick zu, den er schulterzuckend erwiderte. Joe nickte schließlich wissend und drückte ihr eine Packung Tabletten in die Hand. „Versuch's mal mit denen. Du musst alle drei Stunden eine nehmen.“

„D-danke“, stotterte Mimi. „Möchtest du denn mal Hausarzt werden, wenn du mit dem Medizinstudium fertig bist?“

„Weiß ich noch nicht, aber kann schon sein.“ Er lächelte.

„Wollen wir runter gehen das Frühstück vorbereiten?“, fragte Izzy, der aufgestanden war. Die anderen beiden nickten und sie gingen zusammen nach unten.

Mimi setzte zuerst Teewasser auf und schob sich eine von Joes Tabletten in den Mund, bevor sie sich um das Rührei kümmerte.

„Wie geht’s dir ansonsten?“, fragte Izzy, der gerade Teller aus einem Schrank holte. Joe hatte damit begonnen den Geschirrspüler auszuräumen.

„Irgendwie nicht so super. Ich glaube, ich bleib heute besser hier und geh ein bisschen spazieren oder so“, antwortete sie.

„Du willst dich doch nur vorm Skifahren drücken“, meinte Izzy und grinste sie an.

„Stimmt doch gar nicht“, murrte Mimi und schlug ein Ei nach dem anderen auf, bis sie eine ganze Packung geleert hatte.

„Ich geh mal Brötchen holen“, verkündete Joe und warf den Geschirrspüler zu. Im nächsten Moment war er schon zur Tür gegangen.

Mimi goss sich das kochende Wasser in dem Moment über ihren Teebeutel, als Sora die Treppe herunter kam. Mit hängenden Schultern ließ sie sich auf einen der Stühle am Esstisch fallen.

„Soll ich dir auch einen Tee machen?“, fragte Mimi und holte bereits eine zweite große Tasse aus dem Schrank. Sora nickte geistesabwesend. Sie wirkte recht blass, als Mimi ihr die Tasse brachte.

„Hast du schlecht geschlafen?“, fragte Izzy, der Sora betrachtete.

„Nein, eigentlich nicht“, murmelte sie und legte die Hände um ihre Tasse.

„Vielleicht musst du auch einfach was essen“, sagte Mimi und schüttete die verquirlten Eier in eine große Pfanne. Zur Antwort verzog Sora nur das Gesicht.

„Joe ist gerade gegangen. Wärst du eher gekommen, hättest du ihn mal fragen können, was du machen sollst“, sagte Izzy und legte säuberlich das Besteck neben die Teller. Sie zuckte nur mit den Schultern und stützte den Kopf auf eine Hand.

Nach und nach kamen auch die beiden Geschwisterpaare in die Küche oder setzten sich gleich an den Esstisch. Mimi stellte die Pfanne auf den Tisch und Izzy trug gerade die letzten Marmeladengläser herbei. In diesem Moment kam auch Joe zurück.

„Man, ist das kalt draußen“, sagte er und zog sich Jacke und Schuhe aus. „Und beim Bäcker war es total voll.“ Er leerte die Brötchentüte über einem Korb auf dem Tisch aus und setzte sich. Tai brachte zwei große Becker mit dampfenden Kaffee herbei und setzte sich auf den Stuhl neben Sora. Diese warf einen angewiderten Blick auf die Kaffeetasse und legte sich eine Hand auf den Bauch. Dann sprang sie plötzlich auf und rannte ins Badezimmer, wo man sie nur noch würgen hörte. Verdutzt sahen alle ihr nach.

„Was ist denn mit der? Seit wann reagiert sie allergisch auf Kaffee?“, fragte Tai perplex und schnupperte wie zur Vergewisserung an seiner Tasse, ob damit irgendwas nicht stimmte. „Nee, alles normal.“

Matt machte Anstalten aufzustehen, doch Mimi kam ihm zuvor.

„Ich mach das schon. Kotzen ist Beste-Freundin-Sache.“ Mit diesen Worten lief sie zum Badezimmer und streckte vorsichtig den Kopf herein. Sora kauerte vor dem Klo und atmete schwer.

„Hey“, sagte Mimi, ging hinein und schloss die Tür hinter sich.

Sora betätigte den Spülknopf, schloss den Deckel und stützte einen Arm darauf ab.

„Geht's wieder?“, fragte Mimi besorgt und hockte sich neben sie auf den Boden. Zum Glück gab es hier eine Fußbodenheizung, sonst wäre sie wohl erfroren auf den kalten Fliesen.

Sora gab irgendetwas Unverständliches von sich und fuhr sich mit einer Hand über die Stirn.

„Vielleicht hast du gestern irgendwas Schlechtes gegessen“, mutmaßte Mimi und musterte ihre Freundin, die nun beunruhigend blass aussah.

„Glaub nicht. Hab doch das Gleiche gegessen wie ihr alle“, antwortete sie.

„Soll ich mal Joe fragen, ob er Magentropfen für dich hat?“, fragte Mimi, aber Sora schüttelte den Kopf. „Dabei hätte er bestimmt das Richtige für dich gehabt. Mir hat er auch drei verschiedene Arten Halstabletten angeboten.“

Sora lächelte belustigt. „Typisch.“

„Ja. Und Tai hat gerade gedacht, sein Kaffee ist schuld, dass dir schlecht wurde.“ Mimi schüttelte unwirsch den Kopf.

„Nein, nein“, murmelte Sora. „Obwohl. Vielleicht ein bisschen. Ich kann in letzter Zeit irgendwie keinen Kaffee mehr riechen.“

„Achso? Komisch“, meinte Mimi und runzelte die Stirn. „Naja, man sagt ja, der Geschmack ändert sich alle paar Jahre mal.“

„Ja.“ Sora nickte zustimmend. Ganz langsam kehrte ein Hauch Farbe in ihr Gesicht zurück. „Aber mir ist auch öfter schlecht irgendwie in letzter Zeit. Das war jetzt schon das dritte Mal, dass ich mich übergeben musste.“

Mimi sah sie verwirrt an. „Ach echt? Warum hast du noch nichts erzählt? Du solltest mal zum Arzt gehen, außer ihr kocht zu Hause nur mit abgelaufenen Lebensmitteln.“ Sie grinste aufmunternd.

Auch Sora grinste nun leicht. „Naja, es war immer nur morgens, im Laufe des Vormittags ging es mir dann wieder gut. Aber wenn das noch mal passiert, geh ich nach dem Urlaub mal zum Arzt.“

Mimi runzelte wieder die Stirn und sah ihre Freundin forschend an. „Wann waren denn die letzten beiden Male?“

Sora dachte kurz nach. „Am Morgen der Abreise, aber da könnte es auch von der Aufregung gekommen sein. Und an dem Tag davor.“ Sie zuckte gleichgültig mit den Schultern, aber in Mimis Hirn arbeitete es.

„Also war das bisher nur morgens, dass du dich übergeben musstest?“

„Mhm.“ Sora nickte bestätigend.

„Und du kannst keinen Kaffee mehr riechen?“

„Ja“, sagte Sora zögerlich und wandte sich nun Mimi zu. Die beiden sahen sich einen Moment lang an, dann schien ihnen gleichzeitig der gleiche Gedanke zu kommen. Plötzlich rissen beide die Augen weit auf und starrten sich entsetzt an.

„Oh Gott, glaubst du, ich könnte...“ Sie beendete den Satz nicht, doch Mimi wusste auch so, wovon sie redete.

„Ja, glaub ich“, sagte sie mit heiserer Stimme.

Sora schlug sich eine Hand vor den Mund und schien in sich zusammenzusinken. „Aber das kann doch nicht sein“, murmelte sie leise.

Mimi stand der Mund offen und es fiel ihr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Nach einigen Augenblicken schüttelte sie ruckartig den Kopf, als würde ihr das wieder zu klarem Verstand verhelfen. „Wieso bist du nicht skeptisch geworden? Du hast doch bestimmt deine Tage das letzte Mal nicht bekommen.“

„Doch“, sagte Sora. Ihre Stimme klang brüchig und verzweifelt. „Nur ganz schwach, aber sie waren da.“

„Komisch“, murmelte Mimi und dachte angestrengt nach. „Ach, ich glaube, ich hab mal gelesen, dass man seine Tage, wenn man die Pille nimmt, trotzdem noch bekommen kann, auch wenn man schwanger ist.“

„Ehrlich? Oh man.“ Sora ließ den Kopf hängen und fuhr sich mit zittrigen Fingern durchs Haar.

Mimi verschränkte die Arme vor der Brust und setzte einen strengen Blick auf. „Vielleicht solltest du den Hersteller deiner Pille verklagen. So viel zur Sicherheit!“

Sora regte sich kurze Zeit nicht, dann schnappte sie hörbar nach Luft. „Nein, ich bin schuld!“, rief sie entgeistert. Überrascht sah Mimi sie an. „Im letzten Zyklus hab ich sie einmal übers Wochenende vergessen zu nehmen, weil so viel los war. Ich hab sie dann einfach alle am Sonntag Abend nach genommen. Ohhhh, bin ich doof.“ Sie schlug die Hände vors Gesicht und sah aus wie ein Häufchen Elend.

Mimi machte große Augen und konnte nicht so ganz glauben, was sie da gerade gehört hatte. Ausgerechnet die vernünftige Sora? Aber sie konnte sich dunkel an das Wochenende erinnern. Sora hatte ein Tennisturnier gehabt und außerdem war sie bei einem Auftritt von Matts Band gewesen und ihre Mutter hatte an dem Wochenende auch noch groß Geburtstag gefeiert, bei dessen Vorbereitung Sora alle Hände voll zu tun gehabt hatte. Normalerweise war Sora relativ stressresistent, doch an jenem Wochenende war es anscheinend selbst für sie zu viel gewesen.

Mimi seufzte laut und legte Sora einen Arm um die Schultern. „Jetzt wein doch nicht. Wir wissen doch noch gar nicht, ob es wirklich so ist. Wir bleiben heute einfach beide hier und besorgen dir einen Schwangerschaftstest.“

„Matt wird mich verlassen“, schluchzte Sora in ihre Hände.

„So ein Quatsch!“, entgegnete Mimi streng. „Es gehören immer zwei dazu.“

„Meine Eltern werden gar nicht begeistert sein“, schluchzte Sora weiter.

„Ach, das gibt sich schon.“ Mimi bemühte sich unbeschwert zu klingen. „Zeig mir mal eine Großmutter, die sich am Ende nicht doch über ihre Enkel gefreut hat.“

„Großmutter? Enkel?“ Sora klang nun noch verzweifelter als vorher.

„Ruhe jetzt! Du machst heute so einen Test und dann sehen wir weiter.“

„Wie soll ich das nur Matt und meinen Eltern beibringen?“

„Wie oft soll ich es noch sagen? Jetzt warte doch erst mal ab, bis das überhaupt sicher ist“, sagte Mimi ungeduldig und stand auf. „Ich geh mal den anderen sagen, dass wir heute krank sind und hier bleiben. Bitte ertränk dich nicht, während ich weg bin.“ Sora nickte und Mimi verließ das Bad.

Die anderen waren schon fertig mit dem Frühstück und räumten gerade den Tisch ab. Mimi stellte überrascht fest, dass sie eine halbe Stunde im Bad verbracht hatten.

„Alles okay? Das hat ja lang gedauert.“ Tai sah sie neugierig an.

„Ja. Nein. Wir bleiben heute zu Hause. Geht einfach ohne uns, wir brauchen ein bisschen Ruhe.“ Mimi setzte ein unbekümmertes Lächeln auf, obwohl ihr nicht danach zu Mute warte.

Matt sah Mimi mit gerunzelter Stirn an und marschierte dann geradewegs aufs Bad zu.

„Halt!“, rief Mimi und sprang ihm in den Weg.

„Was ist?“, fragte er mürrisch und wollte an ihr vorbeigehen, doch Mimi stellte sich direkt vor die Tür. „Lass mich vorbei.“

„Nein, weißt du... es soll sich ja niemand anstecken. Sora hat sich nur ein bisschen den Magen verdorben und es wäre doch blöd, wenn deswegen morgen keiner mehr Ski fahren kann“, log sie schnell. Wenn Matt Sora weinen sah, würde er ja gleich merken, dass etwas nicht stimmte.

„Red keinen Mist.“ Er schien zu merken, dass sie gelogen hatte, schob sie einfach beiseite und ging ins Bad. Sora stand vor dem Waschbecken und wusch sich das Gesicht.

„Alles in Ordnung mit dir?“, fragte Matt besorgt und sah seine Freundin an, die sich gerade das Gesicht abtrocknete.

„Ja, geht schon.“ Sora nickte bekräftigend und wirkte erstaunlich gefasst. Mimi konnte sich einen anerkennenden Blick nicht verkneifen.

„Ihr habt doch schon wieder Geheimnisse, oder?“

Mimi wandte sich überrascht um. Tai war neben ihr erschienen und lehnte mit verschränkten Armen an der Wand. Sein Blick fixierte Mimi. Er hatte eine Augenbraue in die Höhe gezogen.

„Was geht dich das an, Tai?“, zischte Mimi, drehte sich um und stolzierte die Treppe hinauf.
 

Nachdem alle zum Skifahren aufgebrochen waren, warteten Sora und Mimi noch eine Weile, bis Sora sich wieder gut fühlte. Dann machten auch sie sich auf den Weg und suchten eine Apotheke in der kleinen Stadt.

„Ich dachte, ich hätte hier schon irgendwo eine gesehen“, sagte Sora und sah sich in der Gegend um. Sie erreichten schließlich eine kleine Einkaufsstraße, in der nicht allzu viele Leute unterwegs waren. Es war ja auch Weihnachten. Moment mal.

„Heute haben doch die Geschäfte alle geschlossen, oder?“, fragte Mimi und blieb stehen.

„Mist, stimmt ja. Da hab ich gar nicht mehr dran gedacht.“

„Wir sind doof“, fand Mimi und runzelte die Stirn. „Aber guck mal, da vorne ist eine. Vielleicht haben wir ja Glück und die haben trotzdem offen. Ich mein, was sollen denn die Leute machen, die jetzt krank sind? So wie ich zum Beispiel.“ Sie sollte zumindest teilweise Recht behalten. Diese Apotheke hatte zwar nicht geöffnet, doch ein Zettel an der Tür verkündete, dass über die Weihnachtstage eine andere Apotheke zwei Straßen weiter geöffnet wäre. Voller Hoffnung machten sie sich auf den Weg und standen zehn Minuten später tatsächlich vor einer geöffneten Apotheke. Hinter der Theke stand eine Frau und schaute nicht gerade freundlich drein. Außer den beiden Mädchen befand sich gerade niemand dort.

„Hallo“, sagte Sora unsicher und trat an die Theke. Mimi beobachtete, wie sie rosa anlief und beschloss, das Zepter selbst in die Hand zu nehmen.

„Wir hätten gerne einen Schwangerschaftstest“, sagte Mimi entschlossen.

„Beide?“, fragte die Frau und sah sie über den Rand ihrer Brille hinweg an.

„Nein, nur einen“, antwortete Mimi.

Die Frau drehte sich um und suchte in dem Regal hinter sich einen heraus, legte ihn vor die beiden Mädchen auf die Theke und nannte den Preis. Sora überreichte ihr das Geld.

„Kann man sich auf den verlassen?“, fragte Mimi, während Sora ihr Wechselgeld erhielt.

„Bei Verdacht auf eine Schwangerschaft sollte immer ein Arzt konsultiert werden, erst recht, wenn der Test positiv ausfällt“, antwortete die Frau und musterte Mimi argwöhnisch.

Diese nickte.

„Kann man sofort schwanger werden, wenn man die Pille mal ein Wochenende lang vergessen hat, obwohl man sie nachgeholt hat?“, fragte nun Sora und sah verlegen aus. Ihre Finger spielten nervös miteinander.

„Natürlich, der Schutz ist dann nicht mehr gegeben“, antwortete die Frau in einem unhöflichen Ton und sah nun Sora missbilligend an. „Wenn Sie schwanger sind, sollten Sie die Pille sofort absetzen.“

Die Mädchen bedankten und verabschiedeten sich und verließen dann den Laden.

„Die hatte ja 'ne Laune“, murrte Mimi.

„Kein Wunder“, seufzte Sora. „Ich hätte auch keine Lust an Weihnachten zu arbeiten.“

Sie machten sich auf den Rückweg zum Ferienhäuschen und kamen an einem chinesischen Imbiss vorbei.

„Los, lass uns was zum Mittag mitnehmen“, sagte Mimi und betrat das kleine düstere Lokal, ohne Soras Antwort abzuwarten. Ein einzelner Mann saß an einem Tisch für zwei Personen und stocherte lustlos in seinem Essen herum.

„Ich weiß nicht, ob ich heute überhaupt irgendwann noch Hunger habe“, sagte Sora und studierte die die Menüanzeigetafel an der Wand.

„Du musst“, befahl Mimi. „Sonst wird dir wieder schlecht.“

„Wahrscheinlich ist mir nach dem Test so oder so schlecht“, raunte Sora und verzog das Gesicht.

„Nimm dir wenigstens was Kleines“, sagte Mimi. „Einmal die Zwölf, bitte.“

Der Mann hinter der Theke nickte und sah Sora fragend an.

„Ähm... ich nehm die Neunzehn.“

Zehn Minuten später hielten sie ihr verpacktes Essen in der Hand und gingen zurück zum Ferienhaus.

„So, möchtest du erst den Test machen oder erst essen?“, fragte Mimi, die das Essen auf dem Tisch abgestellt hatte.

Sora zog den Schwangerschaftstest aus ihrer Tasche hervor und las sich durch, was auf der Packung stand. Dann sah sie Mimi an und seufzte.

„Mach erst den Test“, entschied diese nun an ihrer Stelle. „Dann hast du es hinter dir.“

Sora nickte langsam und schlich ins Badezimmer. Zwei Minuten später kam sie wieder heraus und hielt den Text in der Hand.

„Und?“, fragte Mimi begierig.

Sora hatte die Hand mit dem Test gesenkt und sah ihre Freundin an. „Ich will nicht drauf schauen. Ich hab Angst.“

„Soll ich?“ Mimi streckte auffordernd die Hand aus. Sora nickte und drückte ihr den Test in die Hand. Währenddessen schlug Mimis Herz so heftig gegen ihre Brust, dass sie nicht wissen wollte, wie Sora sich fühlte, wenn sie selbst schon so unglaublich aufgeregt war. Ihre Hand zitterte, während sie das Stäbchen so drehte, dass sie das Ergebnis sehen konnte.

„Wie sieht es aus, wenn du schwanger bist?“

„Dann ist in beiden Fenstern ein Strich. Wenn nicht, ist nur links einer.“

Mimi starrte einige unendliche Sekunden auf das Ergebnis und sah dann wieder auf zu Sora, die aussah, als würde sie jeden Moment umkippen. Sie war fast schon wieder so blass wie am Morgen.

„Und?“, fragte sie zitternd.

Mimi spürte plötzlich ein Brennen in ihren Augen. Sie konnte nicht anders, ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. „Darf ich die Patentante werden?“ Noch während sie das fragte, rollten ihr Tränen über die Wangen. Ihr beste Freundin erwartete tatsächlich ein Baby.

Soras Augen weiteten sich und sie sackte zu Boden, wo sie mit starrem Blick sitzen blieb. „Oh mein Gott“, hauchte sie.

Mimi ging auf sie zu, kniete sich vor sie und drückte sie so fest an sich, dass sie selbst fast schon keine Luft mehr bekam.

„Oh mein Gott“, wiederholte Sora und fing nun wieder an zu weinen. Sie erwiderte Mimis Umarmung und schluchzte hemmungslos. Auch Mimi weinte, allerdings eher vor Rührung. Erst nach ein paar Minuten, als Sora sich wieder ein wenig beruhigt hatte, ließen sie sich los und sahen sich an. Sora kramte aus ihrer Tasche, die neben ihr auf dem Boden lag, eine Packung Taschentücher hervor und bot Mimi eines an. Beide wischten sich die Tränen ab und schnäuzten sich.

„Weißt du“, begann Sora mit erstickter Stimme, „ich mag Kinder ja, aber ich bin doch erst siebzehn.“

„Naja, wenn es auf die Welt kommt, bist du immerhin schon achtzehn“, versuchte Mimi sie zu ermutigen.

Sora lächelte traurig. „Matt ist dann sogar schon neunzehn.“

„Dann seid ihr doch gar nicht mehr soooo jung“, meinte Mimi und versuchte ein aufmunterndes Lächeln, doch erntete nur einen mürrischen Blick von Sora. „Aber sieh mal. Ihr habt dann immerhin beide schon euren Schulabschluss und dann kannst du ja erst mal Babypause oder so machen.“

Sora schien eine Weile nachzudenken und nickte dann. Sie wirkte nicht mehr ganz so betrübt. „Ja, da hast du Recht. So ist es auf jeden Fall besser, als wenn das vor einem halben Jahr passiert wäre.“

Mimi nickte zuversichtlich. „Eben. Und außerdem hast du doch genug Freunde, die dir immer wieder mal das Kind abnehmen, wenn irgendwas ist. Mich zum Beispiel. Oder auch Kari, die liebt doch Kinder.“

„Mhm“, machte Sora zustimmend.

„Und wenn du willst, bin ich auch bei der Geburt dabei und unterstütze dich, auch wenn ich Angst davor habe.“

Sora machte ein Gesicht, als hätte sie gerade in eine Zitrone gebissen. „DU hast Angst davor? Was soll ich denn sagen? Oh mein Gott!“ Sie raufte sich das Haar, sodass Mimi ihr die Schulter tätschelte.

„Ganz ruhig. Da sind schon ganz andere durchgekommen“, murmelte sie nicht ganz überzeugend.

„Mimi, wann soll ich es Matt sagen?“, fragte Sora hilflos. „Vielleicht will er gar nicht, dass ich das Kind behalte.“

„Er kann dich nicht dazu zwingen es umzubringen. Und ja, guck nicht so geschockt. Meiner Ansicht nach ist das Mord und wenn er dich dazu zwingt, dann ist er mehr als nur ein Arschloch.“ In Mimis Blick lag nun grimmige Genugtuung.

„Aber wann soll ich es ihm sagen?“, fragte Sora noch einmal.

Mimi kaute auf ihrer Unterlippe herum und sah ihre beste Freundin nachdenklich an. „Weiß nicht. Möglichst bald, bevor man es sieht? Du bist so schlank, da dauert es bestimmt nicht allzu lang, bis man was erkennen kann. Und es wäre irgendwie blöd, wenn er es erst dadurch erfahren würde, oder?“

Beide Mädchen sahen nun auf Soras flachen Bauch, als würden sie erwarten, eine Beule wachsen zu sehen. Sora seufzte schließlich tief.

„Weißt du, ich bin froh, dass du dabei warst, als ich das rausgefunden hab“, sagte sie leise. „Wäre ich allein gewesen, wäre ich bestimmt nicht damit fertig geworden.“

„Also erstens hättest du es ohne mich noch gar nicht rausgefunden“, erwiderte Mimi zwinkernd. „Und zweitens hättest du mich ja sofort anrufen können und dann wäre ich zu dir gekommen.“

„Ja, stimmt. Dann kann ich jetzt gar keinen Kaffee mehr trinken, bis das Baby da ist“, stellte Sora fest und kniff die Lippen zusammen.

„Sieht nicht so aus. Aber sag mal...“, Mimi machte große Außen, „hast du vorgestern nicht auch Wein getrunken?“

Sora sah geschockt auf. „Mist, ja! Oh nein!“ Sie stöhnte entgeistert.

„Ach, mach dir mal keinen Kopf“, sagte Mimi schnell und hob die Hände. „Ist bestimmt nicht schlimm, wenn man das einmal macht. Wahrscheinlich soll man das nur nicht dauernd machen.“

„Hoffentlich hast du Recht“, murmelte Sora hilflos.

„Klar. Wir können ja nachher einfach mal Izzys Laptop klauen und ein bisschen danach googlen“, schlug Mimi vor.

„Ja, das ist eine gute Idee“, fand Sora und nickte.

Einige Augenblicke schwiegen sie und hingen jede ihren Gedanken nach, bis Mimi einen Blick auf ihr Handy warf. „Ach herrje, ist ja schon nach zwei.“ Und sie saßen noch immer auf dem Boden. Eilig standen sie auf und verspeisten ihr Mittagessen, das inzwischen kalt geworden war.
 

Mimi wurde dadurch geweckt, dass jemand im Raum umherschlich und der Boden deshalb knarrte. Verschlafen öffnete sie die Augen und hielt nach dem Übeltäter Ausschau.

„Kari“, murmelte sie und die Angesprochene sah erschrocken auf.

„Sorry, ich wollte dich nicht wecken“, flüsterte sie.

„Schon gut.“ Mimi gähnte ausgiebig. „Wenn ich jetzt zu lange schlafe, kann ich nur heute Abend nicht mehr einschlafen.“

Sora neben ihr setzte sich plötzlich auch auf. Sie sah so zerknautscht aus, wie Mimi sich fühlte.

Nach dem Mittagessen hatten die beiden Mädchen eine Weile auf Izzys Laptop im Internet gesurft und sich über alles Mögliche rund um Schwangerschaften informiert. Dabei waren sie irgendwann so müde geworden, dass sie sich in ihre Betten gelegt hatten, um einen kleinen Mittagsschlaf zu halten.

Draußen dämmerte es bereits.

„Ist alles in Ordnung bei euch?“ Matt hatte den Kopf zur Tür herein gestreckt und sah die Mädchen an. Als er sah, dass sie wach waren, kam er auf Sora zu, setzte sich auf die Bettkante und küsste sie auf die Stirn. „Geht's dir wieder besser?“

„Ja“, antwortete Sora leise und lächelte ihn an. „Matt, ich... ähm...“

Er sah sie fragend an. „Ich komme morgen wieder mit zum Skifahren.“ Sora lief rot an und wandte den Blick von ihm ab.

„Ist auch besser so.“ Matt schien nichts von ihrer Unsicherheit bemerkt zu haben und lächelte. Er ging wieder hinaus.

Mimi warf Sora einen vielsagenden Blick zu, den sie erwiderte und seufzte.

Nach einer ausgiebigen Dusche fühlte Mimi sich gleich viel wacher und weniger zerknautscht. Eigentlich hasste sie Mittagsschlaf, weil sie hinterher noch müder war als vorher. Aber sie konnte vorhin einfach die Augen nicht mehr offen halten. Außerdem fühlte sie sich nun nicht mehr so kränklich wie heute früh noch.

Sie ging in die Küche und setzte Teewasser auf. Tai stand gerade am Herd und wärmte Milch in einem Topf auf.

„Na, wie geht’s dir?“, fragte er beiläufig und ohne sie anzusehen.

„Schon besser. Der Ruhetag hat geholfen“, antwortete Mimi genauso beiläufig.

„Marius hat gleich nach euch gefragt“, erzählte Tai. Seine Stimme klang dabei so, als würde er versuchen, sich seinen Ärger nicht anmerken zu lassen.

„Achso? Naja, wir sehen ihn ja heute Abend“, antwortete Mimi, die gerade einen Teebeutel in eine Tasse warf.

„Er hat auch noch mal gefragt, ob wir heute Abend kommen“, murmelte Tai und der Ärger war nun deutlich aus seiner Stimme herauszuhören.

„Hast du was gegen ihn?“, fragte Mimi und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Ach, der ist doch einfach nur arrogant und nur eh nur an euch Mädchen interessiert“, sagte Tai missbilligend.

„So?“ Mimi grinste ihn verschmitzt an. „Ich wusste gar nicht, dass du an ihm interessiert bist. Seit wann stehst du auf Männer?“

Tai warf ihr einen schockierten Blick zu, als wüsste er nicht, wovon sie redete.

„Hä? So war das doch gar nicht gemeint!“, protestierte er.

„Ja ja, schon gut.“ Mimi kicherte. „Ich kann ihn ja heute Abend für dich nach seiner Handynummer fragen.“ Mimi schüttelte ihr Haar nach hinten, setzte einen verführerischen Blick auf und sagte mit tiefer Stimme: „Entschuldige, kann ich vielleicht deine Handynummer haben? Mein Kumpel Tai da hinten steht auf dich, aber er traut sich nicht, dich anzusprechen.“

„Wenn du das machst, schubs ich dich morgen wirklich in eine Schlucht“, drohte Tai und warf ein zusammengeknülltes Blatt Küchenpapier nach ihr. Mimi lachte nur.

„Wo ist eigentlich Joe?“, fragte sie.

„Der wollte noch mal los Kekse holen. Müsste aber gleich wieder da sein“, brummte Tai.

„Jetzt sei nicht eingeschnappt“, sagte Mimi unbekümmert und setzte sich mit ihrer Teetasse auf die Couch.

Die anderen trudelten nun ebenfalls frisch geduscht im Wohnbereich ein und setzten sich zu Mimi auf die Couch.

Als Tai gerade ein Tablett mit lauter Tassen heißer Schokolade zum Couchtisch brachte, ging die Haustür auf und Joe schneite herein.

„Leute, ihr glaubt nicht, wer mir über den Weg gelaufen ist“, rief er. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen war es niemand, über den er sich freute. Fast erwartete Mimi, dass Marius hinter ihm das Haus betreten würde, doch es kam schlimmer.

Ein blondes Mädchen in einen blauen Wintermantel gehüllt und mit einer schweren Reisetasche im Schlepptau erschien neben Joe und lächelte schüchtern. Ihre Wangen und die Nase waren vor Kälte gerötet.

„Megumi?“ T.K. war aufgesprungen und starrte das Mädchen ungläubig an.

„Überraschung!“, quietschte diese und strahlte den Jungen an.

Im Raum war es ganz still geworden. Alle Blicke waren auf Megumi und T.K. gerichtet und keiner traute sich etwas zu sagen. Mimi bemerkte nur, dass ihr Mund offen stand und schloss ihn schnell.

„W-was machst du denn hier?“, stotterte T.K. und sah irgendwie nicht sonderlich begeistert aus.

„Na was schon? Ich bin dein Weihnachtsgeschenk. Ich wollte dir eine Freude machen!“ Sie lief los und warf sich T.K. um den Hals, der nur steif dort stand und so aussah, als wäre er jetzt lieber woanders.

„Ähm... bist du ganz allein her geflogen?“, fragte er langsam.

Sie ließ ihn endlich los, lächelte die anderen Freunde zur Begrüßung an und wandte sich dann wieder an ihren Freund. „Ja, klar, wie denn sonst?“

„Und das haben deine Eltern dir erlaubt?“ Skeptisch sah er sie an.

„Nö, bin abgehauen.“ Sie grinste unbeschwert.

T.K.s Augen wurden immer größer. „Das heißt, sie wissen nicht, dass du hier bist?“

„Doch, doch. Hab ihnen einen Zettel dagelassen“, antwortete Megumi und wirkte dabei so unbesorgt, als wäre sie nur mal eben zum Einkaufen gegangen.

T.K. schüttelte fassungslos den Kopf.

„Hol doch noch eine heiße Schokolade“, zischte Sora Tai zu, der sofort aufstand und zum Herd lief.

T.K. ließ sich zurück auf seinen Platz neben Kari fallen und sah noch immer komplett verwirrt aus. Megumi quetschte sich zwischen die beiden, ohne Kari eines Blickes zu würdigen.

Tai kam mit der Tasse heiße Schokolade zurück und stellte sie vor Megumi ab.

„Danke“, sagte das Mädchen und schenkte ihm ein Lächeln.

Tai nickte nur und setzte sich zurück auf seinen Platz.

„Okay, also ein paar von euch kenne ich ja schon“, sagte Megumi und sah in die Rune. „Du bist Matt, das weiß ich. Und Sora kenne ich auch schon. Aber den Rest weiß ich nicht, auch wenn ich glaube, dass ich euch alle schon mal gesehen habe. Ach doch, Joe kenne ich ja nun auch.“ Nun strahlte sie Joe an, der seine Brille zurechtrückte. „Wie gut, dass ich dich im Supermarkt gesehen habe. Sonst wäre ich hier noch ewig herumgeirrt und hätte die Hütte gesucht.“

Kari, die nun angesäuert drein blickte, war einfach übergangen worden.

„Ja, ähm.“ T.K. kratzte sich am Hinterkopf. „Also das sind Izzy, Mimi und Tai, Karis Bruder. Kari kennst du ja auch.“

Megumi lächelte nun Izzy, Mimi und Tai an. Kari wurde erneut ignoriert.

Während alle schweigend ihre heiße Schokolade schlürften, plauderte Megumi munter los und erzählte von ihrem Flug. Als sie ausgetrunken hatte, räusperte sich T.K.

„Ja, dann... soll ich dir helfen, ein Hotel oder eine Pension zu finden?“, fragte er unsicher.

Megumi sah ihn erstaunt an. „Wieso? Ich schlafe doch hier bei dir.“

Mimi glaubte, sich verhört zu haben. War dieses Mädchen tatsächlich so dreist sich einfach einzuladen? Sie runzelte die Stirn und musterte Megumi grimmig.

Alle anderen sahen sie überrascht an, bis auf Kari, die genervt aussah und Sora, die zu höflich war, sich etwas anmerken zu lassen und sowieso ganz andere Sorgen hatte.

„Ja, ähm... dann musst du bei Tai und Matt im Zimmer schlafen. Wir haben hier nur Dreierzimmer und ich schlafe bei Joe und Izzy“, erklärte T.K., der noch immer total verunsichert wirkte.

Megumi setzte nun einen enttäuschten Blick auf. „Was?“

„Naja, wir können ja unser Bett irgendwie räumen, dann könnt ihr da drin schlafen“, stammelte Izzy mit gesenktem Blick.

„Oh, das wäre super“, fand Megumi und ihre Augen leuchteten.

„Das kriegen wir schon irgendwie hin“, stimmte Joe nun zu.

Mimi glaubte, dass ihre Freunde verrückt wurden. Warum sagte niemand was? Dieses Mädchen konnte sich doch hier nicht einfach einquartieren, weil es ihr gerade so passte. Obwohl Mimi sie noch nicht kannte, war sie ihr jetzt schon unsympathisch.

„Ähm, also... wir gehen nachher noch auf eine Weihnachtsparty. Wenn du Lust hast, kannst du ja mitkommen“, murmelte T.K., woraufhin Megumi eifrig nickte.

„Klar, ich wollte schon immer mal auf so eine Après-Ski-Party.“
 

Nach einem gemeinsamen Abendessen, bei dem Megumi stets darauf bedacht war, Kari irgendwie von T.K. weg zu drängen, begannen sie alle sich für die Party fertig zu machen.

„Meine Haare sind langweilig“, stellte Sora fest, als sie vor dem Spiegel stand.

„Sind sie gar nicht“, murrte Mimi. „Komm her, ich kann sie dir noch ein bisschen aufhübschen, wenn du willst.“

Sora nickte missmutig und setzte sich auf einen der Stühle im Zimmer. Mimi stellte sich hinter sie und begann mit Schaumfestiger, Föhn, Bürste und Haarspray Soras Frisur ein wenig voluminöser aussehen zu lassen.

Kari hockte auf dem Bett und machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter.

„Du scheinst dich ja auch sehr zu freuen, dass Megumi hier aufgetaucht ist, was?“, fragte Mimi und sah das Mädchen prüfend an.

Kari warf ihr einen finsteren Blick zu und nickte. „Was bildet die sich eigentlich ein?“

„Das frage ich mich allerdings auch“, sagte Mimi harsch.

„Anscheinend ist sie ziemlich verliebt in T.K.“, warf Sora schulterzuckend ein.

„Ich bitte dich! Das rechtfertigt es doch nicht, dass sie hier aufkreuzt und sich einfach zum Übernachten einlädt. Wahrscheinlich will sie die ganze restliche Woche hier bleiben“, knurrte Mimi.

„Glaub ich auch“, murmelte Kari genervt.

„Aber T.K. wirkte nicht besonders froh darüber, sie zu sehen“, gab Sora zu bedenken.

„Naja, er war ja schon genervt von ihren ganzen Anrufen“, antwortete Kari. „Wahrscheinlich hat sie gemerkt, dass sein Handy öfter mal aus war und dachte sich, sie kommt halt einfach persönlich vorbei.“

„Vielleicht schickt er sie ja bald in die Wüste, wenn sie so weitermacht“, sagte Mimi hoffnungsvoll.

„Das hoffe ich auch sehr“, stimmte Kari zu und erntete überraschte Blicke von den anderen beiden Mädchen.

„Solche Worte ist man von dir ja gar nicht gewohnt“, kicherte Mimi.

„Ich war ja bereit, sie normal kennen zu lernen, aber sie...“

„... ignoriert dich einfach. Ja, das hat man vorhin gut gesehen“, beendete Mimi ihren Satz.

Kari verdrehte die Augen. „Sie hat gar keinen Grund, eifersüchtig zu sein.“

„Also ich wäre an ihrer Stelle auch eifersüchtig“, meldete Sora sich nun wieder zu Wort und diesmal war sie diejenige, die überrascht angeschaut wurde.

„Aber T.K. ist nicht der Typ, der irgendwie Mist bauen würde“, widersprach Mimi.

„Das meinte ich auch nicht“, erwiderte Sora. „Aber wenn ich mir vorstelle, Matt hätte seit Jahren eine beste Freundin, mit der er ständig zusammenhängen würde, dann wäre mir das auch nicht egal.“

„Aber du würdest diese Freundin nicht einfach ignorieren. Dafür bist du viel zu nett“, entgegnete Mimi aufgebracht.

„Stimmt wohl. Das ist so unhöflich.“ Sora nickte zustimmend.

„Das ist nicht nur unhöflich, sondern auch total kindisch“, raunzte Kari.

„So, du bist fertig“, verkündete Mimi und ließ von Soras Haaren ab. Sora stand auf und ging zum Spiegel, um sich darin zu begutachten.

„Wow, ist super geworden. Danke“, sagte sie und drehte den Kopf, um sich möglichst von allen Seiten aus betrachten zu können.

„Dein Kleid steht dir übrigens sehr gut, Kari“, sagte Mimi und lächelte Kari an, die noch immer auf dem Bett saß und ein finsteres Gesicht machte. Das Kompliment ließ sie allerdings lächeln.

„Danke“, sagte sie. „Deinen Rock finde ich auch super.“

„Findest du? Ich hab ihn mir vor dem Urlaub noch gekauft. Es ist heute das erste Mal, dass ich ihn an habe“, antwortete Mimi und war froh, dass sie nun anderes, fröhlicheres Thema hatten, über das sie reden konnten. Gelacht hatte sie heute nicht sonderlich viel.

„Denkst du denn, dass es gut ist, dass du mit auf die Party kommst? Nicht, dass es dir morgen schlechter geht“, sagte Sora und sah Mimi besorgt an.

„Ach was“, antwortete Mimi abwinkend. „Wenn es mir nicht gut geht, dann geh ich halt wieder nach Hause. Wir bezahlen ja keinen Eintritt.“

„Stimmt auch wieder“, sagte Sora.

Sie gingen die Treppe hinunter und als alle im unteren Stockwerk versammelt waren, verließen sie die Hütte und machten sich auf den Weg zum sogenannten Pistenstürmer, in dem heute die Weihnachtsparty steigen sollte. Das Lokal war schnell zu Fuß zu erreichen und es waren schon viele Leute dort drin, die Lärm veranstalteten. Die dröhnende Schlagermusik hörte man bereits einige Meter vom Lokal entfernt schon.

„Hoffentlich spielen die auch andere Musik“, grummelte Tai, als sie gerade alle ihre Skipässe vorzeigten.

Drinnen gaben sie die Jacken an einer Garderobe ab und suchten sich dann einen freien Tisch, den sie in der Nähe der Tanzfläche fanden.

Tai, Joe und T.K. erklärten sich bereit, Getränke für alle zu holen. Bis auf Sora, die ein Wasser wollte, bestellten sich alle einen Cocktail oder Bier.

„Was ist denn mit dir? Du stehst doch sonst so auf Cocktails“, stichelte Matt und grinste sie an.

Sora lief rot an und wandte den Blick ab.

Während sie auf ihre Getränke warteten, sah Mimi sich in dem Schuppen um. Es war ein ziemlich großer Raum und es schien noch eine zweite Etage zu geben, denn in einer Ecke führte eine Treppe nach oben. Alles war weihnachtlich geschmückt mit Tannenzweigen und Lichterketten. Das bunte Licht, das durch eine große Diskokugel an der Decke durch den ganzen Raum geworfen wurde, passte nicht so recht dazu. Aus den Musikboxen dröhnten unermüdlich Schlager und seltsame Versionen von Weihnachtsliedern. Es waren schon viele Leute da, doch noch wirkten alle recht nüchtern.

Tai, Joe und T.K. kamen mit den Getränken zurück, Mimi bedankte sich und nippte an ihrem Cocktail, einem sogenannten Watermelon Man, der vorzüglich süß und fruchtig schmeckte. Den musste sie sich merken.

„Kommt ihr mit tanzen?“, fragte Kari nach einer Weile an Mimi und Sora gewandt.

Sora schüttelte den Kopf, doch Mimi stand auf und folgte Kari auf die Tanzfläche. Es war fast nicht möglich, anmutig zu diesen Schlagerhits zu tanzen und so wurde es viel mehr ein Herumhüpfen. Aber wenigstens bekam Mimi dabei gute Laune und auch Kari wirkte nicht mehr so grimmig.

Plötzlich schlang sich von hinten ein Paar Arme um Mimis Taille und jemand versuchte, mit ihr im Rhythmus zu tanzen. Erschrocken riss Mimi sich los und wirbelte herum. Hinter ihr stand ein fremder Typ, vielleicht um die zwanzig, und grinste sie an.

Mimi erwiderte seinen Blick wütend. „Beim nächstem Mal knallt's!“, schrie sie über die Musik hinweg.

Der Typ hob nur abwehrend die Hände und drehte sich weg. Bestimmt hielt er schon nach dem nächsten Mädchen Ausschau.

Kari kicherte, als Mimi sie genervt ansah, doch in diesem Moment legte auch ihr ein fremder Junge einen Arm um die Schultern und zog sie an sich. Kari sah ihn erschrocken an und tauchte unter seinem Arm weg. Der Typ zuckte nur mit den Schultern und ging weg.

„Die spinnen doch, die Österreicher“, rief Kari Mimi zu und machte ein angewidertes Gesicht.

Nun musste Mimi selbst kichern. Wer weiß, was an diesem Abend noch so alles passieren würde. Anscheinend waren in diesem Club alle sehr anhänglich und hatten wenig Hemmungen.

Die beiden Mädchen tanzten so lang, bis Mimi der Schweiß auf der Stirn stand und sie erschöpft war.

„Wollen wir 'ne Pause machen?“, fragte sie Kari.

Diese nickte und die beiden gingen von der Tanzfläche zurück zu ihrem Tisch. Dort hatte sich mittlerweile Marius neben Sora gesetzt, der sich angeregt mit dieser unterhielt. Sie redete und lachte ab und an über seine Scherze.

Mimi und Kari tauschten einen überraschten Blick und setzten sich ebenfalls.

„Ach, hallo!“, begrüßte Marius sie strahlend, wobei er wieder seine unnatürlich weißen Zähne zeigte. Es war ganz seltsam, ihn in normalen Klamotten zu sehen. Er trug ein T-Shirt mit V-Ausschnitt, eine dünne Kette aus Leder und eine Jeans. Seine Haare waren gegelt und schmeichelten seiner Gesichtsform. Anscheinend verstand der Skilehrer etwas von Styling.

„Hi“, sagten Mimi und Kari wie aus einem Munde.

„Hab euch fast nicht erkannt. Ihr seht so anders aus in normalen Sachen“, sagte er lächelnd.

„Das Gleiche hab ich auch gerade von dir gedacht“, erwiderte Mimi und lächelte ebenfalls.

Matt saß ihr gegenüber und unterhielt sich gerade mit Izzy. Ab und an warf er Marius verstohlene Blicke zu, die einigermaßen verrieten, was er von ihm hielt. Auch T.K. und Megumi saßen am Tisch, unterhielten sich aber nicht wirklich. Lediglich Megumi redete die ganze Zeit anscheinend mit Begeisterung auf T.K. ein, der nur lustlos nickte.

Tai und Joe fehlten. Mimi sah sich nach den beiden Jungs um und entdeckte sie nebeneinander stehend an der Bar und sich unterhaltend. Da fiel Mimi ein, dass sie am Nachmittag noch mit Joe hatte reden wollen und ging auf die beiden zu.

Sie unterbrachen ihr Gespräch und sahen Mimi erwartungsvoll an, die sich neben Joe gestellt hatte.

„Ich wollte mich nur bei dir für die Halstabletten bedanken“, sagte Mimi lächelnd. „Die haben super geholfen. Meine Halsschmerzen sind fast weg.“

„Gern“, sagte Joe, der ihr Lächeln erwiderte. „Du kannst jederzeit wieder fragen, wenn du mal irgendwelche Medikamente brauchst.“ Er zwinkerte ihr zu.

„Ich hoffe, ich brauche nicht so schnell wieder welche.“

Die beiden plauderten locker miteinander und Tai schien sich nicht in das Gespräch einmischen zu wollen. Er stand nur mit dem Rücken gegen den Tresen gelehnt und sah sich gedankenverloren um.

Weil Mimi sich mit Joe unterhielt, bekam sie nur am Rande mit, wie sich nach einigen Minuten ein einigermaßen hübsches, dunkelhaariges Mädchen zu Tai gesellte und ihn ansprach.
 

„Sag mal, mit wem redet Tai da eigentlich die ganze Zeit?“, fragte Kari nach einer ganzen Weile an Mimi gewandt, als sie gerade wieder auf ihrem Platz saßen mit hervorragendem Blick auf Tai und das Mädchen an der Bar.

„Keine Ahnung“, antwortete Mimi kopfschüttelnd. „Ist mir auch egal.“

Kari warf ihr nur einen skeptischen Blick zu und wandte sich dann T.K. neben ihr zu, der einen genervten Eindruck machte.

„Nanu? Wo ist denn Megumi hin?“, fragte sie.

„Auf der Toilette“, antwortete T.K. und nippte an einem Bier. Mimi sah prüfend zu Matt, um zu erfahren, ob er darauf irgendwie reagieren würde, doch der starrte finster in eine andere Richtung. Mimi folgte seinem Blick und erspähte Sora und Marius an der Bar nicht weit weg von Tai und seinem Flirt. Gerade stellte Sora ihr Glas ab und geleitete Marius zur Tanzfläche, wo sie anfingen, so gut es eben ging zu der Schlagermusik zu tanzen. Nicht weit entfernt von den beiden tanzte Izzy Hand in Hand mit einem Mädchen. Mimi deutete auf sie und sah Kari vielsagend an. Diese folgte Mimis Richtung und machte ein überraschtes Gesicht. Noch überraschter sah sie allerdings drein, als T.K. sie plötzlich an der Hand nahm und mit sich mit in Richtung Tanzfläche zerrte. Sie winkte Mimi zu und verschwand dann in der Menge.

Mimi rutschte auf der Bank dicht neben Matt, um mit ihm reden zu können.

„Machst du dir Gedanken?“, fragte sie ihn und folgte seinem Blick, der noch immer an Sora und Marius klebte.

Matt zuckte nur desinteressiert die Schultern und wandte den Blick in eine belanglose andere Richtung.

„Du brauchst dir keine Sorgen machen“, sagte Mimi optimistisch und sah ihn an. „Da bin ich mir zufällig hundertprozentig sicher.“

Matt musterte sie stirnrunzelnd. Dann seufzte er. „Schon okay. Ich geh mir was zu trinken holen. Soll ich dir was mitbringen?“

„Nein, danke“, meinte Mimi und sah dem blonden Jungen hinterher, wie er in Richtung Bar davonging.

Sie ließ den Blick schweifen. Es war proppenvoll in dem Schuppen und mittlerweile wirkten so gut wie alle Feiernden mehr als nur ein bisschen angeheitert. Sie grölten laut die Lieder mit, von denen Mimi kein Wort verstand und hüpften durch die Gegend wie gejagte Antilopen, verpassten sich gegenseitig Bierduschen, knutschten wild herum und warfen im Eifer des Gefechts Gläser und Flaschen hinunter.

Mimi rollte die Augen und hielt nach ihren Freunden Ausschau. Sora tanzte noch immer mit Marius, Izzy noch immer mit dem Mädchen, allerdings etwas intimer. Staunend beobachtete Mimi, wie er einen Arm um sie legte, sich ganz dicht zu ihr beugte und etwas sagte. Von T.K. und Kari fehlte jede Spur, aber vermutlich waren auch sie irgendwo auf der Tanzfläche verschollen und versteckten sich vor Megumi. Tai und sein Flirt standen ebenfalls immer noch dort, wo Mimi sie zuletzt gesehen hatte: an der Bar. Und noch immer unterhielten sie sich angeregt. Verärgert hielt Mimi nach Joe Ausschau. Wo war der eigentlich ab geblieben? Sie konnte ihn nirgends entdecken.

Plötzlich tauchte Megumi neben ihr auf und setzte sich zu ihr.

„Boah, man muss ja ewig anstehen“, beschwerte sie sich und warf die blonden Haare zurück. „Weißt du, wo T.K. ist?“

„Keine Ahnung“, antwortete Mimi.

„Und Kari?“

„Keine Ahnung.“

Megumi setzte einen säuerlichen Blick auf, als hätte sie gerade einen Löffel Essig geschluckt.

„Weißt du, T.K. Beachtet mich kaum, seit ich hier bin. Ich hatte gehofft, ich mache ihm eine Freude, aber er wirkt irgendwie nicht sehr begeistert. Wenn ich ihn küsse, dann dreht er sich nur weg.“ Enttäuscht sah sie Mimi an, die das am liebsten gar nicht hören wollte, weil sie T.K. verstehen konnte. „Und dann noch diese blöde Kari dazu...“

„Na hör mal!“, unterbrach Mimi sie energisch. „Kari ist seine beste Freundin und ich bin zufällig auch gut mit ihr befreundet. Also rede gefälligst nicht schlecht über sie. Außerdem hat dich niemand gebeten, hier aufzutauchen und T.K. den Urlaub zu vermiesen!“ Das hatte Mimi eigentlich gar nicht so sagen wollen, doch es war ihr einfach herausgerutscht. Megumi riss die Augen auf und starrte sie an.

„Ich bin seine Freundin!“, rief sie schrill. „Ich bin die Letzte, die ihm den Urlaub vermiest!“

„Dann solltest du mal mit ihm reden, denn ich glaube, er sieht das anders!“, entgegnete Mimi wütend.

Megumi fauchte irgendetwas, das Mimi nicht verstand, stand auf und marschierte davon. Im gleichen Moment kam Matt mit seinem Bier zurück und sah dem eben verschwundenen Mädchen verwirrt hinterher.

„Was hast du denn mit der gemacht?“, fragte er und sah Mimi erstaunt an.

„Ich habe hier nur mal vor Augen geführt, wie sie sich hier benimmt“, antwortete Mimi bestimmt und warf sich das Haar über die Schulter nach hinten.

Matt lächelte amüsiert. „Ja, das kannst du ja gut. Jetzt sucht sie bestimmt mein armes Brüderchen.“

„Soll sie doch.“ Mimi zuckte mit den Schultern.

Matt nippte an seinem Bier, während sein Blick suchend über die Tanzfläche glitt. Mimi wusste genau, nach wem er Ausschau hielt.

Plötzlich tauchte Tai an ihrem Tisch auf. Sein Flirt stand einen Meter hinter ihm und musterte Matt und Mimi. Tai beugte sich zu Matt und sagte etwas, das Mimi nicht verstand. Matt runzelte die Stirn und sah Tai an, erwiderte aber nichts. Tai nickte Mimi zu und ging dann mit dem Mädchen in Richtung Ausgang.

„Was hat er gesagt?“, fragte Mimi neugierig.

Matt konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Dass er morgen zum Frühstück wieder da ist.“

Mimi zog die Augenbrauen in die Höhe und starrte Matt entgeistert an. „Wie bitte? Wieso? Geht er etwa schon nach Hause?“

Matt warf ihr einen verständnislosen Blick zu. „Du hast schon gesehen, dass das Mädchen mit ihm mitgegangen ist?“

„Ja und?“ In Mimis Kopf bahnte sich langsam eine Idee an, die sie bisher zu ignorieren versucht hatte und auch immer noch nicht haben wollte.

„Mensch, du stehst aber auf dem Schlauch. Er pennt bei ihr“, sagte Matt ungeduldig und wandte sich wieder von Mimi ab. Diese sah auf die Stelle, an der Tai bis vor einer Minute noch gestanden hatte.

Wenn ein Kerl mit zu einem Mädchen nach Hause geht, dann kann das ja eigentlich nur eins bedeuten. Aber Tai und One-Night-Stands?

Mimi verspürte in sich den Drang danach, sich übergeben zu wollen. Gleichzeitig bekam sie plötzlich Lust auf noch einen Cocktail. Oder lieber einen Tequila.

„Los, komm mit“, forderte sie Matt auf und packte ihn am Arm, um ihn mit sich zu ziehen. Widerwillig stand er auf und folgte ihr an die Bar. „Zwei Tequila“, rief Mimi einem genervt aussehenden Barkeeper zu. Matt warf ihr einen skeptischen Blick zu und holte sein Portemonnaie aus der Hosentasche.

„Lass mal stecken, ich lad dich ein. Du kannst den nächsten bezahlen“, sagte sie, als Matt Anstalten machte zu protestieren.

Der Barkeeper brachte zwei kleine Gläschen Tequila, Salz und Zitronenscheiben herbei. Mimis Kehle brannte, nachdem sie den Schnaps geschluckt und in die Zitrone gebissen hatte. Sie atmete laut aus. Matt hingegen schien keinerlei Probleme zu haben.

„Hat dein plötzlicher Sinneswandel was mit Tai zu tun?“, fragte er und sah sie vielsagend an.

„Nichts hat etwas mit Tai zu tun. Er ist nicht der Nabel der Welt!“, raunzte Mimi schlecht gelaunt. Sie bestellte sich ein Mixbier und noch eine Runde Tequila für sich und Matt, dessen Blick schon wieder zur Tanzfläche wanderte. Mimi folgte seinem Blick und beobachtete nun selbst Sora und Marius, die noch immer miteinander tanzten.

Sie nippte an ihrem Bier, trank zwischendurch ihren Schnaps und ihr fiel auf, dass Marius Sora mittlerweile ganz schön nahe gekommen war. Auch Matt schien das nicht entgangen zu sein, denn er hatte einen äußerst gefährlichen Blick aufgesetzt, den Mimi niemals auf sich gerichtet sehen wollte. Als Marius keck eine Hand auf Soras Hintern platzierte, die diese allerdings sofort mit einem mürrischen Blick wieder wegschob, schien in Matt eine Sicherung durchzubrennen.

Er knallte seine Bierflasche auf den Tresen und stand auf. „Jetzt reicht's“, hörte Mimi ihn noch zischen, bevor er auf die beiden zu stürmte.

Mimi klappte der Mund auf und sie war unfähig, sich zu bewegen.

Matt erreichte Marius, packte ihn am Kragen und schrie ihn an. Dieser verpasste Matt einen unsanften Schubser und schrie zurück. Sora schrie auch irgendwas und versuchte, auf Matt einzureden, doch der schien außer Kontrolle. Schon hatte er Marius einen Kinnhaken verpasst. Sora schlug die Hand vor den Mund und sah sich panisch um und dann kam auch Mimi endlich die Idee. Izzy war doch irgendwo hier in der Nähe gewesen. Ja, da war er. Sie sprang auf, rannte so gut es zwischen den vielen Leuten eben ging auf ihn zu und riss ihn aus seinem vertrauten Gespräch mit dem Mädchen, das Mimi überrascht ansah. Izzy sah ein wenig genervt aus, doch als er Mimis panischen Gesichtsausdruck bemerkte und der Richtung folgte, in die sie deutete, reagierte er zum Glück sofort.

Er lief auf den fuchsteufelswilden Matt zu und umklammerte von hinten seine Arme.

„Lass mich los!“, hörte Mimi ihn brüllen. Die umstehenden Gäste waren ein wenig zurückgewichen und beobachteten die Szene neugierig. Sora war derweil in Tränen ausgebrochen und versuchte auf Matt einzureden.

Marius starrte Matt wütend an und wischte sich etwas Blut von der aufgeplatzten Unterlippe. Mimi kramte ein Taschentuch aus ihrer Handtasche hervor und bot es Marius an, der es dankbar annahm.

„Tut mir Leid“, sagte Mimi und sah ihn besorgt an. „Normalerweise rastet er nicht so aus.“

Marius warf einen letzten mürrischen Blick in Richtung Matt und schüttelte dann den Kopf. „Schon gut, halb so wild.“

Gerade kamen zwei Sicherheitsmänner und begleiteten Matt nach draußen, der allerdings schon freiwillig Richtung Tür ging.

„Ich glaub, wir gehen dann besser auch“, sagte Mimi zu Marius, nahm dann Sora am Arm, die sich mit einer Hand über die feuchten Wangen wischte, und lief Matt hinterher.

„Hol die anderen. Vielleicht wollen die mitkommen“, rief Mimi über die Schulter Izzy zu, der ihr folgte.

Sora und Mimi standen einige Minuten an der Garderobe und holten ihre Jacken, während Matt schon nach draußen gegangen war.

„Was sollte das denn?“, fragte Sora sofort verzweifelt, als sie nach draußen kamen, wo Matt noch in der Nähe der Tür stand und wartete.

„Was das sollte? Das fragst du mich?“, platzte Matt heraus und starrte nun Sora wütend an.

„Ja! Seit wann fängst du denn Schlägereien an?“, rief Sora und neue Tränen kullerten über ihre Wangen.

„Der Kerl hat ja geradezu danach geschrien, mal eine verpasst zu kriegen!“, entgegnete Matt abweisend.

„Nein, er...“, setzte Sora an, wurde aber unterbrochen.

„Nein? Dann habe ich es mir also eingebildet, dass er dich angegrabscht hat?!“

„Nein, aber...“

„Und hab ich es mir eingebildet, dass du die ganze Zeit mit ihm geflirtet hast?“

„Ich hab doch gar nicht mit ihm geflirtet!“, schrie Sora.

„Entschuldige, dann sah das wohl nur so aus, als du ihm was ins Ohr gehaucht und dabei gelächelt hast. Und als du mit ihm getanzt hast.“

„Matt, ich... vertraust du mir etwa nicht?“

„Wie soll ich einem Mädchen vertrauen, die sich dem ersten heißen Skilehrer an den Hals wirft, dem sie begegnet?“ Er drehte sich um und ging davon.

„Matt!“, rief Sora, blieb aber stehen. Sie vergrub das Gesicht in den Händen und schluchzte.

Fassungslos hatte Mimi dem Streit gefolgt und stand nun mit offenem Mund neben Sora und starrte Matt hinterher, der sich kein einziges Mal umdrehte.

„Was ist passiert?“, fragte Joe. Er, Izzy, T.k., Megumi und Kari waren soeben aus dem Club gekommen und wirkten sichtlich verwundert angesichts der schluchzenden Sora. Mimi klärte sie kurz auf.

„Ich red mal mit ihm“, sagte T.K. und schon rannte er Matt hinterher.

„Warte doch auf mich!“, rief Megumi und wollte ihm nachlaufen, doch Mimi packte sie am Handgelenk.

„Sag mal, hast du keinen Anstand? Lass ihn gefälligst allein mit seinem Bruder reden!“, fauchte Mimi sie an.

Megumi warf ihr einen hasserfüllten Blick zu, machte aber keine Anstalten, T.K. weiter nachzulaufen.

„Was machen wir jetzt?“, fragte Kari unsicher.

„Also wir gehen nach Hause“, beschloss Mimi und tätschelte Soras Rücken.

„Dann lasst uns alle gehen“, schlug Joe vor.

Und so machten sich die Freunde auf den Weg in ihre Ferienhütte.

Als sie schließlich in ihren Pyjamas auf ihren Betten hockten, weinte Sora nicht mehr, doch ihre Augen waren rot und geschwollen. Sie hatte den Kopf gesenkt und starrte auf ihre Decke.

„Du hast dir nichts vorzuwerfen“, versuchte Mimi sie aufzumuntern und legte ihr einen Arm um die Schultern. „Matt wird sich wieder einkriegen.“

„Er hat gesagt, er vertraut mir nicht“, sagte Sora leise.

„Das hat er doch nur aus Trotz gesagt. Er liebt dich, das weißt du. Und er weiß, dass du ihn liebst.“

Eine Weile schwiegen sie und hingen jede ihren Gedanken nach.

„Ist Tai schon so früh schlafen gegangen?“, fragte Kari dann und sah verwirrt aus.

„Tai?“ Mimi setzte einen verärgerten Blick auf. Den hatte sie schon wieder verdrängt. „Der ist zu irgendeiner Ollen nach Hause gegangen.“

„Was?“ Kari sah Mimi perplex an.

„Tai ist mit einem Mädchen weggegangen?“, fragte nun auch Sora und schien kurzzeitig ihren Streit mit Matt bei Seite zu schieben.

„Ja“, antwortete Mimi genervt und verschwand unter ihrer Decke. Sie wollte nicht mehr über Tai reden und ihn am liebsten ganz vergessen. Dieses Flittchen.
 

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So, ich hoffe, die Überraschungen in diesem Kapitel sind geglückt. ;) Ich bin eigentlich kein Fan von ungewollt schwangeren Charakteren, aber ich hatte irgendwie Lust, so etwas einzubauen. :D Ich hoffe, die Szenen kommen gut rüber, in der Sora und Mimi das feststellen.

Ehrlich währt am längsten

Mimi erwachte früh am Morgen nach einer unruhigen Nacht. Sie wusste, dass auch Sora sich nur herum gewälzt hatte. Mimi setzte sich auf und sah ihre beste Freundin an, die ihren Blick erwiderte. Kari schien noch tief und fest zu schlafen.

„Hab ich mich gestern wirklich mit Matt gestritten?“, fragte Sora müde und sah tatsächlich so aus, als glaubte sie, das wäre alles nur ein Traum gewesen.

Mimi kniff die Lippen zusammen und nickte.

Sora seufzte leise und schwang sich aus dem Bett. „Ich glaube, ich sollte es ihm sagen.“

„Ja, glaub ich auch“, stimmte Mimi leise zu.

„Aber wie?“ Sora sah sie hilflos an.

Mimi zuckte ratlos die Schultern. Sie war glücklicherweise noch nie in so einer Situation gewesen.

Sora ging aus dem Zimmer und Mimi hörte, wie sie die Badezimmertür hinter sich schloss. Dann stand sie selbst auf und beschloss schon einmal mit der Vorbereitung des Frühstücks anzufangen. Darüber würden die anderen sich sicher freuen, denn um diese Uhrzeit schliefen sie sicher noch alle. Doch Mimi irrte sich.

„Oh“, machte sie, als sie am Fuß der Treppe ankam und in die Küche sah.

„Hey“, begrüßte Tai sie und warf ihr einen flüchtigen Blick zu. Danach schien es ihm sehr wichtig zu sein, die richtige Anzahl Teller aus dem Schrank zu holen.

„Na, du Flittchen?“, sagte Mimi und versuchte, möglichst lässig zu klingen.

Tai gab nur einen undefinierbaren Laut von sich und trug die Teller zum Esstisch.

Mimi erschien es blöd, jetzt wieder nach oben zu gehen, also half sie ihm beim Tischdecken, obwohl sie ihm am liebsten aus dem Weg gegangen wäre.

„Wie geht’s dir? Fühlst du dich schon besser als gestern?“, fragte Tai nach einer Weile betont beiläufig.

„Ja, ähm... geht schon“, stammelte Mimi und machte sich ans Aufschlagen der Eier.

Tai nickte und wieder herrschten ein paar Minuten Schweigen.

„Okay, ich geh dann mal zum Bäcker“, verkündete er und war schon weg.

Mimi fragte sich, warum er nicht gleich beim Bäcker war, als er von seiner Schlampe zurückkam. Hatte sie gerade tatsächlich ein ihr unbekanntes Mädchen in ihren Gedanken als Schlampe bezeichnet? Vor lauter Schreck über sich selbst ließ sie das Messer fallen, das sie gerade zum Zwiebelschneiden aus der Schublade geholt hatte und das jetzt laut klirrend zu Boden fiel.

„Pass doch auf! Oder willst du dir die Füße abschneiden?“ Sora war fertig angezogen in der Küche erschienen und hob das Messer auf.

„Tai ist wieder da“, antwortete Mimi nur und drehte sich weg.

„Oh“, sagte Sora überrascht. „Ich frag mich echt, was ihn dazu bewegt hat, zu irgendeiner nach Hause zu gehen. Das macht er doch sonst nicht.“

„Soll er doch“, entgegnete Mimi trotzig und kramte im Kühlschrank alles Mögliche für das Frühstück heraus.

Sora trat neben Mimi und legte ihr eine Hand auf die Schulter.

„Mimi.“ Sie seufzte. „Das ist dir nicht egal, oder?“

Mimi zögerte eine Weile und zuckte dann die Schultern. „Keine Ahnung.“

„Vielleicht solltest du ihm das sagen?“, schlug Sora vorsichtig vor.

„Ich will ihn aber nicht davon abhalten, Spaß zu haben. Schon gar nicht, wenn ich eh nichts für ihn empfinde“, entgegnete Mimi.

„Denk einfach mal in Ruhe über alles nach“, sagte Sora, fasste Mimi an den Schultern und drehte sie um. „Und jetzt zieh dir mal was an, sonst wird deine Erkältung noch richtig schlimm.“

„Ja, Mama“, murrte Mimi und ging wieder nach oben.
 

Das Frühstück stellte sich als schwierig heraus. Die Stimmung zwischen Matt und Sora war kühl und auch Mimi wollte nicht mit Tai reden. Megumi ignorierte Kari ja bereits seit ihrer Ankunft am Vortag und auch ansonsten schien niemand Lust zu haben, sich mit Megumi zu unterhalten, nicht mal T.K.

„T.K., möchtest du mir nachher ein bisschen die Stadt zeigen?“, fragte sie und klimperte mit den Wimpern.

„Sorry, wir gehen Ski fahren“, antwortete T.K. knapp und ohne sie anzusehen.

Mimi war sich sicher, für den Bruchteil einer Sekunde ein schadenfrohes Lächeln über Karis Lippen huschen zu sehen. Megumi hingegen zog eine Schnute.

„Aber ich will doch Zeit mit dir verbringen“, entgegnete sie jammernd.

„Dann musst zu mitkommen. Kannst du Ski fahren?“ T.K. sah sie fragend an.

„Nein, aber du kannst es mir ja beibringen“, sagte Megumi mit leuchtenden Augen.

T.K. verdrehte kaum merklich die Augen und wirkte, als gäbe es ungefähr eintausend Dinge, die er lieber tun würde, als Megumi das Skifahren beizubringen. Auch Mimi war zusehends genervt, aber sie hatte diesem Mädchen ja schon zumindest teilweise ihre Meinung gesagt.

Nach dem Frühstück machten sie sich gemeinsam ans Aufräumen.

„T.K., kannst du mir mal kurz oben helfen?“, fragte Matt und sah seinen Bruder vielsagend an. Widerwillig folgte dieser ihm nach oben.

Sora seufzte. „Warum will er nicht mit mir reden?“

„Hast du es noch mal versucht?“, fragte Tai.

Sowohl Sora als auch Mimi sahen ihn überrascht an.

„Woher weißt du...“, setzte Sora an.

„Matt hat es mir erzählt. Heute Morgen. Nicht ganz freiwillig.“ Tai grinste vielsagend.

Sora zögerte einige Augenblicke.

„Nein, ich will ihn ja nicht nerven“, antwortete sie schließlich leise.

„Du immer.“ Tai gab ihr einen Klaps auf die Schulter. „Du nervst ihn doch nicht. Red einfach noch mal mit ihm und dann hat sich das wieder.“

„Oder du machst es auf Tai-Art und legst ihn einfach so bald wie möglich flach. Scheint ja gut zu funktionieren“, knurrte Mimi schnippisch. Diese Spitze hatte sie sich einfach nicht verkneifen können.

Tai schien sprachlos, denn er starrte Mimi nur an.

„Ja, Sora, manchmal wirken Taten besser als Worte“, stimmte Joe zu, als er gerade den Geschirrspüler anstellte, und lachte.

„Also echt, Tai, da guckt man einmal nicht hin und schon bist du mit einem Mädchen verschwunden“, mischte sich nun auch Izzy ins Gespräch.

„Wie war sie denn so? Warst du erfolgreich?“, fragte Mimi sarkastisch und warf ihm einen bösen Blick zu.

„Lalalalala“, machte Kari und hielt sich demonstrativ die Ohren zu. „Ich hör das nicht, ich hör das nicht, ich hör das nicht.“

„Izzy, du brauchst dich eigentlich auch nicht melden. Wer war denn die Kleine, mit der du die ganze Zeit getanzt hast?“, fragte Joe und lenkte damit die Aufmerksamkeit aller auf Izzy.

Tai hatte sich angesäuert einen Lappen geschnappt und war dabei, den Tisch abzuwischen.

„Ähm... ach... das war eine Deutsche, die gerade auch hier Urlaub macht“, antwortete Izzy, kratzte sich am Hinterkopf und lief knallrot an.

„Wie heißt sie denn?“

„Wie alt ist sie?“

„Habt ihr eure Handynummern ausgetauscht?“

Izzy sah nun aus, als würde er sich gern in ein Loch setzen und nicht mehr herauskommen, doch er brauchte nicht zu antworten, denn von oben ertönte ein Brüllen.

„Was soll ich denn machen? Ich kann sie doch nicht zwingen, nach Japan zurück zu fliegen!“ Das war eindeutig T.K.s Stimme.

„Du kannst ihr einfach mal klarmachen, dass sie nicht erwarten kann, dass alle sich auf einmal nach ihr richten!“, antwortete Matt wütend, aber etwas leiser.

„Gib mir doch nicht die Schuld daran! Ich wollte nicht, dass sie mitkommt!“

Megumi, die sich nicht am Aufräumen beteiligt hatte, warf Kari einen gespielt mitleidigen Blick zu.

„Das ist ganz schön hart, oder? Dein angeblich bester Kumpel will dich nicht dabei haben. Vielleicht bist du doch nicht die Nummer eins“, sagte sie und zuckte die Schultern.

Kari machte große Augen und sah unsicher zu den anderen, die allesamt Megumi anstarrten.

„Er... er meinte doch nicht mich, oder?“, fragte Kari kleinlaut an ihre Freunde gewandt.

„Wenn doch, dann muss ich mir zumindest überlegen, wie ich es wie einen Unfall aussehen lassen kann“, antwortete Tai scherzhaft. Kari wirkte nur noch verunsicherter.

„Natürlich meint er nicht dich!“, sagte Mimi heftig und sah Megumi böse an. „Er meint sie.“

„Was?!“ Megumi starrte Mimi geschockt an. „Er ist mein Freund! Er würde wohl kaum so über mich reden!“

„Aber Kari verlangt nicht, dass alle sich nach ihr richten“, warf Izzy ein.

„Naja, zumindest ist sie nicht so blöd, das zu sagen“, antwortete Megumi bestimmt und bevor sie noch jemand attackieren könnte, stolzierte sie die Treppe hinauf, während Matt wütend herunterkam.

„Noch lauter ging es wohl nicht?“, fragte Tai ihn.

„Sie hat es gehört, oder?“, fragte Matt leise.

„Nein“, antwortete Tai sarkastisch. „Es war so leise, das kann sie gar nicht gehört haben.“

„T.K. will sie nicht zur Rede stellen“, verkündete Matt.

„Das haben wir mitbekommen“, sagte Kari, die noch immer verunsichert wirkte.

„Was sollen wir mit ihr machen? Bleibt sie jetzt für den Rest unseres Urlaubs hier?“, fragte Joe in die Runde.

„Ich hoffe nicht“, seufzte Matt. „Ich weiß nicht, warum T.K. sich ausgerechnet so eine genommen hat.“

„Tja, Mädchen, die leicht zu haben sind. Da kann auch der stärkste Typ mal schwach werden, nicht wahr, Tai?“, stichelte Mimi und ihre Augen blitzten gefährlich.

„Mimi...“ Tai sah sie mit einem merkwürdigen Blick an, schien aber nichts weiter hinzufügen zu wollen.

„Vielleicht sollten wir uns langsam auf den Weg machen, sonst kriegen wir wieder Ärger“, lenkte Joe das Gespräch in eine andere Richtung.

Mimi hatte beobachtet, wie Sora in den letzten paar Minuten neben Matt getreten war und ihre Hand in seine gelegt hatte. Er hatte sie kurz angesehen, aber nicht weiter reagiert.
 

Als sie alle endlich am ersten Lift ankamen, waren sie wieder einmal zu spät dran. Mimi hatte heute noch weniger Lust aufs Skifahren als sonst. Sie stellte sich die Begegnung mit Marius nach dem gestrigen Abend mehr als nur schwierig und angespannt vor. Gut, dass Matt nicht in seiner Gruppe war.

„Guten Morgen“, begrüßte Marius sie etwas verhalten. Er mied ihre Blicke so gut es ging. „Wir probieren heute mal ein paar neue Pisten. Wenn ihr wollt, können wir auch mal eine schwarze ausprobieren.“

Mimi verzog das Gesicht.

Sie stellten sich in der Schlange vor dem Lift an und fuhren nach oben. Mimi hatte befürchtet, dass sie nach diesem einen Tag Pause gar nichts mehr konnte, doch sie kam gut vom Lift weg.

Oben verabschiedeten sich T.K., Matt und Izzy von den anderen. Sora sah ihnen wehmütig hinterher.

„Ganz schön gemein von ihm, dass er sie allein gelassen hat“, meinte Kari, kicherte aber.

„Tja, sie muss sich halt einen Skipass kaufen und Skier ausleihen, wenn sie ihm den ganzen Tag auf die Nerven gehen will. Anscheinend geht sie dann doch lieber allein in der Stadt bummeln“, antwortete Mimi.

„Sie hätte sich eben nicht einfach selbst einladen dürfen“, warf Sora ein.

„Hey, kommt ihr mal? Wir wollen heut noch mal los!“, rief Tai ungeduldig. Marius und die Jungs hatten sich schon bereit zur Abfahrt an den Rand der Piste gestellt.

Die Mädchen gesellten sich zu ihnen und nahmen wieder die gleichen Plätze ein wie das letzte Mal, als Mimi mit Tai im Schnee verloren gegangen war und dann ging es auch schon los. Mimi kam besser wieder in die Abfahrt hinein, als sie gedacht hatte. Es lief erstaunlich gut. Vielleicht wurde aus ihr ja doch noch eine super Skifahrerin und sie hatte ein verborgenes Talent entdeckt. Obwohl... wenn sie beobachtete, wie Sora fuhr, dann schlummerte das Talent wohl eher in dieser.

Das Wetter war an diesem Tag bedeutend besser. Zwar schien die Sonne nicht, doch es schneite auch nicht und von Nebel war ebenfalls keine Spur. So konnte sie Joe nicht wieder aus den Augen verlieren.

Als sie am nächsten Lift ankamen, sprach Marius Lobe und Kritiken aus und sie fuhren mit dem Lift nach oben zur nächsten Piste.

„Ohje, die sieht aber steil aus“, stellte Mimi ängstlich fest, als sie die Piste vor sich betrachtete.

„Ihr schafft das schon“, sagte Marius ermunternd. „Ihr fahrt doch schon richtig gut inzwischen.“ Mit diesen Worten stieß er sich ab und fuhr voraus. Sora folgte ihm nach ein paar Sekunden, dann kamen Kari und Joe.

„Sag mal, was ist eigentlich dein Problem?“, fragte Tai plötzlich, nachdem Joe außer Hörweite war, und sah Mimi forschend an.

„Was? Was für ein Problem?“, fragte Mimi, obwohl sie sich schon denken konnte, worauf er hinaus wollte.

„Deine ständigen Anspielungen auf gestern.“

„Ich weiß nicht, wovon du redest“, sagte Mimi abweisend und fuhr einfach los.

„Mimi!“, hörte sie Tai noch rufen, doch sie fuhr einfach weiter, bis sie die anderen erreicht hatte. Am liebsten hätte sie ihren Platz mit Joe getauscht. Moment mal, sie konnte ihn ja einfach fragen.

„Joe?“ Ein Augenaufschlag, ein unschuldiges Lächeln und sie hatte seine volle Aufmerksamkeit.

„Ja?“ Er sah sie erwartungsvoll an.

„Wollen wir vielleicht die Plätze tauschen? Karis Jacke kann ich im Schnee viel besser sehen als deine.“ Ein Klimpern mit den langen Wimpern und schon lächelte Joe und nickte.

„Klar, kein Problem.“

Mimi lächelte dankbar und fuhr nach Kari los. Sie wollte Tai nicht ansehen, konnte sich aber gut vorstellen, was er für einen Blick aufgesetzt hatte.

„Nervt Tai dich?“, fragte Kari beim nächsten Zwischenstopp, als sie auf Joe und Tai warteten.

„Ja“, murrte Mimi. „Ich will jetzt einfach nicht mit ihm allein sein. Nicht mal für eine Minute.“

Kari seufzte und sah sie stirnruzelnd an.

„Weißt du... vielleicht wollte er dich einfach eifersüchtig machen?“, schlug Kari vorsichtig vor.

„Tja, hat nicht geklappt“, knurrte Mimi und schwieg dann, weil die Jungs ankamen.
 

Sie aßen wieder in einer Berghütte Mittag, allerdings diesmal ohne Marius. Der hatte einen Skilehrerkollegen getroffen, aber Mimi glaubte, er hätte sich auch so nicht zu ihnen gesetzt, um weiteren Auseinandersetzungen mit Matt aus dem Weg zu gehen.

Die Stimmung beim Mittagessen war relativ locker dafür, dass nicht jeder mit jedem reden wollte.

Mimi löffelte schweigend ihre Flädlesuppe, die sie schon beim letzten Mittagessen auf dem Berg für sich entdeckt hatte. Die schmeckte einfach super und wärmte von innen. Nebenbei lauschte sie den Gesprächen ihrer Freunde. Izzy erzählte, wie er fasst einen kleinen Jungen umgefahren hätte und am Ende selbst fiel. T.K. und Kari teilten sich eine Salamipizza und tauschten immer wieder seltsame Blicke aus. Sora saß neben Mimi und unterhielt sich mit Tai. Matt und Joe planten gerade den kommenden Abend.

„Ich bin dafür, wir lassen es heute ruhiger angehen. War ja doch ziemlich turbulent gestern“, schlug Joe vor.

„Mhm, ich bin auch dafür“, stimmte Matt trocken zu. „Ich wollte eh noch ein Lied zu Ende schreiben.“

„Woran schreibst du denn?“, fragte Sora, die ihr Gespräch mit Tai unterbrochen hatte.

„Ach, irgendwas“, antwortete Matt, ohne sie anzusehen.

Sora ließ sich nichts anmerken, aber Mimi wusste, wie es in ihrem Inneren aussah. Am liebsten hätte sie Matt selbst gesagt, wie gemein er war und dass er seine Freundin gefälligst nicht wie Dreck behandeln sollte, zumal diese wirklich nichts verbrochen hatte. Aber sie wollte sich nicht einmischen. Am Ende war Sora noch sauer auf sie.

„Mensch, dieses Wiener Schnitzel ist einfach der Hammer. Ich glaub, ich nehm mir ein paar davon mit nach Japan“, schwärmte Tai, der sich ein Stück Schnitzel nach dem anderen in den Mund stopfte.

„Solange du mit dem armen Schnitzel nicht auch noch ins Bett gehst“, zischte Mimi in seine Richtung, sodass nur er und Sora es hören konnten.

Tai legte ruckartig sein Besteck auf den Teller, sodass dieses laut klirrte, und sah Mimi an, als wollte er ihr ein paar saftige Beleidigungen an den Kopf werfen, hielt aber den Mund.

Auch Sora sah sie überrascht an.

„Mimi, gibt es nicht schon genug Spannungen?“, murmelte sie und rieb sich die Stirn, als hätte sie Kopfschmerzen.

„Entschuldige“, nuschelte Mimi und schluckte den letzten Löffel Suppe hinunter.
 

Nach dem Mittagessen fuhren sie noch bis zum späten Nachmittag Ski. Sie probierten viele neue Pisten aus, wobei Mimi immer besser zurechtkam. Sie schaffte es außerdem, Tai aus dem Weg zu gehen, indem sie darauf achtete, dass sie ja nicht mit ihm allein war, nicht einmal für ein paar Sekunden. Von Marius wurde sie dafür für ihre Fortschritte gelobt.

„Deine Kurven sehen schon viel besser aus“, sagte er lächelnd.

Als die Dämmerung schon einsetzte, machten sie sich auf den Rückweg zu ihrer Ferienhütte.

„Er hat sich bei mir entschuldigt“, sagte Sora leise zu Mimi. Die beiden Mädchen bildeten das Schlusslicht der Gruppe und liefen in einigem Abstand hinter den anderen.

„Echt? Wann? Wurde ja auch mal Zeit. Er hätte wirklich nicht gleich so ausrasten müssen“, sagte Mimi verdutzt.

„Nicht Matt. Marius“, erwiderte Sora betrübt.

„Ach so. Was hat er denn gesagt?“

Sora zuckte die Schultern. „Dass es ihm Leid tut, dass ich jetzt wegen ihm Stress mit Matt hab. Angeblich wusste er noch nicht, dass er mein Freund ist“, erzählte sie.

„Vielleicht wusste er es wirklich noch nicht“, mutmaßte Mimi. „Dann müsste sich Matt ja noch bei ihm entschuldigen.“

„Ich glaub nicht, dass Matt sich entschuldigt“, antwortete Sora und ließ den Kopf hängen.

Sie kamen an ihrem Häuschen an und gingen hinein, wo sie von Megumi begrüßt wurden. Eigentlich wurde nur T.K. von Megumi begrüßt, denn sie fiel ihm in die Arme und küsste ihn, bevor er die Chance hatte, seine Skier richtig abzustellen. Alle anderen marschierten wortlos in den Keller, um ihre Skischuhe auszuziehen. T.K. folgte ein paar Sekunden später und sah genervt aus.

„Ich werd nachher mal mit ihr reden“, verkündete er und ließ sich auf der Bank fallen.

„Was willst du ihr sagen? Dass sie wieder nach Hause fliegen soll?“, fragte Izzy und sah ihn an.

„Ich weiß auch nicht“, murrte T.K. schlecht gelaunt.

„Naja, das kann er ihr nicht befehlen. Aber du kannst ihr zumindest sagen, sie solle sich was anderes in der Stadt zum Übernachten suchen“, schlug Joe vor.

„Ja, das versuche ich wohl mal“, stimmte T.K. wenig überzeugt zu.

Nach der wohltuenden heißen Dusche ging Mimi in die Küche, um sich selbst eine heiße Schokolade zu machen. Normalerweise übernahm Tai ja diese Rolle, doch es erschien ihr unangebracht, ihn zu fragen, da sie ja zu engen Kontakt mit ihm mied.

„Na, brauchst du noch Halstabletten?“ Joe war ebenfalls in der Küche erschienen und machte sich daran, den Geschirrspüler auszuräumen, der noch mit dem Frühstücksgeschirr gefüllt war.

„Nein, mein Hals tut schon fast nicht mehr weh“, meinte Mimi und lächelte ihn an. „Dafür kommt jetzt der Schnupfen.“

„Oh, naja, ich hab genügend Taschentücher und Nasenspray mit, also wenn du irgendwas brauchen solltest...“

„Dann melde ich mich. Danke.“ Lächelnd wand Mimi sich wieder ihrer heißen Schokolade zu.

„Sag mal, ist alles okay mit dir, Mimi?“, fragte Joe unvermittelt.

„Hm?“ Überrascht sah sie ihn an. „Was sollte denn nicht okay sein?“

„Naja...“ Joe zögerte. „Du wirkst heute irgendwie ruhiger. Ich dachte, du bist vielleicht traurig oder so.“

„Oh, ich... nein, mir geht’s gut“, stammelte Mimi. „Möchtest du auch eine heiße Schokolade?“

„Ja, gern.“

Mimi wartete schweigend, bis die Milch warm genug war, während Joe den Geschirrspüler leerte. Sie schüttete die Milch auf das Kakaopulver in den vorbereiteten Tassen.

„Danke, dass du dir Sorgen um mich machst. Das ist echt lieb von dir“, sagte Mimi verlegen und spürte, wie sie rosa anlief.

„Ach was“, murmelte Joe nur, doch seine Wangen bekamen ebenfalls einen rosafarbenen Schimmer. Er nahm schnell die beiden Tassen und brachte sie ins Wohnzimmer auf den Couchtisch. Mimi folgte ihm und ließ sich auf der Couch fallen. Sie wickelte die Kuscheldecke um sich und nahm die heiße Tasse in die Hände. Von oben her drangen Gitarrenklänge.

„Ich höre ihn so gern spielen“, sagte Sora, die die Treppe herunter gekommen war und sich nun neben Mimi auf die Couch setzte.

„Ich hätte auch gern mal einen Freund, der so toll Gitarre spielen und singen kann“, seufzte Mimi.

„Vielleicht ist das Lied, an dem er gerade schreibt, ja für dich“, überlegte Joe und sah Sora an.

„Aber warum sollte er das dann ausgerechnet jetzt zu Ende schreiben, wo er doch gerade nicht wirklich mit mir redet?“, fragte Sora.

„Stimmt auch wieder“, meinte Joe und nippte an seiner Tasse.

„Boah!“ Das war Tai, der gerade die Treppe herunterkam, gefolgt von Kari. „Man, kann die nerven.“

„Also ich finde Kari nicht nervig“, warf Joe ein und runzelte die Stirn.

„Was? Die doch nicht. Obwohl, Kari kann auch manchmal nerven.“ Tai grinste und erntete für seinen Spruch von Kari einen Stoß in die Rippen mit dem Ellbogen. „Autsch!“

„Er meint Megumi.“

„'T.K., wollen wir was zusammen machen? T.K., wollen wir spazieren gehen? T.K., muss Kari immer dabei sein?'“ Tai hatte seine Stimme verstellt, sodass sie jetzt hoch und nervtötend klang. Kari verdrehte die Augen. Die beiden Geschwister setzten sich neben Joe.

„Wo ist eigentlich Izzy ab geblieben?“, fragte Mimi und sah sich um. Von Izzy war nirgends etwas zu sehen.

„Der telefoniert mit irgendwem“, antwortete Joe schulterzuckend.

Tai stand noch einmal auf, um den Kamin anzuheizen. Wenig später saßen sie alle um das prasselnde Feuer und ruhten sich vom anstrengenden Skitag aus. Draußen wurde es langsam dunkel und als Mimi schon Hunger bekam, tauchte endlich Izzy auf, dessen Lippen von einem breiten Lächeln umspielt wurden. Alle Blicke waren auf ihn gerichtet.

„Mit wem hast du denn telefoniert?“, fragte Tai neugierig und musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen.

„Mit niemandem“, log Izzy und setzte eine Unschuldsmiene auf. „Fehlen hier nicht welche?“

„T.K. redet mit Megumi, aber die brauchen ganz schön lang“, erklärte Tai.

„Vielleicht kommt dann wenigstens was dabei heraus“, murmelte Mimi.

„Hoffentlich“, sagte Kari finster.

Anschließend unterhielten sie sich ein paar Minuten locker und lauschten dem Prasseln und Knacken des Feuers. Irgendwann kam Matt, in einer Hand seine Gitarre haltend, die Treppe herunter. Nun waren alle Blicke auf ihn gerichtet.

„Ähm...“ Er räusperte sich und kratzte sich mit der freien Hand am Hinterkopf. „Ich hab gerade meinen Song fertig geschrieben. Vielleicht wollt ihr euch ihn mal anhören? So als erstes Publikum?“

Alle murmelten zustimmende Worte, nickten und sahen ihn neugierig an.

Matt nahm sich einen Stuhl vom Esstisch und zog ihn neben den Kamin. Er setzte sich und platzierte die Gitarre auf seinem Schoß. Dann räusperte er sich erneut.

„Also, ich hab ihn für Sora geschrieben.“ Er sah sie vielsagend an. Mimi beobachtete, wie ihr Mund aufklappte vor Überraschung. Joe hatte also doch Recht gehabt. „Hab ihn schon vor zwei Monaten angefangen, aber wusste nicht, wie ich ihn zu Ende schreiben soll. Naja, und heute hatte ich eine Idee.“

Er spielte die ersten Akkorde und fing dann an zu singen.
 

„Do you remember when I said you were my only one?

We were running underneath the California sun.

Well, now I look at you and you're still more than I can take.

You're like a slow song, starting to accelerate.
 

And all my life I looked for you,

for arms that I can fall into.
 

All I can think about is you with me

driving with the Saves The Day record on.

We were singing until our voices were gone

and I was falling hard. You were barely haning on

and now I want to chase forever down

with you around.
 

You are making movies in your head when you fall asleep,

having nightmares, dreaming that I'm gonna leave.

I know you've always been afraid of ending up alone.

Somebody hurt you, now you're waiting on a dial tone.
 

But I'm right here, so don't get blue.

It's not just you; I need this, too.
 

All I can think about is you with me

driving with the Saves The Day record on.

We were singing until our voices were gone

and I was falling hard. You were barely haning on

and now I want to chase forever down

with you around.
 

We were running underneath the California sun.

We were underneath the California sun.
 

All I can think about is you with me

driving with the Saves The Day record on.

We were singing until our voices were gone

and I was falling hard. You were barely haning on.
 

We put our record on,

kept singing until our voices were gone

and I was falling hard. You were barely hanging on

and now I want to chase forever down.

We were riding underneath the California sun.

I just want to chase forever down

with you around.“
 

Er spielte die letzten Akkorde, stoppte und sah auf.

Sora hatte angefangen zu heulen und auch Mimi wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Alle anderen applaudierten und pfiffen begeistert.

„Jaja, Autogramme gibt’s später“, sagte Matt und hob abwehrend die freie Hand. Er lächelte etwas unsicher.

„Oh, das ist... das ist so...“ Sora wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Vielen Dank.“ Sie lächelte glücklich und gerührt.

Matt streckte eine Hand nach ihr aus, woraufhin sie aufstand und zu ihm ging. Er zog sie zu sich herunter und küsste sie, worauf wieder alle anfingen zu jubeln und zu klatschen.

Mimi musste lachen, doch sie freute sich sehr für Sora.

Die Stimmung war nun merklich aufgelockert, da zwischen Matt und Sora wieder alles okay war. Alle bekundeten ihre Begeisterung für Matts Lied und sagten ihm, er sollte bloß nichts mehr daran ändern, es wäre perfekt so und wunderschön. Der Tag schien vorerst gerettet.

„Ich bin schwanger!“, rief Sora plötzlich und schlagartig herrschte Totenstille im Raum. Man hätte eine Stecknadel zu Boden fallen hören können. Alle machten große Augen und starrten Sora an und selbst Mimi klappte der Mund auf, obwohl das für sie ja keine Neuigkeit mehr war. Doch von diesem unerwarteten Geständnis war sie einfach mehr als nur überrascht.

Sora stand neben Matt, der langsam seine Gitarre an der Wand neben sich abstellte. Nach gefühlten Stunden voll verblüfftem Schweigen stand Tai auf und ging zu den beiden.

„Glückwunsch, du Stecher“, sagte er grinsend und klopfte Matt auf die Schulter. Anschließend nahm er die verdatterte Sora in die Arme und drückte sie einige Sekunden fest an sich. Dann sprangen auch die anderen auf und liefen zu ihnen.

„Oh, ist das war?“

„Seit wann weißt du das?“

„Im wievielten Monat denn?“

„War das ein Unfall?“

„Wusstest du das schon, Matt? Du siehst so mitgenommen aus.“

Matt starrte ins Leere und schüttelte langsam den Kopf. Bis auf ihn und Mimi redeten alle durcheinander auf Sora ein, die versuchte, alle Fragen zu beantworten und immer verlegener wurde. Dann irgendwann stand auch Matt auf und sah Sora an.

„Wollen wir eine Runde spazieren gehen?“, fragte er und klang dabei merkwürdig zurückhaltend. Ohne ihre Antwort abzuwarten nahm er ihre Hand und zog sie hinter sich her.

„Bis später“, rief Sora den anderen über die Schulter zu, dann waren sie in ihre Jacken und Schuhe geschlüpft und durch die Tür nach draußen gegangen.

T.K. stand mit Megumi am Fuß der Treppe und sah den beiden nach. „Was ist denn hier los?“

„Mensch, T.K., du wirst Onkel!“, rief Kari strahlend.

„Hä?“ Völlig irritiert sah er in die Runde und schien auf jemanden zu warten, der den Scherz enttarnte, doch das tat niemand. „Ist das euer Ernst? Wo sind die hin?“

„Ich glaub, die müssen nur mal miteinander reden“, antwortete Izzy grinsend und sah zur Tür.

Laut durcheinander schnatternd setzten sich alle wieder auf die Sofas und Mimi erzählte ihnen, wie sie und Sora das am gestrigen Tag alles zusammen herausgefunden hatten.

„Ich hab mir ja schon fast gedacht, dass da irgendwas nicht stimmt“, meinte Joe und rückte seine Brille zurecht.

„Ich weiß gar nicht, ob ich das schockierend oder süß finden soll“, sagte Kari und schüttelte noch immer ein wenig fassungslos den Kopf.

„Geht mir genauso“, stimmte Izzy zu.

„Sind die nicht ein bisschen jung für ein Baby?“, warf Megumi ein, doch niemand schenkte ihrem Einwand Beachtung.

„Ich bin jedenfalls schon echt gespannt auf das Baby“, sagte Mimi mit leuchtenden Augen.

„Ich bin gespannt, wie die jetzt mit allem zurechtkommen“, murmelte T.K.

„Wir helfen ihnen doch, wo wir können, oder?“, fragte Kari in die Runde. Sie bekam einstimmigen Zuspruch. Einige Minuten redeten sie noch über die überraschende Neuigkeit, dann meldete sich Tai.

„Lasst uns mal was kochen. Ich hab Hunger“, schlug er vor und stand schon auf, um sich in die Küche zu begeben. Die anderen stimmten zu und so suchte sich jeder eine Arbeit.

Da Matt gerade nicht da war, um die Führung über das Kochen zu übernehmen, bekam Izzy diesen Part. Er entschied, dass es eine Gemüsepfanne mit Hähnchen und Reis geben sollte. So machten er und Mimi sich daran, das Gemüse zu schneiden, während Kari sich an den Herd begab und Fleisch anbriet. Der Rest übernahm das Tischdecken. Megumi versuchte wieder einmal T.K. abzulenken, doch der ignorierte sie zusehends und kümmerte sich um seine Arbeit. Irgendwann gab sie auf und setzte sich gelangweilt an den Esstisch.

„Hmmm“, machte Izzy, nachdem er die beinahe fertige Pfanne probiert hatte. „Ich glaub, da fehlt noch...“ Er griff ein paar Gewürzgläschen und kippte dieses und jenes in die Pfanne. Mimi und Kari sahen ihm verblüfft zu.

„Seit wann kochst du eigentlich?“, fragte Mimi ihn.

„Keine Ahnung, das kam einfach so mal“, antwortete er schulterzuckend und stellte das Salz weg. „Kostet mal.“ Er schob Mimi und Kari jeweils einen Löffel voll Hühnchen und Gemüse in den Mund. Die Mädchen kauten und schluckten und nickten.

„Schmeckt super“, fand Kari.

„Ja, hast du toll gemacht“, stimmte Mimi zu und lächelte. „Vielleicht kannst du mir auch mal was kochen.“ Sie liebte Männer, die kochen konnten und musterte Izzy mit geschürzten Lippen. Eigentlich sah er richtig gut aus.

„Hab ich doch gerade.“ Er lächelte zurück und griff dann nach seinem Handy.

„Wir sind wieder da“, kam es von der Haustür. Sora und Matt kamen mit roten Wangen und Nasen herein und legten gerade ihre Jacken ab. Mimi versuchte, in Soras Gesicht zu lesen, wie es gelaufen war, konnte aber keine Anzeichen für einen positiven oder negativen Verlauf erkennen. Auch Matt wirkte irgendwie neutral.

Sora zog sich die Schuhe aus und lief auf das Badezimmer zu. Mimi rannte ihr hinterher und quetschte sich durch die Tür, bevor Sora diese zuschlagen konnte. Überrascht sah sie Mimi an, die sich auf dem Rand der Badewanne niederließ und Soras Blick erwartungsvoll erwiderte.

„Was ist?“, fragte Sora und schloss die Tür ab.

„Jetzt tu doch nicht so. Erzähl schon. Wie ist es gelaufen?“, fragte Mimi neugierig und starrte sie an.

„Ja, also... ganz gut eigentlich.“ Sora lächelte. „Ich hab ihm alles noch mal genau erklärt, wie du und ich das gestern herausgefunden haben und wann das passiert sein muss und so. Naja und dann haben wir darüber geredet, wie das weitergehen soll und wie wir das machen und so und...“ Sie zögerte.

„Und?“, fragte Mimi mit großen Augen.

„Wir wollen nach der Schule zusammenziehen“, verkündete Sora und ihre Wangen leuchteten rosa.

„Oh, wie schön“, seufzte Mimi. „Dann seid ihr ja schon eine richtige kleine Familie.“

„Ja, irgendwie schon. Aber ich kann mir das noch gar nicht vorstellen. Das ist noch so unwirklich und plötzlich“, antwortete Sora.

„Glaubst du, er freut sich über das Kind?“, fragte Mimi vorsichtig.

Sora dachte kurz nach. „Ja, ich glaube schon.“

„Also ich freue mich auch darüber“, schwärmte Mimi und stellte sich vor, wie sie auf Soras Baby aufpasste, es im Arm hielt und beruhigte, weil es gerade weinte. Später würde sie dann die coole Tante werden, die mit dem kleinen Sprössling shoppen geht. Ja, sie würde die coole Tante Mimi werden, die Soras Kind am liebsten besuchte und mit der es vor seinen Freunden angab.

„Ich kann mich irgendwie noch nicht so richtig drüber freuen“, murmelte Sora. Geistesabwesend wusch sie sich die Hände.

„Aber Sora...“, setzte Mimi an, wurde aber unterbrochen.

„Ja, ich weiß, es ist mein Baby und auch Matts Baby, aber ich weiß einfach noch nicht, wie wir das unseren Eltern beibringen sollen und wie wir das finanzieren können und ob wir überhaupt eine passende Wohnung finden und...“

Mimi trat zu ihr und legte ihr eine Hand auf die Schulter.

„Das wird schon alles irgendwie“, sagte sie aufmunternd. „Wir helfen euch doch alle, wo wir können und sind immer für euch da. Mach dir nicht allzu große Sorgen und freu dich lieber ein bisschen.“

Sora nickte und lächelte. „Ich versuch's.“

„Jetzt kannst du gerade eh nichts machen. Genieß lieber den Urlaub.“

Die beiden Mädchen verließen das Badezimmer und gingen zum Esstisch, wo alle schon saßen und Izzy gerade die Hühnchen-Gemüse-Pfanne verteilte.

„Guten Appetit“, wünschte er und alle fingen an zu essen. Mimi fand, dass es tatsächlich hervorragend schmeckte und beschloss, die nächsten Tage öfter mal Izzy zum Kochen zu verdonnern.
 

Nach dem Essen waren sie alle eine Stunde mit Aufräumen, Geschirrspüler einräumen und Abwaschen beschäftigt. Anschließend wollten sie sich alle gemütlich zusammensetzen und gemeinsam etwas trinken.

„Leute, wir gehen schon mal hoch und... ja. Gute Nacht“, verkündete Matt, schnappte Soras Hand und ging gemeinsam mit ihr die Treppe hinauf.

„Und ja. Das sagt ja mal wieder alles“, sagte Tai belustigt und sah den beiden hinterher.

„Du musst dich gerade melden, Mister Ich-spring-mit-der-Erstbesten-die-mir-über-den-Weg-läuft-ins-Bett“, stichelte Mimi und sah ihn finster an.

„Ach, kommt schon, lasst uns lieber was trinken“, sagte Joe schnell, bevor Tai zu einem Konter ansetzen konnte. Er schnappte drei Weingläser und eine Flasche Bratapfelwein und schenkte Mimi, Megumi und Kari jeweils ein Glas ein. Die drei bedankten sich lächelnd.

Die Jungen hatten jeder eine Flasche Bier neben sich stehen. Alle saßen auf dem Boden im Kreis vor dem Kamin auf dem gemütlichen Teppich und Izzy teilte gerade Karten aus. Sie spielten einige Runden Knack, plauderten nebenbei locker und tranken.

Megumi hatte natürlich dafür gesorgt, dass T.K. und Kari nicht nebeneinander saßen, doch irgendwann im Laufe des Abends wechselte T.K. einfach seinen Platz und ließ sich neben Kari nieder.

„T.K., was soll das?“, fragte Megumi geschockt und sah ihn an. „Nicht neben SIE!“

In diesem Moment schien T.K. endgültig der Kragen zu platzen.

„Jetzt hör mir mal zu, du anhängliche Klette. Du kannst nicht einfach hier aufkreuzen und dich überall einmischen, wo es dir gerade passt! Du denkst, du kannst dich einfach hier einquartieren und ich stelle für dich meine ganze Urlaubsplanung auf den Kopf, aber weißt du was? Das kannst du vergessen! Und ich hab die Schnauze voll davon, dass du ständig Kommentare über Kari ablässt. Wenn du mit ihr ein Problem hast, dann hast du auch mit mir ein Problem, kapiert? Und ich fände es am besten, wenn du dir morgen eine andere Bleibe suchst und mir einfach aus dem Weg gehst. Wenn ich gleich gewusst hätte, dass du so drauf bist, wäre ich gar nicht erst mit dir zusammen gekommen!“ Seine Augen funkelten, während Megumi ihn schockiert ansah. Auch alle anderen waren sehr still geworden und beobachteten die Szene angespannt. Megumi stand mit Tränen in den Augen auf und rannte wortlos die Treppe nach oben.

„T.K.!“, sagte Kari und sah ihn streng an.

„Was? Jetzt fall mir doch nicht in den Rücken!“, rief er gereizt.

„Das war wirklich ganz schön heftig, Kleiner. Hätte ich dir gar nicht zugetraut.“ Tai nickte anerkennend.

„Ich finde, das hat sie verdient“, sagte Mimi bitter. „So, wie die sich aufgeführt hat, seit sie hier ist.“

„Naja, man hätte es vielleicht auch ein wenig freundlicher formulieren können“, warf Joe ein und kratzte sich unsicher am Hinterkopf.

„Ach, das hätte die nicht verstanden. Es gibt Menschen, die verstehen nur unfreundlich“, murrte Mimi und sah dabei zu Tai, der ihren Blick verständnislos erwiderte.

„Heißt das jetzt, dass du wieder Single bist?“, fragte Kari und sah T.K. fragend an.

„Ja, sieht so aus“, meinte er und zuckte gleichgültig die Schultern. „Warum fragst du? Bist du interessiert? Dann musst du dich hinten anstellen.“ Er grinste sie verschmitzt an.

Kari schnappte nach Luft, errötete und sah T.K. erschrocken an. „Ich... ähm... nein!“

„Ach Kari, wenn du an ihm interessiert bist, dann würde er dich doch sofort nehmen. Der tut doch nur so cool“, sagte Mimi abwinkend. Alle anderen lachten, während T.K. und Kari nur nebeneinander hockten und es vermieden, sich oder die anderen anzusehen.

„Lasst uns darauf anstoßen“, rief Izzy und hob seine Bierflasche. Alle taten es ihm nach und nippten an ihren Getränken.

Nun, da Megumi sich entfernt hatte, war die Stimmung noch lockerer und ausgelassener. Alle redeten fröhlich durcheinander und machten einen Witz nach dem anderen. Sie hatten das Radio angeschaltet, das ununterbrochen zur Stimmung passende Musik spielte. Mimi bekam ständig Wein nachgeschenkt, obwohl sie eigentlich schon genug hatte. Doch mit Wein war alles noch eine Spur witziger.

Sie verlor im Knack ständig, doch es machte ihr irgendwann nichts mehr aus. Fröhlich spielte sie weiter, auch als Kari sich schon ins Bett verabschiedete. Nach ihr ging auch T.K. und so saßen sie nur noch zu viert vor dem Kamin, dessen Feuer nur noch eine Glut war.

„Izzy, jetzt erzähl doch mal, was das gestern für ein Mädchen war“, forderte Tai und sah den Angesprochenen einladend an.

„Das hast du mitbekommen? Ich dachte, du warst mit Heidi beschäftigt“, sagte Mimi missbilligend.

„Heidi?“ Tai sah sie verdutzt an.

„Ich hab sie einfach so genannt in meinem Kopf, weißt du? Du willst ja ihren Namen nicht verraten.“ Mimis Zunge fühlte sich seltsam schwer an beim Sprechen, als ob sie an einem unsichtbaren Gewicht befestigt wäre.

„Ich weiß doch gar nicht mehr, wie sie heißt“, entgegnete Tai und wandte sich wieder an Izzy. „Los, erzähl.“

„Ach, das war nichts weiter“, sagte Izzy abwinkend, doch ein verträumtes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht.

„Hast du nicht heute eine ganze Weile mit jemandem telefoniert? War sie das?“, fragte Mimi neugierig. Sie wollte Izzy ansehen, doch er wirkte ein wenig unscharf.

„Nun... ja“, sagte Izzy langsam. Er druckste herum und wandte den Blick ab, tat so, als würde er sich in dem Raum umsehen.

„Wie hieß sie denn?“, fragte Joe und nippte an seinem Bier.

„Marie“, sagte Izzy nach einigem Zögern. „Kommt aus Deutschland.“

„Uuuuuhhhh“, machte Mimi und klatschte in die Hände.

Izzy lief rot an und starrte auf den Boden.

„Du wirst ja ganz rot“, stellte Joe lachend fest und klopfte ihm auf die Schulter. „Werdet ihr euch wiedersehen?“

„Bestimmt nicht. Japan und Deutschland, das ist eine zu große Entfernung. Bringt ja eh nichts“, antwortete Izzy abwinkend und stand auf. „Ich werde jetzt ins Bett gehen, ist ja schon nach zwölf. Gute Nacht und feiert nicht mehr so lang.“

„Ja, ich komme auch mit. Wir müssen ja morgen wieder fit zum Skifahren sein“, sagte Joe und ging hinter Izzy die Treppe hinauf.

„Ich sollte auch ins Bett gehen“, verkündete Mimi und sprang auf. Die plötzliche Bewegung bekam ihrem angetrunkenen Zustand allerdings nicht, sodass sie taumelte und sich am Couchtisch festhalten musste, um nicht gleich wieder umzufallen. „Hui. Erst mal trink ich ein Wasser.“ Sie torkelte in die Küche, nahm sich ein Glas aus dem Schrank, füllte es mit Wasser und lehnte sich an den Tresen.

Auch Tai war aufgestanden und setzte sich ihr gegenüber auf einen der Hocker. Er sah ihr eindringlich in die Augen.

„Ist was?“ Mimi kicherte und starrte zurück.

„Was ist dein Problem mit Heidi?“, fragte Tai mit hochgezogenen Augenbrauen.

„Jetzt nennst du sie ja auch Heidi.“ Mimi kicherte, da sie das irgendwie unglaublich komisch fand.

„Was soll's, irgendwie muss sie ja heißen. Also, was ist dein Problem mit dieser Sache?“

„Ich weiß nicht, wovon du sprichst“, kicherte Mimi und nippte an ihrem Wasserglas.

„Mach dich doch nicht lächerlich. Ständig machst du irgendwelche Anspielungen auf gestern und gehst mir aus dem Weg. Was soll das?“ Er sah sie weiter eindringlich an.

„Weißt du was?“ Sie machte eine lange Pause und er zog fragend eine Augenbraue in die Höhe. „Ich gehe jetzt schlafen.“ Sie grinste breit und stand auf, doch Tai packte ihr Handgelenk und hielt sie fest. Hey, das ist ja Nötigung!“, beschwerte sie sich lautstark.

„Jetzt schrei nicht so, sonst wachen die anderen noch auf“, zischte Tai und legte einen Finger auf die Lippen. „Wenn du mir sagst, was dein Problem ist, lass ich dich los und du kannst gehen. Ich sprech dich dann auch nie wieder an.“

„Na schön.“ Mimi seufzte theatralisch. „Ich find's halt blöd, wenn du mit irgendwelchen Weibern nach Hause gehst, zufrieden?“

Tai runzelte die Stirn. „Du machst mir also mehr als deutlich klar, dass aus uns nichts wird, aber andere Mädchen darf ich auch nicht haben? Was soll das?“

„Hör mal zu, mein kleiner Tai.“ Mimi sah ihn aus glasigen Augen an. „Man kann seine Meinung auch mal ändern, klar? Vielleicht bist du mir ja doch nicht egal.“ Sie lächelte geheimnisvoll und zuckte die Schultern.

„Das sagst du doch jetzt nur, weil du betrunken bist“, seufzte Tai ein wenig genervt und machte nun seinerseits Anstalten aufzustehen.

„Ja, sonst hätte ich es wahrscheinlich für mich behalten“, stimmte Mimi zu und kicherte erneut. „Und niemand hätte es je erfahren. Aber da du es nun weißt... schlaf mit mir.“

Tais Mund klappte auf. „Was?“ Verdattert sah er sie an.

„Schlaf mit mir“, wiederholte Mimi und lächelte verführerisch, wie es ihr vorkam. „So wie mit Heidi.“

Tai musterte sie eine Weile und stand dann auf. „Du solltest ins Bett gehen“, meinte er trocken.

„In deins oder in meins?“, fragte Mimi kichernd. Als er weggehen wollte, schwang sie sich auf den Tresen, wobei sie sich das Schienbein anschlug, was sie aber kaum wahrnahm, und warf die Arme um seinen Hals, um ihn am Gehen zu hindern.

„In deins. Los, ich bring dich noch hin“, antwortete Tai nüchtern, doch Mimi umklammerte ihn hartnäckig.

„Warte mal, ich hab was für dich“, sagte sie leise und ließ ihn los. Mit beiden Händen griff sie den Saum ihres Oberteils und zog es sich in einem Zug über den Kopf. Sie ließ es achtlos zu Boden fallen und kniete nun im BH vor Tai auf dem Tresen. Sie schüttelte ihr langes Haar und sah ihn auffordernd an.

Tai hatte für den Bruchteil einer Sekunde auf ihren entblößten Oberkörper geschaut, sah ihr nun jedoch wieder in die Augen.

„Komm jetzt, Mimi“, sagte er ungeduldig, doch Mimi legte wieder die Arme um seinen Hals.

„Würde ich ja gern, aber fehlen da nicht noch ein paar Zwischenschritte?“, fragte sie leise und kraulte mit den Fingernägeln der einen Hand seinen Nacken.

Tai lachte kurz auf und schüttelte den Kopf. „Du spinnst und gehörst ins Bett.“

„Wenn du nicht mit mir schlafen willst, warum ziehst du dich dann gerade aus?“, fragte sie und kicherte wieder.

„Du ziehst mich aus“, antwortete er nur und tatsächlich befand sich ihre zweite Hand unter seinem T-Shirt.

Mimi beugte ihren Kopf nach vorn, so nah an Tais Ohr, dass ihre Lippen schon sein Ohr berührten.

„Komm schon, Tai, schlaf mit mir“, hauchte sie. Sie spürte unter ihren Fingern, die noch immer seinen Nacken kraulten, dass er eine Gänsehaut bekam. „Ich hab doch bisher kaum Erfahrungen damit und du weißt schon so viel. Meine einzige Erfahrung habe ich übrigens mit dir gemacht. Also los, zeig mir noch mehr.“ Sie sah ihm wieder tief in die Augen.

Er lächelte, zog sie vom Tresen in seine Arme und trug sie zur Couch. Dort legte er sie vorsichtig auf die Sitzfläche und setzte sich auf die Kante. Bevor er sich ihr zuwenden konnte, hatte sie ihm das T-Shirt über den Kopf gezerrt und es weggeworfen.

Tai vergrub den Kopf in ihrer Halsbeuge und küsste sie. Von dort wanderten seine Lippen zu ihren Schlüsselbeinen. Eilig und geschickt öffnete Mimi ihren BH, streifte ihn ab und warf ihn zu Tais Shirt. Tais Lippen glitten zum Ansatz ihrer Brüste, küssten sie sanft, hinterließen eine leicht feuchte Spur und ein Kribbeln auf ihrer Haut. Er küsste die Stelle zwischen ihren Brüsten und hob dann den Kopf, um sie anzusehen.

„Hör nicht auf“, seufzte Mimi, vergrub die Hände in seinem Haar und wollte seinen Kopf wieder herunterdrücken, doch er stand auf.

„Ich hole nur schnell noch was“, sagte er und ging.

Mimi blieb in freudiger Erwartung auf dem Sofa liegen und merkte nicht, dass Tai nur zum Esstisch ging und sich auf einen der Stühle setzte. Sie merkte auch nicht, wie ihr Kopf zur Seite kippte und sie tief und fest einschlief.
 

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Tadaaa, das war das neue Kapitel. Habe es gerade in einem Ruck fertig geschrieben, nachdem der Anfang hier schon wieder so lang herumlungerte. :D

Das Lied, das Matt singt, habe ich natürlich nicht selbst geschrieben. :D Es ist von Yellowcard und heißt "With you around" und ich möchte euch empfehlen, es mal anzuhören. ;)

Ich hoffe, das Kapitel hat euch ein bisschen gefallen.

Langweilige Skitage

„Hey Mimi, aufwachen!“ Sora rüttelte sie sanft an der Schulter und sagte immer wieder den gleichen Satz, bis Mimi endlich die Augen aufschlug.

„Was? Ist schon Morgen?“, fragte sie mit krächzender Stimme.

„Ja und wir müssen uns ein bisschen beeilen. Also los, steh auf!“ Bestimmt zog Sora ihr die Decke weg.

„Hey!“ Mimi rollte sich zusammen und drehte sich auf die andere Seite. Ihr Kopf brummte.

„Sag mal...“, setzte Sora an, sprach aber nicht weiter.

„Hm?“, machte Mimi müde.

„Warst du gestern noch so besoffen, dass du nicht mehr wusstest, wo deine Unterwäsche ist?“, fragte Sora nun.

„Was?“ Mimi sah an sich herunter und glaubte, sie wäre nackt, doch sie trug ihr Nachthemd und eine Unterhose. Die Unterhose gehörte allerdings nicht ihr, sondern Sora. Es waren weiße Hotpants mit einem hellblauen Muster.

Mimi dachte nach. Sie wusste doch eigentlich, wo in dem großen Kleiderschrank ihre eigenen Klamotten lagen, wo Soras und wo Karis. Wie kam es, dass sie die falsche Unterhose angezogen hatte? Sie setzte sich auf und sah Sora nachdenklich an.

„Ich kann mich ehrlich gesagt gar nicht mehr daran erinnern, wie ich gestern ins Bett gekommen bin“, gab sie zu und kratzte sich am Kopf. Sie hatten Karten gespielt und über Izzys Bekanntschaft geredet. Dann waren nur noch sie und Tai übrig und Mimi wollte Wasser trinken.

Ein Schmerz machte sich an ihrem Schienbein breit. Wo kam der her? Mimi streckte das Bein aus und entdeckte einen riesigen blauen Fleck, in dessen Mitte sich sogar ein wenig getrocknetes Blut befand. Sie war auf den Tresen geklettert und hatte sich dabei das Bein gestoßen. Aber warum...

Mimi schnappte hörbar nach Luft und schlug sich eine Hand vor den Mund. Sora sah sie erschrocken an.

„Was ist denn?“, fragte sie alarmiert.

„Sora, ich wollte mit Tai schlafen!“, flüsterte Mimi aufgeregt. „Ich war schon halb nackt und dann hat er gesagt, er geht noch schnell was holen oder so. Und dann kann ich mich an nichts mehr erinnern!“

Sora machte große Augen.

„Da hab ich ja noch ganz schön was verpasst“, stellte sie leicht lächelnd fest.

„Ja, du hast dich ja lieber mit Matt verzogen, dabei hättest du auf mich aufpassen sollen“, jammerte Mimi und sah ihre beste Freundin vorwurfsvoll an.

„Was? Ich bin doch nicht deine Mutter!“, murrte Sora verärgert.

„War ja auch nur'n Witz“, lenkte Mimi ein. „Glaubst du, er hat mir vielleicht irgendwas gegeben, sodass ich weggetreten bin?“

Nun sah Sora erst recht verärgert aus. „Mimi! Wir reden hier von Tai, nicht von einem irren Vergewaltiger! Natürlich hat er das nicht gemacht und allein für diesen Verdacht solltest du dich schämen!“

„Ja, ist ja gut“, murmelte Mimi und war froh, dass Tai ihre Verdächtigung nicht mitbekommen hatte.

„Aber komisch ist es schon, dass du dich nicht mehr erinnern kannst, wenn du sonst noch alles weißt“, räumte Sora ein. „Aber jetzt steh endlich mal auf, sonst kommen wir wieder zu spät.“

Mimi zog sich langsam an, band ihre Haare zusammen und folgte dann Sora nach unten, wo alle schon am Esstisch saßen und mit dem Frühstück beschäftigt waren. Alle bis auf Megumi.

„Wo ist denn Megumi?“, fragte Mimi und setzte sich.

„Die ist weg“, brummte T.K.

„Heute Morgen haben wir einen Zettel auf ihrem Bett gefunden, auf dem stand, dass sie wieder nach Hause fliegt“, erklärte Izzy, der in einer Hand eine Gabel voll Rührei hielt und mit der anderen auf seinem Handy herum tippte.

„Vielleicht war das ja doch ein bisschen zu gemein“, überlegte Sora vorsichtig.

„Nö“, sagte T.K. trocken und biss von seinem Brötchen ab.

Mimi tat sich einen Löffel Rührei auf den Teller und begann ohne Hunger zu essen. Ihr Kopf schmerzte, ihr war übel und auch sonst fühlte sie sich schlapp. Wie sollte sie nur diesen Tag überstehen? Sie sah zu Tai, der unbekümmert aß. Er schien irgendwann zu merken, dass er beobachtet wurde und fing Mimis Blick auf. Diese übte sich nun in Telepathie, sah ihn angestrengt an und fragte in Gedanken immer wieder „Was ist gestern noch passiert?“

Tai runzelte die Stirn und sah verwirrt aus.

„Musst du dich übergeben?“, fragte er plötzlich. Alle Blicke richteten sich auf Mimi.

„Nein, du Idiot!“, fauchte sie und wandte den Blick von ihm ab. Dieser Idiot verstand nicht mal, was sie ihm sagen wollte, dabei fand sie es mehr als eindeutig. Und dann noch dieser blöde Kopfschmerzen bereitende Wein.

Mimi seufzte, legte ihre Gabel beiseite und trank einen Schluck aus ihrer Teetasse. Gleichzeitig beschloss sie, Tai zu fragen, was gestern noch passiert war, auch wenn dies mal wieder ein peinliches Gespräch werden würde.
 

Nach dem Frühstück und dem Aufräumen begaben sich alle in ihre Zimmer, um sich zum Skifahren fertig zu machen. Mit der Zahnbürste im Mund zog Mimi sich alles an, was sie brauchte, um nicht zu frieren.

„Wie lang habt ihr gestern eigentlich noch gemacht?“, fragte Kari an Mimi gewandt.

Diese zuckte nur die Schultern. „Keine Ahnung, hab nicht auf die Uhr geguckt. Bis um eins oder so“, nuschelte sie durch die Zahnbürste.

„Hab gar nicht mehr mitbekommen, wie du ins Zimmer gekommen bist“, sagte Kari und schmierte sich das Gesicht vor dem Spiegel mit fettiger Creme ein.

„Ich auch nicht“, murmelte Mimi. Kari und Sora kicherten.

Die Gruppe kam gerade noch pünktlich am Skilift an. Marius saß auf einer Bank vor dem Häuschen der Skischule und schnallte gerade seine Skischuhe fest. Er sah überrascht auf.

„Ihr seid ja heute pünktlich“, stellte er fest und lächelte amüsiert. „Wir versuchen heute noch mal so eine ähnliche Route wie gestern.“

Nachdem alle ihre Skier angeschnallt hatten, fuhren sie mit dem ersten Lift den Berg hinauf und weiter ging es zum zweiten Lift. Es war ein Zweierlift und Mimi witterte ihre Chance. Wie eine Klette klebte sie neben Tai in der Schlange vor dem Lift und schaffte es schließlich auf den Platz neben ihn.

Mimi wartete eine Weile, bis sie sicher außer Hörweite der anderen waren. In der Zeit genoss sie kurz die Aussicht und die strahlende Sonne, die den Schnee glänzen und glitzern ließ, aber auch in den Augen blendete.

Schließlich sah Tai sie prüfend von der Seite an.

„Na, was willst du?“, fragte er.

Mimi sah ihn überrascht an, doch er zuckte nur die Schultern. „Wenn du dich schon so anstrengst, um allein mit mir Lift zu fahren, muss doch irgendwas dahinterstecken.“

Mimi sah wieder geradeaus.

„Ja, also, ich wollte wissen, was gestern passiert ist“, fragte sie verlegen.

„Was?“, rief Tai. „Willst du etwa sagen, du kannst dich an NICHTS erinnern?“ Er schüttelte genervt den Kopf. „Eigentlich hätte ich mir das denken müssen.“

„Nein, nein!“, widersprach Mimi vehement. „Ich weiß es schon noch... bis zu einem bestimmten Punkt.“

Tai sah sie erwartungsvoll an und schien zu warten, dass sie weitersprach.

„Ich wollte mit dir schlafen“, begann Mimi.

„Jap“, sagte er und sah aus, als müsste er sich ein Grinsen verkneifen. „Du warst sogar ganz schön penetrant.“

„Ja, ja, das wollte jetzt niemand wissen“, zischte Mimi mürrisch. „Also du hast irgendwann gesagt, dass du noch was holen musst.“

„Mhm.“ Tai nickte bestätigend.

„Und was ist danach passiert?“

Nun lachte er auf einmal. „Na was schon? Du bist eingeschlafen.“

„Hast du dann trotzdem mit mir geschlafen?“

„Was? Nein!“, rief er empört. „Ich hab dich ins Bett gebracht.“

„Dann kannst du mir vielleicht verraten, warum ich heute Morgen eine Unterhose von Sora an hatte?“ Nun sah Mimi ihn forsch an und er wandte den Blick ab.

„Ähm... ja, also, ich hab dich halt noch zum Schlafen umgezogen“, antwortete er und wurde rot.

„Das heißt, du hast mir meine Unterhose ausgezogen?“, rief Mimi aufgebracht. „Tai, wie konntest du...“

„Reg dich mal wieder ab!“, unterbrach er sie unwirsch. „Schließlich warst du drauf und dran, dich vor mir ganz von allein auszuziehen. Außerdem war es dunkel und ich hab eh nichts gesehen.“

Mimi war beschämt und sie verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust, ließ ihn aber nicht aus den Augen. Dann stellte sie die Frage, die sie am meisten interessierte, nachdem sie herausgefunden hatte, was passiert war.

„Warum hast du nicht mit mir geschlafen, als ich es wollte?“

„Weil du betrunken warst“, antwortete er nüchtern und zuckte die Schultern. „Das kann ich ja wohl schlecht ausnutzen.“

„Du findest mich also betrunken nicht mehr attraktiv“, stellte sie ein wenig gekränkt fest.

Er sah sie überrascht an.

„Doch, klar!“, widersprach er. „Ich wollte ja auch, deswegen hab ich ja gesagt, dass ich noch schnell was holen muss.“

„Du wolltest ein Kondom holen“, sagte Mimi. Irgendwie wurde ihr das Gespräch nun langsam peinlich.

„Genau.“ Tai nickte.

„Aber dann wolltest du doch nicht mehr?“, bohrte Mimi weiter.

„Ja, weil ich ein schlechtes Gewissen bekommen habe. Ich dachte mir, wenn ich mit dir schlafe, will ich auch, dass du dich hinterher noch dran erinnern kannst. Deswegen hab ich mich einfach außerhalb deines Blickfelds hingesetzt und darauf gewartet, dass du einschläfst“, erklärte er.

Mimi runzelte die Stirn und sah ihn missbilligend an.

„Was denn? Mir ist das auch nicht leicht gefallen“, verteidigte er sich und verschränkte nun ebenfalls die Arme vor der Brust.

„Dich soll mal einer verstehen“, murrte Mimi.

„Ach, komm schon. Was wäre gewesen, wenn ich dir jetzt erzählt hätte, dass ich es doch gemacht hab? Dann wäre das garantiert auch nicht richtig gewesen und du hättest wieder drei Tage nicht mit mir geredet“, entgegnete er schlecht gelaunt.

„Warum hast du mit Heidi geschlafen?“, fragte Mimi nun, ohne auf seine Frage einzugehen.

„Wird das hier ein Kreuzverhör?“, knurrte Tai.

„Entschuldige mal. Als die Person, in die du angeblich verliebt bist, werde ich ja wohl erfahren dürfen, warum du mit einer Fremden schläfst, aber nicht mit mir!“, raunzte sie.

Tai wurde plötzlich rot. „Mann, Mimi!“ Er stöhnte. „Wie soll ich dir das erklären? Warst du schon mal ein Jahr lang in jemanden unglücklich verliebt? Wahrscheinlich nicht.“

Sie schüttelte verwirrt den Kopf. Worauf wollte er denn nun schon wieder hinaus?

„Ja, also... jedenfalls stauen sich dann einfach Gefühle an, die mal raus müssen, verstehst du?“

Mimi wünschte sich nun, sie hätte nicht gefragt. Sie widerstand geradeso dem Drang, sich die Ohren zuzuhalten. Kari hätte sich nun wahrscheinlich schon übergeben, wenn sie dabei gewesen wäre.

„Und dafür eignen sich fremde Mädchen am besten, weil es einem da egal sein kann, ob die auch was davon haben. Also jedenfalls war's mir egal“, schloss er seine Erzählung.

Mimi war ein wenig verwirrt und angewidert. Sie warf ihm einen skeptischen Blick zu.

„Du findest das jetzt bestimmt eklig, oder?“, fragte Tai langsam.

„Irgendwie schon ein bisschen“, antwortete sie zögernd.

„Aber sag mal“, setzte er nach einigen Sekunden des Schweigens an, „ich hab auch noch eine Frage an dich. Du meintest gestern was von wegen, dass es dir schon was ausmacht, dass ich bei diesem Mädchen war. Meintest du das ernst?“

Mimi wurde schlagartig rot und wandte rasch den Blick von ihm ab. „Ähm... also...“

Ihr Lift näherte sich der Station und Mimi machte sich nun eilig daran, ihre Skier von der Haltestange zu ziehen. Erleichtert rutschte sie am Ende Izzy und Joe entgegen, die vor ihnen gefahren waren, und lächelte sie an. Sie konnte Tais Blick in ihrem Nacken förmlich spüren.

Die anderen trudelten nach und nach in Zweiergruppen ein und stellten sich zum Rest der Gruppe. Marius begann mit seiner Ansage.

„Wir nehmen heute die Piste hier zuerst, die kennt ihr ja schon. Aber wir biegen nach dem großen Schild rechts ab und fahren ein Stück schwarze Piste zum nächsten Lift. Und dann kommt eine neue. Okay?“

Alle nickten zustimmend und Mimi war etwas mulmig zumute. Schwarze Piste?

Marius wandte sich an T.K., Matt und Izzy. „Wenn ihr wollt, könnt ihr mit uns mitfahren. Jetzt dürftet ihr euch nicht mehr so langweilen.“ Er lächelte.

Mimi warf einen Blick auf Matt und wollte seine Reaktion sehen, doch sein Blick war unergründlich. Man konnte unmöglich sagen, ob er jetzt mit Marius gern einen trinken gehen oder ihm doch lieber den Hals umdrehen würde.

Joe stieß sich diesmal als Erster ab und Mimi folgte ihm. Marius wollte ganz hinten fahren, um ihre Fahrkünste einmal aus einer anderen Perspektive zu beobachten. Einigermaßen sicher gelangte Mimi zum ersten Zwischenstopp und fing eilig ein Gespräch mit Joe an, bevor Tai sie ansprechen konnte. Doch als Joe weiterfuhr, sprach er sie schließlich doch an.

„Keine Angst, ich werde dich nicht weiter fragen. Vergiss das einfach“, murmelte er ihr zu. Mimi sah ihn prüfend an, um sicher zu gehen, dass er es tatsächlich so meinte, doch er erwiderte ihren Blick unbekümmert. Ihr wurde nun ein wenig leichter ums Herz und sie folgte Joe beruhigt.
 

Während des Fahrens bekam Mimi Schmerzen in den Schienbeinen durch die unbequemen Skistiefel und auch ihren blauen Fleck spürte sie unangenehm. Außerdem wurde ihr das Skifahren allmählich langweilig, daran konnten auch die tolle Aussicht und das grandiose Wetter nichts ändern. Sie hatte es langsam satt, jeden Tag stundenlang Pisten rauf und runter zu fahren und dabei noch Schmerzen zu bekommen. Sie würde morgen wohl irgendein Unwohlsein vortäuschen und lieber ein bisschen shoppen gehen.

So wenig begeistert sie vom Skifahren auch war, auf das Mittagessen in der Skihütte freute sie sich immer wieder. An diesem Tag konnten sie sich einen Tisch draußen ergattern und in der Sonne sitzen. Der Holztisch zwischen ihnen war bereits vollgepackt mit Mützen, Skibrillen und Handschuhen. Der Großteil der Gruppe ging in die Hütte, um Essen und Getränke zu besorgen, während Mimi, Tai und Kari draußen blieben.

„Irgendwie ist es mir peinlich, jetzt vor den anderen zu fahren“, gestand Kari und es ließ sich schlecht ergründen, ob die Rotfärbung ihrer Wangen von der Kälte oder Verlegenheit kam.

„Warum?“, fragte Tai. „Macht Matt dich runter?“

Mimi verdrehte die Augen, schüttelte den Kopf und musterte Kari dann interessiert.

„Was? Nein.“ Verwirrt sah Kari ihren Bruder an. „Ich weiß auch nicht so richtig. Irgendwie habe ich mich wohler gefühlt, als wir noch unter uns Anfängern waren.“

Mimi runzelte die Stirn. Sie hatte eine Vermutung, stellte Kari aber keine weiteren Fragen, die ihr unangenehm werden konnten, hatte sie doch selbst manchmal unter unangenehmen Fragen Tais zu leiden, der das Ganze allerdings anders sah.

„Aber warum denn? Es sind doch nur Matt, T.K. Und Izzy und keine fremden Leute“, fragte Tai und beäugte seine Schwester argwöhnisch.

„Es ist mir halt unangenehm, okay? Jetzt löcher mich doch nicht so!“ Sie warf ihm einen genervten Blick zu und drehte sich dann um, um zu sehen, ob die anderen mit dem Essen schon unterwegs waren.

„Mann! Pubertierende Mädchen“, murmelte Tai verärgert.

„Du bist immer so unglaublich sensibel, Tai“, meinte Mimi belustigt und schüttelte den Kopf.

Einige Minuten später tauchten die anderen mit dem Essen auf und Mimi machte sich, noch immer wenig Hunger verspürend, über ihre Suppe her.
 

Der Rest des Skitages wäre vielleicht schön gewesen, wenn Mimi keinen Kater und mehr Spaß am Skifahren gehabt hätte. Zumindest fanden die anderen den Tag super, da das Wetter schön war und die Pisten gut. Doch Mimi wollte einfach nur nach Hause und war heilfroh, als sie sich am Nachmittag endlich die Skier über die Schulter legten und sich auf den Weg in ihre Ferienhütte machten.

„Hat jemand Lust auf Après-Ski heute Abend?“, fragte T.K. in die Runde.

„Jetzt, wo Megumi weg ist, ist dir wohl wieder nach Feiern zumute, was?“, fragte Matt grinsend.

„Also ich wäre dafür“, verkündete Kari.

„Ich komme auch mit“, sagte Izzy.

„Ich nicht“, murmelte Mimi, der allein beim Gedanken an einen Partyabend schon schlecht wurde. Sie wollte sich am liebsten sofort ins Bett legen und erst morgen Mittag wieder aufstehen.

„Mir ist auch eher nach einem ruhigen Abend“, meinte Tai und sofort sahen ihn alle vielsagend an. „Was ist?!“

„Schon klar“, sagte Kari und lachte. Alle bis auf Tai und Mimi stimmten ein.

In der Ferienhütte angekommen ging Mimi erst einmal heiß duschen in der Hoffnung, hinterher wieder ein wenig klarer im Kopf zu werden, doch als sie sich mit feuchten Haaren auf dem Sofa vor dem Kamin niederließ, in dem schon ein munteres Feuer prasselte, wurde sie sofort wieder schläfrig und musste sich bemühen, wach zu bleiben. Nein, heute konnte sie unmöglich auch noch feiern gehen. Dann wäre sie am nächsten Tag zu gar nichts mehr zu gebrauchen.

„Kommt jemand mit einkaufen?“, fragte Sora in die Runde. Mittlerweile hatten sich alle auf den Sofas verteilt und starrten ins Feuer.

Als keiner antwortete, hatte schließlich Matt Erbarmen und stand auf.

„Ja, ich komm mit“, murmelte er und streckte sich.

Sora verschränkte etwas verärgert darüber, dass die Beteiligung so mager ausfiel, die Arme vor der Brust. „Wir müssen auch nicht einkaufen gehen, aber dann haben wir auch nichts zum Abendessen“, erklärte sie schnippisch.

„Ist ja gut. Ich komme auch mit“, meldete Tai sich nun und Sora sah einigermaßen zufrieden aus.

Mimi warf Tai nur einen spöttischen Blick zu. War ja klar, dass Tai sich bei der geringsten Aussicht auf ein schmales Abendbrot doch noch freiwillig meldete, mitzukommen.

„Gibt es irgendwelche Essenswünsche?“, fragte Matt an den Rest gewandt.

Allein beim Gedanken an Essen wurde Mimi schon schlecht und sie schüttelte langsam den Kopf. Doch die anderen begannen, lebhaft zu diskutieren.

„Wie wäre es mit Fisch und Reis?“, schlug Joe vor. „Ein ganz normales Essen mal zur Abwechslung.“

„Das ist doch langweilig. Das können wir jeden Tag zu Hause essen“, wendete T.K. ein.

„Aber mir fehlt langsam das normale Essen“, murmelte Joe, wurde aber nicht weiter beachtet.

„Ich hätte Lust auf Schnitzel mit leckerer knuspriger Panierung“, schlug Tai vor und seine Augen begannen schon zu leuchten.

„Au ja, und dazu Kartoffeln“, stimmte Izzy zu.

„Und Champignons“, ergänzte Kari.

„Alles klar. Hat irgendjemand Einwände?“ Sora sah alle fragend an und als keiner etwas sagte, gingen die drei Einkäufer in Richtung Haustür.

Joe, der neben Mimi saß, sah ein wenig missmutig drein, was sie gut verstehen konnte.

„Mir fehlt unser japanisches Essen auch. Hier ist alles so fettig“, sagte sie zu ihm. „Bestimmt habe ich zehn Kilo zugenommen, wenn ich wieder zu Hause bin.“

„Ach was. Du siehst noch aus wie vorher“, meinte Joe aufmunternd.

„Außerdem kann man sich das eine Woche lang schon mal leisten“, stimmte Kari zu, die zugehört hatte, und zwinkerte.

„Ja, vielleicht“, nuschelte Mimi und lehnte sich zurück in das kuschelige Sofa.

Die Zeit, bis die anderen zurückkamen, vertrieben sie sich mit Knack spielen, wobei Mimi ständig verlor.

„Mimi, du spielst völlig unüberlegt“, sagte Joe zu ihr, als sie gerade wieder einmal verärgert ihre Karten hingeworfen hatte. „Sieh mal, du hättest alle drei Karten tauschen sollen, dann hättest du auf jeden Fall schon mal fünf Punkte mehr gehabt.“

„Ich wollte aber auf das Pik-Ass warten“, fauchte Mimi.

Joe seufzte resigniert und sammelte die Karten ein, um sie zu mischen. Das blöde Spiel verschlechterte Mimis Laune nur noch und so war sie froh, als Tai, Matt und Sora nach einer halben Stunde endlich mit vollen Einkaufstüten wieder auftauchten. Sie stand auf, um ihnen beim Auspacken zu helfen.

„Okay, lasst uns die Arbeit aufteilen“, schlug Tai, ganz der Anführer, vor und musterte seine Freunde. „Matt, übernimmst du die Schnitzel?“

Matt grinste und nickte. „Ich denke, das kriege ich schon hin. Hilfst du mir, Sora?“ Er sah seine Freundin an, die lächelte.

„Ich versuch's.“

„Prima. Mimi, hast du Lust, es mit der Champignonsoße zu versuchen?“, fragte Tai nun an Mimi gewandt, die kurz überlegte. Bisher hatte sie nicht so viel Ahnung von Essenszubereitung, doch das war eigentlich nur ein Grund mehr, es zu probieren.

„Ja“, sagte sie schließlich.

„T.K. und Kari, könnt ihr euch um die Kartoffeln kümmern? Da kann man am wenigsten falsch machen.“ Er grinste die beiden Jüngsten an, die nur säuerlich drein blickten, aber nickten.

„Okay, und Joe und Izzy, ihr deckt den Tisch“, bestimmte Tai und klatschte in die Hände. „Los geht’s. Worauf wartet ihr?“

„Und du spielst den Aufseher, oder was?“, fragte Kari schnippisch.

„Einer muss ja aufpassen, dass alles seinen Gang geht“, meinte Tai schulterzuckend und grinste.

„Vergiss es. Du kannst mir helfen. Ich hab nämlich keine Lust, die ganzen Champignons allein zu schneiden“, sagte Mimi grimmig und verschränkte die Arme vor der Brust.

Tai erwiderte ihren Blick mürrisch und murmelte: „Wenn's sein muss.“

„Typisch Tai“, meinte Joe und lachte.

„Los, los, nicht lachen! An die Arbeit!“, bestimmte Tai und sah Mimi auffordernd an, als erwartete er von ihr, sie würde ihm nun zeigen, wie man Champignons schnitt.

Diejenigen unter ihnen, die in der Essenszubereitung eingeteilt waren, begaben sich in die Küche an verschiedene Stellen und begannen mit ihrer Arbeit.

„So, Tai, dann lass uns – was machst du den?!“, rief Mimi und riss ihm eine Packung Champignons aus der Hand, die er soeben unter fließendes Wasser hatte stellen wollen.

„Was denn? Ich will sie abwaschen“, antwortete er mürrisch und wollte Mimi die Packung wieder abnehmen, doch sie stellte sie außerhalb seiner Reichweite ab.

„Nein, das macht man nicht“, widersprach sie ungeduldig und nahm sich zwei Küchentücher, von denen sie eins Tai in die Hand drückte. „Die reibt man nur mit Küchenpapier ab.“ Sie nahm sich den ersten Champignon und rieb ihn unter Tais skeptischem Blick ab.

„So werden die doch gar nicht sauber“, warf er ein und kratzte sich am Hinterkopf.

Mimi stöhnte auf. „Kann ich bitte einen anderen Teampartner haben? Izzy?“

Izzy drehte sich gerade zu ihr um, da nahm Tai doch eilig einen Champignon aus der Packung und rubbelte ihn ab.

„Ist ja schon gut, werd doch nicht wieder gleich so grantig“, murrte er und warf den abgeriebenen Champignon in eine Schüssel.

„Was soll ich denn sonst machen, wenn du dich anstellst wie der erste Mensch?“, antwortete sie genervt.

„Aber... wieso soll man Champignons denn nicht abwaschen?“, fragte Izzy nun, der gerade aus dem Schrank neben Tais Kopf Teller holte.

„Weil die sich dann mit Wasser voll saugen, das beim Braten alles wieder ausgeschwitzt wird. Und dann schmeckt alles nur noch nach Wasser“, erklärte Mimi ungeduldig und rieb nebenbei Champignons ab. „Ehrlich, ihr solltet euren Müttern mal beim Kochen helfen, Jungs.“

Tai und Izzy warfen sich argwöhnische Blicke zu und zuckten die Schultern.

„Das hast du dir doch gerade ausgedacht“, sagte Tai, als Izzy wieder weg war.

„Nein, das hat meine Mutter mir erklärt“, antwortete Mimi beinahe empört. „Warum glaubst du mir das nicht?“

„Weil ich davon noch nie was gehört habe. Ich sollte meine Taschen lieber schnell verstecken, sonst haust du sie mir noch voll“, entgegnete Tai und grinste sie an.

Mimi warf das Küchentuch nach ihm, das sie gerade zusammengeknüllt hatte und riss sich ein neues von der Rolle ab.

„Tai, du musst aber zugeben, dass du dich zu Hause nicht gerade häufig am Kochen beteiligst“, mischte Kari sich ein und sah ihren Bruder streng an.

„Das liegt daran, dass bei dem, was Mama kocht, eh nichts mehr zu retten ist“, verteidigte Tai sich und Mimi musste sich ein Lachen verkneifen. Gleichzeitig fand sie ihn furchtbar undankbar.

„Deswegen helfe ich ihr ja so oft“, antwortete Kari kichernd.

„Vielleicht solltest du das bleiben lassen. Dann schmeckt es bestimmt besser“, stichelte Tai und erntete dafür einen Tritt gegen sein Schienbein. „Aua!“

„Geschieht dir recht“, fand Mimi. „Und jetzt mach mal hin, sonst wieder morgen noch nicht fertig.“

Nach einer gefühlten Ewigkeit waren Tai und Mimi endlich mit dem Putzen der Pilze fertig, doch auch Kari und T.K. kämpften noch mit ihren Kartoffeln. Sie hatten inzwischen einen Wettbewerb am Laufen, wer am weitesten eine Kartoffel schälen konnte, ohne zwischendurch das Messer abzusetzen. Kari gewann allerdings jedes Mal.

Matt und Sora waren ganz mit dem Panieren der Schnitzel beschäftigt, weshalb ihre Hände schon komplett mit Ei und Paniermehl besudelt waren.

„Ich glaube, das wird lecker“, mutmaßte Sora und beäugte kritisch die Paniermischung.

Mimi sah hinüber zum Esstisch. Joe und Izzy gaben sich wirklich große Mühe, den Tisch so ansprechend wie möglich herzurichten. Sie hatten die Teller und das Besteck akkurat verteilt, sodass alles gerade und gleichmäßig aussah. Gerade waren sie dabei, Servietten zu falten und auf den Tellern zu verteilen. Sogar ein paar Kerzen standen in der Mitte des Tisches zwischen dem Geschirr.

„Mensch, ihr gebt euch ja richtig Mühe“, lobte Mimi die beiden und lächelte ihnen zu.

„Muss ja alles seine Ordnung haben“, antwortete Joe und rückte seine Brille zurecht.

„Lob lieber mich“, murmelte Tai. „Tisch decken könnte ich auch. Stattdessen muss ich das hier machen.“ Er hatte mittlerweile begonnen, die Champignons in ungleichmäßige Scheiben zu schneiden.

„Nein, dafür machst du es nicht gut genug“, antwortete Mimi nüchtern und fing ebenfalls an zu schneiden, um einiges schneller als Tai.

„Was heißt hier nicht gut genug? Hast du dir diese Prachtexemplare mal angesehen?“, entgegnete Tai großspurig und deutete mit dem Messer auf seine verkrüppelten Champignonscheiben.

Mimi sah zu ihm hinüber, während sie weiter schnitt.

„Also unter Prachtexemplaren ver- AUTSCH!“ Sie ließ vor Schreck das Messer fallen, denn sie hatte sich in den Zeigefinger geschnitten, weil sie nicht hingesehen hatte. „Mist!“, fluchte sie. Anscheinend hatte sie sich ein kleines Stück der Fingerkuppe abgeschnitten, denn es schien etwas zu fehlen. Blut tropfte auf den Boden und bildete tiefrote Kleckse.

„Bist du doof. Tja, Hochmut kommt vor dem Fall“, meinte Tai nur und wandte sich wieder seinen Champignons zu.

Mimi stand nur da und starrte ihren Finger an, von welchem noch immer Blut auf den Boden tropfte.

„Mimi? Alles okay?“, fragte Kari unsicher, die sich zu ihr gedreht hatte, doch da wurde Mimi plötzlich schwarz vor Augen und sie verlor ganz kurz das Bewusstsein. Kari und T.K. fingen sie auf, sodass sie nicht auf den Boden knallte und auch Matt und Sora drehten sich erschrocken um.

„Bringt sie am besten zum Sofa“, hörte Mimi Sora sagen und wurde daraufhin von Kari und T.K. in Richtung Sofa geschleift. Dort angekommen legten sie sie ab, während Sora mit einem Glas Wasser herbeigeeilt kam.

„Hier, trink das“, sagte sie und drückte Mimi, die noch immer nicht wieder ganz bei sich war, das Wasserglas in die Hand.

„Danke“, murmelte sie. Ihr Finger blutete noch immer und allein bei dem Gedanken daran wurde Mimi so schlecht, dass sie dachte, sich übergeben zu müssen.

Wenig später stand Joe neben ihr mit einer Packung Pflaster, einem Taschentuch und einem kleinen Spray in der Hand. Er nahm Mimis Hand und tupfte zunächst das Blut von ihrem Finger ab. Anschließend sprühte er einmal mit dem Spray auf ihren Finger und wickelte dann schnell ein Pflaster um die Fingerkuppe.

„So, jetzt musst du es nicht mehr sehen“, sagte er, als er fertig war, und lächelte sie aufmunternd an.

„Mann, was machst du denn immer?“ Tai hatte sich inzwischen hinter die Lehne der Couch gestellt und sah besorgt auf Mimi herunter.

Joe ging wieder zurück zum Esstisch, um seine Serviettenfaltkunst weiterzuführen.

„Tut mir Leid. Ich kann nur mein Blut nicht sehen“, murmelte Mimi erklärend. „Außerdem bist du schuld, weil du mich abgelenkt hast.“

„War ja klar, dass ich jetzt der Schuldige bin“, murrte Tai und drehte sich um. „Ich geh weiter Champignons schneiden. Du bleibst besser noch kurz liegen. Nicht, dass du gleich wieder umkippst.“

Mimi trank ihr Wasserglas leer und schämte sich derweil ein wenig. Warum war sie nur so anfällig auf Blut? Es war ihr peinlich, dass sie nahezu ohnmächtig geworden war, nur weil sie sich in den Finger geschnitten hatte. So schlimm war das doch gar nicht. Sie seufzte und stand auf, um zurück in die Küche zu gehen.

Die Blutflecken auf dem Boden waren mittlerweile weggewischt worden.

„Geht's wieder?“, fragte Sora besorgt und musterte Mimi, die sich wieder zu ihren Champignons stellte, die inzwischen fast alle geschnitten waren. Auch Kari und T.K. drehten sich zu ihr und sah sie fragend an.

„Ja, alles gut. War nur ein kleiner Schwächeanfall“, sagte Mimi hastig.

Sie warfen die Champignons in eine große Pfanne und begannen, eine Soße zu zaubern.

„Hoffentlich schmeckt das“, sagte Mimi bang, als sie gerade Sahne hinzu kippte und beäugte skeptisch das Gebräu.

„Wenn du alles machst, wahrscheinlich nicht. Aber mach dir nichts draus. T.K. und Kari machen die Kartoffeln, also werden die auch nicht schmecken. Der Einzige, der hier was auf dem Kasten hat, ist doch eh Matt“, antwortete Tai grinsend.

Mimi verpasste ihm mit dem Ellbogen einen unsanften Stoß in die Rippen.

„Sag mal, Kari, hast du das auch gerade gehört? Ich glaube, Tai hat gesagt, er will heute ohne Essen ins Bett gehen“, sagte T.K. laut zu Kari. Die beiden schwenkten gerade die gekochten Kartoffeln in einer anderen Pfanne.

„Hab ich auch so verstanden“, stimmte Kari zu und streckte ihrem Bruder die Zunge raus.

„Euch werd ich helfen“, drohte Tai und schüttete Pfeffer in die Soße.

„Nicht so viel!“, rief Mimi und riss ihm den Pfefferstreuer aus der Hand.

„Muss doch nach was schmecken“, rechtfertigte Tai sich nur und griff nach dem Salz.

Mimi seufzte und nahm sich insgeheim vor, nie wieder mit Tai zu kochen. Das war anstrengender als auf eine Gruppe Kindergartenkinder aufzupassen.

Sie schüttete ein paar Gewürze in die Soße und rührte um. Tai nahm sich einen Löffel zum Probieren. Mimi sah ihn erwartungsvoll an, doch eigentlich konnte sie sich schon denken, was er sagen würde.

„Hm, schmeckt echt super“, sagte er und sah sie überrascht an.

„Immer diese überraschte Unterton“, entgegnete Mimi, lächelte ihn aber an. Mit dieser Reaktion hatte sie nicht gerechnet.

„Die Schnitzel sind fertig. Wie lang braucht ihr noch?“, fragte Matt in die Runde und sah die anderen an.

„Also unsere Soße ist soweit eigentlich auch gut“, antwortete Mimi und rührte noch einmal in der Pfanne herum.

„Die Kartoffeln brauchen nur noch eine Minute“, meinte Kari.

Joe und Izzy saßen bereits am Esstisch und langweilten sich. Also nahmen sie alle Pfannen vom Herd und brachten sie hinüber zum hübsch gedeckten Esstisch. Sie setzten sich alle auf ihre Plätze und machten sich dann hungrig über ihr Abendessen her.

Keiner sagte etwas, alle waren schon kurz vorm Verhungern gewesen.

„Puh, das war lecker“, sagte Izzy und lehnte sich erschöpft zurück.

„Sagt mal, war das Käse in der Panierung?“, fragte Mimi an Matt und Sora gewandt.

Matt nickte.

„Das war eine prima Idee“, lobte Mimi die beiden.

„Mhm“, machte Kari und nickte eifrig.
 

Nach dem Aufräumen und dem Abwasch fühlte Mimi sich so erschöpft und müde, dass sie nicht im Geringsten verstehen konnte, wie die anderen auf die Idee kamen, jetzt noch irgendwo feiern zu gehen. Doch sie begaben sich alle in ihre Zimmer und machten sich fertig. Alle bis auf sie und Tai.

Mimi schaltete den Fernseher an und ließ sich auf eines der Sofa fallen. Es dauerte eine Weile, bis die anderen endlich das Haus verließen, doch als sie weg waren, war es angenehm ruhig.

Tai hatte sie noch verabschiedet und seiner Schwester ein paar Takte gesagt. Matt hatte er die Aufgabe gegeben, an seiner Stelle auf Kari aufzupassen. Nun setzte er sich neben Mimi auf die Couch.

„Schalt mal Fußball ein“, sagte er zu ihr, die gerade eine Liebeskomödie gefunden hatte.

„Vergiss es. Ich war zuerst hier“, antwortete sie gelangweilt und versteckte die Fernbedienung hinter sich.

„Willst du das jetzt den ganzen Abend gucken?“, fragte er und sah sie flehend an.

„Ja, eigentlich schon“, fauchte Mimi. „Geh doch woanders hin, wenn dir das nicht passt.“

„Ist ja schon gut“, murmelte Tai. „Sei nicht immer gleich so mies drauf.“ Er stand auf, ging in die Küche und kam mit einer Flasche Bratapfelwein und zwei Gläsern zurück.

„Was wird das denn?“, fragte Mimi und sah ihn argwöhnisch an.

„Wir können uns es doch ein bisschen gemütlich machen.“ Er zuckte die Schultern, grinste und setzte sich wieder neben sie. Er schenkte beiden Gläsern Wein ein und drückte dann eines davon Mimi in die Hand. „Prost.“

Widerwillig trank Mimi einen Schluck.

„Ich hoffe, du hast nicht das gleiche vor wie gestern“, murmelte Mimi misstrauisch und sah ihn aus verengten Augen an. Sie war ein wenig von ihm weg gerückt.

„Ich?“ Tai sah ungläubig zurück. „Du warst diejenige, die nicht mehr an sich halten konnte, Mäuschen. Vergiss das nicht.“

„Tz“, machte Mimi und wandte sich wieder dem Film zu.

„Es macht übrigens Spaß, mit dir zu kochen“, wechselte Tai das Thema.

„Ich wünschte, ich könnte das gleiche von dir behaupten“, antwortete Mimi trocken.

Tai grinste nur und nippte an seinem Wein.

Bei Sonnenaufgang

„Mimi!“ Es wurde an ihrer Schulter gerüttelt. „Mimi!“

Schlaftrunken öffnete Mimi die Augen und erkannte in der Dunkelheit nur einen Umriss. Sie öffnete den Mund, um zu schreien, doch eine Hand wurde ihr auf den Mund gepresst.

„Pscht! Ich bin's doch!“ Wenige Sekunden später nahm er die Hand von ihrem Mund.

„Tai?“, fragte Mimi verwirrt und verärgert. „Was willst du? Es ist doch noch mitten in der Nacht.“

„Nicht so laut!“, zischte Tai. „Los, steh auf. Ich will dir was zeigen.“

Ungläubig starrte sie auf den Fleck, wo sein Gesicht sein musste und machte Anstalten, sich umzudrehen. „Das kann doch bis morgen warten“, murmelte sie. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was so wichtig war, dass er sie mitten in der Nacht dafür wecken musste.

„Nein, kann es nicht“, flüsterte Tai und zog ihr die Decke weg. Augenblicklich durchströmte die Eiseskälte des Zimmers ihren Körper und sie musste einen Aufschrei unterdrücken.

„Spinnst du?“, zischte sie und griff nach der Decke, doch er packte unsanft ihr Handgelenk und drückte es auf die Matratze.

„Bitte. Es kann nicht bis morgen warten. Wenn ich es dir zeige, wirst du schon sehen, warum“, sagte er und ein flehender Unterton lag nun in seiner Stimme.

Mimi musterte ihn eine Weile finster, was er natürlich nicht sehen konnte, seufzte aber schließlich und stand auf.

„Na schön!“, grummelte sie. „Wo geht’s denn hin?“

„Zieh dir was an. Wir müssen raus“, flüsterte Tai und wollte sich umdrehen, um das Schlafzimmer wieder zu verlassen, als Mimi empört schnaubte.

„Raus? Ich gehe doch jetzt nicht r-“ Mit einem Satz war er bei ihr gewesen und presste ihr erneut die Hand auf den Mund.

„Wenn du so weiter schreist, weckst du bald die ganze Stadt!“, knurrte Tai, ließ sie wieder los und ging aus dem Zimmer. Wütend sah Mimi ihm hinterher, zog sich aber dennoch eine Jeans, einen Pulli und dicke Socken an.

Als sie im Wohnbereich ankam, wartete Tai schon an der Haustür auf sie. Gemeinsam zogen sie sich Jacken und Schuhe an und stiefelten hinaus in die morgendliche Kälte und Mimis Laune konnte kaum noch schlechter sein. Was wollte er ihr bloß zeigen? Den Satz „Ich möchte dir etwas zeigen“ kannte sie aus Filmen und dort hatte er eine ganz eigene Bedeutung. Aber Tai wollte sie doch wohl nicht draußen im Schnee...

„Wir müssen uns beeilen“, sagte Tai, nahm Mimis Hand und beschleunigte sein Schritttempo, sodass Mimi schon beinahe joggen musste.

Alles war totenstill und man hörte nur das Knirschen des Schnees unter ihren Füßen und ihren Atem. Es war, als würden selbst die Häuser noch schlafen.

Am Horizont über den Bergspitzen zeigte sich ein grünlicher Schimmer, der das Morgengrauen ankündigte. Tai führte sie ein Stück hinaus aus der Stadt einen verschneiten Weg entlang hinauf auf einen kleinen Hügel. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Sie waren ganz allein. Er wollte doch wohl nicht wirklich...

„Tai, was soll das hier?“, fragte sie ein wenig außer Atem und funkelte ihn an. „Ich will auf der Stelle eine Erklärung, sonst kehre ich um und du kannst dir selbst 'was zeigen'.“ Zur Unterstützung ihrer Aussage hatte sie Zeige- und Mittelfinger beider Hände erhoben.

„Was soll denn das?“, erwiderte er und machte ihre Geste nach. „Ich will dir wirklich was zeigen. Es müsste gleich losgehen.“

„Aber WAS soll gleich losgehen, verdammt? Tai, es ist...“, sie warf einen Blick auf ihr Handy, „sechs Uhr nachts. Da geht nichts los. Schon gar nicht in den Weihnachtsferien.“

Tai seufzte genervt. „Bitte, dann geh halt wieder.“ Er machte eine Handbewegung in die Richtung, aus der sie gekommen waren und sah sie auffordernd an. Mimi starrte eine Weile zurück, unschlüssig darüber, was sie nun tun sollte. Ihr Stolz sagte ihr, sie sollte sich umdrehen und wieder in ihr Bett zurückkehren, um noch mindestens zwei Stunden zu schlafen. Ihre Neugier sagte ihr, sie sollte bleiben und sehen, was Tai ihr unbedingt zeigen wollte.

Während sie da stand und im Inneren mit sich selbst stritt, sagte Tai auf einmal: „Es geht los.“

Mimi folgte seinem Blick, der auf den heller werdenden Horizont über den Bergen gerichtet war. Der Himmel hatte dort mittlerweile eine goldene Farbe angenommen und wurde allmählich rot. Man konnte zusehen, wie sich die Farben veränderten, leuchtender wurden, bis sich der strahlende Sonnenball über die Gipfel schob und alles um sie herum in ein seltsam geheimnisvolles Licht tauchte. Die Berge wirkten schattig und dunkel vor dieser Kulisse, doch der Schnee vor ihnen glitzerte golden. Tai und Mimi warfen lange dunkle Schatten hinter sich, während sie gegen das Licht der Sonne blinzelten.

Mimi war überwältigt von diesem Anblick, hatte sie doch noch nie einen Sonnenaufgang in den Bergen gesehen.

„Wow“, entfuhr es ihr unwillkürlich und sie bemerkte plötzlich, wie Tai sie ansah.

„Schön, oder?“, fragte er schief lächelnd.

„Tai, das ist... überwältigend“, hauchte Mimi und konnte den Blick nicht abwenden. „Wieso hast du mir nicht gesagt, wo wir hingehen? Dann hätte ich meine Kamera mitgenommen.“

„Weil wir jeden Tag wieder herkommen können“, antwortete er.

Nun wandte sie den Blick von dieser atemberaubenden Kulisse und sah ihn skeptisch an. „Du warst schon öfter hier, oder?“

Er zuckte die Schultern. „Hab das hier entdeckt, als ich... mal morgens unterwegs war.“

„Heidi. Schon klar“, murmelte Mimi und wandte sich wieder von ihm ab. Sie sah in den Himmel, doch der Zauber war ein wenig verflogen. Zwar sah der Himmel noch genauso schön aus wie vor einer Minute, doch nun hatte Mimi erneut Tai und Heidi im Kopf.

Tai griff nach Mimis Hand und sie sah ihn wieder an.

„Tut mir Leid. Ich wollte dich mit dieser Aktion nicht verletzen. Das war total bescheuert und bedeutungslos. Ehrlich“, sagte er leise und sah ihr in die Augen. Seine Augen hatten die Farbe von Schokolade, wie Mimi nicht zum ersten Mal feststellte. Sie ließen sie den schönen Sonnenaufgang fast schon vergessen.

„Du weißt, dass du mir mehr bedeutest als jede Andere“, fügte er mit belegter Stimme hinzu und wandte den Blick nicht ab, sondern sah ihr unablässig weiter in die Augen.

Mimi konnte nicht erklären, was schon wieder in sie gefahren war, als sie den einen Schritt Abstand zwischen ihnen überwand, seine Hand drückte und ihn auf den Mund küsste. Es sollte nur ein kurzer Kuss werden, doch Tai legte seine freie Hand in ihren Nacken, schloss die Augen und hielt sie fest, ließ nicht zu, dass sie den Kuss löste.

Seine Lippen fühlten sich ein wenig rau an, doch seine Zunge war dafür umso weicher. Er schmeckte nach Pfefferminzzahnpasta. Mimi schloss nun ebenfalls die Augen, vergaß alles um sich herum und konzentrierte sich nur noch auf Tai. Sie spürte, wie ihre Hand in seiner zitterte, wie ihre Nase vom schnelleren Atmen ganz kalt wurde und wie warm sich dagegen seine Hand in ihrem Nacken anfühlte. Sie verspürte ein mulmiges und gleichzeitig angenehmes Kribbeln in der Magengegend. Es fühlte sich fast so an, als wäre ein kleines haariges Tier in ihrem Inneren, das unbedingt heraus wollte.

Zögerlich löste Tai den Kuss schließlich und sah sie wieder an.

„Du hättest dir ja wenigstens mal die Zähne putzen können.“ Er grinste.

Mimi spürte, wie sie rot anlief und wandte sich ab. „Dafür blieb ja keine Zeit mehr, nachdem du mich aus dem Schlaf gerissen hattest“, fauchte sie und fragte sich, ob es wirklich so schlimm gewesen war.

„War doch nur ein Scherz“, lachte Tai und Mimi fiel auf, dass er noch immer ihre Hand festhielt. Er verschränkte seine Finger mit ihren und Mimi wurde plötzlich trotz der Kälte ganz heiß.

Die Sonne stand inzwischen ganz über den Bergkuppen und von der Stadt her hörte man nun das ein oder andere Auto die Straße entlang fahren. Eine Weile standen Tai und Mimi nur da, beobachteten, wie die Sonne Millimeter um Millimeter höher in den Himmel stieg und lauschten dem Klang des Erwachsens.

„Danke“, unterbrach Mimi das Schweigen zwischen ihnen.

„Wofür?“, fragte Tai verdutzt.

„Na für das hier. Dass du mir das gezeigt hast“, antwortete sie leise.

„Also wenn ich gewusst hätte, dass es nur einen Sonnenaufgang braucht um dich rumzukriegen, hätte ich das schon viel eher gemacht.“

Langsam wandte Mimi den Kopf Tai zu und sah ihn mit einem genervten Blick an. Er grinste nur und sah so aus, als hätte sie genauso reagiert, wie er es erwartet hatte.

„Ich bin dir übrigens noch eine Antwort von gestern schuldig“, sagte Mimi nach einigen Minuten der Stille.

„Nein, das bist du nicht“, erwiderte Tai sofort.

„Doch, du hast mir ja auch alles beantwortet, was ich wissen wollte“, murmelte Mimi bestimmt, drehte sich ganz zu ihm und sah ihm fest in die Augen. Er runzelte die Stirn und wirkte, als ob er gern einige Meter Abstand zwischen sie bringen wollte.

„Du hast mich gefragt, ob es mir wirklich was ausmacht, wenn du was mit anderen Mädchen hast“, redete Mimi weiter und holte tief Luft. „Ja, es macht mir was aus.“

Obwohl sie sich am liebsten verlegen weggedreht hätte, um in Ruhe rot anzulaufen, blickte sie ihm weiter direkt in die Augen. Tai schien sprachlos; es dauerte eine Weile, bis er die richtigen Worte zu finden schien.

„Ähm... und was heißt das jetzt?“, fragte er und kratzte sich mit der freien Hand um Hinterkopf.

Mimi zog ihre Hand weg und wandte sich von ihm ab. Sie schob die Hände in die Taschen ihrer Jacke und starrte in den Himmel.

„Ich weiß auch nicht so genau“, sagte sie schüchtern und fröstelte leicht.

Tai stieß einen Seufzer aus. „Dir passt es also nicht, dass ich mich mit anderen Mädchen treffe. Aber mit mir zusammen sein willst du auch nicht. Mimi, was willst du eigentlich?“

„Keine Ahnung“, gab Mimi zu und ihr wurde klar, dass es stimmte. Sie wusste selbst nicht, was sie eigentlich wollte. Mit Tai zusammen sein? Mit Tai ganz normale befreundet bleiben? Vielleicht sollte sie mal Sora fragen, die hatte von solchen Sachen meistens mehr Ahnung und kannte Mimi besser als sie selbst.

„Tja ähm...“ Wieder kratzte Tai sich am Hinterkopf und machte eine verlegene Pause. „Schön, dass dir der Sonnenaufgang gefallen hat, aber vielleicht sollten wir langsam zurück gehen.“

Mimi nickte langsam und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zurück zur Ferienhütte.
 

„Sag mal, willst du vielleicht die ganzen Ferien mit schlafen verbringen?“

Mimi öffnete müde die Augen und sah Sora mit verschränkten Armen und vorwurfsvollem Blick neben ihrem Bett stehen. Sie war doch eben erst wieder eingeschlafen.

„Es ist schon wieder halb zehn. Los, aufstehen. Wir können Marius nicht wieder warten lassen“, befahl Sora und wandte sich dem Spiegel in ihrem Zimmer zu.

„Wir waren doch gestern schon pünktlich“, nuschelte Mimi und gähnte.

„Davor die Tage aber nicht. Also raus jetzt!“ Sora klang erbarmungslos und Mimi war genervt. Sie hatte nicht die geringste Lust zum Aufstehen, geschweige denn zum Skifahren. Müde setzte sie sich auf und sah ihrer besten Freundin dabei zu, wie sie sich die Haare machte.

„Sag mal, weißt du, was ich eigentlich will?“, fragte Mimi mit verschlafener Stimme.

„Hm?“ Sora drehte sich um und sah sie verständnislos an. „Jetzt gerade nicht, nein.“

„Sora, ich hab Tai geküsst. Oder er hat mich geküsst. Ich weiß nicht genau“, erklärte Mimi und senkte den Blick. Bei der Erinnerung an den Kuss hatte sie wieder seinen Geschmack im Mund.

„Was?“ Sora schloss die Tür des Schlafzimmers und setzte sich neben Mimi auf die Bettkante. „Gestern Abend? Da hab ich ja schon wieder was verpasst.“

„Nein, vorhin“, antwortete Mimi, griff geistesabwesend nach der Bürste auf ihrem Nachttisch und kämmte sich die Haare. „Er hat mich geweckt, als es noch dunkel war. Und dann sind wir zu so einem Hügel gegangen und da hat er mir den Sonnenaufgang gezeigt. Er hat mir gesagt, dass ich ihm mehr bedeute als jede Andere und dann haben wir uns geküsst.“

Sora starrte sie mit großen Augen, als könnte sie nicht glauben, was sie eben gehört hatte.

„Das ist ja... wow! War es denn schön?“, fragte sie verblüfft.

„Ja, sehr schön sogar. Ich hatte... wie nennt man das? Schmetterlinge im Bauch.“ Und jetzt, wo Mimi darüber nachdachte, fiel ihr auf, dass sie noch nie wirklich verliebt gewesen war.

„Wie süß“, seufzte Sora und ein verträumtes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. „Aber jetzt weißt du nicht, was du eigentlich willst?“

„Genau. Was soll ich denn jetzt machen?“, fragte Mimi verzweifelt. „Ich hab echt keinen Schimmer, was mir der Kuss bedeutet hat. Ich meine, Tai ist mein Freund und ich will ihn nicht verlieren. Aber will ich eine Beziehung mit ihm?“ Sie warf Sora einen flehenden Blick zu.

Diese wandte den Blick ab, legte die Stirn in Falten und schien angestrengt nachzudenken.

„Also ich glaube“, sagte sie nach einer Weile, „du solltest vielleicht eine Beziehung mit ihm anfangen. Ich meine, wenn man Schmetterlinge im Bauch hat, dann ist man doch zumindest ein bisschen verliebt, oder?“

„Keine Ahnung.“

„Und Tai ist ein toller Typ“, fuhr Sora unbeirrt fort. „Ich glaube, er würde alles für dich machen. Vielleicht solltest du ihm eine Chance geben.“

„Ja, vielleicht sollte ich das tun“, sagte Mimi nachdenklich.

Bevor sie aus dem Zimmer ging, warf Sora ihr einen letzten vielsagenden Blick zu und ließ sie dann allein mit ihren Gedanken zurück. Mimi würde wirklich gern eine Beziehung mit Tai versuchen, wenn da nicht andauernd diese Was-wäre-wenn-Frage in ihrem Kopf herumspuken würde. Was wäre, wenn es schief ging und sie hinterher nicht mehr befreundet wären? Was wäre, wenn Mimi nach zwei Wochen auffallen würde, dass sie doch keine Beziehung wollte? Was wäre, wenn sie dann keine Freunde mehr sein konnten? Wie sollten sie sich dann noch den Freundeskreis teilen?
 

Als Mimi zum reich gedeckten Frühstückstisch kam, hatten sich gerade alle anderen ebenfalls hingesetzt. Sie setzte sich neben Sora, die ein wenig blass aussah, und tat sich Rührei auf den Teller. Sie sah aus den Augenwinkeln, wie Sora auf ihren Teller schielte, plötzlich aufsprang und in Richtung Bad stürmte. Mimi sah ihr verdutzt hinterher, als auch schon Würgegeräusche zu hören waren.

„Guten Appetit“, sagte Tai sarkastisch, biss aber in sein Brötchen.

„Mach dich nicht lustig“, knurrte Matt.

„Hast du ein schlechtes Gewissen, weil du ihr das eingebrockt hast?“, stichelte Tai und grinste.

„Nein, ich bin nur erwachsen genug, das nicht witzig zu finden“, erwiderte Matt kühl und ohne Tai anzusehen.

„Wie war denn eure Party gestern?“, fragte Mimi und sah in die Runde. Alle wirkten recht müde und aßen mit wenig Appetit. Izzy tippte die ganze Zeit auf seinem Handy herum.

„Die war ganz schön lang“, antwortete Kari gähnend.

„Ich hab auch nicht mehr gehört, wie ihr wieder nach Hause gekommen seid“, fiel Mimi ein.

„Aber es hat Spaß gemacht, stimmt's, Izzy?“ Joe hatte sich an Izzy gewandt, der nun verdattert aufblickte und rot wurde.

„Ähm... ja“, antwortete er nur und wandte sich mit verträumtem Blick wieder seinem Handy zu.

Die Jungs grinsten und Kari kicherte.

„Anscheinend ist was passiert?“, fragte Tai neugierig und musterte Izzy.

„Ach, nicht der Rede wert. Wie tief war denn eigentlich ihr Rachen, Izzy?“ T.K. lachte und die anderen stimmten ein.

Izzy sah nur mit rotem Gesicht in die Runde und machte sich dann über sein Essen her.

In diesem Augenblick kam Sora aus dem Badezimmer zurück und setzte sich zurück auf ihren Platz. Matt legte kurz einen Arm um sie und küsste sie auf die Schläfe.

„Alles okay?“, hörte Mimi ihn leise fragen, während die anderen noch über Izzys Bekanntschaft plauderten und lachten.

Sora nickte nur und starrte auf ihren leeren Teller. Vorsichtig schob Mimi ihr ein Brötchen zu, woraufhin sie energisch den Kopf schüttelte.

„Versuch, wenigstens ein bisschen zu essen“, sagte Mimi und sah ihre Freundin mitleidig an.

„Ich will nicht. Mir ist schlecht“, antwortete Sora.

Mimi und Matt tauschten einen Blick und wandten sich dann wieder ihrem Frühstück zu.

Als sie alle fertig waren, machte Mimi sich ans Aufräumen. Tai und Izzy halfen ihr; der Rest begann damit, sich fertig für die Piste zu machen.

„Ich glaube, ich komme heute nicht mit auf die Piste“, sagte Mimi zu den beiden, während sie Essensreste von den Tellern in den Müll beförderte.

„Was? Wieso nicht?“, fragte Tai und auch Izzy sah sie an.

„Ich hab einfach wirklich keine Lust. Meine Beine tun weh und ich brauche mal eine Pause“, murrte Mimi, ohne die Jungs anzusehen. „Morgen bin ich ja wieder dabei.“

„Aber dann haben wir doch nur noch zwei Tage“, protestierte Tai und Mimi spürte, wie er sie verständnislos ansah.

„Ja und das reicht mir auch vollkommen“, meinte Mimi bestimmt und stellte Teller in den Geschirrspüler, die Izzy ihr brachte. Tai stand gerade nur etwas verwirrt neben ihr und versuchte, sie umzustimmen.

„Kannst du dich nicht mal zusammenreißen und die drei Tage noch mitmachen?“

Mimi warf ihm einen finsteren Blick zu, den er ebenso finster erwiderte. Doch als sie ihm so in die Augen sah, dachte sie wieder an ihren Kuss an diesem Morgen. Wieder machte sich das nervöse Kribbeln in ihrem Magen breit und sie verspürte das Bedürfnis, auf Soras Ratschlag zu hören.

„Ich bleibe auch hier“, verkündete Izzy plötzlich.

Nun wandten sich Tai und Mimi ihm zu und sahen ihn fragend an.

„Na ja, dann ist Mimi nicht so allein“, stammelte Izzy und seine Wangen bekamen einen Hauch rosa.

„Du musst das nicht wegen mir machen. Ich beschäftige mich schon“, sagte Mimi schnell, die sich wieder gesammelt hatte.

„Ich mach es nicht wegen dir. Ihr wisst doch, mir macht das Skifahren auch nicht so wirklich Spaß“, erklärte Izzy und war damit beschäftigt, das benutzte Besteck einzusortieren.

„Wisst ihr was? Kommt doch einfach alle nicht mit“, raunzte Tai plötzlich, stellte die Gläser geräuschvoll ab, die er eben noch in der Hand gehalten hatte und ging davon.

Mimi und Izzy sahen sich verdutzt an.

„Was hat er denn?“, fragte Izzy stirnrunzelnd.

„Ich weiß auch nicht“, antwortete Mimi wahrheitsgemäß. Eigentlich dachte sie, Tai wäre gut gelaunt, doch dem schien nicht so. „Dann können wir den Tag heute ja zusammen verbringen.“

Izzys Blick wurde plötzlich ein wenig entgeistert. Unsicher sah er Mimi an, öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, kratzte sich am Kopf und wandte sich wieder von ihr ab.

Mimi war nun noch verwirrter als bei Tais Abgang. „Ähm... wir müssen nicht, wenn...“, murmelte sie.

„Nein, ach, schon okay. Wir können ja in die Stadt gehen oder so“, sagte Izzy schnell und lächelte ein erzwungenes Lächeln.

„Ja“, erwiderte Mimi langsam und räumte den letzten Teller in den Geschirrspüler.
 

Obwohl Sora sich nicht gut fühlte und ihren Unmut darüber geäußert hatte, dass Mimi zu Hause bleiben wollte, war sie schließlich doch mit den anderen mitgegangen und so blieben Mimi und Izzy allein zurück.

Wenig später machten auch sie sich auf den Weg, um in der Stadt ein wenig durch die Gegend zu schlendern. Mimi entdeckte in einem Schaufenster einen Pullover, der ihr ziemlich gut gefiel, doch da Izzy ihre Begleitung war, sah sie davon ab, hineinzugehen und ihn anzuprobieren. Sie glaubte nicht, dass Izzy Spaß daran haben würde, mit ihr shoppen zu gehen. So besuchten sie einige Geschäfte, in denen Souvenirs verkauft wurden, um etwas für ihre Familien mitzubringen. Izzy sah währenddessen ziemlich oft auf sein Handy und tippte hin und wieder darauf herum. Mimi wunderte sich schon seit Tagen, mit wem er die ganze Zeit schrieb, fragte aber nicht nach.

„Da vorn ist ein Café. Wollen wir rein gehen und was essen?“, schlug Izzy am späten Mittag vor.

„Ja, gern“, antwortete Mimi. Sie war mittlerweile ordentlich durch gefroren und sehnte sich nach einem heißen Getränk.

Das Café war recht klein und es waren kaum Leute dort. Der Boden war mit einem dunklen Teppich belegt, während die Wände weiß und mit Bildern von Kaffeegetränken behangen waren. Sie setzten sich an einen runden Tisch mit vier Stühlen, auf dem eine Kerze stand. Eine ältere Kellnerin begrüßte sie freundlich und reichte ihnen zwei Karten, bevor sie zu den nächsten Gästen ging.

„Ich hab ziemlichen Hunger bekommen“, sagte Mimi und schlug die Seite mit den Speisen auf. Es gab nicht viel, doch ein paar lecker anmutende Kleinigkeiten waren dabei.

„Ja, ich auch. Und das, obwohl wir nicht mal Ski fahren“, stimmte Izzy zu, der ebenfalls die Speisen studierte.

„Wir sind halt Weicheier“, meinte Mimi und Izzy grinste.

Als die Kellnerin zurückkam, bestellten sie sich beide eine heiße Schokolade und außerdem eine Ofenkartoffel und einen Salat.

„Du hättest den Tag wirklich nicht mit mir verbringen müssen, wenn du nicht willst“, sagte Mimi mit einem Anflug schlechten Gewissens, als die Kellnerin sich wieder entfernt hatte.

„Nein, das ist es nicht“, nuschelte Izzy und wandte den Blick von ihr ab. Wieder schimmerte ein rosafarbener Hauch auf seinen Wangen. „Es ist nur so, dass... also es kommt wahrscheinlich gleich noch jemand her.“

Mimi stutzte und machte große Augen. „So? Wer denn?“, fragte sie neugierig und musterte ihn eindringlich. Das Rosa auf seinen Wangen wurde intensiver. Sein Blick huschte kurz über ihr Gesicht, um dann wieder scheinbar äußerst interessiert zum Fenster zu wandern. Er antwortete eine Weile nicht und schien nach den richtigen Worten zu suchen.

„Also... naja, eigentlich kann ich es dir ja erzählen. Sie heißt Lisa und ich hab sie an dem einen Abend auf der Party kennen gelernt“, erklärte er zögerlich. Auf seinen Lippen lag ein verlegenes Lächeln.

Mimi sah ihn perplex an. Izzy hatte eine Urlaubsfreundin? Und die wollte nun auch noch zu ihnen hier ins Café kommen?

„Gestern habe ich sie auf der Party wiedergesehen und wir haben uns für heute verabredet. Deswegen wollte ich nicht mit zum Skifahren“, redete er weiter, seufzte und sah Mimi nun offen an, der die Kinnlade heruntergeklappt war.

„Also deswegen wolltest du den Tag heute nicht mit mir verbringen“, schlussfolgerte sie und Izzy nickte beschämt. „Okay, dann gehe ich jetzt wohl besser, damit ihr ungestört seid“, sagte sie schnell und machte Anstalten aufzustehen, doch Izzy hielt sie auf.

„Nein, bitte warte!“, rief er, sodass die Gäste, die zwei Tische weiter saßen, sich zu ihm umdrehten. „Bleib hier, das ist in Ordnung“, fügte er nun leiser hinzu.

„Aber Izzy, ich kann euch doch nicht bei eurem Date stören“, widersprach Mimi energisch und wollte erneut aufstehen, aber wieder hielt Izzy sie auf.

„Mimi, nein. Um ehrlich zu sein hätte ich dich gerne dabei. So als Stimmungsauflockerer“, gestand er leise und vermied es, ihr in die Augen zu sehen. Überrascht starrte Mimi ihn an.

„Ach, das sagst du doch nur so, weil du zu nett bist, um mich wegzuschicken“, antwortete sie und machte eine wegwerfende Handbewegung.

„Nein, tu ich nicht. Du weißt doch, dass ich manchmal nicht so richtig weiß, was ich sagen soll und außerdem könnte ich deine fachmännische Meinung über sie gut gebrauchen“, flehte Izzy und warf Mimi einen verzweifelten Blick zu.

„Meine fachmännische Meinung?“, hakte Mimi skeptisch nach.

„Naja“, Izzy druckste herum, „du hast so eine gute Menschenkenntnis und ich würde einfach hinterher gerne wissen, was du von ihr hältst.“

Mimi zog eine Augenbraue in die Höhe und konnte nicht so recht glauben, was Izzy da von sich gab.

„Du willst also, dass ich bei eurem Date dabei bin, die Stimmung auflockere und dir hinterher sage, wie ich sie finde?“, fasste sie zusammen.

„So in etwa“, nuschelte Izzy und nickte.

Mimi wollte gerade noch etwas erwidern, doch da legte Izzy plötzlich den Zeigefinger auf die Lippen und machte eine kaum merkliche Kopfbewegung zu etwas, das sich hinter Mimi befand. Sie drehte sich um und sah gerade ein Mädchen auf sie zukommen, das irgendwie unsicher wirkte. Sie lächelte schüchtern und blieb neben ihnen stehen.

„Hi“, sagte sie leise und sah dabei vor allem Izzy an, der ihr Lächeln erwiderte und sie ebenfalls begrüßte.

„Hey, ich bin Mimi und du bist wohl Lisa“, eröffnete Mimi das Kennenlernen, lächelte freundlich und deutete auf den Stuhl neben sich.

Lisa setzte sich und streifte ihre Jacke ab. Mimi musterte sie offen. Sie hatte kurzes, rotblondes Haar, grüne Augen und ein freundliches Gesicht mit Sommersprossen. Ihre Figur war ein wenig kräftig, aber nicht dick. Sie warf Izzy ständig kurze scheue Blicke zu, der einfach auf seinem Stuhl saß und nicht so recht zu wissen schien, was er sagen sollte. Auch Lisa lächelte nur schüchtern vor sich hin.

„Ähm... wir haben gerade was zu essen bestellt. Willst du auch was?“, fragte Mimi höflich und bot ihr eine Karte an.

„Nein, danke, ich hab schon gegessen. Aber ich bestelle mir noch was zu trinken“, antwortete Lisa und nahm ihr die Karte ab.

„Was hast du denn gegessen?“, fragte Izzy stammelnd und Mimi warf ihm einen verständnislosen Blick zu, den er für den Bruchteil einer Sekunde hilflos erwiderte. Wie hatten diese beiden dermaßen schüchternen Menschen es nur geschafft, bereits zu knutschen?

„Ähm oh, das war... Spaghetti mit Tomatensoße“, antwortete Lisa und wirkte ebenfalls ein wenig verwirrt über Izzys Frage. Dieser nickte nur und lächelte. Mimi musste dem Drang widerstehen, den Kopf zu schütteln und die Stirn zu runzeln.

„Wohnst du hier oder bist du auch nur im Urlaub?“, fragte Mimi und sah Lisa mit freundlichem Interesse an.

„Nein, ich bin hier auch nur zum Urlaub. Ich komme eigentlich aus Berlin“, antwortete Lisa und sah Mimi dabei nur sehr kurz in die Augen.

„Berlin? Ist ja cool, da würde ich gerne mal hin reisen“, schwärmte Mimi. „Ich habe schon so oft gehört, dass das eine tolle Stadt ist.“

„Es geht so“, meinte Lisa. „Manche Ecken sind wirklich schön, aber andere sollte man besser nicht betreten.“

Mimi lachte. „Glaub mir, das ist in Tokio nicht anders. Und auch in New York nicht.“

„Du warst schon in New York? Da würde ich gerne mal hin“, antwortete Lisa und sah Mimi erstaunt an.

„Ich habe da ein paar Jahre gewohnt“, erklärte Mimi.

„Ach so! Ich habe mich schon gewundert, warum dein Englisch so perfekt klingt“, sagte Lisa und ihre Augen leuchteten auf.

„Oh, danke“, erwiderte Mimi und freute sich über das Kompliment. „Es hat auch eine Weile gedauert, bis es nicht mehr so japanisch klang.“

„Das kann ich mir vorstellen. Mein Englisch klingt bestimmt total deutsch.“

„Nein, ich finde, es klingt gut.“

Die Mädchen lächelten sich begeistert an und Izzy sagte keinen Ton, sondern schien dem Gespräch nur zu folgen. Vielleicht hing er auch seinen eigenen Gedanken nach, das war schwer zu sehen. Mimi verpasste ihm unauffällig unter dem Tisch einen Fußtritt und sah ihn vielsagend an.

Ihr Essen wurde gebracht, Lisa bestellte sich etwas zu trinken und das Gespräch verstummte für einige Augenblicke.

„Fährst du eigentlich auch Ski? Ja oder?“, fragte Mimi nach einer Weile.

„Ja, ich komme mit meinen Eltern jedes Jahr hierher“, antwortete Lisa und nippte vorsichtig an ihrem Tee.

„Dann fährst du bestimmt ziemlich gut“, mischte Izzy sich endlich ein und Mimi atmete erleichtert auf.

„Es geht so“, meinte Lisa bescheiden.

Als Izzy keine Anstalten machte, das Gespräch am Laufen zu halten, warf Mimi ein: „Izzy ist nämlich auch kein Anfänger, im Gegensatz zu mir.“

„Oh, seit wann fährst du denn schon?“, fragte Lisa und wandte sich nun an ihn.

„Nicht so lang, aber ich war schon mal mit meinen Eltern im Skiurlaub, da habe ich es gelernt“, erzählte er und verstummte wieder. Er warf Mimi einen kurzen Blick zu, die die Augenbrauen in die Höhe zog. „Ähm... und... wie lang fährst du schon?“, fügte er hastig hinzu.

„Seit zehn Jahren.“

„Wow, da kann ich nicht mithalten.“

Izzy und Lisa lächelten sich an und Mimi war einigermaßen zufrieden. Gleichzeitig fragte sie sich jedoch, wie es gekommen wäre, wenn sie nicht dabei gewesen wäre. Hätten sich die beiden Turteltauben dann angeschwiegen und nur peinlich kurze Gespräche geführt? Wahrscheinlich brauchten sie Alkohol, um weniger schüchtern zu sein und sich näher zu kommen.

Die beiden unterhielten sich nun über das Skifahren und Mimi aß still ihre Ofenkartoffel auf. Schließlich stand sie auf und die anderen beiden, die anscheinend schon gar nicht mehr wahrgenommen hatten, sahen sie überrascht an.

„Ich werde mal bezahlen und los gehen. Muss noch was machen“, verkündete Mimi strahlend.

„Du kannst ruhig gern hier bleiben“, sagte Lisa schnell und sah fast danach aus, als wollte sie Mimi wirklich lieber dabei haben. Dabei kannten sie sich doch gar nicht.

„Nein, schon gut. Macht ihr mal ohne mich weiter“, entgegnete sie, zwinkerte Izzy zu und ging nach vorn an den Tresen, um zu bezahlen.
 

Wieder in der Ferienhütte angekommen, sah sie auf die Uhr. Die anderen sollten demnächst alle eintrudeln. Mimi nahm sich vor, an diesem Tag die heiße Schokolade für alle zu kochen. Immerhin hatte sie nun Zeit.

Bis die anderen zurückkamen, dauerte es noch etwa eine Stunde, die Mimi vor dem Fernseher verbrachte.

„Hey Mimi“, rief Sora, als sie aus dem Keller zurückkam und stellte sich neben Mimi. „Mann, ist das kalt draußen. Was hast du heute gemacht?“

„Ich war mit Izzy in der Stadt“, antwortete sie und schaltete den Fernseher aus.

„Cool. Und wo ist er jetzt?“, fragte Sora und sah sich um, als erwartete sie, er würde gleich aus einem Versteck hervorspringen.

„Noch in der Stadt“, antwortete Mimi knapp und Sora sah sie irritiert an.

„Allein?“, hakte sie nach.

Mimi warf schnell einen Blick zu ihren restlichen Freunden, die aber alle gerade beschäftigt waren und senkte dann die Stimme. „Er hat ein Date!“

Aufgeregt riss Sora die Augen auf. „Mit dem Mädchen aus dem Club?“

„Nein, mit deiner Oma. Natürlich mit dem Mädchen. Sie heißt Lisa.“

„Uh!“, machte Sora aufgeregt und Mimi presste schnell den Zeigefinger auf die Lippen.

„Pscht! Muss ja nicht gleich jeder wissen.“

Verstohlen sahen sich beide noch einmal nach den anderen um, doch sie schenkten ihnen weiterhin keine Beachtung.

„Sag mal, wie geht’s dir eigentlich?“, fragte Mimi und sah Sora besorgt an. „Ist dir immer noch unwohl?“

„Was? Oh nein, alles wieder gut. Ist doch nur morgens und geht relativ schnell wieder weg“, antwortete Sora abwinkend, machte aber ein bedrücktes Gesicht.

„Alles okay?“, fragte Mimi vorsichtig.

Sora ließ sich, noch immer mit Skikleidung bekleidet, neben Mimi fallen und fing plötzlich an zu schluchzen. Entsetzt starrte Mimi sie an, legte eine Hand auf ihren Arm und tätschelte ihn. Es dauerte einige Zeit, bis Sora sich wieder ein wenig beruhigt hatte und ihre Schultern aufhörten zu beben.

„Was ist denn?“, fragte Mimi leise.

„Ach, ich weiß nur nicht, wie ich das alles meinen Eltern erklären soll. Und Matts Eltern. Und alles ist meine Schuld, ich mache unsere Zukunft kaputt, nur weil ich so verantwortungslos war.“ Sie wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht.

„Nein, jetzt fang doch nicht wieder damit an. Du schaffst das schon, du bist doch nicht allein“, widersprach Mimi und streichelte Soras Arm. „T.K., kommst du mal her?“, rief sie.

Der Angesprochene hatte gerade gemeinsam mit Kari in der Küche gestanden und sah nun auf. Beide kamen zu den Mädchen und sahen Sora erschrocken an.

„T.K., kannst du ihr mal bitte sagen, dass du mit Freuden Onkel wirst?“, bat Mimi und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Ähm... klar! Ich freu mich drauf, ehrlich. Wie viele Kinder haben schon so junge Onkel?“, meinte er und zuckte lässig mit den Schultern.

„Wenn du der Onkel bist, darf ich dann die Tante sein?“, fragte Kari und sah von T.K. zu Sora.

„Kari, du hast schon mitbekommen, dass Sora schwanger ist und nicht Tais Freundin? Und falls du T.K. heute nicht geheiratet hast, dann wirst du wohl keine Tante werden“, antwortete Mimi nüchtern und Sora kicherte erstickt.

Kari und T.K. sahen sich vielsagend an, was Mimi stutzig machte. „Moment mal... seid ihr jetzt etwa zusammen?“ Sie starrte die beiden mit großen Augen an. Auch Sora schien für einen Moment ihre Sorgen zu vergessen.

„Naja, wir... ach, keine Ahnung“, murmelte T.K. ein wenig verärgert vor sich hin, drehte sich um und stampfte davon ins Badezimmer.

Mimi und Sora wandten den Blick von ihm ab und sahen nun Kari neugierig an, die ein wenig rot wurde.

„Seid ihr zusammen?“, wiederholte Sora Mimis Frage.

„Nicht so wirklich“, antwortete Kari langsam und sah zu Boden. „Man sagt ja nicht 'So, wir sind jetzt zusammen'. Ab wann ist man überhaupt zusammen?“

Mimi war völlig verdutzt, sodass ihr der Mund aufklappte und sie kurzzeitig nicht wusste, was sie sagen sollte. War es etwa an ihr vorbeigegangen, dass die beiden Jüngeren plötzlich eine Beziehung hatten?

Kari sah kurz in ihre fragenden Gesichter und wurde noch röter.

„Er hat mir gesagt, seit Megumi weiß er, wie viel ihm eigentlich an mir liegt und was ich ihm bedeute“, stammelte sie und scharrte mit den Füßen über den Boden.

„Aber ihr seid noch nicht zusammen?“, hakte Sora nach.

Kari schüttelte den Kopf. „Glaub nicht.“

„Habt ihr euch denn geküsst?“, fragte Mimi und musterte sie neugierig.

„Nein!“, antwortete Kari hitzig und schüttelte den Kopf.

„Ach, dann seid ihr auch nicht zusammen“, antwortete Mimi abwinkend.

„Mimi!“, zischte Sora und sah sie streng an.

„Ich glaube, ich würde erst jemanden küssen, wenn ich schon mit ihm zusammen bin“, überlegte Kari und kaute auf ihrem Daumennagel herum.

„Aber dann ist man ja vielleicht mit jemandem zusammen, der nicht gut küssen kann“, gab Mimi zu bedenken, woraufhin Sora ihr einen weiteren finsteren Blick zuwarf.

„Sie ist vierzehn“, erinnerte sie sie.

„Ich ähm... geh mal duschen“, stotterte Kari und ging davon Richtung Treppe.

„Die beiden wären ein süßes Paar, oder? Bestimmt heiraten die mal“, meinte Mimi und stellte sich T.K. und Kari im Alter von etwa zwanzig Jahren vor, wie sie das Traumpaar schlechthin wären.

„Ich weiß nicht“, antwortete Sora nachdenklich. „Aber ich gehe mich jetzt mal umziehen.“ Mit diesen Worten stand sie auf und folgte Kari. Mimi ging in die Küche und fing mit der Zubereitung des Kakaos an. Sie erhitzte Milch auf dem Herd, gab Kakaopulver in eine große Kanne und goss die Milch hinein.

„Hey, das ist meine Aufgabe!“, beschwerte sich Tai, der mit feuchten Haaren in der Küche erschienen war.

„Aber ich war doch heute nicht mit und da dachte ich, dass ich das mal übernehmen könnte“, sagte Mimi und zuckte mit den Schultern.

„Damit kannst du das auch nicht wieder gut machen“, murrte Tai und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Bist du etwa immer noch sauer?“, fragte Mimi genervt.

„Vielleicht“, antwortete er ebenso genervt, doch sein Blick wurde schnell sanfter. Er trat einen Schritt an sie heran, wodurch ihr augenblicklich ein wenig wärmer wurde, und sagte leise: „Willst du heute Abend mit mir ausgehen statt mit Izzy?“ Er lächelte schief und Mimi sah ihn überrascht an.

Wollte sie mit Tai ausgehen? Einerseits ja, aber andererseits... wahrscheinlich würden sie über den vergangenen Morgen reden und Mimi wusste doch nicht, was sie wollte. Aber Sora meinte, sie sollte eine Beziehung mit Tai versuchen. Aber sollte sie das wirklich?

Hin- und hergerissen öffnete und schloss Mimi den Mund und wusste nicht, was sie sagen sollte.

„Okay, tu dir keinen Zwang an“, sagte Tai irritiert, der sie mit gerunzelter Stirn beobachtet hatte.

„Nein, ich... ich weiß nur nicht“, stammelte Mimi und wandte den Blick von ihm ab.

„Sag doch einfach ja, und wenn es blöd ist, dann gehst du halt wieder“, schlug Tai diplomatisch vor und sah sie weiterhin erwartungsvoll an. Ganz offensichtlich hatte er sich nun Hoffnungen gemacht und Mimi erschien es auf einmal gemein ihm gegenüber, ein Date auszuschlagen.

„Na gut“, willigte sie schließlich ein.

Einen Augenblick standen beide unsicher in der Küche und sahen sich an, bis sie sich schließlich verlegen irgendwelchen Tätigkeiten zu wandten. Mimi holte Tassen aus dem Schrank und Tai räumte ein paar Dinge unnötigerweise hin und her.

Wie jeden Tag saßen sie dann am späten Nachmittag gemein bei heißem Kakao vor dem Kamin, in dem ein munteres Feuer prasselte, und werteten den Tag aus. Nur Izzy fehlte immer noch.

„Tai, dein Sturz heute war der Höhepunkt meines Tages“, sagte Sora und alle fingen an zu lachen.

„Hahaha“, machte Tai nur gelangweilt. „Ihr seid so kindisch.“

„Sei doch nicht eingeschnappt. Man muss auch mal über sich selbst lachen können“, meinte Kari grinsend.

„Du bist gestürzt?“, fragte Mimi neugierig nach.

„Und wie“, antwortete Matt für den Angesprochenen. „Man hat nur noch eine große Schneewolke gesehen.“

„Und seine Skier mussten wir für ihn wieder einsammeln“, fügte T.K. hinzu.

„Aber Joes Sturz war auch nicht schlecht“, warf Sora ein und sah Tai versöhnlich an.

„Mensch, ich hab ja echt was verpasst“, stellte Mimi lachend fest. „Ist euch denn auch nichts passiert?“ Sie sah beide Jungen an, konnte aber keine Brüche oder fehlenden Gliedmaßen ausmachen.

„Ach was. So schnell fahren wir ja nicht“, erwiderte Joe abwinkend und trank einen Schluck von seinem Kakao.

„Ich glaube, das wird mir schon alles irgendwie fehlen“, sagte Kari leise. Sie saß auf der Couch zwischen Tai und T.K., hatte die Beine an den Körper gezogen und hielt ihre Tasse umklammert.

„Was genau? Leute auszulachen, die hinfliegen?“, fragte Tai und warf ihr einen entgeisterten Blick zu.

„Nein, alles. Der heiße Kakao am Nachmittag, das gemütliche Zusammensitzen...“

„...die Berge, der Schnee, das Skifahren“, fuhr Sora an ihrer Stelle fort und machte ein verträumtes Gesicht.

„Also Kakao kann ich dir jeden Tag machen und mit dir zusammensitzen. T.K. kommt bestimmt auch“, antwortete Tai, der noch immer seine Schwester ansah. Diese kicherte nur und wurde rosa im Gesicht. „Aber Berge, Schnee und Ski fahren wird schwierig.“

„Aber dafür ist man ja auch im Urlaub, oder? Um Dinge zu tun, die man zu Hause nicht tut. Wir können ja nächstes Jahr wieder in den Skiurlaub fahren“, sagte Joe und sah aufmuntern in die Runde. Alle murmelten zustimmend und nickten.

„Also auf das Skifahren könnte ich gut verzichten“, murrte Mimi und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Dann fahren wir eben ohne dich. Ein hungriges Maul weniger zu stopfen“, entgegnete Tai und sah sie herausfordernd an.

„Das sagt der, der für drei Leute isst“, zischte Mimi und erwiderte seinen Blick mit zusammengekniffenen Augen.

„Wer es sich leisten kann“, meinte Tai nur und zuckte mit den Schultern.

Beleidigt wandte Mimi sich ab. Wenn der Typ jemals mit ihr zusammen sein wollte, dann sollte er lieber aufhören, dämliche Bemerkungen über ihre Figur zu machen.

„Wo ist eigentlich Izzy? War er nicht mit dir unterwegs, Mimi?“, fragte Joe und nun sahen alle Mimi fragend an.

„Ach, der ist... der ist noch in der Stadt“, antwortete Mimi schnell. „Wollte noch was erledigen und so.“

Die Jungen guckten ein wenig skeptisch oder wirkten nicht weiter interessiert, während Sora und Kari möglichst unschuldige Gesichter machten.
 

Sich auf ein Date mit Tai vorzubereiten war völliges Neuland für Mimi. Nicht nur, weil sie noch nie ein richtiges Date zu zweit mit ihm hatte, sondern auch, weil sie sich keine Gedanken darüber machte, was sie anziehen sollte, worüber sie selbst ganz erstaunt war. Normalerweise hätte sie mindestens zwei Stunden eher angefangen, sich etwas zum Anziehen zu suchen, sich die Haare zu machen und so weiter. Doch irgendwie fühlte sie sich seltsam ruhig und sicher. Sie zog sich einfach das an, worin sie sich wohl fühlte, ließ die Haare offen über ihre Schultern fallen und trug nur wenig Make-up auf.

„Hast du irgendwas vor?“, fragte Sora, die auf ihrem Bett lag und gerade ein Buch las, Mimi aber beobachtet hatte. Nun hatte sie das Buch nieder gelegt und sah ihre Freundin interessiert an.

„Ein Date mit Tai“, antwortete Mimi, der plötzlich eingefallen war, dass sie Sora noch gar nichts davon erzählt hatte. Sie ließ sich auf ihrem Bett nieder und sah Sora an, die bedeutungsvoll die Augen geweitet hatte.

„Uh“, machte sie und grinste.

Mimi senkte den Blick und sah ein wenig bedrückt auf ihr Laken. „Naja, ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich machen soll. Bestimmt reden wir über heute Morgen und...“

„Mimi?“, unterbrach Sora sie und als Mimi aufsah, hatte Sora die Arme ausgebreitet. Mimi legte sich halb auf sie und ließ sich von ihr fest drücken. „Ich bin mir sicher, du machst das Richtige. Egal, wofür du dich entscheidest.“ Sie ließ sie wieder los und lächelte, als Mimi sich aufsetzte.

„Schön, dass wenigstens du dir da sicher bist“, seufzte Mimi und stand auf. „Ich will ihn doch nicht wieder verletzen.“

Sora lächelte noch immer und schüttelte den Kopf. „Du schaffst das. Sei einfach ehrlich, das ist doch deine Stärke.“

Mimi nickte wissend. „Aufrichtigkeit und so.“

„Genau.“ Sora zwinkerte ihr zu und Mimi drehte sich um, um den Raum zu verlassen. „Viel Glück“, hörte sie Sora noch sagen.

Im Wohnbereich saß der Rest der Gruppe auf den Sofas vor dem Fernseher und sah sich ein Fußballspiel an.

„Mann, was macht der denn!“, rief Tai gerade genervt.

„War das nicht eh Abseits?“, fragte T.K.

„Nee, das war 'ne hundertprozentige Chance“, antwortete Tai ungeduldig.

„Was ist Abseits noch mal?“, fragte Kari dazwischen.

Als Tai ihr einen „Ist das dein Ernst?“-Blick zuwarf, erblickte er Mimi, die sich gegen den Küchentresen gelehnt hatte. Er stand auf, kam auf sie zu und lächelte sie an.

„Du siehst hübsch aus“, bemerkte er, schenkte ihrem Outfit jedoch nicht allzu viel Beachtung, sondern musterte ihr Gesicht und ihre Haare.

„Danke“, erwiderte Mimi. „Wollen wir los?“

Tai nickte. „Tschau!“, rief er den anderen zu, woraufhin lediglich Kari sich neugierig umdrehte und Mimi einen überraschten Blick zuwarf. Diese lächelte unsicher und zuckte mit den Schultern, ehe sie mit Tai das Haus verließ.

„Hast du einen Plan, wo wir hingehen können?“, fragte Mimi und schob die Hände in ihre Jackentaschen. Es war wieder einmal verdammt kalt.

„Wir könnten irgendwo was essen gehen“, schlug Tai vor.

„Wir haben doch schon gegessen“, erwiderte Mimi und sah ihn stirnrunzelnd an.

„Ich verstehe den Zusammenhang nicht“, meinte Tai grinsend und Mimi schüttelte den Kopf.

„Du bist und bleibst unverbesserlich“, murmelte sie und seufzte.

„Wollen wir irgendwo was trinken gehen und danach schauen, ob wir eine Party finden?“, fragte Tai nun.

„Okay“, willigte Mimi ein.

Sie gingen keinen bestimmten Weg, sondern folgten einfach der Hauptstraße und betraten schließlich die erste Bar, an der sie vorbeikamen. Alles hier drin wirkte etwas rustikal, aber dennoch gemütlich. Sie setzten sich an einen Tisch für zwei Personen.

„Die Stühle sind aber Hart“, stellte Mimi mürrisch fest.

„Soll ich den Kellner fragen, ob er für verwöhnte Prinzessinnen noch ein Kissen zur Verfügung hat?“, fragte Tai, eine Augenbraue in die Höhe gezogen.

„Ich geh gleich wieder, wenn du so weiter machst“, drohte Mimi, woraufhin er abwehrend die Hände hob und schief grinste.

„Schon gut.“

Mimi griff nach der Karte, die auf dem Tisch lag und studierte sie eingehend. Als der Kellner kam, bestellte sie sich einen Cocktail, der sich vielversprechend anhörte, während Tai sich nur ein Bier bestellte. Als der Kellner wieder ging, schwiegen beide eine Weile und Mimi warf Tai verstohlene Blicke zu. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte und fühlte sich schon wie Izzy am Nachmittag.

„Was hast du mit Izzy heute eigentlich gemacht?“, fragte Tai, als hätte er ihre Gedanken gelesen.

„Wir waren nur in so einem Café“, antwortete sie.

Tai nickte. „Aber morgen kommt ihr wieder mit auf die Piste?“

„Müssen wir ja“, murrte Mimi gelangweilt.

Tai zuckte nur mit den Schultern. Er saß in einer lässigen Position auf dem Stuhl gegen die Lehne gelehnt und wirkte sehr entspannt. Mimi hatte die Beine überschlagen und die Ellenbogen auf der Tischplatte abgestützt. Sie fühlte sich ein wenig nervös und

„Ist doch nicht mehr lange. Genieße lieber die restlichen paar Tage“, meinte Tai und lächelte.

Mimi sah ihm einen Augenblick zu lang in die Augen und wandte schließlich mit heißen Wangen den Blick ab. Was war nur los mit ihr? Sie schalt sich eine Idiotin, weil sie sich so albern benahm. Und Tai auch, weil er sie dazu brachte.

Wie gut, dass der Kellner in diesem Moment mit ihrer Bestellung auftauchte. Mimi griff sogleich nach ihrem Glas und nippte am Strohhalm. Auch Tai nahm einen Schluck von seinem Bier.

„Ähm... und wie war das Spiel?“, stotterte Mimi. Oh Gott, was faselte sie denn hier?

Tai sah sie verdutzt an. „Welches Spiel?“

„Na das, was ihr vorhin geschaut habt“, antwortete Mimi ungeduldig und ihr war die Frage noch peinlicher.

„Achso. Ganz schön schlecht. Aber sag mal“, er lehnte sich nach vorne und musterte sie, „seit wann interessierst du dich für Fußball?“

„Tja, also... man muss immer offen für Neues sein, oder nicht?“, meinte Mimi und wäre am liebsten im Boden versunken. Was war denn auf einmal los? Noch vorhin war sie doch überhaupt nicht aufgeregt und hatte sich prima gefühlt. Jetzt gerade hatte sie das Gefühl, dass alles, was sie sagte, total albern war.

„Aha“, sagte Tai und sah verwirrt aus. Seine Hände lagen auf dem Tisch und er spielte mit seinen Fingern. „Sag mal, wegen heute Morgen... hat das eigentlich irgendeine Bedeutung?“

„Der Sonnenaufgang oder dass wir rumgeknutscht haben?“, fragte Mimi und lächelte verschmitzt.

„Das Letzte“, antwortete Tai grinsend.

„Hm“, Mimi machte ein nachdenkliches Gesicht, „ich weiß auch nicht. Was denkst du?“

Tai legte den Kopf schief und sah sie stirnrunzelnd an. „Du weißt doch, was ich denke.“

„Aber ich weiß nicht, was ich denke“, erwiderte Mimi und betrachtete eingehend ihren Cocktail.

„Und ich weiß nicht, was überhaupt irgendeine Frau denkt. Nicht mal Kari und die sehe ich jeden Tag“, entgegnete Tai abfällig. „Wie soll ich dann also wissen, was ausgerechnet du denkst?“

„Ausgerechnet ich? Was soll das denn heißen?“, beschwerte sich Mimi und sah ihn nun ein wenig gekränkt an.

„Dass deine Gedanken wahrscheinlich die undurchsichtigsten und unverständlichsten sind“, sagte Tai, als wäre es das Natürlichste der Welt.

Mimi funkelte ihn an und Tai starrte verständnislos zurück. Dann seufzte er und wandte den Blick ab. „Mensch Mimi, ich will doch nur wissen, woran ich bei dir bin.“

„Aber das weiß ich doch selbst nicht. Sonst würde ich es dir doch sagen“, erwiderte Mimi mit einem verzweifelten Unterton.

Tai trank in einem Zug sein Bier leer und stellte es geräuschvoll wieder auf dem Tisch ab. Auch Mimi hatte ihren rosafarbenen Cocktail fast ausgetrunken, da sie immer dann daran genippt hatte, wenn sie nicht gewusst hatte, was sie sagen sollte.

„Lass uns irgendwohin gehen, wo mehr los ist“, schlug Tai vor, obwohl es mehr nach einem Befehl klang. Sie zahlten ihre Getränke und verließen dann die Bar. Ihr Weg führte sie schließlich zu dem Club, in dem sie schon einmal gefeiert hatten. An jenem Abend war Tai auf einmal mit Heidi verschwunden.

Kaum drin angekommen, legte Mimi auch schon ihre Jacke ab und zog Tai hinter sich her auf die Tanzfläche.

„Mimi, ich tanze doch nicht“, rief Tai widerwillig über die dröhnenden Schlager hinweg. „Schon gar nicht zu so einer Musik.“

„Ich gehe doch nicht in einen Club, um dann nur herum zu sitzen“, rief Mimi zurück, warf die Arme in die Luft und versuchte einen Rhythmus mit der Musik zu finden.

Tai stand ein wenig verloren neben ihr und ließ nach einer Weile den Oberkörper leicht zur Musik hin und her schaukeln, während Mimi die Hüften schwang, sich drehte, die Haare immer wieder nach hinten warf und sich auf der Tanzfläche nach den sonstigen Leuten umblickte. Als sie nach einer Weile wieder zu Tai sah, stand er immer noch herum und sah aus, als hätte er nicht die geringste Lust, hier mit ihr zu tanzen.

„Um Himmels Willen, Tai!“, rief Mimi und umklammerte seine Handgelenke. Er sah sie an, als hätte er Angst vor ihr. Sie schwang ihre Arme durch die Gegend, wodurch sie auch seine zwangsläufig mit bewegte und versuchte sich so zu bewegen, dass auch er ein wenig lockerer wurde und mehr mitmachte. „Komm schon!“

„Mann Mimi, mir ist das echt zu doof“, stöhnte er und verdrehte die Augen.

„Du musst dich nur mal ein bisschen locker machen“, antwortete Mimi unerbittlich und ließ ihn endlich wieder los. „Schau, so.“ Sie schüttelte ihren ganzen Körper einmal durch und grinste ihn an.

Er hatte die Augenbrauen in die Höhe gezogen und musterte sie skeptisch.

„Jetzt du“, rief Mimi ungeduldig.

Endlich schüttelte auch Tai sich einmal, wobei er aber aussah, als hätte er einen Krampf in der Wirbelsäule. Mimi brach in schallendes Gelächter aus und konnte sich kaum noch halten.

„Alberne Göre!“, knurrte Tai, drehte sich um und ging in Richtung Bar davon.

Mimi schüttelte den Kopf und tanzte einfach weiter, was allein aber keinen Spaß machte. Warum waren Sora und Kari nicht da, wenn man sie brauchte? Mit Yolei konnte man auch prima tanzen, aber Tai war einfach nur ein Körperklaus, dem zudem noch alles zu blöd war.

Verärgert folgte Mimi Tai also nur wenige Minuten später zur Bar, wo er auf einem der Hocker saß mit einem Cuba Libre vor der Nase.

„Du bist langweilig“, murrte sie, als sie neben ihm ankam.

„Stimmt doch gar nicht. Ich bin nur kein geborener Tänzer“, erwiderte Tai und nippte an seinem Glas.

„Aber du wolltest doch hierherkommen“, erinnerte Mimi ihn und sah ihn vorwurfsvoll an.

„Ja, weil hier mehr los ist. Nicht, weil ich mich zum Löffel machen wollte“, erwiderte Tai nur. „Was willst du trinken? Ich geb dir einen aus.“

Mimi warf ihm nur einen finsteren Blick zu und studierte dann die Karte, die vor ihr auf dem Tresen lag. Als der Barkeeper zu ihr kam, bestellte sie sich ebenfalls einen Cuba Libre. Da wusste sie wenigstens, was sie bekam. Mit Drinks kannte sie sich schließlich nicht sonderlich gut aus.

Als vor ihr das Glas abgestellt wurde, stieß Tai mit ihr an und trank einen Schluck. Sie musste sich erst einmal wieder an den alkoholischen Geschmack gewöhnen. Diese härteren Sachen waren einfach nicht ihr Ding.

„Danke“, meinte Mimi, nachdem sie hinunter geschluckt hatte.

„Nicht der Rede wert“, sagte Tai und lächelte leicht. „Hast du übrigens Izzy schon gesehen?“ Er machte eine Kopfbewegung in eine Richtung, der Mimi neugierig folgte. Dort auf einer der Bänke saßen Izzy und Lisa und waren ganz und gar damit beschäftigt, sich zu umarmen und zu küssen. Mimi riss die Augen auf und starrte Tai bedeutungsvoll an. Dieser grinste nur.

„Hier hat der die ganze Zeit gesteckt“, sagte er. „Den kriegen wir dann bestimmt erst morgen Früh wieder zu Gesicht.“

Mimi kicherte, zog einen gerade frei gewordenen Hocker zu sich heran und setzte sich darauf.

„Sie heißt Lisa“, berichtete sie.

„Was? Woher weißt du das?“ Verwundert sah Tai sie an.

„Ich war doch heute mit Izzy in der Stadt und da haben wir sie getroffen. Sie ist echt nett“, erklärte sie.

„Wie schön für Izzy“, bemerkte Tai und warf noch einen Blick zu dem knutschenden Jungen, bevor er sich endgültig abwandte.

„Bestimmt ist er traurig, wenn wir wieder nach Hause fahren“, überlegte Mimi laut und seufzte. „Das tut mir irgendwie echt Leid.“

„Tja, so ist das mit den Urlaubsflirts, nicht wahr?“, sagte Tai nüchtern und nippte an seinem Cuba Libre.

„Du könntest ruhig ein bisschen mehr Mitgefühl zeigen, Mister Holzklotz“, erwiderte Mimi spöttisch.

„Und du könntest aufhören, deine Nase in die Angelegenheiten anderer zu stecken, Miss Neugier“, konterte er schief grinsend.

„Ich stecke meine Nase doch gar nicht in die Angelegenheiten anderer!“, protestierte Mimi ein wenig beleidigt.

„Das halte ich für ein Gerücht“, antwortete Tai lachend und hob sein Glas. Widerwillig stieß Mimi mit ihm an und trank einen Schluck. Gerade, als sie noch etwas erwidern wollte, bemerkte sie aus den Augenwinkeln, wie jemand Tai auf die Schulter tippte. Beide drehten sich gleichzeitig um und erblickten...

„Heidi!“, entfuhr es Tai überrascht.

„Was?“ Heidi oder eher Nicht-Heidi lächelte ihn verwirrt an.

„Ich... ähm... Heidi würde ich gern mal wieder anschauen, oder Mimi? Nur Fräulein Rottenmeier mag ich nicht“, sagte Tai schnell und grinste Mimi unschlüssig an. Diese ignorierte ihn jedoch, sondern musterte Heidi. Es war das erste Mal, dass sie sie richtig von Nahem sah und sie hätte darauf verzichten können.

„Ich bin Camilla“, stellte sie sich ein wenig angespannt vor und Mimi fand, dass Heidi besser zu ihr passte. Außerdem fiel ihr auf, dass sie sie weniger hübsch in Erinnerung hatte.

„Mimi“, sagte Mimi nur und wandte den Blick von Camilla ab.

„Du wolltest mir doch Bescheid sagen, wenn du wieder hier bist“, meinte Camilla verlegen lächelnd an Tai gewandt. Der kratzte sich nur am Hinterkopf.

„Sorry, hab ich ganz vergessen“, sagte er.

„Wollen wir tanzen gehen?“, fragte Camilla und lächelte hoffnungsvoll.

„Ähm... also, ich bin heute mit ihr hier“, stammelte Tai und deutete auf Mimi neben sich, die den Hals reckte, sich das Haar mit einer Kopfbewegung über die Schulter warf und einen möglichst abweisenden Blick aufsetzte.

Einige Sekunden schwieg Camilla mit gerunzelter Stirn. Dann fragte sie Tai: „Kann ich kurz mit dir reden?“

„Klar“, erwiderte er und schien zu versuchen, möglichst lässig zu klingen, wirkte aber beunruhigt. „Bin gleich wieder da.“

Mimi konnte nicht anders. Sie wartete einen Augenblick, dann folgte sie den beiden unauffällig, was bei den vielen Menschen, die sich in dem Club tummelten, nicht schwer war. Tai und Camilla gingen nach draußen und blieben in der Nähe eines Heizpilzes stehen, an dem auch einige andere Leute standen und sich unterhielten. Mimi mischte sich unauffällig unter ein Grüppchen von Mädchen, die laut schnatterten und lachten und hatte somit Mühe, alles zu verstehen, was gesagt wurde.

„Also... das vor drei Tagen war bedeutungslos, oder?“, fragte Camilla und sah Tai flehend in die Augen. Dieser wandte den Blick von ihr ab.

„Hey, hör mal, es... tut mir Leid. Ich hätte das nicht tun dürfen“, sagte Tai langsam und richtete den Blick auf einen unbestimmten Punkt.

„Ich dachte, es wäre was Besonderes“, stammelte Camilla und schien den Tränen nahe.

„Normalerweise mache ich sowas nicht, weißt du, deswegen tut es mir ja auch Leid“, murmelte Tai, der sie immer noch nicht ansah.

„Ist sie deine Freundin? Hast du sie betrogen?“, fragte Camilla und kniff die Lippen zusammen.

„Nein, sie ist nicht meine Freundin, aber...“

„Aber was?“

Tai druckste herum und es dauerte eine Weile, bis er weiter sprach. „Na gut, dann will ich wenigstens ehrlich sein. Ich bin schon ziemlich lange in sie verliebt und eigentlich wollte sie nichts von mir, aber jetzt vielleicht doch und... und jetzt bin ich mit ihr hier, weil sie mit mir ausgehen wollte und naja... tut mir Leid, das ist echt blöd für dich.“

„Du... du bist in sie verliebt?“ Camilla machte große Augen, wirkte sogar ein bisschen entsetzt.

„Ja und ich glaube, du warst für mich eine Art Lückenfüller. Es tut mir echt Leid, aber sie ist für mich einfach die Einzige“, gab Tai zu und sah ihr nun endlich in die Augen.

Klatsch. Tai hatte eine saftige Ohrfeige kassiert, die seinen Kopf sogar ein wenig zur Seite geschleudert hatte.

„Tai, du bist echt ein absolutes Arschloch!“, rief Camilla wütend. Tränen standen ihr in den Augen, als sie sich umdrehte und weg rannte.

Hastig wandte auch Mimi sich um und eilte geduckt durch die Leute hindurch, die ihr verärgert etwas zuriefen, wenn sie aus Versehen jemanden anrempelte. Wieder drin angekommen waren ihre Barhocker besetzt und so blieb Mimi einfach in der Nähe der Bar an einer Säule stehen, strich sich durch die Haare, machte ein unschuldiges Gesicht und wartete auf Tai, der einige Sekunden nach ihr den Club betrat. Sie winkte ihm zu, um ihn auf sich aufmerksam zu machen.

„Hier bist du ja“, sagte er und lächelte leicht. Er sah noch ein wenig betroffen aus. „Sorry, ich wollte dich nicht einfach so stehen la-“ Er konnte seinen Satz nicht beenden, da Mimi schwungvoll die Arme um ihn warf und ihn mitten auf den Mund küsste.

Tai blickte verdutzt drein, als sie ihn wieder losließ. „Wofür war das denn?“

„Einfach so“, antwortete Mimi und lächelte ihn glücklich an. Irgendwie hatte das Gespräch, das sie belauscht hatte, eine Unmenge an Endorphinen in ihr frei gesetzt, denn ihr war ganz warm und ihr Herz schlug schneller. Sie fühlte sich, als könnte sie alles schaffen. Außerdem wollte sie gerade nichts lieber, als ungestört mit Tai irgendwo zu sein. „Wollen wir vielleicht nach Hause gehen?“

„Ja, okay“, sagte Tai verwirrt lächelnd.

Also verließen sie den Club und gingen zurück zu ihrem Ferienhäuschen. Mimi konnte es kaum erwarten, dort anzukommen und hoffte, dass die anderen schon alle schliefen. Ihre Hoffnung bestätigte sich, aber es war ja auch schon nach Mitternacht.

Kaum hatten sie die Tür hinter sich geschlossen, legte Mimi erneut die Arme um Tais Hals und küsste ihn. Endlich spürte sie wieder dieses Gefühl vom Morgen; diese prickelnde Wärme, die ihr ein wohliges Kribbeln in der Magengegend verschaffte, nur war es jetzt intensiver.

„Was ist los mit dir? Bist du schon wieder betrunken?“, fragte Tai, während er seine Jacke auszog, und grinste spöttisch.

„Indirekt irgendwie schon“, antwortete Mimi ebenfalls grinsend und zog sich Jacke und Schuhe aus. Dann nahm sie Tai an der Hand und zog ihn hinter sich her zum Kamin. Sie fasste ihn am Arm und zog ihn mit sich hinunter, als sie sich auf das Lammfell vor dem Kamin setzte. Es brannte noch eine leichte Glut, die dem dunklen Raum kaum Licht spendete.

Begierig zog Mimi Tai an sich und küsste ihn wieder, vergrub die Hände in seinen Haaren und benetzte seine Lippen mit kleinen Küssen. Währenddessen drückte sie ihn nach unten, bis er auf dem Rücken lag und und setzte sich rittlings auf ihn.

„Okay, was wird das?“, fragte Tai lächelnd und hielt sie an den Schultern fest, bevor sie sich erneut auf seine Lippen stürzen konnte.

„Tai, halt doch endlich einfach die Klappe und mach mit“, meinte Mimi und sah ihn schief an.

Tai erwiderte ihren Blick einen Moment lang, dann zuckte er mit den Schultern und rollte sich mit Mimi in einer einzigen fließendes Bewegung in eine andere Position, sodass sie jetzt unten lag und er auf ihr.

„Wenn du willst.“ Er lächelte sie kokett an, dann schob er eine Hand unter ihr Shirt und senkte seine Lippen auf ihre Halsbeuge hinab.

Kopfsache

Lautes Husten und Würgen rissen Mimi aus dem Schlaf. Sie setzte sich auf und versuchte, den Ursprung des Lärms ausfindig zu machen. Auch Kari saß kerzengerade im Bett und sie stellten beide gleichzeitig fest, dass Sora sich gerade auf den Schlafzimmerboden übergab.

„Sora!“, rief Mimi alarmiert und legte ihrer Freundin eine Hand auf die Schulter. Als diese sich wieder beruhigt hatte, atmete sie schwer und hatte Tränen in den Augen.

„Es tut mir Leid. Ich bin aufgewacht und es kam einfach so“, schluchzte sie und machte Anstalten aufzustehen, doch Mimi sprang aus dem Bett und auch Kari stand auf.

„Bleib liegen und ruh dich aus, wir machen das schon“, meinte Mimi beruhigend und verließ mit Kari zusammen das Zimmer.

„Ich hole Wischzeug und du holst ihr am besten was zu trinken“, schlug Mimi vor. Sie gingen die Treppe hinunter, wo sie feststellten, dass auch Matt, T.K., Joe und Izzy schon auf waren, die sich gerade um das Frühstück kümmerten. Mimi war gerade zu aufgewühlt um sich darüber zu wundern, dass Izzy überhaupt schon zu Hause war.

Kari lief in die Küche und Mimi betrat die Abstellkammer, wo sie einen Eimer und einen Lappen fand.

„Was ist denn los?“, fragte T.K., der die Mädchen beobachtete.

„Sora geht’s nicht gut“, antwortete Kari ihm.

„Oh“, machte Matt und ging zur Treppe, doch Mimi hielt ihn auf.

„Warte mal.“ Er blieb stehen und drehte sich fragend zu ihr um. „Bitte warte noch ein bisschen. Ich glaube, sie will lieber nicht, dass du sie jetzt siehst. Zumindest würde ich es nicht wollen.“

„Aber sie muss sich doch nicht schämen“, meinte Matt nur und wollte schon weitergehen, doch Joe kam ihr überraschend zu Hilfe.

„Vielleicht hat Mimi Recht und du solltest lieber noch warten.“

Mimi lächelte Joe zu und schlängelte sich dann an Matt vorbei die Treppe nach oben. Im Badezimmer holte sie Wasser und ging zurück ins Mädchenschlafzimmer. Sora lag erschöpft in ihrem Bett und hatte einen Unterarm über die Stirn gelegt. Mimi ging zu ihr und machte sich ans Aufwischen. Zum Glück war es nicht viel, denn Soras letzte Mahlzeit lag schon einige Stunden zurück.

„Mimi, du musst das nicht machen. Ich kann das auch machen“, sagte Sora leise und richtete sich ein wenig auf.

„Ach, schon gut. Ist doch nicht viel“, meinte Mimi abwinkend, obwohl ihr schlecht war. Sie war froh, dass im Schlafzimmer kein Teppich ausgelegt war und so war sie nach wenigen Minuten fertig. „Alles wieder sauber, siehst du?“

„Danke“, seufzte Sora. „Blödes Kind.“

„Hey!“, rief Mimi empört. „Sag doch sowas nicht.“

„Aber wenn es die Wahrheit ist“, murmelte Sora.

Mimi brachte den Lappen und den Eimer wieder weg und ging zurück zu ihr.

„Ich habe Matt übrigens davon abgehalten, zu dir zu kommen. Ich hoffe, das war okay?“, fragte sie.

„Ja, klar. Der braucht mich nicht so zu sehen“, seufzte Sora.

„Hab mir ja gedacht, dass dir das nicht gefallen würde“, erwiderte Mimi.

„Wie war denn euer Date gestern?“, wechselte Sora das Thema und sah Mimi interessiert an.

Mimi zögerte eine Weile, entschied sich dann aber dafür, das Wichtigste zu erzählen. „Ich hab mit ihm geschlafen“, platzte sie heraus.

Sora machte große Augen und starrte sie fassungslos an. „Was? Echt jetzt?“

„Ja“, gestand Mimi und spürte, wie ihre Wangen ganz heiß wurden.

Sora sah sie einen Moment lang mit offenem Mund an, dann schüttelte sie langsam den Kopf. „Wow... und wie war es?“

Mimi zog eine Augenbraue hoch. „Möchtest du jetzt Einzelheiten hören?“

„Ja, bitte. Und lass kein Detail aus.“ Sie lächelte leicht. „Nein, ein Adjektiv reicht mir.“

„Es war...“ Mimi schloss die Augen und dachte an die vergangene Nacht zurück. Sie erinnerte sich an Tais Berührungen, seine Fingerspitzen, die sie überall liebkost hatten, seinen heißen Atem auf ihrer Haut, seinen typischen Tai-Duft, das Gefühl der Verbundenheit, die roten Spuren, die ihre Fingernägel auf seinen Schulterblättern hinterlassen hatten. In Mimis Magen breitete sich wieder dieses wohlige Kribbeln aus. Sie verspürte den Drang, zu Tai zu gehen. „Es war schön.“

Sora lächelte und in diesem Moment kam Kari mit einer Tasse Tee in der Hand ins Mädchenschlafzimmer.

„Hier“, sagte sie und stellte die Tasse auf Soras Nachttisch ab.

„Vielen Dank“, antwortete Sora und lächelte auch Kari zu.

Mimi stand von Soras Bett auf.

„Ich gehe mal Tai wecken, sonst kommt der wieder nicht aus den Federn“, verkündete sie und bemerkte gerade noch Soras spöttisches Lächeln, bevor sie sich umdrehte und das Zimmer verließ. Sie ging leise über den Flur und klopfte an Tais, Matts und T.K.s Zimmertür. Es kam keine Antwort.

Leise öffnete sie die Tür und spähte ins Zimmer. Die Betten von Matt und T.K. waren zerwühlt, aber natürlich leer. Nur unter Tais Bettdecke lugte ein brauner Haarschopf hervor.

Mimi schlüpfte ins Zimmer, schloss die Tür hinter sich und drehte den Schlüssel herum. Dann ging sie auf Tais Bett zu, hob die Decke hoch und schlüpfte darunter.

„Guten Morgen“, hauchte sie in sein Ohr, doch es kam keine Reaktion. Er schlief tief und fest weiter. „Tai!“ Nun rüttelte Mimi ihn am Arm. „Tai! Tai! TAI!“

Ein Grunzen, eine unvorhersehbare Armbewegung und Tais Hand klatschte schwungvoll in Mimis Gesicht.

Sie schrie auf, wodurch auch Tai aufschreckte.

„Mimi!“, rief er und sah sie erschrocken an. „Hab ich dir eine verpasst?“

„Ja, du Idiot!“, fauchte Mimi, schlug die Decke zurück und setzte sich auf. „Ich wollte dich eigentlich zärtlich wecken, aber wenn du mich deswegen schlägst, dann lasse ich das in Zukunft!“ Sie stand auf, doch Tai hatte ihr Handgelenk ergriffen und zog sie wieder zurück. Obwohl sie sich wehrte, zog er sie an sich und grinste.

„Du wolltest mich also zärtlich wecken?“, raunte er. „Dann kannst du das jetzt machen.“

„Vergiss es“, zischte Mimi. „Du hast mir bestimmt die Nase gebrochen.“ Sie versuchte, sich aus Tais Klammergriff zu befreien, doch er war zu stark für sie.

„Jetzt übertreib' nicht. Du blutest noch nicht mal“, meinte Tai nüchtern, doch das Grinsen wich nicht von seinem Gesicht. „Erzähl' mir lieber, wie du mich wecken wolltest.“

„Nö“, erwiderte Mimi stur, gab aber ihren Kampf auf.

„Hm“, machte Tai und sah sie gespielt nachdenklich an. „Wenn du nicht von selbst reden willst, muss ich dich halt dazu bringen.“ Er schob Mimi ein wenig von sich weg, sodass sie nun auf dem Rücken lag und stützte sich über sie. Seine Lippen senkten sich auf ihre herab und verwickelten sie in einen Kuss. Mit der freien Hand strich er über ihren Oberschenkel hinauf zu ihrem Slip. Kurz löste er den Kuss und sah ihr einen Augenblick lang fragend in die Augen, doch als sie die Hände in seinem Haar vergrub und ihn wieder zu sich herunter zog, streifte er ihr das kleine Stück Stoff ab.
 

Eine halbe Stunde später lag Mimi erschöpft aber zufrieden unter Tais Decke und atmete noch ein wenig schwer.

„Ich glaube, daran könnte ich mich gewöhnen“, murmelte sie und schloss sie Augen. Sie hätte auf der Stelle wieder einschlafen können.

„Dann tu es doch“, meinte Tai nur, der neben ihr lag, den Kopf auf einer Hand abgestützt. Seine andere Hand wickelte eine Strähne von Mimis Haar um den Finger.

„Okay“, erwiderte Mimi grinsend. Sie öffnete die Augen und sah, wie Tai an der Haarsträhne schnupperte. „Was machst du da?“ Sie sah ihn skeptisch an.

„Deine Haare riechen immer so gut“, antwortete er.

„Ein Kompliment aus deinem Mund über mich?“, fragte Mimi und sah ihn gespielt überrascht an.

„Nicht über dich, über deine Haare“, antwortete Tai und schüttelte den Kopf, als wäre sie ein wenig beschränkt. „Ich glaube, wir sollten langsam mal aufstehen, sonst kriegen wir wieder Ärger mit Sora.“

„Ach, die liegt bestimmt selbst noch im Bett. Vorhin ging es ihr nicht gut“, erwiderte Mimi.

„Ach nein?“, fragte Tai und sah nun ein wenig besorgt aus. „Musste sie sich wieder übergeben?“

Mimi nickte.

„Zum Glück bin ich keine Frau“, seufzte Tai und ließ sich zurück fallen.

„Sonst wäre das gerade eben auch ein bisschen anders gewesen“, stimmte Mimi ihm zu.

Er sah sie an und lachte dann. „Ja, ein wenig.“

Widerwillig schlug Mimi die Decke zurück, zog sich ihren pinken Slip wieder an und stand auf. Sie verließ den Raum und wollte noch einmal nach Sora sehen, bevor sie zum Frühstück ging. Vorsichtig klopfte sie an die Tür und öffnete diese, ohne auf eine Antwort zu warten. Sora lag noch immer in ihrem Bett. Matt saß auf der Bettkante und schien sich ein wenig um ihre Unterhaltung zu kümmern. Beide sahen Mimi fragend an.

„Ähm... ist alles okay bei dir, Sora?“

„Ja. Matt ist ja da“, antwortete sie und lächelte Matt an. „Aber ich glaube, ich komme heute nicht mit zum Skifahren.“

„Okay, wenn du willst, bleibe ich gerne hier und leiste dir Gesellschaft“, bot Mimi an.

„Das mach ich schon. Geh du mal Ski fahren, hast dich ja gestern schon gedrückt“, fuhr Matt dazwischen, grinste aber.

„Matt, ich hab dir doch schon gesagt, du sollst nicht hier bleiben“, seufzte Sora ein wenig genervt. „Du sollst doch Ski fahren gehen.“

„Und ich hab dir schon gesagt, dass ich dich nicht allein hier lasse, wenn es dir schlecht geht. Zumindest nicht schon wieder. Letztes Mal hat Mimi ja auf dich aufgepasst“, entgegnete Matt unerbittlich.

„Ich brauche aber keinen Aufpasser“, murrte Sora und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Sora, sei nicht so stur. Du weißt doch nicht, was noch passiert. Vielleicht geht es dir noch schlechter im Laufe des Tages und dann bist du bestimmt froh, wenn noch jemand da ist“, meinte Mimi und sah ihre Freundin besorgt an.

„Ja, hör auf Mimi“, pflichtete Matt ihr bei und grinste. Mimi verdrehte die Augen, denn normalerweise sagte Matt so etwas nicht.

„Ist ja gut!“, murmelte Sora und gab ihren Widerstand anscheinend auf.

Mimi nickte zufrieden und verließ das Zimmer wieder.
 

Mal wieder kamen die Freunde viel zu spät beim Skilift an, aber Marius war dies ja bereits gewohnt.

„Mensch, das ist ja selbst für euch ein neuer Rekord“, sagte er mit einem Blick auf seine Armbanduhr. „Aber schön, dass ihr da seid. Freut ihr euch auf euren vorletzten Tag?“

Diesmal nickte auch Mimi zustimmend, denn es bedeutete, dass sie nach diesem Tag nur noch einmal Ski fahren musste und dann könnte sie endlich wieder zurück nach Japan und brauchte nie wieder Ski zu fahren, wenn sie nicht wollte. Das nächste Mal würde sie auf jeden Fall wieder für einen Sommerurlaub stimmen.

„Aber mit der Vollständigkeit wird es auch nichts mehr, was?“, redete Marius weiter und ließ den Blick über die kleine Gruppe schweifen.

„Sora geht es nicht gut und Matt ist bei ihr geblieben“, erklärte Kari hilfsbereit.

„Na gut, mit vier Schülern macht es sich natürlich noch leichter. Ihr beide könnt gern auch wieder mitkommen, wenn ihr wollt“, meinte Marius und sah T.K. und Izzy an. „Wir probieren heute mal wieder ein paar neue Pisten. Mal schauen, wie ihr euch macht.“

Sie fuhren mit dem üblichen Lift nach oben, begaben sich zum nächsten Lift und auch den darauffolgenden kannte Mimi bereits zur Genüge. Doch von dort aus nahmen sie eine neue Piste.

„Das ist eine rote Piste, wie ihr seht. Sie führt ein Stück durch den Wald, passt also auf, dass ihr gegen keinen Baum fahrt“, warnte Marius sie, stieß sich ab und fuhr los. Ihm folgten Kari, Joe, Mimi und Tai. T.K. und Izzy fuhren einfach nebenher.

Mimi kam einigermaßen gut zurecht. Sie achtete darauf, Joe nicht aus den Augen zu verlieren und gleichzeitig keine Schneewehe zu übersehen, die sie wieder aus der Bahn werfen konnte.

Die Piste war wirklich schön, auch wenn es anstrengend war. Sie fuhren eine relativ schmale Strecke mitten durch einen Wald. Alles wirkte still und friedlich und außer ihnen waren hier nur wenige andere Skifahrer unterwegs. Mimi machte es sogar fast ein wenig Spaß.

„Mensch, kannst du nicht mal schneller fahren?“, beschwerte sich Tai, als sie gerade einen Zwischenstopp einlegten. „Dauernd muss ich bremsen wegen dir.“

„Dann fahr du doch vor“, zischte Mimi und warf ihm einen giftigen Blick zu.

„Nee, dann bekommt es ja wieder keiner mit, wenn du falsch abbiegst“, entgegnete Tai und sah sie vielsagend an. Mimi wusste, dass er auf den Tag anspielte, an dem sie plötzlich nicht mehr wussten, wo sie waren.

„Dann fahre ich eben ganz hinten und passe auf, dass keiner verloren geht“, meinte Izzy bestimmt.

Mit der neuen Reihenfolge gab es keine Probleme mehr. Sie fuhren eine Piste nach der anderen, genossen die Aussicht von den Liften aus und verbesserten ihre Fähigkeiten im Skifahren. Mimi fand es nur schade, dass Sora nicht dabei war. Aber lieber sollte sie sich schonen, als dass ihr oder dem Kind noch etwas zustieß.

Zum verspäteten Mittagessen saßen sie wieder alle beisammen in einer Hütte. Nur Marius hatte sich mit einem Skilehrerkollegen woanders hingesetzt. Dadurch, dass es bereits nach zwei war, war in der Hütte nicht mehr allzu viel los und sie bekamen ohne Probleme einen schönen Tisch, der groß genug für alle war.

„Sag mal, Izzy, wie lief es denn gestern Abend eigentlich noch in dem Club?“, fragte Tai zwischen zwei Bissen und grinste den Angesprochenen an, der auf der Stelle rot anlief.

„Super“, murmelte er. „Wart ihr etwa auch da?“

„Hattet ihr etwa ein Doppeldate in diesem Schuppen?“, fragte Joe lachend.

„Nein, wir haben Izzy und sein Mäuschen nur zufällig getroffen. Oder eher gesehen, denn die waren zu beschäftigt, um uns zu sehen“, stichelte Tai.

„Hör doch auf!“, fauchte Mimi. „Du bist unmöglich.“

„Wie war denn euer Date?“, fragte T.K. und sah nun Tai spöttisch an.

„Perfekt, oder Mimi?“, antwortete er triumphierend und sah Mimi an.

„Tz“, machte Mimi und streckte ihm die Zunge raus. „Ich kann mir Besseres vorstellen.“

Die anderen lachten und Tai warf Mimi einen gekränkten Blick zu.

„Tja, selbst schuld“, sagte Mimi leise zu ihm und wandte sich wieder ihrem Germknödel mit Vanillesoße zu.

Nach dem Mittagessen machten sie sich gestärkt wieder auf den Weg durch die Alpen. Nun, da Mimi ihre Skischuhe wieder festgeschnallt und die Skier befestigt hatte, spürte sie wieder den unangenehmen Druck, den die Skischuhe auf ihre Schienbeine ausübten. Diese blöden Dinger würde sie garantiert nicht vermissen. Ansonsten war das Skifahren jedoch ganz angenehm. Die Aussicht war super, das Wetter spielte einigermaßen mit und sie probierten neue Pisten aus, sodass es nicht langweilig wurde.

„Mimi, du bist wirklich schon gut geworden. Man sieht heute einen eindeutigen Unterschied zu den letzten Tagen“, lobte Marius sie bei einem Zwischenstopp. Mimi schenkte ihm ein Lächeln und freute sich über das Lob. „Joe, bei dir sieht es heute auch besser aus. Tai, du machst das super, aber das hat man die schon am ersten Tag angesehen. Kari, bei dir sieht es noch ziemlich steif aus. Lehn' dich mehr in die Kurven und fahr' sie ruhig ein bisschen weitläufiger. Dann sieht das gleich ganz anders aus.“

Kari wirkte ein wenig enttäuscht, da sie als Einzige kein Lob bekommen hatte.

Mimi beobachtete die anderen, die stets vor ihr fuhren und versuchte dann, mindestens genauso gut zu fahren.

Sie versuchten als nächstes eine Piste, die relativ stark befahren war. Die vielen Menschen sahen aus wie kleine, wuselnde Mäuse, die hin und her huschten. Mimi stieß sich gerade ab, um Tai zu folgen, als es passierte.

Zufällig hatte sie gerade den Kopf gehoben, um Tai hinterher zu fahren, als sie beobachtete, wie von rechts plötzlich wie aus dem Nichts ein Snowboarder angesaust kam und Tai in diesem Moment ebenfalls eine Rechtskurve vollführte. Mimi konnte das dumpfe Geräusch hören, mit dem die beiden zusammenstießen. Sie sah eine Schneewolke aufwirbeln, Skier und Skistöcke flogen durch die Gegend, Menschen wichen hastig aus. Es dauerte einige Sekunden, bis die Schneewolke so weit verschwunden war, dass das Ausmaß des Unfalls zu sehen war. Mimi erkannte Tais blaue Jacke im Schnee und dachte, ihr Herz würde stehen bleiben. Tai rührte sich nicht, sondern lag einfach da.

„Nein, nein, nein!“, flüsterte Mimi, in ihrem Hals spürte sie einen Kloß. So schnell sie konnte, fuhr sie sie zu Tai und machte sich gar nicht erst die Mühe zu bremsen, sondern ließ sich gleich neben ihm fallen. Ihre Skier schnallte sie per Hand ab, bevor sie auf allen Vieren zu ihm kroch.

Er lag auf dem Rücken, die Augen geschlossen und den Mund geöffnet.

„Oh Gott, Tai!“, rief Mimi, legte eine Hand auf seine Schulter und rüttelte ihn leicht. „Tai? Was ist mit dir? Wach auf, bitte!“ Sie spürte Tränen in den Augen, die ihren Blick verschleierten. Der Kloß in ihrem Hals schmerzte. War er tot?

„Oh verdammt!“ Izzy hatte hinter ihr gestoppt und hockte sich nun auch neben Tai.

Mimi warf ihm einen tränenreichen, angsterfüllten Blick zu, bevor sie sich wieder an Tai wandte. Nun sah sie, wie aus einer Wunde an seinem Kopf Blut sickerte, durch sein Haar rann und in den weißen Schnee tropfte.

„Oh mein Gott“, hauchte sie und nun liefen die Tränen ihre Wangen hinunter. „Tu doch was, Izzy! Mach irgendwas! Er ist verletzt!“

„Warte hier, ich gehe den anderen Bescheid sagen“, rief Izzy eilig, sprang wieder auf und stieß sich kräftig ab.

Der Snowboarder, der Tai über den Haufen gefahren hatte, kam nun zu Mimi und Tai gerutscht.

„Scheiße, das war echt keine Absicht“, sagte er schockiert und kniete sich neben sie. „Ich hab nicht damit gerechnet, dass er auf einmal nach rechts fährt. Scheiße!“

„Nicht damit gerechnet, dass er... sag mal, tickst du noch ganz richtig?“, schrie Mimi plötzlich, während Tränen über ihre Wangen liefen. „Ich hab's von hinten gesehen, du bist einfach nur gerast! Es war nur deine Schuld! Er konnte dich nicht sehen, weil du schräg hinter ihm warst!“ Sie schluchzte auf und rüttelte Tai noch einmal an der Schulter. „Tai, bitte! Wach doch auf.“

Tatsächlich regte er sich ein wenig und öffnete die Augen. Mimi fiel ein ganzer Felsblock vom Herzen.

„Woah“, stöhnte er und hob eine Hand, um die Wunde an seinem Kopf zu berühren, doch Mimi hielt seine Hand fest.

„Nicht, du bist verletzt“, schluchzte sie. Nun weinte sie erst recht.

„Was... ist denn... passiert“, stotterte er.

„Sorry, Mann, ich hab dich umgenietet. Es tut mir echt Leid“, sagte der Snowboarder.

Tai machte Anstalten, sich aufzusetzen, doch wieder hielt Mimi ihn auf.

„Bleib lieber liegen. Nicht, d-dass noch was Schlimmeres passiert“, schniefte sie. Ihr Blick huschte zu Tais Wunde, aus der immer mehr Blut strömte. In diesem Moment fiel ihr ein, dass sie in ihrer Hosentasche eine Packung Taschentücher hatte. Eilig zog sie ihre Handschuhe aus, kramte ein Taschentuch hervor und drückte es behutsam auf Tais Wunde. Er stöhnte qualvoll auf.

„Das wird alles wieder g-gut. I-ich verspreche es d-dir. Izzy holt... holt gerade Hilfe“, weinte Mimi und hielt das Taschentuch an seiner Wunde fest.

Mittlerweile standen noch einige andere Leute um sie herum und beobachteten das Geschehen. Mimi ignorierte sie einfach und kümmerte sich um Tai.

„Tut dir noch irgendwas weh? Spürst du das?“ Sie berührte seine Hand und und kniff unsanft in seine Oberschenkel.

„Autsch. Ja, jetzt tut mir noch was weh“, sagte Tai leise, konnte aber schon einen mürrischen Blick aufsetzen, den er Mimi widmete.

„Zum Glück“, stöhnte Mimi. Tränen tropften von ihrem Kinn hinunter auf Tai.

„Könntest du... bitte aufhören zu heulen? Du machst mich... doch nass“, sagte Tai mit heiserer Stimme.

„Tut mir Leid“, schluchzte Mimi und wischte sich mit dem Handrücken über die Wangen.

„Tai!“ Mimi drehte den Kopf in die Richtung, aus der der Ruf gekommen war, und entdeckte die anderen, allen voran Kari, die sich neben ihrem Bruder fallen ließ und augenblicklich anfing, zu schluchzen, genau wie Mimi. „Oh Gott, Tai!“

„Könntet ihr vielleicht mal abhauen?!“, schrie Mimi die übrigen Gaffenden an, die immer mehr wurden. Sie warfen Mimi entgeisterte Blicke zu, doch nicht alle von ihnen verschwanden.

„Hört mal, ich muss eigentlich auch weiter. Ich gebe euch meine Nummer wegen Versicherung und so, okay?“, sagte der Snowboarder.

Mimi nickte nur verstört, kramte ihr Handy hervor und speicherte sich die Nummer des Unfallverursachers ein, bevor dieser sich dann auch wieder auf den Weg machte.

Marius hockte sich neben Tai in den Schnee, zog Mimis Hand von seiner Wunde fort und musterte diese.

„Ich glaube, das sieht schlimmer aus, als es ist“, sagte er ruhig. „Es kommt gleich ein Schneemobil, das dich runter bringt. Dann geht’s erst mal ins Krankenhaus, aber ich glaube, du hast Glück gehabt.“

Die anderen standen um die auf dem Boden Sitzenden herum und machten verängstigte und bedrückte Gesichter.

Wenige Minuten später kam ein Schneemobil angefahren, das Tai auf einem Schlitten fest schnallte und davon fuhr.

Mimi und den anderen war nun natürlich die Lust aufs Skifahren vergangen. Sie ließen sich von Marius hinunter ins Tal bringen, wo sie sich auf den Weg in ihr Ferienhaus machten.

Matt und Sora saßen auf dem Sofa vor dem Fernseher und drehten sich überrascht um, als sie durch die Haustür kamen.

„Ihr seid aber früh wieder zurück“, stellte Matt fest.

„Ist irgendwas passiert?“, fragte Sora. Ihr mussten die deprimierten Gesichter sofort aufgefallen sein.

„Tai ist im Krankenhaus“, verkündete Izzy den beiden. „Er hatte einen Unfall. Wir wollen jetzt alle zu ihm fahren. Kommt ihr mit?“

„Was? Oh Gott, was ist denn passiert?“, rief Sora erschrocken und auch Matt hatte die Augen aufgerissen.

Izzy erklärte ihnen kurz, was geschehen war, woraufhin auch die beiden sich Jacken überzogen, um zum Krankenhaus zu fahren.

Marius hatte ihnen noch erklärt, wie sie am besten ins Krankenhaus kamen, also stiegen sie in einen Bus, der sie direkt dorthin brachte. Am Empfang erkundigten sie sich nach Tais Zimmer, das sich auf der Unfallstation im ersten Stock befand.

Eilig liefen die sieben Freunde die Treppe hinauf und fanden schnell das genannte Zimmer. Sie stießen die Tür auf und stürzten hinein.

Mimi war erleichtert über das Bild, das sich ihr bot. Tai saß aufrecht im Bett und um seinen Kopf war ein weißer Verband gewickelt. Er sah ein wenig mitgenommen aus, aber ansonsten gesund und unverletzt. Ein Arzt saß auf einem Stuhl neben dem Bett.

„Wow, da kriegen Sie aber viel Besuch“, stellte er mit hochgezogenen Augenbrauen fest und stand auf. „Denken Sie bitte dran, sich auszuruhen.“ Er nickte den sieben Besuchern zu und verließ dann das Zimmer.

Alle bauten sich um Tais Bett herum auf und fragten tausend Sachen gleichzeitig.

„Wie geht’s dir?“

„Was hat der Arzt gesagt?“

„Musst du hier bleiben oder kannst du mit nach Hause kommen?“

„Leute, ich hab doch schon Kopfschmerzen“, stöhnte Tai und hielt sich die Ohren zu.

„Dann fange ich an“, bestimmte Kari und setzte sich auf die Bettkante. „Wie geht’s dir?“

„Ach, passt schon“, antwortete Tai abwinkend. „Hätte schlimmer kommen können.“

„Was wurde denn gemacht?“, fragte Matt weiter.

„Naja, sie haben ein Röntgenbild gemacht, aber da ist alles in Ordnung. Dann haben sie die Wunde genäht. Ich hab wohl ziemliches Glück gehabt“, erklärte Tai.

„Klar, du hättest tot sein können“, meinte Joe ungeduldig. „Es sind schon einige Leute beim Skifahren gestorben, weil sie einen schlimmen Unfall hatten. Wir sollten alle mit Helm fahren. Ohne ist es viel zu gefährlich, wie Tai heute demonstriert hat.“

„Stimmt, jetzt wo du's sagst. Der Snowboarder hatte wirklich einen Helm auf. Deswegen ist ihm bestimmt nichts weiter passiert“, sagte Mimi und hatte wieder den Snowboarder im Kopf.

„Hast du denn noch andere Verletzungen?“, fragte Sora und musterte ihn von oben bis unten.

„Nö, nur noch eine Gehirnerschütterung. Deswegen soll ich mich ja ausruhen heute. Das heißt wohl, ich kann heute leider nicht beim Essenmachen helfen und muss auf der Couch liegen bleiben“, antwortete Tai und grinste, wobei er fast wieder wie der Alte aussah.

Mimi verdrehte die Augen.

„Heißt das, du musst nicht hier bleiben, sondern kannst wieder mit uns mitkommen?“, fragte Kari und klang erleichtert.

„Klar. Ich hatte nicht vor, im Krankenhaus einzuziehen“, meinte Tai schulterzuckend.

Kari fiel ihm um den Hals und die anderen lachten und waren erleichtert, obwohl Mimi schlecht wurde, wenn sie sich vorstellte, was noch hätte passieren können bei diesem Unfall. Sie verbannte den Gedanken aus ihrem Kopf.

Erst, als sie gemeinsam mit Tai das Krankenhaus verließen, fiel Mimi der unangenehme Geruch auf, der auf den Gängen herrschte. Es roch irgendwie nach Desinfektionsmitteln und kranken Menschen, sodass sie es kaum erwarten konnte, diesen Ort wieder zu verlassen. Sie wollte sich erst gar nicht vorstellen, welche traurigen Schicksale sich hier womöglich gerade in diesem Moment abspielten.

Mit dem Bus ging es zurück in ihre Ferienhütte, wo Kari Tai sogleich zwang, sich hinzusetzen und nicht mehr zu bewegen.

So machte sich Mimi wieder ans Kakaokochen, nachdem sie als Erste aus der Dusche kam. Sora und Matt saßen bei Tai auf der Couch und plauderten miteinander. Anscheinend ging es Sora wieder gut, doch befürchtete Mimi schon, dass ihr am nächsten Morgen wieder übel sein würde.

„Mensch, Mimi, jetzt kochst du ja schon wieder den Kakao“, meinte Tai ein wenig vorwurfsvoll, als er Mimi in der Küche bemerkte.

„Was soll ich machen, wenn Prinz Tai ein Wehwehchen hat und es nicht schafft?“, erwiderte sie und streckte ihm die Zunge raus.

„Mimi, sei doch nicht so gemein. Er kann ja nichts dafür, dass er umgefahren wurde“, mischte Sora sich ein und nun war sie es, die Mimi vorwurfsvoll ansah.

„War doch nur ein Witz“, entgegnete Mimi genervt und verdrehte die Augen, bevor sie heißen Kakao auf acht Tassen verteilte.

„Überlass das Witzereißen lieber jemandem, der davon was versteht“, sagte Tai und grinste herausfordernd.

Mimi drehte sich um und sah ihn wütend an. „Das nächste Mal fahre ICH dich um. Und wenn dieser Typ heute noch anruft, dann sage ich ihm, er hätte dich ruhig noch ein bisschen härter erwischen können!“, fauchte sie, stellte die Kakaokanne mit einem lauten Knall ab und stampfte die Treppe nach oben ins Mädchenzimmer. Sie hatte noch vernommen, wie Tai „Hast du deine Tage?“ gerufen hatte, wollte aber nicht mehr darauf reagieren. Sie warf sich auf ihr Bett und starrte wütend an die Decke.

Wenige Minuten später kam Kari mit feuchten Haaren und nur einem Handtuch bekleidet herein. Sie zog die Augenbrauen hoch, als sie entdeckte, dass Mimi offenbar nicht gut gelaunt war.

„Was ist los?“, fragte sie, während sie sich frische Sachen aus dem Kleiderschrank heraussuchte.

„Dein Bruder ist ein Vollidiot“, zischte Mimi, ohne den Blick von der Decke abzuwenden.

„Erzähl mal was Neues“, antwortete Kari trocken. „Was hat er denn gemacht? Das Übliche?“

„Ja. Er hat genervt, wie immer“, erwiderte Mimi kurz angebunden.

„Er nervt dich doch nur, weil er dich so sehr mag“, sagte Kari mit weicher Stimme. „Ich weiß, dass das für dich bestimmt anstrengend ist, aber man darf ihm das nicht so übel nehmen.“ Sie lächelte aufmunternd, während sie sich anzog.

„Ich hab aber keine Lust mehr darauf“, murmelte Mimi genervt. „Es ist immer wieder das Gleiche. Manche Sachen sollte er sich einfach mal verkneifen. Und jetzt denkt er, nur weil er sich verletzt hat, kann er machen, was er will.“

„Soll ich mal mit ihm reden?“, bot Kari an und setzte sich auf Mimis Bettkante.

„Nein, danke“, seufzte Mimi und setzte sich auf. „Er soll von selbst drauf kommen, dass er ein Idiot ist.“

Kari grinste. „Ich glaube, darauf kannst du lange warten.“ Sie stand auf und sah Mimi erwartungsvoll an. „Los, komm wieder mit runter. Hier oben alleine sein ist doch blöd.“

Widerwillig stand auch Mimi auf und folgte Kari wieder nach unten. Sie nahmen sich beide eine Tasse Kakao und setzten sich zu den anderen auf die Sofas. T.K. stieß auch zu ihnen und Mimi entging der kurze Blick nicht, den er Kari zuwarf, bevor er sich neben seinen Bruder setzte. Mimi hingegen würdigte Tai keines Blickes. An diesem Tag wollte sie eigentlich nichts mehr von ihm wissen.

„Sagt mal“, fing Joe an und wandte sich an Matt und Sora, „entschuldigt, dass ich so neugierig bin, aber wünscht ihr euch eigentlich lieber ein Mädchen oder einen Jungen?“

Matt und Sora sahen sich ein wenig verdutzt an, bevor Sora nachdenklich auf ihren Bauch sah, als versuchte sie, das kleine Wesen darin zu erkennen.

„Ähm... ich weiß nicht“, murmelte sie verlegen.

„Ein Mädchen“, sagte Matt bestimmt, woraufhin alle ihn fragend ansahen.

„Warum das denn?“, fragte Tai ein wenig verwirrt und Mimi konnte sich ein leises, genervtes Stöhnen nicht verkneifen.

„Ich hätte gern noch eine zweite Sora“, antwortete Matt grinsend und sah seine Freundin neben sich an.

„Aber was, wenn sie aussieht wie du? Ich habe mal gehört, dass die Erstgeborenen meistens nach dem Vater kommen“, gab Sora zu bedenken.

„Dann wird es eine, die den Jungs die Köpfe verdreht“, meinte Joe grinsend und alle lachten, während Matt nur die Augen verdrehte.

„Also ich glaube, einen zweiten Matt halte ich nicht aus“, warf Tai ein.

„Das Baby wird dich bestimmt auch nicht aushalten können“, zischte Matt.

„Klar wird es das. Wer hat schon so einen coolen Onkel?“, erwiderte Tai und lächelte selbstgefällig.

„Leute, ihr habt irgendwie ein Problem mit Verwandtschaftsverhältnissen. Kari wollte heute auch schon die Tante werden, aber das geht nicht“, sagte Mimi genervt.

„Mimi, du bist bestimmt der Knaller auf jeder Party“, antwortete Tai sarkastisch, woraufhin Mimi ihm wieder einen wütenden Blick zuwarf. Oh ja, mir ihm würde sie so was von überhaupt nicht mehr reden an diesem Tag.
 

Izzy hatte sich freiwillig dafür gemeldet, das Abendessen zu kochen, was alle ein wenig verwundert hatte, doch er meinte, er wollte seine Kochkünste aufbessern. Ob er wohl Lisa beeindrucken wollte?

Mimi ging ihm mit einigen niederen Arbeiten zur Hand und half ihm beim Schneiden von Gemüse, während T.K. und Kari den Tisch deckten. Joe und Matt waren zum Aufräumen am Ende eingeteilt worden, während Tai und Sora sich ausruhen durften, was Mimi nervte. Sie fand, Tai konnte ruhig auch etwas machen; immerhin hatte er so eine große Klappe, dass es ihm nicht sonderlich schlecht gehen konnte.

„Das riecht aber lecker“, fand Kari und warf einen neugierigen Blick in einen der Töpfe auf dem Herd.

„Ich gebe mir ja auch Mühe“, antwortete Izzy, der seine Kreation ebenfalls kritisch beäugte. Schließlich stellte er den Herd aus, als er fand, dass es genügte, und brachte die Töpfe hinüber zum Esstisch.

Alle setzten sich und wirkten noch ein wenig skeptisch, doch wider Erwarten schmeckte alles gut. Mimi fand lediglich, dass noch einige Gewürze fehlten, doch ansonsten war es ein gelungenes Essen. Sie warf Izzy einen anerkennenden Blick zu.

„Schmeckt prima“, lobte sie ihn, woraufhin er ein wenig rot wurde.

„Ja, ist gut geworden“, stimmte Matt zu und nickte.

„Danke.“ Izzy grinste und kratzte sich verlegen am Kopf.

„Möchtest du damit dein Mäuschen beeindrucken?“, fragte Tai und sah Izzy bedeutungsvoll an.

„Was? Nein!“ Izzy wurde nur noch röter.

„Izzy hat jetzt also doch eine Freundin? Wie süß“, fand Sora und lächelte fröhlich.

„Nein, hab ich nicht. Bringt doch gar nichts mit so einer Entfernung“, murmelte Izzy mit gesenktem Blick.

„Aber ihr könnt euch doch E-Mails schreiben“, schlug Joe zwischen zwei Bissen vor.

„Aber das ist doch kein Zustand für die Dauer“, widersprach Izzy kopfschüttelnd.

„Kann ich verstehen. Ich könnte das auch nicht“, meinte Matt mit einem Blick auf Sora, die verlegen lächelte.

„Ja, aber Lisa ist ja nicht von Izzy schwanger“, antwortete Tai schulterzuckend, woraufhin alle ihn entgeistert ansahen. „Was denn?“

„Du rüttelst am Ohrfeigenbaum, mein Lieber“, entgegnete Matt und sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an.

„Das tut er doch immer“, zischte Mimi und alle lachten.

Nach dem Abendessen saßen sie gemeinsam vor dem Kamin und spielten Knack, wobei Mimi wieder einmal ständig verlor. Sie hatte irgendwie einfach noch nicht die richtige Strategie heraus und hatte deswegen auch beizeiten keine Lust mehr auf dieses Spiel.

Da sie außerdem ziemlich müde war, verabschiedete sie sich schon früh, um zu Bett zu gehen.
 

Sie wurde mitten in der Nacht davon geweckt, dass jemand sie aus dem Bett hob und weg trug. So richtig zu sich kam sie allerdings erst, als sie mit dem Kopf gegen den Türrahmen knallte.

„Aua!“, zischte sie.

„Entschuldige“, flüsterte Tai zurück.

„Sag mal...“ Verwirrt und müde sah sie sich um. Sie befanden sich im dunklen Flur der oberen Etage und gingen geradewegs zur Treppe. Tai trug sie einfach auf seinen Armen. „Spinnst du? Was soll das? Lass mich sofort runter!“ Sie strampelte mit den Beinen, doch er schaffte es irgendwie, sie festzuhalten.

„Mimi, warte bitte. Ich will nur mit dir reden“, flüsterte Tai, während er die Treppe hinunter ging.

„Sag mal, hast du sie noch alle?“, rief Mimi empört und schlug nun auf ihn ein. „Mach das gefälligst am Tag und nicht nachts, wenn ich schon schlafe! Was soll das? Lass mich SOFORT los!“

„Ich will nur mit dir reden!“, zischte Tai. „Autsch!“

Mimi hatte ihn in die Hand gebissen, woraufhin er gezwungen war, sie doch loszulassen.

„Was soll das?“, wiederholte sie und sah ihn wütend an.

„Bitte komm mit“, sagte er ruhig und sah sie flehend an.

Mimi war mehr als sauer. Was fiel ihm eigentlich ein, sie einfach aus dem Bett zu holen, ohne sie zu fragen? Und nun erwartete er auch noch, dass sie ihm einen Gefallen tat.

„Vergiss es. Du hast doch 'nen Schaden“, keifte sie und wollte sich umdrehen, doch er hielt ihr Handgelenk fest. Wieder mal sah sie ihm einen Augenblick zu lang in die Augen, weshalb sie sich nun doch noch weich klopfen ließ. „Okay, du hast eine Minute.“

Er zog sie hinter sich her in den Wohnbereich, wo Mimi große Augen machte. Überall waren Kerzen aufgestellt worden und spendeten dem Raum nun ein warmes Licht. Im Radio lief leise eine ruhige Musik und auf dem niedrigen Couchtisch stand eine dampfende Tasse.

„Was wird das jetzt wieder?“, fragte Mimi, ohne den Blick von dem Raum abzuwenden.

„Naja, ich dachte mir, du kommst bestimmt nicht freiwillig mit mir mit und deswegen hab ich dich sozusagen entführt. Und da ich mir schon denken konnte, dass du das alles andere als cool findest, habe ich das hier gemacht, um dich wieder zu besänftigen“, erklärte er und kratzte sich am Kopf.

Mimi schüttelte ungläubig den Kopf, bevor sie ihre Sprache wiederfand.

„Du spinnst doch total.“

Er nahm sie an der Hand und führte sie zum Sofa, wo sie sich hinsetzten. Mimi nahm die Tasse Tee in die Hand, um sich an ihr ein wenig zu wärmen.

„Was willst du denn nun?“, fragte sie ungeduldig und sah ihn misstrauisch an.

„Na mit dir reden, hab ich doch schon gesagt“, antwortete er.

Er redete nicht weiter, doch sie sah ihn abwartend an, bis er schließlich doch wieder das Wort ergriff.

„Entschuldige wegen heute Nachmittag. Du weißt doch, dass das alles nur Spaß ist und ich dich nicht verärgern will.“

„Ja, das sagst du immer“, murmelte sie und trank einen Schluck Tee.

„Nur, weil du es anscheinend nicht kapierst“, erwiderte Tai bestimmt, doch als er ihrem Blick begegnete, lenkte er schnell ein. „Tut mir Leid.“

„Ja ja, schon okay“, murrte sie. „Kann ich jetzt wieder schlafen gehen?“

„Gleich.“ Er lehnte sich nach vorn und stützte die Ellbogen auf seinen Knien ab. „Diese... ähm... Affäre, die wir da gerade irgendwie am Laufen haben, bedeutet sie dir was?“

Sie sah ihn überrascht an, doch er betrachtete gerade eingehend den Boden.

„Tai, ich weiß nicht, was...“

„Wenn sie dir nämlich nichts bedeutet, dann sollten wir jetzt einfach damit aufhören“, unterbrach er sie. „Ich kann das so nicht.“

„Wäre es dafür nicht eh schon zu spät?“, fragte Mimi unsicher.

„Ein bisschen“, antwortete er, „aber ich könnte mich schon irgendwie damit arrangieren.“

Mimi seufzte, stand auf und lief ziellos umher. Nach einer Weile blieb sie beim Kamin stehen und sah in die Glut.

„Tai, ich kann irgendwie nicht mit und nicht ohne dich“, sagte sie leise. „Heute wäre ich gern mit dir zusammen und morgen gehst du mir so sehr auf die Nerven, dass ich nicht mehr mit dir reden will. Übermorgen finde ich dich wieder ganz nett und den Tag danach würde ich dir am liebsten den Hals umdrehen. Das ist doch keine Grundlage für eine Beziehung.“

„Stimmt“, sagte Tai trocken.

Mimi stand noch immer beim Kamin, wickelte sich unruhig eine Haarsträhne um den Zeigefinger und lauschte der Musik, ohne sie wirklich wahrzunehmen.

„Ich hatte heute solche Angst um dich, dass dir irgendetwas Schlimmes passiert sein könnte. Ein paar Sekunden dachte ich sogar, du wärst tot. Und dann lässt du wieder so blöde Kommentare ab und ich weiß wieder nicht, was ich für dich empfinden soll“, erklärte sie nach einer Weile, wobei sie immer noch in die Glut starrte.

Wieder herrschte einige Augenblicke lang Schweigen, bis Tai das Wort ergriff.

„Dann ist es jetzt also vorbei?“

Mimi drehte sich zu ihm um und sah ihn an. Sein Blick war unergründlich. Sie spürte, wie ihre Augen sich mit Tränen füllten bei dem Gedanken, mit ihm Schluss zu machen, obwohl sie noch nicht einmal richtig zusammen waren. War das wirklich die richtige Entscheidung?

Sie ging auf ihn zu und setzte sich dicht neben ihn aufs Sofa. Sie griff nach seiner Hand, verschränkte ihre Finger miteinander und sah ihn an. Eine Träne lief ihre Wange hinunter, die Tai mit dem Daumen seiner freien Hand weg wischte. Als eine zweite Träne über ihre Wange kullerte, beugte er sich vor und küsste sie sanft genau auf die Stelle, wo sich die Träne gerade befand. Das vertraute Kribbeln machte sich wieder in ihrem Magen breit.

Mimi sah in seine dunklen Augen. Er erwiderte ihren Blick bedrückt. Sie atmete tief ein und wieder aus, bevor sie ihm antwortete.

„Ich glaube, das wäre nicht das Richtige“, sagte sie leise. „Wenn es jetzt vorbei wäre, meine ich.“ Sie fuhr sich mit den Händen durch die Haare und seufzte laut. „Tai, du machst mich wahnsinnig, auf so viele verschiedene Arten.“

„Danke, das Kompliment gebe ich gern zurück.“ Als sie ihn ansah, erkannte sie, dass ein leichtes Lächeln seine Lippen umspielte. Bestimmt ergriff er ihre Hände und Mimi spürte die Wärme, die von ihm ausging. Er sah ihr in die Augen und sagte: „Ich frage dich das jetzt nur einmal und bitte sag einfach nur ja oder nein. Ich habe nämlich keine Lust mehr auf dieses Hin und Her und brauche Klarheit.“ Er holte tief Luft. „Mimi, willst du meine Freundin sein?“ Als sie nicht gleich antwortete, fügte er leicht grinsend hinzu: „Mich lieben und ehren in guten wie in schlechten Zeiten?“

Mimi verdrehte die Augen und stieß ihn mit dem Ellbogen in die Rippen. „Bis dass der Tod uns scheidet, oder was?“

Er zuckte mit den Schultern. „Wenn ich weiter so Ski fahre, wird das ja nicht allzu lange dauern.“

Mimi zog eine Augenbraue nach oben und sah ihn warnend an.

„Ja oder nein?“, erinnerte er sie und sah nun wieder ernst aus.

Mimi druckste herum, wich kurz seinem Blick aus, kniff die Lippen zusammen, runzelte die Stirn und seufzte. „Tai, ich...“

„Mensch, sag doch einfach nein und dann haben wir es hinter uns. Aber ich will es aus deinem Mund hören. Komm schon, ich verspreche auch, dass ich dir nicht die Freundschaft kündigen werde“, sagte Tai und sah sie weiter abwartend an.

„Ja“, antwortete Mimi unvermittelt und erwiderte seinen Blick.

„Na endlich, ich dachte schon... was?“ Skeptisch musterte er sie und schien zu denken, sich verhört zu haben.

„Ja“, wiederholte Mimi. „Meine Antwort ist ja, ich will.“

„Was? Also... meinst du das ernst?“ Es war fast schon witzig, wie ungläubig er sie anstarrte, als hätte sie ihm gerade erzählt, sie hätte am Morgen ein Alien getroffen.

„Ja doch, du Idiot“, antwortete sie genervt und stupste ihm gegen die Schulter. „Und wenn du weiter fragst, überlege ich es mir vielleicht noch mal anders.“

Tai sah weiter ungläubig drein und schien seine Fähigkeit zu sprechen verloren zu haben. Einige Sekunden sahen sie sich schweigend in die Augen.

„Und was machen wir jetzt?“, fragte Mimi ein wenig verlegen, als Tai weiter beharrlich schwieg.

„Ähm... vielleicht schlafen gehen?“, schlug er vor. Offenbar war er komplett neben der Spur, doch Mimi war eh müde, da sie so jäh aus dem Schlaf gerissen worden war. Sie zuckte mit den Schultern und nickte, woraufhin beide aufstanden und die Treppe nach oben gingen.

„Also dann“, sagte Tai, als sie vor dem Schlafzimmer der drei Jungs standen. „Schlaf gut.“

„Du auch“, erwiderte Mimi noch immer verlegen. Es war eine seltsame Situation. Sie hatte sich gerade umgedreht und wollte ins Mädchenschlafzimmer gehen, als Tai sie doch noch einmal am Arm packte, sie zu sich herum drehte und sie auf den Mund küsste. Es war ein schönes Gefühl und Mimi wünschte sich, sie hätten irgendwo ein Zimmer für sich, doch das musste bis später warten.

Er löste sich von ihr, lächelte sie kurz an und ging dann in sein Zimmer.

Der letzte Tag

Sie ging mit Tai einen seltsamen Weg entlang. Links von ihnen befand sich eine Wiese mit frischem grünem Gras und leuchtenden Blumen. Auf der rechten Seite allerdings war alles trocken und verdorrt, als hätten sich Regen und Sonne nur auf eine Seite des Weges beschränkt.

„Weißt du, Mimi, ich muss dir was sagen“, fing Tai an, ohne sie anzusehen.

„Was denn?“, fragte Mimi verwundert. Sie dachte, sie würden einfach nur spazieren gehen.

„Ich habe mich in Camilla verliebt. In der Nacht, als ich mit ihr geschlafen habe“, erklärte er.

Entsetzt blieb Mimi stehen und starrte ihn an. „Aber... wir sind doch jetzt zusammen?“

„Ja... nein. Doch nicht mehr. Ich bin jetzt mit Camilla zusammen“, verkündete er und zuckte die Schultern. „Tut mir Leid, du findest schon einen Neuen.“

Mimi klappte der Mund auf. Sie wollte angesichts dieser ungeheuren Frechheit etwas sagen, mehr noch sogar auf ihn ein prügeln, doch da erschien Camilla vor ihnen.

Tai lächelte Mimi zu, bevor er Camilla entgegen lief, sie in die Arme nahm und küsste.

Mit einer Mischung aus Wut und Enttäuschung starrte sie den beiden hinterher, als sie sich entfernten. Sie glühte vor Eifersucht.

„Tai, warte!“ Sie rannte los und eigentlich hätte sie ihn schon einholen müssen, denn er war noch nicht weit gegangen, doch sie erreichte ihn nicht. Es war, als würde sie auf der Stelle laufen. „Warte!“, schrie sie, doch weder Tai noch Camilla drehten sich zu ihr um.

Erschrocken fuhr sie aus dem Schlaf. Nur ein Traum. Sie bemerkte, dass sie Tränen in den Augen hatte.

Keuchend drehte sie sich zu Sora, die aber nicht in ihrem Bett lag. Draußen war es schon hell, wahrscheinlich waren schon alle aufgestanden. Kari war auch nicht mehr im Zimmer.

Mimi stieß die dicke Daunendecke von sich weg und stand auf. Sie musste gleich mal bei Tai vorbeischauen. Entschlossen verließ sie ihr Zimmer und stürmte ohne anzuklopfen ins Nachbarzimmer.

„Du!“, rief sie wütend.

Tai war der Einzige, der sich noch im Zimmer befand. Müde öffnete er die Augen, als er Mimi hörte.

„Hä?“, machte er verschlafen.

„Was ist mit Camilla?“, fragte Mimi ungeduldig und starrte ihn zornig an.

Tai sah sie einen Augenblick völlig irritiert an, bevor er sich aufsetzte. „Mit wem? Was?“

„Mit Camilla! Was empfindest du für die?“

Sein Blick wurde skeptisch und er runzelte die Stirn. „Hast du irgendwas genommen? Kann ich davon auch was haben?“

„Mann, Tai!“, rief Mimi, ging zu ihm und setzte sich auf die Bettkante. „Ich hab gerade geträumt, dass du mit Camilla zusammen bist.“

Einen Augenblick sah er sie noch verblüfft an, bevor er losprustete. „Ja, weißt du, eigentlich ist das gestern Abend gar nicht passiert und in Wirklichkeit hab ich jetzt eine Beziehung mit Camilla.“ Er sah sie gespielt dramatisch an. „Tut mir Leid, Mäuschen.“

Sie gab ihm einen unsanften Klaps auf den Arm und wollte aufstehen, doch er zog sie zu sich.

„Aber wenn du willst, kannst du meine heimliche Geliebte werden“, raunte er ihr ins Ohr und grinste sie an, bevor er sie innig küsste.

Mimi konzentrierte sich ganz und gar auf dieses Gefühl. Er war jetzt mit ihr zusammen und nicht mit Camilla, er küsste nur sie. Sie spürte, wie er mit einer Hand in ihr Haar fuhr und mit der anderen ihre Taille entlang strich. Beide bekamen nicht mit, wie sich jemand dem Zimmer näherte.

„Tai, hast du eigentlich meine... oh!“

Erschrocken fuhren sie auseinander und starrten ein wenig beschämt Matt an, der im Türrahmen stand und grinste.

„Vielleicht solltet ihr nächstes Mal die Tür schließen“, schlug er belustigt vor, trat einen Schritt rückwärts und schloss die Tür nun selbst.

Mimi sah Tai verlegen an und spürte, dass sie ein wenig rot geworden war. Diesem schien allerdings nichts peinlich zu sein.

„Ach, das ist doch gar nichts“, meinte er abwinkend. „Ich bin mal unangekündigt bei Matt aufgetaucht. Was meinst du, was ich da sehen musste?“

Mimi kicherte. „Das hat Sora mir auch erzählt.“

Tai zog eine Augenbraue hoch. „Ihr Frauen habt aber auch gar keine Geheimnisse voreinander, oder?“

Mimi überlegte kurz, bevor sie grinsend den Kopf schüttelte. „Nö.“

Einen Augenblick lang sagte keiner von ihnen etwas, bevor Tai wieder das Wort ergriff.

„Wir sollten mal aufstehen, oder?“, fragte er.

Mimi lächelte ihn verschmitzt an. „Findest du?“ Sie drückte ihn in sein Kissen zurück und setzte sich schwungvoll auf ihn. „Finde ich nicht.“

Er sah sie einen Moment lang nachdenklich an, bevor er ergeben mit den Schultern zuckte. „Hast Recht, Frühstück kann auch warten.“

Überrascht zog Mimi die Augenbrauen hoch. „Oh Gott, Tai, das aus deinem Mund!“ Sie beugte sich zu ihm hinunter und küsste ihn. Er legte seine Hände auf ihren Rücken, die sanft darüber strichen und schließlich unter ihr Nachthemd glitten, um es nach oben zu schieben.

Mimi tat es ihm gleich, griff nach dem Saum seines T-Shirts und schob es nach oben. Sie berührte mit den Fingerspitzen die frei gewordene Haut, zeichnete seine Muskeln nach, die mittlerweile recht deutlich auf seinem Bauch zu erkennen waren, und verteilte Küsse darauf.

Tai schloss genüsslich die Augen und reckte den Hals. Gerade griff Mimi nach seinen Boxershorts, als von unten ein Rufen ertönte.

„Tai! Mimi! Wir müssen in einer halben Stunde los! Macht hin!“

Tai stöhnte genervt auf und sah Mimi an, doch diese zuckte nur mit den Schultern.

„Dann verschieben wir das eben auf nachher, wenn alle weg sind“, sagte sie unbekümmert, schwang sich von Tai herunter und stand nun neben dem Bett.

„Wieso? Du bist doch dann auch weg“, erwiderte Tai irritiert.

„Nein, ich bleib doch hier bei dir und pass auf, dass alles okay ist“, antwortete Mimi ebenso irritiert.

„Kommt nicht in Frage.“ Tai schüttelte den Kopf. „Du gehst Ski fahren. Heute ist der letzte Tag und du drückst dich nicht schon wieder, Fräulein.“

„Aber jemand muss hier bleiben und nach dir sehen!“, protestierte Mimi heftig. „Was, wenn es dir doch plötzlich schlecht geht?“

„Ich bin schon groß, ich weiß, wie man einen Krankenwagen ruft“, entgegnete Tai belustigt. „Außerdem bleibt Sora ja vielleicht hier, wenn es ihr wieder so geht wie gestern.“

„Aber Tai, ich mache mir Sorgen und ich will auch bei dir bleiben!“, rief Mimi energisch und stemmte die Hände in die Hüften.

„Nein, du gehst Ski fahren“, sagte Tai bestimmt. „Und das ist mein letztes Wort.“

„Ach, und weil ich die Frau bin, habe ich auf dich zu hören, oder was?“, fauchte Mimi und wurde langsam wütend. Was bildete Tai sich eigentlich ein, sie herumzukommandieren und ihr zu sagen, was sie zu tun und zu lassen hatte?

„Du lernst schnell.“ Tai grinste sie selbstgefällig an, woraufhin sie die Beherrschung verlor.

„Na schön, Yagami! Dann verreck doch!“, keifte sie, drehte sich um und stürmte aus dem Zimmer.
 

Beim Frühstück merkten natürlich sofort alle an Mimis säuerlicher Miene, dass irgendetwas vorgefallen war.

„Habt ihr euch schon wieder gestritten?“, hörte sie Matt an Tai gewandt fragen.

Dieser setzte eine unschuldige Miene auf und zuckte mit den Schultern, was Mimi noch wütender werden ließ. Vor lauter Ärger biss sie sich beim Kauen schmerzhaft auf die Zunge. Sie quietschte und presste sich eine Hand auf den Mund, als sie schon den typisch metallischen Geschmack verspürte.

Sora sah sie erschrocken an. „Alles okay?“

Mimi nickte nur mit Tränen in den Augen und kam zu der Erkenntnis, dass lieber Sora nach ihrem Zustand gefragt werden sollte. Immerhin war sie blass, saß auf ihrem Stuhl wie ein Häufchen Elend und rührte ihr Frühstück nicht einmal mit dem kleinen Finger an.

„Ist dir wieder schlecht?“, fragte Mimi sie, nachdem der Schmerz ein wenig abgeklungen war.

Sora nickte nur und nippte an ihrem Tee. „Ich werde wohl lieber wieder hier bleiben. Aber Tai darf ja auch nicht Ski fahren.“

„Nächstes Mal sollten wir dann doch wieder in den Sommerurlaub fahren“, warf Joe ein, der das Gespräch der Mädchen mitgehört hatte. „Jeden Tag kann irgendjemand wegen irgendetwas nicht.“

„Ich war von Anfang an gegen Skifahren“, betonte Mimi.

„Wir können ja nächstes Jahr wieder im August weg fliegen“, schlug Joe vor. „Diesmal können wir ja die Malediven nehmen.“

„Joe“, seufzte Mimi und sah ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue an.

Sora legte ihre Hände auf ihren Unterbauch und schüttelte den Kopf. „Da müsst ihr aber ohne mich fahren.“

„Ach, stimmt ja. Hatte ich fast schon wieder vergessen“, sagte Joe hastig und wurde ein wenig rot.

Mimi kicherte. Typisch Joe.

„Wie lang dauert das eigentlich so mit der Übelkeit? Ist dir jetzt neun Monate schlecht?“, fragte Tai und sah Sora neugierig an.

Mimi verdrehte die Augen und legte den Kopf schief. „Wie soll sie das denn vorher wissen? Das ist doch bei jedem unterschiedlich.“

„Ist ja gut“, stöhnte Tai genervt.

„Welche Laus ist euch denn über die Leber gelaufen?“, fragte T.K. und musterte Tai und Mimi skeptisch.

„Ach, die benehmen sich doch immer so. Ich würde mir eher Gedanken machen, wenn die sich mal vertragen“, warf Matt ein, aber Mimi entging der vielsagende Blick nicht, den er Tai dabei zuwarf.

„Leute, ihr müsst los“, sagte Sora leise.

Und tatsächlich war die Zeit wieder einmal fortgeschritten. Sie erhoben sich alle vom Frühstückstisch und gingen in ihre Zimmer, um sich die Skikleidung anzuziehen.

„Mann, das ist echt schon unser letzter Skitag. Ich kann gar nicht glauben, dass der Urlaub danach schon vorbei ist“, meinte Kari, als sie neben Mimi vor dem Spiegel im Mädchenschlafzimmer stand und sich das Gesicht dick mit fettiger Creme einschmierte. „Ich hätte noch ein paar Tage mehr Ski fahren können. Jetzt macht es ja erst richtig Spaß.“

„Also ich bin ehrlich gesagt froh, dass es vorbei ist“, seufzte Mimi, die sich gerade die Haare zusammenband. „Skifahren ist nicht mein Sport.“

„Mir tun auch die Schienbeine weh“, pflichtete Kari ihr bei und nickte. „Aber es macht trotzdem Spaß.“

„Am Strand liegen macht mehr Spaß“, widersprach Mimi und Kari grinste.

„Man muss ja auch mal was anderes ausprobieren“, meinte sie fröhlich. „Für Sora war das zumindest wohl jetzt erst mal der letzte Urlaub.“

„Ja, allerdings“, stimmte Mimi ihr zu. „Ich bin schon richtig aufgeregt. Wie das Baby wohl aussehen wird? Und ob es ein Junge oder ein Mädchen wird?“

„Und ob es mehr wie Matt oder mehr wie Sora aussieht“, überlegte Kari weiter.

Die beiden Mädchen ließen sich noch einige Minuten über das noch nicht einmal geborene Kind aus, bevor sie endlich nach unten gingen, wo die anderen schon warteten. Auch Tai und Sora standen bei ihnen, um sich zu verabschieden.

„Macht's gut, passt auf euch auf“, sagte Sora und gab Matt einen Kuss auf die Wange.

„Ja, baut keine Unfälle. Hab gehört, Kopfverletzungen können gefährlich werden“, stimmte Tai zu und grinste. Er trat einen Schritt auf Mimi zu, doch die hatte ihren Ärger noch nicht vergessen und wandte sich von ihm ab.

Die anderen gingen durch die Tür nach draußen und Mimi wollte mit, doch Tai hielt sie fest.

„Warte mal, bist du jetzt ernsthaft sauer?“, fragte er leise und sah sie verständnislos an.

„Ja“, zischte sie, riss sich los und marschierte los.

„Ach, dann sei doch sauer, elende Zicke!“, rief Tai ihr hinterher. Sora blickte nur verdutzt drein.

„Was ist passiert?“, fragte Kari, als Mimi sie eingeholt hatte und musterte sie verwirrt.

„Tai denkt nur, er könnte mir sagen, was ich zu tun habe, weil ich die Frau bin und er der Mann“, antwortete Mimi verärgert.

„Was? Das sieht ihm aber gar nicht ähnlich“, meinte Kari mit gerunzelter Stirn. Plötzlich blieb sie stehen und musterte Mimi mit aufgerissenen Augen. „Sag mal, heißt das etwa, ihr seid jetzt endlich zusammen?“

Auch die anderen blieben stehen und sahen Mimi nun neugierig und erstaunt an

„Ähm“, stotterte Mimi, schob die Hände in die Jackentaschen und spürte, dass sie rot anlief. „Ja, also... ja. Naja, nicht mehr lange, wenn Tai so weitermacht.“

„Das ist ja super!“, fand Kari und ihre Augen leuchteten glücklich. „Tai hat eine Freundin und dann auch noch dich.“

„Ich hab schon nicht mehr dran geglaubt, dass das mit euch noch was wird“, warf Joe ein und grinste.

„Ihr seid zusammen? Das kann ja heiter werden“, meinte T.K. lachend.

„Was soll das denn heißen?!“, rief Mimi empört.

„Dass ich schon mal eine Strichliste anfange, auf der ich zähle, wie oft es bei euch kracht“, antwortete T.K. und Kari kicherte.

„Ich bin dabei. Wollen wir eine Wette abschließen?“, schlug Joe vor.

„Okay, ich sag...“, fing Izzy an, doch Mimi unterbrach ihn.

„Hey! Ihr spinnt wohl! Hört gefälligst auf, Wetten über mich und Tai abzuschließen! Habt ihr keine anderen Probleme?“, rief sie wütend und die anderen lachten. Nun wünschte sie sich, Tai wäre da, um sie zu unterstützen, doch wahrscheinlich würde er sich den anderen nur anschließen. Zuzutrauen wäre es ihm zumindest.

Sie erreichten den Skilift, wo Marius schon auf sie wartete und gerade mit einem anderen Skilehrer plauderte. Als er sie entdeckte, kam er auf sie zu und begrüßte sie.

„Mann, bei euch fehlt aber auch jeden Tag ein anderer“, stellte er fest, als er in die Runde sah und ihre Gesichter prüfte. „Heute machen wir nur einen kurzen Tag, damit ihr genug Zeit habt, eure Skier wegzubringen und so. Also nach der Mittagspause geht es wieder zurück, okay?“ Er sah fragend in die Runde und alle nickten einstimmig. Ein kurzer Skitag war genau nach Mimis Geschmack. Und nach Izzys anscheinend auch, denn er sah erleichtert aus.

Sie fuhren zuerst mit ihrem üblichen Lift nach oben und machten sich dann auf den Weg zu einem Zweiersessellift, wo Mimi sich Kari krallte, um mit ihr gemeinsam nach oben zu fahren. Sie wollte mit keinem der Jungs fahren, die Wetten auf ihre Kosten abschlossen.

Sie setzten sich auf die Sitze, schlossen den Bügel und los ging die Fahrt nach oben. Mimi genoss ein letztes Mal die atemberaubende Aussicht der weißen Berge, die hier und da mit kleinen Wäldchen bespickt waren. Die Luft war frisch und klar, wenn auch kalt und die Sonne schien, als wollte sie ihnen einen würdigen letzten Skitag schenken.

„Du Mimi“, fing Kari an und die Angesprochene drehte sich fragend zu ihr. Sie wirkte irgendwie verlegen.

„Ja?“, machte Mimi, um sie dazu zu ermuntern, weiterzureden.

„Du hast doch Tai schon geküsst, oder?“

Verblüfft starrte Mimi sie an. Wie kam sie denn jetzt darauf? Anscheinend hatte Kari Mädchengespräche nötiger als Mimi.

„Ähm... ja, warum?“, fragte sie verwirrt.

„Kann man dabei irgendwas falsch machen?“, fragte Kari nun weiter und erwiderte ihren Blick zweifelnd.

Mimi zog die Augenbrauen hoch und war weiterhin überrascht über solch eine Frage von Karis Seite. Sie dachte darüber nach. Ja, konnte man denn irgendwas falsch machen?

„Eigentlich nicht“, antwortete sie langsam. „Nein, du kannst eigentlich nichts falsch machen. Zumindest nicht so falsch, dass der Typ dich hinterher nie mehr wiedersehen will.“ Sie grinste aufmunternd, doch Kari wirkte noch immer unsicher.

„Aber woher weiß ich, was ich machen soll?“ fragte sie und zog die Schultern hoch.

„Das kommt ganz automatisch“, meinte Mimi abwinkend. „Mach einfach, was T.K. macht.“ Sie zwinkerte verschwörerisch, was Kari erröten ließ.

„Wer redet denn von T.K.?“, nuschelte sie nur in ihren Schal und Mimi musste lachen.

„Als wäre das nicht offensichtlich“, meinte sie und zwinkerte ihr zu.

Einige Sekunden schwiegen sie, dann lag Kari etwas Neues auf dem Herzen.

„Mimi?“

„Hm?“

„Und... und wie ist es mit dem ersten Mal?“

Überrascht und verlegen drehte sie sich zu Kari, um sie anzusehen. Sie war knallrot im Gesicht. Weshalb interessierte sie sich jetzt auf einmal für das erste Mal? Machte sie etwa schon Pläne? Sie war doch die kleine Kari, Tais kleine Schwester, die immer beschützt werden musste. Und jetzt fragte sie Mimi nach dem ersten Mal.

„Ähm...“, stammelte Mimi und überlegte, was sie antworten sollte. „Was genau willst du denn wissen? Wie es ist?“

„Ja“, sagte Kari leise und unsicher. „Ob es weh tut und so.“

„Ja, ein bisschen“, antwortete Mimi langsam. „Aber mach dir keinen Kopf um das erste Mal. Danach wird es eh besser.“

„Meinst du?“, fragte Kari nachdenklich.

„Ich weiß es“, erwiderte Mimi grinsend.

Kari kicherte, bis sie plötzlich ein angewidertes Gesicht machte.

„Tai, oder?“, sagte sie dann tonlos.

Mimi antwortete nicht, sondern bemühte sich um einen betont unschuldigen Blick.

Kari gab ein würgendes Geräusch von sich und dann waren sie auch schon oben angekommen.

Mimi stieg aus dem Lift und rutschte auf ihren Skiern an den Rand der Piste. Als sie dort stand und sich dafür bereit machte, hinunter zu fahren, hatte sie überhaupt keine Lust mehr und wollte gern zurück zu Tai, auch wenn sie eigentlich sauer auf ihn war. Aber was würde sie nicht dafür geben, den Tag mit ihm verbringen zu können? Mit ihm allein.

Die Abfahrt verlief gut. Keiner hatte mehr große Probleme mit dem Skifahren und sie kamen einigermaßen schnell voran. Mimi fiel nur einmal hin an diesem Vormittag.

„Ich bin wirklich stolz auf euch“, lobte Marius sie, als sie an der Skihütte ankamen, in der sie Mittag essen wollten. „Ihr habt euch wirklich gut entwickelt und ich muss mich nicht schämen, euer Lehrer gewesen zu sein.“

Er grinste und ging dann voraus in die Skihütte. Es war schon früher Nachmittag, weshalb sie recht schnell einen freien Tisch fanden, an dem sie alle Platz hatten. Mimi und Kari lehnten sich auf den Holzstühlen zurück und ruhten sich aus, während die Jungs sich auf den Weg machten, das Essen zu holen.

Die Hütte war gemütlich und warm. Die Luft war erfüllt von Essensdüften und Geplauder und zu den großen Fenstern schien die Sonne herein. Mimi saß am Fenster und hatte von hier aus einen perfekten Blick auf die Berge.

Nach einer Weile kamen die Jungs mit voll beladenen Tabletts zurück und stellten sie auf dem Tisch ab. Mimi schnappte sich ihren Germknödel mit Vanillesoße und machte sich darüber her. Irgendwie hatte sie hier in Österreich mehr Hunger als zu Hause in Japan. Ob das an der frischen Bergluft und dem Skifahren lag? Hoffentlich hatte sie nicht zugenommen, weil sie so viel gegessen hatte.

Sie sah in die Runde und entdeckte gerade, wie T.K. und Kari gegenseitig ihr Essen kosteten. T.K. schob Kari gerade einen Pommes in den Mund, woraufhin sie ihm einen Löffel Suppe anbot. Sie lachten, als Kari die Hälfte der Suppe verkleckerte und lächelten sich an.

Mimi fing Matts Blick auf, der die beiden ebenfalls beobachtet hatte, und grinste. Sie waren ja so süß zusammen. Gut, dass Tai davon nichts mitbekam, der hätte nur wieder den überfürsorglichen großen Bruder heraushängen lassen. Ach Tai. Warum nur war er heute Früh schon wieder blöd gewesen?

Nach dem Mittagessen machte sich die Gruppe an ihre Abfahrt ins Tal. Es dauerte eine Weile, bis sie unten ankamen, doch alles lief gut, außer dass Mimi beinahe von einem Kind überfahren worden wäre. Sie hatte es jedoch geschafft, nicht hinzufallen, sondern nur ein wenig zu straucheln und sich wieder zu fangen. Trotzdem hatte sie dem Jungen ein unschönes Wort hinterhergerufen, das dieser wahrscheinlich ohnehin nicht verstanden hatte.

Unten angekommen, verabschiedete Marius sich von ihnen und betonte noch einmal, wie gut sie alle im Skifahren geworden waren und wie stolz er auf sie war. Dann machten sie sich auf den Weg zurück in ihre Ferienhütte.

Tai und Sora lagen faul auf den Sofas vor dem Kamin und schienen sich zu unterhalten.

„Ihr seid ja schon zurück“, stellte Tai fest, als alle ihre Skistiefel ausgezogen, sie kreuz und quer im Raum verteilt hatten und nun bei den Sofas standen.

„Das liegt vielleicht daran, dass wir noch unsere Skier zurück bringen müssen, Schlaumeier“, entgegnete Mimi und streckte ihm die Zunge raus. Dann drehte sie sich um und marschierte die Treppe hoch ins Bad, um eine wärmende Dusche zu nehmen. Es war wirklich sehr kalt an diesem Tag und Mimi konnte es kaum erwarten, sich aufzuwärmen. Gerade, als sie ihren Pullover ausgezogen hatte, klopfte es an der Tür. Verwirrt drehte sie sich um.

„Ja?“, fragte sie und wartete auf eine Antwort, doch die blieb aus. Sie runzelte die Stirn, streckte die Hand aus, legte den Riegel um und zog die Tür auf. Sie konnte gar nicht so schnell gucken, wie Tai in den Raum gehuscht kam, die Tür hinter sich zuknallte und abschloss.

„Hey!“, beschwerte sich Mimi. „Was soll das denn?“

Tai lehnte sich gegen die geschlossene Tür, verschränkte die Arme vor der Brust und sah Mimi abwartend an, die genervt zurück starrte.

„Hörst du jetzt endlich auf, sauer zu sein wegen irgendeinem Mist?“, fragte er, ohne sich zu bewegen.

„Raus, ich will duschen“, erwiderte Mimi und wandte sich von ihm ab.

Tai machte keine Anstalten, sich zu bewegen, sondern stand immer noch wie angewurzelt dort und ließ sie nicht aus den Augen.

„Hau ab!“, zischte sie.

„Erst, wenn du aufhörst, dich wie eine alberne Zicke zu benehmen“, erwiderte Tai ruhig.

Das machte Mimi langsam sauer. Sie ballte die Hände zu Fäusten, drehte sich zu ihm um und warf ihm den feindseligsten Blick zu, den sie zustande bekam.

„Jetzt hör mal, Tai Yagami, ich lasse mich von dir nun mal nicht herumkommandieren! Und wenn dir das nicht passt, dann bin ich die Falsche für dich und wir sollten das Ganze einfach vergessen und...“

Sie stockte, als er sie plötzlich fest an den Schultern packte und ihr in die Augen sah. Er war ihr so nah, dass sie die ganzen feinen Härchen und winzigen Unebenheiten auf seiner Haut sehen konnte. Sein Blick war ernst und nicht typisch für ihn. Er holte tief Luft.

„Mimi, ich liebe dich. Und ich will dich bestimmt nicht herumkommandieren. Aber du könntest trotzdem ein bisschen aufpassen, was du sagst“, sagte er leise, ließ sie los, sodass sie einen Schritt zurück stolperte und drehte sich um.

„Tai“, murmelte sie und wusste nicht, was sie denken sollte. Er hatte ihr zum ersten Mal gesagt, dass er sie liebte. Natürlich hatte sie das schon gewusst, aber es jetzt aus seinem Mund zu hören, war etwas völlig anderes. Er wirkte verletzt. Vielleicht hätte sie doch anders reagieren und nicht gleich beleidigt sein sollen. Tai hatte das doch nur aus Spaß gemacht.

„Tut mir Leid“, nuschelte Mimi, trat an ihn heran und schlang von hinten die Arme um seinen Bauch und lehnte ihren Kopf gegen seinen Rücken. Er war ganz warm und duftete nach... Tai. Sie sog den Geruch ein, als könnte sie ihn dadurch speichern und abrufen, wenn sie ihn mal in seiner Abwesenheit schnuppern wollte. „Ich bin immer so aufbrausend und schnell beleidigt und ja, vielleicht bin ich sogar eine Zicke.“

Tai drehte sich wieder um, sodass sie ihn losließ und sah sie seltsam belustigt an.

„Kannst du das vielleicht noch mal in ein Diktiergerät sagen, damit ich mir das immer anhören kann, wenn du mal wieder überreagierst?“ Er grinste und Mimi schürzte verärgert die Lippen.

„Und kannst du vielleicht mal kein Idiot sein?“, zischte sie, schlang die Arme aber um ihn und presste sich an ihn. Er erwiderte ihre Umarmung und Mimi spürte, wie er sie aufs Haar küsste. Sie hob den Kopf, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf den Mund.

Sie verlor jedes Zeitgefühl, als sie da an die Tür gelehnt standen, in innige Küsse versunken waren und nur noch den jeweils anderen wahrnahmen. Tais Hände strichen über ihren Rücken, vergruben sich in ihrem Haar, fuhren die Seiten ihres Oberkörpers entlang. Ein heißes, brodelndes Gefühl breitete sich in Mimis Innerem aus und Schmetterlinge flatterten in ihrem Bauch umher. Seine Berührungen und seine Küsse machten sie einfach verrückt und sie seufzte leise.

Atemlos löste Tai den Kuss nach einer gefühlten Ewigkeit. Mimi öffnete die Augen und sah ihn an. Seine Wangen waren leicht gerötet, sein Mund geöffnet und sie spürte seinen Atem auf ihrer Haut.

„Geht's dir gut?“, fragte Mimi und berührte sein Gesicht mit ihrer Hand.

Er nickte lächelnd.

„Wenn ich das hier nicht hätte, würde ich jetzt einfach mit dir unter die Dusche hüpfen“, sagte er und deutete auf seinen Verband.

Mimi kicherte und boxte ihn leicht in die Seite. Dann schlang sie die Arme um ihn und küsste ihn erneut. Beide zuckten zusammen, als jemand auf der anderen Seite plötzlich gegen die Tür klopfte.

„Könntet ihr eure nicht-jugendfreien Sachen nicht irgendwo machen, wo ihr kein Bad blockiert?“, rief Joe von draußen.

„Ja“, rief Tai zurück, beugte sich vor zu Mimi und hauchte „Lass uns ins Zimmer gehen“ in ihr Ohr.

Er grinste frech, doch Mimi schüttelte kichernd den Kopf.

„Nein, ich geh jetzt duschen. Raus jetzt!“ Sie riss die Badezimmertür auf und schubste Tai nach draußen, der nun ein wenig wie ein begossener Pudel wirkte. „Später vielleicht“, fügte sie noch versöhnlich hinzu, bevor sie die Tür schloss und endlich duschen ging. Allerdings war ihr nun nicht mehr kalt.
 

Als sie ihre Skier zurück zum Skiverleih brachten, war Mimi guter Laune. Sie bekam das Lächeln nicht mehr aus ihrem Gesicht und lief beschwingt, trotz Skiern über der Schulter.

„Sag mal, geht’s dir gut?“, fragte Izzy und sah sie skeptisch an.

„Klar!“, rief sie fröhlich. „Was gibt’s heute zum Abendbrot? Ich hab Hunger.“

„Wie wäre es mit Resten“, schlug Matt vor. „Alles, was wir noch nicht gegessen haben, wird heute Abend gegessen. Immerhin müssen wir morgen schon früh los.“

„Gute Idee. Wir kriegen schon was Leckeres zusammen“, stimmte Sora zu.

Mimi war nicht so begeistert von Resteessen, doch sie hatten ja Recht. Wenn Matt und Sora das Kochen in die Hand nahmen, würde das schon was werden.

Die Rückgabe ging glücklicherweise schnell vonstatten und so konnten sie sich auf den Rückweg machen.

„Wir gehen noch eine Runde spazieren. Bis nachher“, verkündete T.K. und bog mit Kari an der nächsten Biegung ab. Die anderen sahen ihnen verwirrt hinterher, während Mimi nur grinste. Wie süß die zwei doch waren.

„Hä? Spazieren?“ Tai starrte ihnen skeptisch nach. „Läuft da jetzt was zwischen denen? Kari ist doch noch viel zu jung.“

„Reg dich ab“, erwiderte Matt grinsend. „Lass sie doch.“

„Solange T.K. die Finger von ihr lässt, ist alles in Ordnung“, entgegnete Tai zähneknirschend. „Aber ich glaube, wenn er ein bisschen was von dir hat, dann lässt er nicht die Finger von ihr.“

Klatsch. Matt hatte Tai einen Schneeball mitten ins Gesicht geworfen.

„Hey!“, rief Tai empört, formte blitzschnell ebenfalls einen Schneeball und warf ihn auf Matt, der jedoch geschickt auswich, wodurch Joe getroffen wurde.

„Na warte!“

Und damit begann eine Schneeballschlacht zwischen den sechs Jugendlichen. Sie schrien und lachten, während sie sich gegenseitig jagten und mit Schnee bewarfen. Dabei kam Mimi völlig außer Atem, weshalb sie kurz stoppte, um Luft zu holen. Dies stellte sich als ein Fehler heraus, denn sofort war Tai bei ihr und seifte ihr Gesicht mit Schnee ein.

„Hey!“, schrie sie und stieß ihn weg, woraufhin er lachend in den Schnee fiel. Mit ihrem Schal wischte sie sich den Schnee aus dem Gesicht und starrte Tai wütend an, der immer noch auf dem Boden hockte und lachte.

„Warum siehst du so nass aus?“, fragte er breit grinsend.

„Tai!“, schrie Mimi nur und stürzte sich auf ihn. Sie wälzten sich im Schnee, klatschten sich gegenseitig Hände voll davon ins Gesicht und zerrten an den Klamotten des jeweils anderen, um ihn am Weglaufen zu hindern.

Gerade saß Tai auf Mimi mit einer Hand voll Schnee bewaffnet, als Mimi schützend die Arme vors Gesicht hielt.

„Stopp!“, rief sie. „Ich kann nicht mehr.“ Keuchend nahm sie die Arme wieder vom Gesicht, als von Tai kein weiterer Angriff erfolgte.

Er hatte die Hand sinken und den Schnee fallen gelassen, doch blieb auf ihr sitzen.

„Jetzt bist du in meiner Macht“, stellte er grinsend fest. „Ich hab gewonnen. Was krieg' ich jetzt?“

„Wie wäre es mit Prügel?“, entgegnete Mimi sah ihn herausfordernd an.

Tai schnaubte belustigt. „Von dir, oder was?“

„Du kannst es ja drauf ankommen lassen.“

„Dich steck' ich doch mit links in die Tasche“, erwiderte er und lächelte überheblich. Dann beugte er sich vor und küsste sie auf die Lippen. „Du siehst süß aus, wie du hier völlig erledigt und machtlos... autsch!“ Er drehte sich um und Schnee rieselte aus seinem Haar.

„Nehmt euch ein Zimmer!“, rief Matt zu ihnen herüber, der Tai mit einem Schneeball am Hinterkopf getroffen hatte, und lachte.

„Ja, machen wir gleich“, rief Tai zurück und rappelte sich auf. Anschließend reichte er Mimi die Hand, um ihr hoch zu helfen.
 

„Tai, wenn wir hier weiter liegen bleiben, schlafe ich ein“, murmelte Mimi.

Sie lagen eng aneinander gekuschelt in Tais Bett unter der Bettdecke. Tais Finger strichen die ganze Zeit gedankenverloren über Mimis Arm und verursachten ein kribbelndes Gefühl.

„Mach doch. Ich brauche noch was zu essen“, antwortete er.

„War ja klar“, erwiderte Mimi. Ihre Hand ruhte auf seinem Bauch und sie spürte, wie es dort rumorte. „Aber ich habe auch immer noch Hunger.“

„Bestimmt gibt’s gleich Essen. Hier riecht es schon lecker“, meinte Tai hoffnungsvoll.

„Weißt du eigentlich, dass du mich damit verrückt machst?“, fragte Mimi und hob den Kopf, um ihn anzusehen.

„Womit?“, fragte er verwirrt.

„Damit.“ Sie griff nach der Hand, die die ganze Zeit über ihren Arm kitzelte, und hielt sie fest.

Tai grinste. „Soll ich sie lieber woanders hinlegen?“

Zur Antwort boxte Mimi ihn leicht in die Seite.

„Willst du mich eigentlich deinen Eltern vorstellen?“, fragte Tai nach einer Weile.

„Sie kennen dich doch schon ein bisschen“, erwiderte Mimi. „Aber du kannst bei Gelegenheit mal vorbeikommen, damit sie wissen, was Sache ist.“

„Alles klar“, sagte er bestimmt.

„Und willst du mich deinen Eltern vorstellen?“, fragte Mimi nun neugierig.

„Nee, lieber nicht“, antwortete Tai grinsend und kassierte dafür ein Zwicken in die Seite. „Autsch! Ich krieg' bestimmt blaue Flecken wegen dir.“

„Tja, wenn du es nicht anders verdienst“, entgegnete Mimi schnippisch.

„Tai! Mimi! Essen!“, rief Izzy von unten hoch.

„Na endlich!“, sagte Tai und sprang aus dem Bett. Mimi folgte ihm. Sie zogen ihre Klamotten an, die verstreut auf dem Boden lagen, und gingen hinunter in den Wohnbereich.

T.K. und Kari waren inzwischen auch wieder aufgetaucht und trugen gerade das Essen zum Tisch. Es gab eine Gemüsepfanne mit allem Möglichen, was noch übrig geblieben war, und Reis.

„Das riecht lecker“, verkündete Mimi und warf Matt einen anerkennenden Blick zu, den er lächelnd erwiderte.

„Hoffentlich schmeckt's auch“, erwiderte er.

Sie setzten sich alle an den Tisch und begannen zu essen. Natürlich schmeckte es vorzüglich, wie immer, wenn Matt kochte.

„Izzy, hast du dich eigentlich schon von Lisa verabschiedet?“, fragte Mimi vorsichtig.

„Nein, ich treffe mich nachher noch mit ihr“, antwortete Izzy etwas niedergeschlagen. Mimi warf ihm einen mitleidigen Blick zu. Wenn sie sich vorstellte, sie müsste sich jetzt von Tai verabschieden... undenkbar.

„Ihr könnt ja in Kontakt bleiben“, versuchte Joe ihn aufzumuntern.

„Aber es ist nicht das gleiche“, warf Matt ein und sah dabei Sora an, die neben Mimi saß und nicht gerade mit viel Appetit zu essen schien. „Ich kann Izzy verstehen.“

„Ach, was soll's“, seufzte Izzy. „Es wird schon gehen.“

„Genau. In Japan gibt’s auch genug hübsche Mädels“, pflichtete Tai ihm fröhlich bei und zwinkerte ihm zu. Mimi warf ihm einen warnenden Blick zu. „Ich würde dir sogar meine Schwester anvertrauen“, fügte Tai grinsend hinzu.

„Hey!“, beschwerte sich Kari. „Darf ich vielleicht auch noch mitreden?“

„Lass mich kurz überlegen... nein“, antwortete Tai lachend und Kari streckte ihm die Zunge raus. Ob Tai schon mitbekommen hatte, dass T.K. und Kari jetzt anscheinend ein Paar waren? Offensichtlich nicht. Vielleicht sollte Mimi ihn bei Gelegenheit dezent darauf hinweisen.
 

Nach dem Abendessen machten sich alle daran, ihre Taschen zu packen. Sie mussten am nächsten Morgen schon um fünf Uhr das Haus verlassen und keiner wollte noch eher aufstehen, nur weil er am Vorabend zu faul war, seine Tasche zu packen.

„Mann, ich freue mich so auf zu Hause“, flötete Mimi und warf einfach all ihre übrigen Klamotten in den großen Koffer, wo sich nach und nach ein Haufen bildete. „Im eigenen Bett schlafen und es ist nicht schweinekalt.“

„Und Silvester mit der Familie“, seufzte Kari, die auf ihrem Koffer saß und damit beschäftigt war, ihn zu schließen.

Sora hockte still auf ihrem Bett und sortierte ihre Klamotten ordentlich in ihren Koffer. Sie wirkte geknickt. Kein Wunder, dachte Mimi. Nach Hause kommen bedeutete für sie nun, sich einer schwierigen Aufgabe zu stellen. Irgendwie musste sie ihren Eltern verklickern, dass sie schwanger war. Und dann musste sie sich auf ihr Kind vorbereiten.

Mimi setzte sich auf ihre Hälfte des Bettes und legte Sora eine Hand auf die Schulter. „Ihr schafft das schon. Deine Eltern sind bestimmt nicht böse und unterstützen dich.“

„Aber sie werden enttäuscht sein, weil ich so verantwortungslos war“, murmelte sie und zog den Reißverschluss ihres Koffers zu.

„Es gibt so viele, die ungewollt schwanger geworden sind. So viele haben das schon durchgestanden, da schaffst du das auch. Und deine Eltern freuen sich bestimmt auch, wenn sie einen Enkel bekommen. Bei T.K.s Mutter bin ich mir sicher, dass sie nicht böse ist“, sagte Kari und lächelte zuversichtlich.

„Na hoffentlich“, seufzte Sora und stand auf. „Ich geh mal gucken, was die Jungs machen.“

Mimi und Kari tauschten einen besorgten Blick und folgten Sora dann aus dem Zimmer. Die Jungs waren natürlich schon fertig mit Packen und Mimi wollte gar nicht wissen, wie Tais Koffer aussah. Sicher noch wesentlich schlimmer als ihrer.

Die Gruppe verbrachte den letzten Abend damit, Karten zu spielen und die restlichen Getränke zu leeren.

Zurück in die Heimat

Ein allgemeines Seufzen und Stöhnen ging durch den Raum, als der Wecker um halb vier klingelte. Mimi wusste im ersten Moment gar nicht, wie ihr geschah und versuchte herauszufinden, woher dieses nervige Piepen kam.

Sie schlurften alle drei gleichzeitig ins Badezimmer, um sich frisch zu machen. Mimi erschrak kurz, als sie ihr Spiegelbild sah. Blass, verquollen, müde. Aber Sora und Kari sahen auch nicht besser aus.

„Ich bin müde“, murmelte Kari mit der Zahnbürste im Mund.

„Und mir ist schlecht“, sagte Sora und fuhr sich durch ihr Haar, das zu allen Seiten abstand.

„Und ich bin müde und mir ist schlecht“, berichtete Mimi und warf ihren beiden Freundinnen im Spiegel ein müdes Lächeln zu. Dann jedoch wandte sie sich an Sora. „Glaubst du, es wird gehen?“

„Muss ja“, murrte diese und begann, sich die Zähne zu putzen.

Mimi seufzte mitleidig und machte sich ebenfalls fertig. Sie brauchte länger als gewöhnlich, um sich so herzurichten, dass sie einigermaßen zufrieden das Haus verlassen konnte, doch schließlich ging sie die Treppe nach unten, um bei der Vorbereitung des Frühstücks zu helfen. Dort waren Joe und Matt gerade dabei, den Tisch zu decken.

„Morgen“, begrüßte Joe sie und wirkte nicht wirklich schlechter gelaunt als an anderen Tagen. Matt jedoch hatte nur ein Brummen für sie übrig.

Mimi nickte ihnen zu und machte sich daran, Kakao zu kochen, um die restliche Milch aufzubrauchen.

Nach und nach trudelten die anderen ein, bis auf Tai. Mal wieder. Der Letzte, der erschien, war T.K. und er wirkte überaus zerknirscht. Die rechte Hälfte seines Gesichts war rot.

„Was ist denn mit dir passiert?“, fragte Izzy, der ihn stirnrunzelnd musterte.

„Ich habe gerade versucht, Tai zu wecken“, antwortete er grimmig und setzte sich an den Tisch. Ein Grinsen machte sich unter den Freunden breit und Kari setzte sich mit einem Kühlakku bewaffnet kichernd neben T.K.

„Du Armer“, sagte sie leise und drückte behutsam den Kühlakku gegen T.K.s Gesicht. Mimi entging der warme Blick nicht, den er ihr daraufhin zuwarf und sie musste ein schmachtendes Seufzen unterdrücken. Die beiden waren aber auch zu süß.

„Na gut“, rief sie und stemmte die Händen in die Hüften. „Der soll mich mal kennen lernen.“ Mit diesen Worten stiefelte sie die Treppe nach oben und ging ohne anzuklopfen in das Zimmer, das Tai, Matt und T.K. eine Woche lang bewohnt hatten.

„Yagami!“, schrie sie mit hoher Stimme. „Wir verpassen wegen dir bestimmt nicht den Flug, also steh sofort auf!“

Tai gab ein brummendes Geräusch von sich, bewegte sich aber nicht.

Mimi wurde wütend, obwohl sie sich das schon gedacht hatte. Unsanft stieß sie ihn mit dem Fuß an. „Ich mein's ernst. Ich lass' dich hier“, drohte sie.

Tai brummte erneut. Am liebsten würde sie ihm kaltes Wasser ins Gesicht gießen, aber das ließ sie aufgrund seiner Verletzung lieber sein.

„Ich fahre nie wieder mit dir in den Urlaub“, fluchte sie laut. „Jedes Mal das gleiche Theater. Kannst du dich nicht endlich mal benehmen wie ein Erwachsener und nicht wie ein bockiges Kind? Ich habe keine Lust mehr, dich jeden Morgen zu wecken. Wie machst du das eigentlich in der Schulzeit? Lässt du dich da immer von Mami mit Essen wecken? Das kannst du hier schön vergessen. Und ich kann dir gleich sagen, wenn sich das nicht ändert, kannst du von mir was erleben. Ich hätte nämlich gern einen Mann und kein Baby, das nicht mal allein morgens aufstehen kann. Du bist wirklich dermaßen...“

„Boah, Mimi!“ Tai richtete sich auf und starrte sie genervt an. „Kannst du mal die Klappe halten? Das hält ja kein Mensch aus. Mir klingeln schon die Ohren.“ Er schwang sich aus dem Bett und trottete an ihr vorbei aus dem Raum, nicht ohne ihr noch giftigen Blick zuzuwerfen.

„Dich hält auch kein Mensch aus!“, fauchte sie und stolzierte wieder nach unten zu den anderen. Kari sah sie fragend an und Mimi streckte beide Daumen in die Höhe. „Hat geklappt.“

Kari grinste. „Bei Tai braucht man immer seine eigenen Methoden.“

„Das kannst du laut sagen“, stimmte Mimi zu.

Sie frühstückten gemeinsam, wobei keiner von ihnen viel redete. Tai kam irgendwann dazu, murmelte einen Gruß und sah aus, als würde er eigentlich noch schlafen.

Nach dem Frühstück verbrachten sie noch eine knappe Stunde damit, ihre restlichen Sachen zu packen, das Haus auszufegen und noch einmal zu kontrollieren, ob auch wirklich niemand etwas vergessen hatte. So standen sie schon alle mit Sack und Pack frierend draußen bereit, als der bestellte Kleinbus sie gegen sechs abholte.

Die Fahrt zurück zum Flughafen ging aus irgendeinem Grund schneller vorbei als die Hinfahrt. Keiner sagte etwas, wahrscheinlich, weil alle müde waren und ihren Gedanken nachhingen. Mimi betrachtete verschlafen die Landschaft, während Tai neben ihr tief in seinen Sitz gesunken saß und mit geschlossenen Augen der Musik aus seinem MP3-Player lauschte. Sie beobachtete die blinkenden Lichter, die die Pistenraupen beim Glätten der Pisten für den bevorstehenden Skitag aussendeten. Man konnte noch nicht erkennen, wo die Berge aufhörten und der Himmel anfing, da es noch stockdunkel war. Der Schnee glitzerte im Licht der Straßenlampen, wenn sie mal durch ein Dorf oder eine Stadt fuhren.

Mimi rieb sich mit den Händen die Arme und lehnte den Kopf gegen Tais Schulter. Sie griff mit den Händen nach seiner rechten Hand, die er in der Tasche seines Pullovers vergraben hatte, zog sie heraus und verschränkte ihre Finger mit seinen. Seine Hand war angenehm warm und vermittelte ihr ein Gefühl von Geborgenheit.

Er zog mit der freien Hand einen der Kopfhörer aus dem Ohr und sah sie an.

„Hast du dich wieder beruhigt, du Tyrannin?“, fragte er leise.

„Ich habe gerade keine Lust, gemein zu sein“, antwortete Mimi nur ohne aufzublicken.

„Wie bitte? Den Tag muss ich mir im Kalender anstreichen“, spottete Tai.

„Du könntest zur Abwechslung auch mal nett sein“, murrte Mimi und schloss die Augen.

„Im Gegensatz zu dir bin ich immer nett“, erwiderte Tai trocken.

Mimi zwickte ihn in den Unterarm. „Mir werden unsere nächtlichen Gespräche irgendwie fehlen.“

„Wenn du willst, komme ich dich ab jetzt immer nachts besuchen und dann können wir stundenlang reden“, bot Tai großzügig an.

„Ich glaube, das finden meine Eltern weniger toll“, erwiderte Mimi.

„Denkst du, ihnen könnte das nicht passen?“, fragte Tai nach kurzem Zögern.

„Dass du mich jede Nacht besuchen kommst?“ Mimi hob den Kopf und sah ihn skeptisch an.

„Nein, ich meine... denkst du, ich könnte ihnen nicht passen?“ Tai erwiderte ihren Blick und wirkte ein wenig verlegen.

Mimi dachte eine Weile nach. Ihre Eltern waren beide überfürsorglich und vermutlich wären sie Tai gegenüber erst einmal ziemlich misstrauisch, obwohl sie ihn schon flüchtig kannten. Aber wenn sie ihn dann kennen lernten, dann würden sie ihn mögen, da war Mimi sich sicher.

„Ich glaube, darüber brauchst du dir nicht den Kopf zerbrechen“, antwortete sie überzeugt. „Das tut deinem kleinen Hirn sowieso nicht gut.“

„So viel zum nicht gemein sein“, grummelte Tai.
 

Während sie auf dem Flughafen eincheckten und ihr Gepäck abgaben, wurde es allmählich hell draußen. Der Morgen versprach einen sonnigen Tag und trotzdem war Mimi froh, heute nicht mehr Ski fahren zu müssen.

Die acht Freunde lungerten auf ein paar Sitzen herum oder erkundeten die Touristenshops des Flughafens, während sie darauf warteten, dass ihr Abfluggate angezeigt wurde. Gegen zwölf Uhr mittags konnten sie dann endlich ins Flugzeug steigen.

Genau wie auf dem Hinflug machten sie einen Zwischenstopp in Istanbul, wo sie glücklicherweise nicht allzu lang auf den Flug nach Tokio warten mussten. Mimi machte das Fliegen mittlerweile fast nichts mehr aus, obwohl sie trotzdem jedes Mal sehr froh war, wenn sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Der Mensch war einfach nicht dazu gemacht, sich länger in der Luft aufzuhalten.

„Ich bin froh, dass es dir so gut geht“, meinte Sora, kurz bevor sie in Tokio landeten. „Du wirkst gar nicht mehr aufgeregt.“

„Nein, ich bin es auch nicht mehr wirklich“, antwortete Mimi, die die meiste Zeit damit verbrachte, die Landschaft draußen zu beobachten. „Aber wie geht’s dir eigentlich?“

„Ich bin schon aufgeregt, aber nicht wegen des Fliegens“, murmelte Sora wehmütig.

Mimi sah sie mitleidig an. „Ihr bekommt das hin, glaub mir. Ihr habt doch beide nette Eltern, die euch unterstützen werden.“

Endlich begannen sie mit dem Landeanflug. Mimi freute sich auf ihre Eltern, die es sich nicht hatten nehmen lassen, sie persönlich vom Flughafen abzuholen. Mimi hätte auch einfach mit jemand anderem mitfahren können, aber ihre Eltern wollten sie so schnell wie möglich wieder haben.

Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte das Flugzeug endlich seine endgültige Parkposition und die Leute machten sich langsam auf, das Flugzeug zu verlassen. Alle machten müde Gesichter, während sie ihr Handgepäck aus den Gepäckablagen holten. Mimi ließ sich ihre Tasche von Tai geben und drängte sich dann hinter ihm aus dem Flugzeug.

Die acht Freunde plauderten angeregt miteinander, als wären sie aus einem Schlaf erwacht, als sie gemeinsam mit den anderen Fluggästen auf dem Weg zum Ankunftsbereich und der Gepäckrückgabe waren. Ungeduldig warteten sie am Förderband darauf, dass jeder seinen Koffer zurück hatte und gingen anschließend durch die Absperrung in den Ankunftsbereich.

Mimi hörte ihre Eltern, noch bevor sie sie sah.

„Mimi!“, schrie eine Frau, zu der sich einige Leute umdrehten und plötzlich warf sie die Arme um Mimi und diese sog den vertrauten Duft ihrer Mutter ein. „Du bist wieder da und dir geht’s gut.“ Als sie sie endlich wieder losließ, löste ihr Vater sie sofort ab.

„Willkommen zurück. Wir haben dich sehr vermisst“, sagte er und Mimi konnte Tränen in seinen Augen erkennen. „Wollen wir gleich los? Mama hat gekocht.“

Mimi seufzte und schüttelte den Kopf. Typisch.

„Ich verabschiede mich nur noch schnell“, sagte sie, drückte ihren Eltern ihr Gepäck in die Hand und wandte sich zu ihren Freunden um. Auch die anderen standen alle bei ihren Eltern. Mimi ging zu jedem einzeln und umarmte alle zum Abschied. Zu Tai und Kari ging sie ganz bewusst zum Schluss. Zuerst drückte sie Kari an sich.

„Du wirst mir fehlen, Zimmergenossin“, sagte sie und grinste sie an.

Kari lachte. „Du mir auch. War schön.“

Dann wandte sie sich an Tai, wobei sie sich von seinen Eltern aber auch von ihren eigenen beobachtet fühlte. Tai zog die Augenbrauen hoch und sah sie erwartungsvoll an.

„Also dann“, sagte sie langsam. „Wir sehen uns, schätze ich.“

„Ich fürchte auch“, erwiderte er mit gespielt finsterer Miene.

Wütend öffnete Mimi den Mund, um ihm etwas entgegenzuschleudern, da legte er plötzlich die Hände an ihr Gesicht und presste seine Lippen auf ihre. Mimi hatte keine Zeit, den kurzen Kuss zu genießen. Sie starrte seine geschlossenen Augen an und spürte, dass sie rot wurde.

Als er den Kuss löste, schauten seine Eltern in eine andere Richtung und taten angestrengt so, als hätten sie nichts bemerkt. Tai grinste nur.

„Bis später“, sagte er lässig und Mimi drehte sich steif um und ging zurück zu ihren Eltern. Jetzt musste sie ihnen erklären, was sie da gerade gesehen hatten.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Es tut mir sooooo Leid, dass ich so lange mit diesem noch nicht mal sonderlich spannendem Kapitel gebraucht habe. Ich hatte eine kleine Schreibblockade.
Dafür habe ich eine neue FF angefangen, die schon ein paar Kapitel mittlerweile hat. :P Mal schauen, wann ich sie hochlade. Da probiere ich schreibtechnisch mal etwas anderes aus.
Ich hoffe, ihr fandet dieses Kapitel nicht zuuuu langweilig. Das nächste Kapitel fängt dafür gleich besser an. Es sei schon mal so viel verraten: Den Michi-Fans unter euch wird es vielleicht gefallen. :D Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Puuuh, ich hab's geschafft. Tut mir Leid, dass es so lang gedauert hat, aber ich komme jetzt nicht mehr so viel zum Schreiben. Das neue Semester hat angefangen und ich bin ja jetzt im Master und mein Stundenplan ist voll, voller, am vollsten. >_< Ich werde mich trotzdem bemühen, möglichst schnell weiter zu schreiben.
Ich möchte mich an dieser Stelle auch mal bei allen Favorisierern (? :D) und Kommentarschreibern bedanken und auch bei den "Schwarzlesern" da draußen. ;) Viiiiieeeelen Dank für euer Interesse. Ich hoffe, euch allen hat das neue Kapitel ein bisschen gefallen.

P.S.: Ich glaube, ich bin ein bisschen in Tai verliebt. xD :D Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So, das war jetzt der absolute MiChi-Overkill. xD Ich hoffe, ich habe niemanden erschlagen hahaha. Wenn doch, schickt mir eure Krankenkassenabrechnung. :P
Und die Moral von der Geschicht: Nie ohne Skihelm fahren! Und das meine ich ernst. Ich selbst fahre immer noch ohne. D: Aber es ist wirklich gefährlich. Aber natürlich wollte ich nicht, dass Tai sich schlimm verletzt, deswegen ist er glimpflich davongekommen.
Mit dem Ende bin ich irgendwie nicht so ganz zufrieden, aber naja. Übrigens kommen jetzt noch zwei Kapitel und eventuell ein Epilog. Mal schauen. Und die FF hat jetzt 100 Word-Seiten. :D Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Es tut mir Leid, dass es so ewig gedauert hat, bis ein neues Kapitel kam, und dann ist es noch nicht mal ein gutes Kapitel. x_x Dabei hätte die FF ein ordentlich Ende verdient... Naja.
Ich hoffe, ihr hattet trotzdem Spaß beim Lesen. Im nächsten Kapitel folgt dann die Abreise.
Ich will endlich fertig werden mit dieser FF... xD Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
X_X FERTIG!
So, das war's. Tut mir echt Leid, dass es so lang gedauert hat, das Ende fertig zu bekommen und es zudem auch noch kein besonders tolles Ende ist. Aber ich bin froh, diese Geschichte jetzt fertig zu haben. Es ist nicht so, dass ich sie nicht mehr mochte, aber irgendwie habe ich im letzten halben Jahr doch ziemlich die Motivation dafür verloren. Liegt vermutlich an meinen beiden anderen Storys.
Also, vielen Dank fürs Lesen, Kommentieren und Favorisieren an alle! :) Ihr seid toll. Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (71)
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Von:  somo
2015-11-29T18:26:44+00:00 29.11.2015 19:26
ich lese diese story bestimmt schon zum 4. Mal und bin immer noch begeistert :)
Von: abgemeldet
2015-08-26T14:03:33+00:00 26.08.2015 16:03
Hehehehehehe kopfkino ^^ mir gefällt die geschichte^^ super gemacht.
Von:  Jea1995
2014-07-02T14:55:34+00:00 02.07.2014 16:55
Einfach nur toll die Story :)
Antwort von:  Juju
02.07.2014 18:28
Oh, danke. :) Wie schön, dass sie noch gelesen wird. <3
Von:  UrrSharrador
2014-02-10T17:33:58+00:00 10.02.2014 18:33
Hi! Nun bin ich hier also beim Ende angekommen :) Ich war schon überrascht, dass es so kurz war, aber es hat sich ja im Prinzip in der Story schon alles aufgelöst. Da das Ende relativ offen ist, kann man sich aber auch gut vorstellen, dass es mit Tai und Mimi gut weitergeht - sie haben sich zwar wieder geneckt, aber es scheint jz in Ordnung zu sein^^ Von daher ist es ein freudiger Zukunftsausblick, sie fahren zwar heim, aber sind ja trotzdem in der Nähe.
Matts und Soras Ende hat auch gepasst, denke ich. Mimi war ja die Hauptperson, und wie sie oft genug gesagt hat, ihre Eltern werden nicht soooo das Drama aus der Sache machen ;) Ich bin trotzdem gespannt, ob du wirklich eine Fortsetzung schreibst, und was da dann alles vorkommen wird :)
Was ich noch sagen muss: Die Busfahrt. Du hast die Umgebung vor dem Fenster so schön beschrieben, das Blinken der Pistenraupe und die Nacht und das Glitzern vom Schnee, da wird man richtig melancholisch :D So ein wenig die wehmütige Stimmung am Ende des Urlaubs halt.
Also dann, ich widme mich demnächst wieder deinen anderen FFs, und möge die Inspiration, Motivation, etc stets mit dir sein XD
lg
Urr
Antwort von:  Juju
20.02.2014 10:58
Sooo. Irgendwie bin ich zur Zeit so langsam mit dem Antworten.
Ja, das Ende ist sehr kurz, was unter anderem auch daran liegt, dass ich keine Lust mehr hatte. Aber trotzdem kann ich mir vorstellen, irgendwann noch einmal eine Fortsetzung zu schreiben... wenn ich mit den anderen beiden Storys fertig bin. :D
Hahaha, freut mich, dass dir die Stimmung gefällt. Witzigerweise fahre ich Samstag selbst in den Skiurlaub nach Österreich und dann habe ich das auch alles wieder. xD Ich freue mich schon.
Und wenn ich wieder da bin, werde ich endlich mal Ansatsus Geschichte zu Ende lesen. Jawoll!
Von:  Hay_Lin88
2013-12-03T21:38:40+00:00 03.12.2013 22:38
Ich werde diese Geschichte, mir noch ein paar mal durch lesen, weil ich sie so lieb gewonnen habe! Ein schönes, aber auch kurzes trauriges Ende, da man nicht weiß wie es mit Matt und Sora weiter geht, aber auch mit den anderen! Ich bin von der Romantik und Einfühlsamkeit angetan. Ich hoffe es gibt ein extra Kapitel mit den Geschichten von jeden einzelnen, wie es weiter geht. Bitte schreibe weiter so fleißig und ich bin gespannt wie deine neuen Geschichten werden!

Großes LOB und Anerkennung! WEiter so!!
Antwort von:  Juju
04.12.2013 11:07
Vielen dank für deinen Kommentar. :)
Tut mir echt Leid, ich gebe zu, das Ende ist für die anderen Charaktere ein bisschen blöd. x_x Aber wie gesagt, vielleicht gibt es irgendwann eine Fortsetzung.
Von:  Kaguya
2013-12-03T17:19:56+00:00 03.12.2013 18:19
Ich fand das Letzte Kapitel toll! Schade das es so ein kurzes Kapitel war. Hätte gerne gewusst wie es mit den beiden in Japan weiter ging...
Muss dir sagen dass ich diese FF total vermissen werde:/ Sie war meine absolute Lieblings FF!!!!
Dennoch, ich bin froh dass diese FF fertig gestellt wurde, vielleicht entschließt du dich ja eine Fortsetzung irgendwann mit Soras Baby Problem, Karis Beziehung zu T.K. sowie die wunderschöne romantische Liebe von Mimi & Tai zu schreiben :D Ich wäre auf jeden Fall wieder dabei ;)
Weißt ja wie wunderschön ich deinen Schreibstil finde! :D
Schenk uns weiterhin so phantastische Fanfics wie diese zum Lesen! :)

Liebe Grüsse

Kaguya

Antwort von:  Juju
04.12.2013 11:06
Vielen Dank für deinen lieben Kommentar. <3
Leider ist eine Geschichte eben auch irgendwann mal zu Ende, aber ja, vielleicht schreibe ich irgendwann eine Fortsetzung. Aber erst mal werde ich einer meiner anderen FFs beenden, denn für noch eine zusätzliche fehlt mir momentan einfach die Zeit. x_x
ALso vielen Dank, dass du immer so fleißig gelesen und kommentiert hast. :)
Antwort von:  Kaguya
04.12.2013 13:37
Bitte, mach ich doch gern :) Ich lese ja noch die FF "Fünf Jahre" von dir :D Die ist auch total schön :) Mal sehen, was die Zeit so mit sich bringt, bin ja gespannt ob es irgendwann hierzu eine Fortsetzung geben wird :D Deine Geschichte hier ist so gut ausbaubar! Man kann so vieles machen :)
Antwort von:  Juju
04.12.2013 14:41
Na, wenn du schon konkrete Ideen hast, dann schreib du doch. ;) Du kannst das hier gern als Vorlage benutzen. Digimon gehört mir ja eh nicht. :P
Antwort von:  Kaguya
04.12.2013 15:35
XD Ich bin nicht so kreativ wie du bzw. ich kann nicht so gut formulieren wie du :)
Außerdem ist es deine FF und nicht meine ;) Freu mich schon auf das nächste Kapitel von der FF "Fünf Jahre" :D
Von:  UrrSharrador
2013-10-28T12:48:48+00:00 28.10.2013 13:48
Ich wollte ja eigentlich mit dem Lesen warten, bis draußen wieder wirklich Skiwetter ist und die Stimmung besser passt (vor einem Jahr hats um die Zeit ja schon schön geschneit bei uns), aber dann hab ich trotzdem nicht mehr warten können, obwohl so ein schönes Wetter ist^^
Tai und Mimi sind einfach super^^ Ich finde zwar auch, dass Mimi gern überreagiert, aber ihre Neckereien sind so witzig^^ Und der Traum am Anfang, und wie sie ihn zur Rede stellt, und seine Antwort drauf XD Jaja, Tai, schäm dich, warst in ihrem Traum mit einer anderen zusammen. Irgendwie wars wohl gut, dass die anderen angefangen haben, Scherze zu machen, wie oft es zwischen ihnen krachen wird. Da hat sich Mimi dann merklich zusammengerissen^^ Wobei ich an Tais Stelle wahrscheinlich auch eher gewollt hätte, dass sie trotzdem bei mir bleibt, wenn sie eh nicht Skifahren mag ;)
Und es war gut, dass sie sich dann im Bad endlich ausgesprochen haben. War richtig herzerwärmend^^
Oha, und die Takari-Andeutungen sind doch direkter, als ich vermutet habe ;) Bin neugierig, ob du noch anschneidest, wie Matt und Tai oder die anderen darauf reagieren und ob es was zu reagieren gibt.
Dafür, dass Tai immer noch den Verband oben hat, schießen ihm die anderen aber auffallend oft mit den Schneebällen an den Kopf XD
Das mit Izzy und Lisa ist schade. Naja vielleicht blicken sie wenigstens auf glückliche Erinnerungen zurück, aber so eine Fernbeziehung, das ist echt nicht das Wahre. Und für Sora wirds vorerst der letzte Urlaub und sie muss sich auf das alles vorbereiten ... ich glaub, für sie ist es am härtesten.
Was heißt übrigens, dass es kein gutes Kapitel ist? Ich finde schon :D Und ich freu mich schon auf das nächste, auch wenns das letzte ist und es sich so anhört, als würdest du die FF nicht mehr so mögen XD
So, jz hab ich erstmal alles aufgeholt und warte wieder auf eine Fortsetzung einer deiner 3 FFs ;)
Von:  dattelpalme11
2013-09-10T19:27:06+00:00 10.09.2013 21:27
Ahh ich habe mich soo gefreut, als ich gesehen habe, dass du ein neues Kapitel hochgeladen hast :)
Mimi und Tai sind einfach zum knutschen! Wie sich die beiden immer anzicken und danach wieder vertragen ... ach ich liebe das ;) Am lustigsten fand ich noch die Wette :D die Jungs sind einfach der Knaller ^^ Und das süße Gesprach zwischen Kari und Mimi war einfach niedlich. Schade das die Story bald zu Ende ist, aber ich hoffe das dass nicht die letzte Geschichte über Mimi und Tai sein wird ;))

LG Sternchen93 <3
Von:  Kaguya
2013-09-10T14:49:12+00:00 10.09.2013 16:49
Ich könnte noch Stunden an dieser FF lesen, so gut gefällt sie mir und ich bin gleichzeitig auch traurig, das eine so schöne FF zu meinem Lieblingspairing bald zu ende geht :/
Mimis Albtraum und dann noch ihre Besorgnis um Tai, das er eventuell doch was für diese Camilia empfinden könnte, fand ich einfach süß :) Der kleine Anfängliche Streit zwischen ihnen und dann noch die Versöhnung der beiden einfach himmlisch :D Ach so viel Michi in einem Kapitel, kann gar nicht genug von den beiden kriegen XD Hast du vielleicht vor irgendwann noch eine FF zu den beiden zu schreiben? :D Fände das auf jeden Fall super! Zum anderen finde ich es schön zu lesen das Kari und T.K. ein Paar sind, schöner wäre es gewesen wenn man eine Rückblende seitens Kari hätte lesen können. Sora und Izzy tun mir einfach nur Leid. Der arme Izzy muss sich nun von seiner Urlaubsfreundin verabschieden, hoffe das sie weiterhin in Kontakt bleiben können. Bei Sora denke ich dass sie sich zu viele Sorgen macht. Wirst du das im nächsten Kapitel beachten? Oder kommt da eventuell noch eine Fortsetzung? :D Ich kann dir nur immer wieder sagen, das dein Schreibstil phänomenal ist, flüssig und gut zu lesen :) Hoffe das es bald weiter geht, vielleicht sogar zum Abschluss ein längeres Kapitel? :) Würde mich jedenfalls tierisch darüber freuen! Mach weiter so!!!

Liebe Grüsse

Kaguya
Von:  kimje
2013-08-22T19:29:31+00:00 22.08.2013 21:29
sher schön. der fanfic. ein bisschen viel hin und her.
aber schön...hoffe das nächste kap kommt bald
Antwort von:  Juju
28.08.2013 11:37
Danke für deinen Kommentar. :)
Ja, das ist wirklich viel Hin und Her... xD


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