Zum Inhalt der Seite

Mit Hang zum Plüsch

Law/Kid
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben :))

Zwar früher als von mir gedacht, aber trotzdem mit etwas Verspätung: das neue Kapi ist da!! :-*

An dieser Stelle wie immer ein gaaaaaanz, ganz liebes Dankeschön für eure lieben Kommentare und die damit verbundene Motivation. Das ist für mich keinesfalls selbstverständlich :DD
Und: OMG, über ein 100 Favouriteneinträge, ich kann es kaum glauben!! Fühlt euch alle ganz doll geknutscht x3~

Das Grundgerüst für das nächste Kapitel steht, nun muss ich nur noch gegen die Zeit kämpfen D:

Aber nun erstmal ganz viel Spaß ;3

In Liebe, eure zorro-san <3
Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Schande über mich!! Es ist nun schon über ein Jahr her, dass ich das letzte Kapitel hochgeladen habe. Aber die Story lässt mich einfach nicht los und ich werde sie zu Ende bringen! :3

Es tut mir so unglaublich leid für die lange Wartezeit und gleichzeitig möchte ich mich bei eurer unendlichen Geduld bedanken! Vielen Dank auch für eure zahlreichen, motivierenden Kommentare und Favo-Einträge! :-**

Ich muss zugeben, dass ich mich anfangs doch recht schwer getan habe, mit meinem Schreibstil wieder in diese FF hineinzufinden. Ich hoffe dennoch, es ist mir gelungen und ihr habt weiterhin Freude an Kids Sozialstunden ;3

Über Feedback und Kritik würde ich mich wie immer megaaaa freuen! Lg, zorro-san Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kid

Kid
 

Viele sagen über mich, ich sei die Inkarnation der Selbstverliebtheit, Selbstverherrlichung und Selbstdarstellung – sucht euch was aus. Sogar Freunde meinen, es gäbe niemand egoistischeren als mich: Bedürfnisse und Wünsche meiner Mitmenschen seien mir egal und ich wäre nur auf mein eigenes Wohlergehen fixiert, scheiße auf die Meinungen anderer und würde jeden rücksichtslos für meine Zwecke manipulieren. Geschweige denn, was ich mit den Todesmutigen anstellen würde, die es wagen, ihr scheiß Moralapostelgeschwafel an mir auszulassen.
 

Ein Rebell, der mehr Streit und Ärger findet, als er sucht. Was andere von mir denken, interessiert mich nicht. Wenn jemand nicht so will wie ich, wird er kurzerhand ersetzt oder dazu gebracht, sich zu beugen, je nachdem, wie interessant derjenige ist. Typen die mir quer kommen, verschulden sich ihr Unheil selbst.
 

Langsam öffne ich die Augen und schaue in den Spiegel direkt vor mir, betrachte mich: whiskeyfarbene, schwarz geschminkte Augen, dunkle Lippen, feuerrote, wild zerzauste Haare (weil kaum zu bändigen, For Rogers Sake!), extravaganter Kleidungsstil. Alles an mir schreit nach Aufmerksamkeit, Präsenz, Bedrohung und Dominanz. Ich sehe mir das sich dargebotene Bild weiter zufrieden an und grinse. Oh ja, es gefällt mir – und wie!
 

Menschen können mich nicht leiden, haben teilweise sogar Angst vor mir, zerreißen sich die Mäuler über mich und lassen kein einziges gutes Wort an mir. Und – Gott verdammt - sie haben mit allem Recht! Und ich liebe es!
 

Eustass Kid bückt sich nicht, für niemanden!

The Home of the Living Dead

Huhu :'3
 

Bevor es weiter geht, möchte ich mich erstmal ganz herzlich bei den lieben Reviews und den Favo-Einträgen bedanken! *alle ganz lieb drück und Kekse verteil*

Ich muss zugeben, ich hatte etwas Bammel, dass die FF vielleicht nicht so gut ankommt, umso mehr freut es mich, dass sie doch Anhänger gefunden hat >x3
 

Bezüglich der Längen der Kapitel: Ja, sie werden noch länger! Das Erste ist wohl eher als kleiner "Prolog" zu betrachten, damit die Leser wissen, welcher "Erzähler" da so auf sie wartet ;) Das Jetzige ist zwar auch nicht soooo lang, aber die darauffolgenden auf jeden Fall! ;)
 

In diesem Sinne, Danke fürs Reinschauen und viel Spaß beim Lesen! Über Feedback würde ich mich sehr freuen :)
 


 

The Home of the Living Dead
 

Willkommen im Warteraum zur Hölle: Amazon Lily!
 

„Jo, Billy the Kid! Eine Frage sei erlaubt: Macht's noch Spaß alte Leute zu füttern, he?!“
 

Ich bring ihn um! Ich bring ihn um! Ich bringe ihn wirklich um! Nicht, dass es schon genug wäre, auf einen meiner neu auferlegten Kosenamen zu reagieren, nein, ich kann ihn auch noch nicht einmal auf der Stelle umbringen! Wie gerne würde ich sein-
 

„Hey, hey! Wir wollen doch nichts kaputt machen, aye?!“, unterbricht er meine, ihn betreffenden, Mordfantasien, die allmählich schon zu ausgefeilten Plänen werden. Anscheinend ist das (vor Vorfreude) Zittern meiner Hand nicht unbemerkt geblieben, als ich gerade das Besteck in die dafür vorgesehene Vorrichtung der Spülmaschine verfrachte.
 

„Verpiss dich, Troll!“, knurre ich gereizt. Und tatsächlich: mir noch ein unverschämtes, freches, amüsiertes und vorallem (was das Schlimmste ist) sich überlegen fühlendes Lachen da lassend, zieht Shachi – der Troll – triumphierend ab.
 

Ja, es stimmt. Ich, Eustass Kid, fütterte alte Leute -muss sie füttern. Unter anderem. Natürlich habe ich hier noch andere (verantwortungsvolle) Aufgaben (wie sauber machen und in der Küche helfen).
 

Seit geschlagenen drei Wochen drücke ich, mir vom Schicksal auferlegte, Sozialstunden in einem Altenheim ab. Die ursprünglich angesetzten 120 Stunden belaufen sich mittlerweile auf 275.

Dass ich in der Sozialen Einrichtung, in die ich verfrachtet wurde, ausgerechnet unter der Fuchtel des besten Freundes von dem Typen stehe, dem ich die schicksalhafte Fügung zu verdanken habe, war eine der Krönungen in meinem Leben, die ich gerne dankend abgelehnt hätte! Dieser Troll lässt keine Gelegenheit aus, mir seine (angebliche) Macht zu demonstrieren – entsprechend kann ich allein schon aus Höflichkeit keine Gelegenheit auslassen, ihm zu zeigen, wie sehr mir das imponiert- nämlich gar nicht. Wohingegen die Leitung des Altenheims – im Übrigen gut bekannt mit meinem Schicksalsüberbringer, dem Chef des Jugendgerichts – keine Gelegenheit auslässt, mir meine soziale Ader hoch anzurechnen (im wahrsten Sinne des Wortes, siehe oben!).
 

Wütend verfrachte ich auch den Rest des beschissenen Plastikbestecks (wegen der Verletzungsgefahr! Pah, dass ich nicht lache! Die Gefangenen hier sind zwar uralt und können nicht mehr alleine pissen, aber völlig bescheuert sind die nun auch wieder nicht! ..zumindest Einige von ihnen) in die verdammte Spülmaschine und starte das verfluchte Ding. Und trete heftig (halbe Sachen sind nicht mein Ding) dagegen, als das mich zur weisglutbringende Gerät wieder rumzickt.
 

„Wie ich sehe, zeigen Sie vollen Einsatz, Mister Eustass.“ - Auch das noch.
 

Mit einem freundlich aufgesetzten Gesicht, das mir nicht gelingt, drehe ich mich murrend und schlecht gelaunt zur Heimleiterin um. Gloriosa ist eine kleine, überaus alte Frau und hat ein ständig grimmiges Gesicht. (Ich bin überzeugt, dass die Alte einfach frustriert ist, weil sie schon seit Jahren keiner mehr nageln wollte. Warum sonst sollte man ein Altenheim nur für Frauen leiten?) Direkt hinter ihr steht meine Schicksalsbegleiterin: Bellemere, die mir zugewiesene Betreuerin. Am liebsten würde ich jetzt sagen, dass sie total cool und locker drauf ist – aber das ist sie nicht! Sie tut zwar immer (ich hatte schon öfter das Vergnügen) so, aber in Wahrheit linkt sie dich total und stimmt den Strafverlängerungen zu! Scheiß Lesbe!
 

Ich knurre.
 

„Grüße dich, Kid. Gefällt es dir?“, will die Scheinheilige freundlich wissen.
 

Eigentlich will ich sarkastisch klingen, aber meine Gefühle im Zaun zu halten, ist ebenfalls nicht mein Ding. Also kommt es, wie ich es meine: „Ich hab die Schnauze voll!“

Sie sieht mich wartend an,so dass ich unbekümmert mit meiner Leidensgeschichte fortfahren kann. „Diese alten Weiber (beinahe hätte ich auf die kleine Alte gezeigt, aber das kann ich mir zum Glück noch verkneifen) graben mich rund um die Uhr an! Und sie tun mit Absicht so, also könnten sie nicht alleine essen, um sich daran aufzugeilen, wenn ich ihnen diesen widerlichen Fertigbrei ins Maul schiebe!“, mache ich meinem Ärger erneut Luft. „Und sie begrabschen mich!“ Ganz genau! Körperkontakt ist ja ganz nett, aber die Person dazu würde ich mir schon gerne selbst aussuchen...!
 

„Vielleicht wünschen sie sich ja, dass du ihnen was anderes ins Maul schiebst.“, meint sie lässig mit einem Grinsen im Gesicht, während sich die Chefin des Zombietrakts beinahe verschluckt. Ich schweige. Irgendwie fallen mir dazu nur abartige Bilder ein, die nicht unbedingt auch noch ausgeschrieben werden müssen...
 

„Ich wollte auch nur kurz nach dir sehen. Läuft ja allem Anschein nach alles prima. Die Beurteilung war diesmal nicht ganz so schlecht. Die paar Wochen kriegst du auch noch rum und danach muss ich dich hoffentlich nie wieder sehen.“, sie zwinkert mir zu und macht auf dem Absatz kehrt.
 

Gemütlich schlendert Bellemere aus der Kantine Richtung Ausgang und grüßt ein paar Insassen, während die, immer noch über ein solches Verhalten einer Sozialbetreuerin, geschockte Heimleiterin ihr hinterher stolpert, um sie zu verabschieden. Vielleicht ist sie ja doch nicht so eine linke Ratte. Große Lust, ihr noch einmal zu begegnen, habe ich trotzdem nicht. Was wohl auch nicht passieren wird: das oberste Gericht, in dessen Händen mein Schicksal liegt, hat mir ausdrücklich (mit ein paar Tagen Knast) gezeigt, was mich erwartet, wenn sich mein Vorstrafenregister nicht mal so langsam aufhört zu verlängern...
 

Was mich hierher gebracht hat? Der Penner, der von mir – ganz wichtig: selbst verschuldete!! - Dresche eingezogen hat, ist einer der Wenigen, die tatsächlich die Eier haben, mich anzuzeigen! Schließlich überführt hat mich mein Bekanntheitsgrad bei verschiedensten Instanzen der Gesetzeshüter (ein feuerroter Haarschopf kommt in der Unterwelt nicht oft vor) und ein Überwachungsvideo.

Aber keine Sorge: Noch habe ich niemanden umgebracht! Meine Strafakte hat sich über die Jahre jediglich mit Diebstählen, Raubkopien, Schlägereien und damit verbundenen Körperverletzungen (wie schon erwähnt, jedesmal selbst vom Opfer verschuldet und/oder provoziert!!), illegalen Waffenbesitz, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und – was mir jedes Mal bei meinen Unschuldsbeteuerungen das Genick bricht – Erregung öffentlichen Ärgernisses, Schwarzfahren in der U-Bahn und Beamtenbeleidigung gefüllt.
 

Manch einer würde mich jetzt vielleicht als Verbrecher, unbelehrbaren Teenie-Gangster (wagt euch, ich bin erwachsene und reife 25!), Assi, Opfer, hoffnungsloser Fall der die Kurve nicht kriegt oder ähnliches bezeichnen (was ich nicht abstreiten würde), aber ich nenne so etwas Eine wilde Kindheit. Meine mich ständig begleitenden und nervenden Sozialbetreuer und Jugendtherapeuten nennen so etwas „Kompensierung der familiären Probleme über Gewalt und die damit verbundene Aufmerksamkeit“. WTF?!

Gut. Ich komme wirklich nicht aus einer heilen Familie, aber deswegen bin ich doch noch lange nicht verrückt! Meine Freunde sind immerhin nicht viel anders. Killer zum Beispiel hat schon-
 

„Hier, KitKat!“, fliegt mir ein Wischmopp vor die Füße. Aus meinen Gedanken gerissen, verfolge ich die Flugbahn des Mopps an deren Start und - erblicke den Troll. Schlagartig wandelt sich mein Gemüt von gereizt in sehr gereizt. „Der Kateter von Miss Okuno ist geplatzt.“, schadenfroh vor sich hin pfeifend zieht er Leine. „Viel Spaaa~aaß!“
 

Als ich überaus gereizt und angewidert den Mopp an mich nehme, wird mir schlagartig bewusst, dass ein schmerzvoller Tod dieses nervtötenden Hobbits den folgenden, jahrelangen Knast durchaus wert wäre.

Kid(do)-Piraten auf Abwegen

Huhu :3
 

Zuerst einmal gaaaaaaaanz lieben Dank für die vielen Reviews und Favo-Einträge! Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie glücklich das einen kleinen Schreiberling macht! :'D
 

An dieser Stelle auch ein dickes Sorry, dass es mit dem Hochladen länger gedauert hat, momentan ist etwas stressig und bald fängt meine Prüfungslernerei an, so dass ich also nicht versprechen kann, dass die nächsten Kapitel flotter on sein werden =/
 

Und nun wünsche ich euch viel Spaß mit dem neuen Kapitel und hoffe, es gefällt euch! ;-)
 


 


 

Kid(do)-Piraten auf Abwegen

 
 

Angepisst stapfe ich Richtung meines bescheidenen Heimes, mit dem kläglichen Versuch im Schlepptau, die vor einer knappen Stunde erlebten und mich gebrandmarkten Bilder zu verdrängen.

 

Natürlich blieb das Aufwischen des geplatzten Kateters und meiner sich dazugesellten Kotze nicht das Highlight dieses betörenden Tages. Nein, der Troll hatte mich dazu verfrachtet, der Hausmeisterin (Was. Ein. Mann!!) bei der Beseitigung diverser Verstopfungen in den humanitären Anlagen tatkräftig zur Seite zu stehen. Und ich bete inständig für die Gesundheit des abgefuckten Küchenpersonals, so einen Durchfall-Scheiß (haha, was ein Wortwitz!) nicht noch einmal zu servieren!!

 

Ich will nach hause. Und duschen. Vorallem duschen. Und mich volllaufen lassen. Auf zwielichtigem Wege die Adresse des Trolls herausfinden und mich rächen.

 
 

 

Das Viertel in dem ich wohne, ist – natürlich, Klischee sei Dank – nicht das beliebteste der Stadt. Die Gegend wird besonders von den Reichen und (mehr oder weniger) Schönen gemieden. Ein paar Mutige der Schnösel-Kinder meinen, sich ab und zu mal hierher zu verirren und einen auf billigen Gangster zu machen. Zumindest mit mir bekommen die (erstmal) keine Probleme, solange sie mich in Ruhe lassen (als Erzähler über sich selbst lässt man natürlich kleinere Details, wie z. B., dass ein schiefer Blick manchmal schon reicht, um einen zu reizen, weg). Irgendwelche Rentner beklauen überlasse ich inzwischen auch meinen glorreichen Nachfahren: dem jüngeren Gesocks der Straße.

 

Dass meine Wohnung nicht voll von irgendwelchem Prunk ist und vor Reinlichkeit glänzt, scheint in Anbetracht der geschilderten Umwelteinflüsse wohl nicht besonders erwähnenswert. Grob: sie ist klein, relativ vollgestopft mit Sachen, die ein hoch angesehener, verboten schöner (haha, das war kein Witz!), blutjunger Mann wie ich, nunmal so besitzt: Bett, Couch, Tisch, Fernseher, Spielekonsole, Küchenzeile, Duschbad, Privatkrämpel und zum Teil nicht ganz legale Gegenstände getarnt als Küchenmesser.

 

Grummelnd lasse ich das Treppenhaus zum zweiten Obergeschoss hinter mir und betrete meine Räumlichkeiten. Sofort ziehe ich mich angewidert aus, schmeiße die Klamotten in die Wäsche (bzw. auf den Platz mit dem Wäschehaufen) und gehe nackt ins Bad um heiß zu duschen. Müde und ausgelaugt lehne ich meine Stirn gegen die kalten Fliesen, während das heiße Wasser an mir herunterläuft. Ich denke darüber nach, wie mein Leben wohl weitergehen wird. Finanziell sieht es schon lange nicht mehr rosig aus (als ob ich sonst hier wohnen würde)...

 

„Den mach ich fertig!“ - wer jetzt eine Sinneswandlung ála 'Ich muss etwas verändern, so kann es nicht weiter gehen' erwartet hat, ist selbst Schuld!

 

Nach dem Duschen beanspruche ich erstmal in gemütlichen Jogginghosen (in denen ich natürlich auch fabelhaft aussehe!) die Couch und schnappe mir das Telefon. Der Appetit auf meine all-abendliche Tiefkühlmahlzeit ist mir eindeutig vergangen.

 

Es tutet.

 

„Ja?“

 

„Ich hoffe, die Bullen haben dich noch nicht wegen deinem letzten Mord drangekriegt! Ich hab einen neuen Auftrag für dich, Killer.“

 

Angesichts der Anspielung auf seinen Namen seufzt mein Gesprächspartner nur genervt. Er ist die Sprüche schon gewohnt und vorallem leid, aber ich kann sie einfach nicht lassen. „Wieder der Typ aus dem Altenheim?“

 

„Natürlich! Und ein paar der alten Weiber, die ihre halbverfaulten Finger nicht von mir lassen können!“

 

„Freu dich doch. Sonst will dich doch keiner anfassen.“ Das kommt so trocken und ruhig, dass ich fast die Vermutung habe, es wäre kein Scherz gewesen (was es wohl auch nicht war). Meine Freunde meinen, Eustass Kid erweckt nicht gerade sehr viel Vertrauen, was in Frage kommende Auserwählte angeht (außer bei irgendwelchen Gothic-Ghetto-Gangster-Schlampen die so billig sind, dass sie sogar mir am Hut vorbeigehen). Will ich jemanden, würde ich sie oder ihn (ich bin da nicht so zimperlich) so lange bearbeiten und nerven, bis schließlich nachgegeben wird. Ergo: ich würde nirgends landen. (Ich sehe das Ganze natürlich etwas anders: Ich bin einfach unwiderstehlich!)

 

„Hör ich da etwa Neid heraus?“, meine ich spitz. Killer hat auch nicht unbedingt jedes Wochenende eine andere an der Hand!

 

„Nein?“, kommt die ruhige Antwort. Seine ständig ruhige und monotone Stimmlage nervt tierisch (kann ja auch nicht jeder ein so gewaltiges Stimmorgan haben wie ich)! „Also. Wo geht’s heute hin?“

 

„Adventure Galley.“

 

 
 

 

Die Adventure Galley ist ein Gothic-Metal-Club mit zwei Tanzflächen und jeweiliger Bar. Neben harter, lauter Musik für alle Geschmäcker jenseits des Mainstreams gibt es hier vorallem eins: merkwürdige Gestalten. Und billigen Alkohol.

 

Bevor wir reingehen, werfe ich noch einen letzten Blick in die Fensterscheibe meines Autos und rücke meine Fliegerbrille zurecht. Abgesehen von einer Art Army-Hose und schweren Stiefeln trage ich ein dunkel-bourdeaux-rotes Shirt und Armreife. Dann geselle ich mich zu meiner Gang. Zugegeben, auf manche wirken wir wohl wirklich abschreckend: Konomi trägt grundsätzlich bauchfreie, enganliegende Tops und Hosen aus schwarzem Leder (auf Tour, so wie jetzt, dürfen es auch mal Kurze gepaart mit Netzstrumpfhosen sein) sowie einen langen schwarzen Lackmantel. Zombie (gut okay, er heißt zwar nicht wirklich so, aber - Gott verdammt - er sieht aus wie einer) mit weißen Dradlocks und dem beinahe komplett vernarbten Körper voll mit Tattoos, kleidet sich mit nicht viel mehr, außer, dass anstatt bauchfreien Tops, enge Schnürwesten an der Tagesordnung stehen. Nur Killer sieht eigentlich, wenn ich ihn so neben den anderen beiden betrachte, recht harmlos mit seinen geschmacksverätzenden Hemden und Cowboyhosen aus. Bis auf die Maske, die meist beim Weggehen zum Vorschein kommt (laut eigener Aussage, um nicht von all seinen Feinden erkannt zu werden - wobei ich fest davon überzeugt bin, dass keine Maske vielleicht unauffälliger wäre). Trotzallem sind wir in diesem Laden nicht die schrägsten Vögel – und das heißt Einiges.

 

 

Der Club erstreckt sich auf zwei Ebenen. Über ein paar Treppen rechts vom Eingang gelangt man zur ersten Bar und dem Gothic-Dancefloor. Links davon ein Sitzbereich aus alten Flugzeugsitzen und Fässern. Auf der rechten Seite des Floors erstrecken sich normale, hinter einer Absperrung gesonderte, Tische und Sitzbänke. Der kleinere Alternative-/Rock-/was auch immer-Dancefloor mit Bar liegt auf der rechten Seite des Eingangs. Dort dient ein alter Pick-Up als DJ-Pult. Große Spiegel an den Wänden lassen den Raum größer wirken. Insgesamt ist die Einrichtung dunkel und nostalgisch gehalten, orientiert sich aber stark an einer heruntergekommenen Bar. Ich liebe diesen Laden.

 

Ich quetsche mich vor an die Theke und bestelle die erste Runde.

 

„Vier Mal Oakheart-Cola, Kid.“, inzwischen kennt mich das Weib an der Theke. Ihren Namen habe ich immer noch nicht drauf. „Aber diesmal ohne Ärger, kapiert?!“ Wie gesagt, sie kennt mich.

 

„Ja, ja.“, grinse ich schelmisch und schnappe mir die Gläser. „Die Liebenswürdigkeit in Person, wie immer.“

 

Sie schüttelt amüsiert den Kopf und widmet sich der nächsten Gestalt.

 

 

Während Zombie und Konomi sich im Gothic-Bereich den lieblichen Klängen hingeben, sitzen Killer und ich auf einem der abgeschiedeneren Sitzplätze. Mit Einigem intus beuge ich mich zu ihm über den Tisch. „Hier ist der Plan.“ (Da ich ihn mir schon nüchtern ausgedacht habe, spielt der Alkoholkonsum kaum eine Rolle) Ich fixiere ihn mit einem durchdringenden Blick. Auch wenn sein Gesicht nicht zu sehen ist, weiß ich, er hält stand. Tut er immer. Einer der wenigen, die das können.

 

„Was für ein Plan?“, fragt er ruhig.

 

Mein Grinsen wird breiter und ich trinke den vor mir stehenden Shot leer (egal was das Zeug ist, die Flasche hat ein halbes Vermögen gekostet und es brennt wie der Teufel!), bevor ich uns beiden nachschenke. „Na, der Mordplan mit dem Codewort 'Troll'!“

 

Ein abwertendes 'Tss' dringt an meine Ohren. „Was?!“

 

Er stützt seine Ellenbogen auf dem Tisch ab, beugt sich zu mir und meint bestimmt: „Ich bringe niemanden um!“

 

Ich lache. Laut. Wenn jemand weiß, wie viele Leichen in Killers Keller liegen, dann ich (und mit Leichen meine ich Straftaten, ob dort echte Leichen liegen, will ich lieber nicht wissen...). „Du wirst einem guten Freund doch keinen Gefallen abschlagen wollen?!“ Ich greife nach meinem Glas. „Ein wenig Angst machen wäre fürs Erste auch okay.“

 

„Kid.“, sagt er gelassen, aber immer noch bestimmt. „Du hast eine Straftat begangen und wurdest erwischt. (Die Betonung liegt auf 'erwischt') Also trage deine Strafe wie ein Mann! Sei froh, dass du nicht im Gefängnis bleiben musstest.“ Trotz all seiner Vergehen, hat er sich nie erwischen lassen. Er ist eben ein Profi-Killer.

 

Das 'Tss' kommt diesmal von mir. „Seit wann bist du nochmal Mitglied der Samariter?!“ Ich bin genervt. Betrunken und genervt. Die Aussicht, den Troll am Montag lebend wieder zu sehen, nervt noch mehr.

 

Plötzlich erklingt ein lautes Gemenge auf der Tanzfläche. Wir drehen uns um. Killer seufzt angestrengt, ich lache. Mittendrin unser Gefolge: Zwischen Konomi und Zombie bahnt sich eine Prügelei mit drei unter ihrer vollen Montur versteckten Gothic-Ravern an.

 

Noch sind keine Türsteher zu sehen.

 

Killer erhebt sich. Ich genehmige mir noch einen Shot und stehe auch auf. Wir sind eine Meute, eine Crew, eine Familie oder was auch immer den Zusammenhalt mehrerer Personen beschreibt. Also gilt ein Codex: Hat einer Ärger, hat der Verursacher mit uns allen Ärger. Und so kommt es, wie es kommen musste: Ich schlage zu.

 

 

Und wir landen im Krankenhaus.

Noch schlimmer: und bekommen – mal wieder – Hausverbot. Alles in allem also ein völliger normaler Abend. (Das Barmädchen schüttelt nach der ganzen Szenerie nur den Kopf)

 

Kurzfassung: Es stellte sich heraus, dass meine aufopferungsvolle und völlig selbstlose Hilfe nicht viel Gefallen fand. Konomi bekam eins mit einer Glasflasche übergezogen, Zombie teilte freundlich aus, ich fing ein-zwei deftige Schläge mit dem Gesicht ab und Killer zückte eins seiner vielen Messer. Davon unbeeindruckt zückte einer der Lackaffen seine Knarre. Die Polizei wurde gerufen und führte den Typen mit der Waffe und Killer ab.

 

Nun fahren Zombie und ich mit Konomi, der pussyhaft blutet (wenigstens fing er erst im Auto an zu flennen), in die Notaufnahme.

 

„Blute mir bloß nichts voll!“, plärre ich nach hinten über den Fahrersitz (ja, ich fahre öfter betrunken Auto). Mein Schädel pocht und meine Lippe ist aufgerissen.

 

„Leck mich!“, keift Konomi erstickt zurück. „Wir hatten alles unter Kontrolle! Aber nein, du musstest dich ja wieder einmischen!“ Im Rückspiegel erkenne ich, dass er sich die doch recht stark blutende Wunde mit einem Minz(!)-Taschentuch abdrückt.

 

„Ihr wart in der Unterzahl! Ist doch wohl klar, dass ich helfe! Muss ich mir jetzt etwa anhören, ich wäre ein schlechter Freund, weil ich geholfen habe?!“ Ist das zu fassen?!

 

„Woah! Vorsicht!“ Zombie – relativ unbeschadet – greift mir ins Lenkrad. Betrunken, zusammengeschlagen und wütend geradeaus Auto zu fahren, ist gar nicht so einfach (Und nein, es kommt natürlich keiner von uns auf die glorreiche Idee, jemand anderen fahren zu lassen)!

 

Der Patient tobt weiter. „Geholfen?! Killer sitzt im Knast, ich werde durch die Kopfverletzung wahrscheinlich motorisch-behindert bleiben! Falls ich überlebe, weil du dich auch noch ganz selbstlos dazu entschieden hast, mich im Vollsuff ins Krankenhaus zu fahren!“

 

Entgegen all der Vorwürfe, Predigten und neuer guter Vorsätze, sollte Konomi das alles hier überleben (darin u. a. den Kontakt mit mir abzubrechen), die ich mir anhören muss, gelingt es mir, uns weitesgehend lebendig auf den Krankenhaus-Parkplatz zu manövrieren. Der einzige Leidtragende ist der Besitzer des Autos, welches beim Parken gekonnt mitgenommen wird.

 

Trotz der lebensgefährlichen Verletzung, schafft es der Todkranke alleine wütend in die Notaufnahme zu stampfen und sich selbst bei der erschrockenen Schwester anzumelden.

 

 

 

Es ist Freitag. Entsprechend viel Betrieb herrscht in der Notaufnahme. Von plärrenden Kindern bis (auch anderen) besoffenen Raudis und Pennern, die einfach keinen Bock haben draußen zu schlafen, ist alles vertreten, mittendrin ich - mit extrem pochenden Schädel, aufgeplatzter, schmerzender Lippe und einem Veilchen. Zombie hatte uns in der Zwischenzeit unserem Schicksal überlassen und sich auf den Weg zur Polizei gemacht, um sein Bestes zu geben, Killer wieder aus dem Knast herauszubekommen. Ich hoffe sehr, dass  seine „Tarnung“ wirklich so viel bringt, wie er immer schwört...

 

Ungeduldig stehe ich auf und latsche zu dem Spiegel, der im Wartebereich hängt: meine Schminke und mein Lippenstift sind verschmiert, die Fliegerbrille hält mit allen Mitteln soviel wüstes, rotes Haar in Schacht, wie sie kann. Ich grinse, ignoriere dabei den Schmerz in meiner Lippe: was sich mir darbietet, gefällt mir, sieht gefährlich aus.

 

Auf mein freundliches Bitten nach Schmerzmitteln oder etwas zu kühlen, wird mir unfreundlich klargemacht, ich solle warten, bis der Arzt kommt (im wahrsten Sinne des Wortes!). Müde setze ich mich wieder auf einen der Sitze und gähne.

Scheiß Krankenhaus! Ich warte hier schon fast eine Stunde darauf, bis mein Freund mit dem Fledermaus-Flair endlich fertig wird, nachdem ich fast zwei Stunden warten (und mir einen Vorwurf nach dem anderen anhören) musste, bevor er überhaupt drankam! Ich bring sie alle um! Jeden einzelnen von ihnen! Besonders diesen Arzt, der zuerst die verkackten, nervenden Kinder mit ihren noch verkackteren Müttern drannimmt! Es geht hier immerhin – laut Konomi – um Leben und Tod (und in Anbetracht meiner Laune, ist das nicht nur so eine dahergelallte Floskel)!

 

 

Vertieft in eine vier Wochen alte Weiberzeitschrift bemerke ich zunächst nicht, wie sich die Tür zum Untersuchungsraum öffnet und sich jemand demonstrativ mit verschränkten Armen vor mich stellt. Nach einem Räuspern, welches mir den Artikel über die neuesten Make-Up-Trends versaut, linse ich über den Rand der Zeitschrift und erblicke einen weißen Kittel: der Arzt, na endlich!

Nachdem Die Bunte ihren Weg unsanft wieder zurück zu Bild der Frau & Co. gefunden hat, will ich mich ächzend erheben – bereits eine Beleidigung auf den Lippen. Doch der Typ steht so dicht vor mir, dass ich gar nicht aufstehen kann!

Etwas überrumpelt schaue ich zu ihm hoch: vor mir steht ein Mann mit kurzem schwarzen Haar, einem kleinen Kinnbart und Ohrringen – und er sieht verdammt müde und wütend aus ...und irgendwie um Beherrschung bemüht. Der Ausdruck in seinem Gesicht, lässt mir fast das Blut in den Adern gefrieren.

 

Seine von dunklen Ringen umgebenen Augen fixieren mich mörderisch. „Sind Sie Mister Eustass?“

 

„..Nein.“, mein Überlebensinstinkt war schon immer enorm ausgeprägt.

 

„Mein Patient dachte sich schon, dass Sie so etwas sagen.“ Oh, oh. „Und er sagte auch, dass ich hier nur einen geschminkten, rothaarigen Teufel vorfinden würde.“

 

Das Kompliment schmeichelt mir zwar sehr, aber trotzdem: „Der ist gerade gegangen. Mein Haar ist eigentlich orange, das liegt an dem Licht hier, wissen Sie.“

 

„Sie halten sich wohl für sehr witzig, was, Mister Eustass?“ Seine Stimme ist dunkel und betont ruhig. Er hat anscheinend keine Große Lust auf dämliche Spielchen.

 

„Ganz ruhig, Krankenschwester!“ Möglichst lässig lehne ich mich in meinem Sitz zurück. „Holen Sie lieber mal den Arzt, ich hab Kopfschmerzen.“, erntet er ein amüsiertes Grinsen.

 

„Steht vor Ihnen.“ Er besieht sich (da Arzt wohl bloß aus Berufszwang) mein Gesicht und entscheidet  anscheinend klammheimlich, dass meine Schmerzen schon nicht so schlimm sein können. Meine Beleidigung ignoriert er gekonnt - fast so, als hätte er noch was Besseres als so eine billige Gemeinheit in peto. „Fahren Sie einen roten BMW, Mister Eustass?“

 

„Nein.“

 

Er grinst bedrohlich. Dann beugt er sich etwas zu mir herunter. In dieser devoten Position, ihm so ausgeliefert, fange ich langsam an, mich unwohl zu fühlen. Er sieht mich direkt an und zu allem Überfluss habe ich Mühe, nicht zur Seite zu schauen. „Lügen Sie mich nicht an. Ich bin heute Nacht der einzige behandelnde Arzt hier.“, warnt er mich. „Also, fahren Sie einen roten BMW, Mister Eustass?“

 

„N-nein.“

 

Mein Gegenüber stützt sich mit einem Arm an der Lehne meines Sitzes ab und beugt sich so noch tiefer zu mir herunter, näher an mein Gesicht. Seine gebeugte Haltung wirft einen Schatten auf mich, beinahe so, als hätte er mich eingefangen.

...meine devote Lage passt mir ganz und gar nicht. Vorallem nicht, als sich sein Blick noch weiter verfinstert und irgendwas an seiner Stirn heftig anfängt zu pochen. „Als Sie auf den Parkplatz - volltrunken wohlgemerkt - gefahren sind, haben Sie da vielleicht ein Auto angefahren und sind danach einfach daneben stehen geblieben, Mister Eustass?“

 

Oh, oh. Da war was. Beim eleganten Einparken habe ich beim Versuch, Konomi, der von hinten versuchte, mich zu erdrosseln, loszuwerden, tatsächlich jemanden gestreift. Fürsorglich, wie das nun mal so meine Art ist, habe ich mich natürlich nicht weiter darum gekümmert, sondern war bemüht, den Schwerverletzten sicher hierher zu geleiten.

Und so dankt dieser Wichser mir? In dem er mich an den offensichtlichen Besitzer, der rein zufällig auch noch Arzt in diesem Krankenhaus ist, verpfeift?!

 

„N-nein?“

 

Der Kerl stützt sich wieder auf und wendet sich an die Frau bei der Anmeldung. „Shalia, rufen Sie die Polizei.“ Dann macht er Anstalten, wieder im Untersuchungsraum zu verschwinden. Ich werfe einen Blick zu der Tussi, die schon den Hörer in die Hand nimmt.

 

Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss! Mit wenig Lust auf Gefängnis und noch weniger Lust auf mehr Zweisamkeit mit alten, notgeilen Weibern, sprinte ich zur Anmeldung und reiße der Frau das Telefon aus der Hand. „Sie rufen niemanden an!“, knurre ich finster.

 

Sie scheint tatsächlich eingeschüchtert und blickt Hilfe suchend zum dem Arzt, der sich nach meiner lautstarken Aktion wieder zu mir umdreht und ruhig – bedrohlich ruhig – fragt: „Können Sie den Schaden bezahlen, Mister Eustass?“

 

„Uhm.... nein...?“

 

Der Schwarzhaarige will gerade zu einer wenig erfreulichen Erwiderung ansetzen, als „Hey, Law! Die aus der Chirurgie wo-“ irgend so ein Typ, der gerade durch den Gang läuft, stoppt, als sein Blick mich streift. Zunächst scheint er etwas verwirrt zu sein, dann überrascht und schlussendlich wütend. Nicht zu wissen, wer der Vogel ist, der da gerade so empört mit dem Finger auf mich zeigt, nervt.

 

„Das ist ja wohl nicht zu fassen! Eustass Kid! Du widerlicher Bastard! Was hast du hier zu suchen?!“ Wie war das gerade?!

 

„Wie war das gerade?!“ Woher zum Geier weiß der Pinguin, wie ich heiße?! Moment mal... Pinguin? Mit gereizten Blick mustere ich ihn genauer.

 

„Wie ich sehe, hast du bekommen was du verdient hast!“, spielt er auf mein Veilchen (und wohl auch meine komplett mitgenommenes Äußeres) an. „Wie lebt es sich denn so unter all den alten Leuten, hä?!“

 

Dann, plötzlich, fällt es mir wie Schuppen von den Augen: dieser Pinguin (auf seinem Namenschildchen steht Penguin und er ist anscheinend Pfleger hier im Krankenhaus) ist der Penner, der mich angezeigt hat und dem ich meine neueste Freizeitgestaltung zu verdanken habe! Damals hat er eine Mütze mit der Aufschrift seines Namens (und ich hoffe, er wurde in seiner Kindheit deswegen nicht schon zu oft gehänselt, sonst hatten meine Beleidigungen eindeutig ihre Wirkung verfehlt) getragen. Diesmal bring ich ihn um!

 

Dieser Law sieht den Spinner mit hochgezogener Augenbraue an. Dann klärt mein Peiniger ihn auf: „Das ist der Bastard, der mir die Nase gebrochen hat!“

 

Ich lache. „Kann dich beruhigen, Kleines. Du siehst immer noch genauso scheiße aus wie vorher!“ Wie erwartet, regt sich der Pinguin tierisch auf und will auf mich losgehen, wird aber von dem Arzt zurückgehalten.

 

„So, so.“ Mein Lachen verstummt, als der Arzt dem Pfleger plötzlich zur Beruhigung (!) den Arm verdreht (!!), damit dieser endlich Frieden gibt. Sein finsterer Blick trifft mich erneut und ich schlucke. Hab ich da gerade richtig gesehen?!

 

„Sie haben also meinem Freund nicht nur die Nase gebrochen und ihn beleidigt, sondern sind auch betrunken in sein Auto gefahren, Mister Eustass?“ Doppel-Oh, oh.

 

„Nein... ?“

Der Chirurg des Todes

Hallo ihr Lieben, es geht weiter! :3
 

Zunächst möchte ich mich für die lange Wartezeiten entschuldigen (leider kann ich auch keine Kürzeren garantieren, da Prüfungen anstehen )': ) und mich natürlich ganz, ganz herzlich für die vielen lieben Kommis und Favo-Einträge bedanken!! Es freut mich riesig, dass dieser Unfug so gut bei euch ankommt. Das Schreiben an dieser FF macht auch tierischen Spaß :DD
 

Nun aber viel Spaß mit dem neuen Kapitel! Über Feedback jeglicher Art würde ich mich sehr freuen :))
 


 

Der Chirurg des Todes
 

 

 

Es stellte sich heraus, dass der wohl blutrünstigste Arzt der Welt (das knallharte Kühlpad für mein geschwollenes Auge wurde mir sehr unsanft an die Stirn geklatscht) mit Pinguin und Troll ganz dolle befreundet ist. Und wie gute Freunde das nun mal so taten, hatte der Pinguin dem Metzger sein Auto geliehen, damit dieser pünktlich zur Nachtschicht kam.

 

Und so nahm der Teufelskreis seinen Lauf – mal ganz von Anfang:

 

Ich hatte den Pinguin vor ca. drei Wochen verprügelt – hier noch einmal: selbst verschuldet! -, wurde angezeigt und  von der obersten Instanz meines Schicksals (mittlerweile tierisch von mir genervt), zu Sozialstunden in einem Heim für seit Jahrzehnten untervögelte Weiber verdonnert. Vollstrecker Sengoku hatte ganz zufällig gute Kontakte zur Chefin des Zombietrackts und hatte mich ausführlich und intensiv darüber aufgeklärt, dass dies meine allerletzte Chance sei, den Pfad des Guten einzuschlagen. Andernfalls würde ich, aufgrund mangelnder mich zur Aufnahme bereiter Einrichtungen, im Knast landen. Das dort in den vier Tagen Erlebte war wirklich... - okay, ich schweife ab. Zurück zum Thema: Der Troll, unter dessen Fuchtel ich gegeben wurde, war, wie bereits bekannt, eng mit Pinguin befreundet und spätestens seit jetzt war ich mir sicher, dass dieser Bastard mich auf Anweisung meines Peinigers extra quälte (mit offensichtlicher Freude, wohlgemerkt)!

Wie dem auch sei. Alles ja einigermaßen erträglich (die beiden haben keine Ahnung, was sie erwartet, wenn ich mit der Strafe fertig bin! - und nein, ich habe nichts daraus gelernt), würde ich nicht gerade wie bei einem Verhör in einem schlechten Film an einem Tisch im Materialzimmer (zumindest sieht es aufgrund der unheimlichen Gerätschaften hier drin, die mich wohl einschüchtern sollen, danach aus) der Krankenhausstation sitzen, vor mir Pinguin und sein anderer toller Arzt-Freund, neben dem er auf einmal ganz mutig ist.

 

Auf meine Frage hin, wie der Verdacht, ich hätte besagte Schrottkarre (und das ist sie schon vor dem Crash gewesen!) angefahren, denn überhaupt zustande kam, wurde mir jediglich erzählt und nach mehrmaligen Abstreiten meinerseits schließlich auch vor Augen geführt (wortwörtlich), dass der sadistische Metzger vom Behandlungsraum aus einen prima Blick auf den Parkplatz hatte. Und wunderbar deutlich zu erkennen war natürlich mein signalroter BMW (die Taktik, den Besitz daran abzustreiten schlug fehl, nachdem mich mein Fahrzeugschein und Nummernschild überführt hatten), ein wenig dahinter die demolierte Schrottmühle der Gegenseite. Auf meine Wenigkeit geschlussfolgert wurde schließlich, als Konomi nach seiner Behandlung (nach eigener Aussage sehr schmerzhaft, der Doc sei nicht sehr zimperlich gewesen und hätte nur bedingt betäubt. Anm.: Die Wunde musste mit sieben Stichen genäht werden und jetzt im Nachhinein genieße ich jeden von ihnen) auspackte, um sich bei mir zu rächen.

 

Ist das der Dank? Der Dank eines guten Ex-Kumpanen (auch ich habe gute Vorsätze für die Zukunft)? Dafür, dass man ihm das verfluchte Leben zweimal gerettet hat?! Wohl kaum!! Der Typ ist tot!! ..und der besitzt auch noch die Frechheit, im Gang zu sitzen und darauf zu warten, von mir nachhause kutschiert zu werden! Der ist sowas von dermaßen tot!!

 

Zurück zum Unfall: Die Indizien waren (mal wieder) eindeutig und ich gestand alles. Allerdings sah ich nicht ein, den Schaden zu bezahlen. Und so ging das Spielchen munter weiter: Pinguin pochte auf Fahrerflucht, ich auf Falschparken und Notfall mit Bezug auf Leben und Tod. Und eine Krankmeldung für Montag.

 

 

„Nun, Mister Eustass.“ Der junge Arzt spricht im angsteinflösenden Kontrast zu seinem mordgeifernden Blick erstaunlich ruhig und höflich. Er fixiert mich und ich rechne jede Sekunde damit, dass er mich gleich anfällt - und das nicht auf die Art und Weise, die ich vielleicht gerne gehabt hätte. Doktor Trafalgar sieht nämlich gar nicht mal so schlecht aus. „Was meinen Sie denn, wie wir dieses Problem nun lösen?“

 

„Ich kenne das nur so, dass der Arzt einen Standardwisch unterschreibt, den ich dann beim Chef abgeben muss, um zuhause bleiben zu können. Ganz einfach.“ Ich grinse herausfordernd und belustigt.

 

An seiner Stirn fängt es verdächtig an zu pochen und der Griff um seinen schon vierten Becher Kaffee verkrampft sich, so dass das widerliche Gebräu fast überschwappt. Der Moment ist nur ganz kurz, dann hat er sich wieder im Griff.

 

Na also, geht doch, bis jetzt habe ich noch jeden aus der Fassung gebracht und bei ihm hier ist das gar nicht mal so einfach. - Bei solchen Freunden bräuchte ich auch Nerven aus Stahl..!

 

Er starrt mich finster an. Mein Grinsen wird breiter und ich lecke über die aufgerissene Stelle an meiner Unterlippe. Er hält meinem provokanten Blick erstaunlich gut stand. So sehr, dass es mir langsam schwer fällt, nicht wegzugucken.

Dann betrachtet er mich genauer - sehr genau, lässt seinen Blick an mir hinab wandern, hält jedes Detail an mir fest.

Ich muss wohl echt scheiße aussehen: die signalroten Haare stehen und hängen wirr von meinem Kopf, die Fliegerbrille baumelt inzwischen an meinem Hals (das Ding drückt zu sehr auf die sich anbahnende Schwellung), das Veilchen bekommt immer mehr Farbe, Kajal und Lippenstift sind verschmiert und ich wage mal zu behaupten, dass ich dezent nach Alkohol und muffiger Absteige, gemischt mit Krankenhaus und Schweiß, rieche. Gut okay, ich stinke wirklich widerlich.

 

Langsam aber sicher wird seine Inspektion unangenehm. Ich knurre und wende den Blick auf das Kühlpad vor mir auf dem Tisch (es ist einfach zu kalt, also habe ich so getan, als hätte ich es aus Coolnes – haha, was ein Wortspiel! - und nicht aus Weinerlichkeit dahin gelegt). „Was glotzt du denn so?“, murmele ich kam hörbar verunsichert und schiele zu ihm hin. Fast kommt es mir so vor, als hätte er mich eben gnadenlos unverschämt abgecheckt.

 

Diesmal grinst er verhohlen. „Sie sind wohl ein kleiner Witzbold, was, Mister Eustass?“ Seine Stimme nimmt einen merkwürdigen Ton an (nicht, dass sie bis jetzt besonders vertrauensvoll geklungen hätte). Er faltet die Hände auf dem Tisch und lehnt sich nach vorne. „Allerdings sollten Sie aufpassen. Sie sind sicherlich sehr daran interessiert, die ganze Sache ohne Polizei zu regeln, die bei einer Nichteinigung hinzugezogen werden muss. Sie sind vorbestraft, leisten Sozialstunden ab und sind volltrunken mit einem Verletzten hierher gefahren, wobei Sie ein Auto beschädigt haben, nach dem Sie aktiv an einer Kneipenschlägerei beteiligt waren (der Pinguin murrte abwertend). Wollen Sie das ganz offiziell klären lassen, Mister Eustass?“ Wie gesagt, die Indizien sind eindeutig.

 

Ich sitze in der Falle. Den Schaden kann ich nicht bezahlen und der Versicherung melden erst recht nicht (die Monatsbeiträge kratze ich ja jetzt schon aus den letzten Reserven zusammen – wenn überhaupt). Entweder poche ich noch weiter auf Falschparken der Gegenseite und muss meine Theorie vor einem Polizeibeamten belegen (den der Pinguin bei meinem Glück wahrscheinlich auch noch kennt) oder ich muss tun, was in einer aussichtslosen Situation eben getan werden muss...

 

Der Pinguin räuspert sich ungeduldig, aber zufrieden. Auf meinen murrenden Blick grinst er nur überheblich. Er ist tot.

 

Nun gut. Mir bleibt also nur noch diese eine Möglichkeit, um meinen Arsch zu retten  (und endlich nach hause zu kommen - inzwischen ist es schon halb acht Uhr morgens und ich bin müde)! Verzweifelte Tatsachen erfordern eben verzweifelte Maßnahmen: Ich fiange an zu drohen was das Zeug hält! (Habt ihr tatsächlich gedacht, ich würde betteln? Schämt euch!)

 

Pinguin zetert, plärrt und droht schließlich zurück. Beide stehen wir nun da und keifen uns über den Tisch hinweg an. Der Arzt schlürft in aller Seelenruhe seinen Kaffee zuende, dann zerknautscht er den Becher und pfeffert ihn dem Pinguin an den Kopf (sind die überhaupt wirklich befreundet?). Noch bevor ich meinen Triumph über seinen Parteiwechsel überhaupt begreifen kann, packt er mich am Kragen und wirft mich gezielt mit dem Rücken auf den Tisch. Überrascht keuche ich auf „Was zum-“ und habe ein Skalpell vor der Nase. Ich schlucke und breche innerlich in Panik aus, als er es tatsächlich seitlich unter meinem Kinn ansetzt.

 

In seinem Gesicht kann ich deutlich sehen, wie müde, gereizt, überarbeitet, genervt und überdurchschnittlich bereit er ist, das alles an mir auszulassen. Anscheinend kommt er mit Rüpeln wie mir, die keinen Nerv auf sein auch noch nach dem x-ten Mal bemüht ruhiges, höfliches Getue haben, nicht klar.

 

Seine Lippen verziehen sich mordlustig. „Ich bin Chirurg, Mister Eustass.“ Nun hat seine sonst eigentlich recht angenehme Stimme nicht mehr diesen ruhigen Ton, sondern lässt deutlich den sonst so gut weggesperrten, blutrünstigen Psychopathen hören. „Sogar ein sehr guter Chirurg. Es wäre so einfach, Sie hier und jetzt zu töten. Ich könnte Sie ganz leise und schnell sterben lassen. Oder ich schneide zuerst die Stimmbänder durch – ist nur ein ganz kleiner Schnitt – und schneide Sie danach in kleine, kleine Stücke. Oder ich ziehe Ihnen die Haut bei lebendigen Leibe ab, nachdem ich Ihnen die Nerven für Hände und Beine durchtrennt habe und Sie sich nicht mehr wehren können.“ Er betrachtet mich lüstern, lässt seinen Blick diesmal auch an meinem Körper hinunterwandern. Dann raunt er mir zu: „Oh ja, das würde mir gefallen.“ - Er hat mich wirklich abgecheckt.

 

Der Pinguin räuspert sich (dieses Verhalten von seinem Freund wohl schon gewohnt) und ich habe Angst, der Psychopath über mir könnte bei diesem Geräusch zucken und mich aus Versehen wirklich aufschlitzen! Doch anscheinend ist er ganz Profi, seine Hand mit dem Skalpell an meiner Halsschlagader bleibt ruhig.

 

Ich habe tierischen Schiss und traue mich nicht, auch nur einen Mucks von mir zu geben, geschweige denn zu schlucken. Und der verfluchte Pinguin steht da bloß rum und hilft mir selbstverständlich nicht (haben diese blöden Ärzte und Krankenschwestern nicht von Natur aus dieses übertriebene Helfergen in sich, egal bei wem?!)! Obwohl... das Räuspern scheint ja die Gemetzelgelüste meines Peinigers etwas abgeschwächt zu haben. Egal, tot ist er trotzdem!

 

Der Schwarzhaarige sieht mich an, diesmal nicht ganz so voller kranker Neigungen zu kranken Dingen, die einem als Arzt eigentlich nicht gefallen sollten. „Hören Sie zu, Mister Eustass.“

 

Kurz überlege, ob ich es mir erlauben könnte, vor Angst zu heulen, entscheide mich aber in letzter Sekunde dagegen: viel zu gefährlich! Immerhin könnte die Vibration meiner Kehle dafür sorgen, dass das scheiß Skalpell an meinem Hals zuschneidet (und nein, mein Stolz interessiert mich im Moment wirklich nicht – hier geht es um Leben und Tod!).

 

„Ich habe auch kein Problem mit Sterbehilfe. Also-“

 

„Laaa~aaw.“, meldet sich Pinguin mahnend zu Wort.

 

Der Todesmetzger knurrt genervt aufgrund der Unterbrechung. Dann atmet er tief durch und hat sich wohl einigermaßen gesammelt. Einigermaßen. Nun streicht er mit dem Skalpell über meine Wange und sieht mich liebselig an. „Sie werden den Schaden bezahlen, völlig egal wie. Verstanden, Mister Eustass? Sicherlich haben Sie genug Kontakte zu zwielichtigen Kreditgebern. Und wenn Sie das Geld dann nicht mehr zurückzahlen können, kommen Sie einfach wieder her. Wie gesagt, ich habe kein Problem mit Sterbehilfe und bin ein wirklich ausgezeichneter Chirurg.“

 

Ein verdächtiger Rotschimmer legt sich auf meine Wangen und meine Augen werden langsam gefährlich feucht. Eingeschüchtert und völlig verängstigt will ich nur noch eins: wie ein kleines Mädchen heulen! Das ist doch kein Arzt! Der Typ ist ein psychopathischer Killer!

 

„Und, bestehen Sie jetzt immer noch auf eine Krankmeldung, Mister Eustass?!“, zischt er gefährlich und drückt mir das Skalpell wieder an den Hals. Ich traue mich nicht den Kopf zu schütteln, also mache ich einem scheuen Reh mit Kulleraugen alle Ehre und presse ein leises „N-hn.“ hervor. Mister Eustass- ich meine Kid, reiß dich am Riemen! Du heulst erst draußen!!

 

Er lächelt lieb und zufrieden. Nur der Schalk in seinen dunklen Augen lässt darauf schließen, dass die Bestie noch nicht ganz wieder weggesperrt ist und wie sehr ihm das hier gefällt.

 

 

 

Wütend, gedemütigt, einen Heulkrampf später und voller Hass jegliche Art von Mordplänen schmiedend, stapfe ich mit Wehleidig-Konomi im Schlepptau zu meinem Auto. Das überlegene, belustigte und höchst zufriedene Gesicht des Pinguin hat sich in meine Seele gebrannt – der kann sich gleich auf die nächste Tracht Prügel gefasst machen!!

...genau so sehr hat sich auch das psychopathische, mordlustige Gesicht des Todeschirurgen in meine Seele gebrannt und bei dem Gedanken an diesen Killer läuft es mir eiskalt den Rücken runter.

 

Apropos Killer... wie heißt es so schön? Man soll den Feind – also den Pinguin – mit seinen eigenen Waffen schlagen! Immerhin habe auch ich einen Killer in petto! Ich muss ihn nur noch aus dem Kittchen rausholen, ha!

 

An meinem Auto angekommen, erblicke ich dann tatsächlich die Erleuchtung: „Parken verboten“ steht dort auf einem Schild vor dem Eingang der Notaufnahme, vor der die Schrottmühle steht! Und mein Auto – Gott sei Dank etwas weiter abseits – steht in der zum Parken vorgesehen Markierung „Nur für Notfälle“!

 

„Aaaahahahahahahaa!!“, verlässt eine verrückte, markerschütternde Lache meine trockene Kehle. „Das Spielchen ist noch nicht vorbei!! Ahahahahahaaa!!“

 

„Kid, was auch immer in deinem kranken Schädel vor sich geht: Halt's Maul und fahr uns jetzt endlich nach hause!!“, beschwert sich der Batmanverschnitt in Netzstrumpfhosen neben mir.

Plan B

Plan B

 

 

Lieblos werden halb leere Teller übereinander geklatscht und achtlos auf den klapprigen Servierwagen verfrachtet, welcher schon komplett eingesaut ist, weil nicht eingesehen wird, die Essensreste in dem dafür vorgesehen Müllbeutel zu entsorgen. Das Geschirr scheppert, klirrt und zerbricht auf dem holbrigen Weg aus dem Hinterhof in die Küche.

Einige von diesen ausgetrockneten Mu- ich meine, Frauen, beschweren sich sogar, sie wären mit dem Essen noch nicht fertig. - Ist mir alles scheißegal!

 

Heute ist in der Leichenhalle für Lebende eine verschissene Gartenfeier! Und niemand anders als der große Eustass Kid hat die Ehre, den scheiß Abräumer zu spielen!

 

Die scheiß Schürze, die mir aufgebrummt wurde, lässt mich frösteln. Immerhin ist es Herbst und alles andere als warm (ich bin mir bis heute sicher, dass die Wächter der Toten das mit Absicht um diese Jahreszeit machen, damit die alten Säcke vor Kälte endlich abkratzen!) und zu allem Überfluss masakriert mich auch noch ein hammer Schädel von gestern.

 

...Es ist Samstag. Samstag! Darauf wurde natürlich keine Rücksicht genommen und Billy the Kid... äh, ich meine, der liebe Kid, zum Dienst quittiert. - Der Troll ist tot!

 

Alles ist fröhlich und happy (bis auf mich!), lustige Gute-Laune-Schlager-Musik, überall Sanitäter für den Fall der Fälle, Grill, zuckerfreie Getränke, eine Girl-Band ab 70+ und sogar ein Gewinnspiel sollen diesen Tag unvergesslich machen. Natürlich dürfen auch Leute von außerhalb kommen. Was bedeutet, dass die ganzen alten notgeilen Weiber ihre ganzen alten notgeilen Zeitungs-, Brief- und Internet(!)bekanntschaften - also mit Viagra vorbereitete alte Säcke und nicht die Familienangehörigen! – eingeladen haben, um zu flirten (und andere Dinge, die ich mir nicht ausmalen kann zu tun) was das Zeug hält. Und es ist verdammt nochmal Samstag!

 

Ich stoße den Servierwagen, der seine besten Jahre schon lange hinter sich hat, scheppernd vorneweg in die Küche (er kollidiert natürlich mit der Arbeitsfläche und verliert zu allem Überfluss auch noch einen Teil seines Gepäcks) und werfe mich müde und zermürbt auf einen Hocker, lege meinen pochenden Schädel auf dem davor stehenden, wohlkühlenden, Tisch ab. Einzig und allein meine  bevorstehende Samariter-Tat hält mich noch auf den Beinen: Ich werde dieses Gott verdammte Haus abfackeln und den ganzen alten Arschgrabscherinnen (und dem Troll) die Wartezeit auf die Hölle verkürzen!

 

„Mister Eustass!“ ... Mister Eustass. Oh, oh. Das ist doch nicht etwa...

 

Mein Kopf schnellt ruckartig hoch und ich drehe mich um – auf alles vorbereitet und mir zehn Ausreden gleichzeitig einfallen lassend.

 

Der Vorfall (wie ich das ganze Szenario hasserfüllt nenne) ist jetzt eine Woche her und der Schaden wurde natürlich noch nicht bezahlt (entsprechend genießt der künftige Aschehaufen-Troll, der darüber selbstverständlich genaustens informiert wurde, seine Macht über mich noch mehr), immerhin hat die Gegenseite ihr Auto falsch geparkt und trägt eine erhebliche Mitschuld.

 

Neben den Alpträumen (zumindest hoffe ich, dass es Alpträume waren. Warum sonst sollte man von einem Ich-betreibe-aktive-Sterbehilfe-Arzt träumen?!) leide ich zum Glück nur an leichten Paranoia: Ich habe Glück, es ist nicht der Chirurg des Todes, sondern die Schwester der Oberbefehlshaberin der hier ansässigen Zombie-Streitkräfte (im Übrigen die Einzige, die eine Familienangehörige eingeladen hat). Gemeinsam haben sie diesen Trakt hier mal geleitet, bis Kranich (keine Sorge, kein liebevoll ausgedachter Kosename; die heißt wirklich so - die Schwester) zu alt wurde. Allerdings spielt sie sich hier immer noch wie die Chefin auf.

 

„Sitzen Sie hier nicht so faul rum sondern räumen das Geschirr gefälligst auch weg!“ Oberbefehlshaber Kranich hat gesprochen. Und Rekrut Eustass gibt gehorsam Widerworte.

 

Nachdem Rekrut Eustass jedoch beinahe ein Arm ausgekugelt wurde, räumte er unter den wachsamen Augen des Drill Instructor Kranich einarmig und unter Schmerzen (!) die Spülmaschine ein.

 

Fieberhaft spiele ich alle Varianten durch, wie ich eine Anzeige wegen versuchten Mordes (oder Beeinträchtigung der Psyche) durchbringen könnte. Am besten gleich gegen das ganze Irrenhaus hier!

 

 

Grilldienst. Das Fleisch wird freudig massakriert, nachdem ich die verfluchten Lose für das gefakte Gewinnspiel (mit individuellen Grüßen alias Eustass Kid, hehe) falten und verteilen durfte. Ob ich die Spezialmarinade alá 'Gestern mitgehen gelassener Abführmittel' (hey, das Essen hier in der Kantine macht einen völlig fertig, okay?!) jetzt schon oder erst später draufmachen soll? Das Tropfenzeug (Tabletten sind aufgrund Verschluckungsgefahr hier zu gefährlich) befindet sich noch von gestern in der Hosentasche und es würde auch überhaupt nicht auffallen. Aber ich darf meine gute Tat nicht vergessen (ich habe wirklich vor, das Gefängnis hier niederzubrennen! Entsprechendes Material wird auf Kommando von meinen Lakaien geliefert), also verstaue ich das Fläschchen als Plan B (sollte einer meiner Unterwürfigen auf die Idee kommen, mir nicht Folge zu leisten – was angesichts meinem momentanen Verhältnis zu Konomi durchaus nicht auszuschließen ist) wieder in der Hose.  Meine Meinung ändert sich schlagartig, als ein schadenfroh grinsender Troll in meinem Blickfeld auftaucht und Richtung Grillstand einschlägt: geübt packe ich das Zeug aus und kippe den Inhalt unbemerkt auf ein paar fertig marinierte Steaks, bevor sie Bekanntschaft mit dem Grillrost machen.

 

„Hey, Billy the Kid! Schlägst dich ja ganz gut, wie ich sehe!“ Er hält mir frech einen Teller hin. „Einmal gut durch bitte.“

 

„Troll dich! Hast du keine magischen Ringe mehr mit deinen Gefährten zu suchen?“

 

„Sorry, mit Hobbits kann ich schon länger nicht mehr so gut.“

 

„Hast es jetzt wohl auf die alten Säcke ála Gandalf abgesehen oder wie?“ Als fleißiges Pflegerlein lassen sich die Angestellten diese freiwillige Pflichtveranstaltung natürlich nicht entgehen. Schadenfroh klatsche ich ihm, nach weiteren, minutenlangen Sticheleien, das halbfertige Fleisch auf den Teller.

 

„Ja, vorallem der Waschdienst macht mich verdammt heiß! Nächste Woche darfst du auch mal die Vorzüge dieses innigen, intimen Erlebnisses genießen.“ Er grinst dämlich über seinen angenommenen Sieg und macht Anstalten abzuziehen. Reflexartig ramme ich ihm meinen Grillspieß ins Fleisch und hindere ihn daran. „Nie. Im. Leben. Wasche. Ich. Alte. Leute!“

 

Unbeeindruckt von meiner durchaus gefährlichen Ansage, zieht er den Spieß einfach aus dem Fleisch und geht etwas auf Abstand (natürlich aus Ehrfurcht!). Wie der leibhaftige Teufel halte ich ihm, in Schürze, den Spieß immer noch erhoben und einsatzbereit entgegen. Fehlt nur noch der rote Schwanz, meine roten Haare gehen wohl gerade noch so als Hörner durch.

 

„Ich kann dich beruhigen. Nach dem dritten Mal wird es fast zur Routine.“ Entgegnet er todesmutig. Dann macht er sich davon, um den anderen Leuten hier auf den Sack zu gehen und ich hatte wirklich alle Mühe, ihm den Grillspieß nicht hinterher zu werfen! Der Typ kann sich auf den schmerzvollsten Tod aller Zeiten gefasst machen! ...Innerlich schreibe ich einen weiteren Punkt auf meine sich zuhause befindende „Troll-Mordplanliste“: 'Nach dem Verbrennen, die Asche gleich nocheinmal verbrennen, um jegliche Möglichkeit von lebenden Überresten auszuschließen!'

 

„Hallo, Mister Eustass.“

 

...

 

...

 

... Oh, oh. Ist das vielleicht wieder...? Nein. SO spricht nur einer meinen Namen aus...!

 

Ein Kampf zwischen Schweißausbrüchen und Panik beginnt in mir zu toben. Alle mir so sorgfältig zurechtgelegten Ausflüchte für den Fall der Fälle sind auf einmal weg. All die grausamen, erlebten Bilder und Ängste, die Alpträume, spielen sich vor meinem inneren Auge ab. Mein Herz schlägt wie wild und ich fange an, mein Leben in Sekunden, wie in einem Zeitraffer, an mir vorbeirauschen zu sehen (leider sind es nur wenige Abschnitte, die keine Jugendtherapiegruppen, Alkoholausbrüche, Gewalttaten oder Knastaufenthalte zeigen). Schweiß bricht aus und ich danke meiner Eingebung, dass ich mir heute nichts frisches angezogen habe (für die gerade mal zwei Stunden Schlaf hätte sich das nun wirklich nicht gelohnt!).

 

Ich traue mich kaum, mich zu der Stimme herumzudrehen, die all diese Furcht in mir auslöst. Also schiele ich so unauffällig wie möglich zu meiner Linken, den Grillspieß immer noch fest umklammert. Sicher ist sicher.

 

Und da steht er: Dr. Trafalgar Law, der Arzt des Grauens. In Zivil.

 

Diesmal trägt er keinen etwas zu großen Arztkittel, weil der wohl gemütlicher und einfacher über dicke Sweatshirts und Pullover zu ziehen ist, sondern einen gelb-schwarzen Pulli mit einem grinsenden, merkwürdig aussehenden Smiley darauf und verflucht enge Jeans. Und eine weiße Wollmütze mit braunen Punkten (WTF?! Bin ich denn echt nur von Leuten umgeben, die keine Ahnung von Stil haben?!). Dunkle Ringe liegen unter seinen Augen und lassen ihn müde und gleichgültig aussehen. Allgemein ist seine Körperhaltung kaum angespannt und er wirkt recht lustlos, als wäre das hier bloß ein Höflichkeitsbesuch (ich glaube kaum, dass er hier ist, um heiße Weiber aufzureißen). Sein Blick klebt an mir und ich schaffe es, mich einigermaßen lässig zu ihm umzudrehen.

 

„Wie geht es Ihnen?“

 

Beschissen. „Beschissen.“ Ich war noch nie der Typ, der seine Gefühle im Zaun hält. Aber dass ich Angst- ...ich meine Respekt!, habe, behalte ich lieber für mich. Reiß dich verdammt nochmal zusammen!

 

„Oh.“, er zieht überrascht die Augenbrauen hoch, so als wäre es ihm nie in den Sinn gekommen, jemals auf eine Höflichkeitsfrage keine Höflichkeitsantwort zu bekommen. Dann grinst er amüsiert und sieht mich direkt an, heftet seine dunklen, stahlgrauen Augen an meine.

 

Noch halte ich seinem Blick stand. Merkwürdigerweise fängt das Gefühl, dass er mich jeden Moment mit einem Skalpell anspringen könnte, langsam an zu verfliegen. Trotzdem bleibe ich wachsam. Solche Psychopathen haben bestimmt immer irgendwo eine Todesspritze versteckt!

 

„Schon witzig, dass Sie ausgerechnet hier Ihre Sozialstunden ableisten, bei Shachi. Die Welt ist wirklich klein.“ Die Anspielung kapiere ich sofort. Der Todeschirurg ist sich wohl ebenfalls darüber im Klaren, dass Shachi, alias Troll, seine Rolle aufgrund Anstachelungen vom Pinguin um Einiges mehr als sonst genießt.

 

„Ha, ha! Pfeif' dein Hündchen lieber zurück, Krankenschwester! Trolle bekommen mir nicht so gut.“

 

„Sie haben den Schaden noch nicht bezahlt.“ und schon ist der Hauch von Siegessicherheit wieder weg. „Haben Sie denn das Schreiben von der Versicherung nicht erhalten?“

 

„Nein.“

 

„Sie antworten sehr aprubt, Mister Eustass. Fühlen Sie sich ertappt?“ Mist!

 

„Ich dachte, Ärzte befassen sich nur mit dem Körper und nicht mit der Psyche ihrer Patienten!“ Sehr guter Konter, Kid! Aber angesichts der Tatsache, wer mir hier gegenüber steht, muss ich meine Aussage wohl revidieren. Der Typ kann gar kein richtiger Arzt sein! Wahrscheinlich irgendsoein ausgebrochener Irrer, der sich als solcher ausgibt und keiner merkt's (so wie Zombie damals, als er unbedingt im Zirkus arbeiten wollte. Der Schwindel flog aber auf, nachdem er das komplette Zirkuszelt niedergebrannt hat)!

 

Der Dunkelhaarige grinst verheisungsvoll „Ich besitze bloß eine gute Menschenkenntnis. Zum Beispiel bin ich mir sehr wohl bewusst, dass ich Sie sehr nervös mache, Mister Eustass.“, säuselt er und ich schwitze schlagartig noch mehr. „W-wie kommen Sie darauf?“ Langsam kommt es mir so vor, als würde er mich mit seinen Blicken fressen wollen. Sein Ton wird etwas tiefer: „Das ganze Fleisch verbrennt.“

 

Ich blicke auf den Grill und – tatsächlich! „Shit!“ Mit der blöden Grillzange werfe ich die gleich kaum noch essbaren Steaks auf die andere Seite. Hoffentlich sieht man mir nicht an, dass ich nicht gerade mit einem Grillhändchen gesegnet wurde.

 

„Sie sind wirklich sehr amüsant, Mister Eustass.“, er greift nach einem Teller und mir fällt mein vorgezogener Plan B wieder ein. Ha! Die Nervosität ist weg: jetzt bin ich am Drücker!

 

„Ich möchte gerne ein neues Steak. Ich mag es lieber etwas blutig.“ - Na, das passt ja. Alles andere hätte einen wohl irgendwie auch geschockt...

 

Grummelnd packe ich ein Fleischstück aus der anderen Schale auf den Grill.

 

Eine erdrückende Stille breitet sich aus und nervt mich tierisch. Noch bevor ich das Wort erheben kann, werde ich unterbrochen. „Was haben Sie denn da?“, der Arzt packt sich das Abführmittel, welches unbedacht einfach stehen gelassen wurde, und hält es sich vor die Nase.

 

...Oh Scheiße! Mich selbst verratend starre ich zum Troll, der gerade dabei ist, die fröhlich eigens von mir kreierte Marinade zu essen. Vor meinem inneren Auge fügt sich unaufhörlich die Kette des Grauens zusammen: Troll = Freund von Todeschirurg, Troll erleidet womöglich einen Durchfall, Verdacht fällt automatisch auf mich, Todeschirurg = Freund von Troll. Ich = eh schon unten durch bei Todeschirurg.

 

„Mister Eustass. Sie sehen nicht aus wie jemand, der Verdauungsprobleme hat. Wussten Sie, dass manche Menschen Natriumpicosulfat nicht vertragen?“, fängt er an mit mir zu plaudern. „Unser gemeinsamer Freund Shachi zum Beispiel. Er bekommt davon ganz schreckliche Atemnot und Herzrasen.“

 

Doppelscheiße! ..obwohl, eigentlich alles richtig gemacht, Eustass! Der Impuls loszurennen und dem armen, dahinraffenden Troll das Fleisch aus der Hand zu schlagen, verebbt genauso schnell wie er gekommen ist. Wenn ich bei einem Spektakel dabei sein möchte, dann bei dem langsamen, qualvollen Tod dieser Ausgeburt der Hölle!

 

Scheiße, scheiße, scheiße! Wenn ich aber diese verfluchten Sozialstunden nicht ohne tödliche Zwischenfälle (die Natürlichen von den alten Säcken mal abgesehen) überstehe, lande ich im Knast (besonders wenn die Indizien so klar auf der Hand liegen)! Killer muss mir beim Killen unbedingt Nachhilfe geben...

 

„Einen Moment.“ Wie von der Tarantel gestochen renne ich los (den Grillspieß noch immer in der Hand) und lasse einen dämlich dreinschauenden,  irgendeinen Müll von homöopathischen Alternativen plappernden Arzt, mit Abführmittel in der Hand, stehen.

 

„Troll, halt! Hör sofort auf zu ess-“, wie aus dem Nichts taucht plötzlich die Gehhilfe eines alten Sackes, geschoben von ihrem Besitzer, in meinem Sichtfeld auf – und wird frontal gerammt. Während meinem Sturzflug reiße ich mein Hindernis mit mir zu Boden. Der Grillspieß verfehlt mein Gesicht nur um wenige Millimeter, als er wie aus dem Nichts im Boden landet. Na klasse!

 

Gerade rappele ich mich wieder auf, um dem alten Sack gehörig die Meinung zu geigen (der wohl genau dasselbe mit mir vorhat), als ich ein verdächtiges Geschirrklappern und Krächzten höre. Ich sehe in die Richtung aus der die Geräusche kommen und mein Untergang nimmt seinen Lauf: der dämliche Troll liegt verkrampft am Boden und drückt sich die Faust auf die Brust. Um ihn herum entsteht langsam (die Leute hier sind nicht mehr die Jüngsten) Panik, während er verzweifelt nach Luft schnappt.

 

„Du hast ein scheiß Glück, dass meine Betty nicht kaputt oder verbogen ist, du Flegel!“, werde ich angemacht. Flegel?! Ich hab ja echt schon einiges gehört, aber das...!

Im Begriff, den Alten wegen Hinderung an gewollter Hilfeleistung und fahrlässiger Körperverletzung dranzukriegen (damit ich fein raus bin) rennt auch schon der Todeschirurg an mir vorbei und hastet zu seinem Kumpanen. Er stößt die ganzen unfähigen Sanitäter (dass sind diese Idioten wirklich!) zur Seite und beugt sich über den Sterbenden.

 

„Keine Sorge, Shachi! Alles wird gut!“, ich meine, jetzt wo Trafalgar über das Leben des Trolls herrscht, noch mehr Panik in dessen Augen sehen zu können als ohnehin schon. Dann wird mir auch bewusst, weshalb: äußerst unsanft wird ihm ohne zu zögern eine riesige Spritze in die Brust gerammt und ein markerschütternder Schrei ist über die gesamte Anlage zu hören.

 

„Ach du Schande!“, perplex schaue ich mir das ganze Schauspiel an und kann nicht fassen, dass der dunkelhaarige Arzt jetzt auch noch anfängt, ihm unsanft ins Gesicht zu schlagen, um ihn bei Bewusstsein zu halten, während der Gepeinigte unter Schmerzen um sein Leben röchelt und hustet. Dann gibt er ihm mit ein paar gezielten Fäusten in die Magengegend (ist das denn wirklich nötig?!!) den Rest.

 

Auch wenn vielleicht etwas Mitleid für den armen Pimpf aufkeimen sollte, gibt es davon nicht die leiseste Spur. Ganz im Gegenteil:  all diese schrecklichen Dinge, die mir dieser Wicht angetan hat, all das Leid und der Ekel, welche sich so hartnäckig in meiner geschundenen Seele festgebrannt haben! Und dann das: wie unbarmherzig Trafalgar den armen Körper misshandelt, wie er all diese dämlich gaffenden Sanitäter zusammenstaucht, Shachi endlich in einen Krankenwagen zu verfrachten und den Körper dann kurzerhand selbst unsanft und grob auf die Liege hievt, ihm in eine ziemlich ungesundaussehende, stabile Seitenlage verhilft und ohne groß einfühlsam zu sein, ihm eine Kanüle nach der anderen in die Venen jagt. Balsam für meine Seele!

 

Da ist er: mein Retter, mein Messias, der Mann meiner Träume: Schlächter Dr. Trafalgar Law!

Beweismaterial

Hallooow~ :3
 

Erstmal unendlich vielen, lieben Dank für die positiven Kommentare und die immer weiter ansteigenden Favo-Einträge!! Ihr wisst gar nicht, wie glücklich das macht und wie sehr es puscht, weiterzuschreiben :-**
 

An dieser Stelle möchte ich mich auch dafür entschuldigen, dass ich nicht jedes einzelne Review beantworte... aber ich werde es angehen, versprochen! *bis dahin ein paar Kiddos verteil*
 

Und nun ganz viel Spaß mit dem neuen Kapitel. Es ist zwar diesmal nicht ganz sooo lang, dafür bietet das Nächste aber wieder etwas mehr Lesestoff ;3
 

Natürlich würde ich mich auch weiterhin sehr über Feedback freuen :))


 


 

Beweismaterial

 

 
 

„Haben Sie denn gar nichts dazu zu sagen, Mister Eustass?!“, bemüht beherrscht, aber nicht ganz gekonnt vollzogen, werde ich angefunkelt.

 

„Nein.“

 

„Ihnen ist ja wohl hoffentlich klar, was das für Konsequenzen haben wird?!“

 

„Sie haben keine Beweise.“

 

Gloriosa murrt wütend zu mir herauf. Es ist allgemein kein Geheimnis, dass die Heimleitung darauf brennt, mir irgendwas anzuhängen, was mich um meine Sozialstunden und direkt ins Kittchen bringt. Und es kann ihr wirklich niemand verübeln (ich eingeschlossen). Immerhin bin ich ja nun wirklich keine große Bereicherung für das Personal (für die alten Weiber schon – die kriegen gruseliger Weise nicht genug von dem roten, bösen Kid). Zugegeben, mir geht es ähnlich wie ihr: Ich würde alles tun, um endlich aus diesem Todestrakt auszubrechen. Andererseits habe ich keine Lust, die zwei Tage Test-Knast zu verlängern und somit befriedige ich meine Gehässigkeit damit, dass sie nichts gegen mich in der Hand hat. Ha!

 

„Du hältst dich wohl für einen ganz Schlauen, Bürschchen! Aber glaub mir, ich kriege dich!!“

 

„Miss Gloriosa, bitte beruhigen Sie sich doch.“, mischt sich Bellemere ein. „Shachi ist ja noch am Leben und niemand ist großartig zu Schaden gekommen. (Wenn die wüsste!!) Wie das Abführmittel auf sein Essen gekommen ist, konnte nicht nachgewiesen werden. (Wenn die wüsste!!) Natürlich verstehe ich, dass Ihr Verdacht auf Kid fällt. Immerhin hatte er zu der Zeit Schicht am Essensstand. Aber es hätte genauso gut in seinem Getränk sein können. (Auf die Idee hätte die mich mal früher bringen sollen!!) Außerdem wurden bei Kid ja auch keine Medikamente gefunden. (Wenn ich daran denke, wird mir schlecht).“ Noch ist mir nicht ganz schlüssig, warum dieses Sozial-Mannsweib sich so für mich einsetzt. Entweder kann sie mich ganz gut leiden und will vermeiden, dass ich im Knast lande oder hat einfach keinen Bock mehr auf den ganzen Papierkram mit den Behörden, den ich ihr beschere. „Sie sind doch sicherlich auch daran interessiert, die restlichen Wochen einvernehmlich zu überstehen. Kid ist eben... besonders. Er braucht seine Zeit, bis er sich in einer fremden Umgebung an die Leute gewöhnt hat. Ich betreue ihn nun schon wirklich sehr lange (was auch besonders betont wird) und kann Ihnen versichern, dass er tief in seinem Innern ein kleines verletzliches Kind ist, das nie viel Liebe bekommen hat.“ WTF?!

 

Der Protest ob der lieben Worte will nicht mehr länger warten, wird jedoch mit einer fremden Hand, die grob auf meinen Mund drückt, wieder zurück in die Warteschlange gedrängt. Bellemere lächelt tapfer in diesen sinnlosen Kampf gegen die Wächterin der Untoten.

 

„Miss Bellemere! Wir sind hier wirklich eine sehr aufgeschlossene Einrichtung und bieten Jugendlichen und Leuten wie Kid die Möglichkeit, ihr Leben zu verändern und etwas damit anzufangen! Aber manche Leute wie Kid sind da sehr resistent! Er verträgt sich nicht mit den anderen Angestellten, kümmert sich kaum um unsere Heimbewohnerinnen und wenn, dann so schlecht, dass wir um ihr Leben bangen müssen! Bei aller Liebe, ich habe Mister Eustass genug Chancen gegeben. Am Montag werde ich Sengoku informieren.“ Der Entschluss steht fest.

 

„Und was wollen Sie Sengoku erzählen? Dass Sie den Verdacht haben, Kid hätte jemanden absichtlich beinahe umgebracht? Laut Augenzeugen ist Kid sogar losgerannt, um Shachi zu retten.“

 

„-und hat dabei einen unserer Besucher mit einem Spieß überrannt! Wissen Sie, was da hätte alles passieren können?! Für mich gibt es nur einen Grund, weshalb Mister Eustass losgerannt ist: er wusste nicht, dass Shachi allergisch auf dieses Abführmittel reagiert und wollte nicht wegen Mord an den Pranger gestellt werden!“ Verflucht, ist die Alte gut!

 

„Das klingt ja fast so, als würden Sie Ihrem Schützling um jeden Preis etwas andrehen wollen.“ Bellemere ist aber auch nicht von schlechten Eltern.

 

Beide starren sich über den Schreibtisch der Alten hinweg an. Ich sitze etwas unbeholfen und ungeduldig neben der Rothaarigen auf einem Stuhl.

 

Kurzfassung: Nachdem Shachi, begleitet von meinem Helden, ins Krankenhaus verfrachtet wurde, dauerte es keine Stunde, bis meine Sozialbetreuerin in dem Altenheim auftauchte - sichtlich unamused darüber, dass auch sie an einem Samstag hier antanzen musste und das auch noch ausgerechnet wegen ihrem Liebling Eustass Kid. Gloriosa war außer sich und schimpfte gemeinsam mit dem Kranich auf mich ein. Sie hätten sich ja so viel Mühe mit diesem hübschen Fest gemacht, bla bla bla. Bellemere hatte erreicht, dass wir nun in ihrem Büro saßen (ohne die sich wie der Chef aufspielende Schwester) und das Ganze in Ruhe ohne die ganzen sensationsgeilen Halbtoten auf dem Fest klären konnten.

 

„Ich weiß, Sie machen Ihren Job wirklich gut und kümmern sich mit Hingabe um Ihre (ein Blick auf mich) Schützlinge, aber ich habe meine Vorgaben. Mister Eustass ist heute eindeutig zu weit gegangen. Tut mir leid.“

 

 

Seufzend bläst Bellemere ihren Zigarettenrauch aus. Ich hocke neben ihr auf der Treppe zum Eingang des Trakts und will nachhause. „Kid. Ich glaube dir nicht, dass du es nicht warst. Was ich dir allerdings glaube, ist, dass du nicht wusstest, wie Shachi auf das Mittel reagiert.“ So ganz nebenbei hoffe ich, dass sonst niemand von dem Fleisch gegessen hat. Es wurde ja nicht nur Trolls Stück bearbeitet...

 

Sie zieht noch einmal an ihrer Zigarette, bevor sie weiterspricht: „Ich hoffe, du hast daraus gelernt. Gloriosa und ich müssen die Meldung beide unterschreiben. Mal sehen, wie ich noch auf sie einreden kann. Unsere einzige Hoffnung ist, dass das Abführmittel nicht gefunden werden konnte. Im Endeffekt entscheidet die Soziale Einrichtung darüber, ob sie dich weiterbeschäftigt. Ich betreue das Ganze nur.“

 

„Den ganzen Scheiß weiß ich selbst!“, knurre ich missmutig. Auf dieses Gelaber kann ich echt verzichten! Ich bin müde und mir ist kalt! „Sag mir nur, ob ich jetzt tatsächlich in den Knast komme oder nicht, damit ich rechtzeitig das Weite suchen kann!“

 

„Von Reue keine Spur, wie immer, Kid.“, den Zigarettenstummel drückt sie neben sich auf der Treppe aus. „Ich habe es dir schon so oft gesagt: du kannst nicht ewig so weiter machen! Du bist 25 Jahre alt und hast in deinem Leben nichts erreicht! Kein Schulabschluss, keine Ausbildung, nichts, nur gefüllte Strafakten! Du schaffst es ja noch nicht mal, in einem Altenheim ein paar Wochen zu arbeiten, ohne gleich jemanden ins Krankenhaus zu befördern.“, Bellemere steht auf und geht die Stufen runter, dreht sich noch einmal zu mir um. „Krieg endlich die Kurve, Kiddo! Du stehst mit einem Bein schon im Gefängnis!“

 

Die Schnepfe zieht ab. Ich bleibe noch sitzen. Mit dem was sie sagt, hat sie vermutlich Recht, aber meine Güte! Ich bin jung und habe keinen Nerv auf Verpflichtungen! Irgendwie habe ich mich bis jetzt immer über Wasser gehalten! Also warum sollte ich das jetzt nicht auch schaffen?! Pah!

 

Ich krame mein Handy raus und wähle die Nummer zur Lösung all meiner Probleme. Es tutet. „Killer? Es gibt wieder was zu tun!“

 

 

 

 

Manchmal gibt es Momente im Leben, in denen man sich entscheiden muss, was eigentlich das Problem ist: Du „Vergiss es! Ich lass mir doch mein Gesicht nicht verhunzen, um eine neue Identität anzunehmen!“ oder die bescheuerten Idioten „Deine Haare färben – was zugegebenermaßen um Einiges einfacher wäre – willst du ja nicht!“ um dich herum!

 

Killer und ich hocken bei mir auf der – inmitten all dem seit gefühlten Jahren aber eigentlich nur seit sieben Wochen nicht beseitigten Chaos – auf meiner Couch und zocken irgend so ein Autorennspiel (weil eine Niederlage in einem Kampfspiel für die anwesende, rothaarige Partei nicht zu verkraften ist).

 

„Hör auf, mich zu verarschen!“

 

„Ich verarsche dich nicht, Mann! Du hast es versaut, ganz einfach. Anhand der Lage gibt es nur einen Ort, an den du noch flüchten kannst. Und dieser Weg führt direkt in eine schöne geräumige Zelle.“, was lediglich mit einem Brummen quittiert wird. „Ich meine den Knast.“, setzt er trocken nach.

 

„Mir ist sehr wohl bewusst, was du meinst!“, plärre ich. „Fuck!! Ich tauche einfach unter! Die scheiß Bullen sollen mich erstmal kriegen!“

 

„Kid. Ich weiß ja nicht, ob das so klug wäre. Wenn du abhauen willst, müsste es dich schon wirklich etwas weiter weg verschlagen als zu Zombie oder mir.“

 

Habe ich eigentlich schon mal erwähnt, wie verdammt wütend mich Killers monotones Gelaber macht?! „Fresse! Wo soll ich denn sonst hin?!“

 

„In den Knast.“

 

Okay, jetzt reicht's! „Provozier mich nicht unnötig! Ich warne dich ein letztes Mal!!“

 

Der Typ mit der Maske neben mir spielt einfach seelenruhig weiter. „Ja, ja. Beruhig dich, mache ja nur Witze. Warte doch erstmal Montag ab. Ich denke, bevor dieser Gerichts-Heini dich wegsperrt, muss erstmal wirklich bewiesen werden, dass du es warst, der ihm das Zeug untergejubelt hat. - Und daran zweifele ich keine Sekunde.“ Auf wessen Seite steht dieser Verräter eigentlich?!

 

Meine virtuelle Karre driftet von der Straße und landet im Schnee. Genau der Moment, in dem Killers Flitzer mich überholt. Natürlich schafft es mein Gefährt nicht so einfach wieder zurück auf die richtige Bahn – wie im richtigen Leben (fast)!

 

„Aber da fällt mir gerade ein...“, Killer fährt durchs Ziel. Frustriert landet mein Controller scheppernd neben dem Fernseher. „Der Troll wird vor der Entscheidung mit Sicherheit erstmal aussagen müssen und wer war Zeuge und hat die Tatwaffe?“, fast hätte er euphorisch geklungen – fast.

 

Mir graust es vor der Antwort. Aber männlich wie und je wird sie natürlich trotzdem völlig selbstsicher gegeben: „...der Metzger...“

 

Es entsteht eine Pause, in der ich verständnislos von der Seite angeglotzt werde. „Metzger?! Wie viele Leute hast du da denn noch mitreingezogen?! Ich meinte eigentlich diesen Arzt, vor dem du und Konomi (auch er konnte diese Begegnung nicht so leicht vergessen) sich so fürchten!“

 

WTF? Dieser Maskenfetischist braucht wohl unbedingt mal eine Liste mit all den Codeworten für unsere Gegner!

 

„Pha, den meine ich doch!“, winke ich ächzend ab. „Hast du Konomis Behandlungsbericht etwa nicht zugehört? Du hast nicht gesehen, wie er auf diesen wehrlosen Körper losgegangen ist! Der Typ ist der reinste Berserker!“ (Dass ich nach meiner Begegnung mit diesem ..Menschen wie ein kleines Mädchen erstmal geheult hab, weiß natürlich niemand...!)

 

„Ich dachte du hast im Wartezimmer gesessen?“

 

„Mann! Ich meine den Troll! Ist ja auch egal!!“, meine Güte - siehe den ersten Satz dieses Absatzes! „Und was soll mir diese unheilvolle Erkenntnis jetzt bringen?“ Ja, unheilvoll. An der Aussage des knapp dem Tode entkommenen Troll gegen mich gibt es keinerlei Zweifel und dass dieser blutrünstige Killer sein Freund ist und jegliche Beweislast in seinen mordenden, metzelnden Händen hält, lässt mir (fast) einen kalten Schauer über den Rücken laufen.

 

„Mann, wie blind bist du eigentlich?!“ Wie ein trotziges Kind verschränke ich meine Arme vor der Brust und starre ihn abwartend an. Na hoffentlich lehnt er sich mit seiner Beleidigung nicht umsonst so weit aus dem Fenster! „Ohne Beweismittel, kein Knast! Du musst nur das Abführmittel von diesem Arzt holen, verschwinden lassen und ihm ein wenig Honig ums Maul schmieren. Ist doch ganz einfach!“

 

Hab ich da gerade richtig gehört?! „Hab ich da grad richtig gehört?!“ Dem Killer Honig ums Maul schmieren?! Die einzige Variante, diesem Schlächter Honig ums Maul zu schmieren, ist wohl, sich lebendig von ihm aufschlitzen zu lassen, ohne ihn – sollte die Tortur überlebt werden – danach in die Geschlossene zu befördern!

 

„Hast du eine bessere Idee? Entweder das oder Knast.“

 

Das Problem sind eindeutig die ganzen scheiß Idioten in meiner Umgebung...!!

Ehrlich scheinheilig

Hallo meine lieben Leser :)
 

Ein ganz dickes Dankeschön, dass ihr meine FF mit so viel Hingabe verfolgt!! Die ständig steigenden Favouriteneinträge und die zahlreichen Reviews sind wirklich Balsam für die Seele und motivieren immer zum weiterschreiben :3
 

Für die etwas längere Wartezeit entschuldige ich mich noch einmal, kann aber ein zügigeres Update leider nicht versprechen. Freuen über Feedback tue ich mich aber immer :))
 

Ganz viel Spaß beim Lesen!
 


 

Ehrlich scheinheilig

 

 

Herzzerreißend schnieft Konomi in sein Minz-Taschentuch und wischt sich die Tränen, die sich langsam ihren Weg über seine geröteten Wangen kullern, aus den Augen. Ein leises Schluchzen entrinnt seiner Kehle, so, dass ihn jeder einfach nur knuddeln und trösten würde. „Mein Gott!!“, fast jeder! „Hast du dich jetzt mal bald im Griff oder was?!“

 

„Leck mich, du Wichser! Du hast keine Ahnung, was das hier für mich bedeutet!!“, schluchzt er mir empört an den Kopf.

 

Tatsächlich weiß ich aber ganz genau, was das hier für ihn bedeutet: Mir liegt ebenfalls der Arsch auf Grundeis!

 

Konomi wurde höchstpersönlich dazu auserkoren, mich an diesem heiligen Sonntag - unserem heiligen Sonntag, an dem wir normalerweise gemeinsam kochen und uns dämliche Verkupplungsshows ansehen (Zombie hat als Einziger ne Ische am Start, die ihm so gut wie alles verbietet und allgemein von uns gehasst wird! Killer ist sich für sowas einfach zu fein …auch wir haben eine sanfte Seite okay?!) – als Alibi ins Krankenhaus zu begleiten. Der Batman-Verschnitt hat nämlich die große Ehre, so zu tun, als hätte er noch Kopfschmerzen vom letzten Wochenende und wöllte sich noch einmal untersuchen lassen. Ganz zufällig werde ich dann auf unseren gemeinsamen Horror treffen:  den Chirurg des Grauens, von dem mein Leidensgenosse untersucht werden wird (es steht völlig außer Frage, dass in diesem Krankenhaus vielleicht noch andere Ärzte arbeiten) und dem ganz deutlich von keinem geringeren als mir klar gemacht wird, was passiert, wenn er sich nicht auf meine Seite stellt (wenn das mal keine tolle Umschreibung für Bitten und Betteln war...!). Noch zufälliger werde ich dann in dem Zimmer des Trolls landen und ihm einen kleinen Freundschaftsbesuch abstatten, bei dem ich ihm schön meine weitere Anwesenheit unter die Nase reiben werde (abgesehen von der Tatsache, welche Höllenqualen er mir dann nach seiner Genesung unter die Nase reiben wird).

Soweit der Plan.

 

Wir hocken noch draußen im Auto. Genervt seufze ich und lege mein Kinn auf dem Lenkrad ab, während Konomi weiter fröhlich seine Taschentücher vollrotzt. Erbärmlich! Und dennoch bin ich froh, dass er diese Schmach für uns beide auf sich nimmt...

 

 

 

Wir passieren den Parkplatz, den Ort, an dem das Grauen meiner Sozialstunden-Lebensabschnittsphase mir sein wahres, abgrundtief böses Gesicht gezeigt hat und betreten die Notaufnahme des Krankenhauses, den Ort, an dem das Grauen von Konomis Freundschaft zu dem Rotschopf zu seiner Linken ihm ihr wahres, abgrundtief böses Gesicht gezeigt hat. Im Endeffekt läuft es auf dasselbe  hinaus: Bis heute konnten wir die schrecklichen Bilder des Schlächters in der Notfallstation an diesem regnerischen Freitag (es hat zwar nicht geregnet, aber etwas Dramatik darf ja wohl sein), die sich in unsere armen Seelen gebrannt haben, nicht vergessen.

 

An der Anmeldung sitzt irgendeine platinblondierte Tussi und feilt sich kaugummikauend die falschen Fingernägel. „Hallo, Miss Valentine.“, liest Konomi von ihrem Namenschildchen ab. Wie vereinbart kümmert er sich um den ersten Part des Plans.

 

Die Angesprochene horcht auf und klimpert mit ihren aufgeklebten Wimpern zu uns hoch. Wie um alles in der Welt kriegt so jemand einen Job in einem Krankenhaus?! Da hätten die auch mich da hinsetzen können, würde wahrscheinlich genauso vertrauenswürdig und seriös wirken!

 

„Was gibt’s?“, legt sie die Nagelfeile weg. Von der billigen Bitch hab ich jetzt schon die Schnauze voll.

 

Konomi hingegen hält sich wacker zurück (ich hoffe für dieses weinerliche Vieh, dass er sie nicht auch noch um ihr kurzes Röckchen beneidet, so wie der sie die ganze Zeit anstarrt!). „Letzte Woche wurde ich hier am Kopf behandelt und habe aber immer noch Schmerzen... wäre es möglich, noch einmal untersucht zu werden?“

 

Der platinschimmernde Schopf sieht sich ihr gegenüber skeptisch an (und ich hoffe sehr, dass sie ihn nicht um sein kurzes Röckchen beneidet!). „Sie wollen also in die Notaufnahme wegen Kopfschmerzen? Haben Sie schon ihren Hausarzt aufgesucht?“

 

Konomis Gehirn rattert. „Nun ja... mir wurde gesagt, die Schmerzen würden in ein paar Tagen besser werden. Das sind sie aber nicht und mir ist schon öfter schwarz vor Augen geworden und schwindelig gewesen. Nächste Woche muss ich geschäftlich auf Dienstreise  und habe keine Zeit mehr zum Arzt zu gehen. Und ich bin privat versichert.“ Wenn dieses Püppchen diesem Typen in kurzem Rock und kniehohen Lackstiefeln, kombiniert mit einem Netz-Top, das gerade mal die Brustwarzen bedeckt, das glaubt, schockt mich auch nicht mehr, was hier für Ärzte arbeiten!

 

Sie kaut demonstrativ auf ihrem Kaugummi herum und es zuckt mir dermaßen in den Fingern, ihr das Ding nicht aus dem gefärbten Maul zu schlagen (da fällt mir ein, dass ich meinen Lippenstift vergessen habe). „Na schön. Dann brauch ich die Karte. Nehmen Sie hinten im Gang Platz, man ruft Sie dann auf.“

 

 

Im Wartezimmer. Irgendwie bewundere ich mich dafür, dass ich so ruhig geblieben bin.

 

„Scheiße, Mann! Es geht mir so richtig dreckig!“, jammert der Schwarzhaarige neben mir. Und wie immer ziehen wir alle Blick auf uns (dass der Trottel auch nicht mal die Beine überschlagen kann! Ich will nicht wissen, welche Aussicht sich da einem bietet!).

 

„Freu dich doch, dann musst du wenigstens nichts vortäuschen!“, überspiele ich meine eigene Furcht. Nur das Wippen meines Beines lässt vielleicht auf Unbehagen schließen.

 

„Bist du sicher, dass er jetzt auch arbeitet...?“

 

„Natürlich (nicht)! Und selbst wenn, dann warten wir halt solange, bis er hier antanzt.“ Irgendsoein alter Sack schaut Konomi unumwogen unter den Rock. „Überleg doch mal. So ein Lebewesen hat doch garantiert keine Freunde (außer irgendwelchen Freaks, die mir das Leben schwer machen) und will sicher nicht alleine zuhause rumhocken, wo er doch hier seelenruhig seiner kranken Neigung freien Lauf lassen kann?“

 

„Du hast keine Ahnung, Kid! Ich wurde schon einmal von ihm behandelt! Du bloß bedroht!!“, Konomi verschränkt die Arme vor der Brust und rutscht noch tiefer in seinem Stuhl, gibt noch mehr Blick auf Dinge frei, die Leute mit schwachen Nerven lieber nicht sehen sollten – zu denen der Alte gegenüber wohl nicht gehört. „Wenn ich das überlebe, hab ich Einiges bei dir gut!“

 

„Ja, du sparst dir die Kaution, um mich aus dem Kittchen zu holen, wenn das hier nicht funktioniert!“

 

„Wie bitte?!“

 

„Du vergisst wohl, wie oft ich dir schon den Kopf aus der Schlinge gezogen habe?!“

 

„Du meinst die Schlinge, die du mir jedes Mal umgelegt hast?! So wie jetzt?!“ Wie um alles in der Hölle kann man nur so undankbar sein?!

 

„Mister Konomi, bitte.“ Okay, es geht los!

 

Konomi erhebt sich so würdevoll wie möglich und zieht sich den knappen Rock zurecht. „Nun gut. Sollte ich auf einer Bare zurückkommen, sag Killer, Zombie und meinen Eltern, wie sehr ich sie liebe.“

 

„Und was ist mir?“

 

„Richte es einfach aus.“, meint er und stöckelt davon, begleitet von einem sehnsüchtigen Blick des Typen gegenüber auf seinem Arsch. WTF?! Dieser elendige, scheinheilige Pseudofreund!

 

 

 

Beobachtet von dem Alten gegenüber lausche ich schon geschlagene 10 Minuten an der Tür zum Behandlungszimmer, höre aber nicht das typisch für Konomi panische Gekreische, wenn er um sein Leben kämpft. Hm... Ob der Verfechter der Urangst heute vielleicht wirklich nicht da ist? Um auf Nummer sicher zu gehen, komme ich auf die glorreiche Idee, mal bei der Anmeldung nachzufragen. Diesmal hockt da aber eine andere, abgehetzt aussehende, Tussi. „Heute hat Dr. Nako Dienst.“ - Na prima!

 

Aber vielleicht... (In meinen Augen) verführerisch lehne ich mich über die Theke und funkele sie einschüchternd an. Sie hebt bloß ungläubig eine Augenbraue. „Ein Freund von mir liegt hier auf der Station und ich brauche seine Zimmernummer.“

Wenn ich schon umsonst auf den Trottel Konomi warten muss, kann ich die Zeit wenigstens sinnvoll nutzen!

 

 

Zimmer Nummer 348, vierte Etage.  Ich erreiche mein Ziel, richte mich gerade auf und öffne schwungvoll die Tür. „Hallooooo, Freund!“

 

Dort liegt er, der Troll: splitterfasernackt in seinem Bett und mit Pornozeitschrift.

 

Es dauert ein paar Sekunden, bis er checkt, wer da gerade vor ihm steht. „Billy the Kid!!! Raus hier!!“, werde ich angeplärrt, während er, so gut es geht, seine Genitalien unter der Decke versteckt.

 

„Na, na, na.“, ich schließe die Tür. „Ich wollte nur mal so schauen, wie es meinem Lieblingskollegen so geht. Hätte nicht gedacht, dass du dich so sehr freust, mich wieder zu sehen!“ Herrlich! Das werde ich dem Wichser ewig vorhalten!

 

„Du sollst dich verpissen!! Reicht es dir nicht, dass du mich hierher verfrachtet hast?!“, er läuft knallrot an. Wahrscheinlich vor Wut und Scham.

 

„Ich kann auch nichts dafür, dass du meine Warnungen nicht ernst nimmst!“, verteidige ich mich. „Außerdem hast du keine Beweise, dass ich das war! Wer weiß, was du dir sonst noch alles reingepfiffen hast!“

 

Plötzlich völlig selbstsicher, ignoriert er die Tatsache, dass er wie Gott ihn schuf vor mir liegt, und verschränkt grinsend die Arme vor der Brust. „Glaub mir, KitKat, die habe ich! Mein guter, alter Freund Law hat das Fläschchen, das er bei dir gefunden hat, eingepackt! Und wie es der Zufall so will, ist es eines aus unserer Heimapotheke! Hehe...“

 

Mit einem Engelsgesicht (welches mir genau wie jetzt noch nie gelungen ist) schlendere ich seelenruhig zu dem leeren Krankenbett gegenüber, nehme ein Kissen und knautsche es einmal kurz durch, um zu sehen, ob es für mein Vorhaben taugt. Damit bewaffnet stelle ich mich direkt mit einem mordgeilen Blick vor ihn. Er schaut verwundert zu mir hoch und ehe er reagieren kann, drücke ich ihm die flauschige Mordwaffe aufs Gesicht. „Mal sehen, wie viel dein Wissen wert ist, wenn du es für dich behalten musst!“

 

„Hmmphf!!!“, oh ja! Das ist Musik in meinen Ohren! Wie lange habe ich auf diesen Moment gewartet? Wie sehr habe ich mich nach diesem Gefühl der Erlösung gesehnt? Hier ist es! Ohne auch nur einen Gedanken an die womöglichen Konsequenzen, drücke ich seelenruhig und völlig euphorisch weiter dieses scheiß weiße Kissen auf die Fratze unter mir.

 

In meine kranke Siegeslache vollkommen vertieft, merke ich zu spät, wie er mir gezielt zuerst in die Eier und dann in die Nieren schlägt.

 

Geschockt und von Schmerz gepeinigt lasse ich von ihm ab. „Was zum Teufel...?!!“

Reiß dich zusammen, Mann! Die Hände vom Schritt weg, tu ihm nicht den Gefallen, dich vor Schmerzen auch noch zu krümmen! Vergiss es, du wirst auch nicht in die Knie gehen und dich schon gar nicht konomi-like hinlegen um zu winseln!! Sehr gut, Eustass! Schön ruhig ein- und ausatmen. Stell dich aufrecht hin! Vergiss den Schmerz, gut so, Junge!

 

Ist das gerade wirklich passiert?! Einigermaßen habe ich mich wieder im Griff, ignoriere die Schmerzen und sehe halbgekrümmt zum Bett auf – es ist leer. Dann bemerke ich eine Bewegung rechts von mir – und kann gerade so einem Stuhl ausweichen, der angeflogen kommt und scheppernd gegen eines dieser nervig-piependen Geräte kracht. WTF?! Ich schaue mich um und erblicke den Troll: völlig nackt und mit wild abstehenden Haaren steht er da, wie ein Berserker einen kleinen Tisch erhoben und mehr als bereit, ihn nach mir zu werfen!

(Für jemanden, der gerade zum zweiten Mal knapp dem Tod entkommen ist, ist der aber ganz schön flink auf den Beinen! Obwohl, wenn ich mir so überlege, mit wem der arme Wicht befreundet ist, schockt mich das eigentlich nicht wirklich...)

 

Ich blicke mich im Raum um, finde aber außer dem Krankenbett nichts, an das ich schnell genug rankommen würde, um es ihm an den Kopf zu pfeffern, bevor er die Lust daran verloren hat, den scheiß Tisch noch weiter festzuhalten. „Wir können doch über alles reden!“

 

Kaum ausgesprochen, werfe ich mich auch schon ganz actionfilmmäßig mit einer Rolle übers Bett, um dem angeflogenen Tisch zu entkommen. In soetwas leider noch nicht ganz so geübt, lande ich unsanft auf dem Beistellwägelchen und reiße es mit mir zu Boden. Scheppernd kracht das scheiß Teil auf mich und ich bete zu Roger, dass ich mir keine verfluchte Rippe gebrochen habe. Gepuscht von dem Adrenalin in meinen Adern erhebe ich mich (vor Schmerz leider nicht ganz so cool wie ich mir einbilde) zusammen mit meiner (mit Absicht) besorgten Waffe (dem Beistellwägelchen) und funkele den Troll angriffslustig an.

 

Der nackte Irre lacht und nimmt eine Karatepose an. „Nicht schlecht, Kitty! Aber mal sehen, was du hierzu sagst!“ Mit wildem Kampfgeschrei stürzt er auf mich zu, um mir einen Roundkick zu verpassen. Doch da hat er noch nicht mit dem Beistellwägelchen gerechnet, welches auf ihn zugerollt kommt, um ihn außer Gefecht zu setzen!

...nur leider ist dieses scheiß Teil so langsam, dass er es ohne Probleme wieder zu mir zurückkickt und es mich im hohen Tempo erwischt!! WTF?!

Gefangen zwischen Wand und Beistellwägelchen (und gepeinigt von Schmerzen) blicke ich am Boden liegend zu meinem Gegner auf. Dieser grinst siegessicher zu mir herunter und demütigt mich noch zusätzlich, in dem er sich mit einem Bein auf dem scheiß Wägelchen abstützt, welches noch mehr auf meinen gepeinigten Torso drückt. „Hast wohl gedacht, ich wäre so ein kleines hilfloses Ding wie Penguin, he?! Ich bin Meister im Karate!“

 

„Was hast du gerade gesagt?“ Überrascht blicken wir beide herüber zur Zimmertür: dort steht der Pinguin – und Trafalgar. Da beide in Freizeitkluft (der Arzt trägt schon wieder diese dämliche Fellmütze), wohl ein Krankenbesuch unter Freunden.

 

„Peng-?!“

 

„Hast du das gerade ernst gemeint?“, wie eine kleine Prinzessin keift die Ursache meiner Sozialstunden den Nackten an. „Ein kleines hilfloses Ding, ja?“

 

Trafalgar schaut nur höchst belustigt zu mir herüber – und ich wünschte, ich würde nicht hilflos unter einem verdammten Beistellwägelchen vor einem nackten Wahnsinnigen rumliegen!

 

„Das war nicht so gemeint!“

 

„Schon okay! Vergiss es einfach!“, theatralisch wie eh und je dreht sich der Träger mit der Mütze mit der Aufschrift seines Namens um und verlässt empört das Zimmer. Es hat also jede Gang einen Konomi...

 

„Penguin! Warte!“, splitternackt folgt mein Peiniger seinem Kumpanen nach draußen, woraufhin der empörte Schrei einer Krankenschwester ertönt. (Das muss ein Bild für die Götter sein: der Pinguin läuft schluchzend den Krankenhausflur entlang, verfolgt von einem nackten Wahnsinnigen, der ihn um Verzeihung bittet.)

 

Ich bin fassungslos. Trafalgar schaut amüsiert in den Flur und verfolgt das Spektakel lachend. „Lauf, Shachi, lauf!“, ruft er in den Gang, während hysterische Schimpfereien und Verzeihungsrufe ins Zimmer dringen. Dann dreht er sich grinsend zu mir um, schlendert in den Raum und setzt sich auf das Krankenbett, neben welchem ich auf dem Boden liege. Der Schwarzhaarige stützt seine Ellbogen auf den Knien ab und schaut zu mir herunter. Ich knurre.

 

„Na, Mister Eustass. Wie ich sehe, haben Sie mal wieder für Furrore gesorgt.“

 

Der Arsch soll lieber dieses scheiß Ding von mir runternehmen, anstatt blöde Sprüche zu reißen! Murrend hieve ich das Wägelchen unter Schmerzen selbst weg und setze mich etwas an der Wand auf. Meine Rippen tun wahnsinnig weh, aber völlig männlich wird das natürlich nicht gezeigt. Ich schnaufe. „Wo ist das Abführmittel?“

 

Sein Blick wird intensiver. Irgendwie... liebseelig? „Wo ist das Geld für den Autoschaden?“

 

Etwas verwundert darüber, dass ich noch keine Angst vor ihm habe (wahrscheinlich das Adrenalin), blicke ich unbeeindruckt zu ihm hoch und grinse, trotz meines ramponierten Aussehens, selbstsicher. Nun ist es endlich soweit! Ich werde mich ganz allein aus dieser Affäre ziehen, hahahahaa!!!

 

„Eure Schrottmühle stand im Halteverbot!“ Mal sehen, ob er jetzt immer noch so eine große Fresse hat!

 

Er lehnt sich zurück und überschlägt lässig die Beine. Sein Gesichtsausdruck verändert sich nicht, was meine Selbstsicherheit etwas einknicken lässt. „Möglich.“

 

'Möglich'?! Ich werfe ihm die Rettung aus dieser Misere meines Lebens vor die Füße und alles was er zu sagen hat, ist 'Möglich'?! Mein Blick verrät wohl alles und er kichert dämlich, lässt Seinen auffällig über mich wandern und heftet ihn wieder an mein Gesicht.

 

„Das Auto stand vielleicht im Halteverbot. Aber Sie, Mister Eustass, sind betrunken nach einer Schlägerei hineingefahren. Wir können das gerne auch über die Polizei klären. Vielleicht wird mir ja eine Teilschuld zugesprochen.“, das Wort Polizei lässt die extra Betonung ihre Wirkung nicht verfälschen.

So ein verdammter Mist, ich könnte kotzen!! ...wobei, wenn ich mal genau darüber nachdenke, kann mir die Angelegenheit eigentlich egal sein. Wenn ich diesen Schlächter nicht auf meine Seite ziehen kann, lande ich sowieso im Kittchen, ha! Die Sache kann mir also so oder so nichts mehr anhaben!

 

„Was haben Sie hier überhaupt zu suchen, Mister Eustass?“, säuselt er süffisant.

 

„Ich wollte bloß meinem lieben Kollegen einen kleinen Besuch abstatten...!“, lüge ich die halbe Wahrheit.

 

Er muss die (nicht vorhandene) Unsicherheit in meiner Stimme gehört haben. Belustigt schaut er sich das angerichtete Chaos an. „Ach, wirklich?“

 

Okay, Eustass. Denk an den Plan!

 

Ich grinse (hoffentlich) verführerisch „Schön, ich bin ehrlich.“ und richte mich (mit noch mehr Hoffnung) cool und machomäßig auf, um intensiv auf ihn herab zu grinsen. Die Ärmel seines Schlabberpullis sind hochgezogen und mir fallen die Tattoos auf (warum wundert mich das Death auf seinen Fingern eigentlich nicht?!). Er hebt erwartungsvoll eine Augenbraue und ich bete, dass ich die ganzen Anzeichen nicht falsch gedeutet habe. „Eigentlich wollte ich zu dir.“, und so gesellt sich die eine halbe Wahrheit zu der anderen.

 

Der Penner lacht. Ist das zu fassen?!

 

„Aber natürlich, Mister Eustass!“, glucksend erhebt er sich und schaut in mein verärgertes Gesicht. Dann kommt er auf mich zu und bleibt ganz nah vor mir stehen – verdammt nah. „Sie wollen doch bloß an das Abführmittel, welches ich gestern – zu Ihrem Glück, wie ich meine - mitgenommen habe?“

 

Über meine Lippen kommt keine Antwort, stattdessen wird ein dicker Kloß meine Kehle runtergedrückt. Obwohl ich größer und kräftiger als mein Gegenüber bin, macht diese scheiß ungewollte Nähe mich verdammt nervös und ich wirke alles andere als einschüchternd...! Trafalgar grinst dämlich.

 

Er fängt an, an den Knöpfen meines Sweatshirts herumzufummeln. Dann beugt er sich zu mir hoch und säuselt mir mit tiefer Stimme ins Ohr: „Sie stellen eindeutig eine Gefahr für meine Freunde dar, Mister Eustass.“ und verpasst meinem Nacken eine unangenehme Gänsehaut. Schlagartig wird mir warm.

 

Ich schlucke und schaue etwas betreten zur Tür, in der Hoffnung, dass mich hier gleich jemand rettet. Wo steckt eigentlich dieser Trottel Konomi?! „W-wenn, dann stellen deine Freunde eine Gefahr für mich dar!“, versuche ich cool zu kontern. „Erst Sozialstunden, dann Körperverletzung und ab Montag wahrscheinlich Knast!“

 

Die Hand, welche an meinen Knöpfen herumgewerkelt hat, fährt hoch zu meinem Nacken und gräbt sich in mein Haar. Der Chirurg schmiegt sein Gesicht an meines und drückt mich näher zu sich, seine Lippen noch immer ganze nahe an meinem Ohr. „Ich könnte dir helfen, wenn du das möchtest.“, flüstert er und ich hoffe inständig für diesen kranken Bastard, dass das da ein Skalpell ist, was da so hart an meinen Bauch drückt..!!!

 

Der Mann meiner Alpträume lässt etwas von mir ab, streichelt nun mit dem Daumen über meine Wange und sieht zu mir auf. Dieser verfluchte Metzger sieht so scheinheilig nett aus, dass ich den kranken Psychopathen am liebsten aus ihm herausgeprügelt hätte! Zudem schwitze ich fürchterlich und bin völlig überfordert.

„Allerdings hätte ich dann etwas bei dir gut, Mister Eustass.“, meint er eindeutig zweideutig und ich kapiere sofort. Unter anderen Umständen, sprich: hätte ich nicht so eine scheiß Angst davor, dass er jeden Moment mit einem Skalpell auf mich los gehen würde, wäre ich wahrscheinlich schon längst über ihn hergefallen! Ich glaube, schon einmal erwähnt zu haben, dass Dr. Trafalgar eigentlich ein recht hübsches Kerlchen ist – sieht man mal von seinem geistigen Zustand ab...

 

 

 

Mir verdammt benutzt (und auch ein wenig gedemütigt) vorkommend, stapfe ich wütend (Außenstehende würden es wohl eher als Humpeln bezeichnen) mit hochroten Wangen und einem leichten Ziehen in meiner Lendengegend unter Schmerzen zurück in die Notaufnahme. Höchst verwundert, weswegen ein echt ramponierter und eindeutig unter Schmerzen leidender Typ einfach so an ihr vorbeiläuft ohne eine Untersuchung zu wollen, hält mich die Tussi an der Anmeldung an. Barsch wird ihr klargemacht, dass ich nur jemanden abhole. Ich habe absolut keinen Bock, auch nur eine Sekunde länger hier zu bleiben (auch wenn ich es bitternötig hätte)!

 

Kein Konomi im Wartezimmer.

 

Wütend steuere ich an dem alten Gaffer und den anderen Wartenden vorbei und reiße unter dem Protest der mich verfolgenden Anmeldefrau die Tür zum Behandlungsraum auf – und nehme mir vor, mir vielleicht Mal das scheiß Anklopfen anzugewöhnen, um mich solchen bösen Überraschungen nicht mehr ständig selbst auszusetzen! Der Anblick lässt mir und der namenlosen Tussi die Kinnlade offen stehen: die blonde, aufgetakelte Bitch von der Rezeption in ihrem knappen Schwesternkleidchen reitet meinem Kumpel auf der Patientenliege gerade laut stöhnend das letzte bisschen Hirn aus dem Schädel!

 

Kreischend wirft sie mir ihren leopardenen High-Heel an den Schädel. „Verpissen Sie sich gefälligst und warten draußen, bis die Untersuchung abgeschlossen ist!“

 

„Dauert nur noch fünf Minuten, Kid!“, keucht mir ein verschwitzter Konomi zu - und mir die Platzwunde vom Stöckel des High-Heels haltend, wünschte ich, dieser Typ wäre mir niemals begegnet!

 

„Tut mir leid, Liebes! Ich habe noch versucht, den Typen hier aufzuhalten!“, flüchtet sich das Weib neben mir vor ihrer Kollegin in Ausreden und zerrt mich aus der Tür.

 
 

WAS ZUM GEIER IST DAS HIER EIGENTLICH FÜR EIN ABGEFUCKTES KRANKENHAUS?!!

Honig ums Maul schmieren

Halli hallo an alle :-)
 

Erstmal ein riesengroßes Sorry, dass es diesmal noch länger als sonst gedauert hat Dx

Und natürlich ein noch größeres Dankeschön für die vielen lieben Reviews und die vielen Favo-Einträge :'3
 

Und nun ganz viel Fun mit dem neuen Kapi. Wir immer freue ich mich über Feedback :)
 

Honig ums Maul schmieren
 

 

Eustass Kid hat wirklich selten Angst (auch wenn die letzten Geschehnisse vielleicht etwas anderes vermuten lassen). Eustass Kid empfindet auch kaum Unbehagen (auch wenn die letzten Geschehnisse vielleicht etwas anderes vermuten lassen). Ebenfalls schert sich Eustass Kid einen Dreck darum, was denn Leute von ihm halten könnten (hier lassen die letzten Geschehnisse vielleicht nicht etwas anderes vermuten). Aber wie das Leben nun mal so spielt, gibt es auch bei Eustass Kid Ausnahmen, wenn es darum geht, die eigene Haut – wie in diesem Fall – zu retten.

 

 

Quälend langsam streichen die Sekunden dahin, in denen wir in Sengokus Büro auf ihn warten und von seiner dämlichen Ziege im hinteren Teil des Raumes vollgemäht werden. Wie für einen Montag im zuständigen Amtsgericht üblich, tun alle Beamten so, als wären sie unsagbar schwer beschäftigt (glaubt mir, ich weiß das – ist ja immerhin nicht mein erster Besuch).

 

Damit auch alle Beteiligten Platz haben, wurden wir an einen größeren Tisch in der Ecke des Raumes verfrachtet, an dem Sengoku normalerweise wichtige Freizeitpläuschchen mit seinen betuchten Kollegen führt.

Gloriosa, mir gegenüber, bombadiert mich mit bösen Blicken, so, als wäre ihr jedes Mittel recht, um mich aus der Einrichtung direkt in den Knast zu kicken. Trafalgar, der Zeuge, sitzt gelassen in voller Arztmontur neben mir und vom Troll, ansässig neben der alten, frigilen Schachtel, dessen Blick ständig von mir zu meinem Nachbarn wandert, ernte ich bloß pure Schadenfreude (ich nehme mal an, er kennt den Preis für seine Aussage ganz genau). Die Einzigen, die sich einigermaßen professionell verhalten, sind Bellemere (ebenfalls neben mir platziert, um zu verhindern, dass ich auch nur einen einzigen Ton sage) und ich (wie gesagt, gemeinsam haben wir dieses ganze Prozedere schon mehrfach hinter uns gebracht).

 

Sengoku betritt gemeinsam mit seiner Tippse, die hier Protokoll führen und sich um die nervende Ziege kümmern wird, abgehetzt tuend den Raum und traktiert alle Anwesenden mit prüfendem Blick, nachdem er seinen Körper am Tischende niedergelassen hat. Seine Begleitung setzt sich an das Andere.

 

Ohne unnötige Begrüßungsfloskeln fängt er auch gleich an: „Eustass Kid.“, der Richter, der mir meine Strafe auferlegt hat, starrt mich vorwurfsvoll an. „Long time no see. Ich muss ehrlich sagen, wirklich vermisst habe ich dich nicht.“ Määh! Mäh!

 

„Ganz meinerseits.“, grinse ich herausfordernd und kassiere prompt einen Stoß von Bellemeres Ellenbogen in meine eh schon ramponierten Rippen (das wird der Troll noch büßen!).

 

Das Oberhaupt warnt mich mit einem Blick, der seine Wirkung durch das ständige Määh aus der anderen Ecke eindeutig verfehlt. „Gloriosa, meine Liebe. Ich war eigentlich überzeugt davon,  wenn du es nicht schaffst, Eustass Kid ein wenig Respekt einzuflößen, wird es niemand tun – außer vielleicht die Gefängniswärter. Sie haben schon nach dir gefragt, Kid. Erinnerst du dich noch an sie?“ Ich schlucke. Als ob ich diese  vier Tage jemals vergessen würde...

 

„Es tut mir leid, alter Freund.“, seufzt die Alte theatralisch. „Aber er ist einfach unbelehrbar!“

 

Sengoku kramt in seinen Papieren und liest sich Gloriosas Bericht sorgfältig durch. Määh! Määäääh! „Eustass Kid. Was soll ich nur mit dir machen? Versuchter Mord und aktive Sterbehilfe?“

 

Bellemere tut entrüstet. „Aktive Sterbehilfe?!“

 

Die Alte hilft ihr wieder auf die Sprünge. „Miss Bellemere! Haben Sie denn schon die Vorfälle vergessen, in denen Mister Eustass mehrere unserer Bewohnerinnen fast umgebracht hätte?“

 

„Diese Sache ist bereits geklärt und Kid hat die Konsequenzen bekommen!“, werde ich verteidigt. „Er hat bei der Pillenverteilung die Pillen vertauscht! Eine Aufgabe, die er noch gar nicht hätte durchführen dürfen!“ (Darf ich präsentieren? Der Grund für die erste Verlängerung meiner Sozialstunden)

 

 „Schon gut, beruhigen Sie sich, meine Damen!“, schlichtet der Ziegenfan und liest sich nun Bellemeres Bericht durch, aus welchem sie zitiert wird: „...wurde aufgrund eines Heimbesuchers daran gehindert, lebensrettende Maßnahmen zu leisten. Zudem liegen keine Beweise gegen ihn und Zeugenberichte vor, welche Eustass Kids Unschuld beweisen.“

 

Die Heimleiterin rümpft die Nase und hat offensichtliche Schwierigkeiten damit, an sich zu halten. Dem Troll wird bei dem Gedanken an seinen Todeskampf ganz anders. Er sieht vorwurfsvoll zu Trafalgar; die Erinnerungen an dessen Behandlung tun wohl heute noch weh. Mein vollstes Verständnis (und Freude darüber) hat er jedenfalls...

 

„Eustass, du weißt, das hier ist deine letzte Chance, noch die Kurve zu kriegen.“ Nicht schon wieder dieses scheiß Gelaber! Heute morgen hatte ich davon, dank meiner Sozialbetreuerin, schon genug! Als Antwort knurre ich bloß.

 

Jedes einzelne Worte wird von Kalifa (im Übrigen die blonde Tippse am anderen Tischende – ja, ich bin hier wirklich nicht neu) auftragsgemäß an einem kleinen Notebook mitgetippt. Sengoku räuspert sich: „Hast du absichtlich Abführmittel unter das Essen von dem hier anwesenden Heimpersonal gemischt?“

 

„Nein, habe ich nicht.“, gebe ich den, gemeinsam mit Bellemere sorgfältig einstudierten und auch einzigen mir erlaubten Satz in diesem Gespräch, zum Besten.

 

Määäh! Määäh! Die Ziege nervt gehörig! Habe ich eigentlich erwähnt, dass meine zweite Sozialstundenverlängerung ihren Ursprung bei diesem scheiß Teil hat? Vor der ersten Verlängerungsverkündung war ich einen kurzen Moment alleine mit ihr in einem Raum – und so wurde sie auch gleichzeitig die Zweite.

 

„Nun, Mister Shachi.“, wird das angeblich attackierte Heimpersonal angesprochen. „Haben Sie an diesem Tag Abführmittel zu sich genommen?“

 

Eine kleine Pause, in der Bellemere und ich etwas nervös werden und bloß die bescheuerte Ziege etwas zum Besten gibt. Die Festung, die zwischen mir und einer geräumigen, kleinen Zelle steht, sitzt zwar rechts neben mir, aber es ist kein Geheimnis, dass der Troll zwischen zwei Stühlen und unter Druck steht: Der Pinguin hätte mich liebend gern im Knast verrotten sehen, der Metzger mich in seinem Bett. „Ja, das habe ich.“ Bellemere hält die Luft an, während ich schon wieder anfange, Mordpläne zu schmieden. „Allerdings schon vor dem Fest. Normalerweise nehme ich bei Verdauungsbeschwerden homöopathische Alternativen, da ich Natriumpicosulfat nicht vertrage. Anscheinend habe ich zuhause die Päckchen verwechselt.“ Hörbare Erleichterung neben mir.

 

Sengoku nickt. „Mister Dr. Trafalgar“, wendet sich der Richter mit dem geflochtenen Bart, der mir schon oft genug wie meine Halsschlinge vorkam, an den Zeugen. „Sie waren an diesem Tag bei dem Fest als Gast anwesend und haben sich an dem gleichen Stand, wie zuvor auch Mister Shachi, kurz nach ihm ebenfalls etwas zu Essen geholt. Können Sie das eben Gesagte bezeugen?“

 

Die Mundwinkel des Todeschirurgen verziehen sich minimal gen Himmel. „Ja, das kann ich. Ich stand direkt hinter Shachi und habe exakt dasselbe Essen wie er bestellt. Weder habe ich ein Fläschchen Abführmittel gesehen, noch ist die Wirkung des genannten Pharmazeutikums eingetroffen.“, lügt der tättowierte Arzt wie gedruckt.

 

„Und“, gibt der Troll noch zum Besten. „Kitty war gestern sogar im Krankenhaus, um sich nach mir zu erkundigen! Bist echt ein super Arbeitskollege, Kumpel! Kann's kaum erwarten, noch weitere, lustige Tage mit dir zu verbringen! Das wird ein Spaß!“

 

„Übertreibs bloß nicht...!“, knurre ich durch das Määäääääh! Määääh! kaum hörbar und werde erneut von dem Mannsweib neben mir zurechtgewiesen. Wenn ich an die bevorstehenden Wochen denke, würde ich am liebsten mit dem Knast liebäugeln!

 

„Wirklich? Oh, Kid! Das ist aber lieb von dir! Mister Sengoku! Sehen Sie! Kid hat auch eine menschliche, soziale und mitfühlende Seite!“ Bellemere ist wohl aufrichtig begeistert. Wenn die wüsste...

 

„So ein verfluchter Humbug! Alles Lügen!“, erhebt sich die Alte aufgebracht. „Ich kann dir genau sagen, weswegen Kid im Krankenhaus bei Shachi war! Um ihn zu erpressen! Du musst die beiden mal bei der Arbeit sehen, sie zerfleischen sich schon beinahe! Und Sie“, wird mit dem Finger auf den scheinheiligen Arzt gezeigt „Sie, Dr. Trafalgar! Wie hat Eustass Sie bestochen?! Das haben Sie doch nicht nötig! Was würde Miss Dr. Kuleha dazu sagen?!“ Die Alte hätte echt Detektiv werden sollen!!

 

„Miss Kuleha“, meint der Arzt, dem man besser nicht vertraut, ganz gelassen und ruhig, einen Arm lässig auf seiner Stuhllehne gelehnt. Sein Blick unter der flauschigen Mütze intensiv auf sie gerichtet. „..würde sich sicher darüber wundern, weshalb Ihre Einrichtung auf einmal auf die gewährten Rabatte für all die starken und überlebenswichtigen Arzneimittel und Spezialisten verzichten möchte.“

 

„Wie bitte?!“, entrüstet die Alte sich und am liebsten  hätte ich sie zum Schweigen gebracht. Die hat ja keine Ahnung, was alles passieren kann, wenn man diesen Psychopathen reizt!

 

Laws Blick verändert sich, nimmt etwas Wahnsinniges an und am liebsten würde ich in die Ecke zu der Ziege - in Sicherheit - flüchten. „Miss Gloriosa. Denken Sie wirklich, die Chefin unseres Krankenhauses wäre auf Ihre Einrichtung angewiesen? Nur dadurch, dass Sie sie auch privat kennen und Ihnen diese Rabatte gewährt, ist es doch überhaupt möglich, Ihre Einrichtungsplätze so günstig anzubieten. Stellen Sie sich doch mal vor, Sie müssten auf einmal mehr bezahlen? Gute Spezialisten sind teuer.“

 

Die Angesprochene staunt nicht schlecht. Geschockt über die bitteren Tatsachen und das Wissen dieses Arztes (da hat wohl ein gewisser Troll nicht dicht gehalten), bleibt sie stumm. Es entsteht eine geladene Spannung zwischen den Anwesenden, deren wortloses Gefecht (Määäh! Mäh! - Na ja, fast wortlos) Gloriosa verliert und sich benommen wieder hinsetzt.

 

WTF? Bellemere und mir bleibt der Mund offen stehen. Hat dieser blutrünstige Arzt die Alte gerade  tatsächlich in ihre hintersten Schranken verwiesen? Sie zusammengestaucht? Ihr die Leviten gelesen? Sie so richtig fertig gemacht?!

Erst verstümmelt er beinahe den Troll nach allen Regeln der Kunst und nun nimmt er sich auch noch meine mich hassende Chefin vor? Erfüllt mir quasi all meine Träume seit dem Beginn der mir auferlegten letzten Chance, mein Leben vor dem Knast zu bewahren? Ich wage zwar kaum, es auszusprechen, aber da sitzt er: Die Erfüllung all meiner Sehnsüchte, Massenfleischer Dr. Trafalgar Law!

 

 

Urteil: Freispruch des Angeklagten aufgrund mangelnder Beweise.

…und fast hätte ich wegen den weiteren Wochen Vorhölle so etwas Ähnliches wie Freude empfunden.

(Predigten ála „Versau' es bloß nicht wieder!“ oder „Ich habe ein Auge auf Sie, Eustass. Ein Fehler und Sie sind dran!“ durfte ich mir trotzdem anhören...)

 

 

 

In der Hoffnung, dass der Tank mich noch nachhause bringt, schlendere ich, nach dem Siegestelefonat und der Organisation einer Krisensitzung mit Killer (jetzt, wo der Troll freie Spielhand über mich hat, muss ein ausgeklügelter Mordplan her), zu meiner Karre. Dort wartet kein geringerer als mein furchteinflößender Held auf mich. „Hallo, Mister Eustass.“

 

Etwas gereizt (so etwas zerrt auch an meinen Nerven) wird er angemurrt. „Was ist? Willst du mich auch noch vollpredigen?!“

 

„Ein Dankeschön habe ich auch gar nicht erwartet. Es hat nicht mal so lange wie befürchtet gedauert, Shachi von dem Vorhaben zu überzeugen.“, meint er amüsiert.

 

Wundert mich nicht!!! „Wundert mich nicht!“

 

Leicht überfordert schaut er zu mir hoch und sieht dabei wieder so unfassbar unschuldig und beinahe schutzbedürftig aus, dass jemand, der ihm nie begegnet ist, niemals vermuten würde, wie unfassbar grausam dieses Wesen ist (was er aufgrund seiner Reaktion wohl selbst auch nicht tut)!

Trafalgar fängt sich wieder. „Jedenfalls kannst du mir ruhig Bescheid sagen, wenn er dich zu sehr pisakt. Dann rede ich mit ihm.“

 

„Schön. Weg von meinem Auto, Krankenschwester!“

 

Laws Blick verdüstert sich etwas und ich wünschte, mein Ton wäre einen Hauch netter gewesen (aber auch wirklich nur einen Hauch). Dann tritt er näher auf mich zu und richtet den Kragen meiner Weste, was mir unsere Abmachung wieder unmissverständlich vor Augen führt. Ich knurre, dessen Wirkung wohl alles macht, außer sie nicht zu verfehlen. „Du bist wirklich putzig, Mister Eustass. (WTF?!)“, an meiner Weste zieht er mich näher an sich und streicht sie dann wieder glatt. Plötzlich fällt mir mein sicherer Zufluchtsort bei der dämlichen Ziege wieder ein.

 

„Vergiss den Gefallen nicht, den du mir schuldest.“, säuselt er mir zu.

 

Da muss man schon Mutanten-Tomaten auf den Augen haben, um nicht zu erkennen, wie sehr der Typ an sich halten muss, mich nicht augenblicklich auf die Motorhaube des roten, kleinen BMW hinter sich (dessen Schrammen vom Parkunfall immer noch höhnisch zeigen, wie meine Abhängigkeit von seiner Gutmütigkeit begonnen hat) zu werfen und über mich herzufallen. Wenn ich nicht wüsste, welche Pein mich ab morgen erwartet, hätte ich mich sogar schon längst freiwillig draufgelegt - ist ja kaum auszuhalten, wie dieser, beinahe einen Kopf kleinere, Schlächter sich so verdammt erwartungsvoll an einen drandrückt und zu einem hochschaut...!

Mir wird warm.

 

Ich rechne jeden Augenblick damit, dass er mir gleich die Zunge in den Hals steckt, aber „Wir sehen uns dann.“ er tut es nicht, sondern kneift mir fröhlich in die Wange und zieht gut gelaunt ab.

 

Was war das denn gerade?! Und warum zum Geier war ich kurz davor, mich wie eine billige, willige kleine Tussi vor ihm auf meine Motorhaube zu werfen?!

Der Gefallen

Der Gefallen

 

 

Vor dem Knast war ich zwar nun so gut wie (erst einmal) sicher, jedoch hat bekannter Maßen jede gute Seite auch ihren besten Kumpel: den Schatten.

Und so kam es, dass sich Schlitzer Trafalgar nicht lange lumpen ließ und seinen Gefallen einlösen wollte. Ich hatte Angst, wahnsinnige Angst (was ich im Normalfall niemals zugegeben hätte, aber das hier war eine Ausnahmesituation sondergleichen!) – und sie sollte nicht unbegründet bleiben.

 

 

 „Schön, dass es heute geklappt hat, Mister Eustass.“, säuselt er süffisant. „Ich hab mir etwas ganz Besonderes für unser erstes Treffen überlegt.“ Die Betonung auf erstes Treffen kapiere ich sofort: er geht also davon aus, dass es noch Mehrere geben wird – als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt…

Juhu.

 

Entgegen all meiner Hoffnung entpuppte sich dieser Satz jedoch nicht einfach nur als 0815-Date mit Kino, Essen und Ficken, sondern als wirklich etwas ganz Besonderes.

 

 
 

Zuerst ein spaßiger Ausflug

 

 

Obwohl der riesige Raum wirklich kühl ist, läuft mir der Schweiß eiskalt (haha, Wortwitz!) den Rücken runter. Mühsam wird mit aller Kraft versucht, mein billiges Fertig-Mittagessen im Bauch zu behalten – erschwert durch den üblen Konservierungsgeruch und das schreckliche Bild, welches sich mir ohne Scham darbietet:

 

„Wow, das ist wirklich eine massige Plazenta! Haha!“, seelenruhig und mit einem Leuchten in den Augen, das mir unvermittelt die Grausamkeit dieser ach so heiligen Mediziner verdeutlicht, schlitzt Schlächter Trafalgar den (zum Glück für den armen Trottel) toten Leib vor sich auf.

 

„Wissen Sie noch, Dr. Hogback, als mir damals im Studium so viele Objekte weggestorben sind?“

 

„Fosfosfos… als ob ich das je vergessen könnte, Doktor Trafalgar! Sie waren schon damals ziemlich stur und eigensinnig! Nie werde ich vergessen, wie Sie unbedingt beweisen wollten, dass eine Schädeldecke auch mit anderem Werkzeug als dem dafür vorgesehenen geöffnet werden kann! Fosfosfosfos!“

 

„Was ja auch wahr ist…“ „…nur retten diese Methoden keine Leben!“ Ahahahahahahaha/Fosfosfosfosfos – beide verfallen in ein völlig harmonisches Gelächter, so als könnte sie kein Wässerchen trüben und als seien sie mit sich und ihrer Welt völlig im Reinen.

 

Hogback wischt sich ein Lachtränchen aus den Augen und gibt glucksend „Das hat die Universität eine Menge Material  gekostet!“ zum Besten. Trafalgar gibt sich verträumt seinen Erinnerungen an alte Zeiten hin.

…nur geht mir dabei jeglicher Sinn für Humor (und das Gute im Menschen) flöten und ich bete zu Roger, dass diese kranken Schweine mit Objekte und Material nichts (ehemals) Lebendiges meinen…!

 

„Ihr Freund sieht mir etwas blass um die Nase aus.“, der gruselige Hogback (wie konnte ich auch nur daran denken, den Gedanken zu fassen, dass dieser Metzger bei einem gewöhnlichen, ganz normalen Professor gelernt hat…?!) klopft mir aufmunternd auf den Rücken, was mich alle Kraft kostet, nicht in den offenen Körper vor mir zu kotzen… „Aber keine Sorge, Jungchen! Das ist am Anfang völlig normal. Jeder kippt beim ersten Mal um. Sogar die ganz Starken, die meinen, nichts könnte sie erschüttern…“ „…bis die Gedärme dran sind! Ich muss zugeben, ich habe auch nicht schlecht geguckt!“ Ahahahahahahaha/Fosfosfosfosfos – wieder dieses friedliche Lachen, das für Normale wie mich eher wie die irre, wahnsinnige Melodie des Fürchterlichen, abgrundtief Bösen, klingt.

 

„He…he… he…“, mache ich unter meinem Mundschutz, weiser als der arme, aufgeschlitzte Teufel vor uns auf dem Seziertisch, in der Hoffnung, dass mir nicht noch mehr gezeigt wird-

 

„Oh, oh, aufpassen!! Hier kommt der Düüüüünndaaaaaaaarm!!!“ –fröhlich wird ein paar Tische weiter der Darm meterweise aus einem toten Körper hinausgezogen und von einem (anderen) geisteskranken Professor an seine jungen Studenten weitergereicht – begleitet von dumpfen Schlägen, verursacht von Körpern, die den Boden als letzte Rettung dieses Alptraums begrüßen.

 

Aus meiner, von Unfassbarkeit ausgelösten, Starre befreit, wende ich mich ganz langsam ab und stütze mich an dem Beistelltisch mit den Instrumenten ab, starre stur gerade auf den Boden, vorbei an den ganzen Sägen und Messern, um meinen rebellierenden Magen zu besänftigen und diese Bilder ganz schnell zu vergessen.

 

Law lacht aufgrund des Spektakels vergnügt. „Ihr könnt es aber auch nicht lassen!“

 

„Warum etwas verändern, das sich bewährt?“, gluckst der Unheimliche mit. „Hier soll jeder Grünschnabel gleich wissen, was ihn erwartet!“

 

„Hey, Mister Eustass!“ – Oh nein! „Wollen Sie nicht selbst auch mal probieren?“

 

 

Schweiß, Angst, Übelkeit. All meinen Mut zusammennehmend (und davon ist wirklich nicht viel übrig geblieben) richte ich mich einigermaßen gerade auf und drehe mich langsam (meine schlechte Verfassung lässt keine abrupten Bewegungen zu) zu meiner Begleitung herum und erkenne schemenhaft ein erwartungsvolles Gesicht. Die Kotze steht mir bis zum Anschlag, nur ein paar Sekunden trennen mich von meiner Ohnmacht – aber ich bin Eustass Kid, verdammt nochmal! Wenn einer Leute aufschlitzen kann, dann wohl ich!

 

Eingeredet, getan: mit wasserfallartigen Schweißhänden, die durch die Gummihandschuhe ganz verschrumpelt sind, stehe ich vor dem toten, aufgeschlitzten Körper, der farblich im Vergleich zu mir noch jeden Beach-Body-Contest locker gewinnen könnte, und starre auf ihn hinunter. Weder kann ich Atmen noch sprechen, alles in meinem Kopf dreht sich und mir ist schlechter als nach einem Vollsuff.

 

„Wenn ich Ihnen das Messer reichen dürfte, Herr Doktor?“, der vampirähnliche Schlitzer hält mir amüsiert ein Skalpell hin (innerlich merke ich mir vor, den Typen später mit allen erdenklichen Arten zu verfluchen! An körperliche Tätlichkeiten traue ich mich nicht heran. Wenn der Schüler schon so grausam ist, wie abgrundtief böse ist dann sein Lehrer?!). Reiß dich zusammen, Eustass! Du hast in deinem Leben schon Härteres durchgestanden!!

 

Mit zittrigen Händen packe ich das Skalpell und entscheide mich für den Arm – in weiser Voraussicht, dass mir dort keine widerlichen Innereien entgegenquellen können.

 

Ein Schnitt – und der Arm bewegt sich!!!

 

Ich höre noch (m)einen markerschütternden Mädchenschrei, bevor alles schwarz wird und der obermännliche Eustass Kid dem Boden furchtlos Gesellschaft leistet.

 

 

 

Alles verschwommen. Geräusche von ganz weit weg. Gleisendes Licht. Himmel? (Entgegen aller Verschwörer und Schwarzmaler hab ich es doch hier geschafft!) Hunger. Trockene Kehle, Durst. Übelkeit. Kälte. (Auf jeden Fall der Himmel, in der Hölle soll es ja sehr heiß sein, ha!) Dumpfe Gesprächsfetzen und grausame Bilder… (Nein, nicht mein Leben, das gerade Revue passiert – es gab durchaus auch schöne Momente!) Ein hilfloser Mann, nackt, auf einem Seziertisch, gefesselt. Bestrahlt von Neonlampen, die ihm vorgaukeln, für all seine Sünden genug gebüßt zu haben und in den Himmel aufzufahren. Ein Schatten. Umriss eines Mannes, etwas Schmales in dessen Hand. Stechende Schmerzen. ..OP-Saal, Arzt, keine Narkose, Sezieren am lebendigen Leib; der Film Anatomie*, Schlächter Trafalgar Law… „AAAAAAAAAAHHHHHHHHH!!!“

 

Als würde es um mein Leben gehen (was der Fall ist), wecke ich mich selbst aus meinem Trancezustand und schlage wie wild um mich. „Ihr scheiß Psychopathen!! Fickt euch alle, ihr Sadisten! Sucht euch wen anders zum Auseinandern- !!!“

 

Blitzschnell packt der Feind mich an der Kehle und drückt mich mit voller Wucht zurück auf die Liege. Prompt verstärkt er seinen Griff so lange, bis ich aufhöre wild herumzufuchteln und mich wieder beruhige. „Hgg! Hgg! Hgg!“

 

„Shhh, Mister Eustass. Es ist alles okay.“ Als wäre er die liebste Mutti auf Erden tätschelt der Arzt mit der Lizenz zum Massakrieren mir beruhigend den Kopf – den Griff immer noch fest um meine Kehle und ich dem Erstickungstod nahe.

 

Mit letzter Kraft mache ich noch einmal auf meine missliche Lage „Hgg!“ aufmerksam. Für ihn wohl die selbstverständlichste Art, jemanden effizient wieder ruhig zu stellen, lächelt Trafalgar liebselig und meint: „Du hast wohl schlecht geträumt, Mister Eustass. Zum Glück (!!) war ich da um dich aus deinem Traum herauszuholen. Worum ging es denn?“ UM DICH, DU PSYCHOPATH!!! Noch bin ich unentschlossen, ob vom eigentlichen Alptraum aus einem Alptraum geweckt zu werden, etwas mit Glück zu tun hat…

 

Kurz checke ich meine Umgebung: kleiner Raum mit Bett (gefüllt von mir) und ein paar Schränken (gefüllt mit Dingen und Werkzeugen, von denen ich gar nichts wissen will) sowie der Schlächter – wohl ganz besorgt über mich Wache haltend. Und – eine Spritze! „W-was hast du mir da gegeben…?!“ Wenn es möglich wäre, würde ich noch blasser werden. Ruhig Eustass! Du hast alle informiert – es wird auffallen, wenn du verschwindest und du würdest gerettet werden..!

 

„Nur etwas, das deinen Kreislauf wieder in Schwung bringt.“, der Arzt meiner Alpträume lächelt belustigt. „Hätte nicht gedacht, dass dich das so schnell umhaut.“

 

Und ich hätte nicht gedacht, dass ich so lange durchhalte…

 
 

Danach lecker Abendessen

 

 

 

(Möchtegern-)Schickimicki-Restaurant. Mehr tot als lebendig studiere ich die weit über meinem Budget liegende Speisekarte – mit gehörig verdorbenem Appetit – und vermeide jeglichen Augenkontakt mit meinem Gegenüber.

 

„Weißt du schon, was du essen möchtest, Mister Eustass?“ Noch immer sehe ich ihn nicht an, weiß aber, dass er schon lange ausgesucht hat und mich ungeduldig mustert.

 

Ein klägliches Räuspern: „D-denke schon…“  An einem Salat kann nun wirklich nichts sein, was auch nur ansatzweise an Gedärme oder tote Körper erinnert. Ich lege die Karte weg und schaue mit Unbehagen zu ihm; sein Weinglas mit den Fingern umspielend und dämlich grinsend. Beschämt schaue ich weg und nippe an meinem stillen Wasser. Irgendwie will kein Gespräch zu Stande kommen – Gott sei Dank (Ich kann mir nun wirklich keine Geschichten über irgendwelche Leichenexperimente mehr anhören)!

 

„Haben Sie schon entschieden, was Sie essen möchten, Gentlemen?“ fragt die dämlich blonde Schmalzlocke von Kellner.

 

Blutliebhaber Law genehmigt sich ein blutiges Steak (oh Wunder!), während ich mir sein verfluchtes Glucksen anhören muss, als kleinlaut der Salat geordert wird. Schmalzlocke zieht ab.

 

„Hast du keinen großen Appetit? Nicht einmal etwas Alkohol, Mister Eustass?“ Er beugt sich etwas zu mir nach vorne. „Aufgrund der Spritze brauchst du dir keine Sorgen zu machen, du musst auf nichts verzichten. Ohne Nebenwirkungen.“ Vielsagend und eindringlich schaut er mich an. „Du solltest dich für den Rest des Abends wirklich stärken.“ HIIIIILFEEE!!! ..Ich habe keine Kraft mehr für weitere Überraschungen…!

 

Schlagartig vergeht mir alles und ein Schwindelgefühl kommt auf (ich muss hier weg!!). „I-ich muss kurz zur Toilette..“ Möglichst elegant erhebe ich mich, um die sanitären Anlagen aufzusuchen. Dabei schlendere ich vorbei an dem blonden Möchtegern-Schönling, der von Bardame bis hin zur Klofrau alles anflirtet, was auch nur ansatzweise Titten vorzuweisen hat.

 

In einer WC-Kabine. „Killer…! Bitte… du musst mich hier rausholen…! Er bringt mich um..!“ flüstere ich, versteckt mit angezogenen Beinen auf dem Klo hockend.

 

‚Reiß dich zusammen, Mann! Es sind nur noch ein paar Stunden. Der Typ ist rattenscharf auf dich, lass dich flachlegen und du bist raus aus der Nummer!‘  Mit zittriger Hand massiere ich mir die Schläfe. „Aber er macht mir Angst..! Was ist, wenn er mich danach nicht in Ruhe lässt? Ich bitte dich!“ wispere ich. ‚Ich weiß nicht, was mich mehr amüsieren soll.‘ meint er amüsiert, aber monoton wie immer. ‚Dass du, der wahrhaftige Kid, zugibst, Angst zu haben, oder dass du, der wahrhaftige Kid, bettelst.‘ „Ich bettel nicht, kapiert?!“ wird so leise wie möglich, aber deutlich, klar gestellt. „Du weißt nicht, was ich heute schon alles durchgemacht habe..!“ Beinahe versagt mir die Stimme. „Lass dir was einfallen und hol mich hier ab!“

 

 

Auf dem Weg zurück zum Tisch wirkt der wahrhaftige Kid schon wieder gefasster. So langsam scheint sich mein Gemüt wieder zu stabilisieren, genau wie mein Gang – hätte mich dieser schnöselige, schmalzige Typ in seiner Säuselei nicht beinahe umgerempelt! Jetzt reicht es endgültig!

 

„Jetzt reicht es endgültig, Blondie!“ Ich packe ihn am Kragen. „Kannst du dir auch nur ansatzweise vorstellen, was ich heute durchmachen musste, he?!! Und jetzt muss ich mir zu allem Übel auch noch die ganze Zeit reinziehen, wie du absolut jede Schabracke hier angräbst! Das Maß ist übervoll!!“ Noch bevor ich ausholen kann, werde ich mit einem gezielten Kick außer Gefecht gesetzt – WTF??!!

 

„Ganz ruhig, Rotschopf.“ Lässig steht er da, immer noch mit seinem Tablett in der Hand und schaut herablassend zu mir herunter. „Entweder Sie gehen jetzt still und heimlich zurück an Ihren Tisch und warten auf Ihren Salat oder ich begleite Sie nach draußen.“

 

nach draußen… sehr gut, Eustass! Du brauchst keinen Killer, um dich aus der Misere zu ziehen – Ahahahhaha!! Du bist wahrhaftig der Wahrhaftige!

 

Neuen Mutes richte ich mich provokant auf. „Das gibt eindeutig weniger Trinkgeld, Schmalzlocke!“ Er funkelt mich an -

 

– und es kommt, wie es kommen musste: eine Edles-Restaurant-Schlägerei entfacht, die ich haushoch verliere und hochkant rausgeschmissen werde – von der Schmalzlocke und einem Einbeinigen alten Sack.

 

Ich liege am Boden. Doch ich werde übermannt von meiner neu errungen Freiheit! Ich bin draußen! Besser hätte es gar nicht laufen können! Mit letzter Kraft hieve ich mich vom Boden hoch, verdammt ramponiert aussehend, werfe ich freudige die Arme in die Luft und lache laut: „Ahahahahahaa! Frei! Ich bin frei!!“

 

„Die Spritze hatte wohl doch Nebenwirkungen.“ Ich erstarre zur Salzsäure, kann keinen Muskel bewegen und schiele Trafalgar hinterher, der völlig selbstverständlich lässig an mir vorbei geht und ein paar Meter vor mir stehen bleibt. Wieso zum Teufel  hast du nicht weiter gedacht, als hier rauszukommen?!! Du hättest dich zuerst verstecken und dann lachen sollen!!

 

„Ist aber nicht so schlimm, Mister Eustass.“ Er dreht sich zu mir um und packt meinen immer noch erhobenen Arm. „Der Laden hat mir eh nicht so gut gefallen. Das Personal ist sehr unfreundlich dort – es sei denn, man ist weiblich.“ Er grinst belustigt. „Ich konnte sie überzeugen, dich nicht anzuzeigen. Jetzt schuldest du mir noch mehr.“  (Wie er das geschafft hat, steht wohl außer Frage…)

 

Er zieht mich am Arm hinter sich her und ich habe alle Mühe nicht loszuflennen. „Komm mit, ich wohne nicht weit von hier. Ich verarzte deine Wunden.“

 

 Ich wäre nicht Eustass Kid, wenn der schlimmste Tag meines Lebens (und der wohl schönste in Laws, ich meine, er datet mich! Muss ich noch mehr sagen?) an dieser Stelle schon zu Ende wäre…

 

…Killer… wo bleibst du…??

 

 
 

Und zum Schluss gemütlich den Abend ausklingen lassen

 

 

Wenn es mich interessiert hätte, würde ich sagen, dass Peiniger Law in einem ziemlich schicken, modernisierten Altbau-Appartement hauste – mit Aufzug, in dem ich die schlimmsten Ängste und Bauchschmerzen meines Lebens durchstand (die natürlich von meinem Kampf stammen, den ich nur verloren habe, weil die Ninjaköche in der Überzahl waren!). Die Wohnung an sich war recht unschnöselig aber teuer, mit wenig Liebe zum Detail und pragmatisch eingerichtet.

 

„Setz dich, ich hole ein paar Utensilien.“ Utensilien. Ich muss hier raus!!! „W-wo ist denn das Bad?“

 

 

Im Badezimmer, abcheckend ob ich einen Sprung aus dem Fenster überleben würde. „Killer! Wo zum Geier steckst du? Ich brauche einen Plan!“ Meckere ich wispernd ins Telefon. ‚Alter! Hör auf mich anzurufen, fällt das nicht auf? Wo bist du?‘, meckert er monoton zurück. „Ich bin bei ihm in der Wohnung und versuche, zu fliehen! Du musst herkommen!“ ‚Du bist bei ihm der Wohnung? Warum hast du dich nicht woanders flachlegen lassen?‘ „Halt die Klappe! Ich will mich nicht flachlegen lassen – ich will leben!“ ‚Du Idiot! Warum stellst du dich auch so gut an, dass er dich mit nachhause nimmt? Warum hast du es nicht einfach so sehr versaut, dass er die Schnauze voll von dir hat?‘ „Was glaubst du denn, was ich gemacht habe?!!

 

„Ist alles okay da drin?“

 

„Scheiße!!! Killer, mach was!“ flüstere ich verzweifelt. ‚Kid, beiß‘ einfach die Zähne zusammen. Im Knast wird dir das noch viel öfter passieren. Siehe es als Feuertaufe oder Übung für den Notfall.‘  Damit legt er auf und am liebsten wäre ich aus dem Fenster gesprungen!

 

 

Trafalgar hat auf dem Wohnzimmertisch allerlei Medizinkrams ausgebreitet und weist mich an, auf dem Sofa Platz zu nehmen. Ein Skalpell oder ähnliche scharfe Gegenstände sind nicht zu sehen. Das lässt zwar aufatmen, aber wirklich beruhigt bin ich nicht...

 

Mulmig sehe ich zu, wie er Desinfektionsmittel auf einen Wattebausch aufträgt. „Ich nehme an, diese Prozedur ist dir nicht fremd.“ Gelassen nimmt er neben mir Platz und dreht meinen Kopf so, dass er unbeirrt die Schrammen in meinem Gesicht betupfen kann. Dank dem Adrenalin in meinen Venen spüre ich kaum etwas (und ich danke Gott, dass ich keine Platzwunden davongetragen habe! Was dann passiert wäre, kann sich ja jeder denken…) oder er arbeitet tatsächlich sehr vorsichtig.

 

„Hast du sonst irgendwo Schmerzen?“

 

„Nein“, lüge ich und hoffe, die Sache hat sich damit erledigt.

 

„Sicher? Zieh dein Shirt aus, wir gucken mal.“,  gibt er zum Besten und packt das untere Ende meines Oberteils.

 

Jetzt reicht es aber! „Woah! Ganz langsam, Mister Urologe!“ Ich stehe auf und gehe auf Abstand. „Es reicht! Mein Gefallen ist hiermit erfüllt! Schönen Abend noch!“

 

Wirklich alles muss man sich hier nun wirklich nicht bieten lassen! Wütend stampfe ich zur Haustür um sie schwungvoll nach wahrhaftiger Kid-Manier aufzureißen – und sie ist abgeschlossen. W T F ? !

Alles feste Rütteln bringt nichts.

 

Trafalgar erhebt sich und kommt lachend auf mich zu. „Also wirklich, Mister Eustass. Manche sagen, dass hier sei eine gefährliche Gegend. Da schließt man doch ab, oder nicht?“ Wärst du bloß aus dem scheiß Fenster gesprungen!!

 

Ich schlucke – und verschlucke mich beinahe daran. Mit versteinerter Miene lasse ich von der Tür ab und wende mich ihm zu. Er bleibt dicht vor mir stehen und sieht raubtierhaft zu mir hoch. „Du hast nicht den Eindruck gemacht, als hätte es dir heute nicht gefallen.“ Was für große Tomaten hat der eigentlich auf den Augen?! Noch bevor ich kontern kann, spricht er weiter. „Die Abmachung war ein ganzer Tag inklusive Abend – mit allem was dazu gehört. Und er ist noch nicht vorbei.“

 

 

 

„Verflucht Perona, gib mir endlich Zombie ans Telefon, es ist verdammt wichtig!“ ‚Du scheiß Arsch, das kannst du vergessen! Du versaust uns unseren schönen Kuschelabend nicht, hast du kapiert?! ICH bin seine Prinzessin, für die er zu sorgen hat und nicht du!‘ „Du scheiß Schnepfe, ich schwöre dir, ich bring-„ Tututut.

 

Wieder sitze ich im Bad und suche verzweifelt nach Hilfe. Was sind das für Freunde??! Wie oft war ich für sie da, habe alles stehen und liegen gelassen, um sie aus allem herauszuholen und das ist der Dank?! ‚Du hast uns immer reingeritten und jetzt spielst du dich wie der Samariter auf?!‘ „Konomi! Bitte! Ich schwöre, du hast was gut bei mir!“ ‚Bei aller Liebe, ich hab keine Lust, diesem Monster auch nur in die Nähe zu kommen!‘

 

Ich bin am Arsch… am besten springe ich aus dem Fenster und hoffe, zu überleben. Den Fuß schon auf dem Fensterbrett, denke ich dieses Mal weiter: sollte ich überleben, wird der Schlächter nebenan mich zuerst finden, was bedeutet, dass er sich höchstpersönlich um meine Genesung kümmern wird – natürlich ohne auf den Gedanken zu kommen, es wäre kein Unfall gewesen sondern pure Absicht, um aus seinen Fängen zu entkommen… Ihm wehrlos und verkrüppelt in einem Krankenbett ausgeliefert zu sein, wäre eindeutig um Einiges schlimmer.

Ich besinne mich und stelle mich resigniert vor den Spiegel. Betrachte das Bild vor mir. Blass und kraftlos, ramponiert mit zerzaustem Haar. Genau das hier scheint dem Schlächter zu gefallen: das pure abgefuckte Leben, rücksichtslos und unbeherrscht. Leichtsinnig.

Na schön! Das ist es was du willst, Todeschirurg?! Dann sollst du es auch bekommen! Ich bin Eustass Kid und schon mit ganz anderen Kalibern fertig geworden! Wir werden ja sehen, wer danach vor wem kuscht!! Es gibt durchaus Schlimmeres, als mit einem gutaussehenden Arzt ins Bett zu steigen! (Denk an den Knast, Kid, denk an den Knast!)

 

Gepuscht mit neuer (eingeredeter) Energie stolziere ich geradeaus in sein Schlafzimmer. Dort steht er: gerade dabei, sich obenherum zu entblößen, und schaut mich veblüfft, mit durcheinander geratener Frisur, an. Law ist bei weitem nicht so schmächtig, wie die Schlabberpullis einem weiß machen wollen (ganz im Gegenteil), die Arme voll tätowiert**. Ich gehe auf ihn zu, genieße seine Verwunderung als ich ihn packe, die Arme immer noch in seinem Pulli steckend. Ich greife sie, drücke ihn gegen den Spiegel, vor welchem er steht, hebe seine Arme über seinen Kopf und pinne ihn fest. „Die Abmachung war, mit allem was dazu gehört. Also will ich auch keine Beschwerden hören.“

 

Ich küsse ihn, wild und hungrig. Merke auf einmal, welche sexuelle Spannung die ganze Zeit zwischen uns herrscht und drücke mich gegen ihn, lockere den Griff um seine Arme. Law nutzt die Gelegenheit um mich wegzudrücken – aber nur kurz. Er grinst mich an, entledigt sich seinem Pulli komplett, schiebt mich Richtung Bett. „Das gefällt mir schon eher, Mister Eustass.“

Er drängt mich auf die Matratze, streift mir das Shirt über den Kopf und wirft es zur Seite. Ich ziehe ihn zu mir. Law schiebt mich weiter auf das Bett und ich gebe nach, rutsche nach hinten, lasse ihn über mich, zwischen meine Beine kriechen und nach unten drücken. Trafalgar küsst mich, leidenschaftlich, vergräbt seine Hände in meinen Haaren und drückt sein Becken gegen meins und mir wird heiß, verflucht heiß. Seine Lippen entfernen sich von meinen, die jetzt ziemlich in Mitleidenschaft gezogenen und verschmiert sind, und arbeitet sich meinen Nacken entlang, beißt hier und da zu. Sein Becken drückt fester gegen meins, seine Hand fährt mir in den Schritt und dann nimmt er sich wieder meinen Mund vor. Der Chirurg küsst recht rau und ist alles andere als zimperlich.

 

Der Schwarzhaarige lässt von mir ab, richtet sich auf und werkelt mit seinen Händen an meiner Hose, zieht sie ein Stück herunter und gibt mir zu verstehen, dass er damit eindeutig auch noch andere Dinge kann, als Menschen zu verstümmeln. Soweit es geht, stemme ich mich zu ihm hoch und drücke ihm meinen Mund wieder auf, kann das Stöhnen kaum unterdrücken. Er schiebt mich wieder zurück, grinst mich verheißungsvoll an und rutscht etwas nach hinten, entledigt mich meiner Kleidung völlig. „Ich will ebenfalls keine Beschwerden hören.“ Law sieht mich an, seine Augen sind Lust verhangen, wie die eines Raubtieres, das endlich seine Beute da hat, wo es sie haben will.

 

 

 

 

„Diesmal ist es wirklich, wirklich an der Zeit, dass du mich abholst.“ Ich habe völlig resigniert, aufgegeben, meine Stimme ist gebrochen (genau wie meine Seele). ‚Ich hab dir gesagt, beiß‘ die Zähne zusammen! Morgen ist alles vorbei und jetzt lass mich schlafen!‘ Killer klingt wie immer monoton, weswegen schwer einzuschätzen ist, ob er nun sauer, müde oder locker ist.

 

„Mister Eustass, es ist alles in Ordnung! Komm wieder raus da.“ Law steht amüsiert vor seiner verschlossenen Badezimmertür.

 

„Killer! Bitte!“ ‚Kid, gute Nacht und bis morgen.‘ Er legt auf und überlässt mich meinem Schicksal – er ist also auch ein Killer der Herzen. Erbarmungslos und eiskalt. Genau wie die anderen scheiß Verräter, die alle noch was zu hören bekommen!

 

„Das war eine völlig normale, körperliche Reaktion. Und ich fühle mich auch ein wenig geschmeichelt, wenn man das so sagen kann.“ Das Raubtier versucht weiter, sein armes, wehrloses Opfer aus seinem Versteck zu locken.

 

Ich will nach Hause! „Ich will nach Hause! Es ist schon lange Mitternacht durch, die Abmachung ist erfüllt.“

 

Der andere Killer lacht und lehnt an der verschlossenen Tür. „Ja, ist sie. Aber auch dafür musst du da raus.“

 

 

______

* Ja, der Film Anatomie. Ich konnte einfach nicht anders… xD  Für alle die ihn nicht kennen: http://de.wikipedia.org/wiki/Anatomie_%28Film%29

** Achtung Spoiler: Ich muss an dieser Stelle einfach sagen, dass ich Laws Brust-Tattoo mega schrecklich finde – deswegen wurde es kurzerhand entfernt ;3
 

~~
 

So ihr Lieben, wie immer tut mir die unverschämt peinlich lange Wartezeit leid - die FF wird auf keinen Fall abgebrochen! :-* Mein Hirn rattert wieder voller Ideen, aber wie immer ist es eine Frage der Zeit, wann ich diese umsetzen kann T,T
 

Ich danke euch ganz, ganz herzlich für eure Geduld :)) ..und hoffe, ihr bleibt der Story noch weiter treu <3

(Und bitte nehmt mir die recht kurze Lemonszene nicht übel, so etwas ist nicht gerade meine Spezialität ^_^'')

The Return of the Living Dead


 


 

„Hello Kitty!“ Wenn ich meine Strafakte nicht kennen würde, würde ich tatsächlich fragen, wie um alles in der Welt ich hier her gekommen bin. Dennoch lässt mich eine Frage einfach nicht los:
 

Womit habe ich das alles verdient??!
 

Er ist zurück, der eine, der wahrhaftige, der einzige Idiot, der mutig genug ist, mich so überheblich und sich selbst verherrlichend als seinen Sklaven zu behandeln: der Troll.

Vorbei die Zeit, die ruhigen Tage, in denen ich meine Stunden damit absitzen konnte, den menschlichen Antiken Kartenspiele beizubringen und Küchendienst zu erledigen. Macht es gut, Stunden der Wonne, in welchen ich die Sonnenstrahlen genießen konnte, in dem ich so tat, als würde ich auf die Senilen im Garten aufpassen und auf Wiedersehen, Momente der Freude während dem Rasenmähen (was aufgrund Verletzung der Aufsichtspflichten im Garten beinahe schief gegangen wäre). Er ist zurück, bereit, dem Grund für seinen Krankenhausaufenthalt und anschließenden Arbeitsausfall (als ob der Penner seine freien Tage nicht genossen hätte!) gehörig eins auszuwischen: Mir.
 

„Also, alter Freund.“, grinst der Troll selbstgefällig. „Ich bereite jetzt die Pläne vor, währenddessen kannst du mit Dadan schon einmal die Toiletten sauber machen.“ Sein Grinsen wird noch breiter und ich habe alle Mühe, ihm den Wischmopp in meiner Rechten nicht um die Ohren zu hauen!
 

Dadan ist der Hausmeister(in) dieses Seelen-Gefängnisses und sorgt allgemein für Recht und Ordnung. Und er ist verdammt furchteinflößend.
 

„Also Kindchen*, wenn wir fertig sind, ist das reiner als Quellwasser hier, kapiert?“ Seine/ihre raue, verrauchte Stimme ist eisern. Dadan ist der Inbegriff des Mannweibs.
 

„Seit ich hier bin, kommt mir das eher wie ein maroder Sumpf vor.“, meine ich völlig gleichgültig – und es stimmt! Hier muss eher aufgepasst werden, dass nichts Ungewolltes mitgenommen wird! „Hast du ein Problem mit der Hygiene hier, Jungchen?!“ Dadan packt mich am Kragen und plärrt mich mit rauchiger Stimme an. –
 

Zwei Sekunden später stehe ich mit Putzwagen im Besucherklo.
 

Das (geplante) grobe Kehren und Wischen konnte ich allerdings schnell abhaken, da Dadan es sich nicht nehmen ließ, ab und an Kontrollbesuche abzustatten. Als ob ich zu bescheuert wäre, eine Toilette zu putzen!

„Ist das hier ein Witz oder was?! Hast du dir schon mal den Urinstein hier drin angeguckt?! Sofort bürsten!“

„Was ist das hier?! Denkst du die Ersatztüten sind hier umsonst?! Die Mülleimer sollen ausgetauscht werden!!“

„Nennst du das Quellwasser-sauber? Kannst du dich etwa im Fußboden spiegeln, hä??!“
 

„Der verdammte, scheiß Fußboden ist dunkel und matt gefliest!“, werfe ich den Wischmopp quer durch den Raum. „Ich bin hier gerade Mal 5 Minuten zu Gange, du elender Sklaventreiber!!“ …hebe ihn aber schnell wieder kleinlaut auf, als mir die pochende Vene an seiner Schläfe auffällt. (Es reicht, die Chefin und den zuständigen Einweiser gegen sich zu haben, da muss man es sich nicht auch noch mit dem Hausmeister(in) verscherzen…)
 

„Sofort wieder an die Arbeit oder es setzt was!!“
 

Frustriert (und Schimpftiraden leise murrend) klatsche ich den nassen Mopp erneut auf die Fliesen.
 


 

Nach zwei Etagen Besucherklos sind nun die Personaltoiletten dran. Auf vier Etagen.
 

„Also Junge, damit das nicht schon wieder so lange dauert (weil ich alles doppelt und dreifach sauber machen musste!), zeige ich dir jetzt wie das funktioniert!“ Wie in einer Putzmittelwerbung zieht er sich die gelben Gummihandschuhe an, schnappt sich Sprühzeug und sprüht damit die Toiletten ein, um sie danach hygienisch-rein zu schrubben. „So.“, nach getaner Arbeit richtet sich Dadan wieder auf. „Kapiert?!“
 

„Leider konnte ich das nicht so genau sehen. Kannst du mir das noch einmal bei den Pissoirs zeigen?“ Der Lehrer(in) schnaubt widerstrebend „Na schön.“ und macht sich daran, die Prozedur bei einem der Pissoirs zu wiederholen. „Jetzt du!“ Sie hält mir die Sprühflasche hin. Kurz überlege ich. „Wenn du mir jetzt noch zeigst, wie ich den großen (einzigen) Spiegel streifenfrei sauber kriege, schaffe ich das sicher ganz alleine hier.“

Wohl positiv über meinen Enthusiasmus überrascht, macht er sich an dem Spiegel zu schaffen. Zufrieden lehne ich mich an die Wand und gucke zu – das läuft doch wie am Schnürchen hier!
 

„Okay. Jetzt halte dich ran, Kindchen! Wir müssen uns aufteilen, sonst werden wir nie fertig!“ „Gut, aber wie kriege ich denn die Spülbecken richtig sauber?“ „Wie schwer von Begriff bist du eigentlich?! Also, pass auf! – Moment!!

Er dreht sich wieder zu mir, schnell ändere ich meine lässige Haltung in „interessiert“ und tue so, als hätte ich aufgepasst. Wieder werde ich am Kragen gepackt und angebrüllt: „Du denkst wohl, du bist ein ganz Schlauer was?!! Ab an die Arbeit, aber sofort!!!“
 

Im nächsten Moment stehe ich mit Mund- und Kleidungsschutz und Handschuhen vor den Toiletten gebeugt und mache sauber – mit dem Ekel im Nacken und der Kotze im Anschlag (und ich bin überzeugt, hier gibt es auch Putzfrauen für sowas, die sich heute wahrscheinlich alle frei nehmen durften!!).
 

„Danach will ich mich im Boden spiegeln können!“ befiehlt der Hausmeister(in) in der Tür über mich Wache haltend.
 

Ich ziehe den Mundschutz runter und plärre nach hinten: „Der verfluchte Toilettenboden ist überall dunkel und matt!!“
 


 

Nach über 8 (!) Stunden Toilettenschrubben (und ich schwöre, jetzt sind sie quellwasserrein!), jeglicher Überlebenskämpfe und Gezeter von Dadan räume ich die Putzwagen weg. Mir tut alles weh und ich will nur eins: mich zuhause besaufen und duschen. Und vergessen. So wie jeden Tag.
 

„Kitty! Wo willst du denn hin?“ Das. Ist. Nicht. Wahr!!! „Guckst du eigentlich auch mal auf die Dienstpläne, huh?“
 

Mein Rücken bringt mich um. Ich habe Hunger. Ich stinke nach Desinfektion und anderen Dingen, von denen ich nichts wissen will und nun das: der Troll hält mich auf, kurz vor dem Ausgang! Du hättest den scheiß Aufzug nehmen sollen! Hast du immer noch nicht kapiert, dass hier drin jede Sekunde zählt (vor allem wenn man zu verbleibende Lebensdauer der Mehrheit hier betrachtet)?! Ich wende mich dem Hobbit zu und knurre missmutig. Er hält den Dienstplan hoch und zeigt auf heute. „Du bist für die Nachtschicht eingetragen.“
 

Jetzt reicht es aber! „Jetzt reicht es aber!“, ich werde lauter. „Heute Morgen stand davon garantiert nichts drin! Übertreib‘ es nicht, Kobold!“
 

Er verschränkt selbstsicher die Arme vor der Brust. „Auch wenn es dir nicht passt, Dalton hat sich krank gemeldet und du musst für ihn einspringen.“ Am liebsten würde ich ihm dieses Grinsen aus dem Gesicht prügeln!
 

„Ich bin schon seit heute früh hier! Such dir gefälligst jemand anderen!“ Ich setze schon zum Umdrehen an, als „Schön. Dann fragen wir doch mal Gloriosa, ob sie nicht die Nachtschicht übernehmen will.“ er tatsächlich der Ansicht ist, mir drohen zu können. „Ich scheiße auf die Alte!“
 

„Welche Alte meinen Sie denn, Kid?“ Wie aus dem Nichts steht plötzlich der (nur körperlich) in die Jahre gekommene Teufel im Gang!
 

Gloriosa funkelt mich an, überbereit, ihren roten Alptraum ins Gefängnis zu verfrachten. Mir hängt ein Kloß im Hals. „Uhm… äh… ich meine die Verrückte, die denkt.. äh.. sie wäre.. nun..“ Ein Räuspern, dann Stille. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich wohl schon tausendfach gestorben – allein in diesem Moment. „Wenn Sie nicht wegen Arbeitsverweigerung im Knast landen wollen, werden Sie gefälligst hier bleiben.“ Sie kommt gemächlich auf mich zu (weil der alte Knochen wohl nicht schneller kann). „Und ich bin mir verdammt sicher, dass Sie sich auch aus dieser Affäre ziehen würden – wie auch immer Sie das jedes Mal anstellen. Deswegen wird Sie die Nachtschicht die ganzen nächsten Wochen erwarten, sollten Sie es wagen, dieses Gebäude auch nur für eine Minute bis morgen früh zu verlassen.“ Sie spricht leise und ernst – nur leider fällt es schwer, jemanden ernst zu nehmen, der einem gerade mal knapp bis zum Knie geht.
 


 

Eine Stunde später (und einem Telefonat mit Bellemere, die mir versichert hat, dass das legitim ist und ich bloß alles machen soll, was mir hier gesagt wird) hocke ich zusammen mit Jean Bart, einem fleischgewordenen, bärtigen Hünen, dem ich nachts nur ungern begegnen würde (haha, ich werde die ganze Nacht mit ihm verbringen!) und dem Troll im Personalraum. Es wird geplant und erklärt, wie heute Nacht auf die Zombies aufgepasst werden muss.
 

„Also ihr beiden, dann viel Spaß! Ihr teilt euch die Nachtschicht mit Laki und Genbo im oberen Stockwerk.“ Fröhlich, als könnte ihn kein Wässerchen trüben, winkt der Troll zum Abschied (und ich wünschte, es wäre ein Abschied für immer). Vergiss nicht morgen früh wieder da zu sein, Kiddy. Ach warte, den Weg nachhause sparst du dir ja!“ Ich bring ihn um!!
 

Wortlos packt mein Leidgenosse sein mitgebrachtes Lunch aus. Er bemerkt meinen verdutzten Blick. „Hast du etwa kein Frühstück dabei?“ „Frühstück?!“ „Ja. Schläfst du etwa nicht bevor du die Nachtschicht angehst? Da würde ich ja umkommen vor Müdigkeit.“ „Soll das ein schlechter Scherz sein? Ich wusste vor ein paar Minuten noch nicht mal dass ich diese Gott verdammte Schicht habe!“ Ich stehe auf, schnappe mir eine Decke und lege mich auf die Couch. „Ich will nicht gestört werden, gute Nacht!“
 

Nach einer halben Stunde ohne Einschlafen hocke ich am (zur Überwachung angeschafften) PC und spiele müde Solitär. Hüne Jean scheint ein ruhiger Zeitgenosse (und ein langsamer Esser) zu sein, eine ganze Weile ist es, bis auf sein Schmatzen, still. Doch dann „Stimmt es, dass du jetzt mit Law zusammen bist?“ ersticke ich vor Schock beinahe an den scheiß Gummibärchen! Nach einigem an Röcheln und Husten (natürlich wurde mir nicht geholfen!) habe ich mich wieder im Griff: „WTF?!“
 

Der Riese schaut mich verwundert, falls diese minimale Regung in seinem Gesicht das ausdrücken soll, an. „Ihr trefft euch doch, oder nicht?“
 

„Woher zum Geier..?!“ „Ich kenne ihn über Shachi.“ Das ist ja wohl die versteckte Kamera hier!! „Wollt ihr mich hier alle verarschen?!“ „Hast du etwa Probleme mit deiner sexuellen Identität? Ist schon okay, ich bin da sehr offen. Wo die Liebe eben hinfällt.“ Die dunkle, wummernde Stimme kommt so trocken, dass mir die Spucke wegbleibt.
 

Gerade will ich alles abstreiten, als „Sag mal, spielt ihr in euren Blumenkleidchen Tee-Party oder was?!“ eine dunkelhaarige Indianer-Amazone in den Raum stürmt. „Draußen läuft eine Bewohnerin im Nachtgewand herum! Habt ihr keine Augen im Kopf?!“ Alle unsere Blicke wandern zum PC-Bildschirm, auf dem ganz klar im prächtigen Grün Solitär erstrahlt. Dann gehen die Blicke zu mir. Keiner sagt etwas – die Sachlage ist auch so klar.
 

„Das ist ja wohl die Höhe!“ Die Indianer-Lady packt mich und zerrt mich grob auf den Flur. „Los, raus da und bringt sie wieder auf ihr Zimmer!“
 

Mit Taschenlampen bewaffnet stiefele ich mich mit einem Trinkpäckchen schlürfenden Ungetüm im Rücken durch den pechschwarzen Garten (ein paar Lampen wären ja auch zu viel!) Bis auf das Zirpen und Rascheln unter den eigenen Füßen ist nichts zu hören.
 

„Heeeeeeeey, Zombie!!! Hier ist Frischfleisch, wo bist du??!!“ brülle ich in die Nacht hinein und ernte ein zorniges „Sssshhh!! Du weckst noch die anderen auf (falls sie die Pillendosis für eine gute Nacht nicht umgehauen hat)!“ Als Antwort erntet er ein Murren. Irgendwie muss diese Schrulle ja auf uns aufmerksam gemacht werden!
 

Ich würde lügen, wenn es nicht schon etwas unheimlich ist, über ein stockfinsteres Grundstück zu wandern um eine halbtote im Nachtgewand zu suchen. Und so langsam beschleicht mich das Gefühl, das vielleicht jemand mit Absicht die Tür dieser Verrückten nicht abgeschlossen hat! „Das macht doch keinen Sinn! Wir sollten uns lieber aufteilen, mir ist kalt und wenn die Alte abgehauen ist, finden wir sie eh nicht!“
 

„Es hat schon einen Grund, weshalb wir zu zweit suchen, Eustass Kid. Und es sollte besonders in deinem Interesse sein, sie auf jeden Fall zu finden.“ Jean legt so viel Intensivität in sein Gelaber, dass ich stutzig werde. Was für einen Grund soll es bitte schön geben, zu zweit eine gebrechliche Frau zu suchen? Dazu ihn zu fragen komme ich nicht, denn die Geräuschkulisse wird von einem lauten Rascheln durchbrochen. „Was war das?“ Ich bleibe stehen und der Riese stellt sich neben mich, leuchtet mit der Taschenlampe in ein Gebüsch. „Es kam von da drüben.“
 

Ein paar Sekunden passiert nichts. „Willst du nicht vorgehen?“, gebe ich ungeduldig zum Besten. Widerwillig setzt er sich in Bewegung und ich bleibe ihm auf den Fersen (und bin froh, dass er keine Widerworte gibt). Dann ertönt das Rascheln erneut. Als wir näher kommen, kann ich ein leises, fröhliches Summen hören, zusammen mit einem ebenso leisen Lachen.

Mir geht heftig die Pumpe, als wir uns in das Gebüsch wagen und Ausschau halten – nichts. Nur ein leerer Platz mit Sitzbänken und Tischen vor dem Zugang zur Küche. „O-okay… du wartest hier und ich schaue nach, ob sie vielleicht irgendwo dort um die Ecke ist.“ Vorsichtig erhebt sich der Koloss und wandert mit Taschenlampe ab, begibt sich vorsichtig in die Dunkelheit, bis er nur noch schemenhaft zu sehen ist. „Hallo? Ist hier jemand?“
 

Ich hocke brav im Gebüsch und warte ab. So langsam macht das hier echt keinen Spaß mehr! Wenn die Alte weg ist, ist klar, dass mir Shachi das in die Schuhe schieben wird! Dass ich ausgerechnet mit einem Freund von ihm Nachtschicht schieben muss, ist garantiert kein Zufall!
 

Mir ist kalt und ich reibe mir die Arme, dann höre ich ein Knacken und schaue mich um, kann aber nichts erkennen. Nur das Licht von Jeans Taschenlampe, der immer noch den Platz absucht. Ein verächtliches Schnauben von meiner Seite. Dann wieder dieses leise Summen einer Melodie. Oh, oh… „H-hallo?“ frage ich in die Dunkelheit hinter mir und leuchte mit der Lampe, erkenne aber nichts, höre nur diese Stimme. Reiß dich zusammen, Mann! Das ist nur eine alte Frau! Genervt krieche ich aus dem Gebüsch Richtung der Geräusche, die immer lauter werden. Ein paar Mal leuchte ich hin und her, drehe mich im Kreis und dabei erhasche ich etwas Weißes. Ich stocke, lasse den Lichtstrahl langsam wieder ein wenig zurückwandern und für kurze Zeit bleibt mir das Herz stehen: da steht sie, mit ihren langen grauen Haaren, dem weißen langen Nachthemd, völlig dürr und wahrscheinlich blasser als ich erkennen kann. Sie wippt eine leise Melodie summend hin und her, stockt in ihrer Bewegung und lässt ihren Kopf nach oben schnellen. Ihre pechschwarzen Augen starren mich an. Ich schlucke. „J-Jean….?“ Plötzlich schnellt sie auf mich zu. Vor Schreck lasse ich die Taschenlampe fallen „Oh Gott!!!!“ und nehme die Beine in die Hand!
 

Gott sei Dank bin ich schneller als dieser Dämon und kann sie abhängen, drücke mich voller Panik hinter einen Baum und krame eilig mein Handy heraus. „Killer! Es ist dieser Geisterbeschwörerin tatsächlich gelungen mich zu verfluchen! Ein Dämon ist hinter mir her!! Los, du musst sie töten, damit der Fluch gebrochen wird!“ ‚Alter, wenn du ein Problem mit Perona hast, kläre das selbst. Zombie ist auch mein Freund, da hänge ich mich nicht rein. Gute Nacht.‘ „Halt, war-“ tututut. Also hat sie Killer auch schon einer Gehirnwäsche unterzogen! Nach dem Troll ist sie die Nächste!
 

Es gelingt mir, schnell eine Taschenlampen-App herunterzuladen und diese einzuschalten. Dabei bin ich allerdings so vertieft, dass ich nicht merke, wie der Geist in Nachthemd immer näher kommt. Um mir einen Weg zurück ins Gebäude zu suchen, leuchte ich mit dem Handy nach vorne – genau in das eingefallene Gesicht der Frau. In der nächsten Sekunde stürzt sie sich auf mich. „AAAAAAAAAAHHHHHHHHHH!!!“
 


 

Es dauert eine Ewigkeit, bis Jean unsere Position anhand meiner Überlebens- und Hilfeschreie ausfindig macht. Schließlich findet er mich mit der Alten kämpfend auf dem Boden. Mein Körper ist so voller Adrenalin gepumpt und auf Überleben eingestellt, dass ich völlig vergesse, dass das da eine alte, gebrechliche Frau ist, die ich gerade zu erwürgen versuche – was auf Gegenseitigkeit beruht.
 

„Spinnst du?! Geh sofort runter von der Frau!!!“ Der Pfleger eilt auf mich zu und zerrt mich von ihr weg. „Ich hab dir doch gesagt, du sollst warten!“ Mein Herz rast wie wild und ich schnaufe schwer. „Sie hat mich angegriffen, mich verfolgt!! Sie wollte mich töten!!“ Plötzlich rappelt sich die Halbtote blitzschnell auf, fixiert uns mit ihrem Blick und faucht wie ein Dämon (O.M.G!!). Sie macht Anstalten abzuhauen – wird aber von einem Betäubungspfeil niedergestreckt (?!!).

Völlig geschockt verfolgt mein Blick die Richtung aus der der Pfeil kam und bleibt schließlich bei gruseligen Riesen hängen, der noch immer mit rauchender Pistole auf die Niedergestreckte zielt. „Genau deswegen gehen wir eine Patientin nie alleine suchen.“
 


 

Gelähmt sitze ich vor dem PC und schließe die Ursache allen Übels: das Solitär-Fenster. War das alles gerade wirklich passiert? Hat Jean Beart wirklich mit einer Beruhigungspistole auf die Besessene geschossen, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt? Sie routiniert auf die Schulter gehievt und danach in ihrem Zimmer eingesperrt, am Bett fixiert? Und wieso zum Geier schockt das niemanden sonst?!!
 

„Bist ganz schön still, Rotschopf.“ Laki sitzt lässig in ihrem Stuhl hinter mir und füllt ein paar Zettel aus. „Die Medikamente wirken sehr unterschiedlich auf die Patientinnen, kein Grund zur Panik. Sowas passiert schon mal ab und an.“, meint sie ganz locker.
 


 

Am Morgen stolzierte der suizidgefährdetste Typ der mir je begegnet ist, fröhlich ein Liedchen trällernd ins Amazon Lily, schlendert gut gelaunt in den Personalraum „Guten Morgen, meine lieben Freunde!“ und macht sich laut an seinem Spint zu schaffen.

Erschrocken fahre ich mit übel zerzaustem Haar aus meinem Dämmerschlaf hoch (nach Stunden des Schocks habe ich mich so weit beruhigt, dass die Couch mich ganz locker um den Finger wickeln konnte), registriere wer es wagt, mich zu wecken und plärre mir das linke Auge reibend „Du hast echt Nerven, hier so eine gute Laune zu verbreiten!“ Shachi grinst selbstgefällig. „Hast du gut geschlafen? Das hoffe ich doch sehr, deine Frühschicht fängt gleich an!“ Überaus gereizt und nervlich völlig überspannt, kann ich meine Wut kaum noch im Zaun halten, stehe auf und stapfe auf ihn zu. „Kannst du dir auch nur ansatzweise vorstellen, was ich diese Nacht durchgemacht habe?!!“ Der Troll deutet auf den PC. „Solitär gespielt, anstatt die Überwachungskamera im Auge zu behalten?“ (Mir war langweilig, okay? Eustass Kid lernt nur sehr sporadisch aus Fehlern…) Er zieht seine Sonnenbrille etwas runter und sieht mich herausfordernd an. „Wenn du sonst nichts Schwerwiegendes angestellt hast, bin ich bereit, darüber hinweg zu sehen.“ Dann grinst er und zieht winkend ab. „Du kannst dich etwas frisch machen, dann muss das Frühstück vorbereitet werden.“
 

Im Bad ziehe ich mir das Shirt aus. An mir haftet der Duft nach Alt und Schweiß. Ich schaue hoch in den Spiegel, erkenne die gebrochene Person darin kaum wieder. Wann ist das aus dir geworden Kid? Wann war der Zeitpunkt, an dem du aufgegeben, deine Prinzipien über Bord geworfen hast? Als Antwort klingelt mein Handy: Trafalgar. Ich bin gefangen in einer Spirale aus Erpressungen, abhängig von der Laune des Todeschirurgen…

Widerwillig hebe ich ab. „Ja?“ ‚Guten Morgen, Mister Eustass.‘ Resigniert reibe ich mir die Augen. Kurze Stille. Dann räuspert er sich ungeduldig. Ich verdrehe die Augen. „Ja ja, guten Morgen.“ ‚Wie hat dir die Nachtschicht gefallen?‘ „Woher weißt du davon?!“ Seine Stimme wird zornig. ‚Du hast mich seit unserem Treffen nicht mehr angerufen und auch nicht auf meine Nachrichten geantwortet!‘ „Steckst du etwa dahinter?!“ ‚Als ob ich so einfallslos wäre, dir bloß eine Nachtschicht aufzubrummen! Aber ich könnte dafür sorgen, dass du keine mehr bekommst. Dann schuldest du mir allerdings was.‘ Jetzt ist das Fass voll!! „Es reicht!!!“ Woher ich den Mut nehme, ausgerechnet ihn so anzubrüllen, ist mir schleierhaft, aber der verpasste Schlaf und die Aussicht, gleich noch Frühschicht zu machen, fordern ihren Tribut. „Du kannst deine Hündchen wieder zurückpfeifen, Krankenschwester! Ich brauche dich nicht!! Und hör auf, mich ständig anzurufen! Wir beide sind quitt, hast du kapiert?!! Schönes Leben noch!!“ Das Telefonat wird beendet.

Innerlich koche ich vor Wut, schaue wieder in den Spiegel, bemerke die Würgemale an meinem Hals des Geistes, den ramponierten Mann der mir da entgegenblickt und schlage heftig mit der Faust gegen die verschissenen, matten Fliesen (ursprünglich sollte es den Spiegel treffen, aber bei meinem Glück wäre der noch zersprungen und die Konsequenzen wären klar...).
 

Vollgepumpt mit jeglicher Art von Koffein sitze ich später auf den Eingangstreppen. Der Ort, an dem mir eine bestimmte Frau schon oft genug versucht hat, mir ins Gewissen zu reden. „Hey Bellemere, hier ist Kid.“ ‚Was hast du schon wieder angestellt?‘ Dass sie nicht überrascht ist, wundert mich nicht. „Du musst mich hier raus holen, ich glaube, ich habe einen großen Fehler gemacht…“ ‚Hast du jemanden umgebracht??!‘ Beinahe hätte ich gelacht. „Hast du noch einen Scherz auf Lager?! Ich wäre heute fast getötet worden! Die wollen mich fertig machen!“ ‚Kid, weißt du noch als Gloriosa mich das erste Mal angerufen hat? Als du versucht hast, Betäubungsmittel mitgehen zu lassen?‘ Wie könnte ich das vergessen… „Ja..“ ‚Was habe ich dir damals, genau wie all die anderen Male, gesagt?‘ „Dass ich ein hoffnungsloser Fall bin?“ ‚Nein, das andere!‘ Sie wirkt auf einmal etwas lockerer. ‚Amazon Lily ist deine letzte Chance, Kiddo. Im Gefängnis wird es noch sehr viel schlimmer sein. Da wirst du es nicht schaffen, dich mit dubiosen Mitteln und einer korrupten Sozialarbeiterin immer wieder rauszuhauen. Meine Mittel sind begrenzt und mehr als ausgereizt. Denke einfach an deine Zukunft. Du hast dein ganzes Leben noch vor dir.‘
 

Irgendwo in meinem Unterbewusstsein dämmert mir, dass sie Recht hat. Aber im Moment gibt es eine Sache, die noch sehr viel wichtiger ist, als meine Zukunft: „Hey, kitty, kitty, koooomm! Miez, miez, miez!“
 

Rache.

Wie im schlechten Film

 

„Wie kann man nur so unfassbar blöd sein?“, mit verschränkten Armen steht Killer vor meinem Bett und schaut auf mich herab, voller Verachtung wie ich meine (sein monotones Gemurmel lässt wie immer keinerlei Gefühlsregungen deuten). Angesichts der Sachlage kann Fürsorge jedoch eindeutig ausgeschlossen werden…
 

„Wie wäre es mal mit etwas mehr Mitgefühl?!“, plärre ich und zucke sofort unter Schmerzen zusammen. So eine verfluchte Scheiße! Killer schüttelt nur abwertend den Kopf. Dann stauche ich ihn eben gedanklich nach allen Regeln der Kunst zusammen!
 

Konomi, der in sein Taschentuch schnieft und sich die feuchten Augen abwischt, ist nach seinem Lachanfall (hat denn hier keiner einen Hauch Mitleid?!) wieder sprachfähig. „Großartig, Kid! Einfach nur großartig!“, klatscht er auch noch Beifall. WTF? Raus hier, aber sofort!!
 

„Raus hier, aber sofort!!“, wütend will ich mich aufrichten, jedoch zwingt mich ein heftiger Stich in meiner Linken kleinlaut grummelnd wieder zurück. Fuck, fuck, fuck! Das sorgt für noch mehr Spott von meinem (angeblichen) Freund, der es jetzt auch noch wagt, ein freudiges Selfie mit einem einbandagierten Eustass Kid im Hintergrund zu machen! „Hör mit der verfluchten Scheiße auf und verpiss dich aus meinem Zimmer!“ Am liebsten würde ich das verkackte Beistellwägelchen nach ihm werfen, aber die schlechten Erfahrungen belehren mich eines Besseren…
 

Zombie, der bisher (zu seinem Glück) still war, meldet sich nun auch zu Wort: „Ich schätze, dein Plan ist nach hinten losgegangen. (Ach was!) Mal wieder.“ Hat denn hier wirklich niemand ein liebes, aufbauendes Wort für mich übrig? „Schert euch zum Teufel! Das wäre alles nicht passiert, wenn ihr mich nicht im Stich gelassen hättet!“, diesmal richte ich mich trotz Schmerzen (und einem unnatürlich Quieken) doch auf.
 

„Pah! Dann hätten wir noch am Ende an deiner Stelle hier gelegen! Geschieht dir ganz Recht!“, der Typ in kurzen Lederhotpants schießt noch ein Gruppenselfie - und ich hebe mi letzter Kraft meinen Mittelfinger.

 

  

Zuvor

 

 In einer dunklen Gasse blinkt unregelmäßig der (schlechte) Slogan On Air – sonst hört dich ja keiner! in roten Buchstaben auf einer verschmutzten Leuchtreklame über dem Eingang der heruntergekommenen Musikschule. Kein Wunder, dass das Ding kurz vor dem Bankrott steht!
 

Ich kann nicht glauben, dass ich tatsächlich hier her gekommen bin. Aber die letzte Woche im Zombietrakt unter den immer bösartigeren Sticheleien des Trolls (inklusive 3 [!] Doppelschichten) und die permanente Unbereitschaft meiner sogenannten Freunde lassen mir keine andere Wahl: Ich brauche Hilfe – und zwar von jemandem, bei dem ich mir sicher sein kann, dass er auf gar keinen Fall auch nur ansatzweise irgendetwas mit dem Troll oder seinem Skalpellrottweiler zu tun hat…!
 

Von innen ist das Gebäude noch verschrotteter als von außen. Keine Überraschung also, dass der Affe auf krumme Dinger angewiesen ist, um sich über Wasser zu halten.
 

Das ohrenbetäubende Gedudel macht mich schlagartig wütend. Ist das überhaupt noch Musik?! Wie kann der sich, ohne verhaftet zu werden, überhaupt Musiker schimpfen?! Ich folge einfach dem Lärm und laufe durch das menschenleere Treppenhaus und den Gang im 3. Stock (ein Fahrstuhl wäre ja auch zu viel gewesen!), bis ich vor einer milchig verglasten Tür stehe: Scretchman Apoo steht verblasst darauf. Einer der wenigen, die sich selbst noch mehr feiern als ich.
 

Wie selbstverständlich trete ich einfach ein. Der Schimpanse hockt mit dem Rücken zu mir auf einem abgewetzten Ledersessel und starrt auf die dreckige Wand (in einem schlechten Film wäre es wohl ein teurer Bürostuhl und die Panoramaaussicht über die Stadt  gewesen). Genauso schlecht wie in den Filmen dreht er sich langsam zu seinem Besucher um, in der Hand eine unangezündete Zigarette (für eine imitierte Zigarre hat’s wohl nicht mehr gereicht) und grinst selbstgefällig. Bei dem Anblick (das hätte echt nur noch eine weiße, fette, schnurrende Katze auf seinem Schoß übertroffen) kommt mir Wut und Kotze gleichzeitig hoch. „Hallo, old Buddy! Ich hab dich schon erwartet~“
 

Ich bin empört über so viel Unhöflichkeit (der Penner hat keinen einzigen Stuhl im Raum für mich)! „Ich hoffe, du musstest keine wichtigen Termine extra für mich verschieben, alter Buddy! Da das aber so schnell ging, gehe ich davon aus, dass dein Terminkalender nicht platzt.“, provokant verschränke ich die Arme vor der Brust und schaue auf ihn herab. Er tut cool und unbeleidigt: „Für dich ist mir kein Umstand zu groß. Also, how are you?“
 

„Ich bin nicht hier, um über irgendwelche Prinzenpaare, deren Familienplanung mir gehörig am Arsch vorbei geht, zu plaudern!“ mürrisch lehne ich mich gegen den Türrahmen.
 

„Also bettelst du mich um Hilfe an, ja?“, geht’s eigentlich noch überheblicher? Am liebsten würde ich dem Typen an die Gurgel springen! Stattdessen versuche ich das ekelhafte Gedudel auszublenden. „Ich bin hier, um den Gefallen einzufordern, den du mir noch schuldest.“
 

Apoo lacht. „Hahahahahahahahahaaa!! Gefallen? Ich? Dir?“ Die unversehrte Zigarette wird sauber in die leere Verpackung (für den nächsten coolen Auftritt) verstaut. „Wie kommst du denn auf die Idee?!“
 

Ich stemme mich vom Türrahmen ab, um mich bedrohlich vor ihm aufzubauen. „Hast du schon vergessen, dass ich das letzte Mal vor den Bullen für dich ausgesagt habe?! Damit du nicht im Knast landest?!“ Unglaublich! Fast so undankbar wie Konomi!
 

„Du hast da genauso drin gesteckt wie ich!“, Apoo erhebt sich und beugt sich am Tisch abgestützt zu mir vor. „Allein weil du dein Maul nicht halten konntest, sind wir überhaupt erwischt worden!“ Geht’s noch?! „Geht’s noch?! So auffällig wie du dich verhalten hast, ist der Kontrolleur doch überhaupt erst auf uns aufmerksam geworden!“ „Der Plan war, sich ganz natürlich zu verhalten!“ Okay… er ist ein Affe – gutes Argument.

Nichtsdestotrotz wurden wir aufgrund meiner Ausrede nicht wegen widerholten Schwarzfahren und nicht bezahlter Strafsätze eben aufgrund von Schwarzfahren eingebuchtet!
 

„Deine Visage bedeutet nur Ärger, Rotkäppchen! Wenn du meine Hilfe willst, dann musst du bezahlen. Und bei dir nehme ich nur Vorkasse – vom gesamten Betrag versteht sich. Sonderfreundschaftsrabatt (also noch teurer als sonst).“, er verschränkt entschlossen die Arme vor der Brust. Mit finsterem Blick versucht er mich einknicken zu lassen.
 

Es gibt auf der Welt keinen Menschen, der es so sehr auf Prügel anlegt, wie dieser Gorilla mit unsäglich schlechtem Musikgeschmack! Nur leider habe ich nicht viele Alternativen, wenn ich nicht im Knast landen will (außer der, einfach mein Schicksal und die Demütigungen bis zum Ende der Sozialstunden hinzunehmen)...
 

 
 

Die Sonne strahlt hell über Amazon Lily und lässt beinahe vergessen, welche absolut grausamen Dinge dort passieren („Kitty! Zimmer 530 ist vollgenässt, Bettwäsche wechseln!“ // „Rotschopf! Warum zum Teufel ist der scheiß Gemeinschaftstisch noch nicht abgedeckt?!“ // „Wenn Sie nicht im Knast landen wollen, bespaßen Sie jetzt gefälligst die verfluchten Kinder, so lange ich die Aufnahmegespräche mit der Familie führe!“ // „Siehst du mich etwa Pausen machen?! Ab an die Gartenarbeit, aber pronto!“). Die Gebäude erscheinen in hellen Gelbtönen, die Fenster spiegeln das warme Orange der Sonnenstrahlen wieder – direkt in mein Gesicht! Fluchend versuche ich einarmig das Laub von den Gehwegen zu fegen und gleichzeitig mein Gesicht mit der Hand vor der scheiß blendenden Sonne zu schützen (Fliegerbrillen sind nicht gestattet, aber wenn gewisse Andere sogar im Dunkeln mit Sonnenbrille herumlaufen, ist das okay?!). Dazu schwitze ich fürchterlich!
 

Wie viele Blöcke voller niedergeschriebener Rache- und Mordgelüste ich zuhause herumliegen habe, kann ich mittlerweile nicht mehr sagen. Noch knappe 4 Wochen, dann kann ich diesen Vorfriedhof endlich als freier Mann verlassen! Enel sei Dank! Und Bellemere muss (m)ich danach hoffentlich auch nicht nochmal sehen...

Als Erstes werde ich dem Troll zeigen, dass er sich mit dem Falschen angelegt hat und ihm jeder meiner Spitznamen einbrennen, so dass er sich auch sicher für immer an mich erinnern wird (dass diese eindeutigen Indizien mich geradeaus in den Knast bringen könnten, ist in meinen Tagträumereien keine Option)!
 

Wie aufs Stichwort sehe ich den hinterhältigen Hobbit aus dem Augenwinkel auf mich zustampfen. Provokant stiere ich weg und widme mich weiter dem Fegen (diesmal mit 2 Armen um cooler zu wirken)  - dann klatscht mir hartes Papier ins Gesicht und fliegt mir um die Ohren. WTF?
 

„Seit wann dürfen psychisch Labile hier ohne Begleitung herumlaufen?! Hier draußen wirst du deine Gefährten auch nicht finden!“, mit aller Mühe schaffe ich es, den Besen nicht in seine Richtung zu heben. Mein Keifen ignoriert er gekonnt „Hast du irgendwas dazu zu sagen?“ und deutet auf die Fotografien zu meinen Füßen. „Falls du mir wieder irgendwas anhängen willst-“, zischend bücke ich mich, um eines der Bilder aufzuheben. „-muss ich dir leider sagen, dass ich mir absolut nichts… geleistet… was zum...?!“  Die Schwarz/Weiß-Aufnahme zeigt einen Kerl mit Papiertüte auf dem Kopf und einem T-Shirt mit deutlicher Aufschrift: Schöne Grüße von Eustass Kid
 

Zögernd schaue ich mir die anderen Bilder an. Alle zeigen sie diesen Kerl mit Augen und Mund eingeritzter Papiertüte. Die Fotos sind vermutlich aus einem Haus durchs Fenster geschossen worden. Der Troll wurde wohl von dieser Gestalt (wie in diesen immer gleichen Home Invasion-Filmen) vor seiner Wohnung belästigt. Die Idee ist genial, aber was zum Geier hab ich- Oh nein!
 

„Danke für die netten Grüße, Kittylein, aber eine Postkarte hätte mir auch gelangt! Du scheinst mich ja sehr zu mögen, wenn du dir eine solche Mühe mit mir gibst!“ Shachi plärrt auf mich herab, während ich in der Hocke die anderen Bilder begutachte. Das hat der Wichser nicht getan! „Könntest du jetzt bitte so freundlich sein und mir erklären, warum mich so ein Affe nachts bis zu meiner Haustür verfolgt und dann um meine Wohnung herumschleicht, an meine Fenster klopft und winkt?!“, die (verdiente) Horrornacht scheint ihm noch in den Knochen zu stecken. „Der Typ ist erst abgehauen, als ich mit meinem Gewehr (WTF?!) auf ihn los bin! Wenn du meinst, mir etwas heimzahlen zu wollen, Billy the Kid, dann solltest du das vielleicht etwas raffinierter anstellen!“
 

Ich wende mich ihm zu und keife zurück: „Du hast keinerlei Beweise, dass ich das war!“ Shachi verschränkt die Arme und schenkt mir durch die Sonnenbrille einen Blick, der alles sagt: Geht es eigentlich noch offensichtlicher? Ich erhebe mich und sage (ausnahmsweise) die Wahrheit: „Ich schwöre, ich war das nicht! Das ist irgend so ein Irrer der sich an mir rächen will!“ Shachi seufzt theatralisch. „Ach, Eustass… und wie kommt der dann auf mich, hm?“ Er dreht sich um und winkt mir überheblich zum Abschied, während er gemütlich Richtung Terrasse schlendert „Was soll ich nur mir dir machen? Allmählich gehen mir die Ideen aus, dich zu knechten.“, begleitet von höhnischen, leeren Versprechungen.
 


 

Nichts. Es tut sich einfach nichts. „Fuck, fuck fuck!!“, als ob es die Lösung meiner Probleme wäre, hämmere ich wie wild auf das Lenkrad meiner abgesoffenen Karre ein. Ausgerechnet jetzt! „Komm schon, komm schon, na los!!“ Es zündet einfach nicht. „Gott!!“ Alles rütteln bringt nichts. Und als würden meine Pläne sich mit meinem Schicksal absprechen, fallen wie selbstverständlich einzelne Regentropfen auf die Windschutzscheibe. Ächzend lehne ich meine Stirn an das eben noch geschändete Lenkrad. Denk daran, was sie dir in der Aggressionsbewältigung immer gesagt haben: tief ein- und ausatmen. – Es geht zwei Atemzüge gut, dann packt mich die blanke Wut! Ich muss hier raus, bevor ich meinen eigenen Wagen auseinander nehme!
 

Ächzend schlage ich meine Autotür hinter mir zu und überbrücke (selbstverständlich ohne Regenschirm und/oder Kapuze) die restlichen Meter stampfend zu Fuß, bevor der verkackte Regen heftiger wird. Ich kann es kaum erwarten, all diese Wut an dieser Ausgeburt der Hölle auszulassen!

 

Keine einzelne der 15 Minuten Fußweg haben meine Wut auch nur ansatzweise gemildert (ich hatte denen ja schon immer gesagt, dass die ganzen Wuttherapien nichts bringen) – ganz im Gegenteil. Und Tatsache: da oben ist der Mistkerl, friedlich an der hässlichsten Leuchtreklame der ganzen Stadt herumbastelnd - völlig ahnungslos, welches Gewitter gleich über ihm zusammenbrechen wird (und damit ist nicht das beschissene Herbstwetter gemeint). „Scretchmen Apoo!“
 

Er sieht auf und dann zu mir herunter. Selbst auf die Distanz provoziert mich seine Visage! „Aloha, Eustass Kid. Alter Buddy.“ Apoo winkt mit einem Schraubenschlüssel. „Vielen Dank für das Geschäft. Die Kohle konnte das alte Mädchen hier gut vertragen, you know…“ Er weicht meinem Wurfgeschoß aus, welches glücklicherweise genau mit einem lauten Scheppern ein Loch in das frisch reparierte A reißt.
 

„Das hast du dich nicht gewagt, Rotkäppchen!!“, brüllt er entsetzt und wütend zu mir herunter.
 

„Komm sofort da runter und lass uns das wie Männer klären, du Feigling!“ Gerade so kann ich dem angeflogenen Schraubenschlüssel ausweichen.
 

„Verpiss dich in das Loch, aus dem du gekrochen bist! Wir sind quitt!“ Der Ziegelstein verfehlt leider beides – ihn und die beschissene Reklame.
 

Mir fliegt sämtlicher Inhalt seines Werkzeugkastens samt wüster Beschimpfungen (inklusiver der von sich beschwerenden Nachbarn) um die Ohren. Schließlich kann ich mich hinter einem Müllcontainer in Sicherheit bringen – allerdings nicht, ohne ihn mindestens genauso zu beleidigen. „Gut, wenn du nicht runter kommen willst, komme ich eben rauf!“ Wie in einem schlechten Matrix-Remake springe ich aus meinem sicheren Versteck hervor, weiche (mehr oder weniger gekonnt) den Wurfgeschossen aus und schlittere auf dem nassen Boden durch die verschlossene Tür ins Gebäude. Fuck (tut das weh)!

 

Schwer atmend (ich habe einen sehr langen und harten Tag hinter mir) hieve ich mich die Treppen hoch (der Schimpanse kriegt auch gleich für den nicht vorhandenen Fahrstuhl eine Abreibung verpasst!) und stemme die anvisierte Tür auf (zu meiner Schande kenne ich dieses Gebäude beinahe in- und auswendig), um erhaben und selbstsicher auf das Vordach zu treten. Apoo hört das Knirschen des Kies unter meinen Sohlen und erhebt sich völlig gefasst in meine Richtung, fixiert mich genauso finster wie ich ihn.
 

Mit jedem Schritt den ich auf ihn zugehe, macht er einen zur Seite, bis wir uns westernmäßig (dass bei diesem Trottel auch alles zu einer Show gemacht werden muss!) im Kreis anpirschen, ohne den jeweils anderen auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Beide zu allem entschlossen.
 

Ohne den Grund meines (von ihm erwarteten) Besuchs zu nennen, wissen wir beide, weshalb ich hier bin: „Schöne Grüße von Eustass Kid?!“
 

„Ich müsste noch Nachzahlung verlangen, immerhin ist der Psychopath mit einer Schrotflinte auf mich losgegangen!“ Im Moment bin ich nicht sicher, wem (von zweien) meiner Erzfeinde ich diese Horrornacht mehr gönne.
 

Das ruhige Ein- und Ausatmen habe ich schon lange aufgegeben. Der Reflex, im alle Knochen zu brechen, ist kaum noch  zu unterdrücken. „Ist dir klar, dass ich heute das ganze verschissene Lager aufräumen musste?! Kannst du dir vorstellen, wie verdammt müde, hungrig und dreckig, gebrochen und pleite (wenn ich an meine Kreditgeberin denke, wird mir ganz übel) ich bin?! Dass ich meinen Körper wieder an einen abwegigen Arzt verscherbeln muss, um die nächsten Wochen einigermaßen heil zu überstehen, damit ich nicht im Knast lande?! Kannst du dir das vorstellen, alter Buddy?!!“  Wieso erzähle ich dem Typen sowas überhaupt?!
 

„Wieso erzählst du mir sowas überhaupt?! Für geheucheltes Mitleid bist du hier (der ihn in den Ruin treibenden Musikschule) eindeutig an der falschen Adresse!“ Der Regen ist stärker geworden und weit entfernt ertönt ein dramatischen Donnern. Der Schimpanse geht in Kampfposition. „Im Knast erwartet dich dann ein hübsches Foto von mir und meiner florierenden Musikschule; mit schönen Grüßen von Scretchmen Apoo!“
 

Das bringt das Fass zum Überlaufen!! „Ich bring dich um!“ Blind vor Wut stürze ich mich im strömenden Regen auf ihn. Blitze erhellen den wolkenverhangenen Himmel und werden Zeuge, wie der Affe und ich aufeinander losgehen, uns hier und da eine verpassen und ihm Wust aus verzweifeltem Gerangel („Ist das schon alles, Eustass Kid?!“ // „Ich breche dir alle Knochen!“ //„Du wirst den Tag noch bereuen, dich mit mir angelegt zu haben!“ // „Wenn ich mit dir fertig bin, komm ich dich im Zoo im Affengehege besuchen, mit schönen Grüßen von deiner Familie!“  // „Du meinst, wenn du dann deine nächsten Sozialstunden im Tierheim abarbeiten musst?!“ // „Ich hasse dich!“) versuchen, den anderen am Boden festzupinnen.
 

Schwer atmend lassen wir kurz voneinander ab. Die nassen Klamotten kleben uns an den Körpern (und ich danke Enel, dass der hässliche Neandertaler kein weißes Shirt angezogen hat). Ich wische mir die Strähnen aus dem Gesicht und überlege fieberhaft, wie dem Schimpansen der Gar auszumachen ist, ohne Spuren zu hinterlassen (ich muss danach ganz schnell meinen verreckten Wagen hier wegkriegen). Dann geht alles ganz schnell: in einem unachtsamen Moment geht Apoo in die Knie und vollführt einen erstaunlich gezielten Roundhouse-Kick in der Hocke genau in meine Kniekehle. Noch taumelnd muss ich einen Ganzkörpertackle einstecken, der mich geradeaus in das notdürftig montierte, blinkende N befördert, mit welchem ich gemeinsam den Flug in die Tiefe aus dem 1. Stock vollführe. OMFG!! „Aaaaahhhhh!!“
 

„Oh Scheiße!“, panisch tritt Scretchmen an den Rand des Daches und erblickt, wie das N an einem seidenen Stahlgestell (das Dank dem Regen auch noch Funken sprüht und mit einem Kurzschluss dafür sorgt, dass allen Buchstaben der Zapfhahn abgedreht wird) nach unten hängt – mit dem roten Alptraum, der sich daran festklammert, als ginge es um Leben und Tod. Mein Gewicht tut sein Übriges, um uns dem weit entfernten Boden und dem unumgänglichen Fall näher zu bringen. Ein weiteres Knirschen und Funken lässt ihn aus seiner Schockstarre erwachen und der blanken Panik verfallen: „Eustass, lass gefälligst los, du machst alles kaputt!“
 

Ist das zu fassen?! „Geht’s noch?! Ich lasse garantiert nicht los!“ Mein verzweifeltes Zappeln verursacht einen Ruck an dem Gerüst, der mich beinahe abrutschen lässt. Dieser verfluchte Regen (fehlt nur noch, dass der Blitz genau hier einschlägt)! „Hör auf dich zu bewegen, sonst reißt du noch alles runter! Lass einfach los!“ „Wenn ich das hier überlebe, Scretchmen, bist du tot, das schwöre ich!“ „Wir sind im ersten Stock, du verdammter Trottel! Du fällst höchstens 2 Meter, das überleben sogar so Bescheuerte wie du!“ – was ich von meiner Position aus natürlich nicht sehen kann. Und die Erfahrung hat mich gelehrt, diesem Spinner nicht zu vertrauen!
 

Wieder löst sich eine weitere Schraube und bringt mich dem Boden noch näher (so dass ich auf jeden Fall überleben würde). Völlig außer sich vor Sorge um die (von meinem Geld) frisch reparierte und jetzt doch wieder zerstörte Reklame plärrt er mich weiter durch den lauten Regen an: „Oh mein Gott, Rotkäppchen! LASS. LOS.!!“ Dann passiert es: die Befestigung löst sich vollständig und ich lande schmerzhaft auf dem Boden - und das dämliche, Funken sprühende N laut scheppernd auf mir.
 


 

Wie durch ein Wunder habe ich überlebt – und konnte den klitschnassen, zeternden („Das wirst du mir gefälligst nochmal bezahlen!“) Wahnsinnigen dann doch noch (unter höllischen Schmerzen) überreden (bzw. anplärren), sein heißgeliebtes N von mir herunterzuhieven. Um mich noch weiter zu demütigen, ließ er es sich auch unter all meinen gepeinigten Protesten nicht nehmen, einen Krankenwagen zu rufen („Ich muss doch sicher gehen, dass mein alter Buddy wieder gesund wird, damit er mir meine jetzt bei ihm offenen Gefallen wieder gut machen kann!“ // „Der einzige Gefallen, den ich dir erbringe, ist dich ein für alle Mal von deinem leidlichen Dasein zu befreien!“).
 

Gott sei Dank hatte der Chirurg des Todes an diesem Abend keinen Dienst in der Notaufnahme. Und in meinen Gebeten ging es mir weniger um die peinliche Konfrontation (ich habe ihn nie zurückgerufen) als um die unseriösen Behandlungsmethoden…
 

Diagnose: linker Arm gebrochen inkl. verstauchter Schulter, Platzwunde am Kopf und geprellte sowie zum Teil gebrochene Rippen. Und die Angst im Nacken, meine gefälschte Krankenkassenkarte könnte nicht akzeptiert werden.

 

  

Im Jetzt

 

 

Grummelnd lösche ich die von Konomi herumgeschickten Bilder auf meinem Smartphone und sehe eine neue Nachricht reinkommen. „Konomi, ich schwöre dir…!“, knurrend tippe ich auf das Symbol und verfluche dieses scheiß langsame Gerät. Dann ploppt das Chatfenster auf:
 

17:41 Uhr: Du bist hier im Krankenhaus?!! – Dr. Lecter
 

17:45 Uhr: Nein – Du
 

17:48 Uhr: Ich habe deine Krankenakte in der Hand – Dr. Lecter 

 

Scheiße.


Nachwort zu diesem Kapitel:
*in Anspielung auf das englische Wort für Kind „kid“ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
An der Konstellation Apoo und Kid habe ich einen unglaublichen Narren gefressen, hihi :3~ Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu dieser Fanfic (93)
[1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9]
/ 9

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Eustass_fucking_Kid
2020-01-08T10:50:55+00:00 08.01.2020 11:50
Echt nice Ff ich hoffe du schreibst irgendwann weiter ^^ ich fand diese Szenen zwischen Kid und Bellemere echt lustig xD aber auch die Fanfiction allgdmein
Von:  Dark-Moon
2017-01-24T23:41:08+00:00 25.01.2017 00:41
Cool ich hoffe das es balt weiter geht. Ich find die Story echt klasse und frage mich ob er von Doc Lecter ein Besuch abgstattet bekommt.
Von:  blackNunSadako
2016-04-26T13:15:07+00:00 26.04.2016 15:15
*fieses sadistisches Grinsen*
das ist einfach köstlich :D
ich lach mir hier den Arsch ab xD

armer Kid.... obwohl.. neee doch nicht x3
Von:  Bienennest
2015-12-20T00:58:45+00:00 20.12.2015 01:58
Hallo!

Ich wollte dir nur kurz schreiben, dass ich deine Fanfiktion herausragend lustig finde, bei einigen Stellen konnte ich echt nicht mehr vor Lachen und dein Schreibstil ist sehr angenehm, so schön locker zu lesen und flüssig und es gibt so viele Dinge, die mir richtig gefallen haben, dass sie erstmal ordnen und auflisten möchte. Ich schreib dir hier nur ganz kurz und setz mich diese Woche dran, dir ein ausführliches Review zu schreiben, weil diese Geschichte auf jeden Fall mehr verdient :)

Liebe Grüße
Von:  Biene-Cosplay
2015-11-05T18:03:20+00:00 05.11.2015 19:03
Hihi,
also zu erst ein dickes, fettes Lob! Tolle FF!! Ich bin erst vor ein paar Tagen über deine FF gestolpert. Zwar konnte ich deinen Schreibstil, am Anfang, nicht so ab - war mir ein bisschen zu abgehagt. Aber die Story dahinter war so interessant und gut, dass ich nicht anders konnte als weiter zu lesen.
Und es hat sich gelohnt! ♥♥
Ich find deinen Schreibstil jetzt um Welten besser!
Ich liebe Eustass Sicht der Dinge! Ich liebe es das Trafalgar als kleiner Metzger/Psycho dargestellt. Ich liebe den Humor! ♥
Ich hoffe auf eine baldige Fortsetzung!
Lg Whip
Von: abgemeldet
2015-10-19T05:36:21+00:00 19.10.2015 07:36
Einfach nur göttlich .
Von:  ChibiSa
2015-10-05T23:09:57+00:00 06.10.2015 01:09
Ich feiere deinen Schreibstil so! Die Art, wie du Kids Situationen beschreibst sind einfach der Hammer. Ich komme bis zum Ende nie aus dem Grinsen raus, weil deine Wortwahl einfach so gut für Kid gewählt ist. Allein was du für Ideen sofort hintereinander präsentierst, ist der Wahnsinn. Ich hoffe, es geht bald weiter bei dir. Deine FF hat echt Suchtgefahr ;)
Von:  Skingirl
2015-08-29T08:56:20+00:00 29.08.2015 10:56
Bitte Bitte schnell weiter schreiben ^^ einfach der Hammer ! :D :D :D
Von:  P-Star91
2015-08-22T17:52:14+00:00 22.08.2015 19:52
Ich muss ehrlich zugeben : Wahnsinn!!!
Dein Stil zu schreiben gefällt mir. Ich bin da eher ein kleines untalentiertes Genie. Deshalb finde ich es immer wieder erfrischend, wenn ich Geschichten, wie deine lese. Respekt.
Deine Umsetzung der Charaktere ist einfach Genial. Law auch mal die Oberhand zu lassen. List man nicht oft, denn oft ist Kid der dominantere. Schade eigentlich. Ich hoffe wirklich, dass ich bald mehr davon zu lesen bekomme. Es macht einfach süchtig.
LG
Von:  Hatto
2015-08-13T00:08:54+00:00 13.08.2015 02:08
Ich hatte noch vor ein paar Wochen gedacht, schade das hier nicht weiter geschrieben wird. Die herrliche Interpretation der Charaktere ist einfach genial umgesetzt. Und ich hoffe das ich schnell wieder was zu lesen bekomme 😃


Zurück