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Bloodmoon

Man sieht sich immer zwei Mal im Leben
von

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Prolog

Prolog
 

"Warum dieses besorgte Gesicht, Bruder? Welch finstere Gedanken trüben dein Gemüt?"

Ein Seufzen entkommt Kilians Boten und tiefe Schatten verbergen sein Antlitz vor der Welt.

"Wie kann Vater nicht sehen, wie verkommen diese Welt ist? Was lässt ihn an einem Ort wie diesem weilen?"

"Seine Kinder!"

"Die 'Menschen'? Diese Wesen, die bereits ein Mal unserer Heimat Verderben waren und nun auch seine Welt beschmutzen?"

"Welch sündhafte Gedanken entkommen dir? Schweig still, bevor der Wahre dich hört!"

"Welche Rolle spielt das noch?"

"Wir wollen dich nicht verlieren!"

"Verloren sind wir schon eine Ewigkeit. Seit dieses Kind uns Rache schwor."

"Sie waren nicht heilig!"

"Kinder einer Liebe waren sie! Zerstört durch unser Handeln und Vaters Wort!

Ihre Seelen haben oft Lycarions Reich beschritten und sind Engel und Dämon geworden. Getrennt durch eine ewige Welt, dem Vergessen ausgeliefert."

"Sie waren die Sünde!"

"Kinder! Unschuldige mit reiner Seele!"

"Lass uns nicht davon sprechen! Vater wird nicht erfreut über deine Gedanken sein!"

"Ich habe sie gefunden, Bruder."

"Wen? Die Wahrheit, deine heiß geliebte?"

"Die Kinder des Herren dieser Welt!"

"Du hast nach ihnen gesucht?"

"Ich wollte meine Sünde vergelten. Es waren ich und meine Gefährten, die sie jagten und das Ende über sie brachten."

"Dennoch..."

"Möge Vater mir vergeben. Ich habe sie in Luzifers Welt, Dragon gefunden. Sie sind wieder der Versuchung des Vergessens erlegen und ihre Wege werden sich niemals kreuzen."

"Du hast Faith gefragt? Die Götter sind unser ewiges Tabu! Sie zu ersuchen eine Sünde!"

"Nur das Schicksal kennt ihre Wege und nur das Schicksal kann ihre Wege ändern!"

"Wie fandest du sie überhaupt?"

"Durch Lycarion."

"Den Tod höchst selbst?"

"Die Menschen werden ihre Wege zu trennen gedenken.

Ohne ihr Wissen werden sie von unserem Vater dazu getrieben, denn auch er kennt ihr Verweilen!"

"Was gedenkst du zu tun?"

"Das Schicksal ändern, auf das sich ihre Wege niemals trennen!"

"Was ist mit dem Krieg der Sterblichen?"

"Dem Krieg der Neris?"

"Luzifers Kinder!"

"Die magischen Wesen... ihr Krieg wird der Schlüssel, doch Faiths Sinne sind getrübt. Die Zukunft liegt in den Schatten, die Würfel noch nicht gefallen."

"Und wo sind seine Kinder? Wo verbergen sie sich?"

"Er wohnt in den Reihen des Königs, im Orden Bloodmoon."

"Und sie?"

"Sunwalker hält ihre Seele gefangen."

"Gefangen?"

"Du kennst ihr Schicksal!"

"Die Rettung!"

"Oder der Untergang!"

"Ist dies der einzige Weg?"

"Der Einzige, den wir beschreiten können."

"die Anderen werden dich nie gehen lassen."

"Sie dürfen es nicht erfahren, bis es getan ist."

"Sie werden dich suchen. Vater wird dich dein Vorhaben nicht beenden lassen!"

"Dann wende sie von meinem Weg ab. Lass unsere Weg sich niemals kreuzen."

"Bruder..."

"Ich weiß..."

"Ich werde....

"Danke..."

"Erinnere dich an mich.... dann!"

"Dann!"

"Gehab dich wohl."

"Was wird mein Name sein?"

"Der gleiche den du hier trägst."

"Der selbe?"

"Ich mag deinen Namen. Ich möchte, dass du dich an ihn erinnerst, damit du mich nicht vergisst."

"Du weißt..."

"Ich weiß..."

"Vergib mir."

"Leb wohl."

"Bis..."

"Bis zum Ende der Ewigkeit..."

Ein gleißendes Licht umflutet die Beiden und als es verebbt, ist der Ältere von ihnen verschwunden.

"Vergiss mich nicht, Riel!"

Leben und Tod


 

Erinnerung eins

Lilien Helen Karion

27. Sian 2073
 

Ein schwarzgekleideter Mann stand am Rand einer tiefen Schlucht, sah hinunter auf die Ruinen einer zerstörten Stadt.

Was er wohl dachte?

Vielleicht erinnerte er sich ja an schönere Zeiten.

Irgendwann, ob nur Minuten oder gar Stunden vergangen waren, ich vermochte es nicht zu sagen, trat jemand zu dem geheimnisvollen Fremden. Ein sanftes, reines Licht umfing die Beiden, die von unbeschreiblicher Schönheit waren und doch um so vieles schrecklicher und verkommener erschienen als alles und jeder den ich je gesehen hatte.

"Und? Glaubst du mir nun? Es gibt keinen Gott, mein Freund! Oder denkst du, dass er so grausam ist, all diese Unschuldigen einfach sterben lassen würde?", fragte der weißgekleidete Neuankömmling mit vollkommen ruhiger Stimme.

Sein Freund antwortete ihm in der gleichen, fast ungerührten Tonlage, sich jedoch beinahe schon gereizt umdrehend: "Auch wenn du es nicht glauben kannst, ich bin mir sicher, dass es einen Gott gibt und dass all diese Dinge haben geschehen müssen. Sie mussten passieren um die Zukunft dieser Welt zu sichern.

Selbst wenn du es nicht verstehen kannst, doch ohne meinen Glauben... welchen Sinn würden unser unendliches Leben und dieser verfluchte Job haben, wenn sie nicht einem höheren, einem besseren Zweck dienen?"

Ein fast unhörbares Schnauben erklang und wurde durch das unwirsche zerzausen von goldblondem Haar unterstrichen.

"Verflucht? Welch sentimentales Gefasel haben dich die Sterblichen gelehrt, Bruder!

Verflucht zu sein, ist ein ebenso irrsinniger Gedanke, wie die Existenz eines Gottes!"

"Vielleicht für dich.", versuchte der Braunhaarige seinen Gesprächspartner zu beschwichtigen: "Aber ohne diese tröstliche Hoffnung wäre ich mit größter Sicherheit bereits vor Jahrtausenden dem alles verschlingenden Wahnsinn verfallen.

Und allein der Gedanke, dich verlassen zu müssen, lässt mich an diesem 'Irrsinn' festhalten."

Für einen winzigen Augenblick huschte zerstörende Trauer über das Gesicht des Weißgekleideten, doch in der nächsten Sekunde war sie wie eine Einbildung wieder verschwunden. Aus mir unerfindlichen Gründen erinnerte mich der blonde, junge Mann (zumindest dachte ich, dass er jung war) an Kai, den Bruder des kleinen Engels, der, wie meine eigene Tochter, unten in den Hütten auf mich wartete. Ich war überrascht gewesen, als mein Bruder mich darum gebeten hatte, das Kind des Königs großzuziehen... sein Kind großzuziehen. Doch mein geliebter Bruder hatte sicher seine Gründe, so wie er für all seine Taten seine eigenen, unerklärlichen Gründe hatte.

Ein frustriertes Seufzen riss mich aus meinen Gedanken.

"So habe ich das nicht gemeint und das weißt du!

Du weißt, dass das alles keine Rolle spielt! Das hat es nie getan! Wie könnte ich an deinen Worten zweifeln, selbst wenn du von höheren Aufgaben und Plänen sprichst, die unverständlich erscheinen aber nicht minder wichtig sind.", verwirrt versuchte ich zu verstehen, wovon der Weiße sprach, doch so sehr ich mich auch bemühte, die gesprochenen Worte konnte ich nicht zurückholen.

Mit einem erneuten Seufzer des Blonden setzten die Beiden sich in Bewegung und machten sich auf in Richtung meines Dorfes. Schweigend und jeder in seine eigenen, trüben Gedanken vertieft, liefen sie nebeneinander her und ich selbst konnte mir ein trauriges Lächeln nicht verkneifen, während ich ihnen folgte.

Erst war es mir nicht aufgefallen und inzwischen fragte ich mich, wie das hatte geschehen können, aber diese beiden Fremden verband etwas, das mehr war als simple Blutbande oder die Verbindung zwischen Gefährten, mehr als Liebe oder gar körperliche Begierde. Es war etwas, das ich zwar sehen, aber nicht in Worte fassen konnte. Es spiegelte sich in den ausdrucksstarken Augen, wurde durch jede noch so kleine Geste untermauert und selbst die Trauer, die für Sekunden in diesen unergründlichen blassblauen Seelenspiegeln widerhallte, war nur ein Teil des großen Ganzen, das diese Zwei verband.

Es war etwas, das ich noch bei keinem Menschen oder Neris gesehen hatte und das diese Beiden so unwirklich erscheinen ließ, wie die Figuren eines verrückten Traums.

Nur am Rande nahm ich wahr, dass wir die ersten Häuser bereits hinter uns gelassen hatten. Verwirrt registrierte ich die gravierenden Veränderungen. Es war ein erschreckendes und zugleich äußerst faszinierendes Bild, das sich mir dort bot. Überall konnte ich weiß- und schwarzgekleidete Gestalten sehen, mal verschwommen, mal deutlich zu erkennen, doch sie alle hatten eins gemeinsam, sie waren immer zu zweit... und sie waren alle männlich.

Die Gebäude waren entweder bis auf die Grundmauern niedergebrannt oder unter schwerem, schwarzem Geröll begraben.

Mir war klar, dass ich erschüttert hätte sein müssen, doch so sehr ich es auch versuchte, ich vermochte dieses Gefühl einfach nicht zu entdecken. In mir herrschte einzig und allein eine alles einnehmende Ruhe und die Gewissheit, dass diese Dinge hatten geschehen müssen.

Die Beiden, denen ich gefolgt war, blieben auf dem Marktplatz stehen und sahen hinunter auf eine reglose Gestalt.

"Das es auf diese Weise hat geschehen müssen... aber das Ende scheint immer unerwartet zu kommen, selbst für uns. Nur wenige sterben in diesen Tagen vorhersehbar."

"Nun, die Wege des Schicksals sind nicht zu ergründen. Sie sind eng, gewunden und, wie unsere Wege, immer miteinander verbunden. Nie bleibt jemand auf ewig allein. Und jeder Tod bedeutet ein neues Leben, einen neuen Anfang."

Ein freudloses Lachen erklang: "Du vermagst es, an das launische Schicksal zu glauben, aber einen gütigen Gott kannst du dir nicht vorstellen?"

Für einen Augenblick sahen sich die Beiden an, wie zwei versteinerte Statuen, die es nicht vermochten den Blick abzuwenden.

"Mir kann es egal sein an was du glaubst... solange du dich selbst nicht verlierst und an meiner Seite bleibst. Denn wenn du leidest, dann leide auch ich und wenn ich leide, dann leidest du mit mir."

"Zwei Personen, die eine sind. So unähnlich scheinen wir diesen Wesen doch nicht zu sein, diesen Neris. Verbunden. Der eine kann nicht ohne den anderen existieren!"

"Vielleicht sind wir dazu bestimmt, eines Tages wie sie zu enden."

"Zu enden? Oder wäre es ein Aufstieg?"

"Ganz gleich, wir alle werden eines Tages fallen. Ob diese Eindringlinge, die Neris oder wir... So ist unsere Bestimmung. Unser Schicksal von Beginn an festgelegt."

Das sanfte Lächeln auf den Lippen des Braunhaarigen war so beruhigend.

"Sag Nero, glaubst du an das Böse?"

Verwirrt blickte der Blauäugige... Nero... seinen Freund an.

"Was hast du genommen? Solche Sprünge in deinen Gedanken... ist der Wahnsinn dir etwa doch schon so nah?"

Erneut dieses Lächeln: "Nein... ich musste mich nur an diese Worte erinnern..."

"Die Worte?"

"Diese seltsamen Zeilen."

"Du sprichst in Rätseln!"

"Hmm... Vielleicht ist der Wahnsinn doch nah..."

Ein Seufzer. Ein schwaches Lächeln. Ein sanfter Blick.

"Was bedrückt dich? Ist es ihr Tod?"

"Nein... der Tod ist mein Leben... so wie das Leben dein Tod ist!

Es sind nur diese Worte, die mich nicht los lassen.

Diese Worte, die du einmal zu mir sprachst."

"Die Worte unseres Schützlings?"

"Die Worte des Verlustes, ja..."

Es war verwirrend den Worten von Wesen zu folgen, die sich schon eine scheinbare Ewigkeit kannten. Sie konnten unpassende Dinge sagen und doch das Passende daraus ableiten. Sie konnten ohne Worte mehr austauschen, als mit Worten je möglich gewesen wäre. Und sie konnten miteinander reden, ohne wirklich etwas Aufschlussreiches zu sagen.

Ich beneidete diese Wesen!
 

"Was ist der Tod ohne das Leben

Und was Leben ohne Tod

Ist der Vogel frei geworden

Bald er ist in großer Not

Wer kann Leben ohne Liebe

Gibt es Liebe ohne Hass

Hast du unser Spiel vergessen

Hatten wir nicht sehr viel Spaß

Wie lang könn' die Neris leben

Ohne Langeweil' zu spühr'n

Können wir dem nicht vergeben

Den wir lieben, statt zu kühln

Soll die Zeit die Neris retten

Retten Neris nicht die Zeit

Leises Ticken, laute Worte

Hundert Jahre, unser Streit

Wann kann ich die Welt verlassen

Wo liegt noch der Lebenssinn

Warum willst du mich vergessen

Wo ist uns're Liebe hin

Tausend Monde sind vergangen

Seit wir uns begegnet sind

Wenn du mich nicht kannst mehr lieben

Liebe unser beider Kind"

Stille... Schweigen... Leises Schnauben war von dem Blonden zu hören, dass jedoch in einem Schmunzeln endete. Und ich... ich konnte nicht glauben, dass diese Zwei die Worte gehört hatten, die mein Bruder mir einst im Vertrauen erzählt hatte.

Es war seine Geschichte. Sein Leid. Und sein Leben.

"Ich verstehe nicht, wie dich ausgerechnet diese Worte so sehr berühren können... oder vielleicht verstehe ich dich doch..."

Ein leichtes Lächeln lag auf den Lippen des Schwarzgewandeten als die Beiden sich zu mir umdrehten und mich mit ihren seltsamen Augen fixierten. Ich wollte sie genauer in Augenschein nehmen, doch noch während ich versuchte mir ihre Gesichter einzuprägen, vergaß ich schon wieder wie sie aussahen.

Ein trauriger Ausdruck lag in ihren Augen, als sie zur Seite traten und den Blick auf die reglose Gestalt freigaben.

Es war eine Leiche. Meine Leiche... in den Armen ein kleines, neugeborenes Baby... unser Baby!

Verzweifelt wanderte mein Blick von einer Seite des Platzes zur anderen. Wenn mein Baby hier war... wo war dann... wo war sie dann? Ich hatte doch geschworen auf sie aufzupassen.

Ein leises, verzerrtes Wimmern lenkte meine Aufmerksamkeit zurück auf die Erde. Das kleine Wesen in meinen Armen rührte sich, versuchte sich zu befreien...

Und ich verstand...!

Leben und Tod... gingen immer Hand in Hand.

Brüder


 

Kapitel eins

Kai Dark Resarion Averis

01. Sian 2174
 

Alles begann bereits ein Jahrhundert vor meiner Geburt, als dem damaligen König der Neris, meinem Großvater, zwei Söhne geboren wurden, Zwillinge!

Nun schreiben wir den 1. Sian 2174. In meiner Welt herrscht ein unerbittlicher Krieg. Sunwalker, eine von meinem Onkel gegründete Rebellengruppe, kämpft gegen Bloodmoon, den Orden, den ich im Auftrag meines Bruders, des jetzigen Masters der Dunkelheit, ins Leben rief. Mein Name ist Kai Dark Resarion Averis. Ich bin der Bruder von Dragon Osiris Nelion Averis, des Masters der Neris. Und... ich bin ein Vampirdämon!

Seit etwas mehr als 1200 Jahren gibt es die Rebellen nun schon. Ihre Gründer, mein Onkel Ren Nelion Averis und mein ehemaliger Berater Ju Karion, versuchen mit Hilfe dieser Bande und ohne Skrupel meinen Bruder zu stürzen und selbst die Macht an sich zu reißen. Bisher konnten wir sie noch aufhalten, aber wer weiß wie lange uns das noch gelingt.

Jeden Tag erreichen mich neue Berichte von Anschlägen und Überfällen, bei denen nicht nur Krieger, sondern auch Unschuldige gestorben sind.

Sowohl die nerische, wie auch die menschliche Gesellschaft sind in Aufruhr und fordern, dass wir endlich etwas unternehmen um diesem Treiben Einhalt zu gebieten. Dabei vergessen sie wohl immer...

Ein leises, dabei festes Klopfen reißt mich aus meinen düsteren Überlegungen und diesen unendlich tristen Gedanken, die ich versuche niederzuschreiben und für meinen eventuellen Nachfolger festzuhalten, denn in diesen unruhigen Zeiten kann man nie wissen, wann das eigene Leben endet und man wieder in die Saoma eingeht.

Einen Augenblick lang schließe ich meine müden Augen, versuche mich zu sammeln und überprüfe meine lebenswichtigen Schilde. Erst dann lasse ich meinen ungebetenen Gast herein.

"Hey, Kami!", ertönt die feste, beruhigende Stimme meines großen Bruders von der Tür her, die er lautlos hinter sich schließt, ehe er an den alten Schreibtisch herantritt und sich auf den Stuhl mir gegenüber fallen lässt, mich mit ernstem und besorgtem Gesicht mustert.

Ich weiß, nach so vielen Jahrhunderten sollte ich Dracs Verhalten langsam gewöhnt sein, doch ich kann mich mit seiner (zumindest in meinen Augen) übertriebenen Fürsorge einfach nicht abfinden. Jedes Mal, wenn er mich mit diesem traurigen Blick bedenkt, habe ich das Gefühl mich selbst von einer Brücke stürzen zu müssen (auch wenn das vermutlich kaum den gewünschten Effekt erzielen würde, dafür sind unsere Brücken einfach nicht hoch genug. Vielleicht wäre einer der Türme der DArc ja effektiver).

Auch heute ist es nicht anders und nur durch mein jahrelanges Training schaffe ich es, keine Miene zu verziehen.

Mein Blick gleitet ein weiteres Mal über Dracs Gesicht.

Irgendetwas ist anders. Noch vermag ich es nicht zu sagen, aber da ist etwas in Dracs Verhalten, in seiner Haltung und seinen Augen... etwas, dass mich sofort in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Die greifbare Anspannung lässt jeden Muskel in meinem Körper verkrampfen und meine nächste Frage bringe ich nur gepresst hervor. Die Antwort will ich gar nicht wissen!

"Gab es wieder einen Angriff?"

Für den Bruchteil eines Augenblicks wendet Dragon den Blick ab, scheint mir nicht einmal in die Augen sehen zu können. Dann stößt er einen leisen, tiefen Seufzer aus, bevor er mich doch endlich wieder ansieht, mit diesem alten, müden Ausdruck, der schon seit Monaten nicht mehr aus seinem sonst funkelnden Gold weicht. Ich kann es mir selbst nicht erklären, doch auch nach all diesen Jahren, in denen ich mich aus freien Stücken immer weiter von meinem Bruder entfernt habe... jeden Tag konnte ich mir sicher sein, dass er von selbst meine Nähe sucht. Und nun schmerzt es mich fast körperlich, wenn er meine Gegenwart so offensichtlich zu meiden versucht, bekomme ich Angst, wenn er mich nicht mehr anzusehen vermag. Immer ist da diese Furcht, die Furcht davor, dass er nun endgültig genug von meinem kindischen Verhalten hat, mich, wie alle anderen, verlässt.

"Nein... es gab keinen weiteren Angriff. Im Grunde haben sich die Rebellen im letzten Monat rein gar nicht blicken lassen. Nicht mal einen einzigen Karan habt ihr zu fassen gekriegt!", in einer mehr als unwirschen Geste streicht Drac die vordersten Strähnen seines schwarzen Haares zurück. Normalerweise wird seine Mähne, die ihm etwas über die Mitte des Rückens reicht, von einer silbernen Spange (entweder einer Rose oder einer Schlange, beides Geschenke von Thia) zurückgehalten. Diese Angelegenheit scheint ihn jedoch zu sehr zu beschäftigen, wenn ihm nicht einmal der Umstand auffällt, dass ihm sein Haar immer wieder ins Gesicht fällt.

Doch der Gedanke verschwindet genauso schnell, wie er gekommen ist, denn es gibt wichtigere Dinge um die es sich zu kümmern gilt. Ich muss erst ein paar Mal tief ein und aus atmen, ehe auch ich etwas zu dieser Unterhaltung beitragen kann. Sunwalker ist ein Thema, das ich tunlichst zu vermeiden versuche. Besonders in letzter Zeit, wo meine Gefühle doch ohnehin immer wieder mit mir durchgehen, selbst wenn es sich um unverfängliche Unterhaltungen handelt. Auch die Moonoracle, die Neris, die mir außerhalb meiner Familie am nächsten stehen und die jeder andere wohl als Freunde bezeichnet hätte, machen einen weiten Bogen um mich und versuchen jede Begegnung zu vermeiden. Mehr noch als sonst.

"Bist du auch der Meinung, dass er wieder neue Karan rekrutiert!", wenn man genau hinhört, dann vermag man wohl ein leichtes Zittern aus meiner Stimme herauszuhören, während ich über unseren Onkel spreche. Ein unmerkliches Beben, dass jeden der es hört in Alarmbereitschaft versetzt... selbst mich!

Meine verwirrenden Gedanken wandern zu unseren Feinden, unserem Onkel und seinen Anhängern, zu den Menschen, die er in Karan verwandelt, lebende Tote, die nur ihrem Meister dienen, einzig seinem Befehlen folgen.

In der heutigen Zeit sind dies ausschließlich Menschen, doch früher sollen auch Neris zu Karan geworden sein, jene die bereit waren sich einem Renalis, wie Onkel Ren, unterzuordnen.

Die einzige Möglichkeit einen Karan zu vernichten, ist ihn zu verbrennen, mit einer Elfenklinge zu erschlagen oder seinen Schöpfer zu töten. Die erste Variante erregt zu viel Aufmerksamkeit und bedeutet eine Menge Papierkram, da die Menschen immer fürchten, wir hätten einen von ihnen umgebracht (dabei sind sie es doch, die am lautesten nach der Hilfe des Ordens rufen!), Elfenklingen sind äußerst selten und die letzte Möglichkeit...

"Genau das denke ich... und es bereitet mir Sorgen! Wenn es noch mehr Karan gibt... dann wird unsere Aufgabe... Und wenn sie sich zudem noch so gut verbergen, dann werden wir dieser Plage niemals Herr werden. Nicht bei der Rate an vernichteten Karan in den letzten Monaten!", reißt Dragon mich aus meinen düsteren Gedanken. Beinahe würde ich so etwas wie... Dankbarkeit empfinden, aber seine Worte erinnern mich an meine eigene Unfähigkeit und daran, wie viele Tote es in den letzten Tagen gegeben hat.

Auch ohne offensichtliche Angriffe... die Zahl der Opfer dieses Krieges steigt stetig an. Weisen, Alte, Kranke... Kinder! sie alle haben kaum Aussichten auf Überleben!

Diese Vorstellungen schlagen auch auf mein Gemüt über. Ohne es wirklich zu wollen keife ich Drac schon beinahe an: "Wir suchen schon seit Monaten! Und solange wir keine Spur haben, kann ich keine Operation leiten, was bedeutet, dass wir uns auf die Karan konzentrieren müssen, die uns täglich über den Weg laufen, was nun mal sehr wenige sind! Aber wenn du mir sagen kannst wo sich ihre Basis befindet... Nein! Gut... dann misch dich nicht ein! Oder sag mir, was ich deiner Meinung nach noch tun könnte, Dragon!", ich springe auf, tigere unruhig im Raum auf und ab, versuche meine wirren Gedanken wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Sie wandern unweigerlich zurück zu unserem Onkel, der sich, durch ein verbotenes Ritual, zu einem Renalis machte. Zu unseren Feinden, die jeden Anhänger Bloodmoons zu töten versuchen, wenn sie ihm begegnen. Zu Ju, der mich... uns... verraten hat. Zu Vater und Alec, der wegen dem Vergangenen so haben leiden müssen. Zu...

"...mi! Kami! Kai!!"

Widerwillig bleibe ich stehen, drehe mich langsam zu meinem Bruder um, registriere seine innere Anspannung, rieche das Adrenalin in seinen Adern, das sich mit dem verführerischen Duft des reinen Vampirbluts mischt, sehe den dünnen Schweißfilm auf seiner erhitzen Haut... Thias Geruch steigt mir in die Nase, meine Fänge verlängern sich...

Blut! Ich brauche Blut! Ich möchte... gib mir... dein... deins!... Ich brauche... muss...

Mit größter Mühe wende ich mich von ihm ab, drehe mich um und stürze ins angrenzende Badezimmer. Es ist nicht das erste Mal, dass ich so die Kontrolle verliere, doch jeden Tag aufs Neue fürchte ich, dass ich mich eines Tages nicht mehr zurückhalten kann, dass der Geruch von Dracs Blut irgendwann über meine Vernunft siegt, mich zu sehr fesselt.

Nur am Rande bekomme ich mit, dass Dragon an die Tür heran tritt, seine Worte hingegen vernehme ich umso deutlicher: "Kami! Du solltest mit Vater reden. In deinem Zustand... du kannst ja kaum klar denken!

Ich mache mir Sorgen um dich, Kami! Und auch um den Orden! Du bist Bloodmoons Anführer, was soll geschehen, wenn du nicht mehr bist? Wenn du eine Fehlentscheidung triffst!... Lass dir helfen!", redet er weiterhin vorsichtig auf mich ein, jedoch ohne auch nur den Versuch zu unternehmen die schwere Holztür zu öffnen.

Dragon kennt meine Launen schon zur Genüge und weiß meist auch mit ihnen (und mir) umzugehen, doch diese Situation scheint selbst ihn zu überfordern, zumindest wenn ich nach seiner hilflosen Stimme gehe.

Aber was für Vorwürfe könnte ich ihm machen? In letzter Zeit weiß ich ja manchmal selbst nicht, wie ich mit mir umgehen soll! Meine Gefühle wechseln schneller, als ich ihnen zu folgen vermag, oder sie scheinen ganz zu verschwinden und im unpassendsten Moment, mit der Wucht eines Orkans, wieder aufzutauchen. Und sie dann nicht an anderen auszulassen...

"Ich brauche... keine... Hilfe!", schwer atmend stoße ich die Worte zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Ich befürchte, dass ich mein Frühstück sonst schneller wiedersehe als mir lieb ist: "Es geht mir gut!"

Ja klar, wer‘s glaubt wird selig. Bei allen Göttern es geht mir überhaupt nicht gut! Ich beginne schon mich vor mir selbst zu fürchten! Und ich glaube kaum, dass ich die nächsten Monate... ach was Tage, überstehen werde. Nicht in meiner momentanen Verfassung und nicht bei meinem aufgewühlten Gefühlsleben. Dabei habe ich doch immer versucht meine Gefühle so gut es geht unter Kontrolle zu halten (und es auch weitestgehend geschafft!).

Noch immer vernebelt der Geruch nach Dragons Blut, dem Adrenalin in seinen Adern und Thias Parfüm auf seiner Haut meinen Geist. Ich kann mir nur zu gut vorstellen, wie ihr Geruch an seine Kleider... an ihn gekommen ist.

Nur mit größter Mühe kann ich ein Knurren unterdrücken, dafür muss ich aber meine Augen zusammenkneifen um die hämmernden Kopfschmerzen und das aufkommende Schwindelgefühl niederzukämpfen (erfolglos, wie man sich sicher denken kann, beides wird dadurch nur schlimmer. Aber immerhin schaffe ich es, etwas im Magen zu behalten).

"Kai!"

"Lass mich!", meine Stimme ist bloß noch ein finsteres Knurren und ich knirsche mit den Zähnen, verliere die Kontrolle!

"Kai...!"

Noch immer versuche ich, das stetige Klopfen zu ignorieren. Drac ist das mit Sicherheit nicht. Aber wer dann? Woher kommt dieser alles zerschmetternde Laut? Und bei Luzifer, wer verursacht diesen schrecklichen Lärm?

"Ka..."

"WAS?", frage ich mehr als gereizt, während ich die Tür aufreiße und beinahe in Dracs Armen lande.

Scheiße. Scheiße. Scheiße!

Zu nah! Viel zu nah!

Natürlich bin ich mir bewusst, dass sich meine Pupillen zu Schlitzen verengt haben und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass meine Augen mehr als einmal die Farbe ändern (zumindest fühle ich mich so).

"Kami!?", nur mit größter Mühe kann ich mir ein freudloses Auflachen verkneifen. Immer wieder schaffe ich es meinen Bruder Sorgen zu bereiten. Egal was ich mache, ich tue das Falsche! Wenn ich doch... wäre ich doch nur...

Ich hasse es! Ich hasse diese Situationen. Ich hasse es eine Gefahr für meinen Bruder zu sein! Ich...

Mein Atem beschleunigt sich und ich fange schon an zu zittern, kann mich kaum noch beruhigen, während meine Gefühle immer schneller von einem Extrem ins nächste wechseln. Von blauer Trauer zu grüner Verzweiflung. Von silberner Angst zu roter Wut und pechschwarzem Hass. Tiefschwarzer Lust...

Nein! Ich... Drac!

Die Blutlust! Dunkle Begierde nach frischem Blut... Dracs Blut!

"Kami...", Dragons Stimme klingt nahezu verzweifelt, etwas, das nur sehr selten geschieht. Und fast immer bin ich der Auslöser. Ich bin Schuld! Ich mache Drac schwach! Ich bin seine größte Schwäche, weil er sich immerzu Sorgen um mich macht! Weil ich mich wie ein Idiot benehme... nein, nicht wie ein Idiot. Wie ein Arschloch!

Ich komme ihm näher. Götter, dieser Geruch!

Aber im Moment sollte ich mich vielleicht lieber auf etwas anderes als meinen Bruder konzentrieren.

Ja, denke ich, als meine Beine unter mir nachgeben und ich Dragon mit letzter Kraft von mir stoße, ich habe die Einsamkeit verdient! Ich bin eine Gefahr! Du solltest mir nicht mehr zu nahe kommen Drac! Bleib bei deiner geliebten Frau, bei deiner Gefährtin. Bleibt bei ihr und verlass mich, wie mich alle verlassen haben. Wie...

"Geh!"

Von Krämpfen geschüttelt rutsche ich am Türrahmen zu Boden, versuche mich so gut wie möglich zusammen zu reißen, Drac meine Schmerzen nicht zu zeigen, nicht zu offenbaren wie schwach ich bin. Aber es fällt mir immer schwerer, während meine Emotionen in mir umher wirbeln, gegen meine Mauer prallen, sie zum schwanken bringen und mich meine Umgebung langsam vergessen lassen.

Noch nicht! Noch nicht! Nicht wenn Drac bei mir ist! Er wird nur wieder wütend auf mich sein, weil ich seine Gedanken gelesen habe. Er wird mich dafür hassen! Er darf mich nicht... er muss mich... allein... einsam...

„GEH!“

"Kai...!", Dragons Worte sind nur noch ein Flüstern. Meine Umwelt verschwimmt, meine inneren Schilde brechen, Dragons Gedanken schlagen über mir zusammen wie eine gewaltige Flutwelle und ertränken mich in Sorgen, Ängsten und Zweifeln.

Mein Kopf fühlt sich an als würde er bersten, der Raum dreht sich, mein Magen rebelliert und alles wird Schwarz...

Ich versinke. Ich ertrinke... und sterbe noch ein kleines bisschen mehr!
 

Wo bin ich? Wer... Was ist... Was ist passiert?

Langsam komme ich wieder zu mir. Es scheint eine Ewigkeit vergangen zu sein, seit... seit... Meine Glieder schmerzen und mein Kopf dröhnt, jedoch scheint es meinem Magen besser zu gehen. Noch immer schwirren tausende von Bildern durch meinen Kopf, die eindeutig nicht zu mir gehören. Das Gesicht einer jungen Frau mit kurzen, dunkelbraunen Haaren, die friedlich schlafend neben mir in einem riesengroßen Himmelbett liegt. Fliederfarbene Laken verdecken ihren nackten Körper und sanft streiche ich mit meinen langen Fingern über ihre leicht gebräunte Haut, während der Geruch von Erdbeeren und Vanille meine Sinne überflutet.

Ein Gesicht mit langen, nachtschwarzen Haaren und zwei, Onix gleichenden, Augen, die schmerzerfüllt zu mir aufsehen... es ist mein eigenes Gesicht. Mein Gesicht wie es einmal gewesen ist... wie es vor so vielen Jahren... Jahrzehnten... Jahrhunderten war. Wie es vor meiner brutalen Wandlung war. Sanft, mit fast kindlichen Zügen und gefühlvollen Augen.

Warum kann Drac das nicht vergessen? Das alles ist nicht seine Schuld gewesen. Ich habe nicht auf ihn gehört... ich konnte nicht glauben, dass ich nicht gut genug bin um an seiner Seite zu bleiben... aber er hatte recht. Er hatte immer recht! Ich bin nicht gut genug. Ich kann ihn nicht beschützen. Ich bin kein Genie... nicht so wie Drac!

Ich bin nutzlos!

Wie aus weiter Ferne kann ich zwei, mir nur all zu vertraute Stimmen vernehmen. Es sind die von Drac und Ivan, einem meiner Moonoracle. Die zwei scheinen in ein ernstes Gespräch vertieft zu sein und mein Erwachen nicht einmal mitbekommen zu haben.

"Und Ihr wollt ihm immer noch nicht erzählen, was Ihr von Jerom Kasajas während des Verhörs erfahren habt? Es könnte die ganze Sache etwas..."

"Was? Beruhigen? Entspannen?

Wann, bei allen Göttern, hast du Kai das letzten Mal entspannt gesehen? Oder beruhigt?

Es ist nicht so, dass ich ihm etwas verschweigen möchte, aber solange ich mir nicht sicher bin, dass diese Dinge der Wahrheit entsprechen...", Dragons Stimme klingt fast schon hysterisch. Über was auch immer die beiden reden, es scheint meinem Bruder ziemlich nahe zu gehen.

Aber was hab ich mit all dem zu tun? Habe ich schon wieder etwas falsch gemacht? Ist schon wieder jemand wegen mir gestorben? Hat wieder einmal... Bevor ich weiter in Gedanken abdriften kann spricht Drac weiter: "Wir wissen nicht, ob nicht doch eine Falle der Rebellen dahinter steckt. Er ist mein kleiner Bruder! Zumindest du solltest mich doch verstehen, Ivan! Du müsstest doch verstehen, dass ich ihn um jeden Preis beschützen will... muss!", wieder ist da dieser verzweifelte Unterton in der Stimme meines sonst immer so starken und unerschütterlichen Bruders. Und immer scheine ich es zu sein, der ihm jede Kraft raubt. Ich bin Schuld!

"Selbst wenn Ihr Thia damit in Gefahr bringen würdet?"

Ivans Worte lassen nicht nur Dragon für einen Augenblick den Atem stocken. Wie kann er es wagen... wie kann er es wagen die Gefährtin meines Bruders mit ins Spiel zu bringen? Er weiß doch, wie Drac darauf reagiert. Zu was er bereit ist, um sie vor jedweder Gefahr zu bewahren. Besonders seit es nicht mehr nur um ihr Leben geht, sondern auch um das...

"Das eine hat kaum etwas mit dem anderen zu tun. Im Gegensatz zu Kai verlässt Thia niemals den Palast! Sie ist also kaum in...“, versucht Drac... ja was eigentlich? Was versucht er? Sein Verhalten zu rechtfertigen? Aber vor wem? Vor sich selbst?

Die nächsten Worte des Moonoracles lassen den König meiner Welt jedoch schnell verstummen, scheinen mehr denn je der Wahrheit zu entsprechen und Drac seine eigenen Fehler vorzuhalten.

"Sie ist Eure Gefährtin! Und Ihr sagt, dass sie sei kaum in Gefahr?

Vielleicht ist sie es gerade deshalb mehr als jeder andere. Sie kann sich kaum selbst verteidigen, besonders in ihrem jetzigen Zustand. Master Kai hingegen... er vermag es sehr wohl auf sich aufzupassen, selbst wenn er sich immer wieder in Gefahr bringt. Aber er schafft es auch, jeder noch so ausweglosen Situation zu entkommen, dass wisst ihr doch selbst. Master Kai ist kaum hilflos! Und er ist Euer Bruder... aber seid Ihr fähig sie Beide zu beschützen? Könnt Ihr einerseits immer im Palast sein, Euren Pflichten nachkommen und andererseits draußen sein... diesen Kampf mit ausfechten, für den Eurer Bruder Tag für Tag sein Leben riskiert?

Ihr solltet doch besser als jeder andere wissen, dass das Kai nur noch mehr ablenken und die Gefahr für ihn somit noch weiter steigern würde. Er würde sich auf seine Kämpfe konzentrieren müssen und sich zugleich immer Sorgen um Euch machen. Denn im Grunde ist er kaum anders als Ihr! Er will immer nur Euer Bestes, auch wenn er es nicht zu zeigen vermag!"

"Ich..."

"Wem von ihnen gilt Eure gesamte Loyalität? Auf wen wollt Ihr euch konzentrieren, Master?"

"Ich kann nicht...", entgegnet mein Bruder, seine Stimme kaum mehr als ein kraftloses Flüstern.

Wieso muss Ivan auch unbedingt das ansprechen, was sowohl Dragon als auch ich immer zu vermeiden versuchen, meine unangefochtene und uneingeschränkte Loyalität, die für den Rest der Ewigkeit Dragon gilt... und Dracs Loyalität, die immer zwischen mir, seiner Gefährtin und dem Reich schwanken wird. Er wird sich nie entscheiden können, so ein Neris ist er einfach nicht. Er kann nicht einfach jemanden aufgeben, egal wie ausweglos die Situation ist. Ich bin mir sicher, dass er selbst unseren Onkel noch nicht aufgegeben hat.

So ist er eben.

Aber im Gegensatz zu mir, kennt er unseren Onkel. Vielleicht weiß er etwas, dass er uns nicht sagen will... oder kann. Etwas, dass alles verändern würde.

Aber könnte ich Drache denn so sehr hassen?

"Ihr müsst!"

Bitte?, denke ich, ehe mir klar wird, dass Ivan auf Dracs Aussage geantwortet hat und wohl kaum auf meine Gedanken. Ich scheine ja der Einzige zu sein, der die Fähigkeit besitzt Gedanken zu lesen, auch wenn ich nicht darum gebeten habe.

"Wir wissen alle, dass es so nicht weiter gehen kann. Wenn sich nicht bald etwas ändert, dann wird der Orden untergehen. Es macht inzwischen kaum noch einen Unterschied, ob Master Kai anwesend ist oder nicht. Wenn er da ist... dann fürchten einige sogar, dass er in der nächsten Sekunde, durch eine unbedachte Äußerung, die Kontrolle verlieren könnte. Ihr wisst, wie sehr sie seine Gabe fürchten. Und so angespannt wie er momentan ist..."

"Ich kann nicht sagen, dass es mir anders geht. Ich muss immer wieder Pausen einlegen um den Gesandten nicht den Kopf abzureißen oder die, immer absurder werdende Anträge nicht einfach zu zerfetzen!

Neulich hatte ich doch tatsächlich eine Beschwerde auf dem Tisch, in der es hieß Kai hätte die Tochter eines Händlers unsittlich berührt!"

Selbst Ivan schafft es nicht, sich ein Lachen zu verkneifen und er ist sonst immer die Ernsthaftigkeit in Person.

"Genau so habe ich auch erst gehandelt!

Ich mache mir nicht die Illusion, dass Kai keine Beziehungen führt, aber er hat es ja kaum nötig jemanden zu etwas zu zwingen! Ich meine, egal wie sehr die Neris und die Menschen ihn fürchten... die Frauen werfen sich ihm ja trotzdem noch reihenweise an den Hals! Er braucht sich also weder über seine Ernährung, noch über eine Ablenkung Gedanken zu machen!

Aber in diese Richtung verlaufen inzwischen alle Beschwerden. Sie werden immer unsinniger und auch... absurder. Und dabei kennt kaum einer von ihnen Kais Gesicht, wenigstens das habe ich ja verhindern können. Also wie wollen sie wissen, dass der Angreifer wirklich Kai war?"

"Die Menschen scheinen... aber darum geht es nicht.

Wenn sich nichts ändert, dann wird das ganze euch Beide eines Tages, und wahrscheinlich eher früher als später, umbringen. Und damit würde die gesamte nerische Welt ins Chaos stürzen! Dieser Kaiser würde versuchen sich unsere Gesellschaft einzuverleiben und es vielleicht sogar schaffen, was die Rebellen dazu bringen würde, mit noch größeren Ambitionen zu handeln.

Im Moment könnt weder Ihr noch er sich auf eure Aufgaben konzentrieren.

Vielleicht solltet Ihr euch das ganze noch einmal überlegen und Kai einfach gewähren lassen, ob mit oder ohne Prophezeiung."

"Ich... ich kann nicht.", widerspricht Drac fast schon atemlos.

Es wird sich also wieder nichts ändern.

"Ich weiß dass du recht hast.

Ich kann es sehen..."

Du kannst es sehen, Bruder? Aber verstehst du auch, was es bedeutet?

Ich habe es selbst lange Zeit nicht verstandene. Ich habe die Gefahr nicht gesehen, die ich verkörpere. Aber es gibt so viele, die sich auf mich verlassen, selbst wenn sie mich fürchten... ich kann sie... ich kann dich doch nicht im Stich lassen! Und solange es niemandem schadet... solange werde ich weiter machen. Egal welche Folgen es für mich haben wird. Egal welche Konsequenzen mich erwarten.

Selbst wenn ich, wie Ren, in der Verbannung ende. Ich werde dich immer beschützen!

"Ich muss mit Vater reden!"

Vater! Immer ist es Vater den du aufsuchst! Wieso kannst du nicht mich fragen? Vertraust du mir nicht? Bin ich es nicht wert?

Ach nein. Wie sollte ich, ein so niederes Wesen, eine solche Ehre, wie ein Gespräch mit dem König, dem Master aller Neris, wert sein?

Ich kann hören wie Drac das Zimmer verlässt. Ich vernehme seinen schnellen Atem und je weiter sich sein Geruch entfernt, desto mehr entspannt sich mein Körper. Diese Anspannung scheint zu einem regelrechten Dauerzustand zu werden, so wenig bin ich ihrer gewahr, wenn sie da ist. Ich bemerke sie erst, wenn sie verschwindet und mich mit dieser Leere und Leichtigkeit zurücklässt.

Langsam verhallen Dragons Schritte in den Weiten der endlos langen Gänge unserer Heimat.

Seufzend öffne ich die Augen und werfe Ivan einen tadelnden Blick zu, der an dem anderen Neris abprallt, ihn nicht im geringsten zu berühren scheint, während ich ihn schärfer als beabsichtigt anfahre. Ich kann es einfach nicht leiden, wenn sich jemand in meine Angelegenheiten einmischt. Und dies waren doch offensichtlich meine Angelegenheiten, oder?

"Musstest du Dragon, bei allen sieben Höllentoren, ausgerechnet darauf hinweisen, dass ich mir Sorgen um ihn mache? Und musstest du mir wieder einmal vor Augen führen, wie wenig Vertrauen mein Bruder in mich hat? Als ob ich das nicht selbst schon oft genug mitbekommen würde!"

Ein erneuter Seufzer meinerseits bringt Ivan dazu sich zu mir umzudrehen und mich das erste Mal seit Tagen wieder direkt anzusehen. Auch wenn ich es, durch meine nun wieder geschlossenen Lider, nicht sehen kann, spüre ich doch seinen fragenden und irritierten Blick auf mir ruhen.

"Ach Scheiße! Bei Rian, ich scheine immer alles falsch zu machen! Womit habe ich das verdient?

...

Antworte nicht, Ivan! Das war eine rein rhetorische Frage!", entfährt es mir. Meine Stimmung ist mal wieder an einem Tiefpunkt angelangt. Es will mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Das Bild von Drac, mit diesem schmerzvollen Ausdruck in den Augen, während er mich betrachtet. Dabei habe ich es doch all die Jahrhunderte so effektiv verdrängen können! Ist es, weil ich mein eigenes Gesicht, von jener Nacht, in seinen Gedanken gesehen habe? Liegt es daran? Oder an dem schmerzlichen Ausdruck den er heute an den Tag gelegt hat?

Dann ist da der Zweifel, der immer wieder über Vaters Gesicht huscht, wenn er denkt, dass ich es nicht bemerke. Der Zweifel, den er empfand, als Dragon mich als Bloodmoons Anführer verkündete. So als sei ich es nicht wert, auch ein Teil dieser Gesellschaft zu sein.

Die Distanz, die die Neris zu mir halten (egal auf welcher Ebene). Selbst Drac hält einen gewissen Abstand zu mir.

Fürchtet er mich so sehr? Fürchtet er, dass ich seine Gedanken lesen könnte wie an jenem Tag? Dabei sollte er doch wissen, wenigstens er, dass ich es, wenn es geschieht, nicht mit Absicht mache. Dass ich die Gedanken der anderen gar nicht hören will!

Natürlich ist mir bewusst, warum sie das tun, aber trotzdem verletzt es. Trotzdem schmerzt es, auch wenn ich es schon gewohnt bin (oder zumindest sein sollte). Selbst die Moonoracle, die mir von allen Neris, abgesehen von meiner Familie, am nächsten stehen, trauen sich nicht in meine Nähe und versuchen jeden körperlichen Kontakt mit allen Mitteln zu vermeiden.

Meine Gabe, die Gedanken der Wesen in meiner Umgebung wahrzunehmen, macht nicht nur Menschen Angst, sondern auch meinem Volk, meinen 'Freunden'... meiner Familie. Und mir selbst.

"Wieso können sie mir nicht einfach vertrauen?", flüstere ich mehr zu mir selbst als zu irgendwem sonst.

"Ich...", beginnt Ivan mit angespannter Stimme, was mich fast zum Lachen bringen würde, wenn ich mir das nicht schon vor langer Zeit abgewöhnt hätte. Es scheint fast, als fürchte Ivan meine Reaktion... was er wahrscheinlich auch tut.

"Vergiss es. Ist nicht so wichtig.

Weshalb bist du hier?", entgegne ich ausweichend. Weder Ivan noch sonst jemanden gehen meine Gefühle etwas an, nicht einmal (oder besonders nicht?) Dragon.

"Ich hatte eine Nachricht für Euch, aber Master Dragon meinte, ich solle Euch nicht damit behelligen, besonders nach Eurem neusten Zusammenbruch.

Also habe ich sie dem König gegeben.", antwortet er und fährt dann zusammenhanglos fort: "Master Dragon ist ziemlich hilflos, wenn es um Euch geht. Ich hoffe Ihr seid Euch dessen bewusst, denn immerhin hängt die Zukunft unseres Landes von euch Beiden ab. Wir dürfen in diesen Zeiten weder unseren König, noch unseren Anführer verlieren, egal aus welchen Gründen.

Aber scheinbar ist es dafür schon lange zu spät."

Mit diesen Worten dreht Ivan sich um und macht sich auf den Raum, mein Schlafgemach!, zu verlassen. Mein geflüstertes: "Dann ist er ja genau wie du.", lässt ihn jedoch in seinen Bewegungen, eine Hand auf der Türklinke, erstarren.

Diesmal ist er es, dem ein Seufzer entkommt: "Ich weiß... gute Nacht, Master."

„Du bist seltsam.“

Ohne meinen Worten weiter Beachtung zu schenken ist der andere Neris verschwunden.

Langsam setzte ich mich in meinem Bett auf (lange genug geschlafen!).

Doch das Aufstehen gestaltet sich schwieriger als angenommen, denn kaum befindet sich mein Körper in der Waagerechten, erfasst mich ein Übelkeit erregendes Schwindelgefühl und zwingt mich dazu, mich wieder hinzusetzten, meine Augen für einen Moment zu schließen. Sofort kommt mir Dracs trauriges Gesicht in den Sinn und ich öffne meine Augen schnell wieder (keine gute Idee, wie sich in der nächsten Sekunde herausstellt). Aber ich sollte meinem Gewissen keine Gelegenheit geben sich wieder zu regen, sonst bin ich am Ende wirklich verloren.

Ich wünsche mir (nur für einen winzigen Augenblick), dass ich offen mit Ivan sprechen könnte. Dass er und die anderen mich nicht fürchten würden... dass ich normal wäre.

Doch das bin ich nicht. Und ich werde es niemals sein.

Kurz schließe ich die Augen. Nur einen winzigen Moment der Ruhe. Frieden! Nur eine Sekunde um mir vorzustellen... einzureden, dass ich wie sie bin, wie jeder andere...

Mir entkommt ein lautloser Seufzer und ich lasse mich wieder zurück in die Kissen sinken, starre mit leerem Blick an die Decke ohne sie wirklich zu sehen.

Was mache ich mir eigentlich noch Gedanken darum? Es ist und bleibt ein Wunsch. Ein Wunsch, der sich nie erfüllen wird. Es ist egal, was ich mir vorstelle, egal was ich mir wünsche... sie werden nie zulassen, dass ich wie jeder andere bin. Sonst würden sie ihre eindrucksvollste und abschreckenste Waffe verlieren.

Wenn Dragon doch nur nicht zu mir gekommen wäre... Wenn ich doch nur nicht die Kontrolle verloren hätte, dann würde ich mir jetzt nicht diese Gedanken machen. Ich würde einfach weiter meine Aufgaben erfüllen und jeder wäre glücklich.

Aber meine Wünsche zählen nicht. Sie sind nichts weiter als das: Wünsche!

Und was geschehen ist, lässt sich nicht mehr ändern.

Mir dies immer wieder einredend, beginne ich zu sprechen, mir vollkommen bewusst, dass ich inzwischen alleine in meinem Zimmer verweile (vielleicht… aber das ist auch nur einer dieser Wünsche!).

„Warum versucht er alles von mir fern zu halten? Ich bin doch kein Kind mehr, dass man beschützen muss und dass sich vor dem bösen Monstern in seinem Schrank oder unter seinem Bett fürchtet.

Oder hältst du mich für ein Kind, Drac?

Verschweigst du mir deshalb so vieles?

Vertraust du mir deshalb nicht?

Oder ängstige ich dich, so wie die anderen Neris?

Aber ich sehe doch nichts! Ich will das alles doch gar nicht! Warum fürchten sie mich, wenn sie mich zugleich doch so sehr bewundern?

Ich verstehe es nicht!

Ich verstehe euch nicht!“

Lange Zeit ist es still um mich herum, aber wer hätte mir auch antworten können, immerhin ist niemand hier!

Wahrscheinlich würden sie es nicht einmal bemerken, wenn ich während eines Kampfes sterben würde. Ihr Leben würde weiter gehen wie bisher, es würde sich nichts verändern.

Wieder muss ich an den Krieg denken… und an die Rolle, die Drac mir darin zugedacht hat, obwohl er mir doch keinerlei Vertrauen entgegen bringt.

Er hat mich Bloodmoon gründen lassen, den Orden, der gegen den größten Magier unserer Zeit kämpft und einen Krieg führt, dessen Ausmaße jeden vorangegangen übertreffen. Dragon lässt mich gegen unseren Onkel kämpfen, den Mann, der meinem großen Bruder den Tanz der Klingen gelehrt hat und gegen Ju, den Drac selbst den Umgang mit dem Schwert beibrachte.

Dragon überlässt mir ohne zu zögern die Verteidigung unserer Welt… und doch… und doch…

Vertraust du mir denn überhaupt nicht? Bin ich deines Vertrauens noch immer nicht würdig?

Hast du denn alles vergessen?

Ich weiß, dass meine Augen wieder dabei sind die Farbe zu ändern, dass sie vermutlich in einem leuchtenden Silber-grün erstrahlen und somit meine Enttäuschung und Verzweiflung widerspiegeln, doch es ist mir gleich. Sollen die Neris doch denken was sie wollen. Sollen sie doch über mich reden, mich verfluchen und fürchten. Was kümmert es mich, was sie alle denken? Ich bin bloß eine weitere Spielfigur auf diesem Schachbrett des Lebens und sollte es nötig sein, so werde ich ohne zu zögern geopfert oder für eine weitere Schlacht, wie ein Schwert aus dem Schrank geholt. Solange kann man mich ja ruhig einsperren, mich unter Beobachtung stellen und mein Leben lenken.

So sind eben die Regeln und ich habe ihnen unwissentlich zugestimmt. An jenem Tag. Mit den Worten, die mich in diesen ewig währenden Käfig sperrten, mich jeglicher Freiheit beraubten und mich zum Sklaven meiner Macht degradierten.

Leise seufzend erheben ich mich dann doch endlich aus meinem Bett. Immerhin bin ich der Anführer Bloodmoons, ich kann nicht den ganzen Tag grübelnd im Bett verbringen!

Meine Gedanken wandern zu Ivan. Ob er weiß, was ich meinte? Er ist immer so verschlossen, genau wie Alec und irgendwie auch Drac. Vielleicht meiden die Drei deshalb in letzter Zeit so konsequent meine Gegenwart... weil sie fürchten, ich könnte Dinge erfahren, die sie lieber verbergen wollen. Immerhin kann ich Gedanken lesen ohne das der Betroffene es merkt oder verhindern kann. Meist bin ich ja noch nicht einmal selbst in der Lage es zu stoppen, obwohl ich, seit ich meine Gefühle unter Kontrolle habe, immer weniger Ausflüge zum Wissen anderer unternehme (es ist aber auch irritieren, wenn ich auf Fragen antworte, die ich nicht einmal gehört haben kann oder auf jemanden sauer bin, obwohl er sich in meiner Gegenwart immer tadellos benommen hat. Das kann auch schon mal... äußerst peinlich werden. Für beide Seiten).

Aber ich war ja bei Ivan (ob solche Sprünge im Denken normal sind? Ich sollte es doch eigentlich wissen!).

Ivan war mit mir zusammen auf der DArc, vor so langer Zeit und auch heute scheint er noch nicht los lassen zu können, zumindest wenn man nach seinem Job geht.

Während er Nachts für mich auf die Jagd geht, unterrichtet er des Tags Diplomatie an der ehrwürdigen Schule für Magie, die von meinem Vater, seinem Bruder und zwei ihrer damals besten Freunde gegründet wurde.

In der DArc, die schon lange vor dem auftauchen der 'Sterblichen' (wie manche die Menschen nennen) gegründet wurde, werden unter der Aufsicht von Neris die Zauberer des Kaisers, des Anführers der Menschen, ausgebildet. Denn obwohl das unser Planet ist, haben ihn sich die Menschen zu eigen gemacht und niemand hält es für nötig etwas zu unternehmen.

Nun gut, im Moment haben wir dringendere Probleme, aber die Menschen leben schon eine lange Zeit hier... und weder Vater noch mein Bruder haben es je für nötig befunden, etwas gegen diese Plage zu unternehmen.

Ich verstehe, dass sie einen weiteren Krieg verhindern wollen, aber die Forderungen der Menschen schränken uns massiv in unserer Lebensweise ein, während sie kaum Abstriche machen müssen. Und dann immer wieder diese... Einmischungen!

Um meine düsteren Gedanken abzuschütteln, beschließe ich, endlich etwas zu unternehmen. Kurz überlege ich, ob ich nicht noch eine schnelle Dusche nehmen sollte...

Ja, dass sollte ich., angewidert verziehe ich das Gesicht. Die Kleidung klebt unangenehm an meiner verschwitzen Haut und der Geruch nach Angst vernebelt mir beinahe die Sinne.

Ich sollte später unbedingt die Bettwäsche wechseln! Das ist ja nicht mehr auszuhalten.
 

Ich werfe einen kurzen Blick zur Uhr, bald Mitternacht, und beschließe, dass es sich nicht lohnt, morgen noch zur Uni zu gehen und mir die langweiligen Vorträge der Professoren anzuhören, besonders da ich mit meinen Nachforschungen noch nicht besonders weit gekommen bin.

Kurz blicke ich auf das Messer in meinen Händen, drehe es von einer Seite auf die andere, ehe ich es , zusammen mit einigen anderen kleinen Spielzeugen, in meinem Mantel verstaue, die Siegel von Roxas und Kiaran, meinen Zwillingsschwertern, die ich von Dragon geschenkt bekommen habe, überprüfe und beinahe schon fluchtartig den Raum verlasse.

Nur nicht länger als nötig in diesem Gefängnis festsitzen! Das Geräusch der schweren Stiefel auf dem glatten Steinboden schafft es mich bald wieder zu beruhigen. Je schnell ich laufe, desto schneller bin ich wieder in Freiheit, auf den Straßen von Liseria.

Vielleicht geh ich ja ins Dragonfire, um den Tag in Rekordzeit wieder zu vergessen und mich, mit ein bisschen göttlicher Hilfe, morgen wieder mit Drac zu versöhnen. Mit etwas Glück werde ich sogar eine nette Zerstreuung finden.

Auf dem gesamten Weg nach Draußen begegne ich nicht einer Seele.



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