Zum Inhalt der Seite

Supernova

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Vielen Dank für die bisherigen Kommentare und Favoriten. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Sorry wegen der langen Pause zwischen den Kapiteln. Ich war diesen Monat mit NaNoWriMo beschäftigt und hatte deshalb keine Zeit mich um Updates zu kümmern. In Zukunft kommen die Kapitel wieder in kürzeren Abständen. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Nightmaker hat Maliks Charakterdesign gezeichnet. Zu bewundern in der Charakterbeschreibung. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier mal ein großes Danke an alle, die die Story lesen, die sie favorisiert haben und an diejenigen, die immer so fleißig Kommentare hinterlassen. Es motiviert wirklich sehr zu sehen, dass die Story doch so einigen gefällt. Vielen lieben Dank! Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die Nebelschwaden verhüllten fast vollständig die Sicht auf die vier größten Jupitermonde. Mariku kniff die Augen zusammen, doch er konnte ihre Umrisse nur schwach durch den Nebel erkennen. Mariku nannte es Nebel, obwohl er wusste, dass es eher Gas war. Immerhin so viel hatte er sich aus der Schule gemerkt. Er streckte den Hals ein bisschen und sah nach unten. Wasser schwappte gegen die Säulen des Gebäudes. Mariku kniff erneut die Augen zusammen als er glaubte Gestalten im Wasser zu erkennen. Fast hätte er sein Gesicht gegen die Scheibe gedrückt. Er überlegte, was er über Jupiter und seine Bewohner wusste, doch die Erinnerungen waren nur schwammig. Er war nicht unbedingt der beste Schüler gewesen, was Planetenkunde anging. Das war ihm alles zu trocken gewesen. Raumschiffe dagegen waren schon eher sein Ding, deshalb war er auch besonderes aufgeregt endlich auf Jupiter zu sein. Es war der Planet mit dem größten Weltraumhafen in dieser Galaxie.
 

Mariku drehte sich von der Scheibe weg und ließ seinen Blick durch den riesigen Raumhafen schweifen. Er konnte die vielen Eindrücke, die auf ihn einprasselten, gar nicht richtig verarbeiten. Es war einfach zu überwältigend. Noch nie hatte er so viele unterschiedliche Spezies an einem Ort gesehen. Er war zwar schon oft auf dem Raumhafen auf dem Mond gewesen, doch dieser war winzig im Vergleich zu Jupiter. Es war ein Meer aus bunten Gestalten, die sich in Sprachen unterhielten, die Mariku noch nie zuvor gehört hatte. Er atmete tief durch. Selbst die Gerüche konnte er nicht beim Namen nennen, weil es in seiner Sprache keine Namen dafür gab. Mariku schloss die Augen und ließ alles auf sich wirken. Er verspürte ein angenehmes Ziehen in seinem Magen. Nur schwer konnte er ein breites Grinsen unterdrücken. Er konnte es immer noch nicht fassen, dass er hier war. Damit war er nur noch einen winzigen Sprung davon entfernt sich seinen großen Traum zu erfüllen.

Mariku öffnete seine Augen wieder und betrachtete zum wiederholten Male das Blatt Papier in seinen Händen. Er konnte den Text darauf inzwischen schon auswendig. Es war die Aufnahmebestätigung für eine der besten Pilotenschulen, die es gab. Nur wenige bekamen jedes Jahr die Chance dort eine Ausbildung zum Pilot abzulegen. Es gab viele Pilotenschulen, doch keine stand für mehr Qualität als die Cera Academy auf dem Planeten Ptera. Den Abschluss dort schafften nur die Besten.

Mariku seufzte. Schon als Kind hatte er davon geträumt einmal den Weltraum zu bereisen. Er wollte alles sehen: Aliens, deren Namen er nicht aussprechen konnte, Planeten, deren Atmosphären ihn wohl umbringen würden und Sternensysteme von denen er jetzt noch nicht einmal etwas ahnte. Mariku gab einen vergnügten Laut von sich.

Er konnte sich wirklich glücklich schätzen, dass er als normaler Mensch eine Chance bekommen hatte. Er hatte keine besonderen Fähigkeiten, keine Supersicht oder irgendwelche Klauen oder Flügel. Er war so unauffällig, dass er sich teilweise richtig unwohl fühlte zwischen all den Aliens, die ihm mit hoher Wahrscheinlichkeit spielend jeden Knochen im Leib brechen konnten. Trotzdem, er schüttelte den Kopf um die Gedanken zu vertreiben, er hatte es geschafft. Seine Leistungen hatten das Auswahlkomitee überzeugt und er würde sein Bestes geben. Er würde es allen zeigen, die auf der Erde über ihn gelacht hatten. Er ballte die Hände zu Fäusten und zerknüllte dabei das Papier. Natürlich hatten sie nicht mehr über ihn gelacht, nachdem er mit ihnen fertig gewesen war. Da konnten sie froh sein, dass sie überhaupt noch lachen konnten. Er war jetzt jedenfalls Schüler an der Cera Academy, zumindest fast; er musste nur noch hinkommen.
 

Mariku schob das Blatt zurück in seine Hosentasche und schlenderte über das Gelände. Er hatte noch Zeit bis zum Abflug und wollte sie dazu nutzen sich umzusehen. Mit großen Augen betrachtete er die Wesen, an denen er vorbeikam. Manche hatten eine Art Fell, andere waren wiederum durchscheinend als wäre ihr Körper aus Glas. Er sah die verschiedensten Hautfarben von blau bis rot. Hörner, Krallen, Schwänze, Flügel. Mariku konnte sich gar nicht sattsehen. Er hörte Fetzen der Gespräche um ihn herum, doch verstand kein Wort. Er sprach selbst nur Arabisch, Englisch und die Handelssprache, die von den meisten Aliens gesprochen wurde. Es hätte ihn interessiert, über was sich Aliens so unterhielten, doch es war ebenso interessant die unterschiedlichen Sprachen zu hören.

Der Raumhafen war jedoch mehr als nur eine große Bushaltestelle; er bot auch Geschäfte, fliegende Händler, Hotels und Bars. Mariku trieb sich zwischen den Händlern herum, die die seltsamsten Sachen verkauften. Etwas sah aus, wie ein Tintenfisch in einem Glas und Mariku wollte gar nicht wissen, wofür das gut war oder um was es sich wirklich dabei handelte.

„Hey Junge“, sprach ihn plötzlich einer der Händler an. Im ersten Moment dachte Mariku, er hätte keine Arme bis er die Klauen sah, die aus seiner Körpermitte ragten. Vier an der Zahl und feuerrot. In einer hielt er einen Becher, der eine bernsteinfarbene Flüssigkeit enthielt. Als er Mariku den Becher unter die Nase hielt, reichte allein der Geruch aus um diesem die Tränen in die Augen zu treiben. Es brannte und er begann sich schummrig zu fühlen. Mariku stolperte zurück und zwischen den Aliens hindurch. Nur langsam erholten sich seine Augen und Mariku wischte sich die Tränen von den Wangen. Er wollte sich an der Wand abstützen, fasste statt an Metall jedoch in etwas Weiches. Überrascht zuckte er zurück und fiel dabei rückwärts über eine Kiste. Mariku verzog das Gesicht als er unsanft zu Boden ging.

„Entschuldigung“, murmelte er.

„Aber nicht doch“, hörte er eine weibliche Stimme mit einem angenehmen Klang sagen. Er sah auf. Ihre Haut war hellblau mit dunkelblauen Tätowierungen und die Augen ein klares, strahlendes Grün. Sie hatte keine Haare, sondern ihr Hinterkopf ging in zwei Tentakel über, die wie zwei lange Zöpfe bis hinab zu ihrem Hintern reichten. Das minderte ihre Schönheit jedoch nicht im mindestens. Das Kleid, das sie trug, betonte ihre Reize genau richtig. Mariku schluckte. Ihre vollen, roten Lippen schenkten ihm ein Lächeln. Unbewusst leckte sich Mariku über die Lippen. Er schaffte es nicht den Blick von ihr abzuwenden. Nur schwerfällig und mit offen stehendem Mund rappelte Mariku sich auf. Sie streckte ihre Hand nach ihm aus und strich ihm mit den Fingerrücken über die Wange. Mariku bekam eine Gänsehaut. „Du hast dir doch nicht wehgetan?“

„Nein“, antwortete Mariku mit heiserer Stimme. Sein ganzer Körper war auf die Alienfrau ausgerichtet, die mit ihren schlanken Fingern an seinem Hals entlang strich.

„Da bin ich aber erleichtert. Es wäre doch eine Schande, wenn so ein hübscher Kerl wie du, sich verletzen würde.“ Sie kam näher und Mariku atmete ihren Duft ein, der ihn an Blumen erinnerte. „Oder soll ich lieber nachschauen, ob wirklich alles in Ordnung ist?“ Als sie ihren Körper gegen Marikus presste entflammte dessen Erregung vollends. Er wusste nicht was mit ihm passierte, aber er wusste, er wollte diese Frau auf jede erdenkliche Weise.
 

Plötzlich packte ihn jemand an den Schultern und riss ihn zurück. Erneut landete er auf dem Boden und Mariku blinzelte verwirrt. Der Zauber war so schnell verflogen wie er gekommen war. Was war mit ihm passiert? Er konnte sich sein Verhalten selbst nicht erklären. „Ich denke nicht, dass er schon alt genug ist für dich, meine Liebe.“ Mariku sah zu dem Mann auf, der sich neben ihn gestellt hatte, doch durch die Kapuze, die er trug, konnte Mariku sein Gesicht nicht sehen. Die Alienfrau presste die Lippen missbilligend aufeinander. Sie sagte etwas in einer Sprache, die Mariku nicht verstand, aber dem Klang nach, waren es keine netten Worte. Sie wandte sich ab und verschwand in der Menge. Der Mann wandte sich Mariku zu und hielt ihm die Hand hin. Mariku ließ sich von ihm wieder auf die Beine ziehen. Jetzt konnte er sehen, dass es ein Mensch war. Er war mindestens 50 und hatte einen Vollbart. Die grauen Augen musterten ihn interessiert. „Du solltest vorsichtig sein“, warnte er Mariku.

Verlegen fasste sich Mariku an den Hinterkopf. „Ja, vielen Dank.“ Mehr brachte er nicht heraus. Normalerweise war er nicht auf den Mund gefallen, doch die neue Umgebung verunsicherte ihn. Hoffentlich würde sich das ändern, sobald er an der Akademie war. Er mochte diese schüchterne Seite an sich wirklich überhaupt nicht.

„Geh lieber zu deinem Schiff.“ Mit diesen Worten ließ der Mann Mariku allein zurück. Mariku atmete tief durch und ließ die Schultern hängen. Man, wie peinlich. Er musste wirklich noch viel lernen.

Er zog wieder die Annahmebestätigung aus der Tasche und drehte sie um. Auf der Rückseite hatte er die Nummer der Plattform notiert, von der sein Schiff fliegen würde. Zumindest glaubte er, dass es eine Nummer war. Es war ein seltsam-verschnörkeltes Zeichen und er wusste nicht einmal, ob er es richtig abgeschrieben hatte. Mit dem Zettel in der Hand ließ er die Händler hinter sich und betrat den Teil des Raumhafens, der die Schiffe beherbergte.
 

Staunend und mit einem Hauch Ehrfurcht betrachtete er die Raumschiffe, die majestätisch vor ihm aufragten. Aliens in verschiedenen Uniformen rannten eilig durch die Gegend, begrüßten Gäste oder nahmen Gepäck entgegen. Mariku seufzte. Er könnte sich niemals einen Flug mit einem dieser Luxus-Schiffe leisten. Er war überhaupt froh, dass er einen bezahlbaren Flug gefunden hatte. Aber vielleicht würde er auch eines Tages eines dieser großen Schiffe steuern. Bei dem Gedanken verspürte er wieder dieses angenehme Ziehen in seinem Magen.

Mariku verglich die Zeichen an den Säulen mit dem, dass er aufgeschrieben hatte. Die Schiffe wurden mit der Zeit immer kleiner und verloren an Glanz. Bei den kleineren Schiffen gab es keine Uniformierten mehr, die Gäste begrüßten und sich um das Gepäck kümmerten. Die Gestalten an denen Mariku vorbeikam machten einen eher zwielichtigen Eindruck auf ihn und er beschleunigte unbewusst seine Schritte.

„Ich warne dich, du raffgieriges Biest“, drang es an Marikus Ohren, während er das Symbol auf der Säule mit seinem verglich. Es sah fast identisch aus. Er sah zum Schiff, dessen Außenhülle in weiß und blau gehalten war und in einem unerwartet gutem Zustand war. AMANE stand in, sehr zu Marikus Überraschung, lateinischen Lettern auf dem Rumpf. „Wenn ich während des Flugs auch nur ein Problemchen habe, dann komm ich zurück und sorg dafür, dass du nie wieder ein Goldstück in seine gierigen grünen Finger bekommst. Hast du mich verstanden?“ Mariku wandte seine Aufmerksamkeit dem Sprecher zu. Er stand mit dem Rücken zu ihm, sodass Mariku nur seine langen, weißen Haare sehen konnte. Er hielt ein Wesen in die Luft, nicht größer als ein Kleinkind, mit tiefgrüner Haut und einer großen Hakennase.

„Natürlich, mein Herr, natürlich.“ Es hatte eine schrille Stimme, die Mariku in den Ohren wehtat. Der Weißhaarige ließ das kleine Alien los und es landete auf seinem Hintern. Schnell rappelte es sich wieder auf und ging murmelnd davon. Mariku verstand nicht was es sagte, doch es klang nicht sonderlich glücklich.
 

„Und da dachte ich immer Cygni wären so nette und liebe Zeitgenossen.“ Überrascht sah Mariku zur Seite. Er hatte den Mann, der plötzlich neben ihm stand, nicht kommen hören. Unter den langen, weißen Haaren lugten spitze Ohren hervor. Eins von ihnen war fast komplett zerfetzt. Er grinste und Mariku konnte die langen, spitzen Eckzähne sehen. Seine dunklen Augen blitzten amüsiert während er den anderen Weißhaarigen betrachtete. Der hatte sich inzwischen umgedreht und sah alles andere als gutgelaunt aus.

„Pass auf was du sagst, du elendiger Blutsauger.“ Ryou richtete seine marmorierten Krallen auf ihn. Mariku nutzte die Gelegenheit ihn zu mustern. Statt Haut hatte er eine Art Fell (vielleicht war es auch so etwas Ähnliches wie Daunen, Mariku war sich nicht sicher) und seine Ohren waren mehrere lange, weiße Federn. Er hatte eine kleine Nase und große braune Augen. Seine Gesichtszüge waren sanft, wenn auch gerade zu einer wütenden Grimasse verzogen.

Bakura hob abwehrend die Hände. „Schon gut, schon gut. Nur ein kleiner Scherz.“

„Noch so ein dummer Spruch und du kannst dir ein anderes Schiff suchen. Sei froh, dass ich Gesindel wie dich überhaupt mitnehme“, fauchte Ryou. „Wenn du auch nur eine falsche Bewegung machst, dann pulverisiere ich dich eigenhändig. Und jetzt her mit den Münzen!“ Bakura reichte ihm ein kleines Säckchen. Mariku hörte die Münzen darin klimpern. Prüfend wog Ryou den Beutel in der Hand. „JOU!“ Das Klackern von Hufen war zu hören. Jonouchi hatte große gebogene Hörner, die seitlich aus seinem Kopf ragten und seine Beine gingen ab den Knien in Hufe über. Ryou drückte ihm den Beutel in die Hand. „Zähl das nach.“ Er sah Mariku. „Und du?“

Mariku riss seinen Blick von Jonouchi los. „Äh, hallo, ich bin Mar…“

„Interessiert mich nicht“, unterbrach Ryou ihn barsch und streckte die Hand aus. Mariku stellte seine Tasche auf dem Boden ab und ging in die Knie. Er zog den Reißverschluss auf und holte ebenfalls einen kleinen Beutel hervor, den er Ryou reichte.
 

Ohne ein weiteres Wort drehte Ryou sich um und ging Richtung Schiff. „ANZU!“

Mariku stieß hörbar Luft aus. Hatte er sein Selbstbewusstsein auf der Erde vergessen? „Oh wow, was ist dem den über die Eingeweide gelaufen?“ Mariku zuckte nur mit den Schultern und hob seine Tasche wieder auf. Bakura betrachtete ihn interessiert. „Du bist ein Mensch.“

„Äh ja. Und du bist…?“ Doch Mariku konnte seine Spezies nicht nennen. Er wusste einfach noch viel zu wenig über die unterschiedlichen Aliens. Die Menschheit war immer noch zu verbohrt um in den Schulen vernünftig darüber zu lehren und wenn, dann hatte er nicht ausreichend aufgepasst.

„Nocidea“, antwortete Bakura beiläufig. „Ich hab noch nie einen Menschen getroffen.“ Er kam unangenehm nahe und Mariku setzte einen Fuß nach hinten und lehnte seinen Oberkörper von ihm weg. Bakura hatte die Augen geschlossen. „Süß“, murmelte er grinsend, dann leckte er sich über die Lippen. „Sehr süß.“ Fragend hob Mariku die Augen. Was war mit diesem Kerl nur los? Was war süß? Etwa er? Wollte er ihn anmachen? Er wusste, dass er gut aussah, aber mussten deswegen alle Aliens, die er traf, auf ihn scharf sein?

„Wollt ihr da ewig rumstehen?“, rief Ryou ihnen verärgert zu. „Packt euer Zeug und rein ins Schiff. Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.“

Bakura verdrehte die Augen. „Wie gut, dass wir den nur ein paar Tage ertragen müssen.“

„Das hab ich gehört!“ Bakura lächelte Ryou nur übertrieben an.
 

Neben Ryou stand inzwischen eine Frau. Ihre Haut war grünlich-blau und leicht durchscheinend. Mariku konnte die dunkelblauen Adern darunter erkennen. Sowohl ihre Lippen als auch ihre Augen waren ebenfalls tiefblau. Sie hatte keine Pupillen. Zwischen ihren Fingern hatte sie Schwimmhäute. Sie lächelte Mariku an und der lächelte unsicher zurück. Was war das heute nur mit ihm und den Aliens? „Die Lady steht auf dich“, flüsterte Bakura ihm zu und zwinkerte. „Ich hab gehört Seiren sind ausgezeichnete Liebhaber.“ Mariku hob die Augenbrauen, nicht sicher was er dazu sagen sollte. Er hatte nicht vor sich mit irgendwem außerhalb seiner Spezies einzulassen. Er warf einen Blick über die Schulter. Die Seire sah ihn immer noch an, während Ryou auf sie einredete. Mariku seufzte. Er hoffte nicht, dass das so weiter ging. „Ich bin übrigens Bakura.“

„Mariku“, murmelte Mariku. Plötzlich fühlte er sich müde und ausgelaugt. Erst die lange Reise bis Jupiter, während der er vor Aufregung kein Auge zu getan hatte, und dann das Geschehen hier machten sich nun deutlich bemerkbar. Er freute sich auf seine Kabine und auf sein Bett.
 

Im Schiff wartete Jonouchi auf sie. Er grinste sie schief an. „Macht euch nicht so viele Gedanken über Ryou. Er ist eigentlich ganz nett, zumindest wenn er schläft.“ Er lachte über seinen eigenen Witz. Das Geräusch seiner Hufe widerhallte an den Wänden. „Er ist etwas verkrampft.“

„Ich wüsste da etwas um ihn aufzulockern“, sagte Bakura grinsend und selbst Mariku schmunzelte.

Jonouchi lachte wieder. „Das lass ihn bloß nicht hören. Nocidea, das hier ist dein Zimmer und gleich daneben das für unser Menschlein.“

„Ich hab auch einen Namen“, murrte Mariku.

„Ja, da bin ich mir sicher, aber ich weiß ihn nicht.“

„Ich heiße Mariku, okay?“

„Man Mariku.“ Bakura legte seinen Arm um seine Schulter. „Nicht so ernst.“

Mariku schob ihn von sich. „Lass das.“ Er hatte heute wirklich schon genug Körperkontakt mit Aliens gehabt und Bakura war ihm nicht ganz geheuer.

„Abflug ist in einer Stunde“, informierte sie Jonouchi. „Ich wünsche noch einen angenehmen Aufenthalt.“ Er deutete eine Verbeugung an.
 

Mariku öffnete die Tür zu seiner Kabine und ließ seine Tasche aufs Bett fallen. Außer dem schmalen Bett gab es noch einen kleinen Schrank, einen Stuhl und einen Tisch, der an der Wand befestigt war. Es war nicht viel Platz und Mariku erinnerte es eher an eine Gefängniszelle. Er ließ sich auf’s Bett sinken. Es war ja nur für ein paar Tage. Er schob die Tasche vom Bett und streckte sich darauf aus. Dabei stieß er mit dem Kopf gegen den Bettrahmen. Er seufzte. Jetzt war er auch noch zu groß für dieses Bett. Großartig. Er rollte sich zusammen und gähnte. Die Aufregung hatte ihn müde gemacht.
 

Ein Beben ging durch das Schiff und Mariku schreckte aus dem Schlaf hoch. Er brauchte einen Moment um sich zu orientieren. Ach ja, er war auf dem Weg nach Ptera und scheinbar waren sie inzwischen zum Abflug bereit. Gähnend stand Mariku auf und rieb sich seinen verspannten Nacken, dann verließ er sein Zimmer. Er wollte unbedingt beim Start zusehen.

Ryou studierte das Hologramm einer Sternenkarte als Mariku das Cockpit betrat. „Was willst du hier?“, fauchte Ryou ihn sofort an.

„Ich würde gern zusehen“, erklärte Mariku ruhig. Er hatte nicht vor sich von Ryou einschüchtern zu lassen.

Ryou seufzte genervt. „Verschwinde!“ Mit einem Knopfdruck verschwand die Sternenkarte.

„Ich werd auch nichts anfassen.“

Ryou spannte den Kiefer an. „Lass ihn doch“, mischte sich Anzu ein und schenkte Mariku ein breites Lächeln.

Ergeben warf Ryou die Arme in die Luft. „Setz dich da hin und halt die Klappe.“ Mariku zwinkerte Anzu zu und diese wandte verlegen den Blick ab. Vielleicht war es doch nicht so schlecht, dass so manche Alienfrau scharf auf ihn war. Das brachte immerhin auch Vorteile. Er ließ sich auf den Stuhl sinken, den Ryou ihm zugewiesen hatte und schnallte sich an. Neugierig sah er sich um. Nicht weit von ihm entfernt saß ein Alien, das er nicht kannte. Seine Haut wirkte wie Stein, sie war schwarz und von roten Adern durchzogen, die Mariku an Lava erinnerten.
 

Die vielen Knöpfe und Hebel machten ihn aufgeregt. Zu gern wäre er jetzt selbst am Steuer gesessen. Er konnte es kaum erwarten, sein eigenes Schiff zu besitzen, auch wenn bis dahin noch Jahre vergehen würden. „Okay Jou, bring uns von hier weg.“ Ryou verschränkte die Arme vor der Brust während das Schiff vom Boden abhob. Mariku hörte, wie das Fahrgestell eingezogen wurde. Langsam schwebten sie nach oben. „Sachte.“

„Jaja, ich mach das nicht zum ersten Mal“, erwiderte Jonouchi.

„Das letzte Mal hast du ein anderes Schiff gerammt!“

Jonouchi grinste verschmitzt. „War ja keine Absicht.“ Er ordnete sich hinter einem anderen Schiff ein. In der Distanz konnte Mariku eine Schleuse entdecken durch die die Schiffe den Raumhafen verließen.

„Fahr nicht so nah auf“, fauchte Ryou.

„Ruhig Blut, Chef.“

„Ich hab keinen Bock schon wieder einen Schaden zu bezahlen. Das hatten wir schon oft genug.“ Wieder ein verschmitztes Grinsen von Jonouchi. Mariku wunderte sich, warum Ryou überhaupt zuließ das Jonouchi das Schiff steuerte, wenn er so viele Unfälle baute.
 

Die Schleuse öffnete sich für sie. „Honda, Schwerkraft auf T5.“ Mariku verspürte einen Druck auf den Ohren, wie beim Abflug eines Flugzeugs. Seine Hände waren feucht vor Aufregung. Jupiters Gasschicht versperrte die Sicht und Ryou murrte. „Welcher Idiot hat eigentlich den Raumhafen auf dem unübersichtlichsten Planeten in diesem Sonnensystem gebaut?“ Er ließ sich auf einen Stuhl sinken und öffnete noch einmal die Sternenkarte. „Jou halt dich rechts.“ Langsam klärte sich die Sicht auf als sie die Atmosphäre verließen. Mariku betrachtete mit offenem Mund die unzähligen Sterne, auf die er jetzt freie Sicht hatte. Selbst Saturn konnte er erkennen. „Kurs GV38. Langsam beschleunigen.“ Das Schiff machte einen Sprung nach vorne. „Langsam hab ich gesagt!“ Er schloss die Sternenkarte wieder. „Anzu, bereite alles für den Sprung vor.“

Mariku rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Er kannte die komplette Theorie eines Hyperraumsprungs auswendig, aber er hatte selbst noch nie einen erlebt. Nur schwer konnte er sein Grinsen unterdrücken. „Alles bereit.“

„Gut, dann bringt uns mal hier raus.“ Mariku wurde in seinen Sitz gedrückt als das Raumschiff weiter beschleunigte. Für einen Moment nahm ihm die Geschwindigkeit die Luft zum atmen. Der Weltraum um sie herum verzerrte sich. Die Lichter der Sterne wurden länger und brachen sich in den seltsamsten Winkeln.

Mariku schlug das Herz bis zum Hals. Endlich. Endlich ging es los…

Eine Erschütterung ging durch das Raumschiff und Mariku wurde nach vorne gerissen. Nur der Sicherheitsgurt hielt ihn noch auf seinem Sitz. Ein lautes Warnsignal ertönte und das Licht flackerte. Ein erneutes Beben ließ das Raumschiff erzittern und es wurde aus seiner Flugbahn geschleudert. Ein lautes Krachen war zu hören, dann noch eins und dann noch eins. Mariku krallte sich in die Armlehnen, so fest, dass seine Knöchel weiß hervorstanden. Er hatte die Augenlider aufeinander gepresst, weil es sich anfühlte, als würden seine Augen jeden Moment platzen. Nur dumpf hörte er Ryou „Was ist los?“ brüllen. Eine Antwort schien er nicht zu erhalten. Mariku biss die Zähne zusammen. Schmerz jagte durch seinen Körper. Seine Knochen schienen jeden Moment bersten zu wollen und der Druck in seinem Kopf wurde unerträglich. Das Raumschiff wurde zur Seite gedreht. Eine weitere Erschütterung und sie standen plötzlich Kopf. Mariku verspürte Erleichterung als der Druck in seinem Kopf nachließ und in seine Beine wanderte. Trotzdem war ihm kotzübel. Seine Kleidung klebte an ihm. Ein letztes Beben ging durch das Schiff, bevor es sich wieder in die richtige Position drehte und ruhig liegen blieb. Ryou schaltete den Alarm aus. „Was, bei allen Monden…?“ Er keuchte. Seine Augen waren weit aufgerissen und rot geädert. „Ist jemand verletzt?“ Mariku schaffte es nicht ihm zu antworten, sondern kämpfte gegen den Drang an sich zu übergeben.

„Ich glaub, ich muss sterben“, jammerte Jonouchi und wischte sich Blut von der Stirn. Angewidert starrte er auf seine Hand und wischte sie an seinem Shirt ab. „War das ein Sonnensturm?“

„Unmöglich“, widersprach Ryou. „Wir waren…“ Doch er brachte den Satz nicht zu Ende. „Anzu, bist du in Ordnung?“ Anzu antwortete nichts. Sie atmete schwer. Die Kiemen an ihrem Hals flatterten. Ihr Oberkörper war fast komplett durchscheinend, während ihre Beine ein dunkles Blau angenommen hatten. „Anzu?“ Sie ging zu Boden.

Ryou eilte stolpernd zu ihr. „Verdammt Anzu! Reiß dich zusammen!“ Er hob ihre Beine an, damit ihr Blut zurück in den Oberkörper floss.

Die Tür zum Cockpit öffnete sich und Bakura trat ein. Blut rann ihm aus der Nase und er wischte es beiläufig mit der Hand weg. „Wollt ihr uns umbringen?“ Er sah zu Anzu. „Sieht nicht gut aus für die Kleine.“ Ryou warf ihm einen wütenden Blick zu. „Leg sie zusätzlich in Wasser, das sollte ihre Zirkulation wieder in Schwung bringen.“

„Honda, bring Anzu weg und leg sie in die Wanne“, sagte Ryou ohne seinen Blick von Bakura abzuwenden. „Woher weißt du so was?“

„Ich weiß viele Dinge, aber ich weiß immer noch nicht, warum ihr uns umbringen wolltet.“ Er trat einen Schritt zur Seite um Honda vorbeizulassen.

„Ich wüsste auch gerne, was passiert ist“, murmelte Ryou und rappelte sich wieder auf. Er versuchte die Sternenkarte aufrufen, doch das Hologramm zeigte nichts an. Wütend hämmerte Ryou auf die Armatur. „Verdammt!“

„Ist sie kaputt?“, fragte Mariku. Seine Zunge fühlte sich taub und schwer an. Schwarze Flecken tanzten vor seinen Augen als würde er jeden Moment ohnmächtig werden. Mit zittrigen Fingern löste er den Sicherheitsgut, wagte es jedoch nicht aufzustehen.

„Nein, sie funktioniert, sie zeigt nur nicht an wo wir sind“, erwiderte Ryou ohne den Blick von dem leeren Hologramm abzuwenden.

„Also doch kaputt.“

Ryou drehte sich zu Mariku um. Seine Augen waren weit aufgerissen. „Nein, du verstehst nicht! Sie zeigt nicht an wo wir sind, weil es keine Karte für diese Galaxie gibt.“ Stille kehrte ein. Mariku sah an Ryou vorbei durch die Scheibe nach draußen. Er konnte nur Sterne erkennen. „Es hat uns aus dem Hyperraum gerissen“, Ryou ließ sich auf seinen Sitz sinken, „und jetzt sind wir in einer unbekannten Galaxie.“

„Können wir sie die Jou-laxie nennen?“

Ryou verdrehte die Augen. „Das ist jetzt wirklich nicht der Moment für Scherze.“

„Was ist der Plan?“, wollte Bakura wissen und setzte sich neben Mariku.

Ryou fuhr sich durch die Haare. „Einen Planeten finden, oder eine Raumstation. Irgendjemanden, der uns sagen kann wo wir sind.“

„Können wir nicht“, Mariku strich sich über die Augen; er fühlte sich immer noch benommen, „einfach wieder hier rausspringen?“

Ryou sah ihn an als hätte er etwas unglaublich Dummes gesagt. „Es könnte sonst was passieren, wenn wir ohne Koordinaten springen! Und du willst Pilot werden?“ Mariku hob vor Überraschung die Augenbrauen. Nach Ryous bisherigem Verhalten hatte er nicht damit gerechnet, dass er sich wirklich gemerkt hatte, weshalb er nach Ptera wollte. „Jou, ist das Schiff beschädigt worden?“

Mit Schwung rutschte Jonouchi auf Anzus Platz, sah vom Bildschirm zu den Knöpfen vor ihm und drehte sich dann zu Ryou um. „Ich weiß nicht, wie man das bedient.“

Ryou stieß hörbar Luft aus. „Sie hat dir gezeigt, wie das geht.“

„Das ist Monate her.“

„Letzte Woche!“ Er seufzte.

„Solange wir noch schweben, kann’s nicht so schlimm sein“, meldete sich Bakura wieder zur Wort, gerade als Honda wieder ins Cockpit kam.

„Wie geht’s Anzu?“

„Sie ist wieder bei Bewusstsein.“

Ryou atmete erleichtert aus. „Gut. Jou, zurück auf deinen Platz. Wir sehen uns hier um.“

Bakura grinste Mariku an. Durch das Blut um seine Nase und den Mund hatte sein Grinsen etwas Psychopathisches. „Wie ein richtiges Abenteuer. Ich bin schon ganz aufgeregt.“ Mariku konnte ihm nicht widersprechen. Es war aufregend, wenn auch gefährlich. Sie wussten nicht, wo sie waren und was sie erwarten würde.
 

Langsam setzte sich das Raumschiff in Bewegung und vollführte eine Drehung. Nur mit Mühe konnte sich Mariku in seinem Sitz halten, zumindest solange bis Bakura gegen ihn stieß und sie beide durchs Cockpit rollten. „Schnallt euch an“, zischte Ryou als sie vor seinen Füßen liegen blieben.

„Die Steuerung ist total durcheinander“, murmelte Jonouchi und brachte nur mit Mühe das Raumschiff wieder in seine normale Position. Mariku rieb sich den Hinterkopf. Er schob Bakura von sich herunter und nutzte Ryous Sitz um wieder auf die Beine zu kommen.

Auch Bakura rappelte sich wieder auf. Er richtete seinen Blick nach draußen, schloss die Augen für einen Moment bis auf einen kleinen Spalt und ging dann näher an die Scheibe. Ryou wollte ihn schon wieder anfauchen als Bakura anfing zu sprechen: „Da links. Ist das nicht eine Raumstation?“

„Wo?“

„Na da!“ Er streckte die Hand aus und Ryou kniff die Augen zusammen.

„Ich kann nichts erkennen.“

Bakura seufzte. „Eure Augen sind einfach zu schlecht. Flieg einfach mal in diese Richtung.“ Ryou sah ihn misstrauisch an, deutete Jonouchi jedoch, das zu tun was Bakura sagte.

Und Bakura behielt recht: eine Raumstation kam in Sicht. „Sieht nicht sehr einladend aus“, murmelte Jonouchi und ließ das Schiff mit einigem Abstand anhalten. Sie konnten keine Lichter oder sonstige Lebenszeichen ausmachen.

„Sie trägt das Zeichen der Rebellion“, sagte Honda plötzlich und Ryou setzte sich mit einem Mal aufrecht hin.

Mariku sah Bakura an. „Rebellion?“ Doch Bakura zuckte nur mit den Schultern.

Ryou griff nach dem Funkgerät. „Hier spricht der Kapitän der Amane, wir erbitten Erlaubnis zum Andocken. Unser Schiff wurde beim Sprung beschädigt.“ Doch nur Rauschen war die Antwort. „Ich wiederhole, hier spricht der Kapitän der Amane, wir erbitten Erlaubnis andocken zu dürfen.“ Erneut bekamen sie keine Antwort.

„Scheint als wäre sie verlassen. Was machen wir?“

„Andocken“, befahl Ryou. „Wir haben keine Wahl. Die Steuerung ist beschädigt und vielleicht auch noch mehr. Außerdem könnten wir Hinweise finden, wo wir eigentlich sind.“
 

Der Landevorgang stellte sich als schwierig heraus. Sie drehten sich noch einige Male und wären fast gegen die Außenhülle gekracht, bevor sie schließlich endlich ruhig standen. Jeder von ihnen atmete erleichtert durch. „Jou, Honda, ihr bleibt am Schiff und schaut euch die Schäden an. Vielleicht ist Anzu wieder fit genug um euch zu helfen. Ihr zwei“, er deutete auf Mariku und Bakura, „kommt mit mir. Wir sehen uns hier um.“ Sie folgten ihm aus dem Cockpit. „Die Station sieht zwar verlassen aus, aber das muss nicht bedeuten, dass sie es auch ist. Wer weiß, was sich hier rumtreibt und ich werde gewiss kein Risiko eingehen, deshalb gehen wir nicht unbewaffnet nach draußen. Auch wenn es nur Betäubungsgewehre sind.“ Er reichte ihnen zwei Gewehre. „Schon mal mit so was geschossen?“

Mariku betrachtete die Waffe in seiner Hand. Sie war federleicht und ein roter Energiekern pulsierte in ihrer Mitte. „Nein.“

„Einmal“, antwortete Bakura, „aus Versehen.“

Ryou seufzte. „Versucht einfach niemanden von uns zu treffen.“
 

In der Raumstation war es eiskalt und stockdunkel. Das Licht ihrer Taschenlampen reichte gerade mal aus um den Weg vor ihnen zu erhellen. Bakura kam das wenige Licht gelegen; er hatte keinerlei Probleme sich umzusehen. Die Raumstation war, wie erwartet, verlassen. Trümmer von Raumschiffen nahmen den meisten Platz ein. Dazu gab es noch einige Kisten, die hauptsächlich an den Wänden gestapelt worden waren. „An Ersatzteilen sollte es hier nicht mangeln“, sagte Bakura während er seinen Blick durch die große Halle schweifen ließ. Seine Stimme widerhallte an den Wänden.

„Pst“, fauchte Ryou ihn an.

„Keine Sorge“, Bakura deutete sich an die Ohren, „ich hab ein Supergehör und dazu eine 1a Nachtsicht. An uns kann sich niemand anschleichen.“

„Vielleicht hab ich aber einfach keinen Bock deine Stimme zu hören?“ Mariku lachte leise und Bakura stieß ihm mit dem Ellenbogen in die Seite.

„Weißt du, für einen Cygni bist du echt unfreundlich.“

Ryou schnaubte verächtlich und stieß die Tür auf, die aus der großen Halle führte. „Ich bin eben anders.“

„Anders ist aufregend.“

„Versuchst du mich anzubaggern?“

„Ein bisschen.“

„Soll ich euch alleine lassen?“, mischte sich Mariku ein.

„Lieber nicht, weil jetzt wird’s gleich etwas eklig.“ Mariku und Ryou sahen Bakura überrascht an, der hatte seinen Blick jedoch auf etwas weiter Entferntes fixiert. Er drängte sich an Ryou vorbei und rannte den Gang nach vorne. Mariku und Ryou folgten ihm. Der Lichtschein ihrer Taschenlampen fiel auf zwei Skelette in Uniform, die Köpfe fehlten. „Die liegen hier schon seit ner Weile.“

„Wo sind die Köpfe?“, wollte Mariku wissen und ging in die Hocke. Es war das erste Mal, dass er richtige Skelette sah und fand es sehr faszinierend.

„Da vorne“, antwortete Ryou. Er hatte mit seiner Taschenlampe weiter in den Gang hineingeleuchtet. Die beiden Köpfe lagen nur wenige Meter von den Körpern entfernt.

Bakura betrachtete sie und berührte die Halswirbelknochen. „Abgerissen“, murmelte er und richtete sich wieder auf. „Irgendwer oder irgendwas hat ihnen regelrecht den Kopf vom Körper gerissen.“ Er umfasste den Griff der Waffe fester. „Und ich hoffe, es ist nicht mehr da.“

„Lasst uns weitergehen. Wir müssen in den Kommandoraum.“ Sie setzten ihren Weg fort. Diesmal unterhielten sie sich jedoch nicht. Mariku kaute auf seiner Unterlippe, die Skelette gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf. Wie lange lagen sie schon dort? Waren sie auch in Gefahr? Lauerte noch etwas in der Dunkelheit dieser Raumstation, das ihnen ebenfalls die Köpfe abreißen würde? Er schluckte und die ganzen Horror-Sci-Fi-Filme fielen ihm wieder ein. Kein aufbauender Gedanke.
 

Sie betraten einen Raum zu ihrer Linken und der Geruch, der ihnen in die Nase stieg, sorgte dafür, dass sich Mariku fast übergab. Auch Ryou rümpfte die Nase, nur Bakura schien von dem süßlichen Verwesungsgeruch unberührt. „Der ist noch nicht so lange tot“, war sein trockener Kommentar. „Aber er sieht anders aus als die anderen zuvor.“ Ryou kam näher während Mariku an der Tür stehen blieb „Er sieht auch irgendwie angeknabbert aus.“ Ryou ließ den Schein seiner Taschenlampe über die Leiche nach oben wandern und zog scharf Luft ein.

„Unmöglich!“, stieß er heiser aus. Er stolperte einige Schritte zurück, die blanke Panik stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Das ist UNMÖGLICH!“

„Was? Was ist los?“ Bakura sah ihn verwirrt an.

„Unmöglich! Einfach unmöglich!“, wiederholte Ryou. Sein Körper zitterte. „Wir müssen sofort hier weg.“

„Wieso?“

„SOFORT!“ Bakura sah hinunter auf die Leiche. Schuppen bedeckten teilweise den Körper und er konnte spitze Zähne erkennen. Einer der langen Eckzähne war abgebrochen. Er strengte sein Gedächtnis an, doch es war keine Spezies, die er schon einmal gesehen hatte. Wieso machte sie Ryou solche Angst? Plötzlich packte Ryou ihn am Handgelenk und zog Bakura hinter sich her. Er war überraschend stark.

„Was ist denn los?“, fragte jetzt auch Mariku.

„Wir verschwinden“, war alles was Ryou sagte. Mariku und Bakura tauschten fragende Blicke aus.
 

Bevor Mariku den Schmerz überhaupt spüren konnte, wurde sein Körper taub. Alles was er noch spürte war, das Gewicht auf seinem Rücken und etwas, das sich in seinen Rücken und seine Schulter bohrte. Er blinzelte. Seine Umgebung verschwamm und verzerrte sich. Mariku geriet ins Wanken. Er machte einen Schritt nach vorne, dann brach er zusammen. Er versuchte zu atmen, doch seine Lungen füllten sich nur schwerfällig mit Sauerstoff. Mariku kämpfte gegen die Ohnmacht an, doch mehr und mehr schwarze Flecken tanzten vor seinen Augen. Wie aus weiter Ferne hörte er Bakuras und Ryous Stimme und dann einen Schuss. Schließlich nichts mehr.
 

„Was war das denn bitte?“, brüllte Ryou Bakura an.

„Entschuldigung, ich bin in Panik!“, brüllte Bakura zurück und hob die Waffe auf, die er vor Schreck fallen gelassen hatte.

„Du bist ängstlicher als ein Menschenkind!“

„Ich bin noch nie einem Menschenkind begegnet, deshalb weiß ich nicht, ob du mich gerade beleidigt hast!“

Ryou seufzte resignierend, dann sah er zu Mariku und dem Alien, welches betäubt neben ihm lag. „Scheiße!“ Mariku hatte eine klaffende Wunde an der Schulter und mehrere Kleinere am Rücken, wo sich die Krallen in den Körper gebohrt hatten.

„Wir müssen ihn zurück ins Schiff bringen“, erklärte Bakura. „Er muss sofort versorgt werden.“

„Er ist tot.“

„Wie kannst du das sagen? Er blutete nur.“

„Das“, Ryou deutete auf das Alien neben ihm, „ist ein Notechis. Ihr Gift ist das stärkste, das du je finden wirst. Mariku ist tot.“

Bakura knirschte mit den Zähnen. „Es gibt kein Gift, für das es nicht auch ein Gegengift gibt.“ Er ging neben Mariku in die Hocke und fühlte seinen Puls. „Noch lebt er und ich lass nicht zu, dass er stirbt, ohne dass ich nicht wenigstens versucht habe ihm zu helfen. Und jetzt hilf mir tragen.“ Er wollte Mariku hochheben, doch Ryou hielt ihn auf.

„Ich trag ihn, weil das Vieh, fass ich nicht an.“

„Wie du meinst.“ Bakura war überrascht wie leicht der Notechis war. Er spürte die Knochen und Muskeln unter der festen Haut. Die Schuppen fühlten sich hart wie Stein an. Er roch das Blut am Mund des Notechis und leckte sich unwillkürlich über die Lippen. Bakura schluckte und versuchte die Gedanken an das süße Blut zu verdrängen, doch der Geruch setzte sich immer mehr in seiner Nase fest. Er bekam Hunger. „Ist dir Mariku nicht zu schwer?“

„Oh bitte“, erwiderte Ryou abfällig und legte Mariku mit Leichtigkeit über seine Schulter.

„Du steckst wirklich voller Überraschungen.“ Es war sowieso besser, wenn Ryou Mariku trug. Allein der Geruch seines Blutes zerrte an Bakuras Selbstbeherrschung.

Ryou grinste kurz, bevor seine Miene wieder ernst wurde. „Was hast du vor? Für was brauchst du den Notechis?“

„Ich brauch sein Gift für ein Gegengift“, erklärte Bakura. Sie hasteten zurück in Richtung Schiff.

„Und du weißt, was du machen musst?“

„Natürlich.“

„Ein Nocidea, der sich mit Gegengiften auskennt – interessant.“

„Ich bin eben anders“, sagte Bakura grinsend.
 

„Was ist los?“, rief Jonouchi ihnen zu als sie sich dem Schiff näherten.

„Mariku ist verletzt“, antwortete Bakura. „Ich brauche Verbände, ein Glas, das gesamte Erste-Hilfe Zeug, das ihr habt und Anzu. Oh, und Alkohol!“

„Hier rein“, sagte Ryou und führte Bakura in einen kleinen, fast leeren Raum. Er ließ Mariku zu Boden gleiten.

„Ist das…?“ Honda stand an der Tür. Auf seinem Gesicht lag derselbe angsterfüllte Ausdruck, wie auf Ryous als dieser den Notechis gesehen hatte.

„Ja, hol die Ketten“, fuhr Ryou ihn an.

Bakura zerriss in der Zwischenzeit Marikus Oberteil. Der Blutgeruch machte ihn fast wahnsinnig. „Reiß dich zusammen“, murmelte er sich selbst zu. Anzu kam mit dem Erste-Hilfe-Set herein. „Ihr Seiren könnt doch Wasser produzieren, richtig?“

„Ja.“

„Auch in unterschiedlichen Temperaturen?“ Anzu nickte. „Okay, seine Körpertemperatur liegt inzwischen bei fast 41 Grad. Seine normale Körpertemperatur ist ungefähr 37 Grad.“ Er strich sich durch die Haare. Das Blut lenkte ihn ab. Am liebsten hätte er sein Gesicht in der Schulterwunde vergraben. „Ist das der Alkohol?“, rief er aus als Jonouchi mit einer Flasche durch die Tür kam. „Schnell!“ Bakura nahm einen tiefen Schluck und seufzte dann erleichtert. Der Alkohol unterdrückte den Blutdurst zumindest für eine kurze Zeit. „Wassertemperatur 45 Grad.“ Marikus Körper zuckte zusammen als das heiße Wasser seine Wunden berührte. „Solange er noch zuckt, lebt er noch.“ Er nahm das Glas und wandte sich dem Notechis zu, der von Honda an die Wand gekettet worden war. Bakura öffnete den Mund des Notechis und drückte das Glas unter dessen Eckzähne. Gift tropfte in das Gefäß. Bakura füllte Alkohol ins Glas und mischte noch ein schmerzstillendes Mittel darunter. Mit einem seiner Eckzähne ritzte er sich den Finger auf und tröpfelte sein Blut in das Glas.

„Dein Blut?“, fragte Ryou skeptisch.

„Es neutralisiert die meisten Gifte“, antwortete Bakura mit konzentrierter Miene und wischte mit den Fetzen von Marikus Shirt dessen Rücken trocken. Anschließend goss er behutsam den Inhalt des Glases über die Wunden.

„Und das soll jetzt helfen?“

„Ich hoffe es.“

„Und was machen wir mit ihm?“ Bakura bemerkte die Furcht in Anzus Stimme. Warum hatten sie nur solche Angst vor ihm? Er betrachtete den Jungen in Ketten. Er wirkte noch sehr jung auf Bakura, doch das konnte täuschen. Er sah abgemagert und kränklich aus. Die Rippen zeichneten sich deutlich unter seiner Haut ab. Er wirkte nicht sonderlich bedrohlich, von den Krallen und Zähnen mal abgesehen.

„Wir töten ihn“, antwortete Ryou kühl.

„Warum?“

„Warum?“, wiederholte Ryou zischend. „Er ist ein Notechis, darum!“

„Das ist doch keine Begründung!“ Bakura prüfte die Verbände und sah dann zu Ryou auf.

„Das ist die beste Begründung überhaupt.“ Es war der pure Hass, der aus Ryou sprach, das war Bakura sofort klar. Nur den Grund dafür kannte er noch nicht.

„Ich brauch vielleicht noch mehr seines Gifts“, erklärte Bakura. Ihm war nicht wohl bei dem Gedanken diesen Jungen umzubringen ohne etwas über ihn zu erfahren.

Ryou schnaubte. „Morgen früh ist er tot.“ Er sah zu seinem Team. „Kommt mit und bringt mich auf den aktuellen Stand wegen Amane.“

Bakura atmete erleichtert aus, dann hob er Mariku hoch und brachte ihn in seine Kabine. „Stirb mir bloß nicht weg.“
 

Nur langsam kam Mariku wieder zu Bewusstsein. Sein Kopf fühlte sich schwer an und er verspürte einen dumpfen Schmerz in seinem Oberkörper. Er wollte sich bewegen, doch sein Körper gehorchte ihm nicht. Es fühlte sich nicht einmal an wie sein Körper. Er hatte einen metallischen Geschmack im Mund. Der Versuch die Augen zu öffnen scheiterte kläglich. Was war passiert? Das letzte, an das er sich erinnerte, war die Landung auf der Raumstation, doch alles was danach kam, war nur schwarz. Er fühlte sich wie nach einer durchzechten Nacht, nur noch etwas schlimmer. Wo war er? Was war passiert? Mariku schaffte es den Kopf zu drehen.

„Mariku?“ Die Stimme kam ihm bekannt vor, aber irgendwie auch wieder nicht. Wer war bei ihm? Er spürte kühle Finger, die sein Gesicht berührten. „Dein Fieber ist runtergegangen.“ Fieber? Marikus Augenlider flackerten. Nur schemenhaft konnte er seine Umgebung ausmachen. Er erkannte die Umrisse einer Person neben ihm. Mariku öffnete den Mund, doch kein Laut verließ seine Kehle. „Hast du Durst?“ Er nickte schwach. Langsam schärfte sich sein Blickfeld. Bakura war bei ihm. „Setz dich vorsichtig auf.“ Bakura half ihm dabei und er gab einen wehleidigen Laut von sich als ein stechender Schmerz durch seine Schulter zuckte. Erst jetzt bemerkte er den Verband.

„Was…?“

„Trink erst mal.“

Gierig trank Mariku das Wasser und ignorierte dabei, dass die Hälfte auf der Bettdecke und seiner Brust landete. „Was ist passiert?“

„Du wurdest angegriffen und vergiftet.“ Mariku sah Bakura ungläubig an. Wieso konnte er sich daran nicht erinnern? „Keine Sorge, ich hab dich verarztet und da du jetzt wach bist, geh ich davon aus, dass du nicht stirbst.“

„Danke“, murmelte Mariku und ließ sich zurück auf die Matratze sinken. „Was hat mich angegriffen?“

„Ein Note-dingsda, ich hab’s vergessen, aber alle scheinen eine ziemliche Panik wegen ihm zu schieben. Es sagt mir nur keiner warum.“ Bakura zuckte mit den Schultern. „Ryou hat ihn in Ketten legen lassen und will ihn morgen früh umbringen.“

„Oh.“ Mariku schloss die Augen. Er fühlte sich ausgelaugt und wollte am liebsten wieder weiterschlafen. „Ich will ihn sehen.“

„Du solltest dich lieber noch nicht bewegen.“

Mariku drehte den Kopf zur Seite und sah Bakura an. „Bitte.“

Bakura seufzte. „Als ob ich verletzten, halbnackten Kerlen widerstehen könnte.“ Er zuckte resignierend mit den Schultern und Mariku lachte leise. Bakura half ihm aus dem Bett und stützte ihn.

„Das merk ich mir.“

„Verzichte bitte darauf dich wieder fast umbringen zu lassen, das ist ein bisschen stressig.“
 

Mariku starrte das Alien lange an, bevor er etwas sagte. „Sieht gar nicht so bedrohlich aus.“

„Genau meine Meinung, aber Ryou sieht auch nicht so bedrohlich aus, aber ich hätte trotzdem Angst, dass er mir den Schwanz abbeißt.“

„Das mach ich auch, wenn du weiter so dumme Sprüche reißt.“

Bakura zog den Kopf ein und grinste leicht. „Hab dich gar nicht bemerkt.“

„Dass du es nicht hörst, wenn sich jemand anschleicht, hast du ja schon eindrucksvoll bewiesen. Was wollt ihr hier?“

„Ich wollte gerne sehen, wer mich fast umgebracht hätte.“

„Genieß den Anblick solange du noch kannst. Ich kann’s kaum erwarten, das Leben aus ihm rauszuquetschen. Wobei ich mich noch nicht entschieden habe, wie ich ihn umbringe. Es wird jedenfalls lange dauern und schmerzvoll sein und ich werde jede Sekunde davon genießen.“

Plötzlich erklang leises Lachen. „Als ob ich zulasse, dass Abschaum wie du Hand an mich legt.“ Malik hob den Blick. Ein amüsierter Ausdruck lag in seinen Augen. Er lispelte und Mariku konnte die gespaltene Zunge sehen als er sich über die Lippen leckte.

Ryous Augen verengten sich. „Oh, du bist wach.“

Doch Malik beachtete ihn gar nicht. Sein Blick war auf Mariku fixiert. „Oh, der Mensch lebt noch.“

„Man braucht schon ein bisschen mehr als ein bisschen Gift um mich umzuhauen.“

Malik gab einen amüsierten Laut von sich. „Wir werden sehen“, flüsterte er und eine Gänsehaut kroch über Marikus Körper. Er hatte zuerst noch harmlos ausgesehen, doch er wurde von Minute zu Minute bedrohlicher. Seine Präsenz nahm den ganzen Raum ein.

„Hey Notechis!“ Gelangweilt richtete Malik seinen Blick auf Ryou. „Wie viele von euch Bastarden gibt es noch?“

„Keine Sorge. Ich brauch keine Hilfe um euch umzubringen.“ Sein Kopf flog zur Seite als Ryou ihm eine Ohrfeige verpasste. „Ich werde es genießen, dir die Haut vom Gesicht zu schälen.“ Wieder eine Ohrfeige. „Ihr Cygni seid so erbärmlich. Wir werden euch wieder auf euren vertrauten Platz verweisen.“ Ryou schlug ihm mitten ins Gesicht. Malik lachte und leckte sich das Blut von den Lippen. „AUF DIE KNIE ABSCHAUM!“ Er zerrte an den Ketten. Ryou schlug ihn erneut während Mariku und Bakura nur hilflos danebenstanden und nicht wussten, ob sie eingreifen sollten oder nicht. „Das wirst du noch bereuen“, sagte Malik leise und zischte. „Du und deine Familie.“

„Die hattet ihr schon“, fauchte Ryou und Malik wirkte plötzlich interessiert.

„Hm, ja, du kommst mir irgendwie bekannt vor. Eine Schwester?“ Ryou erstarrte. „Oh ja, eine Schwester. Was für ein schwaches, kleines Ding. Es war ein Spaß ihr jede Feder einzeln auszureißen und dabei zuzusehen wie sie wahnsinnig wurde und sich selbst die Augen ausgekratzt hat.“ Von seinem Hass getrieben schlug Ryou immer wieder auf Malik ein bis Bakura schließlich dazwischen ging.

„LASS MICH LOS!“, brüllte Ryou ihn an und versuchte sich seinem Griff zu entwinden. „ICH BRING IHN UM!“ Tränen rannen ihm über die Wangen. „ICH BRING DEN BASTARD UM!“

„Beruhig dich.“

„NEIN!“ Bakura warf ihn sich über die Schulter und trug den schreienden, um sich schlagenden Ryou aus dem Raum.
 

Mariku und Malik waren allein und Mariku fühlte sich mehr als nur unwohl. Maliks Blick war auf ihn fixiert und es schien ihm nichts auszumachen, dass ihm Ryou gerade das Gesicht blutig geschlagen hatte. „Ein Mensch.“ Malik wirkte amüsiert. „Ihr seid fast so armselig wie die Cygni. Eine schwache, erbärmliche Rasse. Kurzlebig und so zerbrechlich.“

„Trotzdem hab ich dein Gift überlebt. Das heißt wohl, dass wir Menschen stärker sind als du denkst oder du bist einfach nur schwach.“ Das Grinsen verschwand aus Maliks Gesicht. Egal was er sagte, er konnte nur verlieren.

„Oh, du hältst dich für so clever. Am Ende wirst du um dein Leben betteln.“ Er gab eine Reihe Zischlaute von sich und Mariku vermutete, dass das seine Muttersprache war.

„Du kennst Ryous Schwester nicht mal, nicht wahr?“, wechselte Mariku das Thema. Er fühlte sich unbehaglich mit Malik über sich oder die Menschheit zu sprechen. Es war besser, wenn er nicht so viel preisgab.

Das Grinsen kehrte zurück. „Nein.“

„Warum hast du’s dann gesagt?“

„Ich wollte ihn leiden sehen.“

„Warum?“

„Es macht Spaß.“ Mariku lief es eiskalt den Rücken hinunter. Er ging zur Tür, denn er hielt es keine Minute länger mit Malik aus. Man durfte sich wirklich nicht von seinem Aussehen täuschen lassen. Malik ließ ihn nicht aus den Augen. Bevor er den Raum verließ, warf Mariku noch einen letzten Blick über die Schulter. Malik zischte und lachte dann leise.
 

„Was hältst du von ihm?“, fragte Bakura während er Marikus Verbände löste.

„Er ist eiskalt, grausam, hat Spaß daran andere zu quälen und wird uns töten, sobald er die Gelegenheit dazu bekommt.“

„Mit ziemlicher Sicherheit.“

„Hat Ryou irgendwas gesagt?“

„Außer mich beschimpft? Nein. Ich hab ihn mit dem restlichen Alkohol allein gelassen. Oh.“

„Was?“

„Deine Schulter.“ Bakura beugte sich näher zu ihm. „Es sieht aus als hätte er ein Stück rausgebissen. Das gibt eine hübsche Narbe.“

Mariku seufzte. Er war noch keine zwei Tage unterwegs und schon fast draufgegangen. Was für ein Rekord. „Wissen wir schon, wo wir sind?“ Doch bevor Bakura antworten konnte klopfte es an der Tür. „Ja?“

Anzu trat ein. Sie trug ein Tablett mit zwei Tellern darauf herein. „Ich hab euch Suppe gemacht, falls ihr Hunger habt.“ Sie machte einen ängstlichen Eindruck und ihre sonst mehr blaue Haut, hatte sich grün verfärbt. „Ich störe doch nicht?“ Ihr Blick huschte kurz über Marikus nackten Oberkörper bevor sie ihn senkte.

„Nein, natürlich nicht. Stell’s einfach auf dem Tisch ab.“

Anzu trat unruhig von einem Bein auf das andere. Etwas schien ihr noch auf dem Herzen zu liegen. „Wie geht es deinen Wunden?“

„Wird schon wieder. Bakura kümmert sich ganz gut um mich.“

„Gut.“ Nervös nestelte sie am Saum ihres Rockes. „Ich“, sie strich sich eine Strähne hinters Ohr. „Ich will euch von den Notechis erzählen.“ Mariku und Bakura sahen sie überrascht an. „Wenn es euch interessiert?“ Die beiden Männer nickten und Anzu setzte sich. „Ich war damals noch nicht geboren, deshalb kann ich euch keine genauen Details erzählen. Es wird nicht sehr gerne darüber gesprochen. Es war eine dunkle Zeit.“ Sie biss sich auf die Unterlippe. „Die Notechis waren einst die Herrscher über mehrere Galaxien. Grausame Herrscher. Sie haben ganze Spezies versklavt und ausgerottet. Sie folterten, weil es ihnen Spaß machte; zur Unterhaltung. Es gab immer wieder Widerstände, aber die Notechis waren Kampfmaschinen. Niemand hatte eine Chance gegen sie. Ryous Volk, die Cygni, hatten es besonders schwer. Sie sind eine friedliche Rasse, sie kämpfen nicht und die Notechis hatten besonders viel… Spaß mit ihnen.“ Sie ballte ihre Hände zu Fäusten. „Ryou weiß wie es ist ein Sklave zu sein, deshalb ist er, wie er ist. Er hat gelernt, dass man nur mit Füßen getreten wird, wenn man nicht stark ist und er will stark sein. Die Wahrheit ist, er hat Angst. Er hat riesige Angst vor dem Notechis, denn er sollte gar nicht existieren. Die Notechis sind ausgestorben, seit über 150 Jahren!“

„Was ist damals passiert?“, wollte Bakura wissen. Er hatte ganz vergessen, dass er Marikus Verbände wechseln wollte.

„Es kam zu einem Krieg. Die Notechis hatten sich mit den Falschen angelegt.“ Anzu strich sich unruhig über den Arm. „Zumindest sah es anfangs so aus, doch die Notechis waren einfach zu übermächtig und sie hatten starke Verbündete gewonnen.“

„Trotzdem sind die ausgelöscht worden?“ Anzu nickte. „Wie?“

„Glück. Pures Glück. Eine Supernova hat ihren Heimatplaneten zerstört und 90% ihrer Kriegsflotte. Die Überlebenden wurden gejagt und hingerichtet.“ Sie atmete tief durch. Ihre Kiemen flatterten dabei aufgeregt. „Sie galten als ausgestorben.“

„Eine Supernova“, murmelte Mariku. „Wie kann es dann sein, dass wir einen in Ketten auf diesem Schiff haben?“

„Das ist es ja!“ Sie sprang auf. Ihre Stimme klang schrill. „Wenn es einen gibt, dann gibt es auch noch mehr und sie hatten 150 Jahre Zeit sich zu erholen.“

„Was, wenn er sich einfach nur die ganze Zeit versteckt hatte?“ Bakura legte Mariku die neuen Bandagen an.

„Unmöglich. Die Raumstation war schon lange verlassen. Er hätte niemals genug Nahrung für so einen langen Zeitraum gehabt.“

„Naja, es würde erklären, warum er seinen Kumpel aufgegessen hat.“ Sowohl Anzu als auch Mariku sahen ihn entsetzt an. „Was? Die Leiche hatte deutliche Bissspuren.“

„Es gab noch einen weiteren Notechis auf der Station?“ Anzus Stimme zitterte stark. Sie schien kurz vor einer Panikattacke zu stehen.

„Beruhig dich. Er war tot.“

„Aber das heißt, es gab noch mehr.“ Anzu legte die Hände auf ihren Mund. „Ich muss“, sie atmete tief durch, „mich hinlegen.“
 

Mariku wollte die Arme hinter den Kopf verschränken, doch als der Schmerz ihn durchzuckte senkte er die Arme wieder. Bakura hatte ihm etwas gegen die Schmerzen gegeben, trotzdem waren sie da. Seine Schulter pochte und er konnte einfach nicht einschlafen. Anzus Geschichte ließ ihn nicht los. Es war nicht überraschend, dass Ryou den Notechis am liebsten sofort tot sehen wollte. Das was er durchgemacht hatte, konnte sich Mariku noch nicht einmal in seinen schlimmsten Albträumen vorstellen.

Mariku drehte sich auf die Seite und gleich wieder zurück. Seine Schulter kannte kein Mitleid mit ihm. Er stand auf, nahm den Teller mit der halb aufgegessenen Suppe vom Tisch und verließ sein Zimmer. Auf dem Weg in die Küche blieb er vor dem Raum stehen, in dem Malik gefangen gehalten wurde. Mariku atmete tief durch und öffnete die Tür. Malik lag zusammengerollt nah an der Wand um eine möglichst bequeme Schlafposition zu haben. Als Mariku eintrat öffneten sich seine Augen. Sein Gesicht war immer noch blutig. „Oh, was für eine Überraschung. Was ist das? Meine Henkersmahlzeit?“

Mariku sah auf den Teller in seiner Hand. „Eigentlich nicht“, murmelte er und stellte den Teller auf dem nahen Tisch ab. „Wann hast du zuletzt etwas gegessen?“

„Vor ein paar Stunden. Fleisch. Saftig und zart.“ Malik leckte sich grinsend über die Lippen und Mariku warf einen Seitenblick auf seine Schulter.

„Ich hab gehört, was deine Spezies in der Vergangenheit getan hat.“

„Ah.“ Malik schloss die Augen. „Die guten alten Zeiten. Damals kannte Ungeziefer wie du noch seinen Platz.“

„Du warst damals dabei?“

„Natürlich!“ Der Stolz in seiner Stimme war deutlich herauszuhören. Die Langlebigkeit mancher Alienrassen verwunderte Mariku immer wieder aufs Neue. Malik war damit über 200 Jahre alt. Aussehen tat er jedoch wie ein Teenager.

„Wie heißt du?“

Malik gab einen spöttischen Laut von sich. „Wieso sollte ich dir das verraten, Abschaum?“ Trotz seiner aussichtslosen Situation zeigte Malik weder Respekt noch Furcht. Er benahm sich als hätte er die Situation voll unter Kontrolle.

„Wenn du ihn mir verrätst, dann kriegst du den Rest dieser Suppe.“

Maliks Blick huschte kurz zum Teller auf dem Tisch. „Schlechtes Angebot.“ Doch sein Blick verweilte lange genug darauf um Mariku zu zeigen, dass die Suppe sehr wohl ein gutes Angebot war. Er musste nur an Maliks Stolz vorbei.

„Findest du? Naja, dann schütte ich sie wohl besser weg.“ Er nahm den Teller vom Tisch. „Schade drum, sie ist echt lecker.“ Er wandte sich zum Gehen.

„Warte“, zischte Malik und Mariku drehte sich mit gespielt fragendem Blick wieder zu ihm um. „Mein Name ist Malik und jetzt her mit dem Essen, du verdammtes Insekt.“

Mariku konnte das triumphierende Grinsen gerade noch unterdrücken. Er setzte den Teller an Maliks Lippen an und dieser trank gierig die Suppe bis nichts mehr davon übrig war. „Malik also, hm?“ Er stellte den Teller wieder auf den Tisch. „Den Namen gibt es auf der Erde auch.“ Maliks Augen verengten sich zu Schlitzen. Das schwache Menschen denselben Namen trugen wie er, schien ihm nicht zu gefallen. „Er bedeutet so viel wie König.“ Das dagegen schien ihm zu gefallen.

„Sieht so aus als wärt ihr Menschen doch nicht ganz so dumm.“

„Ich werte das mal als Kompliment.“ Stille kehrte ein und Mariku strich sich unruhig über den Nacken. Unter Maliks Blick fühlte er sich wie die Beute, Angesicht zu Angesicht mit ihrem Jäger, und das, obwohl Malik in Ketten lag. „Hast du keine Angst vor morgen?“

„Wieso sollte ich?“

„Ryou wird dich umbringen.“

Malik gab eine Reihe von Zischlauten von sich. Er klang amüsiert. „Nein, wird er nicht.“

Kapitel 3
 

Mariku saß in seiner Kabine gegen die Wand gelehnt und starrte an die Tür. Maliks Selbstsicherheit hatte ihn überrascht. Er war so davon überzeugt, dass er nicht sterben würde, das Mariku sich regelrecht dumm vorkam, dass er überhaupt davon ausging. Natürlich hatte er Malik gefragt, was ihn so sicher machte, aber Malik hatte sich nur mit einem „Du langweilst mich“ von ihm weggedreht und nicht mehr auf ihn reagiert. Mariku seufzte. Er versuchte Malik einzuschätzen, doch es war unmöglich. Für ihn schien das alles nur ein Spiel zu sein.

Mariku berührte seine linke Schulter. Die Schmerzen wurden immer stärker. Ob es okay war, wenn er Bakura weckte? Immerhin war es sowieso fast morgen. Zumindest hoffte er das, denn er hatte keine Lust mehr tatenlos herumzusitzen und darauf zu warten bis die anderen aufwachten, nur weil ihn seine Schulter nicht schlafen ließ. Außerdem ließ ihn Maliks Verhalten nicht los. Es machte ihn unruhig, nicht einmal im Ansatz zu ahnen was in ihm vorging. Mariku seufzte genervt. Er wollte endlich hier weg und nach Ptera. Er hoffte nur, sie würden noch rechtzeitig ankommen. Noch hatte er zwei Tage, bis er sich in der Schule melden musste. Warum musste ausgerechnet ihm so etwas passieren? Er hatte zwar immer von Abenteuern geträumt, aber erst nachdem er Pilot war. Er seufzte erneut und legte den Kopf zurück. Zumindest hatte er so am ersten Schultag gleich etwas zu erzählen, sofern er lebendig hier rauskam.
 

Mariku horchte auf, als er Geräusche auf dem Flur hörte. Hastig stand er auf und trat aus dem Zimmer, dabei stieß er mit Bakura zusammen. Mariku verzog das Gesicht vor Schmerz und hielt sich den Arm. „Sorry“, murmelte Bakura, doch er sah ihn nicht an. Sein Blick war auf Ryou gerichtet, der zusammen mit Honda in dem Raum verschwand, in dem Malik festgehalten wurde. „Muss ich mir deinen Arm noch mal anschauen?“

„Ja.“ Doch Mariku war sich nicht sicher, ob Bakura ihn überhaupt gehört hatte.
 

„Süß“, hörten sie Malik sagen, als sie den Raum betraten. Er hatte inzwischen eine Kratzwunde an der Wange und Blut tropfte von Ryous Krallen auf den Boden. Malik schenkte Mariku einen kurzen Blick, dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Ryou zu.

„Verschwindet!“, fauchte Ryou sie an ohne sich umzudrehen.

„Ich bin nicht hier um dich aufzuhalten“, erklärte Bakura schulterzuckend und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Wand. Mariku blieb an der Tür stehen, nicht sicher, warum er überhaupt hier war. Er wollte nicht dabei zusehen, wie Ryou Malik umbrachte. Trotzdem hielt er seinen Blick auf ihn gerichtet; neugierig, wie er aus dieser Situation herauskommen wollte.

„Komm schon, du Insekt“, provozierte Malik. Er spannte die Muskeln in seinen Armen an. „Zeig mir, was du drauf hast.“ Er zerrte an den Ketten. „Mach ruhig weiter, sobald ich frei bin, zeig ich dir was Schmerzen sind!“

Ryou bebte vor Zorn. Er hielt Malik seine Klauen direkt vor die Augen. „Du wirst nie wieder irgendwen verletzten, du Bastard. Ich sorg dafür, dass du mich anbettelst, dass ich dich endlich umbringe. Ich werde meine Familie rächen. Ich werde alle rächen!“ Seine Stimme war leise, doch Malik zeigte sich von seiner Drohung nicht beeindruckt. Er lachte nur und Mariku lief es eiskalt den Rücken hinunter. Selbst Bakura verlagerte unbehaglich sein Gewicht.

„Das wirst du bereuen, Sklave.“ Ryou schlug Malik erneut und verpasste ihm eine weitere Kratzwunde.

„Ich bin kein Sklave“, fauchte Ryou und ballte die Hände zu Fäusten.

„Aber bald wieder.“

Ryou packte Malik an der Kehle. Sein Gesicht war vor Wut und Hass verzerrt. Seine Krallen ritzten die schuppenlose Haut an und Blut rann langsam an Maliks Hals hinab. Malik zeigte immer noch keine Spur von Angst. Im Gegenteil, er sah Ryou gelangweilt an, dann glitt sein Blick zu Mariku und fixierte sich auf ihn.

Mariku trat unruhig von einem Bein auf das andere. Er durfte sich nicht einmischen. Das ging ihn nichts an. Er würde das noch bereuen. „Warte“, sagte er schließlich und Maliks Lippen verzogen sich zu einem triumphierenden Grinsen.

„Was?“, fuhr Ryou Mariku an ohne Malik loszulassen. Das Grinsen auf dessen Gesicht machte ihn nur noch wütender. Er wollte ihm am liebsten sofort den Kopf von den Schultern reißen.

Mariku seufzte. Was hatte er nur getan? „Wir wissen immer noch nicht, wo wir sind, oder?“ Ryou antwortete nicht. Er ließ Malik nicht aus den Augen. „Aber er weiß es.“

„Und du glaubst, ich traue auch nur einem Wort, das über seine Lippen kommt?“, spie Ryou aus. Er ließ Malik los und wirbelte herum. Er sah aus als wollte er jeden Moment auf Mariku losgehen.
 

„Er wird uns wohl kaum in den Tod lotsen, wenn er selbst an Bord ist.“

„Wir finden auch so einen Weg hier raus. Ich werde es gewiss nicht von Abschaum wie ihm abhängig machen.“ Er drehte sich wieder zu Malik um.

Mariku atmete tief durch. Warum verteidigte er Malik? Er hatte es nicht verdient. Er war ein Monster und er stritt es noch nicht einmal ab. Er war sogar stolz darauf. „Aber…“ Ryou verdrehte die Augen.

„Wenn du so weiter machst, dann bring ich dich nach ihm um. Verschwinde Mariku! Das hier geht dich nichts an, oder willst du ihm auch noch deine zweite Schulter anbieten?“

Mariku biss sich auf die Unterlippe. „Ich weiß, was er und sein Volk getan haben und ja verdammt, er hat den Tod verdient, aber überleg doch mal; was, wenn es noch mehr von ihnen gibt? Was, wenn sie wieder einen Krieg planen?“ Diesmal machten Marikus Worte Ryou wirklich nachdenklich. „Du willst doch nicht, dass sich alles wiederholt? Es wäre schlauer Malik…“

„Malik?“, fuhr Ryou dazwischen und Mariku wusste, dass er einen Fehler gemacht hatte. „Du kennst seinen Namen?“

„Naja, ich…“

Ryou richtete seine blutverschmierten Klauen auf Mariku. „Siehst du nicht, was er tut? Er beeinflusst dich! Und das sehr erfolgreich.“ Mariku sah über Ryous Schulter hinweg zu Malik, der ihn weiterhin angrinste. „Ihr Menschen seid einfach zu schwach.“

„Trotzdem hat er recht“, mischte sich plötzlich Bakura ein. „Wir können nicht riskieren, dass es wieder zu einem Krieg kommt. Er ist ein Kriegsverbrecher und er gehört bestraft, aber wir sollten ihn den Behörden ausliefern.“ Wütend schrie Ryou auf und stürmte aus dem Raum. Honda folgte ihm. Bakura sah Mariku schon fast vorwurfsvoll an. „Ich hoffe, ich bereu das nicht eines Tages.“ Er stieß sich von der Wand ab und ging ebenfalls.

Mariku atmete tief durch. In was hatte er sich da nur wieder reinziehen lassen? „Siehst du, ich hab doch gesagt, ich werd nicht sterben.“

„Ich werd das noch bereuen“, murmelte Mariku und strich sich durch die Haare. „Ganz sicher.“

„Keine Sorge, als Belohnung werde ich dich schnell umbringen.“
 

Mariku schrie auf, als Bakura ihm in die Schulter kniff. „Ich will nicht, dass du vergisst, zu was er fähig ist“, erklärte er mit grimmiger Miene.

„Werd ich ganz sicher nicht.“ Er trank das Glas, das Bakura ihm reichte, mit zwei Zügen leer. Die Flüssigkeit schmeckte bitter, doch sie half gegen seine Schmerzen. Trotzdem verzog Mariku das Gesicht. „Hunderte Jahre Evolution und Medizin schmeckt immer noch eklig. Bäh!“

Bakura ließ sich auf Marikus Bett sinken und sah zu ihm hoch. „Erklär mir lieber, was das für eine Aktion war. Das war echt dämlich.“

„Das wüsste ich auch gern“, antwortete Mariku und seufzte. Er setzte sich neben Bakura. „Wahrscheinlich hat er mich wirklich irgendwie beeinflusst und ich war zu dumm um es zu merken.“ Er strich sich durch’s Gesicht. „Ich bin so ein Idiot.“

„Du kannst nur hoffen, dass er dich zuerst umbringt, weil, bei ihm wird’s schneller gehen als wenn Ryou dich zwischen die Finger bekommt.“

Mariku grinste leicht. „Ryou würde mir den Schwanz abreißen und ihn essen, während er mich dabei zusehen lässt.“

Bakura begann zu lachen. „Japp, genau das würde er tun. Und ich warne dich“, er tippte mit seinem Finger gegen Marikus Brust, „wenn ich wegen dir meine Chance bei ihm verspielt hab, dann musst du das wieder gut machen.“

„Welche Chancen?“

„Hey, zwischen uns ist definitiv was.“

„Ja klar. In deinen Träumen vielleicht.“ Sie lachten beide.
 

„RAUS!“, brüllte Ryou sie an, als Mariku und Bakura das Cockpit betraten. Das Schiff hatte sich wieder in Bewegung gesetzt.

„Wir wollten nur…“

„VERSCHWINDET! Ich will eure Gesichter nicht mehr sehen. Raus! Raus! RAUS!“ Energisch deutete Ryou zur Tür und Mariku und Bakura zogen sich wieder zurück.

„Wir können wohl froh sein, dass er uns noch nicht komplett von Bord geworfen hat“, meinte Bakura schulterzuckend. Sie mussten sich an der Wand abstützen, da das Schiff äußerst unsicher flog. Die Steuerung war immer noch defekt.

„Tut mir leid, dass du wegen mir jetzt auch noch Ärger hast.“ Seit Jupiter schien wirklich alles schief zu laufen. Hätte er die Erde bloß nie verlassen. Mariku seufzte. Und das nur weil er Partei für Malik ergriffen hatte, der ihn zu allem Überfluss auch noch fast umgebracht hätte. Er musste wirklich an seinen Prioritäten arbeiten. Es war besser, wenn er sich in Zukunft von ihm fernhielt.

In diesem Moment nahm das Schiff eine leichte Schräglage ein. Die zwei Männer verloren den Boden unter den Füßen und schlitterten den Flur entlang. Mariku fluchte, als er sich die Schulter an der Wand stieß. „Das ist die schlimmste Reise meines Lebens“, murrte er und drückte seinen verletzten Arm an sich.

„Du bist auch noch nie mit einem Onkel geflogen. Einmal und nie wieder, sag ich dir.“ Bakura rieb sich den Hinterkopf. Das Schiff kehrte in seine normale Position zurück und sie rappelten sich wieder auf. „Wir sollten uns trotzdem anschnallen. Die Landung könnte etwas ungemütlich werden.“

„Landung?“, fragte Mariku verblüfft.

„Naja, ich hab einen Planeten gesehen, als wir zuvor bei Ryou waren. Ich gehe davon aus, wir werden dort landen. Das Schiff muss repariert werden“, Bakura öffnete die Tür zu seinem Zimmer, „und ich trau dem Notechis auch nicht genug um ihn zu fragen wo wir sind.“
 

Mariku starrte für einen Moment auf die geschlossene Tür zu Bakuras Zimmer, doch als das Schiff erneut ruckelte, eilte er in sein eigenes und setzte sich. Kurz nachdem er sich angeschnallt hatte, stellte sich das Schiff auch schon Kopf. Mariku fühlte sich wie in einer Achterbahn. Wieder ertönte das Warnsignal und Mariku schloss die Augen. Der Sicherheitsgurt drückte schmerzhaft gegen seine Schulter und die Erschütterungen machte seine Situation nicht besser. Mariku fluchte. Er spürte, wie das Schiff beschleunigte. Aufgrund der Schräglage ging er jedoch davon aus, dass die Geschwindigkeit nicht beabsichtigt war. Sie wurden durchgeschüttelt und Mariku biss sich auf die Unterlippe.
 

Als sie auf der Oberfläche des Planeten aufschlugen, wurde Mariku nach vorne gerissen. Einer der Sicherheitsgurte riss unter der Belastung. Die Lichter flackerten und erloschen anschließend. „Fuck, fuck, fuck“, murmelte Mariku ohne Unterbrechung. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Seine Schulter blutete wieder. Die Tür zu seinem Zimmer glitt auf. „Bitte sag mir, dass wir nicht abgestürzt sind.“

„Okay, ich sag’s dir nicht“, erwiderte Bakura. Er stand an der offenen Tür und hatte den Absturz ohne Verletzungen überstanden. „Soll ich dir helfen?“

„Nein.“ Mariku stützte sich mit seinem unverletzten Arm auf dem Tisch ab und stemmte sich aus dem Sitz. Sein Arm zitterte und fast hätten seine Beine unter ihm nachgegeben.

„Na gut, ich schau schnell wie’s den anderen geht, dann schau ich mir noch mal deine Schulter an. Leg dich besser hin.“
 

Für einen Moment zog Mariku Bakuras Rat in Erwägung, doch dann verließ er ebenfalls sein Zimmer. Er hörte Malik zischen und fluchen. „Seid ihr total bescheuert?“, fauchte Malik ihn an als er den Raum betrat.

„Wir sind ein bisschen abgestürzt.“

„Oh, wirklich?“, sagte er mit einem sarkastischen Unterton. „Ihr seid wirklich zu nichts zu gebrauchen.“ Er zerrte an seinen Ketten. „Lass mich frei, dann erlöse ich euch von eurer Unfähigkeit.“

„Bist du verletzt?“ Malik gab nur einen abfälligen Laut von sich und Mariku verdrehte die Augen. Warum war er überhaupt schon wieder hier? „Du könntest wirklich netter zu mir sein, wenn ich schon dafür sorge, dass du nicht umgebracht wirst.“

„Ich bin nicht von deiner Gnade abhängig, Mensch!“ Er spie das letzte Wort regelrecht aus.

„Oh doch das bist du, Notechis!“ Malik zischte und fauchte. Er zerrte an den Ketten und fletschte die Zähne. Mariku ließ ihn wieder allein. Großartig, jetzt hatte er ihn auch noch wütend gemacht.
 

„Mariku verdammt, da bist du ja!“ Bakura kam ihm entgegen. „Du hast dir echt einen Narren an ihm gefressen, was?“

„Halt’s Maul“, murrte Mariku. „Bei den anderen alles in Ordnung?“

„Nur ein paar Beulen.“ Bakura winkte ab. „Lass mich lieber deine Schulter sehen.“

Sie kehrten in Marikus Zimmer zurück und Bakura löste den blutgetränkten Verband. Er schluckte schwer, als er die offene Wunde sah. Der Blutgeruch stieg ihm in die Nase und sorgte dafür, dass ihm das Wasser im Mund zusammenlief.

„Alles in Ordnung?“, wollte Mariku wissen, als Bakura keine Anstalten machte sich um die Wunde zu kümmern. Bakura antwortete nichts. Wie gebannt starrte er auf das Blut. Menschenblut roch so süß, es machte ihn fast wahnsinnig. Nur ein Schluck. Nur ein kleiner Schluck. „Bakura?“ Mariku drehte sich um und Bakura schreckte hoch. Blinzelnd sah er Mariku an.

„Ich… dein…“ Sein Blick fiel wieder auf die Wunde. Ein Rinnsal lief über Marikus Brust. „Blut.“ Er leckte sich über die Lippen. „Es ist so… ablenkend.“

„Ryou hat dich nicht ohne Grund einen Blutsauger genannt.“

Nur schwer konnte Bakura den Blick abwenden. „Nein.“ Sein Atem hatte sich inzwischen merklich beschleunigt. „Nur ein bisschen“, flüsterte er.

„Verdammt noch mal“, fluchte Mariku und legte Bakura seinen Fuß auf die Brust um ihn auf Distanz zu halten. „Was hab ich nur an mir, dass ihr Aliens mich entweder flachlegen oder fressen wollt?“ Er stieß Bakura mit dem Fuß vom Bett, was diesen wieder in die Realität zurückbrachte. Er schüttelte ein paar Mal den Kopf.

„Ich komm gleich wieder.“
 

Doch bevor er den Raum verlassen konnte, stand Ryou an der Tür. „Jou, Honda und ich gehen raus und sehen uns um. Ihr bleibt hier. Ihr verlasst nicht das Schiff. Habt ihr mich verstanden?“

„Jawohl, Sir!“ Bakura deutete einen kleinen Knicks an und Ryou schenkte ihm nur einen wütenden Blick.
 

Seufzend ließ sich Mariku auf die Matratze sinken und kümmerte sich nicht darum, dass er damit das Laken versaute. Ob er überhaupt jemals auf Ptera ankommen würde? Inzwischen zweifelte er daran.

Bakura kam mit einer Flasche in der Hand wieder zurück. „So“, er grinste, „jetzt bin ich wieder voll da.“
 

Er befestigte die Bandagen und begutachtete sein Werk. „Noch irgendwelche Schmerzen?“

„Momentan nicht“, antwortete Mariku und zog sich sein Oberteil wieder an.

„Gut, wollen wir uns draußen umsehen?“

„Klar!“ Zwar hatte Ryou ihnen verboten das Raumschiff zu verlassen, doch er war bei ihm sowieso schon unten durch, da war es auch schon egal.
 

Draußen war es schwül und drückend. Mariku wischte sich über die Stirn und lüftete sein Shirt. Der Boden war weich und morastig, weshalb sie aufpassen mussten, wo sie hintraten um nicht im Morast zu versinken. Mariku legte den Kopf in den Nacken. Er konnte kaum die Baumkronen erkennen. Wie es aussah waren sie in eine Art Dschungel abgestürzt. Nur schwach drang das Licht durch das Loch, welches sie in das Blätterdach gerissen hatten. Um sie herum war es dämmrig und Mariku fiel es schwer etwas zu erkennen. Er betrachtete das Schiff und sah Anzu darauf stehen. „Wie sieht’s aus?“, rief er zu ihr hoch.

„Die Außenhülle ist leicht beschädigt, aber das macht mir keine Sorgen.“ Sie sprang nach unten und landete grazil auf ihren Füßen. „Die Steuerung macht mir mehr Sorgen. Ich weiß noch nicht, wo das Problem liegt.“ Sie seufzte.

„Du findest es sicher“, sprach Mariku ihr aufmunternd zu und Anzu strich sich verlegen eine Strähne hinters Ohr.
 

„Seht euch das mal an!“, rief Bakura plötzlich. Er stand ein Stück entfernt und hatte die Hände zur Seite gestreckt, als wollte er gleich jemanden umarmen. Zwischen den Bäumen war ein netzartiges Gebilde, auf dem Tautropfen schimmerten.

„Sieht aus wie ein Spinnennetz“, erklärte Mariku, als er näher kam.

„Was ist ein Spinnennetz?“

„Spinnen sind eine Tierart auf der Erde, gibt unterschiedliche Arten und sie spinnen solche Netze um Beute zu fangen.“ Er zuckte mit den Schultern. „Für gewöhnlich sind sie aber weitaus kleiner.“ Er betrachtete das Netz. Die Fäden waren so dick wie sein Arm. Mariku bekam eine Gänsehaut. Er wollte ganz sicher nicht auf die Spinne treffen, dessen Netz das war. Bakura streckte die Hand aus um es anzufassen, doch Mariku hielt ihn auf. Er hob einen Ast vom Boden auf und berührte damit das Netz. Das Holz blieb sofort kleben und egal wie sehr er sich anstrengte, er bekam den Ast nicht mehr los.

Bakura schauderte. „Das war knapp.“

„Lass uns lieber zurückgehen.“ Mariku sah sich unruhig um. „Ich trau der Sache hier nicht.“

Bakuras Blick war immer noch auf den Ast gerichtet. Er nickte langsam. „Es ist auch verdammt still hier.“

„Was meinst du?“

„Naja“, er strich sich durch die Haare, „ich höre nichts. Rein gar nichts.“ Er ließ seinen Blick über die Bäume schweifen. „Entweder ist das hier ein toter Planet oder etwas hier verhindert jegliche Geräusche.“ Bakuras Worte sorgten nicht dafür, dass sich Mariku ruhiger fühlte.

„Was ist mit Ryou und den anderen?“ Bakura schüttelte den Kopf. „Aber sie können noch nicht so weit sein.“

„Ich weiß.“ Er knirschte mit den Zähnen. „Ich sollte sie ohne Probleme hören können, aber…“ Er schüttelte den Kopf. Mariku war froh, als sie wieder im Schiff waren, doch er fühlte sich nicht ruhiger. Was war das für ein Planet? Waren Ryou, Jonouchi und Honda in Ordnung?
 

„Ich frage Malik, wo wir sind“, erklärte er und Bakura sah ihn skeptisch an.

„Ryou hat recht, er ist nicht sehr vertrauenswürdig.“

Mariku zuckte mit den Schultern. „Aber er ist momentan der Einzige, der uns überhaupt einen Anhaltspunkt geben kann. Er wird nicht wollen, dass wir sterben, solange er angekettet ist.“

„Ihr Menschen seid echt seltsam.“

„Wem sagst du das“, murmelte Mariku und ging zu Malik. Dieser starrte ihn wütend an. „Wo sind wir?“ Doch Malik presste nur die Lippen aufeinander, wie ein kleines, schmollendes Kind. Mariku setzte sich ihm gegenüber. „An deiner Stelle würd ich mit der Sprache rausrücken. Wir könnten sterben und dann verrottest du in diesen Ketten.“

Malik zischte. Seine lange, gespaltene Zunge schnellte vor und verschwand dann wieder hinter seinen spitzen Zähnen. „Woher soll ich das wissen? Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, ich bin hier festgekettet und es gibt hier kein Fenster.“ Damit hatte er einen Punkt.

„So wie’s aussieht sind wir in einem Dschungel“, begann Mariku zu beschreiben, „hohe Bäume, es kommt kaum Licht durch, trotzdem ist es unangenehm schwül. Der Boden ist Morast. Bakura sagt, er hört nicht das geringste Geräusch.“ Malik sah ihn mit unbewegter Miene an. Mariku konnte nicht sagen, ob Malik den Planeten kannte oder nicht. „Außerdem gibt es riesige Spinnennetze.“

„Was ist das?“ Seine Stimme klang gelangweilt. Mariku gab ihm dieselbe Beschreibung, wie auch schon Bakura. Daraufhin veränderte sich Maliks Gesichtsausdruck. Er wirkte besorgt, zumindest deutete Mariku es als Besorgnis. Die Ketten klirrten als er unruhig seine Sitzposition veränderte. „Mach mich los.“ Diesmal klang er angespannt.

„Ganz sicher nicht.“

„Mach mich los!“, wiederholte er eindringlich. „Ich geh hier nicht mit euch zusammen drauf.“

Mariku hob eine Augenbraue. Also wusste Malik wo sie waren und was auch immer hier lebte, es beunruhigte sogar ihn. Das konnte kein gutes Zeichen sein. „Wo sind wir? Was lebt hier?“

Zischen. „Pack deine kleinen Freunde und bringt dieses Schiff hier weg.“

„Sag mir, wo wir sind!“

„Lass mich frei!“ Malik lehnte sich nach vorne, sodass die Ketten straff gezogen wurden. Mariku blieb unbeeindruckt sitzen, auch wenn Maliks Gesicht nur Zentimeter von seinem entfernt war. Unwohl fühlte er sich trotzdem.

„Vielleicht lass ich dich frei, wenn du mir endlich sagst, wo wir sind.“ Er hatte es satt, das diese Aliens dachten, sie könnten ihn einschüchtern mit ihren Krallen und Zähnen.

Mit einem frustrierten Laut ließ sich Malik zurücksinken. „Gut, dann krepiert doch.“ Er drehte den Kopf zur Seite und Mariku verdrehte genervt die Augen.

„Was für ein Dickschädel!“ Mariku stand auf, weil er sah, dass er hier nicht weiterkam. Er musste warten bis Ryou zurückkehrte und ihm sagen, dass der Planet gefährlich war. Zumindest hoffte er, dass Ryou zurückkam.
 

„Was herausgefunden?“, fragte Bakura. Er stand an der Türöffnung des Raumschiffs und hatte die Augen geschlossen.

„Keine Details. Nur das, was auch immer hier lebt, ziemlich gefährlich ist. Sogar Malik scheint Angst zu haben.“

Bakura sah ihn an. Sorge lag in seinem Blick. „Wenn jemand wie er schon Angst hat, dann“, er wandte den Blick wieder nach draußen und ließ den Satz unausgesprochen. Mariku konnte sich auch so denken, was er sagen wollte.

„Hörst du irgendwas?“

Bakura schüttelte den Kopf. „Nur Anzu. Die Stille macht mich noch verrückt.“

„Ich hoffe, Ryou kommt bald zurück.“
 

Wie aufs Stichwort spannte sich plötzlich Bakuras Körper an. Mariku kam es vor, als würden sich seine Ohren aufrichten. Dann rannte er los. Er stolperte fast, als er mit einem Fuß im Morast versank.

Mariku trat ebenfalls nach draußen und sah ihm fragend hinterher. Was war denn jetzt los? Anzu gesellte sich zu ihm. Sie schien genauso verwirrt wie er selbst.

Plötzlich brach Ryou aus dem Unterholz hervor. Er atmete schwer und hatte einen gehetzten Gesichtsausdruck. Unsicher warf er einen Blick über die Schulter. Honda war direkt hinter ihm. Selbst aus der Entfernung konnte Mariku sehen, dass seine Haut glühte. Jonouchi tauchte nicht auf und Mariku bekam ein flaues Gefühl im Magen. Ryou hatte eine klaffende Wunde am Arm. Honda schien unverletzt. „Was ist passiert?“, rief Bakura ihnen zu und blieb stehen.

„Hab ich nicht gesagt, ihr sollt im Schiff bleiben?“, schnauzte Ryou ihn an, schien jedoch froh ihn zu sehen. Er verlangsamte seine Schritte und blieb keuchend vor Bakura stehen.

„Was ist passiert?“, fragte Bakura erneut und nahm vorsichtig Ryous Arm. Der Stoff seines Oberteils war mit Blut getränkt, die Wunde selbst blutete jedoch nicht mehr. Ryou schüttelte mit zusammengepressten Lippen den Kopf.

Honda antwortete für ihn: „Wir wissen es nicht.“ Das Glühen seiner Haut ließ nach.

„Und Jonouchi?“ Wieder Kopfschütteln von Ryou.

„Es geschah alles sehr schnell.“ Wieder antwortete Honda. „Wir wissen nicht, was uns angegriffen hat.“ Er schüttelte den Kopf. „Plötzlich war Jonouchi verschwunden.“
 

Sie kehrten zum Schiff zurück und Bakura begann sich um Ryous Wunde zu kümmern. Es sah aus wie ein länglicher Schnitt, doch die Ränder waren ausgefranst und wirkten verätzt. „Fühlst du dich seltsam?“, fragte Bakura und Ryou schüttelte den Kopf. „Ist dir schlecht? Fällt dir das Atmen schwer?“

„Nein.“

„Malik sagt, wir sollen verschwinden, wenn wir überleben wollen“, erzählte Mariku.

Ryous Augen verengten sich als er Maliks Namen hörte. „Wieso sollte es mich interessieren, was er sagt?“

„Weil euch irgendetwas angegriffen hat und Jou verschwunden ist? Selbst er hat Angst.“ Ryou gab einen abfälligen Laut von sich. „Er sagt uns wo wir sind, wenn wir ihn freilassen.“

Ryou lachte laut auf. „Denkst du, ich bin so dumm?“

Mariku platzte der Kragen. Er hatte die Schnauze voll davon, dass ihn jeder wie einen Idioten behandelte, nur weil er ein Mensch war. Ungeachtet der Tatsache, dass Ryou ihn mit seinen Krallen ohne Probleme aufschlitzen konnte, packte Mariku ihn am Kragen und drückte ihn gegen die Wand. Ryou keuchte schmerzerfüllt und verzog das Gesicht. „Jetzt hör mir mal zu, du eingebildeter Fatzke. Da draußen ist etwas, dass uns umbringen wird und in diesem Schiff ist ebenfalls etwas, das uns umbringen wird. So oder so, wir gehen drauf. Es besteht jedoch eine geringe Chance, das Malik uns nicht umbringen wird, weil er hier wegwill, also hör auf dich so anzustellen und lass ihn frei!“ Er ließ Ryou los und dieser rutschte an der Wand hinunter zu Boden. Er fasste sich an den Hals und atmete einige Male tief durch, bevor er den Blick hob und Mariku wütend ansah. „Er ist der einzige, der uns jetzt helfen kann!“ Er sah wie Ryou den Kiefer anspannte und seine Hände zu Fäusten ballte. Er rechnete damit, das Ryou jeden Moment auf ihn losgehen würde, doch Ryous Körperhaltung entspannte sich wieder leicht. Er griff in seine Hosentasche und zog einen Schlüssel hervor, den er Mariku vor die Füße warf.

„Ich hoffe, er bringt dich um“, spie er ihm entgegen.
 

Mariku hob den Schlüssel auf und ging ohne ein weiteres Wort. In ihm brodelte es immer noch. Er baute sich vor Malik auf und hielt den Schlüssel in die Höhe. Mit gehobenen Augenbrauen sah Malik erst zum Schlüssel, dann zu ihm. „Hilfst du uns, wenn ich dich freilasse?“

„Ja.“

„Du wirst uns nicht töten?“

„Vorerst nicht.“

Es war ein Risiko, aber sie hatten keine andere Wahl. Ihr Tod war unausweichlich, solange sie nicht wussten, was dort draußen lauerte und Malik konnten sie anschließend wieder in Ketten legen. Zumindest hoffte Mariku, dass sie noch Gelegenheit dazu hatten. Der Schlüssel klickte im Schloss und die Handfesseln fielen scheppernd gegen die Wand.

Kapitel 4
 

Malik rieb sich die Handgelenke, während er aufstand. Obwohl er gefesselt gewesen war und nicht viel Bewegungsfreiheit hatte, wirkten seine Bewegungen grazil. Mariku ließ ihn nicht aus den Augen, auch wenn er ihm nicht viel entgegen setzen könnte, sollte er ihn angreifen. Doch Malik tat nichts dergleichen. Er berührte die Kratzer an seiner Wange und verzog missbilligend das Gesicht. Seine Augen verengten sich und er gab einen Zischlaut von sich.

„Also“, fing Mariku an und Maliks Blick richtete sich auf ihn. „Wo sind wir?“

„Ich bin hungrig.“

„Sag mir erst, wo wir sind.“

Malik legte den Kopf leicht schief. „Nein.“ Mariku schloss für einen Moment die Augen. Langsam aber sicher gingen ihm diese Aliens wirklich auf den Geist. Er sah Malik an. Er würde ihm zeigen, dass er sich nichts gefallen ließ. Malik verdankte ihm inzwischen so viel, da konnte er zumindest ein bisschen Respekt erwarten. Er machte einen Schritt nach vorne, doch Malik reagierte wesentlich schneller als Ryou zuvor und drehte den Spieß um. Er presste Mariku gegen die Wand. Sie waren gleichgroß. „Mach keinen Fehler, Mensch“, flüsterte Malik und leckte sich über die Lippen. Er ließ wieder von Mariku ab und dieser fasste sich an die pochende Schulter.

„Wenn du mich tötest, werden die anderen nicht zögern dich umzubringen“, fuhr Mariku ihn an, doch Malik lachte nur. Er machte eine auslandende Geste.

„Und du denkst, sie haben eine Chance?“ Malik grinste überheblich, dann packte er Mariku wieder am Kragen und zog ihn zu sich. „Und jetzt gib mir was zu essen, bevor wir gefressen werden.“ Er stieß ihn von sich Richtung Tür. Mit grimmigem Blick strich sich Mariku sein Shirt glatt.
 

Es war kein angenehmes Gefühl Malik den Rücken zuzudrehen, weshalb Mariku immer wieder unruhige Blicke über die Schulter warf. Doch Malik folgte ihm schweigend; sein Blick wanderte umher, als würde er das Schiff analysieren. Mariku biss sich auf die Unterlippe. Wahrscheinlich tat er das auch und plante schon, wie er sie alle umbringen würde. Zumindest konnte er sie nicht alle umbringen, wenn er hier weg wollte, denn das Schiff brauchte drei Leute für die Steuerung.

Als die Tür zur Küche aufglitt, warf Mariku nochmal einen Blick über die Schulter. Ob Malik das wusste? Obwohl er zuvor noch besorgt schien, wirkte Malik jetzt ganz ruhig. Waren sie wirklich in Gefahr? Was war mit Jonouchi passiert? Lebte er noch?
 

Malik ließ sich auf einen der Stühle sinken und begann mit seinen Klauen auf der Tischplatte zu trommeln. Mariku öffnete die Kühlung. „Was… isst deine Rasse?“

„Fleisch“, war die knappe Antwort. Mariku starrte den Inhalt des Kühlschranks an und war im ersten Moment überfordert. Das Essen war in verschiedenen Behältern abgepackt, die zwar beschriftet waren, doch in einer Sprache, die Mariku nicht kannte. Unsicher streckte er die Hand aus. „Direkt vor dir, gleich der erste links“, sagte Malik in seinem gewohnt gelangweilten Tonfall. Mariku sah ihn kurz an und griff anschließend nach dem blauen Behälter. Er stellte ihn auf den Tisch und entfernte den Deckel. Bevor er noch irgendetwas tun konnte, hatte sich Malik schon ein Stück Fleisch geschnappt und riss gierig die Verpackung ab.

Mariku schloss den Behälter wieder, doch bevor er ihn vom Tisch heben konnte, knallte Maliks Hand auf den Deckel und verhinderte das. Kauend sah er Mariku an, dieser hob die Hände und setzte sich Malik gegenüber. Malik schlang das Fleisch regelrecht hinunter und Mariku wurde schon vom Zuschauen schlecht.
 

Die Tür glitt auf und Ryou trat ein. Sein linker Oberarm war einbandagiert und in den Händen hielt er eine Waffe, die er sofort auf Malik richtete. Malik aß jedoch unbeeindruckt weiter, auch wenn er Ryou nicht aus den Augen ließ. Ryous Blick wanderte kurz zu Mariku; er bedachte ihn mit demselben hasserfüllten Blick mit dem er Malik ansah. Mariku ignorierte es.

„Nun?“ Malik riss einen Brocken Fleisch mit den Zähnen ab und kaute genüsslich. Ryou knirschte mit den Zähnen. „Wo ist Jonouchi?“

Malik schluckte und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. „In ihrem Nest.“

„Er lebt noch?“

„Höchstwahrscheinlich.“ Die Tür glitt erneut auf und der Rest der Crew trat ein. Allen voran Honda, der keine Miene verzog als er Malik sah. Bakura sah ihn neugierig und mit gehobenen Augenbrauen an. Anzu dagegen vermied jeglichen Blickkontakt. „Seinen Beschreibungen zufolge“, er machte eine flüchtige Handbewegung in Marikus Richtung, „sind wir auf Latro und haben es mit Trodectans zu tun.“ Verständnislose Blicke wurden ausgetauscht und Malik verdrehte die Augen. Er schob sich das letzte Stück Fleisch in den Mund und öffnete dann den Deckel um sich ein neues zu nehmen. „Hässliche, haarige Weiber“, erklärte er kauend.
 

„Das ist Selbstmord“, fauchte Malik wütend. Sie hatten ihn erneut betäubt und gefesselt und das kratzte an seinem Stolz. Er zischte und fauchte, während sie durch den dämmrigen Wald gingen. „Diese Loyalität wird uns alle umbringen!“ Er stolperte nach vorne, als Honda das Betäubungsgewehr gegen seinen Rücken stieß. Mariku stimmte ihm insgeheim zu. Es war blanker Wahnsinn Jonouchi retten zu wollen und er hatte wenig Lust deswegen zu sterben. Sie hätten auf Maliks Rat hören und sofort verschwinden sollen, doch Ryou weigerte sich Jonouchi zurückzulassen.

Anzu war die einzige, die beim Schiff zurückgeblieben war, denn Maliks Worten zufolge, hassten die Trodectans andere Frauen und würden nicht zögern Anzu umzubringen. Mariku schauderte beim Gedanken daran, was Malik ihnen noch alles erzählt hatte. Oh nein, er wollte ganz sicher nicht durch diesen Wald gehen. Nervös sah er sich um und rechnete jeden Moment mit einem Angriff. Er versuchte verbissen etwas in dem dämmrigen Licht zu erkennen, doch außer Bäume konnte er nichts sehen. Hin und wieder hatte er das Gefühl, dass sich über ihnen etwas bewegte, doch so sehr er auch seine Augen anstrengte, er konnte keine Details ausmachen. Sie trugen Fackeln bei sich, die noch nicht entzündet waren, denn Malik hatte gesagt, dass die Trodectans kein Feuer mochten. Mariku zweifelte an der Effektivität der Fackeln. Es war, als würde man mit einem Streichholz gegen einen Wolf vorgehen.

Bakura ging man der Spitze, denn er konnte am besten von ihnen sehen. Knapp hinter ihm ging Ryou. Ihre weißen Haare schimmerten im Dämmerlicht. Malik und Honda gingen hinter Mariku und alles was Mariku hören konnte, war Maliks missbilligendes, leises Zischen.
 

„Siehst du etwas?“, fragte Ryou leise, den Griff seiner Waffe fest umklammert. Bakura schüttelte den Kopf. Außer Bäumen konnte er kaum etwas erkennen. Hin und wieder dachte er, einen sich bewegenden Schatten zu sehen, doch dabei blieb es auch. Weder sah, noch hörte er ein Lebewesen. Von Malik abgesehen, doch er hatte es geschafft ihn auszublenden.

Mariku lüftete sein Shirt. Es klebte an seinem Oberkörper und Schweiß rann ihm von der Stirn. Die drückende Luft machte es ihm schwer vernünftig zu atmen. Sie wusste noch nicht mal, wo sie nach Jonouchi suchen mussten und rannten total planlos durch diesen Wald. Er ließ sich etwas zurückfallen um neben Malik zu gehen. „Wie hoch sind unsere Überlebenschancen?“

Malik zischte ihn an. „Nicht vorhanden.“ Sein Blick bohrte sich regelrecht in Ryous Rücken. „Und das ist alles die Schuld von diesem unnützen Sklaven!“

Ryou blieb abrupt stehen und richtete seine Waffe auf Malik. „Noch ein Wort und ich erschieß dich gleich hier.“

„Oh ja, bitte“, fauchte Malik ihn an. „Besser als das, was euch erwartet.“ Das Durchladen der Waffen klang unnatürlich laut, doch bevor Ryou abdrücken konnte, legte ihm Bakura die Hand auf die Schulter.

„Es gibt gerade bessere Ziele als ihn“, sagte Bakura mit gesenkter Stimme. „Wir sind nicht mehr allein.“

Sofort hob Mariku den Blick, doch er konnte nichts Auffälliges entdecken. Malik zischte leise und hatte den Blick auf etwas über ihren Köpfen fixiert. Kam es Mariku nur so vor, oder war es plötzlich dunkler geworden?
 

„Honda, die Fackeln!“ Hondas Körper begann wieder zu glühen und es reichte eine kurze Berührung seiner Hand um die Fackeln zu entzünden. Mariku hob seine über den Kopf und versuchte etwas zu erkennen. Bewegten sich die Schatten?

„Macht mich los!“ Panik schwang in Maliks Stimme mit. Sein Blick war immer noch auf etwas in der Dunkelheit fixiert und er zerrte an den Fesseln.

„Sie kommen.“ Bakuras Blick war in dieselbe Richtung gewandt wie Maliks. Ryou hob das Betäubungsgewehr, auch wenn Malik mehrmals darauf hingewiesen hatte, dass die nichts bringen würden. Trotzdem waren die Gewehre die einzigen Waffen, die sie hatten.

„Mach mich los, verdammt noch mal“, fluchte Malik. Mariku zögerte einen Moment, dann zog er das Taschenmesser aus seiner Hosentasche und setzte die Klinge an den Fesseln an. Er hielt jedoch in der Bewegung inne, als Ryou einen Schuss abgab und das Geschoss für einen Moment die Umgebung erhellte.
 

Zum ersten Mal konnte Mariku sehen, was die Trodectans wirklich waren, denn die einzige Beschreibung, die Malik ihnen gegeben hatte, war „hässliche, haarige Weiber“ gewesen. Ihm lief es eiskalt den Rücken hinunter. Schon als er das riesige Spinnennetz gesehen hatte, hatte er ein mieses Gefühl gehabt, und das wurde gerade bestätigt: Spinnen. Spinnenleiber, die in einen Frauenkörper übergingen. Mariku war richtig erleichtert, als das Licht wieder erlosch.

„Mach endlich!“ Maliks Stimme holte ihn aus seinen Gedanken und er hätte fast die Fackel fallen lassen, als er die Fesseln durchschnitt. Die Seilstücke fielen zu Boden und Malik drehte sich zu ihm um. Im Schein der Fackel konnte Mariku sein Grinsen sehen. „Viel Spaß beim Sterben“, flüsterte er und bevor Mariku sich versah, verschwand Malik in der Dunkelheit.

Er fluchte und ließ zu allem Überfluss auch noch sein Messer fallen. „Mariku, verdammt, was träumst du da rum?“, fuhr Ryou ihn an.

„Wo sind sie?“ Bakura war atemlos. Sein Blick glitt unruhig von links nach rechts und nach oben. Ryou richtete seine Waffe nach oben. Sie standen eng beieinander und die einzigen Geräusche waren ihre Atemzüge und das Knistern der Flammen. Mariku spürte die Hitze, die Honda ausstrahlte. „Ah!“ Bakura ließ die Fackel fallen und hielt sich die Hände vors Gesicht.

„Bakura?“

Plötzlich spürte Mariku etwas Klebriges an seinem Arm. Er versuchte es abzuschütteln und trat einen Schritt zurück, nur um das Gleichgewicht zu verlieren und auf den matschigen Boden zu fallen. Er konnte den dicken, weißen Faden um sein Fußgelenk erkennen und hob die Fackel um es zu verbrennen. Kaum kam das Feuer damit in Berührung gekommen, gab es eine Stichflamme und die Fackel erlosch. Mariku fluchte auf jede erdenkliche Weise, die ihm einfiel. Ryou fiel neben ihm auf den Boden. Er zappelte. Sein Körper war schon teilweise eingesponnen.

Die Spinnfäden zischten regelrecht, als sie Hondas Körper berührt, doch selbst dessen Hitze schien nicht auszureichen um das Eingesponnen werden zu verhindern.

Mariku strampelte mit den Beinen und versuchte wegzukommen. Er griff nach seiner Fackel und warf das Holz in die Dunkelheit. Er hörte einen dumpfen Aufprall und ein wütendes Fauchen. „Ah!“ Er fasste sich an den Hals. Irgendetwas hatte ihn gestochen, doch bevor seine Hand die Haut erreichte, wurde sein Körper taub. Mariku schnappte hörbar nach Luft, dann verlor er das Bewusstsein.
 

Maliks Beschreibung der Trodectans war die Untertreibung des Jahrhunderts gewesen. Sie waren für Mariku eine neue Stufe der Hässlichkeit. Ihre fetten Spinnenleiber waren mit dicken, schwarzen Haaren bedeckt und laut Maliks Aussage, wirkten diese wie eine Rüstung und konnten nicht durchdrungen werden. Der fette Leib wurde von acht Beinen getragen, doch der humanoide Oberkörper besaß noch zwei weitere Arme. Die Haare bedeckten jedoch nicht nur den Spinnenleib, sondern zogen sich hoch bis zu den Brüsten. In der Mitten blieb jedoch eine freie Stelle. Ihre Haut war so weiß wie Ryous Haare und spannte sich über ihre Knochen. Die Finger waren lang und dürr. Auch ihr Oberkörper war unverwundbar. Es war so gut wie unmöglich durch die Knochen zu brechen. Die einzige verwundbare Stelle war der Hals.

Mariku sah sich um. Er klebte in einem Spinnennetz; Arme und Beine von sich gestreckt und er konnte gerade mal den Kopf zur Seite drehen. Bakura war neben ihm. Der Bereich um seine Augen war gerötet und er blinzelte in kurzen Abständen.

„Das mit der Rettung solltet ihr noch mal üben“, hörte er Jonouchi über sich sagen.

„So schlecht kann’s dir nicht gehen, wenn du noch dumme Sprüche reißen kannst“, murrte Ryou. „Und wo ist dieser Notechis? Ich wusste, er verrät uns!“ Das Netz zitterte etwas und Mariku vermutete, dass Ryou schuld daran war. „Wer hat ihn überhaupt freigelassen?“ Kurze Stille. „Mariku!“

„Und? Ob er jetzt rumläuft oder hier mit uns hängst, was wär der Unterschied?“ Er hatte wirklich keine Lust mit Ryou zu diskutieren. Nicht in dieser Situation.
 

Mariku versuchte seinen Arm zu befreien, doch er konnte ihn nicht einen Millimeter bewegen. Er seufzte. Wäre er bloß zuhause geblieben und Mechaniker geworden.

Plötzlich erzitterte das Netz stärker. Etwas schien sich darauf zu bewegen. „Fass mich bloß nicht an, du hässliches Weib!“, fluchte Ryou. Mariku verdrehte die Augen. Natürlich war es eine gute Idee, die Trodectans auch noch wütend zu machen. Als ob ihre Situation nicht schon schlimm genug war.

Die Spinnenfrau tauchte vor Mariku auf und es war das erste Mal, dass er sie aus der Nähe sah. Mariku hätte gern auf diese Erfahrung verzichtet.

Das Beißwerkzeug klackte ununterbrochen. Die Augen waren riesig und in je acht kleinere Augen aufgeteilt. Mariku schaffte es nicht, sie lange anzusehen. Jedes Härchen auf seinem Körper hatte sich aufgerichtet. Eine knochige Hand umfasste sein Kinn und zwang ihn aufzusehen. Mariku schauderte. Ihm wurde schlecht bei dem Gedanken, was ihnen noch bevorstand.

Er konnte regelrecht Maliks Grinsen vor sich sehen, als er ihnen mit einem amüsierten Unterton gesagt hatte, dass sich die Trodectans mit ihnen paaren würden.
 

Als eine Spezies, die nur Weibchen hervorbrachte, waren die Trodectans von anderen Spezies abhängig um sich fortzupflanzen. Die Paarung war für sie regelrecht ein heiliges Ritual. Sie fingen Männchen und präsentierten sie ihrer Königin. Die Königin hatte die erste Wahl für sich und ihre Töchter um sicherzugehen, dass ihre Linie nur die besten Gene bekam.

Mariku verzog das Gesicht und war froh, als sie von ihm abließ. Er wollte sich nicht vorstellen, wie die Paarung von Statten ging. Laut Maliks Worten würden sie ein Gift injiziert bekommen, das dafür sorgte, dass zumindest ihre Körper paarungsbereit waren. „Ich wünschte, Malik hätte mich umgebracht“, murmelte er.

„Bist du etwa nicht scharf darauf ein paar echt abartige Weiber zu ficken?“

Mariku drehte den Kopf und sah Bakura angewidert an. Trotz seines amüsierten Tonfalls sah Bakura aus, als wollte er sich die nächste Klippe hinunterstürzen. Er blinzelte immer noch ununterbrochen. „Was ist mit deinen Augen?“

„Keine Ahnung, aber es brennt wie Feuer. Ich hoffe, sie beeilen sich. Ich freu mich schon auf den Teil, wo sie uns aufessen.“

„Du nervst mich schon genauso wie Jou mit deinen Sprüchen“, fauchte Ryou über ihnen.

„Ich wollte nur die Stimmung etwas auflockern.“ Jonouchi lachte und selbst Mariku musste schmunzeln. Ihre Situation konnte sowieso nicht mehr schlimmer werden. „Aber hey Mariku, es ist wie du gesagt hast: Aliens wollen dich entweder ficken oder fressen. Die Weiber hier wollen sogar beides.“ Er grinste breit und trotz ihrer misslichen Lage musste Mariku lachen.

„Ihr seid solche Spinner“, maulte Ryou.

„Ach Ryou-Schätzchen, entspann dich ein bisschen. Wir werden bald sterben.“

„Nenn mich nicht Schätzchen. Ich bin nicht dein Schätzchen!“

„Aber vielleicht wärst du’s geworden?“

„Ganz sicher nicht.“

„Wir hätten so ein hübsches Pärchen abgegeben.“

Ryou verdrehte die Augen. „Ich hoffe, sie fangen bald an, damit ich meine Ruhe vor dir habe!“

„Du verletzt meine Gefühle.“

„Wenn ich könnte, würd ich dich richtig verletzen!“

„Oh, jetzt willst du mich heiß machen.“ Bakura grinste breit, während Ryou wütend aufschrie. Das Netz erzitterte, als er sich gegen die Fäden stemmte. „Weißt du, vielleicht entspannt dich der Sex ein bisschen.“

„Ich bring dich um!“ Ryou stieß eine Reihe von Schimpfwörtern aus, dann wurde seine Stimme unnatürlich hoch und ging in einen Singsang über. Es war das erste Mal, das Mariku Ryous Muttersprache hörte. Obwohl Mariku wusste, dass er wahrscheinlich jede Menge Schimpfwörter ausstieß, hatte sie einen angenehmen Klang.
 

„Das war das Heißeste, was je jemand zu mir gesagt hat“, sagte Bakura grinsend, nachdem sich Ryou wieder beruhigt hatte.

„Provozier ihn nicht die ganze Zeit.“

„Aber er ist so süß, wenn er sich aufregt.“

„Du siehst ihn doch noch nicht einmal.“

„Ich stell‘s mir vor.“

Mariku schüttelte grinsend den Kopf. „Du bist echt ein Spinner.“

„Ich versuche nur meine letzten Momente so angenehm wie möglich zu gestalten. In Panik verfallen bringt jetzt auch nichts.“
 

Das Netz begann wieder zu zittern und das Grinsen auf Marikus Gesicht erstarb. Er versuchte nach oben zu sehen, doch das führte nur dazu, dass er mit seinem Nacken am Netz kleben blieb. Ein dumpfes Geräusch war zu hören und dann das wütende Fauchen einer der Spinnenfrauen. „Fass mich nicht an, du…“ Der Rest des Satzes wurde von Spinnweben gedämpft. Eine Trodectans tauchte neben Mariku auf, eine weitere neben Bakura. Sie tröpfelten etwas auf die Spinnweben, welche sich daraufhin langsam auflösten. Doch lange konnte Mariku seine neugewonnene Freiheit nicht genießen, denn kaum war er frei, wurde er erneut mit Spinnweben gefesselt. Er sah wie Ryou zappelnd an ihm vorbeigetragen wurde, den Mund mit Spinnweben verklebt. Mariku hielt still, als die Trodectans ihn hochhob und versucht nicht mit dem Gesicht die Haare zu berühren. Eine Gänsehaut kroch über seinen Körper und er versuchte, nicht an das Bevorstehende zu denken. Der Versuch war jedoch nicht von Erfolg gekrönt, denn seine Fantasie war viel zu lebhaft dafür. Er schauderte. Konnte man vor Ekel sterben? Denn das würde er ganz sicher.
 

Plötzlich war lautes, aufgebrachtes Fauchen zu hören und Mariku wandte den Kopf. Ein unangenehmer Geruch stieg ihm in die Nase, der ihn an verbrannten Gummi erinnerte. Er rümpfte die Nase.

Honda lag auf dem Boden. Sein Körper glühte wieder und Rauch stieg von seinen Fesseln auf. Die Trodectans wurden unruhig. Drei von ihnen näherten sich Honda. Mariku zog die Stirn kraus. Was hatte er vor? Wollte er sich schon vorab umbringen lassen? Oder war das ein eher kläglicher Versuch frei zu kommen? Mariku reckte den Hals, doch die Trodectans, die ihn trug, setzte sich wieder in Bewegung und er verlor Honda aus den Augen.

Mariku sah sich um, während sie über immer mehr Netze stiegen. Zumindest sofern er etwas erkennen konnte. Die Trodectans schienen überall zu sein. Dafür, dass ihre Fortpflanzung von anderen Arten abhängig war, schien ihre Population sehr hoch zu sein. Mariku versuchte zu zählen, doch es war unmöglich.
 

Eine Lichtung tat sich vor ihnen auf. Zu allen Seiten waren die Bäume mit Spinnnetzen verziert. Hunderte Augen waren auf sie gerichtet, als Mariku und die anderen fast in der Mitte der Lichtung auf den Boden gestellt wurde.

„Ich fühl mich ein bisschen beobachtet“, murmelte Jonouchi und sah sich mit großen Augen um.

„Ich bin ganz froh, dass ich grad nicht so viel sehe“, flüsterte Bakura. Die Haut um seine Augen war immer noch gerötet. Ryous Mund war immer noch verklebt. Er blickte nur finster drein.

„Es sind verdammt viele.“ Mariku legte den Kopf in den Nacken. Die Trodectans waren überall. Sie würden schon allein vor Erschöpfung sterben, wenn sie mit allen… Mariku schluckte.
 

Honda wurde neben ihnen abgestellt. Er hatte den Kopf gesenkt und die Augen geschlossen. Sein Körper wankte leicht. „Alles in Ordnung?“, flüsterte Jonouchi ihm zu, doch Honda schüttelte nur schwach den Kopf.

Eine Trodectans kam von der anderen Seite der Lichtung und gab aufgeregtes Klackern und Fauchen von sich. Das schien die anderen in Aufruhr zu versetzen. Die, die sie hergebracht hatten, zogen sich zurück. Nur eine blieb zurück und entfernte die Spinnweben um Ryous Mund. Ryou verzog das Gesicht vor Schmerz. „Verfluchtes Miststück“, fauchte er.

Über ihnen kam plötzlich Bewegung in die Spinnenfrauen und die Trodectans stellte sich neben sie wie eine Wache. Mariku hob den Blick. Zwischen den Aliens hatte sich eine Lücke geöffnet und eine Trodectans seilte sich von oben herab.
 

Als ihre acht Beine auf dem Boden aufsetzten, zweifelte Mariku keine Sekunde daran, dass es sich hierbei um die Königin handelte. Sie war größer und fetter als die anderen, zumindest was ihren Spinnenleib anging. Der Oberkörper wirkte genauso abgemagert wie bei den anderen. Ihre Wache verbeugte sich und verharrte in dieser Position.

Die Königin kam näher und betrachtete zuerst Honda. Sie sagte etwas zu ihrer Wache, welche hastig und nervös antwortete.

„Sieht aus, als würde der Spaß endlich losgehen“, murmelte Bakura. „Es war schön euch gekannt zu haben.“

„Ich wünschte, ich hätte euch nie kennen gelernt“, erwiderte Ryou grimmig. „Das hier ist alles eure Schuld.“

„Du könntest mir ruhig etwas Nettes sagen, jetzt, im Angesicht des Todes.“

„Ich hoffe, ich darf dabei zusehen, wie sich dich umbringen.“

„Du willst doch nur wissen, wie ich nackt aussehe.“ Ryou verdrehte die Augen. Er konnte nicht glauben, dass er in so einer Situation wirklich noch Energie darauf verschwendete mit Bakura zu streiten. Bakura war noch tausendmal schlimmer als Jonouchi, was die dummen Sprüche anging.
 

Als Mariku an der Reihe war, wandte er den Kopf zur Seite und versuchte die Finger in seinem Gesicht zu ignorieren. Er ertrug den Anblick ihres Gesichts nicht. Er hatte in seinem ganzen Leben nichts Widerlicheres gesehen. Mariku hatte das Gefühl, als würde sich die Königin besonders viel Zeit bei ihm lassen, aber vielleicht kam ihm das auch nur so vor. Er atmete erleichtert aus, als sie weiter zu Bakura ging.

„Wow, ich hätte nicht gedacht, dass es noch hässlicher geht“, sagte Bakura und sah sie direkt an. „Wird hier die Königin nach Hässlichkeit gewählt?“ Alarmiert sah Mariku ihn an, doch die Königin zeigte keine Reaktion. Zu ihrem Glück, oder auch Unglück, schien sie ihre Sprache nicht zu verstehen.

Ryou beugte sich von der Königin weg, als diese ihn berühren wollte, was zur Folge hatte, dass er rückwärts auf den Boden fiel. Bakura prustete. „Bastard“, schimpfte Ryou und zog Bakura im Liegen die Beine weg, sodass dieser ebenfalls nach hinten fiel. Mariku starrte stur geradeaus und konnte nicht fassen, wie sich die Beiden verhielten. Wieso hatte Malik ihn nicht umgebracht? Das wäre wenigstens schnell gegangen.

Jonouchi verdrehte die Augen. „Falls es euch noch nicht aufgefallen ist, wir stehen hier kurz vorm Abkratzen. Könntet ihr euch der Situation angemessen benehmen?“

„Ach, halt’s Maul“, fauchten Ryou und Bakura ihn gleichzeitig an, während sie von der Wache wieder auf die Beine gestellt wurden. Sie klapperte aufgeregt mit ihrem Beißwerkzeug und hob bedrohlich die Krallen.
 

Die Königin wandte sich von ihnen ab und betrachtete noch einmal kurz Honda und Jonouchi, bevor sie vor Mariku stehen blieb. Mariku biss sich auf die Unterlippe und starrte auf die freie Stelle am Bauch. Plötzlich stieß die Königin einen schrillen Schrei aus und es kam Bewegung in die restlichen Spinnenfrauen. Sie kamen näher, während die Königin Mariku aus der Reihe zog. „Ding, ding, ding, Jackpot“, flüsterte Bakura. Mariku schloss die Augen. Wieso ausgerechnet er?
 

„Eine ganz vorzügliche Wahl, meine verehrte Königin.“ Mariku riss die Augen auf und hob den Blick. Malik stand auf der Lichtung und verbeugte sich tief. „Ihr hättet Euch nicht besser entscheiden können.“

Die Königin fauchte. „Notechis“ war das Einzige, dass Mariku unter den Lauten, die sie von sich gab, verstehen konnte. Die Trodectans näherten sich Malik von allen Seiten, doch keine schien es zu wagen ihn anzugreifen.

Malik richtete sich wieder auf. Jetzt fiel Mariku auf, dass die Ärmel seines Oberteils fehlten. „Ich unterbreche diesen besonderen Moment nur sehr ungern, schönste aller Königinnen.“ Er setzte eine ernste Miene auf. „Ich bin hier auf Geheiß meines Vaters, Lord Ishtar.“ Die Königin winkte ihr Gefolge zurück und Malik trat langsam näher, während die Königin mit ihm sprach.

„Er wird sich sehr geehrt fühlen, wenn ich ihm davon berichte, dass Ihr Euch noch an ihn erinnert, verehrte Königin.“

Wieder sprach die Königin und Mariku sah interessiert von Malik zu ihr und wieder zurück. Also verstand sie ihre Sprache doch?

„Nach der Tragödie ist mein Vater zum Lord aufgestiegen.“ Ein kleines Grinsen umspielte Maliks Lippen, doch er versteckt es schnell wieder hinter einer ernsten Miene. „Und jetzt, da unser Volk wieder erstarkt, suchen wir erneut unsere treuen Verbündeten auf.“ Die Königin machte eine Handbewegung und Malik ging neben ihr her zu einem der Netze. Sie stiegen darauf und Mariku war überrascht, dass Malik nicht daran kleben blieb. Er stieg die Fäden hinauf wie eine Treppe, achtete dabei jedoch immer darauf einige Stufen unter der Königin zu sein.

„Ich wusste doch, dass er ein verdammter Verräter ist“, zischte Ryou und warf Mariku einen bösen Blick zu. Dieser beachtete ihn jedoch gar nicht und beobachtete Malik und die Königin.
 

„Ich bin sicher“, fuhr Malik fort, „das Ihr, schönste Königin, und Euer verehrtes Gefolge, weitaus Besseres verdient habt als diese“, er machte eine Handbewegung in Richtung Mariku und den anderen, „Schwächlinge.“ Er stieg näher an die Königin heran. „Wenn ihr euch uns erneut anschließt, dann bekommt ihr nur die feinste Auswahl. Die besten und stärksten Männer, die andere Rassen zu bieten haben.“
 

„Was hat er vor?“, fragte Bakura leise und Mariku zuckte so gut es ging mit den Schultern. Er stemmte sich gegen die Spinnfäden, doch sie saßen zu fest.

„Was schon? Uns verraten, wie er es schon die ganze Zeit geplant hat.“

„Nein“, widersprach Mariku und richtete seinen Blick wieder auf Malik. „Das glaub ich nicht.“

Ryou verdrehte die Augen. „Ich kann nicht fassen, dass du so dumm bist. Ich hätte dich auf dieser Raumstation verrecken lassen sollen.“

„Mir wär’s auch lieber gewesen, dann müsste ich mir jetzt nicht diesen Scheiß hier antun!“
 

Während Malik weiter auf die Königin der Trodectans einredete, ihr Komplimente machte und süße Versprechungen ins Ohr flüsterte, kam er ihr immer näher. Nur langsam und vorsichtig, so dass es nicht auffiel. Er hatte nur eine einzige Chance. Er spannte die Muskeln in seinen Armen an und fixierte den Hals, während er weitersprach. Er war froh, dass sein Vater ihn gelehrt hatte, wie man andere mit Worten umgarnte.

Gift tropfte von seinen Klauen, doch sein Gift würde ihm hier nichts nutzen. Wie er selbst auch, waren die Trodectans gegen Gifte immun. Maliks Angriff kam schnell und unerwartet für die Königin. Sie war schon längst gefangen gewesen von seinen umschmeichelnden Worten. Fast bis zur Schulter steckte sein Arm im Hals der Spinnenfrau.
 

Einen Moment herrschte völlige Stille. Mariku und Ryou hatten aufgehört zu streiten und starrten mit offenen Mündern zu Malik, der langsam seinen Arm wieder zurückzog und vom Netz sprang. Als seine Füße den Boden berührten, durchdrang ein greller Schrei die Stille und hunderte Trodectans setzten sich in Bewegung.

Mariku zog den Kopf ein und schloss die Augen in Erwartung jeden Moment in Stücke gerissen zu werden, doch der Schmerz blieb aus. Stattdessen hörte er Maliks Stimme neben sich: „Beeilt euch! Wir haben nicht so viel Zeit.“ Mariku öffnete die Augen wieder. Nicht weit von ihm lagen einige tote Trodectans. Getötet von ihren eigenen Artgenossen. Mit seinen Klauen zerriss Malik die Fesseln. Wie gebannt starrte Mariku auf die Trodectans, die sich beim Körper der töten Königin gegenseitig bekämpften.

„Was… hast du getan?“, fragte Bakura mit heiserer Stimme.

„Keine Zeit jetzt“, fauchte Malik und packte Mariku am Arm, um ihn hinter sich her zu ziehen. Mariku konnte den Blick nicht von den Trodectans abwenden. Was passierte hier? Was versuchten sie zu erreichen? „Verdammt noch mal, schau noch vorne!“ Malik riss schmerzhaft an seinem Arm und brachte Mariku damit in die Realität zurück. Er wandte seinen Blick ab und beschleunigte seine Schritte. Jonouchi musste Honda stützen, der immer noch benebelt wirkte. Malik nahm darauf jedoch keine Rücksicht. Er eilte zwischen den Bäumen hindurch und Mariku kam schon bald ins Schwitzen. Auf ihrem Weg kamen sie vereinzelt an Trodectans mit herausgerissener Kehle vorbei. Malik hatte ganze Arbeit geleistet.

Inzwischen war Mariku auch ganz froh, dass er Maliks Fesseln durchgeschnitten hatte. Ohne ihn wären sie Spinnenfutter.
 

Sie ließen das Nest hinter sich und es wurde wieder heller um sie herum. Mariku atmete schwer. Die drückende Luft machte ihm das Laufen nicht einfach. Inzwischen war er kaum schneller als Jonouchi und Honda. Mariku hustete und sein Brustkorb schmerzte von den Strapazen.

„Wenn du stehen bleibst, bist du tot“, erklärte Malik, der plötzlich neben ihm lief. Mariku warf ihm nur einen kurzen Blick zu und richtete ihn anschließend wieder nach vorne. Er biss die Zähne zusammen. Er würde diesen verfluchten Aliens schon zeigen, dass er der Belastung standhielt.

Malik rannte wieder nach vorne.
 

Im Inneren des Raumschiffs sank Mariku auf die Knie. Nicht nur seine Beine, sondern sein ganzer Körper zitterte. Hastig atmete er Sauerstoff in seine Lungen. „ANZU!“, brüllte Ryou. Auch er war leicht außer Atem. „Mach sofort das Schiff startklar!“

„Was ist passiert?“

„Keine Zeit. Wir müssen hier verschwinden.“

„Ich halte das für keine…“

„Keine Diskussion!“ Er schob sie regelrecht Richtung Cockpit. „Jou, komm mit!“, rief er über die Schulter. „Bakura kümmere dich um Honda. Los! Los!“

„Ich bin selbst verletzt“, erwiderte Bakura, doch Ryou hörte ihn schon nicht mehr. Seufzend übernahm Bakura Honda von Jonouchi. Die Eingangsschleuse schloss sich und Mariku zog die Beine an. Er legte seine Stirn auf seine Knie. Seine Schulter hatte wieder angefangen zu schmerzen. „Ihr Menschen seid einfach zu schwach“, sagte Malik und lehnte sich neben ihn gegen die Wand.

„Sei still“, fuhr Mariku ihn an. Malik lachte leise.
 

Zitternd setzte sich das Raumschiff in Bewegung. Es flog immer noch äußerst unstabil. Mit einer Seite schrammten sie an einem Baum entlang. Schwerfällig kam Mariku wieder auf die Beine. Er stützte sich an der Wand ab, während er in seine Kabine ging.

Seufzend ließ er sich aufs Bett fallen und berührte seine Schulter. Sie hatten überlebt. Sie waren wirklich lebend aus dieser Sache herausgekommen. Er fing an vor Erleichterung zu lachen.

„Hast du jetzt komplett den Verstand verloren?“

Mariku setzte sich auf und sah Malik an. „Was willst du hier?“

„Ich hab euch das Leben gerettet. Du könntest ruhig netter zu mir sein“, wiederholte er, was Mariku einige Stunden zuvor zu ihm gesagt hatte. Malik setzte sich an das Fußende des Bettes.
 

„Danke“, sagte Mariku nach einer Weile leise. Er hielt sich am Kopfgestell des Bettes fest, um zumindest etwas Halt zu haben, während das Schiff sich gefährlich neigte. „Was ist passiert?“ Malik lehnte sich gegen die Wand und leckte sich das Blut von den Fingern. Sein ganzer Arm war damit bedeckt. „Das ist wirklich widerlich.“ Malik ließ den Arm sinken und leckte sich über die Lippen.

„Ich hab die Königin getötet“, erklärte er das Offensichtliche.

„Ja, das hab ich gesehen, aber das danach.“ Malik sah Mariku lange an, dann zuckte er mit den Schultern. Das Wackeln des Raumschiffs schien ihn nicht zu stören.

„Die Trodectans lieben und verehren ihre Königin“, begann Malik zu erklären, „doch sie hassen auch nichts mehr als ihre Königin.“ Er grinste. „Sobald eine Königin stirbt, wird die nächste diejenige sein, die das Herz der alten Königin frisst.“

Mariku schauderte und öffnete den Mund, doch bevor er etwas sagen konnte, glitt die Tür auf. Ryou hatte eine Waffe auf Malik gerichtet. „Mitkommen!“

„Wieso sollte ich?“

„Weil es dich diesmal nicht nur betäuben wird, Bastard.“

„Ryou…“, fing Mariku an, was nur zur Folge hatte, das Ryou das Gewehr auf ihn richtete.

„Halt’s Maul! Du hast schon genug angerichtet!“

Maliks Bewegungen waren zu schnell für Marikus Augen und auch Ryou reagierte zu langsam. Die Waffe fiel zu Boden und Ryous Augen weiteten sich überrascht. Malik hatte seine Klauen gegen seine Kehle gedrückt. Ryou spürte das Gift an seinem Hals hinab rinnen. „Du gibst mir keine Anweisungen mehr, Sklave.“

Kapitel 5
 

„Jetzt spielen wir nach meinen Regel“, zischte Malik. Ryou war in eine Schockstarre gefallen. Erinnerungen an damals kamen wieder hoch. Sein Volk starb und er konnte nichts weiter tun als zusehen. Es würde wieder so weit kommen. Es würde wieder passieren und auch wenn er sich tapfer gab, am Ende würde er doch nur wieder zusehen können. Er war schwach. Er würde sich niemals gegen die Notechis wehren können.

„Malik, hör auf“, versuchte Mariku ihn zu beschwichtigen. Er stand vom Bett auf und wollte sich ihnen nähern, doch Malik drückte seine Krallen nur noch mehr gegen Ryous Hals. Mariku blieb stehen. Er wusste, wenn Malik Ryou auch nur ankratzte, würde er ihn damit vergiften.

„Du sagst mir nicht, was ich zu tun habe!“

„Es… es tut mir leid.“ Mariku hob abwehrend die Hände. „Ich bin nicht in der Position dir Vorschriften zu machen. Du hast recht.“ Er gab sich unterwürfig, denn anders würde ihm Malik gar nicht erst zuhören. „Ich flehe dich an Ryou gehen zu lassen. Du hast uns alle gerettet. Welchen Sinn hätte es, uns jetzt umzubringen?“

„Ich lass mich nicht wieder von euch einsperren“, fauchte Malik.

„Niemand wird dich einsperren. Versprochen.“

Malik lachte. „Du hast hier doch nichts zu sagen. Du bist nichts weiter als ein nutzloser Mensch.“ Er trat einen Schritt zur Seite und gab die Tür frei. „Und jetzt beweg dich!“

Mariku knirschte mit den Zähnen. Sein Blick fiel auf die Waffe am Boden, doch Malik würde ihm den Kopf abreißen, bevor er überhaupt nah genug war um sie aufzuheben. Ohne Malik aus den Augen zu lassen, ging er an ihm vorbei. „Was hast du vor?“

„Halt’s Maul!“

Mariku seufzte. Er betrat das Cockpit und sofort richteten sich alle Blicke auf sie.
 

„Ryou?“ Anzu war aufgestanden. Ryou reagierte nicht. Er starrte ausdruckslos geradeaus, gefangen in seinen schrecklichen Erinnerungen.

„Es läuft jetzt nach meinem Kommando, ihr nutzlosen Insekten. Außer ihr wollt, das euer Kapitän den Kopf verliert.“

Mariku ließ sich auf einen der Sitze sinken und verschränkte die Arme vor der Brust. Er konnte nicht fassen, in was für einer Situation er jetzt schon wieder war. Gerade eben noch war er dem Tod entronnen, nur um jetzt wieder in einer unangenehmen Situation zu sitzen.

„Die Koordinaten sind 458C 52W, Veri-Galaxie.“

„Ein Sprung ist unmöglich. Das Schiff ist zu beschädigt!“, erklärte Jonouchi.

„Wir springen!“, fauchte Malik. Jonouchi und Anzu warfen sich unsichere Blicke zu. „LOS!“ Anzu und Jonouchi ließen sich auf ihre Sitze sinken. Honda war nicht anwesend. Wahrscheinlich kümmerte sich immer noch Bakura um ihn.
 

Mariku beobachtete sie, bis er Jonouchis Blick auffing. Jonouchi hatte die Finger um die Steuerung gekrallt und sah ihn eindringlich an. Mariku sah von der Steuerung zu Malik und dann zurück zu Jonouchi. Er setzte sich aufrecht hin und straffte die Schultern. Erneut sah er zu Malik, der ihm keine Aufmerksamkeit schenkte. Langsam nickte Mariku und Jonouchi richtete seinen Blick wieder auf die Steuerung in seinen Händen. So lässig wie möglich stand Mariku auf.
 

„Was hast du vor?“, zischte Malik.

„Ach weißt du…“ Mariku grinste leicht. Wahrscheinlich war das das Letzte, was er je tun würde. Er nutzte es aus, dass Malik durch Ryou in seinen Bewegungen eingeschränkt war und legte genau in dem Moment seinen Arm um seinen Hals, als Jonouchi das Steuer herumriss und sie den Boden unter den Füßen verloren. Malik ließ Ryou los und seine Zähne bohrten sich in Marikus Arm. Mariku schrie auf. Er rechnete jeden Moment damit, dass sein Körper taub wurde und er nicht mehr atmen konnte. Mariku schloss die Augen, doch nichts geschah. Nur der Schmerz breitete sich durch seinen Körper aus. Es war ein Trockenbiss! Überrascht öffnete Mariku die Augen wieder. Malik injizierte kein Gift in seinen Körper. Was nicht bedeutete, dass der Biss nicht trotzdem verflucht wehtat. Trotz der Schmerzen ließ er Malik jedoch nicht los.
 

Ryou erwachte aus seiner Starre und hielt sich an der Armlehne seines Stuhls fest. Er schüttelte den Kopf einige Male um die dunklen Gedanken abzuschütteln. Sein Herz raste immer noch, doch jetzt war er mehr denn je sicher Malik sofort zu töten, sobald er wieder im Besitz einer Waffe war.

Während Jonouchi dafür sorgte, dass das Schiff wieder einen stabilen Kurs flog, hämmerte Ryou eine Zahlenkombination in das Kontrollpanel seines Stuhls. Die Armlehne öffnete sich und eine handliche Pistole kam zum Vorschein. Mit zittrigen Knien richtete sich Ryou auf, die Pistole in der Hand. Er sah zu Mariku und Malik, die immer noch auf dem Boden lagen. Mariku hatte Malik fest im Griff, während Malik seine Zähne tief in Marikus Unterarm versenkt hatte.

Ryou richtete die Waffe auf Malik. „Lass ihn los, Arschloch“, zischte er. Er zitterte am ganzen Leib, doch diesmal würde er Malik ein für alle Mal erschießen.
 

Malik sah auf, doch er machte keine Anstalten Marikus Arm freizugeben. Er schmeckte Blut in seinem Mund. Er konnte ihn nicht töten, selbst wenn er es wollte, denn Mariku war im Moment nun mal der einzige, der ihn nicht tot sehen wollte. „Lass ihn los“, wiederholte Ryou und verengte die Augen. Am besten wäre es, wenn er beide erschoss.

„Hör auf Ryou!“, mischte sich Mariku ein. Sein Körper war in einen Schock verfallen und spürte den Schmerz vorerst nicht mehr.

„Sag mir nicht, du verteidigst ihn immer noch? Selbst JETZT?“

„Ja.“ Maliks Augen weiteten sich überrascht und sein Biss lockerte sich etwas.

Ryou presste die Lippen aufeinander. „Ich sollte dich zusammen mit ihm erschießen.“ Sein Finger war um den Abzug gelegt und Mariku und Malik sahen ihn abwartend an. Ryou gab einen frustrierten Laut von sich und ließ die Waffe sinken. Er konnte einfach niemanden töten. Es war gegen seine Natur. Er war kein Mörder. Er würde nie einer sein. Selbst, wenn es ein Notechis war, der ihm gegenüberstand.
 

Die Tür glitt auf und Bakura trat ein. Er hielt sich den Kopf. Der Bereich um seine Augen war immer noch gerötet, doch er schien keine Probleme mit dem Sehen mehr zu haben. „Was ist jetzt schon…“, er hielt inne als er die Waffe in Ryous Hand sah. Dann fiel sein Blick auf Mariku und Malik am Boden. „Ich hab scheinbar irgendwas verpasst.“

„Lange Geschichte“, antwortete Mariku. Sein Arm war inzwischen taub geworden und sein Gehirn weigerte sich immer noch den Schmerz zu akzeptieren.

„Ähm, ich mische mich nur ungern ein, aber wir haben hier ein kleines Problem“, sagte plötzlich Jonouchi.

„Was ist es?“, fragte Ryou genervt. Er war wütend auf sich selbst; wütend, weil er so schwach war.

„Wir sind in der Anziehung eines Planeten gelandet und wir driften langsam auf ihn zu.“

Ryou verdrehte die Augen. „Dann flieg raus! Ist doch nicht das erste Mal.“

„Ich versuch‘s ja, aber die Anziehung ist zu stark.“

„Heißt das, wir stürzen noch mal ab?“, fragte Bakura.

„Nein“, widersprach Jonouchi. „Wir haben noch Kontrolle über das Schiff. Wir werden relativ sanft aufsetzen, abhängig von Planetenoberfläche.“

„Der Oberflächenscanner sagt, der Planet besteht hauptsächlich aus Schnee und Eis.“ Anzu drückte ein paar Knöpfe an der Konsole. „Außentemperatur geschätzt: -20°“

Mariku spürte, wie sich Maliks Körper verspannte. Er hatte ihn immer noch nicht losgelassen.

Ryou verstaute die Waffe wieder in der Armlehne. „Mariku!“ Der Angesprochene sah auf. Ryou wirkte trotz ihrer Situation plötzlich irgendwie fröhlich. Es lag ein Glänzen in seinen Augen, das Mariku bisher noch nicht bei ihm gesehen hatte. „Der Notechis bleibt vorerst am Leben, aber erwarte nicht, dass es mich kümmern würde, wenn er an irgendwas krepiert.“ Er schmunzelte. „Ich übergebe ihn deiner Verantwortung.“ Mariku hob überrascht die Augenbrauen. Damit hatte er sicher nicht gerechnet. Ryou wandte ihm den Rücken zu. „Und jetzt verzieht euch. Ich will euch nicht mehr sehen, bis wir gelandet sind.“
 

Der Schmerz kam, als Malik seinen Arm losließ. Mariku presste seinen verletzten Arm gegen seine Brust und drückte auf die Bisswunde. Malik wischte sich über den blutigen Mund und vermied es Mariku anzusehen. Schweigend stand er neben ihm, den Blick auf den Boden gerichtet. Ein ungewöhnliches Verhalten, wenn man seine sonst so aufbrausende Art bedachte.

„Brauchst du Hilfe?“, fragte Bakura und hielt Mariku seine Hand hin. Mariku ergriff sie dankbar, doch schon im nächsten Moment schoss Schmerz durch seine Schulter. Wenn das so weiter ging, würde er noch als Krüppel enden. Er hoffte nicht, dass sich Malik als nächstes seine Beine aussuchte. Trotz Bakuras Hilfe fiel es Mariku schwer aufzustehen. Seine Beine wollten ihm nicht gehorchen und er knickte ein paar Mal ein, bis Bakura ihn unter den Achseln packte und zusätzlich abstützte. Malik folgte ihnen aus dem Cockpit in Marikus Kabine.
 

Mit schmerzverzerrtem Gesicht ließ sich Mariku auf den Stuhl fallen und hielt sich den Arm. Bei all der Träumerei von Abenteuern hatte er vergessen, dass diese durchaus wirklich gefährlich waren und er war eher nicht zum Helden geboren. Besonders, wenn man bedachte, dass das Einzige, was er bisher beigetragen hatte, das Verteidigen eines Massenmörders war. Er sah zu Malik, der sich aufs Bett gelegt und ihm den Rücken zugewandt hatte. Was ging nur in seinem Kopf vor? Doch die Frage war viel mehr: was ging in seinem eigenen Kopf vor?
 

Behutsam nahm Bakura seinen Arm und begann den Stoff aus der Wunde zu zupfen. Mariku biss die Zähne zusammen und schloss die Augen. Malik würde eines Tages sein Tod sein und er war selbst schuld daran. „Zieh mal aus.“ Bakura zupfte an Marikus Shirt und dieser zog es eher schwerfällig aus. Bakura musste ihm dabei helfen, denn er hatte Schwierigkeiten seinen Arm zu heben. Er war erst ein paar Tage unterwegs und sein Körper schon ein Wrack. Bakura reinigte die Wunde und Mariku sog scharf Luft ein. Das Mittel brannte fast schlimmer als die Wunde selbst.
 

Schwarze Flecken begannen vor seinen Augen zu tanzen und Mariku nahm mehrere tiefe Atemzüge. Er würde ganz sicher nicht zulassen, dass er das Bewusstsein verlor. Er betrachtete die immer noch blutende Wunde. Maliks Eckzähne hatten tiefe Löcher in seinem Arm hinterlassen und auch der Rest seiner Zähne hatte mehr als nur die obere Hautschicht durchstochen. Er konnte froh sein, das Malik nicht auch noch ein Stück herausgebissen hatte, wie er es bei seiner Schulter getan hatte. Bakura wischte das Blut beiseite und besah sich die Wunde genauer. „Hätte er unten auch so lange Zähne, dann könntest du jetzt wohl durch die Löcher durchsehen.“ Mariku hustete und würgte. Allein die Vorstellung war ihm genug. „Wow, ganz ruhig, das war nur ein Scherz. Aber wenn ihr zwei so weiter macht, dann habe ich bald keine Verbände mehr.“ Er drückte eine Kompresse auf die Bisswunde. „Festhalten.“ Mariku tat wie angewiesen, während Bakura die Mullbinden öffnete. „Ihr solltet aber wirklich an eurer Beziehung arbeiten, sonst gibt das kein Happy End mit euch.“

Malik zischte wütend. „Pass auf was du sagst oder ich reiß dir die Zunge raus, Blutsauger.“

Bakura grinste nur. Er schien sich von Malik nicht bedroht zu fühlen, oder zumindest zeigte er es nicht. „Was sagst du dazu, Mariku?“

Mariku seufzte. „Es gibt keine Beziehung.“

„Noch nicht“, flötete Bakura und packte das Erste-Hilfe-Set wieder zusammen.

„Verschwinde!“, fauchte Malik ihn an.

Bakura zwinkerte Mariku zu, bevor er den Raum verließ.
 

Seufzend drehte sich Mariku zu Malik um, der ihm einen kurzen, abschätzigen Blick schenkte und ihm dann wieder den Rücken zuwandte. Er wusste nicht, was er jetzt mit Malik anfangen sollte. Ryou hatte ihm die Verantwortung übertragen. Was dachte er sich dabei? Als ob Malik auf ihn hören würde. Ihm kam es vor, als würde Ryou irgendetwas wissen, dass er keinem verriet. Hatte es mit dem Planeten zu tun? Er erinnerte sich daran, wie Maliks Körper sich plötzlich verspannt hatte. Mariku gähnte. Ihm kam es vor, als hätte er schon seit Tagen nicht mehr geschlafen. All die Aufregung hatte ihn ausgelaugt.

Inzwischen hatte er sich sogar mit dem Gedanken angefreundet, dass er Ptera nie rechtzeitig erreichen würde. Sie wussten immer noch nicht, wo sie waren, das Schiff war beschädigt und in ein paar Stunden würden sie erneut auf einem fremdem Planeten landen ohne zu wissen, was sie dort erwartete.
 

„Willst du dich vielleicht waschen?“ Malik setzte sich auf und sah an sich hinunter. Sein Arm war bis zur Schulter mit getrocknetem Blut bedeckt. Auch in seinem Gesicht klebte noch Blut. Er zuckte mit den Schultern, stand aber trotzdem auf. „Soll ich dir Kleidung von mir leihen?“

Malik schnaubte. „Ich brauch nichts von dir!“

Mariku hob abwehrend die Hände. „Schon gut. Ich dachte nur, du willst aus diesen Fetzen raus.“

Wieder sah Malik an sich hinunter. Seine Hose hatte ein großes Loch am rechten Knie und war an mehreren Stellen zerrissen. Er hatte die Ärmel seines Shirts selbst abgerissen um das Blut loszuwerden, als er die ersten Trodectans getötet hatte, die als Wachen positioniert gewesen waren. Seine Kleidung war mehr als nur ramponiert, trotzdem presste er stur die Lippen aufeinander. Mariku verdrehte die Augen und führte Malik in den kleinen Waschraum.

„Beeil dich aber.“ Mariku lehnte sich gegen die Tür, als sich diese hinter Malik schloss und rutschte auf den Boden. Er legte den Kopf zurück und schloss die Augen. Das waren die schlimmsten Tage seines Lebens.
 

Mariku fiel rückwärts in den Raum, als die Tür aufglitt. „Au.“ Er sah zu Malik hoch, der mit gehobenen Augenbrauen über ihm stand. Gähnend rappelte er sich auf. Er war froh, wenn er jetzt gleich in sein Bett kam. Er musterte Malik. „Ist doch gleich viel besser, nicht wahr?“

Malik äußerte sich nicht dazu, sondern schob sich an Mariku vorbei und ging zurück in dessen Zimmer. Mariku seufzte. Das würde niemals gut gehen.
 

Malik lag wieder auf dem Bett; das Gesicht zur Wand gedreht. Mariku setzte sich wieder auf den Stuhl und rieb sich über den frisch verbundenen Arm. Es würde sehr eng werden in diesem Bett und er war sich sicher, dass das Malik nicht gefallen würde.

„So“, fing er an und trommelte mit seinen Fingern auf seine Oberschenkel, „die Veri-Galaxie – lebt dort der Rest deines Volkes?“ Er lehnte sich im Stuhl zurück.

„Das geht dich nichts an“, murrte Malik ohne ihn anzusehen.

Mit einer Antwort hatte Mariku sowieso nicht gerechnet. „Wie lange warst du auf dieser zerfallenen Raumstation?“

„Halt’s Maul!“ Mariku verdrehte die Augen. Dann eben kein Small Talk. Er wechselte seinen Sitzplatz von Stuhl zu Bett, was dazu führte, das Malik sich umdrehte. „Was soll das werden?“

„Das ist immer noch mein Bett.“ Er würde sich von Malik sicher nichts sagen lassen. „Und ich bin müde. Ich wurde fast aufgefressen, durch einen Wald gehetzt und dann auch noch gebissen. Ich will schlafen und ich werde es in diesem Bett tun. Wenn dir das nicht passt, dann schlaf auf dem Boden!“ Malik fauchte und zeigte seine Zähne, doch Mariku war nicht beeindruckt. Er streckte sich auf dem Bett aus, was dazu führte das Malik sich klein machte und bis an die Wand rutschte. Trotzdem berührten sie sich fast, denn das Bett bot nicht genug Platz für zwei Personen.

Malik zischte und fauchte. Genervt packte Mariku ihn am Kragen und zog ihn zu sich. Schmerz schoss durch seine Arme und den Oberkörper, doch er verdrängte ihn. Maliks und sein Gesicht berührten sich fast. „Hör zu, du hast mir ein Stück aus der Schulter gebissen und meinen Arm durchlöchert und trotzdem verteidige ich dich immer noch, auch wenn du das nicht verdienst. Zeig gefälligst so viel Dankbarkeit und lass mich in Ruhe schlafen.“

Malik presste die Lippen aufeinander und Mariku ließ ihn wieder los. Der Schmerz und die Müdigkeit sorgten für schlechte Laune. Außerdem konnte er sich nicht einmal daran erinnern, wann er zuletzt etwas gegessen hatte. Er drehte sich auf die Seite, doch seine Schulter bestrafte ihn sogleich dafür. Er drehte sich wieder auf den Rücken, doch so konnte er nicht einschlafen. Seufzend drehte er sich auf den Bauch. Auch nicht unbedingt seine bevorzugte Schlafposition, aber er hatte nicht viel Auswahl.
 

Mariku drehte den Kopf und sah Malik an, der wiederum ihn beobachtete. „Warum hast du mich nicht vergiftet?“

Malik öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Er starrte Mariku an, auf der Suche nach einer Antwort. „Weil“, begann er, doch dann schüttelte er den Kopf. „Ich hatte meine Gründe.“ Er legte sich ebenfalls hin und achtete dabei genau darauf, dass so viel Abstand zwischen ihm und Mariku war, wie möglich.

„Sturkopf“, murmelte Mariku und schloss die Augen. Seine Glieder fühlten sich schwer wie Blei an und Schmerz pochte dumpf in seinem ganzen Körper. Selbst wenn er gewollt hätte, hätte er die Augen nicht mehr öffnen können.
 

Malik lauschte Marikus gleichmäßigen Atemzügen. Er spürte die Wärme, die von Marikus Körper ausging und weil sie höher war, als die Umgebungstemperatur, passte sich sein eigener Körper daran an. Menschen waren wirklich eine seltsame Spezies. Dumm, aber auch tapfer. Oder beruhte ihre Tapferkeit allein auf Dummheit? Trotzdem war Mariku ziemlich zäh. Er hatte sein Gift überlebt und er setzte sich trotz allem für ihn ein. Was ging im Kopf dieses schwächlichen Menschen nur vor? Wieso zeigte er nur so wenig Angst ihm gegenüber, obwohl er wusste, zu was er fähig war? Malik leckte sich über die Lippen. Es machte ihn unruhig, dass er Mariku nicht durchschauen konnte.

Malik setzte sich auf, griff nach der Decke und zog sie über sich und Mariku. Im Moment zumindest war Mariku der einzige Verbündete, den er hatte. Malik schloss die Augen. Was jedoch nicht bedeutete, dass er ihm vertraute. Er misstraute ihm genauso sehr wie dem Rest und würde ihn töten, sobald er einen Weg aus diesem Schlamassel sah.

Doch Malik war mehr beunruhigt über das, was bald auf ihn zukommen würde. Kälte. Kein Wunder, dass dieser verfluchte Cygni plötzlich so gut gelaunt war. Malik dachte an die Kälte und rutschte unbewusst näher an Marikus warmen Körper.
 

Mariku schreckte aus dem Schlaf. Er wollte sich hochstemmen, doch seine Arme belehrten ihn eines Besseren. Er sank auf die Matratze zurück und vergrub sein Gesicht im Kissen. Mariku bemerkte eine Bewegung neben sich und drehte den Kopf. Erst als er den Blick etwas senkte, konnte er Malik neben sich entdecken. Er lag an seiner Seite, sein Atem streifte Marikus Haut. Mariku hob überrascht die Augenbrauen. Er drehte sich leicht auf die Seite. Malik sah fast friedlich aus, wenn er schlief. Mariku streckte den Arm nach ihm, doch bevor er Malik berühren konnte, packte dieser ihn am Handgelenk und öffnete die Augen.

„Was soll das werden?“, fauchte er ihn an und stieß ihn mit so viel Schwung von sich, das Mariku vom Bett rollte. Mariku keuchte schmerzerfüllt auf, als er auf dem Boden aufschlug. Er blieb liegen, paralysiert vom Schmerz.

Malik zögerte, dann rutschte er an den Rand des Bettes und sah nach unten. „War das wirklich nötig?“, presste Mariku hervor.

„Fass mich nicht an!“

„Okay, okay.“ Mariku schaffte es einen Arm zu heben und ihn auf die Matratze zu legen. Er konzentriert sich und wollte sich hochstemmen, doch mit einem leisen Aufschrei sank er wieder auf den Boden zurück. „Ich will nach Hause“, murmelte er.
 

„Wie ist der Planet von dem du kommst?“ Die Frage kam so überraschend, dass Mariku Malik einfach nur sprachlos anstarrte. Malik entzog sich jedoch seinem Blick, indem er sich wieder hinlegte.

„Nun ja“, begann Mariku langsam und auf der Suche nach Worten. Wie beschrieb man die Erde am besten? „Abwechslungsreich. Es gibt alles möglich; Berge, Ozeane, Schnee und Eis, Wüsten und Wälder.“

„Woher kommst du?“

Es war besser, wenn er Maliks plötzliche Neugierde nicht hinterfragte. Es war immerhin besser, als wenn er ihn anfauchte. „Ägypten – es ist tagsüber sehr heiß, aber nachts wird es sehr kalt. Es gibt sehr viel Sand, aber nur wenig Wasser.“ Er wartete ab, ob Malik noch etwas sagte, doch er schwieg. Ob er ihn nach seiner Heimat fragen sollte? Mariku verwarf den Gedanken. Es war besser, wenn Malik von sich aus davon erzählte. „Willst du mich hier jetzt eigentlich liegen lassen?“

Maliks Gesicht tauchte wieder über ihm auf. Er schien nachzudenken, dann stieg er aus dem Bett und half Mariku hoch. Erleichtert ließ sich Mariku auf die Matratze sinken und schloss die Augen. „Beißen ist definitiv nichts auf das ich stehe.“ Er schlug die Augen wieder auf und sah Malik an. „Kannst du in Zukunft jemand anderen beißen?“

„Ich hab mich nur verteidigt“, rechtfertigte sich Malik.

„Beim ersten Mal hab ich dich nicht mal angegriffen.“

„Ich hatte Hunger.“ Malik zuckte mit den Schultern. Mariku konnte nicht anders als lachen, was zu seinem sehr verwirrten Ausdruck auf Maliks Gesicht führte. „Warum lachst du?“

„Weil die Situation einfach nur zum Lachen ist. Deine ganze Spezies besteht aus Massenmördern, du hättest mich fast umgebracht und hast diesen Plan auch sicher noch in der Hinterhand und trotzdem verteidige ich dich, teile mir ein Bett mit dir und unterhalte mich – die ganze Situation ist einfach nur absurd.“

Malik konnte sein Verhalten immer noch nicht nachvollziehen. „Menschen sind eine komische Rasse.“
 

Plötzlich ging eine Erschütterung durch das Schiff und Mariku hielt sich am Bettgestell fest. Das Schiff schien über die Oberfläche zu rutschen. Von draußen war ein seltsames Geräusch zu hören, das Mariku nicht zuordnen konnte. Schließlich kam das Schiff zum Stehen und die Motoren erstarben. „Sieht aus, als wären wir da.“ Mariku hievte sich wieder hoch und warf Malik einen kurzen Blick zu. „Du bleibst besser hier.“

Malik widersprach nicht. Er verzog nicht die kleinste Miene, sondern legte sich wieder hin und drehte Mariku den Rücken zu.
 

Mariku ging Richtung Cockpit, als ihm Ryou gähnend entgegenkam. „Was willst du?“ Sein Tonfall war alles andere als freundlich. Er und Ryou würden wohl niemals Freunde werden.

„Ich wollte fragen, wie es jetzt weitergeht und ob ich irgendwie helfen kann.“ Auch wenn sie keine Freunde werden würden, so wollte Mariku doch wenigstens versuchen ein paar Sympathiepunkte wieder gut zu machen.

„Wir brauchen jetzt erst mal Schlaf“, erklärte Ryou, „danach sehen wir uns um und versuchen die Bewohner dieses Planeten zu kontaktieren.“

„Weißt du denn, was hier lebt?“ Mariku hatte keine Lust noch weiteren Aliens zu begegnen, die ihn auffressen wollten.

„Eine Ahnung.“ Er zuckte mit den Schultern. „Und jetzt geh in deine Kabine zurück und hab ein Auge auf diesen Notechis-Abschaum. Wir machen später noch einen Spaziergang.“ Das Grinsen auf Ryous Gesicht gefiel Mariku kein bisschen. Es passte so gar nicht zu seinem sonst sanften Aussehen. Irgendetwas heckte er aus und Mariku war nicht scharf darauf herauszufinden, was es war. Bestimmt nichts Gutes.

Gerne hätte er einen Blick nach draußen geworfen, doch er wollte es nicht riskieren Ryou zu verärgern. Ihr Verhältnis war schon angespannt genug, deshalb drehte er wieder um und kehrte zu Malik zurück.
 

„Die anderen ruhen sich erst mal aus.“ Er ließ sich aufs Bett sinken. Malik hatte ihm immer noch den Rücken zugewandt. „Danach geht’s wohl nach draußen.“ Kam es ihm nur so vor, oder war Malik gerade zusammengezuckt? „Ich hoffe, wir kommen hier bald weg.“ Er legte sich neben Malik auf den Rücken, den Kopf hatte er leicht in seine Richtung gedreht. „Verrätst du mir, wo wir sind?

„Nein.“

„Ach komm schon, du willst doch sicher auch hier weg.“ Er streckte die Hand nach Malik aus, doch dieser wirbelte herum und pinnte Mariku auf die Matratze. Mariku verzog das Gesicht vor Schmerz. Nicht nur, das Malik einen sehr festen Griff hatte, auch seine Wunden hatten sich wieder zu Wort gemeldet.

„Ich hab gesagt, du sollst mich nicht anfassen“, zischte er ihn an. Seine Zunge schnellte unruhig vor.

„Momentan bist du es, der mich anfasst.“ Malik sah auf seine Hände, zog sie zurück und ließ sich wieder auf seinen vorherigen Platz sinken. Mariku rieb sich die Handgelenke. „Du bist ziemlich stark.“

Malik gab einen amüsierten Laut von sich. „Natürlich.“

„Willst du denn nicht hier weg?“

Malik ließ sich Zeit mit seiner Antwort. „Doch.“

„Aber?“

„Ich sterbe so oder so und der einzige Unterschied ist, solange ihr hier nicht rauskommt, sterbt ihr mit mir.“ Er hatte sich umgedreht und grinste Mariku an. Mariku wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Ihm fiel es zu leicht, Maliks wahre Natur zu vergessen und zu schwer, zu akzeptieren, was er getan hatte.

„Sind alle Notechis so?“

„Ja“, antwortete Malik ohne zu zögern.

„Wirklich alle?“ Er konnte es nicht glauben. „Habt ihr keinen eigenen Willen?“

Malik packte Mariku an der Kehle. „Wag es nicht, mein Volk zu beleidigen, du Abschaum!“ Er ließ Mariku wieder los und dieser schnappte gierig nach Luft. Er musste seine Worte besser wählen.

„Habt ihr“, er räusperte sich, „niemanden der rebelliert?“

Malik legte den Kopf leicht schief. „Doch.“ Wieder legte sich dieses Grinsen auf seine Lippen, dann fuhr er mit seinem Daumen an seiner Kehle entlang. „Schwächlinge werden aussortiert.“ Damit war das Thema für Malik scheinbar erledigt, denn er drehte sich wieder von Mariku weg. Mariku hakte nicht weiter nach. Er konnte sich nicht vorstellen, wie es sein musste, als Notechis aufzuwachsen. Er wollte es auch gar nicht.
 

Mariku setzte sich auf und zog die Decke hoch. Er wollte noch etwas schlafen, bevor sie sich in das nächste unfreiwillige Abenteuer stürzten. Er legte die Decke auch wieder über Malik und drehte sich auf den Bauch. Es fiel ihm jedoch schwer einzuschlafen. Zu viele Sachen gingen ihm durch den Kopf. Er merkte wie Malik sich bewegte und hielt still als dieser näher zu ihm rutschte.
 

Er wusste einfach nicht, wie er Malik einschätzen sollte. Er war ein Mörder, grausam, herablassend und trotzdem… Mariku gab einen frustrierten Laut von sich, was dazu führte das Malik hochschreckte und ihn anfauchte. „Sorry“, murmelte Mariku. Malik packte die Decke und drehte sich von ihm weg, sodass er ihm die Decke wegzog. Mariku packte die Decke nun seinerseits und zog daran, was zu einem stechenden Schmerz in seinem Arm führte. Er fluchte. „Du kannst eine ganz schöne Nervensäge sein, weißt du das eigentlich?“ Malik reagierte nicht. „Komm schon; wie alt bist du? Fünf?“

„Sei still!“
 

Und genau jetzt fiel es Mariku so unendlich schwer das Monster in Malik zu sehen. Er tat gerne unnahbar und gefährlich, aber war es das wirklich? Hatte er wirklich in diesem Krieg gekämpft oder war es nur eine Story, die er sich ausgedacht hatte, weil er die Krieger seines Volkes bewunderte? Die Königin der Spinnenfrauen hatte gesagt, sie würde Maliks Vater kennen, aber Malik schien sie nicht erkannt zu haben. Hatten sie sich nur nie getroffen oder hatte Malik sie wirklich angelogen?

Mariku seufzte. Er machte sich viel zu viele Gedanken. Er dachte an Mai, seine Schulfreundin, sie hatte ihn immer damit aufgezogen, dass er eine Schwäche für komplizierte Typen hatte. Wobei Malik definitiv die Skala sprengte. Es war nicht so, als ob er sich zum ihm hingezogen fühlte, es war nur… er konnte es nicht erklären.
 

„Malik, es ist kalt, bitte gib mir die Decke.“ Mit einem Zischen drückte Malik ihm die Decke gegen die Brust. „Danke.“ Er breitete sie wieder über sich selbst und Malik aus. Mariku rutschte weiter ins Bett und sorgte damit dafür, dass Malik von ihm wegrutschte, nur um von der Wand ausgebremst du werden. „Sorry, aber ich muss meinen Arm hier hochlegen. Du kannst mich ruhig als Kissen benutzen, wenn du willst. Nur nicht die Schulter.“

Malik sagte nichts. Er starrte ihn einfach nur an und Mariku versuchte seinen Gesichtsausdruck zu deuten. Es war nicht dunkel im Raum, sondern ein sanftes, blaues Leuchten spendete genug Licht, dass er genau sah, wie sich Maliks Gesicht in einer Mischung aus Überraschung, Ekel und… noch etwas, doch Mariku konnte es nicht bestimmen, verzog. „Schon gut, war nur ein Vorschlag, dann lieg eben unbequem.“

Malik zischte ihn an und Mariku zischte zurück. Für den Bruchteil einer Sekunde sah Malik so aus, als würde er jeden Moment loslachen. Stattdessen ließ er sich zurück auf die Matratze sinken, mit Abstand zwischen sich und Mariku. „Du bist seltsam.“

„Du bist kompliziert.“ Er konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Mariku gähnte und schloss die Augen. Er hoffte, das Ryou dieses Mal einen besseren Plan hatte, als einfach nur hirnlos durch unbekanntes Gebiet zu rennen.

Kapitel 6
 

„Hey! Aufstehen!“ Mariku murrte. Etwas drückte unangenehm gegen seine Seite und er öffnete nur widerwillig die Augen. Ryou stand über ihm und hatte einen Fuß in Marikus Seite gepresst. „Steht auf und kommt dann raus. Beide! Ihr habt fünf Minuten!“ Mit diesen Worten verließ Ryou den Raum wieder. Gähnend hievte Mariku sich hoch. Er fror, als die Decke nach unten rutschte, weshalb er sich über die Arme strich. Die Wunde an seinem Arm gab ein unangenehmes Ziehen von sich, von seiner Schulter dagegen merkte er gar nichts. Wenigstens etwas. Er schwang sich aus dem Bett und streckte sich.

„Aufwachen, Schlafmütze.“ Malik reagierte nicht, obwohl Mariku genau wusste, dass er bereits wach war. Er war wahrscheinlich schon aufgewacht, als Ryou hereingekommen war. „Komm schon, wir wollen Ryou nicht noch weiter anpissen. Am Ende setzt er uns noch im Schnee aus.“ Als er diese Worte aussprach, musste er an Ryous Grinsen denken und ihn beschlich ein ungutes Gefühl. Doch dann schüttelte er den Kopf. Ryou drohte zwar viel, aber das war auch alles. Er dachte an ein Sprichwort auf der Erde „Bellende Hunde beißen nicht“, das passte ziemlich gut zu Ryou. Er öffnete den Schrank und holte seine Tasche hervor. Er hoffte, er hatte überhaupt etwas für kaltes Wetter dabei.
 

Als er die Tasche öffnete, erschien ein Display vor ihm. Er tippte einen Code auf das Display, eine Begrüßung erschien auf dem Bildschirm, gefolgt von einem Auswahlmenü. Mit dem Finger wechselte Mariku zwischen den Menüpunkten, bis er fand was er suchte: Kleidung für kaltes Wetter. Ein Untermenü öffnete sich und er wählte Schnee aus. Ein Ladebalken erschien und Mariku wippte unruhig mit dem Fuß. Ein leiser Signalton war zu hören, als der Ladebalken 100% erreichte. Mariku öffnete den Verschluss unter dem Display mit einem Fingertippen. Seine Tasche war mit Pullovern, Socken, Handschuhen und Mützen gefüllt. Mindestens die Hälfte der Sachen war noch brandneu. Mariku schmunzelte. Seine Mutter hatte es wirklich gut mit ihm gemeint. Wenigstens hatte sie an alles gedacht. Der Gedanke an seine Mutter verpasste ihm einen kleinen Stich. Er vermisste sie und den Rest seiner Familie.

Er holte einen neuen Pullover heraus und warf ihn Malik, gefolgt von einer Hose, zu. „Die Sachen sind ganz neu.“

Malik schob sie mit missbilligendem Blick von sich. „Ich brauch das nicht!“

Mariku rollte mit den Augen. „Jetzt nimm schon. Sieh es einfach als…“, er suchte nach dem richtigen Wort, „Ehrdarbietung an.“ Malik sagte etwas in seiner zischenden Sprache und weigerte sich weiterhin sich umzuziehen. „Jammer aber nicht rum, wenn dich friert.“ Er wusste noch nicht mal, ob Kälte Malik überhaupt etwas anhaben konnte.
 

„Kommt ihr jetzt endlich?“, hallte Ryous Stimme durch den Flur. Mariku seufzte. Er zog sich einen Pullover über und ließ die Tür aufgleiten. Malik folgte ihm schweigend.

Ryou warf ihnen einen kurzen, angewiderten Blick zu, dann wandte er sich an den Rest seines Teams und Bakura. Honda war ebenfalls dabei. Es schien ihm wieder besser zu gehen, zumindest sah man ihm nicht mehr an, dass es ihm noch vor ein paar Stunden Dank den Trodectans mehr als nur schlecht gegangen war. „Anzu du bleibst auf alle Fälle hier. Du würdest da draußen keine fünf Sekunden überleben. Jou, ich will, dass du auch hier bleibst. Schaut nach, ob ihr irgendwelche Fehlerquellen im Inneren von Amane finden könnt.“ Er sah kurz zu Honda und ließ seinen Blick dann weiter zu Bakura wandern. „Kälte macht dir nicht so viel aus, oder?“

Bakura schüttelte den Kopf. „Nicht wirklich. Trotzdem hätt ich gern was Warmes zum Anziehen.“

„Keine Sorge.“ Er drehte sich zu Mariku und Malik um und sah sie lange an. „Ihr kommt mit.“

„Nein“, widersprach Malik zischend.

„Oh doch, ich lass dich nicht hier“, erwiderte Ryou kühl.

„Ich kann auf ihn aufpassen“, bot Mariku an. Er wollte nicht, dass die Situation eskalierte.

„Du?“ Ryou schien kurz davor in Gelächter auszubrechen. „Ein Fingerschnipsen von ihm und du tust doch alles was er sagt.“ Er sah Mariku abschätzig an. „Ich vertraue dir genauso wenig wie ihm.“ Mariku öffnete den Mund, doch er wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Er machte einen Ansatz um Ryou zu widersprechen, doch der ließ es gar nicht erst dazu kommen. „Ihr bekommt spezielle Kleidung, damit ihr mir da draußen nicht erfriert.“ Er grinste Malik an, was dazu führte, dass dieser seinen Körper anspannte.

„Ich geh nicht raus, Sklave.“

„Oh, doch.“

Malik schnaubte. „Was willst du tun, mich zwingen?“ Ein Grinsen legte sich auf Maliks Lippen und diesmal war es Ryou, der seinen Körper anspannte.

„Malik bitte…“ Der Rest von Marikus Satz ging in einem Schmerzensschrei unter, als Malik ihn an der verwundeten Schulter packte und zudrückte. Mariku sank auf die Knie. Er schaffte es nicht mal den rechten Arm zu heben um Malik wegzuschieben. Der Schmerz war höllisch.

„Pass auf, was du sagst, Abschaum“, fauchte Malik ihn an. Die Anwesenden beobachteten die Szene, doch niemand schritt ein.

„Du wirst dieses Schiff verlassen und entweder ist es mit uns und du kriegst ebenfalls die spezielle Kleidung oder Honda wird dich rauswerfen und du wirst elendig erfrieren, klar?“
 

Malik sah von Ryou zu Honda und verengte die Augen zu Schlitzen. Er stieß eine Reihe von Zischlauten aus, dann ließ er Mariku los und dieser sank keuchend nach vorne.

„Vielleicht solltest du dir trotzdem noch etwas Wärmeres anziehen, nur zur Sicherheit.“ Ryou genoss es sichtlich, dass er Malik teilweise in der Hand hatte.

Bebend drehte sich Malik um und stampfte zu Marikus Kabine zurück. Mariku setzte sich auf und stützte sich an der Wand ab, während er versuchte wieder auf die Beine zu kommen. Er konnte kaum einen Schritt vor den anderen setzen. Er hörte Ryou leise lachen und biss die Zähne zusammen.
 

„Was sollte das?“, fuhr er Malik an, als er in der Kabine war. Der Schmerz machte ihn wütend. Malik wirbelte herum und schlug mit seinen Krallen nach Mariku. Nur durch Glück schaffte es dieser rechtzeitig auszuweichen. Malik erwischte nur den Pullover und hinterließ vier lange Risse darin. Der Stoff um die Löcher verfärbte sich dunkel und Mariku zog scharf Luft ein. Es war Maliks Gift, das den Stoff tränkte. Mariku schluckte. Hätte er es nicht geschafft auszuweichen, dann wäre er jetzt tot.

Malik wandte sich wieder ab und stützte sich mit beiden Händen auf dem Tisch ab. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm, doch Mariku war zu wütend auf ihn, um sich darum zu kümmern. Nach der letzten Nacht hatte er gehofft, dass sich Malik etwas öffnen würde, doch er war wieder zurück bei seiner arroganten, überheblichen Art. Mariku zog den kaputten Pullover aus und warf ihn in die Ecke, dann packte er die Kleidung, die er zuvor Malik angeboten hatte und drückte sie ihm gegen die Brust. „Jetzt zieh das endlich an!“

Malik hielt die Klamotten fest, sah jedoch nicht auf. Sein Unterkiefer war angespannt. Mariku holte sich einen neuen Pullover aus seiner Tasche, sowie ein paar dicke Socken.
 

Die Tür glitt auf und Bakura trat ein. Er vermied es Mariku anzusehen. „Hier sind eure Anzüge.“

„Bakura…“

„Beeilt euch.“ Und damit war er auch schon wieder weg. Mariku starrte auf die geschlossene Tür. Großartig, war jetzt jeder gegen ihn? Er fuhr sich durch die Haare und ließ sich aufs Bett sinken. Wieso machte er nur alles falsch?

Malik bewegte sich und Mariku sah wieder auf. Er beobachtete ihn dabei, wie er sich sein Shirt auszog und zog überrascht die Augenbrauen nach oben, als er die Narben auf seinem Rücken sah. Sie hoben sich weiß von seiner dunklen Haut ab und zogen sich sogar über die Schuppen. „Woher hast du die Narben?“ Malik zog sich schnell den Pullover über den Kopf und verdeckte sie wieder. „Sind es Kampfnarben?“

Malik schlug die Ärmel etwas zurück. Der Pullover passte ihm zwar, doch die Ärmel waren etwas zu lang. „Ja“, antwortete er schließlich zögernd. Mariku wusste, dass er log. Seine Reaktion war deutlich genug gewesen. Außerdem hätte er Kampnarben sicher mit Stolz getragen. Woher hatte er die Narben wirklich? Mariku hatte sie nur kurz gesehen, doch sie waren lang gewesen und hatten sich über seinen ganzen Rücken erstreckt. Er sah zu seinem kaputten Pullover. Lange weiße Narben wie Kratzwunden. Er sah wieder zu Malik auf, der sich die Hosenbeine hochkrempelte. Misshandlung? Er würde keine Antwort kriegen, wenn er ihn fragte und er hatte es nicht verdient, dass er sich überhaupt Sorgen machte. Seine Schulter pochte.
 

Malik griff nach der speziellen Kleidung, die Bakura gebracht hatte. Sein Gesicht war eine stoische Maske.

Mariku stemmte sich wieder hoch und zog sich ebenfalls die andere Kleidung über. Sie war schwerer als gewöhnliche Klamotten und er begann sofort zu schwitzen. Er stieß hörbar Luft aus. „Ich fühl mich wie ein Yeti“, murmelte er. Zusammen mit Malik verließ er sein Zimmer. In der Hand hielt er eine Schutzbrille und eine schwarze Stoffmaske, die die Augen freiließ. Malik hatte die Maske schon auf und die Brille auf seiner Stirn.

Als sie die anderen erreichten, verstummte deren Gespräch und ihre Blicke richteten sich auf sie. „Gut, da wir jetzt vollständig sind, können wir ja aufbrechen.“ Ryou zog sich die Maske über den Kopf.

„Laufen wir wieder planlos durch die Gegend?“, fragte Mariku und zog sich ebenfalls die Maske über.

„Nein, wir haben einen Scan durchgeführt“ Ryou justierte seine Brille. „Einen halben Tagesmarsch von hier gibt es eine Ansammlung von Lebewesen.“

„Die uns fressen werden?“

Ryou schnaubte. „Nein.“ Er wandte sich von Mariku ab und öffnete die Tür des Raumschiffs. Mariku sah zu Malik, der stur geradeaus blickte. Honda war der einzige, der keine Schutzkleidung trug. Sein Körper glühte jedoch noch kräftiger, als Mariku es bisher gesehen hatte.
 

Trotz der speziellen Kleidung spürte Mariku wie die Kälte biss. Er legte die Arme um sich selbst und stapfte hinter den anderen her durch den hüfthohen Schnee. Honda machte ihnen einen Weg frei, doch der Schnee fiel so schnell, dass es kaum einen Nutzen hatte. Ein heftiger Wind zerrte an ihrer Kleidung und wirbelte den Schnee auf. Es war unmöglich weiter als ein paar Schritte zu sehen. Malik hielt sich nah bei Mariku, den Blick nach unten gerichtet.

Schweigend stapften sie durch den Schnee und Mariku rieb sich unaufhörlich über die Arme. Er war in einem sonnigen Land aufgewachsen, Schnee hatte er bisher immer nur von Bildern gekannt. Und es wäre ihm lieber, wenn sich das nie geändert hätte. Selbst durch die Brille bildeten sich kleine Eiskristalle auf seinen Wimpern. Es fühlte sich wie ein Eisklotz. Bakura, Honda und Ryou jedoch schien die Kälte eher nichts auszumachen. Malik dagegen schien am meisten zu leiden. Er ging leicht vornüber gebeugt, sein Atem war auf dem Brillenglas zu sehen. Seine Schritte hatten sich verlangsamt und er schien Probleme zu haben überhaupt weiter zu gehen.

„Bist du in Ordnung?“, fragte Mariku. Leichte Besorgnis schwang in seiner Stimme mit. Es fiel ihm schwer noch wütend auf Malik zu sein.

„Lass mich in Ruhe.“ Malik wollte ihn wegstoßen, doch er hatte keine Kraft dazu. Selbst seine Stimme klang, als würde ihn Sprechen anstrengen. Malik blieb kurz stehen, schüttelte den Kopf und ging dann weiter.

Mariku sah nach vorne. Noch konnte er Ryou und die anderen erkennen, doch sie würden sie aus den Augen verlieren, wenn Malik sich nicht beeilte. „Wartet!“, rief er ihnen hinterher und er musste zugeben, er war überrascht, dass sie wirklich stehen blieben. Zumindest konnten sie jetzt wieder zu ihnen aufholen. Trotzdem ging es Malik nicht besser. „Bitte“, Mariku wandte sich an Ryou, „lass ihn zurückgehen. Die Kälte tut ihm nicht gut.“

„Misch dich nicht ein, Made!“, fauchte Malik ihn an, doch taumelte schon im nächsten Augenblick. Reflexartig stützte er sich bei Mariku ab, zog die Hand aber schnell wieder zurück.

„Wir gehen weiter.“ Ryou drehte sich um, doch Mariku packte ihn an der Schulter.

„Er steht das nicht durch!“

Er konnte nur Ryous Augen sehen, doch es war ausreichend um zu erahnen, wie sein Gesichtsausdruck aussah. „Ich weiß.“ Das Grinsen war regelrecht in seiner Stimme zu hören.

„Du… weißt?“, wiederholte Mariku ungläubig und ließ die Hand sinken.

„Ich kann ihn vielleicht nicht selbst töten, aber ich kann zusehen, wie ihn die Kälte zugrunde richtet.“

„Das ist grausam!“

„Das ist Gerechtigkeit!
 

Malik brach zusammen. Er fiel zwischen Mariku und Ryou in den Schnee. „Malik!“ Mariku ließ sich auf die Knie fallen und drehte Malik auf den Rücken. Maliks Augen waren geschlossen und seine Atmung nur schwach.

„Lass ihn liegen und verrecken.“

Mariku richtete sich wieder auf. „Du bist nicht besser als er!“

Ryou verzog vor Wut das Gesicht, auch wenn Mariku nur die Augenpartie sehen konnte. „Was weißt du schon, du dummer Mensch?“ Er schrie Mariku an, seine Stimme wurde durch den Stoff gedämpft. „Du hast keine Ahnung, was ich durchgemacht habe!“

„Das stimmt, aber es gibt dir nicht das Recht über sein Leben oder seinen Tod zu entscheiden! Du hasst die Notechis so sehr und doch verhältst du dich genau wie sie!“

Ryou bebte. „Weißt du, wer sein Vater ist?“ Er deutete auf Malik. „Ishtar. Allein der Name reicht aus um mir Angst zu machen. Die Notechis waren grausam, ja, aber für General Ishtar musste man das Wort ganz neu definieren! Und ich werde es so sehr genießen seinen Sohn hier elendig verrecken zu sehen!“

Mariku schlug zu, bevor er weiter darüber nachgedacht hatte. Er stürzte sich auf Ryou und sie fielen gemeinsam in den Schnee. Mariku ließ seinen Frust an Ryou aus und hörte erst auf, auf ihn einzuschlagen, als Bakura ihn von Ryou herunterzog. Er wehrte sich nicht gegen Bakuras Griff.

„Beruhig dich, verdammt!“
 

Das Blut auf Ryous Federn gefror fast sofort. Seine Brille war verrutscht und das Glas hatte einen Sprung. „Du kannst gerne mit ihm zusammen verrecken!“, fauchte er Mariku an. Mariku hatte sich wieder neben Malik gekniet und versuchte ihn aufzuwecken. „Wir gehen weiter.“ Doch Bakura rührte sich ebenfalls nicht. „Du auch noch?“

Bakura seufzte. „Es ist nur…“ Er fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Haut. „Wir können Mariku nicht einfach hier lassen.“

„Er hat sich entschieden.“

„Aber… Mariku, was machst du da?“

Mariku hatte begonnen seine Jacke aufzuknöpfen. „Ich werde ihn warm halten, ganz einfach.“

„Bist du verrückt? Du wirst erfrieren!“

Ryou rollte mit den Augen. „Ich sagte doch, dass er ein dummer Mensch ist.“

Mariku bereute es sofort, als er die Jacke auszog, doch es gab kein Zurück. Er würde nicht zulassen, dass Malik erfror. Er zitterte heftig, als er Malik zusätzlich in seine Jacke wickelte und hochhob. Er presste ihn an sich und versuchte die Kälte zu ignorieren, die sich ihren Weg unter seine normale Kleidung suchte. Er fühlte sich, als hätte er nur ein dünnes Hemd an.

„Geh wenigstens neben Honda“, schlug Bakura vor.

„Nein“, widersprach Mariku und schüttelte den Kopf. Er klapperte mit den Zähnen.

„Sei doch kein Idiot. Du erfrierst!“

„Würde doch niemanden stören.“ Mariku wusste, dass sein Trotz unangebracht war, aber er wollte einfach nichts mehr mit Ryou und dessen Leuten zu tun haben.

„Aber wenn du stirbst, dann stirbt auch Malik und Ryou kriegt was er will.“ Diesmal zeigten Bakuras Worte Wirkung. Mariku schloss zu Honda auf, doch dieser verzog nur das Gesicht. Er sah zu Ryou, welcher erst mit den Schultern zuckte und dann nickte.
 

Die Kälte schien ihn regelrecht aufzufressen. Obwohl seine Beine, seine Hände und sein Kopf immer noch geschützt waren, hätte er genauso gut nackt sein können. Er zitterte am ganzen Leib und spürte, wie die Muskeln bei jedem Schritt zuckten. Er krallte sich regelrecht an den bewusstlosen Malik in seinen Armen. Von Hondas Wärme merkte er kaum etwas, doch sie war im Moment wohl das einzige, das verhinderte, dass er erfror. Seine Arme waren schwer von Maliks Gewicht, doch er dachte keine Sekunde daran ihn loszulassen und er würde auch keinesfalls um eine Pause bitten. Mariku biss die Zähne zusammen. Er würde nicht aufgeben. Er würde Malik und sich selbst lebendig aus dieser Sache raus bringen und Ryou nicht die Befriedigung geben, auf die er aus war.
 

Plötzlich bebte die Erde; oder es war vielmehr so, als würde sie sich bewegen. Mariku war nicht der einzige, der das Gleichgewicht verlor. Er erwartete eine weiche Landung, doch er schlug auf hartem Felsboden auf. Schmerz schoss durch seinen Körper. Instinktiv drückte er Malik an sich.

Der Boden türmte sich vor ihnen auf und… brüllte? Das Wesen hatte blauglühende Augen und ein Maul so groß, dass es sie alle mit einem Happs verschlucken konnte. So viel zum Thema niemand würde sie fressen.

Als Mariku versuchte sich aufzurappeln, rutschte er weg. Seine Schulter strafte ihn für die Anstrengung. Er fluchte. Das Monster sah aus, wie eine Schlange aus Eis und Stein. Ryou und Honda hatten Waffen gezogen und Ryou rief Befehle, doch das Wesen wirbelte den Schnee auf und versperrte die Sicht. Der Boden vibrierte regelrecht, als es sich durch den Schnee bewegte. Mariku blieb auf dem Boden sitzen und sah sich hektisch um. Von welcher Seite aus würde es angreifen?

„All die Aufregung kostet mich mindestens hundert Jahre meines Lebens“, fluchte Bakura.

„Halt’s Maul!“, fuhr Ryou ihn an. „Kannst du nicht einmal still sein?“

„Aber nur, weil du mich so nett darum bittest, Schätzchen.“
 

Ihr kleiner Streit wurde von einem ohrenbetäubenden Brüllen unterbrochen, als das Monster wieder aus dem Schnee auftauchte. Mariku schätze seine Größe auf mindestens fünf Meter. Zumindest den Teil, den er sehen konnte.

Würde er einmal auf einem fremdem Planeten landen können, ohne in Lebensgefahr zu geraten?

Plötzlich flog ein Haken auf das Monster zu und bohrte sich in dessen eisige Haut. Laute Stimmen waren zu hören. Sie brüllten und klangen für Mariku wie Affen. Sie schienen aus allen Richtungen zu kommen. Das Monster wand sich und versuchte den Haken abzuschütteln, doch immer mehr bohrten sich in seinen Körper.

Etwas lief an Mariku vorbei, doch es war zu schnell um etwas zu erkennen. Erst als sich ihre Retter –zumindest hoffte Mariku, dass sie das waren- am Körper des Eiswesens nach oben hangelten, konnte Mariku ein bisschen etwas erkennen. Und mehr als ein bisschen, war es auch nicht. Die Wesen waren grau-weiß und verschmolzen fast vollständig mit ihrer Umgebung, selbst auf dem Körper des Eismonsters waren sie kaum zu erkennen.

Das Wesen brüllte und versuchte seine Angreifer abzuschütteln. Es wankte gefährlich und Mariku hievte sich schwerfällig hoch. Er hatte Malik dafür kurz ablegen müssen, doch er hob ihn wieder hoch, kaum stand er auf den Beinen. Er kam zwar noch mal ins Taumeln und seine Schulter dankte ihm die Belastung mit Schmerz, doch er biss die Zähne zusammen.
 

Er war keine Sekunde zu früh aufgestanden, denn ein Felsbrocken krachte auf die Stelle, wo er eben noch gesessen hatte. Die Kreatur brüllte auf. Noch mehr Schnee wurde aufgebwirbelt und versperrte Mariku die Sicht.

Plötzlich wurde er von den Füßen gerissen. Er krachte gegen etwas oder jemanden und der Hitze nach zu urteilen, war es Honda. Mariku schrie auf und war zum ersten Mal froh über den Schnee um sie herum. Er linderte den Schmerz für einen Augenblick, nur um dann selbst zum Schmerz zu werden. Hondas Haut hatte ein Loch in Marikus Pullover gebrannt und die Kälte griff die nackte Haut unbarmherzig an. Mariku hatte Probleme überhaupt noch aufrecht zu stehen. Es war ein Riss in seiner Brille.

Die Erde bebte, als das Monster auf den Boden krachte und sich nicht mehr rührte. Als sich der Schnee wieder legte, versuchte Mariku sich zu orientieren. Er wusste, das Honda ganz in seiner Nähe war, doch wo waren Ryou und Bakura? Er sah sich um, doch er konnte die beiden nirgends entdecken.
 

„Bakura?“, rief er. „Ryou?“ Honda tauchte neben ihm auf und stimmte in das Rufen mit ein. „Bakura?! Ryou?!“

Ein Arm tauchte aus dem Schnee auf und Honda rannte darauf zu. Der Schnee schmolz und Bakura kam zum Vorschein. Er hatte seine Brille verloren und die Maske war zerrissen. Er hustete und spuckte Schnee aus. Er zog Ryou, den er an der Hand hielt, aus dem Schnee. Ryous Jacke war zerrissen und er hatte einige Schnitte davongetragen. Nichts sah nach einer ernsthaften Verletzung aus. Das Blut war bereits gefroren. „Den Kleinen hat’s umgehauen.“ Bakura wischte sich über den Mund. „Oh“, Bakura sah auf, „wir haben Besuch.“

Mariku folgte seinem Blick. Um sie herum, auf dem Schnee, standen Wesen, nicht größer als ein Menschenkind und mit grau-weißen Haaren, die sie wie ein Mantel einhüllten. Ihre Gesichter wirkten eingedrückt und sie hatten keine Nase, dafür einen breiten Mund und kleine blassblaue Augen.

Mariku konnte nicht fassen, dass so kleine Wesen diese Eisschlange zu Fall hatten bringen können.
 

„Gäste“, sagte eines der Wesen plötzlich mit einer Stimme, wie tief aus einer Höhle. Mariku rechnete schon fast mit einem Echo.

Honda trat vor. Da Ryou ohnmächtig war, hatte er jetzt das Kommando, doch Mariku ließ ihn nicht zu Wort kommen. „Wir brauchen Hilfe! Wir haben Verletzte und sie brauchen Wärme.“ Honda warf Mariku einen missbilligenden Blick zu, doch Mariku ignorierte es. Er hatte keine Zeit für Diplomatie. Er musste Malik in die Wärme schaffen oder er würde früher oder später sterben.

Der Sprecher der Schneealiens sah von Malik zu Ryou und nickte dann. „Wärme“, wiederholte er. „Mitkommen.“
 

Nivtas war der Name der kleinen, haarigen Aliens und ihr Dorf bestand, wie es zu erwarten war, aus Eis. Die Gebäude erinnerten Mariku an Iglus, doch sie hatten abstrakte Formen und wirkten befremdlich auf ihn. Er fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken daran, dass er eines der Häuser betreten musste. Die Nivtas hatten ihnen Wärme versprochen und das war alles, was für Mariku im Moment zählte.

Ryou war wieder aufgewacht, doch er konnte sich kaum auf den Beinen halten. Auch wenn er sich anfangs dagegen gesträubt hatte, ließ er zu, dass Bakura ihn stützte. Bakura hatte vorgeschlagen ihn weiter zu tragen, doch das hatte Ryou strikt abgelehnt.

„Wärme“, erklärte der Anführer der Nivtas-Gruppe und winkte Mariku zu sich. „Wärme“, wiederholte er und deutete auf die Eingangstür.

„Danke“, flüsterte Mariku mit klappernden Zähnen. Er musste sich ducken um durch die Tür zu kommen. Kaum war er im Inneren, war es, als würden sich Nadeln in seine Haut bohren. Trotzdem war es ein angenehmes Gefühl.
 

Mariku hatte erwartet, dass auch die Möbel aus Eis waren, doch das spärliche Mobiliar war aus dunklem, fast schwarzem Holz. Eine Treppe führte nach unten in die Erde, doch Mariku kümmerte sich nicht darum. Ihn interessierte viel mehr das blaue Feuer, das in der Mitte des Raumes brannte. Er legte Malik so nah wie möglich daneben und zog ihm die Brille und Maske vom Kopf. „Malik?“, fragte er, doch er erhielt keine Antwort. Er streckte die Hand aus und hoffte für einen Moment, dass Maliks Arm nach oben schoss und ihn packte, doch nichts passierte. Mariku versuchte seinen Puls zu fühlen, doch er fand keinen. Panisch tastete er an Maliks Hals entlang, dann beugte er sich nach unten und seufzte erleichtert, als er Maliks schwachen Atem auf seiner Wange spürte. Er ließ sich zurücksinken und rieb sich über die Arme. Sein Körper zitterte immer noch, aber zumindest fühlte er sich nicht mehr, als würde er jeden Moment zusammenbrechen.

Er strich Malik über die Wange. Seine Haut war eiskalt. Mariku gähnte. Er war erschöpft und die Wärme begann ihn schläfrig zu machen. Er rieb sich über die Augen und hielt seine Hände gegen die Flamme. Sein Körper begann wieder aufzutauen, doch der Schmerz in seinem Rücken ließ nicht nach. Er hatte das Pech wirklich gepachtet. Eine neue Verletzung auf seiner Liste. Wie lange würde es noch dauern, bis er irgendein Körperteil verlor?
 

Malik und er waren allein. Die Anderen sprachen mit den Nivtas, in der Hoffnung, dass diese ihnen helfen konnten das Schiff zu reparieren. Mariku seufzte. Er wollte, dass diese Reise endlich vorbei war. Er sah zu Malik. Er hätte sich so viel Ärger ersparen können, wenn er damals einfach die Klappe gehalten hätte. Er strich Malik wieder über die Wange. Zumindest fühlte sich seine Haut langsam wieder warm an. Was war es nur, dass ihn zu Malik hinzog? Er war nicht in ihn verliebt, zumindest fühlte er sich nicht so. Er hatte kein Kribbeln im Bauch und sein Herz schlug auch nicht schneller, wenn er ihn ansah. Er hatte kein Bedürfnis ihn zu küssen oder ähnliches und trotzdem kam er auch nicht von ihm los. Seufzend ließ sich Mariku wieder zurücksinken und schoss sofort wieder in die Höhe, als sein Rücken den Boden berührte. Er hatte die Wunden auf seinem Rücken schon wieder vergessen gehabt. „Verdammt“, murmelte er. „Warum ausgerechnet ich?“
 

„Weil du ein Idiot bist“, sagte plötzlich eine leise Stimme. „Ein dummer, dummer Idiot.“

„Malik! Du bist wach!“ Mariku rutschte neben ihn. „Wie fühlst du dich?“

„Ich lebe“, stellte Malik trocken fest.

„Ja.“

„Warum?“ Mariku wusste nicht, was er auf diese Frage antworten sollte. Malik sah ihn an. „Weil du den Helden gespielt hast.“

„Ich… nein… es ist nur…“, stammelte Mariku. Er räusperte sich. „Ich konnte dich nicht sterben lassen.“

„Wieso nicht? Es hätte dir viel Ärger erspart.“

„Was kümmert dich das?“ Er klang wütender als er war.

Malik schmunzelte und schloss die Augen. „Stimmt. Es kümmert mich nicht.“

„Was sollte übrigens der Scheiß im Schiff? Das tat verdammt weh!“

Malik öffnete die Augen wieder. „Das sollte es auch, Idiot.“
 

Schweigen kehrte zwischen den beiden Männern ein. Mit Malik zu reden hatte sowieso keinen Sinn. Vielleicht hätte er ihn wirklich nicht retten sollen. Er sah Malik an, der seinen Blick auf das blaue Feuer gerichtet hatte. War er wirklich ein Idiot? Oh ja, und was für einer.

Seufzend stand Mariku auf, Maliks Blick folgte ihm. Er trat an die Tür und wäre fast mit einem der Nivtas zusammengestoßen. Das kleine Wesen stieß einen hellen, überraschten Laut aus. „Oh, tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken.“

„Essen“, sagte der Nivtas und hielt Mariku ein Holzgefäß entgegen. „Essen“, wiederholte es, als Mariku keine Anstalten machte das Gefäß zu nehmen.

Erst jetzt reagierte Mariku. Das Holzgefäß war angenehm warm und er stellte es neben Malik. Malik setzte sich auf und beobachtete wie Mariku den Deckel abnahm und eine dampfende Suppe zum Vorschein kam. Zwei Holzlöffel steckten an der Seite.

Die Suppe schmeckte nach Erde, aber für Mariku war es ein wahres Festessen. Sie wärmte ihn von innen heraus und sämtliche Anspannung schien von ihm abzufallen. Wenn jetzt auch noch die Schmerzen verschwinden würden, dann würde er sich wirklich glücklich schätzen. Aber die Schmerzen blieben und erinnerten ihn hartnäckig daran, was für ein Idiot er doch war.
 

Malik ließ den Löffel in die Suppe fallen und zog Marikus Mantel höher. Mariku verdrehte die Augen und fischte den Löffel aus der Suppe. Er befestigte ihn wieder am Rand des Topfes.

Kaum hatte er aufgegessen, tauchten wieder zwei Nivtas auf. Gemeinsam trugen sie einen Pelz, wie Mariku vermutete. Die Farbe war grellblau und passte so gar nicht in die tristen Farben, die dieser Planet sonst zu bieten hatte.

„Für Freund“, sagte einer der Nivtas und deutete auf Malik. „Warm.“

„Ähm, vielen Dank“, murmelte Mariku und nahm ihnen den Pelz ab. Sie nickten synchron, dann schnappte sich einer den leeren Topf und sie trugen ihn hinaus. Er hielt Malik den Pelz hin.

Malik rümpfte die Nase, dann schob er Marikus Jacke von sich und wickelte sich stattdessen in den Pelz. Sein Gesichtsausdruck änderte sich und wurde etwas sanfter. Scheinbar hielt ihn der Pelz wirklich besser warm, als die Jacken, die Ryou ihnen gegeben hatte.
 

Bakura betrat das Haus, blieb jedoch an der Tür stehen. „Die Nivtas helfen uns. Wir gehen zurück. Ihr kommt besser, oder Ryou lässt euch hier.“

Mariku griff nach seiner Jacke und zog sie an. Er zog scharf Luft ein, als der Stoff seine Wunden auf dem Rücken berührte. Malik ging an ihm vorbei. Er hatte die Mütze wieder auf und trug seine Brille und würdigte Mariku keines Blickes.

Nur ungern trat Mariku wieder in die Kälte. Die Wärme verschwand sofort und es war, als wäre sie nie dagewesen. Eine Gruppe Nivtas stand neben Ryou. Eine Art Schlitten stand hinter ihnen und ein großes Tier, eine Mischung aus Bär und Pinguin, wie Mariku fand, war davor gespannt. Sein Fell war grellblau und Mariku wusste nicht, ob er es bedrohlich oder lustig finden sollte. Die kleinen Flossenfüße passten überhaupt zu dem breiten Leib des „Tieres“. Das hinderte es aber nicht daran, sich fortzubewegen. Es watschelte durch den Schnee und hinterließ eine breite Furche.
 

Malik ging es auf dem Rückweg besser. Er atmete zwar schwer, doch der Pelz schien die Kälte ausreichend von ihm fernzuhalten, damit er zumindest bei Bewusstsein blieb. Mariku ging trotzdem neben ihm, für den Fall, dass er wieder zusammenbrach.

Ryou ging weiter vorne und unterhielt sich mit einem der Nivtas. Mariku glaubte das zumindest. Er sah zwar, wie sich Ryous Lippen bewegten, doch er hörte keinen Laut.

Bakura ließ sich plötzlich zurückfallen und ging mit verschränkten Armen neben Mariku. Er hatte die Augen zusammengekniffen und sah auch sonst eher grimmig aus.

„Alles okay?“, wollte Mariku wissen.

Bakura grummelte etwas in seine Maske. Sie war auf der rechten Seite zerrissen und nur notdürftig mit ein paar Fäden geflickt worden. „Von ihrem Gelaber krieg ich Kopfschmerzen.“

„Wessen?“

„Ryous!“

Mariku sah zu Ryou, der immer noch die Lippen bewegte. „Ich hör nichts.“

Wieder grummelte Bakura. „Sei froh. Es ist furchtbar grell.“

Mariku hob verwundert die Augenbrauen. Die Stimmen der Nivtas waren ihm so tief vorgekommen, wie konnte es jetzt sein, dass sie sich auf einer Frequenz unterhielten, die zu hoch für Marikus Ohren war? Er schüttelte den Kopf. Aliens – er würde sie nie verstehen. Er warf einen kurzen Blick zu Malik, der in dem Pelz fast ertrank, weil er so groß war. Mariku seufzte.
 

Zurück beim Schiff schickte Ryou sie ins Innere und Mariku kam der Aufforderung nur zu gerne nach. Er zog sich Brille und Maske vom Kopf und legte sie auf den Tisch. Die Jacke ließ er einfach auf den Boden fallen. Er öffnete die Schranktür und drehte dem Spiegel an der Innenseite der Tür den Rücken zu. Über die Schulter hinweg betrachtete Mariku seinen Rücken und wünschte sich schon im nächsten Augenblick es nicht getan zu haben. Die Haut war aufgeplatzt und das Fleisch darunter schimmerte feucht.

Mariku versuchte seinen Pullover auszuziehen, doch gab bei dem Versuch nur einen wimmernden Laut von sich. Mit einem Fluch auf den Lippen ließ er sich auf die Matratze sinken, auf der Malik saß und immer noch in den blauen Pelz gewickelt war. Mariku atmete tief durch. Seine Hände zitterten.
 

Die Matratze bewegte sich, doch Mariku machte sich nicht die Mühe sich zu Malik umzudrehen. „Halt still“, murmelte Malik und das Nächste, was Mariku hörte, war ein Reißen. Er hätte ja gerne einen zweideutigen Kommentar dazu abgegeben, dass Malik schon wieder einen seiner Pullover zerriss, aber er war zu erschöpft.

Die Fetzen fielen auf den Boden und Malik rutschte wieder an die Wand zurück und verschwand unter dem Pelz.

Nur einen Augenblick später kam Bakura in den Raum; den Erste-Hilfe-Kasten unter dem Arm. „Du hast echt ein Talent dafür, dich fast umzubringen, was?“

„Irgendwas muss ich ja können“, erwiderte Mariku seufzend und setzte sich auf den Stuhl am Tisch, seinen Rücken Bakura zugewandt.

„Oh, das sieht böse aus.“ Bakura stellte die Box auf den Tisch und nahm eine Spraydose heraus. „Das wird brennen.“

Mariku schrie auf. Wäre er nicht schon gesessen, wäre er wohl in die Knie gegangen. Sein Rücken stand in Flammen und er wischte sich über die Augen.

„Es überrascht mich, dass du hier bist.“

Bakura seufzte. „Ich hab nichts gegen dich und eigentlich kann ich dich auch ganz gut leiden, aber deine Prioritäten kann ich wirklich nicht nachvollziehen.“ Sie sahen beide zu Malik. „Sobald wir wieder auf Kurs sind, wird er vor Gericht stehen und dass es auf eine Hinrichtung hinausläuft, kann ich dir jetzt schon sagen. Du kannst ihn nicht immer retten.“

„Ich will ihn nicht retten“, widersprach Mariku. „Ich bin nur der Meinung, dass bei seiner Vergangenheit mehr Leute ein Anrecht darauf haben ihn sterben zu sehen, als nur Ryou allein.“

„Das ist… unerwartet grausam…“ Mariku antwortete nichts. Er hatte nicht vor Maliks Verhalten in irgendeiner Weise in Schutz zu nehmen. Erst recht nicht seine Vergangenheit. „Wirst du dabei sein?“

Mariku schüttelte den Kopf. Sein Blick war immer noch auf den blauen Pelz gerichtet. Er würde nicht zusehen, wie sie Malik verurteilten. Am Ende würde er nur wieder seine Klappe nicht halten können.
 

„Hier.“ Bakura hielt Mariku ein kleines Gummiteil vor sein Gesicht.

Mariku nahm es ihm verwirrt ab. „Was soll ich damit?“

„Fest draufbeißen. Das wird jetzt gleich wehtun und du würdest dir wünschen, du wärst tot.“ Mariku sah über die Schulter zu Bakura hoch, der ihn angrinste. Mit einem flauen Gefühl im Magen schob sich Mariku das Gummistück in den Mund.

Sein Schrei wurde gedämpft. Er krallte sich im Stoff seiner Hose fest. Der Schmerz jagte ihm die Tränen in die Augen. Mit einer Pinzette zog Bakura den eingebrannten Stoff aus seiner Wunde und der Schmerz war mit nichts zu vergleichen, was Mariku bisher erlebt hatte. Hätte man ihm gesagt, dass Bakura die Haut von seinem Rücken schälte, Mariku hätte es sofort geglaubt. Seine Zähne gruben sich tief in den Gummi und Tränen tropften auf seine zitternden Hände.

„Versuch nicht ohnmächtig zu werden.“

Mariku konnte nichts antworteten. Er atmete schwer und der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Er schluchzte unterdrückt. Inzwischen krallte er sich an die Tischkante. Seine Fingerknöchel standen weiß hervor.
 

„Ich denke, das war alles.“ Doch Mariku hörte Bakuras Worte nicht. Mit der Stirn sank er auf die Tischplatte und mit weit aufgerissenen Augen starrte er nach unten auf den Boden. „Außerdem sind das jetzt die letzten Bandagen, also bitte keine Verletzungen mehr.“ Bakura stellte einen Metallbehälter vor Mariku. „Trink das. Es hilft gegen die Schmerzen.“

Mit zittrigen Händen griff Mariku danach. Der Deckel fiel ihm aus der Hand und er schüttete den Behälter fast aus. Gierig trank er den Inhalt und kümmerte sich nicht darum, dass ein Teil über sein Kinn nach unten tropfte.

„Ruh dich aus.“

Mariku nickte schwach.
 

Er blieb noch einige Minuten sitzen, nachdem Bakura gegangen war, dann stand er auf, nur um gleich wieder auf den Stuhl zurückzusinken. Er legte den Kopf zurück.

Mariku atmete tief durch und wagte noch einen Versuch. Er wankte und stützte sich auf den Tisch ab. Er war froh, dass das Bett nicht so weit entfernt war. Er legte sich auf den Bauch und kümmerte sich nicht darum, wie viel Platz er brauchte. Die Schmerzen hatten ihn ausgelaugt und er wollte nur noch seine Ruhe.

Malik rührte sich. Mariku hatte gedacht, er wäre eingeschlafen, weil er sich nicht zu seinen Aussagen geäußert hatte, als er mit Bakura über ihn gesprochen hatte, doch scheinbar hatte er sich geirrt.

Malik kam aus seinem Pelzkokon, zumindest sein Kopf. Er hatte zwar die Brille abgenommen, trug aber immer noch die Maske. „Ist dir immer noch kalt?“ Malik schüttelte den Kopf. Er war überraschend wortkarg, wenn sie alleine waren. Malik zog sich die Maske vom Kopf und warf sie auf den Boden. Seinen Bewegungen nach zu schließen entledigte er sich auch seiner Jacke und der Hose unter dem Pelz.

Mariku schloss seine Augen. Er konnte sie einfach nicht mehr länger offen halten. „Ich hoffe, der nächste Planet ist weniger kalt“, murmelte er.

„Nein“, antwortete Malik. „Wir fliegen nach Abulu; es ist sehr heiß dort. Die Nivtas haben nicht die Mittel, das Schiff zu reparieren, doch sie sorgen immerhin dafür, dass wir hier wegkommen.“ Er machte eine kurze Pause. „In Abulu werden sie euch sagen, wo ihr seid.“

„Ihr mit eurem Supergehör.“ Mariku seufzte. Plötzlich legte sich etwas Warmes über ihn und er öffnete verwundert die Augen. Malik hatte seinen Pelz über sie beide ausgebreitet. Mariku brachte ein kleines Lächeln zustande.
 

Bald würden sie endlich aus dieser Galaxie verschwinden und er wieder nach Hause reisen. Er sah Malik an, der sich neben ihm zusammengerollt hatte. Und Malik würde hingerichtet werden und sein Zuhause nie wieder sehen…

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 8
 

Mariku drückte Bakura gegen die Wand, als dieser am nächsten Tag das Frühstück brachte.

„Ich sollte dich so verprügeln, dass du nicht mehr aufrecht stehen kannst“, fuhr er ihn an.

„Aber du hast keine Schmerzen mehr“, erwiderte Bakura und versuchte mit einem Lächeln Mariku zu beruhigen.

Es stimmte. Mariku fühlte sich wie neu geboren. Die Wunden an sich waren nicht verschwunden, doch der Schmerz schon. Er konnte sich wieder uneingeschränkt bewegen.

Trotzdem ließ er Bakura nicht los. „Ich sollte dich trotzdem verprügeln.“

„Ach komm schon, Mariku. Wir sind doch Freunde.“

Mariku ließ ihn los. „Wie lange wirkt das Mittel?“

„Ein paar Stunden.“ Bakura strich sich sein Shirt glatt. „Also genieß es, solange du noch kannst.“ Er sah über Marikus Schulter zu Malik. „Ihr hattet wohl eine wilde Nacht.“ Er grinste leicht und deutete auf das zerfetzte Kissen.

„Nicht so wild wie deine“, erwiderte Mariku kühl.

Bakuras Grinsen wurde breiter. „Ihr habt uns gehört?“ Mariku nickte und Bakura beugte sich vor, bevor er flüsternd weitersprach: „Neidisch? Ich bin sicher, du und Malik...“ Doch Mariku unterbrach ihn damit, dass er ihn wieder gegen die Wand drückte.

„Halt’s Maul oder ich brech dir jeden Knochen im Leib.“

Bakura hob überrascht die Augenbrauen. Marikus Aggression wirkte unnatürlich und es entging Bakura nicht, dass Marikus rechtes Augenlid zuckte. Etwas stimmte nicht und Bakura vermutete, dass es an seiner Mixtur lag. Es wäre auch zu schön gewesen, wenn alles ohne Nebenwirkungen von Statten gegangen wäre.

„Beruhig dich, bitte.“ Er sprach leise um Mariku nicht noch wütender zu machen.

„Du sagst mir nicht, was ich zu tun habe!“ Mariku legte mehr Kraft in seinen Griff, was dazu führte, dass Bakura mit dem Hinterkopf gegen die Wand schlug. Marikus Arm zitterte und sein Atem hatte sich merklich beschleunigt.
 

Plötzlich ließ er Bakura los und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Er atmete einige Male tief durch. Das Zittern ließ etwas nach. „Was ist los?“ Marikus Stimme klang rau und angespannt. Er hielt sich selbst davon ab Bakura anzuschreien. Ihm war ungewöhnlich heiß und in ihm brodelte eine Wut, wie schon lange nicht mehr.

„Eine Nebenwirkung vermutlich.“ Bakura stand schon an der Tür. Er war bereit abzuhauen, sollte Mariku noch mal auf ihn losgehen wollen.

„Nebenwirkung?“, fauchte Mariku. Er ballte die Hände zu Fäusten und Bakura trat einen Schritt zurück. Die Tür glitt auf.

„Es geht vorbei, keine Sorge.“ Er hob die Hände. „Ganz bestimmt.“

„Verschwinde!“

Bakura kam der Aufforderung nur zu gerne nach.

Mariku stützte sich auf dem Tisch ab. Er hatte die Augen geschlossen und nahm einige tiefe Atemzüge in der Hoffnung die Wut würde nachlassen. Doch die Wut blieb, genauso wie das Zittern.

Er sah den Teller an, den Bakura gebracht hatte. Endlich wieder etwas zu essen, doch zuvor musste er noch etwas anderes erledigen. Er drehte sich zu Malik um, der ihn interessiert beobachtete. „Ich geh jetzt duschen. Du bewegst dich keinen Millimeter aus diesem Zimmer und wenn ich zurückkomme und das Essen ist weg, dann Gnade dir an wen auch immer du glaubst, aber ich werd’s nicht tun.“ Marikus Tonfall war schärfer als beabsichtigt, aber er konnte seine Gefühle momentan nicht kontrollieren.

Malik verzog das Gesicht. Er hasste es, wenn man ihm Befehle gab. „Denkst du, ich hab Angst vor dir?“

Mariku musste all seine Willenskraft aufbringen, um sich davon abzuhalten auf Malik loszugehen. „Provozier mich jetzt nicht, Malik.“ Er wartete keine Erwiderung ab.
 

Wieso passierte ihm nur dieser ganze Scheiß? fragte sich Mariku, als er sich im Spiegel betrachtete. Er fasste sich an sein rechtes Auge. Das Zucken ging ihm auf die Nerven. Aufhören tat es nicht.

Mariku begann stattdessen seine Verbände zu lösen. Er musste vorsichtig sein, um nicht versehentlich die Wunden wieder aufzureißen, besonders jetzt, wo es ihm so schwer fiel sich zu beherrschen und er kaum Geduld aufbringen konnte die Verbände abzumachen.

Er betrachtete seine Verletzungen: die Bisswunde am Arm war noch das geringste Übel. Es hatte sich Schorf gebildet und Mariku war sich sicher, es würde bald verheilt sein. Selbst seine Schulter sah inzwischen besser aus. Die Wunde hatte sich schon teilweise geschlossen und das Gewebe hatte zu vernarben begonnen.

Es war sein Rücken, der ihm jetzt Sorgen machte. Die Verbrennung war rötlich-weiß, doch sie warf zumindest keine Blasen. Vorsichtig berührte Mariku die Wunde und zog die Hand gleich wieder zurück. Es tat nicht weh, aber es fühlte sich widerlich an.
 

Mariku zog sich aus und stieg unter die Dusche. Das eiskalte Wasser kühlte nicht nur seinen Körper, sondern auch sein Gemüt etwas ab. Es war angenehm, als das Wasser über seinen Rücken floss, doch Mariku achtete darauf, dass der Wasserstrahl die Verbrennung nicht direkt traf.
 

Mariku wagte es nicht sich ein Oberteil anzuziehen, deshalb schlüpfte er nur in eine frische Hose und raffte die Verbände zusammen. Er erinnerte sich daran, dass Bakura gesagt hatte, dass das die letzten waren und Mariku war sich nicht sicher, was das für ihn bedeutete. Man sollte meinen mit all der neuartigen Technologie, die stetig entwickelt wurde, dass so etwas Altmodisches wie Bandagen längst überflüssig waren. Manchmal waren es jedoch die einfachen Dinge, die sich als das Effizienteste erwiesen.
 

Als er in sein Zimmer zurückkam, stand der Frühstücksteller unberührt da. „Du hättest ruhig was essen können.“ Mariku setzte sich auf die Bettkante und zog sich Socken an. Er fühlte sich ruhiger und das Zucken war weg.

„Ich bin nicht hungrig.“

Mit einem Schlag brodelte die Wut wieder in Mariku. Er knirschte mit den Zähnen. Dieser verfluchte Sturkopf! Mariku stand auf, nahm den Teller und platzierte ihn mit so viel Kraft zwischen Malik und sich auf der Matratze, dass ein Teil der Teigbällchen über das Bett rollte.

„Iss!“, fauchte er Malik an.

Malik verengte die Augen zu Schlitzen. „Nein.“

Mariku griff nach einem der Teigbällchen und stürzte sich auf Malik. Er drückte ihn auf die Matratze und das Bällchen gegen seine Lippen. „Du isst jetzt, verdammt noch mal.“

„Fass mich nicht an!“ Malik stieß Mariku mit aller Kraft von sich, sodass Mariku auf dem Rücken landete.

Für einen Moment sah Mariku Sternchen. Er spürte zwar keinen Schmerz, doch er blieb trotzdem auf dem Boden liegen. Er biss sich auf die Unterlippe. Er musste seine Wut wirklich zügeln, bevor er sich noch mehr Ärger einhandelte. „Kannst du nicht einfach machen, was ich sage?“, sagte er, während er an die Decke starrte. „Du weißt, dass ich mich grad nicht kontrollieren kann.“ Mariku spürte ein dumpfes Pochen von seinem Rücken ausgehen und stemmte sich hoch.
 

Kauend sah Malik ihn an und Mariku schüttelte seufzend den Kopf. „Warum nicht gleich so?“, murmelte er und betrachtete seinen Rücken im Spiegel. Wenigstens schien der Sturz nichts verschlimmert zu haben.

Mariku setzte sich wieder zu Malik ans Bett und nahm sich ebenfalls eins der Teigbällchen. Er wusste nicht, mit was sie gefüllt waren, doch es schmeckte süßlich und sehr lecker.

Es entging ihm nicht, dass Malik ihn beobachtete, doch Mariku versuchte sich so gut wie möglich auf das Essen zu konzentrieren. Er spürte jedoch wie die Wut sich in ihm anstaute und er kurz davor war Malik anzuschreien. Konnte Malik endlich aufhören ihn anzustarren? Es war schon so schwer genug für ihn sich zusammen zu reißen. Er brauchte ein Ventil für die Aggressionen, bevor er am Ende noch auf den Falschen losging.
 

Doch Malik wandte den Blick nicht ab und Mariku konnte sich nicht mehr zurückhalten.

„Was gaffst du mich so an?“, fauchte er.

Malik schob sich das letzte Teigbällchen in den Mund und kaute genüsslich, während Mariku die Hände zu Fäusten ballte und mit den Zähnen knirschte. Seine Nägel krallten sich in seine Handflächen und er schlug auf die Matratze.

„Es ist interessant“, sagte Malik schließlich mit einem leichten Schmunzeln. Er leckte sich über die Finger.

„Was soll daran interessant sein?“ Er öffnete seine Fäuste. Seine Handflächen bluteten etwas.

„Diese Wut.“ Das Schmunzeln verwandelte sich in ein Grinsen und das Grinsen heizte Marikus Zorn noch weiter an.

„Du kannst sie gerne haben, wenn du so scharf drauf bist“, fuhr er Malik an und um zu verhindern, dass er in seine Richtung schlug, packte er den Teller und warf ihn Richtung Tür. Die Tür glitt auf und der Teller knallte im Gang an die Wand. Er ging nicht kaputt.

Malik lachte und Mariku ging auf ihn los. Er drückte Malik auf die Matratze und wollte auf ihn einschlagen, doch Malik fing seine Faust ab und stieß ihn von sich. Doch diesmal ließ sich Mariku davon nicht abhalten. Er stürzte sich wieder auf Malik, doch dieser war ihm erneut deutlich überlegen. Malik packte Marikus Kinn und ließ ihn seine Krallen spüren.

„Vorsichtig“, flüsterte Malik und leckte sich über die Lippen. Er hatte Spaß daran Marikus unkontrollierte Wut immer weiter anzufachen. Es fühlte sich gut an Mariku gegen sich selbst kämpfen zu sehen. Malik hatte es satt sich zu benehmen. Er wollte jeden einzelnen an Bord dieses Schiffes leiden sehen. Sie würden für die Demütigungen, die er erlitt, bezahlen. Am Ende würden sie alle um ihr Leben winseln.
 

Plötzlich war Marikus Hand an seiner Kehle und Malik riss überrascht die Augen auf. Anstatt Mariku jedoch anzufauchen, gab Malik nur einen wimmernden Laut von sich.

Die Tür glitt auf und ein Scheppern war zu hören. Mariku drehte den Kopf und verengte die Augen, als er Anzu sah. Mit großen Augen und geöffnetem Mund starrte sie sie an. Vor ihren Füßen lagen der Teller und irgendein Stoffbündel. Er ließ Malik los. Sofort rutschte Malik von ihm weg und fasste sich an den Hals. Seine Lippen hatte er fest aufeinander gepresst.

„Was willst du?“

„Ich, ich...“ Sie stotterte. Bakura hatte sie schon gewarnt, dass Mariku leicht reizbar war, doch sie hatte nicht erwartet, ihn mit einer Hand an Maliks Kehle vorzufinden. Auch der Ausdruck auf seinem Gesicht jagte ihr einen kalten Schauer über den Rücken.

„Ich, ich“, äffte Mariku sie nach. Er konnte sich nicht mehr zurückhalten. Malik hatte ihn auf 180 gebracht. Mariku stand auf und trat auf Anzu zu, die einen Schritt zurückging. Sie bückte sich und raffte den Stoff zusammen.

„Ich hab ein paar Bandagen gewaschen.“ Sie legte alles auf den Tisch und ließ Mariku dabei nicht aus den Augen. Sie setzte ein Lächeln auf. „Kann ich noch was für dich tun?“

Mariku packte sie am Arm und zog sie nah zu sich. Ihre Haut fühlte sich wie Gelee an. Anzu gab einen hohen, überraschten Laut von sich. Sie stemmte sich gegen Marikus Griff, doch war zu schwach.

„Du könntest aufhören mich anzustarren.“ Ein bedrohlicher Unterton schwang in Marikus Stimme mit. „Momentan starrt mich jeder an, das nervt!“ Sein Griff festigte sich.

„Mariku, du tust mir weh.“

„Ach, tu ich das?“ Mariku machte keine Anstalten sie loszulassen. Er hatte die Kontrolle über sich verloren. Er genoss die Angst in Anzus Blick mehr als er sollte. Mariku leckte sich über die Lippen. „Obwohl, da gäbe es schon etwas, dass du für mich tun könntest.“ Ein Grinsen, das Maliks alle Ehre machte, legte sich auf Marikus Lippen. Sein Zeigefinger schob sich in Anzus Ausschnitt und zog am Stoff.

Anzu schrie und Mariku bekam eine Ladung heißes Wasser ins Gesicht. Mariku keuchte schmerzerfüllt und drückte sich die Hände ins Gesicht. „Verdammte Schlampe“, brüllte er.
 

Schritte waren auf dem Gang zu hören und schon im nächsten Augenblick stand Ryou an der Tür.

„Was ist passiert?“ Ryou sah von Mariku, der immer noch die Hände im Gesicht hatte und dessen Brust nass war, zu Anzu, die Mariku mit großen Augen und verschrecktem Gesichtsausdruck ansah. „Was ist passiert?“, wiederholte Ryou seine Frage.

„Misch dich nicht ein, Kröte.“

Ryou wusste nicht, was eine Kröte war, doch Mariku sagte es mit demselben abfälligen Tonfall wie wenn Malik ihn als „Sklaven“ betitelte. Er knirschte mit den Zähnen. „Was hast du gesagt?“

„Geh mir nicht auf den Sack.“

„Mariku, ich warne dich, treib’s nicht zu weit.“

„Oder was? Willst du mich umbringen?“ Mariku lachte. „Komm schon, ich zittere.“ Ryou stürzte sich auf Mariku und Anzu schrie noch mal.
 

„Hört auf!“ Bakura war gekommen und zerrte Ryou von Mariku herunter. „Seid ihr total irre?“

Mariku wischte sich mit dem Handrücken das Blut von der Wange. Er hatte eine lange Kratzwunde an der Wange, wo Ryou in mit einer seiner Krallen erwischt hatte. „Sieh an, dein Stecher kommt um dich zu retten.“

Bakura hielt Ryou an der Schulter fest. „Es reicht, Mariku.“

Mariku machte eine ausladende Geste. „Wenn ich mich richtig erinnere, dann ist das hier alles deine verdammte Schuld.“ Bakura schwieg und Mariku trat näher. Er packte Bakura am Kinn. „Nicht wahr? Du wolltest doch dein kleines Mittelchen an mir ausprobieren.“ Seine Stimme war gegen Ende immer leiser geworden und er war mit seinem Gesicht Bakuras immer näher gekommen. Ihre Lippen berührten sich fast. „Also, leb jetzt auch mit den Konsequenzen.“ Bakura presste die Lippen aufeinander und mied Marikus Blick. Mariku trat zurück. Blut lief ihm über die Wange und über seinen Hals. „Und jetzt verpisst euch. Ich bin’s echt leid euch zu sehen.“
 

Draußen schlug Ryou gegen die Wand.

„Er ist nicht er selbst. Es ist meine Schuld.“

Ryou drehte sich zu Bakura um. „Und wie es deine Schuld ist“, fuhr er ihn an. „Er ist noch unerträglicher als zuvor schon, aber er passt jetzt gut zu diesem Abschaum.“

„Reg dich nicht auf“, sagte Anzu.

Ryou sah sie an. „Ist mit dir alles in Ordnung?“ Seine Stimme war sanfter geworden.

Anzu fasste sich an die Brust und zog ihr Shirt etwas höher. Sie lächelte gezwungen. „Ja, es geht schon. Bakura hat recht. Er weiß nicht, was er tut.“

„Das ist keine Entschuldigung sich zu benehmen wie ein Arschloch.“ Ryou betrat das Cockpit. „Wie sieht’s aus?“

„Wir sind bald auf Abulu. Ich hab’s schon auf dem Schirm“, antwortete Jonouchi.

Ryou ließ sich auf seinen Stuhl sinken. „Gut, ich kann’s kaum erwarten hier zu verschwinden.“ Er sah zu Bakura, der mit Anzu noch an der Tür stand und sich mit ihr unterhielt. Er dachte an den Sex und leckte sich unbewusst über die Lippen. Er hätte nichts gegen mehr davon.

Schnell wandte Ryou den Blick ab. Er konnte es sich nicht leisten, sich zu Bakura hingezogen zu fühlen. Ryou seufzte und sah wieder zu Bakura. Ihre Blicke trafen sich und Bakura schenkte ihm ein Lächeln. Erneut wandte Ryou den Blick ab und weigerte sich aufzusehen, bis Bakura das Cockpit verlassen hatte.
 

Mit den gewaschenen Bandagen wischte sich Mariku das Blut weg und drückte sie anschließend gegen die Kratzer. Er schloss die Augen und atmete tief durch. Was hatte er nur getan? Er sank auf die Matratze und strich sich durch die Haare. Gerade kamen wirklich seine schlimmsten Seiten zum Vorschein. Wie sollte er Anzu je wieder unter die Augen treten? Doch die Wut nagte an ihm und redete ihm ein, dass Anzu doch selbst schuld war. Sie hatte doch gefragt, ob sie noch etwas für ihn tun konnte. Mariku biss sich auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf.

„Wer hätte gedacht, dass Menschen so bösartig sein können.“ Mariku sah auf. Malik fuhr mit dem Daumen über die Spitzen seiner Krallen.

„Wir haben tausende Jahre damit verbracht uns gegenseitig abzuschlachten. Das hier ist nichts“, antwortete Mariku und ließ die Bandagen sinken.

Malik hob interessiert die Augenbrauen. Er hatte die Menschen nie für ein kriegerisches Volk gehalten. Sein Wissen war begrenzt und er hatte sie sich immer wie die Cygni vorgestellt: schwach und leicht zu kontrollieren.

Mariku verhielt sich momentan jedoch mehr wie ein Notechis. Malik hatte gemerkt, wie viel Spaß er dabei gehabt hatte die Seire zu verängstigen und den Cygni zu provozieren.

Malik fasste sich an den Hals. Er hatte nicht vergessen, wie Mariku ihn gepackt hatte. Unruhig leckte sich Malik über die Lippen. Und er hatte nichts gegen ihn machen können. Malik schloss die Augen.
 

Als Bakura eintrat, sahen sie beide auf. „Was willst du?“, schnauzte Mariku ihn an. Hatte Bakura denn immer noch nicht kapiert, dass er keine Kontrolle über sich hatte?

„Ich wollte mir deine Wunden anschauen.“

„Verschwinde!“

„Mariku.“

„Verschwinde!“, wiederholte Mariku und betonte dabei jede Silbe. Bakura hob abwehrend die Hände und ließ Mariku und Malik allein.
 

„Du hättest auf ihn hören sollen“, sagte Malik, als Bakura den Raum verlassen hatte.

„Was denn? Gehörst du jetzt zu den guten Jungs?“

„Mach dich nicht lächerlich.“ Malik grinste Mariku an. „Aber seit wann tust du’s nicht mehr?“

Mariku warf ihm einen genervten Seitenblick zu. „Halt’s Maul!“ Er kaute auf seiner Unterlippe, bis sie aufplatzte und er Blut schmeckte. Schließlich stand er auf.
 

Bakura sah auf, als Mariku eintrat. Er sagte nichts, sondern wartete ab, was Mariku zu sagen hatte. Selbst aus der Entfernung konnte er riechen wie schnell Marikus Blut durch seinen Körper zirkulierte. Mariku war angespannt und gestresst. Die Aggressionen waren eine Belastung für seinen Körper und wenn die Nebenwirkung nicht bald nachließ würde das Marikus Gesundheit nur noch mehr gefährden.

Er hörte Mariku tief durchatmen. „Es... tut mir leid.“ Seine Stimme zitterte. Er sah Bakura an und hob etwas hilflos die Hände. „Bandagen?“

„Klar.“ Bakura folgte Mariku zurück in dessen Zimmer und betrachtete seinen Rücken. „Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht.“ Mariku zuckte nicht mal zusammen, als Bakura ihn mit dem Desinfektionsmittel besprühte. Er spürte ein Ziehen, doch das Brennen blieb aus. „Deine Schulter verheilt auch gut. Hast du irgendwelche Schmerzen?“ Mariku schüttelte den Kopf. „Wenigstens etwas.“ Er bandagierte Marikus Oberkörper und die Schulter ein. „Das sollte wieder für ein paar Tage reichen.“

„Und wie lang hält diese scheiß Nebenwirkung noch an?“

„Ich hoffe, nicht mehr zu lange.“ Mariku schnaubte und Bakura trat von ihm weg. Er konnte nicht mal mit Sicherheit sagen, ob die Nebenwirkung auch wirklich eine Nebenwirkung war. Er könnte mit seinem Mittel auch genauso gut Marikus System geschadet haben und dann konnte es gefährlich für Mariku werden. Bakura konnte nicht sagen, wie lange sein Körper der Belastung standhalten würde, auch wenn sich Mariku bisher als recht zäh bewiesen hatte. Unruhig strich Bakura mit seiner Zunge an der Rückseite seiner Zähne entlang. Er hoffte, er würde Mariku nicht auf dem Gewissen haben.
 

„Ihr bewegt euch nicht vom Schiff weg, haben wir uns verstanden?“

„Ich bin ja nicht taub“, erwiderte Mariku gereizt und strich mit den Füßen unruhig über den Boden. Es kostete ihn all seine Selbstbeherrschung nicht wieder auf Ryou loszugehen. Es war schon schwer genug gewesen, die letzten Stunden keinen Streit mit Malik anzufangen. Inzwischen fühlte er sich in dem kleinen Zimmer wie eingesperrt und das schlug ihm ebenfalls aufs Gemüt.
 

„Ist mit dir alles in Ordnung?“, fragte Ryou Anzu und sah sie mit besorgtem Blick an. Anzu war seit der Auseinandersetzung mit Mariku sehr ruhig geworden.

Sie lächelte schwach. „Es ist alles in Ordnung. Mach dir keine Sorgen um mich.“

„Ich lass dich nur ungern mit ihnen allein.“

„Honda ist doch da.“ Sie hakte sich bei Honda, der neben ihr stand, ein. „Er wird mich beschützen.“ Honda lächelte nicht, dazu war seine Spezies nicht fähig, doch das Leuchten in seinen Augen wurde etwas heller.

Ryou richtete seinen Blick auf Honda. „Wenn sie Ärger machen, dann erschieß sie.“

„Jawohl.“ Honda fasste sich an die Waffe an seiner Hüfte. Es war die Waffe, die eigentlich in der Armlehne von Ryous Stuhl war. Die einzige scharfe Waffe, die sie hatten.

Ryou wickelte ein Tuch um seinen Kopf, das die untere Hälfte seines Gesichts bedeckte, dann setzte er sich eine Kapuze auf. Er drehte sich zu Jonouchi um. „Bist du bereit?“

„Und wie!“

Ryou verdrehte kurz die Augen. „Versuch einfach mich nicht zu nerven, okay?“ Er wandte sich noch einmal an Honda. „Ich hoffe, wir sind nicht länger als zwei Tage weg.“

„Was sind deine Anweisungen, wenn ihr länger weg seid?“

„Nimm Mariku und den Notechis und kommt nach.“ Mit seiner Hand fuhr er unter das Tuch und strich sich über den Nacken. „Wir können nicht riskieren, sie allein zu lassen. Außerdem, ich geb’s nicht gern zu, aber der Notechis könnte nützlich sein, wenn es Ärger gibt.“ Er atmete tief durch. „Komm Jou, wir gehen.“
 

Mariku ging im Zimmer auf und ab und ging damit Malik auf die Nerven. Malik stand auf und ging an Mariku vorbei.

„Wo willst du hin?“

„Nach draußen.“ Die Tür öffnete sich für Malik. „Würde dir auch nicht schaden.“ Die Tür glitt wieder zu und Mariku knirschte mit den Zähnen. Er hatte keine andere Wahl als Malik zu folgen, immerhin sollte er ein Auge auf ihn haben. Er wusste jedoch immer noch nicht, wie heiß 600° Knar waren. Er lief Malik hinterher. Er würde es gleich herausfinden.
 

600° Knar waren ungefähr 40° Celsius. Mariku schirmte seine Augen vor der Sonne ab, oder sollte er besser sagen, vor den drei Sonnen? Sie waren außerhalb der Stadtmauer gelandet. Die Luft flimmerte und sie waren von Sand umgeben. Mariku fühlte sich fast wie zuhause. Der Gedanke an zuhause beruhigte ihn etwas.

„Was wollt ihr?“ Honda stand draußen vor dem Eingang.

„Ich lauf nur ihm hinter.“ Er deutete auf Malik, der sich den Sonnen zugewandt und die Augen geschlossen hatte.

„Geht nicht zu weit weg.“

„Jaja“, murrte Mariku und sprang in den Sand. Er spürte die Hitze durch die Sohle seiner Schuhe. Turnschuhe waren nicht das passende Schuhwerk für die Wüste. Es tat trotzdem gut endlich aus dem Raumschiff rauszukommen und mal nicht um sein Leben fürchten zu müssen. Mariku stellte sich neben Malik. „Was soll das werden?“

Maliks Zunge schnellte vor und er gab ein leises Zischen von sich. „Nach was sieht’s denn aus?“

„Kannst du mir nicht mal eine vernünftige Antwort geben?“, murrte Mariku.

Malik wandte sich ihm schmunzelnd zu. Es war ein ungewöhnlicher Anblick und brachte Mariku dazu zu grinsen.

„Ich werd schon keinen Ärger machen.“

Mariku hob die Augenbrauen. „Es fällt mir schwer das zu glauben.“

Malik zuckte mit den Schultern. „Musst ja nicht.“ Er wandte sich dem Raumschiff zu und unter den wachsamen Blicken von Mariku und Honda ging er näher darauf zu. Malik sah an der Leiter nach oben, die an der Außenwand befestigt war. Er sprang hoch und bekam die erste Sprosse zu fassen. Ohne Schwierigkeiten zog er sich hoch.

„Hey! Komm sofort runter da!“, rief Honda ihm hinterher, doch Malik kletterte weiter nach oben ohne auf ihn zu reagieren. „Hey!“

„Lass ihn doch.“ Mariku kratzte sich am Hinterkopf und sah Malik ebenfalls hinterher. Er war auf dem Dach des Schiffes verschwunden. „Solange er da oben ist, macht er wenigstens keinen Ärger.“
 

Malik streckte sich auf dem Metall aus und schloss die Augen. Er genoss es nach so langer Zeit wieder die Sonne und ihre Wärme zu spüren. Er wusste nicht, wie lange er auf dieser Raumstation gewesen war. Irgendwann hatte er jegliches Zeitgefühl verloren. Es könnten Monate oder Jahre gewesen sein. Er hatte die Wärme vermisst.

Malik drehte sich auf den Bauch. Wärme war etwas, das sein Volk liebte. Sie brauchten sie nicht zwingend um zu überleben, doch sie konnten ihr nicht widerstehen. Malik wusste genau, was die Hitze mit ihm machen würde; er kannte die Nebenwirkung, wenn sich sein Körper aufheizte, aber selbst, wenn er gewollt hätte, hätte er nicht widerstehen können. Er hatte solange darauf verzichtet, dass er in der Dunkelheit und Kühle der Raumstation fast wahnsinnig geworden wäre. Er ging das Risiko ein.
 

Mariku saß auf den Stufen, die ins Raumschiff führten und ließ Sand durch seine Finger rieseln. Jede Stunde drehte er ein paar Runden um das Schiff um die aufgestaute Energie loszuwerden und überraschenderweise funktionierte es. Mariku fühlte sich viel ruhiger. Trotzdem mochte er die Warterei nicht. Ryou und Jonouchi waren schon seit Stunden weg. Mariku gähnte.

Honda stand neben ihm und warf immer wieder einen Blick nach oben. Sie konnten Malik auf dem Dach liegen sehen.

„Also“, Mariku ballte seine Hand zu einer Faust und öffnete sie wieder, „wie lange bist du schon mit Ryou unterwegs?“

Honda sah kurz auf Mariku hinunter. „60 Jahre.“

„Erdenjahre?“

„Wenn ein Erdenjahr 432 Tage umfasst, dann ja.“

Mariku drehte die Augen nach oben und machte ein nachdenkliches Gesicht. Er stand kurz davor Honda zu fragen, wie lange ein Tag für ihn war, entschied sich dann aber dagegen. Es würde nur verwirrend werden, deshalb ging er der Einfachheit halber von Erdenjahren aus.

„Und habt ihr euch davor schon gekannt?“

„Nein, ich habe ihn durch Jou kennen gelernt. Er hat sich als Pilot bei Ryou gemeldet und mich sozusagen mitgeschleppt.“

Mariku sah Honda kurz an, dann hoch zu Malik. Er konnte nur seinen Arm sehen. „Warst du damals auch in dem Krieg?“ Honda gab ihm keine Antwort und Mariku konnte sich selbst zusammenreimen, dass das „Ja“ bedeutete.
 

Seufzend stand er auf und ging die Stufen zum Schiff hoch.

„Wo gehst du hin?“

Mariku sah über die Schulter. „Bist du mein Babysitter?“

„Ja.“

„Ich geh nur rein, okay? Die Hitze macht mich schläfrig.“ Das war gelogen. Er fühlte sich nicht müde, aber er wollte sein beruhigtes Gemüt dafür nutzen sich bei Anzu zu entschuldigen. Er konnte ja nicht sagen, wann ihn wieder jemand aufregen würde und er hoffte, es würde nicht Anzu sein.

Mariku trat vor ihre Tür und war überrascht, dass sie nicht aufglitt. Er klopfte.

„Ja?“

„Hier ist Mariku.“

Es dauerte eine Weile bis Anzu wieder etwas sagte: „Was willst du?“

„Ich wollte mich entschuldigen.“ Die Tür glitt auf. „Ich wusste nicht, dass man die Türen abschließen kann.“ Er sah zu Anzu, die am Tisch saß. Eine Hand auf einem Kontrollpanel. Mariku blieb an der Tür stehen. Es war besser, wenn er Abstand zwischen ihnen hielt. „Mein vorheriges Benehmen tut mir wirklich leid. Ich wollte dir nicht wehtun und dir auch keine Angst einjagen.“ Es war ihm unangenehm, das er Anzu so schamlos angebaggert hatte. „Ich war nicht ich selbst, aber das soll mein Verhalten nicht entschuldigen.“ Er trat unruhig von einem Fuß auf den anderen, während er auf eine Reaktion von Anzu wartete.

Anzu seufzte. „Entschuldigung zur Kenntnis genommen. Trotzdem wär’s mir lieber, wenn du dich erst mal von mir fernhältst.“

„Ah, ja, ja klar, mach ich.“ Er hob die Hand, als Zeichen des Abschieds und wandte sich ab. Und noch jemand bei dem er unten durch war. Er machte das wirklich gut. Seufzend strich sich Mariku durch die Haare. Es hätte aber auch schlimmer ausgehen können. Zumindest hatte er sich entschuldigt.
 

Mariku ging nach draußen und setzte sich wieder neben Honda auf die Stufen. Er ignorierte dessen fragenden Blick. Mariku sah nach oben, doch konnte Malik nicht sehen. „Wo ist Malik?“

„Rein.“ Er unterstrich die Antwort mit einem Nicken des Kopfes in Richtung Schiffseingang.

Für einen Moment dachte Mariku darüber nach Malik zu folgen, doch er wollte nicht schon wieder aufstehen. Er streckte die Beine von sich und lehnte sich zurück. Mit den Ellenbogen stützte er sich auf einer höheren Stufe ab.

„Also, wie lange ist Anzu schon dabei?“

Honda zuckte mit den Schultern. „Länger als Jou und ich. Ich hab nie gefragt.“

„Und erlebt ihr öfter so ne Scheiße wie das hier?“

„Das ist das erste Mal“, antwortete Honda. „Wir hatten ausfallendes Getriebe, verlorene Fracht, Sonnenstürme, Piraten...“

„Piraten?“ Mariku sah ihn überrascht und auch interessiert an.

„Natürlich, diese Bastarde tauchen immer dann auf, wenn man sie am wenigsten braucht.“ Hondas Zähneknirschen klang wie wenn jemand über Kies ging.

Sie unterhielten sich eine Weile über die Weltraumpiraten, bis Mariku aufstand und sich streckte. Er sah hoch zu den Sonnen, die sich zwar über den Himmel bewegt hatten, doch das Licht hatte sich nicht verändert. „Wird es hier eigentlich auch mal dunkel?“

„Alle paar Jahre mal wahrscheinlich.“

„Denkst du, sie kommen bald zurück?“ Honda zuckte mit den Schultern. „Naja, ich schau mal, was Malik so treibt.“
 

Malik lag auf dem Bett, das Gesicht zur Wand gedreht. Ihm war heiß und sein Atem ging schnell. Er zuckte kurz zusammen als Mariku eintrat, drehte sich jedoch nicht zu ihm um. Nein, er musste gehen. Mariku musste wieder gehen. Trotzdem brachte er kein Wort heraus um Mariku wieder wegzuschicken.

„Malik, ist alles in Ordnung?“

„Lass mich in Ruhe.“ Maliks Stimme war heiser und seine Atmung abgehakt.

Mariku hob überrascht die Augenbrauen. Was war denn jetzt schon wieder? Malik hatte sich zusammengerollt und die Arme um sich selbst gelegt. „Hast du einen Sonnenstich?“ Malik zischte nur als Antwort. Mariku setzte sich zu ihm aufs Bett. „Fühlst du dich nicht gut?“ Wider besseres Wissen berührte er Malik an der Schulter. Diesmal griff Malik ihn nicht an, sondern rollte von der Seite auf seinen Rücken. Maliks Pupillen waren geweitet und sein Gesicht gerötet. Seine Zunge zuckte immer wieder unruhig aus seinem Mund hervor. Sein Brustkorb hob und senkte sich so schnell, dass Malik keuchte. „Was ist los?“

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 10
 

Ryou schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. „Ich lass mich sicher nicht über den Tisch ziehen, du schleimiger Halsabschneider!“

Der Gavli hob abwehrend die Hände. „Das ist der Preis.“ Er lächelte und zeigte seine gelben Zähne. Es war auch ein Gavli gewesen, der Ryou auf Jupiter ein Ersatzteil für sein Schiff verkauft hatte. Ryou konnte sie nicht leiden und trauten ihnen kein bisschen. Gavli waren raffgierige, kleine Wesen, die nur auf Profit aus waren. Leider waren die Gavli technisch auch höchst begabt und einfach die Besten, wenn es um Schiffsreparaturen und Ähnliches ging. Die horrenden Preise, die sie verlangten, rechtfertige das jedoch keineswegs.

„Ich geb dir gleich einen Preis, von dem wirst du dich nicht mehr erholen“, drohte Ryou, doch der Gavli zeigte sich unbeeindruckt.

„Ihr könnt ja versuchen jemand anderen zu finden, der eurer Schiff reparieren kann“, er zeigte wieder seine gelben Zähne, „aber die Leute hier kennen sich nur mit Flitzern aus.“

Ryou knirschte mit den Zähnen und wollte den Gavli packen, doch Jonouchi hielt ihn auf. „Lass es gut sein. Wir finden schon jemanden.“

Ryou verengte die Augen zu Schlitzen. „Diese Sache ist noch nicht vorbei.“

„Es wird mir eine Freude sein Geschäfte mit euch zu machen.“ Der Gavli grinste sie an und Ryou wandte sich fauchend ab und stapfte nach draußen. Er schlug seine Kapuze über den Kopf, bevor er aus dem Schatten des Hauses trat.
 

„Was ist los mit dir?“, fragte Jonouchi und zog seinen Gesichtsschutz höher. Sein Fell juckte und er hatte das Gefühl, der Sand war überall auf seinem Körper.

„Was soll sein?“, fuhr Ryou ihn an.

„Du bist ziemlich gereizt.“

„Wie soll ich in so einer Situation nicht gereizt sein?“

Jonouchi zuckte mit den Schultern. „Ich meine nicht nur jetzt.“

Ryou wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzen, dann sah er die Besorgnis in Jonouchis Blick und schwieg. Ryou senkte den Blick. Jonouchis Worte machten ihn nachdenklich und auch Marikus Worte kamen ihm wieder in den Sinn.
 

<i>„Du bist nicht besser als er!“</i>
 

Entsprach es der Wahrheit? Er sah wieder zu Jonouchi. Es war ungewöhnlich für ihn, dass er so etwas wie Sorge zeigte. Jonouchi war grundsätzlich immer eine fröhliche Person, chaotisch und schusselig, aber Ryou hatte ihn noch nie wirklich besorgt erlebt, selbst in ernsten Situationen hatte er immer einen Spruch auf den Lippen gehabt.

Dass er sich jetzt also um Ryou und dessen Verhalten sorgte, gab diesem wirklich zu denken. Es war lange her, seit sich jemand um Ryou gekümmert hatte. Seit dem Krieg hatte er mit niemandem mehr seine Gefühle geteilt. War er kalt geworden? Wahrscheinlich. Nach dem Krieg hatte er sich geschworen, sich nicht mehr unterkriegen zu lassen und stark zu sein. Hatte er es übertrieben? Wann war er eigentlich zuletzt wirklich glücklich gewesen? Ryou schüttelte leicht den Kopf. Er hatte jetzt keine Zeit um über so etwas nachzudenken. Sie mussten jemanden finden, der Amane reparieren konnte. Er wollte endlich von hier verschwinden.
 

„Zumindest wissen wir jetzt endlich wo wir sind und wie wir hier wegkommen.“ Jonouchi verschränkte die Arme hinter dem Kopf.

„Rucs-Galaxie“, murmelte Ryou und zog die Stirn kraus. Sie waren weit außerhalb der sicheren Sektoren der Sternenallianz. Hätte das Universum ein Ende, sie wären im Moment nahe dran. Wie sie hierhergekommen waren, war Ryou immer noch ein Rätsel. Etwas hatte sie aus der Bahn geschleudert.

„Da ist ne Werkstatt.“ Jonouchi riss Ryou aus seinen Gedanken.
 

Doch sie hatten kein Glück. Die Aliens dort waren der Handelssprache nicht mächtig, was die Kommunikation unmöglich machte. Noch nicht einmal wilde Gestik brachte sie weiter. Nach der Qualität der Werkstadt jedoch, bezweifelte Ryou sowieso, dass sie ihnen hätten weiterhelfen können.

Grummelnd trat Ryou wieder auf die Straße.

„Was machen wir jetzt?“

„Wir gehen zurück.“

„Und dann?“

„Dann“, Ryou sah Jonouchi an, „soll sich der Notechis nützlich machen.“
 

Am liebsten hätte Mariku seinen Kopf gegen die Wand geschlagen. Es waren nicht die Schmerzen, die ihn beschäftigten, sondern vielmehr das Jucken. Am liebsten hätte er seinen Rücken gegen irgendeine Kante gerieben. Die Wunde an seinem Arm hatte er sich schon aufgekratzt. Glücklicherweise hatte es nur wenig geblutet.

Mariku ließ die Schultern kreisen. Seine Haut war gespannt, aber die Schmerzen nur gering. Er versuchte in Bewegung zu bleiben und sich abzulenken, doch Malik war auch kein guter Gesprächspartner. Er hatte schlechte Laune, weil er sich zwang aus der Sonne zu bleiben. Mariku hatte versucht mit ihm zu reden, doch er hatte nur wütendes Starren und Zischen als Antwort bekommen. Über den Sex sprachen sie erst recht nicht.

Mariku leckte sich über die Lippen und trommelte mit den Fingern auf den Tisch. Er war rastlos und vermisste die Schmerzfreiheit.

„Hör auf“, murrte Malik, der von Marikus Getrommel genervt war. Er strich sich über die Handflächen. Die Kratzer waren zum Großteil schon wieder verheilt.

„Geh lieber in die Sonne!“

„Hättest du wohl gern.“

Mariku hörte mit dem Trommeln auf und grinste. „Ehrlich gesagt schon.“

Malik zischte und wandte den Kopf zur Seite. Mariku lachte leise.

Statt mit den Fingern klopfte er jetzt mit dem Fuß auf den Boden. Er konnte kaum an etwas anderes denken als an Bakuras Heilmittel. Er brauchte es.

„Ach, scheiß drauf“, murmelte Mariku.

Die Nebenwirkungen interessierten ihn nicht. Er brauchte mehr von diesem Mittel, doch als er vor Bakuras Tür stand, glitt diese nicht wie gewohnt automatisch auf. „Ich muss mir echt zeigen lassen, wie man abschließt.“ Er hämmerte gegen die Tür. „Bakura, mach auf!“ Niemand antwortete ihm. „Verdammt noch mal, ich hab gesagt, du sollst aufmachen!“ Er hämmerte weiter gegen die Tür, bis diese schließlich aufglitt.
 

In Bakuras Zimmer war es stockdunkel und Bakura nirgends zu sehen. Mariku sah sich um, bis sich auf dem Bett etwas regte.

„Was willst du?“, murrte Bakura und tauchte unter der Decke auf.

„Man siehst du scheiße aus.“ Bakura sah noch kränklicher aus als am Tag zuvor.

„Sei still“, er zog sich wieder die Decke über den Kopf, „ich hasse Sonne. Es ist viel zu hell und warm.“

Mariku hob eine Augenbraue. „Zerfällst du zu Staub, wenn du in die Sonne gehst?“ Er konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen.

„Was?“ Bakuras Kopf tauchte wieder unter der Decke auf und er sah Mariku irritiert an. „Wieso sollte ich?“

Mariku zuckte mit den Schultern. „War nur so ne Frage.“ Er setzte sich zu Bakura aufs Bett. „Ich brauch wieder was von deinem Mittel. Scheiß auf die Nebenwirkungen, das halt ich schon aus.“

Bakura setzte sich auf und strich sich die Haare zurück. Sie sahen noch mehr durcheinander aus als sonst. „Ich kann nicht.“

„Ach komm schon, Bakura. Nur ein bisschen.“ Mariku hielt Daumen und Zeigefinger in einem geringen Abstand zueinander. „Nur ein Schlückchen.“

„Ich kann dir nichts geben.“ Bakura unterstrich seine Worte mit Kopfschütteln.

„Du musst!“

„Ich hab nichts mehr.“

„Komm schon, ich weiß, du hast noch was.“ Mariku zitterte unruhig mit einem Bein. „Lass mich nicht hängen.“

Bakura sah auf Marikus Bein und unterdrückte ein Seufzen. Für einen Moment schloss er die Augen. Er hatte wirklich gehofft sein Mittel hätte eine andere Wirkung auf Mariku als auf die Mapula. Besonders nachdem er die Wirkung auf Marikus Körper erlebt hatte. „Selbst wenn, ich würd dir nichts geben.“

Mariku hob hilflos die Arme. „Bakura, komm schon. Ich komm mit den Nebenwirkungen klar. Nur für eine Weile noch schmerzfrei sein und“, er grinste, „vielleicht noch ein bisschen Spaß mit Malik haben.“
 

Schließlich seufzte Bakura. Auch wenn er nicht wollte, er musste Mariku die Wahrheit sagen. Er wappnete sich für den Ausraster. „Ich kann‘s dir nicht geben, weil es hochsüchtig machend ist.“

Mariku hob eine Hand und machte den Ansatz etwas zu sagen, doch dann ließ er die Hand sinken und schien noch einmal nachzudenken. „Was hast du gesagt?“, brachte er schließlich hervor. Er war immer noch dabei Bakuras Worte zu verarbeiten. Er hatte nicht ernsthaft gerade das gesagt, was er gesagt hatte?

Bakura vermied es Mariku anzusehen. Er fühlte sich leicht schuldig, weil er Mariku als Versuchskaninchen missbraucht hatte. „Nocidea-Blut wirkt auf die meisten Spezies wie eine Droge“, erklärte Bakura leise.

Mariku stand auf und Bakura hörte ihn tief durchatmen. „Du hast das gewusst und mir trotzdem das Zeug zu trinken gegeben? Sag mal, bist du eigentlich noch ganz dicht?“ Er tippte sich energisch gegen die Schläfe. „Und jetzt bin ich süchtig nach deinem Blut?“ Während er sprach wurde seine Stimme immer lauter. „Du hast mich zu einem verfluchten Junkie gemacht! Nicht nur, dass ich dein Blut getrunken hab, nein, jetzt bin ich auch noch süchtig danach.“ Mariku gestikulierte wild, etwas, dass er für gewöhnlich nicht tat. Seine Stimme war laut und aufgekratzt.

„Es ist nicht so schlimm“, konterte Bakura.

„Nicht so schlimm?“

„Es war nur eine kleine Dosis.“

„Oh, eine kleine Dosis.“ Mariku lächelte übertrieben. „Na, wenn’s weiter nichts ist. Es ist ja nur so, dass ICH AN NICHTS ANDERES MEHR DENKEN KANN!“ Mariku trat gegen den Schrank und hinterließ eine Delle.

Mit gehobenen Augenbrauen sah Bakura von Mariku zur Delle und wieder zurück. Mit Mariku war wirklich nicht zu scherzen, wenn er mal schlecht drauf war. „Morgen wirst du davon gar nichts mehr merken.“

„Morgen, wie schön.“ Mariku trat noch einmal gegen den Schrank. „Ich hab so die Schnauze voll von euch! Von euch allen!“
 

„Kann man euch keinen Tag allein lassen?“ Ryou stand an der Tür und hatte die Arme vor der Brust verschränkt.

„Ah, mein Schätzchen.“ Bakura lächelte und Ryou verdrehte die Augen.

„Halt’s Maul, Bakura. Also, was habt ihr schon wieder für ein Problem?“

„Bakura ist mein verdammtes Problem.“

„Es ist nicht so wild, wie du das darstellst.“

„Wenn das morgen nicht vorbei ist, dann“, er deutete mit dem Finger auf Bakura, „komm ich nochmal und tret dir eine Delle ins Gesicht.“ Er stürmte an Ryou vorbei und Bakura ließ sich zurück auf die Matratze sinken.

Er sah Ryou an. „Kommst du zu mir?“, fragte er mit einem anzüglichen Grinsen und klopfte neben sich auf die Matratze.

„Nein“, war Ryous knappe Antwort und ging ebenfalls.

Bakura zog sich die Decke wieder über den Kopf. „Wie gemein.“
 

„Ich bring ihn um“, murrte Mariku und setzte sich auf sein Bett.

„Nein, tust du nicht.“ Ryou kam nach ihm ins Zimmer. „Was bei allen Monden habt ihr mit dem Bett gemacht?“ Kritisch sah Ryou auf die zerfetzten Kissen und die aufgerissene Matratze.

Mariku deutete auf Malik. „Er war’s.“

Ryou rieb sich die Schläfen, dann richtete er seinen Blick auf Malik. „Zieh dich an und mach dich nützlich.“ Malik sah Ryou unbeeindruckt an und rührte sich nicht. „Mitkommen.“

„Wieso sollte ich?“ Maliks Stimme klang abschätzig, wie immer, wenn er mit Ryou sprach.

Ryou und er starrten sich an und Ryou presste die Lippen aufeinander. Er wollte nicht zugeben, dass er Maliks Hilfe brauchte. Das würde ihm nur wieder ein Gefühl der Macht geben. Aber wie sollte er ihn sonst dazu bringen mit ihm in die Stadt zu gehen? Außerdem brauchte er wirklich Maliks Hilfe. Nur er konnte dem Gavli genug Angst einjagen um den Preis zu drücken. Er wollte die Reparatur ja nicht umsonst, er wollte nur keine übertriebenen Preise dafür zahlen.

Ryou atmete hörbar aus. Er hatte keine Wahl, als die Wahrheit zu sagen. „Wir brauchen deine Hilfe“, sagte er schnell.

Maliks Augenbrauen hoben sich und ein amüsierter Ausdruck legte sich auf sein Gesicht. „Meine Hilfe?“, wiederholte er grinsend.

Ryou knirschte mit den Zähnen. „Ja“, gab er zu.

„Wieso sollte ich euch helfen? Was springt für mich dabei raus?“

Ryou hatte gleich geahnt, dass es auf so etwas hinauslief. „Ich schieß dir kein Loch in den Kopf.“ Er setzte ein übertriebenes Lächeln auf.

Malik machte sich auf dem Bett lang. „Abgelehnt.“

Ryou spürte die Wut in sich hochkochen und er ballte seine Hände zu Fäusten. Er knurrte, dann entspannte sich sein Körper wieder. „Bitte.“

Sowohl Malik als auch Mariku sahen Ryou überrascht an. Hatte er wirklich gerade „Bitte“ zu Malik gesagt?

Malik setzte sich wieder auf. Das Grinsen auf seinem Gesicht trieb Ryou fast zur Weißglut.

„Okay, was willst du?“

Ein ernster Ausdruck zeichnete sich auf Maliks Gesicht ab. „458C 52W, Veri-Galaxie“, war seine Antwort. Es waren dieselben Koordinaten, die er auch schon gesagt hatte, als er Ryou in seiner Gewalt gehabt hatte.

„Ich kann dich nicht einfach laufen lassen“, widersprach Ryou.

„Dann bleiben wir eben hier.“ Malik zuckte mit den Schultern. Mariku sah gespannt zwischen Ryou und Malik hin und her. Auf Ryous Gesicht konnte er den Kampf sehen, den dieser in seinem Inneren ausfocht. Maliks Gesicht dagegen war die übliche Maske. „Ich hoffe, ihr kommt alle gut mit Hitze klar.“

„Verflucht noch mal!“ Ryou stieß hörbar Luft aus. Die Situation gefiel ihm ganz und gar nicht. Er konnte Malik nicht einfach frei lassen. Es lag in seiner Verantwortungen, dass er den Autoritäten übergeben, befragt und anschließend hingerichtet wurde. Wenn es noch mehr Notechis gab, dann mussten sie das wissen, aber niemand würde es erfahren, wenn sie weiter hier feststeckten. Ob er mit einer Lüge durchkommen würde? „Einverstanden.“
 

Für einen Moment war Überraschung auf Maliks Gesicht zu sehen, bevor es wieder ausdruckslos wurde. Mariku dagegen zeigte seine Überraschung deutlicher.

„Na gut.“ Malik erhob sich vom Bett. „Ich brauch einen Mantel.“

„Kriegst du.“ Malik und Ryou starrten sich an. Sie trauten sich nicht, doch im Moment hatten sie keine andere Wahl.

„Viel Spaß in der Sonne!“, sagte Mariku gerade als Malik durch die Tür gehen wollte. Malik wirbelte herum. Er hatte die Augen verengt und zeigte die Zähne. „Ich warte hier.“ Malik zischte und ließ Mariku allein. Grinsend ließ sich Mariku auf die Matratze sinken und setzte sich gleich wieder auf, als Schmerz durch seinen Rücken zuckte. „Autsch.“ Er legte sich auf den Bauch und seufzte. Er hasste diese Schmerzen.
 

„Bist du sicher, dass ich nicht mitkommen soll?“ Jonouchi sah an Ryou vorbei zu Malik, der sich in einen Mantel hüllte und sich die Kapuze über den Kopf zog.

„Er und ich gehen allein“, erklärte Ryou zum wiederholten Male.

„Nimm wenigstens eine Waffe mit.“

„Nein.“

„Ryou!“ Jonouchi senkte die Stimme. „Das ist gefährlich. Er ist gefährlich.“

„Ich weiß.“ Er setzte sich ebenfalls die Kapuze auf und wandte Jonouchi den Rücken zu.

„Ryou!“ Doch Ryou reagierte nicht mehr. Er verließ das Schiff mit Malik auf den Fersen. Ryou musste zugeben, dass er nervös war. Allein mit Malik war ein Risiko und er füllte sich nicht mehr so sicher in seiner Entscheidung mit ihm allein in die Stadt zu gehen.

„Ganz schön mutig“, sagte Malik und holte zu Ryou auf um neben ihm zu gehen. „Keine Angst?“

Ryou gab einen abfälligen Laut von sich und bevorzugte es nicht zu antworten. Er hatte Angst, aber würde es nicht zugeben. Malik hatte heute schon zu viel Befriedigung erhalten. „Hör zu“, fing er schließlich doch an. „Ich vertrau dir nicht, aber ich werd mir deine Anwesenheit zunutze machen.“ Er hatte zuvor eine andere Formulierung im Sinn gehabt, doch er hatte sich an Marikus Worte erinnert und Malik deshalb nicht als seinen Sklaven betitelt um ihn zu provozieren. Seit Jonouchi ihn auf sein Verhalten angesprochen hatte, ging ihm auch Marikus Vorwurf nicht mehr aus dem Kopf. Er würde Mariku beweisen, dass er nicht mal im Ansatz wie ein Notechis war.
 

Malik zuckte mit den Schultern. Er war ebenfalls nicht auf Konfrontation aus. Der Sex mit Mariku hatte ihn aufgewühlt und er machte sich Sorgen wegen der Sonne. Er spürte die Hitze durch den Stoff. Er konnte es sich nicht leisten schon wieder von seinen Trieben übermannt zu werden. „Also, was soll ich tun?“ Er richtete seine Kapuze und hielt den Kopf gesenkt.

„Einen Gavli bedrohen damit er mit dem Preis runtergeht.“

„Gavli.“ Malik klang nicht begeistert. „Ich kann die nicht leiden.“ Er fuhr sich mit der Zunge an den Zähnen entlang. „Schmecken auch zäh.“

Ryou konnte ein Schaudern nicht unterdrücken. Er wollte gar nicht so genau über die Essensgewohnheiten der Notechis nachdenken.
 

Schweigen kehrte zwischen ihnen ein und schon nach kurzer Zeit begann Ryou sich unwohl zu fühlen. Er kam mit Stille nicht gut klar. Als Kind war er oft Stille ausgesetzt gewesen, nur durchbrochen von gequälten Schreien. Ryou presste die Augenlider zusammen und schüttelte leicht den Kopf um die Erinnerungen zu vertreiben. Er warf Malik einen Seitenblick zu, doch dessen Gesicht war komplett verhüllt. Er konnte noch nicht mal seine Nasenspitze sehen.

Ryou hätte niemals damit gerechnet, dass er je so friedlich neben einem Notechis gehen würde. Er hatte auch nicht gedacht, dass er je wieder einen sehen würde. Wie waren sie entkommen?

„Was gaffst du mich so an?“, fragte Malik mürrisch.

Ryou wandte seinen Blick ab. „Wollt ihr wieder einen Krieg anfangen?“

Den Laut, den Malik von sich gab, konnte Ryou nicht deuten. Eine richtige Antwort bekam er keine. Ryou wollte mehr Fragen stellen, er wollte verstehen, was die Notechis, außer Sadismus, antrieb, doch er wollte keine alten Wunden aufreißen. Außerdem war Malik sicher nur ein einfacher Soldat gewesen, der auf Befehl gehandelt hatte. Malik war noch jung, er hatte noch nicht mal einen Schwanz, wie die Älteren seiner Spezies. Andererseits war sein Vater jetzt der Herrscher, zumindest wenn es stimmte, was Malik erzählt hatte.

Ryou seufzte. Es war nicht gut, wenn er zu viel über Malik nachdachte. Ryou stutzte. Wann hatte er überhaupt damit begonnen den Namen des Notechis zu verwenden? Er presste verärgert die Lippen aufeinander. Er durfte sich nicht blenden lassen. Malik war ein Monster. Der Notechis war ein Monster, korrigierte er sich selbst.
 

Als sie schließlich die Stadt erreichten, versuchte sich Malik im Schatten zu halten, damit sich sein Körper nicht weiter aufheizte. Noch war alles in Ordnung, doch er spürte schon den leichten Anflug dieses wohligen Gefühls, welches die Hitze verursachte. Es machte in unruhig und er wollte die Sache schnell hinter sich bringen.
 

„Ah!“ Es legte sich ein breites Grinsen auf das Gesicht des Gavli, als er Ryou sah. „Wir kommen also ins Geschäft?“

„So ähnlich“, erwiderte Ryou mit einem süßlichen Lächeln. Er nickte Malik kurz zu und dieser trat vor, packte den Gavli am Kragen, hob ihn hoch und drückte ihn gegen die Wand.

Der Gavli gab einen überraschten, quiekenden Laut von sich und aus dem Schatten traten zwei bullige Aliens, die Malik um mindestens eine halbe Körperlänge überragten. Malik ließ sich davon jedoch nicht beunruhigen. Er hatte die beiden Govis schon beim Eintreten bemerkt. Außerdem gab es kaum einen Gavli, und schon gar keine Händler, die keine Govis als Leibwache bei sich hatten.

Malik schleuderte den Gavli auf einen der Govis, bevor dieser ihn packen konnte, und nutzte einen Tisch als Sprungbrett. Mit einer flüssigen Bewegung schlitzte er dem anderen Govis die Kehle auf, dabei rutschte ihm seine Kapuze vom Kopf und Blut spritzte auf sein Gesicht. Malik leckte es sich von der Wange. Ein Kribbeln durchlief seinen Körper. Zu töten war für ihn berauschend. Außerdem würde es helfen die Lust in ihm etwas zu zügeln.

Der zweite Govi hatte den Gavli von sich geschoben und wollte erneut einen Angriff auf Malik starten, doch obwohl Govi äußerst stark waren und Maliks Kopf mit Leichtigkeit zerdrücken könnten, so waren sie jedoch auch sehr langsam. Der Govi hatte keine Chance gegen den flinken Malik.

Malik rammte ihm seine Krallen in den Bauch und sprang zurück, als der Govi ihn packen wollte. Trotz der Verletzung gab er nicht auf, und auch Maliks Gift hatte eine verzögerte Wirkung auf ihn. Malik wich ihm aus, sprang und trieb seine Krallen unter dem Kinn in den Kopf des Govis. Malik grinste, während er beobachtete, wie das Leben langsam aus seinen Augen wich. Er hatte diesen Anblick vermisst.

Der Boden bebte, als der Govi zu Boden fiel.
 

Ryou schluckte trocken. Er hatte noch nie einen Notechis kämpfen sehen und musste zugeben, dass er noch nie jemanden gesehen hatte, der sich während eines Kampfes so schnell und elegant bewegt hatte. Es war keine Überraschung, dass die Notechis zu den besten Kriegern des Universums zählten.

Malik leckte sich über die Finger und packte dann den Gavli, der versuchte sich aus dem Staub zu machen.

„Erbarmen! Erbarmen!“, quiekte er. „Habt Erbarmen, oh großer, ehrwürdiger Notechis-Meister. Ich bin Euer ergebener Diener!“

Malik drückte ihn wieder gegen die Wand. „Mir gefallen deine Preise nicht, Wurm.“

„Na-Natürlich“, stotterte der Gavli. „Ich gewähre Euch einen ganz besonderen Rabatt: 30%!“

Malik hob seine freie Hand und hielt seine Klauen gegen ein Auge des Gavli. „Willst du mich beleidigen?“

„NEIN! Nein!“ Seine Stimme war kreischend vor Panik. „50%! 50!“

Malik sah kurz zu Ryou, doch dieser schüttelte den Kopf. „Gefällt mir immer noch nicht“, knurrte Malik.

„70%! Oh bitte, ich habe Frau und Kinder!“

„Einverstanden“, sagte Ryou mit einem leichten Nicken. Malik ließ den Gavli los und dieser rutschte an der Wand hinunter. Wie ein Häufchen Elend blieb er auf dem Boden sitzen. „Du weißt ja welche Teile wir brauchen.“ Das Klimpern von Münzen war zu hören, als Ryou einen Beutel aus seinem Mantel hervorzog. Er legte einen Teil der Münzen auf den Tisch. „Das ist deine Anzahlung, den Rest gibt es sobald die Teile eingebaut sind und das Schiff wieder in Ordnung ist.“ Er lächelte den Gavli an. „In spätestens zwei Stunden tauchst du bei meinem Schiff auf. Wenn nicht, dann kommen wir wieder.“

„Natürlich.“ Der Gavli neigte den Kopf. „Es war mir eine Freude Geschäfte mit Ihnen zu machen, meine werten Herren.“

Ryou verschnürte den Beutel mit Münzen wieder und Malik setzte sich seine Kapuze wieder auf. Sein Mantel war mit Blut besudelt, doch das kümmerte ihn nicht weiter. Es war sehr befriedigend für ihn gewesen die Govis zu töten.
 

Der Gavli stand erst auf, nachdem Ryou und Malik seinen Laden verlassen hatte. Er spuckte wütend auf den Boden. „Dieses Geschäft werdet Ihr noch bereuen, <i>meine werten Herren</i>.“
 

Mariku hatte versucht sich von seinem juckenden Rücken, den leichten, aber trotzdem unangenehmen, Schmerzen und Bakuras Mittel abzulenken in dem er Ordnung in seinem Zimmer schaffte. Dank Malik sah das Bett wirklich mitgenommen aus. Er sollte sich wirklich mal die Krallen stutzen. Mariku schmunzelte. Das würde ihm sicher nicht gefallen.

Als Malik eintrat, zuckte er erschrocken zusammen. Wenn man an den Teufel dachte... oder so.

„Bist du verletzt?“, fragte er, nachdem er das Blut auf Maliks Mantel sah.

Malik schlug seine Kapuze zurück und öffnete den Mantel. „Ist nicht meins.“ Er zog den Mantel aus und legte ihn auf den Tisch.

„Wessen ist es?“ Mariku kam näher. Er hatte ein ungutes Gefühl, aber Ryous konnte es nicht sein. Honda hätte ihn bestimmt erschossen, wenn er ohne Ryou zurückgekommen wäre.

Malik zuckte nur mit den Schultern. „Unwichtig.“ Er leckte sich über die Lippen. Er war immer noch ein bisschen berauscht von der Tötung und auf dem Rückweg waren ihm die Sonnen noch heißer vorgekommen. Dass der Stoff des Mantels dunkel war, hatte es nicht besser gemacht. Ihm war heiß, aber er fühlte sich anders als am Tag zuvor.
 

Malik packte Mariku am Kragen und zog ihn für einen hungrigen Kuss zu sich. Marikus Augen weiteten sich überrascht und fast hätte er Malik reflexartig von sich gestoßen, doch er fing sich und erwiderte den Kuss. Damit hatte er sicher nicht gerechnet.

Mariku drückte Malik gegen den Schrank und strich ihm über die Wange hinunter zu seinem Hals. Seine Finger wanderten über die harten Schuppen, die ihn beschützten, während Malik seine Finger in Marikus Haare krallte. Maliks Zunge wickelte sich um Marikus Zunge und selbst wenn Mariku es gewollt hätte, dann hätte er den Kuss nicht lösen können.

Marikus Hände strichen an Maliks Körper hinunter und packten seinen Hintern. Malik schlang seine Beine um Marikus Hüfte und hatte ihn damit in einer richtigen Umklammerung. Er festigte seinen Griff in Marikus Haaren und presste sich gegen ihn.

Mariku schwirrte der Kopf von der Leidenschaft, die in Maliks Kuss lag. Es war schon fast unheimlich, wie sehr die Hitze Malik veränderte. Naja, nicht wirklich veränderte, aber was sie mit seinem Körper und seinem Geist anstellte. Wobei er es zuvor ja nicht in Erwägung gezogen hatte, Malik jemals irgendwie körperlich nah zu kommen.
 

Keuchend sahen sie sich an, nachdem Malik den Kuss gelöst hatte. „Sind die Schmerzen stark?“, fragte er leise und Mariku schüttelte den Kopf. Verdammt, er hätte den Kopf auch geschüttelt, wenn die Schmerzen ihn fast umgebracht hätten. „Also können wir...?“ Mariku nickte. Er hielt Malik gut fest und trug ihn trotz protestierender Schulter zum Bett.
 

„Wir verschwinden bald von hier“, sagte Ryou als er Bakuras Zimmer betrat.

„Gut, die Hitze bringt mich um.“ Bakuras Stimme war gedämpft durch die Bettdecke zu hören.

„Das Schiff ist klimatisiert, ich weiß nicht wo dein Problem ist.“

„Pah! Ich spür’s trotzdem. Diese Hitze bäh!“

Ryou setzte sich an den Bettrand und hob die Decke an. „Du siehst echt scheiße aus.“

„Ja danke, sagt mir das ruhig alle.“ Bakura verzog beleidigt das Gesicht und Ryou schmunzelte. Bakura hob die Augenbrauen. „Das war ja fast ein Lächeln.“

„Ach, sei still.“

„Das solltest du öfter machen. Das steht dir viel besser, als das griesgrämige Gesicht, das du immer ziehst.“

„Sei still hab ich gesagt.“

Bakura setzte sich auf und gab Ryou einen kleinen Kuss. „Wie wär’s wenn wir, sobald wir wieder in einer Gegend sind, die wir kennen, miteinander ausgehen?“

„Wieso sollte ich mit dir ausgehen?“

„Weil ich unwiderstehlich bin.“

Ryou lachte. „Ja, bild’s dir nur ein.“

„Du brichst mir wirklich noch das Herz.“ Er grinste. „Das gefällt mir.“

Grinsend schüttelte Ryou den Kopf. „Du bist doch nicht ganz dicht.“ Er stand wieder auf und ging zur Tür. Er hatte keinen wirklichen Grund gehabt zu Bakura zu gehen, außer, dass er ihn sehen wollte. Er konnte sich die plötzliche Zuneigung zu ihm auch nicht so recht erklären. Als er an der Tür war, drehte er sich noch einmal um. „Wer weiß“, Bakura sah auf, „vielleicht gehen wir aus.“ Die Tür glitt zu bevor Bakura antworten konnte.
 

Ryou kehrte zu Jonouchi und Honda zurück, die am Bug des Schiffes standen und über die Schäden diskutierten. „Ich hab mit Anzu geredet und sie ist auch der Meinung, dass... oh hey Ryou!“ Jonouchi winkte kurz. „Ich hab Honda grad gesagt, dass wir, sobald wir zurück sind, am besten die komplette Außenhülle erneuern. Diese dauerhafte Flickerei tut der guten Amane nicht gut. Ich bin für Adamas.“

„Adamas? Bist du irre? Wie soll ich mir das leisten?“

„Hab ich ihm auch gesagt“, stimmte Honda Ryou zu. „Silex ist weitaus günstiger und mindestens genauso gut.“

„Ja, aber Silex musst du in spätestens 100 Jahren ersetzen und das auch nur, wenn du nicht jeden Tag unterwegs bist oder nur kurze Strecken. Adamas rechnet sich für uns, es ist stabiler und nutzt sich nicht so schnell ab.“

Ryou seufzte. „Lasst uns das noch mal besprechen, wenn wir zurück sind. Ich hab da grad nicht den Kopf dafür.“ Er strich über die Schrammen in der Außenhülle und ließ die Mundwinkel hängen. Seine Amane hatte schon vieles durchgemacht, aber das war bisher das Schlimmste. Er hatte das Schiff nach seiner Schwester benannt und es bedeutete ihm viel. Amane so beschädigt zu sehen tat ihm im Herzen weh.
 

„Denkst du, dass mit dem Gavli klappt?“

Ryou ließ die Hand sinken und sah Jonouchi an. „Er hat zu viel Angst vor Ma... dem Notechis um nicht aufzutauchen.“ Fast hätte er ihn beim Namen genannt.

„Ja, aber ist er denn vertrauenswürdig?“

„Es ist ein Gavli, die sind nie vertrauenswürdig.“

„Ich meine, wenn er uns über’s Ohr haut und irgendwelchen Mist einbaut?“

„Dafür hab ich doch dich.“ Ryou schlug Jonouchi auf den Rücken. „Immerhin bist du Mechaniker. Vielleicht kann Anzu auch kurz rauskommen.“ Ryou sah zu den drei Sonnen. „Eine wird in ein paar Stunden weg sein, dann gehen die Temperaturen ein bisschen runter.“
 

Eine Stunde später tauchten drei Gavli auf, zusammen mit fünf Govis, die verschiedene Geräte und Ersatzteile schleppten.

„Schön, dass ihr es pünktlich geschafft habt“, begrüßte Ryou sie und hatte dabei ein breites, aufgesetztes Lächeln auf den Lippen

Die Gavli verbeugten sich. „Aber natürlich, der Herr, aber natürlich.“ Ryou hatte das Gefühl, sie würden gleich vornüber kippen. „Wir machen uns gleich an die Arbeit.“

Mit verschränkten Armen stellte sich Ryou wieder zu Honda und Jonouchi. „Lasst sie nicht aus den Augen“, murmelte er ihnen zu. Er würde nicht zulassen, dass diese raffgierigen, kleinen Biester an seiner Amane rumpfuschten.
 

Keuchend ließ sich Mariku auf die Matratze sinken. „Oh verflucht.“ Er dehnte seine Schultern. Noch sorgten die Endorphine dafür, dass der Schmerz unterdrückt wurde, aber er rechnete schon damit, dass er sich bald wieder nicht rühren konnte. Wobei Mariku wirklich überrascht war, wie wenig er eigentlich von seinen Verletzungen gemerkt hatte. Trotzdem wünschte er sich die regenerativen Fähigkeiten von Malik. Man sah schon fast nichts mehr von den Kratzern, die er sich gestern selbst zugefügt hatte. Heute hatte Mariku ihn anders gefesselt, sodass er mit seinen Krallen seine Handfläche nicht erreichen hatte können.

„Mach mich los“, murrte Malik.

Mariku hievte sich wieder hoch und stieg über Malik hinweg. Er schob den Mantel zur Seite, nahm das Messer zur Hand und schnitt Maliks Fesseln durch. Malik rieb sich die Handgelenke und wischte sich das Gift mit seinem Shirt ab.

„Kannst du mal aufhören meine T-Shirts zu versauen?“ Unbeeindruckt sah Malik zu ihm auf und wischte sich den Mund sauber. Mariku verdrehte die Augen. Er trieb ihn wirklich noch in den Wahnsinn. Mariku zog sich an, während Malik sich auf dem Bett räkelte und gähnte. Mariku leckte sich über die Lippen. Er war schon wirklich fürs Auge, das musste man ihm lassen.
 

„Ich geh mal zu Bakura, er soll sich meinen Rücken anschauen.“ Malik wedelte nur unwirsch mit der Hand und Mariku ließ ihn allein.

Diesmal glitt die Tür auf, als er an sie herantrat.

„Kann man denn hier nicht mal in Ruhe leiden?“

„Nein.“

Seufzend kam Bakura unter der Decke hervor. „Wenn du mich wieder anschreien willst, dann kannst du gleich wieder gehen.“

„Nein, ich schrei dich nicht an. Ich denke, mein Körper hat’s abgebaut.“

„Oder du hast es rausgefickt“, erwiderte Bakura mit einem leichten Grinsen.

Mariku verdrehte die Augen. „Kannst du dir meinen Rücken anschauen?“

„Ja, setz dich.“ Bakura setzte sich auf und streckte sich leicht. Es nervte ihn, dass er nur rumliegen konnte, aber er reagierte sehr empfindlich auf hohe Temperaturen und spürte sie sogar durch die Kühlung des Schiffes. „Aber du musst mir ein bisschen was erzählen.“

„Das geht dich nichts an.“

„Ach, komm schon Mariku, ich bin so neugierig.“

Mariku zuckte mit den Schultern. Er würde Bakura bestimmt nicht erzählen, dass er Malik ans Bett fesseln musste. „Was soll ich dir denn erzählen? Wir haben miteinander geschlafen. Und?“

„Wie war’s? Wer war oben? Wie ist er gebaut? Wie bist du gebaut?“ Langsam wickelte er den Verband ab, während er seine Fragen stellte.

Mariku lachte. „Du bist wie Mai.“

„Wer?“

„Ach, ne gute Freundin von mir. Die war auch immer so neugierig.“

„Ist ja auch ein interessa... oh.“ Er starrte Marikus Rücken an.

„Was?“ Mariku warf einen Blick über die Schulter, doch er konnte nichts erkennen. „Was ist? Schlimm?“

„Nein, ganz und gar nicht.“ Als er über die Brandwunden strich, zog Mariku scharf Luft ein, doch der Schmerz war nur gering. Ein Großteil der Haut hatte schon zu vernarben begonnen. „Hast du noch große Schmerzen?“

„Nein, eigentlich nicht. Nur so ein unangenehmes Ziehen und leichtes Brennen. Was ist denn jetzt?“

„Das meiste ist verheilt.“ Bakura konnte es immer noch nicht ganz glauben. Er betrachtete Marikus Schulter, auch hier war ein großer Teil vernarbt.

„Das kann nicht sein“, widersprach Mariku. Es war unmöglich für ihn, dass die Brandwunden schon verheilt waren.

„Ha!“ Bakura klatschte in die Hände. „Ich denke, du schuldest mir eine Entschuldigung.“

„Denkst du, es war dein Mittel?“

„Wenn du nicht plötzlich die Fähigkeit zur Regeneration bekommen hast, schon.“

Mariku atmete hörbar aus. „Na, dann war’s ja doch für was gut.“

„Wenn das so weiter geht, dann solltest du in ein paar Tagen nichts mehr merken. Du hast zwar Narben von oben bis unten, aber naja.“ Er strich Mariku über die Schulter. „Die Wunde hier ist tiefer, die auf dem Rücken waren ja nur oberflächlich, also wird das noch etwas länger dauern, aber spätestens nächste Woche bist du wieder fit. Außer du machst noch mal so nen Scheiß.“

„Ich werd versuchen mich zurück zu halten.“ Mariku war erleichtert. Er war froh, wenn er endlich wieder in einem Stück war. Zumindest erklärte die rasche Heilung auch das nervige Jucken.
 

„Ich schmier dir noch was drauf.“ Bakura stand auf, doch kam ins Taumeln und wäre fast hingefallen, Mariku reagierte schnell genug und hielt ihn fest.

„Alles in Ordnung?“

„Ach, es ist nur diese verdammte Hitze.“ Er strich sich über die Augen. „Die macht mich ganz irre.“ Er öffnete den Schrank und kam mit einer Tube zu Mariku zurück. Die Creme war angenehm kühl. „Aber du hast mir immer noch nicht erzählt wie’s war.“

Mariku grinste. Bakura war wirklich wie Mai. Die hatte sich auch nie vom Thema ablenken lassen, zumindest nicht für lange. „Es war gut.“

„Ist das alles? Nur gut? Ihr wart ziemlich laut für nur gut.“

„Es war richtig, richtig gut.“

„Wer war oben?“

„Ich.“

„DU?“ Bakura machte ein ungläubiges Gesicht.

„Ja, ich. Was ist daran so überraschend?“

„Naja“, Bakura wickelte wieder den Verband um Marikus Oberkörper, „Malik ist sehr dominant.“

Mariku zuckte mit den Schultern. „Es hat sich halt so ergeben.“

„Und wie kam’s dazu?“

„Es hat sich so ergeben“, wiederholte Mariku und stand auf.

„Mariku, wir sind doch Freunde. Erzähl mir mehr.“

„Bis später.“

„Mariku!“
 

Doch Mariku ging in sein eigenes Zimmer zurück, ohne zu antworten. Malik lag immer noch nackt auf dem Bauch. „Willst du dir nicht mal was anziehen?“

„Noch nicht“, murmelte Malik und streckte sich leicht. Mariku ließ seine Augen über Maliks Körper wandern. Wie war es nur so weit gekommen?
 

„Siehst alles gut aus“, sagte Anzu. Sie war von oben bis unten in Tücher gehüllt um die Hitze fernzuhalten. Durch den hohen Wasseranteil ihres Körpers waren sowohl Hitze, als auch Kälte für sie lebensgefährlich.

„Sicher?“, rief Ryou ihr zu.

„Ja, alles ordnungsgemäß verbaut.“ Sie sprang zurück auf den Boden und landete neben Ryou. „Honda sagt auch, dass die Steuerung wieder einwandfrei funktioniert. Die Motoren schnurren wie am ersten Tag. Gute Arbeit.“

„Gut, du kannst wieder reingehen.“ Ryou drehte sich zu dem Gavli um, der ihn abwartend ansah. „Scheint alles in Ordnung zu sein.“

„Natürlich, wir liefern nur die beste Arbeit.“

Seufzend reichte ihm Ryou den Beutel mit den Münzen. „Wenn es Probleme gibt, dann kommen wir zurück.“

„Natürlich, natürlich.“ Er verbeugte sich und berührte mit seiner großen Nase fast den Sand. Ryou sah das Grinsen auf seinem Gesicht nicht.
 

„Macht alles für den Abflug bereit.“ Ryou ging nicht mit den anderen ins Cockpit, sondern zu Mariku und Malik. Malik hatte sich in der Zwischenzeit angezogen. Beide sahen auf als Ryou eintrat. „Das Schiff ist repariert und wir werden gleich starten.“

Malik sah auf seine Krallen und dann zurück zu Ryou. Mit dem Daumen strich er an den Spitzen entlang. Er sagte nichts, sondern wartete darauf, das Ryou weitersprach.

Ryou fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Haut. Er konnte Malik nicht einfach gehen lassen, doch sie hatten eine Abmachung. Ryou kannte die Veri-Galaxie. Sie lag außerhalb des Wirkungsbereichs der Sternenallianz, war aber zu Kriegszeiten als Zufluchtsort genutzt worden. Es gab nur wenige bewohnte Planeten, die der Sternenallianz zwar neutral gegenüber standen, jedoch auch deutlich gemacht hatten, dass sie nichts mit ihr zu tun haben wollten. Wäre es möglich Malik wieder aufzuspüren? Was wollte er überhaupt dort? Hatten sich die Notechis dort versteckt? Welchen Grund hätte Malik sonst dort hin zu wollen? „Ich brauch die Koordinaten.“

„458C 52W“, antwortete Malik und Ryou ging ohne ein weiteres Worte.

„Ich bin überrascht“, murmelte Mariku. Er hätte eher erwartet, dass Ryou Malik trotzdem auslieferte.

Malik erwiderte nichts, sondern starrte immer noch auf den Fleck, auf dem Ryou zuvor noch gestanden hatte. Er schien es ebenfalls nicht glauben zu können.
 

Ryou fühlte sich unwohl, als er auf seinem Sitz platznahm. Sie könnten trotzdem in die Eretal-Galaxie springen, aber Malik würde sich nicht ohne weiteres ergeben. Sie könnten ihn auch erneut betäuben.

„43T 467G – ab nach Hause!“, rief Jonouchi freudig aus.

„Warte.“ Ryou schloss die Augen. Wieso fiel ihm das nur so schwer? Sie mussten Malik nur wieder betäuben und anketten. Es wäre so einfach.

Die Crew sah Ryou verwundert an. „Was ist los?“

„Nicht die Eretal-Galaxie“, sagte Ryou leise. Malik hatte ihnen das Leben gerettet und ihnen geholfen. Er war ein Bastard und ein Monster, aber das war der Deal gewesen. Er war nicht so wie ein Notechis, er log nicht. „Veri-Galaxie.“

„Was?“

„Ryou!“

„458C 52W – das sind die Koordinaten.“

„Das ist nicht dein Ernst!“

„Das war die Abmachung und ich halte mein Wort.“ Honda, Jonouchi und Anzu redeten aufgebracht durcheinander. „SEID STILL!“ Ryou schnaubte. „Es gefällt mir auch nicht, aber...“ Er presste die Lippen aufeinander. „Tut es einfach. Bringen wir’s hinter uns.“

Jonouchi ballte die Hände zu Fäusten. „Ich mach das nicht.“

„Du tust was ich dir sage oder ich such mir jemand anderen, der es macht“, fauchte Ryou. Er hatte keine Geduld mehr und auch keine Lust auf eine Diskussion.

Jonouchi starrte ihn wütend an und Anzu und Honda warfen sich unsichere Blicke zu.

„Macht bitte“, flüsterte Ryou. „Ich will einfach nur, dass es endlich vorbei ist.“
 

Sie hoben ab und Jonouchi tippte widerwillig die von Ryou genannten Koordinaten ein. „Das gefällt mir ganz und gar nicht“, brummte er. Sie verließen Abulus Atmosphäre und es wurde merklich kühler im Schiff. Mit wenigen Knopfdrücken schaltete Ryou die Klimaanlage aus und passt die Gravitation an.

„Ich bereite alles für den Sprung vor.“ Anzus Stimme war leise.

Das Schiff beschleunigte und sie wurden leicht in ihre Sitze gedrückt. Ihre Umgebung verzog sich und das Licht von Abulus Sonnen brach sich in einem unnatürlichen Winkel. „Sprung in 3... 2... 1.“
 

Alles lief normal, bis erst die Motoren und dann die Lichter ausfielen. Amane verlor an Schubkraft und sie wurden aus dem Sprung gerissen. Das Schiff kreiselte, dann blieb es liegen.

„Verflucht!“, schimpfte Jonouchi und versuchte die Motoren wieder in Gang zu bringen, doch diese gaben keinen Mucks von sich. Das gesamte Getriebe war ausgefallen.

„GAVLI“, brüllte Ryou und stampfte mit dem Fuß auf den Boden. „Dieses verdammte Biest. Ich bring ihn um! Ich bring ihn eigenhändig um!“ Er rief die Sternenkarte auf um nachzusehen, wo sie gelandet waren. Tulus-Galaxie, wenigstens waren sie fast wieder zuhause. Nur leider gab es keine bewohnten Planeten in der näheren Umgebung.

„Was machen wir jetzt?“ Jonouchi hämmerte wütend auf seinem Armaturenbrett herum.

„Ihr habt die Arbeit doch überprüft, wie konnte das passieren?“

„Naja“, fing Anzu ihre Erklärung an, „der Fehler trat erst auf, als wir einen Sprung machen wollten. Das war ein Teil an dem sie eigentlich gar nichts hätten tun müssen. Ich hab mir nur die Steuerung und den Antrieb angeschaut.“

„Großartig“, murmelte Ryou und ging unruhig im Cockpit auf und ab. Er strich sich die Haare zurück. „Können wir irgendwas tun? Notfallsystem?“

„Ausgefallen“, antwortete Jonouchi. „Außer Schweben steht nichts auf dem Programm.“

„Noch irgendwas?“

„Nein, ich kann nicht mal die Richtung ändern.“

Ryou seufzte. „Anzu, kannst du schauen, ob du von hier drinnen irgendwas machen kannst?“ Er hatte zwar die Möglichkeit Anzu auch nach draußen zu schicken, sie hatten Anzüge dafür, doch es war riskant und er hatte schon zu viel Risiko in den letzten Tagen gehabt.

„Klar, ich mach mich gleich an die Arbeit.“

Würde Anzu das Schiff nicht reparieren können, dann hatten sie keine andere Wahl als solange durch das All zu schweben bis sie hoffentlich nahe genug an einen Planeten kamen oder ihnen ein Schiff begegnete und sie einen Funkspruch abgeben konnten. Immerhin war die Tulus-Galaxie eine beliebte Handelsgalaxie. Es sollte nicht zu lange dauern bis ihnen ein Raumschiff begegnete... zumindest hoffte Ryou das.

Was ging denn auf dieser Reise noch alles schief?
 

Plötzlich ging ein Ruck durch Amane und sie setzte sich in Bewegung. „Was ist das jetzt schon wieder?“ Ryou stieß genervt Luft aus. Er hatte wirklich keine Nerven mehr.

„Wir bewegen uns.“

„Ja, das weiß ich auch. Bringt mir was auf den Schirm!“ Das Bild eines fremden Raumschiffs tauchte auf dem Bildschirm auf und Ryou stöhnte, als er das Symbol auf der Außenhülle sah. Das konnte doch jetzt wirklich nicht wahr sein! Er wurde auch von gar nichts verschont. „Ich hasse Piraten.“

Kapitel 11
 

Ryou knirschte mit den Zähnen. Er wusste genau mit wem er es zu tun hatte. Er kannte nur einen Piraten, der so ein selbstverliebtes Schiff hatte. Er versuchte noch nicht einmal unauffällig zu sein.

Die Außenhülle war metallic-weiß und der Rumpf gebaut, als wäre es ein Schwanz. Zwei große, flügelartige Konstrukte waren an den Seiten angebracht. Ryou rollte mit den Augen. Das Raumschiff war fast eine exakte Nachbildung eines Ejderha.

„Wie viele Waffen haben wir noch an Bord?“

„Nicht genug für jeden und auch nur eine Tödliche“, antwortete Honda.

Ryou seufzte. Selbst, wenn sie mehr Waffen hätte, wären die Piraten immer noch in der Überzahl. Trotzdem würde er nicht einfach klein beigeben. Immerhin war es nicht das erste Mal, dass sie sich begegneten, vielleicht konnte er sich raushandeln. Wobei ihr letztes Aufeinandertreffen nicht so glücklich abgelaufen ist. Jedenfalls durften sie keinesfalls Malik entdecken.

„Fahrt den Sichtschutz hoch“, befahl Ryou, während er aufstand. „Ich informier die anderen.“ Er strich sich durch die Haare und an den langen Federn entlang. Er schob die Waffe in den Gürtel.
 

Als Ryou den Waffenschrank öffnete, fiel ihm fast alles entgegen. Einer der Sicherungsriemen war gerissen. Ryou nahm zwei Gewehre zur Hand. „Holt euch auch was“, rief er über die Schulter hinweg. Er schulterte die Gewehre und ging als erstes zu Mariku.

„Was ist passiert?“, fragte dieser sofort.

Ryou hielt ihm eins der Gewehre hin. „Piraten“, antwortete er murrend.

„Piraten?“ Mariku sah Ryou mit großen Augen an und Ryou erwiderte seinen Blick ernst.

„Bleibt hier und haltet die Füße still.“

Mariku ließ seinen Blick kurz zu Malik schweifen. Er wollte Ryou noch mehr fragen, doch dieser war schon wieder weg.
 

„Piraten“, wiederholte Bakura und verzog das Gesicht. Er nahm Ryou das Gewehr ab. „Sieht’s schlecht für uns aus?“

Ryou zuckte mit den Schultern. „Ich weiß noch nicht. Verhalt dich jedenfalls still.“

„Du gibst mir eine Waffe und sagst mir dann, ich soll mich still verhalten?“ Bakura schmunzelte.

„Vielleicht kannst du ein paar ausschalten, bevor sie dich schnappen.“ Ryou wandte sich zum Gehen, doch Bakura packte ihn am Arm und küsste ihn. „Musste das sein?“, murmelte Ryou.

„Hey, wer weiß, was mit uns gleich passiert.“

„Idiot.“ Ryou riss sich los.
 

Ryou zog seine Waffe aus dem Gürtel und ließ sich wieder auf den Sitz sinken. Er überprüfte die Energieanzeige: sie war noch zur Hälfte voll, doch das war nicht unbedingt etwas Gutes. Mehr als ein paar Schüsse würden nicht drin sein, bevor die Energie zur Neige ging. Er biss sich auf die Unterlippe. Die neuen Waffen wurden auch immer nutzloser.

Ryou trommelte unruhig auf der Armlehne. Der Rest der Crew war ebenfalls angespannt. Sie konnten nichts machen, außer zu warten bis sie der Fangstrahl ins Innere des Piratenschiffs gezogen hatte.

Ryou konnte nicht fassen, wie viel Pech sie hatten. Er hatte immer wieder mal einen Trip gehabt, der nicht so glücklich verlaufen war, aber diesmal schlitterten sie von einer Katastrophe in die Nächste. Was würde noch alles passieren? Ryou schloss die Augen. Jetzt musste er sich jedoch erst einmal auf die Piraten konzentrieren. Es sah nicht gut für sie aus. Sie waren nur schlecht bewaffnet, sie hatten keine Ware dabei mit der sich die Piraten genügen würden, kaum noch Gold, sodass er sie nicht mal freikaufen konnte und das Schiff funktionierte auch nicht mehr. Es stand schlecht um sie und wenn Malik entdeckt wurde, dann waren sie sowieso geliefert. Ryou fragte sich, wie viel ein Notechis auf dem Schwarzmarkt wert war. Bestimmt ein Vermögen. Nervös strich er an den langen Federn an seinem Kopf entlang.
 

Ein Ruck ging durch Amane, als sie im Inneren des Piratenschiffs aufsetzte. Ryou stand auf und atmete tief durch. Er wusste nicht, was sie gleich erwartete, doch er glaubte nicht an ein gutes Ende.

„Geh rein“, fauchte Ryou Bakura an, als er auf den Flur trat und den Nocidea dort stehen sah.

„Kann ich dir nicht irgendwie helfen?“

„Du kannst mir helfen in dem du in dein Zimmer gehst und die Klappe hältst.“

Bakura hob hilflos die Schultern und verschwand wieder. Ryou strich sich durch den Nacken und sah seine Freunde an. „Bereit?“

„Nicht wirklich“, murmelte Jonouchi.

„Haltet euch einfach hinter mir.“

Sie positionierten sich an der Eingangsluke und warteten. Klopfen war zu hören. Jemand hämmerte gegen die Außenhülle. Ansonsten waren keine Geräusche von draußen zu hören. Ryou war angespannt und festigte seinen Griff um den Waffengriff.

Ein ekelhaftes Kreischen war zu hören, als Metall über das Metall seines Schiffes kratzte. Ryou schloss die Augen. „Es tut mir Leid“, flüsterte er. Mit jedem weiteren Kratzer, musste sich Ryou zusammenreißen nicht einfach die Luke zu öffnen. Er biss die Zähne zusammen.

Es krachte und quietschte, als die Piraten begannen die Eingangsklappe aufzustemmen. Ryou atmete tief durch. Als er einen Schritt hinter sich hörte, hob er die Hand. Sie wussten, wie schwer es für ihn war mitzuerleben wie Amane mehr und mehr beschädigt wurde. Er unterdrückte ein Schaudern als er daran dachte, was ihr möglicherweise noch bevorstand.
 

Ryou öffnete seine Augen, als ohrenbetäubendes Krachen ihm sagte, dass sie es geschafft hatten. Sein Finger legte sich um den Abzug der Waffe und er entsicherte sie.

Der Lärm von draußen drang jetzt ins Innere des Schiffs vor. Mehrere Aliens sprachen und riefen durcheinander. Ryou hörte Lachen und Gröhlen.

„Kommt raus, kommt raus“, rief ihnen jemand von draußen schon fast fröhlich zu. Lachen folgte.

„Wie wär’s wenn du reinkommst, damit ich dir den Schädel wegpusten kann?“, erwiderte Ryou.

Lachen erklang und es wurde etwas in einer Sprache gesagt, die Ryou nicht verstand.

„Kommt lieber raus, solange wir noch gute Laune haben.“ Diesmal schwang ganz klar eine Drohung mit. Ryou zeigte sich davon nicht beeindruckt. Er hatte schon zig Drohungen in seinem Leben gehört und Piraten schüchterten ihn nicht ein.

„Ihr kommt zu spät. Hier gibt’s nichts zu holen, außer eine müde Crew und ein kaputtes Schiff. Ich transportiere nichts.“

„Natürlich“, sein Ton war gehässig, „und ich bin der Herrscher der Sternenallianz.“ Wieder Lachen.

„Ich wusste schon immer, dass Politiker alle Piraten sind.“

Ein Knurren war von draußen zu hören und Ryou wusste, dass es nicht mehr lange nur bei Worten bleiben würde.

„Kommt endlich raus!“

„Kommt doch rein oder seid ihr nur ein Haufen Feiglinge?“ Ryou biss sich auf die Unterlippe. Es war keine gute Idee sie zu provozieren, doch inzwischen hatte er sich angewöhnt, sich mit alles und jedem anzulegen. Eine seiner schlechten Eigenschaften. Ryou presste kurz die Augenlider aufeinander. Er hatte jetzt keine Zeit über seine Charakterentwicklung zu sinnieren.
 

Von draußen waren wieder wütende Stimmen zu hören. Die Piraten schienen zu streiten, doch wieder in der Sprache, die Ryou nicht verstand. Er hörte nur, dass ihre Stimmen aufgeregt und wütend waren, manche klangen spöttisch. Dass sie stritten, bedeutete jedoch nicht gleich etwas Gutes für Ryou und die anderen. Piraten stritten ständig und ihre Wut ließen sie dann meistens an anderen aus.

Die Stimmen verstummten plötzlich und Schritte waren zu hören. „Was ist hier los?“ Die eisige Stimme jagte einen Schauer über Ryous Rücken und er brauchte sich nicht umzudrehen um zu wissen, dass auch die anderen sich unwohl fühlten. „Seid ihr denn zu nichts zu gebrauchen?“ Ein dumpfer Knall war zu hören und dann ein schmerzerfüllter Laut. „Rein da, aber sofort und ich will sie lebend.“

Ryou straffte die Schultern. Sein Körper war angespannt, seine Atmung flach. Er wartete. Seine Sinne waren auf die Eingangsluke konzentriert. Unruhig leckte er sich über die Lippen.
 

Sein Schuss traf den Piraten mitten ins Gesicht. Er hatte noch nicht einmal die Chance zu reagieren. Ryou hörte, wie sein Körper unten aufschlug. Ryou begann zu zittern und er atmete tief durch um es zu unterdrücken. Es war lange her, seit er das letzte (und erste) Mal jemanden erschossen hatte und selbst das nagte immer noch an ihm. Er war einfach nicht fürs Töten gemacht. Und wieso konnte er diesen Piraten erschießen, aber Malik nicht?

Er riss sich aus seinen Gedanken. „Will noch einer?“, rief er und hoffte, dass das Zittern in seiner Stimme nicht zu hören war.

Von draußen waren wütende Schreie zu hören.

„Schnappt sie euch!“
 

Mehr Piraten kamen ins Schiff. Anfangs fielen sie tot oder betäubt zurück, doch bald schon hatte Ryous Waffe keine Energie mehr und die Anzahl war zu groß. Ryou warf die Waffe zur Seite und nutzte seine Krallen um sich zu verteidigen. Zwei Piraten packten ihn.

„Lasst mich los, ihr Bastarde!“ Anzu fluchte. Sie hielt sich die Piraten mit heißem Wasser vom Leib, zumindest versuchte sie das. Einer riss sie zu Boden.

„Ganz ruhig, Süße.“ Anzu kreischte.

Mit einem Tritt beförderte Jonouchi den Piraten, der Anzu gepackt hatte, gegen die Wand. Man hörte Knochen brechen.

Ryou schaffte es sich loszureißen und schlitzte einem seiner Angreifer den Unterarm auf. Jemand zog ihm etwas über den Schädel und Ryou stolperte nach vorn. Er wurde geschubst und fiel aus der Eingangsluke. Er stöhnte schmerzerfüllt, als er auf dem Boden aufschlug.

Ryou wurde wieder auf die Beine gerissen und er keuchte, als man ihm die Arme auf den Rücken drehte. Ihm war schwindelig und es fiel ihm schwer sich auf den Beinen zu halten. Hätte man ihn nicht festgehalten, wäre er zu Boden gegangen.
 

„Ryou, was für eine Überraschung.“ Am liebsten hätte Ryou ihm das arrogante Grinsen aus dem Gesicht geschnitten, doch selbst seine Klauen würden an der metallischen Haut abbrechen.

„Seto“, knurrte Ryou und stemmte sich gegen den, der ihn festhielt, doch der Griff war eisern und gab nicht nach.

„Immer noch so frech wie damals.“ Setos Schwanz zuckte von einer Seite auf die andere. „Wir haben noch ein paar offene Rechnungen.“

„Kann mich nicht erinnern.“ Seto packte sein Kinn und Ryou schauderte. Seine Hand war so kalt, dass es schon fast brannte. Ryou spürte die Krallen an seiner Wange.

„Du solltest froh sein, dass ich dich nicht gleich hier umbringe. Du hast ein paar gute Männer getötet.“

„Waren nicht so gut, wenn sie so leicht sterben.“

Seto ließ ihn los. „Stimmt.“

„Was willst du, Seto? Ich hab nichts dabei, außer ein paar Münzen, die kannst du haben, aber lass uns gehen.“

Seto blickte über Ryou hinweg. Anzu, Honda und Jonouchi waren inzwischen auch überwältigt worden. „Wie ich sehe hast du dir immer noch keine bessere Crew besorgt.“

Ryou überging die Stichelei und versuchte sogar einen Vorteil daraus zu schlagen: „Siehst du, wir sind nichts wert. Nimm das Geld und schmeiß uns wieder raus. Das Schiff ist kaputt, das bringt dir auch nichts.“ Ryous Herz raste. Er musste sie raushandeln, er musste einfach. Seto war im Grunde kein schlechter Kerl, zumindest für einen Piraten, aber sie hatten keine nette, gemeinsame Vergangenheit.

Seto sah ihn an, als würde er darüber nachdenken.

„Komm schon, Seto, wir sind doch schon fast alte Bekannte. Wenn ich das nächste Mal ne wertvolle Fracht dabei hab, dann geb ich dir nen Tipp. Also, wie sieht’s aus?“

Doch Setos Blick glitt erneut über Ryou hinweg und auf seinem Gesicht zeichnete sich so etwas wie Freude ab. Er grinste Ryou an. „Sieh an, was haben wir denn da?“

Ryou warf einen Blick über die Schulter. Mariku und Bakura wurden von Setos Männern aus dem Schiff geführt. Malik war nirgends zu sehen.

„Das sind nur Passagiere, nichts weiter.“
 

Seto schenkte Ryous Worten jedoch keine Beachtung, sondern ging an ihm vorbei. „Ein Mensch“, er blieb vor Mariku stehen, „noch jung und kräftig.“

Mariku musterte Seto kurz. Weiße, metallisch-wirkende Haut, die bläulich schimmerte. Zwei große Flügel ragten aus seinem Rücken und er hatte einen Schwanz, der aussah als könnte er jeden Schädel mit Leichtigkeit zerschmettern. Er sah aus, wie ein Drache mit humanoider Form. Die kalten, blauen Augen sahen ihn abschätzig an. „Sorry, bist nicht mein Typ.“

Seto drehte sich wieder zu Ryou um. „Er ist genauso frech wie du.“

„Leider“, erwiderte Ryou ohne sich umzudrehen.

Seto richtete seine Aufmerksamkeit auf Bakura. „Nocidea, ebenfalls noch jung.“ Er grub eine Hand in Bakuras Haare und zog seinen Kopf zurück. „Weißes Haar, wirklich sehr selten.“

Bakura fletschte die Zähne, sagte jedoch nichts. Er mochte seine weißen Haare, auch wenn sie ihm in der Vergangenheit oft Ärger eingehandelt hatten. Nocidea waren eher dunkelhaarig und während weiße Haare bei einem Teil seiner Spezies als gutes Omen galten, glaubte ein anderer Teil, dass sie Unglück brachten. Leider gehörte seine Familie zu letzteren.

Seto ließ ihn los und kehrte wieder zu Ryou zurück. „Euer Preis ist soeben gestiegen.“ Ryou fauchte. „Besonders, wenn ich daran denke, mit was für einem Vermögen du selbst rumläufst.“ Er ließ seine Finger an den langen Federn an Ryous Kopf entlang gleiten.

Ryou zog den Kopf zurück. „Denk nicht mal dran.“

„Zu spät.“ Ein süffisantes Grinsen lag auf Setos Lippen.

Ryou riss die Augen auf und starrte ihn ungläubig an. Er würde das nicht wagen, oder? Wäre er wirklich so grausam?
 

„Sperrt sie in die dunklen Zellen, jeden in eine andere. Ich will nicht, dass sie irgendwelche Pläne aushecken. Und kettet sie fest.“ Er ließ seinen Blick über die Anwesenden schweifen. „Außer den Nocidea, er kommt in eine der Sonnenzellen.“ Seto wandte sich zum Gehen.

„Was machen wir mit dem Schiff?“

„Zerlegt es. In Einzelteilen ist es vielleicht noch etwas wert.“

„Warte!“ Ryou stemmte sich gegen den Griff, der ihn festhielt. „Warte Seto! Das kannst du nicht tun. Seto! Tu das nicht!“

„Bringt ihn zum Schweigen.“

Ein Schlag auf den Hinterkopf ließ Ryou Sterne sehen. Er öffnete den Mund, doch kein Laut kam heraus. Ein erneuter Schlag und Ryou ging in die Knie. Der Griff um seine Arme löste sich und er fiel vornüber. Man hob ihn auf und trug ihn davon, die anderen folgten.
 

Bakura und Mariku gingen nebeneinander. „Hey Mariku“, wisperte Bakura und lehnte sich leicht in seine Richtung. Mariku wandte den Kopf kaum merklich und sah Bakura aus den Augenwinkeln heraus an. „Wo ist Malik?“

Ein kleines Grinsen schlich sich auf Marikus Lippen. Er zuckte nur mit den Schultern als Antwort.
 

Einige Zeit davor:

„Piraten?“ Mariku sah Ryou mit großen Augen an und Ryou erwiderte seinen Blick ernst.

„Bleibt hier und haltet die Füße still.“

Mariku ließ seinen Blick kurz zu Malik schweifen. Er wollte Ryou noch mehr fragen, doch dieser war schon wieder weg. Mariku seufzte. Er legte das Gewehr auf den Tisch und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Tischkante.

„Was denkt er, was er tut?“, murrte Malik. „Ein Haufen Betäubungsgewehre gegen Piraten.“ Er gab einen abfälligen Laut von sich. „Was will er damit erreichen?“

„Vielleicht hat er einen Plan?“

„Natürlich, weil bisher hatte er ja immer einen Plan, nicht wahr?“ Der Sarkasmus in Maliks Stimme war schon fast greifbar.

„Und du hast nen Plan?“

„Mein Plan ist, mich nicht erwischen zu lassen.“

Mariku verdrehte die Augen. „Wow, was für ein toller Plan. Wieso schließt du dich ihnen nicht an? Ihr seid doch alles böse Jungs.“

Malik stand auf. „Ihr Menschen habt auch keine Ahnung was außerhalb eures Sonnensystems los ist, oder?“ Er kam näher und sah Mariku herablassend an. „Ihr seid eben doch nur ein junges, dummes Volk.“ Mariku spannte seinen Körper an, schluckte seine Wut aber hinunter. „Piraten nehmen alles, was von Wert ist und wenn es nichts von Wert gibt, dann nehmen sie die Crew. Ryou ist ein Vermögen wert.“ Mariku hob kurz die Augenbrauen, sprach Malik aber nicht darauf an, dass er Ryou beim Namen genannt hatte. Ihm selbst schien es nicht aufgefallen zu sein. „Zumindest die Federn auf seinem Kopf. Die Seire dürfte sich auch ganz gut verkaufen, der Nocidea ebenfalls. Du nicht.“ Er schmunzelte, während er das sagte.

„Danke“, murmelte Mariku, musste aber ebenfalls leicht grinsen.

Doch Maliks Gesichtsausdruck wurde gleich wieder ernst. „Und jetzt stell dir vor, wie viel jemand wert ist von einer Spezies, die als ausgestorben gilt.“

Mariku sah die Unruhe in Maliks Blick. Er wollte keinesfalls in die Fänge der Piraten geraten und Mariku teilte dieses Gefühl. „Und was willst du tun?“

„Das lass mal meine Sorge sein.“ Er wandte sich zum Gehen, doch Mariku packte ihn am Handgelenk.

„Was hast du vor?“

Malik riss sich los, trat jedoch einen Schritt auf Mariku zu. Sie waren sich so nah, dass Mariku Maliks Atem auf seiner Haut spürte. „Hast du Angst, dass ich euch zurücklasse?“ Seine Stimme war leise und hatte einen amüsierten Unterton.

„Ich trau’s dir zu“, antwortete Mariku.

Malik begann zu grinsen. „Das solltest du auch.“ Er wollte erneut gehen, doch Mariku packte ihn wieder und presste seine Lippen auf Maliks. Ihr Kuss dauerte nur wenige Sekunden.

„Was sollte das?“, zischte Malik und stieß Mariku von sich.

Mariku leckte sich über die Lippen. „Ein Abschiedskuss, falls wir uns nicht mehr sehen.“

Malik knurrte und ließ Mariku allein. Dieser sank seufzend auf die Matratze. Würde Malik sie zurücklassen? Er fasste sich an die Lippen. Nein, würde er nicht... hoffentlich.
 

„Geht mal ein bisschen schneller.“ Einer der Piraten stieß Mariku mit dem Gewehrgriff in den Rücken.

„Ich kann nur so schnell gehen, wie du denkst.“

Der Pirat packte ihn an der Schulter und schubste ihn gegen die Wand. Er stieß ihm die Waffe gegen die Brust. „Der Boss hat zwar gesagt, wir dürfen euch nicht abmurksen, aber ich kann dir die Fresse polieren.“ Er war kleiner als Mariku und musste zu ihm hochsehen.

„Kommst du mit deinen Patschehändchen überhaupt bis hier hoch?“

Es war der Gewehrgriff, der Mariku fast die Nase brach.

„Mariku!“ Bakura wollte zu ihm, doch wurde zurückgehalten.

„Oh verdammt.“ Mariku presste seine Hände gegen seine blutende Nase. Ihm wurde schlecht und er hatte das Gefühl gleich das Bewusstsein zu verlieren. Das hatte mehr wehgetan, als erwartet, aber er hatte erreicht, was er wollte. Er hinterließ blutige Schlieren an den Wänden auf dem ganzen Weg bis zu den Zellen.

Er wurde in einer der Zellen gestoßen und sank dort auf die Knie.

„Verteilt die anderen“, befahl der, der Ryou trug. „Und bringt den Nocidea nach oben.“

Marikus Arme wurden nach oben gerissen und kaltes Metall legte sich um seine Handgelenke.

„Ich steh nicht so auf Fesseln“, murmelte Mariku. Die Blutung hatte zwar gestoppt, aber ihm schwirrte immer noch der Kopf. Am liebsten hätte er sich übergeben. Dass der Pirat ihm in den Magen trat, machte es nicht besser. Mariku würgte. Er legte den Kopf zurück und schloss die Augen. Wenn Malik ihn hier nicht rausholte, dann würde er ihn suchen und eigenhändig umbringen.
 

„Mokuba!“, donnerte Seto, als er seine Kabine betrat.

„Zur Stelle!“ Lautlos war Mokuba neben seinem Bruder aufgetaucht. Er hielt ein Tablet in der Hand und wählte mit dem Finger unterschiedliche Menüpunkte aus. „Was steht zum Verkauf?“

„Sklaven“, antwortete Seto und ließ sich auf seinen Sessel sinken.

Mokuba hob überrascht die Augenbrauen. „Hatten wir schon lange nicht mehr“, sagte er leise und wischte mit den Fingern über das Display.

Seto schlug mit der Faust auf den Tisch und Mokuba zuckte zusammen. „Das wird Ryou lehren sich nicht mehr mit mir anzulegen.“ Seto sah seinen kleinen Bruder an und selbst diesem fiel es schwer, seinem bohrenden Blick standzuhalten. „Überprüf ihren Wert.“

Mokuba nickte. Er kannte Ryou und fühlte sich nicht wohl dabei, dass er jetzt als Sklave verkauft werden sollte. Er wusste zwar, dass Seto einige Probleme mit ihm in der Vergangenheit gehabt hatte und immer wenn sie aufeinander trafen gab es Reibereien, doch er fand nicht, dass das Setos jetziges Handeln rechtfertige. Doch Seto war sein Bruder und er würde ihm nie widersprechen.

Mokuba gab mehrere Passwörter ein um Zugriff auf den Sklaven-Schwarzmarkt zu bekommen. Seine Iris wurde gescannt bevor sich die Datei öffnete. „Bereit.“

„Ein Vida.“

Mokuba verzog das Gesicht. „Mehr als 2.000 kriegst du dafür nicht.“

Seto verschränkte die Finger ineinander. Es war keine Überraschung, dass er für Jonouchi nur so wenig bekommen würde. Ryous Crew war schon immer minderwertig gewesen. Vida hatten nichts Besonderes an sich. „War zu erwarten. Ein Basani.“

„3.500, wir sind außerhalb der Saison, da gehen die auch zu Spottpreisen weg.“

Seto nickte. Aufgrund der Robustheit der Basani und Unempfindlichkeit gegenüber extremen Temperaturen wurden sie gern auf sonnennahen Planeten als Arbeiter eingesetzt. Nur dort bekam man das wertvolle Adamas. 90% des Adamas wurde durch Sklaven gewonnen und selbst die Sternenallianz verschloss davor die Augen. Sie war zu gierig das Adamas zu bekommen. „Eine Seire“, setzte Seto seine Aufzählung fort.

„Alter?“

Seto zuckte mit den Schultern. „Kein Kind mehr, erwachsen, aber nicht alt.“

„Je jünger, desto höher der Preis“, murmelte Mokuba, während er mehr Daten eingab. Er wollte gar nicht weiter darüber nachdenken, warum junge Seiren so beliebt waren. „30.000 bis 50.000 ungefähr für eine junge Erwachsene.“

Seto lehnte sich zurück. „Das klingt doch schon sehr vielversprechend.“ Seiren waren beliebte Sexsklavinnen. Sie wurden gerne schon als Kinder zu horrenden Preisen verkauft. Seto rümpfte die Nase. „Wie liegt der Preis von Menschen?“

„Männlich oder weiblich?“

„Männlich, sehr kräftig.“

„10.000.“

„10.000?“, wiederholte Seto und hob eine Augenbraue. Das war ein überraschend hoher Preis.

„Die Preise sind ziemlich hoch gegangen. Sie sind zwar kurzlebig, aber scheinen sich ausgezeichnet als Sklaven zu machen. Sowohl für Arbeit, als auch für...“ Mokuba presste die Lippen aufeinander und er sah verlegen zur Seite. „Sex“, murmelte er. „Was noch?“ Lieber schnell das Thema wechseln.

„Nocidea, jung, weiße Haare.“

Überrascht sah Mokuba auf. „Weiße Haare? Das ist selten.“ Er gab einige Daten auf dem Display ein. „Ich krieg keinen genauen Wert. Ein Nocidea ist 150.000 wert, aber mit weißen Haaren könnte sich das verdoppeln.“

Seto grinste zufrieden. Von wegen Ryou hatte keine wertvolle Fracht an Bord. Er kam jetzt schon auf einen höheren Betrag, als mit seinen letzten fünf Raubzügen zusammen und der Preis für Ryou würde die Skala sprengen. Nocidea waren vor allem wegen ihres Bluts beliebt. Es hatte eine berauschende Wirkung. Seto wusste nicht, was die weißen Haare so speziell machten, aber solange sie den Preis für den Nocidea hoben, war es ihm auch egal.

„Ein Cygni, alle Federn intakt.“

„Ab fünf Millionen aufwärts.“

In Gedanken hörte Seto bereits die Münzen klimpern. Er war jetzt schon der reichste Pirat, aber bald wäre er unverschämt reich. Die Federn eines Cygni waren eins der wertvollsten Dinge aller Galaxien. Pulverisiert verlängerten sie nicht nur das Leben unnatürlich lange, sondern verhinderten auch das Altern. Und wer wollte nicht so gut wie unsterblich sein? Doch einem Cygni die Feder auszureißen, zählte auch zu den grausamsten Dingen, die man tun konnte, denn sie verloren dadurch komplett den Verstand.

Er sah Mokuba an. „Wann ist die nächste Auktion?“

„In drei Tagen.“

„Sehr gut. Bereite alles vor und gib Isono die Koordinaten, sobald sie verfügbar sind.“ Er rieb seine Hände aneinander und breitete die Flügel aus. Ein zufriedenes Grinsen lag auf seinem Gesicht, als Mokuba den Raum verließ. Ryou hatte sich sein eigenes Grab geschaufelt. Er war respektlos und hatte es beim letzten Mal wirklich übertrieben. Seto knirschte mit den Zähnen. Niemand tanzte ihm auf der Nase herum. Er wusste, dass man hinter seinem Rücken über ihn lachte, weil er es nie geschafft hatte ein kleines Schiff wie Ryous zu plündern. Ryou war ihm immer entkommen. Es war, als wäre er ihm einen Schritt voraus und dabei war er auch noch frech geworden. Es erfüllte ihn mit Genugtuung, dass er ihn jetzt in Ketten hatte.

Kapitel 12
 

Bakura legte sich einen Arm über die Augen. Selbst diese kleine Bewegung war ein Kraftakt in seiner momentanen Situation. Das grelle Licht drang durch seine geschlossenen Augenlider, sein Kopf dröhnte und er fühlte sich schwach und ausgelaugt. Die weißen Wände und der Boden reflektierten das grelle Licht und verstärkten seine Wirkung. Bakura hasste die Helligkeit. Außerdem war es unerträglich warm. Seine Kleidung klebte an seinem Körper. Selbst wenn er gewollt hätte, er hätte sich nicht vom Fleck bewegen können. Die Helligkeit saugte ihm regelrecht die Energie ab. Sie würde ihn nicht töten, doch sie machte ihn kraftlos.

Er wusste genau, was dieser Pirat vorhatte. Ein toter Nocidea nutzte ihm nichts, aber lebend war er eine Geldquelle. Das Blut eines hellhaarigen Nocidea galt als doppelt so stark wie das eines Dunkelhaarigen. Bakura wusste nicht, ob es stimmte, er wurde von seinem eigenen Blut nicht high.

Er berührte sein zerfetztes Ohr. Es war nicht sein erstes Aufeinandertreffen mit Piraten. Vor ein paar Jahren war er schon einmal in einer ähnlichen Situation gewesen.
 

Flashback

Bakura hatte das Gefühl jeden Moment das Bewusstsein zu verlieren. Er starrte auf die Nadel in seinem Arm und wie sie das Blut aus seinem Körper zog. Bakura würgte und schloss die Augen. Er machte diese Prozedur fast täglich durch und er hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt. Würde er auch nie. Wollte er auch gar nicht.

Bakura fiel nach vorne. Er hatte nicht mehr die Kraft seinen Oberkörper aufrecht zu halten. Er atmete schwer und ihm war schwindelig.

„Das war viel zu viel. Du sollst ihn nicht umbringen.“

Bakura hörte Schritte neben sich und man entfernte die Nadel aus seinem Arm.

„Der Boss hat’s angeordnet.“

„Aber nicht ihn umzubringen!“ Bakura wurde hochgehoben. „Hol ihm was zu trinken.“

„Ist es nicht komisch, dass wir ihm Blut abzapfen und ihm dann wieder welches geben?“

Genervtes Seufzen. „Du nervst. Mach einfach.“

Bakuras Bewusstsein schwand. Den Rest des Gesprächs bekam er nicht mehr mit.

Man warf ihn auf eine dünne Matratze und Bakura schwankte zwischen wach sein und Bewusstlosigkeit. Die Dunkelheit und Kühle linderten das Schwächegefühl, doch erst als man ihm einen Becher mit Blut an die Lippen setzte und er trinken konnte, kamen seine Lebensgeister zurück. Fast hätte er das Blut wieder ausgespuckt. Es schmeckte schal, doch schließlich packte er den Becher und trank ihn gierig leer. Der Becher rutschte ihm aus der Hand als er leer war und Bakura sank auf die Matratze zurück. Er wusste nicht, wie lange er diese Prozedur noch durchstehen würde.
 

„Beweg dich“, murrte der Pirat und stieß Bakura den Gewehrlauf in den Rücken. Bakura stolperte leicht nach vorne und verdrehte die Augen. Wenn die Piraten ihm weiterhin so oft Blut abzapften, würde sein Körper nicht mehr hinterherkommen Neues zu produzieren. Selbst Gehen fiel ihm immer schwerer. Dass man ihn mit altem, abgestandenem Blut ernährte war auch nicht gerade hilfreich. Was würde er nicht alles für einen Schluck warmen, frischen Bluts geben.

Es herrschte Tumult in den Fluren des Piratenschiffs und einer von Bakuras Wächtern hielt einen anderen Piraten auf. Er war klein und mit Fell bedeckt.

„Was ist los?“

„Die haben ein Raumschiff abgefangen“, antwortete er mit aufgeregter und piepsiger Stimme. „Es soll Adamas geladen haben.“

Bakuras Wärter sahen sich an. Es passierte nicht jeden Tag, dass sie über so einen Schatz stolperten. Außerdem waren beide neugierig auf das Adamas. Es war so selten und wertvoll, dass keiner von ihnen es bisher zu Gesicht bekommen hatte. Sie eilten zusammen mit den anderen Piraten in die große Halle. Bakura wurde regelrecht mitgeschleift.
 

Eher uninteressiert betrachtete Bakura das Raumschiff mit der blau-weißen Außenhülle. ANE war das einzige, das er von dessen Namen lesen konnte. Sie standen etwas abseits und versteckt, denn eigentlich sollten sie gar nicht hier sein. Trotzdem hatte Bakura einen guten Blick auf das Geschehen.

Die Eingangsklappe öffnete sich und ein Cygni kam die Stufen herunter. Raunen ging durch die Piraten. Nicht nur, dass auch ein Cygni viel wert war, es war auch selten, einen als Piloten zu sehen. Seit dem Krieg hielten sie sich eher unter sich.

Bakura spitzte die Ohren und blendete die anderen Geräusche aus um das Gespräch zwischen dem Cygni und dem Kapitän mithören zu können.

„Du bringst mich etwas aus meinem Zeitplan.“ Die Abwesenheit von Furcht in seiner Stimme überraschte Bakura. Er war noch nie einem Cygni begegnet, der so selbstsicher sprach. „Ich hab eine eilige Lieferung.“

Der Piratenkapitän lachte. „Du bist längst am Ziel. Wir übernehmen das Adamas von hier aus.“

„Adamas?“ Der Cygni legte den Kopf leicht schief. „Wer sagt, dass ich Adamas geladen habe?“ Der Kapitän knurrte und wollte den Cygni packen, doch dieser trat einfach einen Schritt zurück. Bakura reckte den Hals noch ein Stück. „Aber ich hab wirklich was für dich und deine ganze räudige Crew: einen Trip ins Gefängnis.“

Lachen schallte durch die Halle, doch es blieb den Piraten schnell im Hals stecken, als eine Milizeinheit der Sternenallianz aus dem Raumschiff stürmte.

Einer von Bakuras Wächter warf schreiend sein Gewehr zur Seite und rannte weg.

„Dieser Idiot!“, fluchte der andere.

Bakura nutzte die Gelegenheit um ihm seinen Ellenbogen ins Gesicht zu rammen. Der Pirat taumelte. Bakura packte ihn und versenkte seine Zähne in seinem Hals. Gierig saugte Bakura an der Halswunde und spürte, wie sein Körper wieder richtig zu arbeiten begann.

Plötzlich wurde er zurückgerissen und ging zu Boden. Einer der Piraten war über ihm und versuchte ihm mit seinen Klauen die Augen auszustechen. Bakura drehte den Kopf zur Seite und schrie auf, als die Krallen stattdessen sein Ohr zerfetzten. Er stieß den Piraten von sich, der über seinen toten Kameraden stolperte und gegen die Wand prallte. Bakura verschwendete keine Zeit. Das frische Blut war längst in seinen Organismus übergegangen und versorgte ihn mit neuer Kraft. Er jagte seine Zähne in den Hals seines Angreifers und saugte auch diesem das Blut aus, bis der Körper nur noch leblos in seinem Griff hing.

Bakura ließ ihn zu Boden fallen und wischte sich über den Mund. Um ihn herum herrschte Chaos. Miliz und Piraten bekämpften sich bis aufs Blut und er hatte keine Lust zwischen die Fronten zu geraten. Am Ende würde man ihn noch für einen Piraten halten.

Bakura sah sich um, auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit. An den Wänden standen einige Flitzer, kleine Schiffe für eine Person. Sie eigneten sich eher für Kurzflüge, aber Bakura wollte eh nur aus dem Piratenschiff raus. Sein eigenes Blut rann ihm an Gesicht und Hals hinunter, doch Bakura konnte dem Schmerz keine Aufmerksamkeit schenken, er musste so schnell wie möglich verschwinden.
 

Er schlich durch die Menge und versuchte keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Als er sich hinter zwei Kisten duckte, konnte er einen Blick auf den Cygni erhaschen. Er stand oben an der Luke und unterhielt sich mit einem Vida. Sein Gesichtsausdruck war ernst, während er energisch ins Innere des Raumschiffs deutete.

Bakura rollte zur Seite, als jemand gegen die Kisten stieß und diese ins Wanken gerieten. Kriechend gelangte er unter einen der Flitzer und atmete dort erst einmal tief durch.

Plötzlich tauchte ein Pirat neben ihm auf, der scheinbar dieselbe Idee gehabt hatte. Bevor er jedoch reagieren konnte, brach Bakura ihm das Genick. Er hatte keine Zeit sich mit Konkurrenz aufzuhalten. Er kletterte gerade zur Einstiegsluke des Flitzers, als ein Schuss über seinen Kopf hinwegsauste. Bakura zog den Kopf ein und ließ sich vorwärts auf den Sitz fallen. Mit dem Fuß betätigte er den Knopf um das Glas zu schließen und drehte sich dann richtig um sich auf den Sitz setzen zu können. Er drückte einige Knöpfe und startete damit die Motoren, was wiederrum Aufmerksamkeit auf sich zog. Schüsse prallten an der Außenhülle ab und Bakura hoffte, dass kein wichtiger Teil beschädigt wurde. Bakura packte den Steuerknüppel und brachte den Flitzer in Position. Er schob den Beschleunigungsriegel nach vorne und achtete nicht darauf, ob ihm jemand ihm Weg stand. Er wollte einfach nur hier weg.

Funken sprühten als er an der Wand entlangschrammte. Bakura biss die Zähne zusammen und krallten sich regelrecht an den Steuerknüppel. Jetzt konnte er endlich den kompletten Namen des Raumschiffs sehen: AMANE.

„Ich steh in deiner Schuld, Schätzchen.“
 

Es war kein Zufall gewesen, dass er sich Ryous Schiff für seine Reise ausgesucht hatte. Seit diesem Tag hatte er oft an ihn gedacht. Er hatte diesen ungewöhnlichen Cygni unbedingt kennen lernen wollen.

Irgendwann würde er Ryou davon erzählen. Am besten, wenn sie sich das nächste Mal sahen, bevor er keine Gelegenheit mehr dazu hatte.
 

Fast lautlos ließ sich Malik von seinem Versteck auf den Boden fallen. Dabei blieb er mit seinem Shirt hängen und es riss. Malik stieß genervt Luft aus und betrachtete den Riss. Mariku würde bestimmt wieder meckern, wenn er das sah. Immerhin war es eins seiner Oberteile. Er sah sein grinsendes Gesicht vor sich und schüttelte den Kopf. Dieser verdammte Mensch. Malik fasste sich an die Lippen. Er machte ihn noch wahnsinnig. Malik schlüpfte aus seinen Schuhen und stellte sie in Marikus Kabine. Marikus Tasche lag auf dem Boden, das Display kaputt. Auch sonst herrschte Chaos im Zimmer. Die Piraten hatten alles durchsucht.
 

Malik schlich zum Ausgang von Ryous Raumschiff und spähte nach draußen. In der Nähe standen eine Handvoll Piraten, ihre Waffen lagen auf Kisten und sie alle hielten Flaschen in der Hand. Sie lachten und sprachen laut. Ungesehen schlich Malik aus dem Raumschiff. Das spärliche Licht half Malik sich unbemerkt durch die Halle zu bewegen. Bevor er sich um die Befreiung der Anderen kümmern konnte, musste er erst einmal einen Fluchtplan entwickeln. Sobald sie ein Schiff hatten, wäre es einfach das Piratenschiff zu verlassen.

Malik blieb vor einem Flitzer stehen. Noch einfacher wäre es, wenn er einfach allein verschwinden würde. Er legte eine Hand auf die Leiter, die zum Cockpit führte und sah nach oben. Er könnte einfach abhauen. „458C 52W“, murmelte er und griff die Sprosse fester.
 

„Ein Abschiedskuss, falls wir uns nicht mehr sehen.“
 

Malik fauchte. Er hasste ihn und wie er sich immer in seine Gedanken schlich.

„Habt ihr das gehört?“

Malik horchte auf. Er huschte auf die andere Seite des Flitzers und drückte sich in den Schatten eines größeren Schiffes. Zwei Piraten kamen näher.

„Hier ist nix.“

„Doch, ich hab was gehört, ganz sicher.“

„Ja, das Geräusch wie ich dir in den Arsch trete.“ Sie hatten eine kurze Rangelei, dann verschwanden sie wieder lachend.

Malik wartete noch einige Augenblicke ab, dann sah er an dem Schiff hoch, in dessen Schatten er stand. Ein Azur G40. Es war kleiner als Ryous Schiff und ein älteres Modell, aber es würde für ihre Zwecke reichen. So leise er konnte verschaffte sich Malik Zugang zum Schiff. Er sah sich im Cockpit um. Selbst die Steuerung war schon fast Antik. Dieses Modell wurde schon gar nicht mehr gebaut. Ob es überhaupt noch flog? Er konnte es nicht ausprobieren ohne Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Trotzdem ließ er sich auf den Pilotenstuhl sinken und drückte ein paar Knöpfe. Das Display sprang sofort an. Malik schaltete es gleich wieder aus. Immerhin die Elektronik funktionierte. Er musste das Risiko eingehen.
 

Er kehrte in die Halle zurück und durchquerte sie. Die Piraten waren immer noch mit Trinken beschäftigt. Vorsichtig betrat er einen Flur. Ab jetzt musste er aufmerksam sein, denn er hatte weniger Möglichkeiten sich zu verstecken.

Fast sofort fiel sein Blick auf die Blutspur an der Wand. Niemand hatte sich die Mühe gemacht es wegzuwischen. Malik verdrehte die Augen. Dieser verdammte Mariku, konnte er sich nicht einmal nicht mit jemandem anlegen? Malik folgte der Blutspur. Er hätte sie gar nicht gebraucht, denn er sah ganz deutlich die Wärmespur, die Mariku hinterlassen hatte. Jedes Lebewesen strahlte Wärme ab und hinterließ dadurch eine Spur, die für Stunden, manchmal auch Tage, für Malik und Seinesgleichen zu sehen war. Wenn er die Wärmebilder kannte, konnte er sie ohne Schwierigkeiten zuordnen.
 

Als sich eine Tür vor ihm öffnete, hatte Malik nicht mehr die Zeit sich ein Versteck zu suchen. Die beiden Piraten starrten Malik mit großen Augen an und einer von ihnen öffnete den Mund, doch Malik schubste ihn gegen die Wand, während er den anderen mit einem Tritt zu Boden beförderte. Er brach dem ersten das Genick und stürzte sich auf den zweiten, bevor dieser nach seiner Waffe greifen konnte. Er bohrte ihm seine Krallen in den Bauch und injizierte ihm sein Gift. Sofort verkrampfte sich der Körper des Piraten. Er schnappte nach Luft, doch seine Atemwege schlossen sich bereits. Während er erstickte, zog Malik seinen Kumpanen in den Raum aus dem sie gekommen waren. Er konnte es sich nicht leisten, dass man sie zu schnell fand, weshalb er auch darauf geachtete hatte, keine Blutspuren zu hinterlassen. Er zog den zweiten Piraten ebenfalls in das Zimmer und schloss die Tür. Malik atmete tief durch. Er musste wirklich aufpassen.
 

Malik war froh, als sich breite und vor allem hohe Gänge vor ihm ausbreiteten. Die vielen Türen waren ein Risiko, aber er hatte Dank der hohen Decke eine einfachere Möglichkeit die Piraten zu umgehen.

Malik sprang und seine Krallen hinterließen Löcher in der Decke, als er sich daran festkrallte. Er zog die Beine nach und löste seine Krallen aus der Decke. Er hatte keine Probleme damit an Wänden oder Decken zu laufen. So hatte er sich auch damals an Mariku angeschlichen.

Malik bewegte sich langsam und achtete auf die Geräusche, die durch die Türen drangen. Sein Gehör war jedoch nicht fein genug um sie voneinander zu trennen. Er konnte nicht sagen, welches Geräusch aus welcher Richtung kam. Lautes Krachen hallte plötzlich durch die Gänge und Malik zuckte zusammen. Er hielt inne und lauschte. Eine wütende Stimme war zu hören und danach Lachen, doch Malik konnte nicht sagen, ob beides aus derselben Richtung kam. Er kroch weiter bis sich eine Tür unter ihm öffnete. Eine Gruppe Piraten trat heraus. Sie hielten alle Flaschen und Becher in den Händen und waren erheblich betrunken. Malik hielt still und drückte sich gegen die Decke. Einer der Piraten begann zu singen und ein zweiter stimmte mit ein und versuchte seinen Kameraden zu übertönen. Sie bemerkten Malik nicht und erst, als sie außer Sicht waren, setzte dieser seinen Weg fort.
 

Malik gelang tiefer ins Schiff und ließ sich wieder zu Boden fallen, als er den Schiffsteil mit den Zellen erreichte. Einen Wächter schien es nicht zu geben, deshalb gelangte Malik ungesehen hinein. Ein Blick auf das Schloss an der ersten Zelle sagte ihm, dass er eine Schlüsselkarte benötigte um die Türen zu öffnen. Malik knirschte mit den Zähnen. Der einfache Teil war vorbei.
 

Mariku schmeckte Blut in seinem Mund und er keuchte schmerzerfüllt, als der Pirat erneut in seinen Magen trat. Es war der, den er zuvor schon beleidigt hatte. „Jetzt reißt du keine so dummen Sprüche mehr, was?“

Mariku antwortete nicht. Ihm schwirrte der Kopf.

„Bring ihn nicht um, der Boss flippt sonst aus.“

„Jaja.“ Ein letzter Tritt und der Pirat packte ihn an den Haaren. „Das hast du jetzt davon, dass du dich mit Piraten anlegst, du Abschaum.“ Er stieß Mariku von sich und dieser prallte gegen die Wand. Mariku schloss die Augen und blieb einfach liegen. Er hatte nicht geahnt, dass seine kleine Provokation solche Folgen haben würde. Er presste sein Gesicht gegen den kalten Stein und seufzte. Aber was hatte er bei seinem Glück schon erwartet? Er konnte froh sein, wenn nichts gebrochen war. Es piepste, als die Piraten seine Zelle wieder verschlossen.
 

Malik horchte auf, als er Stimmen hörte.

„Dem Bastard hab ich’s gezeigt.“ Lachen. „Der legt sich nicht mehr mit mir an, wertloser Mensch.“

Malik machte sich nicht die Mühe sich zu verstecken. Er hielt sich nur außerhalb des Lichtscheins und wartete ab, bis die beiden Piraten nah genug waren.

Bevor sie überhaupt wussten was vor sich ging, hatte Malik dem ersten schon das Genick gebrochen. Der zweite hatte zwar noch Gelegenheit seine Waffe auf Malik zu richten, jedoch keine mehr um abzudrücken.

Malik durchsuchte ihre Taschen bis er zwei Schlüsselkarten fand und eine der Zellen aufschloss. Sie war leer und Malik versteckte die Leichname darin. Er schob die Schlüsselkarten ein und bewegte sich lautlos durch den Zellenblock.

Selbst wenn er gewollt hätte, könnte er nicht jeden von Ryous Crew befreien. Er hatte nur wenig Zeit und irgendwann würde man die Leichen finden und das würde das ganze Schiff alarmieren. Er betrachtete die Wärmespuren, die sich vor ihm erstrecken. Jede führte in eine unterschiedliche Richtung. Er wandte sich in die Richtung in die Mariku gebracht wurde, doch zögerte. Wenn er nur Mariku befreien würde, dann würde dieser ihm nur Vorwürfe machen und ihn nerven. Malik ballte seine Hände zu Fäusten. Warum kümmerte es ihn überhaupt, was mit ihm passierte?

Wütend drehte Malik sich wieder um. Er konnte nicht alle retten, aber keiner von ihnen würde zulassen, dass er einen anderen zurückließ. Zumindest, wenn diese noch lebten. Ein Grinsen legte sich auf Maliks Lippen. Er konnte niemanden retten, der tot war und er würde zuerst die größte Bedrohung ausschaltet. Der Einzige, der wirklich im Stande wäre, den Abzug zu drücken.
 

Aufgrund von Hondas hoher Körpertemperatur war seine Spur die Deutlichste von allen. Sie würde selbst in ein paar Tagen noch sichtbar sein, während die anderen schon längst verblasst waren.

Malik zog die Schlüsselkarte durch den Scanner und Honda sah auf, als Malik die Zelle betrat.

„Du“, murrte er. Er kniete auf dem Boden, Hände und Füße hinter seinem Körper. Malik sah die Ketten, die ihn an die Wand fesselten. „Was willst du?“

„Oh, willst du etwa nicht gerettet werden?“

„Nicht von dir!“

„Keine Sorge“, Malik spannte seinen Arm an und Gift tropfte von seinen Krallen, „das hab ich auch gar nicht vor.“ Doch bevor Malik Hand an ihn legen konnte, packte Honda ihn plötzlich am Hals und drückte ihn gegen die Wand. Malik japste überrascht nach Luft. Honda hatte das Metall seiner Ketten schmelzen lassen und war schon die ganze Zeit frei gewesen. Er hatte jedoch nicht gedacht, dass es Malik wäre, der in seiner Zelle auftauchen würde.

Malik schlug mit seinen Krallen nach ihm, doch Hondas Haut war zu hart für sie.

„Ich lass nicht zu, dass du hier nochmal lebend rauskommst.“

Malik wimmerte, als die Haut an seinem Hals verbrannte. Seine Schuppen leiteten die Hitze durch seinen ganzen Körper. Malik biss die Zähne zusammen. Er hatte nur eine Chance. Maliks Arm schoss nach vorne und er jagte seine Krallen in Hondas Augen, der einzige weiche Punkt am Körper eines Basani. Honda ließ ihn sofort los und stolperte zurück. Er presste sich die Hände aufs Gesicht, doch es war längst zu spät. Maliks Gift war in seinem Kreislauf.
 

Schwer atmend lehnte sich Malik gegen die Wand und fasste sich an den Hals. Sofort zog er die Hand wieder zurück. Blut klebte an seinen Fingern. Er hatte gelernt Schmerzen zu unterdrücken, doch im Moment fiel es ihm schwer sich auf den Beinen zu halten. Er schloss die Augen und nahm einige tiefe Atemzüge. Das Brennen zog sich durch seinen gesamten Körper und er spürte, wie das Blut über seinen Hals nach unten rann.

Er schob seine Finger in den Riss des Shirts und zog daran. Er riss den unteren Teil davon ab und wickelte ihn sich um den Hals. Malik sah auf den am Boden liegenden Honda und fauchte. Er hatte gleich gewusst, dass er ihm gefährlich werden konnte. Zumindest war er dieses Problem ein für alle Mal los. Er würde den Vida und die Seiren ebenfalls aus dem Weg räumen. Malik verließ die Zelle. Was hielt ihn davon ab, sie alle zu töten? Unruhig leckte er sich über die Lippen.

Ein Schrei zog Maliks Aufmerksamkeit auf sich. Es war Ryou.
 

„Finger weg“, brüllte Ryou und drückte sich gegen die Wand. Er wand sich in seinen Fesseln und versuchte den Berührungen des Piraten zu entgehen.

„Du wirst mich reich machen“, flüsterte der Pirat und strich Ryou über die Wange. „Dann bin ich mein eigener Boss.“ Er lachte. „Und keiner gibt mir mehr Befehle.“ Er strich an Ryous Federn entlang und Ryou begann unkontrolliert zu zittern. Es gab nichts, dass er mehr fürchtete, als seine Federn zu verlieren. Er hatte gesehen, was es mit seinen Leuten anrichtete. Er wollte lieber sterben, als zu einer leeren Hülle zu werden; nicht mehr fähig zusammenhängend zu sprechend, ohne zu wissen, wer er war. Allein der Gedanke war ein Albtraum für ihn.

„Nicht“, flüsterte Ryou heiser. Er schrie, als der Pirat seine Federn grob packte, doch er riss sie ihm nicht aus. Der Pirat lachte und schien es zu genießen Ryou zu quälen. Er strich erneut an den Federn entlang und Ryou schloss die Augen.

Er atmete schwer und sein Körper fühlte sich wie taub an. Würde er stehen, hätten seine Beine nachgegeben. Wieder spürte er die langen Finger an seinen Federn. Ryou hielt den Atem an und wartete auf den Schmerz.
 

Doch der kam nicht. Etwas spritzte ihm ins Gesicht und er hörte ein röchelndes Geräusch. Seine Federn wurden losgelassen und Ryou öffnete vorsichtig die Augen. Blut tropfte ihm auf die Lippen.

Der Pirat hatte den Mund aufgerissen und starrte röchelnd nach unten. Aus seiner Brust ragte ein Arm und der Pirat ging in die Knie, als der Arm aus ihm herausgezogen wurde. Malik schubste ihn zur Seite und sah auf Ryou hinunter. Tränen standen Ryou in den Augen und seine Unterlippe bebte. Malik hatte diesen Anblick schon oft gesehen. Er genoss ihn normalerweise, doch nicht jetzt. Es war etwas anderes, das er fühlte, aber er konnte dem keinen Namen geben und er mochte es auch nicht. Er war eine Schande für seine ganze Rasse.

„Alles in Ordnung?“

Ryou nickte langsam. Er konnte nicht fassen, dass Malik ihn gerettet hatte; dass Malik überhaupt noch da war um sie zu rauszuholen.

Malik öffnete die Ketten. „Warte hier, rühr dich nicht vom Fleck“, wies er Ryou an. „Ich hol dich, wenn’s so weit ist.“

Ryou nickte erneut und als Malik gegangen war berührte er seine Federn. Er weinte vor Erleichterung. Wer hätte gedacht, dass es ein Notechis wäre, der ihm das Schlimmste aller Schicksale ersparte?
 

Malik beeilte sich um zu Mariku zu kommen. Er rechnete nicht damit, dass sie noch viel Zeit hatten. Es würde ihn wundern, wenn inzwischen noch niemand die Leichen entdeckt hätte.

Mariku sah auf, als Malik seine Zelle betrat. „Du kommst spät“, sagte er mit einem Grinsen.

„Und du siehst scheiße aus“, erwiderte Malik. Er umfasste Marikus Gesicht mit seinen Händen. „Ist es schlimm?“

„Machst du dir Sorgen um mich?“

Mit einem genervten Seufzen ließ Malik Mariku los und öffnete seine Ketten. „Scheint dir ja gut zu gehen.“

„Hab schon Schlimmeres erlebt, aber immerhin hat’s was gebracht und du hast mich gefunden.“

„Ich hätte dich auch so gefunden.“

„Das ist das Romantischste, was du je gesagt hast.“

Malik verdrehte die Augen. „Kannst du laufen?“

Mariku stützte sich an der Wand ab, als er aufstand. „Au.“ Er drückte seine Hand in seine Seite. „Dieser Bastard hat ganz schön fest zugetreten.“ Mariku ließ die Wand los und ging einige vorsichtige Schritte. „Sollte gehen.“

Malik nickte kurz und wandte sich zum Gehen, doch Mariku hielt ihn auf.

„Was ist mit deinem Hals?“

Malik berührte den Stoff, den er darum gewickelt hatte. Er war feucht vom Blut. „Es ist nichts. Komm jetzt endlich.“
 

Zusammen gingen sie zu Ryous Zelle. „Wir haben nicht mehr viel Zeit“, erklärte Malik und sah in die Richtung in der die Tür lag.

„Was ist mit den anderen?“

„Dafür haben wir keine Zeit“, wiederholte Malik.

„Ich lass sie nicht zurück und Bakura ist auch irgendwo im Schiff.“

Malik verdrehte die Augen. Hatte er es nicht gesagt? Bevor er jedoch antworten konnte, hörten sie Stimmen.
 

„Warum müssen wir jetzt überhaupt nachgucken? Die sind eingesperrt, die haben bestimmt niemanden abgemurkst.“

„Ja, aber die zwei Vollidioten melden sich auch nicht. Der Kapitän ist voll pissig und ich hab keinen Bock, dass der das an mir auslässt.“
 

„Wir müssen gehen. Sofort“, flüsterte Malik.

„Nicht ohne die anderen“, erwiderte Ryou.

Bevor Malik jedoch eine bissige Bemerkung machen konnte, mischte sich Mariku ein: „Wie wär’s wenn ich Ryous Leute raushole und ihr sucht Bakura?“

Ryou stimmte sofort zu, während Malik noch zögerte. Ihm gefiel Marikus Vorschlag ganz und gar nicht. Letztendlich hatte er jedoch keine Wahl und reichte Mariku widerwillig die Schlüsselkarte.

„Wir treffen uns in der großen Halle mit den Schiffen. Da steht eine alte Azur G40, haltet euch in der Nähe auf.“ Er leckte sich unruhig über die Lippen. „Findest du den Weg zurück?“

„Kein Problem, hab ja genug Spuren hinterlassen.“ Mariku grinste und rubbelte sich mit dem Ärmel über das Gesicht um das Blut loszuwerden. Seine rechte Gesichtshälfte fühlte sich leicht geschwollen an.
 

„Hey!“ Die beiden Piraten hatten sie erreicht und Malik zögerte keinen Augenblick. Er war schon auf ihre Ankunft vorbereitet gewesen. Er trat einem das Gewehr aus der Hand und bohrte dem anderen seine Krallen unter dem Kinn in den Kopf.

Bevor er sich jedoch dem anderen Piraten zuwenden konnte, ertönte ein Schuss und der Pirat fiel tot zu Boden. Malik sah überrascht auf. Mariku hatte sich das fallengelassene Gewehr geschnappt und den Piraten ausgeschaltet.

„Nimm das zweite Gewehr auch.“ Er nickte in dessen Richtung. „Versucht Ärger aus dem Weg zu gehen und euch nicht umbringen zu lassen.“ Malik richtete seinen Blick auf Ryou. „Komm jetzt.“
 

Bakuras Spur zu folgen war schwieriger für Malik, denn sein Körper strahlte mehr Kälte als Wärme ab und seine Spur war nur noch schwach auszumachen. Malik musste öfter stehen bleiben und sich konzentrieren. Er kniff die Augen zusammen.

„Weißt du, wo wir hinmüssen?“, fragte Ryou leise und Malik fauchte ihn als Antwort nur an.

Malik verschwendete keine Zeit mehr vorsichtig zu sein und räumte jeden Piraten aus dem Weg, der ihnen begegnete. Sie hatten Glück, dass sie keiner Gruppe begegneten, sondern immer nur einem, manchmal auch zwei, und viele von ihnen betrunken. Malik hinterließ eine Leichenspur auf dem Piratenschiff.

„Warte hier.“ Malik streckte den Arm aus, damit Ryou stehen blieb. Sie waren nah an Bakura dran. Die Spur war hier noch deutlicher zu sehen. „Ich geh alleine vor.“

Ryou widersprach nicht. Er hatte den ganzen Weg beobachtet, wie Malik getötet hatte. Schnell und ohne Zögern. Irgendwie bewunderte er ihn und fürchtete ihn nur noch mehr. Es war ein mehr als seltsames Gefühl plötzlich auf der Seite eines Notechis zu stehen. Ryou berührte seine Federn. Er hatte ihn sogar gerettet. Malik rettete sie gerade alle. Ryou sah ihm hinterher. Das war die verrückteste Reise, die er je hatte.
 

Malik taumelte zurück, als ein Schuss seine Schulter traf. Es war nur ein Streifschuss und Malik hatte keine Zeit sich Gedanken darüber zu machen. Der nächste Schuss ging über seinen Kopf hinweg. Er kratzte dem Piraten durchs Gesicht und erst als dieser zuckend zu Boden ging, fasste sich Malik an die Schulter. Missbilligend sah er auf das Blut an seiner Hand. Er nahm dem Piraten die Schlüsselkarte ab und suchte nach Bakura.

Zwei Piraten saßen bei seiner Zelle, doch die hatten sich mit Alkohol selbst ausgeschaltet. Malik ging kein Risiko ein. Sie wachten auf, als er ihnen sein Gift injizierte, doch da war es schon zu spät. Maliks Hand ruhte auf seiner verletzten Schulter als er die Zelle öffnete.

"Ryou!", rief er und Ryou zuckte zusammen als sein Name durch den Flur hallte. Es war ein seltsamer Klang aus Maliks Mund.
 

"Lebt er noch?" Ryou traute sich nicht näher an Bakura ranzugehen. Sein Zustand war noch schlechter als auf Abulu.

"Ja, du musst ihn tragen." Malik fasste seine Schulter fester. "Und beeil dich verdammt noch mal."

Ryou tätschelte Bakura die Wange und war erleichtert, als dieser sich rührte. Er hob ihn hoch und legte ihn sich über die Schulter. Maliks Verletzung jedoch beunruhigte ihn. Würde sie ihn einschränken?

Ein Alarmsignal ließ sie beide zusammenzucken. Malik fauchte. Eilig machten sie sich auf den Weg zurück in die Raumschiffhalle. Die Wunde ließ Maliks Bewegungen langsamer sein, doch er gehörte nicht umsonst zu einer Rasse mit den besten Kämpfern. Noch immer war Malik den Piraten überlegen, doch er musste weitaus mehr Treffer einstecken. Viele waren jedoch auch überrascht einen Notechis zu sehen, was Malik einen weiteren Vorteil verschaffte.

Malik streckte den Arm aus um Ryou zum Halten zu bringen. Malik spähte um die Ecke. Der Gang war voller Piraten, die ihnen den Weg versperrten.

"Ich lenk sie ab. Sobald der Weg frei ist, rennst du los. Die Halle ist weiter geradeaus, verstanden?"

Ryou nickte nur. Wäre er mit jemand anderem zusammen, hätte er vielleicht widersprochen und selbst angeboten die Piraten abzulenken oder hätte einfach nur viel Erfolg gewünscht, doch bei Malik war es anders. Ryou wusste nicht, ob er wollte, dass Malik lebend aus der Sache rauskam.
 

Die Piraten unterhielten sich lautstark und die meisten schienen nicht zu wissen, was überhaupt vor sich ging. Niemand bemerkte Malik, der an der Decke über sie hinweg krabbelte.

„Hey!“ Malik ließ sich auf den Boden fallen. „Sucht ihr mich?“ Maliks Auftauchen versetzte die Piraten in noch mehr Aufregung. Befehle wurden durcheinander gebrüllt und auf Malik geschossen. Ohne Rücksicht auf Verluste, was dazu führte, dass sie teilweise ihre Kameraden erschossen, was zu noch mehr Chaos führte. Malik begann zu laufen und die Piraten verfolgten ihn. Erst, als sie nicht mehr zu hören waren, trat Ryou in den Flur. Bakuras Gewicht fing an seine Schulter zu belasten, er hatte jedoch keine Zeit die Seite zu wechseln.
 

Ryou war außer Atem als er die anderen erreichte und ließ erst mal Bakura zu Boden gleiten, als er merkte, dass ihm hier vorerst keine Gefahr drohte.

„Wo ist Honda?“, fragte er, nachdem ihm sein Fehlen aufgefallen war.

Mariku strich sich durch den Nacken und sah Anzu und Jonouchi an. Beide hatten den Blick gesenkt und Jonouchi scharrte mit seinen Hufen über den Boden. „Er ist tot.“

„Was?“ Ryou trat einen Schritt auf Mariku zu und trat dabei Bakura auf die Hand.

Bakura schreckte hoch. „Au!“ Doch niemand achtete auf ihn.

„Sag das noch mal.“

„Er lag tot in seiner Zelle.“ Mariku strich sich über den Unterarm. „Jemand hat ihm die Augen ausgestochen.“

Ryou packte Mariku am Kragen. „Nein!“ Mariku senkte den Blick, während Ryou ihn schüttelte. „Nein!“
 

„Was steht ihr da rum?“, fauchte Malik. Er packte Bakura am Arm und zerrte ihn auf die Beine. Maliks Bein blutete und man sah deutlich die Anstrengung in seinem Gesicht. „Rein ins Schiff.“ Schüsse trafen die Außenhülle und Mariku duckte sich instinktiv. Ryou ließ ihn los.

„Was ist mit meinem Schiff?“

„Vergiss dein Schiff.“

Ryou blickte zu Amane. „Ich kann nicht!“

Malik stieß genervt Luft aus. „Du musst!“

Ryou presste die Lippen aufeinander. Es zerriss ihm das Herz, dass er Amane zurücklassen musste. Nur schwerlich konnte er den Blick abwenden.
 

Malik ließ sich auf den Pilotensitz sinken und startete das Raumschiff. „Was steht ihr da rum? Ich brauch einen Co-Piloten!“ Es war Anzu, die sich nach kurzem Zögern auf den Sitz neben ihn setzte. „Kontrollier die Instrumente.“

Ryou war immer noch aufgebracht wegen Hondas Tod. Er hatte einen Verdacht und er konnte sich nicht beruhigen, bevor er nicht Gewissheit hatte. „Hast du ihn umgebracht?“ Er packte Malik an der Schulter. „Hast du?“

„Dafür ist jetzt keine Zeit“, fuhr Malik ihn an und schlug seine Hand beiseite.

Doch Ryou ließ nicht locker. Er riss den Stoff von Maliks Hals. Verbrannte Haut kam darunter zum Vorschein. Malik riss den Mund auf und zeigte seine Zähne. Gift tropfte von den Eckzähnen.

„Ich wusste es!“, schrie Ryou. Er hätte Malik nie vertrauen dürfen. „Du Monster!“ Malik stieß Ryou von sich, sodass dieser zurückgeschleudert wurde und gegen Bakura prallte. Sie gingen beide zu Boden.

Anzu zitterte am ganzen Körper und war nicht mehr in der Lage die Bedienung des Schiffs zu übernehmen. Malik stieß einen langen Zischlaut aus, dann packte er Anzu am Arm und zog sie aus dem Stuhl.

„Mariku“, fauchte er und sah zu ihm auf. „Weißt du, wie man ein Schiff bedient?“

„Theoretisch, ich hab das bisher nur in Simulationen geübt.“

„Das muss reichen. Hinsetzen!“

Bevor Mariku sich jedoch richtig hinsetzen konnte, beschleunigte Malik das Schiff und Mariku musste sich an der Rückenlehne festhalten um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Schwerfällig ließ er sich auf den Sitz fallen und befolgte die Anweisungen, die Malik ihm gab.
 

„Haltet sie auf!“, brüllte Seto und eine blaue Flamme schoss aus seinem Mund. „Ich will diesen Notechis!“ Als man ihm gesagt hatte, dass es ein Notechis war, der Unruhe stiftete, hatte er seinen Ohren nicht trauen können. Selbst als er ihn gesehen hatte, konnte er es immer noch nicht fassen. Er hatte in den letzten 150 Jahren keinen Notechis mehr gesehen. Er wäre unbezahlbar.

„Wir können sie nicht aufhalten, Kapitän.“

Seto schlug mit der Faust auf den Tisch. Dieser zerbrach unter der Wucht. „Dann schießt sie vom Himmel!“ Lieber sah er sie alle tot, als dass sie ihm entkamen. Sein Ruf wäre ruiniert, wenn sich das herumspräche. Ryou würde ihm nicht schon wieder auf der Nase herumtanzen.
 

Eins der geparkten Raumschiffe explodierte neben ihnen und drohte die Azur G40 zur Seite zu schieben. Mit zusammengebissenen Zähnen steuerte Malik dagegen.

„Mariku!“, presste er hervor. „Mehr Beschleunigung.“

Mariku schob den Hebel nach vorne und das Raumschiff schoss nach vorne. Eine erneute Explosion hob das Heck an und sorgte fast dafür, dass sie sich überschlugen. Mariku krallte sich in die Armlehne.

„Verdammt, verdammt, verdammt“, fluchte Malik und starrte verbissen nach vorne. Das Tor, das nach draußen führte, begann sich zu schließen. Mariku betete zu allen Göttern, die er kannte. Ob alt, ob neu, im Moment war ihm das egal. Er umklammerte den Beschleunigungshebel als könnte er damit dafür sorgen, dass sie noch schneller wurden.

Mariku kniff die Augen zusammen. Ihm war schlecht vor Aufregung und dass das Schiff durchgeschüttelt wurde, machte es nicht besser.

Eine Erschütterung ging durch das Schiff, als sie in letzter Sekunde durch die Schleuse flogen. Ein Stück am Heck des Schiffes wurde abgerissen und sie überschlugen sich. Maliks Hände flogen regelrecht über die Steuerungskonsole und sorgten dafür, dass sich das Raumschiff wieder richtig drehte.

Mariku öffnete vorsichtig die Augen. Vor ihnen erstreckte sich das Weltall, doch noch waren sie nicht in Sicherheit. Es wurde immer noch auf sie geschossen.

Mariku wurde fast aus seinem Sitz gerissen, als die Azur G40 erneut getroffen wurde. Die Elektronik flackerte und fiel anschließend aus. Malik stieß einen wütenden Schrei aus. Er hämmerte auf die Knöpfe, doch es brachte nichts.

„Egal. Wir müssen springen.“

„Das ist Wahnsinn!“, schrie Anzu.

„Hierzubleiben auch“, erwiderte Malik scharf. „Mariku, Hyperraumantrieb.“ Mariku zögerte nicht. Wenn sie blind sprangen, dann gab es keine Gewissheit wo sie landen würden. Sie könnten direkt in eine Sonne springen, doch wenn sie es nicht wagten, dann würden sie ganz sicher sterben.
 

Der Sprung mit einem beschädigten Schiff gehörte nicht unbedingt zu den angenehmsten Dingen. Das ganze Schiff vibrierte und Mariku fühlte sich wie in einer Achterbahn.
 

Das Erste, was sie sahen, als sie aus dem Hyperraum kamen, war die Außenhülle eines anderen Schiffes. Malik drehte die Steuerung so heftig herum, dass ein Teil davon abbrach. Sie schrammten an dem anderen Raumschiff entlang und kamen schließlich zum Stehen.

Mariku atmete erleichtert aus. Schweiß rann ihm über die Stirn und sein Herz raste. Er lehnte sich zurück, doch er war der einzige, der erleichtert zu sein schien.

„Nein“, flüsterte Ryou und sank auf die Knie. „Nein.“ Er drückte sich die Hände gegen den Kopf und schüttelte ihn heftig. „Nein, nein.“ Seine Augen waren panisch aufgerissen. Bakura legte ihm die Hand auf den Rücken und strich sanft darüber. Sein Blick war nach draußen gerichtet. Jonouchi und Anzu saßen auf dem Boden und starrten ebenfalls nach draußen.

Mariku hob den Blick. Die Außenhülle zierte eine Art Wappen, doch Mariku hatte es noch nie zuvor gesehen. Es war ein aufgerissenes Maul voll spitzer Zähne und ein Auge in der Mitte.

„Was ist los?“, fragte er und sah vor allen Dingen Malik an. Auch Malik starrte nach draußen. Er hatte sich die Unterlippe blutig gebissen.

Malik schloss die Augen um den Anblick des Wappens nicht mehr ertragen zu müssen. Er wäre lieber zu seiner Hinrichtung gegangen.

Kapitel 13
 

„Festhalten“, sagte Malik und öffnete die Augen. Er packte die Steuerung und das Schiff raste rückwärts. Malik wollte einfach nur weg. Weg von dem Symbol, welches ihn regelrecht zu verspotten schien.

Ryou hob überrascht den Blick und auch die anderen schienen von Maliks Fluchtversuch verwirrt zu sein. Ausgerechnet er wollte verschwinden?

Ryou sah Bakura an, der jedoch auch nur ratlos mit den Schultern zuckte. „Warum tust du das?“, fragte Ryou nach, doch Malik gab ihm keine Antwort. Er starrte nur verbissen nach draußen und wollte so viel Abstand zwischen sich und das andere Raumschiff bringen wie möglich.
 

Ihre Flucht kam jedoch zu einem abrupten Halt, als sie in einen Fangstrahl gerieten. Das andere Schiff hatte sie bemerkt. Ryou wimmerte und senkte den Blick. Es gab einfach kein Entkommen.

Malik biss die Zähne zusammen und steuerte dagegen. Mariku sah, wie sich seine Finger um die Steuerung krampften. Maliks Körper war angespannt. Mariku richtete seinen Blick auf das andere Raumschiff. Was ging hier vor? Was erwartete sie, dass selbst Malik davor weglaufen wollte?

Die Steuerung brach schließlich komplett und Malik schleuderte sie mit einem wütenden Schrei gegen die Scheibe. Er stützte sich mit den Ellenbogen auf der Konsole ab und vergrub seine Finger in seinen Haaren.

„Was ist los?“, fragte Mariku erneut und hoffte diesmal eine Antwort zu bekommen.

Malik sah ihn kurz an und richtete seinen Blick anschließend wieder nach draußen. Er betrachtete das Wappen, das langsam wieder näher kam; die Zahnreihen eines Notechis und das allessehende Auge in der Mitte. Das Zeichen seines Vaters. Er hatte es selbst jahrelang mit Stolz auf seiner Uniform getragen.

„Notechis“, antwortete er schließlich.

Die Abneigung in seiner Stimme überraschte Mariku. „Deine Leute?“, fragte er erstaunt nach. Warum wollte Malik vor ihnen fliehen? Sollte er sich nicht freuen? Was ging hier vor?

Mariku sah nach draußen. Was würde sie im Inneren des Schiffes erwarten? Er sah wieder Malik an. Was würde Malik erwarten?
 

Niemand sprach, während sie in das Schiff gezogen wurden. Ryou kniete immer noch auf dem Boden, die Augen wieder zu Boden gerichtet und weit aufgerissen, die Hände gegen seinen Kopf gepresst. Mariku sah Jonouchi und Anzu an, die ebenfalls ihre Blicke gesenkt hatten. Jonouchi schabte unruhig mit seinen Hufen, während Anzus Körper eine hellblaue Farbe angenommen hatte und schon fast durchsichtig wirkte.

Malik hatte seinen Kiefer angespannt und starrte missmutig nach draußen. Jeder Versuch ihn anzusprechen, endete mit einem zornigen Fauchen.
 

Als sie im Inneren des Notechis-Raumschiffs aufsetzten, öffnete Malik die Luke. Es hatte sowieso keinen Sinn, das Unvermeidliche noch weiter hinauszuzögern. Außerdem war er jetzt wieder unter den Seinen und ein anderes Verhalten wäre nur verdächtig gewesen.
 

Den Schritten nach war es nur ein Notechis, der das Schiff betrat. Sie betrachteten sie also nicht als Bedrohung. Wobei sein Volk niemanden wirklich als Bedrohung ansah. Malik hörte das leise Tippen von Krallen auf Metall. Keine Schuhe. Viele Notechis bevorzugten nackte Füße, da sie besseren Halt gewährten als Schuhe. Malik sah auf seine eigenen Füße hinunter. Er hatte Marikus Schuhe in Amane zurückgelassen, davor hatte er auch keine getragen.
 

Als der Notechis das Cockpit betrat, sah niemand ihn an außer Mariku. Seine Schuppen waren grün und nicht lila, wie Maliks. Im Gegensatz zu Malik hatte er einen vollständig beschuppten Schwanz, der ihm bis zu den Knien reichte. Auch seine Augen waren grün. Er schien älter zu sein als Malik, wirkte aber immer noch jugendlich auf Mariku. Es war für ihn unmöglich sein Alter einzuschätzen.

„Alle auf die Knie“, zischte der Notechis und lispelte dabei noch stärker als Malik.

Mariku sank von seinem Stuhl und senkte den Kopf, ließ den Notechis aber nicht aus den Augen. Diesmal würde er kein Risiko eingehen. Er hatte wirklich schon genug Wunden und mit Maliks Leuten war wirklich nicht zu scherzen.

Malik war der einzige, der sitzen blieb und dem Notechis auch weiterhin den Rücken zuwandte. Er hatte die Augen geschlossen und sammelte sich. Er war weich geworden in den letzten Tagen, doch so etwas konnte er sich in Gegenwart seiner Artgenossen nicht leisten.
 

„Hey du, wertloser Abschaum. Bist du zu dumm mich zu verstehen?“ Der Tonfall des Notechis war herablassend und leicht spöttisch und Mariku erkannte dieselbe Überheblichkeit, die auch Malik gerne zur Schau stellte. Er fühlte sich ihnen überlegen und im Moment war er das auch, zumindest bis Malik aufstand und ihn schneller, als er reagieren konnte, gegen die Wand drückte. Maliks lange Finger schlossen sich um seine Kehle und der Notechis starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Er wollte etwas sagen, doch Maliks Griff verhinderte das.

Seinem Blick nach wusste er, dass er einen tödlichen Fehler begangen hatte. In Maliks Blick dagegen brannte der Zorn. Er drückte ihm weiter die Kehle zusammen und der Notechis wehrte sich noch nicht einmal.

„Ich hasse Respektlosigkeit“, zischte Malik in seiner Muttersprache und seine Krallen durchdrangen die schützenden Schuppen am Hals seines Artgenossen. Blut rann über seine Finger und der Notechis versuchte erneut etwas zu sagen, doch mehr als Röcheln brachte er nicht mehr heraus, bevor Malik ihm die Kehle herausriss.

Der leblose Körper des Notechis fiel zu Boden und Blut floss um Maliks Füße.

„Malik“, begann Mariku, doch Malik fauchte ihn nur an und brachte ihn damit wieder zum Schweigen. Mariku presste die Lippen aufeinander und starrte auf den toten Alien, nur wenige Zentimeter von ihm entfernt. Langsam floss das Blut auf ihn zu. Er sah wieder hoch zu Malik, der immer noch einen Teil des Halses in seiner Hand hielt. Blut tropfte ihm von den Fingern. Er hatte einen seiner eigenen Leute getötet – was ging hier vor?
 

Von draußen war noch mehr Zischen zu hören. Es klang wie Rufe. Als niemand antwortete, waren schnelle Schritte zu hören und zwei weitere Notechis tauchten auf. Einer von ihnen hatte einen Schwanz, jedoch kürzer, als der des Toten, der andere hatte keinen. Sie hatten beide blaue Schuppen. Erst zeichnete sich Wut auf ihren Gesichtern ab, als sie ihren toten Kameraden sahen, doch als ihr Blick auf Malik fiel war die Überraschung groß.

Ungeachtet des Blutes sanken sie respektvoll auf die Knie. „Commander Malik.“

Maliks Körper entspannte sich leicht. Er war schon lange nicht mehr so angesprochen worden.

„Wer befehligt das Schiff?“

Mariku sah zwischen Malik und den anderen Notechis hin und her. Sie unterhielten sich in ihrer Muttersprach, weshalb er kein Wort verstand, doch niemand schien sich für den Toten zu interessieren.
 

Plötzlich war von draußen eine weitere Stimme zu hören. Allein ihr Klang ging Mariku durch Mark und Bein. Sie grub sich tief in seine Psyche und schürte eine Furcht in ihm, die er sich nicht erklären konnte. Plötzlich raste sein Herz und ihm lief es eiskalt den Rücken hinunter. Er war jedoch nicht der einzige, der eine Reaktion zeigte.

Nur für einen Augenaufschlag war blanke Furcht auf Maliks Gesicht zu sehen, bevor sein Gesichtsausdruck wieder starr wurde.
 

Der Notechis, der eintrat, war größer als Malik und Mariku. Er hatte breite, muskulöse Schultern, seine Haare waren schneeweiß und seine Schuppen blutrot. Eine Narbe zierte seine Wange und sein Schwanz strich über den Boden.

Maliks Körper verspannte sich und Mariku sah, wie er seine Hände zu Fäusten ballte um ihr Zittern zu unterdrücken.

„Malik.“ Kura lächelte, doch auf Mariku wirkte es wie ein Raubtier, dass seine Beute anlächelte. „Es freut mich dich lebendig zu sehen.“ Er kam näher und strich Malik über die Wange. Sein Schwanz wickelte sich um Maliks linke Wade, als wollte er ihn damit davon abhalten wegzulaufen.

Malik zuckte leicht zurück. Die Berührung war ihm sichtbar unangenehm. Er schaffte es auch nicht dem Blick des Anderen standzuhalten.
 

„Lass ihn in Ruhe.“ Mariku mischte sich ein, obwohl er wusste, dass es ein Fehler war. Er konnte es nur nicht ertragen Malik so zu sehen.

Kura wandte sich Mariku zu und sein Schwanz ließ von Malik ab. Das Lächeln war verschwunden, stattdessen zeichnete sich Abscheu auf seinem Gesicht ab. Kura trat einen Schritt näher auf Mariku zu und sein Schwanz legte sich um Marikus Hals. Mariku war wie erstarrt, während der Schwanz sich fester um seinen Hals schlang und ihn hochhob. Immer stärker wurde ihm die Luft abgedrückt und er hob verzweifelt die Hände. Seine Finger krallten sich am Schwanz fest, doch die Schuppen waren zu hart um ihnen mit einfachen Fingernägeln etwas anhaben zu können.

Schwarze Punkte tanzten vor Marikus Augen und er atmete nur noch flach. Mariku schloss die Augen. Alles schien sich zu drehen. Seine Arme sanken nach unten und es fühlte sich an, als würden seine Beine taub werden.

„Hör auf“, sagte Malik in der Handelssprache.

Überrascht über Maliks Einmischung ließ Kura Mariku los und der saugte hastig Luft in seine Lungen. Seine Arme zitterten und er ließ sich zurücksinken um sich gegen seinen Stuhl zu lehnen. Das war knapp.

„Dein neuer Freund?“, fragte Kura mit einem leichten Grinsen. Malik antwortete nichts und Kura kam wieder näher. „Du riechst nach ihm.“

„Ich war gezwungen eine Weile bei ihm zu sein“, erwiderte Malik kühl.

Das Grinsen von Kuras Gesicht verschwand und es lag ein schon fast bedrohlicher Ausdruck in seinen Augen. „Dein Wärmebild hat sich seinem angepasst.“

„Willst du irgendetwas andeuten?“

Kura schwieg einige Sekunden, dann kehrte das Grinsen zurück. „Natürlich nicht.“ Er wandte sich zu den beiden Notechis zu, die immer noch auf ihren Knien waren. „Legt sie in Ketten. Wir nehmen heute ausnahmsweise mal Gefangene.“
 

Malik folgte Kura aus dem Schiff und würdigte Mariku beim Hinausgehen keines Blickes.

„Was willst du mit diesem Abschaum?“

„Sie endlich langsam und qualvoll umbringen, zuvor waren sie bedauerlicherweise noch nützlich.“

„Du könntest es gleich tun.“

„Nein, ich will mir Zeit lassen. Sie haben meine ganz besondere Aufmerksamkeit verdient.“ Ein kleines Grinsen legte sich auf Maliks Lippen und er hoffte, dass Kura nicht merkte, dass es falsch war.

Die Soldaten, an denen sie vorüber gingen salutierten respektvoll als sie Malik sahen. Sie zollten Malik mehr Respekt als Kura, obwohl dieser ihr direkter Vorgesetzter war. Kura verzog missbilligend das Gesicht. Aber Malik war nun mal der legitime Sohn des Herrschers, wohingegen er nur ein Bastard war.

„Vater wird sich freuen, zu erfahren, dass du noch lebst.“

„Erlaubt er dir denn inzwischen, dass du ihn Vater nennst?“ Kura zischte wütend, sagte jedoch nichts. „Ich will mit ihm reden, aber erst muss ich diesen Schmutz loswerden.“ Er zog an den Fetzen, die von Marikus Shirt übrig waren.

„Natürlich, alles was du willst“, sagte Kura mit einem übertriebenen Lächeln. Malik sah die Verachtung in seinen Augen. Er war es gewohnt von Kura so angesehen zu werden.
 

„Du hast übrigens einen meiner Männer umgebracht.“

Malik sah zu Kura auf und hob eine Augenbraue. „Und?“

„Er war ein guter Soldat.“

„Dann hättest du ihm Respekt beibringen sollen, wobei“, er machte eine kleine Pause, „du bist auch nicht besser.“

Kura drückte Malik gegen die Wand. Sie waren allein. „Pass auf, was du sagst“, er strich Malik über die Wange und hinunter zu seinem verwundenen Hals. Malik konnte gerade noch verhindern, dass er zusammenzuckte. Er durfte vor Kura keine Schwäche zeigen. Er durfte nicht wieder schwach sein. „Oder du wirst es bereuen.“

Malik schlug Kuras Hand beiseite. „Ich glaube, du vergisst deine Stellung.“ Er ging weiter, während das Herz ihm bis zum Hals schlug. Kura holte wieder zu ihm auf und drückte ihn mit dem Gesicht gegen die Wand.

„Ich glaube eher, du hast deine vergessen“, flüsterte er und ließ seine Zunge an Maliks Ohr entlang gleiten.

Malik fauchte und rammte seinen Ellenbogen gegen Kuras Brust. Dieser stolperte kurz zurück und Malik wandte sich ihm zu. Er fletschte die Zähne und Kura lachte. Trotz Maliks Drohgebärde trat er wieder näher.

„So gefällst du mir am besten.“ Er grinste und kam Malik so nahe, dass ihre Lippen sich fast berührten. „Ich kann’s kaum erwarten, bis wir wieder zurück sind.“

Sie hörten Stimmen und Kura trat zwei Schritte zurück. Zwei Soldaten grüßten sie respektvoll, als sie an ihnen vorbeigingen. Malik sah ihnen hinterher, dann richtete er seinen Blick auf Kura. „Jetzt bring mich endlich auf ein freies Zimmer.“
 

„Hier kannst du’s dir bequem machen.“ Kura machte eine einladende Handbewegung in den Raum hinein.

Malik erwiderte nichts darauf, sondern betrat das Zimmer und war froh, als sich die Tür hinter ihm schloss und Kura draußen blieb. Malik atmete tief durch. Allein Kuras Nähe setzte seinen Körper unter Stress. Früher hatte er es noch nicht so schlimm empfunden. Malik schüttelte kurz den Kopf und verdrängte die aufkeimenden Erinnerungen. Er sah sich kurz um. Die Kabine war groß, hatte aber nur spärliche Ausstattung.
 

Als Malik sich das Shirt ausziehen wollte, zuckte er zusammen. Er ließ die Arme sinken und fasste sich an die Schulter. Der Streifschuss schmerzte mehr als erwartet. Malik rieb sich die Schulter. Es war lange her, seit er das letzte Mal angeschossen worden war.

Langsam zog er das Shirt aus und betrachtete den Fetzen Stoff, der einmal Mariku gehört hatte. Malik knüllte es zusammen und warf es auf das Bett. Hätte er seine Zeit nicht damit verschwendet sie zu befreien, dann wäre er jetzt nicht hier.

Er zog auch den Rest der Kleidung aus und betrachtete die Wunde an seinem Bein. Als er getroffen worden war, hatte es gebrannt wie Feuer, doch jetzt merkte er kaum noch etwas davon. Er strich mit den Finger über die verkrustete Haut. Es hatte nur leicht geblutet.

Malik seufzte und betrat das Badezimmer. Der Anblick im Spiegel war ihm vertraut: Blut klebte in seinem Gesicht, an seinem Oberkörper und seinen Händen, aber im Gegensatz zu früher sahen seine Augen ihn müde an.

Er betrachtete seine anderen Verletzungen genauer. Der verbrannte Hals machte ihm am meisten Sorgen, doch zumindest war seinen Halsschuppen nichts passiert. Beschädigte Schuppen heilten nicht.

Die Wunde an der Schulter ging doch tiefer als ein Streifschuss. Malik biss die Zähne zusammen und dehnte die Haut um die Wunde mit den Fingern. Es trat kein Blut aus, was zumindest ein gutes Zeichen war.
 

Er drehte das Wasser auf und obwohl es eiskalt war, blieb er regungslos darunter stehen. Er ignorierte das Brennen in seiner Schulter und an seinem Hals. Das Blut verfärbte das Wasser bis es ein dreckiges Braun annahm. Malik lehnte sich nach vorne und stützte sich an der Wand ab.

Er kehrte also nach Hause zurück. Dort konnte er Mariku und die anderen dann nicht mehr schützen. Er konnte sich gegen alles stellen, aber nicht gegen sein eigenes Volk. Er schlug mehrmals gegen die Mauer und hinterließ einen Riss. Sie würden befragt werden und anschließend solange gequält bis sie tot waren. Malik biss sich auf die Unterlippe und sein Blut mischte sich ebenfalls mit dem Wasser. Egal wie sehr er sich den Kopf zerbrach, er fand keine Lösung. Es gab kein Entkommen aus den Fängen der Notechis.

Malik hob den Kopf und ließ sich das Wasser aufs Gesicht prasseln. Letzten Endes war doch alles umsonst gewesen.
 

Jemand hatte ihm frische Kleidung gebracht, die ordentlich zusammengefaltet auf dem Bett lag. Marikus Sachen waren verschwunden.

Der Kampfanzug, den die Notechis für gewöhnlich trugen, schmiegte sich wie eine zweite Haut an Maliks Körper. Sie hatten auch eine Art Freizeitkleidung, für gewöhnlich zweiteilig und auch enganliegend, damit die Bewegungsfreiheit gewahrt blieb.

Das Wappen seines Vaters prangte auf seiner linken Brust.

Malik setzte sich aufs Bett und strich über die unberührte Decke. Er wollte Mariku sehen, doch er konnte es nicht wagen zu ihm zu gehen. Kura ahnte etwas, so wie immer. Er schien eine Gabe dafür zu haben, die Dinge zu finden, die Malik etwas bedeuteten... und sie dann kaputt zu machen. Malik presste die Lippen zusammen. Das war schon immer so gewesen. Kura war viele Jahre älter als er, doch er war an seiner Seite aufgewachsen. Lange war Kura wie ein Bruder für ihn gewesen, was er auch eigentlich war, bis Malik gelernt hatte, dass Kura ihn abgrundtief hasste. Natürlich hatte Kura ihm das nie direkt gesagt, aber er sah es in seinen Augen. Außerdem nutzte er jede Gelegenheit ihn zu demütigen. Zumindest, wenn sie allein waren. Kura wusste genau, das, wenn jemand mitkam, dass er respektlos mit Malik umging, sein Leben so gut wie vorbei war.
 

Malik ließ sich zurücksinken. Und jetzt hatte er Mariku im Visier. Warum hatte sich dieser Idiot auch einmischen müssen? Wieso konnte er nicht einmal die Klappe halten? Malik konnte sich nicht mal vorstellen, in welche Schwierigkeiten er sich damit gebracht hatte.
 

Malik verließ seine Kabine. Er brauchte niemanden, der ihm den Weg in die Zentrale zeigte. Notechis-Schiffe hatten grundsätzlich denselben Aufbau.

Schon beim Eintreten sah er das Hologramm seines Vaters. Kura trat zur Seite und Malik stellte sich vor das Hologramm. Er war das jüngere Abbild seines Vaters.

„Es ist also wahr. Du lebst.“

„Wie du siehst.“ Sein Vater und er hatten immer ein kühles Verhältnis zueinander gehabt. Sein Vater sah in ihm nur seinen Nachfolger und nicht wirklich seinen Sohn. Früher hatte er regelrecht nach der Anerkennung seines Vaters gelechzt, doch inzwischen könnte es ihm nicht gleichgültiger sein.

„Wir haben lange nach dir gesucht.“

Natürlich hatte man nach ihm gesucht. Und zwar nur nach ihm. Nicht nach den drei Soldaten, die bei ihm gewesen waren.

„Hätte man mich nicht mit hirnlosen Amateuren auf diese Mission geschickt, dann wäre das gar nicht nötig gewesen. Ich konnte nichts ausrichten, dank diesem nutzlosen Pack. Ich saß auf einer verlassenen Raumstation fest und dann musste ich mich auch noch mit Abschaum abgeben um überhaupt irgendwie dort wegzukommen.“ Malik redete sich in Rage, auch wenn es nur gespielt war. Es war nicht sein Plan gewesen auf der Raumstation festzusitzen, aber wütend war er nur darüber, dass er jetzt auf dem Weg nach Hause war.

Er sah wie sein Vater missbilligend das Gesicht verzog. „Ich erwarte einen vollständigen Bericht bei deiner Rückkehr.“

„Natürlich, Vater.“ Malik wandte sich zum Gehen. Für ihn war das Gespräch beendet.

„Malik.“ Der Angesprochene blieb stehen, drehte sich jedoch nicht um. „Ich bin froh, dich lebendig zu sehen, mein Sohn.“

Malik verließ den Raum, ohne etwas darauf zu erwidern. Ja, jeder schien so froh zu sein, dass er lebte... außer er selbst.
 

Mariku versuchte eine bequeme Sitzposition zu finden, was nicht sehr einfach war. Seine Hände waren auf seinen Rücken gefesselt, doch diesmal nicht mit Metallketten, sondern mit einer Art Energiefesseln, die kaum Bewegung zuließen, wenn man sich nicht die Haut aufbrennen wollte.

Zumindest waren sie diesmal alle zusammen, wobei Mariku in der Dunkelheit nur die Umrisse der anderen sehen konnte. Jonouchi war neben ihm und Bakuras und Ryous weiße Haare schimmerten leicht.

Trotz seiner Situation machte sich Mariku jedoch mehr Sorgen um Malik, als um sich selbst. War mit ihm alles in Ordnung? Wer war dieser Kerl? Wenn er Malik auch nur anfasste... Mariku murrte. Nichts tun zu können, machte ihn wahnsinnig. Er seufzte und ließ seinen Blick schweifen, auch wenn er in der Dunkelheit nicht viel sah. Sie schlitterten wirklich von einer Katastrophe in die nächste. Wie würde es mit ihnen weitergehen? Diesmal konnten sie wohl nicht mit Maliks Hilfe rechnen. Er konnte sich nicht gegen seine eigenen Leute stellen.

Mariku legte den Kopf in den Nacken. Auch wenn Malik nicht glücklich darüber schien, dass er nach Hause zurückkehrte. Was war der Grund dafür? Mariku konnte sich nicht vorstellen, dass es nur mit diesem Kerl zusammenhing, auch wenn Malik klar Angst vor ihm hatte.
 

Mariku kniff die Augen zusammen, als plötzlich Licht in ihre Zelle fiel. Er drehte den Kopf zur Seite bis das Licht wieder verebbte und nur noch ein sanfter Schein in die Zelle erhellte.

Kura hockte vor ihm und betrachtete Mariku. Er packte ihn am Kinn und drehte seinen Kopf hin und her. „Schwächlicher Abschaum.“ Er lispelte stark, was seiner Stimme die Schärfe nahm, doch ein bedrohlicher Unterton schwang trotzdem mit. „Was findet er an dir?“

Mariku versuchte seine Miene unbewegt zu lassen. Er durfte nicht auf ihn reagieren. Sein Volk war sicher nicht erfreut darüber, dass sich Malik auf einen Menschen eingelassen hatte. Es war also besser, wenn das zwischen ihnen ein Geheimnis blieb. Und diesem Typen würde er sowieso nichts erzählen.

„Na, wie stehst du zu meinem kleinen Bruder?“

Marikus Augen weiteten sich überrascht. Maliks Bruder? Das war sein Bruder? Das konnte nicht sein. Er starrte ihn an, sah ihm in die Augen, die dieselbe Farbe hatten wie Maliks.

„Hat mich nicht erwähnt, hm?“ Kura grinste und der Druck, den er auf Marikus Kinn ausübte verstärkte sich. „Gefällt er dir?“

Mariku presste die Lippen aufeinander. Warum hatte Malik Angst vor seinem eigenen Bruder? Kuras Schwanz legte sich langsam um seinen Hals. Noch drückte er nicht zusammen.

„Spielst dich als sein Beschützer auf, hm?“

Er würgte Mariku leicht.

„Ich hab... keine Ahnung... wovon du redest“, brachte Mariku hervor und versuchte seine Lungen mit Sauerstoff zu füllen. Der Würgegriff wurde stärker und das Grinsen auf Kuras Gesicht breiter.

„Natürlich nicht“, sagte er schließlich und ließ Mariku los. „Was könntest du ihm schon bieten?“ Er stand auf und wandte sich zum Gehen, doch kurz vor der Zellentür drehte er sich um und kehrte zurück. Wieder ging er vor Mariku in die Hocke.

„Hast du sie gesehen?“ Sein Grinsen war so abartig, Mariku hätte es ihm am liebsten aus dem Gesicht geschlagen. „Die Narben auf seinem Rücken?“ Mariku spannte seinen Körper an. Plötzlich schlug ihm das Herz bis zum Hals. Kura strich Mariku über die Wange, dann stand er auf und sah verächtlich auf ihn hinunter. „Das war ich.“

Mariku konnte sein Pokerface nicht mehr aufrecht erhalten. Wut und Hass fluteten seinen Körper. Er zerrte an den Fesseln und ignorierte den Schmerz, der dadurch durch seinen Körper schoss. Er war nicht stark genug es mit dem brennenden Zorn in ihm aufzunehmen. „Du verfluchter Bastard!“
 

Es knackte gefährlich, als Marikus Kopf zu Seite flog. Er schrie auf. Der Schmerz zog sich von seinem Nacken über seine gesamte Wirbelsäule nach unten. Er hatte jetzt eine gute Vorstellung davon, wie sich ein gebrochenes Genick anfühlen musste.

Warmes Blut lief ihm übers Gesicht, wo Kuras raue Schuppen ihm eine Gesichtshälfte aufgerissen hatten. Er konnte sein linkes Auge nicht mehr öffnen.

Kura hatte ihm mit voller Wucht seinen Schwanz ins Gesicht geschlagen. „Ich werd’s genießen dich umzubringen!“, zischte er. „Ich werd dir jeden Knochen im Leib brechen und dir anschließend die Haut abziehen. Ganz langsam und Malik wird dabei zusehen.“

Mariku reagierte nicht darauf. Er konnte sich kaum noch bei Bewusstsein halten. Außerdem traute er sich nicht den Kopf zu drehen.
 

Die Dunkelheit kehrte zurück, als Kura ging.

„Mariku? Bist du in Ordnung?“ Er hörte zwar Bakuras Worte, aber war nicht mehr in der Lage sie zu verarbeiten. „Mariku?“

Mariku gab einen undefinierten Laut von sich. Seine Zunge fühlte sich an, als würde sie ihm gar nicht gehören. Er schmeckte Blut in seinem Mund. Warum hatte er nur den Mund aufgemacht? Konnte er nicht einmal die Klappe halten? Aber allein der Gedanke, dass dieser Dreckskerl Schuld an Maliks Narben war, machte ihn rasend. Und dann war er auch noch sein Bruder! Mariku wimmerte. Er hing in seinen Fesseln und konnte kaum seinen Oberkörper aufrecht halten.

Er musste zu Malik. Er musste ihn vor diesem Kerl beschützen.
 

Malik hatte sich auf dem Bett zusammengerollt und strich über die freie Fläche neben sich. Es war seltsam, wie schnell er sich an Marikus Nähe gewöhnt hatte und wie sehr er ihn vermisste. Er sah sein grinsendes Gesicht vor sich und schlug wütend auf die Matratze. Mariku hatte alles durcheinander gebracht, nur wegen ihm war er jetzt in dieser Situation. Er hätte ihn umbringen sollen.

Malik schauderte, als er plötzlich daran dachte, wie Mariku ihn berührt hatte. Er spürte die Hitze in sich, die sonst nur die Sonne in ihm verursachte. Er wollte ihn sehen, aber er konnte es nicht riskieren Kuras Aufmerksamkeit noch weiter auf ihn zu lenken.

Malik drehte sich auf den Rücken und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Was würde passieren, wenn er zurückkehrte?

Nichts.

Es würde alles seinen gewohnten Gang gehen, als wäre er nie weggewesen. Ein paar Tage Erholung bis alle Wunden verheilt waren und dann würde er wieder das tun, was von ihm erwartet wurde. Er war nicht nur Sohn des Herrschers, sondern auch Commander. Er würde Soldaten befehligen und weitere Vorbereitungen für den kommenden Krieg treffen.

Malik schloss die Augen.

Einen Krieg, den er nicht wollte.
 

Er hatte schon einmal in einem Krieg gekämpft. Es genossen zu töten und zu quälen. Er hatte Familie zerrissen, nur um sich am Leid der Hinterbliebenen zu ergötzen. Er hatte jeden Befehl ausgeführt, je grausamer, desto besser. Malik verspürte keine Scham über das was er getan hatte. Er empfand kein Mitleid für die, die unter ihm und seinem Volk gelitten hatten, doch er vermisste es auch nicht.

Er war aufgewachsen in dem Glauben, das die Notechis unsterblich waren, dass niemand sie besiegen konnte.

Sie waren stolz und mächtig gewesen, blutdurstig und nicht aufzuhalten.
 

Bis die Supernova kam.
 

Und plötzlich waren sie am Boden gewesen.

Keine Heimat mehr.

Fast ausgerottet.

Die stolzen Notechis plötzlich nur mehr ein Schatten ihrer selbst. Krankheit und Wahnsinn hatten um sich gegriffen und noch mehr von ihnen dahingerafft. Hunger hatte sie zu Feinden werden lassen.

Die Bilder des Elends hatten sich tief in Maliks Gedächtnis gebrannt. Er liebte sein Volk zu sehr um es noch einmal so zu sehen. Er wollte diesen Krieg nicht, doch damit stand er allein. All die Jahre hatte sein Vater daraufhin gearbeitet und das Volk hatte ihn unterstützt.

So waren sie nun einmal: kampflustig und blutdurstig.

Wieso konnte niemand sehen, dass es Wahnsinn war?

Sie würden nicht wie damals einem zusammengewürfeltem Haufen unerfahrener Soldaten gegenüberstehen, sondern einer Allianz, die Jahrzehnte lang Soldaten ausgebildet hatte, nur um sicherzustellen, dass ein Krieg wie damals nicht wieder passieren würde.

Was hatten sie dem entgegenzusetzen? Ein paar Veteranen und einen Haufen Grünschnäbel, die von einem richtigen Kampf keine Ahnung hatten.
 

Malik wollte kein Teil dieses Kriegs sein, deshalb hatte er sich auf diese Mission schicken lassen, deshalb hatte er die drei Soldaten umgebracht, die bei ihm gewesen waren. Er hatte verschwinden wollen. Erst die Veri-Galaxie und anschließend vielleicht noch weiter.

Er wollte keiner von denen sein, die sein Volk mit offenen Augen ins Verderben führten.

Doch jetzt kehrte er nach Hause zurück und er würde wieder Commander Malik sein und einen Krieg planen.

Kapitel 14
 

Malik stand auf der Kommandobrücke und beobachtete, wie der Planet, auf dem sich die Notechis niedergelassen hatten, langsam näher kam. Malik weigerte sich, ihn als seine Heimat zu bezeichnen. Obwohl er schon viele Jahre dort gelebt hatte und die Vegetation der seines Heimatplaneten sehr ähnlich war, fühlte sich Malik immer noch fremd. Eher wie ein Parasit als ein Bewohner.

Malik beobachtete die Vorgänge der Notechis, die das Schiff steuerten. Manche von ihnen kannte er, doch die meisten waren noch jung und kratzten gerade mal ans Erwachsenenalter. Malik würde ihnen noch mindestens 100 Jahre geben, bevor sie wirklich bereit waren in einen Krieg zu ziehen, doch diese Zeit hatten sie nicht mehr.

Er unterdrückte ein Seufzen und straffte die Schultern. Niemand durfte mitbekommen, dass er in irgendeiner Form Zweifel hegte.

Als Kura neben ihn trat, spannte sich sein Körper an und seine Sinne konzentrierten sich auf ihn. Anmerken ließ er sich davon jedoch nichts.

„Freust du dich auf zuhause?“

„Natürlich“, erwiderte Malik sofort. „Ich war lange genug weg und von Abschaum umgeben.“

„Wie lange willst du deine Gefangenen noch behalten?“

„So lange wie nötig“, erwiderte Malik scharf. Er hatte sie den ganzen Flug über nicht gesehen und wusste noch nicht einmal, ob sie überhaupt noch alle lebten. Nicht, dass ihn jemand anderes als Mariku interessieren würde. Er hatte versucht einen Weg zu finden ihn zu befreien, doch solange sie an Bord des Raumschiffs waren, gab es nichts, dass er tun konnte. Das würde sich jedoch auch nicht ändern, wenn sie erstmal in den Zellen festsaßen. Malik schloss die Augen und verfluchte seine Situation.
 

Mariku keuchte schmerzerfüllt auf, als man ihn auf die Beine zog und nach vorne schubste. Seine Schritte waren wacklig und unsicher und seine Muskeln protestierten. Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren und war in den letzten Stunden (oder Tagen?) mehr bewusstlos gewesen als wach. Blut klebte überall an seiner Kleidung und seinem Körper. Er konnte sein linkes Auge nicht öffnen und war überrascht, dass es überhaupt noch da war. Sein Gesicht pochte schmerzhaft, während sein Körper versuchte die zerstörte Gesichtshälfte zu heilen.

Das Licht blendete ihn, als sie aus der Zelle gebracht wurden, doch Mariku war endlich froh wieder frische Luft atmen zu können. Anzu ging vor ihm, Ryou hinter ihm. Zumindest glaubte er, dass es Ryou war, aber vielleicht war es auch Bakura.
 

Als sie das Raumschiff verließen, zuckte Mariku zusammen. Er hatte die letzten Stunden in andauernder Stille verbracht und plötzlich strömten unangenehm viele Geräusche auf ihn ein. Es herrschte ein Zischen und Fauchen um ihn herum. Mariku versuchte sich so gut wie möglich umzusehen. Um sie herum wimmelte es von Notechis. Manche betrachtete sie abschätzig, doch die meisten schienen sie gar nicht wahrzunehmen. Als würden sie gar nicht existieren oder es nicht wert sein wahrgenommen zu werden.

Als sein Blick auf Malik fiel, blieb Mariku stehen. Ryou prallte gegen ihn und jemand stieß Mariku etwas Hartes in die Seite. Es war links von ihm, weshalb er nichts erkennen konnte. Er ging weiter, ließ Malik jedoch nicht aus den Augen.

Er sah anders aus. Seine Körperhaltung war aufrechter, stolzer und seine Bewegungen wirkten noch graziler als zuvor. Er strahlte eine kühle Erhabenheit aus und er hatte denselben arroganten Gesichtsausdruck, der Mariku so nervte. Trotzdem war er froh ihn zu sehen. Es schien ihm gut zu gehen.

Malik stand neben einer Frau, die ihn kurz in die Arme nahm, doch Malik löste sich schnell wieder von ihr als wäre es ihm peinlich. Es lag jedoch ein Lächeln auf seinen Lippen und sein Gesichtsausdruck wurde etwas sanfter.

Wer war sie?

Sie löste den Zopf, der ihre langen, schwarzen Haare zusammenhielt. Die Schuppen, die ihr Gesicht bedeckten, schimmerten in einer Mischung aus Schwarz und Blau. Ihre Gesichtszüge kamen Mariku vertraut vor. Er folgte der Bewegung ihres Arms, als sie ihn ausstreckte und Malik über die Wange strich. Sie sahen sich ähnlich, deshalb kam sie ihm so vertraut vor.

Ob sie seine Mutter war?

Oder seine Schwester?

Mariku verlor beide aus den Augen. Malik hatte ihn keines Blickes gewürdigt.
 

„Lass das, Isis.“ Malik schob den Arm seiner Schwester beiseite. Es war ihm nicht direkt unangenehm, er mochte es nur nicht, wenn Isis es in der Öffentlichkeit machte.

„Ich bin froh, dich lebendig zu sehen.“

„Mich bringt nichts um“, erwiderte Malik. Isis war eine der wenigen Personen, der er die Freude über seine Rückkehr wirklich glaubte.

„Aber du bist verletzt.“ Ihr Blick ruhte auf der Verbrennung. Obwohl einige Tage seitdem vergangen waren, heilte die Haut nur langsam.

Malik machte eine unwirsche Handbewegung. „Es wird heilen.“ Er lenkte das Gespräch auf ein anderes Thema. Zwar wusste er, dass sein Vater auf ihn wartete, doch der Wunsch ihn zu sehen hielt sich in Grenzen. „Wie war deine Hochzeit?“ Isis‘ Angetrauter war ein hochrangiger Offizier und es war nicht unbedingt das, was man eine Heirat aus Liebe nennen konnte. So etwas gab es bei ihrem Volk nur selten. Es ging darum die besten Gene zu verbinden und zu verbreiten, Gefühle spielten hierbei keine Rolle.

„Sie hat noch nicht stattgefunden.“

„Wieso?“

Isis sah ihn mahnend an. „Ist das nicht offensichtlich? Ich war krank vor Sorge um dich. Wie soll ich heiraten, wenn du nicht da bist?“

Malik schüttelte grinsend den Kopf. „Vater war sicher nicht sehr begeistert darüber.“

Isis zischte. „Natürlich nicht. Er war außer sich, aber denkst du, ich lass mir von diesem alten Mann was sagen?“ Sie lachte kurz. „Aber jetzt bist du wieder zurück.“ Sie strich ihm durch die Haare und Malik verdrehte die Augen. Isis war wirklich unbelehrbar.
 

Malik machte sich auf den Weg zu seinem Vater. Der Bericht an ihn war fertig und ein einziges Lügenkonstrukt.

Lord Ishtar stand mit dem Rücken zu Malik und drehte sich auch nicht um, als er eintrat. Sein Blick war aus dem Fenster gerichtet, durch das er einen guten Ausblick über das geschäftige Treiben der Notechis hatte.

Malik legte seinen Bericht auf den Tisch und wartete.

Es verstrichen einige Minuten bis sein Vater sich schließlich zu ihm umdrehte und Malik aus kalten Augen musterte. Seine Miene war streng und unbewegt. Er erlaubte sich keine Gefühlsregung.

„Ich sehe du bist wohlbehalten zurückgekehrt.“

Malik erwiderte nichts. Er beobachtete wie sein Vater den Bericht zur Hand nahm und ihn schnell überflog. Für einen Augenblick verzog sich seine Miene missbilligend, dann legte er den Bericht zurück auf den Tisch.

„Du hast Gefangene genommen.“

Keine Frage, sondern eine Feststellung. Man hatte ihm natürlich schon von Mariku und den anderen berichtet.

„Ich gehe davon aus, dass sie uns nützliche Informationen der Sternenallianz geben können.“ Eine weitere Lüge.

„Sie waren nicht in Ketten gelegt, als man dich gefunden hat.“

Ein arrogantes Lächeln umspielte Maliks Lippen. „Ich brauche keine Ketten um diesem Abschaum seinen Platz zu zeigen.“

Sein Vater schien mit dieser Antwort zufrieden zu sein. „Wir werden sie befragen, sobald diese vermaledeite Hochzeit vorüber ist. Deine Schwester hat sich hierbei als äußerst stur erwiesen.“
 

Deine Schwester...

Es hieß bei ihm immer nur deine Schwester.

Nie meine Tochter oder Isis.

Wäre ihre Mutter noch am Leben, würde er mit ihr wahrscheinlich genauso reden. Deine Tochter.

Als hätte er nichts mit ihr zu tun.

Dass er Malik als seinen Sohn bezeichnete, war schon verwunderlich genug, doch Malik wusste auch, dass sich das ganz schnell ändern konnte. Solange er den Worten seines Vaters Gehorsam schenkte und sich als guter Kämpfer zeigte, war er in seinen Augen würdig, doch würde er jemals von Kura und ihm oder schlimmer noch, Mariku und ihm, erfahren, würde er ihn wohl eigenhändig umbringen.
 

Mariku hatte längst die Orientierung verloren. Teilweise hatte er das Gefühl, sie würden im Kreis gehen, doch der lange Weg zu den Zellen bot ihm auch genug Gelegenheit sich umzusehen. Die meisten Notechis ignorierten sie, besonders die, die älter aussahen. Von den Jüngeren wurden sie meistens neugierig gemustert, als hätten sie noch nie eine andere Alienspezies gesehen.

Mariku bekam einen kleinen Einblick in das Leben der Notechis und es war schlimmer, als er es sich vorgestellt hatte. Es war ihm klar gewesen, dass Notechis von klein auf zu Kriegern erzogen wurden, doch mit welchen Mitteln schockte Mariku.

Die Kinder kämpften gegeneinander und mit Kämpfen meinte Mariku wirklich kämpfen. Es war kein Übungskampf mit Holzschwertern, hier floss Blut und davon nicht zu wenig. Die Schwachen wurden aussortiert oder starben gleich auf dem Trainingsplatz. All das geschah unter den herrischen Stimmen der Ausbilder.

Mariku schauderte. Hier wurden keine Krieger herangezüchtet, sondern Bestien.

Und Malik war eine von ihnen.
 

Malik atmete hörbar aus, als er die Tür hinter sich schloss. Er lehnte sich gegen das Metall und schloss die Augen. Er genoss die Stille und Kühle seines Zimmers, auch wenn er wusste, dass er nicht allein war.

Als er die Augen öffnete, stand Rishid in der Nähe; stumm und regungslos wie eine Statue. Malik konnte nicht abstreiten, dass er sich freute ihn zu sehen. Rishid war immer mehr ein Bruder für ihn gewesen, als es Kura je sein konnte. Er war sein Diener, sein „Leibwächter“ und der einzige, dem er wirklich vertraute. Seit Anfang an wusste Rishid über Kura und ihn Bescheid. Er hatte sich um Malik gekümmert, als dieser nach dem ersten Mal kaum noch in der Lage gewesen war aufrecht zu stehen. Er hatte sich um seine Wunden gekümmert ohne ein Wort des Vorwurfs oder eine Belehrung.

Malik betrachtete die Narben, die eine Hälfte von Rishids Gesicht zierten. Notechis Haut vernarbte nur, wenn ihr eigenes Gift im Spiel war. Gift von Kindern war noch zu schwach dafür, doch ab einem bestimmten Alter war es stark genug um Narben auf den Körpern ihrer Artgenossen zurückzulassen. Rishids Narben gingen auf Kuras Konto, genauso wie die Narbe auf Kuras Wange von Rishid stammte. Es hätte ihm damals fast das Auge gekostet.

Sie hatten wegen Malik gekämpft und wegen dem, was Kura mit ihm gemacht hatte. Man hatte sie gewaltsam auseinanderreißen müssen und Malik hatte Rishid verboten sich jemals wieder einzumischen.

Aber damals hatte er auch noch gedacht Kura würde ihn lieben. Fast hätte er aufgelacht. Andererseits hatte er es auch genossen und nach dem Krieg war der Sex mit Kura das Einzige, dass ihm das Gefühl gegeben hatte überhaupt noch am Leben zu sein. Es war nicht nur sein Rücken, der vernarbt war.
 

„Meister Malik.“ Unwillkürlich musste er an Mariku denken, der ihm erzählt hatte, dass Malik in seiner Sprache „König“ bedeutete. „Ich freue mich, dich wohlbehalten wiederzusehen.“

Malik lächelte, doch es galt nicht Rishid, sondern dem Gedanken an Mariku. „Wohlbehalten ist eher fraglich.“ Malik zog den Kampfanzug aus. Die Wunde an seiner Schulter war immer noch nicht geheilt, was ihm Sorgen bereitete. Sie pochte und die Haut spannte sich um die Wunde.

„Soll ich mir das mal ansehen, Meister Malik?“

Malik nickte und ließ sich aufs Bett sinken. Rishid tastete seine Schulter ab.

„Hier ist eine harte Stelle. Fühlt sich an, als wäre etwas unter der Haut, dass da nicht sein sollte.“

„Hm, es war eine eher altmodische Waffe.“

„Es wird wehtun.“

„Okay.“

Malik biss die Zähne zusammen, als Rishid seine Haut öffnete und seine Finger in die Wunde schob. Er krallte sich in die Bettdecke und versuchte an etwas anderes zu denken als den Schmerz. Wie es Mariku wohl ging? Er hatte mitbekommen, als sie aus dem Schiff gebracht worden waren, doch er hatte es nicht gewagt ihnen auch nur einen Blick zuzuwerfen. Er durfte kein Risiko eingehen, auch wenn er Mariku wirklich gerne sehen würde. Vielleicht konnte er ihn heimlich herbringen lassen.

Malik keuchte schmerzerfüllt, als Rishid seine Finger zurückzog. Ein deformiertes Stück Metall lag auf seiner Handfläche.

„So ein kleines Ding“, murmelte Malik. „So viel Ärger.“
 

Bakura öffnete den Mund und schloss ihn gleich wieder. Seine Zunge fühlte sich schwer an und er schluckte. Sein Mund produzierte übermäßig viel Flüssigkeit, weil er durstig war. Er hatte seit Tagen kein Blut mehr getrunken und wäre er nicht gefesselt, hätte er sich schon im Raumschiff auf Mariku gestürzt. Der Geruch seines Blutes hatte sich in seiner Nase festgesetzt und vernebelte ihm den Verstand. Er wollte trinken. Er wollte Blut schmecken.

„Steckt ihn in eine Einzelzelle.“ Kura deutete auf Ryou und richtete seinen Blick anschließend auf Mariku. Er hatte es sich nicht nehmen lassen die Gefangenen bis zu den Zellen zu begleiten. Kura packte Marikus Haare und zog seinen Kopf zurück. Mariku keuchte schmerzerfüllt. Seine Kehle war zu trocken und zu rau für einen Schrei. „Ich kann’s kaum erwarten mich um dich zu kümmern.“ Er senkte die Stimme, als er weitersprach: „Ich schick Malik bei dir vorbei, damit er zusehen kann, wie du krepierst.“

Mariku erwiderte nichts und war nur froh als Kura ihn wieder losließ. Er hatte keine Kraft mehr für eine Auseinandersetzung.

„Der hier kommt auch in eine Einzelzelle.“ Er machte eine unwirsche Handbewegung. „Die andere könnt ihr...“ Sein Blick fiel auf Bakura. „Warte.“ Er packte Bakura am Kinn und hob seinen Kopf leicht an. Bakuras eigentlich braune Augen hatten eine rötliche Farbe angenommen. Kura zeigte seine spitzen Zähne als er grinste. „Nehmt dem hier die Fesseln ab und steckt ihn dann mit den anderen in eine Zelle. Ich bin sicher“, er leckte sich über die Lippen, „Malik braucht nicht alle lebend.“

Er stieß Bakura zu Anzu und Jonouchi in die Zelle und lachte, als sich die Tür schloss.
 

Bakura rutschte sofort an die Wand, die am weitesten von Anzu und Jonouchi entfernt war.

„Bakura“, zischte Jonouchi, „komm her und mach uns los.“ Doch Bakura rührte sich nicht. Er stemmte seine Beine in den Boden und drückte sich gegen die Wand. „Bakura?“

„Bakura, alles in Ordnung?“ Anzu kam näher.

„Bleib weg“, rief Bakura heiser. Anzu hatte vor ihm nichts zu befürchten. Ihr Blut hatte nicht die richtige Konsistenz für ihn, aber Jonouchi war genau richtig. Allein daran zu denken wie das Blut durch seine Adern floss, zerrte an Bakuras Selbstbeherrschung. Noch war er bei klarem Verstand, aber er wusste, dass er diesen Zustand nicht mehr lange aufrechterhalten konnte. Dieser verfluchte Notechis! Er hatte es ganz genau gewusst. Nur deshalb hatte er ihm die Fesseln abnehmen lassen. Dieser kranke Bastard.

„Bleibt weg“, wiederholte Bakura leise.
 

Ryou hatte die Augen geschlossen und hielt den Kopf gesenkt. Sein Körper hatte aufgehört zu zittern, stattdessen war er in eine Starre gefallen. Er wusste, wie er sich zu verhalten hatte. Er sah nicht auf, als jemand in seine Zelle trat, doch sein Körper war angespannt und seine Atmung wurde etwas schneller.

Man packte ihn am Kinn und riss seinen Kopf hoch. Ryou öffnete die Augen. Es war Kura. Ryou schluckte. Das bedeutete nichts Gutes.

Ohne etwas zu sagen ließ Kura seine Finger über Ryous Wange streicheln. Die Berührung war schon fast zärtlich.

„Du bist ein braver Sklave, nicht wahr?“ Kura grinste. „Du weißt genau, was du tun musst.“ Kuras Blick wanderte von Ryous Gesicht zu seinen Federn. Früher waren die Federn für sie nicht von Wert gewesen. Notechis waren sowieso mit einem sehr langem Leben gesegnet und verkaufen stand für sie nie zur Debatte. Warum andere Spezies stärken?

Doch seit dem Zusammenbruch waren Cygni-Federn für sie interessanter geworden.

Kura strich an den langen, weißen Federn entlang und Ryou wimmerte.

„Hast du Angst?“

Ryou nickte langsam.

Kura kam ihm ganz nah. „Das solltest du auch“, flüsterte er, dann stand er auf und sah auf Ryou hinunter. Mit einem Tritt beförderte er Ryou gegen die Wand seiner Zelle. „Wertloser Abschaum“, fauchte Kura. Er trat wieder näher an Ryou heran, der schwer atmend seine Hand gegen seine Brust drückte. Jeder Atemzug brannte.

Kuras Schwanz legte sich um Ryous Hals und hob ihn auf Augenhöhe. „Was läuft zwischen Malik und diesem minderwertigen Menschen?“

Ryou antwortete nicht. Er konnte auch gar nicht, denn Kura drückte ihm die Luft ab. Kura schmetterte ihn gegen die Wand und ließ seinen Hals los.

„Rede, du Wurm!“ Er platzierte einen Fuß auf Ryous Brust.

„Nichts“, brachte Ryou hervor. „Ich weiß nichts.“

Er würde sowieso sterben, da dachte er nicht einmal im Traum daran diesem Monster die Information zu geben, die es wollte.

„Lüg mich nicht an!“

„Fick dich.“

Ryou keuchte schmerzerfüllt auf, als Kura ihm in die Seite trat. Er biss die Zähne zusammen. Selbst wenn er Kura die Wahrheit verraten würde, würde es keinen Unterschied machen.

Kura packte seinen Kopf. „Sag’s mir!“

„Lutsch meinen Schwanz.“ Woher Ryou diesen plötzlichen Mut hatte, wusste er selbst nicht. Vielleicht war er es einfach Leid den Schwanz einzuziehen. Ryou knallte mit dem Hinterkopf gegen die Wand und er blinzelte schnell. Der Raum drehte sich und ein kribbeliges Gefühl breitete sich in seinen Beinen aus. Er sah zu Kura hoch, in dessen Gesicht sich der blanke Zorn widerspiegelte. Als Kura in ihm Hals packte, wusste Ryou, dass er zu weit gegangen war. Wenigstens war er in den letzten Augenblicken noch mutig gewesen, auch wenn’s dumm gewesen war.

Ryous Schrei ließ das Glas zittern. Kura ließ ihn los und drückte seine Hände gegen seine Ohren. Blut tränkte Ryous Haare und Daunen. Der Schmerz, der sich in seinem Körper ausbreitete, war mit nichts zu vergleichen, dass er je gespürt hatte. Das Glas der Zellentür bekam einen Sprung und Kura brachte Ryou mit einem Tritt zum Schweigen. Ryou röchelte und sank in sich zusammen. Seine Augen blieben weit aufgerissen und starrten in die Leere.

Kura betrachtete die Feder in seiner Hand. Der untere Teil war mit Blut verschmiert. Ein Grinsen legte sich wieder auf Kuras Lippen. Er sah zu Ryou, der apathisch an ihm vorbei sah.
 

Kura verließ Ryous Zelle und sein Blick fiel auf den Riss in der Scheibe. Die Stimme eines Cygni konnte gefährlich sein. Er hatte immer noch ein leichtes Pfeifen in den Ohren.

„Was hast du mit Ryou gemacht?“, fauchte Bakura und hämmerte gegen die Scheibe. Als er Ryous Schrei gehört hatte, war sein Durst vergessen gewesen. „Du verdammter Bastard!“

Kura drückte die ausgerissene Feder gegen die Scheibe und Bakuras Augen weiteten sich entsetzt. Inzwischen waren sie blutunterlaufen und das Braun hatte sich in ein tiefes Rot gewandelt.

„Ich bring dich um!“, schrie Bakura und fletschte die Zähne. „Ich bring dich eigenhändig um!“ Er trat und schlug gegen die Scheibe, doch diese hielt stand.

Kura lachte. „Ich kann’s kaum erwarten.“ Bakuras Schreien und Fluchen verfolgte ihn, als er weiterging. Vor Marikus Zelle blieb er stehen. Mariku lag zusammengerollt auf dem Boden und rührte sich nicht.

Kura zischte. Allein Mariku zu sehen machte ihn wütend. Er öffnete die Zelle und kniete sich neben Mariku. Er drehte seinen Kopf, doch Mariku reagierte gar nicht auf ihn. Er hatte schon wieder das Bewusstsein verloren.

Am liebsten hätte Kura seinen Kopf unter seinem Stiefel zerschmettert. Er hatte mitbekommen, wie Malik den Menschen angesehen hatte. Er hatte Angst um ihn. Er bedeutete ihm etwas.

Und er würde alles zerstören, was Malik wichtig war.
 

Malik wischte das Blut weg und ließ die Schulter kreisen. Es fühlte sich jetzt schon besser an als zuvor, auch wenn seine Bewegung noch etwas eingeschränkt war.

„Du solltest ihn noch eine Weile ruhig halten.“

Malik verdrehte die Augen. Rishid war immer so überfürsorglich. „Ich hatte schon schlimmere Verletzungen“, tat Malik seine Worte ab und zog sich wieder an. Er strich sich die Haare zurück. Sein Körper war angespannt und er schaffte es einfach nicht diese Anspannung abzuschütteln. Seine Gedanken kreisten hauptsächlich um Mariku und je mehr er versuchte sich auf etwas anderes zu konzentrieren, desto mehr drängten sie sich ihm auf.

Er hasste es.

Er hasste es, wie er für Mariku fühlte. Dieses dumme Grinsen... und die Art, wie er ihn berührt hatte.

Malik schauderte und das war etwas, das nicht häufig passierte.

„Alles in Ordnung, Meister Malik?“

„Ja“, antwortete Malik. Er sah Rishid an. „Ich bin nur hungrig. Holst du mir was zu essen?“

„Natürlich. Etwas Bestimmtes?“

„Früchte.“

Rishid nickte kurz. Malik musste nicht erklären welche Früchte er haben wollte. Yago – eine kleine Frucht, süß mit einem Hauch von sauer. Malik könnte sich tagelang davon ernähren. Es war das einzige, was er an diesem Planeten wirklich mochte.
 

Als Rishid gegangen war, streckte sich Malik auf seinem Bett aus. Er vergrub sein Gesicht im Kissen und strich gedankenverloren über die Bettdecke. Ob er später zu Mariku gehen konnte ohne das Kura davon erfuhr? Malik biss sich auf die Unterlippe.

Wieder Mariku.

Immer Mariku.

Warum war er ihm nicht egal?

Er war minderwertig. Abschaum. Nicht mal würdig ihn anzusehen.

Malik stieß einen frustrierten Laut aus, packte sein Kissen und warf es in Richtung Tür. Mariku brachte ihn völlig durcheinander. Er war noch nie jemandem begegnet, der ihn so... er wusste nicht, wie er es beschreiben sollte.
 

Er sah nicht auf, als sich die Tür öffnete. „Du bist schon wieder da?“ Als Rishid nicht antwortete, sah Malik doch auf und seine Miene verdunkelte sich, als er sah, dass es Kura war. „Was willst du?“ Malik stand vom Bett auf. Kura zu sehen machte ihm klar, dass er es nicht riskieren konnte zu Mariku zu gehen. Er wusste nicht, wer zu Kuras Freunden gehörte und wer ihm berichten würde. Er konnte niemandem vertrauen.

Kura leckte sie über die Lippen. „Du gehst mir aus dem Weg und das gefällt mir nicht.“

„Verschwinde, Kura.“ Ihm fiel die weiße Feder auf, die in Kuras Haaren steckte. Klebte da auch noch Blut dran? Malik verengte die Augen. Er hatte ein ganz mieses Gefühl. „Was soll die Feder?“

„Ach die.“ Kura drehte die Augen nach oben und zog sich die Feder aus den Haaren. „Ein Geschenk von deinem Cygni-Freund.“

Malik verzog erst keine Miene, doch dann packte er Kura am Kragen und zog ihn näher. „Wag es nicht noch mal diesen Abschaum als meinen Freund zu bezeichnen!“, fauchte er Kura an und zeigte die Zähne. „Und lass die Finger von meinen Gefangenen!“

„Reg dich ab.“ Kura zog den Stoff seines Shirts aus Maliks Fingern. „War nur eine Feder, sind ja noch fünf andere da.“

Am liebsten hätte Malik ihm das Grinsen aus dem Gesicht geschnitten. Er sah die Feder an und biss sich auf die Unterlippe. Am besten wäre es, wenn er Mariku einen schnellen Tod schenkte. Andernfalls würde Kura ihn auf die grausamste Art quälen, die ihm einfiel und er würde nichts dagegen tun können, ohne auffällig zu werden.

„Fass sie nie wieder an! Ich brauch sie bei klarem Verstand für die Befragung.“ Malik tippte seinem Halbbruder bei jedem Wort energisch gegen die Brust.

Kura packte sein Handgelenk und küsste Maliks Finger. Maliks riss den Arm zurück und drückte ihn beschützend gegen seine Brust. Mit aufeinander gepressten Lippen sah er Kura an, dessen Gesichtsausdruck plötzlich überraschend ernst wurde.

„Früher hat’s dich doch auch nicht gestört.“ Er kam einen Schritt näher und strich Malik die Haare zurück. Sein Schwanz legte sich um Maliks Bein.

Malik wandte den Blick zur Seite und antwortete nichts. Es abzustreiten wäre eine Lüge gewesen. Anfangs hatte er es gehasst, dann geliebt und sich fast schon verzweifelt an Kura geklammert, nur um es dann wieder zu hassen. Trotzdem hatte er nur selten widersprochen.

„Du hast es genauso genossen wie ich.“ Kura hatte die Stimme gesenkt und Malik hob den Blick.

Auch das stimmte. Trotz dem Schmerz und der Erniedrigung, die er dabei verspürt hatte, hatte es ihm gefallen.

Kuras Lippen waren Maliks inzwischen so nah, dass er sie schon fast spüren konnte. Maliks Mund war leicht geöffnet und sein Blick auf Kuras Lippen gerichtet. Er leckte sich über seine eigenen Lippen und berührte dabei auch Kuras. Kura schaffte es immer wieder ihn einzuwickeln.

„Oder soll ich lieber diesen erbärmlichen Menschen holen?“
 

Diese Worte rissen Malik aus seiner Trance. Mit aller Kraft stieß er Kura von sich, doch der hatte immer noch seinen Schwanz um Maliks Bein geschlungen und Malik verlor das Gleichgewicht. Er landete rücklings auf dem Bett.

Kura konnte sein Gleichgewicht halten und lachte. „Hab ich etwa deinen wunden Punkt erwischt?“

„Verpiss dich, Kura.“

Doch Kura kam wieder näher und drückte Malik zurück auf die Matratze, als dieser sich aufsetzen wollte. „Ich frage mich nur, wie er noch am Leben sein kann.“

„Ich weiß nicht, was du meinst“, fauchte Malik, doch berührte unterbewusst sein linkes Handgelenk.

Die Geste entging Kura nicht. Amüsiert sah er auf Malik hinunter. „Ich denke, du weißt genau, was ich meine. Du und der Mensch...“ Er machte ein gespielt entrüstetes Gesicht. „Wie konntest du nur so tief sinken?“

Malik trat Kura in den Bauch und stieß ihn damit von sich. „Verschwinde.“ Ein leiser, bedrohlicher Unterton schwang in seiner Stimme mit. „Oder ich sorg dafür, dass du wieder ganz unten anfängst.“

Wut verzerrte für einen Moment Kuras Gesicht, dann packte er Malik am Hals. Malik riss die Augen auf und unternahm nichts gegen Kuras Griff. „Pass lieber auf, dass dein Vater nichts von den Narben auf deinem Rücken erfährt oder von wem sie sind.“ Er ließ Malik wieder los, der sofort von Kura wegrutschte und vorsichtig seinen Hals berührte.
 

Rishid kehrte zurück und verzog missbilligend das Gesicht, als er Kura sah. Kura schenkte ihm ein überhebliches Grinsen und rempelte ihn an, als er nach draußen ging.

„Alles in Ordnung, Meister Malik?“

Malik setzte sich wieder aufrecht hin. „Natürlich.“ Er nahm Rishid das Tablett mit den Yago-Früchten ab. „Lass mich allein.“

„Meister Malik...“

„Lass mich allein!“, fauchte Malik ihn an.

Rishid verbeugte sich kurz und verließ das Zimmer.

Malik bedeckte sein Gesicht mit den Händen. Er musste zu Mariku. Sobald wie möglich.

Kapitel 15
 

Durst.

Er hatte solchen Durst.

Seine Augen waren rot. Er hatte keine Iris mehr und keine Pupille. Seine Welt war in Rot getaucht.

Bakura öffnete den Mund.

Er hörte das Blut.

Roch es.

Konnte es schon fast schmecken.

Blut.

Er brauchte es.

Bakura erhob sich langsam. Schwerfällig. Er stützte sich an der Wand ab. Der Durst machte ihn wahnsinnig.

Jonouchi und Anzu lagen auf dem Boden auf der anderen Seite der Zelle. Sie schliefen.

Bakura konnte nicht schlafen. Nicht, solange der Durst an ihm nagte.

Anzu interessierte ihn nicht. Ihr blaues Blut war zu dünn und hatte nicht die richtigen Nährstoffe für ihn.

Jonouchi dagegen... Bakura leckte sich über seine trockenen Lippen.

Jonouchi schlief ruhig. Sein Herz schlug gleichmäßig und pumpte Blut durch seinen Körper.

Blut.

Bakura fiel auf die Knie. Er kroch weiter, weil seine Beine ihn nicht mehr trugen. Der Blutdurst machte ihn wahnsinnig und gleichzeitig auch schwach. Er hielt es nicht länger aus. Er konnte an nichts anderes mehr denken als zu trinken.

Bakuras Atem beschleunigte sich. Nur noch wenige Zentimeter trennten seine Zähne von Jonouchis Hals. Jonouchis Herzschlag widerhallte Laut in seinen Ohren.

„Es geht ganz schnell“, flüsterte Bakura und riss den Mund auf. Er bog Jonouchis Kopf leicht zurück. Später würde er es bereuen, aber momentan war sein Gewissen abgeschaltet. Jonouchi war nicht mehr ein Freund, er war nur noch Nahrung. Seine Instinkte hatten übernommen.

Die Haut brach unter dem Druck von Bakuras Zähnen. Blut füllte seinen Mund und er schloss genüsslich die Augen.

Jonouchi dagegen riss seine Augen auf und begann um sich zu schlagen. Er konnte nicht schreien. Er erwischte Anzu mit seinem Fuß, was diese aus dem Schlaf riss. Sie setzte sich auf und rieb sich die Augen. Ihre Nachtsicht war nicht sonderlich gut ausgeprägt, weshalb sie eine Weile brauchte um zu erkennen was vor sich ging.

„Bakura!“ Sie versuchte Bakura von Jonouchi zu ziehen, doch es war erfolglos. Sie zerrte an seinen langen Haaren, doch Bakura schubst sie zur Seite ohne von Jonouchi abzulassen. Er knurrte leise.

„Hör auf! Hör auf!“ Sie schlug auf ihn ein, versuchte ihn mit heißem Wasser davon abzubringen Jonouchi auszusagen, doch sie war zu geschwächt um genug Wasser zu produzieren. Es war noch nicht mal heiß.

Keine ihrer Bemühungen brachte Bakura dazu von Jonouchi abzulassen. Jonouchis Körper zuckte nur noch.

Bakura richtete sich auf und leckte sich über die Lippen. Er atmete tief durch und grinste, während das fremde Blut in seinen Kreislauf aufgenommen wurde und seinen Körper stärkte. Trotzdem schwankte sein Oberkörper. Er hatte schon lange keinen blindwütigen Blutrausch mehr gehabt.

„Du Monster“, flüsterte Anzu schluchzend.

Bakura richtete seinen Blick auf sie. Seine Augen waren immer noch rot. Er grinste, dann lachte er leise. Es widerhallte in der kleinen Zelle.
 

Schwach waren Anzus Schreie in Ryous Zelle zu hören, doch er nahm es gar nicht wahr. Er war zu sehr gefangen in seinem Schmerz. Es war nur eine Feder gewesen, aber Ryou fühlte sich, als hätte man ihm den Bauch aufgeschlitzt und seine Gedärme auf dem Boden verteilt, während er wieder und wieder durchlebte, wie er den toten Körper seiner Schwester fand. Der Verlust einer Feder war verbunden mit den schlimmsten körperlichen und geistigen Schmerzen, die jede Skala sprengten. Es war nicht verwunderlich, dass sie davon verrückt wurden.

Ryou versuchte krampfhaft seinen Verstand beisammen zu halten. Er durfte den Schmerzen nicht nachgeben. Er musste... er musste... Ryou wimmerte und zog seine Knie bis an sein Kinn.

Er hasste sich selbst für seine Schwäche; fühlte sich zurückversetzt in die Zeit vor dem Krieg.
 

Flashback

Ryou stolperte durch das Flüchtlingscamp. Das Schluchzen und die verzweifelten Schreie gingen ihm selbst nach der langen Zeit in Sklaverei noch unter die Haut. Seine Kleidung und sein Gesicht waren blutverschmiert, doch es war nicht sein Blut. Er hatte aber auch keine Ahnung wessen Blut es war.

Jemand sprach ihn an, doch Ryou schüttelte nur den Kopf. Er hatte keine Zeit zu reden und er wollte nicht, dass ihn jemand durchcheckte. Er musste weitergehen. Weiter seine Eltern suchen.

Tränen stiegen Ryou in die Augen. Der Gedanke an seine Eltern brachte Amane zurück in seine Erinnerungen. Sie war tot. Er hatte sie nicht beschützen können.

Ryou ballte die Hände zu Fäusten. Das Bild seiner toten Schwester würde ihn niemals loslassen. Die Feder ausgerissen, das Gesicht blutig gekratzt mit den eigenen Klauen. Und dann die leeren Augenhöhlen. Ryou schauderte. Das grausame Lachen der Notechis widerhallte immer noch in seinem Kopf. Auch etwas, das er nie wieder vergessen würde.

Ryou schüttelte den Kopf und biss sich auf die Unterlippe. Er musste sich konzentrieren. Seine Eltern waren noch hier irgendwo. Er hatte sie zwar seit Wochen nicht mehr gesehen, aber er war sich sicher, dass sie hier waren.

Tränen stiegen Ryou in die Augen. Sie mussten hier sein. Was sollte er denn ohne sie machen? Er war doch kaum mehr als ein Kind. Ryous Blick wanderte rastlos von einem Cygni zum nächsten auf der Suche nach einem bekannten Gesicht. Wieso waren ihm alle nur so fremd?

Er erreichte das improvisierte Krankenlager und eilte durch die Reihen der Verletzten. Ryou hatte viel Leid und Schrecken in den letzten Jahren gesehen und trotzdem hätte er am liebsten die Augen zugemacht und seine Hände auf die Ohren gedrückt.

Jemand packte ihn am Arm und Ryou wäre fast nach vorne gefallen. Mit großen Augen drehte er sich zur Seite und starrte denjenigen an, der ihn festhielt. Ein älterer Cygni. Er murmelte wirres Zeug, sein Gesicht war blutig und ihm fehlte ein Bein. Der größte Schrecken für Ryou war aber, dass er nur noch eine Feder hatte.

Panisch versuchte Ryou sich loszureißen. „Lass mich los!“ Seine Stimme war schrill. Er wusste nicht, was er tun sollte. Er versuchte den Griff mit seiner anderen Hand zu lösen, was nur dazu führte, dass er dort auch gepackt wurde. Ryou wimmerte und stemmte sich mit seinem gesamten Gewicht von dem Cygni weg.

Ryou stolperte zurück, als er plötzlich wieder losgelassen wurde. Er prallte mit den Rücken gegen jemanden, was ihn vor einem Sturz bewahrte.

„Ryou!“

Der Klang seines Namens ließ ihn erleichtert ausatmen. Er drehte sich um und lächelte.

„Mana.“ Er fiel dem Mädchen um den Hals. Endlich ein bekanntes Gesicht. „Ich bin so froh dich zu sehen.“

„Ich freu mich auch.“ Sie erwiderte die Umarmung und drückte Ryou leicht an sich. „Ich hab gehört, was mit Amane passiert ist.“ Ryou ließ von ihr ab und senkte den Blick. „Es tut mir so leid.“

Ryou nickte nur. Er war nicht in der Lage darüber zu reden. „Hast du meine Eltern gesehen?“, fragte er leise und sah Mana hoffnungsvoll an.

Sie zögerte mit der Antwort und wich seinem Blick aus. „Deinen Vater nicht“, begann sie vorsichtig.

„Aber Mama?“, fragte Ryou sofort.

Mana presste die Lippen aufeinander. „Ja, ich hab sie gesehen.“

Ryous Miene hellte sich auf. Ihm entging völlig die Traurigkeit in Manas Mimik. Er ergriff ihre Hand. „Wo ist sie?“

„Komm mit.“

Sie führte ihn aus dem Krankenlager und durch das Camp. Sie kamen nur langsam durch die Flüchtlingsmassen. Soldaten dirigierten die Flüchtlinge durch das Camp. Dadurch, dass Ryou und Mana noch Kinder waren, konnten sie sich ungesehen zwischen den Erwachsenen bewegen.

Doch je näher sie dem Rand des Camps kamen, desto langsamer wurden Ryous Schritte. Schließlich ließ er Manas Hand los und blieb stehen. „Wo gehen wir hin?“

Mana drehte sich um, vermied aber Ryous Blick. „Lass uns weitergehen.“

„Wo bringst du mich hin?“ Ryous Stimme war schrill geworden.

Mana schabte unruhig mit dem Fuß über den matschigen Boden. „Deine Mutter ist...“ Sie konnte es nicht aussprechen. Ryou tat ihr so leid. Sie hatte selbst ihre Eltern verloren, doch das war schon ganz am Anfang des Krieges gewesen. Zumindest hatte sie ihren Bruder noch.
 

„Aus dem Weg, Kinder!“, schnauzte ein Soldat sie an. Er und ein zweiter Soldat trugen eine Trage an ihnen vorbei. Ryou starrte den Cygni an, der darauf lag. Es war der, der ihn zuvor gepackt hatte. Seine Augen standen weit offen und starrten leer in den Himmel. Unbewusst berührte Ryou die Stelle, die der Cygni gepackt hatte. Er sah den Soldaten hinterher. Sie brachten den Toten in die Richtung, in die selbst unterwegs waren. Dorthin, wo all die Toten waren.

Ryou richtete seinen Blick auf Mana.

„Ryou“, sagte sie leise und streckte die Hand nach ihm aus.

„Nein“, flüsterte Ryou. „Nein!“ Seine Stimme wurde lauter. Er schrie seinen Schmerz hinaus, während Mana die Arme um ihn schlang und ihn an sich drückte.
 

Ruckartig setzte Ryou sich auf und unterdrückte einen Aufschrei. Die Zelle um ihn herum drehte sich und er musste sich mit einer Hand an der Wand abstützen. Ryou schüttelte kurz den Kopf um das benebelte Gefühl loszuwerden. Sein Körper befand sich immer noch im Schock über den Verlust der Feder, doch langsam erlangte er wieder Kontrolle darüber.

Vorsichtig berührte die Wunde und zuckte zusammen. Schmerz schoss durch seinen Kopf. Ryou ließ sich zurückfallen und lehnte sich gegen die Wand. Er atmete tief durch.

Was hatten die Notechis mit ihnen vor? Ryou war überrascht, dass sie überhaupt noch lebten. Hatte Malik damit zu tun? Ryou wusste immer noch nicht, wie er zu ihm stehen sollte. Er war ein Notechis und stolz darauf, doch er hatte ihnen auch mehrmals den Hals gerettet. Andererseits hatte er Honda getötet. Ryou hob den Blick und starrte an die Zellendecke. Diesmal saß er nicht in Dunkelheit, wie im Raumschiff, sondern eine kleine Lampe tauchte die Zelle in ein dämmriges Licht.

Ryou kroch auf das Glas zu, er traute seinen Beinen nicht, und legte seine Hand auf die glatte Oberfläche. Er drückte sein Gesicht schon fast gegen die Scheibe, doch der Gang draußen war, trotz des Lichts der anderen Zellen, zu dunkel um etwas zu erkennen. Es sah jedoch nicht so aus, als gäbe es Wachen.

Ryou sah nach oben und streckte die Hand aus um den Riss in der Scheibe zu berühren. Es war selbst überrascht, dass seine Stimme dazu in der Lage war Glas zum Springen zu bringen. Wenn er die Tonlage nochmal schaffen würde, dann käme er vielleicht hier raus.

Und was dann? Durch eine Armee von Notechis schleichen? Das wäre nur eine erneute Selbstmordmission.

Ryou legte sich auf den Boden und streckte die Arme von sich. Wäre er nur nie Pilot geworden.
 

Malik beobachtete die jüngeren Notechis bei ihrem Training. Es kam ihm vor wie gestern, als er selbst noch auf dem Trainingsplatz stand und rücksichtslos jeden zerrissen hatte, der ihm zwischen die Finger gekommen war. Es war wichtig, das Töten früh zu lernen um jegliche Hemmungen zu verlieren und wer die eigenen Leute ohne mit der Wimper zu zucken töten konnte, der würde auch vor anderen Rassen keinen Halt machen.

Maliks Blick wanderte von den Kindern zu ihrem Ausbilder. Malik kannte ihn nicht, aber er sah, dass er jünger war als er selbst. Malik schüttelte den Kopf. Er konnte einfach nicht fassen, dass sein Vater wirklich Krieg führen wollte. Diese Grünschnäbel brauchten noch weitere hundert Jahre bis sie endlich so weit waren. Malik selbst war auch noch jung, es würde noch ein paar Jahre dauern bis sein Schwanz wuchs, aber er hatte immerhin die Erfahrung, die diesen Neulingen noch fehlte und es gab zu wenige Veteranen um diese Unerfahrenheit auszugleichen. Malik hatte damals einen rasanten Aufstieg hinter sich gelegt. Dass er Commander war, hing nicht damit zusammen, dass sein Vater jetzt Lord war. Er hatte es aus eigener Kraft geschafft und hätten sie den Krieg nicht verloren, dann hätte er wohl selbst seinen Vater im Rang überholt.

„Meister Malik.“ Malik wandte den Blick nicht von den kämpfenden Kindern ab. „Deine Schwester wünscht dich zusehen.“

Malik nickte und stand auf. Die Hochzeitsvorbereitungen waren im vollen Gange. Normalerweise waren Hochzeiten keine große Sache, doch Isis war nun mal die Tochter des Herrschers und da wurde eine große Sache daraus gemacht. Malik war überrascht, dass sein Vater das mitmachte. War ihm Isis doch nicht so egal, wie er immer tat? Oder wollte er vor dem Volk nur gut dastehen?

Wohl eher Letzteres.

Malik war die Ablenkung ganz recht. So konnte er wenigstens Kura aus dem Weg gehen.
 

„Das ist doch alles dämlich!“

Malik fing verdutzt das Bündel weißen Stoffes auf, das ihm entgegen kam, kaum als er das Zimmer seiner Schwester betrat.

„Was denk er, was ich bin? Sein Anziehpüppchen?“

„Lady Isis...“

„Nenn mich nicht Lady oder ich stech dir die Augen aus!“, fauchte Isis das Mädchen an, das ihr scheinbar beim Ankleiden hätte helfen sollen. Das Mädchen machte sich klein und trat einige Schritte von Isis weg.

Malik faltete den Stoff auseinander und betrachtete das Kleid. Edelsteine waren in den feinen Stoff gewebt worden und glänzten in den verschiedensten Farben.

„Hat bestimmt ein Vermögen gekostet.“ Malik legte das Kleid beiseite.

„Das interessiert mich einen Scheiß!“ Malik überlegte, wann er seine Schwester das letzte Mal so aufgebracht erlebt hatte. „Ich zieh das nicht an!“

„Das wird deinen Zukünftigen aber nicht freuen.“

„Dann soll er’s selber anziehen!“ Sie warf dem Mädchen einen bösen Blick zu. „Was machst du hier noch? Raus!“

Das Mädchen raste regelrecht aus dem Zimmer.

Isis ließ sich auf einen Stuhl fallen. „Ich bin eine Kriegerin und ich werde mich auch entsprechend kleiden. Mein Rang ist höher als seiner und wenn er auch nur im Traum daran denkt, dass ich sein kleines Weibchen werde, dann reiß ich ihm den Schwanz ab.“ Sie ballte die Hände zu Fäusten. „Beide!“

Malik schmunzelte. Isis‘ Mann würde keine leichte Zeit mit ihr haben. Ob er wirklich wusste, worauf er sich da einließ? Malik setzte sich neben sie. „Warum bist du wirklich wütend?“

Isis‘ Körper entspannte sich etwas. „Krieg steht bevor und Vater erwartet, dass ich zuhause bleibe und Kinder bekomme.“

Malik wusste nicht, was er dazu sagen sollte ohne seine Schwester zu verärgern. Auch wenn sie eine ausgezeichnete Kämpferin war, war er froh, dass sie wahrscheinlich nicht mit in den Krieg ziehen würde.

Isis erwartete jedoch gar keine Reaktion von Malik. Sie ließ sich weiter lauthals über ihren Vater, ihren Zukünftigen und auch sonst über alles Mögliche aus, doch plötzlich brach sie mitten im Satz ab und wurde ungewöhnlich still.

Malik sah sie an. Ein trauriges Lächeln lag auf den Lippen seiner Schwester. „Manchmal wünsch ich mir nur eine einfache Soldatin zu sein, dann könnte ich heiraten, wen ich will, oder gar nicht heiraten und einfach nur meinen Spaß haben.“ Sie legte den Kopf in den Nacken. „Er ist kein schlechter Kerl, aber nicht das, was ich mir vorgestellt hatte.“

„Warum hast du dann zugestimmt?“

Seufzend stand Isis auf. „Weil es meine Pflicht ist.“ Sie nahm das Kleid zur Hand und ließ den Stoff durch ihre Finger gleiten. „Versprich mir was, Malik.“ Sie drehte sich lächelnd um. „Heirate wenigstens du jemanden, den du wirklich liebst.“

Wieso musste er ausgerechnet jetzt an Mariku denken? Und wieso schlug sein Herz nur so schnell? Malik nickte langsam.

Isis hielt das Kleid vor sich. „Und, wie seh ich aus?“

„Wunderschön.“
 

Mariku schlug blinzelnd die Augen auf, doch selbst diese einfache Aufgabe erwies sich als Anstrengung. Seine Augenlider klebten zusammen und er hatte nicht die Kraft die Hand zu heben um sich die Augen zu reiben. Zumindest konnte er auch sein linkes Auge wieder öffnen, auch wenn seine Sicht nur verschwommen war. Nicht, dass es viel zu sehen gab, dafür war das Licht zu schwach. Der Boden war außerdem eiskalt.

„Scheiße“, murmelte er und drehte sich auf den Rücken. So fühlte es sich bestimmt an, wenn man von einem LKW überfahren wurde. Jeder Muskel schmerzte, selbst Muskeln von denen er nicht mal gewusst hatte, dass er sie hatte. Seine Schultern fühlten sich steinhart an.

Mariku brauchte einen Moment um sich zu orientieren. Er war immer noch in der Zelle, aber er hatte keine Ahnung wie viel Zeit vergangen war. Wo waren die anderen? Lebten sie überhaupt noch? Seine Gedanken waren vernebelt, als wäre er noch gar nicht richtig wach.

Mariku seufzte und versuchte sich aufzusetzen. Überrascht bemerkte er, dass er gar keine Fesseln mehr trug, oder zumindest, dass sie nicht aktiviert waren. Er hatte zwar immer noch die Metallreifen um die Handgelenke.

Er sank jedoch stöhnend wieder zurück auf den Boden. Jetzt war ihm nicht nur schlecht, jetzt war ihm auch noch schwindelig. Vorsichtig betastete er seine linke Gesichtshälfte. Die Wunde war verkrustet und er spürte nur ein leichtes Ziehen, wenn er sie berührte. Dieser Bastard hatte ihn voll erwischt. Er hatte ihm hauptsächlich die Seite und die Wange aufgerissen, doch sein Auge war größtenteils verschont geblieben. Wenigstens etwas. Er hatte schon befürchtet, dass er sich von seinem Auge verabschieden musste. Er hoffte nur, das verschwommene Sehen würde wieder vergehen.

Mariku schaffte es schließlich doch sich aufzusetzen und beugte sich nach vorne. Er würgte, aber sein Magen war leer.

„Scheiße“, sagte Mariku noch einmal.

Er sollte sich wohl mehr Sorgen um sich selbst machen, doch seine Gedanken wanderten ganz automatisch zu Malik. Hoffentlich ließ dieser Bastard seine Finger von ihm. Er konnte nicht fassen, dass das Maliks Bruder war. Mariku knirschte mit den Zähnen.
 

Die Tür zu Marikus Zelle öffnete sich und er sah auf. Zwei Notechis traten wortlos ein. Mariku beobachtete sie näher kommen und wehrte sich nicht, als sie ihm einen Sack über den Kopf zogen. Er hörte das Surren der Energiefesseln, als sie aktiviert wurden. Mariku wurde auf die Beine gerissen und würgte erneut. Der raue Stoff rieb an seiner Wunde. Mariku stolperte nach vorne und das einzige, das ihn auf den Beinen hielt, war der starke Griff an seinem Oberarm, der sich anfühlte, als würde er ihm gleich die Knochen brechen.

Mariku fiel auf dem Weg mehr als einmal über seine eigenen Füße und wurde jedes Mal wieder unbarmherzig zurückgerissen. Wo führten sie ihn hin? Was hatten sie mit ihm vor? War es jetzt an der Zeit zu sterben? Mariku hatte sich inzwischen an diesen Gedanken gewöhnt. In der letzten Zeit war er schon sooft davor gestanden draufzugehen, dass es nichts Unheimliches mehr an sich hatte. Inzwischen hatte er so die Schnauze voll davon, dass es ihm sogar ganz recht wäre. Mariku unterdrückte das Lachen. Leid tat ihm nur seine Familie; sie würden nie erfahren, was mit ihm passiert war.
 

Malik fuhr sich durch die Haare, als er die Tür hinter sich schloss. Er hatte ja unbedingt noch Kura über den Weg laufen müssen. Malik ballte die Hände zu Fäusten. Bevor er jedoch weiter über sein kurzes, aber ärgerliches Gespräch mit Kura nachdenken konnte, klopfte es an der Tür. Malik zuckte zusammen. Für einen Moment dachte er, es wäre Kura, doch Kura klopfte nicht.

„Commander Malik, wir bringen den Gefangenen.“

Malik straffte die Schultern. „Bringt ihn rein.“ Malik verzog keine Miene, als Mariku durch die Tür geführt wurde. Sein Gesicht war verhüllt, doch Malik sah an seiner Körperhaltung, dass er in keiner guten Verfassung war. Er deutete den beiden Notechis zu gehen und Mariku sank sofort auf die Knie, als sich der Griff an seinem Oberarm löste.

Malik wartete noch einige Augenblicke, nachdem sich die Tür wieder geschlossen hatte, dann löste er erst Marikus Fessel, bevor er vor ihm auf die Knie sank und ihm den Sack vom Kopf zog.

„Nein“, flüsterte er und berührte vorsichtig Marikus linke Gesichtshälfte.

Mariku sah Malik an und ein schiefes Lächeln legte sich auf seine Lippen. Es tat gut Malik zu sehen.

„Dein Bruder ist kein Fan von mir.“

Malik verzog das Gesicht. „Er ist nur mein Halbbruder.“

„Deshalb war er so sauer, als ich ihn einen Bastard genannt hab.“

Malik presste die Lippen aufeinander. Wieso hatte Mariku nur so ein Talent dafür sich in Schwierigkeiten zu bringen? Er konnte froh sein, dass Kura ihm „nur“ das Gesicht aufgerissen hatte.

Mariku schloss die Augen, als ihm Malik mit seinen kühlen Fingern über das Gesicht strich. „Schön dich zu sehen“, flüsterte er, „auch wenn ich grad echt scheiße aussehe.“

„Nein.“

„Lügner.“ Mariku öffnete die Augen und grinste. Malik konnte nicht anders als das Grinsen zu erwidern.

„Wir haben nicht viel Zeit zu reden. Kura darf nicht erfahren, dass du hier bist, aber ich wollte dich unbedingt sehen.“ Er half Mariku auf die Beine und stützte ihn. Mariku seufzte, als Malik ihn auf die weiche Couch setzte.

„Was ist sein verdammtes Problem?“, murrte Mariku. Mit dem Daumen streichelte er über Maliks Handrücken. Malik wusste nicht, was er antworten sollte. Er hatte sich nie wirklich für das geschämt, was zwischen ihm und Kura passiert war, aber jetzt vor Mariku tat er es plötzlich. „Er benimmt sich, als wärst du sein Eigentum.“

Malik hob überrascht die Augenbrauen. „Was hat er dir erzählt?“

„Das deine Narben von ihm sind, dieses kranke Schwein.“

Malik konnte mit dem Begriff „Schwein“ nichts anfangen, aber Marikus Tonfall implizierte, dass es eine Beleidigung war. „Oh“, war seine einzige Reaktion.

„Oh?“, wiederholte Mariku. „Mich wundert’s, dass du ihm nicht den Kopf abgerissen hast, als er dich das erste Mal angefasst hat.“ Malik hielt den Blick gesenkt und entzog seine Hand aus Marikus Griff. Mariku brauchte einen Moment um Maliks Verhalten zu deuten. „Oh“, sagte er schließlich. „Es hat dir gefallen.“ Das war das Letzte, mit dem er gerechnet hätte, besonders nachdem er Maliks Reaktion auf seinen Bruder erlebt hatte.

Malik nickte langsam. Wieso nur schämte er sich so? Zuvor hatte er sich nur für seine Schwäche geschämt, weil Kura ihn dominierte, aber jetzt schämte er sich für den ganzen Akt. Er wollte nicht, das Mariku schlecht von ihm dachte. Er wollte nicht, dass er ihn für „ein krankes Schwein“ hielt. Was, wenn er ihn abstoßend fand? Warum war dieser Gedanke plötzlich so erschreckend? Es war nicht so, dass er es jetzt noch genoss, aber früher hatte er regelrecht danach gelechzt.

Mariku merkte, dass er etwas Falsches gesagt hatte. Er berührte Malik an der Wange und drehte seinen Kopf in seine Richtung. „Es ist okay. Das ist ja nichts Schlimmes.“

„Lügner“, widersprach Malik, der sich von Marikus Worten nicht täuschen ließ.

Statt sich zu rechtfertigen, lehnte Mariku sich vor und küsste Malik. Im ersten Moment schreckte Malik zurück, doch dann schloss er die Augen und genoss den Kuss. Da war wieder das Herzrasen und Kribbeln. Für einen Moment konnte er alles um ihn herum ausblenden. Marikus Zunge schlüpfte in seinen Mund und rieb sich gegen Maliks Zunge. Malik schlang diesmal seine Zunge nicht um Marikus, sondern überließ diesem die gesamte Kontrolle. Die Anspannung fiel von ihm ab und er entspannte zum ersten Mal, seit er wieder zuhause angekommen war.

Leider war der Moment nur von kurzer Dauer.

„Ich weiß nicht, wie ich euch diesmal rausholen soll.“ Er strich Mariku über die gesunde Wange.

Mariku zuckte mit den Schultern. „Ist okay.“ Er nahm Maliks Hand und küsste seine Fingerrücken. „Ich bin nur froh, dass ich dich noch mal sehen konnte.“

„Hör auf so was zu sagen.“

„Du kannst echt richtig süß sein“, sagte Mariku mit einem Schmunzeln.

Malik verdrehte die Augen und stand auf. „Die Situation ist wirklich ernst! Du wirst sterben und es wird langsam und schmerzvoll werden.“

„Warum hast du eigentlich keinen Schwanz?“

Malik war zu verblüfft um zu antworten. Er brauchte auch eine Weile um die Frage zu verstehen. „Das ist doch jetzt überhaupt nicht wichtig!“

„Ich kann nicht sterben, bevor ich das nicht weiß.“

„Ist das alles nur ein Witz für dich?“

Mariku hatte Malik noch nie so besorgt gesehen. Er hatte wirklich Angst um ihn.

„Tut mir leid.“ Mariku ergriff Maliks Hand und stand auf. Seine Knie fühlten sich weich an, doch er schaffte es stehen zu bleiben. „So ist es nur leichter, alles zu ertragen.“ Mit dem Zeigefinger strich er die Konturen von Maliks Gesicht nach. „Außerdem tut mir alles weh, ich bin schon fast froh, wenn’s endlich vorbei ist.“

Malik lehnte sich nach vorne und legte seine Stirn auf Marikus Schulter. „Du ahnst gar nicht, was dir noch bevorsteht“, murmelte er.

„Dann bring‘s du zu Ende.“ Malik sah überrascht auf. „Ein Biss oder ein Kratzer, das würd doch ganz schnell gehen, und bei dem was mir dein Bruder angedroht hat, wär’s wohl besser so.“

Malik trat einen Schritt zurück und sah auf seine Hände. Mariku hatte recht. Wenn er ihn umbrachte, dann wäre es schnell vorbei. Ein bisschen Gift und Mariku würde ersticken. Niemand würde in Frage stellen, warum er es getan hatte. Malik legte eine Hand auf Maliks Brust. Sein Gift tränkte den Stoff seines Shirts. Er sah Mariku an.

„Komm schon“, flüsterte dieser. „Wär nicht das erste Mal.“ Marikus Herz raste. Er musste zugeben, dass er trotz der coolen Fassade mehr als nervös war. Er wäre innerhalb von einer Minute tot; er hatte schon einmal erlebt, wie Maliks Gift wirkte und diesmal war er bei Kräften.

Malik ließ die Hand sinken und lehnte stattdessen seine Stirn gegen Marikus Brust. „Ich kann nicht.“

„Schon gut. Also, warum hast du keinen Schwanz?“

Malik seufzte. „Ich bin noch nicht alt genug.“

„Dir wächst also noch einer?“

„Ja.“

„Heiß.“ Malik sah Mariku mit gehobenen Augenbrauen an. Mariku zuckte nur grinsend mit den Schultern. „Wenn man nicht versucht mich damit zu erwürgen, dann...“ Sein Grinsen wurde etwas breiter, doch nur für kurz, denn die Anspannung ließ die Schmerzen wieder aufflammen.

Malik schüttelte nur den Kopf und sah dann zur Tür. „Es wird Zeit.“

Mariku beugte sich vor und küsste Malik noch einmal. „Okay.“

„Das tut mir jetzt gleich leid.“

„Wa-aaaaaaaah!“ Malik hatte vier lange Kratzer auf Marikus Brust hinterlassen. Mariku presste den Stoff seines Shirts gegen seine Brust.

„Es muss echt aussehen.“

„Es fühlt sich auch sehr echt an“, murrte Mariku.

Sie gingen zurück zur Tür und Malik aktivierte die Fesseln. Er gab Mariku einen letzten Kuss, bevor er ihm den Sack über den Kopf zog. Die Kratzer waren nicht tief, doch sie tränkten trotzdem Marikus Oberteil mit Blut.

Malik öffnete die Tür und winkte die Wachen wieder zu sich. Sie hatten nicht direkt vor seiner Tür gewartet, sondern weiter den Flur hinunter. Ohne Fragen zu stellen oder den Kratzern auf Marikus Brust auch nur einen Blick zu würdigen, führten sie ihn wieder zurück in seine Zelle.
 

Malik seufzte, als sich die Tür schloss. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn er Mariku nicht gesehen hätte.

„Meister Malik.“

Malik sprang fast aus seiner Haut. Rishid! Er war die ganze Zeit hier gewesen, hatte alles gesehen. Malik war so an seine Anwesenheit in seinem Zimmer gewöhnt, dass er ihn gar nicht bemerkt hatte. Malik konnte sich nicht erinnern, jemals eine solche Panik verspürt zu haben. Aus dieser Situation konnte er sich nicht herausreden. Er starrte Rishid an, die Augen weit und der Körper angespannt. Er musste ihn töten, bevor er irgendjemanden von dem erzählen konnte, was er gerade gesehen hatte.

„Es gäbe eventuell eine Möglichkeit ihn zu retten.“

„Was?“

Kapitel 16
 

Bakura fuhr aus dem Schlaf hoch. Sein Atem ging schnell und sein „Albtraum“ lastete noch schwer auf ihm. Nein, Bakura sah sich um, es war kein Albtraum gewesen. Sein Blick fixierte sich auf Jonouchis leblosen Körper, während eine Welle der Schuld über ihn hinweg wusch. Nicht nur, dass Ryou ihm das nie verzeihen würde, auch er selbst würde es sich lange vorwerfen. Er hatte einen Freund getötet. Bakura ballte die Hände zu Fäusten. Er würde den Notechis umbringen, der ihn in diese Lage gebracht hatte; auch dafür, was er Ryou angetan hatte.

Bakura wandte den Blick von Jonouchi ab. Es gab sowieso nichts mehr was er für ihn tun konnte. Zumindest war er jetzt wieder gestärkt und er trug keine Fesseln. Vielleicht hatte er eine Chance sie hier rauszubringen.

„Anzu?“

Anzu hob langsam den Kopf und der Blick, den sie ihm schenkte, ließ Bakura unbewusst ein Stück zurückrutschen. Sie betonte jede Silbe als sie sprach: „Sprich mich nicht an!“

„Anzu, bitte...“

„Du hast ihn umgebracht!“

Bakura senkte schuldbewusst den Blick. „Ja.“ Er hatte nicht vor seine Tat zu verteidigen, auch wenn es nicht ganz seine Schuld war. Er hätte nichts tun können um es aufzuhalten. Hätte er nicht getrunken, wäre er es, der jetzt tot wäre.

Bakura stand auf. Seine Beine fühlten sich etwas steif an, doch ansonsten merkte er kaum etwas von den Anstrengungen der letzten Tage. Jonouchis Blut hatte eine bessere Wirkung auf ihn als erwartet. Er trat einen Schritt auf Anzu zu, welche sofort versuchte weiter von ihm wegzurutschen.

„Ich tu dir nichts. Ich will nur die Fesseln lösen.“

„Fass mich nicht an!“

„Anzu.“

„Bleib weg!“ Sie rutschte bis in die Ecke und ließ Bakura nicht aus den Augen.

Bakura seufzte und vermied es sichtbar die Augen zu verdrehen. Wenn Anzu keine Hilfe wollte, dann sollte sie ihre Fesseln eben weiterhin tragen. Stattdessen betrachtete Bakura das Glas, dass sie davon abhalten sollte zu entkommen. Er legte seine Hände darauf und tastete daran entlang, doch er fand weder Spalt, noch Riss. Er stemmte sich dagegen, doch das brachte nichts. Er wusste, dass es eine Tür gab, doch sie verschmolz so gut mit dem Glas, dass Bakura sie nicht finden konnte. Zumindest nicht durch tasten.

Bakura schloss die Augen und legte ein Ohr an die Scheibe. Er klopfte nur leicht dagegen, doch er hörte die Schwingung, die durch das Glas ging. Er klopfte noch einmal dagegen und langsam formte sich ein Bild vor seinem inneren Auge. Er sah die Scheibe und die Störung, die die Tür im Glas verursachte.

Bakura öffnete die Augen wieder und ging nach rechts. Er konnte die Tür mit offenen Augen nicht sehen, aber jetzt wusste er, wo sie war. Aufgrund der Öffnung war das Glas an dieser Stelle instabiler und leichter zu brechen. Bakura wusste nur nicht, ob reine Gewalt ausreichte. Mehr hatte er nur leider nicht.

Bakuras Augen weiteten sich leicht. Doch, er hatte mehr. Er drehte sich wieder zu Anzu um, die ihn immer noch wütend anstarrte. „Du kannst doch auch Eis machen, nicht wahr?“ Anzus wütender Blick wandelte sich in Misstrauen. „Damit können wir das Glas aufsprengen.“

Doch Anzu schüttelte den Kopf und wandte den Blick ab. „Ich könnte, aber ich bin zu schwach.“

„Verdammt!“ Bakura trat gegen die Scheibe.
 

„Bakura?“ Es war Ryous Stimme, die schwach von nebenan zu hören war.

„Ryou!“ Bakura war erleichtert seine Stimme zu hören, auch wenn sofort das schlechte Gewissen anklopfte. Er hatte einen von Ryous Freunden umgebracht, wie sollte er ihm das erklären? „Wie geht’s dir? Bist du in Ordnung?“

„Hatte schon bessere Tage.“

Bakura lächelte leicht. Zumindest hatte Ryou seine Bissigkeit nicht verloren. „Aber er hat dir eine Feder ausgerissen?“

Ryou schwieg für eine Weile. „Ja“, sagte er schließlich, „aber nur eine, das ist noch okay. Mach dir um mich keine Sorgen. Wie geht’s euch?“

Bakura warf einen Blick über die Schulter. Anzu hatte die Lippen aufeinander gepresst, sah ihn jedoch nicht mehr an. Er vermied es Jonouchi anzusehen. „Alles in Ordnung.“ Er schaffte es nicht, es Ryou zu beichten. Er wollte ihn nicht noch weiter belasten. „Weißt du was von Mariku?“

Kurze Stille.

„Er müsste in der anderen Zelle neben euch sein.“

„Okay, ich geh schnell auf die andere Seite, ja?“

„Es ist jetzt nicht so als könnt ich davonlaufen.“

Immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen, wandte sich Bakura in die Richtung, in der Marikus Zelle lag. „Mariku? Mariku?“ Doch er erhielt keine Antwort. „Mariku?“ Bakura biss sich auf die Unterlippe. War er immer noch ohnmächtig? „Mariku!“ Er war doch nicht tot? Seine Verletzungen waren ziemlich schwer gewesen und dieser weißhaarige Notechis hatte es auf ihn abgesehen. „Mariku, wehe du bist tot!“
 

Schritte hallten durch den Gang und Bakura zog sich von der Scheibe zurück. Er wollte keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen, damit am Ende nicht noch seine Fesseln wieder aktiviert wurden. Er ließ sich auf den Boden sinken, schloss die Augen und lauschte. Die Glasscheibe dämpfte die Geräusche, doch Bakura konnte trotzdem hören, dass es drei Personen waren. Zwei hatten einen festen Schritt, die dritte wurde mehr geschleift, als dass sie selbst ging. War es Mariku?

Bakura hörte das Piepen, als der Code für die Zelle nebenan eingegeben wurde. Die Notechis schubsten Mariku hinein, welcher auf den Boden fiel, dann schloss sich die Tür wieder.

Die Notechis überprüften nicht die anderen Zellen, sondern zogen sich wieder zurück. Bakura wartete noch einige Augenblicke ab, bis er sicher sein konnte, dass sie wieder allein waren, dann rutschte er an die Scheibe.

„Mariku?“

Grummeln war von nebenan zu hören.

„Geht’s dir gut?“

„Ich lebe.“ Mariku löste sein Shirt vorsichtig von seinen frischen Wunden. Er biss die Zähne zusammen. Man sollte meinen so ein paar Kratzer wären nichts im Vergleich zu seinem Gesicht. „Die Frage ist, wie lange noch.“

„Wo warst du?“

„Bei Malik.“

„Und?“ Bakura drückte sein Gesicht schon fast gegen die Scheibe.

„Nichts Und. Wir werden alle sterben und es wird lang und schmerzvoll.“
 

*
 

Malik starrte Rishid mit offenem Mund an. Hatte er sich gerade verhört? „Was?“, wiederholte er.

„Während der Hochzeit wird niemand auf die Gefangenen achten“, begann Rishid seinen Plan zu erläutern, doch Malik hörte gar nicht zu. Er war immer noch zu verblüfft. Während Rishid noch sprach, ging Malik auf ihn zu und packte ihn schließlich am Kragen. Rishid verstummte.

„Weißt du überhaupt, was du da sagst?“ Malik flüsterte schon fast. „Das ist Hochverrat.“

Es war nur selten, dass Rishid lächelte, aber jetzt tat er es. „Das ist die Beziehung zu einem Nicht-Notechis auch.“

Malik ließ Rishid los und wandte sich ab. „Wir haben keine Beziehung.“

„Aber du willst, dass er überlebt und die Hochzeit ist die einzige Gelegenheit.“

„Wie stellst du dir das vor? Ich hab während der Hochzeit keine Zeit!“ Malik schüttelte den Kopf. „Ich muss die ganze Zeit da sein.“

„Ja, du schon, Meister Malik, aber ich nicht.“

„Ich... nein“, Malik schüttelte wieder den Kopf, „das geht nicht.“

„Es gibt keinen anderen Weg.“

„Es ist Hochverrat. Sie werden uns beide hinrichten.“

Diesmal war es Rishid, der den Kopf schüttelte. „Sie werden mich hinrichten. Ich werde für alles die Verantwortung übernehmen.“

Malik presste die Lippen aufeinander und sah Rishid an. Er wog die Chancen ab. Niemand würde während der Hochzeit auch nur einen Gedanken an die Gefangenen verschwenden; es würde keine Wachen für sie geben und auch im restlichen Gebäude und bei den Raumschiffen würde kaum jemand sein. Außerdem hatte Rishid ein ausgesprochenes Talent sich lautlos und unauffällig zu bewegen.

Aber würde er es auch schaffen Mariku und die anderen ungesehen bis zu den Raumschiffen zu bringen?

Mariku allein wäre sicher weniger ein Problem, aber er würde niemals die anderen zurücklassen. Bis zur Raumschiffhalle war es weit und die Wahrscheinlichkeit, dass sich trotz allem jemand in diesem Areal aufhielt war hoch.

„Warum willst du das für mich tun?“

„Weil es meine Aufgabe ist dich zu beschützen, Meister Malik, und ich schon viel zu oft versagt habe.“

Malik konnte den Blickkontakt nicht halten. Er wusste, dass Rishid von Kura sprach und die Narben auf seinem Rücken wurden immer mehr zur Last. Er dachte an Mariku und dessen dämliches Grinsen. Er wollte nicht, dass Kura ihm noch mehr antat.

Malik fiel Rishid um den Hals. Er war selbst über den plötzlichen Gefühlsausbruch überrascht. Das letzte Mal hatte er Rishid als kleines Kind umarmt. Er hatte sich jedoch nicht zurückhalten können. Er war Rishid dankbar für alles, was er all die Jahre für ihn getan hatte, auch wenn er ihm das nie gesagt hatte. Rishid war mehr ein Bruder für ihn, als Kura es je sein würde.

„Rette ihn.“
 

*
 

Malik zuckte nicht einmal mit der Wimper, als Kura ihn gegen die Wand drückte. Er legte eine Hand auf Kuras Brust und schob ihn von sich. Er verschwendete keine Energie darauf etwas zu Kura zu sagen. Egal was er sagte, Kura würde ihm sowieso weiter folgen. Er würde ihn so lange nicht in Ruhe lassen, bis er hatte was er wollte.

Malik wusste, dass es besser wäre, wenn er sich unter die anderen Notechis mischte, anstatt in sein Zimmer zu gehen, wo Kura so gut wie freie Hand hatte, doch seine Beine trugen ihn ganz automatisch zu seinem Zimmer. Er hoffte, dass Rishid da war, doch diese Hoffnung wurde schnell zunichte gemacht.

Malik schloss die Augen, als Kura die Arme um ihn legte und etwas grob sein Kinn packte. „Inzwischen macht mich dein kleines Spielchen ziemlich an“, flüsterte Kura ihm ins Ohr und küsste seine Schläfe.

„Spielchen?“

„Du spielst den Unnahbaren.“

Malik musste sein Gesicht nicht sehen um zu wissen, dass er grinste. Er riss sich aus Kuras Umarmung los. „Du langweilst mich einfach nur.“

Kura drehte Malik herum und packte ihn am Kragen. „Du wagst es?“

„Ich?“ Malik versuchte seine Stimme ruhig zu halten. „Du hast wohl vergessen, dass DU unter MIR stehst!“

Kura stieß Malik von sich, packte ihn aber gleich wieder am Arm. „Ich zeig dir gleich, wer hier unter wem ist“, zischte Kura. Sein Griff war eisern, doch Malik verzog keine Miene. Plötzlich kehrte das Grinsen auf Kuras Lippen zurück und das verunsicherte Malik mehr als wenn Kura wütend war. „Aber ich versteh schon, du willst was anderes oder besser gesagt, jemand anderen, nicht wahr?“ Er packte Malik am Kinn. „Diesen erbärmlichen Menschen.“ Kura ließ Malik los und trat von ihm zurück. „Wie war der Sex mit ihm, hm?“

„Ich weiß nicht, wovon du redest.“

Kura lachte. „Ach Malik, wie lange willst du’s noch leugnen? Hast du ihn gefickt?“ Malik antwortete nichts. „Oder er dich?“

„Verschwinde Kura.“

„Er hat dich gefickt, das ist mehr dein Ding. Der große, angesehene Krieger, bewundert von allen, Commander Malik“, spottete Kura. „Was würden sie sagen, wenn sie wüssten, dass du dich erst von deinem Bruder und dann von diesem Abschaum hast ficken lassen?“

Es fiel Malik schwer ruhig zu bleiben. „Du bist nur mein Halbbruder.“

Kuras Mundwinkel sanken leicht herab, doch er fing sich schnell wieder. „Also streitest du’s nicht ab? Hast du seinen Schwanz geritten, wie du meinen immer reitest?“

„Raus!“

„Wie kommt’s, dass der noch lebt?“ Kura musterte Maliks Körper.

„Vielleicht, weil nichts passiert ist?“, zischte Malik. „Wenn du nicht mehr zu sagen hast, als diese widerlichen Anschuldigungen, dann verschwinde endlich!“

Kura kam wieder näher und strich Malik über die Wange. Schließlich packte er Maliks Haare und presste ihre Lippen aufeinander. Der Kuss währte nur Sekunden, bevor Malik sein Knie in Kuras Magen rammte. Kura sackte leicht zusammen und presste seine Hand gegen seinen Bauch. Wütend sah er Malik an, sagte jedoch nicht.

„Verzieh dich, Kura, bevor ich dir die Kehle rausreiße.“

Kura knirschte mit den Zähnen, sagte jedoch nichts mehr.
 

Als sich die Tür laut krachend hinter Kura schloss, ließ sich Malik auf sein Bett fallen. Er berührte seine Lippen. Wäre es nicht einfacher, wenn er endlich einfach nachgab?
 

*
 

Malik betrachtete sich im Spiegel und strich unnötigerweise seine sowieso glatte Uniform noch einmal glatt. Er war nervös, nicht wegen der Hochzeit, sondern wegen der Befreiung von Mariku. Er wusste nicht, was Rishid geplant war. Obwohl er Rishid gefragt hatte, wie sein Plan aussah, hatte dieser es vorgezogen es ihm nicht zu verraten. Seiner Ansicht nach war es besser, je weniger Malik wusste.

Rishid legte die Hände auf Maliks Schulter. „Ganz ruhig.“ Er sprach leise. „Es ist alles vorbereitet.“

„Mir wär lieber, es wär schon vorbei“, murmelte Malik und strich erneut über seine Uniform. Bevor Malik noch mehr sagen konnte, trat Isis ein. Trotz ihres Gemeckers trug sie das Kleid doch. Nach der eher wilden Art, wie ihre Haare hochgesteckt waren, vermutete Malik, dass sie es selbst getan hatte.

„Du siehst wunderschön aus.“

„Ich seh aus wie ein Püppchen.“

„Ich würd dich sofort heiraten.“

Isis ließ sich auf einen Stuhl fallen, ohne dabei großartig auf das Kleid zu achten. Sie trug Kampfstiefel darunter. „Das wär mir tausendmal lieber. Ich wünschte, dieses Theater wäre schon wieder vorbei.“

Malik nickte nur. Er wünschte sich auch, dass der Tag schon vorbei wäre.
 

*
 

Malik füllte sich bereits zum zweiten Mal das Glas mit Nias, einem alkoholischem Getränk, gewonnen aus Früchten, die auf diesem Planeten wuchsen. Die Zeremonie hatte gerade erst begonnen, aber er hörte gar nicht zu. Sein Blick wanderte zu Rishid, der fast am anderen Ende des Saals stand. Er schenkte Malik keine Aufmerksamkeit, sondern hatte seinen Blick auf Isis und ihren Verlobten gerichtet. Malik wusste, dass Rishid schon immer eine kleine Schwäche für Isis gehabt hatte, aber aufgrund seines niederen Rangs hätte er nie eine Chance gehabt.

Malik richtete seinen Blick ebenfalls wieder auf das Pärchen und musterte ihren So-gut-wie-Ehemann. Er hatte ihn zwar schon öfter gesehen, aber ihm nie wirklich Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei war er wirklich kaum zu übersehen. Isis war hochgewachsen, aber neben ihrem Angetrauten wirkte sie klein und zerbrechlich. Während Malik sein Training hauptsächlich auf Agilität ausgelegt hatte, hatte sich Isis‘ Mann auf Stärke konzentriert. Malik hatte noch nie viel von brachialer Gewalt gehalten. Er sah zu Kura, der einige Tische weitersaß und sich auch mehr für den Inhalt seines Glases, als für die Hochzeit interessierte. Auch Kura bevorzugte Stärke über Beweglichkeit, weshalb Malik in einer direkten Auseinandersetzung für gewöhnlich der Unterlegene war. Malik leerte sein Glas mit einem Zug und wandte den Blick wieder ab. Er versuchte sich an den Namen des Bräutigams zu erinnern, aber er wollte ihm einfach nicht einfallen. Er konnte sich nicht einmal daran erinnern, welchen Rang er einnahm. Isis‘ hatte gesagt, er war unter ihr, daher ging er von Offizier aus.

Malik schenkte sich nach und hob das Glas gleich an die Lippen. Es war wahrscheinlich keine gute Idee, dass er so viel trank, aber er kam einfach nicht mit der Nervosität klar und wollte auch nicht, dass sie jemand bemerkte. Die Warterei machte ihn noch wahnsinnig.

Malik ließ seinen Blick über die Anwesenden schweifen. Um ihn herum saßen hauptsächlich höherrangige Notechis; Veteranen des Krieges. Malik kannte sie alle.

Sie unterhielten sich leise über die Hochzeit und schienen mit Isis‘ Angetrautem zufrieden zu sein, auch wenn manche der Überzeugung waren, die eigenen Söhne wären besser für sie geeignet.

Malik schmunzelte. Er kannte die Söhne und Isis hätte jeden einzelnen von ihnen zum Frühstück verspeist.

„Malik.“

Malik wandte den Kopf. „General Zone?“

Zone wedelte wirsch mit der Hand. Er hatte auch schon einige Gläser Nias intus. „Wir haben Seite an Seite Abschaum ausgelöscht, du bist der Letzte, der mich mit irgendwelchen Titeln ansprechen muss.“ Er grinste breit und legte einen Arm um Maliks Schulter. „Aber jetzt hör mir zu, du bist ein großartiger Kämpfer, ein ausgezeichneter Commander und du bist in einem guten Alter.“ Er griff nach seinem Glas und nahm einen tiefen Schluck. „Weißt du, wer noch in einem guten Alter ist? Meine Tochter. Sie war noch zu jung für den Krieg damals, aber inzwischen ist sie eine bemerkenswerte Kämpferin, flink und stark.“ Es schwang viel Stolz in seiner Stimme mit. „Und wunderschön obendrein!“ Er deutete auf eine Gruppe junger Frauen, nicht weit von ihrem Tisch entfernt.

Malik hatte keine Ahnung, wer die Tochter des Generals war. „Sie ist wirklich eine Augenweide“, sagte er trotzdem um ihn zufrieden zu stellen.

„Nicht wahr? Sie würde dir gute Kinder schenken.“

Malik trank sein Glas leer, bevor er antwortete. „Das ist wirklich ein großzügiges Angebot und ich fühlte mich geehrt, dass du denkst, ich wäre gut genug für deine Tochter.“

Zone lachte leise und klopfte Malik auf den Rücken. „Sie ist jederzeit für dich bereit.“

Malik lächelte gezwungen. Eher würde er sich die Hand abhacken. „Wir haben jedoch einen Krieg vor uns, der meine ganze Aufmerksamkeit verlangt. Wenn, dann muss das warten, bis wir uns zurückgenommen haben, was uns zusteht.“

Das Gesicht des Generals wurde ernst. „Natürlich, ich verstehe.“

Malik entspannte sich leicht, als General Zone seine Aufmerksamkeit wieder jemand anderem zuwandte. Das hatte ihm gerade noch gefehlt.
 

*
 

Malik hielt die Flasche im letzten Moment fest, bevor sie umkippen und ihren Inhalt auf dem Tisch verteilen konnte. Die Zeremonie war vorbei und das richtige Saufgelage hatte begonnen. Er spürte die Auswirkungen des Nias, versuchte jedoch einen klaren Kopf zu behalten. Die meisten waren längst betrunken und die Stimmung war ausgelassen. Malik suchte in der Menge nach Rishid, doch konnte ihn nirgends entdecken. Er verschwendete keine Zeit mit den Versuch Nias in sein Glas zu schütten, sondern trank direkt aus der Flasche. Es ging los...
 

*
 

Ohne Eile entfernte sich Rishid von der Feier und wandte sich dem Hauptgebäude der Stadt zu. Notechis bevorzugten das Leben in Städten, anstatt in kleinen Dörfern. Es gab nur zwei große Städte auf dem Planeten, die von den Notechis bewohnt wurden. Sie trugen auch keine besonderen Namen, sondern wurden nur Hauptstadt und Nebenstadt genannt. Die Nebenstadt existierte nur zu Trainingszwecken. Das ganze Areal war eine einzige Kampfzone. Die Kinder wurden noch in der Hauptstadt trainiert, doch ab einem bestimmten Alter mussten sie in die Nebenstadt und dort gab es keine Spielereien mehr.

Auf der Straße außerhalb des Festsaals war ebenfalls viel los. Nicht alle passten in den Saal, aber niemand wollte sich die Feierlichkeiten entgehen lassen, weshalb auf der großen Hauptstraße gefeiert wurde. Die Sonne war bereits untergegangen, doch Lichter schwebten durch die Straße. Rishid hatte Schwierigkeiten voranzukommen, doch viel mehr Sorgen machte er sich darüber, wie er ungesehen wieder rauskommen würde. Der Raumschiffhafen lag abseits der Hauptstraße und man konnte ihn vom Hauptgebäude direkt betreten, doch es bestand trotzdem ein Risiko. Wenn es sein musste, konnte er ein oder zwei Notechis töten, sollten sie sich ihm in den Weg stellen, aber gegen mehr konnte er nichts ausrichten.

Die Massen wurden weniger, je näher er dem Hauptgebäude kam.

„Hey, Rishid!“ Rishid blieb stehen und sah zur Seite. Zwei Notechis saßen auf einer kleinen Mauer. Mehrere Flaschen Nias standen vor ihnen. Rishid kannte sie nur flüchtig. „Trink mit uns.“

„Ich muss etwas für Meister Malik holen.“

„Meister Commander Malik.“ Der Sprecher lachte und stieß sein Glas gegen das seines Freundes. Sie tranken und lachten beide, während Rishid seinen Weg fortsetzte und das Hauptgebäude betrat. Er hoffte, dass es kein Fehler gewesen war, Malik zu erwähnen.
 

Kaum schloss sich die Tür hinter ihm, verstummte der Lärm der Straße und Stille hüllte ihn ein. Rishid schloss die Augen und lauschte, doch er schien wirklich allein zu sein.

Rishid eilte durch das Gebäude, bis er plötzlich Stimmen vernahm. Er huschte durch eine der Türen und drückte sich gegen die Wand. Je mehr Leute ihn sahen, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, dass man ihn mit der Flucht der Gefangenen in Verbindung brachte und das würde nicht nur ihn, sondern auch Malik in Gefahr bringen. Und das war etwas, dass er nicht zulassen konnte. Seit Maliks Geburt war er darauf gedrillt worden auf ihn aufzupassen. Er hatte seine eigenen Bedürfnisse zur Seite geschoben um sich um Malik zu kümmern und er hatte es nie bereut. Malik war ihm wichtiger, als jedes Gesetz der Notechis, weshalb er jetzt auch auf dem Weg war Hochverrat zu begehen.

Rishid trat wieder auf den Flur, nachdem die Gruppe vorbeigegangen war. Außerdem hatte er gesehen, wie Malik den Menschen ansah und wie er mit ihm umging, er konnte nicht zulassen, dass er starb. Von klein auf hatte Malik ein härteres Training durchlaufen als die anderen Kinder. Lord Ishtar war schon immer besonders ehrgeizig gewesen und hatte Malik bis zur Erschöpfung trainieren lassen. Es hatte sich ausgezahlt, Malik war der jüngste Commander seit tausend Jahren und ein hochangesehener Krieger, doch Rishid hatte schon immer das Gefühl gehabt, dass ihm etwas fehlte.

Rishid betrat den Zellenblock. Malik war dieser Mensch wichtiger als sein Stolz, also würde Rishid ihn retten und wenn es das Letzte war, was er tat.
 

*
 

Malik wusste nicht, wie es dazu gekommen war. Vielleicht hatte er auch einfach zu viel getrunken, doch als General Zone plötzlich seine Tochter in seine Arme geschoben hatte, war ihm keine Ausrede eingefallen um den Tanz zu vermeiden. Wobei Tanz doch zu viel gesagt war, immerhin war er betrunken und selbst nüchtern tanzte er für gewöhnlich nicht. Notechis mochten auf dem Schlachtfeld noch so grausam sein und auch abseits davon eher gefühlskalt, doch Feste und Tanzen ließen sie sich nicht entgehen.

Zones Tochter war schon irgendwie hübsch. Ihre Haare waren gefärbt, rotes Haar war nicht natürlich unter den Notechis, und passte perfekt zu ihren dunkelroten Schuppen. Trotz ihres zierlichen Körperbaus hatte sie einen festen Griff. Sie trug ebenfalls Kampfstiefel unter dem Kleid, genau wie Isis.

„Tut mir Leid wegen meines Vaters, Commander.“ Sie sah kurz auf und wandte den Blick dann verlegen zur Seite.

„Schon okay, ähm...“ Wie war ihr Name noch mal? Er war doch nur so kurz gewesen. Verdammt!

„Aber wenn ich etwas für dich tun kann, dann musst du das nur sagen, Commander Malik.“ Sie drückte sich leicht gegen ihn und Malik wusste nicht, wie er reagieren sollte.

„Ich komme darauf zurück, wenn nötig, Aki“, murmelte er. Aki, genau, das war ihr Name! Sie lächelte und strich ihm über die Brust. Ihre Absichten waren klar, doch Malik dachte nicht im Traum daran, darauf einzugehen.

Er war erleichtert, als das Lied zu Ende war und er sich mit einer knappen Entschuldigung von Aki lösen konnte. Er hatte noch gar nicht mit seiner Schwester gesprochen und wollte das nachholen. Malik musste sich auf seine Schritte konzentrieren um nicht zu torkeln. Wieso hatte er nur so viel getrunken? Ob Rishid Mariku schon befreit hatte? Ob alles gut gegangen war? Hoffentlich erwischte ihn niemand. Was sollte er tun, wenn er Rishid und Mariku verlor?

Malik stieß mit jemandem zusammen. Er hatte sich noch nie solche Sorgen gemacht, jemanden zu verlieren. Er hatte sich überhaupt noch nie Sorgen um so etwas gemacht. Sterben gehörte dazu. Malik hob den Blick um zu sehen mit wem er zusammengestoßen war. Er schluckte. Es war Kura.
 

*
 

Mariku sah auf, als sich seine Zellentür öffnete. Was wollten sie denn jetzt schon wieder von ihm? Es war nur ein einzelner Notechis und keiner von denen, die ihm für gewöhnlich das Essen brachten. War das sein Henker? Nein, er ging davon aus, dass es Kura persönlich sein würde, der ihn dafür abholte. Mariku musterte ihn kurz. Eine Gesichtshälfte war vernarbt und Mariku musste unweigerlich grinsen.

„Wenn das verheilt ist, seh ich wahrscheinlich so aus wie du.“

Ohne etwas zu sagen, kniete sich Rishid neben Mariku und dieser erwartete jeden Moment das Surren der Fesseln zu hören, doch stattdessen fielen sie zu Boden. Mariku starrte Rishid überrascht an.

„Malik schickt mich“, flüsterte Rishid mit schwerem Akzent.

„Malik“, wiederholte Mariku leise. Rishid zog ihn auf die Beine und Mariku musste sich an der Wand abstützen. „Wo ist er?“

Doch Rishid schüttelte nur den Kopf. „Sei leise und komm mit.“

Mariku sah ihn misstrauisch an. Konnte er ihm vertrauen? Schickte wirklich Malik ihn? Oder war das ein Trick? Doch er hatte auch keine andere Wahl, weshalb er Rishid aus der Zelle folgte.

Als nächstes war die Zelle mit Bakura und Anzu an der Reihe. Bakura sagte nichts, sondern sah Mariku nur fragend an. Mariku zuckte mit den Schultern. Sein Blick fiel auf Jonouchis Leiche und jetzt war er es, der Bakura fragend ansah. Bakura wandte schuldbewusst den Blick zur Seite.

Anzu ließ sich ohne Widerworte die Fesseln abnehmen und vermied es irgendwen anzusehen.
 

Als Rishid Ryous Zelle öffnete, stürzte Bakura sofort zu ihm und schloss ihn in die Arme. „Ich bin so froh, so froh“, murmelte er und drückte Ryou an sich. Ryou genoss die Umarmung, traute der ganzen Sache jedoch nicht. Mit zusammengekniffenen Augen sah er Rishid an. „Wer ist er?“

„Er sagt, Malik schickt ihn.“

„Ist er vertrauenswürdig?“

Mariku zuckte nur mit den Schultern.

„Seid leise und beeilt euch. Wir haben nicht viel Zeit.“ Rishid wurde etwas nervös. Der schwierige Teil stand ihnen noch bevor.

„Ich trau ihm nicht.“

„Wir haben keine andere Wahl“, erwiderte Mariku. Sie folgten Rishid.

„Traust du ihm?“

„Ich vertraue Malik.“

„Er hat Honda umgebracht“, zischte Ryou.

„Und Bakura Jonouchi.“ Mariku zuckte schon fast beiläufig mit den Schultern.

„WAS?“ Ryou sah sich um. Es stimmte, Jonouchi fehlte. Sein Magen zog sich zusammen und sein entsetzter Blick richtete sich auf Bakura.

Bakura schloss die Augen. Hatte Mariku das jetzt sagen müssen?

Doch bevor die Situation weiter eskalieren konnte, mischte sich Rishid ein. „Seid endlich still! Oder wollt ihr, dass wir alle sterben?“

„Lass uns später darüber reden“, flüsterte Bakura und wollte Ryous Hand nehmen, doch Ryou zog sich von ihm zurück. Bakura seufzte.
 

Mariku ging neben Rishid, während sie Schleichwege durch das Gebäude nahmen. „Wer bist du?“, fragte Mariku leise. Er wollte mehr über ihren potenziellen Retter wissen und in welcher Beziehung er zu Malik stand.

„Unwichtig.“

„Wieso hilfst du uns?“

„Du hörst erst auf zu fragen, wenn ich antworte, nicht wahr?“

„Ja.“

Rishid lächelte. „Ein Sturkopf, genau wie Malik.“

„Kennst du ihn schon lange?“

„Sein ganzes Leben.“

„Also, wer bist du?“

„Mein Name ist Rishid und meine Aufgabe ist es, Malik zu beschützen.“

„Nicht sehr erfolgreich.“ Rishid blieb stehen, sodass Mariku gegen ihn lief. Er packte Mariku am Kragen und hob ihn hoch. Mariku wartete auf den Schmerz, doch er kam nicht. Rishid atmete tief durch und stellte Mariku wieder auf die Füße.

„Ich weiß.“ Er klang bitter. Für einen Moment rührten sie sich nicht. „Ich habe versagt und das ist mein Versuch, es zumindest etwas wieder gut zu machen.“ Er wandte sich von Mariku ab. „Und jetzt kommt, es ist nicht mehr weit.“

Mariku schwieg den Rest des Weges. Er fühlte sich schlecht wegen dem was er gesagt hatte. Rishid gefiel die Sache mit Kura genauso wenig wie ihm. Er konnte sich vorstellen, dass Rishid Kura sicher auch am liebsten umbringen würde.
 

Ungesehen gelangten sie zu den Raumschiffen und Rishid war ihr Glück schon fast nicht geheuer. Er erwartete jeden Moment einer Gruppe zu begegnen, doch auch der Raumschiffhafen lag ruhig vor ihnen. Rishid deutete der Gruppe zu warten, ging eine Runde und lauschte auf Geräusche, doch außer ihnen war niemand anwesend.

„Es ist bereits alles programmiert“, erklärte Rishid, als sie vor dem kleinen Raumschiff standen, dass er für die Flucht vorbereitet hatte. „Ihr verlasst den Planeten und springt. Ihr gelangt direkt ins Gebiet der Sternenallianz. Von dort aus müsst ihr euren Weg alleine finden, aber ihr seid zumindest in Sicherheit.“

„Wo ist Malik?“

Rishid sah Mariku kurz an. „Beeilt euch.“

„Ich flieg nicht ohne Malik.“

„Du hast keine andere Wahl.“

„Ich lass ihn nicht hier.“

Rishid seufzte. „Er hat mich vorgewarnt, dass du wahrscheinlich so reagieren wirst und ich soll dir etwas ausrichten.“

„Was?“

„Idiot.“ Und bevor Mariku reagieren konnte, schlug Rishid ihn mit einem gezielten Schlag in den Nacken KO. Mariku sackte nach vorne, doch Anzu fing ihn auf und schleifte ihn ins Raumschiff.

„Verschwendet keine Zeit.“

„Sag Malik...“ Ryou räusperte sich. „Sag ihm, danke.“

Rishid nickte. „Das nächste Mal, wenn wir uns wiedersehen, werden wir Feinde sein.“

Ryou grinste. „Das sind wir doch schon die ganze Zeit.“

Kapitel 17
 

Unbeholfen versuchte Malik sich selbst Bandagen anzulegen. Sie rutschten über seinen Rücken und rieben an den frischen Wunden. Malik biss die Zähne zusammen. Er hob die Verbände auf und versuchte es erneut. Er hatte viel zu viel getrunken und dumme Entscheidungen getroffen. Eine dumme Entscheidung um genau zu sein. Es war jedoch am besten, wenn er sich wieder daran gewöhnte. Es würde keinen Mariku mehr geben. Nie wieder. Noch hatte niemand gemerkt, dass die Gefangen verschwunden waren, doch es würde nicht mehr lange dauern.

Frustriert warf Malik die Bandagen in eine Ecke. Doch zumindest musste er sich um ihn keine Gedanken mehr machen. Mariku war weg. In Sicherheit.

Malik strich sich die Haare zurück. Alles war wieder beim Alten: er war dort, wo er hingehörte; bei seinem Volk. Er würde helfen diesen Krieg vorbereiten und versuchen ihre Verluste so gering wie möglich zu halten. Er würde sich von Kura ficken lassen und seinen Selbsthass an den Schwächeren auslassen. Malik ballte die Hände zu Fäusten, sodass sich seine Krallen in die Handfläche gruben. Blut rann zwischen seinen Fingern hindurch, doch er spürte den Schmerz gar nicht.

„Sag nichts“, fauchte er Rishid an, als dieser eintrat. Er saß zwar mit dem Rücken zur Tür, doch es konnte nur Rishid sein. Kura war jetzt für eine Weile befriedigt und würde ihn in Ruhe lassen, ansonsten gab es niemanden, der ohne anzuklopfen seine Räumlichkeiten betreten würde.

Rishid ging an Malik vorbei und hob die Verbände auf. Maliks Augen folgten jeder seiner Bewegungen. Schweigend bandagierte er ihm den Rücken.

„Ich hatte keine andere Wahl“, sagte Malik leise. „Ich muss das tun. Alles muss wieder wie früher werden.“ Malik streckte den Rücken durch. „Ich darf keine Schwäche zeigen.“

„Was ist mit dem Menschen?“

„Er ist weg“, fauchte Malik. „Es ist egal, was mit ihm ist.“

„Du hättest mit ihm gehen sollen.“

„Sei still!“ Malik stand auf und drehte sich zu Rishid um. Er sah auf ihn hinunter, da Rishid immer noch auf dem Boden kniete. „Für mich ist er tot.“

„Er wollte nicht ohne dich fliegen.“

„Raus!“ Malik deutete zur Tür und Rishid erhob sich.

„Er liebt dich.“

„RAUS!“ Rishid kam der Aufforderung nach und ließ Malik allein. Malik sank auf den Boden. „Als ob ich das nicht weiß“, flüsterte er.
 

„Fass mich nicht an.“ Ryou stieß Bakura von sich, als dieser sich um seine Wunde kümmern wollte. „Fass mich einfach nicht an.“

„Ryou, bitte...“

„Nein, du hast Jou umgebracht.“

„Ich...“

„ER WAR MEIN FREUND!“

Bakura presste die Lippen aufeinander. Er wusste, dass es nutzlos war im Moment mit Ryou zu reden, doch er war nicht bereit zu schweigen. „Ich hatte keine Wahl.“

„Oh, willst du dich jetzt rechtfertigen?“

Bakura knirschte mit den Zähnen. „Nein, aber...“

„Kein Aber! Ich hätte weder dich, noch ihn“, er deutete auf den immer noch bewusstlosen Mariku, „mitnehmen sollen. Das war die dümmste Entscheidung meines ganzen Lebens.“

„Ich wär gestorben.“

„Und wenn ich in der Zelle gewesen wär, hättest du dann mich ausgesaugt?“

Bakura starrte Ryou an und antwortete lange nicht.

„Ja.“ Er hatte keine Kontrolle über sich, wenn er durstig war. Er hätte selbst vor Ryou keinen Halt gemacht.

„Sprich mich nie wieder an.“ Ryou wandte seine Aufmerksamkeit auf Anzu, die das Schiff steuerte. „Wie sieht’s aus?“

„Der Notechis hat nicht gelogen. Wir sind wieder zurück und sollten in zwei Stunden in Aequo landen können.“ Sie lehnte sich zurück. „Wir haben’s geschafft.“

„Ja, wir schon.“ Er warf einen Blick über die Schulter zu Bakura, der auf dem Boden hockte und auf seine Füße starrte. Er hatte Honda und Jonouchi verloren und obwohl er und Bakura sich näher gekommen waren, hätte er lieber ihn und Mariku zurückgelassen.
 

Mariku rührte sich und setzte sich stöhnend auf. „Wo bin ich?“ Er hatte das Gefühl, sein Kopf würde explodieren. Es gab nicht einen Teil seines Körpers, der nicht wehtat.

„In Sicherheit.“

Langsam kehrten die Erinnerungen zurück. Sie waren gerettet, aber Malik war nicht bei ihnen. „Malik. Wir müssen umdrehen! Wir müssen Malik holen.“

„Halt’s Maul, Mariku“, fuhr Ryou ihn an. „Malik hier, Malik da, ich kann’s nicht mehr hören. Ich hätte ihn umbringen sollen, als ich die Gelegenheit dazu hatte. Sei froh, dass du lebend aus der Sache rausgekommen bist.“

„Ich lass ihn nicht zurück!“

„Wenn du nicht still bist, dann schlag ich dich nochmal nieder.“

Mariku sah zu Bakura, als würde er von ihm Hilfe erwarten, doch Bakura mied seinen Blick. „Ich geh zurück, sobald wir landen.“

„Tu was du nicht lassen kannst. Ich bin froh, wenn ich keinen von euch je wiedersehen muss.“
 

Als Malik seinem Vater gegenübertrat, wusste er bereits, warum er ihn hatte rufen lassen. Er wartete ab bis sein Vater sprach, so wie immer. Lord Ishtars Gesicht zeigte keine Wut, doch sie war deutlich in seiner Stimme zu hören als er schließlich sprach: „Die Gefangen sind weg.“

„Weg?“ Malik hob eine Augenbraue.

„Verschwunden! Ausgebrochen!“

„Das ist unmöglich.“

Lord Ishtar schlug mit beiden Fäusten auf den Tisch. „Die Zellen sind leer!“

„Das ist unmöglich“, wiederholte Malik etwas lauter. „Wie sollen sie entkommen sein?“

„Sag DU es mir!“

„Soll ich sie befreit haben?“ Diesmal ließ Malik deutliche Wut in seiner Stimme mitschwingen.

„Wer sonst?“

Malik machte es seinem Vater nach und schlug seine Fäuste auf den Tisch. Er beugte sich vor. „Willst du mich beleidigen, Vater?“, zischte er. Sie starrten sich an und keiner schien den Blick abwenden zu wollen.

Es war Malik, der schließlich den Blick senkte. „Aber vielleicht solltest du Kura fragen.“

„Kura?“ Sein Vater verzog das Gesicht, als wär ihm ein unangenehmer Geruch in die Nase gestiegen. Er redete nicht gerne über Kura und schien in seinem Leben nichts mehr zu bereuen, als ihn gezeugt zu haben.

„Er hat den Menschen mehrmals verletzt, genauso wie den Cygni. Es würde mich nicht überraschen, wenn er sie umgebracht hätte, weil er sich nicht kontrollieren kann. Du kennst sein Temperament.“ Er ging ein Risiko ein, alles auf Kura zu schieben, doch wenn er es schaffte, wäre er Kura los.

Sein Vater ging jedoch nicht sofort darauf ein, auch wenn ihm der Gedanke nicht abwegig erschien. „Rishid ist in der Nähe der Zellen gesehen worden.“

„Rishid? Er war auf der Hochzeit.“

„Niemand hat ihn später gesehen.“

„Jeder war so betrunken, General Zone hat später nicht mal seine eigene Frau erkannt. Der einzige, der regelrecht besessen von den Gefangenen war, war Kura.“

Die Körperhaltung seines Vaters lockerte sich etwas. „Ich hatte nicht erwartet, dass mein eigener Sohn mit diesem Verrat im Zusammenhang steht. Du kannst gehen. Ich werde Kura befragen lassen.“
 

Niemand sprach, außer Anzu, die in Verbindung mit dem Hafen auf Aequo stand und dafür sorgte, dass sie landen konnten. Ansonsten hatte niemand mehr etwas gesagt, seit Ryou gedroht hatte, Mariku nochmal niederzuschlagen. Bakura starrte auf den Boden, Ryou nach draußen und Mariku kaute auf seiner Unterlippe, die längst blutete. Inzwischen wusste er, dass sein Plan Malik zu holen, dumm war. Er wusste noch nicht einmal in welcher Galaxie Malik sich befand. Er hatte keine Ahnung, wie der Planet der Notechis hieß, und selbst wenn er je wieder einen Fuß darauf setzen würde, wäre er wohl schon im nächsten Moment tot. Malik hatte viel riskiert sie rauszuholen, trotzdem war Mariku wütend, dass er zurückgeblieben war.

Mariku schlug gegen die Wand, doch bereute es gleich darauf. Schmerz zog sich durch seinen ganzen Körper. Er legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen, wartete, dass der Schmerz wieder abebbte. Was sollte er tun, sobald sie landeten? Außer medizinischer Hilfe suchen. Er hatte kein Geld und konnte somit noch nicht einmal nach Hause zurück. Im Moment hatte er gar nichts, außer den Fetzen, die er trug.

Von Ryou und Anzu konnte er keine Hilfe erwarten, doch vielleicht konnte ihm Bakura etwas aushelfen. Er sah ihn an, doch Bakura starrte immer noch auf den Boden, den Kiefer angespannt. Er wollte nicht seine Familie bitten. Sie würden ihm helfen, doch er wollte sie nicht noch weiter belasten. Trotzdem musste er sich bei ihnen melden. Sie machten sich inzwischen sicher Sorgen um ihn. Wie viel Zeit war eigentlich vergangen? Er hatte sein Zeitgefühl verloren.

Mariku stand auf, weil er es leid war rumzusitzen. Er musste sich jedoch an der Wand abstützen. Er richtete seinen Blick nach draußen und sah Aequo zum ersten Mal. Sie waren immer noch im All, doch sie kamen den Planeten stetig näher, sodass er inzwischen schon fast ihr gesamtes Blickfeld einnahm.

Malik trat nach vorne und legte seine Hände auf Ryous Rückenlehne. Er hatte noch nie den Landeanflug auf einen Planeten gesehen und war überwältigt von dem Anblick. Mit offenem Mund beobachtete er, wie er mehr und mehr erkennen konnte. Sie brachen durch die Wolkendecke und vor ihnen erstreckte sich ein Ozean. Eine lilafarbene Sonne tauchte alles in ein sanftes Licht.

„Wow“, flüsterte Mariku.

Valor, die Hauptstadt Aequos und Sitz der Führer der Sternenallianz, schwebte über dem Wasser. Die Gebäude erstreckten sich hoch in den Himmel und je näher sie kamen, desto mehr Details zeichneten sich für Mariku ab. Schiffe tummelten sich auf dem Wasser und die hellen Fassaden der Gebäude spiegelten die Sonnenstrahlen, was ihnen ebenfalls einen lilafarbenen Farbstich gab.

„Wunderschön.“ Für einen Moment vergaß Mariku alles. Er genoss einfach nur den Anblick Valors, der einen beruhigenden Einfluss auf ihn hatte. Er konnte es kaum erwarten durch die Straßen zu schlendern und einmal keine Angst um sein Leben haben zu müssen.
 

„Ich hab keine Zeit für sowas!“, maulte Ryou Anzu an, kaum waren sie aus dem Schiff. „Ich muss zum Senatorenrat!“

„Du brauchst medizinische Versorgung.“ Anzu klang unerbittlich.

„Anzu!“ Ryou sah sie an, als hätte sie den Verstand verloren. „Die Notechis planen einen Krieg! Ich darf keine Zeit verschwenden.“

Anzu packte sein Handgelenk und obwohl sie geschwächt war, war ihr Griff immer noch fest. „Du lässt deine Wunden versorgen.“ Ihr Blick richtete sich auf Bakura und wanderte schließlich zu Mariku. „Das schadet uns allen nicht.“ Ihr Blick wanderte wieder zu Ryou. „Die Notechis werden nicht in der nächsten Stunde angreifen.“

Ryou stieß hörbar Luft aus. „Schon gut.“ Erst jetzt ließ Anzu seinen Arm los.

Mariku folgte ihnen und versuchte sie nicht aus den Augen zu verlieren, während er gar nicht wusste, wo er zuerst hinsehen sollte. Es war das erste Mal, dass er eine Stadt auf einen fremden Planeten sah (zumindest die erste, auf der er nicht um sein Leben fürchten musste). Auf Jupiter hatte er den Raumhafen nicht verlassen und nicht viel vom Planeten gesehen.

Lange genießen konnte Mariku den Anblick von Valors Straßen jedoch nicht. Seine Sicht wechselte von scharf zu verschwommen, als würde er eine Brille auf- und wieder absetzen. Der ständige Wechsel sorgte für Kopfschmerzen.

Auch Bakura schien Schwierigkeiten zu haben. Sein Atem ging schwer und er blinzelte schnell. Er murmelte etwas zu sich selbst, doch Mariku konnte nur sehen, wie sich seine Lippen bewegten.

„Was ist los?“, fragte Mariku ihn leise.

Bakura deutete in den Himmel und Mariku hob den Blick. Erst jetzt konnte er sehen, dass es nicht eine Sonne war, sondern zwei. Eine kleinere Sonne stand neben der großen am Himmel und pulsierte in einem dunkleren Violett. „Wenn man die Strahlung nicht gewohnt ist, dann ist es ziemlich anstrengend hier zu sein.“ Bakuras Stimme klang heiser. Anzu und Ryou schienen nicht betroffen zu sein.
 

Mariku war froh, als sie die Klinik betraten. Seine Sicht verbesserte sich sofort und die Kopfschmerzen ließen nach. Jeder von ihnen musste ein Formular ausfüllen, anschließend wurden sie in getrennten Räumen untergebracht. Mariku sah sich um. Der Raum erinnerte ihn stark an die Untersuchungsräume, die sie auch auf der Erde hatten. Er setzte sich auf die Liege und wartete. Der Raum hatte keine Fenster, dafür aber einen Bildschirm, der jedoch nicht eingeschaltet war.

Mariku berührte seine verletzte Gesichtshälfte. Sie war verkrustet und Mariku musste dem Drang widerstehen, sie aufzukratzen. Er konnte nicht fassen, dass er das wirklich überlebt hatte. Glück im Unglück nannte man das wohl.

Die Tür öffnete sich und ein Alien mit langer Schnauze und grüner Haut trat ein. Die gelben Augen musterten Mariku kurz, dann richteten sie ihren Blick auf das Klemmbrett, dass der Arzt in der Hand hielt.

„Mariku Nijad?“

„Ja.“

„Mensch?“

„Ja.“

Die Stimme des Arztes klang monoton und roboterhaft, Mariku gefiel das nicht. Er trug kein Namensschild und stellte sich auch nicht vor. Stattdessen legte er sein Klemmbrett auf die Seite und nahm Marikus Gesicht in seine Hände. Sie waren kalt, trotzdem tat die Berührung weh und Mariku zog scharf Luft ein.

„Irreparable Beschädigung des Gesichtsgewebes. Kannst du dein Auge ganz öffnen?“

„Momentan nicht.“

Er ließ Marikus Gesicht los und zog eine Lampe aus der Kitteltasche. Er leuchtete Mariku in die Augen. „Normale Reaktion der Augen. Keine Beschädigung bisher. Du hast Glück gehabt.“ Er machte einige Notizen. Mariku versuchte sie zu lesen, konnte aber nicht sagen, ob es eine fremde Sprache oder die Handschrift einfach nur grausig war. „Zieh dein Oberteil aus.“

Mariku versuchte es, doch scheiterte. Er konnte die Arme nicht hoch genug heben um sein Shirt auszuziehen. Dadurch, dass er so lange gefesselt gewesen war, war sein Körper steifer als er zuvor angenommen hatte. Er folgte den Anweisungen sich auf den Bauch zu legen und der Doktor schnitt sein Shirt auf. Diesmal fühlten sich die kalten Hände angenehm auf seiner Haut an. „Brandwunden auf dem Rücken. Fast verheilt. Sehr überraschend.“ Er tastete seinen Rücken von unten nach oben ab. An der Schulter angekommen, schob er den Ärmel beiseite. „Bisswunde. Selber Heilstatus wie Brandwunden, jedoch älter. Welche Behandlung hast du zuvor bekommen?“

„Ein Mittel, das mein Freund entwickelt hat.“

Die Hände verschwanden von seinem Körper. „Außergewöhnlich.“ Zum ersten Mal veränderte sich der Tonfall des Arztes; er klang wirklich interessiert, doch stellte keine weiteren Fragen mehr, sondern tastete nur Marikus Körper ab, auf der Suche nach versteckten Verletzungen.

Als er nichts fand, setzte sich Mariku wieder auf. Das getrocknete Blut sorgte dafür, dass sein Shirt an seinem Platz blieb. Es klebte an ihm schon fast wie eine zweite Haut und das war kein angenehmes Gefühl. Er zupfte am Stoff, doch der Arzt hob sein Kinn an und Mariku konzentrierte sich wieder auf ihn.

Die zuvor starre Miene betrachtete seine Wunden jetzt kritisch und er schien zu überlegen, was die beste Behandlung für ihn wäre. Es verstrichen einige Minuten bis der Arzt Marikus Kinn los ließ und zum Bildschirm an der Wand ging. Er legte seine Hand auf den Tisch davor und der Bildschirm schaltete sich ein. Sein Arzt wischte mit der Hand durch die Luft und das Bild änderte sich mit jeder Bewegung. Die Schrift war fremd für Mariku, doch es gab jedes Mal ein Bild dazu. Die Bewegungen stoppten bei etwas, das aussah wie Bandagen und noch einmal bei einer Tube. Der Arzt streckte die Hand aus, zögerte und wischte dann weiter durch die Luft. Diesmal stoppte er bei einer Augenklappe. Er bestätigte die Eingaben und neben dem Bildschirm bildete sich ein Loch in der Wand. Was Mariku zuvor noch auf dem Bildschirm gesehen hatte, war jetzt in den Händen des Doktors.

Er legte Mariku die Augenklappe an und Mariku zuckte zusammen, als das Band die Wunden berührte.

„Zwar zeigt dein Auge momentan keine Anzeichen von Beschädigung, doch das ist keine Garantie, dass das so bleibt. Die Wunden sind tief und du kannst froh sein, dass du dein Gesicht noch hast.“ Er zupfte die Augenklappe zurecht, während er sprach. „Was hat diese Verletzung verursacht?“

Mariku wusste nicht, ob es eine gute Idee war, die Notechis zu erwähnen. Alle glaubten sie wären ausgestorben und er wollte keine unnötige Panik verursachen. Vielleicht würde man ihm auch nicht glauben, deshalb log er: „Irgendwas mit einem verdammt kräftigen Schwanz.“ Er zuckte mit den Schultern. „Kenn die Spezies nicht, aber wir werden keine Freunde werden.“

Der Doktor nickte nur kurz und fragte nicht weiter nach. Die Paste, die er auf Marikus Gesicht auftrug, war kühl, dock sie stank bestialisch und Mariku würgte einige Male. „Es ist wichtig, dass du jeden zweiten Tag vorbeikommst.“ Er öffnete die Bandagenpackung und sehr zu Marikus Überraschung legten sie sich von selbst um seinen Kopf. Sie passten sich perfekt Marikus Verletzungen an. „Dein Rücken und die Schulter brauchen keine Behandlung mehr“, erklärte sein Arzt, während er Marikus Namen auf die Tube schrieb und sie zurück in die Wandöffnung steckte. „Sie bestehen bereits hauptsächlich aus Narbengewebe, da kann ich nichts mehr tun.“

Mariku zog sich sein Shirt komplett vom Körper und knüllte es zusammen. „Eine Frage hab ich noch.“ Der Doktor richtete seinen Blick auf Mariku. „Was hat es mit der Sonne hier auf sich? Ich fühl mich krank, wenn ich draußen bin.“

„Nicht jeder kommt sofort mit der Strahlung klar. In ein paar Tagen wirst du jedoch nichts mehr merken.“ Zum ersten Mal legte sich ein Lächeln auf die Lippen des Arztes.
 

Vor dem Behandlungszimmer wartete Bakura auf ihn. „Hat man dich wieder zusammengeflickt?“

„Einigermaßen. Der Arzt schien sehr interessiert an deinem Mittel zu sein, zumindest klang er so, als ich ihm davon erzählt hab.“

Bakuras Miene hellte sich auf. „Wirklich?“, fragte er begeistert. „Hat er noch mehr gesagt?“ Als Mariku den Kopf schüttelte, senkten sich Bakuras Mundwinkel wieder.

„Wo ist Ryou?“

„Zum Senatorenrat. Hat so getan als würden wir uns gar nicht kennen. Dachte ich wart auf dich, weil du mindestens genauso viel Ahnung hast was du jetzt machst wie ich.“
 

Ryou stand den Senatoren gegenüber, die auf ihren erhöhten Stühlen regelrecht über ihm thronten. Er hatte einigen Radau machen müssen, bis man die Senatoren für ihn zusammenrufen hatte lassen. Er hatte sich auch nicht von den schwer bewaffneten Wachen einschüchtern lassen. Sein Anliegen war wichtig und er hatte keine Zeit den bürokratischen Weg zu nehmen. Bis dahin hätten die Notechis sie längst überrannt.

Ryou starrte die Senatoren an. Es waren fünf; je ein Vertreter der größten Rassen in der Sternenallianz. Ein Cygni war nicht unter ihnen. Cygni waren nicht geschaffen für die Rolle eines Anführers, zumindest glaubte sein Volk das. Ryou hatte die Lippen aufeinander gepresst und wartete auf eine Reaktion. Er hatte soeben alles erzählt, was sie erlebt hatten, doch die Senatoren ließen sich Zeit mit ihrer Reaktion.

„Das ist unmöglich“, sagte schließlich einer von ihnen. Es war eine Seire, dieselbe Spezies wie auch Anzu. Ihre tiefblaue Färbung schimmerte bei jeder Bewegung, als würden sich Sonnenstrahlen auf Wasser reflektieren.

„Sie sind alle tot!“ Der Rakas schlug mit der Faust auf den Tisch vor ihm. Seine pelzigen Ohren waren aufgestellt und zuckten nervös. Rakas waren eine Kriegerrasse wie die Notechis, nur besaßen sie Ehre und Mitgefühl.

„Ich hab sie gesehen!“, fauchte Ryou bevor noch jemand etwas sagen konnte. „Sie bereiten sich auf den Krieg vor und wenn wir nichts unternehmen, überrennen sie uns.“ Die Senatoren tauschten Blicke untereinander aus.

„Der Verlust einer Feder kann schlimme Folgen haben.“ Es war ein Ejderha, der sprach. Der kalte Tonfall jagte einen Schauer über Ryous Rücken. Die blauen Augen bohrten sich in seine braunen, doch Ryou hielt dem Blick stand.

„Ich bin nicht verrückt“, presste er hervor. „Ich habe drei Zeugen und im Hafen steht eins ihrer Schiffe!“ Ryou konnte einfach nicht fassen, dass die Senatoren so stur waren.

„Wie seid ihr entkommen?“, fragte ein Basani.

Ryou hatte die Details ihrer Flucht ausgespart, da er es selbst nicht glauben würde, wenn ihm jemand erzählen würde, er wäre von einem Notechis gerettet worden. Er zögerte, doch hatte diesmal keine Wahl: „Der Notechis, der mit uns reiste, hat uns geholfen.“ Bevor Ryou den Satz überhaupt zu Ende hatte sprechen können, erfüllte das Lachen der Senatoren den Raum. Er presste die Lippen aufeinander.

„Das ist lächerlich“, sagte die Seire schließlich und erhob sich von ihrem Stuhl.

„Ryou sagt die Wahrheit.“

Sie hielt in der Bewegung inne und drehte sich wieder um. Auch Ryou drehte sich um. Er hatte nicht einmal gemerkt, wie noch jemand eingetreten war. Zu seiner großen Überraschung war es Seto, der zu seiner Unterstützung gekommen war.

„Ich habe den Notechis gesehen. Er hat einen Teil meiner Crew ausgelöscht.“ Seto stellte sich neben Ryou und hielt einen Mikrochip in die Luft. „Hierauf befindet sich der Beweis.“

Die Senatorin setzte sich wieder. Diesmal lag tiefe Sorge in ihrem Gesicht. Ryou war wütend. Ihm glaubten sie nicht, aber Seto, dem Piraten, schon? Was lief nur falsch in dieser Welt?

Der Ejderha sprach als erstes: „Wie soll das möglich sein?“

„Unmöglich! Das ist es!“, fuhr der Rakas dazwischen. Er zeigte seine spitzen Zähne, während er sprach.

„Wir sollten es akzeptieren.“ Die leise Stimme ließ sogar den Rakas zusammenzucken. Die Sylech hatte sich die ganze Zeit ruhig gehalten. Die tiefen Falten in ihrem blassgrünen Gesicht zeigten, dass sie deutlich älter war, als die anderen Senatoren. Ihre Handbewegungen waren langsam und ruhig. „Die Notechis sind zurückgekehrt, es wird Zeit, dass wir uns vorbereiten.“ Sie sah Ryou an und lächelte leicht. Ryou spürte, wie der Ärger in ihm sich legte. „Es ist jedoch wichtig, nicht in Panik zu verfallen.“ Sie wandte ihren Blick zu den anderen Senatoren. „Die Völker dürfen nicht in Panik geraten. Wir müssen Schweigen; fürs erste.“ Sie sah Ryou wieder an. „Wir alle.“

Ryou nickte kurz. Er war erleichtert, dass sie ihm endlich glaubten.

Mariku kniff die Augen zusammen. Man sollte meinen nach all den Wunden, die er inzwischen hatte, würde ihn ein leichtes Brennen nicht mehr stören. Er sah auf seinen Arm, als die Krankenschwester die Markierungspistole zur Seite legte. Kurz pulsierte ein verschlungenes Zeichen in giftgrün auf seiner Haut, dann löste es sich langsam auf bis nichts mehr zu sehen war. Die Stelle begann zu jucken.

„Nicht anfassen!“, sagte die Krankenschwester in einem scharfen Ton und Mariku ließ die Hand wieder sinken. „Hier.“ Sie reichte ihm einen dunkelgrauen Mantel mit Kapuze. „In einer Woche zurückbringen.“ Ihr Blick war ernst und Mariku nickte nur. Der Mantel würde ihn die nächsten Tage vor der Sonnenstrahlung schützen bis er sich hoffentlich an sie gewöhnt hatte. Danach musste er ihn zurückgeben. Deshalb hatte man ihn auch mit dem Symbol des Krankenhauses markiert, so würden sie ihn überall finden, sollte er den Mantel nicht zurückgeben. Mariku fand das übertrieben, doch er beugte sich den Regeln und war erstmal froh, dass er einen Schutz hatte.

Bakura hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und den Mantel eng um sich geschlungen. Er reagierte auf die Sonnen noch empfindlicher als Mariku. „Was hast du jetzt vor?“, fragte Bakura, als sie das Krankenhaus verließen. Trotz des Mantels fühlte er sich gleich schwach und ausgelaugt, doch es war weniger schlimm, als nach ihrer Ankunft.

Mariku zuckte mit den Schultern. Er hatte keine Idee, wie es weitergehen sollte. Er hatte nichts. Keine Klamotten, kein Geld und niemanden an den er sich wenden konnte. Er brauchte Geld, aber dafür musste er arbeiten, aber erst brauchte er neue Kleidung, denn so wie er im Moment aussah, würde ihn niemand nehmen. Für Kleidung brauchte er aber wiederum Geld. Mariku seufzte. Es sah schlecht für ihn aus. „Was sind deine Pläne?“

Bakura zupfte an seiner Kapuze. „Mich erstmal von dem ganzen Scheiß erholen, dann mal sehen.“ Er senkte die Stimme bevor er weitersprach: „Wenn die Senatoren Ryou Glauben schenken, dann wird sich bald auf den Krieg vorbereitet und auch, wenn ich echt Schiss hab, jeder, der dann etwas Ahnung von Medizin hat, ist gefragt. Neben Soldaten, versteht sich.“

Mariku ließ sich Bakuras Worte durch den Kopf gehen. Krieg. Er wusste nicht, was das für ihn bedeutete. Er war kein Soldat, sondern Mechaniker und Möchtegern-Pilot. Konnte er etwas beitragen? Wollte er überhaupt? Würde er dann Malik wiedersehen? Er biss sich auf die Unterlippe. Eigentlich wollte er jetzt nur noch nach Hause. Er vermisste seine Eltern und die Beschaulichkeit. Hätte er die Erde doch nur nie verlassen.

„Soll ich dir was leihen?“

„Huh?“ Er war zu sehr in Gedanken vertieft gewesen um auf Bakuras Worte zu achten.

„Geld. Soll ich dir Geld leihen?“

Mariku fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken sich Geld zu borgen.

„Und jetzt sag bloß nicht nein, weil du siehst aus als wärst du schon mal verdaut worden. Warte hier.“ Bakura verschwand in ein gläsernes Gebäude, zumindest wirkte es auf Mariku als wäre es aus Glas, doch kaum schloss sich die Tür hinter Bakura, konnte er ihn nicht mehr durch die Scheibe sehen. Oder zumindest dachte er das. Er trat neugierig näher. Er konnte ins Innere sehen, doch nichts rührte sich. Ein Tisch stand an der gegenüberliegenden Wand, der den Eindruck einer Rezeption machte. Davor standen mehrere Gruppen von Tischen und Sesseln. Bakura oder andere Leute konnte er nirgends sehen.

Es dauerte nicht lange bis Bakura zurückkam. Er reichte Mariku einen kleinen Beutel Münzen. „Das sollte für neue Klamotten, was zu essen und ein-zwei Nächte Unterkunft reichen.“

„Danke.“ Marikus Finger schlossen sich fest um den Beutel. „Ich geb’s dir zurück, sobald ich kann.“

„Ja, kein Stress. Wer weiß, ob du dazu je die Gelegenheit bekommen wirst.“ Bakura zuckte mit den Schultern und sah nach oben in den Himmel. Mariku wusste, auf was er anspielte.

„Was hat es mit den Scheiben hier auf sich?“, wechselte er das Thema.

Bakuras Blick folgte seinem Fingerzeig. „Oh, das ist nur eine Illusion, damit man von draußen die Geschäfte drinnen nicht sieht.“

„Warum macht man es dann aus Glas?“

Mit einem leichten Grinsen zuckte Bakura wieder mit den Schultern. „Gibt komische Aliens. Hast du dir schon überlegt, was du jetzt machst?“

„Zuhause anrufen. Meine Eltern machen sich bestimmt Sorgen.“

„Ich glaub da die Straße runter sind Holo-Zellen.“

„Okay, ich schau mal.“ Mariku zögerte. Es fiel ihm schwer von Bakura Abschied zu nehmen. Er fühlte sich verloren.

„Also“, Bakura strich sich durch den Nacken, „mach’s gut und pass auf dich auf.“ Bakura wandte sich zum Gehen, doch Mariku hielt ihn auf.

„Kann ich dich irgendwie erreichen?“

„Denke nicht, aber wenn ich dich suche, dann folg ich einfach der Schneise der Verwüstung.“ Bakura grinste und klopfte Mariku auf die gesunde Schulter. „Halt dich von Ärger fern.“ Er senkte die Stimme. „Und Notechis.“

Schweigend sah Mariku dabei zu, wie Bakura in der Menge verschwand.
 

Mariku wandte sich schließlich in die entgegengesetzte Richtung. Es herrschte reges Treiben auf den Straßen und Mariku ließ das Gefühl nicht los, dass man einen Bogen um ihn machte. Es war keine Überraschung. So wie er aussah, würde er sich selbst auch aus dem Weg gehen. Er wollte gar nicht wissen, wie er roch. Er hielt den Mantel vorne zu und tastete mehrmals nach den Münzen in seiner Hosentasche um sicher zu gehen, dass sie immer noch da waren. Außerdem musste er darauf achten, wo er hintrat. Durch die Augenklappe war sein Sichtfeld eingeschränkt und er konnte Abstände und Entfernungen weniger gut einschätzen.

Mariku schlüpfte in eine freie Holo-Zelle, zog den Mantel aus und ließ sich auf den Sessel sinken. Er betrachtete sich in der spiegelnden Wand gegenüber.

Furchtbar war eine Untertreibung. Kein Wunder, dass man ihm aus dem Weg ging. Er hatte zwar kein Blut mehr im Gesicht, doch dafür klebte es an seiner Kleidung und das nicht zu wenig. Er trug immer noch die Fetzen, die einmal sein T-Shirt gewesen waren. Seine Haare waren fettig und ein einziges Fiasko. Bartstummeln zogen sich über die heile Wange und sein Kinn. Er sah zwanzig Jahre älter aus.

Er zog den Münzbeutel aus der Hosentasche und fingerte eine der Münzen heraus. Holografische Telefonate waren zwar kostenlos, doch man brauchte trotzdem erst einmal eine Münze um sie zu aktivieren. Nach dem Gespräch bekam man sie zurück.

Mariku hatte keine Ahnung, wie spät es auf der Erde war und er hoffte, er würde irgendjemanden erreichen. Es dauerte eine Verbindung aufzubauen und mit jeder Minute, die verstrich, sank Mariku das Herz tiefer. Er sehnte sich danach ein vertrautes Gesicht zu sehen.

Es rauschte und langsam begann sich ein Bild aufzubauen. Seine Mutter erschien, ihre kurzen, hellbraunen Haare waren zerzaust und ähnelten Marikus Frisur. Sie machte einen müden Eindruck, doch als sie Mariku erkannte, riss sie die Augen auf und schlug sich die Hand auf den Mund.

„Hi Mum“, sagte Mariku leise, dann versagte ihm die Stimme. Er vermisste seine Mutter und er würde viel dafür geben, wenn er jetzt bei ihr sein könnte.

„Mariku“, flüsterte Ayasha Nijad und Tränen traten in ihre hellblauen Augen. „Mein Junge.“

„Wein doch nicht, bitte, mir geht’s gut.“

„So siehst du nicht aus!“ Der vorwurfsvolle Ton ging in ihren Tränen unter. Mariku sah, wie ihr jemand die Hand auf die Schulter legte und sie hoch sah. Ein Hologramm seines Vaters erschien. Mariku kannte ihn als streng, aber liebevoll, so erschöpft hatte Mariku ihn noch nie gesehen. Außerdem sah er plötzlich viel älter aus.

„Wir haben uns Sorgen gemacht. Du bist nie in der Schule angekommen.“

„Ich weiß.“ Mariku senkte den Blick. Er fühlte sich schuldig, weil sich seine Eltern solche Sorgen um ihn gemacht hatten. „Es gab... Probleme, viele Probleme.“

„Was ist mit deinem Gesicht? Bist du verletzt? Ist das Blut?“ Die Fragen sprudelten aus seiner Mutter hervor, wie die Tränen, die immer noch über ihre Wangen liefen.

„Es ist eine lange Geschichte.“

„Ich habe Zeit!“, erwiderte Ayasha mit Nachdruck und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen weg. „Ich hab vier Wochen nicht gewusst, ob du lebst oder tot bist, ich habe alle Zeit dieses verdammten Universums.“

Vier Wochen? Mariku starrte seine Eltern ungläubig an. So viel Zeit war vergangen? „Tut mir Leid“, flüsterte er und bereute es nicht zuhause geblieben zu sein. Langsam erzählte er, was ihm die letzten Wochen widerfahren war, ließ dabei jedoch seine Beziehung zu Malik aus, auch den Krieg ließ er weg. Er wollte seine Eltern nicht beunruhigen.

„... und jetzt bin ich erstmal hier“, endete er seine Geschichte. Seine Eltern hatten ihn nicht einmal unterbrochen.

„Oh, Mariku.“ Seine Mutter vergrub ihr Gesicht in den Händen und schluchzte.

Sein Vater sah ihn nur an und schien nach den passenden Worten zu suchen.

„Komm nach Hause“, schluchzte seine Mutter.

„Das ist nicht so einfach.“

„Wir schicken dir Geld“, sagte schließlich sein Vater, „und dann kommst du nach Hause.“

Mariku hatte befürchtet, dass er das sagen würde. Er schüttelte den Kopf. „Ihr habt schon zu viel für mich ausgegeben.“

„Sei kein Idiot! Du kannst froh sein, dass du noch lebst.“

Doch Mariku blieb stur. „Ich such mir hier einen Job und dann verdien ich mir das Geld um nach Hause zu kommen.“

„Mariku...“ Ayasha klang weinerlich.

Ihr Mann legte einen Arm um ihre Schulter. „Er ist erwachsen und fähig seine eigenen Entscheidungen zu treffen.“

Ayasha sah ihn entgeistert an, doch sagte nichts. Sie wandte sich wieder Mariku zu. „Aber wenn du es dir anders überlegst, dann sag sofort Bescheid.“

„Mach ich.“ Mariku lächelte.

„Und ruf mich regelmäßig an.“

„Versprochen.“

„Wenn du irgendwas brauchst...“

„... dann meld ich mich sofort“, beendete Mariku den Satz. „Ich komm klar.“ Die Worte waren dazu da um seine Mutter zu beruhigen. Er selbst hatte keine Ahnung was er machen sollte, sobald er diese Holo-Zelle verließ. Es fiel ihm schwer sich zu verabschieden und auch seine Mutter wiederholte mehrmals alle guten Ratschläge, die ihr einfielen.

„Es wird Zeit“, sagte schließlich Marikus Vater.

„Ja“, stimmte Mariku zu.

„Werd schnell wieder gesund“, sagte Ayasha leise, „und pass auf dich auf.“

„Mach ich. Bis bald.“

„Bis bald, Mariku.“

Mariku blieb noch eine Weile sitzen, nachdem das Hologramm seiner Eltern verschwunden war und dachte nach, was er jetzt tun sollte. Ab jetzt war er auf sich allein gestellt. Er sah an sich hinunter. Erstmal brauchte er neue Klamotten und anschließend einen Platz zum Schlafen. Mit einem Mal fühlte er sich ausgelaugt.

Er zog den Mantel wieder über und trat nach draußen. Die Sonnen standen etwas tiefer als zuvor, doch es machte nicht den Eindruck, als würde es bald dunkler werden und Mariku fragte sich, ob es hier jemals dunkel wurde.
 

„Jo, Mariku.“

Überrascht sah Mariku sich um und war noch überraschter als er Bakura sah.

„Hatte gehofft, dass du noch hier bist.“ Bakura war nicht allein gekommen. Ryou und Anzu waren direkt hinter ihm und mit etwas Abstand folgte Seto. Mariku hob überrascht die Augenbrauen, als er den Piraten sah. „Lange Geschichte.“ Bakura grinste. „Aber es sieht so aus, als würden wir unser Zeug zurückbekommen.“

Mariku fühlte etwas Erleichterung. Zumindest würde er so seine Klamotten und auch etwas Geld bekommen.

„Beeilt euch“, drängte Ryou. Bakura und Mariku hatten es nur Anzu zu verdanken, dass sie ihre Sachen überhaupt zurückbekamen, und dass sie zufällig Bakura über den Weg gelaufen waren. Ryou war nicht bester Laune, denn er verhandelte immer noch mit Seto über die Rückgabe von Amane. Dass sie noch nicht in Einzelteile zerlegt worden war, glich sowieso einem Wunder.

Mariku ging neben Bakura, doch als er nach Details fragte, bekam er nur Schulterzucken zur Antwort.

Als sie den Raumhafen erreichten, betrachtete Seto interessiert das Notechis-Schiff. Ryou hatte es ihm zum Tausch gegen Amane angeboten.

„Hm, es ist in einem guten Zustand.“

„Ist es und aus hochwertigem Material.“

„Ich werde darüber nachdenken.“

Ryou knirschte mit den Zähnen, als er Setos hochmütiges Lächeln sah. Er wusste, dass der Pirat allein aus dem Grund ablehnen würde, um ihn zu verspotten.
 

Mariku war erleichtert, als er seine Tasche fast unbeschädigt vorfand. Das Display war verschmiert und die Träger abgerissen, doch sonst sah sie in Ordnung aus. Mariku wischte das Display sauber und aktiviert es. Es flackerte kurz, doch funktionierte ansonsten einwandfrei. Sie sollten sich beeilen, doch Mariku nahm sich trotzdem die Freiheit sich noch eben umzuziehen. Er fühlte sich gleich viel besser, nachdem er in frische Kleidung geschlüpft war. Die alten Sachen nahm er mit um Ryou nicht noch mehr zu verärgern.

Er überlegte, ob er zu den anderen noch etwas sagen sollte, bevor er ging, entschied sich dann aber dagegen. Ryou wollte sowieso nicht mit ihm reden und von Bakura hatte er sich schon verabschiedet.

Langsam stieg er die Treppe hinunter, seine Tasche an sich gedrückt. Mit nur einem Auge war es gar nicht so leicht nicht daneben zu treten.
 

Ziellos streifte Mariku durch die Straßen. Jetzt, da er wieder vernünftige Klamotten trug, machte niemand mehr einen Bogen um ihn und er musste aufpassen, dass er mit niemandem zusammenstieß. Es war lästig, dass er nur ein Auge benutzen konnte.

Die beiden Sonnen standen inzwischen noch tiefer und das Licht war dämmrig geworden, doch nach Nacht sah es immer noch nicht aus. Außerdem war es immer noch warm. Mariku fächelte sich Luft zu. Unter dem Mantel war es viel zu warm, aber kaum nahm er die Kapuze ab, wurde ihm sofort wieder schwindelig.

Mariku kaufte sich an einem Straßenstand ein Sandwich. Er wusste nicht genau was die Zutaten waren, doch er verschlang es mit Heißhunger und im Moment war es das Beste, dass er je gegessen hatte.

Er leckte sich die Finger ab und wischte sie an seinem Shirt sauber. Er fühlte sich immer noch hungrig, wollte aber nicht riskieren, dass er sich überaß.

Mariku sah sich um. Als nächstes brauchte er einen Schlafplatz, einen günstigen, doch wie sollte er so einen finden? Ob es irgendwo eine Touristeninformation gab? Er suchte nach einem Schild, doch auf die Schnelle fand er keins. Er ging weiter die Hauptstraße entlang und ließ seinen Blick nach links und rechts schweifen, auf der Suche nach etwas, das ihm weiterhelfen würde. Doch mit jedem Schritt, den er machte, wurden seine Beine schwerer. Er wollte schlafen und sich ausruhen. Mariku blieb seufzend stehen. Er musste jemanden fragen.

„Entschuldigung!“ Er sprach die erstbeste Person an, die an ihm vorbeiging. Es war eine alte Frau, zumindest sah sie danach aus. Ihre Haut war grünlich und ziemlich faltig. Sie trug einen Hut und bewegte sich langsam. „Entschuldigung, können Sie mir sagen, ob es hier eine Touristeninfo gibt?“

Ihre Antwort verstand Mariku nicht und als sie seinen verwirrten Gesichtsausdruck sah, zuckte sie entschuldigend mit den Schultern und ging weiter.

Auch bei den nächsten zwei hatte Mariku kein Glück. Sie sprachen zwar die Handelssprache, konnten ihm aber auch nicht weiterhelfen.

Frustriert trat er einen Schritt zurück und stieß dabei gegen jemanden. Er musste seine Kapuze festhalten, damit sie ihm nicht vom Kopf rutschte.

„Tut mir sehr leid“, entschuldigte sich Mariku sofort. Es war ein Mann, den Mariku angerempelt hatte, und trotz seiner Kapuze kam er ihm irgendwie bekannt vor. Der Mann sah ihn an und Mariku schnappte überrascht nach Luft. Es war der Alte, der ihm auf Jupiter geholfen hatte.

„Oh, was für eine Überraschung.“ Die Mundwinkel des Alten hoben sich leicht. „Wer hätte gedacht, dass wir uns wiedersehen.“ Er musterte Mariku. „Auch wenn dein Zustand das letzte Mal besser war.“

Mariku kratzte sich an seiner gesunden Wange. „Hab viel hinter mir.“

„Du siehst verloren aus.“

„Kann man so nennen, ja, war nicht geplant, dass ich hier lande und jetzt such ich ein Hotel, oder so was in der Art.“ Er zuckte mit den Schultern.

Der Alte schwieg für einen Moment und Mariku fühlte sich mehr als unwohl unter seinem Blick. Er verlagert sein Gewicht unruhig. „Komm mit, Junge“, sagte der Alte schließlich und wandte sich zum Gehen.

Mariku hob überrascht die Augenbrauen. Bevor er jedoch noch etwas sagen konnte, war der Alte längst losgegangen. Trotz seines fortgeschrittenen Alters legte er ein ziemliches Tempo vor. Mariku hatte Schwierigkeiten Schritt zu halten und musste aufpassen ihn nicht aus den Augen zu verlieren.

Sie zweigten von der Hauptstraße ab und Mariku fiel es etwas leichter ihm durch die leereren Nebenstraßen zu folgen. Der schwere Mantel jedoch machte ihm zu schaffen, genauso wie die Hitze. Mariku fächelte sich Luft zu. Es war keine drückende Hitze, nicht wie auf Abulu, es war... anders. Mariku hatte keine Worte dafür, weil er sich so noch nie gefühlt hatte. Es war unangenehm, aber angenehm zugleich.

Als sie endlich stehen blieben, atmete Mariku schwer. Dem Alten merkte man das rasche Tempo nicht an.

„Wo sind wir?“, keuchte Mariku und stützte sich an der Wand ab. Seine verletzte Gesichtshälfte pochte wegen der Anstrengung. Er konnte keinen Schritt mehr gehen.

„Bei mir.“ Der Alte trat an die Tür und ein Laser scannte seine Augen.

Mariku zog die Stirn kraus. Für einen Augenblick sah es so aus, als hätten sich seine Augen verändert. Er schüttelte den Kopf. Das musste er sich eingebildet haben.

Mariku zögerte, als der Alte ins Haus verschwand. Er sah nach drinnen und vor ihm lag ein stinknormaler Flur. Sollte er es wirklich wagen? Aber er hatte das Schlimmste schon hinter sich, was sollte noch passieren?
 

Eine angenehme Kühle empfing ihn, als er das Haus betrat. Die Haustür schloss sich von selbst. Eine der Türen stand offen und Mariku spähte in den Raum. Die Wohnung des Alten sah normal aus. Keine obskuren Dinge, keine übertriebene Elektronik, nur gewöhnliche Möbel. Zumindest soweit Mariku sehen konnte.

Er trat ein und wieder schloss sich die Tür hinter ihm von selbst. Er stellte seine Tasche ab, zog den Mantel aus und streifte seine Schuhe ab, doch blieb weiterhin in der Diele stehen und wartete auf eine Anweisung des Alten.

„Wie ist dein Name, Junge?“ Der Alte legte seinen Umhang ab und Mariku konnte ihn zum ersten Mal richtig betrachten. Er hatte grau-weißes Haar, das seine Schultern berührte und einen Vollbart. Er sah aus wie ein Mensch in seinen 50igern, doch sicher konnte er sich nicht sein.

„Mariku.“ Er ließ seinen Nachnamen weg. Viele Aliens fanden das Prinzip eines Nachnamens befremdlich und er wusste immer noch nicht, ob der Mann vor ihm ein Mensch war.

„Mariku also.“ Irgendetwas an seinem Ton gefiel Mariku nicht.

„Warum bin ich hier?“

Der Alte hob seine buschigen Augenbrauen. „Du hast doch einen Platz zum Schlafen gesucht und ich gebe dir einen.“

„Warum?“

„Ich habe ein paar Fragen an dich.“

Fragen? Er verengte die Augen zu Schlitzen. Das gefiel ihm nicht. In welcher Scheiße war er jetzt nur wieder gelandet?

Plötzlich lachte der Alte. „Hab keine Angst. Mein Name ist übrigens Akunadin.“

„Nur weil ich jetzt deinen Namen weiß, heißt das nicht, dass ich dir vertraue“, murrte Mariku.

„Du siehst aus, als hättest du schon mal den falschen Leuten vertraut.“

Mariku fasste sich an den Verband. „Es war nicht seine Schuld“, sagte er leise und mehr zu sich selbst.

Akunadin hob interessiert eine Augenbraue, lenkte aber auf ein anderes Thema. „Wie wär’s, wenn du dich wäschst und etwas isst?“

Mariku war nicht wohl bei dem Gedanken, aber im Moment hatte er keine andere Wahl. Akunadin war momentan der einzige auf diesem Planeten, der bereit war ihm zu helfen.
 

Mariku ließ das Wasser über seinen Rücken laufen und sah dabei zu, wie es im Abfluss verschwand. Der Arzt hatte ihm gesagt, der Verband könne ohne Probleme nass werden, wobei nass das falsche Wort war. Egal, wie viel Wasser auf den Stoff traf, er blieb trocken.

Die Dusche tat gut und entspannte ihn. Er wusste nicht, was es mit Akunadin auf sich hatte, doch wenn er vorhatte Fragen zu stellen, dann würde auch Mariku Fragen stellen.

Er fragte sich, wie es Malik ging. Hatte man ihn mit ihrer Flucht in Verbindung gebracht? Was war mit seinem Halbbruder? Mariku ballte seine Hände zu Fäusten, als er an ihn dachte. Er hatte noch nie jemandem den Tod gewünscht, aber dieser Bastard sollte im schlimmsten Drecksloch verrecken, das er kannte und am liebsten würde er ihn selbst dort hin befördern.
 

Als Mariku trocken, rasiert und angezogen war und sich im Spiegel betrachtete, fühlte er sich wieder wie ein Lebewesen. Nur Schlaf fehlte ihm.

Er verließ das Badezimmer und sofort stieg ihm der Geruch von Essen in die Nase. Sein Magen grummelte.

„Gerade richtig“, sagte Akunadin und stellte einen Topf dampfender Suppe auf den Tisch, dazu einige Scheiben Brot. „Ich habe nicht vor, dich zu vergiften“, fügte Akunadin hinzu, als er Marikus misstrauischen Blick sah. „Setz dich und iss etwas.“

Mariku setzte sich und füllte sich den Teller selbst mit Suppe. Er aß erst zaghaft, doch der Hunger überkam ihn und er interessierte sich nicht mehr dafür, ob Akunadin etwas hineingemischt haben konnte. Das Brot war süßlich und schien in seinem Mund förmlich zu schmelzen.

„Also Mariku...“

Mariku stoppte in seinen Bewegungen und sah Akunadin an.

„...du scheinst ein ziemliches Abenteuer hinter dir zu haben.“

„Nicht nur eins.“ Mehr sagte Mariku nicht. Ihn ließ das Gefühl nicht los, dass Akunadin bereits mehr über seine Erlebnisse wusste, als er zugeben wollte. War vielleicht ihre erste Begegnung auf Jupiter schon kein Zufall gewesen? Wer war Akunadin? Er sah aus wie ein Mensch, doch war er wirklich einer?

„Was ist mit deinem Gesicht passiert?“

„Hatte eine Begegnung mit einem Bastard.“

Akunadin merkte, dass er mit dieser Taktik bei Mariku nicht wirklich weiterkam. „Es gibt Gerüchte“, Akunadin machte eine Pause, sein Blick war auf Mariku fixiert, „über Notechis.“

Klirrend fiel Marikus Löffel in den fast leeren Teller. Mit einer Mischung aus Panik und Misstrauen sah Mariku Akunadin hat. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. „Woher...?“ Sein Mund fühlte sich trocken an.

„Gut, die Gerüchte waren gelogen“, gab Akunadin zu, „aber ich erkenne ein Notechis-Schiff, wenn ich es sehe und ich muss zugeben, ich war wirklich überrascht, als ich gesehen hab, dass du ausgestiegen bist. Was macht dieser junge Mensch auf einem Notechis-Schiff? hab ich mich gefragt und bin neugierig geworden. Also, Mariku, warum warst du auf einem Notechis-Schiff und wer ist für deine Wunde verantwortlich?“

Mariku sah ihn mit offenem Mund an. Er war zu überrascht um etwas zu sagen, obwohl ihm zig Fragen durch den Kopf schossen.

Akunadin räumte den Tisch ab, während Mariku noch nach Worten suchte.

„Malik.“

Die Teller fielen Akunadin aus der Hand, doch er fing sie, bevor sie auf den Boden trafen. Mariku starrte die Tischplatte an, weshalb er es nicht mitbekam und auch Akunadins überraschten Blick nicht sah.

„Wir sind ihm begegnet, nachdem wir vom Kurs abgekommen sind.“ Und erneut erzählte Mariku seine Erlebnisse, anders als er sie seinen Eltern erzählt hatte, und doch ließ er erneut seine Beziehung zu Malik weg.
 

Schweigen kehrte ein, nachdem Mariku verstummt war. Mariku hörte das Stimmengewirr von draußen durch das offene Fenster. Selbst das Starten der Raumschiffe nahm er schwach in der Ferne wahr. Akunadins Blick ruhte auf ihm, seine Mimik war starr.

„Malik, huh?“, sagte er schließlich überraschend leise. Wehmut klang in seiner Stimme mit. „Ich kenne ihn und seinen Vater.“

Mariku hob überrascht die Augenbrauen. „Du bist kein Mensch“, sprach er seine Vermutung laut aus.

Akunadin lachte. „Nein, doch man kann sich unbehelligt bewegen, wenn man aussieht wie einer.“ Er stand auf. „Was du siehst ist nur eine Illusion, eine Lüge, die für mich jedoch überlebenswichtig ist. Wenn du die Wahrheit kennst, dann wirst du verstehen.“

Mariku sprang auf, als sich Akunadin vor ihm zu verändern begann. Er trat einige Schritte zurück und stolperte dabei fast zweimal über den Stuhl. Er wich zurück bis er die Wand im Rücken spürte.

Ryou streifte durch sein Raumschiff, als würde er alles zum ersten Mal sehen. Seto hatte sich schließlich doch auf den Tausch eingelassen, nachdem Ryou ihn schon fast angebettelt hatte. Es war erniedrigend gewesen, doch Amane war mehr als nur ein Schiff. Sie war sein Zuhause.

Ryous Finger glitten an der Wand entlang, über Kratzer und Einschusslöcher. Seit er Amane besaß war sie noch nie in einem so ramponierten Zustand gewesen. Es würde Wochen dauern sie reparieren zu lassen, vielleicht sogar länger, und dann hatte er immer noch keine Crew. Ryou knirschte mit den Zähnen. Anzu war die einzige, die noch übrig war von den Leuten, die in den letzten Jahrzehnten so etwas wie eine Familie für ihn geworden waren.

Ryou schlug gegen die Wand. Auf dieser Reise hatte er so gut wie alles verloren. Er würde nie wieder Passagiere transportieren. Er ließ sich auf seinen Stuhl fallen und sah zu Jonouchis und Hondas Plätzen. Falls er je wieder irgendetwas transportieren würde. Krieg würde kommen und niemand konnte etwas dagegen tun. Ein Teil von ihm wollte weglaufen; Amane reparieren lassen und einfach weg, in irgendein fernes Sternensystem.

Ryou ballte die Hände zu Fäusten. Doch er hatte sich geschworen kein Feigling mehr zu sein. Er würde bleiben und kämpfen!

 

Es klopfte und Ryou zuckte zusammen. Es war Bakura.

„Was willst du noch?“, fuhr er ihn an. Hatte er nicht schon genug angerichtet?

„Mich entschuldigen.“

Ryou schnaubte. „Dein Tonfall klingt nicht nach einer Entschuldigung.“

„Stimmt.“ Bakura zuckte mit den Schultern. „Ich wollte nur überleben.“

„Ich bin sicher, das wollte Jonouchi auch“, erwiderte Ryou bitter.

„Überleben des Stärkeren.“

Es war das erste Mal, das Ryou Bakura ansah, seit dieser den Raum betreten hatte. „Bist du hier um mich noch wütender zu machen?“

„Nein, eigentlich will ich, dass du nicht mehr wütend auf mich bist.“

„Du machst das richtig gut.“ Ryou wandte seinen Blick wieder ab. „Und jetzt verpiss dich.“

Doch Bakura blieb. Ryou knirschte mit den Zähnen. Konnte er nicht einfach gehen? Es war so schon schwer genug.

Er sah Bakura an. „Ich hab noch nie jemanden getroffen, der mich in einem so kurzen Zeitraum so sehr genervt hat wie du.“

Bakura grinste. „Ein besonderes Talent.

Ryou verdrehte die Augen. „Keins auf das du stolz sein solltest.“

„Es freut mich übrigens, dass du dein Schiff wieder hast. Ich hätte nicht geglaubt, dass du das je wieder siehst.“

„Ich auch nicht“, murrte Ryou. „Dank euch wäre es ja fast weggewesen.“

„Hey, ich hab gar nichts gemacht.“

„Du hast dich für diesen idiotischen Menschen und den Abschaum eingesetzt.“

„War doch ein spannendes Abenteuer.“

„Oh ja, und was für eins! Es ist immer wieder toll mehrmals fast zu krepieren, gejagt und gefoltert zu werden“, fauchte Ryou.

Bakura hob abwehrend die Hände. „Ich mach doch nur Scherze. Dein Schiff heißt Amane, hm? Schöner Name. Was bedeutet er?“

Ryou öffnete den Mund, für einen Moment gewillt, die Namensherkunft zu erklären, doch dann entschied er sich anders: „Das geht dich nichts an.“

„Okay, vielleicht sagst du’s mir ein anderes Mal.“ Bakura betrachtete Ryou, der wieder den Blick abwandte. „Was hast du jetzt vor? Reist du ab?“

„Was denkst du?“ Ryou gestikulierte wild. „Mein Schiff ist ein Schrotthaufen und ich hab keine Crew. Ich flieg erstmal nirgends hin. Und jetzt verzieh dich endlich!“

Doch Bakura zögerte. „Ich bleib in der Stadt, also, wenn du Hilfe brauchst oder ich irgendwas für dich tun kann, du weißt schon.“ Er grinste.

„GEH!“

 

 

Mariku starrte Akunadin an. Sein Blick wanderte von dem langen, schuppigen Schwanz zu den Schuppen in seinem Gesicht und auf den Händen. Sie hatten die Farbe von blassem Lila, das an manchen Stellen blau schimmerte. Die Fingernägel waren Klauen und die Pupillen Schlitze.

Notechis.

„Wie...?“ Mehr brachte Mariku nicht heraus. Zog er Notechis irgendwie magisch an? Verströmte er irgendein Kairomon, oder was war los?

„Es ist eine sehr starke Illusion nötig um zu verstecken, was ich wirklich bin. Der Umhang und die Kapuze sind ein zusätzlicher Schutz.“ Akunadin veränderte sein Aussehen erneut bis er wieder nicht von einem Menschen zu unterscheiden war. Er setzte sich und sah Mariku abwartend an. Als Mariku jedoch keine Anstalten machte sich von der Wand wegzubewegen, seufzte er. „Bitte setz dich doch wieder. Ich werde dir nichts tun.“

Ohne Akunadin aus den Augen zu lassen, stellte Mariku langsam den Stuhl wieder auf und ließ sich darauf nieder. Ihm schwirrten tausend Fragen durch den Kopf und er wusste nicht, welche er zuerst stellen sollte.

Akunadin nahm ihm die Entscheidung ab: „Natürlich ist es ein Risiko auf einem Planten im Herzen der Sternenallianz zu leben, aber ich wollte damals nach dem Krieg aktiv dabei helfen die Zerstörung wieder gutzumachen.“

Mariku hob die Augenbrauen. Das war das Verrückteste, das er seit langem gehört hatte, und er hatte in den letzten Wochen viel erlebt.

Akunadin schmunzelte, als er den Unglauben in Marikus Gesicht sah. „Ich war Offizier in der Armee der Notechis. Kaltherzig und gnadenlos, so wie wir alle erzogen werden. Ich habe unzählige Unschuldige getötet.“ Er sah auf seine Hände, als würde immer noch Blut an ihnen kleben. „Wir hatten dieses kleine, unbedeutende Dorf ausgelöscht. Einfach so. Weil wir es konnten.“ Er zuckte mit den Schultern. Es lag kein Bedauern und auch keine Reue in seinem Tonfall. „Aber irgendwas ist passiert in dieser Nacht. Ich stand in den Überresten dieses Dorfes, über und über mit Blut besudelt, irgendwer hatte angefangen die Häuser in Brand zu stecken, und hab mich gefragt Warum?“ Er sah Mariku ernst an. „Als Notechis stellst du keine Fragen. Du kämpfst und hinterfragst nicht. Auch auf das werden wir trainiert.“ Er seufzte. „In dieser Nacht bin ich desertiert und wurde damit als Verräter gebrandmarkt. Von da an wurde ich von allen gejagt, der Sternenallianz und meinen eigenen Leuten.“

Akunadin machte eine Pause und ließ Mariku Zeit, das eben gehörte zu verarbeiten.

„Bereust du’s?“, fragte Mariku schließlich.

Akunadin schüttelte den Kopf. „Ich würde es immer wieder tun. Ich hielt mich erst versteckt, dann fing ich an von Planet zu Planet zu reisen, was sich als gar nicht so leicht herausstellte, bis ich einen Illusionisten fand, der mit helfen konnte.“

„Was ist mit Malik?“ Akunadins Geschichte war interessant, Mariku fiel es schon fast schwer sie zu glauben, doch er wollte endlich mehr über Malik erfahren.

Ein Lächeln legte sich auf Akunadins Lippen. „Ich kenne ihn, sehr gut sogar. Er ist mein Neffe.“

„Was?“ Mariku stand so abrupt auf, dass er Stuhl umfiel.

„Sein Vater ist mein Bruder.“

Mariku stellte den Stuhl wieder auf. Sein Mund stand offen, während er Akunadin ansah, ungläubig, aber gierig nach mehr Informationen.

„Es freut mich zu hören, das Malik doch nicht die hirnlose Kampfmaschine geworden ist, zu der sein Vater ihn erziehen wollte. Malik ist damals sehr schnell in den Rängen aufgestiegen.“ Mariku hörte den leichten Stolz aus Akunadins Stimme, auch wenn er vermutete, dass er das ganz unbewusst tat. „Es ist jedoch bedauerlich, dass er zurückgeblieben ist.“ Akunadin presste die Lippen aufeinander.

Mariku senkte den Blick. Der Gedanke an Malik stimmte ihn traurig. Er ballte die Hände zu Fäusten. Es machte ihn wütend, dass er nichts tun konnte um Malik zu helfen. Mariku begann zu zittern. Er war so nutzlos und schwach.

Akunadin legte ihm die Hand auf die Schulter und Mariku sah auf. „Es wird ihm nichts passieren. Er ist gerissen und weiß, wie er sich zu verhalten hat, um nicht aufzufallen.“

Doch Mariku schüttelte den Kopf. Es war nicht die Sorge, das Malik auffliegen könnte, die ihn so aufwühlte. „Kura“, zischte er. „Er... er...“ Wütend schlug er mit seinen Fäusten auf den Tisch.

 

 

Mariku hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und starrte an die dunkle Decke. Er hatte schließlich doch Akunadins Angebot angenommen bei ihm zu bleiben, zumindest vorerst. Er war dabei noch einmal über das, was Akunadin ihm erzählt hatte, nachzudenken, doch seine Wunden hatten angefangen zu jucken und das machte ihn fast wahnsinnig. Am liebsten hätte er sein Gesicht wieder aufgekratzt. Nur ein Grund mehr, warum er nicht einschlafen konnte. Dabei war das weiche Bett ein Traum und obwohl es auf diesem Planeten nicht dunkel wurde, sorgte eine Metallplatte am Fenster für Dunkelheit und Totenstille. Mariku hörte seinen eigenen Atem.

Akunadin hatte ihn nicht über Kura befragt, nachdem er so wütend geworden war, sondern ihn nur ins Bett geschickt. Er musste schlafen, hatte er gesagt. Mariku drehte sich auf den Bauch. Als ob er das konnte. Er war erschöpft, aber zu erschöpft um einzuschlafen und dann waren da noch das Jucken und seine Sorge um Malik. Würde er ihn je wiedersehen?

Unruhig drehte sich Mariku wieder auf den Rücken und kniff die Augen zusammen, als seine Schulter unangenehm stach. Er war ein Wrack. Da half es auch nicht, dass Schulter und Rücken angeblich so gut wie verheilt waren. Er merkte den Schmerz immer noch. Zumindest glaubte er das. Und dieses Jucken!

Mariku versuchte die Bandagen zur Seite zu schieben, doch die saßen bombenfest. Er schaffte es nicht mal sie einen Millimeter zu bewegen. Er versuchte über ihnen zu kratzen, doch es brachte nichts. So würde er niemals einschlafen.

Wie spät es wohl war? Mariku setzte sich auf und suchte nach einer Uhr, doch er fand nicht mal einen Lichtschalter. Seufzend ließ er sich wieder zurücksinken. Das würde eine lange „Nacht“ werden.

 

 

Ryou betrachtete sich im Spiegel und sein Blick blieb bei der fehlenden Feder hängen. Er seufzte. Er fühlte sich seltsam ohne sie, doch konnte er auch froh sein, dass er noch all seine Sinne beisammen hatte. Manche wurden schon beim Verlust einer Feder verrückt. Ryou berührte die Stelle, tastete in das kleine Loch hinein und zuckte zusammen, als Schmerz sich durch seinen Kopf zog. Er nahm die Hand weg und drehte sich vom Spiegel weg. Sein Raum war ein einziges Chaos. Seto und seine Leute waren nicht gerade zimperlich vorgegangen, als sie ihn durchsucht hatten. Ryou schob einige Kleidungsstücke mit dem Fuß beiseite. Zumindest hatten sie seinen Geheimtresor nicht gefunden.

Ryous Finger strichen über den glatten Boden. Selbst wenn sie ihn gefunden hätten, hätten sie ihn nicht öffnen können. Linien erschienen auf dem Boden und zogen sich durch den ganzen Raum. Ryou wurde in ein hellblaues, schon fast weißes Licht getaucht. Er legte beide Hände auf den Boden und das Licht wurde grün.

Ryou stand auf. Die grüne Farbe breitete sich aus, bis der gesamte Boden, die Decke und die Wände grün leuchteten. Nur neben seinem Bett gab es eine kleine Stelle, die weiß geblieben war. Ryou legte seine Hände in das weiße Feld und erneut veränderte sich die Farbe. Aus grün wurde rot und das Leuchten ließ nach, bis wieder nur Linien zu sehen waren. Die Linien bewegten sich durch den Raum und sammelten sich schließlich an einer Stelle nicht unweit von Ryou. Es machte „Klick“ und es erschien ein Loch in der Wand.

Ryous Finger zitterten leicht, als er die Kiste herausnahm. Hätten sie seinen Tresor geplündert, dann wäre alles verloren gewesen. Er hätte Amane nicht mehr reparieren lassen können, er hätte... einfach nichts mehr gehabt. Er öffnete die Kiste, die fast bis zum Rand mit Münzen gefüllt war. Es würde reichen um Amane zu reparieren, zumindest hoffte er das.

 

„Ryou?“

Ryou zuckte zusammen und schlug den Deckel der Kiste zu. Er drehte sich um und entspannte sich etwas, als er sah, dass es Anzu war.

„Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken.“

„Schon gut.“ Ryou stand auf. „Was gibt’s?“

„Nun ja“, Anzu sah zur Seite. Das Wasser in ihrem Körper bewegte sich unruhig. Ryou kannte sie lange genug um zu wissen, dass ihr etwas Größeres auf dem Herzen lag. „Jetzt, mit dem bevorstehenden Krieg, ich meine“, sie trat unruhig von einem Bein auf das andere, „ich wollte fragen, ob es vielleicht okay wäre, wenn ich...“ Sie brach ab und sah Ryou an. „Ich meine, es ist mir unangenehm, dich in dieser Situation alleine zu lassen, aber ich würde wirklich gerne meine Familie sehen.“

Ryou lächelte schwach. „Ist in Ordnung.“

„Wirklich?“

Ryou zuckte mit den Schultern. „Ist nicht so, als hätte ich Arbeit für dich.“

Anzu umarmte ihn. „Aber wenn ich irgendwas für dich tun kann...“

„Geh zu deiner Familie“, murmelte Ryou. Ohne Anzu wäre er ganz allein, doch er würde sie nicht davon abhalten ihre Familie zu sehen. Die Zeiten würden noch schwer genug werden.

 

Ryou fühlte sich verloren, als Anzu durch die Tür ging. Jetzt hatte er wirklich niemanden mehr, doch einen Vorwurf machte er ihr nicht. An ihrer Stelle würde er auch nichts anderes tun.

Ob er Anzu jemals wieder sehen würde?

Im Nachhinein fragte er sich, ob er zu streng und zu hart mit seinen Freunden umgegangen war. Besonders mit Jonouchi war er manchmal nicht besonders nett umgesprungen. Ryou biss sich auf die Lippe. Trotzdem hatte Jonouchi ihm das nie übel genommen und hatte Ryou nicht einmal einen Grund gegeben an ihrer Freundschaft zu zweifeln. Ryou seufzte. Jetzt war es dafür sowieso zu spät. Er setzte sich wieder auf sein Bett und sah sich um. „Jetzt sind es wieder nur du und ich, Amane. So wie ganz am Anfang.“

 

 

Schweißgebadet schreckte Mariku aus einem unruhigen Schlaf. Sein Atem ging schnell und sein Herz raste. Hektisch sah er sich um, versuchte sich zu erinnern wo er war.

Nur langsam wurde ihm bewusst, dass er nicht in Gefahr war. Er ließ die Decke los, die er krampfhaft festgehalten hatte. Erschöpft ließ sich Mariku zurück ins Kissen sinken. Er schauderte, als er an seinen Traum dachte, dabei konnte er sich nicht einmal daran erinnern, was passiert war. Trotzdem hatte er ein seltsam beklemmendes Gefühl hinterlassen. Mariku schob die Decke von sich und fächelte sich Luft zu.

Wie lange hatte er geschlafen?

Wie spät war es?

Dass er keine Uhr hatte, nervte ihn. Er brauchte ein Gefühl von Zeit.

Mariku stand auf und schob das Metall zur Seite, dass das Fenster verdeckte. Er kniff die Augen zusammen. Zu hell. Er schob das Metall wieder  vor. Er konnte nicht mal durch den Sonnenstand bestimmen wie spät es war, weil es einfach nie dunkel wurde.

Mariku seufzte. Der Planet war jetzt schon anstrengend und er war erst... er wusste noch nicht einmal, wie lange er jetzt schon hier war. Ein Tag? Zwei? Oder sogar schon länger? Vielleicht würde er sich aber auch daran gewöhnen.

 

„Akunadin?“, fragte Mariku, als er das Zimmer verließ. Wieder kniff er die Augen zusammen. Er blinzelte schnell, bis er sich an das Licht gewöhnt hatte. „Akunadin?“ Doch er bekam keine Antwort. Er suchte nach dem Notechis, doch fand ihn nicht.

Mariku ließ sich in der Küche auf einen Stuhl sinken. Er hatte ihm noch nicht mal eine Nachricht hinterlassen. Wann würde er zurückkommen? Was sollte er in der Zwischenzeit machen?

Sein Magen knurrte und Marikus Blick fiel auf den Topf, der auf dem Herd stand. Es war bestimmt noch Suppe da. Er stand auf und hob den Deckel an. Ein kleiner Rest Suppe war noch im Topf, Mariku war sich jedoch nicht sicher, wie der Herd zu bedienen war. Er drückte aufs Display, doch nichts geschah. Er drückte etwas energischer, doch der Herd war nicht bereit mit ihm zu kooperieren.

Mariku seufzte genervt und öffnete den Kühlschrank. Das war zwar nicht besonders höflich, aber wenn Akunadin ihn allein ließ, was sollte er machen?

Der Inhalt des Kühlschranks brachte ihn nicht weiter. Das meiste kannte er noch nicht einmal und für den Rest brauchte er den Ofen. Er schloss den Kühlschrank wieder.

Dann würde er sich eben draußen etwas besorgen. Er hatte noch etwas von dem Geld übrig, das Bakura ihm gegeben hatte. Er zog sich rasch an, doch als er Akunadins Wohnung verlassen wollte, musste er feststellen, dass die Tür keine Klinke besaß. Mariku suchte nach einem Schalter oder ähnlichem, doch da war nichts. Er stemmte sich gegen die Tür, doch die gab natürlich keinen Millimeter nach.

„Der will mich doch verarschen.“

 

 

Das Bett quietsche, als sich Bakura auf die andere Seite drehte. Murrend zog er sich die Decke über den Kopf. Die Sonnen und die damit verbundene Strahlung machten ihm zu schaffen. Es war nicht so schlimm, wie auf dem Wüstenplaneten, da die Sonnen weitaus weniger Wärme abstrahlten, doch die Tatsache, dass es nie Nacht wurde, saugte ihm jegliche Energie ab. Wenn er wirklich vorhatte zu bleiben, würde er seinen Blutkonsum erhöhen müssen.

Grummelnd setzte Bakura sich auf. Dass sein Zimmer dunkel war, half etwas, doch er war zu lange draußen unterwegs gewesen. Immer noch in die Decken gewickelt stand Bakura auf und schlurfte zum Kühlschrank.

Ein fahles, blaues Licht erhellte den Raum, als er ihn öffnete. Er nahm einen Blutbeutel heraus und machte sich nicht die Umstände ein Glas zu holen. Gierig trank er bis der Beutel leer war. Bakura leckte sich über die Lippen und schloss genießerisch die Augen. Er fühlte sich gleich etwas besser.

Natürlich war es idiotisch, dass er ausgerechnet hier blieb, doch abgesehen davon, dass er nicht genug Geld hatte um sich überhaupt eine Reise zu leisten, wusste er auch nicht wohin er sollte. Nach Hause bestimmt nicht.

Bakura setzte sich wieder aufs Bett. Er würde im Krankenhaus nach Arbeit fragen, dann konnte er sich mehr leisten, als das karge Zimmer in dem er gerade saß. Und er musste seine Forschungen fortführen. Mariku hatte ihm gute Ergebnisse geliefert, aber die Nebenwirkungen mussten reduziert werden. Er brauchte einen Ersatz für sein Blut.

Bakura nutzte seinen Fuß um seine Tasche näher zu ziehen. Er hob sie hoch und holte ein Notizbuch heraus. Es war alt, altmodisch und hatte seine besten Zeiten bereits hinter sich, doch Bakura hing sehr daran. Er blätterte es durch. An jeder Seite klebten farbige Post-its und manche Seiten waren so lose geworden über die Jahre, dass er sie wieder hatte einkleben müssen. Bis auf die letzte Seite, war jede Seite vollgeschrieben.

Er hatte unterschiedliche Inhaltsstoffe für sein Medikament notiert, wieder welche ausgestrichen und neue aufgeschrieben. Es gab seitenweise Nebenwirkungen und Beobachtungen. Er hatte alles bis auf das kleinste Detail aufgeschrieben. 

„Heilung stark beschleunigt“, murmelte er, während er Marikus Ergebnisse notierte. Bis auf die Blutabhängigkeit war alles perfekt gelaufen. Er musste wirklich einen Ersatz finden. Bakura tippte mit dem Stift auf das Papier. Vielleicht gab es im Krankenhaus einen Stoff.

Er las sich seine Notizen noch einmal durch. Sobald der Krieg kommen würde, wäre sein Mittel eine große Hilfe.

Bakura grinste. Und vor allen Dingen würde es Gold wert sein. Er hörte bereits die Münzen klimpern und fühlte sich nur etwas schlecht, dass er Profit aus dieser schrecklichen Situation ziehen wollte.

Er zuckte mit den Schultern. Am Ende drehte es sich doch immer nur ums Geld.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (51)
[1] [2] [3] [4] [5]
/ 5

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2015-09-18T17:31:06+00:00 18.09.2015 19:31
Hi,^^
war ein Spannes Kapitel.^^
Hat mir sehr gut gefallen.^^

Kann es sein, dass es diesmal etwas kürzer war?!

Lg^_^

Von:  jyorie
2015-09-17T15:39:15+00:00 17.09.2015 17:39
Hey ☆*・゜゚・*\(^O^)/*・゜゚・*☆

juhu ein neues Kapitel. Bin total happy :)
(ich hoffe ich hab das nicht vor jedes Kommi getippt?) Aber ich finds klasse das es weiter geht, ich mag die Geschichte total gern.


Schade das das Team jetzt auseinander gebrochen ist, die ganze Reise hatte ein Tempo und eine Dynamik die alles mitgerissen hat. Jetzt merkt man wie alle ein bisschen in ein Loch fallen und man neu ordnen muss, wie es weiter geht.

Eine Stelle hab ich meiner kleinen Schwester vorgelesen:
<< Er sah Bakura an. „Ich hab noch nie jemanden getroffen, der mich in einem so kurzen Zeitraum so sehr genervt hat wie du.“
<<Bakura grinste. „Ein besonderes Talent.
<<Ryou verdrehte die Augen. „Keins auf das du stolz sein solltest.“
[So ähnlich bekomme ich das auch immer von ihr vorgeworfen ^^°]

Wenn ich mir die eigentliche (YGO-)Geschichte von Akunadin ansehe, kann ich ihm auch nicht ganz glauben, was er Mariku erzählt hat. Ich bin sehr gespannt, wie er es auflösen wird, das er ihn jetzt gefangen genommen hat, bzw. ob es denn überhaupt so ist, das er ein Gefangener ist. Ist ja für Akunadin auch nicht ungefährlich, wenn jemand weiß was er ist.

Bakura tut mir leid, das er und Ryou sich so zerstritten haben. Hoffentlich geben die bald wieder klein bei.

War ein schönes Kapitel, auch wenn vieles traurig war. Ich freu mich immer noch über das update.

CuCu Jyorie

Von:  FannyNeko
2015-09-15T18:10:46+00:00 15.09.2015 20:10
ja endlich ein neues kapitel ich hoff nur das malik und mariku bald wieder zueinander finden

freu mich schon aufs nächste kapitel
Von: abgemeldet
2015-04-29T14:15:26+00:00 29.04.2015 16:15
Tolles Kapitel.^^
Hat mir super gut gefallen.^^

Armer Mariku, muss so viel durch machen.
Ich wette Akunadin ist auch ein Notechis.
Bestimmt. ^^

Bin gespannt wie es weider geht.^^

Lg^_^
Von:  jyorie
2015-04-29T05:18:36+00:00 29.04.2015 07:18
Hallo (^o^)y

mir tut Mariku schon leid, erst diese 4 Wochen auf volldampf und highspeed und jetzt sitzt er da auf dem Planeten festen und hat keine Freunde und kein Platz wo er hin soll, noch ne ahnung was er machen kann. Sein Ziel mit der Pilotenschule hat er auch aus den Augen verloren?

Bei den Ereignissen mit Akunadin frag ich mich ebenfalls ob es nur zufall gewesen ist. Wenn er in deiner Geschichte auch so eine Art Zauberer ist und mit gewissen Mächten im Bund, könnte es ja durchaus sein, was Bakura mehr scherzhaft gemeint hat. Das Mariku den Ärger anzieht und er die schneiße der Verwüstung hinterläßt, weil Akunadin ihm etwas angeheftet hat – vielleicht ist er ja sogar daran schuld das sie Malik gefunden haben. Zumindest bin ich mir sicher, das er auch ein Notechis ist, auch wenn du an der stelle einen sooooo gemeinen ;-) cut eingefügt hast.

Hab mich total gefreut das die Geschichte weiter geht. Bin nach wie vor von ihr begeistert.

Liebe Grüße, Jyorie

Von:  Dwingvatt
2015-04-28T11:15:31+00:00 28.04.2015 13:15
Oh Man wie spannend! Bin ja gespannt wer Akunadin ist.
Wieder ein tolles Kapitel, weiter so! ^0^
Von:  jyorie
2014-09-15T18:40:58+00:00 15.09.2014 20:40
Hey ٩(^ᴗ^)۶

*seuftz* wieder alles so wie es früher ist?! Das darf nicht
sein. Aber ich glaub das bei Malik nicht alles so ist wie früher
zu Anfang schien es zwar, das er sich gehen lässt und resigniert
aber so ein bisschen hat er ja doch rebelliert und sich gegen
das „alles wie früher“ gewehrt, vielleicht ist die Intrige gegen Kura
den auch sein Vater nicht zu mögen scheint ja ein kleiner Beginn.
(Wobei – Malik wird wohl kaum den ganzen Planeten umgraben
können)

Bakura tut mir total leid, ich glaub es ihm, das es ihm leid tut und
zum anderen auch, das er nicht anders konnte. Und letztend Endes
war es ja auch Kura, der daran schuld ist.

Ich bin gespannt, ob sich Mariku und Malik noch einmal wieder sehen
werden.

CuCu, Jyorie

Von:  Jien
2014-09-14T14:15:01+00:00 14.09.2014 16:15
Hört sich interessant an, ich hab's mal abonniert um's weiter verfolgen zu können.
Allerdings muss ich mich meinem Vorredner anschließen, die schiere Flut an Charakteren (und die Tatsache, dass sie durch das AU auch etwas anders aussehen/handeln) erschlägt einen etwas, da muss man sich erst durchwühlen.
:-)
Von: abgemeldet
2014-09-14T11:33:25+00:00 14.09.2014 13:33
Wieder tolles und spanntest Kapitel.^^
Hat mir sehr gut gefallen.^^

Bin auf das nächste mal gespannt.^^

Lg^^
Von:  Dwingvatt
2014-08-14T14:37:40+00:00 14.08.2014 16:37
Ich habe lange überlegt ob ich die ff mal lesen soll, da ich nicht wirklich auf science fiction stehe... aber so wie du das hier schreibst... einfach genial. bin echt froh das ich es trotzdem gelesen habe. Hut ab!


Zurück