Zum Inhalt der Seite

Wenn man vom Teufel spricht...

Fortsetzung zu "Der Teufel soll dich holen..."
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

6:66

6:55 Uhr.

Jetzt, wo mir diese Zahlen ins Auge fielen, spürte ich umso deutlicher, wie sehr mir die Müdigkeit noch in den Knochen lag. Sie machte meine Lider schwer und schien sogar die Muskeln meines Armes so sehr zu lähmen, dass ich noch nicht einmal dazu in der Lage war, das Radio anzuschalten. Ich konnte wirklich von Glück reden, dass Dad der gleiche Einfall gekommen war und das Gerät für mich betätigte. Manchmal erwiesen sich solche Gedankenübertragungen als äußerst hilfreich. Meist allerdings nervte es, sich mit Menschen zu umgeben, die einen zu gut kannten.

 

Der äußerst altmodisch wirkende Beat irgendeines Liedes schmetterte aus den Boxen und obwohl ich mit Oldies wirklich nichts anfangen konnte, so war ich im Moment doch ganz dankbar dafür, dass er die ekelhafte Stille durchbrach. Außerdem glaubte ich, so nicht mehr fürchten zu müssen, dass irgendjemand von mir verlangte, in ein Gespräch einzusteigen. Sprechen um diese Uhrzeit, das war wahrlich zu viel des Guten. Leider Gottes sah meine liebe Familie das ganz anders.

 

"Was bist du denn so still, Lenny?"

Die Stimme meiner Schwester. Direkt in meinem Nacken.

Irgendein schweres Gefühl ballte sich in meiner Magengegend zusammen. Während ich aus der Frontscheibe starrte, pressten sich meine Backenzähne aufeinander.

Sie nervte. Ihre bloße Anwesenheit hätte mich um diese Uhrzeit zum Mörder machen können.

 

"Lenny ist noch verschlafen", erklärte ihr unser Vater an meiner Stelle, doch die Art, wie er diese Worte aussprach, machte mich noch rasender. Als würde er mich belächeln. Ich hasste es. Ich hasste sie. Nein, nicht wirklich. Aber sie sollten mich in Ruhe lassen.

6:56 Uhr.

"Kein Wunder, es ist ja noch mitten in der Nacht", grummelte ich mittlerweile tatsächlich schlecht gelaunt vor mich hin und versuchte, alle möglichen Gefühle aus meinem Körper zu verbannen und mich auf die vereinzelt auftauchenden Autos zu konzentrieren, die uns mit ihren gleißend hellen Scheinwerfern allesamt überholten. Das war immer so. Die anderen waren immer schneller als man selbst. Ein Blick auf den Tacho verriet mir, dass mein Vater einmal mehr im Schneckentempo unterwegs war. Aber wahrscheinlich pennte die Karre noch, genau wie ich.

 

Mein Gemurmel hatte natürlich niemand auf Anhieb verstanden und ich wäre am liebsten aus dem Korsett gesprungen, als man mich zum zweiten Mal aufforderte, es zu wiederholen. Ohnehin wäre es besser gewesen, ich hätte Stillschweigen bewahrt, denn selbstverständlich setzten drei Stimmen augenblicklich den belehrenden Ton auf.

Grr. Hass. Aber ich war nun munterer geworden. Doch meiner lieben Familie dafür danken, nein, das wollte ich nicht.

 

"Es ist schon fast sieben", merkte Thessi an. Ich konnte ihre Stirn im Frontspiegel erkennen. Ein paar ihrer blonde Haare waren zu kurz, um dass der Haargummi sie am Hinterkopf fassen konnte und so standen sie merkwürdig in alle Himmelsrichtungen ab. Irgendwie erinnerte mich das an ein kleines Kind.

"Ja und? Sieben Uhr. Jeder normale Mensch schläft um die Zeit noch."

Wahrscheinlich hatte sie mich wieder nicht verstanden, denn ich hielt mir die Hand vor den Mund. Mit dem Pinzettengriff zupfte ich an einem Hautfetzen, der sich von meiner Lippe löste. Ein leichtes Gefühl der Befriedigung floss durch mich hindurch, als ich spürte, wie ich ihn unter einem kleinen, piekenden Schmerz abzog.

"Warum hätten wir nicht wenigstens eine Stunde später fahren können?"

"Weil es sich dann gar nicht mehr gelohnt hätte, um zu Oma und Opa zu fahren?"

Nun mischte sich also auch noch Mom ein. Und sie tat mal wieder das, was sie am liebsten tat: Sie setzte hinter einen stinknormalen Aussagesatz ein Fragezeichen. Das sprengte nicht nur jegliche grammatikalischen Gesetze, sondern auch meine Nerven. Sie stand tierisch auf diese Sache, und sie merkte noch nicht einmal, dass ich immer ganz unruhig wurde vor Wut, wenn sie das machte.

 

Oma und Opa. Ja. Natürlich. Oh, was würde das für ein traumhafter Tag werden. Kaffeekränzchen samt eklig süßem Kuchen und endlosen Gesprächen über Dinge, die mich nicht die Bohne interessierten. Ich konnte mir einen wahrlich besseren Zeitvertreib am Wochenende vorstellen, aber zum Glück gab es ja Handys. Marko langweilte sich sicherlich auch und er würde mir bestimmt zurückschreiben, wenn ich den ersten Schritt machte.

Sexting beim Kaffeeklatsch, das würde mal etwas ganz anderes sein. Dreckiges Grinsen inklusive.

Ich übte dieses schon mal, denn ich musste an das letzte Mal denken, als wir in Dirty Talking abgerutscht waren. Es war in der Uni und keine Sau hatte bemerkt, dass ich mich am liebsten hingelegt hätte vor lauter Lachen. Marko war ein begnadeter Gott, was das zweideutige Denken anging. Man durfte nicht etwa annehmen, dass es mich heiß machte, wenn er mir befahl, ich sollte lieber mit seinen Eiern spielen als mit denen des Osterhasen (der Hasi war nämlich vor ein paar Tagen gekommen, pardon, erschienen). Nein, ich fand es lediglich irre witzig. Ob Marko das genauso sah - ich konnte nur spekulieren. Eigentlich war er gar nicht schwul. Nur wenn er einen im Tank hatte, dann kamen ihm schon hin und wieder ein paar hübsche Männer in den Mund. Und bei hübschen Männern meinte ich natürlich vor allen Dingen mich...

 

6:59 Uhr.

"Sieben Uhr ist eine komplett unchristliche Zeit", beharrte ich auf meiner Meinung, allerdings weitaus weniger schlecht gelaunt und einigermaßen aus meiner Trägheit erwacht.

"Pff!", schnitt mir meine Schwester das Wort ab und schnaufte empört. "Ich sitze im Gegensatz zu dir faulem Studenten bereits um Sieben in der Schule und schreibe Arbeiten oder halte Vorträge, stell dir vor."

Sie redete mit einem hörbaren Lächeln auf den Lippen weiter, welches vor Hohn triefte.

"Und dann denke ich an dich, Brüderchen, wie du in deinem Bettchen liegst und feuchte Träume von Marko hast. Und wie dein Arsch immer fetter wird vom Nichtstun."

"Mein Arsch wird nicht-"

Wenn sie einmal in Rage war, dann konnte sie nichts mehr stoppen.

"Dein Arsch wird", beharrte sie bockig auf ihrer Meinung. Meine Eltern hielten sich aus der ganzen Sache heraus. Partei zu ergreifen, das erwies sich bei Geschwistern stets als kontraproduktiv, das hatten sie früh bemerkt.

"Und übrigens: Hör auf, von unchristlich zu sprechen. Wir hatten erst letztens das Thema Satanismus und ich sag dir: Das ist ziemlich krank."

"Du bist krank", muffte ich lediglich vor mich hin. Aufregen, pah - das brachte ohnehin nichts.

"Nee, das ist echt krank. Wirklich."

Das war einer der Momente, in denen sie nicht nur wie ein kleines Mädchen aussah, sondern sich auch wie eines benahm. Altklug. Wichtigtuerisch. Meine Mundwinkel zuckten ganz leicht. Vor Mitleid und Amüsement.

"Die machen Messen auf Friedhöfen und metzeln Tiere ab. Und sie opfern ihrem ach so großen Herrn Satan Jungfrauen!"

"Da hab ich aber Glück, dass ich keine mehr bin", setzte ich gelassen seufzend hinzu und drehte mir ein paar meiner Haarsträhnen um meinen Zeigefinger. Auf meiner Lippe kaute ich jedoch noch immer. Es schmeckte metallisch, wenn ich mit der Zunge über die zerbissene Oberfläche fuhr.

"Aber du solltest aufpassen, Thessilein. Sonst kommt er dich holen, der Herr und Meister..."

Ich schnaufte und drehte mich verheißungsvoll grinsend zu ihr um. Unsere Blicke trafen sich, und ihre waren so unschuldig, wie die einer Fünfzehnjährigen nur sein konnten. Süß.

"Du bist doch noch Jungfrau, Schwesterherz, oder?"

Sie kniff nur die Augenbrauen zusammen und schaute aus dem Fenster. Ich hatte sie in Verlegenheit gebracht, eindeutig. Wer mochte es schon, dass solche Gespräche vor den Eltern ausgetragen wurden? Ich konnte ihr nicht verübeln, dass sie nun eingeschnappt war. Aber das war nun mal die Rache für die Sache mit dem feuchten Traum.

 

Irgendwie fühlte ich mich nun ganz gut. Nachdem ich mein Werk vollendet hatte (Thessi schwieg endlich und hörte auf, mir irgendeinen Mist zu erzählen, Triumph!) drehte ich mich wieder um.

Dabei fiel mein Blick rein zufällig auf die Digitalanzeige der Uhrzeit.

 

Man kannte ja diese Sache, die man auch freud'schen Versprecher nannte und ich glaubte, dass man sich auch auf diese Art verlesen konnte, und deswegen schüttelte ich verwundert über mich selbst den Kopf und schaute noch einmal hin, dieses Mal jedoch genauer.

Aber da stand es immer noch. Diese drei gleichen Zahlen, die doch überhaupt nicht existieren durften...

Etwas verunsichert blickte ich aus dem Fenster. Angespannt kaute ich auf meiner Unterlippe herum und schielte noch ein paar weitere Male hin zu der Uhr, die jedoch unverändert ein und dieselbe unmögliche Uhrzeit anzeigte.

Sie schien mich förmlich anzuschreien, klang schrill in meinen Ohren und die neongrünen Zahlen schossen mir kreischend ins Gesicht.

Mir war, als würde ich in einen Abgrund fallen, so sehr erschreckte mich dieses seltsame Hirngespinst. Ich wollte es nicht mehr sehen, wollte mich nicht davon beunruhigen lassen, doch irgendetwas sagte mir, dass das ein Zeichen war. Doch ein Zeichen für was? Dafür, dass Thessi mich mit ihrem blöden Satanismusgequatsche ganz wirr gemacht hatte? Denn auf dem Display stand im Grunde nichts anderes als die Zahl. Die Zahl des Tieres. Die Zahl, die jeder Normalsterbliche mit dem Teufel in Verbindung brachte.

6:66 Uhr.

 

Mit einem Mal sprang mir das grüne Licht entgegen und ich fühlte nur noch, wie alles seine Dimension zu verlieren schien. Ein Schmerz, der sich durch meinen Rücken biss zerriss mich jäh und irgendwo ganz weit weg vernahm ich einen panischen Schrei.

 

Und das war auch das Letzte, was mir signalisierte, dass ich unter den Lebenden weilte.

 

 
 

*
 

 
 

 

"...und möglichst jung sollte sie sein. Sonst taugt sie womöglich nicht lange für den Job."

Er widerholte sich. Aber ich ließ mir selbstverständlich nicht anmerken, dass es mich nervte, wie er mich behandelte. Dass er alles fünfmal runterbetete, nur weil er zu dem Eindruck gelangt war, ich wäre ein minderbemittelter Vollidiot gewesen.

Deswegen nickte ich brav seine Worte ab und wagte es mir allenfalls ihn anzublinzeln. Doch mir war es lieber, wieder schnell den Kopf zu senken und den Boden zu mustern.

 

"Ältere Damen haben häufig schon ein Rückenleiden, und außerdem...", er machte eine kurze Pause und auch ohne ihn anzusehen erahnte ich ein Schmunzeln, "bezahle ich lieber junge Mädchen als reife Frauen."

Ich sah seine Hand fast vor meiner Nase über den Tisch huschen.

"Obwohl das eigentlich auch einen gewissen Reiz innehätte, wenn ich es mir so recht überlege..."

Wenn er auf diese Art und Weise sprach, dann fühlte ich mich noch beschissener in seiner Gegenwart. Denn ich hatte keine Ahnung, was ich darauf erwidern sollte. Sicher wäre es ihm sauer aufgestoßen, hätte ich ihm beigepflichtet und seine Worte bestätigt.

Ja, natürlich, auch ich empfing hin und wieder diese ganz besondere Bezahlung für meine Arbeit in Form einer seiner Damen. Doch es war auf keinen Fall so, dass wir uns wie alte Kumpels an einem schönen Abend bei Kerzenlicht zusammensetzten und über die Vorzüge der Frauen sprachen. Das hätte mir um ehrlich zu sein auch nicht sonderlich gefallen. Denn ich hatte zu großen Respekt vor meinem Meister, um Privates mit ihm auszutauschen. Und er war sicher auch nicht daran interessiert. Schließlich hielt er mich offenbar für einen Vollidioten. Und der Grund dessen war mein eigenes Versagen. Mein Ungehorsam. Mein eigener Kopf, den ich hatte durchsetzen wollen.

Um ehrlich zu sein war dies auch der wichtigste Grund, weswegen ich es nicht mehr wagte, ihm in die Augen zu sehen. Ich hatte mich über den Willen des Meisters hinweggesetzt. Ich hatte ihm André gebracht anstatt des gewünschten Mädchens. Und das nur, weil er mir gefallen hat. Dabei stand es mir nicht zu, die Schönheit eines anderen Mannes oder einer Frau zu schätzen. Ich war sein Diener, und ich war nur sein Diener. Der stumme Ausführer seiner Befehle.

Manchmal, ja, manchmal da packte mich so ein gewisses Gefühl, wenn ich mich erneut wie ein hirnloser Soldat behandelt fühlte. Doch ich verbarg es besser in einer tiefen, dunklen Ecke meines Hirns. Es wäre mich nur teuer zu stehen gekommen, hätte ich ihm freien Lauf gelassen.

Und doch balancierte ich heute einmal mehr am Abgrund. Hätte ich es gewagt und ihm in die Augen gesehen, womöglich hätte er sehen können, wie dunkel die meinen vor Wut und brodelnder Verachtung schimmerten.

 

"Also, du hast mich verstanden?"

Angespannt rieb ich meine Schneidezähne aufeinander. Es machte ein ekelhaftes, schabendes Geräusch, welches er sicher nicht hören konnte, aber es passte nur zu gut zu meiner derzeitigen Stimmung.

Doch ich war ein Mann. Und ein Mann wusste, wie man sich beherrschte. In jeder Lebenslage. Deswegen nickte ich wieder artig, was dazu führte, dass ich mich noch mieser fühlte.

 

Der Meister schien zum Glück nicht zu bemerken, was sich gerade hinter meinen eisblauen Augen abspielte. Vielleicht wollte er es auch schlichtweg nicht bemerken. Denn er sah in mir keinen Mensch. Hatte noch nie einen in mir gesehen. Ein Stück Vieh, das war ich in Wirklichkeit für ihn.

Das waren wir alle. Ja, sogar André.

"Gut."

Ich blickte ihm scheu ins Gesicht und verfluchte mich selbst dafür, dass ich zu so einem unterwürfigen Würstchen in seiner Gegenwart geworden war.

Er musste nicht auf die Uhr sehen, um zu wissen, dass die Zeit reif war. Und er musste auch nichts sagen, ich spürte es in der Luft, dass ich nun gehen sollte. Deswegen erhob ich mich, noch ehe er mich weiterhin wie ein dummes Kind behandeln konnte. Doch ich hatte mich zu früh gefreut.

"Und denk daran: Dieses Mal bringst du ein Mädchen und keinen Jungen. Hast du verstanden?"

Ich konnte nicht mehr anders. Ich hielt gerade die Türklinke in der Hand, die eiserne Türklinke, aber ich musste nur die Finger ganz fest um sie schließen, damit sie aus der Tür brach.

Doch bereits als ich sie lose auf der Handfläche liegen hatte bereute ich es, dass ich mich nicht hatte wie die vielen anderen Male auch beherrschen hatte können.

Der Meister sagte nichts. Mein Mundwinkel zuckte.

Ob er mich bestrafen würde? Er war mächtig, doch ich war ihm körperlich kein Bisschen unterlegen.

Ich würde mich zur Wehr setzen, wenn er irgendetwas mit mir vorhatte.

Denn ich war nicht Satans Lämmchen. Physisch vielleicht. Doch im Kopf, da war ich es schon längst nicht mehr.

 

Mit der Faust stieß ich die Tür auf und hastete durch die Gänge, bis ich den Ausgang des Schlosses erreicht hatte.

Über mir erstreckte sich der schwarze Himmel und die roten Schlieren blühten kräftiger als jemals zuvor in ihm.

Noch einmal holte ich tief Luft und dann machte ich mich mit großen Schritten auf.

 

Um den Wunsch des Meisters zu erfüllen.

Kratzbürste


 

1. Kapitel - Kratzbürste
 

 
 

 
 

 
 

Ich hätte der Letzte sein sollen, der an Engel glaubte.

Doch ab diesem einen Augenblick, da wusste ich, dass es nicht nur Schwärze gab, die die Menschen einhüllte, sie hässlich und starr machte.

 

Es gab eine Hölle, ich hatte sie selbst gesehen. Doch ohne Schwarz konnte kein Weiß existieren. Deswegen musste es auch einen Himmel geben.

Und ich war mir so sicher, dass er ihn mit eigenen Augen gesehen haben musste.

 

 

Ich benötigte keine Karte. Ich brauchte keine Straßennamen oder sonstige markante Anhaltspunkte, um mich orientieren zu können. Lediglich meine Sinne führten mich an jenen Ort, an dem der Meister mich haben wollte.

Es berührte mich schon längst nicht mehr, zu sehen, wie ein Auto in ein anderes krachte und die beiden Fahrzeuge augenblicklich in Flammen aufgingen. Nicht mal der Knall vermochte mich zu erschrecken oder die Schreie der Menschen, von Todesangst erfüllt. Die Zeit hatte mich zu einem zähen Tier verkommen lassen, vielleicht sogar zu einem Mann ohne jegliches Mitgefühl, wie ich immer dann glaubte, wenn ich überhaupt nichts fühlte, selbst dann nicht, wenn ich das Leid der Menschen förmlich in ihren Augen sehen konnte. Keine einzige Welle wusste mein Herz zu erweichen. Trauer und Schmerz, das kannte ich nicht. Lediglich Wut und Lust, Dominanz und Unterwürfigkeit, das waren für mich geläufige Dinge, Sachen, mit denen ich es jeden Tag konfrontiert wurde.

Es erschien mir so unwirklich, das Feuerinferno, in welches sich die Straße verwandelt hatte. Und genauso wenig, wie mir Mitgefühl bekannt war, so war ich auch frei jeglicher Angst. Denn ich hatte den Tod überwunden. Für mich gab es keine Gefahren mehr. Wer einmal in der Hölle war, dem war ein ewiges Leben geschenkt. Ein Leben in Schlichtheit, ein Leben, welches lediglich die Grundbedürfnisse zu erfüllen vermochte. Doch ich hatte mich längst daran gewöhnt. Ich benötigte nichts anderes. Oh, nein, das stimmte nicht ganz; eine Sache gab es da, an der es mir fehlte.

Macht. Sie war mir abhandengekommen. Denn er hatte sie. Er, der Meister. Er hatte sie in sich aufgesogen und zehrte nun triumphierend von ihr. Er benutzte meine eigene Kraft, um mich immer kleiner zu machen. Er schlug mich mit meinen eigenen Waffen. Und ich gehorchte ihm auch noch. Irgendeine Stimme in meinem Hinterkopf riet mir, nicht das brennende Auto anzusteuern und nach einem Mädchen getreu seinen Vorstellungen zu suchen. Doch der Teufelskreis schien undurchdringbar, hatte sich längst durch mein Unterbewusstsein gefressen.

 

Und deshalb lief ich unbeirrt auf den Wagen zu, mir den Weg durch die beißenden Flammen bahnend.

Nichts und niemand konnte mich von meiner Mission abhalten, mich, den treuen Diener Satans, den Mann aus Stahl. Nicht die Menschen, die den Unfall aus sicherer Entfernung betrachteten und mit Schreckensmiene das Geschehene zu verarbeiten versuchten. Nicht die Hitze und nicht die Explosionsgefahr, die drohte, wenn sich Feuer und Benzin miteinander vermählten.

Ich tat das, was ich tat, seitdem ich denken konnte. Seitdem mir der Meister das Leben geraubt und mir im Gegenzug die Unendlichkeit geschenkt hatte.

 

Durch die lodernden Flammen hindurch konnte ich bald ein Gesicht sehen. Einen Mund, eine Nase, geschlossene Augen. Weiche, jugendliche Züge.

Ein Mädchen.

Ich beugte mich zu ihm hinab und hob es kurzerhand hoch, doch noch während ich das tat fiel mein Blick auf ein weiteres Gesicht.

Ein Gesicht, welches mir nicht erlaubte, dass ich mich einfach umdrehte und ging, ohne es genauer betrachtet zu haben.

Es ähnelte dem des Mädchens auf meinem Arm, doch war es ein klein wenig kantiger, rauer, doch noch lange nicht so grob geformt wie das eines Mannes.

Obwohl es absurd klang, aber es waren die langen, dunklen Wimpern, die mich viel zu viele Sekunden in Atem hielten. Sie und die blonden Haare, die in die bleiche, flache Stirn fielen.

Mein Körper handelte von ganz allein. Ich brauchte gar nicht erst meinen Gedanken zuzuhören, damit ich den Arm des Wesens ergriff, welches nicht von dieser Welt zu sein schien. Hastig zog ich es an meine Brust und eilte mit ihm und dem Mädchen aus den Flammen.

 

Sie husteten. Sie husten und rangen nach Atem. Sie alle beide.

Das Leben kehrte in sie zurück, sobald wir die Flammen verlassen hatten und eine angenehme Kühle uns umhüllte.

Sie schienen immer schwerer in meinen Armen zu wiegen, zogen mich wie Gewichte nach unten, doch um nichts auf der Welt hätte ich sie losgelassen. Ich war schließlich mehr gewohnt. Häufig wehrten sich meine Opfer, schlugen und traten nach mir, bespuckten und beschimpften mich.

Die heutige Mission stellte keine Ausnahme dar. Der Engel war aus seiner Benommenheit erwacht und sein verrußtes Gesicht starrte zunächst noch etwas verwirrt zu mir auf, doch dann entstellte urplötzlich eine Maske aus purem Zorn seine schönen Züge. War es ihm zu verübeln? Nein. Überhaupt nicht.

 

"Ey, was soll das?", regte er sich auf und windete sich in meinen Armen, doch er merkte schon sehr bald, wer von uns beiden der Stärkere war (meine Hand konnte fest zupacken, wenn ich das wollte, sehr fest) und gab es auf. Jedenfalls bewegte er sich kaum noch, als ich mit den beiden um die Ecke bog (zum Glück war das Mädchen weitaus pflegeleichter, wahrscheinlich hatte der Schock ihre Glieder gelähmt), aber er schien sich dazu entschieden haben, schlichtweg mit Worten weiterzukämpfen, wenn seine Muskelkraft nicht genügte.

"Thessi!"

Er versuchte das Mädchen an der Schulter zu berühren, doch es gelang mir, die beiden in genügendem Abstand voneinander zu halten. Als sein harter, dünner Körper sich hart gegen meinen Unterarm presste, fackelte ich nicht lange und schulterte die blasse Gestalt mit den brandbefleckten Kleidern, woraufhin ihre Gegenwehr noch ein zweites Mal aufblühte.

"Lass uns runter!", schrie der Kleine mir direkt ins Ohr. Sein Atem war ganz warm. Und etwas leiser, aber nicht weniger aufgebracht setzte er hinzu: "Du Schwein. Du Verbrecher!"

Ich hatte jedoch keine Zeit, ihm irgendeine Erklärung zu liefern. Denn der Abstieg stand uns bevor. Der Abstieg in eine andere Welt. In die Unterwelt, aus der es kein Entrinnen mehr gab.

Hätten sie das gewusst, sie hätten wahrscheinliche eine richtige Panikattacke erlitten. Aber noch glaubten sie, ich wäre nur ein durchgeknallter Entführer, ein Kidnapper, ja vielleicht sogar ein Vergewaltiger. Und wahrscheinlich war ich das sogar. Zumindest ersteres und zweiteres.

 

Es fiel mir äußerst schwer, an dem Knauf der sich im Boden befindlichen Metallplatte zu ziehen, schließlich musste ich große Vorsicht walten lassen. Die beiden oder zumindest der Junge hätten wahrscheinlich jede unachtsame Sekunde meinerseits genutzt, um die Flucht zu ergreifen, und das hätte fatale Auswirkungen mit sich gezogen, an die ich lieber nicht denken wollte.

 

Nadelstiche bohrten sich in meinen Oberarm. Nadelstiche gefolgt von etwas Dumpferem, nicht weniger Schmerzhaftem. Es durchzuckte mich, und ich ahnte, dass das kleine widerspenstige Biest es tatsächlich gewagt hatte, mich wie eine Katze zu kratzen und zu beißen.

Es war ein verdammter Fehler gewesen, ihn nicht liegen zu lassen, erkannte ich nun. Viel Freude würde ich mit ihm wahrscheinlich nicht haben. Doch nun war es zu spät, um es rückgängig zu machen.

Ich hatte es vollbracht, die Metallplatte mit dem Fuß wegzuschieben und stieg bereits in den Keller hinab, in den Armen tapfer die beiden haltend, die wahrscheinlich noch Kinder waren. Das Mädchen, so klein und lieb, seine Wange gegen meine Brust schmiegend, und der Junge, das komplette Gegenstück zu ihr. So schön wie ein Engel, aber so rabiat wie der Teufel. Und doch hielt ich ihn ganz fest an mich gedrückt, während ich die letzte Stufe hinter mich brachte und den düsteren Gang entlanglief, der sich vor uns erstreckte. Ich hielt ihn, bis ihn die Strapazen ausgelaugt hatten und er ganz schlaff hinunterhing.

Jetzt glich er wieder dem zarten Engel, der meine Aufmerksamkeit geweckt hatte. Ich stellte mir vor, wie sein Gesicht aussah, die langen Wimpern, die Sanftheit in seinen Zügen. Doch ich wusste, dass ich noch genügend Gelegenheit haben würde, um mich an seiner Schönheit zu weiden.

 

Denn er würde bei mir bleiben. Ich würde ihn behalten.

Ohne, dass der Meister davon erfahren würde.

 
 

*
 

 
 

Ich übertrieb keineswegs, wenn ich behauptete, etwas erleichtert gewesen zu sein, als ich endlich das Schloss erreichte. Aber wirklich froh war ich nicht. Denn ich war gerade dabei, etwas Verbotenes zu tun und ich fürchtete, man könnte mich dabei erwischen.

Ich konnte es spätestens jetzt nicht mehr durchgehen lassen, dass der Junge aufmüpfig reagierte. Sonst hätte ich riskiert, dass der Meister ihn hörte und dann wäre mein gesamter Plan ins Wasser gefallen.

 

"Wo...was ist das hier?"

Zu meinem Glück sprach er in gemäßigter Tonlage und ich musste ihm keine Gewalt androhen, was mir äußert widerstrebt hätte. Denn Schläge hätten den letzten Funken Vertrauen, den er hoffentlich noch in mich setzte, endgültig zerstört. Und dabei wollte ich doch, dass er mich mochte. Dass er sich bei mir gut aufgehoben fühlte. Denn so würde es sein. Ich würde auf ihn aufpassen, so gut ich konnte.

"Ich erkläre dir später alles", zischte ich ihm zu, woraufhin er den Eingang zum Schloss ziemlich verunsichert von oben bis unten musterte.

Ich konnte nur zu gut verstehen, dass er alles wissen wollte, und er würde seine Antwort bekommen. Doch nicht jetzt. Bestimmt kreisten hunderte von Fragen durch seinen Kopf, aber noch ehe er nicht in meinem Zimmer war, sicher und behütet, würde ich nichts sagen. Es hätte ihn nur wieder unnötig aufgebracht.

 

Hätte ich nur nicht diese verflucht schweren Stiefel getragen. Doch ich besaß kein anderes Paar, also erübrigte sich eine Alternative. Für gewöhnlich klangen meine Schritte auf den knarrenden Dielen des Ganges laut und deutlich an alle Ohren, die sich hinter den Türen befanden, und meist war es mir egal gewesen. Doch heute nicht. Heute wollte ich unentdeckt bleiben. Ich musste unentdeckt bleiben.

Ungesehen erreichte ich mein Schlafgemach und dankte Satan dafür, dass nur ich es war, der seinen eigenen, dumpf pochenden Herzschlag vernehmen konnte. Nicht der Junge und auch nicht das Mädchen sollten wissen, mit welcher Nervosität ich im Moment zu kämpfen hatte. Vielleicht stand mir jedoch der Schweiß auf der Stirn, aber im Grunde spielte das nun auch keine Rolle mehr. Ich hatte es geschafft, den Jungen in meinen Räumlichkeiten unterzubringen. Niemand würde ihn hier finden. Dafür würde ich sorgen. Dafür hätte ich mein Leben gegeben, wenn ich denn noch eines besessen hätte.

 

Wenn man ihn hier so sitzen sah, den Kleinen mit den blonden Haaren und den großen Kulleraugen, die mich anstarrten, während ich vor ihm neben dem Bett kniete und ihm das Knie zur Beruhigung tätschelte, dann wäre man nie auf die Idee gekommen, dass er so ungehorsam sein konnte. Einmal mehr schien die ganze Welt für einen Moment stillzustehen, als ich ihn fassungslos betrachtete, seine Züge, seine so makellose Haut. Fassungslos war ich aufgrund seiner reinen Schönheit. Nicht einmal André war so engelsgleich wie er. Wahrscheinlich war das niemand. Das Mädchen, bestimmt seine Schwester glich ihm zwar beinahe bis auf das Haar, aber sie besaß bei Weitem nicht diese Ausstrahlung. Diese helle, leuchtende Aura.

Oh, was ich mit diesem schönen Bengel hätte alles anstellen wollen. Am besten gleich alles auf einmal...

Doch ich musste erwachen aus meinem Tagtraum. Dass sich das Mädchen regte, welches ich noch immer in meinem Arm hielt, erleichterte es mir. Ich hatte einen Auftrag, den ich besser zu Ende führen sollte. Gleich. Erst hatte ich noch etwas anderes zu erledigen.

 

"Du musst keine Angst haben", säuselte ich und nickte dem Jungen mit einem Lächeln auf den Lippen zu. Der aber schaute mich noch immer mit einem Blick an, welchen ich beim besten Willen nicht hätte deuten können. "Ich tu dir nichts. Du bist hier in Sicherheit. Vertrau mir..."

"Vertrauen?"

Das Spöttische war zurückgekehrt, schneller, als ich damit gerechnet hatte. Der keck verzogene Mund und der Blick auf mich hinab zauberten irgendetwas in sein Gesicht, was ich als hässlich empfand. Hässlich und schwarz. Ich wollte nicht, dass meine Hand noch länger auf seinem Knie ruhte. Deswegen zog ich sie zurück und erhob mich. Doch ich entzog ihm für keine einzige Sekunde meine Aufmerksamkeit.

Der Junge warf sein Haar in den Nacken und grinste. Grinste und grinste, und irgendwann gluckste er sogar belustigt auf.

"Ich soll einem vertrauen, der mich und meine Schwester entführt hat...", überlegte er laut und schüttelte dann den Kopf. Unsere Blicke trafen sich. Er scheute sich nicht davor, mir in die Augen zu sehen.

"Ja. Das sollst du." Ich stellte seine Schwester auf dem Boden ab und schlang den Arm um ihre Hüfte. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, wie verunsichert sie zu mir aufschaute. "Ich bin ein Freund. Und nur ich. Merk dir das. Alle anderen sind unsere Feinde."

"Pah, der ist ja krank", amüsierte der Junge sich und senkte den Kopf, um mit geschlossenen Augen vor sich hinzulachen. "Der ist ja voll verrückt. Gott. Wenn unsere Eltern dich in die Finger bekommen, sie reißen dir eigenhändig die Eier ab..."

Ich schoss vor. Ließ das Mädchen stehen. Das war genug.

Ich schaltete alle wohlwollenden Gefühle aus, die ich für den Jungen hegte. Ich ignorierte sein schönes Gesicht. Ich griff grob nach seinem Kinn und zwang ihn dazu, mich anzuschauen. Und dann schlug ich ihm mit der flachen Hand auf die Wange, so schnell, dass man es kaum hatte sehen können. Doch es hatte laut genug geklatscht. So laut, dass seine Schwester kurz aufgeschrien hatte, aber zum Glück blitzartig verstummt war. Wahrscheinlich fürchtete sie, dass ihr dasselbe widerfahren würde, wenn sie nicht den Mund hielt.

 

Geschockt verharrte der Kleine in seiner Position, den Kopf zur Seite gewandt und fuhr sich mit den Fingerspitzen über die gerötete Haut. Doch schon kurz darauf schaute er mich wieder an. So eindringlich, dass ich mit mir haderte, damit mir keine Entschuldigung herausrutschte. Bitter lächelte er und in seine Züge kehrte etwas Rebellisches ein.

"Ah, und ich soll keine Angst vor dir haben?", hakte er nach, seine Stimme war voll von sarkastischer Verachtung. "Tja, und das habe ich tatsächlich nicht. Nur weil ich klein und süß bin heißt das noch lange nicht, dass ich mich nicht wehren könnte."

Ganz schmal waren seine Augen geworden. Und seine Mundwinkel zuckten nervös.

"Wir reden später weiter", meinte ich nur kalt, ohne auf seine Worte einzugehen. Ich griff mir das verdattert dastehende Mädchen und schob es aus der Tür. Dabei warf ich dem Jungen noch einen letzten, prüfenden Blick zu. Trotzig saß er auf meinem Bett und ich entschied, dass es wahrscheinlich das Beste sein würde, ich schlösse ihn ein. Eigentlich wollte ich vermeiden, dass er sich wie in einem Knast fühlte, aber die Wahrscheinlichkeit, dass er die Flucht ergreifen würde, war einfach zu groß.

Deswegen drehte ich kurzerhand den Schlüssel im Schloss herum, ehe ich mit seiner Schwester den Gang entlanglief, um sie beim Meister abzuliefern.

Doch ich hatte ein Anliegen. Etwas, das sie schwören musste. Und ich wusste genau, wie ich Leute zum Schweigen bewegte.

"Du sagst niemandem, dass dein Bruder bei mir ist. Haben wir uns verstanden?"

Im Gegensatz zu ihrem Bruder war sie so wunderbar handzahm. Sicherlich hätte ich mit ihr wesentlich größeres Vergnügen gehabt. Aber das Schicksal hatte es anders gewollt. Nein, ich allein hatte es anders gewollt.

Das Mädchen nickte eifrig und das Weiß in ihren Augen schien immer mehr an Größe zu gewinnen.

"Sonst...", zischte ich knapp und zog den Zeigefinger hastig an meinem Hals vorbei.

Das hatte sie verstanden. Natürlich hatte sie das. Ich hörte sie vor Angst schlucken. Gut so. Ich tat es nicht gern, aber es musste sein. Die Menschen wollten gebrochen werden. Anders gehorchten sie meist nicht.

 
 

*
 

 
 

"Meister!"

Ich fühlte, wie das Mädchen in meinen Armen zusammenzuckte, als ich nach dem Herrn rief. Doch sie beruhigte sich schnell wieder und hielt ganz still, bis der Meister im Raum erschien, sie an sich nahm und kritischen Blickes begutachtete wie einen Gaul.

Es war ihr anzusehen, dass es ihr missfiel, was er mit ihr machte, wie er prüfte, ob sie gesund und einsatzfähig war. Aber was kümmerte mich das. Ich hatte endlich meinen Auftrag erledigt, und nur das zählte.

Eine ganze Weile schien der Meister meine Anwesenheit zu ignorieren, doch schließlich schaute er mich an. Ich allerdings konnte dieses Mal erst recht nicht seinem Blick standhalten.

"Gute Arbeit, Weston", nickte er mir zu und musterte erneut das zitternd vor ihm stehende Mädchen von allen Seiten. "Sie scheint perfekt zu sein. Gut. Dann darfst du nun abtreten."

Mit einer angedeuteten Verbeugung tat ich, wie mir befohlen wurde.

Als ich jedoch die Tür hinter mir geschlossen hatte, konnte ich nicht mehr. Ich schloss die Augen und atmete tief durch.

Ich hatte das wahrscheinlich höchste Lob des Meisters in Empfang genommen, und sicherlich würde er mich für meine Arbeit schon bald belohnen in Form einer Frau. Doch im Grunde interessierte mich das alles im Moment überhaupt nicht. Denn nun wurde mir erst richtig bewusst, in was für einer verzwickten Lage ich mich befand.

Ich musste etwas verheimlichen, und es würde für immer sein. Für immer. Nicht ein ganzes Leben lang. Nein. So lange die Hölle existierte (und sie würde mit großer Wahrscheinlichkeit nie versiegen, denn gesündigt wurde immer) würde ich damit leben müssen.

Mit meinem Geheimnis.

Scheiße. Wieso hatte ich das nur getan?

 

Gegensätze


 

2. Kapitel - Gegensätze
 

 
 

 
 

Er war noch da. Natürlich war er das. Ich hatte schließlich dafür gesorgt, dass ihm die Flucht verwehrt geblieben war. Ich hatte es bereut. Doch jetzt, wo ich ihn erblickte, einer aus Alabaster gefertigten Engelsstatue gleichend noch immer ganz fehl am Platz wirkend auf meinem Bett sitzend, da wusste ich, wieso ich nicht anders gekonnt hatte.

Unsere Blicke trafen sich prompt. Seine schienen mir anklagend in das Gesicht springen zu wollen, doch fast sofort kehrte etwas Ruhe in sie ein. War das Kapitulation? Hatte er eingesehen, dass es zwecklos war, sich gegen mich aufzulehnen?

Ich hatte keine Ahnung. Vielleicht. Womöglich war aber auch etwas anderes Schuld an der Tatsache, dass er mich nicht weiterhin beschimpfte und verfluchte. Er zitterte leicht. Rieb sich die Oberarme fest, um etwas Wärme zu erzeugen.

 

"Ist dir kalt?"

Ich wollte so tun, als hätte diese Ohrfeige nie existiert. Und ich hoffte, er würde das Spiel mitspielen.

Er nickte nicht. Er dachte überhaupt nicht daran, meine Frage zu beantworten. Denn es gab weitaus wichtigere Dinge für ihn, die ihn offenbar schon lange zu quälen schienen.

"Wo bin ich hier?"

Nun passte seine Stimme perfekt zu seinem äußeren Erscheinungsbild. Leise, zerbrechlich und verunsichert drang sie an mein Ohr.

Ich schmunzelte vor mich hin.

"Du wirst mir ohnehin nicht glauben", begann ich zu einer Erklärung anzusetzen und stellte mich vor das Fenster, von dem aus ich seine Rückseite betrachte, was ihm nicht zu gefallen schien, denn er drehte sich halb zu mir herum. "Aber es stimmt. Du bist in der Hölle."

"In der Hölle. Ah."

Es klang skeptisch. Natürlich tat es das. Ich hatte nicht erwartet, dass er mir diese Tatsache abnahm. Für gewöhnlich tat das niemand.

"Du willst mich wohl verarschen, du Verrückt-"

Er biss sich auf die Zunge und schwieg. Wahrscheinlich ahnte er, ich würde ihm erneut wehtun, wenn er mich einen Verrückten nannte. Darauf reagierte ich nämlich äußert allergisch bei inflationärem Gebrauch.

"Nein, ich will dich nicht verarschen."

Ich verschränkte meine Arme vor der Brust. Der Junge musterte mich ganz genau. Was er wohl von mir dachte, außer, dass ich ein Verrückter war, der Kinder entführte?

"Aha. Na ja", setzte er schulternzuckend an. "Ich hätte sowieso nicht erwartet, dass ich irgendwann einmal in den Himmel komme. Schön."

Er machte eine kurze Pause. Dann schaute er mich fragend an.

"Und was macht man hier so den ganzen Tag? In deiner Hölle? Wohin hast du eigentlich Thessi gebracht?"

Seine Stimme verfinsterte sich, war fast nur noch ein Knurren.

"Wenn du ihr irgendetwas antust, dann..."

"Hier wird niemandem etwas angetan", erklärte ich gelassen. "Jedenfalls nichts Schlimmes."

"Aber etwas Schönes, oder wie?"

Ich schürzte meine Lippen und nickte, während ich meine Kreise um das Bett zog.

"Schon möglich..."

Anscheinend wollte er nicht wissen, was dieses Schöne war, denn er schwieg und kratzte sich anstelle mit dem Zeigefinger etwas ratlos die Augenbraue und knabberte an seiner Unterlippe herum.

"Und wie lange muss ich hierbleiben?"

"Lass uns nicht darüber reden", schüttelte ich den Kopf; mit der Tatsache, dass es für immer sein würde, wollte ich ihn jetzt noch nicht konfrontieren. Dafür war es zu früh. "Sag mir lieber, wie du heißt."

"Sag du mir doch erst, wie du heißt."

Mittlerweile saß er im Schatten meines Körpers und schaute sich immer wieder mit leicht verunsicherter Miene im Raum um.

"Ich bin Weston", gab ich ihm bereitwillig Auskunft.

"Weston...", wiederholte er nachdenklich und wiegte kaum sichtbar den Kopf. "Lenny."

Mh. Das passte zu ihm. Frech und süß. Wie die Faust aufs Auge.

"Wie alt?"

Er grinste. Wieder auf diese schiefe, kecke Art und Weise, die mich insgeheim ein wenig verunsicherte.

"Wieso interessiert dich das, mh?"

Ich sagte nichts. Grinste lediglich zurück.

"Sag schon", forderte ich ihn auf und blickte geduldig auf ihn hinab.

"Ich bin neunzehn", rückte er schließlich mit der Sprache heraus.

Neunzehn. Oh. Ein leises Glücksgefühl erfasste mich. Ich hatte schon Angst gehabt, dass ich ein Auge auf einen Minderjährigen geworfen hatte. Dass dem nicht so war, gefiel mir natürlich sehr. Ich würde mit ihm Dinge tun dürfen...schöne Dinge...mhh...der Meister hatte André und ich hatte Lenny. Gleiches Recht für alle.

Aber da fehlte noch etwas. Etwas, das mich immer daran erinnern würde, dass Lenny mein Lustknabe war.

 

"Warte kurz", verlangte ich von meinem Kleinen und näherte mich der Tür. Ich dachte daran, sie erneut abzuschließen, aber ich zögerte noch. "Wenn du mir versprichst, dass du nicht abhaust, dann schließe ich dich nicht wieder ein."

"Okay..."

"Das klingt aber nicht sehr überzeugend."

"Ich verspreche es..."

"Gut." Ich nickte. "Es würde dir ohnehin nichts nützen, die Flucht zu ergreifen. Aus der Hölle gibt es kein Entrinnen."

Da erschien doch schon wieder der Anflug eines Grinsens in seinem Gesicht.

"Ach, denk doch, was du willst", murrte ich und verzog mich. Mit dem unguten Gefühl in der Brust, dass er vielleicht schon nicht mehr da sein würde, wenn ich zurückkehrte.

Und so schien es tatsächlich zu sein. Lenny war wie vom Erdboden verschluckt, als ich wieder mein Schlafzimmer betrat, mit dem Gegenstand in der Hand, den ich hatte ohne große Mühe auftreiben können. Ich hatte schließlich auch unzählige Jahre lang Zeit gehabt, um jeden Winkel, jede Mauer des Schlosses persönlich kennenzulernen. Das hier, das war mehr als mein zu Hause. Das hier war meine Welt. Mein Universum. Und auch wenn ich es manchmal wünschte, ich konnte nicht ausbrechen. Niemand konnte das. Auch nicht Lenny.

Doch wahrscheinlich hatte der dumme Junge nicht auf mich hören wollen. Er hatte mir die Sache mit der Hölle ohnehin nicht abgenommen und wahrscheinlich irrte er inzwischen durch das Schloss - und wenn ich Pech hatte, dann hatte der Meister ihn bereits entdeckt.

"Scheiße", grummelte ich vor mich hin. Wie konnte ich auch nur so dumm sein und die Tür unverschlossen lassen? "Lenny, verdammte Scheiße!"

"Ich bin keine verdammte Scheiße."

Sofort spitzte ich meine Ohren. Das war unverkennbar seine Stimme. Und sie drang aus der Richtung des Badezimmers.

 

"Was machst du denn hier? Ich dachte schon, dass du fort bist."

Ich war zuerst ziemlich sauer, als ich in der Badtür stand, aber ich wusste nicht, ob es wegen meiner eigenen Idiotie war oder wegen Lenny, der mir so einen Schrecken eingejagt hatte.

Der Junge stand seelenruhig vor dem Waschbecken und - schminkte sich die Augen. Mit meinem Kajal. Er schien kein bisschen meiner eigenen Aufregung zu teilen.

"Wenn ich mich verpissen würde, würdest du mir doch den Hals umdrehen", meinte er ungerührt und ließ den Stift sinken, dachte allerdings noch immer nicht daran, den Blick für einen Moment von seinem schönen Spiegelbild zu wenden, was ich ihm nicht verübeln konnte.

"Ach, du schätzt mich also als so rabiat ein."

Ich wollte sehen, was er sah. Wollte mich an der reinen Schönheit seines Antlitzes laben. Und ich wollte sehen, wie sich der Gegensatz zwischen uns beiden offenbarte.

Der Schöne und das Biest. Der Engel und der Teufel. Das Lämmchen und der große, böse Wolf.

Deswegen schob ich mich kurzerhand hinter ihn, was er stumm geschehen ließ. Seine großen Augen waren auf sich selbst gerichtet und zuckten auch nicht hinüber zu mir, als ich einen Blick über seine Schulter hinweg in den Spiegel richtete und uns ansah. Und doch war ich mir sicher, dass er Notiz von mir genommen hatte. Mir mehr Beachtung schenkte, als er zuzugeben bereit war.

 

"Na, guck dich doch an", meinte er. "Du bist beinahe doppelt so breit wie ich. Verflucht muskulös. Und einen ganzen Kopf größer."

Er atmete ganz ruhig. Ein gutes Zeichen. Und ein weiterer Gegensatz, welcher sich aufgetan hatte. Seine Worte suggerierten, dass er mich fürchtete. Doch sein Körper sprach eine ganz andere Sprache.

"Und mit diesen Pranken könntest du so einem wie mir mühelos die Kehle zudrücken. Bis er jämmerlich verreckt ist. Du musst es nur wollen..."

"Aber ich will es nicht."

Ich dachte nicht darüber nach. Ich tat es einfach. Fuhr ganz sacht mit dem Daumen über seinen bloßen Unterarm, der so dünn und zerbrechlich wirkte, dass ich es kaum wagte, ihn zu berühren.

"Diese Pranken können auch streicheln. Zärtlich sein. Ich muss es nur wollen..."

Ich flüsterte es leise in sein Haar und ich hatte beinahe angefangen zu glauben, dass er mich gewähren ließ. Dass er ihn auch ein wenig genoss, diesen Hauch von einem Körperkontakt. Doch kaum dass ich spürte, wie sich diese gewisse Wärme in mir ausbreitete wich er mir aus. Ohne ein Wort. Ohne irgendeine Geste, dass es ihm unangenehm war. Er tat es einfach. Genau wie ich es einfach getan hatte. Für manche Dinge brauchte es keinen Grund. Es benötigte lediglich einen vagen Auslöser.

 

"Du bist ein Goth, nicht wahr?"

Abrupter Themawechsel. Mir blieb nichts anderes übrig, als darauf einzugehen.

"Eigentlich bin ich Metaller. Schwarzmetaller, um genau zu sein."

"Schwarzmetaller?"

Endlich kam wieder Leben in seine Gesichtszüge. Ein Stirnrunzeln begleitet von einem irgendwie skeptischen Blick.

"Black Metal. Ach, das ist doch diese krude Musikrichtung, wo nur rumgegrunzt wird..."

"Rumgegrunzt?"

Ich konnte mir ein Schmunzeln beim besten Willen nicht verkneifen. Doch Lenny ging nicht darauf ein.

"Absolut nicht mein Geschmack", fuhr er unbeirrt fort und wendete sich nun von seinem Spiegelbild ab; wahrscheinlich hatte er sich an sich sattgesehen. Im Gegensatz zu mir. Ich hätte ihn noch wesentlich länger betrachten können. Die dunklen Augen, die so unbedarft dreinblickten, von langen Wimpern umsäumt und nun auch noch so tiefschwarz umrandet. Ein reizvoller Mix. Genauso reizvoll wie das geschwungene Paar Lippen, dessen noch so kleine Bewegungen ich gebannt verfolgt hatte.

"Was ist denn dein Geschmack?", wollte ich von ihm wissen, während er sich an mir vorbeischob, das kleine Badezimmer verließ. Kaum dass ich meine Frage gestellt hatte, blieb er allerdings stehen und fuhr sich mit der Hand über die Stirn.

"Ist das denn wirklich wichtig?"

"Ja. Es interessiert mich."

"Sag mir lieber, was das da ist."

Sein Zeigefinger deutete vage auf den schwarzen Stoff, den ich noch immer in der Hand hielt. Ich hätte ihn beinahe vergessen. Doch jetzt trat er in den Vordergrund. Und ich wusste nicht, ob ich es überhaupt noch wollte, dass er ihn trug. Denn es würde einer Offenbarung gleichkommen. Er würde ihn tief in mich hineinsehen lassen. In meinen Kopf. In den Ort, wo meine Triebe zu Hause waren.

Zögerlich hielt ich ihn in die Höhe und betrachtete ihn etwas ratlos. Nein, es gab kein Zurück mehr. Es gab generell niemals ein Zurück. Nichts im Leben ließ sich ausradieren. Man stand lediglich vor der Entscheidung, weitere Bleistiftstriche hinzuzufügen oder es bleiben zu lassen.

 

"Ich möchte, dass du das trägst", brachte ich mein Anliegen schließlich hervor und breitete das lange, schwarze Gewand vor seinen Augen aus. So wie er es erblickte stand ihm die Verwirrung in sein hübsches Antlitz geschrieben. Er schwieg. Und ich verspürte den Drang, noch irgendetwas hinzuzufügen. Auch wenn ich nicht wusste, ob es richtig war.

"Das haben alle hier an."

"Alle außer dir, oder wie?"

Dieses kleine Biest. So unschuldig schaute er mich an, während er diese beinahe hämischen Worte formulierte. Er brachte mich allmählich in Erklärungsnot.

"Ja, alle außer mir", log ich unbeirrt und unterdrückte somit alle Skrupel, die ich davor hatte, Lenny den Umhang zu überreichen. Dieser griff tatsächlich in den schwarzen Stoff und beäugte ihn ausgiebig von allen Richtungen, obwohl er keine einzige Besonderheit aufwies.

Aus bloßer Dunkelheit war er geschneidert. Um sich mit den noch schwärzeren Gedanken seines Trägers zu duellieren.

 

"Na gut, wenn es dich glücklich macht", seufzte Lenny letztlich gequält, und man sah ihm auch deutlich an, dass er nicht sonderlich erfreut über meinen Wunsch war, obwohl seine eigenen Klamotten ziemlich durch den Unfall gelitten hatten und er sich eigentlich hätte darüber freuen müssen, dass er neu eingekleidet werden sollte.

Ich wurde das Gefühl nicht los, dass er all jenes regelrecht hasste, in das man ihn hineinzudrängen versuchte. Jegliche Regeln, jegliche Dinge, die nicht seinen eigenen Vorstellungen entsprachen. Aber er würde genau das lernen müssen. Hier unten, da kniete man vor seinen Herren nieder, ob man wollte oder nicht. Und da ich es darauf angelegt hatte, zu Lennys Herr zu werden, tat sich die Frage gar nicht erst auf, wer von uns beiden zu zucken hatte, wenn der andere Anforderungen stellte. Erziehen würde ich ihn mir, zwar nicht mit Gewalt, aber auch nicht mit lascher Hand. Und wenn es hart auf hart kam, dann müsste ich auch ihn brechen. Ich fand ihn wunderschön, aber das hinderte mich nicht daran, streng mit ihm umzugehen. In jedem Menschen schlummerte auch etwas Böses, und wenn man einmal den Schalter gefunden hatte, um das Nette abzustellen, dann konnte dieser Mensch zu einer unberechenbaren Bestie werden. So glaubte ich.

Ich glaubte, ich wäre ein Mensch ohne Gefühl. Doch so war es nicht. Nein. Und der Tag, an dem ich den Schalter nicht mehr fand, sollte früh genug ins Land ziehen.

 

"Ähm...eigentlich trägt man da nichts drunter."

Lenny hielt inne. Er war gerade dabei, sich den Weg durch das Wirrwarr aus Stoff zu bahnen, als ich sein Tun jäh unterbrach. Sein Kopf steckte noch in den dicken Bahnen, aber es dauerte nicht lange, bis er wieder auftauchte und mich ansah, mit einer Härte im Blick, die ich einfach nur verabscheuen konnte. Die Verwunderung, die zum Glück in der nächsten Sekunde in ihm Einzug hielt, war mir im Gegensatz dazu deutlich lieber.

"Nichts drunter?"

Er schmunzelte. Ganz sacht nur, aber trotzdem unheimlich süffisant.

"So was dachte ich mir schon fast..."

"Was?"

Er beantwortete meine Frage nicht gleich. Er ließ sich Zeit. Mit allem ließ er sich endlos Zeit. Ob er so intelligent war und es genau darauf abgesehen hatte, mich mit seiner Ruhe in den Wahnsinn zu treiben? Falls ja, dann würde ich noch ein ganzes Stück Arbeit mit ihm haben. Intelligente Menschen waren schwerer in ihren Ansichten zu manipulieren. Sie spürten instinktiv, wenn einer es auf ihre Psyche abgesehen hatte, sie verändern wollte.

 

Er schaute mich an. Den Kopf leicht gesenkt. Den Blick zu mir emporgewandt. Provokation. Purer Trotz.

"Dass ich deine Nutte sein soll."

Fast amüsiert spuckte er mir diese Worte entgegen und ich fürchtete bereits, dass sich die konträre Lage zwischen uns verschlimmern würde, der Abgrund, der zwischen uns lag vergrößern, aber so war es nicht. Lennys Verhalten und seine Absichten waren äußerst schwer zu deuten und noch schwerer nachzuvollziehen, wie ich einmal mehr feststellen musste.

Schon im nächsten Moment fand ich mich in der unlogischen Situation wieder, ihm dabei zuzusehen, wie er sich sein weißes Shirt über den Kopf streifte. Ich kämpfte gegen den Drang an, unverhohlen auf seinen schlanken, seinem Gesicht ebenbürtigen Oberkörper zu starren, als er seine helle Haut vor meinen Augen offenlegte. Lediglich weiche Schatten hüllten diesen Leib noch ein, jenen, den ich unbedingt haben wollte. Den ich begehrte und der mich bereits auf den ersten Blick in einen Abgrund gesogen hatte. Wenn ich ihn anschaute, dann schien ich nur noch Gier zu sein. Und dann wusste ich, dass kein Teufel so ein grausamer Herrscher zu sein vermochte wie diese schwere Kette, die sich um mich schlang und mich niederwarf.

 

Diese mich ergreifenden Momente wussten mich gar in eine Art Trance zu versetzen. Irgendwann bemerkte ich, dass ich mich auf dem Bett niedergelassen haben musste; ich spürte das Bettlaken unter meinen rauen, etwas feuchten Fingerspitzen und das Mehr an Haut - wenige Zentimeter von mir entfernt - wie es mein tiefstes Inneres berührte. Heiß huschte dieser Wahnsinn in mich, so heiß und so tief, dass es sich zunächst nur als feines Schwelen in der Bauchgegend bemerkbar machte.

Das wenige Licht, welches durch das Fenster in den Raum fiel, zeichnete die fein definierten Beckenknochen Lennys nach und verschmolz mit dem sanften Grau, das seine Hüften liebkoste. Schatten sammelten sich in der Linie, die zwischen seiner Brust hindurchführte.

Kontraste. Harte Kontraste. Kontraste, die alles noch reizvoller gestalteten. Doch das war erst der Anfang. Lenny war, wie ich bereits vermutet hatte, ein Junge, der keinerlei Scheu zeigte. Er schob sich ohne zu Zögern die schwarze Jeans über seinen schmalen Po, ließ sie ungeniert bis zu seinen Fesseln hinabgleiten.

Ein kleiner Funken explodierte in mir, als ich erkannte, dass die Unterhose ebenfalls ihren Weg nach unten gefunden hatte und die Gier zerrte wie ein wildes Tier an mir, sobald ich das erblickte, was mich am allermeisten an einem schönen Knaben interessierte.

Es schien nicht sonderlich groß zu sein, sein Glied, welches in seiner Vorhaut schlummerte, aber es harmonierte schlichtweg perfekt mit Lennys Erscheinungsbild. Zart. Süß. Von Schatten gestreichelt. Er hätte nur herzukommen brauchen, damit ich ohne Umschweife von seinem womöglich sogar noch ungeküssten Fleisch gekostet hätte. Vor meinem geistigen Auge tauchten Bilder davon auf, wie ich es in meinen Mund sog, wie ich ihm zeigte, dass ich genau wusste, wie hart und gleichzeitig zart er es brauchte. Ich wollte ihm im Moment alles gegeben, von dem er sonst nur in der Nacht zu träumen wagte, denn ich erkannte, dass auch ich nur ein ergebener Untertan war, wenn er sich mir auf diese Art und Weise präsentierte.

Dann war ich sein Untertan. Denn er besaß den Schlüssel zu dem, auf das ich es abgesehen hatte. Er ganz allein.

In Momenten wie diesem wusste ich, dass ich auf ihn angewiesen war. Alles hing nur von ihm ab. Von seinem Willen. Er dominierte die ganze Szene. Und er schien sich nicht einmal zu fragen, ob mir das gefiel oder nicht.

 

Dann fiel der Vorhang. Schwärze bedeckte seine reine Haut, was mir einen jähen Stich in der Brust versetzte.

Er hatte sich den Umhang übergestreift. Aber bereits der Gedanke daran, dass es das Einzige war, was seine nackte Schönheit verhüllte, genügte mir, um übermütig zu werden. Die Triebe ließen das Biest ausbrechen, welches nicht denken konnte, sondern nur von seinen Instinkten gesteuert wurde.

Ich tat das, was meinem inneren Drängen entsprach. Ich wollte mich an ihm rächen für das, was er mir so unverblümt dargeboten hatte. Er sollte das sehen, was ihm gebührte. Was er nahezu provoziert hatte.

 

Ich entledigte mich meines ledernen Shirts und warf es einfach auf den Boden. Lenny hatte natürlich mitbekommen, was ich da tat und war selbstverständlich auch nicht zu schüchtern, um mich mit zu vielen Fragen zu löchern, die eigentlich keine Existenzberechtigung besaßen.

"Ach, und jetzt glaubst du, ich spiel das brave Lämmchen und setz mich auf deinen Schoß, oder was?"

"Ich glaube gar nichts", gab ich mich bedeckt und setzte eine Sache hintenan, die noch nicht einmal gelogen war. "Ich mache mich lediglich fertig für die Nacht."

Ein verheißungsvolles Surren durchbrach die Stille, als ich den Reißverschluss meiner Hose aufzog. Es fühlte sich verdammt gut an, mich vor dem Objekt meiner Begierde zum ersten Mal zu entblößen, ihm alles zu zeigen, all das, was ihm in Zukunft großes Vergnügen bescheren würde.

"Fertig für die Nacht?"

Lenny schnaubte.

"Mein Gefühl sagt mir, dass es gerade mal Mittag ist."

"Mein Gefühl sagt mir auch so vieles", deutete ich mit einem leichten Grinsen auf den Lippen etwas ganz Gewisses an, jedoch verkniff ich mir schon im nächsten Augenblick wieder. "In der Hölle vergeht die Zeit schneller als da oben. Wir haben schon fast Mitternacht."

Er nahm es mir nicht ab. Mir war es gleich. Und ihm würde es ebenfalls egal werden, wenn ich erst einmal mein Werk vollendet hatte.

Oh ja, noch nie hatte ich mir so genüsslich meine Hose abgestreift. Und auch wenn Lenny versuchte, nicht zu genau hinzuschauen, so ließ er es sich doch nicht nehmen, mehrmals ganz beiläufig seinen Blick über mich schweifen zu lassen. Als ich komplett nackt war, da zuckten sogar für den Bruchteil einer Sekunde seine Augenbrauen in die Höhe. Sehr schön. Na, wer hatte nun gut lachen?

 

"Beeindruckend, was?"

Er reagierte abweisend. Tat so, als würde ihn das alles, was er gesehen hatte, absolut kalt lassen. Doch so war es nicht. Sein Gesicht hatte es mir verraten.

"Du stehst doch auf Männer, mh?"

Sein Mund wurde breiter. Ein erbärmliches Lächeln wuchs daraus. Bitter und eiskalt.

"Wer weiß..."

"Alles, was kein Nein ist, deute ich als ein Ja", verkündete ich gelassen.

Er widersprach nicht. Natürlich tat er es nicht. Lenny war schwul. Das hatte ich bereits in der ersten Sekunde unserers Zusammentreffens gespürt. Die Frage stellte lediglich eine Provokation dar.

Ich lehnte mich genüsslich schnaubend zurück und öffnete meine Beine ein wenig, um ihn durch die Lücke hindurch besser ansehen zu können. Ihn zu mustern, wie er da stand und wie er es verabscheute, das untrügerische Gefühl der Enge, das ihm verriet, dass die Falle langsam um ihn herum zuschnappte. Die Ketten der Gier lagen längst nicht mehr nur auf mir in diesem Augenblick. Nur hatte ich mich ihm Gegensatz zu ihm dazu entschieden, sie nicht mehr zu verbergen. Er sollte sehen, dass er mich hart machte, und er sollte wissen, dass ich bereit war, um mit ihm zu schlafen.

 

"Komm ruhig her zu mir."

Ich machte keinen Hehl mehr daraus. Aus nichts. Lange genug hatte ich mich von ihm an der Nase herumführen lassen. Jetzt war Schluss damit. Ich war hier der Boss. Und ich genoss es unheimlich, meine Dominanz zur Schau zu stellen und zu sehen, wie Lenny sich auf meinen Befehl hin tatsächlich in Bewegung setzte.

Braver Junge. Geht doch.

 

Er schob sein Gewicht zaghaft auf die freie Seite des Bettes. Kniete schließlich erwartungsvoll neben mir. Wie hypnotisiert. Und er schaute mich an. Eine schöne Maske, hinter der er sein Verlangen versteckte. Wusste er denn nicht, dass man die Gier mit ihren glühenden Augen äußerst schwer mit einem gelangweilten Ausdruck im Gesicht zu kaschieren vermochte?

"Hier, fass mal an."

Er sollte erfahren, dass auch der stärkste Charakter brach, wenn man ihn an der richtigen Stelle berührte. Und ich glaubte, die richtige Stelle gefunden zu haben. Seine Blicke hatten mir verraten, dass er mit richtigen Männern Sex haben wollte. Mit Männern, die ihn hart durchnahmen und es ihm schneller als er zu glauben vermochte zum Höhepunkt fickten.

Aus diesem Grunde formte ich mit dem Arm einen Winkel und spannte den Bizeps an, so fest ich nur konnte. Er sollte alles sehen, was ich ihm bieten konnte.

In Lennys Augen erkannte ich zunächst eine große Ratlosigkeit, als ich meine Hand zu einer Faust ballte, allerdings siegte schließlich doch das, was er mit aller Macht hatte unter Verschluss halten wollen, denn er legte zögerlich seine Hände um meinen Oberarm und befühlte zunächst etwas zaghaft meine harten Muskeln.

In seinem Gesicht schwelte etwas. Seine Augen hatten sich verengt. Und um seinen Mund zuckte in einem Fort die Erregung, während er mich zum ersten Mal berührte, mit seinen kleinen, zarten Händen.

"Wie viel Männlichkeit willst du denn noch?", raunte ich bereits recht lüstern, denn ich spürte genau, dass der Junge wollte. Dass er es immer stärker brauchte, umso länger er sich in meiner Nähe aufhielt.

"Ist es dir noch nicht genug?", hakte ich nach, wartete allerdings gar nicht erst ab, bis er von selbst auf die Idee kam, sondern schloss einfach meine Finger um sein Handgelenk und legte mir seine Hand auf den Bauch. Ich sorgte dafür, dass seine Fingerspitzen meine Muskeln ertasteten und sah mit Wohlwollen, wie die Sehnen seiner Hand bald schon etwas hervortraten und diese sich verkrampfte. Ein leichtes Vibrieren ging von seinen kühlen Fingern aus.

 

"Du stehst darauf, oder? Macht dich das scharf?"

Er sagte nichts. Starrte erst nur auf meinen nackten Körper. Doch dann riss er sich von dem ihn fesselnden Anblick los und sah mir ins Gesicht. Schlug voller Unschuld die Augen auf und presste die Lippen fest aufeinander.

Er wollte mir keine Antwort liefern. Und das musste er auch nicht. Ich hatte längst erfahren, was ich wissen wollte.

Zur Belohnung griff ich nach meinem Schwanz und rieb ihn sacht in meiner Faust. Auf und ab. Auf und ab.

"Du machst mich auch scharf", gurrte ich mit tiefer Stimme und fuhr Lenny mit der freien Hand großzügig über die Wange und durch das Haar, woraufhin er die Augen unwillig zusammenkniff. Wie eine Katze.

So süß und dabei so sündig. Er machte mich schwach. Mit allem, was er tat.

"Lass es mich dir besorgen..."

"Ganz sicher nicht."

Damit hätte ich eigentlich nicht mehr gerechnet, so angetan, wie er sich noch kurz zuvor von mir gezeigt hatte. Doch seine Worte waren eindeutig. Ein vielsagendes Funkeln huschte durch seine Augen. Er kämpfte wieder gegen sich selbst. Und noch schien er tatsächlich als Sieger hervorzugehen.

"Ich will schlafen."

Murrend verließ dieser Wunsch seine Lippen und ich sah ihm dabei zu, wie er all das zerstörte, was sich zwischen uns aufgebaut hatte. Dieses ganz gewisse Flimmern in der Luft. Die Spannung. Dunkelrot und unwiderstehlich. Die Anziehungskraft. Schwer und herb hatte sie sich gegen unsere Körper gepresst. Gegen meinen wie auch gegen seinen. Doch er erhob sich einfach und stand dann ziemlich ratlos in seinem weiten Umhang, der wie ein großer Schatten wirkte, neben dem Bett.

"Wo kann ich pennen?"

"Ich dachte, du schläfst bei mir..."

Er strich sich stumm die Haare im Nacken glatt. Ich wusste ganz genau, dass ihm diese Aussage nicht gefiel. Oder besser gesagt dass er nicht zugeben wollte, dass es ihn zu mir hinzog. Dass er mehr wollte. Dass er meine Hand, die noch immer mein Glied behutsam pumpte mit seiner eigenen ersetzen wollte. Mit ihr sowie seinen kleinen, süßen Lippen. Oh, ich konnte regelrecht erahnen, welch wundervolle Orgasmen er mir hätte schenken können. Und im Gegenzug ich ihm...

 

Doch dazu sollte es nicht kommen. Zumindest nicht heute. Er hatte sich dazu entschieden, den Platz neben mir im Bett freizulassen.

Anstelle ließ er sich trotzig hinter diesem nieder, direkt auf dem Boden, genau so, dass ich ihn nicht mehr sehen konnte. Und dann verließ kein Wort mehr seinen hübschen Mund. Dieses Schweigen, welches nun den Raum erfüllte, war so eisern, dass ich nicht umhin kam und es tatsächlich putzig fand, wie der Kleine sich zierte. Wie bockig er auf sein eigenes Verlangen reagierte. Wusste er denn nicht, dass man Gelüste nicht verschweigen konnte? Nicht einmal sich selbst?

 

"Gut, gut, es ist allein deine Sache", meinte ich und zuckte die Schultern, obwohl das wohl eher eine unnütze Geste darstellte. "Ich kann dich zu nichts zwingen. Aber beschwere dich nicht bei mir, wenn dir morgen der Rücken weh tut."

Ich warf einen Blick in die Richtung, in der ich ihn vermutete.

"Bei mir hättest du es jedenfalls warm und kuschlig..."

"Lieber friere ich mir den Arsch ab als mir von dir warm und kuschlig geben zu lassen."

Ha. Er redete ja doch noch mit mir. Wunder gab es immer wieder.

"Wer sagt denn, dass ich dir warm und kuschlig geben will?"

"Ich weiß, dass es so ist. Punkt."

"Na gut, dann viel Spaß da unten. Stört es dich, wenn ich mir noch schnell einen runterhole?"

"Ja."

"In Ordnung, dann darfst du jetzt nicht hingucken."

 

Tja. Nicht nur er beherrschte die hohe Kunst der Provokation perfekt. Nun wusste er endlich, dass ich ihm in nichts nachstand. Dass er sich einen zähen Gegner in seinem Kampf um die Macht ausgesucht hatte.

Er würde noch früh genug bemerken, mit wem er es zu tun hatte. Seine Mitmenschen mochten vor diesem Engel aufgrund seiner Schönheit auf die Knie gefallen sein, ihn angebetet haben wie einen Gott und ihm jeden Wunsch von den Augen abgelesen haben. Und ich konnte das nur zu gut verstehen. Bestimmt hatte man ihn verwöhnt, den hübschen Bengel, ihn bedient und stets um seine Gunst gebuhlt, aber genau das war es, was ihm das Genick gebrochen hatte. Jungs wie er benötigten eine strenge Hand, um wieder den Boden unter den Füßen zu gewinnen.

Auch mich bezirzte der Kleine mit seiner makellosen Perfektion.

Aber ich unterschied mich grundlegend von seinen Mitmenschen.

Ich war ein Kind der Hölle.

Wer mit meinem Feuer spielte, der sollte die Flammen zu spüren bekommen.

 

Schwaches Fleisch

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Neid

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Langeweile

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

André


 

6. Kapitel - André
 

 
 

 

Dieses Mal war er einfach gegangen. Hatte mir nichts vorgepredigt von einem gruseligen Monster, welches es darauf abgesehen hatte, kleine, unschuldige Jungs zu verschlingen. Wahrscheinlich glaubte er, dass ich langsam begriffen haben müsste, dass da draußen Gefahr lauerte und ich mich aus lauter Angst lieber von der Langeweile auffressen lassen würde.

Doch da kannte er mich schlecht. Ich war ganz und gar nicht gewillt, den Tag in diesem Gefängnis zu verbringen. Mein Plan stand. Ich hatte mir alles gut überlegt. Und ich würde vorsichtig sein, nur zur Sicherheit.

Wie immer hatte er auch heute die Tür nicht abgeschlossen als Zeichen dafür, dass er mir vertraute. Zugegeben, sonderlich wohl war mir letztendlich nicht dabei, mich einfach rauszuschleichen und ihn gewissermaßen zu hintergehen. Doch nachdem ich einmal tief Luft geholt hatte, waren auch meine letzten Zweifel in den Hintergrund gerückt. Ich zwang mich schlichtweg dazu, nicht mehr nachzudenken.

Und ging zur Tür.

 

Der ebenso wie das Zimmer recht düstere Gang lag vor mir. Ich fühlte mich mit einem Mal ganz groß und ganz frei. Die Vorfreude flimmerte in meinem Magen. Nein, jetzt gab es kein Zurück mehr. Ich war viel zu neugierig auf das, was mich auf meiner kleinen Erkundungstour durch das Schloss erwarten würde. Bestimmt gab es irgendwo einen großen Ballsaal mit einem prunkvollen Kronleuchter wie aus alten Filmen. Vielleicht fand sich sogar im Keller eine Folterkammer. Schon immer mal wollte ich diese beeindruckenden Instrumente mit eigenen Augen sehen, aber natürlich nicht zu spüren bekommen. Na ja, außer sie ließen sich dazu verwenden, um Sex zu haben. Mh, das hätte Weston bestimmt auch gefallen. Wenn er heimkommt von der Arbeit lag ich in einem Folterstuhl, gefesselt und geknebelt...

Diese Gedanken verdrängte ich allerdings schnell wieder. Nein, so wollte ich dann doch nicht enden. Von keinen Typen auf der Welt hätte ich mich fesseln lassen. Eher würde ich einen Typen fesseln. Bei der Vorstellung musste ich ernsthaft ziemlich dreckig grinsen.

 

Da stand ich nun. Außerhalb des Zimmers, ich kleiner Rebell. Ich schaute erst nach links und dann nach rechts, doch beide Richtungen schienen vollkommen identisch auszusehen. Wo also würde ich damit anfangen, mich genauer umzusehen? Wo war vermutlich dieser André am ehesten zu finden?

Ich entschied mich dafür, nach rechts zu laufen. Einfach deshalb, weil ich eine Wahl treffen musste. Nicht etwa, weil mir der karge Gang irgendein Geheimnis zugeflüstert hatte. Nein. Obwohl nicht von der Hand zu weisen war, dass eindeutig etwas Magisches in der Luft lag. Ich wusste nicht, woran das lag, aber ich spürte es, gleich neben der Kälte unter meinen nackten, auf den Boden patschenden Füßen. Doch auch wenn ich bei jedem Schritt etwas mehr fror, ich würde nicht mehr umkehren. Ich war so weit gekommen, und es kribbelte vor Spannung in meinem Körper, als ich mich traute, die erste Tür zu öffnen.

Sie tat sich mit einem Knarren auf und als ich den Kopf in das Zimmer steckte erkannte ich, dass es ganz ähnlich eingerichtet war wie das von Weston. Ein großes Bett und ein abgehendes Badezimmer. Viel mehr fand sich nicht.

Ich fragte mich, ob hierin jemand wohnte, und ich erhielt einen Hinweis. Auf dem Nachtschränkchen lagen eine Cremetube und ein Rasierapparat. Dinge, die eigentlich in einem Bad besser ausgehoben waren. Anscheinend hauste hier ein ziemlicher Liederfleck. Zum Glück war Weston in der Beziehung wesentlich ordentlicher. Er räumte mir sogar ohne mich zu tadeln meinen Dreck hinterher, den ich im Badezimmer hinterließ. Ja, Weston war schon ein guter Fang. Ich hätte ihn nicht tauschen wol-

 

Ich erschrak. Ich erschrak so heftig, dass sogar meine Zunge zu kribbeln begann und ich am liebsten aufgeschrien hätte.

Jemand hatte mir auf die Schulter getippt, genau in dem Moment, in dem ich am wenigsten damit gerechnet hätte. Diese zaghafte Berührung hatte ausgereicht, um mich vollkommen aus dem Konzept zu bringen. Wieso hatte ich nicht gehört, wie sich mir jemand genähert hatte? War ich tatsächlich so schwerhörig?

Doch nun spürte ich nur zu deutlich die Anwesenheit der anderen Person. Sie stand direkt hinter mir und sagte kein Wort. Wahrscheinlich wartete sie darauf, dass ich mich umdrehte.

Ich musste an Westons Worte denken. An den großen, bösen Wolf. Was, wenn er doch existierte und sich gerade darüber freute, eine geeignete Beute aufgestöbert zu haben? Aber würden Wölfe einem auf die Schulter tippen? Würden sie einen nicht getötet haben, ehe man überhaupt erschrecken konnte?

Ein mulmiges Gefühl saß in meinem Magen. Es musste sein. Ich musste mich umdrehen, es half alles nichts. Ich drehte meinen Kopf zur Seite und versuchte einen Blick nach hinten zu erhaschen. Und da war jemand. Schwarze Haare. Schwarze Kleidung. Ich fasste Mut und fuhr schnell herum.

Und dann stand ich ihm gegenüber. Einem Jungen, in etwa so groß wie ich, mit großen, tiefschwarz geschminkten Augen und einem wunderschön femininen Gesicht.

Ich konnte gar nichts sagen, denn sein Anblick machte mich ganz perplex. Mehrmals öffnete ich meinen Mund, doch mir lag kein einziges Wort auf der Zunge.

Das musste er sein. Das musste André sein. Die Beschreibung meiner Schwester passte haargenau auf ihn.

Thessi, du hast Geschmack, sprach es in meinem Kopf.

Thessi, Thessi, wie gut kann ich dich verstehen...

 
 

*
 

 
 

Lenny würde sich freuen. Der heutige Auftrag war bereits nach wenigen Minuten als erledigt abzustempeln. Meist bestand meine Arbeit nämlich nur darin, potenzielle Opfer auszukundschaften, Sünden zu identifizieren und eine Strichliste über ihre bösen Taten zu führen. Wer zehn Punkte besaß, der wurde ohne Umschweife in die Unterwelt geholt, auch wenn der Meister keine Aufgabe für ihn hatte. Natürlich war es ihm demzufolge auch nicht gestattet, im Schloss zu wohnen. Aber die Stadt war groß. Sie war sogar unendlich. In der Hölle, da fand sich ein Platz für jeden.

Ich fragte mich, wie viele Sündenpunkte wohl Lenny gehabt hätte. Doch da er nicht auffällig geworden war vermutete ich, dass er viel lieber und braver war, als er vorgab zu sein. Außerdem hatte er noch nicht einmal vollständig seine Unschuld verloren. Ich musste schmunzeln, als ich darüber nachdachte. Sie würde schon bald mir gehören, die Unschuld meines kleinen Lennys. Vielleicht würde er sie mir sogar heute schon schenken? Bestimmt erwartete er bereits sehnsüchtig meine Rückkehr.

Es würde ein schöner Nachmittag werden. Ein Nachmittag, der nur uns gehörte. Ich lief sogar einen Schritt schneller, um noch eher bei meinem Kleinen sein zu können. Wie schön es war, dass er sich endlich nicht mehr mit aller Macht gegen seine Gelüste und Gefühle auflehnte. Ich hatte ihn gut erzogen. Es hatte nicht einmal eine strenge Hand gebraucht. Keine Schläge, kein harsches Wort.

Ich wusste nun, dass er nicht nur aussah wie der schönste Engel, der je erschaffen wurde. Im Herzen, da war er ebenfalls einer. Man musste nur wissen, wie man ihn erweckte.

 

Voller Erwartungsfreude hastete ich die Treppen hinauf und näherte mich meinem Zimmer. Doch kurz davor hielt ich erschrocken inne. Was war hier los? Das war eindeutig mein Wohnraum, aber die Tür stand offen!

Mich erfasste ein Anflug von Panik. Ich musste erst die Beherrschung zurückzugewinnen, um auf mein Schlafzimmer zustürmen zu können und einen hektischen Blick hineinzuwerfen.

Mir war egal, ob mich jemand hörte. Ich hatte alles um mich herum vergessen. Nur noch eine einzige Sache zählte.

"Lenny?"

So sehr hoffte ich, dass er wie beim ersten Mal lediglich im Badezimmer war. Doch im Grunde glaubte ich daran schon längst nicht mehr. Wieso sollte in diesem Falle die Tür sperrangelweit offen stehen?

Wie erwartet erhielt ich keine Antwort. Zur Sicherheit warf ich noch einen Blick in das Bad, doch Lenny blieb wie vom Erdboden verschluckt. Er war weg. Man hatte ihn mir genommen. Ob der Meister hier gewesen war? Wenn er ihn erblickt hätte, er hätte ihn sofort an sich genommen, das wusste ich ganz genau. So schön wie er war, so rein und zart, er hätte ihn haben wollen, so wie er André hatte.

Trotz allem war es effektiver, nun ruhig zu bleiben. Schließlich bestand noch immer die Möglichkeit, dass niemand gekommen war und mir Lenny gestohlen hatte.

Womöglich war er doch nicht so ein Engel, wie ich angefangen hatte zu glauben. Vielleicht war ihm wieder langweilig gewesen und er hatte meine Warnungen vergessen. Oder vergessen wollen.

Wenn es tatsächlich so war, dass er sich rausgeschlichen hatte, dann bestand Hoffnung. Dann hätte ich ihn eventuell noch retten können. Uns retten können. Denn auch mir wäre es an den Kragen gegangen, hätte der Meister von unserem Geheimnis gewusst...

 

Ich fackelte nicht lange. Ich musste Lenny suchen gehen, und wenn ich dafür das ganze Schloss auf den Kopf stellen musste.

Und wenn es bedeutete, meine Muskelkraft unter Beweis zu stellen. Ich war darauf gefasst, es mit jedem aufzunehmen.

Und wenn es der Meister höchstpersönlich war.

 
 

*
 

 
 

Sie war mir nicht verborgen geblieben, die Skepsis in seinen Augen. Er hatte mich zögerlich, beinahe ein wenig schüchtern angesehen, so, als wüsste er nicht so recht, was er von mir und meinem unerwarteten Besuch halten sollte.

Lange hatten wir uns schweigend auf der Schwelle zu seinem Zimmer gegenübergestanden, doch irgendwann schien er sich dazu entschieden zu haben, mich hineinzubitten und sogar mit mir zu reden. Auch wenn ich das Gefühl nicht loswurde, dass er nicht sonderlich erfreut war, dass er mich aufgegabelt hatte.

Ich erkannte es an seiner Wortkargheit und seiner unnahbaren Ausstrahlung. Er blickte mich nicht einmal an, als ich neben ihm auf seinem Bett saß. Seinen Kopf hielt er gesenkt und seine Stimme war leise.

"Was suchst du hier?"

Augenblicklich spürte ich, wie sich etwas in mir zusammenkrampfte. Die Art und Weise, wie er diese Frage gestellt hatte - absolut unfreundlich und kalt. Wahrscheinlich war das zwischen uns Antipathie auf den ersten Blick, aber trotzdem kam ich nicht umhin, ihn schön zu finden.

 

"Mir war langweilig", erklärte ich gelassen und zuckte die Schultern. Das stimmte sogar. Dass mir Thessi von ihm vorgeschwärmt und somit meine Neugierde auf ihn geweckt hatte, das verriet ich ihm natürlich nicht. Nicht nur, weil man Geschwister nicht verpetzte. Sondern auch, weil ich fand, dass es keine Rolle spielte. So fies es auch klang, aber so ein Typ wie er würde sich niemals für meine kleine Schwester interessieren. So ein Typ wie er stand auf Männer. Ich hatte keine Beweise dafür, ich wusste es einfach.

 

Ganz kurz huschten seine Blicke über mich hinweg. Dann schaute er allerdings wieder in die entgegengesetzte Richtung. An die Wand.

"Wer bist du eigentlich? Ich hab dich hier noch nie gesehen."

"Ich bin auch noch nicht lange hier. Erst seit ein paar Tagen. Und um auf deine erste Frage zu sprechen zu kommen: Ich bin Lenny. Du?"

Freilich wusste ich, wer er war, ich fragte ihn aber trotzdem nach seinem Namen.

"André."

"Schöner Name. Passt."

Seine Mundwinkel zuckten daraufhin kaum merklich. Und das war auch die einzige Erwiderung auf mein zugegeben ziemlich langweiliges Kompliment. Niemand suchte sich schließlich seinen Vornamen aus. Es war reiner Zufall, wenn man wie ein Lenny oder ein André aussah. Aber seine Eltern schienen die richtige Wahl getroffen zu haben. André klang elegant und distanziert, edel und vornehm. Und ja, man konnte es bestimmt auch schön stöhnen...genau wie Weston.

Das waren Dinge, über die ich häufig nachdachte. Sie waren reine Zeitverschwendung, aber was sollte man denn schon gegen seine Gedanken tun? Wenn man sie zu verdrängen versuchte, dann bekam man sie erst recht nicht mehr aus dem Kopf. In Sachen Weston war dies auch so gewesen. Auf keinen Fall wollte ich ihn heiß finden, und nun tat ich es doch. Und das nicht zu knapp. Doch auch André gefiel mir optisch ganz gut. Man hätte diese beiden aber niemals miteinander vergleichen können, denn sie ähnelten sich ungefähr so stark wie Äpfel und Birnen. Sie waren von einem komplett anderen Typ. Und das machte es mir nicht gerade einfach.

 

"Arbeitest du auch für Mister Steele?"

Mister Steele. Diesen Namen hatte ich zuerst aus Thessis Mund gehört, daran erinnerte ich mich noch.

"Nein", erwiderte ich und knaupelte an meiner Unterlippe herum. "Ich wohne bei Weston."

"Bei Weston?"

"Ja."

Was war daran so verwunderlich?

"Ich arbeite für ihn", fügte ich noch ziemlich unbeholfen hinzu, da ich den Drang verspürte, noch irgendetwas zu ergänzen. Und ja, wenn man es sich recht überlegte, dann stimmte das sogar.

Ich sah ganz genau, wie André daraufhin die Stirn runzelte. Auf einmal war mir gar nicht mehr so wohl in meiner Haut. Es fühlte sich an, als hätte ich längst zu viel verraten. Weston wollte mich schließlich von allen Menschen, die hier im Schloss lebten oder arbeiteten fernhalten. Ob das einen bestimmten Grund hatte, außer, dass er sein Spielzeug stets bei sich haben wollte?

"Du hilfst ihm beim Kidnappen?"

Ich lachte prompt etwas überrascht auf.

"Haha, nein. Ich bin Westons..."

Ja, was war ich denn? Sein Betthäschen? Sein Gesellschafter? Sein Bespaßer? Ich weigerte mich, eines von diesen Worten in den Mund zu nehmen. Ich wollte gar nicht wissen, wie sie klangen, wenn ich sie ausgesprochen hätte.

Und ich wäre sowieso nicht mehr dazu gekommen, den Mund aufzumachen. Jemand war an der Tür und betätigte ohne anzuklopfen die Klinke. Ich hatte gar keine Zeit, zu erschrecken oder mich zu fragen, wer uns nun einen Besuch abstattete, denn noch im selben Augenblick rauschte Weston hinein und blieb abrupt stehen, als er mich erblickte.

 

"Weston..."

Etwas Besseres war mir nicht eingefallen. Ich war zu überrascht und als er mich so anschaute, voller Vorwurf und auch Wut, da empfand ich sogar so etwas wie Reue. Ich hatte nicht gewollt, dass er mich bei meiner kleinen Erkundungstour erwischte. Warum war er schon zurück? Hatte ich mich so lange aufhalten lassen?

Ohne ein Wort zu sagen kam er auf mich zu. Er wirkte noch größer als sonst, so wie er vor mir stand und auf mich hinabschaute. Ich fühlte mich immer unwohler in meiner Haut. Und dann zischte ein lauter Schmerz durch meine Wange, begleitet von einem klatschenden Geräusch.

Die zweite Ohrfeige, die er mir verpasst hatte. Und ich glaubte tatsächlich, dass ich sie mir verdient hatte. Aber es zugeben? Niemals. Der Schlag hatte meinen Kampfgeist wachgerüttelt, der so hoch in mir loderte wie selten zuvor. Ich erblindete vor Wut. Und ich war wirklich kurz davor, Weston an die Kehle zu springen und mich mit ihm anzulegen. Mir war es auf einmal komplett egal, dass er kräftiger war als ich. Speziell vor André wollte ich nicht zeigen, dass Weston mich im Griff hatte. Gern hätte ich ihm ein wenig imponiert. Doch meine körperliche Unterlegenheit wurde mir einmal mehr zum Verhängnis. Weston drückte mir seine eiserne Hand in den Nacken und zog mich ohne Gnade mit sich. Alles Wehren und Fluchen hatte keinen Sinn. Ich musste mich fügen. Und das machte mich schier rasend.

 

"Pisser. Arschloch."

Ich versuchte, ihm ins Gesicht zu spucken, doch es misslang mir kläglich. Anstelle presste er mich für diese Geste der Respektlosigkeit gegen die raue Wand und umfasste mit einer Hand mein Gesicht. Seines schob er ganz dicht davor. Und seine hellblauen Augen, die mich gestern noch voller Zuneigung gemustert hatten, blitzen nun böse auf mich herab.

"Wieso hast du das gemacht?"

"Was?"

Ich ahnte natürlich, was er meinte. Dass er nicht darauf abzielte, dass ich ihm erklärte, wieso ich ihn anspucken wollte.

"Du weißt genau, um was es geht."

Ich wagte kaum noch, einen Atemzug zu tun. Ich hatte keine wirkliche Angst vor Weston, aber trotzdem flackerte ein ungutes Gefühl in meiner Brust. Ein falsches Wort, und er würde mir noch eine verpassen. Oder er würde mich sogar richtig verprügeln. Mir seine flache Hand auf den nackten Arsch knallen. Weston war eindeutig der Typ, der ungehorsame Knaben auf diese Art züchtigte. Ich musste an die Folterinstrumente denken. Und dann fuhr ein Zucken durch meine Lenden.

 

"Mir war langweilig", erklärte ich, was ich auch André vorhin erklärt hatte. Und beinahe schon mit flehender Stimme fügte ich hinzu: "Ich habe es da drin nicht mehr ausgehalten! Verstehst du das denn nicht?"

"Das verstehe ich", sagte Weston, aber seine Stimme blieb kalt. "Doch es geht nun mal nicht anders. Das habe ich dir doch erklärt."

Endlich ließ er von mir ab und stand nur noch mit vor der Brust verschränkten Armen vor mir.

"Ich dachte, ich kann dir vertrauen. Dass du langsam mal kapiert hast, dass ich dich nicht einsperre, um dich zu ärgern, sondern nur, um dich zu schützen."

"Schützen vor was? Sag es mir endlich."

"Vor ihm..."

"Wem?"

Er holte gerade Luft, doch noch im selben Augenblick fuhr er herum und blickte sich hektisch um.

"Ich glaube, ich habe Schritte gehört", zischte er mir zu und packte mein Handgelenk. "Komm."

Zusammen eilten wir den Gang entlang, bis wir schließlich sein Zimmer erreichten. Die Erleichterung stand Weston in das Gesicht geschrieben, als er die Tür hinter sich schloss. Und nein, er klinkte sie heute nicht nur ein. Er sperrte sie zu. Wahrscheinlich hatte er wirklich Angst. Große Angst. Aber...vor was?

Obwohl ich es wissen wollte hakte ich nicht mehr nach. Lediglich meine indirekten Andeutungen konnte ich mir nicht verkneifen.

 

"Also André war eigentlich ganz lieb", erzählte ich deswegen. "Der scheint jedenfalls nicht das große, böse Monster zu sein, vor dem ich mich in Acht nehmen soll."

Weston ließ sich neben mir auf dem Bett nieder. Nachdenklich stützte er seine Ellenbogen auf die Knie und fuhr sich dann mit beiden Händen über den Mund.

"Nein."

Er schaute mich an.

"Aber André ist sein Lustknabe."

So etwas hatte ich mir schon gedacht. André war der Typ für einen solchen Job. Männer standen auf solche wie ihn. Sie waren ganz verrückt nach solchen kleinen, zarten. Nicht nur Weston war einer von diesem Schlag. Schon im Dorf war es so gewesen. Deswegen hatte ich auch schon so oft Sex gehabt...

 

"Hast du ihm irgendetwas erzählt?"

Mein Gesicht wurde mit einem Mal ganz heiß und ich wäre am liebsten im Erdboden versunken.

"Nein."

Das war die wahrscheinlich größte Lüge, die ich jemals ausgesprochen hatte. Und ich hatte noch nicht einmal Skrupel dabei, sie ihm mitten ins Antlitz zu werfen.

"Gut."

Er nahm es mir ab. Ich fühlte mich schrecklich. Ich wollte das alles gar nicht. Ich wollte Weston nicht anlügen. Denn im Grunde mochte ich ihn doch. Man schwindelte die Menschen nicht an, die einem in irgendeiner Art und Weise nahe waren.

 

"Gut, gut."

Er seufzte tief. Mehrmals wiederholte er dieses eine Wort.

Er lief im Zimmer auf sich ab. Es war eindeutig, dass er versuchte, sich selbst zu beruhigen.

"Mach das nie wieder, ja?"

"Es ist doch nichts passiert."

"Aber es hätte etwas passieren können."

Angespannt biss ich auf meinem Daumennagel herum. Weston stand an die Wand gelehnt ein Stück weit von mir entfernt. Er schaute sorgenvoll an die Decke.

"Er darf dich niemals kriegen...", murmelte er und warf mir einen flüchtigen Blick zu. "Ich glaube, er würde dir wehtun. Dagegen sind meine Ohrfeigen noch harmlos."

"Ich kann aber auch ganz gut auf mich selbst aufpassen."

Weston zeigte sich davon wenig beeindruckt und lächelte lediglich bitter.

"Kannst du nicht. Man hat ja gesehen, dass du nicht einmal gegen mich ankommst. Gegen ihn hättest du keine Chance, glaub mir das."

"Hätte ich wohl."

Es gefiel mir ganz und gar nicht, so in die Rolle des kleinen, hilflosen Wesens gedrängt zu werden. Das war ich nicht. Das wollte ich nicht sein. Deswegen keimte erneut die Wut in mir auf.

"Lenny, hör mal", versuchte Weston mich zu beschwichtigen. Nun kniete er wieder vor mir und legte seine Hände auf meine Knie. "Du überschätzt dich manchmal ziemlich. Es ist nicht böse gemeint, aber es stimmt eben."

Er blinzelte.

"Du brauchst mich, damit ich auf dich aufpasse."

"André darf auch frei herumlaufen. Und ich bin wie so ein verdammtes Huhn in einer verdammten Legebatterie."

"Du hast nichts verstanden."

Resigniert schüttelte Weston den Kopf und erhob sich wieder, um seinen ruhelosen Gang durch das Zimmer fortzusetzen.

"Ich habe dich verstanden", beharrte ich stur auf meiner Meinung. Und dann purzelten Dinge aus meinem Mund, die ich eigentlich gar nicht hatte sagen wollen. "Weißt du was? Um ehrlich zu sein würde ich lieber bei André und dem bösen Wolf mitmachen. Die lassen mir wenigstens Freiheiten. Und André gefällt mir sowieso viel besser als du."

Warum tat ich das? Ich hatte keine Ahnung. Doch nun musste ich meine Rolle spielen. Es gab kein Zurück. Und mir tat noch nicht einmal Westons Blick weh, der mich wie ein Nadelstich traf und starr an mir haften blieb. Er ließ mich sogar ziemlich kalt. Und deswegen setzte ich sogar noch einen drauf.

"Wenn du André aber morgen zu mir bringst, damit ich mit ihm schlafen kann, dann bleibe ich bei dir. Und dann schlafe ich auch mit dir."

Ganz kurz erschütterten mich meine eigenen Worte. Doch ich verdrängte dieses Gefühl ganz schnell wieder.

Nur an Westons Blick würde ich mich wahrscheinlich noch ewig erinnern. So voller Wut und Enttäuschung.

Aber vor allen Dingen spiegelte sich der Schmerz in seinen Augen.

Ich hatte es tatsächlich verdient, in der Hölle zu schmoren. Er hätte mich ohrfeigen sollen, mich schlagen, mich züchtigen.

Doch er tat es nicht. Weil er es hasste, mich so zu behandeln. Und ich hasste mich für mein Verhalten.

 

Warum war ich nur...so?

 

Wunscherfüllung

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Das Geschenk


 

8. Kapitel - Das Geschenk
 

 
 

 
 

Der Tag hatte so friedlich begonnen. Ich war neben Lenny aufgewacht und sofort war alles wieder da. Sequenzen von letzter Nacht. Wärme. Nähe. Ich wusste nicht, wann ich zuletzt so ergriffen von etwas gewesen war, so viel gefühlt hatte.

Ich hatte manchmal geglaubt, ein Mensch ohne jegliche Gefühle zu sein. Doch das war ich nicht. Lenny hatte es mir bewiesen. In diesen Jungen hatte ich alles gesteckt, was ein Mensch nur empfinden konnte. Am liebsten wollte ich ihn gar nicht mehr loslassen, aber ein Tag im Bett mit stundenlangem Kuscheln, welches immer wieder in Sex ausartete war nicht drin. Die Arbeit rief. Und Lenny würde allein zurückbleiben, wie immer. Doch dieses Mal würde er nicht flüchten, da war ich mir ganz sicher.

Auch wenn ich zuerst nicht gewusst hatte, ob seine reumütigen Worte ehrlich waren, so hatte ich zu spüren bekommen, was er von mir hielt und wie leid es ihm tat, dass er so etwas Gemeines gesagt hatte.

Sex mit einer Person, die man wirklich, aus tiefstem Herzen mochte, konnte so erfüllend sein. Natürlich war auch Geschlechtsverkehr nur der Lust wegen gegen nichts auf der Welt einzutauschen, aber das mit Lenny, das war doch etwas Besonderes gewesen. Man konnte es nicht an einer Geste, einem Blick festmachen, dass er genauso fühlte wie ich, aber dennoch war ich mir sicher, dass er dieses Mal nicht gelogen hatte. Es hätte ohnehin keinen Sinn ergeben.

Lennys Gefühle waren aufrichtig. Genau wie das verschlafene Lächeln, welches er mir geschenkt hatte, als ich ihn heute Morgen geweckt hatte.

Darin lag so viel. Ich konnte es fühlen. Und ich wollte ihm erneut zeigen, was er für mich war. Doch wie gesagt, die Arbeit rief. Und ich musste mich wohl oder übel aus den Federn schälen.

 

"Komm nicht so spät", brummelte Lenny noch, als er sich gegen meinen Rücken schmiegte und seine Wange an mir rieb, noch immer halb in den Träumen hängend. "Ich vermiss dich doch sonst..."

"Ich beeil mich", versprach ich ihm und gab ihn einen Kuss auf den Mund, den in seinem Tran allerdings nicht erwiderte. Als ich mich erhob, lag er längst wieder unter der Zudecke und hatte die Augen geschlossen.

Mich durchfuhr ein Gefühl ähnlich von Stolz, als ich auf ihn herabblickte. Wenn er schlief, dann glich er noch mehr einem Engel. Dann war er so friedlich und rein und schien kein Wässerchen trüben zu können.

Ich wusste, dass er der schönste Junge auf der ganzen Welt sein musste. So einen wie Lenny gab es nicht noch einmal. Er war einmalig.

Und das Beste: Er war mein. Er würde es für immer sein. Doch da ahnte ich noch nicht, dass sich bald schon alles ändern sollte. Sehr bald.

 

Bereits als ich den Meister aus seinem Arbeitszimmer rauschen sah, schwante mir nichts Gutes. Es konnte kein Zufall sein, dass er ausgerechnet dann erschien, wenn ich an seiner Tür vorbeikam. Er hatte mich gehört, mich und meine schweren Schritte. Und der Blick, der mich traf, als er mir direkt ins Gesicht sah, schien nur eines zu sagen:

Du bist erledigt.

 

Doch auch wenn ich kein gutes Gefühl hatte, es gab kein Zurück. Ob ich wollte oder nicht, ich hatte zu zucken, wenn der Meister mich zu sich heranwinkte. Und das tat er. Er sprach kein Wort, machte lediglich eine Handbewegung, die mir verriet, dass ich ihm in sein Büro folgen sollte.

Mir wurde ganz anders. Es war etwas geschehen. Oh, ich hoffte so sehr, dass es nicht mit Lenny zu tun hatte...

 

Zögerlich nahm ich auf der Ledercouch Platz, die seitlich seines Schreibtisches angebracht war. Ich ließ ihn für keine einzige Sekunde aus den Augen. Er hatte sich derweil dafür entschieden, mich keines Blickes mehr zu würdigen. Die Luft um mich herum war kalt. Der ganze Raum war kalt. Es war das, was von dem Meister ausging. Er demonstrierte mir unmissverständlich, dass er der Mächtigere von uns beiden war. Es sprach aus seiner Körperhaltung, die er einnahm, als er hinter seinem Schreibtisch saß. Sein Haupt hielt er erhoben und sein Mund war zu einem gehässigen Schmunzeln verzerrt.

"Mir ist da etwas zu Ohren gekommen", begann er schließlich. Seine Hände waren auf dem Tisch verschränkt wie die eines Diplomaten.

Er musste gar nicht mehr sagen. Diese wenigen Worte hatten bereits in mich eingeschlagen wie ein Blitz. Doch er war natürlich noch nicht fertig. Nein, er fing ja erst an.

 

"André hat mir gebeichtet, dass er einen Fehler begangen hat. Einen ziemlich großen Fehler."

Sein Kopf schnellte herum und seine schmalen Augen musterten mich prüfend.

"Aber keinen so großen wie du ihn begangen hast."

Mir war, als würde ich in ein tiefes Loch fallen. Tausend Gedanken kreisten in meinem Kopf.

André. Diese miese, kleine Ratte. Wie hatte ich auch nur so leichtsinnig sein können? Ich hätte mir doch denken können, dass er irgendetwas verriet. Dass er seine Fresse nicht halten konnte. Er war das treu ergebene Lämmchen des Meisters, das ihm die Füße küsste und ihm jeden Wunsch von den Lippen ablas.

Ich verdammter Idiot...

 

"André hat mir erzählt, dass er bei dir war. Weil du etwas von ihm wolltest. Dass er mich sogar beinahe mit dir betrogen hätte."

Er machte eine Pause, die er sichtlich zu genießen schien.

"Mit dir und deinem Lustknaben."

Seine Stirn zog sich in Falten und er kratzte sich mit einem Finger am Kopf.

"Ich wusste gar nicht, dass du einen solchen hast." Und eindringlicher: "Wer hat dir denn erlaubt, einen solchen zu besitzen?"

Die Frage erübrigte sich. Natürlich tat sie das. Sie war rein rhetorischer Natur. Ich sparte mir die Antwort darauf. Er kannte sie ohnehin nur zu gut.

Mit einem Mal war er hochgeschnellt. Noch immer hielt sein Blick mich in der Mangel.

"Stimmt es, dass du einen hast? Dass du einen Jungen besitzt, obwohl dir keiner zusteht?"

Seine Stimme war ruppig. Ich wagte es kaum noch, mich zu bewegen, geschweige denn zu sprechen. Oder gar zu lügen.

"Und wenn ich einen hätte?", stellte ich die provokante Frage in den Raum. "Was dann? Was würdet Ihr dann tun?"

Er aber ging überhaupt nicht auf meine Worte ein.

"Bring mich zu ihm", verlangte er mit so einem Nachdruck, dass ich wusste, er würde keine Widerrede zulassen. Und deswegen tat ich auch, wie mir befohlen.

Einmal mehr wurde ich daran erinnert, auch nur ein kleines Lämmchen in einer großen Herde von Schafen zu sein. Ich wusste, dass es ein großer Fehler war, ihm zu gehorchen, doch ich wusste auch, dass es einer gewesen wäre, mich ihm zu widersetzen. Beides hätte Konsequenzen mit sich gezogen.

Und ich sollte nun die eine Seite kennenlernen.

 

Ohne vorher anzuklopfen riss er die Tür zu meinem Zimmer auf und trat entschlossen in den Raum ein.

Lenny, der noch immer im Bett gelegen hatte, war augenblicklich hellwach und starrte den imposanten Mann aus großen, runden Augen an. So voller Angst, dass ich mich am liebsten schützend vor ihn gestellt hätte. Doch es hätte nichts geholfen. Der Teufel bekam immer, was er wollte. Und wenn es das Wichtigste war, was ich besaß.

 

Lenny war noch nicht einmal dazu gekommen, sich anzukleiden. Dem Meister war es ohnehin egal, ob er nackt oder angezogen vor ihn trat. Er wurde grob hochgezogen und stand dann da, total verstört und durcheinander. Und ich konnte nichts weiter tun als daneben zu stehen und zuzuschauen.

"Wie heißt du?"

Die Lippen des Kleinen öffneten sich, doch die Angst hatte ihm die Kehle zugeschnürt, sodass sie kaum ein Wort verlassen wollte.

"Lenny...also...Leonard."

"Und wie weiter?"

"Giesinger. Leonard Giesinger."

Das schien den Meister zufriedenzustellen. Vorerst. Er legte seine Hand unter Lennys Kinn und betrachtete ihn eingehend. Er war wunderschön, er würde an ihm keinen Makel finden. Und das war das Schlimmste.

 

"Weißt du, was mit Personen geschieht, die es wagen, mich zu hintergehen?"

Diese Frage galt mir. Er brauchte mich nicht anzuschauen, damit ich das verstand.

Ich wollte etwas sagen, doch es gelang mir nicht. Ich sah nur Lenny, flehte und bat stumm, dass er ihm nichts antat oder ihn mir wegnahm. Doch es gab keinen Gott, der mein Gnadengesuch hätte erhören mögen. Es gab nur ihn. Den Teufel.

"Ich schenke ihnen das Leben", raunte er gefällig und das letzte, was ich sah war, dass er mit den Fingern schnippte.

 

Dann war ich weg. Nur um kurze Zeit später wieder zurückzukehren.

 

Lebenssaft


 

Epilog - Lebenssaft
 

 

 

Es war der Wind, der mich mit seinem kalten Atem aus meinem traumlosen Schlaf riss. Sofort fiel mir ein, dass etwas geschehen war, etwas, das nicht hätte geschehen dürfen. Doch es hatte nicht meiner Gewalt unterlegen. Es gab einen anderen, der über Tod und Leben meiner selbst entschied. Und dieser andere, dessen Namen ich am liebsten vergessen hätte, hatte mir eben das dargebracht, was jeder Mensch als das größte und wertvollste auf der ganzen Welt ansah.

Leben. Zerstörung der toten Existenz. Leben. Licht. Sonne. Regen. Die Wassertropfen, die mir über die Stirn perlten kitzelten unangenehm. Trotzdem blieb ich liegen, hier an diesem Ort, den ich bereits kannte. Der Park. Die Bank. Dort war er mir plötzlich erschienen, mit einem Messer in der Hand und hatte mir einen schrillen Schmerz in der Kehle geschenkt mit einer darauf folgenden Dunkelheit, die mich umgab. Bis ich ihm in seinem Büro gegenüber gesessen hatte, verwirrt und benommen.

 

Das Blatt hatte sich gewendet. Ich wusste, dass ich kein Todesbotschafter mehr war, nie mehr einer sein würde. Er hatte mir den Tod gestohlen, doch die Erinnerungen in meinem Kopf waren geblieben. Besonders diese eine, die schwelte noch ganz warm in meinem Herzen. Dumpf und schwer. Und gleichzeitig so schmerzhaft.

Lenny. Der bloße Gedanke an diesen Namen gab mir die Kraft, mich zu erheben. Ich sah wieder seine schönen, dunklen Augen, in denen diese große, alles dominierende Angst gelegen hatte, weil ich ihn nicht beschützen konnte. Obwohl ich es ihm doch versprochen hatte. Er brauchte mich, und nun war ausgerechnet ich derjenige, der Hilfe benötigt hätte. Hilfe, um das Tor aufzubrechen, welches ich sonst mit meiner Beute mühelos durchquert hatte. Doch es würde für mich verschlossen bleiben. Gegen die Magie des Meisters war jede Muskelkraft, jeder starke Willen vergebens. Und ich konnte leider nicht gut genug zaubern, um mich zurück in die Hölle zu transportieren.

 

Und was hätte es mir genutzt? Ich war ein Geächteter, ich hatte mich dem Kodex widersetzt und den Meister hintergangen. Einerseits war es gut, dass ich nun hier war, zurück unter den Lebenden. Doch ich wollte es nicht ohne Lenny sein. Der bloße Gedanke daran, dass der Meister ihn nun in seinen Besitz hatte wandern lassen und womöglich sonst was mit ihm anstellte brachte mein Gemüt zum kochen.

Aber noch schwerer wog die Gewissheit auf mir, dass wir uns nie wieder sehen sollten.

 

Nein. Ich schlug die Faust mit aller Wucht gegen einen Baumstamm. So stark, dass blutige Rinnsale über den Rist flossen. Doch es kümmerte mich nicht. Es schmerzte noch nicht einmal.

Nein. Nein!

Ohne Lenny, das würde ich nicht aushalten! Lenny war in diesen wenigen Tagen zu dem Wertvollsten geworden, was ich besessen hatte. Er war mein Trost in diesen immer gleichen Stunden, meine Ablenkung und mein Halt. Und nun sollte ich ohne ihn weitermachen? Das ging nicht. Das ging einfach nicht!

Ich stand kurz vor einem Zusammenbruch, als mich das alles eiskalt erwischte. Der ganze Park schien sich in ein rotes, aggressives Licht getaucht zu haben und alle Bäume, ja selbst jeder kleine Stein schien mir feindlich gesinnt zu sein. Am liebsten hätte ich sie alle zerstört, und die grausame, einsame Welt gleich mit. Doch das übertraf meine Möglichkeiten. Der Meister hätte es sicher vollbringen können mit seinen magischen Fähigkeiten. Er hätte ganze Existenzen auslöschen können, wie er mir ganz am Anfang anvertraut hatte, als er mir ein paar Zaubereien beibrachte.

Ja, auch ich beherrschte ein paar Sprüche, konnte mit einfachen Zutaten recht großes Bewirken. Doch ich glaubte, die Zauber niemals zu brauchen, da unten in der Unterwelt. Und dem Meister schien es genauso ergangen zu sein. Nie im Leben hätte er mich in die geheime Kunst eingeweiht, wenn er geglaubt hätte, dass ich damit die Welt auch nur ein kleines Stück hätte verändern können.

Es waren Zauber, die die Menschlichkeit betrafen. Dinge, die Glück heraufbeschwören oder Liebe in einem anderen Menschen wachrufen sollten. Ich hatte stets geglaubt, dass mir alle menschlichen Züge abhandengekommen waren mit meinem Tod. Und der Meister war derselben Meinung. Deswegen hatte er es mich gelehrt. Aus purem Hohn. Weil er geglaubt hatte, dass ich nur eine Maschine war, in deren Brust ein kaltes, schwerer Herz pulsierte.

 

Doch ich wusste nun, dass es anders war. Ich wusste es, seitdem Lenny in mein totes Leben getreten war.

Ich starrte in den Himmel, als suchte ich dort nach jemandem oder etwas, das mir helfen konnte. Aber da war niemand. Die Antwort lag in mir ganz allein.

Ich lief los. Auf einmal erschien mir nicht mehr alles sinnlos. Es gab Hoffnung.

Auf einmal wusste ich, was ich zu tun hatte.

 
 

*
 

 
 

Eine kühle Frühlingnacht war es wohl gewesen, an der ich meinen Weg angetreten hatte. Den womöglich wichtigsten Weg, den ich je gegangen war.

Wie ein Verbrecher kam ich mir vor, als ich der mit Graffiti beschmierten Friedhofsmauer gegenüberstand, den Meißel und die Schaufel in der rechten, den Hammer in der linken Hand. Nein, ich kam mir nicht nur so vor; ich war auch einer. Meine Werkzeuge waren gestohlen, denn ich hätte mir keine kaufen können, schließlich besaß ich weder Geld noch Wohnung, sondern lediglich mein nacktes Leben. Mir war also nichts anderes übrig geblieben, als die Dinge umsonst mitgehen zu lassen. Zum Glück hatte mich niemand erwischt. Ich brauchte sie nämlich. Ich brauchte sie dringend. Ohne sie hätte ich meinen verzweifelten Plan nicht in die Tat umsetzen können. Ohne sie hätte ich nun nicht hier gestanden, kurz davor, die nächste Straftat zu begehen.

 

Noch einmal blickte ich mich prüfend nach allen Richtungen um, doch dies hier war eine Kleinstadt - um diese Uhrzeit ließ sich keine Menschenseele mehr auf der Straße blicken. Dennoch fühlte ich mich nicht sicher. Das Risiko, geschnappt zu werden, war noch immer groß, eigentlich viel zu groß. Aber mir blieb nichts anderes übrig. Ein kurzer Gedanke an Lenny genügte schließlich, damit ich meine Werkzeuge über die Mauer warf und sie anschließend selbst erklomm. Ohne noch irgendeinen Zweifel zu hegen.

 

Passend zu dieser kleinen Ortschaft schienen auch auf dem Friedhof nicht sonderlich viele Gräber untergebracht zu sein. Dennoch erkannte ich, dass ein ganzes Stück Arbeit vor mir liegen würde, dieses eine Grab ausfindig zu machen.

Lennys Grab. Ich besaß keine Taschenlampe, nicht mal ein Feuerzeug, welches mir hätte etwas Licht zu spenden vermocht, doch auch diese Tatsache hielt mich nicht auf. Ich machte mich auf die Suche. Und irgendwann, da fand ich es.

 

Ich hatte Glück gehabt, so viel verdammtes Glück. Alles Glück, was man auf dieser Welt besitzen konnte schien sich auf mich fokussiert zu haben.

Ich stand vor ihm. Dem schlichten, grauen Grabstein, auf dem ich hatte eindeutig seinen Namen gelesen.

Leonard Giesinger.

Egal, wie sehr ich den Meister verachtete für all das, was er getan hatte - ich würde ihm ewig dankbar dafür sein, dass er nach Lennys vollständigen Namen gefragt hatte. Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, dass er einmal von Belang sein würde. Doch ich war eines besseren belehrt worden. Nur der Nennung dieser beiden Worte hatte ich es zu verdanken, dass ich nun hier sein konnte.

Ich hatte es ihm zu verdanken. Dem Meister. Ausgerechnet ihm.

 

Ich schlug ohne zu Zögern das Schaufelblatt in das Blumenbeet; es interessierte mich nicht, ob ich das zerstörte, was seine Eltern so schön für ihn hergerichtet hatten. Jetzt zählte etwas anderes, viel wichtigeres, und sie würden es mir unendlich danken, dass ich mich zu diesem Schritt entschlossen hatte.

Falls es denn tatsächlich funktionierte. Doch im Grunde war ich mir ganz sicher.

 

Bald schon stieß ich auf etwas Hartes. Der Sarg. Immer näher wähnte ich mich meinem Ziel.

Entschlossen kniete ich mich schließlich über die große, hölzerne Kiste, die unter dem letzten Rest Erde lag und grub mit den Händen weiter, hektisch, hastig, so aufgeregt. Und dabei dachte ich an den gewissen Moment, in dem ich es tun würde. Wie würde er aussehen? Noch gut erhalten? Oder etwa schon zu Staub verfallen? Nein, sein Todestag war erst vorgestern gewesen. Er würde noch aussehen wie lebendig. Lediglich mit blassen Lippen und der schweren Starre des Todes im Gesicht.

Alles in mir wehrte sich dagegen, ihn so sehen zu müssen. Doch es würde nur kurz sein. Ganz kurz nur.

 

Es erforderte meine ganze Kraft, das Holz mit Hammer und Meißel zu durchdringen. Und ich verspürte Angst. Angst, dass der Krach jemanden alarmieren konnte. Oder dass ich ihn verletzen würde. Niemals hätte ich mir das verziehen. Ich hoffte, der Unfall hatte ihn nicht schon zur Genüge entstellt. Sein wunderschönes Antlitz. Ich schwor mir, dass, wenn mein Plan nicht aufgehen würde, ich mich selbst eingraben würde. Bei ihm. Dann würden wir wenigstens körperlich vereint sein, wenn wir es schon geistig nicht mehr sein konnten. In der Unendlichkeit.

 

Ich war noch immer allein. Niemand schien davon Notiz genommen zu haben, was in dieser Nacht vor sich ging.

Es war gut. Es war alles gut. Ich brach die Decke entzwei. Und dann sah ich sein Gesicht.

Lenny, flüsterte ich in Gedanken und auf meine Lippen stahl sich ein Lächeln. Mein Lenny.

Er war noch immer so makellos wie in dem ersten Moment, den wir miteinander verbracht hatten. Selbst das Schicksal hatte es nicht über das Herz gebracht, seine Züge zu zerstören. Es war alles so, wie es sein sollte. Nur blasser war er. Natürlich war er das. Seit seine Seele dem Meister gehörte, hatte sein Körper hier oben jegliche Funktion eingestellt. Seine Lippen waren blutleer und seine Züge wie aus Wachs gefertigt.

Ob es mir gelingen würde, ihm wieder das Leben einzuhauchen? Noch schien es so fern, ja schier unmöglich. Doch ich würde nichts unversucht lassen. Ich würde ihn anwenden, diesen einen Zauber, den der Meister mir vor langer Zeit beigebracht hatte. Ich benötigte dafür auch nicht viel. Lediglich drei Zutaten.

 

Die erste holte ich nun aus meiner Hosentasche. Sie war klein, glänzte silbern im fahlen Mondlicht und vermochte es, sich tief in meine Haut zu beißen.

Eine Rasierklinge. Sie würde mir dabei helfen, die zweite Zutat zu gewinnen.

Den Schmerz hatte ich eigentlich noch nie gefürchtet, und seitdem ich für den Meister gearbeitet hatte schien ich diesen erst recht ausblenden zu können. Die Zeit hatte mich zäh gemacht, zäh und scheinbar gefühllos. Aber so war es nicht. Es war sogar ganz anders.

 

Es kostete mich keine große Überwindung, die Klinge dort anzusetzen, wo es wahrscheinlich am effektivsten war; in meiner Handfläche. Ich dachte nicht groß über das nach, was ich tat, sondern brachte es schnell über mich. Das kühle Metall schnitt in meine Haut und ich presste ob des süßlichen Stechens, das meinen Körper heimsuchte die Lippen aufeinander. Ich sah, dass etwas Blut an der Schneide hing, und dann quoll es auch schon aus dem Schnitt hervor.

Das warme, wunderbar rote Blut.

Der Lebenssaft. Nun musste ich nur noch die dritte Zutat heraufbeschwören. Und ich hoffte inständig, dass sie in ausreichendem Maße vorhanden war.

 

"Der Zauber funktioniert nur, wenn du es ganz tief in dir empfindest. Dein Blut muss konzentriert sein, und es muss genügend Zeit vergangen sein, damit es einmal durch dein Herz fließen konnte."

Ich erinnerte mich noch so gut an die Worte des Meisters. Anfangs hatte ich sie für Humbug gehalten, für absoluten Schwachsinn, und später hatte ich einfach nicht mehr darüber nachgedacht.

Dafür tat ich es nun umso intensiver. Ein feines Rinnsal zog sich bis zum Rand meiner Hand und der geballte Tropfen drohte anschließend hinabzufallen. Ich wusste, dass es nun so weit war. Ich musste mich beeilen, ehe er vergeudet werden konnte. Deshalb hielt ich meine Hand dicht über Lennys Lippen. Und in diesem Augenblick perlte er hinab, troff auf seinen bleichen Mund und färbte diesen fast in eine lebendigere Farbe.

Doch ich brauchte noch mehr Blut. Das hier war zu wenig.

 

Und so wartete ich geduldig, bis noch mehr zum Vorschein gekommen war. Als es erneut bis zum Rand gelaufen war, zog ich mit der unverletzten Hand Lennys Kinn nach unten, damit er die Lippen weiter öffnete. Der Zauber würde nur seine Wirkung zeigen, wenn das Blut seine Kehle hinabrann. Und das tat es daraufhin. Es tropfte in seinen Mund. Tropf. Tropf. Es war Zeit für die dritte Zutat.

 

"Erwecke ihn, du Lebenssaft, geflossen durch das Herz, das ihn liebte", säuselte ich kaum hörbar. Ich spürte weder den kühlen Wind, der uns umfloss noch nahm ich irgendetwas anderes war. Das hier, das nahm all meine Sinne gefangen. Es gab nur noch Lennys noch immer so lebloses Gesicht, den Bluttropfen, der über sein Kinn rann und es gab meinen Willen. Ich glaube, dass ich mir noch nie in meinem ganzen Leben und in meinem ganzen Tod etwas so sehr gewünscht hatte, wie dass neues Leben in Lennys Körper einkehrte. Dass seine Seele ihre Heimat wiederfand. Und das Rufen der meinen erhörte.

 

Ich sprach nicht mehr. Ich saß nur noch da und beschwörte ihn mit ruhigen, gedanklich vorgetragenen Worten herauf, den mächtigsten Zauber von allen. Mittlerweile zweifelte ich nicht mehr an seiner Wirksamkeit. Denn es kam mir plötzlich so vor, als würde die Kälte, die unter Lennys Haut wohnte langsam weichen und einer gesünderen Farbe Platz machen. Das Rot seiner Lippen stammte wahrscheinlich auch nicht mehr nur von meinem Blut. Nun wusste ich, dass er zu mir zurückkehrte. Als er schließlich die Augen aufschlug und mir zunächst ohne jeglichen Ausdruck ins Gesicht schaute, verschwamm meine Sicht.

Das hier, das war der glücklichste Moment meines Lebens.

 

"Lenny, hey...", wisperte ich und fuhr mit zitternden Fingern über seine nun schon viel wärmere Wange. "Ich bins..."

Er war nun so weit zu sich gekommen, dass er sogar blinzelte und die Lippen sacht bewegen konnte. Es sah zudem so aus, als würde er versuchen, Worte zu formen, aber ihm entwich zunächst nur ein heiseres Krächzen. Erst bei seinem nächsten Versuch hörte ich ihn leise tuscheln.

"Weston..."

Seine Hand erhob sich und kurz darauf prallten seine Fingerspitzen ungelenk gegen mein Gesicht. Ich lächelte zwischen seinen Fingern hindurch und kämpfte mit den Tränen, wahrscheinlich zum ersten Mal überhaupt.

Doch ich wollte nicht weinen, auch nicht vor Glück. Anstelle schlang ich meine Arme um den Kleinen und hob seinen so zerbrechlich wirkenden Leib aus dem Sarg heraus, wollte ihn eigentlich erst in das Gras legen, aber dann entschied ich mich doch um. Ich zog ihn an mich, hielt ihn ganz fest und spürte ein ganz warmes, wundervolles Gefühl in mir aufsteigen, als ich spürte, dass Lenny sein Gesicht ganz von allein in meine Halsbeuge schmiegte.

"Ich dachte...ich dachte...du...wir..."

Er stotterte lediglich, doch das machte nichts, ahnte ich schließlich, was er sagen wollte.

"Ich konnte ihn nicht gewinnen lassen", erwiderte ich und schluckte über den schmerzenden Kloß in meinem Hals, während ich unermüdlich über Lennys blonden, wuscheligen Schopf fuhr. "Ich wollte nicht...ohne dich..."

Lenny regte sich sacht in meinen Armen. Dann sah er mich von unten herauf mit demselben fragenden Blick an, den ich so gut von ihm kannte. Ganz große, schöne Kulleraugen, hinter denen endlich wieder seine Seele wohnen durfte.

"Wo sind wir hier?"

Seine Stimme war noch immer schwach, doch anscheinend war er im Kopf schon wieder ganz klar, wenn er solche Fragen stellte.

"Wir sind im Leben", erklärte ich ihm und erwiderte seinen Blick ganz fest, damit er sah, dass es die Wahrheit war, die ich sprach. "Ich habe dich zurückgeholt."

"W-wie...?"

"Mit..." Erst jetzt fiel mir auf, wie klebrig sich meine Handfläche anfühlte. Dass ich das ganze versiegende Blut wahrscheinlich über seinen gesamten Rücken verteilt hatte. "Es ist nicht wichtig, wie. Es ist nur wichtig, dass du wieder hier bist. Bei mir."

"Und...und Thessi?"

Zunächst musterte ich ihn lediglich fragend, doch dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen.

Thessi. Seine Schwester. Sie war noch da unten. Ich fuhr mir mit der Zunge angespannt über die Unterlippe.

"Es tut mir ganz furchtbar leid", begann ich, es ihm so schonend wie möglich beizubringen und wusste, dass ich nicht umhin kam, ihm Genaueres über den Zauber zu verraten. Er hatte jegliches Recht, die Gründe für seine Rückholung zu erfahren. "Ich kann Thessi nicht das Leben schenken."

Lennys Lippen zuckten hilflos. Es zerriss mir schier das Herz.

Zögerlich holte ich meine ehemals blutende Handfläche hervor. Die Wunde war noch so frisch, dass man sie deutlich sehen konnte. Ein langer, ziemlich gerader, rötlicher Schnitt, entspringend unter meinem Mittelfinger und beinahe die komplette Lebenslinie entlang führend.

Lenny starrte stumm darauf. Er starrte noch immer ganz ungläubig, als ich wieder zu sprechen begonnen hatte.

"Es war Blut. Ich habe dir etwas von meinem Blut gegeben. Vom Lebenssaft..."

"Aber wieso...kannst du dasselbe, was du bei mir gemacht hast, nicht auch bei Thessi tun?"

"Weil..." Ich wandte meinen Kopf zur Seite, weil ich nicht wusste, ob ich es schon so ohne weiteres aussprechen konnte. "Man kann nur jemanden mit Blut erwecken, den man liebt..."

Stille. In der Ferne krächzte eine Krähe. Blätter rauschten in der duftenden, nächtlichen Luft. Und dann unterbrach Lennys leicht bebende Stimme die Geräusche der Natur.

"Ich..." Er verstummte. Ich wagte es wieder, in sein Gesicht zu schauen. Dabei fiel mir das Glitzern in seinen Augen auf. "Hach Gott, so pathetisch das auch klingt jetzt, aber..."

Er fiel mir mit all seiner Lebendigkeit um den Hals und dann spürte ich die Bewegungen seiner Lippen an meinem Ohr.

"Ich glaube, ich liebe dich auch..."

Und ich glaubte, dass die funkelnden Sterne in seinen Augen eine ansteckende Wirkung besaßen. Denn die ganze Welt verfloss zu einer einzigen Masse ohne irgendwelche Begrenzungen, und als ich die Augen zupresste und die Arme so fest wie nur irgendwie möglich um meinen Jungen schlang, da wusste ich, dass alles gut war. Dass ich mein Versprechen, für immer mit mir vereint zu sein gehalten hatte.

 

Wir würden nicht mehr in die Unendlichkeit reichen.

Aber auf jeden Fall in die Ewigkeit.

 



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (10)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  jackienobu
2015-04-22T19:41:39+00:00 22.04.2015 21:41
Schöne Geschichte...mit einem überraschendem Ende.
Antwort von:  Anemia
23.04.2015 08:19
Manchmal sind Geschichten schön, die nicht von vorne bis hinten vorhersehbar sind. :)
Danke fürs Lesen!

lg Serpa
Von:  AnniinaAgricola
2015-04-09T15:05:21+00:00 09.04.2015 17:05
Ah! Ich hab mich gerade komplett in Weston verliebt!!!! *_*
Antwort von:  Anemia
11.04.2015 17:01
Als ich das hier geschrieben habe, ging es mir nicht viel anders als dir. :) Schön, dass du ihn so magst und danke fürs Lesen. :)

lg Serpa
Von:  selena
2014-11-01T20:16:46+00:00 01.11.2014 21:16
oh wie süß is das den?!
so eine wendung hätte ich jetzt nicht gedacht, aber sie passt perfekt zu der story.
einfach super.
Antwort von:  Anemia
02.11.2014 11:58
Schön, dass du es mochtest. :)
Na ja, nebenberuflich bin ich eben noch immer Kitschnudel. Hin und wieder schleichen sich dann solche Sachen ein. :)

lg Serpa
Von:  Leviathena
2014-01-30T09:29:19+00:00 30.01.2014 10:29
Ah, ein Fuß fetishist ;) eine häufig vernachlässigte erogene Zone :3 Sehr heiß mal wieder :D
Antwort von:  Anemia
30.01.2014 10:46
Echt mal. :D Wo liest man schon solche Sachen? Ich bin ja immer bisschen darauf aus, dass ich mal etwas schreibe, das man selten findet. ;)
Freut mich sehr, dass es dir gefallen hat. :)
Antwort von:  Leviathena
30.01.2014 10:52
Die meisten finden Füße ekelig und vernachlässigen diese daher ;) sehe das aber auch anders, nicht umsonst hat mein kleiner Joshua Probleme damit, dass ihm die Füße gewaschen werden xD
Antwort von:  Anemia
30.01.2014 10:54
Na ja, umso besser, dass ich wenig eklig finde *hust*. :D Na ja, eigentlich ekle ich mich vor vielem, aber im sexuellen Sinne, da sieht das schon anders aus...*räusper* :D
Antwort von:  Leviathena
30.01.2014 11:06
Genau deswegen bin ich ja auch ein Fan deiner Geschichten :D
Von:  Leviathena
2014-01-26T22:29:24+00:00 26.01.2014 23:29
Hrhr, hat er sich so gedacht, ne ;) ich stelle mir diese umhänge immer so unansehnlich vor :P warum nur hast du sowas gewählt xD
Antwort von:  Anemia
27.01.2014 08:20
Mh, die Dinger sind äußerst praktisch...das Ausziehen geht so viel einfacher vonstatten...;)
Außerdem kann ich mir vorstellen, dass es für den Träger tatsächlich sehr angenehm ist. Ich zum Beispiel liebe es, mich nur in ein Handtuch einzuwickeln. :D

Na ja, ist halt Ansichtssache. Ich persönlich finds jetzt nicht so schlimm. :D
Antwort von:  Leviathena
27.01.2014 09:26
Liegt vielleicht auch an meiner Vorstellung :P nen Handtuch wäre eine Sache, aber son Umhang..keine körperkontur oder so (^_^) egal, Hauptsache es bleibt nicht lange an :D
Von:  Leviathena
2014-01-17T23:02:59+00:00 18.01.2014 00:02
Oh ja das gefällt mir :D ein widerspenstigen gefangener der zugleich ein Geheimnis ist. Verbotenes früchtchen :D
Antwort von:  Anemia
20.01.2014 16:53
Jap...die verbotenen Früchte schmecken doch immer am süßesten. :) Und Dinge, die einfach zu haben sind, sind längst nicht so reizvoll wie die schwierigen. ;)
Von:  Leviathena
2014-01-15T20:40:28+00:00 15.01.2014 21:40
Lol....klingt so, als wenn er wirklich wieder daneben greift oder sich einfach selbst mal bedient xD
Antwort von:  Anemia
16.01.2014 10:47
Mhmhmh, mit einer Sache könntest du Recht haben...oder sogar mit beiden. :D Aber mein Name ist Hase, ich weiß von nichts~ ;)
Erstes Kapi is schon in der Warteschlange.


Zurück