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Darkness ahead

Kaito x Astral
von

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Liebe ist manchmal schmerzhaft...oder immer

Hallo, meine Lieben! :3

Hier meldet sich das Wieselchen mal wieder. Und wieder werden meine Ita-Sasu-Leser enttäuscht sein, aber keine Sorge. Sobald ich diese Idee aus meinem Kopf geschrieben habe, mache ich an dem Konzept für meine neue ItaSasu weiter. :3

Bis dahin freue ich mich über Feedback hierzu.
 

Mehr fällt mir jetzt nicht mehr ein, also wünsch ich jedem viel Spaß mit dem ersten Kapitel.

Euer Wieselchen :3~
 

Kapitel 1

Beobachtung 46: Liebe ist manchmal schmerzhaft…oder immer.
 

Astral beobachtete Yuma nun schon eine ganze Weile. Seit der Entscheidungsschlacht waren inzwischen ein paar Monate vergangen und sein Freund hatte sich erstaunlich gut erholt. Natürlich war Yuma noch immer traurig – immerhin hatte er einen seiner besten Freunde verloren – doch er war noch immer Yuma. Wenn er auch eine Zeit lang ruhiger und zurückgezogener war als normalerweise, inzwischen war er schon fast wieder der Alte. Insgesamt knapp zwei Jahre hatte die Jagd nach den Nummernkarten gedauert und Yuma war in dieser Zeit nicht nur körperlich gewachsen. Er war auch ein Stück erwachsener geworden, obwohl er vor allem nach Meinung Sharks noch immer eher ein 5-Jähriger war als ein 15-Jähriger. Astral konnte dem nur teilweise zustimmen.

Natürlich war Yuma noch immer fröhlich, aufgedreht und unbedacht, doch wenn es die Situation erforderte, konnte er auch ernst sein. Den Spaß stellte er inzwischen immer öfter hinten an, wenn es um etwas Wichtiges ging. Spätestens beim Duell um die Erde hatte er eingesehen, dass der Flow nicht alles regeln konnte. Wenn er nicht ernst genug war und sich nicht auf das konzentrierte, was er tat, konnte alles zum Teufel gehen. Das hatte Yuma gelernt. Und außerdem hatte er gelernt – lernen müssen – dass jemand, den er Freund nannte, nicht zwangsweise dasselbe für ihn empfand. Diese Erkenntnis, zu der Vector ihm verholfen hatte, hätte Yuma beinahe zerstört, doch inzwischen schien alles wieder in Ordnung zu sein und Yumas Freundeskreis wuchs und wuchs. Apropos…

„Yuma?“

Angesprochener hielt es nicht für nötig, in seinem Tun inne zu halten, immerhin waren sie in nicht mal einer Stunde zum Schwimmen verabredet und wenn er sich nicht beeilte, fand er seine Badehose nie rechtzeitig!

„Was denn, Astral?“, fragte er deshalb nur, während er mit seinem halben Oberkörper unter seinem Bett verschwand. Wo zum Teufel war das Ding nur geblieben? Er sollte wirklich öfter aufräumen, aber das war nun wirklich langweilig und am Ende sah es doch wieder aus wie vorher…

Astral wusste nicht so recht, ob er seinen Freund jetzt wirklich fragen konnte, was er wissen wollte, denn so wie dieser drauf schien, war es wahrscheinlich, dass er ihm entweder kaum oder sogar gar nicht zuhörte. Dabei brannte ihm das wirklich auf der Seele und es war wichtig für ihn… Doch schließlich krabbelte Yuma unter dem Bett hervor, als nichts weiter passierte und blickte seinen halb-durchsichtigen Freund fragend an. Sofort als er dessen leuchtende Gesichtszüge studierte, merkte er, dass sein Freund scheinbar wirklich etwas Wichtiges auf dem Herzen hatte, denn er war so furchtbar ernst wie selten zuvor.

„Was ist denn, Astral? Ist etwas passiert?“

Und natürlich machte er sich jetzt sofort wieder Sorgen. Auch das war etwas, das sich wohl nie ändern würde, egal, wie oft Yuma enttäuscht würde, egal wie oft man ihm das Herz aus der Brust zu reißen versuchte oder wie oft man ihn zu Boden warf. Er würde immer ein Herz haben so groß wie die Sonne und genauso warm. Ein schmales Lächeln schlich sich auf Astrals kristalline Züge und er schüttelte den Kopf, was seine Ohrringe leicht zum Schwingen brachte.

„Ich habe eine Frage. Eine wichtige Frage.“

Normalerweise hätte Yuma jetzt sicher geseufzt oder ihn auf später vertröstet, denn sie hatten wirklich nicht mehr viel Zeit und die Badetasche war noch nicht ansatzweise fertig gepackt, doch die Ernsthaftigkeit in Astrals Gesicht sorgte dafür, dass auch Yuma in den ernsten Modus wechselte. Ihm war sowieso aufgefallen, dass Astral in letzter Zeit immer öfter verschwand und erst Stunden später wieder zurückkam und wenn, dann war er immer stumm wie ein Fisch und so in sich gekehrt, dass er Yuma überhaupt nicht beachtete. Einmal war er sogar durch ihn hindurch geschwebt, ohne ihn zu bemerken. Irgendwas stimmte nicht und Yuma hoffte, dass sein Freund jetzt endlich mit der Sprache rausrückte. Er setzte sich aufs Bett und schüttelte kurz seinen schwarzen Schopf. Daraufhin rieselten einige Staubflocken zu Boden, die er unter dem Bett gefunden hatte.

„Wenn…ihr Menschen jemanden mögt… Wie äußert sich das?“

Yuma blinzelte. Wurde Astral etwa gerade wirklich rot um die kristalline Nase? War sein astraler Freund etwa verliebt? Wie süß! Und es machte sogar Sinn! Sofort wurde Yuma klar, warum Astral in letzter Zeit so oft fort war. Er hatte Dates!

Der Duellant konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen und als Astral ihn ansah, wurde er prompt noch eine Nuance roter.

„Das ist nicht lustig, Yuma! Ich mein‘s ernst!“

Der andere räusperte sich und riss sich zusammen. Sicher war es ernst. Doch trotzdem kam er nicht umhin, zu grübeln, wer denn die Auserwählte sein würde. Tori? Oder Cathy? Rio? Aber sie alle konnten Astral doch gar nicht sehen. Vielleicht war gerade das ja sein Problem…

„Tut mir leid… Ok… Uhm… Das ist eigentlich unterschiedlich. Bei jedem äußert sich das anders, weißt du.“

Das war nicht das, was er hatte hören wollen. Es half nicht. Er konnte seine eigenen Gefühle nicht verstehen und hatte sich von Yuma nun erhofft, dass dieser sie ihm erklären konnte. Er mochte Yuma, aber…er mochte auch… Doch wieso fühlte sich das eine so anders an als das andere? Wieso hüpfte sein Herz nicht so bei Yuma wie bei ihm? Wieso hatte er nie ein so starkes Bedürfnis danach, Yuma zu berühren, wie ihn? Wieso musste er ständig an ihn denken, aber nicht an Yuma? Anfangs hatte er geglaubt, dass es daran lag, dass er ja sowieso meistens bei Yuma war, doch inzwischen glaubte er das nicht mehr.

„Geht es um deine…?“

Yuma stockte, denn eigentlich wollte er nicht so gern das Wort Freundin benutzen. Immerhin war Astral kein körperliches Wesen und keines der Mädchen, die ihm einfielen, konnten Astral sehen, also war das wohl kaum das richtige Wort. Doch sein Freund schüttelte leicht den Kopf.

„Nein, eigentlich nicht. Es geht um mich. Ich verstehe nicht, was in mir vorgeht. Es…ist komisch.“

Er seufzte und Yuma verstand gar nichts.

„Erklär es mir.“

Die Stimmung im Zimmer hatte sich in den letzten paar Minuten so gewandelt, dass jemand, der den Kopf herein gesteckt hätte, wahrscheinlich glauben würde, er wäre im falschen Zimmer. Diese Leichtigkeit, die Yuma sonst immer umgab, die Fröhlichkeit und das Ungestüm waren verschwunden, Yuma war vollkommen ernst und konzentriert. Fast, als würde er sich duellieren.

Es dauerte einen Moment, bis Astral den Mut oder die Worte fand, um etwas zu sagen, doch das, was er sagte, ließ Yumas Wangen dann doch leicht rosa werden. Zumal… war das nicht ein wenig sehr…direkt?

„Ich mag dich, Yuma. Aber…“

Aber? Gott sei Dank, es gab ein Aber. Es war zwar nicht so, dass Yuma den anderen nicht mochte, aber nicht auf diese Art und er hätte nicht gewusst, wie er ihm das hätte schonend beibringen sollen, wenn das wirklich… Okay, Konzentration. Es war ja nun nicht so, doch Astral hatte immer noch Probleme, also aufpassen.

„ …Aber… Es gibt da…jemanden…“ Astrals Wangen wurden erneut ein wenig farbenfroher. „…Und…ich glaube, ich mag diesen Jemand auch…“

Und als der Schüler seinen astralen Freund betrachtete, mit leuchtenden Augen und roten Wangen – ganz abgesehen davon, dass Yuma gar nicht gewusst hatte, dass Astral überhaupt rot werden konnte – da glaubte er zu wissen, was los war.

„Aber du magst ihn anders, nicht wahr? Also anders als mich und das verstehst du nicht.“

Der andere nickte und er schien erleichtert, dass sein Partner ihn verstanden hatte. Sogar ohne, dass er viel erklären musste. Aber etwas zu erklären, was er nicht verstand, war sowieso unheimlich schwer und deshalb war Astral noch froher, dass das nicht nötig gewesen war.

„Weißt du, Astral…“, meinte Yuma nun und ein schmales, aber doch vorhandenes Grinsen zierte sein Gesicht. „…Es gibt verschiedene Arten von „jemanden mögen“ oder Liebe. Da wäre zum einen die Liebe zur Familie. Bruderliebe, die Liebe zu den Eltern und so. Diese ist…na ja, fast schon genetisch. Man liebt seine Familie eben bedingungslos, weil sie ein Teil von einem selbst ist. Dann gibt es so etwas, wie das, was wir haben. Freundschaft. Wir mögen uns, wir beschützen uns und wir helfen uns. Das ist das Band, das uns verbindet. Oder Tori und mich oder Tetsuo und mich, Shark und mich, du weißt schon.“

Astral nickte aufmerksam.

„Und dann gibt es noch das, was du gerade fühlst. Ich nenne es mal… romantische Liebe. Und das ist die am schwersten zu erkennende. Weil genau diese Liebe ist es, die sich bei jedem anders zeigen kann. Bei dem einen zum Beispiel äußert sie sich darin, dass man von der Person träumt, die man liebt. Bei einer anderen Person äußert sie sich so, dass man immer in der Nähe desjenigen sein will und wenn man das nicht ist, schmerzt es hier drin.“

Er klopfte sich kurz auf die Brust, da wo sein Herz in seinem Brustkorb schlug.

„Und wieder bei einem anderen ist es so, dass man ständig an die Person denkt, die man liebt.“

Astral blinzelte. Das klang nicht nur einleuchtend und logisch für ihn, es hörte sich sogar fast an wie eine Beschreibung dessen, was er gerade durchmachte. Das meiste von dem, was Yuma gerade aufgezählt hatte, traf auf ihn zu. Und müsste er schlafen, dann stimmte vielleicht auch das letzte.

„Und was kann ich dagegen machen?“

Diese Frage ließ Yumas Augen groß werden und er blickte seinen Freund an, als hätte dieser grade angefangen Tango mit sich selbst zu tanzen.

„Gar nichts.“

Der verzweifelte Gesichtsausdruck, der sich nun auf Astrals Gesicht geschlichen hatte, brachte Yuma zum Seufzen. Er konnte verstehen, dass die Liebe manchmal einfach nur schrecklich war und in Astrals Fall sowieso. Immerhin konnte er seine Herzdame nicht einmal berühren, nicht mit ihr sprechen… Und sie konnte ihn nicht sehen. Und doch hatte der junge Duellant kein Heilmittel für etwas, das keine Krankheit war. Niemand hatte das.

„Tut mir Leid, Astral. Du kannst nur damit leben und versuchen, es zu überwinden. Doch helfen kann dir dabei niemand.“

Astral senkte den Kopf. Er hatte natürlich schon mit Yuma über die Liebe gesprochen, doch in diesem ersten Gespräch hatte er Dinge erfahren, die ihn glauben ließen, er sei nicht verliebt. Immerhin hatte Yuma damals gesagt, Liebe gäbe es nur zwischen Mann und Frau. Doch er liebte keine Frau. Er liebte… Wie sollte er damit zurecht kommen? Er wusste nicht, was er tun sollte. Und in diesem Moment schlichen sich die Gedanken an ihn wieder in seinen Kopf und sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Er wollte ihn sehen. Auch in dem Wissen, dass sie keine Zukunft hatten. Selbst dann nicht, wenn Astrals Gefühle erwidert würden. Und ob das so war, das wusste er nicht. Er hatte ihn noch nie weggeschickt, wenn Astral ihn besucht hatte und bemerkt worden war. Sie hatten sich unterhalten, vor allem über Astrals Heimat, oder waren einfach nur beisammen gewesen, doch Astral hatte nie ein Wort vernommen, das Hinweise darauf hätte geben können, wie er auf den anderen wirkte. Und er selbst hatte immer versucht, normal rüberzukommen, ihn nicht zu bedrängen und dadurch zu verschrecken, denn das, was er wollte – ihn berühren – konnte er sowieso nicht. Und genau das war der Punkt. Selbst wenn Astrals Gefühle erwidert würden, sie hätten nie die Möglichkeit, sich zu berühren, Zärtlichkeiten auszutauschen, wie Yuma es mal genannt hatte.

Ein leises, fast sterbendes Seufzen verließ Astrals Lippen und er hob erneut den Kopf. Er würde sich damit befassen müssen, doch jetzt nicht. Yuma blickte ihn leicht besorgt an und wusste offensichtlich nicht, was er noch sagen oder tun konnte, damit es seinem Freund und Partner besser ging. Um die Bedenken des Duellanten zu zerstreuen, versuchte Astral sich an einem Lächeln und obwohl er nicht sicher war, ob es gelungen war, sah er, wie sich Yumas Züge erhellten.

„Hast du deine Badehose gefunden? Wir haben kaum noch Zeit.“

Diese Frage ließ die Ernsthaftigkeit im Zimmer sofort verpuffen und Yuma sprang panisch auf und begann erneut, sein Zimmer zu durchsuchen. Während er alle Ecken absuchte, die Klamotten durch die Gegend warf und in jeden Schrank schaute, ob dort seine Badehose eventuell lag, schwebte Astral stumm noch immer an der Stelle neben dem Bett und beobachtete seinen Freund, seine Gedanken allerdings waren woanders.

In diesem Moment hörte man von unten die Stimme von Akari nach ihrem Bruder schreien.

„HEY, YUMA! WOLLTEST DU NICHT WEG? ACH, UND WENN DU DEINE BADEHOSE SUCHST, DIE IST AUF DER WÄSCHELEINE!“

„WAAAAAS?“

Sofort schnappte sich Yuma die Tasche mit den bereits eingepackten Sachen und rannte aus dem Zimmer. Astral folgte ihm um einiges langsamer nach und hörte, wie sein Partner sich mit seiner Schwester stritt, Verzeihung, wie er mit ihr diskutierte.

„Wieso hast du mir das nicht schon früher gesagt, man!?“, rief er gerade, als Astral die Treppe hinunter geschwebt kam und er entdeckte seinen Freund, wie dieser an der Wäscheleine stehend gerade die gesuchte Badehose in die Tasche stopfte. Seine Großmutter brachte ihm noch einige Plastikbüchsen, wahrscheinlich mit Snacks für später, bevor er mit einem lauten „Danke, Großmutter! Bis später!“ aus dem Haus stürmte.
 

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Das war Kapitel 1.

Das nächste wird es am Samstag geben. :)

Über Kommentare, konstruktive Kritik und Favoriteneinträge freue ich mich.

Auch Fragen könnt ihr mir gern stellen, wenn welche auftreten sollten.
 

Bis Samstag,

Wiesel ;3

Ich wünsche mir, ich hätte Unrecht gehabt

Hallo ihr Lieben.

Ich bedanke mich bei allen, die das erste Kapitel gelesen haben.

Hier ist nun Kapitel 2.

Viel Spaß damit.
 

Wiesel ~
 

Kapitel 2

Beobachtung 47: Ich wünsche mir, ich hätte Unrecht gehabt.
 

Zum Glück hatte Astral keine großen Probleme, Yuma einzuholen und während sie nun versuchten, wenigstens noch halbwegs pünktlich zu sein, wuchs die Vorfreude beider auf ihre Freunde. Das Spaßbad von Heartland City war aufgrund des zwar recht guten, doch auch etwas kühlen Wetters nicht zu voll, so dass Yuma sich sicher war, die anderen bald zu entdecken. Wo hatten sie sich nochmal verabredet?

„Astral, wo hatten wir uns nochmal verabredet?“, fragte der Duellant, nachdem sie das große Eingangstor hinter sich gelassen hatten leicht außer Atem. Immerhin war er, im Gegensatz zu seinem astralen Freund den ganzen Weg gerannt.

„Bei der Eisdiele.“

Sie wollten sich gerade auf den Weg dorthin machen, als sie von einer glockenhellen Stimme daran gehindert wurden.

„Yumaaaaaaaaaaaaaa!“

Der Schwarzhaarige drehte sich um und erwiderte das enthusiastische Winken Harutos, der freudestrahlend auf ihn zugerannt kam. Sein großer Bruder und dessen Hausroboter kamen langsamer hinterher. Haruto umarmte Yuma stürmisch zur Begrüßung und auch Astral bekam ein strahlendes Lächeln geschenkt.

„Hey, Haruto. Super, dass du auch hier bist. Geht’s dir denn gut genug dafür?“, fragte Yuma sofort, noch bevor Kaito bei ihnen angekommen war.

„Solange ich nicht übertreibe, sagt Nii-san, ist alles ok.“

Das freudestrahlende Gesicht des Kleinen zauberte auch auf Astrals Gesicht ein schmales Lächeln. Ja, Haruto hatte es nicht leicht gehabt und seine Gesundheit war zwar inzwischen besser geworden, doch noch immer war er nicht ganz gesund. In diesem Moment drehte dieser sich in Richtung seines Bruders um und Astrals Blick blieb nun endgültig an Kaito hängen. Dessen ernstes Gesicht sah eigentlich aus wie immer. Man musste schon genau hinsehen und ihn gut kennen, um zu bemerken, dass er keineswegs schlecht gelaunt war. Da der Sommer vor der Tür stand, trug er heute keinen Mantel, wie normalerweise, doch offenbar war es ihm noch zu kühl für kurzärmlige Shirts, denn er trug einen weißes, langärmliges Rollkragensweatshirt zu seiner dunklen Jeans. In der rechten Hand trug er eine kleine Tasche, vermutlich mit den passenden Badeutensilien. In der anderen hielt er die Jacke seines kleinen Bruders.

„Nun komm schon, Nii-san! Die anderen warten sicher schon!“, rief Haruto nun und Astral fiel es nicht schwer, eine kleine, fast nicht erkennbare Reaktion in dem sonst so ernsten Gesicht des Nummernjägers festzustellen. Die wenigsten hätten sie wohl entdeckt, doch das Astralwesen hatte inzwischen eine Menge Übung. Eine kaum erkennbare Röte schlich sich auf sein Gesicht und er war froh, dass Yuma ihn gerade nicht beachtete und Kaito noch zu weit weg war für nähere Beobachtungen, was seine Gesichtsfarbe betraf. Er schloss kurz seine verschiedenfarbigen Augen und zählte in Gedanken bis Zehn. Er war es inzwischen nicht mehr anders gewohnt, denn Kaitos Anwesenheit hatte diese Wirkung auf ihn schon länger. Das war ja auch der Grund, wieso… Er unterdrückte ein Seufzen.

„Yuma… Astral…“, begrüßte Kaito die beiden anderen schließlich, als er bei ihnen angekommen war und sie machten sich zusammen auf den weiteren Weg zu ihrem Treffpunkt. Während Haruto und Yuma sich fröhlich unterhaltend und lachend vor ihnen herliefen, blieb Kaito den ganzen Weg über stumm, ebenso wie Astral, der einfach neben ihm her schwebte und die beiden anderen vor ihnen beobachtete. Er hätte es zwar schön gefunden, wenn Kaito sich mit ihm unterhalten hätte, doch in der Öffentlichkeit war das nicht wirklich möglich, wenn er nicht wollte, dass man ihn für einen Verrückten hielt, der Selbstgespräche führte. Also schwiegen sie und Astral versuchte, seinen rasenden Herzschlag zu beruhigen. Es war genau das passiert, was er vermutet hatte. Er hatte vollkommen gegenseitige Empfindungen. Einerseits war er froh, dass er jetzt hier war, andererseits schmerzte Kaitos Anwesenheit so sehr, dass Astral am liebsten verschwunden wäre. Doch sich einfach in Luft auflösen, wann immer er in Kaitos Nähe war, war auch keine Lösung und dieser Gedanke gefiel ihm sowieso nicht besonders. Immerhin wollte er ja hier sein – bei Kaito.

Es war wirklich viel zu kompliziert. Und verwirrend.

Seine Gedanken wurden von Yuma unterbrochen, der die anderen begrüßte, die neben der Eisdiele standen und warteten. Er entdeckte Tori, Shark und Cathy, Tetsuo war auch da. Also waren sie tatsächlich die letzten.

„Gerade noch pünktlich… Dein Glück“, grummelte Ryoga gerade leise, als sie zu Yuma und Haruto aufgeschlossen hatten. Der Kleine begrüßte auch die anderen fröhlich und man sah ihm an, wie sehr er sich auf den Tag freute, den sie hier verbringen würden. Kaitos Begrüßung fiel wie üblich frostiger aus, doch Astral und mit Sicherheit auch die anderen wussten, dass das nicht daran lag, dass er nicht hier sein wollte oder sie nicht mochte. Es war einfach seine Art. Auch, wenn sein Leben inzwischen nicht mehr so anstrengend und schwer war wie zu seiner Zeit als Nummernjäger, in der er sich selbst vollkommen für Haruto aufgegeben hatte, war es sehr viel schwerer, die Mauer wieder einzureißen, die in dieser Zeit entstanden war, als sie aufzubauen. Gemeinsam machten sie sich auf die Suche nach einem guten Platz, möglichst mit ein paar freien Liegen und wurden auch recht schnell fündig. Unter einem Baum in der Nähe des größten der vier Schwimmbecken fanden sie eine Anordnung von vier Liegen, die noch frei waren. Kaito beanspruchte eine der Liegen und stellte die Tasche darauf ab, bevor er Haruto beim Ausbreiten von dessen Decke half. Der Kleine war so aufgeregt und wollte wenn möglich sofort ins Wasser. Die Mädchen übernahmen die anderen Liegen, bevor sie ihre Klamotten auszogen. Sie alle hatten ihre Badeanzüge bereits an und auch die Jungs hatten daran gedacht. Alle, bis auf Yuma. Dieser musste sich nun mithilfe eines Handtuches, Kaito und seiner Gelenkigkeit erst noch umziehen, bevor er die anderen ins Wasser scheuchen konnte. Kurz bevor Haruto den Beckenrand erreichte, schaute er sich nach seinem großen Bruder um und entdeckte ihn – noch immer vollständig angezogen – auf der von ihm okkupierten Liege sitzen und mit Astral sprechen.

„Nii-san!?“, rief er. „Kommst du nicht mit ins Wasser?“

Der Nummernjäger unterbrach sein Gespräch und antwortete dem Kleineren mit einem leichten Kopfschütteln.

„Nein, geh du nur ohne mich. Und denk dran, nicht übertreiben! Wenn dir schlecht wird oder schwindelig, komm lieber aus dem Wasser!“

„Jaha, mach ich!“, war Harutos Antwort, bevor er mit Schwung ins Wasser sprang und sich sofort an einer Wasserschlacht von Yuma und Shark beteiligte. Kaito schüttelte erneut leicht den Kopf und seufzte fast unhörbar, bevor er sich die Liege ein wenig höher stellte, damit er das Wasser im Blick hatte. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Astral zu, der artig gewartet hatte und nahm den Gesprächsfaden gleich wieder auf.

„Du warst gestern Abend ziemlich schnell verschwunden.“

Astral wusste nicht, ob er sich die Enttäuschung in der Stimme des anderen nur einbildete oder ob sich darin seine Wünsche widerspiegelten, doch er konnte sich der Tatsache nicht erwehren, dass diese Worte und die Art, wie Kaito sie ausgesprochen hatte, ihm Hoffnung machten. Hoffnung auf etwas Unerreichbares.

„Du warst eingeschlafen…“ Und dass er nicht sofort verschwunden war, nachdem Kaito eingeschlafen war…das musste er ja nicht erwähnen. Der andere runzelte die Stirn.

„War ich? Ich dachte, ich wär nur kurz weg gewesen…“

Astral kicherte leise und setzte sich zu dem anderen auf die Liege.

„Du arbeitest einfach zu viel“, meinte er dann und hoffte, dass die Sorgen, die er sich wegen Kaitos Arbeitspensum machte, ihm nicht zu sehr ins Gesicht geschrieben standen. Natürlich konnte er es verstehen, bei dem, was derzeit überall passierte. Doch wenn Kaito sich zu Tode arbeitete deswegen, half das niemandem. Aber so war er eben. Er dachte zuerst immer an die anderen und dann erst an sich selbst.

„Hast du denn wenigstens etwas rausgefunden?“

Die Antwort darauf war ein erschöpftes Seufzen. Also nicht.

Yuma maß dem, was geschehen war, keine Bedeutung bei. Ok, so nun auch nicht. Er maß dem Geschehen weniger Bedeutung bei, als Astral und Kaito. Immerhin fielen weltweit die besten Duellanten ins Koma. Einige waren inzwischen schon gestorben, wenn die Informationen, die der Nummernjäger gesammelt hatte, korrekt waren. In die Öffentlichkeit war davon bisher noch nichts gedrungen. Es hieß nur, einige Duellanten, die am Carneval teilgenommen hatten, seien erkrankt. Doch wie schlimm es war, was genau geschehen war und wieso die Menschen starben, das wusste keiner bisher. Und Kaito wollte es wissen. Um jeden Preis, wie es schien. Astral erwischte ihn auf seinen nächtlichen Besuchen immer häufiger am Computer, doch die Informationen waren bisher sehr spärlich.

Astral machte sich große Sorgen. Wenn die Carneval-Duellanten das Ziel waren, wovon oder von wem auch immer, dann gab es in seiner direkten Umgebung mehrere davon. Shark… Yuma… Und…Kaito.

Vom Wasser drang lautes Gelächter und beide warfen einen Blick in Richtung des Wasserbeckens, aus dem gerade ein fröhlich drein blickender, aber sichtlich erschöpfter Haruto kletterte. Kaito zuckte kurz, als wolle er aufstehen und seinem kleinen Bruder entgegen gehen, doch er hielt sich offenbar mühsam zurück. Auf Astrals kristallinem Gesicht erschien ein schmales Lächeln. Er erinnerte sich gut an dieses sehr kurze Gespräch der Brüder vor ein paar Tagen, in dem Haruto seinem Schatten klar gemacht hatte, dass er kein Baby mehr sei, auf das Kaito den ganzen Tag aufpassen müsse. Und seitdem versuchte der Duellant, seinen Bruder nicht mehr zu sehr zu bemuttern. Und das fiel ihm noch sichtlich schwer, wie es schien.

Langsam kam Haruto näher und seine Wangen hatten eine gesunde Röte. Hinter ihm kletterte nun auch Yuma aus dem Wasser und er sah nicht weniger abgekämpft und gleichzeitig glücklich aus.

“Man, jetzt hab ich aber Hunger, Leute…“, meinte er als er bei ihnen angekommen war. Haruto hatte sich nun doch mit etwas Hilfe von Kaito inzwischen in ein großes, flauschiges Badetuch gewickelt und ließ es sich natürlich nicht nehmen, sich bei dem Größeren einzukuscheln, um sich aufzuwärmen. Langsam stießen nun nach und nach auch die anderen wieder dazu und es wurden Büchsen aufgemacht, Teller ausgeteilt, Getränke aus Rucksäcken geholt und aus dem gegenseitigen etwas anbieten wurde schnell ein kleines Picknick. Die Stimmung war großartig und es gab viel zu lachen. Vor allem Yuma und Shark boten die eine oder andere Situation, die für einen Lachanfall gut geeignet war.

Yuma fiel auf, dass sein Partner sich allerdings nur selten an den Späßen beteiligte. Viel öfter lugte er hinüber zu Kaito und Haruto, der noch immer in den Armen seines Bruders lag und sich ausruhte. Jedes Mal, wenn er zu den beiden hinüber sah, verloren seine Augen ein bisschen von ihrem sonstigen Glanz. Machte der Anblick ihn etwa traurig? Aber wieso? Er warf einen weiteren Blick auf Kaito und Haruto und in diesem Moment kam ihm ein Gedanke, der ihn sich prompt an der Erdbeere verschlucken ließ, die er gerade im Mund gehabt hatte. Sofort bekam er die Aufmerksamkeit aller und auch Astral kam zu ihm hinüber geschwebt und fragte ihn, ob alles okay sei. Shark klopfte ihm ein paar Mal kräftig auf den Rücken und bald darauf ließ der Hustenanfall nach und die Erdbeere gab ihren Versuch, ihn umzubringen auf und verschob ihn auf einen anderen Termin. Er bekam noch ein paar Blicke zugeworfen, bevor alle wieder zu ihrer Beschäftigung zurückkehrten, die im Allgemeinen aus Essen und Quatschen bestanden hatte. Auch sein astraler Freund kehrte zurück auf seinen Platz und setzte sich wieder auf Kaitos Liege, der sogar seine Beine ein wenig beiseite nahm, damit der andere Platz hatte. Dabei war das eigentlich gar nicht nötig. Nachdem Astral sich wieder gesetzt hatte, löste sich Haruto aus den Armen seines Bruders und überbrückte die kurze Entfernung zwischen ihnen.

„Geht’s dir gut, Astral?“, fragte er unschuldig und mit großen Kulleraugen. Überrumpelt und ein wenig von diesen großen, strahlenden und offenen Augen eingeschüchtert, wusste das Astralwesen erst nicht wirklich, was es sagen sollte und öffnete und schloss deshalb den Mund ein zweimal, bevor Haruto ihm den Wind aus den Segeln nahm.

„Du siehst traurig aus.“

Mit schief gelegtem Kopf saß der jüngere Tenjo-Bruder auf der Liege und starrte in Astrals Gesicht. Unschuldig wie er war, hatte er die stechenden Augen seines großen Bruders, die die Seele eines Menschen allein mit einem feurigen Blick in Flammen setzen konnten und dieser flammende Blick, obgleich nicht in böser Absicht und deshalb nicht ganz so heiß, lag nun auf Astral.

„Starr Astral nicht so an, Ototo… Das ist unhöflich…“, hörte man schließlich und Haruto blinzelte. Das ließ die Wirkung seines Blickes zwar verpuffen, doch Astral sah sich genötigt, wenigstens zu antworten.

„Uhm, das kommt dir nur so vor, Haruto. Alles in Ordnung.“ Er setzte ein Lächeln auf, um seine Worte zu untermauern und der Kleine schien sich damit zufrieden zu geben. Anstatt allerdings wieder in die Arme seines Bruders zurückzukehren, warf er sich lieber auf Yuma und stibitzte diesem seine aktuelle Erdbeere. Dieser wurde von dieser Aktion von Astral abgelenkt, konnte aber den dankbaren Blick noch sehen, den sein Partner Kaito zuwarf. Und während er Haruto um ihre Liegen jagte, damit er seine Erdbeere wieder bekam, war er sich sicher. Der Grund für Astrals Liebeskummer war Kaito. Als der Jüngere schließlich die Erdbeere in den Mund steckte und genüsslich kaute, gab Yuma die Verfolgung gezwungenermaßen auf und nahm sich eine neue Erdbeere aus der Büchse, die Tori ihm vor die Nase hielt. Bei ihrer zweiten Runde im Wasser zahlte er Haruto den Erdbeerdiebstahl heim, indem er ihn schnappte und ins Wasser schmiss, allerdings schien dem Kleinen das eher ein Riesenspaß gewesen zu sein als eine Strafe und Yuma ließ es gut sein. Der restliche Tag verlief ähnlich.

Yuma, Haruto, Tori und die anderen gingen noch mehrfach ins Wasser, nur Kaito konnten sie nicht dazu überreden, ihnen Gesellschaft zu leisten. Er blieb lieber mit Astral auf seiner Liege sitzen und redete. Erst als der Abend langsam hereinbrach und die Sonne schon tief genug stand, dass es merklich abkühlte, sammelten sie ihre Sachen ein und machten sich als Gruppe auf den Heimweg. Die ersten, die in Richtung ihres Zuhauses abbogen, waren Cathy und Tetsuo gefolgt von Shark und Rio und schließlich verabschiedete sich auch Tori und ließ es sich nicht nehmen, nach Yuma auch Haruto und Kaito eine kurze Umarmung zum Abschied zu verpassen. Am Ende blieben nur noch Yuma, Astral, Haruto und Kaito übrig und als es schließlich so weit war, dass auch die beiden Tenjo-Brüder in eine andere Richtung abbiegen mussten, musste Yuma Haruto versprechen, dass sie bald wieder gemeinsam ins Schwimmbad gehen würden. Der Kleine verabschiedete sich auch von Astral und lief schonmal vor, so dass er nicht hörte, wie Kaito Yuma einzubläuen versuchte, dass er diese seltsame Sache mit den Duellanten nicht auf die leichte Schulter nehmen solle.

„Sei vorsichtig“, meinte Astral noch und Kaito nickte, bevor er zu seinem Bruder aufschloss und schließlich verschwanden sie um eine Ecke. Nachdem sie weg waren und Yuma seinen Freund leise seufzen hörte, wollte Yuma den anderen auf seine Vermutung Kaito betreffend ansprechen, doch dazu kam es nicht mehr.

„YUMAAAAAAAAAAAAAAAA!“

Haruto und Orbital kamen um die Ecke gelaufen und das panische Gesicht des Jungen ließ bei dem Duellanten und seinem Partner sofort alle Alarmglocken läuten.

„Haruto, was ist passiert? Ist was mit Kaito?“

Der Kleine kam vor ihnen zum Stehen und atmete erst ein paar Mal ein und aus, bevor er genug Luft in den Lungen hatte, um zu antworten. Er zeigte mit zitternder Hand auf die Ecke, um die er gerade noch mit seinem Bruder gebogen war und in seinen Augen glänzten Tränen der Angst und der Panik.

„Da ist so ein… so ein…“ Der Kleine rang einige Sekunden mit Worten, bevor er weiter sprach. „…So ein… Kaito! Du musst Kaito retten!“

Er zog an Yumas Arm und zu dritt liefen sie auf die Ecke zu. Astral hatte Angst vor dem, was sie sehen würden und Angst um den Nummernjäger schnürte ihm die Kehle zu. Er hatte eine furchtbare Vermutung und als sie um die Ecke bogen, wurde sie Gewissheit.

Vor ihnen auf dem menschenleeren Weg lag Kaito.
 

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Das war Kapitel 2.

Das nächste folgt am nächsten Samstag. :)

Über Kommentare, konstruktive Kritik und Favoriteneinträge freue ich mich.
 

Bis Samstag,

Wiesel :3

Ich hasse Krankenhäuser

Hallo, ihr Lieben. :)

Hier sind wir nun bei Kapitel 3 angekommen.

Danke an alle, die die ersten beiden Kapitel gelesen haben.

Ich wünsche euch viel Spaß.
 

Kapitel 3

Beobachtung 48: Ich hasse Krankenhäuser.
 

Er lag auf dem Rücken und es sah so aus, als sei er einfach umgefallen. Die Tasche lag neben ihm und er bewegte keinen Muskel. Yuma und Haruto rannten zu dem leblosen Körper hin und Yuma beäugte ihn panisch. Er schien bewusstlos zu sein, seine Augen waren geschlossen, seine Lippen leicht geöffnet. Würde er nicht mitten in der Öffentlichkeit auf einem Gehweg liegen, könnte man sogar vermuten, er schliefe nur. Als erstes legte Yuma ein Ohr an Kaitos Brust, um zu lauschen. Und Gott sei Dank, da war ein Herzschlag. Er lebte also. Neben ihm schniefte Haruto und seine Hände umklammerten das rechte Handgelenk seines Bruders.

„Nii-san~ Wach doch auf… bitte…“ Er war kaum zu verstehen und langsam kam auch Astral näher geschwebt. Yuma blickte ihn panisch und hilflos an und Astral öffnete den Mund, um etwas zu sagen, ihm einen Tipp zu geben, was jetzt zu tun war, doch auch sein Kopf war vom Anblick Kaitos vollkommen leergefegt worden. Er konnte nicht mehr klar denken. Alles, was noch in seinem Kopf war, war der Gedanke daran, was geschehen würde, wenn sie nichts unternahmen. Er würde – wie die anderen angegriffenen Carneval-Duellanten vor ihm – wahrscheinlich sterben. Als Yuma einsah, dass er auch von Astral keine Hilfe erwarten konnte, tat er, was ihm als erstes einfiel. Er legte seine Hände auf Kaitos Schulter und schüttelte ihn.

„Komm schon, Kaito. Tu mir das nicht an!“

In diesem Moment kam eine junge Frau um die Ecke gelaufen und entdeckte die kleine Gruppe. Sofort kam sie herbei geeilt und erfasste die Situation binnen Sekundenbruchteilen. Sie hockte sich zu Kaitos leblosem Körper hinunter, nahm dessen noch freies Handgelenk und prüfte gekonnt den Puls. Offenbar hatte sie Ahnung von dem, was sie tat. Währenddessen fragte sie, was passiert war. Yuma versuchte, ihr so gut es ging zu antworten, da Haruto noch immer viel zu aufgelöst war, um auch nur ein Wort herauszubringen und schließlich nahm sie ihr Handy aus der Tasche und rief einen Krankenwagen. Dann wandte sie sich an den Kleinen und versuchte, ihn zu trösten. Sie fragte nach seinem Namen und versicherte ihm, dass alles wieder gut würde. Wenige Minuten später hörten sie schon die Sirenen des Krankenwagens und nachdem dieser eingetroffen und Kaito sicher im hinteren Teil auf einer Trage lag, stiegen Yuma, Haruto und die junge Frau, die sich selbst als Miko vorgestellt hatte hinzu. Die Fahrt zum Krankenhaus dauerte nicht lange und während Miko mit dem Sanitäter sprach und ihm die Situation erklärte, versuchte Yuma, den kleinen Tenjo zu trösten. Astral schwebte stumm neben ihnen und sein Blick lag auf Kaitos ausdruckslosem Gesicht. Er würde herausfinden, was hier vorging. Er würde Kaito retten und wenn es das letzte war, was er tat.

Allerdings hatte er noch keine Zeit für Nachforschungen, denn der Krankenwagen hatte sein Ziel erreicht und die Jungs und Miko verließen ihn, damit der Sanitäter Kaito auf seiner Trage aus dem Gefährt bekam. Sofort wurde er ins Innere des großen, hell beleuchteten Gebäudes gefahren, während die beiden Jungs, Astral und Miko zurückblieben. Die junge Frau legte einen Arm um Haruto und einen um Yuma und führte sie langsamer hinterher, während sie beruhigend auf beide einredete. Yuma war froh, dass sie hier war. Er selbst hätte nicht gewusst, was er tun konnte. In so einer Situation war er noch nie gewesen und noch nie in seinem kurzen Leben hatte er sich so hilflos gefühlt wie in dem Moment, als er Kaito auf der Straße hatte liegen sehen. Miko, die scheinbar in diesem Krankenhaus arbeitete, denn die Dame an der Rezeption fragte sie, was sie denn schon wieder hier mache, brachte Yuma und Haruto in den Warteraum und besorgte erst einmal heiße Schokolade, bevor sie die Formulare besorgte, die ausgefüllt werden mussten.

Während die Jungs an ihren Tassen nippten, setzte sie sich auf einen der noch freien Wartestühle und lächelte.

„Macht euch keine Sorgen. Die Ärzte kümmern sich gut um euren Freund. Und Bruder. Aber jetzt brauche ich eure Hilfe. Wir müssen das hier ausfüllen, damit die Ärzte und Schwestern auch Bescheid wissen, was los ist, wie sie ihn behandeln müssen und ob er schon krank ist und sie besonders aufpassen müssen.“

Harutos Lippen begannen gefährlich zu zittern und Yuma stellte seine Tasse weg und nahm den Kleinen in den Arm. Bei den allgemeinen Dingen half er Miko aus; Name, Alter, Adresse… Das wusste er. Doch Kaitos Krankengeschichte kannte er leider nicht und Haruto war nicht in der Lage zu antworten. Deshalb sprang Orbital in die Bresche und suchte sich einfach die nötigen Informationen aus seinem Speicher.

„Vielen Dank, Yuma. Du hast uns sehr geholfen“, meinte sie schließlich, als sie fertig war und stand auf. Der Duellant schaute sie verwirrt an. Hatte er ihr seinen Namen verraten? Er erinnerte sich nicht daran. Die Krankenschwester lächelte und deutete den Blick richtig.

„Mein Sohn ist ein großer Fan von dir. Wenn ich ihm erzähle, dass ich dich getroffen habe, wird er unheimlich neidisch sein und drei Tage nicht mit mir sprechen.“

Und trotz der Situation, in der sie sich befanden, musste Yuma lächeln.

„Oh… Soll ich jemanden für euch anrufen? Jemanden, der euch abholt, zum Beispiel?“

Als Yuma den Kopf schüttelte, nickte sie und strich Haruto noch einmal durch das hellblaue Haar, bevor sie ihr Clipboard nahm und sie allein ließ.

„Astral… Bleibst du eben kurz bei Haruto? Dann gehe ich schnell telefonieren.“ Nachdem sein Freund ihm mit einem Nicken zu verstehen gegeben hatte, dass er bleiben würde, nahm Yuma seinen D-Gazer aus seiner Badetasche und verließ das Krankenhaus. Draußen angekommen schloss er kurz seine Augen und eine einzelne Träne lief über seine Wange. Verdammt. Er würde jetzt nicht heulen wie ein Baby. Das konnte er sich nicht leisten. Immerhin musste er stark sein für Haruto. Und außerdem gab es gar keinen Grund. Kaito war nicht tot und er würde sicher wieder gesund werden. Wahrscheinlich hatte er nur einen Schwächeanfall oder so…

Er atmete tief durch und rief als erstes bei sich zuhause an. Inzwischen war es fast dunkel und seine Großmutter und seine Schwester machten sich sicher Sorgen, weil er noch nicht zuhause war. Kaum hatte er gewählt, als auch schon seine Schwester in einem kleinen Fenster vor seinen Augen erschien.

„YUMA! WO ZUM…“, sie stockte, als sie sich ihren Bruder genauer betrachtete. „Ist was passiert? Du siehst aus, als wäre jemand gestorben…“

Die Formulierung trieb dem Jungen wieder die Tränen in die Augen, doch er riss sich zusammen.

„Nein… Es ist nur… Kaito ist umgekippt und… Ich steh grad vorm Krankenhaus…“ Er holte einmal tief Luft. „Kann ich eventuell jemanden mitbringen? Ich will Haruto nicht alleine lassen, weil sein Vater gerade nicht in der Stadt ist und…“

„Natürlich, mein Schatz…“, mischte sich nun seine Großmutter ein und schob Akari ein wenig aus dem Bild, damit sie ihren Enkel ansehen konnte. Besorgt musterte sie ihn und sofort fiel ihr seine unnatürlich weiße Gesichtsfarbe auf und die Tränen, die in seinen Augen schimmerten.

„Soll ich euch abholen?“, fragte nun die Rothaarige wieder und Yuma nickte dankbar. „Alles klar, ich fahr gleich los. Erwartet mich in fünfzehn Minuten. Bis gleich.“

Damit legte seine Familie auf und Yuma wählte sofort noch einmal. Diesmal allerdings rief er Tori an, um ihr zu erzählen, was passiert war. Sie ging auch sofort ran und erkannte sofort, dass etwas nicht stimmte.

„Hey, Yuma… Was ist denn los? Du siehst nicht gut aus.“

Der Schwarzhaarige schluckte und lächelte schief und absolut unglücklich.

„Warte eben, ich hole noch schnell Shark dazu. Dann muss ich es nicht zweimal erzählen…“

Kotori nickte und wartete, bis Yuma auch Ryogas Nummer gewählt hatte und dieser dran gegangen war. Nun hatte Yuma sie beide vor seinen Augen und auch Ryoga bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Seine Augenbrauen zogen sich argwöhnisch zusammen, als er Yumas Gesicht sah.

„Also, Yuma. Was ist passiert?“, fragte Tori erneut.

Yumas Blick glitt kurz durch die Glastüren des Krankenhauses, doch sehen konnte er außer einem hell erleuchteten Gang und einer Tür nur für Personal nichts.

„Wo bist du?“, fragte Shark leicht ungeduldig.

„Ich bin vor dem Krankenhaus.“

„Krankenhaus? Oh mein Gott, bist du verletzt? Ist was passiert?“ Toris Augen weiteten sich leicht vor undefinierter Angst. Sie musterte Yuma von ihrem kleinen Fenster aus, soweit sie es eben auf der aktuellen Kommunikationsebene konnte.

„Nein, mit mir ist alles ok. Aber… Kaito ist umgefallen. Haruto und ich sind noch beim Krankenhaus, aber meine Schwester holt uns bald ab. Der Kleine kommt erstmal mit zu mir…“

Tori hatte die Hand vor den Mund geschlagen und auch Shark wirkte ob der Nachricht leicht geschockt.

„Was ist passiert?“, fragte er besorgt. Yuma hatte keine Antwort darauf und zuckte resigniert mit den Schultern.

„Keine Ahnung.“ Wieder spürte er, wie Tränen in seinen Augen brannten und er atmete tief durch, legte zwei Finger an seine Nasenwurzel und imitierte so, ohne, dass er es merkte, Kaito, wenn dieser gereizt oder genervt war. Tori wurde aufgrund seiner Reaktion noch besorgter.

„Ich komm vorbei, ok?“ Noch bevor Yuma antworten konnte, hörte er auch Sharks Stimme. „Ich auch. Wir treffen uns bei dir und dann reden wir.“

Ohne auf eine Reaktion des anderen zu warten, beendete Ryoga das Gespräch und Yuma war sich sicher, dass er sofort aufgesprungen und losgerannt war. So würde er wahrscheinlich noch eher da sein als Haruto und er.

„Kopf hoch, Yuma. Alles wird gut“, versuchte seine beste Freundin ihn aufzumuntern und auch, wenn das beruhigende Lächeln, dass sie ihm zu schenken versuchte, nicht ganz gelang, fühlte er sich doch etwas besser. Nachdem auch Tori aufgelegt hatte, kehrte er zu Haruto zurück und setzte sich wieder zu ihm. Sofort kuschelte sich der kleine Tenjo an ihn und schniefte leise. Astral, der Yuma irgendwie glanzloser vorkam als üblich, kam zu ihm geschwebt und Yuma erzählte ihm leise, was geschehen war und dass sie bald abgeholt würden. Nur zwei Minuten später kam Miko wieder zu ihnen und brachte sie zu einem Krankenzimmer, neben dessen Tür nun in sauberer Handschrift K. Tenjo zu lesen war. Haruto betrat das kleine Zimmer als erster und als er seinen Bruder in dem viel zu groß scheinenden Bett liegen sah, begann er wieder leise zu weinen. Eine kleine Lampe erhellte das Zimmer spärlich, so dass schlafende Patienten nicht gestört wurden, aber die Pfleger und Schwestern ihre Arbeit machen konnten. So konnten Yuma, Astral und Haruto Kaito sehen, der blass und still in seinem Bett lag. Seine Brust hob und senkte sich gleichmäßig und kaum sichtbar. Yuma sah mit Erleichterung, dass sein Freund nicht an irgendwelche piependen Apparate angeschlossen war. Das hätte Haruto nur noch mehr erschreckt, als der Anblick seines Bruders allein es schon vermocht hatte. Außer dem Bett gab es in dem Zimmer sowieso nicht allzu viele Gegenstände. Zwei Stühle standen an der Wand vor dem Fenster, es gab einen großen buchefarbenen Kleiderschrank und neben dem Bett einen kleinen Nachttisch in derselben Farbe. Es gab eine weitere Tür, die man fast übersehen hätte, gäbe es nicht den silbernen Türgriff. Wahrscheinlich das Bad. Vor dem Fenster hing eine Jalousie, die jetzt geschlossen war.

Leise führte Yuma den kleinen Tenjo ins Zimmer und an das Bett, in dem Kaito lag. Er hob ihn hoch und setzte ihn vorsichtig auf dem Bett ab, so dass Haruto die kalte Hand seines Bruders in seine eigene nehmen konnte. Astral schwebte noch immer an der Tür und hatte furchtbare Angst, den Raum zu betreten. Er wusste nicht wieso, doch er hatte das Gefühl, es wäre seine Schuld, dass Kaito nun in diesem Zustand war und würde er zu nahe kommen, hätte das negative Auswirkungen auf ihn. Auch Orbital blieb an der Tür stehen und selbst für einen Roboter wirkte er sehr traurig.

Yuma stand am Bett und hatte eine Hand auf Harutos Rücken gelegt. Er betrachtete Kaitos Gesicht und versprach ihm still, dass er auf den Kleinen aufpassen würde, bis es ihm wieder besser ginge. Miko beobachtete die Jungs einen Moment und trat dann ebenfalls in das Zimmer.

„Kommt… Lasst ihn sich ausruhen.“ Sie wartete, bis Haruto seinem Bruder noch einen Kuss gegeben hatte und vom Bett gerutscht war, bevor sie die Jungs wieder aus dem Zimmer führte und die Tür leise schloss. Dann hockte sie sich zu dem kleinen Blauhaarigen hinunter und lächelte ihn warm an.

„Mach dir keine Sorgen. Dein Bruder ist hier in guten Händen. Er ist stark und sicher bald wieder gesund.“

Haruto nickte stumm und Miko erhob sich wieder und wuschelte ihm durch das blaue Haar. Die Krankenschwester führte Yuma und Haruto zurück zum Eingangsbereich. Es war still im Flur. Die einzigen Geräusche waren die Schritte der drei Personen und das leise Surren von Orbitals Motor. Vor der Rezeption entdeckte Yuma seine Schwester stehen. Wahrscheinlich erkundigte sie sich gerade nach ihm und die Rezeptionistin zeigte in ihre Richtung. Miko verstand die Geste und verabschiedete sich mit einer kurzen Umarmung von den beiden, bevor sie versprach, persönlich anzurufen, wenn sich etwas tun sollte. Sie nickte Akari kurz zu, die die Jungs inzwischen erreicht hatte und zog sich dann zurück. Die Rothaarige musterte Yuma und Haruto und nahm beide kurz in den Arm. Astral wünschte sich in diesem Moment nichts sehnlicher, als ebenfalls eine Umarmung. Doch der Fluch einer Astralgestalt machte das für ihn unmöglich. Gern hätte er sich zurückgezogen, doch er wollte Yuma und Haruto nicht allein lassen. Vor allem der kleine Tenjo benötigte jetzt jeden Halt, den er bekommen konnte und Astral war auch froh über Gesellschaft. Allein in seinem Schlüssel wäre ihm sicher nur die Decke auf den Kopf gefallen.

Zu viert, mit Astral zu fünft machten sie sich auf den Weg zum Parkplatz, auf dem Akaris Auto stand. Yuma, Astral und Haruto setzten sich nach hinten, während Orbital sich in den Bereich vor dem Beifahrersitz zwängte. Normalerweise hätte Yuma diesen zwar mit Freuden eingenommen, doch gerade jetzt wollte er lieber bei Haruto sein. Die Fahrt verlief schweigend und als sie bei Yuma zuhause ankamen, bog gerade Tori um die Ecke. Sie entdeckte das Auto und blieb stehen, um auf Yuma und die anderen zu warten, so dass sie zusammen ins Haus gehen konnten. Sobald Haruto ausgestiegen war, lief sie zu dem Kleinen und umarmte ihn ebenfalls. Auch Yuma bekam eine kurze Umarmung und Astral ein kleines Lächeln, das ihn allerdings nicht im Geringsten trösten konnte. Noch immer schweigend machten sie sich auf den kurzen Weg zum Haus und Haru öffnete ihnen sofort die Tür. Hinter ihr stand Ryoga, also hatte Yuma mit seiner Vermutung recht behalten, sein Freund wäre wahrscheinlich eher hier als sie selbst. Die Stimmung war gedrückt und niemand traute sich wirklich, zu fragen, wie es Kaito ging. Haruto hatte sich gerade erst halbwegs beruhigt, auch wenn seine Augen noch immer vom vielen Weinen gerötet waren und er ab und zu leise schniefte. Hätten sie jetzt über Kaito gesprochen, wäre all das wahrscheinlich vorbei gewesen.

Schließlich bereiteten Haru und Akari das Abendessen zu und die Teenager versuchten, sich irgendwie abzulenken. Sie würden über Kaito sprechen, wenn Haruto nach dem Essen ins Bett gesteckt worden war. Der Kleine hatte sich neben Yuma auf der Couch eingerollt und starrte traurig dreinblickend einfach geradeaus. Es war fast so, als sei er bei Kaito im Krankenhaus geblieben und nur sein Körper wäre Yuma nachhause gefolgt. Der Schwarzhaarige strich ihm ab und zu beruhigend durch das hellblaue Haar, doch er erhielt keine Reaktion. Astral hatte sich verzogen und saß auf dem Dach. Er blickte in den mit Sternen übersäten Himmel und sein Herz weinte leise vor sich hin. Kaitos Nachforschungen, was die Angriffe auf die Carneval-Teilnehmer betraf, waren nicht besonders erfolgreich gewesen. Er hatte nur herausgefunden, dass die Ärzte keine wirkliche Ahnung gehabt hatten, was die Ursache für die Zusammenbrüche gewesen sein könnte. Rein körperlich waren alle kerngesund und auch in ihren Köpfen schien alles in Ordnung gewesen zu sein. Und genau so schien es nun auch bei Kaito selbst zu sein. Astral ging davon aus, dass Kaito das aktuelle Opfer desjenigen war, der es auf die Duellanten abgesehen hatte. Er würde Haruto fragen müssen, ob der Kleine etwas gesehen hatte. Doch irgendwas hinderte ihn daran. Immerhin war es für ihn nicht weniger einfach als für Astral selbst, dass Kaito nun im Koma lag. So wie der kleine Tenjo an seinem großen Bruder hing, war das aber auch kein Wunder.

Schließlich raffte er sich auf und schwebte zurück ins Haus. Gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Yuma Haruto zudeckte. Dieser lag in Yumas Bett und rieb sich die rotgeweinten Augen. Der Duellant setzte sich noch auf die Bettkante und wickelte den Kleinen ein bisschen mehr in der Decke ein, bevor er sich wieder erhob und der Tür zustrebte. Kurz bevor er diese allerdings erreichte, wurde er von einer müden, leisen Stimme aufgehalten.

„Yuma?“

Angesprochener drehte sich noch einmal um und blickte in Harutos Augen, die trotz Müdigkeit nichts von ihrer Fesselungskraft verloren hatten. „Du weckst mich doch, wenn Miko-nee-chan anruft, oder?“

In Yumas Gesicht erschien ein schmales, traurig angehauchtes Lächeln.

„Natürlich, Haruto.“

„Versprochen?“

Yuma machte ein Schwurzeichen. „Versprochen.“

Nun endlich schlossen sich müde, goldgelbe Augen und Yuma verließ zusammen mit Astral das Zimmer und schloss leise die Tür. Sie gingen ins Wohnzimmer, in dem Ryoga und Tori saßen. Haru und Akari waren nirgends zu sehen, doch das kam Yuma gerade recht. Er setzte sich zu seinen Freunden und Schweigen breitete sich über die drei aus. All das Positive dieses Tages verblasste gegen den Schicksalsschlag, der die Familie Tenjo nun ereilt zu haben schien. Weder das Lachen, noch der Spaß oder die wunderbare Zeit, die sie zusammen verbracht hatten, schien jetzt noch von Bedeutung zu sein. All das wurde weggewischt von einem einzigen Ereignis, das eine Familie zerstören konnte. Und mehrere Freundschaften. Schließlich war es Tori, die die bedrückende Stille nicht mehr aushielt und das Wort ergriff.

„Also Yuma… Was ist denn jetzt genau passiert?“

Yuma seufzte schwer und erzählte den beiden, was geschehen war. Er erzählte von ihrem Abschied, wie Haruto und Kaito mit Orbital um die Ecke gebogen waren und wie der Kleine nur wenige Minuten später panisch zurückkam, wie sie Kaito gefunden hatten und wie Miko ihnen geholfen und dafür gesorgt hatte, das er ins Krankenhaus kam.

„Ich habe keine Ahnung, was passiert ist. Er lag einfach da. Auf den allerersten Blick dachte ich, er…“

Tori legte ihm eine Hand auf den Oberschenkel und Ryoga verschränkte die Arme vor der Brust.

„Es muss doch irgendeinen Grund gegeben haben, dass Kaito bewusstlos wurde. Hast du keinen Hinweis gefunden? Nichts Ungewöhnliches bemerkt?“

Yuma schüttelte nur den Kopf, als Astral die Stimme erhob.

„Ich denke, ich weiß, was passiert ist“, meinte er leise, bekam aber trotzdem die Aufmerksamkeit von Yuma.

„Was meinst du damit, du weißt, was passiert ist?“

Im ersten Moment wussten Kotori und Shark nicht, was mit Yuma los war, bis ihnen aufging, dass er wahrscheinlich mit Astral sprach. Manchmal war es wirklich schrecklich, dass sie ihn weder sehen oder hören konnten.

„Wenn du genau nachdenkst, weißt du es auch, Yuma. Gerade bevor das mit Kaito passiert ist, was hat er da zu dir gesagt?“

Yuma rümpfte die Nase und überlegte, worauf Astral wohl hinaus wollte. Er rief sich den Nachhauseweg ins Gedächtnis und versuchte, sich daran zu erinnern, was Kaito zu ihm gesagt hatte. Die Tatsache, dass sein Freund im Krankenhaus lag und nicht bei Bewusstsein war, hatte alles andere für eine Weile in den Hintergrund gedrängt, doch nun, wo Astral ihn direkt darauf stieß, fiel es Yuma wieder ein.

„Du meinst… Die Duellanten? Die Carneval-Duellanten, die ins Koma gefallen sind?“

Astral nickte und auch Tori und Ryoga sahen nicht so aus, als wüssten sie nicht, worüber Yuma sprach. Natürlich hatten sie davon gehört, allerdings waren auch sie sich der offensichtlichen Gefahr scheinbar nicht bewusst gewesen.

„Aber die anderen Duellanten leben doch auch noch. Wenn wir herausfinden, was passiert ist, dann wird Kaito wieder gesund“, erwiderte Tori und in ihren Augen glänzte Hoffnung. Yuma allerdings sah, dass Astral ihnen noch etwas vorenthielt. Und das war nichts Gutes.

„Astral, was weißt du noch?“

„Kaito hat Nachforschungen angestellt, denn er glaubte nicht daran, dass das nur Zufälle waren. Und er hat ein paar Dinge herausgefunden. Die Ärzte, die damit befasst waren, haben keine körperliche Ursache für die komatösen Zustände gefunden, in denen ihre Patienten sich befanden… Außerdem…sind inzwischen wohl…zwei der acht betroffenen Teenager…gestorben.“

Yumas Gesichtsausdruck entgleiste ihm und er wurde kreidebleich. Ryoga und Kotori wussten zwar nicht, was Astral gerade gesagt hatte, doch die Reaktion ihres Freundes sprach Bände, es konnte also nichts Gutes sein.

„Aber… Wieso…?“

„Die Presse weiß davon ganz einfach nichts. Sie wollen keine Panik riskieren…“, erwiderte das Astralwesen, das die Frage seines Partners vorhergesehen hatte. Yuma wischte sich daraufhin fahrig über die Stirn und drehte sich zu seinen Freunden um.

„Was, Yuma? Was hat Astral gesagt?“, fragte Ryoga und die Art und Weise, wie Yuma sich benahm, die Totenblässe seines Gesichts, die vor Angst aufgerissenen Augen und die zitternde Unterlippe ließen ihn das Schlimmste vermuten.

„Astral sagt…dass zwei der acht im Koma liegenden Duellanten…gestorben sind.“

Nach dieser Information sprang Ryoga auf und wusste im selben Moment nicht, was er tun sollte. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und zitterten vor unterdrückter Wut und Hilflosigkeit und Kotori hatte ihr Gesicht in den Händen versteckt.

„Woher weiß Astral das alles?“, fragte Shark schließlich gepresst. „Ist das denn sicher?“

Yumas Stimme war sehr leise als er antwortete.

„Kaito hat das rausgefunden. Astral hat…“

„Kaito hat es mir vorhin im Schwimmbad erzählt.“

„…Er hat es Astral vorhin erzählt. Im Schwimmbad.“

Der Lilahaarige ließ sich wieder in den Sessel plumpsen, in dem er schon vor seinem Aufspringen gesessen hatte und stützte seinen Kopf mit der Hand ab. Die Stimmung war auf einem weiteren Tiefpunkt angelangt. Wenn Astrals Vermutung zutraf, dann lag Kaito jetzt vielleicht im Sterben und sie hatten keine Ahnung, was sie dagegen tun konnten. Sie waren schon einmal in ein tiefes Loch gefallen, als Kaito das letzte Mal gestorben war, nachdem bei seinem Duell mit Misael auf dem Mond das Helmvisier seines Raumanzuges gesprungen war und er schließlich erstickt war, doch auch wenn sie damals schon befreundet waren, war das Gefühl der Hilflosigkeit und der Resignation dieses Mal noch stärker als zuvor. Sie alle hatten gesehen, wie sehr Kaito sich verändert hatte, wie er langsam begonnen hatte, die Mauer um sich herum Stein für Stein abzutragen. Sie hatten die kleinen aber feinen Unterschiede bemerkt, die jeder einzelne dieser Steine ausmachte und jetzt sollte all das vorbei sein?

Nein. Wenn es nach Yuma, Tori und Shark ging und vor allem nach Astral, dann wäre es noch lange nicht vorbei. Sie mussten nur herausfinden, was genau geschehen war und es irgendwie rückgängig machen! Nur wie…das war die Preisfrage.

Astral erzählte ihnen alles, was er von Kaito erfahren hatte, auch wenn er nicht wusste, ob diese Informationen irgendetwas ausmachten oder nicht. Er erzählte ihnen, wann und wie die anderen Duellanten gestorben waren, was die Ärzte für Tests gemacht hatten und was sie versucht hatten, als die ersten lebensbedrohenden Symptome aufgetreten waren und Yuma und die anderen kamen nicht umhin, zu staunen, was Kaito alles in Erfahrung gebracht hatte. Er war wirklich ein Genie im Bereich der Informationsbeschaffung. Wie und ob er all das auf legalem Wege erfahren hatte, fragten sie sich am besten gar nicht erst. Nachdem sie nun alle Informationen hatten, die sie von Astral hatten bekommen können, überlegte Yuma noch einmal, ob ihm noch etwas einfiel, allerdings blieben seine Bemühungen ergebnislos. Es gab einfach nichts. Alles war vollkommen normal gewesen, abgesehen davon, dass die Straße, in der sie Kaito gefunden hatten, menschenleer gewesen war, als sie ankamen, doch der Schwarzhaarige wusste nicht, wie ihnen diese Information weiterhelfen könnte.

Sein Kopf rauchte schon von all dem Nachdenken, als Tori die entscheidende Frage stellte.

„Das Wichtigste ist, das wir herausfinden, wer dafür verantwortlich ist, oder? Derjenige kann das sicher wieder rückgängig machen. Wir müssen ihn nur finden und dazu zwingen.“

„Astral war es.“

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Fertig.

Das 4. Kapitel folgt am nächsten Samstag.

Über Kommentare, konstruktive Kritik und Favoriteneinträge freue ich mich.
 

Bis dann,

euer Wiesel :3

Ich bin nicht mehr der Einzige

Hallo, ihr Süßen.

Hier nun Kapitel 4.

Danke an alle, die die ersten drei Kapitel gelesen haben. Viel Spaß.
 

Wiesel :3~
 

Kapitel 4

Beobachtung 49: Ich bin nicht mehr der Einzige.
 

Nach diesem Statement drehten sich alle vier zu dem Neuankömmling um und entdeckten Haruto im Türrahmen stehen. Das zu große T-Shirt, das er von Yuma zum Schlafen bekommen hatte, hing auf halb Acht und eine seiner schmalen Schultern lag frei. Sein Haar war wirr und er kam offensichtlich gerade erst aus dem Bett. Müde rieb er sich eines seiner Augen und gähnte hinter vorgehaltener Hand, als die anderen ihn anstarrten.

„Astral? Aber wie soll Astral…?“, fragte Yuma geschockt und verwirrt und warf einen Blick auf seinen Partner, der diesen ebenso verwirrt erwiderte.

„Ein anderer Astral war es. Er war groß und unheimlich und dunkel…“

Diese Information sorgte erst einmal für Stille.

Schließlich war es Astral selbst, der sie brach.

„Willst du damit sagen, hier ist noch jemand wie ich?“

Der kleine Tenjo blickte ihn daraufhin an und nickte.

„Er ist plötzlich vor uns aufgetaucht und ich hab mich furchtbar erschrocken. Nii-san hat ihn auch gesehen und gesagt, ich soll mit Orbital schnell weglaufen. Das hab ich gemacht und bin zu Yuma gelaufen, obwohl ich Angst hatte, dass der böse Astral Kaito was tut… Und als wir wieder zurück kamen, war er weg und Kaito war…“

Sein Gesicht verzerrte sich und Yuma sprang sofort auf und hob ihn hoch. Haruto schmiegte sich an ihn und fing wieder an, leise zu weinen. Yuma wiegte ihn leicht hin und her und setzte sich dann wieder hin, den Kleinen noch immer in seinem Schoß. Er strich ihm durch das Haar und über den Rücken, um ihn zu trösten, während er die Information verarbeitete, die sie gerade bekommen hatten. Astral war also nicht mehr das einzige Wesen aus der Astralwelt, das hier war. Und dieses andere Astralwesen griff Duellanten an und sorgte dafür, dass sie ins Koma fielen und starben. Doch wieso? Und wie machte es das?

Auch Astral hatte darauf keine Antwort, da die Wächter aus seiner Welt alle verschiedene Kräfte besaßen und kaum eine war wie die andere. Er wusste keinen Rat und die Tatsache, dass außer ihm noch ein anderes Astralwesen in Heartland City sein sollte, warf ihn selbst ziemlich aus der Bahn. Klar war allerdings, dass der andere nicht nur zum Spaß hier war. Astralwesen verließen ihre Welt nicht ohne einen Auftrag. Doch wie lautete er? Und was hatten diese Angriffe für einen Zweck? Was hatte ein Astralwesen davon, Duellanten anzugreifen? Wollte es etwa potentielle Gegner ausschalten? Am liebsten hätte Astral Haruto gefragt, ob er ihm mehr über den anderen Astralen erzählen könnte, doch dieser war in Yumas Armen eingeschlafen und der Kleine hatte ein wenig Ruhe wahrlich verdient. Also brachte der Duell-Champion den Schlafenden zurück ins Bett und als er zurück kam, brachte er gleich noch etwas zu trinken und ein paar Gläser mit. Er stellte die Colaflasche und die Gläser auf den Tisch und setzte sich wieder hin.

Eine Weile blieben sie alle still, bevor vor allem Astral mit Fragen gelöchert wurde. Die Teenager wollten wissen, ob Astral wüsste, was der andere hier wolle, ob er ihn vielleicht sogar kannte oder ob er wüsste, was diese Angriffe bedeuten konnten, im Hinblick auf den Angreifer. Doch er konnte ihnen keine einzige dieser Fragen beantworten, eher im Gegenteil. Er selbst stellte sich dieselben Fragen und noch sehr viele mehr. Vor allem aber wollte er wissen, wie er Kaito retten konnte. Das war seine Priorität im Moment. Sie diskutierten noch eine Weile, doch schließlich war es so spät, dass Tori und Ryoga schleunigst das Weite suchen mussten, wollten sie nicht Ärger mit ihren Eltern bekommen. Sie verabschiedeten sich von Yuma und Astral und Yuma musste sein Versprechen wiederholen, ihnen Bescheid zu sagen, wenn sich etwas an Kaitos Zustand änderte. Schließlich zog sich Astral in den Schlüssel zurück und Yuma verzog sich auf seinen Dachbogen und lag noch eine Weile wach in seiner Hängematte, bevor die Erschöpfung schließlich auch bei ihm Tribut forderte.

Am nächsten Tag konnte Yuma sich den ganzen Tag in der Schule nicht konzentrieren. Ryoga und Tori ging es ähnlich und auch Cathy, Tetsuo und die anderen erfuhren die schlechte Neuigkeit. Da Yuma allerdings nicht nochmal erzählen wollte, was mit Kaito passiert war, übernahmen die beiden anderen die undankbare Aufgabe und erzählten auch gleich, was sie am Abend noch von Haruto erfahren hatten. Dieser war noch bei Yuma zuhause und am Morgen hatte der Schwarzhaarige ihm versprochen, am Nachmittag ins Krankenhaus zu fahren und seinen Bruder zu besuchen. Als Yuma, gefolgt von seinen Freunden am Nachmittag nach Hause kam, wartete der kleine Tenjo schon sehnsüchtig auf ihn und der Duellant hatte kaum Zeit, seine Schultasche abzustellen und sich umzuziehen, bevor Haruto schon wie auf Kohlen hin und her lief und es kaum noch erwarten konnte, dass sie endlich losfuhren. Akari fuhr sie und meinte, sie würde sie auch wieder abholen, Yuma solle nur vorher anrufen. Sie betraten das Krankenhaus und der Kleinste der Gruppe wollte sofort zum Zimmer seines Bruders rennen, wurde jedoch von Yuma aufgehalten. Immerhin waren sie hier in einem Krankenhaus und selbst er wusste, dass man hier nicht durch die Flure rannte. Also gingen sie ruhig und gesittet durch die weiß getünchten Korridore, vorbei an Zimmern, Ärzten und Schwestern. Sie bogen gerade in den Korridor ein, in dem Kaitos Zimmer lag, als es dort einen Notfall zu geben schien. Sie konnten nicht genau erkennen, aus welchem Zimmer die panische Schwester gerannt kam, doch nur Sekunden später liefen mehrere Ärzte und Schwestern dorthin, einige mit Geräten. Als eine der heraneilenden Schwestern plötzlich stoppte und sich zu ihnen umdrehte, erhellte sich Harutos Miene.

„Miko-nee-chan!“

Miko schien sich allerdings nicht halb so sehr darüber zu freuen, sie zu sehen, wie Haruto sich freute. Mit unterdrückter Panik im Blick kam sie zu ihnen gelaufen und der kleine Tenjo wollte sie sofort überreden, sie zu Kaitos Zimmer zu begleiten, doch die Krankenschwester versuchte im Gegenteil, Yuma, Haruto und die anderen vom hinteren Teil des Korridors fern zu halten. Der Schwarzhaarige warf daraufhin einen genaueren Blick auf die offene Zimmertür, durch die noch immer ab und zu jemand hastete. Und seine Augen weiteten sich.

„Das ist Kaitos Zimmer!“

Sofort war Astral verschwunden und schwebte an den Ärzten und Schwestern vorbei in das Zimmer. Das Schlimmste schien inzwischen vorbei zu sein, denn der Arzt neben dem Bett leuchtete gerade in Kaitos blau-graue Augen, um zu sehen, ob sie auf Licht reagierten. Allerdings hatte der Nummernjäger inzwischen einen Infusionsschlauch im Unterarm und hatte sich Yuma am vorigen Abend noch darüber gefreut, dass er an keine dieser gruseligen Maschinen angeschlossen war, würde er jetzt enttäuscht werden. Eine Atemmaske lag über Mund und Nase und ein stetiges Piepen von der Herz-Rhythmus-Maschine zeugte davon, dass der Duellant in dem Bett lebte. Der Arzt und die letzten Schwestern verließen jetzt das Zimmer und Miko führte die Besucher herein. Harutos Blick sprach Bände, als er seinen Bruder sah, jetzt angeschlossen an mehrere Maschinen, die ihm das Leben erleichtern sollten. Astral sah wie ein Geist aus, wie er neben dem Bett schwebte und wenn das möglich war, hatte er all seine Farbe im Gesicht verloren. Und Yuma hätte seinem Partner so gern ein paar aufmunternde Worte geschenkt, doch Miko war mit ihnen im Zimmer, so dass das nicht möglich war. Er stellte sich aber neben ihn, um ihm wenigstens etwas eine Stütze zu sein. Dessen Blick lag auf Kaitos lebloser Form.

„Was ist geschehen?“, hörten die beiden Kotori leise fragen, die Haruto in den Arm genommen hatte und selbst mit einem schmerzvollen Blick in Richtung ihres neuesten Freundes blickte. Miko stand im Türrahmen und blickte kurz zu Boden. Ein volles Zimmer hatte sie nicht wirklich erwartet. Doch nun standen nicht nur Yuma und der kleine Tenjo hier, sondern noch vier weitere Jugendliche und sie alle hatten ähnliche Gesichtsausdrücke. Sie hatten Angst um ihren Freund und Bruder. Selbst der kleine Roboter wirkte auf sie, als würde er jeden Moment zu weinen anfangen.

„Er hatte einen Herzstillstand. Wir wissen nicht, weshalb… Die Signale, die wir bekommen haben, deuten auf große Anstrengung oder große Angst hin, doch…“

Sie zuckte mit den Schultern. Yuma verstand sie. Kaito lag im Bett und konnte sich nicht rühren, also fiel Anstrengung aus. Und Angst… Kaito Tenjo hatte keine Angst. Vor nichts und niemandem. Aber das war nur seine persönliche Meinung. Wie auch immer. Auch das war im eigentlichen Sinne nicht möglich, es sei denn, man glaubte daran, dass Komapatienten träumten. Doch selbst wenn…welcher Traum erschreckte einen Menschen so dermaßen, dass er eine Herzattacke bekam?

„Wir sind ein wenig ratlos…“, gab sie zu und rieb sich die Schläfen.

„Können wir noch bleiben?“, fragte Cathy und ihre Katzenöhrchen hingen kraftlos herunter. Die Krankenschwester rang einen Moment mit sich, doch nach einem Blick in die Gesichter der Teenager seufzte sie leise.

„Na schön. Aber seid ruhig. Keine Lachanfälle, keine Streitereien und keine Karaokeveranstaltungen. Holt euch am besten noch Stühle aus dem Wartebereich.“

Nachdem sie gegangen war, ließ sich Haruto als erstes von Yuma auf Kaitos Bett setzen, damit er sich an seinen Bruder kuscheln konnte. Vorsichtig legte der Kleine sich neben ihn, achtete aber darauf, dass er ihm nicht aus Versehen eine Kanüle ausriss oder etwas verrutschte. Astral blieb einfach neben dem Bett stehen und die Jungs und Rio holten sich wie von Miko vorgeschlagen ein paar Stühle aus dem Warteraum und setzten sich nahe dem Bett ans Fenster. Sie diskutierten leise über das unbekannte Astralwesen, das hierfür verantwortlich war, verstummten aber jedes Mal, wenn eine Schwester oder ein Arzt das Zimmer betrat.

Ungefähr zwei Stunden später entschieden Tetsuo und Cathy, sich erst einmal zu verabschieden, allerdings ließen sie sich versprechen, dass sich jemand meldete, wenn etwas passierte. Kurz nachdem die beiden gegangen waren, hörte Yuma ein leises, überraschtes Geräusch, das offenbar von Astral gekommen war. Er drehte sich zu seinem Partner um, der Kaito anstarrte.

„Astral, was ist? Ist…“, während seiner Worte erhob sich der Schwarzhaarige von seinem Stuhl und lief zu dem anderen hinüber und als er bei ihm angekommen war, sah er es auch. Tränen liefen Kaito über die blassen Wangen. Er schien keinen schönen Traum zu haben. Ryoga, Rio und Tori kamen dazu und auch sie entdeckten die Tränen sofort.

„Verdammt…“, knurrte Shark leise. „Ich hasse es, dass wir einfach nichts tun können… Das macht mich echt fertig…“

„Da bist du nicht der einzige…“, erwiderte Rio und nahm die Hände ihres Bruders in ihre. In diesem Moment erhöhte sich Kaitos Herzfrequenz, was man vor allem an dem schnelleren Piepsen der Maschinen erkannte und erschrocken setzte Haruto sich auf. Hatte er etwas gemacht? Hilflosigkeit schwebte über ihnen wie eine dunkle Regenwolke und aus reiner Verzweiflung heraus griff Yuma nach Kaitos Hand.

„Kaito, hör zu. Wir sind hier, okay? Wir sind alle hier, du bist nicht allein! Halte durch, wir finden schon einen Weg, dich zu retten! Du darfst nur nicht aufgeben!“ Und ob Wunder oder nicht, der Herzschlag des Komapatienten beruhigte sich etwas. Erleichtert atmete Yuma aus, auch wenn er nicht sicher war, ob es tatsächlich seine Worte gewesen waren, die das herbeigeführt hatten oder nicht. Haruto strahlte den Schwarzhaarigen fröhlich an. Er hatte seinen Bruder gerettet! Und auch Shark, Rio und Tori waren sichtbar erleichtert. Selbst Orbital summte leise, als würde er seufzen. Astral schaute auf Yumas Hand, die immer noch die von Kaito hielt und ihm kam eine Idee.

„Yuma.“

„Was ist, Astral? Hast du eine Idee?“

Astral nickte. „Vielleicht habe ich die tatsächlich…“

Yumas Augen wurden groß.

„Erzähl.“

„Kaitos Reaktionen sind nicht natürlich. Komapatienten weinen nicht, oder?“

Die Frage konnte ihm keiner der anderen beantworten, aber eigentlich war es auch egal.

„Ich glaube, dass das kein natürliches Koma ist. Irgendetwas passiert mit ihm. In seinem Kopf.“

Yuma runzelte die Stirn und erklärte den anderen, was Astral gesagt hatte. Tori überlegte einen Moment.

„Du meinst, er träumt?“

„Nein. Ich glaube, er ist in seinem eigenen Körper gefangen. Gefangen in seinem Kopf. Dieser andere hat ihn aus irgendeinem Grund eingesperrt. Und all das, was wir sehen, sind Reaktionen auf das, was er jetzt erlebt. Und wenn das wahr ist…dann kann ich ihm vielleicht helfen.“

„Wie?“, war alles, was sein Partner wissen wollte.

„Indem ich zu ihm gehe.“

„Du willst was?“, fragte der andere ungläubig. „Was, Yuma, was? Was hat Astral gesagt?“

Haruto antwortete an seiner Stelle auf Ryogas Frage.

„Astral will zu Nii-san gehen und ihn retten. Er sagt, der böse Astral hat Nii-san in seinem Kopf eingesperrt und er will ihn wieder rausholen.“

„Das kannst du?“, fragte Rio ungläubig.

„Ich weiß es nicht, Vielleicht. Es kommt darauf an, ob er es zulässt. Und was mich an dem Ort erwartet, an dem Kaito gerade ist…“

Er blickte Yuma an, danach Haruto.

„Soll ich es versuchen?“

Es war nicht ganz klar, wen von beiden er fragte, doch eigentlich war es auch nicht wichtig. Denn sie nickten beide. Astral erwiderte das Nicken und schloss kurz die Augen. Es würde nicht einfach werden, in Kaitos Kopf hineinzukommen. Wenn der andere auch nur ein wenig dagegen ankämpfte, ob bewusst oder unbewusst, konnte das schlimme Folgen für sie beide haben. Wenn Kaito ihn also nicht in seiner Nähe haben wollte oder negative Gedanken oder Gefühle ihm gegenüber hatte, würde Astral wahrscheinlich scheitern. Er atmete tief ein und aus und drehte sich dem Bett zu. Er musterte Kaitos ruhiges, entspanntes Gesicht und betete stumm zu jedem höheren Wesen, das eventuell zuhörte, dass alles gut gehen mochte. Gebannt beobachteten Yuma und Haruto, wie Astral seine Hände hob und auf Kaitos Kopf legte. Dann schloss er erneut die Augen und während er seine Finger krümmte, glitten sie mit Leichtigkeit durch Haut und Knochen und verschwanden im Kopf des Schlafenden. Astral konzentrierte sich auf Kaito und bat ihn darum, ihn einzulassen und mit einem hellen Blitz war er aus dem Krankenzimmer verschwunden.

Als er die Augen wieder öffnete und sich umsah, erkannte er die Straßen von Heartland City. Alles sah ganz normal aus, abgesehen davon, dass die Einkaufsstraße, auf der sich Astral befand, vollkommen menschenleer war. Außer ihm schien kein anderes lebendes Wesen hier zu sein. Nicht mal ein Vogel oder eine Katze. Bei genauerem Hinsehen erkannte er die Straße als die wieder, wo Kaito bewusstlos geworden war und er schluckte. Obwohl die Sonne schien, hatte der Ort etwas Unheimliches und Bedrohliches an sich und Astral spürte, dass er nicht viel Zeit hatte, Kaito hier zu finden. Doch wie sollte er das schaffen? Er wusste nicht, wo der andere sich befand und selbst wenn das hier „nur“ eine gedankliche Projektion der Stadt war, konnte sie trotzdem genauso groß und weitläufig sein wie die echte City. Er konnte sich durchaus verlaufen und das wäre wahrscheinlich das Todesurteil für Kaito. Er blickte sich um auf der Suche nach Hinweisen auf den Aufenthaltsort des Nummernjägers und in einiger Entfernung sah her tatsächlich etwas. Vorsichtig schwebte er näher und erkannte eine Karte auf dem Boden liegen. Er hob sie auf und erkannte sie sofort. In Astrals Hand lag Galaxieaugen-Photonendrache. Seine Hand zitterte leicht und er betrachtete Kaitos liebstes Monster mit wachsender Sorge. Doch immerhin hatte er jetzt einen Anhaltspunkt und machte sich auf den Weg die Straße runter, die der Drache ihm gewiesen hatte.

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Kapitel 5 folgt nächsten Samstag bzwFreitag, wenn die Freischalter schnell sind. :3

Über Kommentare, konstruktive Kritik und Favoriteneinträge freue ich mich.
 

Bis Samstag,

euer Wiesel =^,^=

Die Vergangenheit kann einen verfolgen

Hallo, meine Lieben. :3

Hier bin ich mit dem neuen Kapitel. :D

Ein dickes Danke an AlienBlood23 für 4 Kommentare und meinen ersten Favoriteneintrag. ;D

Ich möchte euch bei dieser Gelegenheit auf die beiden Illustrationen zu dieser Fanfic hinweisen, die beide von diesem Kapitel inspiriert wurden. :3 Schaut doch mal rein. :B

Und jetzt wünsche ich euch viel Spaß beim aktuellen Kapitel. :D
 

Kapitel 5

Beobachtung 50: Die Vergangenheit kann einen verfolgen.
 

Als er die Augen öffnete, blickte er in einen wolkenlosen, blauen Himmel. Was war passiert? Er erinnerte sich nicht… Sein Schädel brummte und Kaito hob eine seiner Hände als Abschirmung gegen die Sonne. Eigentlich sollte er nicht einfach so hier rumliegen, doch sein Körper war so schwer. Fast so, als hätte er gerade einen Marathon hinter sich. Oder einen Nachmittag mit Yuma. Und in diesem Moment fiel dem Duellanten alles wieder in. Ruckartig setzte er sich auf, ignorierte das leichte Schwindelgefühl, das ihn überfiel und sah sich nach seinem kleinen Bruder um. Doch außer ihm war niemand hier. Keine Menschenseele. Es herrschte vollkommene Stille, nicht mal ein Vogel zwitscherte und auch Autolärm war nicht zu hören. Eine Stadt vollkommen ohne Geräusche… Das war nicht normal. Was war geschehen? Wo war Haruto? Kaito stand auf und lief zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Er konnte sich nicht vorstellen, dass er wirklich die ganze Nacht hier gelegen haben sollte… Doch… Als erstes musste er Haruto suchen…dann konnte er weiter sehen. Kaito schloss kurz die Augen und machte sich auf den Weg. Wenn er davon ausging, dass Haruto zu Yuma zurückgelaufen war, dann war er jetzt wahrscheinlich bei diesem zuhause. Also machte sich der Nummernjäger auf den Weg genau dort hin. Er lief durch die Straßen und wunderte sich immer öfter darüber, dass er vollkommen allein war. Es war doch mehr als ungewöhnlich, vor allem in der Innenstadt von Heartland City. Dort war doch eigentlich immer was los, selbst in der Nacht waren Menschen auf der Straße und Autos unterwegs. Es wehte nicht mal ein Lüftchen, das in seinen Ohren pfeifen konnte. Man hätte tatsächlich die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören können. Irgendwas stimmte nicht… Kaito blieb stehen und drehte sich mehrfach im Kreis und schließlich ging ihm auf, dass er wahrscheinlich nicht mehr in Heartland City war. Diese Erkenntnis änderte seine Pläne. Wenn er nicht in Heartland City war, war es für ihn unmöglich, Haruto zu finden. Erst musste er hier verschwinden. Doch wie? Immerhin hatte er jetzt die einzige Sicherheit verloren, die er gehabt hatte. Die Sicherheit zu wissen, wo er war. Jetzt war er an einem vollkommen unbekannten Ort, der zwar aussah wie seine Heimatstadt, doch das musste eine Illusion sein. Eine andere Idee hatte er zumindest nicht. Seine Gedanken wurden jäh unterbrochen von einem Unbekannten, der hinter ihm auftauchte.

„Tenjo!“

Kaito drehte sich um und nach einem kleinen Moment erkannte er den Duellanten, der ihm mit bereiter Duel Disk gegenüber stand. Kaito hatte ihn während des Duel Carnevals besiegt und ihm seine Nummer und die Seele abgenommen. Und jetzt sah es fast so aus, als wolle der andere eine Revanche.

„Hab ich dich endlich erwischt. Jetzt bezahlst du für das, was du mir angetan hast!“

Er hob die Duel Disk und zog eine Karte aus seinem Deck. Bevor Kaito reagieren und dem anderen sagen konnte, dass er keine Duel Disk dabei hatte und sich nicht mit ihm duellieren konnte, beschwor der andere ein Monster. Wie war das möglich? Kaito hatte seine Duel Disk nicht dabei und auch sein D-Gazer war nicht aktiviert. Selbst wenn der andere ein Monster rief, er dürfte es nicht sehen können…

„Was zum…“

„Los, wiederbelebte Rose! Greif ihn direkt an!“

Und sofort drehte sich die dreiblütige Rose mit den Augen in den Blüten direkt Kaito zu und sprang auf ihn zu. Kaitos Augen weiteten sich vor Schock und einen Moment lang war er wie gelähmt, bevor er ein paar Schritte nach hinten machte. Doch seine Verwirrung und die Unmöglichkeit dessen, was hier gerade passierte, hinderten ihn daran, wegzulaufen oder sich zu verstecken, so dass das Pflanzenmonster ihn mit seinen Dornenpeitschen erwischte und zu Boden warf. Er spürte, wie die spitzen Dornen des Monsters durch den Stoff seines Sweatshirts hindurch in sein Fleisch schnitten, wie das Blut von dem weißen Stoff aufgesogen wurde und erwartete eigentlich sofort einen weiteren Angriff, doch als er sich aufgerappelt hatte, sah er, dass er wieder allein war. Von dem anderen war nichts mehr zu sehen, es war fast so, als wäre er nie da gewesen.

Was zum Teufel ging hier nur vor? Er besah sich sie Schnittwunden der Dornen an seinen Armen. Die meisten waren nur oberflächlich und bluteten kaum, nur ein oder zwei von ihnen waren tiefer und unter anderen Umständen hätte Kaito sicher irgendwo nach einem Erste-Hilfe-Kasten gefragt. Doch seine aktuelle Situation war ihm zu gefährlich, um sich zu lang mit nicht lebensnotwendigen Dingen aufzuhalten. Er hatte das untrügliche Gefühl, dass er noch mit weiteren Bekannten würde rechnen müssen, auch, wenn er immer noch keine Ahnung hatte, was hier los war und wieso um alles in der Welt es gerade ihn hatte treffen müssen. Er erhob sich vom Boden und klopfte sich notdürftig den Dreck von der Hose, bevor er sich wieder auf den Weg machte. In Bewegung bleiben war sicher nicht verkehrt. Wenn hier noch andere auf der Suche nach ihm waren, fanden sie ihn so schwerer. Und er hatte wirklich keine Lust auf ein weiteres Treffen dieser Art.

Besonders viel half das allerdings nicht. Schon wenige Meter später hatte der nächste ihn erreicht und erneut hatte Kaito kaum Zeit, um zu reagieren, bevor er vom nächsten Monster attackiert wurde. Auch dieser Gegner war einmal sein Opfer in einem Nummernduell gewesen und wollte ihm nun heimzahlen, was damals geschehen war. Kaito biss sich auf die Innenseite der Wange und verkniff sich eine Entschuldigung. Das dort war nicht der Junge, gegen den er damals gekämpft hatte. Wenn überhaupt war das nur eine billige Kopie und deshalb machte es für Kaito keinen Sinn, etwas zu erwidern. Abgesehen von dem Drang, ihm weh zu tun, schienen diese Menschen sowieso nicht wirklich eine eigene Persönlichkeit zu besitzen. Auch dieser Gegner verschwand nach seinem Angriff und ließ Kaito mit noch mehr Schrammen und noch mehr Fragen zurück.

Im Laufe des Tages lief der Nummernjäger immer mehr seiner früheren Gegner in die Arme und hatte er am Anfang noch versucht, sich zu verteidigen – mit dem, was er eben so finden konnte – war er doch recht schnell darauf gekommen, dass das nichts half und er änderte die Taktik und rannte davon. Doch egal, wo er hin rannte, egal um welche Ecke er bog, letztendlich fand ihn einer seiner persönlichen Geister und attackierte ihn gnadenlos. Kaito blickte zahllosen Monstren in die kalten leblosen Augen, die er alle schon einmal auf dem Duellschlachtfeld gesehen und besiegt hatte, doch dieses Mal konnte er nicht siegen. Sein Duell, wenn es denn eines war, war von vornherein verloren und mit jedem Mal, wenn er ein wütendes Schnauben, Kreischen oder Zähnefletschen hinter sich hören konnte, wuchs seine Panik. Seine Lungen brannten bereits, er schwitzte furchtbar und ständig liefen ihm Schweißperlen in die Augen, seine Kleidung war dreckig und blutverschmiert, seine Beine schmerzten vor Erschöpfung und sein Hals und sein Mund waren staubtrocken und immer wieder wurde er zum Weiterrennen gezwungen, denn immer wieder traf er auf neue inzwischen bereits gesichtslose Herausforderer, die ihre Monster auf ihn hetzten. Er rannte und rannte und mehrere Male war er versucht, einfach stehen zu bleiben und sich dem zu ergeben, was auch immer auf ihn zukommen mochte, doch dann hatte er ein Bild von Haruto vor seinem inneren Auge und er wusste, er durfte nicht aufgeben. Er musste hier heraus kommen und zu seinem kleinen Bruder zurückkehren. Also rannte er weiter. Als er wieder einmal um eine unbekannte Ecke bog, um einem Herausforderer zu entkommen, blieb er allerdings abrupt stehen. Er starrte den neuesten seiner früheren Konkurrenten an und die Kälte im Blick des anderen jagte ihm eiskalte Schauer den Rücken hinunter.

„R-Ryoga…“, brachte er fast stimmlos und mit vor Trockenheit kratzender Stimme hervor, doch das dort war nicht Ryoga. Er sah vielleicht aus wie er, doch er war es nicht. Ryoga hatte ihn noch nie so kalt und gefühllos angesehen, nicht einmal, als sie sich duelliert hatten. Er wollte sich umdrehen und fliehen, doch Ryoga hielt eine Fallenkarte hoch und vereitelte so den Fluchtversuch Kaitos. Teuflische Ketten kamen wie aus dem Nichts und wickelten sich um die Beine des Nummernjägers, so dass er stolperte und hart auf den Asphalt fiel. Eine Sekunde blieb er benommen liegen, bevor er sich umdrehte und merkte, dass er eingekreist wurde. Von überall kamen sie nun. Gesichtslose Kreaturen, die alle leise und dröhnend seinen Namen flüsterten.

„Tenjo… Tenjo… Tenjo…“

Die Ketten um seinen Beinen verschwanden, doch an Flucht war nun nicht mehr zu denken. Sie hatten ihn umzingelt und der Kreis um ihn herum war so eng, dass nichts und niemand hätte hindurch schlüpfen können. Sein Blick lag auf Ryoga, der als einziger noch richtig zu erkennen war. Mit kalten Augen und einem frostigen Lächeln blickte er auf Kaito hinunter, der die Situation noch immer nicht wirklich erfassen konnte. Was war hier los? Wer waren all diese Menschen wirklich und hatte er all das wirklich verdient?

„Sieh dich nur an… Wie du da sitzt… Erschöpft, verdreckt und zitterst vor Angst wie ein Mädchen.“

Und in diesem Moment merkte Kaito, dass er tatsächlich zitterte. Er blickte auf seine Hand, mit der er sich am Boden abstützte und sah es deutlich. Sie zitterte. Sein ganzer Körper zitterte. Ob Ryoga recht hatte oder nicht, ob er vor Angst zitterte oder vor Anstrengung… das wusste er nicht. Es machte allerdings auch keinen Unterschied.

„Die Zeit ist gekommen, Nummernjäger… Die Zeit, dass du für das bezahlst, was du uns angetan hast. Die Zeit, dass du denselben Schmerz fühlst, den wir gefühlt haben, als du uns unsere Seelen geraubt hast ohne Rücksicht auf uns zu nehmen.“

Kaito wollte etwas sagen, wollte sich verteidigen, sich entschuldigen, doch Ryoga beachtete ihn nicht und zog eine Karte aus seinem Deck. Er sah sie sich an und sein Lächeln wurde zu einem gefühllosen Grinsen, als er sie zu Kaito umdrehte. Es war eine zweite Fallenkarte.

„Seelenzerstörung… Extra für dich, Kaito.“ Den Namen spuckte Ryoga förmlich aus, als wäre es ein Fluch oder eine Beleidigung.

Seelenzerstörung… Kaito kannte diese Karte. Der eigentliche Effekt dieser Karte bewirkte, dass man selbst und der Gegner eine Karte des jeweils anderen aus dem Spiel entfernen durften, wenn der Aktivator der Karte ein Unterweltler-Monster auf dem Spielfeld hatte… Doch was würde sie bei ihm bewirken? Er schluckte und als Ryoga die Karte aktivierte, geschah erst einmal nichts. Kaito wollte schon aufatmen, als ein kleiner Ball aus Licht sich plötzlich über Ryogas Hand bildete, die größer und größer wurde, bis sie in etwa die Größe einer Apfelsine erreichte. Dann flog sie auf Kaito zu und während dieser versuchte, sich irgendwie zu schützen, drang sie in seine Brust ein. Sofort fuhr ein sengender Schmerz durch den Körper des Blonden und er verzog das Gesicht, während Tränen über sein Gesicht liefen, die er nicht aufhalten konnte. Er krümmte sich vor Schmerz und hörte um sich herum das kalte, geisterhafte Lachen all seiner Opfer. Der Schmerz nahm noch einmal zu, auch wenn Kaito nicht gedacht hätte, das das möglich war und doch… Es fühlte sich an, als bräche jemand ihm den Brustkorb bei lebendigem Leibe auf und er stöhnte und ächzte vor Schmerz. Ryogas Lachen hallte zu ihm hinunter und er blickte unter dem roten Schleier des Schmerzes zu ihm auf, um dann in das Gesicht des astralen Wesens zu blicken, das ihn angegriffen hatte. Der große magentafarbene Kristall auf seiner Stirn glänzte im Sonnenlicht und seine eisblauen Augen durchbohrten Kaito. Der Duellant wollte sich erheben und auf es losgehen. Doch in diesem Moment nahm der Schmerz erneut zu und Kaito schrie aus Leibeskräften, bevor er das Bewusstsein verlor.

Einige Zeit später wurde der Nummernjäger wieder wach und sein gesamter Körper schmerzte. Als er einatmete, ließ ein spitzer Schmerz in der Herzgegend ihn gequält stöhnen und seine Hände waren starr und muteten wie unbewegliche Klauen an. Er lag mit dem Gesicht im Staub der Straße und scheinbar war er allein. Die einzigen Geräusche um ihn herum waren die, die er selbst verursachte. Sein leises Stöhnen, das rasselnde Atmen, das Scharren seiner Schuhe auf dem Asphalt. Da sein Körper ihm den Dienst verweigerte, blieb er einfach liegen und versuchte, den Schmerz auszublenden. Wenigstens lebte er noch. Bei dem, was ihm vorhin widerfahren war, wäre es kein Wunder gewesen, wenn er verreckt wäre. Einfach so, hier auf der Straße… Und vielleicht…nur vielleicht…hatte er das auch verdient. Die Dinge, die er in der Vergangenheit getan hatte, waren unentschuldbar. Er hatte Menschen verletzt, die nichts für das konnten, was passierte. Er hatte sich manipulieren lassen, weil die Sorge um seinen Bruder ihn hatte blind werden lassen für die Wahrheit hinter den Versprechungen eines grausamen Mannes. Inzwischen waren sie zwar alle wieder gesund, doch das bedeutete nicht, dass sie nicht mehr verletzt waren. Die Erfahrung, die Seele zu verlieren, war prägend und nicht unbedingt im positiven Sinne. Er wusste nicht, wie die anderen diese Erinnerung bewältigten, da er keinen von ihnen je wiedergesehen hatte, abgesehen von Ryoga. Und der sprach nie darüber, was Kaito überaus verständlich fand. Über schlechte Erinnerungen sprach man nicht gern. Keiner dieser Geister-Duellanten hatte Rücksicht auf ihn genommen. Sie hatten ihm ein Spiegelbild dessen vorgehalten, was er getan hatte, waren gewesen, wie er gewesen war. Und Astral…

Was hatte er Astral angetan… Er erinnerte sich noch, als wäre es gestern gewesen, wie er in den Schlüssel des Kaisers eingedrungen war und den überrumpelten Astral zum Duell um die Nummern herausgefordert hatte. Diese Angst in den Augen des anderen verfolgte ihn noch immer manchmal in seinen Träumen. Es war wirklich ein Wunder, dass das Astralwesen ihm verziehen hatte. Er selbst hatte es noch nicht. Er hatte es versucht. Doch jedes Mal, wenn er glaubte, es könnte endlich gehen, jedes Mal, wenn Astral nach einem seiner Besuche wieder verschwunden war und er sich daran erinnerte, wie entspannt, fröhlich und kommunikativ er gewesen war, da glaubte er für einen Moment, er könne sich selbst endlich vergeben. Doch wirklich geschafft hatte er es nie. Egal, wie sehr er den anderen mochte, wie sehr er sich darüber freute, dass er ihn besuchte oder dass er ihm so bereitwillig von seiner Heimat erzählte, er erinnerte ihn auch jedes Mal aufs Neue daran, wie egoistisch, selbstgerecht und rücksichtslos er selbst gewesen war.

Mit noch immer schmerzenden und zitternden Gliedern erhob Kaito sich schließlich. Er musste weiter. Langsam machte er einen Schritt vor den anderen und auch, wenn es noch schmerzte und er ab und zu leicht schwankte, es ging. Der Gedanke an Astral gab ihm Kraft. Er musste hier heraus. Für Haruto. Für Astral. Für Yuma und Ryoga, für Tori und Tetsuo und für alle, denen er etwas bedeutete, egal, wie sehr er selbst sich auch hasste für das, was in der Vergangenheit geschehen war. Er stolperte weiter und je länger er sich bewegte, desto besser funktionierte seine Motorik wieder. Er hatte zwar noch immer Schmerzen, vor allem in der Brust, doch sie hinderten ihn nicht mehr so sehr daran, sich zu bewegen. Außerhalb dieser Welt hätte Kaito sich wahrscheinlich mächtig Sorgen gemacht, hätte er einen so lang anhaltenden stechenden Schmerz in der Brust, da sowas ja immer ein Anzeichen für einen Herzanfall sein konnte, doch hier traute er nichts und niemandem, nicht einmal seinem eigenen Körper. Wer wusste schon, was genau mit ihm geschah. Noch immer brannte die Sonne auf ihn hinunter und nach der ganzen Rennerei musste er sich sehr viel öfter ausruhen, als normalerweise. Und er wusste noch nicht einmal, ob er nicht noch immer Angst vor diesen…Duellanten haben musste oder ob dieser Spuk inzwischen vorbei war. Er saß auf einer Bank in irgendeiner Straße der falschen Stadt. Die Orientierung hatte er während seiner stundenlangen Flucht verloren, so dass er inzwischen keine Ahnung hatte, wo in der Stadt er sich befände. Es war allerdings auch nicht von Bedeutung, wie es schien. Er war ja allein und es gab keinen Ort, an den er gehen konnte, keinen Ort, wo er Hilfe oder Unterstützung finden würde. Wäre er nicht hier gefangen, dann würde sein erster Weg auf der Suche nach Hilfe ihn garantiert zu Yuma führen. Er war der erste gewesen, der Kaito jemals als seinen Freund bezeichnet hatte. Und es hatte sich gut angefühlt, auch wenn Kaito es weder sich selbst noch Yuma eingestanden hatte. Die Worte des Jüngeren hatten etwas in ihm zerbrochen, das er für unzerstörbar gehalten hatte. Die gläserne Mauer um sein Herz, durch die nur sein kleiner Bruder hatte dringen können, bevor er Yuma begegnet war. Und inzwischen war sein Leben so anders, dass er manchmal nicht glauben konnte, dass es wirklich seines war. Doch jetzt war er hier gefangen… gefangen von diesem…Astral? Wie sollte er dieses Wesen nennen, das Astral so ähnlich sah und gleichzeitig so vollkommen anders? Es gab so offensichtliche Unterschiede…die Farbe seiner Haut, die Augen, die Zeichnungen auf seinem Körper…doch es gab unleugbar auch Gemeinsamkeiten. Die schmale Statur, die Steine, das Erscheinungsbild… Es war wie bei den Menschen auch. Sie sahen sich ähnlich, doch waren doch ganz anders. Kaito war sich sicher, dass dieses Wesen aus derselben Welt stammte, wie Astral. Doch…wieso war es hier? Wieso tat es all das hier? Und wieso er? Wieso die anderen Duellanten? Er seufzte und legte zwei Finger an die Nasenwurzel. Von der ganzen Nachdenkerei bekam er Kopfschmerzen. Schlimm genug, dass sein Körper sich gegen das Sein wehrte, jetzt wehrte sich auch noch sein Kopf. Er erhob sich wieder von der Bank, als er von hinten leichte, federnde Schritte vernahm, die auf ihn zukamen. Er drehte sich um und entdeckte gerade noch rechtzeitig, wie sein kleiner Bruder um eine Ecke bog. Seine Augen weiteten sich und sofort setzten sich seine Beine automatisch in Bewegung. Er rannte Haruto hinterher, bog um die Ecke und sah ihn noch weiter vorn verschwinden.

„Haruto!“

Obwohl seine Beine protestierend schmerzten, rannte er weiter und rief dabei immer wieder nach seinem kleinen Bruder. Einmal drehte der Kleine sich sogar nach ihm um, allerdings sah es danach so aus, als rannte er noch schneller. Kaito erhöhte sein Tempo und als er erneut um eine Ecke bog, wurde er von dem sich bietenden Anblick sehr überrascht. Er hatte Haruto gefunden, doch…

Sein kleiner Bruder versteckte sich hinter Yuma, der ihn wütend anfunkelte. Und als Kaito einen Schritt auf die beiden zumachte, machten sie gleichzeitig einen zurück und Haruto wimmerte leise. Nein… Das… Das war… Das war zu viel. Wie konnte dieses falsche Astralwesen so etwas tun? Was hatte Kaito denn getan, dass er das alles hier verdient hatte? Wieder machte er einen Schritt auf die beiden anderen zu und wieder imitierten sie seine Bewegung.

Yuma hob eine Hand und zeigte mit dem Finger auf ihn.

„Bleib ja weg von uns!“

„Yuma… Ototo…“ Wieder wollte er einen Schritt machen, zögerte dann allerdings. Offenbar hatte sein kleiner Bruder Angst, aber wovor? Vor ihm? Wieso? Er hatte Haruto nie etwas getan! Nie könnte er dem Kleinen auch nur ein Haar krümmen! Was…?

„Was geht hier vor?“, fragte Kaito leise.

„Das siehst du doch! Haruto hat Angst vor dir! Und wenn du mich fragst, ich kann das voll verstehen. Jeder hat Angst vor dir! Astral hat auch Angst vor dir!“

Diese Worte trafen Kaito viel härter als es jeder Faustschlag, jeder Tritt oder jede Monsterkarte der Welt vermocht hätten. Er wich zwei Schritte zurück.

„Wieso?“

Er klang so verzweifelt, so verletzt und so gebrochen und doch hatte Yuma keinerlei Mitleid.

„Ist doch einfach! Sieh dich doch an und finde die Antwort selber!“

Er zeigte zur Seite auf ein Glasfenster, in dem sich die drei Personen spiegelten. Kaito folgte dem Wink und sah die Spiegelbilder von Yuma und Haruto und seines, er sah die schwarze Jeans, das weiße, mit Dreck und Blut befleckte Sweatshirt, die Kratzer an seinen Händen und im Gesicht, die verwuschelte Frisur, doch dann… dann veränderte sich das Bild und was er sah, ließ seinen Atem stocken. Es war noch immer er, doch…

Er trug seinen Mantel, komplett mit Duel Disk und D-Gazer, was er an der blauen Zeichnung am linken Auge und der roten Färbung der Iris erkannte. Und sein Mantel hatte seine Duellform, war also weiß, was bedeutete, er befand sich im Photon Mode. Doch nicht nur seine Kleidung hatte sich verändert. Auch sein Gesicht. Er erkannte sich selbst nicht wirklich, so sehr unterschied sich dieses Gesicht von seinem eigenen, obwohl es zweifellos seines war. Doch die Augen seines Spiegelbildes funkelten wütend und rasend vor Zorn, sein Mund war zu einer fast schon wahninnig anmutenden Fratze des Zorns verzogen und er hob seine Duel Disk, bereit, den Duellanker auszuwerfen. Und das tat er auch und traf Kaito damit am Handgelenk. Er versuchte, sich dem Griff seines Spiegelbildes zu entreißen, war aber nicht erfolgreich. Und dann hörte er wieder Yumas Stimme.

„Das bist du, Kaito. Das warst du. Und das wirst du sein. Egal, wie sehr du es leugnest, deine Vergangenheit hat dich gemacht. Sie hat dich geprägt und du kannst sie nur verdrängen, aber niemals wirklich hinter dir lassen.“

Kaito hörte auf, sich zu wehren und sank in die Knie. Der Duellanker verschwand und als die erste Träne auf die Straße tropfte, verschwand auch das falsche Spiegelbild.

„Ich weiß…“, flüsterte der Blonde kaum hörbar und immer mehr Tränen tropften auf den Asphalt. Er hob den Kopf und während immer mehr Tränen seine Augen verließen und über seine dreckigen Wangen strömten, standen der falsche Bruder und der falsche Freund einfach nur da und beobachteten ihn schweigend, anklagend. Und als Kaito glaubte, es könne nicht mehr schlimmer kommen, ertönte hinter ihm Astrals panische Stimme.

„KAITO!“ Er hörte keine Schritte, da Astral nicht ging, deshalb war diese Stimme so überraschend gekommen und traf ihn wie ein Faustschlag ins Gesicht. Er drehte sich nicht um, da er nicht noch weitere anklagende Blicke ertragen konnte, sondern ließ einfach weiter den Kopf hängen. Er spürte, dass Astral näher schwebte und letztendlich, als der andere bei ihm angekommen war und sich zu ihm kniete, konnte er nicht anders und blickte ihn durch zerzauste grüne Strähnen an. Was auch immer er erwartet hatte, es passierte nicht. Astrals Blick war weder anklagend noch böse, er war nicht wütend oder angewidert, sondern voller Sorge und Zuneigung.

„Was ist mit dir geschehen?“

Das Astralwesen hob eine Hand an Kaitos Wange und fast konnte der Duellant die sanfte Berührung auf der Haut spüren.

„Astral? Bist du…bist du es wirklich?“

Ein trauriges, besorgtes Lächeln erschien auf dem kristallinen Gesicht Astrals.

„Ja, ich bin es wirklich. Ich bin hier, um dir zu helfen.“

Er blickte nach vorn und erst jetzt schien er Yuma und Haruto zu entdecken, die ihn wütend betrachteten.

„Du bist hier nicht erwünscht!“, rief Yuma laut und seine Stimme klang nun nicht mehr wie die Yumas. Sie war dunkler, härter und eindeutig nicht von dieser Welt. Der Junge hob die Hand in Astrals Richtung und schleuderte ihn von sich, so dass Astral von Kaito weggerissen wurde. Panisch versuchte er nach Kaitos Hand zu greifen und auch Kaito versuchte mit weit aufgerissenen Augen, den einzigen festzuhalten, der ihm in dieser falschen Welt nichts Böses zu wollen schien, doch sie verpassten sich ganz knapp. Kaito konnte nur zusehen, wie Astral von einem seltsamen Portal verschluckt wurde und verschwand. Und schon war er wieder allein.

Er drehte sich um und Yuma und Haruto waren verschwunden. An ihrer Stelle war er wieder. Das Astralwesen, das für all das hier verantwortlich war.

„Du…“, flüsterte der Mensch. „Wer bist du? Was willst du? Was habe ich dir getan, dass du mir das antust!?“

„Ich habe dich geprüft.“

„Ge…geprüft!? Wa…“

Das Astralwesen fuhr fort, ohne das von Kaito Gesprochene zu beachten.

„Du hast bestanden.“

Damit legte er eine Hand auf den Kopf des anderen und alles wurde schwarz.

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Das wars. :3

Das nächste Kapitel weist noch ein großes Loch auf und deshalb kann ich euch nicht versprechen, es rechtzeitig zum nächsten Samstag fertig zu bekommen. Wenn einer von euch eine Seite kennt, auf der alle Karten aufgelistet sind, die Kaito in der Serie benutzt - vor allem die der zweiten Staffel - würde mir das sehr helfen. Ansonsten muss ich die Folgen der zweiten Staffel wohl alle nochmal durchgehen, um seine Karten rauszuschreiben. xwx
 

Grüße und Kekse,

euer Wüsel <3

Der Wille ist stärker als der menschliche Körper

Hallo, ihr Lieben. :D

Dankeschön für das 5. Kommentar an AlienBlood23. *bussi*

Hier sind wir nun bei Kapitel 6.

Am Ende des Kapitels gibt es noch ein paar kleine Infos, falls dieses Kapitel euch gefällt, bitte ich jeden, auch diese zu lesen. Eventuell gibt es dort etwas für euch, das euch gefallen könnte. :3

Jetzt aber wünsche ich erst einmal jedem viel Spaß mit
 

Kapitel 6

Beobachtung 51: Der Wille ist stärker als der menschliche Körper.
 

Warten war das Schlimmste… Wenn Yuma raten müsste, war Astral inzwischen schon seit Stunden weg, allerdings sagte seine Uhr, dass er noch nicht mal zehn Minuten in Kaitos Gedanken war. Haruto und er hatten den anderen dreien erklärt, was passiert war und nun warteten sie alle darauf, dass Astral zurückkehrte – hoffentlich mit Kaito im Schlepptau.

„Astral wird es doch schaffen, oder?“, fragte der kleine Tenjo leise und kuschelte sich wieder an seinen großen Bruder, der sich noch immer nicht bewegt hatte. Zuerst traute sich niemand, auf die Frage zu antworten, doch schließlich war es Yuma, der lächelnd nickte.

„Natürlich Haruto. Astral schafft es ganz sicher.“ Und er hoffte aus tiefstem Herzen, dass er recht behalten würde. Ein paar Minuten später verschwanden Rio und Shark für einen Moment, um bei einem der Automaten im Wartebereich ein paar Snacks zu ergattern und als sie zurückkamen, reichten sie Yuma ein kleines Sandwich, Tori bekam einen Hamburger und Haruto einen Schokoriegel mit Karamell. Schweigend saßen sie auf ihren Stühlen und aßen, als Astral plötzlich aus heiterem Himmel neben dem Bett auftauchte und er sah ziemlich durchgeschüttelt aus.

„Woah, Astral! Ich hätte mich fast zu Tode erschreckt! Was ist passiert? Hast du Kaito gefunden? Geht es ihm gut?“

Astral, der von seinem Rücktransport noch etwas benommen war, schüttelte erst einmal den Kopf und konnte den hoffnungsvollen Blick des kleinen Blauhaarigen kaum ertragen. Alle redeten auf ihn ein, selbst Rio, Tori und Shark, obwohl die drei ihn gar nicht sahen. Sie alle wollten wissen, ob es Kaito gut ging, ob er ihn gefunden hatte und ähnliches, doch das Astralwesen war noch zu gefangen von dem, was er in Kaitos Gedanken gesehen hatte. Die Suche nach Kaito hatte nicht lange gedauert. Mehrere Karten hatten ihm den Weg gewiesen, unter anderem Galaxieaugen-Photonendrache und die Falle Seelenzerstörung. Er hatte zwar keine Ahnung, was es mit diesen Karten genau auf sich hatte, doch das war auch nicht unbedingt das Wichtigste. Viel wichtiger war, dass er Kaito gefunden hatte, doch… Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen bei dem Gedanken daran, wie der Blonde ausgesehen hatte. Seine Kleidung war verdreckt und blutig gewesen, sein weißes Sweatshirt hatte mehrere Löcher aufgewiesen, sein Haar war zerzaust und er…er wirkte vollkommen gebrochen. Seine Augen waren matt und rot vom Weinen gewesen und seine Wangen tränennass und schmutzig. Sein ungläubiger Blick, als er Astral angesehen hatte, die Angst, die in den blau-grauen Augen zu sehen gewesen war, der Schmerz… Allein die Erinnerung daran schmerzte Astral so sehr, dass er sich kaum beherrschen konnte, nicht einfach laut zu schreien. Und dieser andere… Dieses andere Astralwesen… Er hatte es gesehen. Er hatte es gesehen und es hatte ihn einfach fortgestoßen, von Kaito fort, der ihn doch gerade so dringend brauchte! Er musste zurück!

„Hey, Astral! Jetzt sag doch was!“

Anstatt zu antworten, drehte Yumas Partner sich zum Bett und wollte noch einmal versuchen, in Kaitos Gedankenwelt einzudringen, doch als er den anderen betrachtete, blieb er wie angewurzelt schweben.

„Nii-san! Du bist wieder da!“, rief Haruto in diesem Moment und sofort hatten er und Kaito die Aufmerksamkeit der anderen. Sie scharrten sich um dessen Bett und tatsächlich. Die Augen des Nummernjägers waren leicht geöffnet und er atmete einmal tief ein, bevor er langsam, fast in Zeitlupe eine Hand hob. Sie zitterte stark und man sah, wie sehr ihn diese Bewegung anstrengte, doch er biss sich durch und nahm sich die Atemmaske vom Gesicht, bevor sein Blick sich auf Astral heftete, der mit den Tränen kämpfte. Das Astralwesen sah die unausgesprochenen Worte in Kaitos Augen und lächelte erleichtert. Haruto schmiegte sich sofort wieder an ihn und drückte ein paar Freudentränchen weg als er spürte, wie sein Bruder den Arm um ihn legte. Schwer lag er auf Harutos Schulter und es schien fast so, als könne Kaito jetzt keinen Muskel mehr bewegen, weil all seine Energie aufgebraucht war. In diesem Moment betrat Miko, alarmiert durch veränderte Anzeigen das Zimmer und sah ebenfalls mit großer Freude, dass ihr Patient aufgewacht war. Mit einem strahlenden Lächeln schob sie sich zwischen Yuma und Shark durch, um ein paar kleinere Untersuchungen abzuspulen. Sie maß an seinem Handgelenk kurz den Puls, leuchtete in seine Augen und war sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Er sah noch immer sehr erschöpft aus und auch sein Körper war, obwohl er eigentlich nur im Bett gelegen hatte, ziemlich am Ende seiner Kräfte, doch jetzt, da er aufgewacht war, würde er sich erholen, solange er im Bett blieb und sich ausruhte. Sie entfernte vorsichtig die Kanüle in Kaitos Unterarm und nahm die Pads von seiner Brust, bevor sie die Maschinen abstellte. Nachdem sie die Besucher daran erinnert hatte, dass die Besuchszeit fast vorbei war und ihr Patient noch immer Ruhe brauchte, verabschiedete sie sich wieder und schloss leise die Tür hinter sich. Kaito hatte noch kein Wort gesagt, doch jedem außer Astral brannte die Frage auf der Zunge, was passiert war. Niemand hatte sie bisher gestellt, denn natürlich sahen sie, wie geschwächt ihr Freund war und dass er kaum die Augen aufhalten konnte. Und wahrscheinlich war es wirklich besser, wenn sie sich jetzt erst einmal alle nachhause machten. Immerhin war es schon recht spät und Kaito brauchte jede Sekunde Ruhe, die er kriegen konnte.

„Ich denke, wir lassen Kaito jetzt erstmal in Ruhe. Er muss sich ausruhen und morgen kommen wir wieder her“, meinte Yuma in einem Anfall von erwachsener Vernunft und alle nickten. Haruto zog eine Schnute. Er wollte natürlich lieber bei seinem Bruder bleiben, doch er sah auch ein, dass es Kaito noch nicht wieder gut ging und er am besten schlief. Also verabschiedeten sich alle von Kaito und machten sich auf den Weg zur Tür, als sie die leise, kratzige Stimme des anderen hörten.

„Astral…“

Das Astralwesen drehte sich um und Yuma und die anderen gingen schon einmal vor, während Astral noch einmal zu Kaito zurückschwebte. Er hatte eine Ahnung, was der Blonde wollte und kurz kniff er die Augen zusammen um das Bild glanzloser, gebrochener blau-grauer Augen loszuwerden, das sich hartnäckig in seinen Gedanken hielt.

Er setzte sich zu Kaito auf die Bettkante und betrachtete dessen müdes Gesicht mit den halb-geschlossenen Augen. Keine der Verletzungen, die er in der Welt von Kaitos Gedanken gesehen hatte, waren zu sehen. Kein Kratzer, kein Schnitt, Kaitos Haut war vollkommen unverletzt und doch wusste Astral, dass die Verletzungen, die er in der anderen Welt erlitten hatte, da waren. Vielleicht nicht an seinem Körper, doch in seinem Herz und in seinem Verstand waren sie. Und was auch immer ihm alles widerfahren war, während er allein dort gefangen war, es hatte ihm Schmerzen bereitet und fast all seine Kräfte aufgebraucht.

„Versprich mir, dass du…ihnen nicht erzählst…“

„Ich verspreche es.“ Natürlich wusste Astral, was Kaito meinte und er hatte es in dem Moment gewusst, als er ihn seinen Namen hatte sagen hören. „Mach dir keine Sorgen. Ich werde niemandem etwas erzählen, wenn du es nicht willst.“

Ein schmales, erschöpftes Lächeln erschien auf Kaitos Gesicht und in Astrals Brust hüpfte sein Herz bei diesem Anblick.

„Danke.“

Wie gern hätte Astral ihn jetzt berührt. Einfach die Wärme seiner Haut gespürt. Doch inzwischen hatte er sich damit abgefunden, dass das wohl nie geschehen würde. Er würde sich mit dem zufrieden geben, was er bekam. Kaitos Anwesenheit, seine Freundschaft. Und obwohl er wusste, dass ihm für immer etwas fehlen würde, war er doch froh. Kaito war zurück und auch wenn die Erfahrungen, die er auf der anderen Seite gemacht hatte, furchtbar gewesen waren, sie hatten ihn nicht vollkommen zerstört. Er war hier bei ihnen und sie alle würden ihm helfen, all das hinter sich zu lassen.

„Ich lass dich jetzt schlafen. Yuma wartet sicher schon.“

„Das tut er. Aber nicht nur auf dich.“

Sie beide zuckten ob dieser Stimme zusammen. Sie beide kannten sie inzwischen gut genug und als sie zum Fenster blickten, sahen sie ihn.

Seine Füße schwebten ein paar Zentimeter über dem Boden, sein Haar hing ihm in weichen Strähnen ins Gesicht, auf seiner Stirn ruhte ein großer magentafarbener Kristall und die eisblauen Augen ruhten auf Kaito und Astral. Auf seiner linken Wange und auf der Stirn hatte er Zeichnungen, ebenso auf seinem zierlichen Körper, der außerdem von weiteren Steinen geschmückt wurde. Die Aura, die von ihm ausging, war dunkel und wirkte bedrohlich. Es war fast so, als würde diese wabernde Dunkelheit, die von ihm ausging, alles Licht in näherer Umgebung verschlucken. Man sah die unverkennbare Ähnlichkeit zu Astral, eine Ähnlichkeit, die Wesen derselben Art vereinte. Sein Gesicht wirkte ausdruckslos und unbeweglich und hätte er nicht eine seiner Ponysträhnen unablässig um seinen linken Zeigefinger gewickelt, hätte man ihn auch für eine Statue halten können. Astral und Kaito reagierten beide gleichzeitig.

Während der eine sich aufsetzte und das in einer Geschwindigkeit, die man ihm in seiner Verfassung nicht zugetraut hatte, schwebte der andere sofort zwischen den zweiten Astralen und seinen Freund, um sie voneinander abzuschirmen.

„Wer bist du?“, fragte Astral laut und herrisch. Er schien sich arg beherrschen zu müssen, nicht einfach auf den anderen loszugehen.

„Für Namen haben wir später noch Zeit. Jetzt ist erst einmal nur eines wichtig. Die zweite Prüfung. Ich erwarte dich auf dem Dach, Kaito Tenjo. Lass dir nicht zu viel Zeit, das könnte sich negativ auf die Gesundheit deiner Freunde auswirken.“

Bevor Kaito oder Astral etwas erwidern konnten, verschwand er wieder. In diesem Moment kam Orbital ins Zimmer gewuselt und war offensichtlich panisch.

„Kaito-samaaaaaaaaaaaa!“, rief er und fuhr ein paar Mal im Kreis vor dem Bett herum. „Irgendwas ist seltsam! Da kam eben auf einmal ein violettes Licht und alle Freunde und Haruto-sama waren plötzlich verschwunden!“

Kaito und Astral tauschten besorgte Blicke.

„Kaito, was hat er gemeint mit einer zweiten Prüfung?“

Der Mensch schwang die Beine aus dem Bett und blieb einen Moment sitzen, schloss die Augen, um das Schwindelgefühl niederzukämpfen, bevor er aufstand und seine Klamotten richtete. Er trug ein weißes, einfaches Shirt mit passender Stoffhose, Krankenhausklamotten eben. Neben dem Bett stand ein weißes Paar Krankenhausschuhe, die er sich überzog.

„Das erklär ich dir später. Jetzt müssen wir aufs Dach.“

„Aber…“

Astral blickte dem Blonden hinterher, der trotz seines Zustandes das Zimmer verließ, Orbital direkt hinter ihm. Dabei musste er sich ausruhen! Sofort folgte Astral den beiden und hatte sie relativ schnell eingeholt.

„Kaito, hör doch zu. Du bist viel zu schwach, um jetzt irgendwas anderes zu tun, als dich auszuruhen! Lass mich das erledigen, bitte…“, flehte das Astralwesen den Menschen förmlich an, doch er stieß auf taube Ohren. Allein das viel zu blasse Gesicht Kaitos ließ Astrals Sorgen um 100% steigen und doch wollte der andere nicht auf ihn hören!

„Du hast ihn gehört, Astral. Er will mich auf dem Dach. Glaubst du wirklich, er lässt sich darauf ein, dass ich mich weigere, nur weil ich nicht auf der Höhe bin? Dann kennst du ihn aber schlecht…“

Astral kannte diesen Fremden überhaupt nicht, hatte ihn erst zweimal kurz gesehen…doch das war auch nicht der Punkt! Der Punkt war, dass Kaito seine eigene Gesundheit schon wieder aufs Spiel setzte und offenbar nicht einen Moment darüber nachdachte! Er sah dem anderen an, dass er ihn nicht würde aufhalten können, doch allein lassen würde er ihn auch nicht. Und immerhin ging es auch um Yuma! Wenn dieses violette Biest seinem Partner etwas getan hatte, dann setzte es was!

Kaito hatte ein paar Probleme, die Treppen zum Dach zu erklimmen, doch mit Orbitals Hilfe schaffte er es schließlich und riss die Eisentür förmlich auf. Zu dritt stürmten sie hinaus und wurden von einem blutroten Sonnenuntergang begrüßt, der unter anderen Umständen sicher dafür gesorgt hätte, dass sie sich ein paar Minuten Zeit genommen hätten, ihn zu genießen. Jetzt aber wurden ihre Blicke von den vier aus violettem Licht bestehenden Käfigen angezogen, die knapp einen Meter über dem Boden am anderen Ende des Daches schwebten. In diesen vier Käfigen waren Shark, Tori, Rio, sowie Yuma zusammen mit Haruto eingesperrt und als die fünf Gefangenen Kaito entdeckten, riefen sie alle etwas Unverständliches zu ihm hinüber. Langsam näherten sich der Duellant, der Astrale und der Roboter den Käfigen und je näher sie kamen, desto besser verstand man, was sie sagten. Natürlich versuchten sie, Kaito davon abzuhalten, näher zu kommen, da das eine Falle war.

Als die drei Neuankömmlinge die Käfige erreicht hatten, erschien der Fremde erneut vor ihnen.

Yuma begann sofort, einige unschöne Worte in Richtung ihres Peinigers zu werfen, allerdings ignorierte dieser ihn einfach.

„Hör gefälligst auf, mich zu ignorieren, du billige Schwarzlichtlampenkopie!“, zeterte er in seinem Käfig und selbst, als Haruto ihn beruhigt hatte, konnte er nicht anders, als ab und zu leise vor Wut zu schnaufen. Und selbst Shark, Rio und Tori wirkten eher zornig als verängstigt, obwohl sie den Astralen wahrscheinlich eben so wenig sehen konnten, wie sie es bei Astral vermochten. Doch so, wie man Yuma und Haruto kannte, hatten sie die anderen sofort aufgeklärt, was hier vor sich ging.

Yuma war sauer. Was fiel diesem kleinen Glühwurm denn ein? Erst richtete er Kaito so zu und jetzt vergriff er sich auch noch an Haruto, ihm und seinen Freunden! Wenn er den erwischte, dann gab‘s sowas von etwas auf die Nuss!

„Es ist Zeit für deine zweite Prüfung, Kaito Tenjo.“

„Erst lässt du sie frei.“

Der Astrale schüttelte den Kopf und seine Haarsträhne löste sich von seinem Finger. Er drehte sich komplett Kaito zu und hob seinen rechten Arm, als befände sich an ihm eine Duel Disk.

„Sie sind Teil der Prüfung. Sie werden erst frei sein, wenn meine Lebenspunkte auf Null sind.“

Während er sprach, verfestigte sich die Dunkelheit an seinem Unterarm, bis sie eine Duel Disk gebildet hatte.

„Astral kann dir helfen, von mir aus, doch wenn du verlierst…“

Er ließ den Satz so im Raum stehen.

Astral war in der Zwischenzeit zu Yuma und Haruto geschwebt, um nachzusehen, ob es ihnen gut ging und hatte das, was der Violette gesagt hatte, von seinem Platz aus mit angehört. Yuma schickte ihn daraufhin zurück zu Kaito, der gerade von Orbital seine Diel Disk entgegen genommen hatte und gleich darauf erschien die blaue Zeichnung um sein linkes Auge und dessen Iris verfärbte sich rot.

Synchron steckten sie ihre Decks in die Disk.

Zeit für ein Duell!

Kaito hatte keine Ahnung, worauf er sich einließ. Wie auch… Er bezweifelte, dass dieser Kerl dort sich mit Karten duellieren würde, die er kannte, so wie Astral es damals getan hatte. Dieser hatte Yumas Deck in ihrem Duell verwendet, doch sein aktueller Gegner hatte keinen Partner, dessen Deck er benutzen konnte, also würde er wohl ein eigenes haben. Und sicher würde er Karten aus seiner eigenen Welt nutzen und nicht aus ihrer.

Die künstliche Realität baute sich auf und Kaito machte sich bereit. Er würde sich duellieren wie immer. Und hoffen, dass er auf die unbekannten Karten des anderen eine Antwort haben würde.

„Mein Zug!“, rief er selbstbewusst und zog die erste Karte des Duells.

Astral war sich sicher, dass dieses Duell ein Fehler war. Kaito konnte das unmöglich durchhalten. Nicht nach dem, was er erlebt hatte. Was wollte sein Artgenosse nur erreichen?

Er warf einen Blick in das ausdruckslose Gesicht des Violetten. Nichts in dessen Gesichtsausdruck ließ eine Vermutung zu, was gerade in dessen Kopf vorging. Er riss sich von dessen Anblick los und warf lieber einen Blick auf Kaitos Hand. Astral erkannte Photonendrescher, Photonenbrecher, Photonen-Zerberus, Erleuchten und Galaxiesturm. Die Karte, die er gerade gezogen hatte, erwies sich als Kuriphoton. Er schob den kleinen Lichtmops zwischen seine Karten und warf einen Blick auf seinen Gegner. Astral hingegen konzentrierte sich voll auf Kaito. Auf dessen blasse Gesichtsfarbe, auf das leichte Zittern von dessen Händen und auf das fiebrige Glänzen in dessen Augen. Der Blonde sah nicht gut aus. Also war es am besten, das Duell möglichst schnell zu beenden. Das Astralwesen war sich sicher, dass sein Artgenosse sich auf Mächte aus ihrer eigenen Welt beschränken würde, was bedeutete, dass er nicht einfach zu besiegen sein würde. Kaito und er mussten alles aufbieten, um zu gewinnen, da war Astral sich sicher.

Der Mensch hob seine zitternde Hand und griff nach einem kurzen Blick auf seine Karten nach Photonendrescher. Astral wusste, was kommen würde und er hoffte und betete inständig, dass Kaitos Trumpfkarte das Duell schnell beenden konnte.

„Als erstes beschwöre ich Photonendrescher! Ihn kann ich immer dann spielen, wenn ich kein anderes Monster auf dem Feld habe. Dann…“

Er griff erneut nach einer seiner Karten.

„…spiele ich Photonenbrecher.“

Beide Monster materialisierten sich auf dem Spielfeld und richteten sich bedrohlich zu ihrer vollen Größe vor dem unbekannten Astralwesen auf, so als wollten sie ihn wortlos davor warnen, ihrem Meister weh zu tun. Und obwohl Kaito so schlecht aussah, obwohl sein Körper zitterte und Schweißperlen seine Schläfe entlangliefen, stand er stolz und aufrecht vor seinem Gegner und ein selbstsicheres, wenn auch sehr schmales Lächeln zierte sein Gesicht. Eine fast greifbare Spannung lag in der Luft in dem Moment, bevor Kaito seine beiden Monster als Tribut anbot.

„Und nun biete ich meine beiden Monster als Tribut an, um eine Bestie zu rufen, dank der dieses Duell schnell vorbei sein wird.“

Photonendrescher und Photonenbrecher lösten sich auf und sofort danach erschien in Kaitos Hand der Schlüssel zu dem Monster, von dem sie alle hofften, dass es das Duell zu Gunsten des Nummernjägers enden lassen konnte. Mit aller Kraft, die der Blonde aufbringen konnte, warf er den roten Schlüssel in die Luft, wo er einen Moment auf der Stelle rotierte. Dann brach ein blaues, strahlendes Licht aus ihm hervor und blendete für einen Moment jeden in der Nähe, bevor es sich verfestigte und Krallen formte, kräftige Muskeln aus Licht, eine breite Drachenbrust, einen schlanken Hals, einen schmalen Kopf mit einem mit scharfen Zähnen gespickten Maul und große, imposante Schwingen, deren Schatten auf Kaitos Gegner fiel. Er begrüßte seinen Meister mit einem kraftvollen Brüllen, bevor er sich in Richtung des violetten Astralwesens drehte und drohend das Maul aufriss.

Galaxieaugen-Photonendrache.

Während Yuma, Haruto und die anderen in ihren Käfigen mal mehr mal weniger laut jubelten, als Kaito seinen Drachen rief, schien Kaitos Gegner nicht besonders beeindruckt von dem Drachen mit den Galaxien in den Augen zu sein. Er maß das Monster seines Gegners mit einem abschätzigen Blick, doch seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war er nicht sonderlich beeindruckt. Ganz anders als Astral, als dieser den Drachen das erste Mal gesehen hatte. Der Astrale erinnerte sich noch genau an das erste Duell, das Yuma und er gegen Kaito geführt hatten, an dessen Taktik, seine so ausgeklügelten Züge, dass er auf alles, was Yuma und er aufzubieten vermocht hatten, sofort antworten konnte. Sie hätten verloren, hätte Kaito das Duell damals nicht abgebrochen. Lange hatte Astral an dieser Tatsache zu knabbern gehabt, hatte an sich selbst gezweifelt und ja…er hatte sich vor Kaito und dessen Drachen gefürchtet – eine Empfindung, die ihm bis dato fremd gewesen war. Doch er hatte diese Furcht überwunden und als er jetzt von der Seite einen Blick auf den Blonden warf, spürte er an dem Ort, der früher so voller Furcht gewesen war, nur noch Liebe und Zuneigung. Und Sorge. Kaito setzte Erleuchten verdeckt und beendete seinen Zug, da ihm in seinem ersten Zug kein Angriff gestattet war. Nun war ihr Gegner an der Reihe und die Anspannung verdichtete sich. In den ernsten Augen des Violetten, die bar jedes Gefühls in Kaitos und Astrals Richtung blickten, erkannte Astral ein tiefes, schwarzes Loch. Was bedeutete das? Versuchte der andere, etwas zu verbergen? War sein Auftreten nur eine Maske, hinter der er etwas Dunkles verbarg? Angst? Wut? Oder noch etwas anderes?

„Mein Zug“, hörte er die Stimme des Fremden und die Kälte in dessen Worten ließ ihn kurz unwillkürlich zittern. Mit geschmeidigen Bewegungen zog er eine Karte aus seinem deck und warf einen Blick darauf, bevor er sie zwischen die Karten in seinen schmalen, feingliedrigen Fingern schob. Er wählte eine Karte aus seiner Hand und legte sie fast zärtlich auf einen der Kartenscanner seiner Duel Disk.

„Ich aktiviere den Feldzauber Cauldron World.“

Sofort veränderte sich die Umgebung. Ausgehend von der Duel Disk des Astralwesens verschluckte eine seltsame, erdrückende Dunkelheit den Sonnenuntergang und die ersten Sterne, die bereits am Himmel standen und hinterließ einen wolkenverhangenen Himmel. Bedrohliche schwarze Wolken türmten sich auf und machten den Eindruck, in den nächsten Minuten den kompletten Himmel zu verschlucken. Blitze zuckten und bei einem Blick auf den Boden war das Dach des Krankenhauses schwarzer, verkohlter Erde gewichen. Am Horizont war nicht mehr der Heartland Tower zu sehen, sondern kahle Bäume, deren Äste sich wie Klauen dem wolkigen Himmel entgegen streckten, als wollten sie ihnen die Energie der Blitze aus ihrem Inneren entreißen. Ein leichter Geruch nach verbranntem Holz und verbrannter Erde lag in der stickigen Luft und ein schwacher Windhauch zerrte kurz an Kaitos Haar und Kleidung, bevor er erstarb.

„Willkommen in meiner Heimat“, kommentierte der Violette die Veränderung der Umgebung und warf dabei einen anklagenden und vielsagenden Blick auf Astral. Dieser blickte sich mit vor Panik weit aufgerissenen Augen um. Er kannte die Feldzauberkarte, die der andere gespielt hatte. Sie erlaubte es einem Duellanten, ein zusätzliches Monster per Normalbeschwörung in seinen Zügen zu rufen und jedes Monster, das nicht den Namensbestandteil „Astral“ besaß, würde nach insgesamt drei Zügen zerstört. Doch Astral erinnerte sich nicht daran, dass die Umgebung, die die Karte generierte, so aussah.

In dem Augenblick, als die Umgebung des Duellfeldes sich dem Feldzauber anpasste, weiteten sich drei Augenpaare, als sie Kaitos Duellgegner gewahr wurden. Ebenso, wie sie die hell leuchtende Gestalt Astrals wahrnahmen, die neben dem angeschlagenen Duellanten schwebte, der sie zu retten versuchte. Wie war das möglich? Konnte es sein, dass der Feldzauber es ihnen ermöglichte, die Astralwesen zu sehen?

„Solange diese Karte aktiviert ist, kann ich ein zusätzliches Monster als Normalbeschwörung in meinem Zug rufen und muss für Monster der Stufe 5 kein Tribut anbieten.“

Der Violette griff erneut nach einer seiner Karten.

„Jetzt aktiviere ich die permanente Zauberkarte Astralschub. Solange diese Karte auf meinem Feld liegt, erhalten alle Monster mit dem Namensbestandteil „Astral“ einen Powerschub von 300 Punkten auf Angriff und Verteidigung.“

Eine dritte Karte entpuppte sich als Monsterkarte. Das Monster mit dem klangvollen Namen Astraler Wächter erinnerte Yuma in seinem Käfig stark an Eliphas. Ein großgewachsener, muskelbepackter Krieger erschien auf dem Feld. Sein Körper wurde von einer silbernen, im Licht der Blitze schimmernden Rüstung aus Metall geschützt, sein langes, schwarzes Haar wehte hinter ihm und sein Blick aus kalten, harten Augen war starr auf Kaito und seinen Drachen gerichtet, als er die riesige, kräftige Hand um seinen Schwertgriff schloss. Mit seinen durch den Effekt der permanenten Zauberkarte auf 2200 erhöhten Angriffspunkten konnte er es allerdings nicht mit Kaitos Drachen aufnehmen. Yuma atmete erleichtert auf.

„Ich aktiviere den Spezialeffekt von Astraler Wächter. Wenn du ein Monster auf deinem Feld hast, dessen Angriffspunkte höher sind als die meines Monsters, kann ich einen weiteren Astralen Wächter von meinem Deck auf die Hand nehmen.“

Sofort schob sich wie durch Zauberhand eine Karte aus dem Deck des Astralwesens hervor, so dass er nicht erst den gesamten Stapel durchsuchen musste und nahm die Karte auf. Er warf einen Blick auf Kaito.

„Und durch den Effekt meines Feldzaubers rufe ich nun den Wächter aufs Feld. Erscheine, Astraler Wächter!“

Er legte die Karte auf eines der Felder und sofort materialisierte sich neben dem ersten ein zweiter Wächter, der seinem Kameraden bis aufs Haar glich. Der Violette streckte den Arm in Richtung seiner Monster aus.

„Und nun bilde ich mit meinen beiden Wächtern das Überlagerungsnetzwerk.“

Wie auf Kommando zogen beide Monster ihr Schwert aus der Scheide und hielten es über ihren Kopf, so dass die Klingen sich kreuzten. Daraufhin dematerialisierten sie sich und wurden zu pulsierender, hellblauer Energie, die sich mithilfe des riesigen Wirbels vereinte, der sich über den Duellanten gebildet hatte.

„Ich rufe als XYZ-Beschwörung Astraler Wächterkommandant Bryiel aufs Feld!“

Die vereinte Energie der beiden Wächter fuhr auf die Erde zurück und aus dem Lichtblitz materialisierte sich ein Krieger, fast so groß wie Kaitos Drache selbst. Er trug eine weiße, fast schon von sich selbst heraus strahlende Rüstung, an deren Schulterplatten, Armen und Beinen sich Stacheln befanden, die so spitz wirkten, als könnten sie selbst die Duellanten aufspießen. Im Halsbereich seines weißen Brustpanzers erkannte Kaito eine Reihe kleiner silberner Totenköpfe, in deren Augen sich Diamanten zu befinden schienen, außerdem trug er einen mit silbernen Ornamenten verzierten Lendenschurz aus weißem Stoff über seiner Rüstung. In der rechten Hand hielt der Wächterkommandant ein Schwert mit brennender Klinge und in der linken eine Fackel aus einem ihm unbekannten leuchtenden Material. Sein Gesicht war ernst und junge Mädchen hätten es wahrscheinlich als hübsch oder zumindest gutaussehend beschrieben, allerdings hatte keiner der Duellanten gerade den Sinn dafür, so etwas festzustellen. Das Monster seines Gegners war beindruckend und das nicht nur aufgrund seiner 3000+300 Angriffspunkte. Allein die Erscheinung des schwer bewaffneten Wächterkommandanten hätte Duellanten mit weniger Selbstbewusstsein wahrscheinlich stark in die Defensive gedrängt. Doch nicht Kaito. Er hatte schon stärkere Monster vernichtet, weshalb der Wächterkommandant seines Gegners ihm nicht einmal ein müdes Lächeln entlockte. Das einzige, wofür der Blonde sich interessierte, waren die Spezialfähigkeiten des gegnerischen Monsters. Mit einem Blick auf die beiden XYZ-Materialien, die wie in einer gleichbleibenden Umlaufbahn um den Krieger herum schwebten, wandte er sich flüsternd an Astral.

„Weißt du, was dieses Monster kann?“

Astral dachte kurz nach. Auch er kannte nicht alle Karten seiner Heimatwelt, doch er glaubte sich zu erinnern, dass er dieses Monster bereits einmal in Aktion gesehen hatte. Auch wenn er nicht mehr wusste, wo und wann das war, konnte er Kaito doch helfen, was dessen Spezialeffekt anging.

„Wenn es ein XYZ-Material abhängt, kann es den Spezialeffekt eines Monsters negieren und ihm gleichzeitig 400 Angriffspunkte abziehen. Und diese 400 Punkte bekommt es dann selbst zusätzlich.“

Wenn das stimmte und sein Gegner den Spezialeffekt gegen Kaito einsetzte, stünde es also 3700 ATK gegen 2600 ATK. Kaito würde verlieren und seinen Drachen begraben müssen. Doch glücklicherweise hatte er Erleuchten gesetzt auf dem Feld, so dass er die Zerstörung von Galaxieaugen würde verhindern können, auch ohne dessen Spezialeffekt einzusetzen.

In diesem Moment deklarierte sein Gegner den von allen erwarteten Angriff.

„Los, Astraler Wächterkommandant Bryiel, greife Galaxieaugen-Photonendrache an! Himmelsschwert!“

Der riesige Krieger sprang mit einem lauten Kriegsschrei auf Kaitos Drachen zu und holte mit seinem Flammenschwert aus, doch bevor das Schwert den Drachen traf, aktivierte Kaito seine Fallenkarte und stoppte so den Angriff.

„Ich aktiviere meine Fallenkarte Erleuchten! Sie stoppt deinen Angriff und Galaxieaugen-Photonendrache erhält zusätzlich die Angriffspunkte deines Monsters bis zum Ende meines nächsten Zuges dazu!“

Durch die Fallenkarte gestoppt nahm das Monster seines Gegners seine Position auf dem eigenen Feld wieder ein, sein Schwert in Angriffsbereitschaft in Richtung des Drachen gehoben. Gleichzeitig wuchs Galaxieaugen-Photonendrache durch den Powerschub und seine ATK erhöhten sich auf insgesamt 6600 Punkte.

In seinem Käfig jubelte Yuma laut und enthusiastisch.

„Yeah, klasse, Kaito! Zeig der Schwarzlichtlampe, was ne Harke ist!“

Besagte Schwarzlichtlampe ließ sich durch diesen Rückschlag allerdings nicht aus der Ruhe bringen. Im Gegenteil. Er lächelte leicht, als er eine letzte Karte von seiner Hand nahm.

„Gut gemacht, Kaito Tenjo. Aber etwas anderes hatte ich von dir auch nicht erwartet. Ich setze einen Karte verdeckt und beende meinen Zug.“

Nun war Kaito wieder am Zug. Doch bevor er mit seiner zitternden Hand eine Karte aus dem Deck zog, kniff er wie aus Reflex einmal die Augen zusammen. Astral wusste nicht, weshalb er das tat, befürchtete aber Schlimmes. Es wirkte fast so, als könne der Blonde nicht mehr richtig sehen. Seine Pupillen wirkten unstet. In diesem Moment fiel ihm auf, dass Kaito noch gar nicht wusste, was am Ende seines Zuges geschehen würde, wenn er nichts unternahm.

„Kaito!“

Der Duellant warf ihm einen Blick zu, um ihm zu zeigen, dass er ihm zuhörte und zog seine nächste Karte.

„Du musst diesen Feldzauber zerstören! Am besten sofort!“

Kaitos Augenbrauen zogen sich argwöhnisch zusammen und er warf kurz einen Blick auf seinen Gegner, der geduldig darauf wartete, dass der Blonde seinen Zug machte.

„Wieso?“

Kaito kümmerte sich normalerweise weniger um Feldzauber, da er der Meinung war, dass sie ihn nicht genug behindern konnten, um ihm ein Duell zu vermasseln. Doch offenbar war das diesmal anders, wenn er Astrals drängenden Befehl richtig deutete.

„Ganz einfach… Er hat dir nicht alles über diesen Zauber erzählt. Er hat nämlich außer dem, den er bereits benutzt hat, noch einen weiteren Effekt. Wenn du deinen Zug beendest, wird Galaxieaugen zerstört.“

„Was?!“, rief Kaito aufgebracht. „Wie?“

„Jedes Monster ohne den Namensbestandteil „Astral“ wird nach drei Zügen auf dem Feld automatisch zerstört.“

Kaito warf einen Blick auf seine Karten. Er hatte nichts auf der Hand, was ihm dabei helfen konnte, die Zauberkarte zu zerstören und auch die gerade gezogene Karte konnte daran nichts ändern. Er schob Galaxieritter zwischen seine Karten.

„Die Feldzauberkarte ist doch insgesamt erst seit zwei Zügen auf dem Feld, meinen aktuellen eingeschlossen, wie kann sie dann jetzt schon meinen Drachen zerstören?“

Er griff nach Photonen-Zerberus, bereit, ihn aufs Feld zu rufen.

„Das hat damit nichts zu tun. Dein Drache ist jetzt den dritten Zug auf dem Feld und das ist der entscheidende Punkt. Nicht, wie lange der Feldzauber bereits aktiviert ist.“

Doch Astral sah genauso wie Kaito, dass die Chance, den Feldzauber zu zerstören, gleich Null war. Er hatte nicht die richtigen Karten in der Hand, um das zu tun. Also würde er seinen Drachen wohl am Ende seines Zuges verlieren. Doch mithilfe von Galaxieritter könnte er ihn in seinem nächsten Zug zurückholen. Wenn alles gut ging…

„Ich rufe Photonen-Zerberus aufs Feld. Und da ich ihn als Normalbeschwörung rufe, kannst du in diesem Zug keine Fallenkarten aktivieren.“

Auch das schien den Fremden nicht wirklich zu kümmern, auch wenn das schmale Lächeln, das sich hartnäckig gehalten hatte, seit er seinen Wächterkommandanten hatte rufen können, jetzt verschwand. Die Tatsache, dass auch er selbst keine Fallen aktivieren konnte, kümmerte Kaito jetzt wenig, er hatte derzeit sowieso keine einzige Fallenkarte auf dem Feld. Astral betete stumm, dass alles gut gehen mochte. Kaitos körperlicher Zustand schien sich zu verschlechtern, und das, obwohl das Duell noch recht harmlos war. Zumindest in Bezug auf Körperliches.

„Und nun, Galaxieaugen… Greif Astraler Wächterkommandant Bryiel an! Photonenstrom der Zerstörung!“

Der Drache gehorchte sofort und mit einem lauten Brüllen stürzte er sich auf das Monster, das ihm gegenüber stand. Er öffnete sein Maul und der mächtige Strahl aus reiner Energie traf seinen Kontrahenten mit voller Wucht. Und obwohl der Wächterkommandant noch versuchte, sich vor dem Energiestrahl abzuschirmen, hüllte er ihn fast sofort ein und er verschwand mit einem qualvollen Schmerzensschrei. Zurück blieb ein leeres Spielfeld.
 

Unbekanntes Astralwesen LP: 1000
 

Die Wucht des Angriffs schleuderte Kaitos Gegner davon und das unbekannte Astralwesen überschlug sich ein paar Mal, bevor er benommen auf dem Boden liegen blieb. Allerdings dauerte es nicht einmal zehn Sekunden, bis es sich wieder regte und sich erhob. Mit ein paar Schritten war es wieder zurück an seinem Platz, direkt hinter der noch immer gesetzten Karte, die er aufgrund von Kaitos Zerberus nicht hatte aktivieren können, um sein Monster vor der Zerstörung zu bewahren. Er schüttelte kurz seinen Kopf, um die Benommenheit abzuschütteln und warf dann einen Blick auf Kaito.

Dieser erwiderte den Blick und bedachte auch die gefangenen Freunde mit einem kurzen Blick. Sie alle sahen, was auch Kaito sah. Er hatte noch einen Angriff offen. Yumas Augen leuchteten und auch Sharks Gesichtsausdruck zeugte von seiner Zufriedenheit, als Kaito seinen Blick wieder auf das Geschehen vor sich richtete.

„Tu es, Kaito…“, flüsterte Astral ihm zu. Sobald sein Freund den Angriff befohlen und die Lebenspunkte seines Gegners auf Null gesenkt hatte, konnten sie ihn zurück ins Bett bringen… Ansonsten würde der Duellant wohl nicht mehr lang durchhalten. Das Zittern seiner Hände hatte erneut zugenommen und immer öfter kniff er die Augen zusammen, um wieder klar zu werden.

„Photonen-Zerberus… Greif ihn direkt an!“

Auch dieses Mal gehorchte Kaitos Monster aufs Wort und mit einem animalischen Knurren stürzte es sich auf den Gegner seines Meisters. Es tackelte ihn frontal und sprang dann zurück auf seinen Platz auf dem Spielfeld. Doch entgegen allem, was Kaito, Astral, Yuma und Shark vermutet und prophezeit hatten, war der Fremde noch nicht besiegt.
 

Unbekanntes Astralwesen LP: 1
 

„Was…?“

Sie alle starrten den Fremden an, der mit einem siegessicheren Lächeln da stand. Der Angriff des Zerberus hatte ihn durchgeschüttelt und auf seiner Wange erkannten die Freunde einen schmalen Kratzer, aus dem eine blaue Flüssigkeit lief – Blut? – doch er stand. Und ein einziger Lebenspunkt war ihm geblieben.

„Wie hast du…?“, fragte Astral ihn geschockt.

„Ich habe den zweiten Spezialeffekt von Astraler Wächter aktiviert. Wenn mehr als eine dieser Karten auf meinem Friedhof ist, kann ich, wenn ich alle Lebenspunkte bezahle, bis auf einen, die Schadensberechnung bei einem Angriff, der meine Lebenspunkte auf Null setzen würde, überspringen. Guter Zug, Kaito Tenjo. Aber nicht gut genug.“

Er warf erst einen Blick zu den Käfigen hinüber und dann zu Astral und Kaito, der zögerte, seinen Zug zu beenden.

„Du weißt, was geschieht, wenn du deinen Zug beendest, nicht wahr? Astral hat es dir am Anfang deines Zuges sicher gesagt. Galaxieaugen-Photonendrache wird zerstört werden.“

Der Blonde schwieg und ein kaltes Lächeln schlich sich auf die Züge des violetten Astralwesens. „Komm, tu es. Du kannst es sowieso nicht verhindern.“

Mit saurer Miene schließlich überwand sich Kaito.

„Ich beende…meinen Zug.“

Und sobald die Worte ausgesprochen waren, wanden sich schwarze, aus Dunkelheit bestehende Ranken aus der Feldzauberkarte heraus. Sie umwickelten Kaitos Drachen und drückten zu, bis das majestätische Monster mit einem lauten, schmerzvollen Brüllen zerbarst. Der Duellant konnte sich das nicht ansehen und wandte den Kopf mit schmerzvollem Zug um die Augen ab. Trotzdem stellten sich ihm die Nackenhaare auf, als er den furchtbaren Schrei seines Monsters hörte. Ja, Galaxieaugen war nur eine Karte…doch für Kaito war er so viel mehr als nur ein Bild auf einem Stück Pappe. Er war sein Freund, sein Kamerad und so oft auch sein Beschützer. Und doch hatte er den Drachen nicht retten können.

Nun blieb Kaito nur noch Photonen-Zerberus und so, wie er seinen Gegner einschätzte, würde ihm das nicht viel helfen. Dazu kam noch, dass es ihm immer schlechter ging. Das Duell zehrte an seinen Kräften und er merkte, das Astral recht behalten hatte. Er war natürlich viel zu schwach für ein Duell, noch dazu für eines, bei dem so viel auf dem Spiel stand. Aus den Augenwinkeln sah er Haruto bei Yuma im Käfig stehen und befahl seinen Beinen stumm, ihn weiterhin zu tragen, bis er das Duell beendet und sie gerettet hatte.

Doch nun war erstmal der Violette wieder am Zug.

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Hier ein Split. :3

Ursprünglich hatte ich geplant, das Duell komplett in diesem Kapitel zu belassen, doch da es länger geworden ist, als ich vermutet hatte, habe ich es geteilt. Den Rest des Duells bekommt ihr dann im nächsten Kapitel zu sehen. :D

Nun zu den Infos, die ich oben angesprochen habe.

Die Karten, die Astrals Artgenosse in diesem Duell benutzt, existieren nicht. Logischerweise. Ich habe sie für diese Geschichte erdacht. Falls ihr also Fragen habt, die diese Karten betreffen, stellt sie mir einfach. :) Bilder der Karten könnt ihr übrigens in der Charakter-Sektion der Fanfic finden. :)

Ich freue mich dieses Mal besonders über Kmmentare und konstruktive Kritik, da ich noch nie ein Duell geschrieben habe. :3
 

Liebe Grüße und ein paar Kekse,

euer Wiesel

Auch ein Unentschieden kann ein Sieg sein

Huhu, ihr Kekse. :D

Hier sind wir mit dem aktuellen Kapitel. Wie immer bisher, vielen Dank an AlienBlood23 für das Kommi und dieses Mal auch ein Danke an die Verrückte (Itabryiel) für den Favo. Du spinnst, nur dass du es weißt. :3

Ich wünsche euch allen viel Spaß mit dem zweiten Teil des Duells,

euer Wieselchen :3~
 

Kapitel 7

Beobachtung 52: Auch ein Unentschieden kann ein Sieg sein.
 

Der Violette zog seine Karte und sein Lächeln wurde breiter.

„Zuerst aktiviere ich die Zauberkarte Zugzwang. Wenn ich kein Monster auf dem Feld habe, mein Gegner aber schon, kann ich drei Karten aus meinem Deck ziehen. Ich muss allerdings wenigstens zwei Karten aus meiner Hand benutzen, sonst wandern alle gezogenen Karten auf den Friedhof.“

Wie vorausgesagt, zog der Astrale drei Karten und fügte sie seiner Hand hinzu. Dann nahm er die eine wieder auf und legte sie auf einen der Scanner.

„Ich beschwöre Astrale Zauberin im Angriffsmodus.“

Eine junge Frau materialisierte sich auf dem Spielfeld. Sie hatte hellblaues Haar und trug etwas, das wie eine Uniform anmutete. Eine weiße figurbetonte Jacke umschmeichelte ihren Oberkörper und ein weißer, ausladender Rock, der ihre Beine ungefähr bis zum Knie verdeckte wehte leicht, als sie sich in Pose stellte. Außerdem trug sie dunkelblaue Overknee-Strümpfe und weiße Schuhe. Kaito biss sich auf die Innenseite seiner linken Wange. Dieses Monster war nicht besonders stark, doch mit seinen 1500 ATK trotzdem stärker als sein eigenes. Und offenbar war sein Gegner noch nicht fertig. „Dann rufe ich als Spezialbeschwörung Astrale Priesterin aufs Feld, die ich immer dann rufen kann, wenn sich Astraler Wächterkommandant Bryiel auf meinem Friedhof oder auf meinem Spielfeld befindet.“

Er legte eine weitere Karte ab und es materialisierte sich ein weiteres junges Mädchen. Es trug eine weite Robe, die ihren gesamten Körper sowie ihr Gesicht fast vollständig verdeckte. Das einzige, das man sehen konnte, waren ihre roten Augen. Sie wirbelte einen Stab herum, der länger war, als sie selbst und richtete ihn schließlich auf Kaito.

Astral kannte diese Monster nicht, doch er hatte ein mieses Gefühl. Obwohl sie vergleichsweise schwach waren mit 1500 bzw. 1000 ATK und ihre Stufen auch unterschiedlich waren, glaubte der Astrale, dass sein Artgenosse eine erneute XYZ-Beschwörung plante. Und er ahnte, dass das böse für Kaito enden konnte. Und Astral behielt recht.

„Nun decke ich meine verdeckte Karte auf.“

Er hob seine Hand und die von ihm in seinem letzten Zug gesetzte Karte deckte sich auf. Wie sich herausstellte, handelte es sich bei ihr nicht um eine Fallenkarte. Das war also der Grund, wieso er sich nicht an Kaitos Zerberus gestört hatte. Er hatte nie vorgehabt, dessen Angriff aufzuhalten.

„Dabei handelt es sich um die Ausrüstungszauberkarte Himmlischer Stab. Wenn ich jetzt meine Astrale Priesterin mit dieser Karte ausrüste, steigt sie auf die Stufe eines anderen Monsters auf meinem Feld. Ich wähle Astrale Magierin. Nun sind sie beide Stufe 4.“

Die Karte aktivierte sich und im nächsten Moment veränderte sich der Stab in der Hand der Priesterin und begann zu leuchten. Sie wuchs, bis sie dieselbe Größe wie ihre Kameradin neben ihr hatte und quiekte, als würde sie sich über den Schub freuen.

„Und nun, Kaito Tenjo, bedanke ich mich, dass du meinen Wächterkommandanten zerstört hast.“

Diese Worte sorgten bei Kaito, Astral und den anderen für Verwirrung. Wieso bedankte er sich dafür? Immerhin hatte Kaito das Monster zerstört, mit dem er hatte gewinnen wollen und ihm gleichzeitig ¾ seiner Lebenspunkte genommen. Oder?

„Denn für das, was ich jetzt tue, muss er sich genau dort befinden!“

Erneut hob der Astrale die Hand, doch diesmal reckte er sie gen Himmel.

„Ich bilde mit meinen beiden Monstern und dem Himmlischen Stab das Überlagerungsnetzwerk und rufe als XYZ-Beschwörung…Astrale Elementarmagierin Lariym aufs Feld!“

Die beiden Damen auf dem Spielfeld vereinten sich im Wirbel des Überlagerungsnetzwerks und heraus schritt eine wunderschöne Magierin mit rabenschwarzem Haar. Sie trug ein elegantes Kostüm, dessen Applikationen fast wie die Flügel einer Libelle aussahen. Ihr Schmuck glänzte silbern und in ihren schlanken Händen fand sich der Himmlische Stab wieder, den sie in eleganter Pose neben sich auf den Boden stob. Um sie herum schwebten in ihrer Umlaufbahn drei XYZ-Materialien. Astral schluckte. Er hatte dieses Monster noch nie gesehen, kannte es aber. Wenn der andere das tat, was er befürchtete, würde Kaito arg in die Enge geraten. Und das nicht unbedingt wegen der 2800+300 ATK des Monsters.

„Begrüße meine Lady. Ich kann sie nur rufen, wenn sich Bryiel auf meinem Friedhof befindet, ich maximal 1000 Lebenspunkte habe und als XYZ-Material den Himmlischen Stab und zwei Monster der Stufe 4 anbiete. Alles, dank dir, Kaito Tenjo.“

Der Blonde unterdrückte einen Fluch. Wie konnte er nur in diese Falle hineintappen? Wäre er auf der Höhe, wäre ihm das nie passiert. Er senkte den Kopf und das Zittern seines Körpers verstärkte sich, doch nicht, weil es ihm schlechter ging. Nein, er war wütend. Wütend auf sich selbst und seine Unachtsamkeit. Astral bemerkte die Veränderung und versuchte, Kaito zu beruhigen. Doch sein Freund hörte nicht auf ihn. Zu gefangen war er in der Selbstpeinigung, weil er nicht vorausgesehen hatte, was der andere plante.

„Kaito…“, erwiderte Astral leise und hob seine Hand. Erst zögerte er, doch schließlich legte er sie auf Kaitos Unterarm. Er spürte die Wärme des Menschen durch den dünnen Stoff des Krankenhaushemdes hindurch. Ihm wurde schwindelig, doch ermahnte sich selbst, dass er fokussiert bleiben musste. Doch trotz der Situation konnte er nicht anders, als seinem Artgenossen still für den Feldzauber zu danken, der es ihm ermöglichte, Kaito zu berühren. Denn dieser hatte sie alle wenigstens temporär in eine detailgetreue Kopie dessen geschickt, was die Astralwelt war. Auch, wenn sie nicht aussah, wie die Astralwelt aussehen müsste. Kaito hörte ob der Berührung auf zu zittern und sein Blick lag ungläubig auf Astrals schmaler Hand auf seinem Arm. Für einen Moment blieb die Zeit stehen und das Gefühl der Berührung überflutete den Geist des Blonden mit unbekannten, doch unheimlich angenehmen Empfindungen. Schließlich war es Astrals Artgenosse, der sie beide wieder in die grausame Realität zurück holte.

„Aber ich bin noch nicht fertig“, erklärte dieser in dem Augenblick. Er schien nicht bemerkt zu haben, was sich in den wenigen Sekunden, die er geschwiegen hatte, zwischen Astral und Kaito abgespielt hatte und fuhr nun unbeirrt fort.

„Ich aktiviere einen der Effekte von Laryim und rufe ihren Liebsten vom Friedhof zurück. Dafür muss ich nur ihre Angriffspunkte auf Null setzen. Sei gegrüßt, Astraler Wächterkommandant Bryiel!“

Laryim faltete ihre Hände vor der Brust, als der Astrale ihre Angriffspunkte opferte und ein kleines Licht erschien zwischen ihren Händen, das sie erst kurz zärtlich anblickte und dann in die Luft warf. Dort wurde es größer und aus ihm heraus stieg schließlich der bereits vernichtet geglaubte Wächterkommandant, dessen Feuerschwert nun die Dunkelheit erhellte. Er stellte sich neben die Elementarmagierin und schenkte ihr ein zärtliches Lächeln. Es wirkte fast so, als wären diese beiden keine Duellmonster, sondern ein wahrhaftiges echtes Liebespaar. In jeder anderen Situation hätte Kotori so eine Darbietung sicher unheimlich romantisch gefunden, doch gerade jetzt ahnte auch sie das Schlimmste. Kaito hatte kaum Schutz und das Monster, das der Violette gerade vom Friedhof zurückgeholt hatte, war einfach nur furchterregend.

„Und es geht weiter.“

Er nahm eine weitere Karte von seiner Hand und legte sie auf einen der Scanner.

„Ich spiele die Zauberkarte Liebesbeweis. Diese Karte kann ich dann spielen, wenn ich die Angriffspunkte von Laryim geopfert habe, um Bryiel zurückzuholen. So bekomme ich jetzt die Angriffspunkte, die sie verloren hat, als Lebenspunkte gutgeschrieben.“
 

Unbekanntes Astralwesen LP: 3101
 

Yuma in seinem Käfig entglitten die Gesichtszüge. Das war unmöglich. Wie konnte sich ein Duell nur so plötzlich um 180° wenden? Noch bevor Kaito seinen letzten Zug beenden musste, hatte er so offensichtlich in Führung gelegen, dass wohl kaum jemand daran gezweifelt hätte, dass sein Freund das Duell gewinnen würde und nun… Nun hatte Kaito nicht nur seinen Drachen verloren, ihm gegenüber standen auch zwei Monster, eines mit über 3000 ATK und ein anderes mit wer weiß wie vielen Effekten und die Lebenspunkte des Astralen waren auch wieder fast komplett. Wenn Kaito und Astral nicht im nächsten Zug irgendwas einfiel, dann…

„Leider kann Bryiel in dem Zug, in dem Laryim ihn zurückgeholt hat, nicht angreifen. Deshalb beende ich jetzt meinen Zug. Du bist dran, Kaito Tenjo.“

Kaito konnte nicht mehr. Wäre Astral nicht bei ihm, wäre er wahrscheinlich schon zusammengebrochen, doch die Berührung des anderen gab ihm Kraft. Kraft, von der er nicht wusste, dass er sie noch besaß. Seine Sicht verschwamm immer häufiger, seine Arme und Beine zitterten vor Überanstrengung und sogar seine Karten kamen ihm mit jeder Sekunde, die er sie festhalten musste, schwerer vor. Doch er musste weitermachen. Wenn er aufgab, waren seine Freunde und Haruto verloren. Es war seine Aufgabe, sie alle zu retten. Er musste weitermachen.

Tief durchatmend zog Kaito seine Karte. Photonenschock. Oder wie Kaito sie auch manchmal in Gedanken nannte: der letzte Ausweg. Bereits damals in seinem Duell mit Astral hatte er sie eingesetzt, um nicht gegen den neu erschaffenen ZeXal zu verlieren und vielleicht war das auch dieses Mal sein letzter Ausweg. Astrals Artgenosse hatte nicht gesagt, dass er gewinnen musste. Er sagte, die Käfige würden verschwinden, wenn seine Lebenspunkte auf Null wären. So lange also die Lebenspunkte des Astralen verschwanden, war alles in Ordnung. Wie er das anstellte, war nicht von Bedeutung.

„Ich rufe Galaxieritter aufs Feld. Wenn sich auf meinem Feld bereits ein Photonenmonster befindet, kann ich ihn rufen, ohne Tribut anbieten zu müssen.“

Er spielte die Karte aus und das Monster, das wie ein Ritter aus dem Weltraum anmutete, erschien auf dem Spielfeld. Der Ritter verbeugte sich galant vor Laryim, die daraufhin leise kicherte. Allerdings wurde es sofort daraufhin ernst und Kaitos Monster wandte sich der offensichtlichen Gefahr des Wächterkommandanten zu und die beiden Krieger starrten einander an, als wüssten sie, dass sie bald kämpfen würden.

„Jetzt aktiviere ich seinen Spezialeffekt. Wenn ich seine Angriffspunkte um 1000 senke, kann ich Galaxieaugen-Photonendrache in offener Verteidigungsposition vom Friedhof spezialbeschwören!“

Als der Drache aufs Spielfeld zurückkehrte, fielen Yuma und Shark Steine so groß wie Basketbälle vom Herzen. Jetzt hatte ihr Freund wieder eine Chance auf den Sieg. Astral beobachtete, wie Kaito mit zitternden Fingern die Position des Drachen auf Angriffsposition wechselte. Es wurde wirklich Zeit, dass das Duell beendet wurde. Kaito brauchte unbedingt Ruhe…

Der Astrale warf einen Blick auf das gegnerische Feld. Der Wächterkommandant stand in drohender Haltung neben der Magierin, die alles tun würde, um ihn zu schützen. Denn das war ihre Hauptaufgabe. Wurde sie beschworen, konnte kaum ein Duellant den Wächterkommandanten noch bezwingen, da sie mehrere Effekte besaß, die ihn beschützten. Deshalb war sie so schwer zu beschwören. Sie war kein Monster, mit dem man angriff. Sie war eines, das das angreifende Monster beschützte. Wenn sie zusammen auf dem Feld waren, war es kaum möglich, Bryiel zu bezwingen. Als erstes musste also Laryim weg. Ohne sie würde der Wächterkommandant sehr viel einfacher zu zerstören sein. Doch wie stellten sie das an? Der Wächterkommandant war 3300 ATK stark. Keines von Kaitos Monstern konnte ihn also wirklich bezwingen. Das Beste war vermutlich, sie mit Galaxieaugen zu attackieren und sobald sie zerstört war, würden sie mithilfe von Galaxiesturm Bryiel besiegen. Immerhin besaß der Wächterkommandant derzeit kein XYZ-Material. Wenn beide Monster ausgeschaltet waren, würde Galaxieritter die Lebenspunkte ihres Gegners auf 0 reduzieren. Noch bevor Astral mit Kaito über diesen Plan sprechen konnte, begann dieser bereits, ihn auszuführen. Und ohne zu wissen, wieso, wurde es dem Astralen ein wenig warm in der Brust.

„Und jetzt wird es Zeit, dass du verlierst…“, presste der Blonde zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Ihm ging es miserabel. Seine Brust hatte begonnen, furchtbar zu schmerzen, er sah nur noch verschwommen und seine Arme und Beine fühlten sich an wie Pudding. Inzwischen war Astral schon dazu übergegangen, ihn zu stützen, damit er nicht zusammenklappte wie ein Campingstuhl, den man für den Winter verstaute. Ohne dessen Hilfe wäre Kaito wahrscheinlich schon längst zusammengebrochen.

„Galaxieaugen-Photonendrache! Greif Astrale Elementarmagierin Laryim an! Photonenstrom der Zerstörung!“

Der Drache gehorchte und der Energiestrahl aus seinem Maul preschte mit atemberaubender Geschwindigkeit auf die hübsche Magierin zu, die mit Todesangst in den hübschen Zügen versuchte, sich hinter ihrem Himmlischen Stab zu verstecken. Doch das schien nichts zu bewirken, als Astraler Wächterkommandant Bryiel sich zwischen sie und den Angriff des Drachen warf und ihn zurückschickte.
 

Kaitos LP: 3700
 

„Was zum…!?“, rief Yuma aus seinem Käfig. Was war jetzt schon wieder passiert? Wieso war der Angriff nicht durchgegangen? Wieso war Galaxieaugen verschwunden? Und wieso zum Teufel hatte Kaito jetzt 300 Lebenspunkte verloren!?

Auch Astral wusste nicht, was genau gerade passiert war. Alles, was er sah, war, dass ihr Plan nicht aufzugehen schien.

„Was hast du getan?“

Der Violette zuckte mit den Schultern.

„Ich habe einen von Bryiels Effekten aktiviert. Wenn er und Laryim gemeinsam auf dem Feld stehen, kann ich ein Monster, das Laryim angreift, dazu zwingen, stattdessen ihn anzugreifen. Und das habe ich getan.“

Astral biss die Zähne zusammen. Dieser Effekt war ihm nicht bekannt gewesen. Sonst hätte er Kaito davon abgehalten, den Angriff zu deklarieren. Und so…war Galaxieaugen erneut zerstört. Und Kaitos Chance auf den Sieg enorm geschrumpft. Wie konnten sie diese beiden besiegen? Er warf einen Blick auf die beiden Monster ihres Gegners, die noch immer gemeinsam nebeneinander wie das perfekte Paar auf dem Spielfeld standen. Diese beiden Monster waren tatsächlich ein perfektes Paar. Sie waren ohne einander nur halb so stark wie gemeinsam.

Kaito zitterte erneut vor Wut. Schon wieder war er in eine Falle gerannt, blind, ohne abzubremsen. Und wieder war es sein Drache gewesen, der dafür hatte bezahlen müssen. Doch was konnte er anderes tun, als weiterzumachen? Er würde Galaxiesturm verwenden, um diesen Wächterkommandanten zur Hölle zu schicken und einfach hoffen, dass der Zauber durchging. Wenn nicht, dann wusste Kaito auch nicht, was er noch tun sollte.

„Ich aktiviere die Zauberkarte Galaxiesturm. Ich verwende sie, um deinen Astralen Wächterkommandanten Bryiel zu zerstören, da er derzeit kein XYZ-Material besitzt.“

Er spielte die Karte und war weit weniger überrascht darüber, dass nichts geschah, als er vielleicht hätte sein sollen. Und in diesem Moment löste sich eines der XYZ-Materialien von Laryim und wanderte zu Bryiel hinüber, wo es seinen Platz in der Umlaufbahn einnahm und ihn träge zu umschweben begann.

„Nein, das tust du nicht“, lächelte der Violette. „Ich habe einen weiteren Effekt von Laryim aktiviert. Wenn Bryiel kein XYZ-Material mehr hat, kann sie ihm eines von ihren schenken. Und du erhältst gleichzeitig Schaden in Höhe der bei ihr verbleibenden Materialien mal 900. Das macht also 1800 Schadenspunkte für dich, Kaito Tenjo.“

Laryim wirbelte ihren Stab ein paar Mal herum, sprang dann auf Kaito und Astral zu und versetzte dem Blonden zwei gut gezielte Hiebe, die ihn beinahe aus dem Gleichgewicht gebracht hätten, hätte Astral ihn nicht festgehalten. Mit schmerzverzerrtem Gesicht und zusammengebissenen Zähnen beobachtete er, wie die Magierin sich wieder auf ihren Platz begab und den Stab erneut in den Boden stob.
 

Kaitos LP: 1900
 

Die Freunde in den Käfigen waren sprachlos. Wie konnte man diese beiden Monster nur bezwingen? Yuma machte sich furchtbare Sorgen um Kaito und auch Haruto kämpfte mit den Tränen, als er seinen Bruder sah. Er sah so schlecht aus und hing förmlich in Astrals Armen. Ohne ihn wäre sein Bruder wahrscheinlich schon längst umgefallen. Wieso nur tat dieser Astrale das? Wieso tat er seinem Nii-san so furchtbar weh?

„Gib nicht auf, Kaito! Du schaffst es!“, rief Rio in einem verzweifelten Versuch, ihren Freund aufzubauen. Wenn sie an ihn glaubten, dann konnte er noch gewinnen! Das hoffte sie zumindest. Sie alle wussten, was für ein großartiger Duellant Kaito Tenjo war. Sie würden ihn nicht aufgeben. Und so wie es aussah, half der Zuspruch, denn auch, wenn er sich nur langsam und stockend bewegte, Kaito richtete sich wieder auf und erwiderte den Blick seines Gegners.

Kaito warf einen Blick in seine Karten und griff mit entschlossener Miene nach Photonenschock. Und auch Astral sah es und schluckte. Und doch wusste er, dass diese Karte vielleicht der letzte Ausweg war. Der Duellant setzte die Karte und beendete seinen Zug. Die einzige verbliebene Karte in Kaitos Hand war jetzt Kuriphoton.

Nun war der andere wieder am Zug. Er zog eine Karte und schob sie neben die andere verbliebene Karte in seiner Hand.

„Du weißt, dass es vorbei ist, nicht wahr, Kaito Tenjo. Du kannst nicht mehr gewinnen…“

Kaito antwortete ihm nicht darauf und starrte ihn einfach nur herausfordernd an. Das violette Astralwesen seufzte.

„Beenden wir das hier… Astraler Wächterkommandant Bryiel, greife Galaxieritter an! Himmelsschwert!“

Das Monster gehorchte seinem Meister sofort. Es zückte sein Flammenschwert und die leuchtende Fackel und sprang auf Kaitos Monster zu. Mit einem einzigen Hieb des Schwertes vernichtete Bryiel Galaxieritter, der sich mit einem Schmerzensschrei und in Flammen stehend auflöste. Danach kehrte das Astrale Monster an seinen Ausgangspunkt zurück und starrte das verbliebene Monster auf der Seite seines Gegners feindselig an.
 

Kaitos LP: 400
 

Astral atmete auf. Laryim würde keinen Angriff starten, da sie keine ATK besaß. Also waren sie sicher für diesen Moment. Nun mussten sie hoffen, dass die nächste Karte, die Kaito zog, ihnen wieder auf die Beine helfen würde. Doch ihr Gegner dachte nicht daran, seinen Zug zu beenden.

„Ich opfere Liebesbeweis und außerdem 2000 Lebenspunkte und gebe Laryim damit ihre ursprüngliche Angriffsstärke zurück.“
 

Unbekanntes Astralwesen LP: 1101
 

Er streckte den Arm in Richtung seines Monsters aus, das daraufhin zu strahlen begann und als die Zauberkarte sich auflöste, erhielt es seine ursprünglichen 2800 ATK zurück. Die Magierin stieß einen leisen Kampfschrei aus und wirbelte einmal mit ihrem Stab herum, bevor sie wieder still stand.

„Und nun, Astrale Elementarmagierin Laryim! Greife Photonen-Zerberus an! Himmelskuss!“

Und während Laryim sich zum Sprung bereit machte, blickte der Violette an ihr vorbei und ein siegessicheres Lächeln lag auf seinem Gesicht.

„Das wars, Kaito Tenjo. Das Duell ist vorbei. Du hast gut gekämpft und dich tapfer geschlagen. Aber gegen die vereinte Macht meiner Astralen Monster hat niemand eine Chance.“

Und als sein Monster in die Luft sprang und seinen Himmelsstab schwang, schien alles verloren. Doch Kaito war schneller.

„Es ist erst vorbei, wenn die fette Dame gesungen hat! Ich werfe Kuriphoton von meiner Hand auf den Friedhof, und annulliere somit den Schaden deines Angriffs!“

Er schob die Karte auf den Friedhof und sofort erschien das kleine Monster auf dem Spielfeld und stürzte sich mit einem leisen „Kuriiii!“ todesmutig auf Laryim, die es mit Leichtigkeit bezwang. Nach dem Kampf landete sie leichtfüßig auf dem Boden und nahm ihre vorige Position wieder ein.

„Du weißt nicht, wann Schluss ist, oder, Kaito Tenjo? Aber gut. Dann beende ich es in meinem nächsten Zug.“

Astral betete. Yuma und Haruto beteten. Und auch Shark, Kotori und Rio beteten. Sie alle beteten dafür, dass die Karte, die Kaito jetzt zog, ihn und damit auch sie würde retten können. Die Hand des Blonden zitterte, als er die Finger auf die oberste Karte in seinem Deck legte. Wenn er jetzt nicht das zog, was er brauchte, hatte er keine andere Wahl, als… Er holte tief Luft, unterdrückte den Schwindel, der sich seiner bemächtigte und zog. Für eine Sekunde stand die Zeit still und Kaitos Freunde in den Käfigen hielten die Luft an. Was für eine Karte hatte ihr Freund gezogen? Der Mensch drehte seine Hand um und warf einen Blick auf die Karte, die er gezogen hatte. Und in diesem Moment verlor Astral jede Hoffnung. Diese Karte konnte das Duell nicht wenden.

„Ich rufe Lichtschlange im Angriffsmodus.“

Seine Stimme war bei weitem nicht so stark und selbstbewusst wie sonst. Diese Karte brachte ihm nicht den Sieg. Alles, was sie tun konnte, war, das Beste aus dem zu machen, was er hatte. Und genau das würde er tun. Wenn das seine Freunde aus diesen Käfigen befreite, dann war er zu allem bereit. Er stand aufrecht und stolz, blickte seinem Gegner furchtlos in die Augen, als er den Angriff befahl.

„Lichtschlange, greif Astraler Wächterkommandant Bryiel an!“

Sein Gegner starrte geschockt auf die kleine Schlange mit den leuchtenden Schuppen, die nun auf sein Monster zugeschlängelt kam in dem Versuch, es zu beißen.

„Ist das deine Art, aufzugeben, Kaito Tenjo? Wenn du schon verlierst, dann mit einem Paukenschlag?“

Und als Bryiel den Fuß hob und ihn mit voller Kraft auf die kleine Schlange niedersausen ließ, zierte ein selbstbewusstes Lächeln das Gesicht des blonden Duellanten.

„Ich gebe niemals auf“, erwiderte er noch, bevor er Photonenschock aktivierte.

Die Energie des Angriffs riss Kaito von den Füßen und von Astral fort, so dass ihre Verbindung gewaltsam gelöst wurde. Der Ruf des Astralwesens war ob des tosenden Windes kaum zu verstehen und er verhinderte für einen Moment, dass er sich rührte. Als der Wind schließlich nachgelassen hatte und auch der Staub sich langsam legte, blickte sich Astral nach dem Blonden um und entdeckte ihn einige Meter hinter sich auf dem Boden liegen.
 

Kaitos LP: 0

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Das wars für heute. :3

Ich hoffe, ihr hattet genauso viel Spaß dabei, es zu lesen, wie ich dabei, es zu schreiben.

Wir sehen uns am nächsten Samstag. Oder Sonntag, oder wann auch immer das Kapitel dann freigeschalten wird. :D

Bis dann,

euer Ita
 

PS: Eine kleine Erinnerung am Ende: Die Karten von Astrals Artgenossen findet ihr in der Charakterübersicht. :B

Die Astralwelt ist in Gefahr

Hallo, ihr Lieben. :3

Hier bin ich wieder mit Kapitel 8. :D

Danke wie immer an AlienBlood23 für das obligatorische Kommi. Ich hoffe, ihr habt alle Spaß beim Lesen.

Euer Wiesel. :3
 

Kapitel 8

Beobachtung 53: Die Astralwelt ist in Gefahr.
 

„Kaito!“, rief Astral panisch. Er hätte dieses Duell niemals zulassen dürfen! Was, wenn Kaito jetzt ernsthafte Verletzungen davon getragen hatte? Er war im Verlauf des Duells immer schwächer geworden und ohne Astrals Hilfe wäre er wahrscheinlich nach der Hälfte des Kampfes nicht mehr in der Lage gewesen, überhaupt zu stehen und doch hatte er sich durchgebissen. Für Haruto. Für Yuma. Für Shark, Kotori und Rio. Er warf einen Blick auf die Freunde und entdeckte mit Freude, dass die Käfige verschwunden waren.

Er warf einen Blick zurück zum Duellfeld, auf dem er noch die aufgedeckte Karte sah, die Kaito vor dem Einschlag der Attacke noch schnell aktiviert hatte und dahinter lag der violette Astrale, selbst ein wenig benommen und offensichtlich überrascht über die Wendung.
 

Unbekanntes Astralwesen LP: 0
 

„Nicht schlecht, Kaito Tenjo. Du hast mich überrascht…“

Es erschien ein kleines Fenster, das ihnen anzeigte, dass das Duell unentschieden ausgegangen war und Yuma und die anderen rannten sofort, nachdem die Käfige verschwunden waren, zu Kaito hinüber und halfen ihm, sich aufzusetzen. Er sah sehr mitgenommen aus und beobachtete stumm und schwer atmend, wie die virtuelle Realität verschwand. Mit ihr verschwanden die Monster der beiden Duellanten, der Feldzauber und für alle außer Yuma, Haruto und Kaito, auch die beiden Astralwesen. Mit Yumas Hilfe stand er schließlich auf und starrte das violette Wesen feindselig an, das nun wieder ohne Duel Disk am Arm auf ihn zu schwebte.

„Ich bin beeindruckt von deinen Fähigkeiten, Kaito Tenjo. Nicht nur im Duell… sondern auch dein starker Wille und deine Ausdauer sind erstaunlich.“

Die anderen Freunde und Astral hatten sich vor ihn gestellt, um ihn abzuschirmen vor was auch immer. Sie wussten schließlich noch immer nicht, was dieses Wesen eigentlich bezweckte und wollten kein Risiko eingehen. Noch einmal würde es sich Kaito nicht vornehmen, dafür würden sie alle sorgen und wenn sie bei dem Versuch, Kaito zu beschützen, draufgingen.

„Wer bist du?“, fragte Astral den anderen erneut und wieder war seine Stimme laut und scharf. Langsam hatte er die Nase voll von diesem Kerl, der alle seine Lieben ständig in Lebensgefahr zu bringen schien und das nur, weil es ihm Spaß machte.

Dieses Mal schien der andere gewillt, ihm zu antworten, doch daraus wurde nichts, denn Kaito brach wieder zusammen und wäre Yuma nicht so flink gewesen, wäre er wahrscheinlich hart auf dem Betonboden aufgeschlagen.

„Kaito, nein!“

Der Schwarzhaarige hielt den Blonden fest und dieser hing förmlich an dessen Körper wie ein Schluck Wasser. Seine Beine zitterten und seine Atmung ging flach und unregelmäßig. Sein Körper gab nun endgültig auf und selbst Kaitos eiserner Wille konnte ihn nicht mehr aufrecht erhalten. Mit vereinten Kräften brachten sie ihn zurück ins Gebäude und eine der Schwestern, die ihnen auf dem Korridor über den Weg lief, kam sofort alarmiert herbei geeilt. Sie half ihnen, Kaito in sein Zimmer zurückzubringen und hatte dabei genug Zeit und Luft, um ihnen gehörig die Leviten zu lesen, dass sie sich tatsächlich duellierten, wenn ihr Freund in offensichtlich schlechter Verfassung war. Dass sie sich duelliert hatten, erkannte sie einfach an der Duel Disk, die noch immer an Kaitos Arm klemmte. Sie verfrachteten ihn wieder in sein Bett und Yuma nahm ihm die Disk vom Arm und gab sie Orbital zurück, der sie verstaute. Die Besuchszeit war inzwischen schon längst vorbei, so dass sie das Krankenhaus verlassen mussten. Keinem von ihnen gefiel die Idee, Kaito jetzt allein lassen zu müssen, denn sie trauten dem anderen Astralwesen nicht so weit, wie sie es hätten werfen können, doch leider blieb ihnen keine andere Wahl. Sie konnten nur hoffen, dass nichts geschehen würde, wenn sie weg waren. Astral blieb allerdings bei Kaito und Haruto wirkte daraufhin gleich weniger ängstlich. Astral würde seinen Bruder beschützen. Orbital wollte ebenfalls bleiben, doch das erlaubte die Schwester nicht, so dass der kleine Roboter mit hängenden Prozessoren hinter Yuma und den anderen her surrte, die allesamt mit einem mulmigen Gefühl im Magen das Krankenhaus verließen. Währenddessen saß Astral auf Kaitos Bett und beobachtete diesen still. Der Mensch war inzwischen eingeschlafen und seinem entspannten Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte er keinen bösen Traum.

„Bist du zufrieden? Wenn du erreichen wolltest, dass Kaito zusammenbricht, dann hast du es jetzt geschafft…“, flüsterte er gepresst.

„Das war ganz und gar nicht meine Absicht…“, erwiderte das andere Astralwesen aus der Ecke nahe der Tür. Und wieder bestand seine einzige sichtbare Bewegung daraus, seine Haarsträhne um seinen Finger zu wickeln. „Das war es nie. Doch es war wichtig. Ich musste wissen, ob er stark genug ist für das, um das ich ihn bitten muss.“

Astral drehte sich mit wütendem Blick zu dem anderen um. Doch trotz seiner Wut und seines Zorns, der so unbändig war, wie Astral es noch nie erlebt hatte, sprach er leise, denn über seiner Wut lag der Schleier der Liebe, der verhindern würde, dass er Kaitos Schlaf störte.

„Wenn du glaubst, ich lasse zu, dass du ihm noch einmal zu nahe kommst, dann bist du wirklich dumm…“

Der andere seufzte. Es war nicht verwunderlich, dass Astral so reagierte. Ihm war natürlich aufgefallen, was er für Kaito Tenjo empfand. Doch er durfte darüber nicht vergessen, wo er herkam. War es nicht auch seine Heimat, die hier auf dem Spiel stand?

„Wunderst du dich nicht, wie es in der Astralwelt aussieht? Du weißt, der Feldzauber, den ich gespielt habe.“

Astral stutzte. Er hatte nicht mehr wirklich darüber nachgedacht, aber der andere hatte recht. Der Feldzauber, den er in seinem Duell gegen Kaito aktiviert hatte, öffnete ein Tor in ihre eigene Welt. Doch sie hatte anders ausgesehen als damals, als er sie verlassen hatte. Wo früher Licht gewesen war, war jetzt Dunkelheit.

„In unserer Heimat herrscht Krieg, Astral. Und keiner von uns kann ihn beenden. Wir brauchen dafür die Macht der Menschenwelt. Seine Macht.“ Er nickte mit dem Kopf zu Kaito hinüber. „Ich habe nicht nur ihn geprüft. Vor ihm kamen viele andere, die alle versagten. Er ist der einzige, der beide Prüfungen bestanden hat, der einzige, der stark genug ist, unsere Welt zu retten.“

„Du hast Menschen getötet… Wie kann ich dir vertrauen?“

Astrals Gegenüber hielt in seiner Haarsträhnendreherei inne.

„Ich habe niemanden getötet“, erwiderte er sachlich. Astral war sich nicht ganz sicher, ob der andere überhaupt wusste, was genau es bedeutete, einen Menschen zu töten. Er schien auf eine Art genauso unwissend zu sein, was die Welt betraf, in der er sich jetzt befand, wie Astral selbst, als er hierhergekommen war. Doch anders als Astral hatte er niemanden gehabt, der ihm seine Fragen beantwortet hatte.

„Du hast sie eingesperrt in ihrem eigenen Geist, so wie du Kaito eingesperrt hast. Und sie sind nicht wieder daraus erwacht. Zwei von ihnen sind gestorben. Weißt du, was das bedeutet?“

„Hältst du mich für dumm? Natürlich weiß ich, was es bedeutet, zu sterben. Wir sterben auch, schon vergessen? Ich habe sie eingesperrt, das ist wahr. Doch nachdem sie die Prüfung nicht bestanden haben, verließ ich sie und seitdem hatten sie immer die Möglichkeit zu erwachen. Es ist sogar ganz einfach. Sie müssen es nur wollen. Und wenn sie das nicht können, dann ist das nicht meine Schuld.“

Astral war geschockt. Diese…wie hatte Yuma ihn noch genannt? Diese billige Schwarzlichtlampenkopie hatte offenbar keinerlei Mitgefühl. Hauptsache, er bekam, was er wollte, der Rest war ihm vollkommen egal. Es war ein wenig erschreckend.

„Ich habe keine Zeit, um ein paar Menschen zu trauern, Astral. Ich habe eine Welt zu retten. Wenn du hier weiter herumspielen willst mit deinen kleinen Freunden, bitte. Doch auf meinen Schultern lastet nicht nur das Leben eines Menschen, wie auf deinen. Auf meinen Schultern lastet das Leben von Millionen. Das Leben einer ganzen Welt. Einer Welt, der du den Rücken gekehrt hast. Du hast uns im Stich gelassen, also spiel hier nicht den Moralapostel.“

Obwohl auch der andere leise gesprochen hatte, war seine Stimme fest und scharf, wie die Astrals. Er war wütend. Wütend über die Scheinheiligkeit Astrals und über dessen verschobene Prioritäten. Waren ihm diese Menschen etwa wichtiger als seine Heimat? Er hatte noch nicht besonders viel Erfahrung mit dieser Welt und deren Bewohnern, doch das meiste, was er bisher gesehen hatte, war nicht besonders positiv. In den Köpfen der Duellanten, die er geprüft hatte, hatte es vor Dunkelheit und Negativität nur so gewimmelt. Da war Neid gewesen, Hass, Abscheu und Egoismus ohne Ende und ihm war schleierhaft gewesen, wieso Astral überhaupt hier geblieben war. Bis er Kaito getroffen hatte. Kaito war wie er. Zumindest war er früher so gewesen wie er selbst. Sein Ziel fest vor Augen und alles andere war egal. Kollateralschäden waren schlimm aber unvermeidbar und er ging seinen Weg und schaute nicht zurück. Doch inzwischen war er nicht mehr so. Er hatte sein Ziel noch immer fest vor Augen, doch seit er Astral und dessen Freunde getroffen hatte, waren Kollateralschäden nicht mehr hinnehmbar. Inzwischen litt er sogar sehr unter der Tatsache, wie rücksichtslos er früher gewesen war. Das hatte er gesehen, in den Gedanken des Menschen. Und doch war er nicht zerbrochen, wie die anderen. Er hatte sich durchgebissen und nicht aufgegeben. Und deshalb glaubte er, dass Kaito Tenjo es schaffen konnte. Er konnte seine Heimat retten und ihr wieder Frieden geben.

Doch das würde nur funktionieren, wenn der Mensch freiwillig mit ihm kam. Ihn zu zwingen, würde gar nichts bringen, das wusste das Astralwesen. Also musste er es irgendwie schaffen, ihn dazu zu überreden, freiwillig mitzugehen. Wie er das anstellen sollte, wusste er aber noch nicht. Als erstes würde er ihm erst einmal alles erzählen. Und dann? Das würde sich zeigen. Er bezweifelte, dass der Duellant einfach Ja sagen und ihn begleiten würde. Die Prüfungen waren hart gewesen und das nahm der Blonde ihm mit Sicherheit übel und doch war es wichtig gewesen, ihn an seine Grenzen zu bringen. Das, was ihn in der Astralwelt erwartete, war bei weitem schlimmer…

Er seufzte und erwiderte Astrals Blick, der noch immer nichts auf seine Worte erwidert hatte. Doch er sah, dass der andere nachdachte. Dass er sich das, was er gesagt hatte, durch den Kopf gehen ließ.

„Ich komme wieder, wenn es Kaito Tenjo besser geht. Oh und… Ach, vergiss es…“

Damit verschwand er und ließ Astral allein zurück.

Der andere hielt sein Wort und blieb die nächsten Tage verschwunden. So konnte Kaito sich erholen. Die ersten drei Tage verbrachte er zwar noch permanent im Bett und schlief die meiste Zeit über, doch trotzdem kamen Yuma, Haruto zusammen mit Orbital und Astral, Shark und Tori jeden Tag, um ihn zu besuchen. Und auch Tetsuo, Cathy und Rio ließen sich regelmäßig blicken, einmal war sogar Mizael mit dabei und erkundigte sich im Namen der restlichen sechs der Sieben Könige nach seinem Befinden. Miko hielt ihm und den Freunden eine zweite Standpauke, als sie von dem abendlichen Duell auf dem Dach erfuhr und verordnete Kaito zur Strafe noch einen Tag zusätzliche Bettruhe. Und eine Strafe war das für den Blonden garantiert. Schon am zweiten Tag wollte er unbedingt aufstehen, obwohl er noch ziemlich erschöpft war und die Auswirkungen des Komas und des Duells noch gut sichtbar waren. Seine Haut war unnatürlich blass, er konnte etwas, das schwerer war als eine Gabel nur sehr kurz halten, bevor er es abstellen musste, er schlief noch fast den halben Tag und lange Gespräche waren auch noch nicht möglich. Und doch insistierte er, dass es ihm schon besser ginge und er nicht den ganzen Tag hier herumliegen müsste. Kaito war eben kein Mann des Bettes, sondern einer der Tat.

Astral hatte niemandem von dem Gespräch in der Nacht erzählt, nicht einmal Kaito selbst, da er glaubte, dass dessen Verfassung noch nicht wieder gut genug war, um sich das anzuhören. Sicher hätte er sich aufgeregt, wenn er von den Worten des anderen Astralwesens erfahren hätte und das wollte Astral nicht riskieren. Am vierten Tag schließlich durfte Kaito – endlich – das Bett verlassen und in den an das Krankenhaus angegliederten Park gehen, doch der Spaziergang, den er mit den anderen unternahm, war noch sehr kurz und schon eine halbe Stunde nach Verlassen des Gebäudes waren sie wieder zurück. Und Kaito fühlte sich wie ein alter Mann, schwach, nutzlos und senil. Er hoffte nur, dass das schnell wieder vorbei gehen würde, sonst würde er in den nächsten Tagen am Rad drehen. Am sechsten Tag schließlich erhielten sie erneut Besuch von Astrals Artgenossen. Sie saßen gerade alle um Kaitos Bett herum – alle, außer Kaito selbst natürlich – und Orbital versuchte sich an einem Duell mit Yuma, allerdings ohne D-Gazer und Disk, damit Kaito sich nicht zu sehr aufregte. Also spielten sie auf altmodische Art und legten ihre Karten einfach auf die Matratze. Orbital fragte Kaito ständig nach Tipps und Yuma beschwerte sich ebenso oft, wenn der Blonde seinem Roboter aushalf, bis dieser ihn daran erinnerte, dass Astral über seine Schulter schaute. Yuma zog einen Schmollmund und alle lachten als Haruto, der es sich in Kaitos Armen bequem gemacht hatte, plötzlich aufschrie und in Richtung der gegenüberliegenden Wand zeigte. Als Yuma, Astral und Kaito seinem Fingerzeig folgten, sahen sie das violette Astralwesen still an Ort und Stelle schweben. Die anderen sahen natürlich nichts, konnten sich aber denken, was los war.

„Wie ich sehe, geht es dir jetzt besser, Kaito Tenjo“, meinte er neutral und man hörte mit keiner Silbe, ob er sich freute oder nicht. Auch sein Gesicht war ausdruckslos, doch Yuma kam es so vor, als wäre das nur eine Maske, eine schwer aufrecht zu erhaltende Maske in seinem Fall.

„Was willst du hier?“, fragte der Schwarzhaarige und sein Instinkt befahl ihm sofort, Kaito zu beschützen. Er hatte nicht vergessen, was diese Schwarzlichtlampe seinem Freund angetan hatte.

Der Astrale hob eine Augenbraue und warf einen Blick zu Astral, dem es nicht anders ging als seinem Partner, weshalb er sich näher zu Kaito bewegt hatte, genau wie alle anderen.

„Ich bin hier, um Kaito Tenjo den Grund zu verraten, weshalb ich ihn geprüft habe.“

„Und der wäre?“, fragte dieser sofort und seine Stimme war fest und abwehrend.

„Das…würde ich lieber mit dir allein besprechen…“, erwiderte der andere und warf einen Blick auf die anderen Menschen und Nicht-Menschen im Raum. Kaito allerdings schien nicht im Traum daran zu denken, seine Freunde rauszuschicken, denn er starrte den Astralen einfach nur herausfordernd an und auch Yuma gefiel der Gedanke nicht, dass der Violette mit Kaito allein sein wollte.

„Kommt ja wohl nicht in Frage. Du bleibst sicher nicht mit meinem Freund alleine hier.“

Das Astralwesen seufzte und fügte sich in sein Schicksal. Dann würde er es eben allen erzählen. Nun ja, allen, die ihn sehen konnten. Und soweit er wusste, waren das abgesehen von Astral und Kaito Tenjo nur der schwarzhaarige Junge – Yuma Tsukumo – und der kleine Bruder – Haruto Tenjo.

„Na schön“, meinte er seufzend. „Als erstes… Mein Name ist Najm und ich bin, wie ihr sicher alle richtig vermutet, aus Astrals Heimatwelt hierhergekommen. Und ich bin hierhergekommen, weil…unsere Heimatwelt in Gefahr ist.“

Kaito zog die Augenbrauen zusammen.

„Die Astralwelt…ihr alle habt sie gesehen, als Kaito Tenjo und ich uns duelliert haben. Die Feldzauberkarte, die ich gespielt habe, spiegelt wieder, wie es bei mir Zuhause aussieht. Nachdem Astral uns nach Yumas Besuch wieder verlassen hatte, um seinen Auftrag zu erfüllen, wurden wir nach und nach infiltriert. Am Anfang hat es niemand bemerkt und als es langsam so schlimm wurde, dass man es nicht mehr verstecken konnte, war es schon zu spät. Wir wissen nicht, was es ist. Wir wissen auch nicht, wo es ursprünglich herkam. Doch wir haben einen Namen dafür. Dunkelheit. Es besetzt unsere Körper und zerstört unseren Geist. Was übrig bleibt, ist nichts weiter als eine leere Hülle. Und diese Hüllen sind gefährlich. Sie zerstören alles, was ihnen in den Weg kommt. Wir haben versucht, sie zu bekämpfen, doch wir sind nicht in der Lage, sie zu verletzen, denn… Ihr müsst wissen, Astralwesen wie Astral und ich… wir können uns nicht gegenseitig verletzen. Denn auch, wenn wir in unserer Heimat einen Körper aus fester Materie besitzen, sind wir astral und deshalb ist es uns nicht möglich, uns gegenseitig Verletzungen zuzufügen.“

„Moment mal…“, unterbrach Yuma ihn. „Heißt das, du und Astral… Ihr könnt euch nicht berühren?“

„Doch, das können wir, Yuma“, beantwortete Astral selbst diese Frage. „Doch wir bestehen selbst in unserer Heimat aus astraler Energie…und selbst, wenn die sich verfestigt…kann sie sich nicht gegen Ihresgleichen richten.“

„Oh…“, antwortete der Schwarzhaarige. Er verstand zwar nicht alles, aber wenn Astral das sagte, würde es schon stimmen.

„Es ist kompliziert“, gab Najm zu. „Der Punkt ist auch einfach der… Da die aufgezehrten Astralwesen noch immer Astralwesen sind…können wir sie nicht vernichten.“

„Aber sie können euch auch nicht vernichten“, meinte Kaito. „Oder nicht?“

„Das nicht. Aber das wollen sie auch nicht. Wenn eine Hülle einen Astralen findet, dann infiziert sie ihn mit der Dunkelheit, damit er einer von ihnen wird. Und leider gibt es auch Astrale, die sich mit der Dunkelheit verbündet haben. Sie helfen, die Widerständler aufzuspüren und zu verzehren, damit sie nicht selbst verzehrt werden. Doch dadurch schrumpft unsere Zahl immer mehr und wir haben bisher noch nichts gefunden, das die Dunkelheit oder die Hüllen aufhalten kann.

Und da komme ich ins Spiel. Und du, Kaito Tenjo.“

Er schwieg einen Moment, um Kaito oder einem der anderen Zeit zu geben, eine Frage zu stellen, doch niemand hatte in diesem Moment eine, also fuhr Najm fort.

„Ich kam her auf der Suche nach Hilfe gegen die Dunkelheit. Wir wissen, dass ihr in der Lage seid, astrale Energie zu vernichten. Deshalb hatten wir lange Zeit Angst vor euch und eurer Welt. Das ist inzwischen lange vorbei, da wir bald feststellten, dass ihr nicht in der Lage seid, in unsere Welt vorzudringen und wenn wir in die Eure wechseln, sind wir für euch nicht berührbar. Doch so seid ihr jetzt die einzigen, die in der Lage wären, die Hüllen und die Dunkelheit zu vernichten…“

„Aber wieso diese Prüfungen? Wieso all diese Opfer?“, fragte Kaito.

Najm senkte kurz den Kopf.

„Die Dunkelheit ist ein grausamer Gegner, Kaito Tenjo. Selbst ihr könnt von ihr aufgezehrt werden, wenn eure Seele zu schwach ist, euer Licht nicht stark genug brennt. Deshalb musste ich jemanden finden, der stark genug ist, dem standzuhalten, was die Dunkelheit ihm entgegenwerfen könnte. Deshalb prüfte ich viele von denen, die ihr Duellanten nennt. Doch sie alle versagten bei der ersten Prüfung. Dass einige von ihnen gestorben sind, tut mir Leid. Das war nicht meine Absicht.“

„Das kann jeder sagen im Nachhinein“, grummelte Yuma, doch man sah ihm an, dass das, was Najm erzählt hatte, auch bei ihm Spuren hinterlassen hatte.

„Kannst du die Übrigen aufwecken?“, fragte Kaito erneut.

„Ich kann ihnen den Weg zeigen, aber gehen müssen sie ihn ganz allein. So wie du ihn allein gegangen bist.“

Der Blonde starrte Najm mit ausdruckslosem Gesicht an und keiner der Anwesenden wusste, was für eine unhörbare Kommunikation jetzt zwischen ihnen stattfinden mochte. Schließlich brach Kaito den Moment, indem er hörbar ausatmete.

„Was hast du mit diesen Prüfungen bezweckt?“

„Die erste Prüfung diente dazu, zu überprüfen, ob du die Dunkelheit in deinem Herzen bändigen kannst. Denn sie ist es, auf die sich die Hüllen stürzen werden und sie wird es sein, die die Dunkelheit zu verstärken versuchen wird, damit sie dich verzehrt. Ich musste dich an deine Grenzen bringen, um zu sehen, ob du…sie überwinden kannst“, fügte Najm nach einer kurzen Pause hinzu, denn er wollte Kaitos Zweifel und Ängste nicht vor dessen Freunden breittreten. Nicht einmal Astral kannte sie wirklich, wie er inzwischen wusste. Er kannte die Schuldgefühle nicht, die Kaito Tenjo verspürte, wenn er an das erzwungene Duell im Schlüssel des Kaisers dachte, an den Schmerz im Herzen des Blonden, wenn er an die Angst dachte, die er in Astrals Augen gesehen hatte. Das musste Kaito Tenjo aus eigenem Antrieb erzählen, sonst war das absolut sinnlos.

„Und die zweite?“

„Mit der zweiten Prüfung wollte ich überprüfen, ob du in der Lage bist, über deine körperlichen Grenzen hinaus zu gehen, wenn es sein muss und wie viel du bereit bist, zu opfern, um die Menschen zu retten, die dir etwas bedeuten. Und ich wollte deine Duellfähigkeiten testen.“

„Und ich habe bestanden.“

Najm nickte.

„Ich kann und werde dich nicht zwingen, mir zu helfen. Aber ich bitte dich, trotz all dem, was ich dich habe durchleiden lassen, es dir zu überlegen. Wenn die Dunkelheit meine Welt aufgezehrt hat, wird sie mit Sicherheit bei eurer weitermachen.“

„Woher weißt du das?“, fragte Astral beunruhigt. Er war bestürzt über das, was sein Artgenosse erzählt hatte. Hätte er gewusst, in welch furchtbarer Lage seine Heimatwelt sich befand, wäre er sicher zurückgekehrt, um zu helfen. Er hatte noch nie von etwas vergleichbarem gehört. Die Astralwesen waren bisher noch nie wirklich von anderen Rassen oder Welten bedroht worden, es sei denn, sie selbst hatten sich etwas Derartiges eingebildet. Die Bedrohung durch die Barianer war die erste wirklich reale gewesen, doch selbst die war in seiner Heimat so weit weg gewesen, dass sie kaum wahrgenommen wurde. Immerhin hatte sich das meiste davon in der Welt der Menschen abgespielt, da die Barianer nicht in seine Heimatwelt einzudringen vermocht hatten. Doch dieses Mal war die Bedrohung nicht fern der Heimat. Sie war direkt vor ihrer Haustür und wenn er Najm richtig verstanden hatte, dann waren seine Artgenossen damit total überfordert. Wie reagierte man auf Bedrohungen, die man nicht sehen, geschweige denn verstehen konnte? Und zu allem Überfluss schien diese Dunkelheit es sich zunutze zu machen, dass Astralwesen sich nicht gegenseitig verletzen konnten. So waren sie nicht nur aufgrund ihrer fehlenden Erfahrung und ihrer dem zu langen Frieden geschuldeten Unvorsichtigkeit wegen in Gefahr, sondern auch wegen ihrer eigenen Physiologie.

„Weil ich dort war. Ich habe mich bei den Verrätern eingeschmuggelt, um Informationen zu sammeln, was die Absichten der Dunkelheit sein könnten. Vor allem will sie zerstören. Und nicht nur unsere Welt. Sie will alle Welten zerstören, die sie finden kann. Und nachdem sie mit unserer fertig ist, soll die Menschenwelt als nächstes dran sein.“

Daraufhin herrschte betretene Stille. Die einen waren geschockt, die anderen am Grübeln und wieder andere hatten Angst.

„Also gut“, meinte Kaito schließlich. „Ich helfe dir.“

Najms Gesicht hellte sich ungewöhnlich stark auf und Yuma sah die Maske der Gleichgültigkeit zerbrechen, als die eisblauen Augen des Astralwesens zu strahlen anfingen.

„Wirklich?“

„Unter zwei Bedingungen.“

Najm nickte enthusiastisch.

„Erstens… du wirst dafür sorgen, dass die anderen Duellanten aufwachen. Bevor sie nicht alle wieder wach sind, gehe ich nirgendwo hin.“

Wieder nickte der Astrale enthusiastisch. „Kein Problem, Kaito Tenjo.“

„Und zweitens. Du nennst mich nie wieder… wirklich nie wieder Kaito Tenjo. Kaito, ok. Tenjo, auch ok. Aber nicht Kaito Tenjo. Verstanden?“

„Verstanden, Kaito T… Kaito.“

Ein strahlendes Lächeln hatte sich auf Najms Gesicht breit gemacht und auch Kaito wurde von dieser strahlenden Fröhlichkeit angesteckt, so dass seine Mundwinkel sich ganz leicht nach oben verzogen.

Die anderen waren nicht unbedingt glücklich mit Kaitos Entscheidung, vor allem Yuma schien noch sehr skeptisch zu sein, doch der Schwarzhaarige wusste auch, dass er nicht das Recht hatte, dem Blonden diese Entscheidung auszureden. Es war seine und seine allein. Er durfte sich nicht einfach einmischen. Doch trotzdem sorgte er sich um dessen Sicherheit. Najm schien doch kein allzu übler Kerl zu sein, doch das Bild von Kaito, wie dieser leblos auf menschenleerer Straße gelegen hatte, konnte Yuma trotzdem nicht aus seinem Hinterkopf verbannen. Genauso wenig wie all das andere, was geschehen war. Der Herzstillstand, Kaitos Tränen, das Duell…

Schließlich war es Kotori, die einen Einwand vorbrachte. Aber nicht, weil sie nicht wollte, dass Kaito half, sondern wegen seiner Gesundheit.

„Du solltest nichts überstürzen, Kaito. Du bist noch nicht wieder ganz gesund… Vorher solltest du nicht mit ihm weggehen…“

„Das ist wahr“, stimmte Astral ihr zu. „Bevor du wieder vollständig wiederhergestellt bist, solltest du nicht mit ihm gehen.“

„Muss er auch gar nicht“, konterte Najm. „Bis die Duellanten wieder aufgewacht sind, dauert es noch ein bisschen. Es hängt immerhin auch ein wenig von ihnen selbst ab. Ich kann sie nicht K.O. schlagen und wegtragen. Und bis ich das Portal vorbereitet habe, dauert‘s auch nochmal ein/zwei Tage. Macht euch deshalb also keine Sorgen. Es kann frühestens in einer Woche losgehen…schätzungsweise. Ich sage dir dann noch rechtzeitig Bescheid, Kaito.“

Dann verabschiedete sich der Astrale auch sofort und verschwand fröhlich strahlend, um die Bedingung Kaitos sofort zu erfüllen. Nachdem er verschwunden war, erklärte Yuma erst einmal all denen, die Najm nicht hatten sehen und hören können, was los war. Sie hatten immerhin nur die Hälfte des Gespräches verstanden und die Gründe, wieso der Violette hier war, waren noch immer ein Rätsel für sie. Natürlich war das angefangene Duell zwischen Yuma und Orbital jetzt vergessen und erst nach einigen weiteren Stunden, in denen sie noch darüber sprachen, was nun geschehen war, wie Najm gedachte, Kaito in die Astralwelt zu bekommen und ähnliche spannende Dinge, verabschiedeten sich Yuma und die Freunde schließlich von Kaito. Astral blieb wie üblich noch ein wenig länger.

„Bist du dir sicher, dass du das tun willst?“, fragte er, als sie allein waren.

„Soll ich nicht? Es geht immerhin um deine Heimat“, erwiderte der andere leise.

Astral senkte den Kopf. Das wusste er. Doch er machte sich auch furchtbare Sorgen um Kaito. Wenn Najm mit dem, was er gesagt hatte, recht hatte…dann…wer wusste schon, welchen Gefahren der Mensch in der astralen Welt gegenüber stehen würde. Und gleichzeitig hasste er sich selbst dafür, dass er so egoistisch war. Wenn er könnte, würde er Kaito verbieten, dort hinzugehen, doch damit verriet er doch seine Artgenossen… Er stellte sein eigenes Glück über das seiner Heimat. Früher war er nie so gewesen. Yuma hatte die Liebe einmal als das schönste Gefühl der Welt beschrieben, doch war sie das wirklich, wenn sie ihn so sehr veränderte, dass er den Tod einer ganzen Welt, seiner Heimatwelt, in Kauf nahm, damit der einen Person, die er liebte, nichts geschah? War es das, was Liebe aus einem machte?

„Astral…“

Kaitos Stimme riss den anderen aus seinen Gedanken und er hob den Kopf und zuckte leicht überrascht ein wenig zurück, denn Kaitos Gesicht war nicht einmal 20 cm von seinem eigenen entfernt. Noch nie war er dem Blonden so nah gewesen, außer während des Duells mit Najm, doch zu dem Zeitpunkt war er nicht zu dem in der Lage, was er jetzt tun konnte und der Anblick von Kaitos sturmgrauen Augen so nah vor seinem Gesicht raubte ihm fast den Atem. Sie waren so schön. Kaitos Augen waren das erste gewesen, in das er sich verliebt hatte. Sie waren so ausdrucksstark und egal, wie Kaito sich fühlte, man konnte es immer in seinen Augen sehen. Wenn er glücklich war, dann strahlten sie. Wenn er wütend war, dann brannten sie. Und wenn er traurig war, dann wurden sie dunkel und matt. Er konnte einen anderen Menschen mit seinen Augen fesseln. Es war, als könne Kaito allein mit einem Blick in die Seele seines Gegenüber blicken, als könne er durch Kleidung, Haut, Knochen und Blut hindurch direkt in das Herz desjenigen blicken, den er ansah. Vor diesen strahlenden Augen konnte man nichts verbergen. Selbst Orbital, der ja nun eigentlich keine Angst vor irgendetwas haben sollte, musste Kaito nur mit diesen Augen ansehen, damit der Roboter sich sprichwörtlich in die Metallverkleidung machte.

Ohne es zu merken, hob Astral seine Hand in Richtung von Kaitos Wange, stoppte aber noch rechtzeitig, bevor er enttäuscht wurde. Allerdings schwebte sie nun im Abstand von nicht mal einem Zentimeter neben dem Gesicht des Duellanten und rührte sich nicht. Und während Kaito den Blick Astrals erwiderte, hob auch dieser seine Hand bis sie fast auf der des Astralwesens lag. Näher würden sie sich nicht kommen können und Astrals Herz schmerze bei diesem Gedanken furchtbar und so wie es aussah, wenn er Kaitos Augen betrachtete, gefiel auch diesem die Vorstellung nicht. Und das ließ wieder unerfüllbare Hoffnungen in dem Astralwesen wachsen, die sein Herz nur noch mehr zum schmerzen brachten.

„Ich denke, ich geh dann mal und lass dich schlafen.“

Noch bevor Kaito protestieren konnte, war Astral verschwunden und das Astralwesen sah nicht mehr den schmerzlichen Ausdruck, der über das Gesicht des Blonden huschte, bevor er sich richtig hinlegte und versuchte, wenigstens ein wenig Schlaf zu finden.

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Das wars.

Wir lesen uns wieder am nächsten Samstag. :D
 

Bis dahin,

euer Wüsel :B

Mich lang von ihm fernzuhalten, ist unmöglich geworden

Hallo meine lieben Hasen. :)

Hier sind wir nun bei Kapitel 9.

Vielen Dank an AlienBlood23 für das Kommentar zum letzten Kapitel. Ich wünsche allen Schwarz- und Weißlesern viel Spaß. :D
 

Kapitel 9

Beobachtung 54: Mich lang von ihm fernzuhalten, ist unmöglich geworden.
 

Die nächsten zwei Tage achtete Kaito sehr genau darauf, was im Fernsehen lief und mit Freude stellte er fest, dass bereits drei der Duellanten, die Najm geprüft hatte, wieder erwacht waren. Also hielt das Astralwesen sein Versprechen. Am dritten Tag konnte Kaito das Krankenhaus verlassen, allerdings mit der Auflage, sich noch zu schonen, was im Klartext hieß: keine Duelle. Zumindest keine mit Duel Disk und D-Gazer. Haruto freute sich riesig, dass sein großer Bruder jetzt endlich aus dem Krankenhaus raus konnte und auch die anderen waren sichtlich erleichtert. Allerdings war Astral nicht mehr aufgetaucht, seit Kaito und er diesen besonderen Moment geteilt hatten und der Blonde war sich nicht sicher, was das nun bedeutete. War dem anderen peinlich, was geschehen war? Oder wollte er so nur verdeutlichen, dass Kaito ja nichts falsch verstehen sollte? Er hatte keine blasse Ahnung und das trieb ihn in den Wahnsinn. Auch Yuma konnte ihm nichts dazu sagen, denn auch mit seinem Partner redete Astral nicht wirklich. Doch dieser machte sich ziemliche Sorgen und er vermutete natürlich, dass das Verhalten Astrals etwas mit Kaito zu tun hatte. Mehrfach nahm er sich vor, den Nummernjäger darauf anzusprechen, doch letztendlich ließ er es sein. Immerhin war das Astrals Angelegenheit und der wollte ja scheinbar nicht, dass Kaito von den Gefühlen erfuhr, die er für den Menschen hegte. Also…na ja… Yuma war ratlos.

In den nächsten Tagen geschah ansonsten nicht besonders viel, außer natürlich, dass auch die anderen Geprüften nach und nach wieder erwachten. Kaito versuchte, sich ein wenig auf das vorzubereiten, was ihn wohl in der Astralwelt erwartete, doch wie? Normalerweise hätte er Astral dabei um Hilfe gebeten, doch der war ja nicht erreichbar. Haruto beobachtete seinen Bruder, wie dieser über seinen Karten brütete. Eigentlich war das gar nicht seine Art. Der kleine Tenjo wusste doch, dass sein Bruder dem Deck vertraute, das er normalerweise spielte. Bisher hatte ihn Galaxieaugen-Photonendrache noch nie im Stich gelassen. Deshalb konnte der Kleine nicht verstehen, wieso Kaito nun versuchte, es zu verändern. Okay, er würde zwar nicht verändern sagen, sondern verbessern…aber Haruto war sich nicht sicher, ob das überhaupt ging. Er war sich schon immer sicher gewesen, dass sein Nii-san einer der besten Duellanten war, die es gab. Seiner Meinung nach war das also gar nicht nötig. Aber er hütete sich, Kaito zu stören. Also lag er einfach da, auf der Couch neben Kaito, stützte den Kopf mit den Händen ab und wackelte mit den Beinen, während er die geschickten Hände seines Bruders dabei beobachtete, wie sie Karten aussortierten, auf bestimmte Häufchen schichteten oder in Kaitos Deck suchten. Letztendlich fanden einige weitere Karten ihren Weg in das Photonendeck Kaitos, von denen er hoffte, dass sie ihm in der Astralwelt gute Dienste würden leisten können.

Zwei Tage später war Najm noch immer nicht zurückgekehrt und langsam fragten sich die Freunde, ob er überhaupt zurückkommen würde. Und auch Astral war endlich wieder aus dem Schlüssel herausgekommen, war allerdings immer noch nicht besonders gesprächig. Yuma hatte mehrfach versucht, mit ihm zu sprechen, doch sein Partner schwieg einfach und beantwortete Yumas Fragen wenn überhaupt, nur mit einem Nicken oder einem Kopfschütteln. Am Nachmittag wollten sich alle noch einmal treffen, um ein paar Dinge zu besprechen, doch nachdem Kaito und Haruto den Tower verlassen hatten und sich auf den Weg zum vereinbarten Treffpunkt machten, war irgendwas seltsam. Keiner der beiden Tenjos konnte es wirklich in Worte fassen, doch es war, als krabbelte etwas Böses an ihren Armen entlang und zwickte in ihre Haut. Sie gingen weiter, vorbei an Geschäften, Fans und Autos und immer öfter kamen ihnen Leute entgegen, die seltsam apathisch wirkten. Sie wankten an ihnen vorbei und Kaito hatte das ungute Gefühl, dass irgendetwas Furchtbares passieren würde. Sie erreichten den Treffpunkt, außer ihnen war allerdings noch niemand anderer da. Nervös blickte Kaito sich suchend nach den anderen um, doch zwischen den Menschen, die über den Platz liefen, konnte er kein bekanntes Gesicht entdecken. Wieder entdeckte er einige Personen, die wie in Trance herumliefen, als plötzlich ein markerschütternder Schrei über den Platz hallte. Haruto erschrak furchtbar und klammerte sich an Kaitos Mantel fest und auch Orbital schien leicht zu zittern. Kurz darauf lief eine junge, blonde Frau an ihnen vorbei, die panische Angst zu haben schien. Die Brüder konnten nicht erkennen, wovor sie weglief, doch es schien näher zu kommen. Immer mehr Menschen ergriffen panisch die Flucht und schließlich konnte Kaito sehen, was sie so in Angst und Schrecken versetzte. Es war ein Herr im schwarzen Anzug. Er musste um die 40 sein und trug eine Brille, die allerdings schief auf seiner Nase saß. Und auch sonst sah er nicht gesund aus. Seine Haut war unnatürlich weiß, seine Augen blutunterlaufen und an seinem Kinn lief der Speichel herunter. Er hatte die Arme ausgestreckt und versuchte immer wieder, nach Menschen in seiner Nähe zu greifen, während ein unheimliches Stöhnen aus seinem weit geöffneten Mund drang. Hätte der Nummernjäger es nicht besser gewusst, hätte er gesagt, das war ein Zombie. Doch das war natürlich unmöglich. Doch was war mit diesem Mann geschehen? War er krank, auf Drogen oder… Er konnte immerhin noch laufen und das nicht nur langsam, auch wenn er leicht torkelte in dem Versuch, nach den Flüchtenden zu greifen. Schließlich erwischte er eine Mutter, die ihre kleine Tochter vor ihm zu schützen versuchte und biss ihr brutal in den Unterarm. Die Frau schrie laut auf vor Schmerz und Blut tropfte auf den Weg. Das kleine Mädchen schrie aus Leibeskräften und Kaito setzte sich in Bewegung. Er rannte auf den Mann zu, der gerade dazu ansetzte, die Frau erneut zu beißen und packte ihn von hinten am Kragen. Er zog ihn mit aller Kraft von der blutenden und weinenden Frau weg und warf ihn zu Boden. Dann stellte er sich zwischen ihn und die Frau, die jetzt schluchzend auf dem Boden kauerte und aus großen Augen zu ihm aufsah. Er drehte sich halb zu ihr um.

„Laufen Sie!“, rief er und sie erhob sich, schnappte sich ihre Tochter und rannte nach einem letzten dankbaren Blick in Kaitos Richtung davon. Der Mann erhob sich wieder und griff nun nach Kaito, der allerdings geschickt auswich. Immer wieder versuchte der andere, Kaito zu packen. Der Duellant konnte jetzt, da er dem anderen direkt gegenüber stand, genau sehen, dass dessen Pupillen nicht zu sehen waren. Seine Augen waren komplett weiß, so als wäre er ohnmächtig und seine Augäpfel verdreht, so wie man es manchmal in Filmen sah. Wieder kam er auf Kaito zu, während um sie herum noch immer die Leute flohen. Den blutigen Mund weit aufgerissen, die Hände nach Kaito ausgestreckt, ging der Mann erneut zum Angriff über, doch dieses Mal sah der Blonde eine Gelegenheit und ergriff sie. Er drehte sich weg, als der Mann ihn angriff und schlug ihm mit der Handkante kräftig ins Genick, so dass der Angreifer K.O. zu Boden ging. Inzwischen war die Polizei eingetroffen und fand den Tenjo schnell. Sie kümmerten sich um den Bewusstlosen und Kaito kehrte zu Haruto zurück, gerade als Yuma zusammen mit Astral zu ihnen stieß.

„Woah, Kaito! Was ist denn hier passiert?“

Leicht außer Atem blickte der Ältere in die Richtung, in der die Polizisten verschwanden und zuckte die Schultern.

„Wenn ich das wüsste. Scheinbar nur ein Verrückter, der dachte, er wäre in einem schlechten Zombie-Horror-C-Movie.“

„Zombie-Horror-was?“, fragte Astral verwirrt. Wahrscheinlich hatte er dieses Wort noch nie zuvor gehört und sein Gesicht war ein einziges Fragezeichen.

„Schlechte Filme, in denen Untote die Lebenden fressen wollen…“, erklärte Yuma schnell und das Astralwesen verzog angeekelt das Gesicht.

„Der Mann war gruselig…“, meinte nun Haruto und hängte sich an Yumas Arm. „Wir sollten woanders hingehen… Bitteeeeee…“

„Na schön, von mir aus…“, erwiderte Kaito. Yuma nickte und zückte gleich seinen D-Gazer, um den anderen Bescheid zu geben, dass sich der Treffpunkt geändert hatte. Haruto war erleichtert und sie machten sich auf den Weg zu ihrem neuen Treffpunkt, als weiter vorn Tumult ausbrach und Kaito hatte ein ganz mieses Gefühl. Wieder liefen panische Menschen an ihnen vorbei, doch dieses Mal war es kein Zombie, vor dem sie flüchteten, sondern kleine, schwarze Kugeln, die über ihren Köpfen flogen. Sie surrten über den Flüchtenden herum und ab und zu brach eine der Kugeln aus und schoss auf die Menschen zu. Schreiend und die Arme schützend über den Kopf hebend liefen die Menschen davon und Kaito wusste einen Moment lang nicht, was er da sah. War denn die ganze Welt verrückt geworden? Was war das? Maschinen? Oder irgendwas anderes? Aber was? Und wieso attackierten sie die Menschen?

Plötzlich brach eine der Kugeln aus und flog direkt auf sie zu. Kurz darauf änderten auch die anderen ihren Kurs und folgten der ersten in ihre Richtung. Kaitos erste Reaktion war es, sich schützend vor die anderen zu stellen, als er hinter sich eine bekannte, dunkle Stimme hörte.

„Kaito! Karte!“

Instinktiv tat er, was Najm verlangte und Orbital gab ihm seine Duel Disk, bevor er seinen D-Gazer aktivierte und die erste Karte aus seinem Deck sofort auf einen der Kartenscanner knallte. Fast sofort danach bildete sich zwischen ihnen und den schwarzen auf sie zurasenden Kugeln ein strahlendes Licht, das in einem ohrenbetäubenden Knall explodierte und die schwarzen Kugeln wurden von einem Sturm aus Licht weggeschleudert und lösten sich auf. Kaito warf einen Blick auf seine Duel Disk und sah die Karte, die er gespielt hatte. Galaxiesturm. Na, das hatte gesessen. Er drehte sich zu Najm um, der auf sie zugeschwebt kam und panisch aussah.

„Was zum Teufel, Najm, was geht hier vor?“

Najm drehte sich mehrfach um, um zu überprüfen, ob die schwarzen Kugeln wirklich alle verschwunden waren und zeigte ihnen dann mit einer Handbewegung an, dass sie ihn begleiten sollten. Widerwillig und noch immer ohne Antworten folgten Kaito und die anderen ihm, bis sie in einer kleinen Gasse stehen blieben, die zwar sauber aber verwaist war.

„Die Dunkelheit ist hier…“, erklärte der Violette nun endlich. „Diese nachtschwarzen Kugeln vorhin…das waren Späher… Sie versuchten, die Menschen zu infizieren.“

„Und dieser Zombie?“, fragte Haruto ängstlich, noch immer an Yumas Arm.

Najm verzog das Gesicht.

„Eine Hülle…“, vermutete Kaito, nachdem er nun wusste, dass die Dunkelheit in ihre Welt eingefallen war.

Der Astrale nickte und seine Schultern sackten ab. Er hatte eigentlich gehofft, dass es nicht so weit kommen würde. Doch offenbar war die Tatsache, dass er hier war, um jemanden zu finden, der ihnen half, inzwischen nicht mehr geheim, so dass die Dunkelheit natürlich versuchte, ihn und seinen Duellanten auszuschalten, bevor sie die Möglichkeit hätten, die Astralwelt auch nur zu betreten.

„Wir müssen uns beeilen. Je eher wir in die Astralwelt kommen und die Dunkelheit aufhalten, desto eher ist eure Welt wieder sicher.“

Kaito nickte und auch Yuma schien Najm zuzustimmen, nur Astral hatte Bedenken.

„Waren diese Kugeln die einzigen Späher der Dunkelheit in dieser Welt? Denn sonst sind die Menschen weiterhin in Gefahr. Und was ist mit den infizierten Menschen? Kann man sie heilen?“

Inzwischen, ob bewusst oder unbewusst, war Astral wieder in Kaitos unmittelbarer Nähe anzutreffen, auch, wenn keiner der beiden es wahrzunehmen schien oder diese Tatsache einfach unkommentiert blieb. Und doch war es auffällig, wie keiner den anderen ansah und der eine den anderen fast schon so offensichtlich ignorierte, als hätten sie sich furchtbar gestritten.

„Ich weiß es nicht. Ich bezweifle allerdings, dass das schon alle waren. Und wir haben bisher keine Möglichkeit gefunden, aufgezehrte Hüllen zu…heilen“, antwortete Najm nach einer kurzen Pause. „Allerdings heißt das nicht zwangsläufig, dass die infizierten Menschen verloren sind. Vielleicht werden sie wieder gesund, wenn die Dunkelheit besiegt ist…“

„Aber du weißt es nicht sicher“, erwiderte Yuma ernst.

„Nein.“

Kaito lehnte sich an eine der mit Plakaten beklebten Mauern der Gasse und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Sie sind deinetwegen hier, oder? Also sollten die Späher sich doch wieder zurückziehen, wenn du nicht mehr hier bist…“

„Das nehme ich an“, erwiderte Najm. „Sie wollen wahrscheinlich verhindern, dass wir die Astralwelt betreten und uns der Dunkelheit in ihrem Bestreben in den Weg stellen.“

Kaito nickte. Dann war es doch eigentlich ganz einfach…

„Gut. Dann machen wir es so: Du und ich gehen in die Astralwelt, in der Hoffnung, dass die Späher sich dann aus unserer Welt zurückziehen. Und als Absicherung werden Yuma und die anderen die Augen offen halten und die Menschen vor eventuellen Angriffen der Späher beschützen.“

Najm nickte. Dieser Plan klang einleuchtend, doch Yuma gefiel das ganz und gar nicht. Nicht nach dem, was er eben gesehen hatte.

„Nichts da…“, meinte er und reckte trotzig sein Kinn vor. „Ich komme mit. Keine Chance, dass ich dich alleine in dein Verderben rennen lasse. Astral und ich begleiten euch.“

„Yuma…“, begann Kaito, doch der Schwarzhaarige unterbrach ihn sofort.

„Nein! Shark und die anderen machen das hier schon. Und zu zweit haben wir eine viel größere Chance, die Dunkelheit zu besiegen, als wenn du alleine gehen würdest!“

Der Blonde öffnete den Mund, um zu widersprechen, doch jetzt meldete sich auch Astral zu Wort und sprach ihn das erste Mal seit der Begebenheit im Krankenzimmer direkt an.

„Yuma hat Recht, Kaito. Die Chance auf einen Sieg ist größer, wenn wir mitkommen.“

Den Blick, den Kaito dem Astralwesen daraufhin zuwarf, konnte man nicht deuten. Selbst Astral war nicht dazu in der Lage, obwohl er ja inzwischen schon eine Menge Übung darin hatte, das so ausdruckslose Gesicht des Nummernjägers zu lesen. Schließlich seufzte er nur und zuckte mit den Schultern.

„Macht, was ihr wollt.“

Auch Najm hatte offensichtlich ein paar Bedenken, was Yuma und Astral betraf. Man sah es ihm deutlich im sorgenvollen Gesicht an. Er hatte nicht umsonst diese schweren und wie sich später herausstellte, auch lebensgefährlichen Prüfungen durchgeführt, um den Richtigen für die Rettung der Astralwelt zu finden und jetzt schlich sich Yuma einfach in sein Team, ohne dass Najm wusste, ob dieser dem standhalten konnte, was die Dunkelheit ihnen entgegen schleudern würde. Selbst Kaito hatte, obwohl er die Prüfungen Najms bestanden hatte, keine Garantie, dass er zurückkehren würde und gerade Yuma… Najm sprach ihm keineswegs ab, dass er ein guter Mensch, Freund und Duellant war. Dass es so war, hatte er in Kaitos Gedanken erfahren. Doch er wusste auch nicht, ob der Schwarzhaarige wirklich wusste, worauf er sich einließ. Und Astral… Astral hatte seine Heimat verlassen und wusste nicht, wie es dort inzwischen aussah. Außerdem war der Violette sich sicher, dass der andere nur mitkam, weil Kaito ging. Einfach, weil er den Blonden nicht allein lassen wollte. Doch er bezweifelte auch, dass die beiden Sturköpfe sich diesen Plan ausreden ließen. Also seufzte er und machte es Kaito nach, indem auch er die Schultern zuckte.

„Super, dann ist es beschlossen.“ Yumas Freude war nach Kaitos Meinung ziemlich unangebracht und bestätigte Najm in dessen Vermutung, dass der Junge keine Ahnung hatte, worauf er sich einließ, doch sie schwiegen beide. Wieder zückte Yuma seinen D-Gazer und informierte die anderen über die neue Situation.

„Wann solls denn losgehen?“, fragte er zwischendrin.

„So schnell wie möglich“, war Najms Antwort und Yuma nickte. Er machte mit Shark aus, dass er seiner Großmutter sagen würde, er würde ein paar Tage bei ihm übernachten, damit sie sich keine Sorgen machte und führte diesen Plan auch gleich aus. Offenbar hatte Haru nichts dagegen, denn nur wenige Minuten später war Yuma voller Tatendrang und scheuchte Najm regelrecht, damit dieser endlich das Tor in die Astralwelt öffnete. Dass Shark nicht besonders begeistert von der Tatsache war, dass Yuma jetzt ebenfalls dort hin wollte, verschwieg der Schwarzhaarige den anderen einfach. Wer wusste schon, ob Kaito und Najm es sich nicht doch noch anders überlegten, wenn sie gewusst hätten, dass Ryoga und Tori auf ihrer Seite gewesen waren und nicht auf seiner und Astrals. Najm führte sie ein wenig weiter in die Gasse hinein, damit sie nicht so schnell entdeckt wurden und öffnete schließlich einen Spalt in die Astralwelt. Währenddessen verabschiedeten sich Kaito, Yuma und Astral von Haruto, der tapfer die Tränen zurückhielt. Doch als Kaito sich zu ihm hinunter kniete, musste er seinen großen Bruder trotzdem ganz fest umarmen.

„Komm bald wieder, Nii-san“, schniefte er, gedämpft durch den Körper des Größeren, der seine Nase in dem hellblauen Haar des Kleinen vergraben hatte. „Und sei vorsichtig. Und pass auf Yuma auf. Und auf Astral auch. Und auf alle anderen.“

Kaito gab seinem Bruder einen sanften Kuss auf die Stirn und wuschelte ihm durch das Haar. Während der Kleine sich nun auch von Yuma verabschiedete und ihm auftrug, auf Kaito und Astral und alle anderen aufzupassen, blieb der Ältere noch knien, denn er kannte sein Brüderchen. Und wie vermutet, kam Haruto dann noch einmal zu ihm und knuddelte ihn ein zweites Mal, bevor er zu Astral lief und auch diesem auftrug, auf die anderen aufzupassen. Und nach einer dritten Umarmung erhob sich Kaito schließlich wieder.

Schließlich trug er Orbital auf, auf Haruto aufzupassen, und drohte ihm halb im Scherz, halb ernst damit, ihn auseinanderzunehmen, sollte dem kleinen Tenjo etwas zustoßen. Der kleine Roboter versprach seinem „Kaito-sama“, dass er Haruto mit jeder einzelnen Schraube beschützen würde und dass er ja bald wiederkommen sollte. Dann war Najm soweit.

„Wir können los“, informierte er und in diesem Moment erreichten endlich auch Shark, Tori, Rio, Cathy und Tetsuo die Gasse, die sie aufgrund von Yumas vager Beschreibung erst hatten suchen müssen. Da Najm recht ungeduldig und der Spalt nicht besonders stabil war, so dass er jederzeit wieder zusammenbrechen konnte, fiel der Abschied mit den neu eingetroffenen sehr viel kürzer aus und Shark versprach Kaito, dass Haruto und Orbital bei ihm und Rio zuhause bleiben könnten, so lange er fort war und Kaito nickte ihm dankbar zu. Schließlich waren sie alle soweit. Der Spalt, den Najm geöffnet hatte, pulsierte leicht vor ihnen und violette Blitze zuckten an den äußeren Rändern des länglichen Portals. Er führte in vollkommene Finsternis und einen Moment lang dachte Yuma, dass sein Drang Kaito zu begleiten eventuell doch keine so gute Idee gewesen war. Erst als der Nummernjäger mutig auf den Riss zuging und schließlich darin verschwand, überwand auch er sich und zusammen mit Astral durchquerte er ihn. Es war ein seltsames Gefühl. Fast so, als würde man an einem brütendheißen Sommertag von der Hitze draußen in die relative Kühle eines Raumes kommen. Wie eine Wand lag die Grenze zwischen den Welten vor ihnen, auch wenn sie keine Probleme hatten, sie zu durchschreiten. Für einen Moment waren sie in vollkommener Dunkelheit und Yuma konnte Kaito nicht sehen, obwohl dieser doch direkt vor ihm gegangen war. Und auch Najm, der direkt hinter ihm hätte sein müssen, war nirgends zu sehen. Doch kaum hatte er einen Schritt gemacht, als sich die Dunkelheit wie ein schwarzer Nebel verzog und er erkannte Kaito vor sich. Dessen Blick lag auf der Landschaft vor ihnen. Hinter ihnen kam auch Najm zum Vorschein und sie alle warfen geschockte und bestürzte Blicke auf das, was sich ihnen für ein Anblick bot.

Yuma hatte sich Astrals Heimatwelt anders in Erinnerung. Hell, leuchtend und filigran. Doch was er sah, war das komplette Gegenteil. Unter einem blutroten, teilweise von dunklen Wolken verhangenen Himmel lag vor ihnen verbrannte, schwarze Erde. An einigen Stellen stieg schwarzer Rauch auf und es gab keine lebenden Pflanzen. Das einzige, war die Landschaft durchschnitt, waren abgestorbene, verkohlte Bäume, deren kahle Äste sich dem Himmel entgegen hoben wie knochige Hände.

„Das Schlachtfeld“, hörten die Menschen Najms leise Stimme. „Hier haben wir versucht, die Hüllen aufzuhalten. Doch wir scheiterten. Jetzt seht ihr, was sie tun.“

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Das wars für diese Woche. :D

Wir sehen uns am nächsten Samstag.

Ich freue mich über Kommentare, konstruktive Kritik und Favoriteneinträge.
 

Grüße und Kekse,

euer Wiesel :3

Ich habe Angst

Willkommen mine lieben Kürbiskekse. :)

Hier bin ich mit den neuen Kapitel. :D

Ich bedanke mich bei allen, die bis hierher gelesen aben und wünsche euch viel Spaß mit
 

Kapitel 10

Beobachtung 55: Ich habe Angst.
 

Kaito und Yuma blickten sprachlos und mit vor Entsetzen geweiteten Augen auf das, was sicher einmal eine grüne Wiese gewesen war. Der Violette presste die Lippen bei diesem Anblick fest zusammen und spürte, wie Tränen in seine Augen traten. Er hatte es nicht so schlimm in Erinnerung. Er erinnerte sich an die trostlose Erde, an die kahlen, toten Bäume, doch als er das letzte Mal hier gewesen war, war es noch nicht so dunkel. Offenbar breitete sich ihr größter Feind schnell in alle Richtungen aus. Eine einzelne, violett leuchtende Träne lief über seine Wange und blieb einen Moment an seinem schmalen Kinn hängen, bevor sie todesmutig und voller Verzweiflung über den Anblick in den Tod stürzte. Ohne ein Geräusch schlug sie auf dem trockenen Boden auf und versickerte dort sofort ohne die geringste Spur. Doch sie hatten nicht wirklich viel Zeit, diesen furchtbaren Anblick auf sich wirken zu lassen, denn ihre Anwesenheit war nicht unbemerkt geblieben. Vor ihnen bewegten sich die Schatten plötzlich und sie wurden von schwarzen, fast körperlos anmutenden, aus vollkommener Dunkelheit bestehenden Wesen attackiert. Ihre fauchenden, heiseren Schreie aus riesigen roten Mündern mit scharfen Zähnen jagten jedem, der sie hörte, eiskalte Schauer über den Rücken und die roten, glühenden Augen fraßen jedes positive Gefühl sofort.

Niemand musste fragen, was das für Wesen waren. Obwohl sie fast bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt waren und kaum noch etwas daran erinnerte, das waren Astralwesen – Hüllen. Sie jagten auf die Gruppe zu und hätte Yuma nicht ohne nachzudenken einfach eine Karte gespielt, hätten sie sie wohl in wenigen Sekunden erreicht. Doch so verschwanden sie nach einem einzigen Wink des magischen Stabes von Gagaga-Magier, der sich sofort wieder dematerialisierte, nachdem die Hüllen verschwunden waren.

„Wir sollten hier verschwinden…“, meinte Najm, der sich langsam wieder fasste. Er war immerhin der einzige hier, der die Situation schon kannte und wusste, was am besten zu tun war. „Kommt mit.“

Er schwebte los und die Menschen und Astral folgten ihm. Dessen verschiedenfarbige Augen waren voller Schmerz über die Wunden in seiner Heimat. Er hätte schon viel früher zurückkehren müssen, doch er hatte einfach noch bei Yuma bleiben wollen und jedes Mal, wenn er überlegt hatte, wieder heimzukehren, war irgendwas dazwischen gekommen. Er warf einen kurzen Seitenblick auf Kaito, der tief in Gedanken zu sein schien. Oder jemand. Und nun war hier bereits alles verloren und die einzige Hoffnung auf Rettung waren zwei junge Duellanten, die bereit waren, ihr Leben für eine Welt zu opfern, die ihrer eigenen bisher so viel Schlechtes gebracht hatte. Er unterdrückte ein Seufzen und schwebte an Yuma und Kaito vorbei zu Najm, der ihre kleine Gruppe anführte. Weiter hinten erkannte Astral etwas, das durchaus ein Wald sein konnte. Oder mal einer gewesen war, denn die Bäume sahen genauso aus wie die, die sie schon gesehen hatten. Tot, schwarz und unheimlich.

„Wo bringst du uns hin?“, fragte er leise, da sie auf offenem Gelände waren und er verhindern wollte, dass jemand anders als Najm, Kaito und Yuma ihn hörte.

„Zum Widerstand. Wir müssen uns organisieren, bevor wir einen Angriff auf die Dunkelheit wagen. Wir haben wahrscheinlich nur einen einzigen Versuch, also muss der auch funktionieren. Deshalb sollten wir auf der Hut sein. Wenn wir erwischt und gefangen genommen werden, ist alles aus.“

In diesem Moment landete plötzlich etwas auf den ersten Blick undefinierbares auf Astrals Kopf und beide Astralwesen drehten sich zu Kaito um. Und jetzt erkannte Astral auch, was dort auf seinem Kopf ruhte und wurde sofort rot um die kristalline Nase. Kaitos Mantel.

Als der Duellant die Blicke der beiden Astralen bemerkte, erklärte er sofort.

„Du leuchtest wie eine Signalfackel in der dunkelsten Nacht, Astral. Nicht sehr hilfreich, wenn wir unbemerkt bleiben wollen…“

Er räusperte sich und drehte den Kopf leicht zur Seite, fast so, als wäre er verlegen. Astrals Röte vertiefte sich und er zog die Schultern hoch und die schlanken Beine leicht an, so dass sie unter Kaitos schwarzem Mantel verschwanden. Mit noch immer roten Wangen zog er den schwarzen Stoff noch etwas fester um seinen schmalen Körper und spürte noch Reste von Kaitos Körperwärme. Der Gedanke, dass Kaito diesen Mantel gerade noch selbst getragen hatte, ließ seine Röte sich vertiefen und er war froh um das rote Licht des Himmels, das ihm wenigstens eine kleine Ausrede für seine Röte gab. Doch der Duellant hatte Recht. Astrals Leuchten war wirklich weithin sichtbar, anders als das von Najm, das um einiges dunkler war und sich besser an die Finsternis um sie herum anpasste. Najm konnte sich ein schmales Lächeln nicht verkneifen, als er Astrals Reaktion bemerkte und auch Yuma hatte einen wissenden Blick aufgesetzt. Er konnte die leichte Röte auf Kaitos Gesicht nämlich sehr gut sehen.

„Danke“, flüsterte das Astralwesen und genoss das Gefühl des Stoffes auf seinem kristallinen Körper. Weitere Gespräche gab es allerdings nicht, denn Najm trieb sie wieder an. Sie saßen hier noch immer auf dem Präsentierteller und auch, wenn Astral sie jetzt nicht mehr so einfach verraten konnte, waren auch Kaito und Yuma bunt und hell genug gekleidet, um irgendwann Aufmerksamkeit zu erregen. Also liefen sie weiter.

Ihre Situation war ernst und als sie schließlich nach ein paar Stunden den Waldrand erreichten, waren sie ein wenig erleichtert, ohne Angriffe durch Hüllen bis hierher gekommen zu sein. Unter einem großen, toten Baum ließen sie sich nieder und machten eine Pause. Sie alle waren erschöpft, denn in dieser Welt waren auch Astral und Najm nicht mehr unantastbar und bekamen Hunger oder Durst. Sie mussten schlafen, sich ausruhen und konnten sterben. Yuma ließ sich erschöpft auf den Boden fallen und lehnte sich an den Stamm des Baumes, dessen Äste wie Krallen über ihnen leise knackten. Astral und Najm setzten sich ebenfalls und beide atmeten schwer. Astral hielt sich an Kaitos Mantel fest, als könne dieser ihm seine verloren gegangene Energie wiedergeben, wenn er ihn nur fest genug um sich wickelte. Er war seine Heimatwelt eindeutig nicht mehr gewöhnt. In der Welt Yumas war das Leben für ein Astralwesen sehr viel leichter. Nachdem er sich daran gewöhnt hatte, nicht mehr schlafen zu müssen oder essen, trinken, hatte er es richtig genossen. In der Menschenwelt war es sehr viel einfacher gewesen, zu schweben als hier und er hatte sich frei gefühlt wie ein Vogel. Vielleicht war auch das ein Grund gewesen, dort zu bleiben. Erst später hatte er gemerkt, dass diese Freiheit nicht kostenlos war. Und doch hatte er nicht gehen wollen. Und selbst jetzt war er noch immer nicht wirklich hier. Er war nicht heimgekommen. Er war nur mit Yuma hier. Und mit Kaito. Was würde er tun, wenn die Dunkelheit bezwungen war? Wieder mit ihnen gehen? Oder bleiben? Er unterdrückte ein Seufzen. Darüber würde er sich Gedanken machen, wenn es soweit war. Er warf einen Blick auf Yuma, der furchtbar müde aussah und auf Najm, der neben ihm saß und traurig eine kleine, geschwärzte Blume betrachtete. Danach suchte er Kaito, der sich als einziger nicht gesetzt hatte, obwohl er genauso erschöpft aussah wie die anderen drei. Doch er wirkte so angespannt, dass er wahrscheinlich davon ausging, irgendjemand müsse Wache halten.

„Sag mal, Astral…“, hörte das Astralwesen die erschöpft klingende Stimme seines Partners. Er wandte sich ihm zu.

„Was denn, Yuma?“

„Musst du jetzt eigentlich essen und so?“

„Ja, muss ich… In unserer eigenen Welt ist unser Leben nicht ganz so körperlos wie in eurer.“

Yuma seufzte theatralisch und sein Magen knurrte laut. „Ehrlich Leute, wir hätten was zu Futtern mitnehmen sollen…“

Najm lächelte traurig.

„Tut mir Leid, Yuma. Dafür hatten wir keine Zeit.“

„Jaaah, ich weiß. Gibt es bei euch auch Burger?“

Najms Blick verriet, dass er keine Ahnung hatte, wovon der Schwarzhaarige sprach, doch zum Glück gab es ja Astral, der Yumas Frage leicht beantworten konnte.

„Nein. Burger gibt es hier nicht.“

Der Mensch wimmerte leise. „Son Mist…“

In diesem Moment flog ein Sandwich in seinen Schoß und einen Moment lang dachte er, in Astrals Welt bestand wohl der Regen aus Essbarem, bis er das Preisschild auf der Plastikhülle sah. Das war eindeutig Japanisch. Er warf einen Blick nach oben zu Kaito, der gerade eine seiner Gürteltaschen wieder schloss.

„Danke, Kaito! ESSEN!“, rief er mit leuchtenden Augen und ihm lief sofort das Wasser im Mund zusammen. Und auch noch Thunfisch! Er liebte Thunfisch! Najm betrachtete das kleine Paket in Yumas Händen mit unwissendem Blick. Er hatte so etwas schon mal in der Menschenwelt gesehen. Aber er hatte nicht gewusst, dass man das essen konnte. Ob das wohl schmeckte?

Yuma riss enthusiastisch die Verpackung auf und holte das lecker duftende, belegte Brot heraus. Er teilte das Brot in vier relativ gleichgroße Stücke und gab eines davon sofort an Najm weiter, der es erst einen Moment betrachtete und die Konsistenz mit den Fingern prüfte, bevor er mutig ein kleines Stück abbiss. Sofort strahlten seine Augen und er verputzte den Rest seines Sandwichstückchens mit totaler Begeisterung.

„Lecker!“, rief er, während ein Krümel an seinem Mundwinkel hängen blieb und er strahlte dabei wie ein Honigkuchenpferd. Das zauberte ein Lächeln auf drei Gesichter, während Yuma auch die anderen Stücke verteilte. Astral hatte zwar auch noch nie wirklich ein Nahrungsmittel der Menschen probiert, doch er wusste natürlich im Gegensatz zu seinem Artgenossen, was ein Sandwich war und dass man sie essen konnte. Also war er etwas enthusiastischer, als er in sein Stück biss, auch wenn er genauso wenig wusste, wie das schmecken würde, wie Najm. Als er den ersten Bissen von seinem Stück nahm und kaute, war der Geschmack neu, ungewohnt, aber nicht übel. Es war fast, als wäre er im Urlaub in einem anderen Land und probierte die einheimische Küche. Sie verputzten jeder sein Sandwich und schwiegen dabei hauptsächlich. Kaito stand noch immer angespannt herum und beobachtete die Umgebung und Astrals Nervosität nahm leicht zu. Wenn der Nummernjäger sich nicht entspannte, dann war normalerweise auch irgendetwas faul. Doch in ihrer aktuellen Situation war eine gewisse Gefahr natürlich immer vorhanden. Und wenn Kaito nicht wenigstens versuchte, sich auszuruhen, würde er noch vor Erschöpfung zusammenbrechen und das half niemandem. Gerade wollte Astral ihn fragen, ob er sich nicht doch etwas hinsetzen wollte, als sie einen markerschütternden Schrei vernahmen, der durch die kahlen Bäume mit lautem Echo zu ihnen herüber drang. Sofort waren die drei Sitzenden aufgesprungen und hatten sich Rücken an Rücken aufgestellt, um nicht überrascht zu werden. Doch niemand konnte etwas sehen.

„Woher kam das?“, fragte Yuma angespannt. Jegliche Erholung war vergessen und seine Hand zuckte schon zu der Duel Disk an seinem Unterarm. Niemand konnte ihm diese Frage wirklich beantworten. Der Wald verzerrte die Geräusche zu sehr, um eine genaue Richtungsangabe machen zu können. Als auch nach mehreren Minuten nichts geschehen war, entspannten sie sich wieder ein wenig, doch an Pause war jetzt nicht mehr zu denken, weshalb sie beschlossen, weiter zu gehen. Die Spannung war geradezu greifbar und Astral hielt sich in Kaitos und Yumas Nähe. Er hoffte nur, dass er sich nicht zwischen den beiden entscheiden musste, sollte es wirklich dazu kommen, dass er eingreifen musste. Er hätte nicht gewusst, für wen er sich entscheiden hätte und keiner der beiden hatte es verdient, verschmäht zu werden.

Najm war beunruhigt. Dieser Wald war zu ruhig. Selbst in dem Zustand, indem er sich jetzt befand… Es müssten wenigstens einige der typischen Geräusche zu hören sein. Nicht jedes Lebewesen starb automatisch bei einem Brand. Oder bedeutete das, dass hier etwas lauerte, was die kleineren Tiere verscheuchte? Hoffentlich… Doch nachdem diese Befürchtung sich nun in seinen Kopf geschlichen hatte, wurde er sie nicht mehr los und es kam ihm plötzlich so vor, als spürte er die Augen der Bestie auf sich. Als würde sie ihn beobachten und im Dickicht herumschleichen, darauf lauern, dass er unvorsichtig wurde. Jedes Rascheln ließ Najm nun aufhorchen, sich umsehen und zusammenzucken. Und diese Unruhe übertrug sich auch auf die anderen. Vor allem Yuma spürte die Unsicherheit und die halbe Paranoia Najms und nahm beides auf. Und schließlich wurde der Gruppe das zum Verhängnis. Mit einem lauten Kreischen stürzten sich einige Hüllen auf die Gruppe und Yuma und Kaito hatten alle Hände voll zu tun, die verzehrten Wesen von Astral und Najm fernzuhalten. Denn es sah so aus, als wollten die Hüllen ihre ehemaligen Artgenossen unbedingt infizieren. Fast kamikazeartig stürzten sie sich auf die Duellanten, die kaum in der Lage waren, die schiere Masse an Gegnern aufzuhalten. Mit lauten unwirklichen Schreien und weit aufgerissenen Mündern attackierten die Hüllen Kaito und Yuma und als es immer mehr und mehr wurden und die Lage immer aussichtsloser erschien, griff der Schwarzhaarige zu einem verzweifelten Trick. Er spielte Schwarzes Loch. Doch dieses hatte nicht nur einen Effekt auf die angreifenden Hüllen, sondern auch auf Yuma, Kaito und die Astralwesen selbst. Als das schwarze alles verschlingende Loch über ihnen erschien und die Hüllen fortzog, die laut kreischend darin verschwanden, griff Kaito reflexartig nach den Armen der anderen, doch aufgrund der genetischen Tatsache, dass er nur zwei Arme besaß, konzentrierte er sich auf die beiden, die sich nicht allein gegen die Hüllen würden wehren können. Beherzt griff er nach Najms und Astrals Handgelenken und der durch das Loch verursachte Wind zerrte unerbittlich an seinem Körper.

„Festhalten!“, schrie er über den tosenden Lärm des Windes hinweg und spürte, wie sich die zierlichen Hände der Astralwesen um seine Handgelenke schlossen. Seine Augen tränten und er konnte kaum etwas sehen, nicht nur aufgrund des Windes selbst, sondern auch wegen des aufgewirbelten Erdbodens, der aufgrund des allgemeinen Zustandes des Waldes nicht mehr sehr fest war. Er hörte Astrals panische Stimme.

„Yuuuuma!“

Mit halb zugekniffenen Augen erkannte er gerade so, dass Yuma in ihre Richtung stolperte und nach Astrals in seine Richtung ausgestreckter Hand griff. Seine andere schloss sich um Najms Hand und Kaito hoffte inständig, dass sie nicht fortgeblasen würden. Gerade wollte er den anderen irgendwie zu verstehen geben, dass sie sich möglichst klein machen sollten, damit der Wind weniger Angriffsfläche hatte, doch dafür war es bereits zu spät. Najm und Astral waren einfach zu leicht, um dem wütenden Sog des Schwarzen Loches standzuhalten und auch Yuma war trotz seines außergewöhnlichen Appetits erstaunlich leicht. Als wögen sie nichts, hob der Sturm sie vom Boden und Kaito konnte sich nur kurz dagegen stemmen, bevor auch er den Boden unter den Füßen verlor. Sie wirbelten herum und immer weiter auf das Loch zu und panische Angst machte sich breit. Hilflos mussten die vier sich dem ergeben. Alles, was sie tun konnten, war, die Hände der anderen so fest zu halten, wie es ihnen möglich war. Und doch spürte Kaito, wie ihm Najms Hand entglitt. Er verstärkte den Griff, doch der Wind, der an ihm zerrte, zerrte gleichzeitig auch an Najm und Astral, die aufgrund ihrer Physiologie leichter abrutschten als Yuma und Kaito. Der Blonde konnte ihre Hände einfach nicht mehr länger festhalten und doch versuchte er es. So krampfhaft, dass seine Finger bald zu schmerzen anfingen und er spürte, dass sie sich verkrampften. Yuma hatte dasselbe Problem. Auch er war kaum noch in der Lage, die Astralen festzuhalten. Er hatte die Orientierung verloren und das Gefühl, in einem riesigen Wirbel zu stecken. Und irgendwie taten sie das ja auch. Ein Wirbel aus Sand, toten Bäumen und heulendem Wind zog sie immer weiter zu dem Loch hin, das sich schwarz und vernichtend vom blutroten Himmel abhob. Und bald hatte Yuma die Kraft verlassen und er konnte Astrals Hand nicht länger festhalten. Er versuchte es und als die kristalline Hand des anderen schließlich aus seiner rutschte, rief er voller Panik Astrals Namen. Dadurch wurde ihr Kreis aufgebrochen und auch Kaito verlor nun endgültig Najms Hand.

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Fertig.

Wie lesen uns am nächsten Wochenende.

Ich freue mich wie immer über eure Kommentare, konstruktive Kritik und Favoriteneinträge.
 

Grüße, Kürbiskekse und HAPPY HALLOWEEN,

euer Wiesel >3

Ich will Kaito küssen

Hallo, meine lieben Hasen. :3
 

Hier bin ich mit dem neuen Kapitel.

Dieses finde ich persönlich unheimlich toll und es ist gerade in Bezug auf die Beziehung zwischen Astral und Kaito ziemlich wichtig und ich liebe es. <3

Ich hoffe, es gefällt euch genauso gut wie mir. :3

Ich bedanke mich wie immer bei der üblichen Verdächtigen Alienblood23 und danke auch an die neuen Favoler. Ich bin leider nicht mehr so auf dem Laufenden, wem ich schon danke dafür gesagt hab und wem nicht, weshalb ich mal alle zusammenfasse. :3
 

Und jetzt wünsche ich euch allen viel Freude mit
 

Kapitel 11

Beobachtung 56: Ich will Kaito küssen.
 

Wirbelnd und ohne Orientierung wurden sie von Sog und Wind in Richtung des schwarzen Todes gezogen, doch schließlich ließ der Zug nach und das Schwarze Loch wurde kleiner und kleiner, bis es verschwand. Kaito hatte Yuma und Najm sofort aus den Augen verloren und als der Sog nun nachließ und schließlich ganz verschwand, hatte er erst einmal keine Zeit, nach ihnen zu suchen. Immerhin befanden sie sich wenigstens 20 oder 30 Meter in der Luft und wenn sie nicht auf dem Boden zerschellen wollten, musste Kaito etwas tun. Astral in seinem Griff schien das Bewusstsein verloren zu haben, so dass Kaito von ihm keine Hilfe erwarten konnte. Also zog er den Astralen zu sich heran, während sie jetzt immer schneller in Richtung Erdboden fielen und umklammerte ihn an der schlanken Taille. So hatte er auch gleich seine Duel Disk in Position und zog eine Karte, in der Hoffnung, dass sie ihnen würde das Leben retten können. Und dieses Mal hatte er Glück. Die Karte, die er gezogen hatte, war Photonendrescher und dieser konnte sie unbeschadet auf den Erdboden bringen, bevor er sich wieder dematerialisierte. In seinem Arm hing Astral still und Kaitos Mantel, den das Astralwesen inzwischen angezogen hatte, damit er ihn nicht verlor, verdeckte noch immer leidlich das zu auffällige Leuchten. Erschöpft sank Kaito auf die Knie und atmete ein paar Mal tief durch. Er war total am Ende und sicher, dass er nicht genug Kraft hatte, um Astral jetzt lange durch die Gegend zu tragen und die anderen zu suchen. Bevor also der Astrale nicht aufgewacht war, war eine Suche nach Yuma und Najm nicht möglich. Der Blonde sah sich um. Die Landschaft hatte sich verändert und er konnte den Wald, in dem sie vorhin gewesen waren, nirgends entdecken. Obgleich er natürlich wusste, dass das Schwarze Loch die Landschaft wahrscheinlich gravierend verändert hatte, wusste er nicht, ob er sich noch in der Nähe ihres Ausgangspunktes befand. Die Möglichkeit bestand durchaus…doch gleichzeitig war die Chance genauso groß, dass sie an einem vollkommen anderen Ort gelandet waren. In der Nähe entdeckte Kaito eine große Felsformation und er hoffte, dort einen einigermaßen sicheren Unterschlupf zu finden, in dem Astral und er sicher genug waren, um Kraft für die Suche nach Najm und Yuma zu sammeln. Unter Anstrengungen erhob er sich und seine erschöpften Beine vergalten ihm das mit spitzem, protestierendem Schmerz. Vielleicht hätte er sich während der Pause vorhin doch einen Moment setzen sollen… Er hob Astral auf seine Arme und war im ersten Moment überrascht darüber, wie leicht der andere tatsächlich war. Er machte sich auf den Weg zu den Felsen und langsam aber sicher dämmerte ihm auch, was er gerade tat. Er. Trug. Astral. Er hielt ihn fest. Das war etwas, an das er in seiner eigenen Welt nie gedacht hatte. Nicht einmal im Traum. Es war ganz einfach unvorstellbar gewesen, den anderen zu berühren. Früh hatte Kaito sich damit abgefunden gehabt, dass das nicht passieren würde. Doch trotzdem hatte diese Begebenheit im Krankenhaus so furchtbar wehgetan – vor allem nach der Erfahrung beim Duell gegen Najm. Diese Kluft, die er in diesem Moment gespürt hatte… Damals hatte er sie für unüberwindbar gehalten. Astrals Hand war nicht einmal einen Zentimeter von seiner Wange entfernt gewesen und doch hatte es sich angefühlt, als trenne sie eine ganze Welt. Und irgendwie war das ja auch so. Sie waren unterschiedlich. Astral hatte eine Reinheit an sich, die einem menschlichen Wesen vollkommen fremd war. Dieses Licht, diese vollkommene Unschuld hatten Kaito von Beginn an fasziniert. Es war etwas so Fremdes, dass es den Blonden unwiderstehlich angezogen hatte. Auch, wenn er wusste, dass er das genaue Gegenteil dessen war, was Astral repräsentierte. Und vielleicht war es gerade das, was diese Anziehung ausgemacht hatte. Diese Faszination hatte bisher noch nicht nachgelassen. Auch, wenn durch den Kampf mit den Barianern ein Teil dieser Unschuld und dieser Reinheit verloren gegangen war, repräsentierte Astral für den Duellanten noch immer das, was er nie erreichen könnte. Und diese Kluft, die zwischen ihnen herrschte, die Kluft zwischen Unschuld und Schuld wurde repräsentiert durch die Unmöglichkeit, den anderen zu berühren. Und jetzt berührte er ihn. Durch den Stoff seines Mantels fühlte er den zierlichen Körper des Astralwesens, dessen Kopf lag an Kaitos Schulter und er spürte den warmen Atem Astrals an seinem Hals. Es war…surreal.

Kaito erreichte die Felsformation und fand tatsächlich eine Stelle, die sich als Unterschlupf eignete. Einige der Felsen standen so übereinander, dass sie eine kleine Höhle formten, in der Kaito und Astral bequem Platz hatten, so lang sie nicht aufstanden. Doch genug Platz, um sich auszustrecken und sich auszuruhen, hatten sie beide allemal. Kaito duckte sich und betrat die Höhle vorsichtig. Er konnte ja nicht wissen, ob nicht auch irgendein anderes Lebewesen aus dieser Welt schon auf die Idee gekommen war, diese Höhlenformation als Unterschlupf zu nutzen. Doch sie war leer und Kaito atmete leise auf, bevor er sich auf dem Boden niederließ und Astral auf seinen Schoß bettete. Der Astrale war noch immer nicht aufgewacht und bei einem Blick in dessen entspanntes Gesicht stellte Kaito fest, wie hübsch er aussah. Seine androgynen Züge erinnerten den Blonden sehr häufig an das Bild eines Erzengels, das er vor langer Zeit einmal irgendwo gesehen hatte. Und im eigentlichen Sinne fand Kaito, dass der Vergleich sogar passte. Er unterdrückte den Drang, die feinen Linien von Astrals Gesicht nachzuziehen und starrte stattdessen lieber nach draußen. Natürlich nur, um sicherzustellen, dass niemand kam… Im Laufe der nächsten Minuten und Stunden zog sich der blutrote Himmel zu und eine dicke, schwarze Wolkenschicht versperrte den Blick auf ihn. Und nicht sehr viel später fielen die ersten Regentropfen. Noch waren es nur wenige, doch schnell wurden es immer mehr, bis ein wahrer Wolkenbruch auf Kaito und Astral in ihrer – zum Glück – trockenen Höhle hinunterging. Zum Glück hatte Kaito seinen zum Mantel passenden Rollkragensweater an, so dass er nicht allzu sehr fror. Die Temperaturen waren mit dem einsetzenden Regen doch um einige Grad gesunken. Hoffentlich hatten Najm und Yuma auch einen sicheren Unterschlupf gefunden. Das stetige Trommeln der Regentropfen wiegte Kaito schließlich in den Schlaf und auch ein lauter, dröhnender Donner vermochte nicht, ihn zu wecken, anders als Astral. Dieser zuckte heftig in Kaitos Armen zusammen und schlug panisch die Augen auf. Wo war er? Was war passiert? YUMA? Er blickte sich panisch um und merkte erst in diesem Moment, dass er an etwas Warmes, Weiches geschmiegt lag und drehte den Kopf in diese Richtung. Er sah das entspannte, schlafende Gesicht Kaito Tenjos und in diesem Augenblick ging ihm auf, dass er auf dessen Schoß lag, dass der Duellant seine Arme um ihn gelegt hatte und…dass es sich wundervoll anfühlte. Auch, wenn dieses geborgene Gefühl seine Angst um Yuma nicht ganz verdrängen konnte, merkte er nach einer Analyse der Situation, dass Kaito schon die richtige Idee gehabt hatte. Erst einmal ausruhen, Kräfte tanken. Und dann konnten sie sich auf die Suche nach Yuma und Najm machen. Erst war er ein wenig zögerlich, doch schließlich legte er seinen Kopf zurück an Kaitos Schulter. Er spürte die Wärme, die vom Körper des Menschen ausging, etwas, das unter Astralwesen nicht so geläufig war. Sie hatten so etwas wie Körperwärme nicht. Zumindest nicht so intensiv wie Menschen. Und diese Wärme, die von Kaito ausging, war so angenehm, dass dem Astralwesen genießerisch die Augen zufielen. Er hatte sich so oft vorgestellt, wie es sein würde, Kaito zu berühren. So oft. Viel zu oft. Doch seine Fantasie wurde der Realität nicht mal ansatzweise gerecht. Ohne, dass er es merkte, krallte er seine schlanken Finger in Kaitos Sweatshirt, fast so, als hätte er Angst, der andere könnte plötzlich verschwinden. Der Sturm vor ihrer Tür nahm erneut an Fahrt auf und Blitze, heller als Astral selbst, tauchten die Landschaft in unheimliches weißes Licht. Donner rollte über den Boden, der von dem Regen fortgewaschen wurde. Astral öffnete die Augen und beobachtete den Sturm vorm Eingang zu ihrer kleinen Höhle. Er spürte Kaitos warme, sanfte Hände an seiner Taille, er hörte den leisen, regelmäßigen Rhythmus seines Herzens und spürte, wie Tränen hinter seinen Augen zu brennen begannen.

„Ich hätte verhindern müssen, dass du herkommst…“, whisperte er leise, auch wenn er nicht davon ausging, dass Kaito ihn hörte. Immerhin schlief der Duellant doch, oder?

„Das hättest du nicht geschafft…“, bekam er überraschenderweise eine Antwort des anderen und zuckte erschrocken zusammen. Er nahm den Kopf von Kaitos Schulter und sah ihn an. Die grau-blauen Augen waren nach draußen in den Sturm gerichtet und er wirkte angespannt. Die Blitze beleuchteten die feinen Züge Kaitos und ein weiterer Donnerschlag rollte über sie hinweg. Astral konnte nicht anders, als den anderen anzustarren. Er wirkte im Licht der Blitze fast wie ein Teil dieser Welt. Als wäre er ein astrales Wesen, wie Astral selbst. Der Mensch merkte, dass er angestarrt wurde und drehte den Kopf in Astrals Richtung. Schweigend blickten sie sich einen Moment an, bevor der Astrale wie schon damals im Krankenhaus seine Hand hob. Doch diesmal stoppte er nicht, sondern überbrückte auch den letzten Rest Abstand zwischen ihnen. Still lag sie an Kaitos Wange, der sich nicht rührte, sondern einfach weiter in die so unterschiedlichen Augen des Astralwesens blickte und darin versank, wie in einem Ozean. Astrals Hand kribbelte, als sie Kaitos Gesicht berührte. Dies war ihre erste direkte Berührung, ohne dass eine Stoffbarriere sie trennte. Astral konnte die Wärme Kaitos nun noch deutlicher spüren und sie kroch über seine Finger den Arm hinauf bis in sein Herz. Es war sowieso ein Wunder, dass es seinen Brustkorb noch nicht gesprengt hatte, so heftig, wie es in Astrals Brust schlug. Hätte Kaito es hören können, hätte das Astral nicht gewundert. Das alles musste ein Traum sein. Er berührte Kaito jetzt nicht wirklich. Immerhin hatte er sich doch inzwischen damit abgefunden, dass das nie geschehen würde. Wie also… Womit… Womit hatte er sich das verdient? Er hatte seine Heimat verlassen, sie im Stich gelassen und jetzt bereute er, Kaito hierher gelassen zu haben, weil er sah, wie gefährlich es hier wirklich war. Er war ein Egoist, ein selbstsüchtiger Mistkerl, dem Kaitos Sicherheit und damit sein eigenes Glück viel wichtiger war als seine Heimat. Er hatte es nicht verdient. Nicht verdient, hier zu sein, in Kaitos Armen.

Er merkte nicht, wie eine einzelne Träne seine Wange hinunterlief. Erst, als Kaito sie sanft fortwischte, gewahr er dem Brennen in seinen Augen und wollte sich abwenden. Der Duellant sollte ihn nicht so sehen. Doch eine sanfte Hand an seiner eigenen Wange zwang ihn bestimmt, den Kopf wieder zu heben.

Kaito war erschrocken über die Tränen in den schönen Astralaugen, doch er versuchte, das nicht zu zeigen. Astral war scheinbar schon verwirrt und aufgewühlt genug, so dass der Blonde ihm ein wenig dringend benötigte Sicherheit vermitteln wollte. Er hatte keine Ahnung, was in dem Kopf des hübschen Astralwesens vorging, doch er war sicher, dass der andere mit ihm darüber sprechen würde, wenn er soweit war. Er fuhr mit dem Daumen über Astrals Wangenknochen und versuchte, sich das Gefühl genau einzuprägen. Schon oft hatte er sich überlegt, wie der Astrale sich wohl anfühlen würde. Durch die unterschiedliche Physiologie von Menschen und Astralwesen, vor allem optisch, war Kaito sich sicher gewesen, dass Astrals und Najms Haut sich kühl anfühlen würde. Glatt und fehlerlos, vielleicht sogar ein wenig tot, weil die beiden einfach so gläsern aussahen, als seien sie aus gefärbtem Kristall gemacht und nicht aus Fleisch, Knochen, Blut und Haut. Doch er hatte sich geirrt. Astral fühlte sich alles andere als tot an. Seine Haut war kühler als seine eigene, doch nicht unangenehm kalt. Unter seiner kristallin anmutenden und makellosen Haut spürte er Muskeln und Fleisch, Blut und Knochen, wenn Astral atmete, den Kiefer bewegte oder schluckte. Eine leichte Bläue hatte sich auf die gläsernen Wangen geschlichen und Kaito fand, dass ihm diese leichte Färbung ausgezeichnet stand.

„Darf ich dich was fragen?“, fragte er leise.

Astral brauchte einen Moment, um zu reagieren, letztendlich nickte er aber leicht mit dem Kopf.

Diese Frage lag Kaito schon eine Weile auf der Zunge, doch bisher hatte er nie den Mut gehabt, sie zu stellen. Doch gerade jetzt hatte er das Gefühl, der Zeitpunkt sei ganz gut. Er würde ja spätestens merken, ob es so war, wenn er Astrals Reaktion sah.

„Wenn…“, er stockte. „Wenn man in deiner Welt jemanden mag…wie zeigt man das?“

Eine Weile lang sagte das Astralwesen nichts. Er versuchte, zu verstehen, weshalb Kaitos Wangen rot waren und wieso seine Augen diesen seltsamen Glanz aufwiesen, den er noch nie in ihnen gesehen hatte.

„Du meinst… Wie ein…Kuss…in eurer Welt?“ Er spürte das sanfte Streichen über seinen Wangenknochen und ein angenehmes Kribbeln zog sich bis in seine Fingerspitzen. Er war beinahe überwältigt von dem, was er gerade spürte. So sehr, dass er kaum in der Lage war, Kaitos Frage zu beantworten. In diesem Moment wollte er so sehr genau das tun, was der Duellant so gern wissen wollte. Auch, wenn er wusste, dass das in dieser Konstellation nur einseitig möglich sein würde. Er wollte es Kaito nicht erklären. Er wollte es ihm zeigen. Und gleichzeitig kribbelten seine Lippen so angenehm und gleichzeitig so heftig, dass er es nicht ignorieren konnte. Astral wusste, was ein Kuss war. Yuma hatte es ihm damals erklärt und inzwischen hatte er schon so viele verschiedene Arten Küsse beobachtet, dass diese Art der Liebesbekundung für Astral nur noch ein einziges Geheimnis bot: Wie fühlte sich das an?

Und jetzt erwischte er sich bei dem Wunsch, dass Kaito ihm diese Frage beantworten würde. Und dieser Wunsch, diese Wünsche, Kaito seine Gefühle zu zeigen, ließen sein Herz pochen. So schnell, dass ihm schwindelig wurde. Er wurde überwältigt von dem, was die Menschen Liebe nannten – oder war das etwas anderes? – und er tat das einzige, was ihm in seiner seltsamen und plötzlich aufgetauchten Panik einfiel: Er floh.

„Ich… … …komme gleich wieder…“, nuschelte er noch, bevor er aufsprang und aus der Höhle floh. Kaum hatte er sie verlassen, kroch die Kälte unter den Stoff des Mantels und er wünschte sich zurück in Kaitos Wärme. Der Regen prasselte auf ihn hinunter, durchnässte sein Haar, ihn und den Mantel komplett und er begann fast augenblicklich zu zittern. Tief durchatmend versuchte er, sein Herz und seine Gedanken wieder unter Kontrolle zu bekommen. Er war es nicht gewohnt, so aufgewühlt zu sein. Eigentlich war es doch immer er gewesen, der in jeder Situation einen kühlen Kopf bewahrt hatte. In jedem Duell Yumas hatte er es geschafft, nicht in Panik zu geraten, wieso also brachte Kaito ihn nur so aus dem Konzept? War es das, was Liebe ausmachte? Bisher hatte er so etwas noch nie gefühlt. War Kaito etwa der Erste, den er wirklich liebte?

Der Duellant saß mit geschockten Augen und versteinertem Gesicht in der Höhle. Offenbar hatte er seine Antwort bekommen. Der Moment war nicht günstig gewesen. Wahrscheinlich war diese Information für Astral zu persönlich und er wollte sie nicht einfach mit jedem teilen. Vielleicht aber…wollte er sie auch nur nicht mit Kaito teilen. Sein Mut war inzwischen verschwunden. Die Nähe zu Astral hatte ihn in ein seltsames Hoch versetzt und ihn seine sonstige Reserviertheit und Vorsicht vergessen lassen. Er würde in Zukunft aufpassen müssen, wenn er in Astrals Nähe war, damit er sich nicht noch einmal so furchtbar gehen ließ und den anderen erneut erschreckte. Wer wusste schon, wie der Astrale sich jetzt fühlte, so ganz ohne Yuma und allein ausgerechnet mit ihm… Vielleicht hätte er vorhin einfach den Mund halten sollen. Dann hätte Astral noch ein wenig länger in dem Glauben bleiben können, Yuma wäre hier und das hätte seiner Erholung sicher gut getan. Doch er war so doof gewesen und hatte sich bemerkbar gemacht, hatte ihm auf die Nase gebunden, dass er es war, der bei ihm war und nicht Yuma. In diesem Moment war ihm nicht klar gewesen, weshalb er etwas hatte antworten müssen, als Astral diese Worte geflüstert hatte, doch…inzwischen hatte er eine Ahnung. Wenn Kaito die Augen schloss und ganz fest daran glaubte, dann konnte er sich einreden, dass Astral nicht Yuma mit seinen Worten meinte, sondern ihn. Dass er sich um ihn sorgte und nicht um Yuma.

Doch sobald er die blau-grauen Augen wieder öffnete, sah er der Realität ins Gesicht und ihm wurde klar, dass dieser Traum wohl für immer ein Traum bleiben würde. Er machte sich keine Hoffnungen darauf, dass Astral seine Gefühle eventuell erwidern könnte. Nicht nach dem, was er dem Astralwesen angetan hatte. Und das war auch gut so. Er hatte es nicht anders verdient. Gern wäre er zu dem anderen hinausgegangen, doch er war sich sicher, dass dieser lieber allein sein wollte. Wieso sonst war er so fluchtartig aus der Höhe in den strömenden Regen verschwunden? In diesem Moment hörte er von draußen Astrals Stimme.

„K-Kaito?“

Obwohl der andere nicht übermäßig laut gesprochen hatte und seine Stimme auch nicht klang, als sei er in Gefahr, sprang der Duellant trotzdem sofort auf und stürzte aus der Höhle hinein in den Regen. Direkt neben dem Eingang stand Astral und hatte die Schultern aufgrund der Kälte leicht hochgezogen. Er blickte in Richtung des Horizontes und Kaito machte es ihm nach. Auf den ersten Blick konnte er durch die Wasserfälle, die der Himmel über ihnen ausschüttete, kaum etwas erkennen, doch schließlich erkannte er den gelben Schimmer eines Astralwesens auf sie zu kommen. Der Blonde richtete sich zu seiner vollen Größe auf und schirmte Astral ein wenig vor dem Fremden ab. Er hatte noch nicht vergessen, dass Najm erwähnt hatte, dass nicht mehr alle Astralwesen auf derselben Seite standen. Der Fremde kam näher, doch Kaito konnte außer dem Astralen selbst keine weiteren Silhouetten ausmachen. Wenn also Hüllen in der Nähe waren, dann konnte er sie nicht erkennen. Er spürte Astrals Finger, die sich in seinen Ärmel krallten und je näher der Fremde ihnen kam, desto nervöser wurde Kaito. Er rechnete jeden Moment damit, dass wie aus dem Nichts ein paar Hüllen vor oder hinter ihnen auftauchen würden, doch bisher war alles ruhig. Doch trotz der unsicheren Ruhe war der Duellant auf alles gefasst und er würde nicht zögern, beim kleinsten Anzeichen von Gefahr die Duel Disk zu zücken, die noch ruhig und deaktiviert an seinem Handgelenk klemmte. Inzwischen war das fremde Astralwesen so nahe, dass man sein Gesicht sehen konnte. Grüne, strahlende Augen blickten die beiden pitschnassen Höhlenbewohner an, ein fröhliches, erleichtertes Lächeln lag auf dem mit orangenen Steinen geschmückten Gesicht und der Fremde machte den Eindruck, sie gesucht und endlich gefunden zu haben.

„Aaaah, es stimmt also wirklich!“, fiepste er, als er nah genug bei ihnen war, dass sie ihn verstehen konnten. Er schwebte auf sie zu und musterte Kaito erst einmal neugierig, bevor er sich an Astral wandte, den er anstrahlte, als wäre er ein Superstar.

„Astral! Du bist zurück!“

Astral, noch immer leicht hinter Kaitos Rücken, blinzelte den Gelben verwirrt an. Er hatte keine Ahnung, wer das war und…woher wusste dieser Kerl, wer er war?

„Uhm…“

Der andere schien zu ahnen, was im Kopf Astrals vorging, denn er redete gleich weiter.

„Ich bin so froh, dass ich euch gefunden habe! Ich hatte schon befürchtet, ich käme zu spät! Ach ja… Ich bin übrigens Astrum, freut mich so, euch kennenzulernen.“

Er schüttelte enthusiastisch Kaitos Hand, bevor er sich Astral zuwandte und auch dessen Hand nahm und kräftig schüttelte.

„Du kennst mich?“, fragte Astral verwirrt.

„Natürlich! Jeder kennt dich! Du hast uns immerhin vor den Barianern gerettet!“, strahlte Astrum noch immer. „Zusammen mit Yuma hier, stimmt‘s?“

Kaito und Astral wechselten einen Blick. Hielt der Gelbe den Blonden tatsächlich für Yuma? Ok, nachvollziehbar war das schon. Wahrscheinlich wusste man hier nicht besonders viel über Yuma, außer, dass er ein Mensch und Astrals Partner war und so wie der Mensch und der Astrale hier beieinander standen, konnte man schon auf die Idee kommen, Kaito wäre Astrals Partner. Doch sie kamen nicht mehr dazu, das Missverständnis aufzuklären, denn Astrum redete erneut gleich weiter.

„Aber jetzt sollten wir von hier verschwinden. Die Hüllen sind sicher schon auf dem Weg hierher…“

Er schnappte sich Astrals und Kaitos Handgelenk und zerrte sie in den Sturm hinaus. Ohne wirklich zu wissen, was sie tun sollten, stolperten die beiden hinter dem Astralwesen her, das ein sehr schnelles Tempo vorlegte.

„Die anderen haben schon sowas angedeutet… Nachdem die Hüllen in die Welt der Menschen eingedrungen sind, haben wir vermutet, dass Najm endlich erfolgreich gewesen sein könnte… Und jetzt seid ihr hier! Ihr habt Najm nicht zufällig gesehen, oder?“, fragte Astrum und Kaito gefiel dessen Ton nicht. Er konnte nicht sagen, weshalb, doch dieser Astrale war ihm nicht geheuer. Aus diesem Grund kam er Astral zuvor, der gerade antworten wollte.

„Wer?“

Er spürte die Augen des anderen auf sich, ließ sich allerdings nichts anmerken, als Astrum sich erneut zu ihnen umdrehte. „Ihr habt ihn nicht getroffen? Schade… Wie habt ihr dann von unseren Problemen erfahren?“

Darauf wusste Kaito jetzt auf die Schnelle keine Antwort. Doch diesmal sprang Astral in die Bresche und er schien verstanden zu haben, was Kaito bewegte, denn er log, als hätte er noch nie etwas anderes getan.

„Wussten wir nicht. Ich wollte Yuma meine Heimat zeigen… Und dann wurden wir von…Hüllen? …angegriffen.“

Er tat so, als wüsste er erst seit Astrum sie erwähnt hatte, dass es sich bei den Wesen, die sie angegriffen hatten, um Hüllen handelte und sein Gesicht war so schön verwirrt, dass Kaito ihn hätte küssen können. Um diesen Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen, schüttelte er leicht den Kopf und räusperte sich leise.

„Könntest du uns aufklären?“

Kaito war sich nicht sicher, wieso… Doch er hatte den Eindruck, dass der Gelbe gerade eine Maske neu aufsetzte. Einen Moment lang wirkte er fast enttäuscht oder wütend. Als hätte er sich ihnen gegenüber anders benommen, hätte er die Information von Astral früher gehabt. Jetzt war der Duellant sich fast sicher, dass der Gelbe nicht der war, der er vorgab zu sein. Doch wie sollte er das beweisen? Er beobachtete den Unbekannten unauffällig, während dieser Astrals Frage beantwortete. Er wusste noch genau, was Najm ihnen erzählt hatte und er würde penibel vergleichen, was Astrum jetzt sagte. Lieber war er jetzt paranoid, als dass er einem Verräter Haus und Tür öffnete, damit er sie ausschalten konnte.

„Wir wurden angegriffen… Diese Hüllen waren mal Astralwesen, weißt du… Doch sie wurden verzehrt und jetzt greifen sie uns an. Und wir können uns nicht gegen sie wehren.“

Nicht besonders viele Informationen, doch das, was er erzählt hatte, war zumindest die Wahrheit. Und Astral schien seine Bedenken dem anderen gegenüber zu verstehen und zu teilen.

„Sag mal, Astrum. Wo bringst du uns eigentlich hin?“

Der andere blieb einen Moment stehen und ließ nun auch ihre Handgelenke los. Der Regen hatte etwas nachgelassen und Donner und Blitz waren inzwischen auch vorbei. Astral zitterte vor Kälte und auch Kaitos Hände fühlten sich klamm und kalt an. Sie verschnauften kurz und Kaito rechnete wieder jederzeit mit einem Angriff.

„Zum Widerstand. Dort könnt ihr euch ausruhen, aufwärmen und was essen. Es wird Zeit, dass wir diesem Ding, das uns auffrisst, das Handwerk legen. Dort kann ich euch auch noch mehr erzählen, aber wir haben wirklich keine Zeit.“

Astral und Kaito tauschten einen stummen Blick. Hatten sie wirklich eine andere Wahl, als Astrum zu folgen? Nicht wirklich. Sie wussten nicht, wo Najm und Yuma gerade waren und Astral selbst hatte von der aktuellen Situation in seiner Heimatwelt nicht genug Ahnung, um sie an einen sicheren Ort führen zu können. Und ewig konnten sie sowieso nicht bei dieser Felsformation bleiben. Wichtig war jetzt also, Informationen zu sammeln, sich auszuruhen und dann die anderen zu suchen. Und wenn Astrum ihnen dabei helfen konnte, dann war es unverantwortlich, diese Hilfe abzulehnen. Kaito würde misstrauisch bleiben und darauf achten, was der Gelbe tat. Und wenn er das Gefühl hatte, der andere führte etwas im Schilde, würde er etwas unternehmen. Also nickten sie und Astrum setzte sich in Bewegung. Die Landschaft war noch immer trostlos und abgesehen von ein paar toten Bäumen ab und zu war nichts weiter zu sehen. Positiv daran war, dass die Möglichkeit, in einen Hinterhalt zu geraten relativ gering blieb, da es kaum Möglichkeiten gab, sich zu verstecken. Allerdings bedeutete das gleichzeitig, dass auch Kaito, Astral und Astrum sich nicht würden verstecken können, wenn sie angegriffen wurden. Sie legten ein relativ schnelles Tempo vor. Und bald änderte sich die Landschaft und wurde hügliger, bis sie am Horizont einige Bäume entdeckten. Je näher sie kamen, desto sicherer war Kaito, dass es sich um einen Wald handelte. Ob es der Wald war, in dem sie Yuma und Najm verloren hatten, konnte er aber nicht feststellen. Astral hatte ganz ähnliche Gedanken und je länger sie unterwegs waren, desto mehr Sorgen machte er sich um Yuma und Najm. Irgendwas fühlte sich furchtbar falsch an und er hatte keine Ahnung, was dieses Etwas war. Unwillkürlich griff er nach Kaitos Hand, der ihm einen kurzen Blick zuwarf, bevor er die Geste erwiderte. Das gab Astral ein wenig Sicherheit und außerdem wärmte ihn die Berührung ein wenig. Sie näherten sich immer mehr dem Wald und betraten ihn schließlich. Die Bäume standen dicht an dicht und es gab keinen Pfad, so dass Kaito, Astral und Astrum sich einen Weg durch die Bäume bahnen mussten. Und wie der Mensch jetzt feststellte, war dieser Teil der Astralwelt noch nicht zerstört worden. Je weiter sie in den Wald vordrangen, desto gesünder wirkten die Bäume und bald schon konnte der Blonde sehen, wie die Astralwelt wohl in ihrer Blüte ausgesehen haben musste. Die Bäume strahlten in einem sanften blauen Licht und bei genauerer Betrachtung sah Kaito die feinen Adern der Blätter im selben Licht sanft glühen. Auf dem Boden entdeckte er Farne, blühende Blumen, Moos und Gras und jede Pflanze schimmerte in diesem blauen Licht. Das war also Astrals Heimat. Er hatte das Gefühl, in einem schönen Traum zu sein und Astrals Hand in seiner eigenen verstärkte dieses Gefühl noch. Mit leuchtenden Augen blickte er sich um und versuchte, möglichst viel von dem, was um ihn herum geschah, auf einmal aufzunehmen. Er sah die Blätter, die sich im leichten Wind sanft wiegten, hörte das leise Rascheln der Baumkronen, das Geräusch von Vögeln im Dickicht und spürte die kleinen Äste, die unter seinen Füßen knackten. Er war wie verzaubert von diesem Anblick und ein warmes Gefühl breitete sich in seinem Körper aus, bis ihm nicht länger kalt war. In diesem Moment flog ein vorwitziges Glühwürmchen vor seinem Gesicht vorbei und war fast sogar mutig genug, sich kurz auf seiner Nase niederzulassen. Kaitos Mundwinkel verzogen sich fast wie von selbst leicht nach oben und er merkte nicht, wie Astral ihn stumm beobachtete.

Sie liefen immer weiter und als sie tief in den Wald vorgedrungen waren, hörten sie die leise Stimme des gelben Astralwesens.

„Wir sind fast da.“

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So. Das wars. :D

Und der Name Astrum ist im Übrigen Lateinisch und bedeutet...na, was? Richtig, Stern. :3

Das wars gewesen und ich verbleibe wie immer mit
 

Grüßen und Keksen,

euer Wiesel :3

Der Widerstand braucht dringend Kaitos Hilfe

Huhu, meine Lieben. :3

Hier bin ich mit dem neuen Kapitel. :D

Ich bedanke mich bei der üblichen Verdächtigen AlienBlood23 für ihr Kommentar. *verbeug*

Und jetzt wünsch ich euch viel Spaß mit
 

IKapitel 12

Beobachtung 57: Der Widerstand braucht Kaitos Hilfe dringend.
 

Kaito riss sich von der Umgebung los und warf einen Blick auf Astrums Hinterkopf.

Er war kurz davor, den anderen zu fragen, wo sie bald angekommen wären, als diese Frage sich selbst klärte. Gerade in diesem Moment nämlich spürte er, wie Astral seine Hand leicht drückte und als er dessen Blick folgte, sah er hoch oben in den Kronen der Bäume eine Ansammlung von kleinen aus demselben leuchtenden Holz gebauten Häuschen, die offenbar direkt um die Stämme der majestätischen Bäume herum und in das Astwerk gebaut worden waren, so dass sie sich perfekt in ihre Umgebung einfügten. Verbunden waren diese einfachen Häuschen durch ebenfalls aus Holz bestehende Hängebrücken. Auf Kaito machte all das den Eindruck eines versteckten Flüchtlingslagers und die Gestalten auf den Brücken, in den Häuschen und wie er nach einem kurzen Blick feststellte, auch auf dem Waldboden verstärkten diesen Eindruck. Denn als sie den beiden Astralwesen und dem Menschen gewahr wurden, blieb für einen Sekundenbruchteil die Zeit scheinbar stehen, bevor die meisten sich panisch versteckten. Nur wenige erkannten ihren gelben Begleiter scheinbar wieder und musterten ihn selbst und Astral neugierig. Und dann hörte er die ersten geflüsterten Worte.

„Astral...“ - „Das ist doch Astral, oder?“ - „Astral ist wieder da!“

Und bald darauf wurden sie umringt von Astralwesen, die allerdings so gar nicht aussahen wie Astral. Sie wirkten abgesehen von offensichtlichen Unterschieden wie ihrer fahlen Hautfarbe, des schwachen Leuchtens und den pupillenlosen Augen fast menschlich. Sie trugen einfache Kleidung in den verschiedensten Blautönen, es gab große und kleine, alte und junge, Frauen und Männer. Und sie alle sahen Astral nur bedingt ähnlich. Einige der Kinder – Kaito vermutete es zumindest aufgrund ihrer großen Kinderaugen und der runden Gesichter – starrten auch ihn fasziniert an und ein kleines Mädchen berührte ihn sogar leicht an seiner noch freien Hand, als wolle es überprüfen, ob er echt war. Daraufhin bekam sie seine Aufmerksamkeit und als sie sah, dass er sie anblickte, wandte sie schnell den Blick ab und versteckte sich hinter einem nur wenige Zentimeter größeren Jungen. Astrum war es schließlich, der ihnen ein wenig mehr Luft verschaffte, so dass sie ein wenig weiter in die Siedlung hineinlaufen konnten und Kaito entdeckte weitere Baumhäuser und auch auf dem Waldboden konnte er einige gut versteckte Gebäude entdecken. Die Traube folgte ihnen in sicherem Abstand und bei einem Seitenblick auf Astral stellte Kaito fest, dass dieser nicht unbedingt angetan von der ganzen Aufmerksamkeit zu sein schien. Sein Lächeln wirkte leicht unglücklich und auch wenn der Duellant nicht wusste, weshalb, doch auf ihn wirkte es…schuldig. Astrum führte sie zu einem Mechanismus, der, wie der Gelbe sofort erklärte, wohl eine Art Aufzug war. Er selbst und Astral würden so etwas zwar nicht benötigen, doch Kaito konnte ja leider nicht schweben. Und eine andere Möglichkeit, auf die Baumkronenetage zu gelangen, gab es nicht. Der Blonde schaute skeptisch an dem Seil empor, das fast bis auf den Boden reichte und oben in einem Loch im Holzboden eines der Häuschen verschwand. Ob ihn das auch aushielt? Die Astralwesen, die er bisher gesehen hatte, wirkten im Vergleich zu ihm doch recht zierlich, nicht, dass er zu schwer war für dieses Seil. Doch da er offenbar keine Wahl hatte, wenn er nicht hier unten bleiben wollte, überwand er sich und stellte einen seiner Füße in die Schlaufe am Ende des Seils und hielt sich fest. Sofort setzte es sich in Bewegung und Kaito hatte am Anfang ein wenig Mühe, nicht nach hinten über zu kippen. Besonders viel Halt bot die kleine Schlaufe nicht, in der sein Fuß steckte und so musste er sich mit fast all seiner Kraft mit beiden Händen am Seil festkrallen, um nicht umzuknicken und wie ein Hase in der Falle mit dem Kopf nach unten am Seil zu baumeln. Schließlich kam er oben an, schob sich durch die runde Öffnung im Holz und erhob sich wieder. Astral und Astrum waren bereits angekommen und warteten schon auf ihn. Zu dritt machten sie sich auf den Weg und über eine der Hängebrücken. Astrum erzählte ihnen während des Weges, wo genau sie sich nun befanden.

Offenbar war dies hier eines von mehreren Verstecken des Widerstands, die in der gesamten Astralwelt verteilt waren. Es diente sowohl als Stützpunkt für die Kämpfer als auch als Flüchtlingslager, wie sie ja schon bemerkt hatten. Die meisten Astralwesen, die sie auf dem Boden gesehen hatten, waren Flüchtlinge und inzwischen waren es schon so viele, dass das Lager sie kaum noch alle fassen konnte. Die Hoffnung auf Rettung schwand zunehmend und deshalb war die Ankunft Astrals und seines Partners für sie alle so wichtig. Sie repräsentierten Hoffnung für die, die alles verloren hatten.

Kaito und Astral tauschten einen Blick. Der Gelbe führte sie in eines der Häuschen und ließ sie dann allein, damit sie sich ausruhen konnten. Er versprach ihnen, ihnen alles zu erzählen, was er wusste, sobald sie ausgeruht wären, doch gerade jetzt sei es das Wichtigste, dass sie wieder zu Kräften kamen. Die beiden Besucher nickten und Astral ließ seinen Blick über das spärliche Mobiliar in ihrem Häuschen gleiten. Es war zu klein, als dass es viel fassen könnte. Er entdeckte zwei Betten, die diese Bezeichnung allerdings kaum verdienten. Sie waren einfach, aus Ästen gezimmert und so schmal, dass man kaum in der Lage war, sich umzudrehen, ohne herauszufallen. Auf den Liegeflächen lagen Decken aus dünnem, weißem Stoff und man konnte sich aussuchen, ob man sich darauf legte oder sie als Zudecke nutzte. Die Kissen waren klein, schmal und platt. Diese Betten spiegelten perfekt wider, in welch katastrophaler Situation sich die Astralwesen in diesem Flüchtlingscamp befanden. Wenn das tatsächlich alles war, was sie zur Verfügung hatten, waren sie wirklich fast am Ende. Ansonsten gab es nicht mehr viel in ihrem kleinen Refugium. An der Wand gegenüber der Betten stand ein einzelner Stuhl, der in dem Raum leicht deplatziert wirkte und eine Kiste war an der Wand unter dem Fenster zu sehen. Der Rest des Zimmers wurde von dem massiven Baumstamm beherrscht, um den das Häuschen herum gebaut worden war.

„Es ist schrecklich…“, hörte das Astralwesen Kaitos leise Stimme. Er suchte den anderen, der vor einem der Betten stand und es anstarrte, als läge jemand darin, den er mochte und der gerade im Sterben lag. Seine Schultern hingen kraftlos herab und seine Hände zitterten leicht an den Seiten seines Körpers. Astral öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch in diesem Moment betrat eine junge Frau das Häuschen. Auf leisen, fast lautlosen Schritten kam sie durch die Türöffnung, in der Hand ein kleines Tablett. Kaito und Astral hoben die Köpfe, als sie eintrat und sie wurde sofort ein wenig rot um die Nase. Offenbar war sie solche Aufmerksamkeit nicht gewohnt oder sie waren tatsächlich so berühmt in dieser Welt, dass sie das Gefühl hatte, einem Star gegenüberzustehen.

„Ich habe etwas zu Essen für euch“, sagte sie leise und ihre Stimme hörte sich ein wenig blechern an. So, als würde sie durch eines dieser Dosentelefone sprechen, die Kinder so gern beim Spielen benutzten. Vorsichtig kam sie näher und stellte das Tablett auf die Kiste unter dem Fenster.

„Wenn ihr noch etwas braucht, ruft einfach.“

Damit lächelte sie noch einmal schüchtern und verschwand ebenso leichtfüßig, wie sie gekommen war. Kaito blickte ihr einen Moment hinterher, während Astral sich dem Tablett zuwandte. Darauf entdeckte er einige Früchte, sowie eine Flasche und zwei kleine Gläser. Ihm war nicht besonders wohl dabei, den Astralen hier jetzt auch noch das Essen wegzuessen… So karg, wie dieses Mahl war, hatten sie wahrscheinlich kaum noch etwas und zwackten jetzt extra für sie noch was von dem wenigen ab. Doch stehen lassen konnten sie es nicht. Das war erstens unhöflich und zweitens war Astral furchtbar hungrig. Und er war sich sicher, dass es Kaito ähnlich ging. Seit diesem Stückchen Sandwich vor mehreren Stunden – oder waren es Tage? Er hatte das Zeitgefühl verloren – hatten sie nichts mehr gegessen oder getrunken und deshalb war es wichtig, dass sie ihre Mägen wenigstens ein wenig füllten.

„Kaito?“

Der Mensch drehte sich zu ihm um und Astral winkte ihn heran. Er sah, dass der Blonde ähnliche Gedanken in Bezug auf das Essen hatte, wie er selbst, denn er trat nur zögerlich näher und warf einen Blick auf das wenige, das sich auf dem Tablett befand.

„Bist du sicher, dass wir das tun sollten?“, fragte er unwillig und erhielt ein Nicken des Astralwesens als Antwort. Seufzend nahm er eines der kleinen Gläser von Astral an, der es mit der klaren Flüssigkeit aus der Flasche gefüllt hatte. Dass sich bei dieser Geste ihre Finger berührten, versuchte der Duellant einfach zu ignorieren, auch wenn es ihm schwer fiel, nicht zu Astral zu blicken. Kaito vermutete Wasser in dem Glas und zögerte deshalb auch nicht, als er es an die Lippen setzte. Als die kühle Flüssigkeit allerdings seine Lippen benetzte und sich ein leicht süßlicher Geschmack in seinem Mund ausbreitete, hob er eine Augenbraue und betrachtete sein Glas mit neuem Interesse. Es schmeckte nicht schlecht, doch seine Vermutung, Wasser zu trinken, hatte sich offensichtlich als falsch herausgestellt.

„Was ist das?“, fragte er neugierig.

Astral trank selbst einen Schluck und lächelte sacht.

„Ich würdet dazu wahrscheinlich Blütennektar sagen, wir nennen es Zsuzsanna.“ Kaitos Augen weiteten sich leicht. „Erinnerst du dich an diese großen Blumen mit den silbernen Blüten, an denen wir vorhin vorbeigelaufen sind?“

Kaito nickte. Wie konnte er diese Blumen vergessen? Sie hatten eine beachtliche Größe gehabt und ihre lilienartigen Blüten waren so groß wie ein menschlicher Kopf gewesen. Noch immer hatte er ihren leichten, frischen Duft in der Nase. Oder kam der von der Flüssigkeit in seinem Glas?

„Wir nennen diese Blumen Zsuzsa. Sie sammeln im Laufe ihrer Blüte eine Menge Nektar an und der hat auf uns eine kräftigende Wirkung. Die Blumen wachsen fast überall in der Astralwelt in verschiedenen Farben und Größen.“

Kaito trank einen weiteren Schluck Zsuzsanektar – Zsuzsanna - und in diesem Moment spürte er eine angenehme Wärme, die sich von seinem Magen aus in seinen Körper ausbreitete und er fühlte sich gleich etwas wacher und erholter. Also schien diese kräftigende Wirkung, die Astral erwähnt hatte, auch auf Menschen zuzutreffen. Astral erklärte ihm auch die anderen Lebensmittel auf dem Tablett und dem Duellanten fiel auf, dass die Früchte in dieser Welt zwar sehr seltsam aussahen – die meisten leuchteten, auch wenn Kaito nicht wusste, ob das an der Umgebung lag, in der sie sich gerade befanden – schmeckten aber fast genauso wie in seiner eigenen Welt. Eine der Früchte hatte es ihm besonders angetan. Sie war hellblau, etwa so groß wie die Faust eines Kindes und hatte die Form eines Apfels, schmeckte allerdings eher nach einer Erdbeere. Nach dem Essen legten sich die beiden ein wenig hin und obwohl keiner von beiden wirklich glaubte, einschlafen zu können, hatte Kaitos Kopf kaum das Kissen berührt, als er schon ins Traumland verschwunden war. Selbst die Härte des Astbettes schien ihn absolut nicht zu stören und er schlief tief und traumlos. Als er nach gefühlten Minuten die blau-grauen Augen wieder öffnete, war es ein wenig dunkler in ihrem Häuschen geworden, doch aufgrund des allseits präsenten Leuchtens konnte man noch immer gut sehen. Er warf einen Blick auf das zweite Bett, in dem Astral noch immer schlief. Der andere hatte sich in Kaitos Mantel eingerollt und seine Stupsnase im Kissen vergraben. Ein schmales Lächeln schlich sich auf Kaitos Züge und er erhob sich in eine sitzende Position, während er sich mit einer Hand abstützte und mit der anderen die Augen rieb. Er fühlte sich besser, auch wenn er noch immer das Gefühl hatte, drei Tage durchschlafen zu können. In diesem Moment hörte er von der Tür ein leises Geräusch und als er seine Aufmerksamkeit dorthin lenkte, entdeckte er das kleine Mädchen, das bei ihrer Ankunft nach seiner Hand gegriffen hatte. Sie stand außerhalb des Häuschens auf dem Rundweg, der zu den Hängebrücken führte und schmulte durch die Türöffnung hinein. Als sie nun bemerkte, dass er sie entdeckt hatte, schob sie sich ein wenig weiter hinter die Wand, lugte aber immer noch mit einem halben Auge in den Raum. Kaitos Lächeln vertiefte sich und er winkte in ihre Richtung, um ihr zu bedeuten, dass sie ruhig reinkommen konnte. Noch ein wenig zögerlich kam die Kleine hinter der Wand hervor und betrat das Häuschen. Dort stand sie dann wie angewurzelt und war offensichtlich zu schüchtern, um sich Kaito weiter zu nähern. Sie knetete den Saum ihres etwa knielangen Rüschenkleidchens und kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum, während sie den Menschen durch ihre weißen Ponysträhnen hindurch anschaute. Kaito betrachtete sie einen Moment stumm und abgesehen von der milchigblauen Haut des Mädchens und den für menschliche Maßstäbe zu großen, pupillenlosen Augen wirkte sie eigentlich, wie jedes andere kleine Mädchen, das sich nicht traute, sich jemandem zu nähern. Der Duellant hob seine linke Hand in ihre Richtung.

„Du musst keine Angst haben“, sagte er leise, um Astrals Schlaf nicht zu stören. „Wie heißt du?“

Zögerlich kam die Kleine noch ein Stückchen näher und hob ihre kleine Hand in seine Richtung, bis sie fast seine ausgestreckten Finger berühren konnte. Doch dann zögerte sie erst und blickte in Kaitos lächelndes Gesicht, bevor sie ihren Mut zusammen nahm und vorsichtig Kaitos Fingerspitzen berührte. Sie spürte dessen Körperwärme und ihre Wangen bekamen einen leichten Blauschimmer, während sich ihre Mundwinkel nach oben verzogen. Sie kam noch einen weiteren Schritt näher und nahm Kaitos Hand nun in ihre. Fasziniert schaute sie auf ihre Finger hinunter, strich über Kaitos Handfläche und umfasste seinen Zeigefinger mit ihren schmalen Fingern. Seine Hand war natürlich um einiges größer als ihre, da er älter und größer war. Obwohl er auf dem Bett saß und sie vor ihm stand, waren sie beide ungefähr gleich groß, so dass sie sich ohne Probleme in die Augen blicken konnten. Kaito beobachtete das Mädchen stumm, wie sie seine Hand mit ihren kleinen bearbeitete. Er wusste nicht, wieso, doch die Kleine erinnerte ihn an Haruto. Sie hatten eigentlich nichts gemeinsam, weder das Geschlecht, noch das Aussehen, höchstens vom Alter her könnte es leidlich passen, doch ihre Art erinnerte den Menschen doch stark an seinen kleinen Bruder. Vorsichtig, fast tastend untersuchte sie seine Hand, fast so, als hätte sie Angst, ihm einen Finger abzubrechen, wenn sie zu sehr drückte oder zog.

In diesem Moment ging wie von Zauberhand eine kleine Lampe an, die Kaito erst jetzt bemerkte. Er warf einen Blick darauf und entdeckte sie direkt unter der Decke am Baumstamm hängen. Sie mutete wie eine Blüte an und das sanfte, hellblaue Licht fiel lautlos auf Astrals schlafende Form, das kleine Mädchen und Kaito selbst. Der Duellant warf einen kurzen Blick auf den anderen und erkannte beruhigt, dass das Angehen der Lampe ihn nicht geweckt hatte. Das Mädchen hatte sich nur kurz erschreckt, bevor es zu seiner Untersuchung zurückkehrte.

Als Astral am nächsten Morgen die Augen aufschlug, herrschte im Häuschen absolute Stille. Vor Augen hatte er die Holzwand und einen Moment blieb er einfach liegen und starrte die Maserung der Wandverkleidung stumm an, bevor er sich umdrehte, um einen Blick zu Kaito zu werfen. Er fand ein leeres Bett vor und für eine Sekunde weiteten sich seine Augen in Panik. Doch fast sofort rief er sich ins Gedächtnis, wo sie sich befanden. Kaito war hier nicht in Gefahr. Oder?

Er erhob sich und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Von draußen hörte er Geräusche und als er das Häuschen verließ und auf den Rundgang heraustrat, sah er auch, woher diese stammten. Unten zwischen den Bäumen spielten einige der Kinder mit…einem Kuriphoton?

Das kleine Monster flog mit leisen „Kuri kuri“-Geräuschen zwischen den lachenden und springenden Kindern herum und keines von ihnen schaffte es, den kleinen Lichtmops zu fangen. Doch manchmal ließ es sich absichtlich erwischen und einen Moment durchknuddeln, bevor es wieder außer Reichweite verschwand und die Spielenden es erneut zu fangen versuchten. Sie lachten und quiekten und hatten sichtlich Spaß. Es war ein wunderbarer Anblick in einer Zeit des Krieges. Und so wie es aussah, war Astral nicht der einzige, der das so empfand. Einige Erwachsene hatten sich in ähnliche Positionen begeben wie er, beobachteten die Kinder beim Spielen und genossen das Schauspiel still. Er entdeckte sogar Astrum in einiger Entfernung und der andere beobachtete sie ebenfalls, allerdings zeigte sein Gesichtsausdruck keine Freude. Er schien nachdenklich und verwirrt. In diesem Augenblick wurde Astral allerdings von einem lauten „KURIIII!“ abgelenkt, als das Kuriphoton eine Attacke auf jemanden startete, den Astral nicht sehen konnte. Er beugte sich über das Geländer, sah allerdings noch immer nichts. Also überwand er es schwebend und nun endlich konnte er sehen, wen das kleine Monster angefallen hatte. Niemand anderen als Kaito selbst, der an einen Baum gelehnt dastand und sich eine Kuschelattacke seines eigenen Monsters gefallen lassen musste. Es schmiegte sich an seine Wange und er kniff sein Auge gezwungenermaßen leicht zusammen, doch so herzlos, sein Monster wegzuschieben, war er auch wieder nicht. Schließlich waren es die Kinder, die den Duellanten retteten, denn sie forderten Aufmerksamkeit, so dass das Monster sich wieder ihnen zuwandte und seinen Meister in Ruhe ließ. Astral schwebte zu Kaito hinunter und gesellte sich zu ihm.

Zusammen beobachteten sie die Kinder, die inzwischen lachend vor Kuriphoton flohen, weil es zum Angriff übergegangen war und jeden anflauschte, den es erwischte. Eins der Kinder, Astral sah, dass es sich um ein kleines Mädchen handelte, brach aus der spielenden Meute aus und kam mit vor Anstrengung und Fröhlichkeit blauen Wangen auf sie zu und zu Astrals Überraschung hüpfte es direkt in Kaitos Arme. So stand sie vor dem Duellanten und schmiegte ihre Wange an dessen linke Hand. Ihr gesamtes Gesicht strahlte und ihr Mund war zu einem Lächeln verzogen, das sogar der Sonne der Menschenwelt Konkurrenz machte. Offenbar hatte der Blonde einen neuen Fan gewonnen. Ob dieses Gedankens musste das Astralwesen leicht schmunzeln. Als hätte der andere nicht in seiner eigenen Welt schon genug Groupies. Doch im Gegensatz zu diesen schien das Mädchen Kaito nicht zu nerven, denn er ließ sich ihre Annäherung nicht nur gefallen, sondern hatte seine andere Hand sogar auf ihren weißen Schopf gelegt. Kuriphoton kam zu ihnen hinüber geschwebt und stupste die Kleine sanft an. Astral übersetzte sich das gedanklich mit „Spiel mit, spiel mit!“ und Kaito tat offenbar dasselbe.

„Na los, Tara. Du wirst offensichtlich erwartet.“

Und er hatte recht. Während Kuriphoton sie noch immer stupste, winkten die anderen Kinder zu ihnen hinüber und riefen, dass sie doch wieder zu ihnen kommen und mitspielen solle. Also nickte die Kleine, die scheinbar auf den Namen Tara hörte, und zusammen mit dem kleinen Monster lief sie zurück zu den anderen.

Ein paar Minuten beobachteten die beiden Duellanten noch das lustige Treiben, bevor Astral schließlich das Wort ergriff.

„Das war eine wunderbare Idee, Kaito.“

Im Hintergrund lachten die Kinder und man hörte erneut fiepsige „Kuriiiiii“-Geräusche, während Kaito den Blick zu Astral wandte.

„Sie haben es verdient. Meinst du nicht?“

„Doch.“

Danach herrschte erneut Stille, doch keiner der beiden empfand sie als unangenehm. Es verging einige Zeit, bis dieses Mal Kaito derjenige war, der die Stille brach.

„Sag mal… Wieso siehst du so anders aus als sie?“

Astral blickte Kaito an, dessen Augen noch immer auf den spielenden Kindern ruhten. Er folgte ihnen und schwieg noch einen Moment, bevor er dem anderen antwortete.

„Weil ich ein Wächter bin.“

„Ein Wächter?“

Astral nickte. „Wächter sind…nun ja, wir sind das, was der Name andeutet. Wir wachen über die Astralwelt und ihre Bewohner. Um das zu bewerkstelligen, werden wir bei unserer Erschaffung mit besonderen Gaben und Kräften ausgestattet, die andere Astralwesen nicht haben.“

Kaito nickte.

„Also ist Najm auch ein Wächter?“

„Ja, genau wie Astrum. Unser Äußeres unterscheidet sich von dem anderer Astralwesen, damit man uns erkennt. Astrum ist wahrscheinlich derjenige hier, der die Befehlsgewalt inne hat. Als Wächter hat er die meiste Erfahrung mit dem, was sie hier erwartet.“

Auch, wenn das nicht besonders viel hieß, wie Kaito ja inzwischen wusste. Najm hatte es angedeutet. Die Astralwesen hatten kaum Erfahrung damit, was es bedeutete, angegriffen zu werden. All die Gefahren, die sie hatten aushalten müssen, waren nie in ihrer eigenen Welt aufgetreten und immer hatten andere diese Gefahren für sie beseitigt, ohne dass es so weit gekommen wäre, dass die Astralwelt direkt betroffen war. Die Dunkelheit war die erste sichtbare Bedrohung für die Astralen und ihre Welt. Als hätte Astrum gehört, dass sie über ihn sprachen, kam er genau jetzt auf sie zu geschwebt. Er umschwebte die spielenden Kinder und kam direkt auf sie zu. Sein Gesichtsausdruck zeigte Sorge, Angst aber auch Entschlossenheit. Kaum war er bei ihnen angekommen, als er auch schon das Wort ergriff.

„Wir müssen reden.“

Er griff sowohl nach Kaitos als auch nach Astrals Handgelenk und führte sie von den Kindern und anderen neugierigen Ohren fort. Mehrfach blickte er sich verschwörerisch um, so als wolle er wirklich ganz sicher gehen, dass niemand ihnen folgte. Was war mit ihm los? Kaitos Bedenken dem Gelben gegenüber wuchsen wieder. In den letzten Stunden hatten sie ein wenig nachgelassen, doch das Verhalten des Wächters kam ihm seltsam vor.

„Was ist denn los?“, fragte Astral den anderen.

„Ihr müsst von hier verschwinden. Sofort.“

Kaito und Astral stutzten. Wieso das? Astrum blickte sich erneut um und Kaito spürte dessen Sorge und Angst deutlich. Es war fast, als wabere sie um den Wächter herum wie sein goldgelber Schein um ihn herum waberte.

Astral wollte den Mund öffnen und seine Frage wiederholen, doch Astrum schnitt ihm das Wort ab.

„Keine Zeit für Erklärungen, ihr müsst…“

Doch er konnte seinen Satz nicht beenden, denn plötzlich zerrissen laute und furchtbare Schreie vermischt mit panischen „Kuri kuri“-Rufen die Stille. Ohne groß nachzudenken, rannte Kaito los, Astral dicht hinter ihm, während Astrum ihnen mit angsterfüllter Stimme hinterher rief. Nach wenigen Metern schon erreichten Kaito und Astral den Platz, an dem die Kinder noch vor wenigen Minuten so fröhlich gespielt hatten, doch von dieser Fröhlichkeit und der Positivität war nichts mehr übriggeblieben. Schwarze Kugeln flogen über den Köpfen der panischen Astralwesen herum und Kuriphoton versuchte verzweifelt, die Kinder vor ihnen zu beschützen, die sich auf dem Boden zusammengekauert hatten und vor Angst zitterten. Das kleine Monster flog über ihren Köpfen und jede der schwarzen Kugeln bekam einen Tackle oder einen Energiestrahl ab, sobald sie in die Richtung des weinenden Nachwuchses zuckte. Zwischen den Bäumen erschienen nun auch die ersten Hüllen und ihre kreischenden Schreie ließen Kaitos Nackenhaare sich aufstellen. Nur Sekunden brauchte der Duellant, um die Situation zu erfassen. Er stürzte vor, hob seine Duel Disk und zog eine Karte aus seinem Deck.

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Das wars. :D

Das war im Übrigen das letzte fertige Kapitel. Deshalb kann ich euch nicht versprechen, dass das 13. Kapitel bis nächsten Samstag fertig wird. Ich werde es aber versuchen. Allerdings machen unsere Helden mir gerade ein paar Probleme. Drückt mir die Daumen. :)

Ich freue mich wie immer über Kommentare, konstruktive Kritik und Favoriteneinträge.
 

Grüße und Kekse,

euer Ita

Yuma ist anders

Hallo, meine Lieben. :D
 

Hierb in ich mit dem neuen Kapitel. :3

Vielen Dank wie immer an AlienBlood23 für das liebe Kommi. :3 Ansonsten gibt es eigentlich nciht viel zu sagen, weshalb ich allen viel Spaß wünsche und wieder verschwinde. *wieselt davon*
 

Kapitel 13

Beobachtung 01: Yuma ist anders.
 

„ASTRAAAAAAAAAAAAAAAAAAAL!“

Yumas Schrei verhallte ungehört im tosenden Wind, den das Schwarze Loch erzeugte und kaum hatte der Schwarzhaarige die Hand seines Partners verloren, war er schon nicht mehr in der Lage, ihn und Kaito überhaupt zu sehen. Der Wind, der Sand und die Rotation raubten ihm sofort jede Orientierung und alles, was er tun konnte, war Najm festzuhalten. Sollte er den Violetten auch noch verlieren… Diesen Gedanken wollte er nicht zu Ende denken… Er spürte, wie der andere auch seine zweite Hand um sein Handgelenk schloss, wahrscheinlich hatte er ähnliche Gedanken wie Yuma selbst. Ohne Orientierung und mit panischer Angst wirbelten Yuma und Najm auf das todbringende Loch am Himmel zu und auch, wenn der ganze Prozess wahrscheinlich nur Sekunden oder vielleicht ein paar Minuten dauerte, kam es dem Schwarzhaarigen vor wie eine Ewigkeit, bis der Wind schließlich langsam nachließ. Zu ihrem Glück, bevor sie das Loch erreicht hatten, das sich schwarz und bedrohlich am Himmel abzeichnete. Inzwischen wurde es kleiner und kleiner, bis es schließlich verschwunden war und die beiden Duellanten schwebten scheinbar einen Moment in der Luft, bevor sie fielen. Yuma geriet in Panik und wedelte mit den Armen, während Najm versuchte, ihn zu beruhigen.

„Yuma! Hör auf damit!“, rief er in dem Moment, als er Yumas Duel Disk beinahe ins Gesicht bekommen hätte und zog an dessen Hand. Zum Glück bekam er die Aufmerksamkeit des Teenagers, und als der Mensch in die eisblauen Augen des Astralen blickte, beruhigte er sich. So viel Panik, wie Yuma in diesem Moment auch spürte, in den blauen Augen seines Gegenübers war davon nichts zu sehen. Der Violette schien absolut angstfrei zu sein und als Yuma nicht mehr so rumzappelte, merkte er auch, weshalb. Najm packte ihn fester und verlangsamte ihren Fall mit seiner Fähigkeit zu schweben. Natürlich! Das hatte er ja vollkommen vergessen! Najm und Astral konnten schweben! Sofort flaute seine Todesangst ab, auch wenn er noch etwas steif in Najms Griff hing. Erst, als seine Füße schließlich den Boden berührten, atmete er erleichtert aus und ohne wirklich zu bemerken, wie der andere seine Hand losließ und auf den Boden sank, ließ er sich auf den schwarzen, trockenen Sand fallen. Neben ihm saß Najm und atmete schwer. Yuma war bei weitem nicht so leicht, wie es den Anschein machte bei seiner doch recht zierlichen Figur und außerdem war es in ihrer eigenen Welt einfach viel schwerer, zu schweben als in der Menschenwelt. In den nächsten Stunden würde er wohl laufen müssen. Zum Schweben fehlte ihm die Kraft. Ein paar Minuten blieben sie sitzen, bevor Yuma wie von einer Hülle in den Hintern gebissen aufsprang.

„Komm schon, Najm, wir müssen Astral und Kaito suchen gehen!“

Allerdings gaben die Beine des Teenagers sofort wieder nach und er plumpste zurück in den verkohlten Sand.

„Vielleicht ruhen wir uns vorher noch einen Moment aus…“, meinte er dann und ließ den Kopf hängen. Er machte sich Sorgen um Astral. Und um Kaito auch. Denn auch, wenn dieser augenscheinlich wieder gesund war, gab es immer noch genug, das schief gehen konnte. Miko hatte ihn extra darauf hingewiesen, dass die Herzattacke durchaus auch Spätfolgen haben konnte, wenn Kaito sich nicht ordentlich schonte. Sie hatte ihn schwören lassen, dass er wenigstens dafür sorgte, dass der Blonde sich eine Woche ausruhte. Das hatte er zwar getan, doch Yuma war sich nicht sicher, ob er nicht eventuell trotzdem noch einen Rückfall bekommen konnte. Vor allem in einer Situation wie ihrer. Wieder einmal war die Welt in Gefahr – eigentlich sogar zwei Welten, wenn man‘s genau nahm – und außer ihnen und ihren Freunden wusste niemand wirklich davon. Wenn die Menschen wüssten, was ohne ihr Wissen so alles geschah, würden wohl einige mit den Ohren schlackern. Und andere würden panisch schreiend im Kreis rennen. Sie waren in eine andere Welt gereist und wollten sich einem Wesen entgegenstellen, von dem sie nicht einmal genau wussten, was es war. Und das nur bewaffnet mit…Spielkarten. Es war schon erstaunlich, wenn man es genau bedachte. In ihrer eigenen Welt war Duel Monsters nur ein Kartenspiel. Ein sehr beliebtes zwar, eines, das einem sehr viel Prestige bringen konnte und das man sogar beruflich spielen und Profi werden konnte, doch trotz allem war es nur ein Spiel. Die Monster auf den Karten waren nicht echt, selbst wenn sie per virtueller Realität quasi zum Leben erweckt werden konnten. Letztendlich war das alles nur eine 3D-Projektion und sonst nichts. Doch in Astrals und Najms Heimatwelt waren diese Monster real. Sie konnten selbst bluten und sterben, genau wie Kaito, er selbst und… Er warf einen Blick auf seinen astralen Kameraden, der noch immer schwer atmend neben ihm saß. Ja, auch Astral konnte hier sterben. Sie waren in der Astralwelt, der Heimatwelt von Astral und Najm und hier war eigentlich alles anders.

In diesem Moment musste er aus einem ihm unerfindlichen Grund an Ena denken. An seine Begegnung mit ihr und den anderen Astralen. Der Schwarzhaarige unterdrückte ein Seufzen. Hoffentlich ging es ihr und Eliphas gut. Wenn sie Astral und Kaito gefunden hatten, würde er versuchen, das herauszufinden. Vielleicht konnten Ena und Eliphas ihnen ja sogar helfen. Ein paar Minuten später schließlich erhob sich Najm, wenn auch noch etwas wackelig und Yuma tat es ihm gleich. Der Violette sah sich um, als wolle er sich orientieren und warf auch einen Blick zum Himmel. Yuma tat es ihm gleich, erkannte allerdings außer der Tatsache, dass die blutrote Farbe ihm absolut nicht behagte, nichts.

Dann kniete Najm sich noch einmal auf den Boden, griff mit den zierlichen Fingern in die verkohlte Erde und ließ die Sandkörner auf den Boden rieseln. Auch wenn dem Teenager die Frage auf der Zunge lag, was der andere dort eigentlich machte, verkniff er sie sich einfach. Immerhin waren sie hier in Najms Heimatwelt, also würde der andere schon wissen, was er tat. Schließlich erhob sich der Astrale wieder und schlug mit langsamen Schritten eine Richtung ein. Vorbei an durch die Wucht des Schwarzen Loches herausgerissenen Bäumen und aufgetürmten Sandhügeln liefen die beiden auf den unendlich weit weg erscheinenden Horizont zu.

„Wo laufen wir denn hin, Najm? Wir müssen Astral und Kaito suchen!“

Yuma war ungeduldig und es gefiel ihm nicht, dass der andere offenbar keinerlei Anstalten machte, seine Freunde zu finden. Waren sie ihm wirklich so egal, dass es ihn nicht im Geringsten kümmerte, was aus ihnen wurde? Immerhin war er es doch gewesen, der Kaito unbedingt hatte herbringen müssen…und jetzt ließ er ihn einfach so im Stich?

„Das weiß ich, Yuma. Aber es gibt auch noch andere wichtige Dinge, die wir tun müssen. Wenn wir uns ausgeruht haben, wenn wir etwas gegessen und getrunken haben, dann werden wir Kaito und Astral suchen gehen. Oder willst du in deinem Zustand auf eine Horde Hüllen treffen, während du deine Freunde suchst, ohne zu wissen, in welcher Richtung?“

Najm warf ihm einen kurzen Blick zu und sah, dass Yuma den Mund geöffnet hatte, als wolle er protestieren, allerdings überlegte der Duellant es sich anders und hielt lieber seinen Mund. Der Astrale hatte recht. Er hatte einen Bärenhunger, seine Kehle war so trocken wie die Erde, auf der sie entlangliefen und seine Beine zitterten vor Erschöpfung. Und dass das Astralwesen vor ihm lief und nicht schwebte, sagte wohl alles in Bezug auf dessen Kraftreserven. Sie liefen noch einige Zeit weiter, ohne dass sich etwas an ihrer Situation änderte, bis sie schließlich von einem Gewitter überrascht wurden. Blitze zuckten am mit schwarzen Wolken verhangenen Himmel und kalter, durch frostigen Wind angepeitschter Regen trommelte auf sie nieder. Weit und breit war kein Unterschlupf in Sicht, so dass Najm und Yuma versuchten, sich gegenseitig ein wenig Schutz zu geben. Nebeneinander und die Köpfe zusammengesteckt, stemmten sie sich gegen den Wind und mit zusammengekniffenen Augen und vor Kälte und Anstrengung zitternden Gliedern machten sie Schritt um Schritt vorwärts. Yuma wusste nicht, ob er es sich nur einbildete oder ob es der Erschöpfung geschuldet war, doch er hatte den Eindruck, dass die Wassertropfen, die auf ihn herabfielen, schwerer waren als in seiner eigenen Welt. Sie schmerzten ihn förmlich, wenn sie auf seinen Körper trafen. Als wären sie aus einem schwereren Material als Wasser gemacht. Wie kleine Hagelkörner zwickten sie ihn auf der Haut und piekten in seinen Augen. Zusammen mit Najm bahnte er sich einen Weg durch den Sturm, während der Regen ihnen die Sicht nahm und den letzten Rest Körperwärme aus ihren Körpern stahl. Der Schwarzhaarige hoffte nur, dass sein Kamerad noch wusste, wo sie hingingen, denn er hätte sich inzwischen wohl schon so sehr verlaufen, dass sie auch im Kreis hätten gehen können und Yuma hätte es nicht bemerkt. Najm allerdings machte den Eindruck, genau zu wissen, in welche Richtung sie sich fortbewegten, so dass der Duellant beschloss, dem anderen einfach zu vertrauen. Eine andere Wahl hatte er sowieso nicht, wie ihm bald dämmerte. Er kannte sich in der Astralwelt nicht aus, wusste nicht, wo sie sich befanden und in welcher Richtung es andere Lebewesen geben könnte und selbst was Nahrung betraf, war er auf Najm und Astral angewiesen. Nicht, dass er sich noch selbst vergiftete, weil er nicht wusste, dass man das und das nicht essen durfte…

Je länger sie durch den Sturm liefen, desto kälter wurde dem jungen Duellanten. Und irgendwann konnte auch Najm ihn nicht mehr wärmen, da dieser scheinbar seine Körpertemperatur anders regelte als ein Mensch. Zumindest fiel Yuma auf, dass der schlanke Körper seines Kameraden ebenfalls kälter wurde. Ihm war ja schon früher aufgefallen, dass Astralwesen scheinbar keine Körperwärme im menschlichen Sinne besaßen, als er Astral das erste Mal berührt hatte. Doch ihm war nie in den Sinn gekommen, seinen Freund danach zu fragen. Und so, wie es jetzt aussah, passten deren Körper sich einfach der Außentemperatur an. Gut für Najm, schlecht für ihn. In diesem Moment fuhr in ihrer unmittelbaren Umgebung ein Blitz nieder und setzte einen toten Baum in Brand. Zu Tode erschrocken, sprangen Najm und Yuma davon und der Teenager verlor dabei im glitschigen Sand den Halt und sein Hintern machte Bekanntschaft mit dem Boden. Mit weit aufgerissenen Augen starrten die beiden den nun in Flammen stehenden Baum an und das Licht des Feuers flackerte auf ihren nassen Gesichtern. Nach nur wenigen Minuten allerdings hatte der noch immer strömende Regen das Feuer gelöscht und abgesehen von einem bereits verfliegenden Geruch nach verbranntem Holz und dem zerstörten, leicht rauchenden Baum blieb von diesem Schauspiel nichts übrig.

„Komm, Yuma… Wir müssen weiter…“, hörte der Duellant die erschöpfte Stimme Najms und der Schwarzhaarige erhob sich wieder. Seine Beine vergalten ihm das mit dumpfem Schmerz und Yuma wusste, dass er bald eine Pause brauchte.

„Ich kann nicht mehr…“, erwiderte er leise und stolperte in Najms Richtung.

„Ich weiß…aber wir können nicht hier bleiben…“

In diesem Moment zerschnitt der schrille, markerschütternde Schrei einer Hülle das Geräusch des prasselnden Regens und beide Duellanten froren buchstäblich fest. Dem ersten Schrei antwortete ein zweiter und Najm schaffte es schließlich, diesem eine Richtung zuzuordnen. Sein Blick glitt über die Landschaft und er erkannte weiter hinten mehrere Gestalten, die sich scharf vom grauen Hintergrund der Regenwolken abhoben. Langsam, so als wolle er möglichst ohne Laut und ohne Bewegung seine Position wechseln, griff er nach Yumas Arm.

„Dort…“, flüsterte er so leise, dass er es selbst über das Prasseln des Regens kaum hören konnte, doch Yuma hatte ihn offenbar verstanden, denn er folgte dem Wink des Astralwesens mit dem Kopf und sah sie. Zu den beiden Hüllen hatten sich inzwischen noch weitere gesellt. Allerdings schienen sie Najm und Yuma noch nicht gesehen zu haben, denn sie machten keinerlei Anstalten, sie zu anzugreifen oder einzukreisen. Yuma hatte sofort die furchtbarsten Gedankengänge, wieso das so sein könnte, doch sein Begleiter holte ihn schnell aus diesen Überlegungen heraus. Zum Glück. Wer weiß, auf was für kranke Ideen Yuma sonst noch gekommen wäre.

„Komm mit… Aber leise…“

Sie setzten sich in Bewegung und setzten langsam, vorsichtig und präzise einen Schritt vor den anderen, damit sie auch ja nicht auf etwas Verräterisches traten. Wie in Zeitlupe bewegten sich die beiden Duellanten vorwärts und Najm beobachtete die Hüllen ganz genau, die eine Art Lagebesprechung abzuhalten schienen. Er konnte das leise Zischen und Kreischen hören, das sie von sich gaben und es kam ihm sogar so vor, als würden sie streiten. Eine der Hüllen zumindest war offenbar wütend. Also hatten sie doch noch so etwas wie ein Bewusstsein? Konnte man sie dann vielleicht tatsächlich retten? Ihnen ihre Persönlichkeit zurückgeben? Der Astrale hatte viele Freunde und Kameraden an die Dunkelheit verloren und bisher war er sich fast sicher gewesen, dass er sie nie wiedersehen würde. Selbst, als er in der Menschenwelt war und Kaito gefunden hatte, als er ihnen gesagt hatte, dass die Möglichkeit bestand, dass die infizierten Menschen gerettet werden konnten… Wirklich daran geglaubt hatte er nicht. Doch jetzt, wo er diese Hüllen diskutieren sah, wo er sah, dass diese fast bis zur Unkenntlichkeit verschandelten Astralwesen so etwas wie eine Persönlichkeit besaßen… Vielleicht konnte man sie doch noch retten.

Hoffnung keimte in Najm auf und er war sich jetzt sicherer denn je, dass sie kämpfen mussten. Doch um das zu tun, musste er Kaito finden.

Nicht weit von ihnen entfernt konnte Najm einen kleinen Hügel ausmachen, hinter dem sie sich würden verstecken können. Wenn sie ihn ungesehen erreichten. Mit langsamen und vorsichtigen Schritten näherten sich die beiden dem potentiellen Versteck und die Diskussion der Hüllen, die noch immer nur wenige hundert Meter von ihnen entfernt waren, nahm noch einmal an Fahrt auf. Schließlich erreichten die beiden Duellanten den schwarzsandigen Hügel und erleichtert ließen sie sich in dessen Schatten nieder. Natürlich waren sie nicht außer Gefahr, doch jetzt saßen sie wenigstens nicht mehr so auf dem Präsentierteller. An den schwarzen Sand gepresst saßen Yuma und Najm auf dem Boden und lauschten. Wasser rann ihnen über die Gesichter und Das nasse Haar klebte an ihren Wangen. Jetzt, wo Yuma nicht mehr in direkter Gefahr war, entdeckt zu werden, bemerkte er auch wieder, wie kalt ihm war. Seine Klamotten waren durchnässt, sie klebten unangenehm und reibend an seiner Haut und seine Beine und Füße schrien nach einer Pause. Bei einem Seitenblick auf Najm sah der Teenager, dass es diesem offenbar ziemlich ähnlich ging, abgesehen von nassen Klamotten. Besonders viele Gedanken konnte er sich allerdings nicht mehr machen, denn die Diskussion der Hüllen brach plötzlich ab und ein surrendes Geräusch, das Yuma irgendwo schon einmal gehört hatte, drang an seine Ohren. Im ersten Moment fiel ihm allerdings nicht ein, woher er es kennen konnte. Bis ihm die Begebenheit in Heartland wieder einfiel. Die panisch schreienden und um ihr Leben rennenden Menschen, schwarze Kugeln, die über ihren Köpfen herumsurrten und sie attackierten, Kaito, der eine Karte auf seine Duel Disk knallte…

Späher.

Er warf Najm einen panischen Blick zu und auch dieser hatte das Geräusch offensichtlich erkannt. Wahrscheinlich sogar noch früher als er selbst. Er legte einen seiner schlanken Finger auf die Lippen und bedeutete Yuma so, möglichst still zu sein. Das Surren der Späher wurde lauter, bis es direkt über ihnen zu sein schien und Yuma und Najm pressten sich so nah es ging in den nassen Sand des Hügels. Yumas Herz hämmerte in seiner Brust und das Blut rauschte so laut in seinen Ohren, dass er den Regen kaum noch hören konnte. Er war sich sicher, all diese Geräusche würden sie mit Sicherheit verraten, doch es geschah nichts. Der Späher, der über ihnen seine Kreise zog, entdeckte sie nicht und verschwand kurz darauf wieder in die Richtung, aus der er gekommen war. Als das surrende Geräusch wieder leiser wurde, entließ Yuma erleichtert die Luft aus seinen Lungen und merkte erst in diesem Moment, dass er sie angehalten hatte. Gott, das war knapp gewesen. Er spürte noch immer die Angst durch seine Adern jagen. Eiskalt und bedrohlich. Was sollten sie tun?

Najm setzte sich in Bewegung und krabbelte zum oberen Rand des Hügels, um darüber hinweg zu spähen. Ausgestreckt lag er auf dem nassen Sand und nur seine eisblauen Augen und der vorwitzige Stiez auf seinem Kopf waren über den Rand hinaus zu sehen.

„Und?“, fragte Yuma möglichst leise. „Sind sie noch da?“

Der andere schwieg einen Moment, bevor er langsam wieder herunterkam.

„Ich hab sie nicht gesehen. Aber das muss nichts heißen.“

Sie bleiben noch ein paar Minuten sitzen und erst dann erhoben sie sich langsam. Yuma stöhnte, da sich seine überanstrengten Muskeln sofort wieder meldeten und er war sicher, sie waren schon bei der Streikplanung. Najm überprüfte noch einmal, ob die Hüllen und Späher tatsächlich verschwunden waren, doch er konnte nichts Verdächtiges entdecken. Er warf einen Blick zurück auf Yuma, der am Rand des Hügels stand wie ein begossener Pudel. In diesem Moment wirkte er nicht wie ein Teenager am Rande des Erwachsenwerdens, sondern eher wie ein verlassener Junge. Seine Schultern waren herabgesunken, seine Arme lagen wie leblos an seinen Seiten und er blickte mit großen, leuchtenden Augen zu Najm auf, der ob seiner Position ein wenig größer war als der Mensch. Und in diesen großen Augen entdeckte Najm, dass Yuma bei weitem nicht so fröhlich, so unbeschwert und so ungestüm war, wie er rüberkam. Gerade in diesem Augenblick wirkte Yuma so ängstlich und hilflos. Ganz anders als Kaito. Najm kannte sie beide noch nicht allzu gut, doch er konnte sehen, wie unterschiedlich diese beiden Duellanten waren. Beide trugen sie Masken, um ihre wahren Gedanken zu verstecken, doch die Gründe dafür waren so verschieden, wie diese beiden Menschen es waren. Kaitos Maske war aus dem Wunsch heraus geboren worden, seinen Bruder zu beschützen. Er hatte sich abschotten müssen vor dem Bösen, das er hatte tun müssen, um dieses Ziel zu erreichen. Doch Yuma trug seine Maske nicht, um sich selbst vor etwas abzuschotten. Seine Maske diente dazu, seine Freunde vor dem abzuschotten, was in ihm vorging. Er wollten nicht, dass sie sahen, wenn er traurig war oder wütend, wenn er nicht wusste, was er tun sollte oder wenn er kurz davor war, aufzugeben oder zusammenzubrechen. Er wollte fröhlich sein. Doch jetzt, hier im Regen, in einer Welt weit weg von seiner Heimat, war er nur das, was er eben war. Ein 15-jähriger Junge, der in seinem jungen Leben schon viel zu viel hatte durchmachen müssen. Und damit meinte Najm nicht nur das, woran Astral und er beteiligt waren.

Er lief die paar Schritte zu dem anderen hin und Yuma folgte ihm mit den Augen. Und nun, da das Astralwesen nicht mehr auf einem höheren Punkt stand, schrumpfte es mit jedem Schritt. Bei Yuma angekommen war es wieder die wenigen Zentimeter kleiner, die dem Violetten von Natur aus fehlten, um an Yuma und Astral heranzureichen, die beide in etwa gleichgroß waren, von Kaito gar nicht zu reden. Najm legte seine schmalen Arme um Yumas Nacken und war leicht überrascht, als der Mensch die Umarmung einfach erwiderte und seine Nase in Najms Halsbeuge vergrub. Die schmalen Hände des Astralen strichen über den Rücken des Schwarzhaarigen und er spürte, dass dieser leicht zitterte. Ob er versuchte, die Tränen krampfhaft zurückzuhalten oder ob ihm kalt war, konnte Najm allerdings nicht mit Bestimmtheit sagen. Wahrscheinlich von beidem etwas.

„Keine Angst, Yuma. Wir finden Astral. Denk daran, Kaito ist bei ihm. Er wird ihn beschützen.“

Yuma nickte an seinem Hals und Najm löste die Umarmung langsam auf, bis er dem anderen in die besorgten Augen sehen konnte.

Gerade, als er noch etwas sagen wollte, surrte allerdings ein Späher hinter dem Hügel hervor und verharrte einen Moment über ihnen, bevor er wieder verschwand. Gleich darauf hörten sie das unmissverständliche Gebrüll einer Hülle, gefolgt von weiteren.

Najm riskierte nur einen kurzen, panischen Blick, bevor er sich Yumas Handgelenk schnappte und losrannte. Der Mensch stolperte hinter ihm her und verlor mehrmals fast das Gleichgewicht, bevor er sich anpassen und dem Astralwesen folgen konnte.

„Najm, warte! Lass mich kämpfen! Es sind nur zwei!“

Angesprochener antwortete nicht, sondern erhöhte nur das Tempo, rannte mit Yuma im Schlepptau vorbei an Bäumen, Sträuchern und Büschen, an deren Ästen seltsame Früchte hingen. Der Mensch konnte sie allerdings keiner genaueren Untersuchung unterziehen, da Najm ihn noch immer hinter sich herzog. Ein Blick nach hinten verriet ihm allerdings, dass er Unrecht gehabt hatte. Hinter ihnen waren nicht nur zwei Hüllen. Es waren mindestens fünf, gefolgt und umkreist von mehreren Spähern. Verdammt!

Der Schwarzhaarige wandte den Blick wieder nach vorn und versuchte, mit Najm mitzuhalten. Dieser schien jetzt zu merken, dass Yuma seinen verrückten Plan, gegen die Hüllen zu kämpfen, aufgegeben hatte und ließ seinen Arm los. So konnten sie beide noch einmal an Tempo zulegen, auch wenn ein so langer Spurt wohl ihre letzten Kraftreserven aufbrauchen würde. Daran dachten beide gerade nicht, denn sie rannten um ihr Leben. Yumas Hals brannte fürchterlich, er hatte die schlimmsten Seitenstiche seines Lebens und seine Beine brannten, doch trotzdem rannte er weiter und immer weiter. Er wusste nicht, ob das überhaupt was brachte, doch was konnte er anderes tun? Najm schien der Meinung zu sein, dass er bei einem Kampf nicht gewinnen konnte und wenn er ehrlich war, er bezweifelte es auch. Immerhin musste er auf den anderen aufpassen und bei dieser großen Anzahl an Spähern konnte er leicht einen übersehen, der sich dann auf Najm stürzte.

Während Najm rannte, versuchte er, eine Möglichkeit zu finden, wie er die Hüllen wenn doch nicht vernichten, doch wenigstens verscheuchen konnte. Irgendwas musste es geben. Er wich einer Wurzel aus, übersah dabei allerdings eine andere und stolperte. Einen Moment fühlte es sich so an, als flöge er, bevor er hart auf dem nassen Boden aufkam und die Luft aus seinen Lungen gepresst wurde. Ein wenig benommen blieb er kurz liegen und Yuma rannte erst an ihm vorbei, bevor er bremsen und anhalten konnte.

„Najm, steh auf, schnell!“, rief er, doch der andere lag noch immer auf dem Boden und es schien, als gehorche ihm sein Körper nicht mehr. Er versuchte, sich aufzusetzen, doch seine Arme zitterten so stark, dass es wahrscheinlich war, dass er bald wieder zusammenbrechen wurde. Einen panischen Blick auf ihre Verfolger werfend, drehte Yuma um und kehrte zu Najm zurück. Er kniete sich zu dem Gefallenen auf den Boden. Sofort merkte er, dass sein Kamerad nicht mehr aufstehen konnte. Sein Knöchel war verdreht und das schmerzverzerrte Gesicht Najms sagte mehr als tausend Worte es vermocht hätten. Also gut.

Yuma stellte sich in Position und zog eine Karte aus seinem Deck. Sofort durchnässte der Regen die bunte Pappe, doch das kümmerte ihn gerade nicht, als er sie auf einen der Scanner legte. Sofort materialisierte sich ein patschnasses Gagaga-Mädchen, das demonstrativ nieste, bevor er sich den Angreifern in den Weg stellte. In dem Moment, als Yuma ihr befehlen wollte, anzugreifen, versagten ihm die Beine und er brach in die Knie. Gagaga-Mädchen drehte sich mit besorgtem Gesicht zu ihm um und es sah so aus, als wolle sie ihm aufhelfen, doch noch während sie die Hand nach ihm ausstreckte, dematerialisierte sie sich. Yuma riss panisch die Augen auf. Was war passiert? Die Hüllen waren noch zu weit weg, also konnte das nicht ihr Werk gewesen sein. Wieso hatte sich sein Monster dann aufgelöst? Er warf einen gehetzten Blick auf die Karte, die noch immer auf dem Scanner lag, doch jetzt tatsächlich nichts anderes war als ein Stück nasse Pappe.

War es der Regen? Hatte er einen Weg in die Disk gefunden und einen Kurzschluss in der Elektronik verursacht? Oder konnte die Disk die Karte nicht mehr lesen, weil sie nass geworden war?

Seine Überlegungen wurden von dem Kreischen einer Hülle unterbrochen und mit zitternden Beinen kam er wieder auf die Füße.

Hinter ihm hatte Najm etwas entdeckt und kroch in dem Versuch, es zu erreichen, ohne seinen kaputten Fuß zu belasten, darauf zu.

Der Mensch versuchte, die Hüllen vor seinem Kameraden abzuschirmen. Wenn er keine Karten benutzen konnte, was konnte er dann überhaupt tun? Mit der Disk auf die Hüllen einschlagen? Er bezweifelte, dass das was brachte. Versuchen, mit ihnen zu reden? Haha, guter Witz. Er kniff die Augen zusammen und versuchte es noch einmal mit seiner Disk. Doch auch Zubaba-Ritter löste sich fast sofort wieder auf. Die Hüllen kamen erschreckend schnell näher und gerade, als eine von ihnen bei Yuma angekommen war und mit einer ihrer krallenbewehrten Hände nach ihm greifen wollte, hörte der Duellant von hinten einen lauten Ruf, bevor ein Licht aufleuchtete, das so hell war, dass die Hüllen vor Schmerz laut schrien und sich abwandten.

„LUMEN!“

Yuma warf sich zu Boden und das Licht schien mit noch größerer Intensität auf die Hüllen und die Späher nieder, die sich wanden und offenbar vor Schmerzen kaum noch in der Lage waren, sich zu bewegen. Schließlich wandten sie sich geduckt von dem Licht ab und flohen. Gott sei Dank. Gerettet…

Yuma drehte sich zu Najm um, der noch immer das Ding in der Hand hielt, mit dem er die Hüllen vertrieben hatte. Die Intensität des Lichts ließ inzwischen immer weiter nach, bis der Mensch durch das Licht hindurch sehen konnte, was genau es war, das der Astrale in der Hand hielt. Es war eine dieser merkwürdigen Früchte, die Yuma schon während ihrer halsbrecherischen Flucht aufgefallen war und wie sich jetzt herausstellte, war es gar keine richtige Frucht. Es war eher so etwas wie ein kleiner runder Behälter. Es sah wie eine Kugel aus, die nach oben offen war und die Ränder der Öffnung waren ausgefranst und kleine Samenbeutel waren zu sehen. Eine blaue Flüssigkeit lief aus der Öffnung und als Yuma seinen Kameraden näher betrachtete, sah er dieselbe blaue Flüssigkeit auch an dessen Mundwinkel.

„Najm… Gott sei Dank. Ist alles in Ordnung? Was war das?“

Najm hielt die Samenkugel noch immer in der Hand, während seine andere auf seinem kaputten Knöchel ruhte. Er sah sehr mitgenommen aus und schien Yuma gar nicht wirklich gehört zu haben. Der Duellant hockte sich zu dem anderen und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Das bescherte ihm nun endlich die begehrte Aufmerksamkeit. Die blauen Augen wandten sich in seine Richtung.

„Alles ok?“

Najm nickte und legte die Samenkugel nun vor sich auf den nassen Boden. Yuma hob die Pflanze auf und studierte sie neugierig. Inzwischen war das Licht, das noch vor wenigen Augenblicken aus ihr herausgebrochen war und sie beide gerettet hatte, vollkommen verschwunden und auch die blaue Flüssigkeit war fast vollständig aufgebraucht.

„Was ist das? Wie hast du dieses Licht erzeugt?“

Der Astrale schwieg einen Moment, bevor er antwortete.

„Das ist eine Carduu-Kugel. Wenn man sie pflückt, dann kann man mit ihr ein helles Licht erzeugen.“

Fasziniert blickte Yuma auf das kleine unscheinbare Etwas in seiner Hand hinunter. Er hätte nie gedacht, dass etwas so kleines und Unscheinbares so mächtig sein konnte. Da bewahrheitete sich wieder der Spruch, dass man nichts auf Äußerlichkeiten geben sollte.

„Wir nutzen sie eigentlich als Lampen. Je nachdem, was man in sie hinein füllt, kann man auch schwächeres, aber dafür länger haltendes Licht erzeugen…“

Hinein füllt? Hieß das, man brauchte so etwas wie einen Katalysator, um sie zum Leuchten zu bringen? Sofort fiel Yuma die blaue Flüssigkeit wieder ein und wie vom Blitz getroffen erinnerte er sich an einen Moment während des Duells zwischen Kaito und Najm. Dort hatte er diese blaue Flüssigkeit schon einmal gesehen. Sie lief aus einem Schnitt auf Najms Wange. Sollte das…sollte das etwa…Blut sein? Hatte der Astrale sein eigenes Blut als Katalysator für diese Pflanze benutzt, damit sie leuchtete? Um seine Vermutung zu bestätigen, suchte der Mensch bei dem anderen sofort nach offenen Verletzungen und wurde fündig. An seinem Handgelenk war eine blutende Wunde zu sehen. Stark hob sich das blaue Blut von der violetten Haut des Astralwesens ab und tropfte lautlos in den Sand. Die Puzzlestücke zusammensetzend griff Yuma nach Najms Arm und kramte in seiner Tasche nach etwas, womit er die Wunde verbinden konnte. Er fand eines der Stofftaschentücher seiner Oma und wickelte es vorsichtig um die Verletzung.

„Los, komm. Wir müssen weiter. Ich helf dir…“

Er erhob sich und half dem anderen beim Aufstehen. Ein leises Wimmern verließ Najms Mund, als er den verletzten Fuß belasten musste. Mit Yumas Hilfe humpelte er los und sie kamen nur sehr langsam voran. Als hinter ihnen ein Geräusch ertönte, glaubte Yuma im ersten Moment, dass jetzt alles vorbei war. Wenn die Hüllen zurückgekommen waren… Doch als sie sich umdrehten, um ihrem Feind wenigstens in die Augen zu sehen, weiteten sich Yumas Augen und auf einem Gesicht erschien ein strahlendes Lächeln.

„Eliphas!“

Tatsächlich stand nicht nur Eliphas vor ihnen, sondern außer ihm noch einige andere Astralwesen. Sie alle sahen auf eine Art Najm und Astral ähnlich, sie unterschieden sich lediglich in ihrer Farbe inklusive Steinen und Zeichnung, Haar-, Augenfarbe und Frisur. Doch sie alle waren recht zierlich und wirkten genauso gläsern wie seine Freunde.

„Yuma… Was machst du denn schon wieder hier? Und…“ Eliphas‘ Blick wanderte zu Najm hinüber, der noch immer von dem Menschen gestützt versuchte, auf nur einem Bein zu stehen. „…was ist mit Najm geschehen?“

Der großgewachsene Krieger überbrückte den Abstand zwischen ihnen mit wenigen Schritten und nahm Yuma den Verletzten ab. Als wöge er nichts, hob er Najm auf seine Arme, der ob der Behandlung leise quiekte.

„Vorsicht…ich bin doch keine Puppe…“, grummelte er.

Eliphas ignorierte ihn und wandte sich stattdessen erneut an den Schwarzhaarigen.

„Was machst du hier? Hat Najm etwa dich ausgewählt?“

„Uhm… nein. Eigentlich nicht.“ Verlegen kratzte Yuma sich am Kopf. „Eigentlich wählte er einen meiner Freunde. Aber Astral und ich…“

„Astral ist auch hier? Wo?“

Yuma zuckte mit den Schultern.

„Keine Ahnung. Wir wurden getrennt.“

Eines der anderen Astralwesen kam auf Eliphas zugeschwebt und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Daraufhin nickte der Krieger und wandte sich wieder an Yuma.

„Das kannst du mir später erzählen. Jetzt sollten wir erst einmal verschwinden, bevor wir noch entdeckt werden.“

Eliphas drehte sich um und er und die anderen setzten sich in Bewegung. Yuma konnte Najms Stiez leicht auf und ab wippen sehen, der als einziges über die breite Schulter des Astralen Kriegers hinaus zu sehen war. Ansonsten sah man lediglich seine schlanken Beine und die nackten Füße an der Seite baumeln. Der Duellant beeilte sich, zu der Gruppe aufzuschließen und war dabei so erleichtert, dass sie jetzt erst einmal in Sicherheit waren.

„Zum Glück haben wir das Licht gesehen. Sonst hätten wir euch wahrscheinlich gar nicht gesehen“, meinte Eliphas gerade und Najm nickte schwach.

„Ich habe eine Carduu-Kugel benutzt, um einige Hüllen zu verscheuchen. Es hat erstaunlich gut funktioniert…“

„Moment mal!“, rief Yuma leicht aufgebracht. „Heißt das etwa, du wusstest nicht, ob das funktionieren würde?“

Sein Kamerad schüttelte nur den Kopf und das Herz des Teenagers setzte für einen Moment aus. Um Gottes willen…also war das nur reines Glück gewesen, das sie noch sie selbst und nicht von den Hüllen aufgefressen worden waren? Oh Mann… Er brauchte eine Pause…

Hoffentlich hatten Astral und Kaito weniger Probleme…

Und was war wohl mit Shark und den anderen?

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Das wars.

Ich hoffe, ich schaffe bis Samstag das nächste Kapitel. Drückt mir die Daumen. :D
 

Über Kommetnare, konstruktive Kritik und Favoriteneinträge freue ich mich natürlich wie immer.
 

Grüße und Kekse,

euer Ita :3

Hab schon Schlimmeres überlebt

Hallo, ihr Lieben. :3

Hier bin ich mit dem neuen Kapitel. Danke wie üblich an AlienBlood23 für das (einzige) Kommi.

Seid doch mal n bissl spendabler, mensch! *euch alle piekt* xD

Ich wünsch euch jedenfalls allen viel Spaß. ;D
 

Kapitel 14

Hab schon Schlimmeres überlebt.
 

Kaum war Najm durch das Portal getreten, da schloss es sich hinter ihm und Shark, Haruto und die anderen waren allein. Die Gasse, in der sie sich noch immer befanden, schluckte die Geräusche der Stadt, so dass es dort fast schon unheimlich ruhig war. Das einzige, was man hören konnte, waren die Atemgeräusche der Freunde.

Shark drehte sich zu den anderen um und blickte in erwartungsvolle Gesichter. Offenbar wollten sie, dass er die Führung übernahm, jetzt, wo Kaito und Yuma weg waren und ihnen sagte, was geschehen würde. Der Duellant unterdrückte ein Seufzen.

Er setzte sich in Bewegung und verließ die Stille der Gasse. Die anderen folgten ihm zurück in die City und der Lärm der Großstadt schlug förmlich auf sie ein, als sie in die Sonne hinaustraten. Und doch war es seltsam. Seltsam ruhig. Kein Yuma, der jammerte, dass er hungrig war. Kein Yuma, der sich unbedingt mit Shark duellieren wollte. Sie konnten sie spüren. Die Lücke. Das Loch, das Yuma hinterlassen hatte, als er in die Astralwelt gegangen war. Und dabei war das gerade erst ein paar Minuten her.

Sie suchten sich ein Café und besprachen die Situation. Besonders viel konnten sie nicht tun, außer die Nachrichten im Auge zu behalten und selbst Patrouillen zu laufen. Doch sie waren nicht genug Leute, um wirklich die ganze Stadt abdecken zu können. Allerdings wusste Ryoga bereits, wen er zur Unterstützung dazu holen konnte.

Er zückte seinen D-Gazer und kurz darauf hatte er eine Konferenzschaltung mit gleich fünf Personen. Nachdem er ihnen alles erklärt hatte, beendete er das Gespräch wieder und verteilte die Aufgaben. Kotori sollte die Nachrichten im Auge behalten und sie informieren, wenn etwas Verdächtiges beobachtet würde und die anderen würden in verschiedenen Teilen der Stadt nach Spähern Ausschau halten. Sobald einer von ihnen eine der schwarzen Kugeln sichtete, würde er die anderen informieren. Niemand sollte sich allein mit ihnen anlegen. Ryoga wollte sicher gehen, dass niemand infiziert wurde, nur weil er zu voreilig gehandelt hatte. Bei Hüllensichtungen hatten sie keine andere Wahl, als die Polizei einzuschalten. Sie konnten mit ihren Duellfähigkeiten nicht viel gegen Menschen ausrichten, ob nun normal oder verdorben. Und noch hatte Ryoga die Hoffnung, dass Kaito, Yuma und die Astralwesen erfolgreich sein würden und die infizierten Menschen geheilt werden konnten. Deshalb wollte er sie wenn möglich nicht verletzen, sondern nur außer Gefecht setzen.

Sie besprachen noch einige Einzelheiten, bevor sie sich trennten.

Der Tag verlief ereignislos. Niemand sah weitere Späher oder menschliche Hüllen, so dass Shark und die anderen hofften, dass Kaitos Vermutung, die Späher würden sich zurückziehen, wenn sie fort waren, sich bewahrheitet hatte.

Es dämmerte bereits, als Shark, Rio und Haruto zuhause ankamen und da keinem der Freunde etwas Verdächtiges in der Stadt aufgefallen war, machten sie sich keine Sorgen mehr wegen der Dunkelheit. Najm hatte sicher recht gehabt und die Menschenwelt war vorerst sicher. Die Dunkelheit wollte sich ihre Welt erst nach der Astralwelt vornehmen. Und da Kaito, Yuma und die anderen das verhindern würden, ging für sie und die anderen Menschen keine Gefahr aus. Sie verbrachten den Abend damit, Haruto von der Tatsache abzulenken, dass sein Bruder wahrscheinlich in Lebensgefahr schwebte. Es gelang ihnen nur mäßig, doch irgendwann schafften die Geschwister es wenigstens, ihn zum Schlafengehen zu überreden.

Nachdem der Junge schließlich schlief, beratschlagten Rio und Shark, was sie die nächste Zeit tun würden. Obwohl es am Tag keine weiteren Angriffe gegeben hatte, wollte Ryoga kein Risiko eingehen und wenigstens noch einige Tage weiter Ausschau halten. Er war sicher, die anderen würden ihm zustimmen, immerhin ging es hier um ihre ganze Welt und da war Vorsicht besser als Nachsicht.

Der nächste Tag begann wie immer. Sie konnten die Schule ja nicht einfach schwänzen. Keiner ihrer Lehrer hätte die Entschuldigung gelten lassen, dass sie ihre Welt beschützen mussten vor etwas, das sie die Dunkelheit nannten und das kleine, nachtschwarze Kugeln zu ihnen schickte, um die Menschen in sabbernde, hirnlose Hüllen zu verwandeln.

Orbital blieb bei Haruto und versuchte, im Fernsehen schon einmal ein paar Hinweise aufzuschnappen.

Shark ließ sich von den beiden Daheimgebliebenen auf dem Laufenden halten und es sah so aus, als würde auch dieser Tag ruhig werden. Allerdings erwies sich diese Vermutung als falsch, wie er bald feststellen sollte. In der ersten großen Pause saßen sie in einer großen Gruppe auf dem Hof und genossen die Sonne, jeder wenigstens teilweise mit seinem Essen beschäftigt. Sie unterhielten sich über alles, was ihnen einfiel, was in ihrer aktuellen Situation nicht allzu viel war. So waren ihre Hauptthemen Kaito, Yuma und die Astralwesen, was diese wohl taten, wie es ihnen ging, und die Dunkelheit und deren Pläne. Es fehlte nur ein einziger.

Shark warf einen Blick nach oben auf einen der höher gelegenen Teile des Schulhofes und entdeckte den unverwechselbaren, orangenen Schopf des Fehlenden sofort.

Nach allem, was geschehen war, hatte Vector noch immer Probleme, wieder zu ihnen zu finden. Die Dinge, die geschehen waren, machten nicht nur ihm zu schaffen. Auch die anderen waren in seiner Gegenwart noch immer reserviert. Vor allem Kotori, Tetsuo, Cathy, Takashi und Tokunosuke. Sie konnten einfach nicht vergessen, was der andere in seiner Form als Barianer getan hatte. Nicht nur, dass er sich so skrupellos in ihren Freundeskreis geschummelt hatte, dass er das Vertrauen von Yuma und dessen Zuneigung zu Astral so schamlos ausgenutzt hatte. Auch dessen spätere Taten hatten eine schwer wieder einzureißende Mauer zwischen ihm und den anderen errichtet. Er spürte, dass die anderen ihn nicht gern in ihrer Nähe hatten und hielt sich deshalb von ihnen allen fern.

Shark hatte in den letzten Monaten mehrfach mit ihm gesprochen und auch Durbe und Mizael hatten ihr Glück versucht, selbst Yuma hatte einen Annäherungsversuch gestartet, doch Vector war trotz der Tatsache, dass er wieder mehr er selbst war als damals als Barianer, noch immer ein sturer Bock. Vielleicht bestrafte er sich auch für das, was geschehen war, indem er sich selbst in ein Gefängnis der Einsamkeit sperrte. Eventuell konnte die Bedrohung, in der sich ihre Welt befand, ja etwas an dieser Situation ändern. Er behauptete nicht, dass er Vector jetzt mehr mochte, als früher, doch er war wie die meisten anderen der ehemaligen Bariankaiser in seinem ersten Leben ein guter Mensch gewesen, der von Don Thousand manipuliert worden war. Am Ende hatte er sich gegen die Dunkelheit in seinem Herzen entschieden und für Yuma, weshalb Shark sicher war, dass Vector auch dieses Mal helfen würde, wenn er gebraucht wurde. Egal, ob er sich ihnen auf dem Hof anschloss, oder nicht.

In diesem Moment kam Leben in seinen Kameraden auf dem Dach, der bis dato nur starr am Rand der Plattform gestanden und in den Himmel gestarrt hatte, doch Ryoga maß dem keine allzu große Bedeutung bei. Vielleicht hatte sich nur noch jemand auf die Plattform verirrt und versuchte jetzt, ein Gespräch mit dem gefallenen Kaiser zu beginnen. Er drehte sich wieder den anderen zu und nahm sich vor, später noch einmal mit dem anderen zu sprechen, als er und die anderen in der Nähe eine Mitschülerin schreien hörten.

„Oh Gott, er wird hinunterfallen! So hilf ihm doch jemand!“

Shark und die anderen reagierten synchron und drehten sich zu der Schulkameradin um, die mit vor den Mund geschlagenen Händen nach oben sah. Shark folgte ihrem Blick und sprang sofort auf, als er Vector am Geländer baumeln sah. Panisch versuchte sein Kamerad, sich festzuhalten, doch es war nur eine Frage der Zeit, bis ihn die Kräfte verlassen würden und er mehr als 30 Meter in die Tiefe fiele. Ohne weiter zu überlegen, rannte der Lilahaarige los, gefolgt von fast allen anderen. Der Weg zu der Plattform war weit und sie mussten zwei Treppen und eine Brücke überwinden, um zu Vector zu gelangen, der immer mehr den Halt verlor. Sie konnten nur hoffen, dass er durchhielt, bis sie bei ihm angekommen waren – oder bis ihm ein anderer helfen konnte. Denn sie waren natürlich nicht die einzigen, die sofort losgerannt waren, mehrere Schüler und auch einige Lehrer hatten dieselbe Idee gehabt wie sie. Während Ryoga und die anderen versuchten, Vector zu Hilfe zu eilen, beobachteten mehrere Schüler die Szene mit Entsetzen. Immer wieder rutschte ihr Mitschüler mit den Händen ab und baumelte manchmal gefährlich lang nur mit einer Hand am Geländer. Mehrmals versuchte er, sich aus eigener Kraft nach oben und in Sicherheit zu ziehen, doch ohne Halt für seine Füße hatte er kaum eine Chance. Um Einzelheiten zu erkennen, waren die Beobachter zu weit entfernt, sonst hätten sie den Grund gesehen, weshalb die Hände des Orangehaarigen so rutschig waren. Er blutete stark aus einer offenen Wunde am rechten Unterarm, die einer Bisswunde erstaunlich ähnlich sah und seine Hände mit Blut besudelt hatte. Seine weiße Schuluniform war ebenfalls bereits blutverschmiert und immer öfter verlor er den Halt. Lange würde er sich auf jeden Fall nicht mehr festhalten können. Inzwischen waren die ersten Mitschüler auf der Plattform angekommen, doch der Verursacher der Bisswunde war noch immer zugegen und stürzte sich mit einem lauten Grunzen auf die Jungs. Keiner von ihnen kam zu Vector durch, da sie sich gegen ihren eigenen Direktor zur Wehr setzen mussten, der mit verdrehten Augen und weit aufgerissenem Mund nach ihnen griff. Speichel und Blut liefen ihm das Kinn hinunter und er schien nichts von dem zu hören, was seine Schüler ihm zuriefen.

Shark erreichte schließlich ebenfalls die Plattform und eine Sekunde lang beobachtete er ihren Direktor und es war, als wäre er erneut in der Stadt, während ein Mann im Anzug eine junge Mutter brutal in den Arm biss. Die Ähnlichkeiten zwischen diesem Mann und ihrem Direktor waren unübersehbar und Shark gestand sich ein, dass ihre Hoffnungen vergebens waren. Die Dunkelheit war noch hier.

Doch bevor er sich damit befassen konnte, musste er erst einmal seinen Kameraden retten, deshalb stürzte er an den anderen vorbei zum Geländer und gerade, als der andere endgültig den Halt verlor, griff Ryoga beherzt zu und erwischte Vector am Handgelenk. Doch kaum hatte er ihn gepackt, als er ihm schon wieder zu entgleiten drohte, denn dessen Handgelenk war blutverschmiert und schlüpfrig, so dass es ihm durch die Finger glitt.

„Andere Hand!“, rief er deshalb sofort und der Violettäugige hob die zweite Hand und schloss die Finger um Sharks Handgelenk, während dieser bei Vector dasselbe tat. Nachdem der Duellant den anderen nun fest gepackt hatte, zog er ihn mit all seiner Kraft über das metallene Geländer und hievte Vector darüber. Als der Orangehaarige hinter dem Geländer verschwand, waren von unten vereinzelte Jubelrufe zu hören, doch das interessierte auf der Plattform niemanden. Shark und Vector lagen nebeneinander auf dem Rasen und atmeten schwer. Ein leichtes Zittern hatte vom Körper des Verletzten Besitz ergriffen und die Bisswunde an seinem Arm blutete noch immer.

Tetsuo und die anderen Jungs der Clique versuchten bereits, den Direktor zu beruhigen, doch sie alle wussten durch Erzählungen, dass es derzeit wohl nichts gab, dass das bewerkstelligen könnte. Also fasste sich Tetsuo ein Herz und schlug ihren Direktor K.O.

Wie ein nasser Sack fiel er zu Boden, den Mund noch immer weit aufgerissen und mit dem Blut einer seiner Schüler verschmiert. In diesem Augenblick kam Ukyo-sensei zu ihnen gestürzt und kniete sich sofort zu Vector auf den Boden.

„Rei-kun, alles in Ordnung? Oje, was ist denn da passiert?“

Er besah sich die Verletzung des Schülers, der allerdings stumm blieb und kein Wort herausbrachte.

„Das muss sich die Schulkrankenschwester ansehen…“, murmelte der Lehrer gerade und warf dann einen Blick auf den bewusstlosen Mann, um den noch immer einige Schüler herumstanden. Weitere Lehrer kamen dazu, die sich um den Direktor kümmerten. Einer der Lehrer besah sich den Mann und zückte seinen D-Gazer, um eine Ambulanz für ihn zu bestellen. Ukyo orderte gleich eine zweite für Vector, doch dieser intervenierte.

„Nein, ist schon gut. Ist ja nicht so schlimm…“ Seine Stimme war leise und zitterte leicht. Offenbar stand er unter Schock. Doch Ukyo-sensei respektierte seinen Wunsch und half ihm beim Aufstehen. Langsam machten sie sich auf den Weg. Um einen Besuch bei der Schulkrankenschwester käme er nicht herum, wie es schien. Schweigend blickten die Freunde ihrem Lehrer und dem orangehaarigen Jungen hinterher, der sich nach ein paar Metern allerdings noch einmal zu ihnen umdrehte.

„Hey, Shark“, meinte er leise. „Danke.“

Der Lilahaarige winkte nur ab und blieb ansonsten stumm. Sie blickten den beiden hinterher, bis sie über die Brücke und die Treppe nach unten verschwunden waren. Nicht nur Vector selbst stand unter Schock. Auch die anderen. So nah war keiner von ihnen dem Tod mehr gewesen seit…seit Kaitos Duell auf dem Mond. Es zerrte an ihren Nerven und erst jetzt realisierten sie vollends, dass nicht nur Yuma und die anderen in der Astralwelt in Lebensgefahr schwebten, sondern auch sie selbst. Wäre Shark nur eine Sekunde später angekommen, hätte er Vector nicht mehr erwischt und der Orangehaarige wäre auf den Schulhof gestürzt und hätte sich wenigstens jeden Knochen gebrochen, wenn nicht schlimmer.

Stumm blickte Shark auf seine mit dem Blut des anderen verschmierte Hand hinunter, als er und die anderen schließlich den Rückweg nach unten antraten.

Die gesamte Szene hatte einen furchtbaren Aufruhr unter den Schülern verursacht und viele wollten von Ryoga und den Freunden wissen, was geschehen sei und ob es ihrem Freund gut ginge, doch keiner von ihnen bekam eine Antwort. Mehrere Lehrer waren notwendig, um die Schüler wieder unter Kontrolle und in die Klassenzimmer zu schaffen, denn egal, was passiert war, es war alles heil überstanden und der Unterricht war noch nicht beendet. Auch Shark, Kotori, Rio und die anderen gingen eher unfreiwillig zurück in ihre Klassen. Denn selbst Kotori und der Rest von Yumas Stammclique hatten sich nicht davor verschließen können, dass sie Angst um Vector gehabt hatten. Er hätte das nicht verdient gehabt, was ihm beinahe zugestoßen war und ein solches Erlebnis war traumatisch genug, selbst für einen Zuschauer, um einiges zu überdenken.

Der einzige, der unterrichtsfrei hatte, war Durbe, da dieser eine Freistunde hatte. Und für ihn war es selbstverständlich, dass er diese nicht in der Bibliothek verbringen würde, wie normalerweise, sondern bei Vector, der an der Schule natürlich Rei hieß. Immerhin kannten viele Lehrer und Schüler ihn noch als Rei Shingetsu, weshalb es nicht möglich gewesen war, seinen wirklichen Namen zu nutzen.

Der ehemalige Kaiser schlich geradezu durch die leeren Gänge der Schule und glaubte eigentlich jeden Moment, dass eine dieser schwarzen Kugeln, die Shark ihnen beschrieben hatte, um die Ecke geflogen kam und sich auf ihn stürzte. Doch nichts geschah. Ryoga hatte sie alle beschworen, aufzupassen, denn nach dem letzten Hüllenangriff in Heartland waren sie von mehreren dieser Kugelspäher attackiert worden. Zumindest hatte er das von Haruto und Orbital erfahren. Er selbst war ja nicht dabei gewesen.

Wenige Minuten nach dem Stundenklingeln erreichte Durbe die Krankenstation und klopfte an die Holztür, auf der für alle sichtbar ein rotes Kreuz angebracht war. Nachdem er ein leises „Herein“ vernommen hatte, schob er sie schließlich vorsichtig auf, für den Fall, dass außer seinem Kameraden noch andere Schüler hier waren, die sich ausruhen sollten und betrat die Krankenstation. Sofort stieg ihm der nur allzu bekannte Geruch nach Krankenhaus in die Nase, allerdings war er hier nicht allzu ausgeprägt. Im Gegensatz zu einem Krankenhaus war die Schulkrankenstation auch nicht zu steril. Im hinteren Bereich ging es zu den Betten, in denen die Schüler normalerweise lagen, wenn sie hergekommen oder hergebracht worden waren, abgetrennt durch einen weißen Vorhang. Im vorderen Bereich war der Schreibtisch der Schulkrankenschwester, der mit Papieren und Ordnern vollgeräumt war. Außerdem stand eine halbvolle Kaffeetasse auf dem Tisch und ein großer, frisch duftender Blumenstrauß versperrte den Blick auf ihr Gesicht halb, als sie aufblickte.

„Hallo. Brauchst du irgendwas? Geht’s dir nicht gut?“, fragte sie sofort und wollte von ihrem Platz aufstehen, doch Durbe schüttelte sofort den Kopf.

„Nein. Eigentlich wollte ich meinen Freund Rei besuchen. Er ist vorhin…na ja… Er hatte einen Unfall.“

Er hob eine Hand und richtete seine Brille, als das Gesicht der Krankenschwester einen wissenden Ausdruck annahm. Ein trauriges und leicht besorgtes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als sie nickte und Durbe andeutete, nach hinten durch zu gehen. Man sah ihr an, dass auch sie sich erst einmal damit befassen musste, dass sie gerade erst einen Schüler verarztet hatte, der von ihrem Arbeitgeber gebissen worden und beinahe in den Tod gestürzt war. Aber wer hatte an solch einem Geschehen nicht zu knabbern.

Der Silberhaarige schenkte der jungen Frau ein freundliches Lächeln zum Dank und ging an ihr und den Geräten und Medikamentenschränken vorbei in den hinteren Bereich. Sofort entdeckte er den gefallenen Kaiser auf einem der Betten sitzen. Er hatte seine Schuhe ausgezogen, seine Füße lagen auf dem Bett und das Hemd seiner Schuluniform lag neben dem Bett auf einem Stuhl. Das weiße T-Shirt, dass er darunter getragen hatte, hatte nur wenige Blutflecken abbekommen, weshalb Durbe davon ausging, dass der andere es einfach angenehmer fand, nicht mehr das blutverschmierte Ding anhaben zu müssen. Er hatte sich ein Bett am Fenster ausgesucht und blickte jetzt hinaus. Seine Arme lagen bewegungslos in seinem Schoß und er hatte sich an das verstellbare Rückenteil des Bettes gelehnt. Ein weißes Kissen lugte hinter ihm hervor, wahrscheinlich eine Maßnahme der Krankenschwester, es ihrem Patienten bequemer zu machen.

Einen Moment lang hielt der Anblick des dicken, weißen Verbandes an Vectors Unterarm die Augen des Brillenträgers fest, bevor er sich davon losreißen und näher an den Orangehaarigen herantreten konnte.

„Hey, V…Rei.“

Er hatte manchmal noch immer Probleme, sich an den falschen Namen zu erinnern, wenn er seinen Kameraden ansprach.

Der Angesprochene drehte den Kopf leicht in Durbes Richtung, doch man sah ihm an, dass der Schock ihm noch immer tief in den Knochen saß. Seine Augen sahen matt aus und sein Gesicht war ausdruckslos. Und das war ein Umstand der jeden stutzig machte. Egal, ob er nur Rei oder auch Vector kannte. Denn das Gesicht des gefallenen Kaisers war nie ausdruckslos.

Der Brillenträger schob sich einen Stuhl an das Bett seines Freundes und setzte sich zu ihm.

„Wie geht’s dir?“

Der Verletzte drehte den Kopf wieder in Richtung Fenster und Durbe glaubte schon, keine Antwort zu bekommen, doch nach einem Moment hörte er die leise Stimme des anderen.

„Ganz gut. Wenn man davon absieht, dass der Direktor mich zum Essen einladen wollte. Mit mir als Hauptgericht…“

Der Silberhaarige nickte, obwohl Vector das natürlich nicht sehen konnte.

„Tut es noch sehr weh?“

„Hab schon Schlimmeres überlebt.“

Da hatte er recht. Wenn auch nicht in diesem neuen Leben, hatten sie in ihrem ersten und auch in ihrem zweiten Leben als Barianer sehr viele furchtbare Dinge erlebt. Nicht nur körperliche Verletzungen, sondern auch seelische. Jeder einzelne der ehemaligen Bariankaiser hatte ein gebrochenes Herz davongetragen. Doch sie hatten sich durchgebissen. Sie hatten gekämpft und nie aufgegeben. Jeder auf seine eigene Weise. Zögerlich legte der Brillenträger eine Hand auf die des anderen.

Keiner von ihnen war frei von Schuld. Nicht nur Vector hatte Dinge getan, auf die er nicht stolz war. Durbe erinnerte sich noch gut an das Duell in Sargasso. Das Duell gegen Shark, in dem er zu unfairen Mitteln gegriffen hatte. Das war normalerweise nie seine Art gewesen. Doch in diesem Moment waren sie verzweifelt gewesen. Alito und Girag waren fort gewesen und sie brauchten einen Sieg. Deshalb war ihm in dem Moment alles recht gewesen, solange er nur gewann. Letztendlich war es Yuma gewesen, der mit seinem Sieg über Vector verhindert hatte, dass Durbe etwas Unverzeihliches getan hatte. Das Duell war abgebrochen worden. Bevor der Schaden zu groß geworden war.

Der Brillenträger kniff kurz die Augen zusammen, um die Erinnerungen der Vergangenheit loszuwerden und atmete einmal tief durch.

„Erzählst du mir, was genau passiert ist?“

Vector drehte den Kopf wieder in die Richtung seines Kameraden und verharrte einen Moment auf dessen ernstem Gesicht, bevor er die Schultern zuckte.

„Was gibt es da groß zu erzählen… Ich stand auf der Plattform, der Direktor kam dazu, griff mich an, biss mir in den Arm… Ich wehrte mich, er stieß mich über das Geländer. Den Rest kennst du.“

Durbe fiel auf, dass die Stimme des Orangehaarigen inzwischen wieder fester klang und nicht mehr zitterte. Auch die violetten Augen des anderen strahlten wieder mehr. Offenbar schien er sich von dem Schock erholt zu haben. Und das relativ schnell. Wahrscheinlich war das seiner früheren Natur zu verdanken. Er hatte schon so viel erlebt, dass er sehr viel mehr verkraftete als ein normaler Mensch. Wie sie alle.

„Hat er was gesagt? War er normal oder schon… so?“

Der Patient überlegte einen Augenblick.

„Er wirkte wie in Trance, als er die Plattform betrat. Seine Augen waren glasig und die Pupillen geweitet. Hätte er nicht so sehr mit den Füßen gescharrt, hätte ich ihn gar nicht bemerkt. Er schien auch erst zu merken, dass ich da war, als ich ihn ansprach. Sonst wäre er wohl einfach an mir vorbeigeschwankt. Aber als er mich bemerkt hatte, veränderte sich plötzlich alles an ihm. Die Trance verschwand, seine Augen verdrehten sich und er stürzte gurgelnd auf mich zu. Wäre all das nicht so furchtbar schnell passiert, hätte ich vielleicht verhindern können, dass er mich biss. Aber so… Ich war viel zu überrascht. Wer ahnt auch, dass sowas passieren könnte.“

Durbe nickte.

Vector drehte den Kopf wieder dem Fenster zu.

„Der Direktor ist ein Opfer der Dunkelheit geworden, oder?“

Der andere nickte.

„Ja. Shark geht zumindest davon aus, weil das, was wir gesehen haben, der Beschreibung von Haruto und Orbital von der Begegnung in der City sehr nahe kommt.“

Er blickte in Vectors Gesicht, der die Augenbrauen argwöhnisch zusammengezogen hatte und sich dem Fenster entgegen lehnte. Hatte er etwas gesehen?

„Komm mal her. Siehst du das da vorn?“

Durbe beugte sich über das Bett und spähte aus dem Fenster. Es dauerte eine Sekunde, doch dann sah er, was sein Kamerad meinte. Auf dem Schulhof flogen drei schwarze Kugeln herum. Es sah so aus, als suchten sie etwas. Sie blickten einander an und begriffen sofort, was sie da sahen.
 

Shark konnte sich nicht auf das konzentrieren, was Ukyo-sensei ihnen gerade über Vektoren und Formeln erzählte. Er war mit seinen Gedanken ganz woanders. Wenn der Direktor tatsächlich in eine Hülle verwandelt worden war, dann war die Dunkelheit noch in ihrer Welt unterwegs und es bedeutete, dass sie alle in Gefahr waren. Er musste etwas dagegen tun. Späher jagen, Hüllen finden, irgendwas, aber nicht hier rumsitzen und sich zu Tode langweilen.

In dem Moment riss jemand mit fast schon roher Gewalt die Tür zum Klassenzimmer auf und Shark und der Rest der Klasse vermieden nur mit Mühe einen Herzinfarkt vor Schreck.

„Nanu, Rei-kun? Hat Shoukei-san dich schon wieder entlassen?“

Ryoga und Rio drehten sich sofort der geöffneten Tür zu und entdeckten Vector mit panisch geweiteten Augen im Türrahmen. Er atmete schwer und an seiner Schläfe lief ein einzelner Schweißtropfen hinunter. Beides Indizien dafür, dass er einen Sprint vom Krankenzimmer bis hierher absolviert hatte. Der Lilahaarige musste nicht fragen, was los war, denn er glaubte die Antwort zu kennen. Er sprang sofort auf und gefolgt von seiner Schwester stürzte er aus dem Raum. Die verwirrten Rufe ihres Lehrers ignorierten sie einfach.

„Wie viele?“, fragte Shark angespannt, als sie durch die Gänge liefen.

„Mindestens drei. Auf dem Hof.“

Während ihres Weges durch die Schule kamen nach und nach auch die anderen dazu, bis sie vollzählig durch die großen Eingangstüren der Schule stoben und auf den Hof hinaus. Als sie in die Sonne hinaustraten, entdeckten sie auf den ersten Blick nichts Unnormales. Alles schien wie immer. Der Hof war leer, da sie sich mitten im Unterricht befanden und die meisten Schüler mit Freistunden verbrachten diese in der Bibliothek oder der Kantine. Es war zwar offiziell nicht verboten, doch die Lehrer mochten es nicht zu gern, wenn sich Schüler in den Unterrichtsstunden unbeaufsichtigt auf dem Hof herumtrieben. Wer wusste schon, was alles passieren konnte. Shark lief einige Schritte weiter auf den Hof hinaus und hörte schließlich ein leises Summen über sich. Der einzelne Späher versuchte auch sofort, den Schüler zu attackieren, doch der war zu schnell und schaffte es leicht, der Attacke zu entgehen. In einer durch viele Jahre des Duellierens in Windeseile durchgeführten Bewegung zur Aktivierung seiner Duel Disk und eines darauffolgenden einzelnen Zuges zerstörte Shark die nachtschwarze Kugel. Er bezweifelte allerdings, dass das so einfach bleiben würde.

„Am besten teilen wir uns auf. Sucht überall nach weiteren Spähern und haltet mich auf dem Laufenden. Wir müssen sie alle finden, bevor sie weitere Hüllen produzieren können.“

Die anderen nickten und teilten sich in kleine Gruppen von zwei bis drei Leuten auf, bevor sie sich über den gesamten Hof verteilten. Shark und Rio liefen in Richtung Süden. Beide hatten ihre Duel Disks bereit für den Fall, dass sie erneut auf Späher trafen.

„Was meinst du, Bruder. Werden wir es schaffen, die Dunkelheit aufzuhalten?“

Der Lilahaarige schwieg kurz, bevor er antwortete.

„Keine Ahnung. Wir können es nur versuchen. Wenn wir es schaffen, die Späher rechtzeitig auszuschalten, glaube ich, haben wir eine gute Chance… Da!“, rief er und zeigte auf einen weiteren Späher, der schnell auf sie zu flog.

Rio zog eine Karte und ihr Monster verwandelte die schwarze Kugel in einen Klumpen Eis, der wie ein Stein zu Boden fiel und dort in tausend Teile zerbrach.

Die beiden Duellanten liefen weiter, als Sharks D-Gaze piepte undso einen eingehenden Anruf anzeigte. Er nahm das Gespräch an und sofort erschien ein kleines Fenster auf seinem Display, das Alito zeigte.

„Wir haben einen erwischt.“

„Gut“, erwiderte Ryoga. Wenn Vector Recht hatte und es waren tatsächlich nur drei, dann haben wir sie alle.“

Gerade als Alito nickte, hörte man im Hintergrund Girags dunkle Stimme.

„Hey, Alito… Was ist das?“

Der Dunkelhäutige folgte dem Fingerzeig seines Freundes und sein Gesicht entgleiste ihm. Shark, der diese Reaktion natürlich sah, zog die Augenbrauen argwöhnisch zusammen.

„Was ist los?“

„Shark, wir haben ein Problem…“

Alito änderte das Setting seines D-Gazers, so dass sein Gesprächspartner sehen konnte, was er sah. Am Himmel über der Stadt kam eine schwarze Wolke direkt auf sie zu. Und jetzt konnte auch Rio sie sehen und zeigte ihrem Bruder die Späher, die den Himmel verdunkelnd auf die Schule zurasten.

„Shit…“

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Fertsch. :D

An dieser Stelle entschuldige ich mich dafür, dass Vector so stark ins Zentrum dieses Kapitels gerückt ist. Aber hey, ihr kennt ihn doch, er muss immer im Mittelpunkt stehen. xD
 

Rei: Willst du damit sagen, ich wollte von einem Kerl im Anzug angefressen werden? Das halte ich für ein Gerücht. Und ein schlechtes noch dazu! *funkel* oó

Wiesel: Ist ja gut, reg dich nicht auf. o.o' *Rei pat*

Rei: *grmbl* *Arme vor der Brust verschränk*
 

Wie auch immer... xD

Ich freu mich über kontruktive Kritik, Kommentare und Favoriteneinträge. :3
 

Bis nächste Woche!

Euer Wiesel

Er lebt

*schleicht leise herein* Hey. o.=
 

Ihr Lieben, es tut mir sooooooo leid!

Ich weiß, ich bin viel zu spät dran... Gomen gomen gomen! *verbeug*

Leider haben sich meine Arbeitszeiten geändert und ich bin furchtbar im Stress, so dass ich euch leider wohl in Zukunft nicht mehr an jedem Samstag ein neues Kapitel zukommen lassen kann. Deshalb werde ich ab sofort immer dann eines hochladen, wenn es eben fertig ist. Das kann also ab sofort immer sein. Ich weiß aber nicht, wann ich ein neues on stellen kann. Ich werde versuchen, euch nicht zu lang warten zu lassen. :(

Ich bedanke mich für das Kommentar bei AlienBlood23 und außerdem bei jedem neuen Fan (Favoler). *verbeug*

Ich hoffe, das aktuelle Kapitel entschädigt euch für die lange Wartezeit und ich wünsche euch allen viel Spaß mit
 

Kapitel 15

Beobachtung 58: Er lebt.
 

Immer mehr Hüllen erreichten das Camp und versuchten, die verschreckten Astralwesen zu attackieren, doch Kaito versuchte, sie mit mehreren seiner Monster in Schach zu halten. Astral sah Photonendrescher, Tagesanbrecher und Galaxiezauberer, die sich alle sofort auf Späher oder Hüllen stürzten, sobald diese ihnen oder den Astralwesen zu nahe kamen.

Tara entdeckte ihn und brach aus der Kindertraube aus, die von Kuriphoton beschützt wurde. Mit in Kaitos Richtung ausgestreckten Händen und tränenden Augen rannte sie über den Waldboden auf ihn und Astral zu und sofort wurden einige Späher auf das kleine Mädchen aufmerksam und sausten auf es zu. Der Mensch sah das sofort und rannte der Kleinen entgegen, während er eine weitere Karte zog und auf einen der Scanner knallte. Er aktivierte Photonenschleier und sofort bildete sich zwischen Tara und den angreifenden Spähern eine Art weißer, schimmernder Nebel, der fast wie ein weißes Seidentuch aussah. Während Kaito den Abstand zu dem Mädchen weiter verkürzte, hinderte der Schleier die seelenlosen Wesen daran, sie zu erwischen. Egal, was sie versuchten, keiner der Späher schaffte es, den Photonenschleier zu durchbrechen. Nur einer von ihnen hatte die Idee, wenn nicht hindurch, dann drum herum, so dass er an dem weißen Seidenschleier entlang flog und ihn schließlich umrundete.

„Kaito!“, rief Astral, als er den gewitzten Späher näherkommen sah. „Da kommt einer!“

Der Blonde reagierte sofort. Allerdings war gerade keines seiner Monster in der Nähe, weshalb er sich selbst etwas einfallen lassen musste. In aufkommender Panik und das Schluchzen des Mädchens im Ohr, das hinter ihm kauerte, fiel sein Blick auf einen silbern schimmernden Ast auf dem Boden. Er griff nach ihm und zerrte ihn hoch, so dass er ihn wie einen Baseballschläger schwingen konnte. Als der Späher nahe genug gekommen war, vollführte er einen Schlag, der jeden Profi-Baseballer neidisch gemacht hätte. Anders als ein Baseball allerdings flog der Späher nicht ins Aus, sondern zerbarst mit einem lauten Quieken. Astral kniete sich zu Tara hinunter, die sich an ihn schmiegte und ängstlich schluchzte. Kaito drehte sich zu den beiden um und betrachtete sie eine Weile.

„Bleibt hier und versteckt euch am besten. Ich mach das hier schon.“

Er wirbelte den Ast einmal um die eigene Achse, um zu verdeutlichen, was er mit Spähern und Hüllen zu tun gedachte, sollten sie ihm oder einem der Astralwesen zu nahe kommen. Astral nickte und drückte das Kind fester an sich.

„Sei vorsichtig…“

Kaito versank einen Moment in Astrals zweifarbigen Augen und konnte nicht anders, als dem anderen ein warmes, wenn auch schmales Lächeln zu schenken. Das zauberte eine leichte Bläue auf Astrals Wangen.

„Du kennst mich doch…“

„Darum mache ich mir ja Sorgen.“

Doch trotz der Worte des Wesens verzogen sich auch dessen Mundwinkel ein wenig nach oben, bevor er Tara vom Boden hob und sich mit ihr hinter einem der großen Bäume versteckte. Der Mensch blickte ihnen einen Moment hinterher, bevor er den Ast fester packte und sich ins Getümmel warf. Er wusste, dass nicht nur die Astralwesen gefährdet waren, von der Dunkelheit infiziert zu werden. Immerhin hatte er vor ihrem Aufbruch selbst gesehen, was mit Menschen geschah, die von der Dunkelheit verzehrt wurden. Und er hatte beileibe nicht vor, sich diesen zombiegleichen Kreaturen anzuschließen. Inzwischen war auch der Photonenschleier verschwunden und die übrigen Späher surrten wieder auf Kaito zu, der sie wie ein Profi in Stücke schlug. Allerdings kostete ihn das eine Menge Kraft und schnell merkte er, dass er noch nicht wirklich wieder auf der Höhe war. Doch was konnte er schon anderes tun als durchzuhalten, weiterzumachen, bis die Bedrohung eliminiert war. Die Astralwesen hatten sich inzwischen zu Gruppen zusammengefunden und hielten sich wenn möglich in der Nähe von Kaitos Monstern auf. Dort war es derzeit am sichersten. Die Kinder hockten noch immer in der Mitte der kleinen Lichtung und Kuriphoton hatte alle Hände voll zu tun, die Späher und Hüllen auf Abstand zu halten. Kaito machte sich auf den Weg zu ihm und den Kleinen und verprügelte auf dem Weg mehrere Hüllen. Unter anderen Umständen hätte er sicher darüber nachgedacht, dass diese Kreaturen einmal Astralwesen gewesen waren, allerdings hatte er dafür gerade keine Zeit. Gerade zählte für ihn nur, dass diese kreischenden Dinger seine Feinde waren und er sie ausschalten musste.

Sein Weg führte ihn zu den Kindern, die noch immer auf dem Boden kauerten und schloss sich dem kleinen Monster an, das trotz seiner eigentlich immateriellen Existenz langsam zu erschöpfen schien. Sogar einige Schweißtropfen erkannte der Duellant an dem von glattem schwarzem Fell bedeckten pistolenkugelförmigen Körper des kleinen Monsters mit dem grünen Kristall auf der Stirn. Als er näher kam, drang das leise Weinen und Schniefen der verängstigten Kinder an seine Ohren und gab ihm zusätzliche Kraft. Kinder waren Kaitos Schwachpunkt. Schon immer gewesen. Seine bedingungslose Aufopferung für Haruto hatte ihn dahingehend geprägt. So wichtig, wie sein kleiner Bruder ihm war und wahrscheinlich für immer sein würde, so wichtig waren diese Kinder für jemand anderen. Er wusste zwar nicht, wie es in der Astralwelt in Bezug auf die Existenz von Familien und Freundschaften und solcherlei Dinge bestellt war und ob es überhaupt etwas wie Familienbande und die daraus resultierende Zuneigung gab, doch er war sich sicher, dass jemand existierte, der diese kleinen Geschöpfe liebte. Sie waren so fröhlich gewesen, so herzerwärmend, waren so liebevoll mit seinem Monster umgegangen, dass es Kaito unmöglich schien, dass es im Leben dieser Kinder nicht etwas mit Eltern vergleichbares geben würde. Er durfte nicht zulassen, dass diese um ihre Kinder trauern mussten.

Mit einem lauten „Hey!“ rannte er auf die in nächster Nähe schwebenden Hüllen zu und erlangte sofort deren Aufmerksamkeit. Mit einem lauten Schrei, der Kaitos Nackenhaare sich kräuseln ließ, drehten sie sich in seine Richtung und hoben die krallenbewährten Hände, bereit sie auf das Gesicht und den Körper des Menschen hinuntersausen zu lassen. Sie stürzten sich sofort auf den Menschen, der allerdings seinen Ast schwang. Er traf eine der Hüllen am Unterarm, direkt vor dem Ellenbogen und das leuchtende Holz des Astes ging durch diesen hindurch wie durch Butter. Die abgetrennte Gliedmaße fiel, doch noch bevor sie auf den Waldboden fallen konnte, hatte sie sich aufgelöst. Die Hülle schrie gequält auf und hielt sich den Stumpf mit dem übrigen Arm und duckte sich unter Kaito hinweg, um zu flüchten. Das hielt allerdings die anderen nicht auf, im Gegenteil. Sie schienen noch erpichter darauf zu sein, Kaito das Fleisch von den Knochen zu schälen. Dieses Mal warfen sich dem Menschen zwei Hüllen auf einmal entgegen und mehrfach schaffte er es nur ganz knapp, sich aus der Reichweite der Krallen zu bewegen.

Astral lugte derweil hinter dem Baum hervor, den er für sich selbst und Tara als Deckung ausgesucht hatte und versuchte, die Lage zu peilen. Die Monster Kaitos hatten die Lage langsam im Griff und der Nachschub an Gegnern versiegte langsam. Das größte Problem waren noch immer die Späher, die über ihren Köpfen herumflogen und per Sturzflug auf sie hinunterstürzten, in dem Versuch, sie mit der Dunkelheit zu infizieren. Sie waren so flink und wendig, dass sie vielen Angriffen der Monster mit Leichtigkeit ausweichen konnten. Die besten Chancen gegen sie hatte Kuriphoton, denn es war kleiner und wendiger als die anderen Monster, die Kaito zum Schutz der Astralwesen gerufen hatte.

Das kleine Mädchen zitterte vor Angst in seinen Armen und schniefte leise. Er konnte sich vorstellen, was in ihr vorgehen musste. Als er das erste Mal eine Hülle zu Gesicht bekommen hatte, war dieser Anblick ihm durch Mark und Bein gegangen. Und die Tatsache, dass diese scheinbar aus purer Dunkelheit bestehenden Kreaturen mit den rot leuchtenden Augen und Mündern wie ein schwarzer Schlund tatsächlich einmal Astralwesen wie sie gewesen waren, ließ sicher jeden taumeln, der wusste, wie strahlend hell die Seelen dieser eigentlich leuchteten.

Schon erwachsene Astralwesen hatten mit einem solchen Anblick hart zu kämpfen, wo Dunkelheit und Angst so lange Zeit keinen Platz in ihrer Heimat hatten. Früher war die Astralwelt erfüllt gewesen mit Licht. Gefühle wie Angst und Schmerz kannten die Astralen nicht. Zumindest offiziell. Astral wusste, dass seine Artgenossen nichts anderes getan hatten, als die negativen Gefühle zu verdrängen. Sie hatten sie nicht zugelassen und in ihrem Inneren eingeschlossen, auf dass sie sich nicht damit würden auseinandersetzen müssen. Auch er selbst hatte es so gehandhabt. Als Wächter war es immer Astrals Aufgabe gewesen, den anderen ein gutes Beispiel zu sein. Für ihn und die anderen war es einfach unmöglich gewesen, Angst zu haben. Schmerzen zu spüren. Sie hatten niemals Schwäche zeigen dürfen. Immerhin war es so lange das höchste Ziel der Astralwelt gewesen, dass das Chaos, wie die Astralwesen solche Gefühle wie Traurigkeit, Schmerz und Angst nannten, nichts Böses war. Es waren nicht die Gefühle selbst, die böse waren, sondern die, die sie ausnutzten. Und schließlich hatte er erkannt, dass es kein Licht geben konnte ohne Dunkelheit. Das war ein Teilgrund dafür gewesen, dass sich dazu entschieden hatte, die Barianwelt nicht zu zerstören, wie es seine Aufgabe gewesen war. Auf Dauer hätte die Astralwelt ohne die Barianwelt nicht existieren können. Beide Welten waren unvollständig ohne die andere. Deshalb war es das Natürlichste gewesen, sie zu einer zu verschmelzen. Wenn all das hier vorbei war, würde er Najm fragen, wie sich diese Entscheidung auf ihre Heimat ausgewirkt hatte. Bisher war Astral noch nicht in der Lage gewesen, sich selbst ein Bild davon zu machen, welche Auswirkungen seine Entscheidung auf die beiden zu einer verschmolzenen Welten gehabt hatte.

Er wurde aus seiner Überlegung gerissen, als Kaito auf seinem Weg zu den Kindern von mehreren Hüllen attackiert wurde. Der Mensch schaffte es mit etwas Mühe und mithilfe seiner behelfsmäßigen Waffe, sich seine Angreifer vom Hals zu halten, doch der schmerzerfüllte Schrei der verletzten Hülle sorgte auch bei ihm für eine feine Gänsehaut.

Tara schmiegte sich näher an Astral, der sich auf die Unterlippe biss. Kaito hatte gesagt, er solle hier bleiben. Es war zwar nicht wirklich seine Art, sich von anderen vorschreiben zu lassen, was er tun sollte, doch es gab mehrere Gründe für seine Entscheidung, genau das zu tun, worum Kaito ihn gebeten hatte. Der wichtigste war wohl der, dass er sowieso nichts hätte tun können, um zu helfen. Im Gegenteil. Wahrscheinlich wäre es eher so gewesen, dass er Kaito nur im Weg gestanden und dessen Aufmerksamkeit von denen abgelenkt hätte, die jetzt seine Hilfe brauchten. Außerdem konnte er die Kleine in seinen Armen nicht allein lassen. Nicht jetzt, wo sie in Todesangst hier mit ihm im Schatten des mächtigen Baumes saß und leise schniefte.

In diesem Augenblick schien der Nachschub an Feinden endgültig zu versiegen und einige der panischen Astralwesen jubelten leise. Kuriphoton vollführte einige kleine Tanzeinlagen, um die Kinder von dem eben Geschehenen abzulenken und auch Astral und Tara verließen ihr Versteck und liefen Hand in Hand auf Kaito zu, der auf der Lichtung stand und noch immer den als Baseballschläger missbrauchten Ast in der Hand hielt. Und nun, da das Adrenalin nicht mehr durch die Adern des Menschen jagte, spürte er seine Erschöpfung. Und zusätzlich dazu gewahr er mit Sorge dem spitzen Stechen in seiner Brust, genau dort, wo sich sein Herz befand. Natürlich hatten die Ärzte ihm erzählt, was ihm während des Komas, in das Najm ihn versetzt hatte, geschehen war, also wusste er, dass dieser Schmerz wahrscheinlich eine Nachwirkung der Herzattacke war, die ihn während der Prüfung fast umgebracht hätte. Ob Najm eigentlich wusste, was für körperliche Auswirkungen diese Prüfung auf Kaito gehabt hatte? Der Blonde wusste es nicht, aber eigentlich war das auch egal. Er würde dem Violetten das sicher nicht unter die Nase reiben. Wer wusste schon, was dieser dann tat.

Die Kartenmonster waren noch da und patrouillierten am Rand der Lichtung, für den Fall, dass doch noch ein Späher oder eine Hülle auf die Idee kam, einen Kamikazeangriff zu starten. Der Mensch sah sich nach den anderen um und es schien, als gäbe es keine Verluste unter den Flüchtlingen. Allerdings hatte Kaito das seltsame Gefühl, dass dieser Angriff auch nicht den Zweck gehabt hatte, jemanden zu infizieren. Es kam ihm eher so vor, als wollte der Feind testen, wie stark er war und wie er kämpfte. Gerade, als Astral und Tara ihn erreicht hatten und das Mädchen seine Hand genommen hatte, kam Astrum auf sie zu gestürzt. Obwohl der Kampf vorbei war und sie den Feind zurückgeschlagen hatten, wirkte er alarmiert und panisch. Schweiß lief seine Schläfen hinunter und er wirkte gehetzt. Mehrfach blickte er sich um, als befürchte er, hinter jedem Baum befände sich ein Späher, der es nur auf ihn abgesehen hatte.

„Ihr müsst gehen. Sofort.“

Kaito nickte.

„Das ist wahr. Wir alle müssen gehen. Dieser Ort ist nicht mehr sicher, jetzt, wo die Dunkelheit ihn gefunden hat. Das war mit Sicherheit nicht der letzte Angriff. Je eher…“

Weiter kam Kaito allerdings nicht, denn Astrum unterbrach ihn scharf. Seine Augen sprühten vor Verzweiflung und Sham.

„Das meine ich nicht… Ich meine, dass ihr beide gehen müsst. Sofort.“

„Was?“, erwiderte Astral. Wollte Astrum etwa, dass sie die Flüchtlinge im Stich ließen? Oder glaubte er, ihre Anwesenheit brachte die Astralwesen in Gefahr?

„Ich…“, begann der gelbe Wächter, stockte jedoch sofort. Er senkte den Kopf und presste die bebenden Lippen aufeinander, dass sie nur noch einen dünnen Strich bildeten.

„Es ist meine Schuld…“

„Was ist deine Schuld?“

Kaito klang leicht gereizt, versuchte allerdings, möglichst ruhig und gelassen rüberzukommen. Doch der noch immer anhaltende Schmerz in seiner Brust und das gerade Erlebte hatten seine sonst so unerschütterliche Gelassenheit zum Bröckeln gebracht.

„Ich habe…“, begann Astrum, doch ein lauter, spitzer Schrei, der wie Kaito, Astral und Astrum gleich darauf mit gehobenen Köpfen feststellten, von einem der Flüchtlinge kam, hinderte den Gelben daran, den Satz zu beenden. Eine junge Frau, die rein optisch eventuell in Kaitos Alter hätte sein können, zeigte mit weit aufgerissenen Augen auf den Rand der Lichtung. Dort und auch an anderen Stellen, neben Bäumen, auf Ästen, zwischen den Blättern der Bäume, waren Hüllen und Späher. Wie eine Mauer versperrten sie jeden möglichen Fluchtweg, den die Flüchtlinge durch die Bäume hindurch hätten nehmen können. Still standen sie da und bewegten sich nicht. Sie hätten auch Schatten sein können, böse Erinnerungen, die zurückblieben, wenn man mitten in der Nacht schweißgebadet nach einem Alptraum aufwachte und in die Ecken seines Zimmers spähte, ob das Grauen aus der Traumwelt auch in der realen Welt auf einen lauerte. Die Flüchtlinge drängten sich in der Mitte der Lichtung zusammen und Kaitos Monster bildeten einen Kreis um sie, wagten jedoch nicht, einen Angriff zu beginnen. Tara schmiegte sich ängstlich an Kaito und Astral erwischte sich bei dem Gedanken, dass auch er sich jetzt gern in den Armen des Blonden verstecken würde. Die Situation war unheimlich. Die wartenden Jünger der Dunkelheit, die seltsame Stille, die sich über den Wald gelegt hatte… All das und noch viel mehr ließen die Alarmglocken in Astrals Kopf läuten. Wie Statuen standen die Hüllen auf dem Waldboden, wie Wächter. Wie ein Begrüßungskommitee. Und als Astral genau dieses Wort in den Sinn kam, hörten er und die anderen ein Knacken im Unterholz und das leise Rascheln von Füßen, die auf dem Waldboden auftraten. Wäre es nicht so still gewesen, hätte man diese sanften, fast lautlosen Geräusche wahrscheinlich nicht gehört, doch in der unnatürlichen Stille der Ruhe vor dem Sturm hörte man sie mehr als nur deutlich. Eine der Hüllen machte ein wenig Platz und vorbei schritt ein Astralwesen. Anders als jede Hülle, die Astral und Kaito bisher gesehen hatten, wirkte dieses Wesen tatsächlich nicht wie eine solche. Eigentlich wirkte das Geschöpf vor ihnen eher wie ein normaler Wächter. Astral jedoch schüttelte es bei dem Anblick des Neuankömmlings, denn er wurde durch dessen Anblick sofort an die eine Nummernkarte erinnert, die ihm nie etwas Gutes gewollt hatte: No. 96 – Black Mist. Das Astralwesen vor ihnen war schwarz wie die Nacht. Auf seinem Körper schimmerten goldene Zeichnungen und ebensolche Steine, die das natürliche Licht des Waldes einfingen und dem anderen etwas Mystisches gaben. Die schmalen und listig aufblitzenden Augen des Wächters leuchteten dagegen weiß, so dass man seine Iriden kaum als solche erkannte. Die schwarzen Pupillen stachen aus ihnen hervor wie offene Wunden. Seine schmale Brust sowie die zierlichen Gliedmaßen und die schlanke Taille waren ebenfalls geschmückt mit Steinen und Zeichnungen, anders als die aller anderen Wächter, die Kaito bisher kennengelernt hatte, waren die Steine des Unbekannten jedoch nicht rund, sondern eckig. Schwarzer Nebel umgeisterte ihn und es kam dem Duellanten fast so vor, als verschlucke diese Schwärze alles Licht in der unmittelbaren Nähe des Astralwesens. Der Schwarze schritt durch die Mauer aus Hüllen hindurch und blieb einige Meter vor der Flüchtlingstraube sowie Astral, Kaito und Astrum stehen. Er musterte den Menschen und eine seiner Augenbrauen hob sich leicht.

Als er schließlich zu sprechen begann, war es fast, als rausche nur der Wind durch die Blätter der Bäume. Es war schwer für die Zuhörer, sich nicht von der trügerischen Sanftheit der dunklen, seidigen Stimme einlullen zu lassen.

„Wie ich sehe, sind deine Besucher noch da, Astrum. Astral… Es freut mich, dich endlich persönlich kennenzulernen. Bisher hatte ich aufgrund von widrigen Umständen nicht die Gelegenheit dazu. Und…“

Er warf einen Blick auf Kaito.

„…offenbar bist du nicht allein heim gekommen.“

Astral schob sich an Kaito vorbei, der den Neuankömmling argwöhnisch musterte. Das konnte keine Hülle sein. Er hatte noch nie eine Hülle sprechen hören. Dieses Geschöpf wirkte eigentlich wie ein normaler Wächter auf Kaito. Obwohl ihm dessen tiefschwarze Farbe seltsam vorkam. Ein so dunkles Schwarz passte eigentlich nicht in eine Welt wie diese.

„Wer bist du?“, fragte Astral den anderen gerade und dieser lächelte, zeigte dabei seine makellosen weißen Zähne.

„Ich bin du“, war die kryptische Antwort des anderen und Kaito zog die Augenbrauen zusammen. Doch besonders lang dauerte die Grübelei des Menschen nicht, denn das schwarze Astralwesen fügte noch etwas hinzu, das seine vorherige Aussage relativierte.

„Oder um es anders auszudrücken, du bist ich. Du bist, was ich einst war. Du hast getan, woran ich scheiterte.“

Auf diesen Satz hin weiteten sich Astrals Augen und er hob eine Hand staunend vor den Mund. Ungläubig musterte er das andere Astralwesen erneut und es war, als blicke er ihn jetzt das allererste Mal an.

„Corvo?“

Die Antwort des anderen war nur ein schmales Lächeln.

„Das ist unmöglich… Du… Wie…?“

Der schwarze Astrale – Corvo? – zuckte mit den Schultern.

„Die Dunkelheit, wie ihr sie nennt, schenkte mir ein zweites Leben.“

Er hob eine Hand, zuckte mit ihr leicht in eine Richtung und sofort surrten zwei Späher heran und umkreisten das schmale Handgelenk des Wesens in einer gleichbleibenden Umlaufbahn. Fast, als wären sie XYZ-Materialien.

„Du… Du hilfst der Dunkelheit…“ Diese Aussage Astrals war eine Feststellung und eigentlich auch kaum an den anderen gerichtet. Es war eher ein kläglicher Versuch, zu begreifen, was er so offensichtlich vor sich sah. Corvo, der einst ein Held seines Volkes gewesen war, hatte die Seiten gewechselt. Er hatte sich mit der Dunkelheit verbündet und half ihr nun, die Astralwelt in Finsternis zu hüllen.

„Wenn du es so ausdrücken willst…“

„Wieso?“, fragte Astral und Kaito konnte in der Stimme des Kleineren hören, wie verletzt und gekränkt er war.

„Das ist nicht wichtig.“ Das Lächeln war aus Corvos Gesicht verschwunden.

Unbemerkt von Astral verringerten die Hüllen und Späher jetzt langsam den Abstand zwischen sich und der Flüchtlingsgruppe und die Astralwesen um Kaito wurden unruhig. Bisher hatten sie sich still verhalten und waren nicht in der Lage gewesen, wirklich zu begreifen, in welcher Lage sie sich befunden hatten, doch jetzt, da sich ihre Feinde wieder bewegten, griff die Angst erneut um sich.

Astral und Corvo schienen derweil einen stummen Dialog zu führen. Sie starrten einander an und keiner von ihnen rührte einen Muskel. Schließlich seufzte der Schwarze jedoch leise und brach so den Moment. Astral blinzelte und gewahr den näher kommenden Hüllen. Er unterdrückte den Drang, laut zu fluchen, da er sich so von dem anderen hatte ablenken lassen.

„Nun…“, begann Corvo erneut. „Ich habe leider keine Zeit, mit dir zu plaudern, mein Guter. Deshalb hoffe ich, du nimmst es mir nicht übel, wenn ich dieses kleine Intermezzo jetzt beende und wir zum ernsten Teil übergehen.“

Er bewegte erneut die Hand und das brach den Bann, der auf den Jüngern der Dunkelheit gelegen hatte und sie griffen an. Mit lautem Gekreische und heftigem Surren stürzten sie sich auf die verängstigten Astralwesen und Kaitos Monster antworteten sofort mit Gegenmaßnahmen. Astral hielt sich an Kaito, der Tara hinter sich schob und den Ast wieder hob, um sich erneut als Baseballspieler zu betätigen. Doch dieses Mal war es anders. Waren Hüllen und Späher beim vorherigen Angriff noch unkoordiniert und unvorsichtig gewesen, so waren sie jetzt organisiert und vorsichtig. Sie wichen aus, rückten vor und zogen sich zurück, als hätten sie eine vorgefertigte Angriffsstrategie. Und schließlich sprang eine der Hüllen direkt in die Traube von Flüchtlingen, so dass diese in alle Richtungen davon rannten, um ihr zu entkommen. Das war scheinbar das Stichwort für eine Horde Späher, die sich sofort auf die Flüchtenden warf. Kaito versuchte, die Astralwesen zu schützen, doch gegen die schiere Anzahl von Spähern in der Luft war er machtlos. Immer mehr Flüchtlinge fielen der Dunkelheit zum Opfer. Einzig Tara klammerte sich in blindem Vertrauen an ihn, zitterte dabei wie Espenlaub und hatte die Augen fest zugekniffen. Astral sah sich bestürzt um und fühlte sich so furchtbar hilflos, dass ihm die Tränen kamen. Er sah, wie die Späher über die Flüchtlinge herfielen, wie die schwarzen Kugeln in deren Köper eindrangen und dann von innen heraus auffraßen. Man konnte es förmlich sehen, konnte sehen, wie das natürliche Leuchten verschwand, wie ihre Haut sich dunkler färbte, bis sie schwarz wurde. Man sah, wie ihre Körper sich in pure Dunkelheit verwandelten, bis von ihrer ursprünglichen astralen Gestalt nichts mehr übrig war. Auch wenn der Verwandlungsprozess nicht bei jedem gleich schnell von statten ging, so waren die meisten innerhalb von wenigen Minuten verloren und zu dem geworden, was sie so gefürchtet hatten. Und in all dem Chaos stand Corvo und blickte Astral und Kaito stumm an. Ohne einen Muskel zu bewegen, ohne eine Geste oder ein Wort.

Astrum hatte sich aus der unmittelbaren Nähe des schwarzen Astralwesens zurückgezogen und presste sich mit dem Rücken so stark an einem Baum, dass die Rinde ihm schmerzhaft den Rücken zerkratzte. Er wusste, er war nicht in Gefahr, von einem der Jünger angefallen zu werden. Denn letztendlich war er es gewesen, der sie hergeführt hatte. Und doch wünschte er sich in diesem Moment, es rückgängig machen zu können. Er wünschte sich, Corvo nicht Bescheid gegeben zu haben, dass Astral und dessen Partner hier waren, er wünschte sich, sich für das Richtige entschieden zu haben, anstatt den leichten Weg zu gehen- den Weg des Feiglings. Doch was konnte er jetzt noch tun? Corvo war hier und er würde nicht ruhen, bis jedes einzelne der Astralwesen hier verzehrt war. Er würde Astral zu sich holen und dessen menschlichen Partner töten. Wenn er gnädig war. Sie würden nicht entkommen und das war seine Sch…

Astrums grüne Augen weiteten sich und instinktiv stürzte er vor. Er dachte nicht darüber nach, sondern handelte einfach. Mit wenigen langen Schritten war er bei Astral angekommen und stieß diesen beiseite, so dass der Späher, der ihn hatte attackieren wollen, ihn nicht erwischte. Stattdessen drang er durch die gelbe, kristalline Haut des Wächters und Tränen des Schmerzes und des Leids verließen dessen Augen. Astral, der mit schockgeweiteten Augen auf dem Waldboden saß, beobachtete die Szene nur sprachlos und mit offenem Mund. Astrum fiel zu Boden und blieb dort liegen, während sich sein Gesicht unter Schmerzen verzerrte. Er spürte mehr, als dass er sah, dass Astral zu ihm kam und eine Hand auf seine bebende Schulter legte. Die grünen, sich langsam dunkel verfärbenden Augen des sterbenden Wächters lagen auf dem ernsten und erschütterten Gesicht seines Wächterkameraden, der sich über ihn gebeugt hatte.

„Es tut mir so leid, Astral. Es ist nur meine Schuld…“

Tränen verließen Astrums Augen, als er sprach. Er spürte, wie die Dunkelheit in seinem Körper wütete, spürte die Kälte sich ausbreiten und die Schmerzen wurden immer unerträglicher. Und doch konnte er den Blick nicht von dem Astrals lösen, dessen zweifarbige Augen kein bisschen Wut zeigten, kein bisschen Abscheu, sondern nur Traurigkeit und Dankbarkeit.

„Bitte, versprich mir, dass du unsere Heimat rettest. Und Corvo…“

Er bäumte sich auf und Astral sah, wie sich die goldgelbe Haut seine Kameraden immer dunkler verfärbte. Er hatte kaum noch Zeit übrig.

„Das werde ich“, antwortete er, obwohl er nicht wusste, ob er dieses Versprechen würde halten können. Astrum starb. Er starb zwar nicht so, wie ein Astralwesen normalerweise starb, doch trotzdem war das wohl das Wort, was am besten beschrieb, was gerade mit ihm geschah. Sein Geist würde verschwinden und sein Körper würde nichts weiter sein als eine leere Hülle, gefüllt mit purer Dunkelheit. Und Astral war machtlos, etwas dagegen zu tun. Er konnte nur zusehen, wie die Dunkelheit den anderen auffraß.

Einem inneren Impuls folgend, beugte sich Astral zu dem anderen herab. Er wusste, dass das, was er zu tun gedachte, eine sehr menschliche Geste war, doch gleichzeitig spürte er, dass es genau das war, was Astrum jetzt rauchte. Der andere würde verstehen, er würde verstehen, was Astral ihm damit sagen wollte und er hoffte, es konnte seinem gefallenen Kameraden Frieden bringen. Sanft und vorsichtig, presste Astral seine kristallinen Lippen auf Astrums Stirn. Der Gelbe schloss seine inzwischen schwarz verfärbten Augen und ein schmales Lächeln stahl sich auf seine dunkelnden Züge. Als Astral die Berührung auflöste und ihn wieder ansah, sah er, dass er recht behalten hatte. Sein Kamerad hatte Frieden gefunden.

„Flieht…“, war das letzte Wort, das er noch hervorbrachte, bevor sich seine Augen schlossen und das letzte bisschen Farbe aus seinem Körper verschwand.

„Astral!“, rief Kaito in dem Moment panisch und der Astrale drehte sich zu dem Menschen um. Er sah Schweißperlen auf dessen Stirn und Panik in dessen hübschen Zügen, als er, Tara im Schlepptau, auf ihn zugestürzt kam.

„Wir müssen verschwinden!“

Ein kurzer Blick rundherum genügte, um festzustellen, dass inzwischen so gut wie alle Flüchtlinge verloren waren. Nur eine Handvoll hatte sich in einem Ring aus Kaitos Monstern bislang halten können. Doch auch sie würden ob der schieren Menge an Aufgezehrten bald dem Untergang geweiht sein. Kaito half ihm auf die Beine und warf selbst einen kurzen Blick auf den gefallenen Wächter, der sich langsam wieder zu regen begann. Es war allerdings zu erwarten, dass es nicht mehr Astrum sein würde, der die Augen aufschlug. Sie schlugen sich zu den noch übrigen Flüchtlingen durch und Kaito warf einen Blick auf Corvo, der den Blick kühl und selbstbewusst erwiderte. Der Astrale hielt diesen Kampf bereits für gewonnen, doch er kannte Kaito nicht. Der Duellant zog eine Karte und knallte sie auf den letzten freien Kartenscanner seiner Disk. Und schon ein paar Sekunden später hörte Astral das vertraute Brüllen von Galaxieaugen-Photonendrache, das den Boden unter ihnen zum Schwingen brachte. Der mächtige Drache erhob sich und brachte die Baumhäuser zum Einsturz, die Hängebrücken rissen und es regneten Zweige und Blätter auf die Kämpfenden hinunter. Mit ungläubig geweiteten Augen duckte Corvo sich unter dem Strom aus Blattwerk und starrte das riesige Monster an, mit dem er nicht gerechnet hatte. Kaito befahl den Angriff und der Todesstrom der Zerstörung pflügte durch Äste, Baumstämme und alles, was ihm im Weg stand. Es herrschte Chaos, als Bäume umfielen und Hüllen und Späher unter sich begruben, das laute Kreischen der Jünger der Dunkelheit erfüllte die Luft, wurde allerdings übertönt von dem wütenden Brüllen des blauen Drachen, der es gar nicht gut fand, wenn jemand seinen Meister in Gefahr brachte.

Doch Kaito hatte ihn nicht gerufen, um zu kämpfen. Dieses Mal musste er vor allem an eines denken. Die Flüchtlinge. Deshalb nutzte er die allgemeine Panik und das herrschende Chaos und befahl den Astralwesen, auf seinen Drachen zu klettern. Auch er selbst, Astral und Tara fanden einen Platz auf dem mächtigen Rücken des Drachen und sobald alle eine Schuppe gefunden hatten, an der sie sich festhalten konnten, breitete er die imposanten Flügel aus und erhob sich in die Luft. Die anderen Monster Kaitos hielten die Feinde in Schach, so dass auch Corvos wütender Befehl, sie aufzuhalten keine Früchte trug. Und das Letzte, was Astral bei einem Blick zurück sah, war das wütende Gesicht des schwarzen Astralwesens, aus dessen Augen Funken zu sprühen schienen.

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Das wars. :3

Betet zusammen mit mir, dass ich für das nächste Kapitel nicht so lang brauche. >.<

Corvo ist btw. der italienische Name für das Sternbild des Raben.
 

Grüße und Weihnachtsplätzchen,

euer Wieselchen :3~

Die Astralwelt ist rot von Blut

Hallo, meine Lieben! :3 ♥

Pünktlich vor Weihnachten beschenke ich euch noch einmal mit einem neuen Kapitel. :D

Ich bedanke mich für das Kommentar bei AlienBlood23 und ich wünsche dir auch wunderbare Weihnachten. ;D

Ansonsten bleibt nicht mehr viel zu sagen, außer, dass ich euch allen viel Spaß wünsche!
 

Kapitel 16

Beobachtung 59: Die Astralwelt ist rot von Blut
 

Schnell hatten Kaito und die Astralwesen den Wald hinter sich gelassen und niemand von ihnen blickte zurück. Mit kräftigen Flügelschlägen trug Galaxieaugen sie voran über den blutroten Himmel, den sie durch das dichte Blätterdach, das sie bis vor kurzem geschützt hatte, nicht hatten sehen können. Für eine kurze Zeit war die blutrote Wahrheit vergessen gewesen, die dieser Himmel symbolisierte. Wären nicht die Angriffe und die großen Verluste am Ende ihres Abstechers gewesen, hätte Kaito sogar für einen Moment vergessen können, weshalb sie hier waren. Und wenn er ehrlich war, hatte er das auch fast. In dem einen Moment diesen Morgen, als er nach dem Aufwachen auf seinem harten Holzbett gelegen hatte. Das sanfte Licht des Holzes hatte etwas so beruhigendes gehabt und Astrals schlafender Körper hatte seinen Blick so magisch angezogen, dass alles andere für einen Augenblick bedeutungslos geworden war. Er hatte nur dagelegen und den anderen beim Schlafen beobachtet. Und ihm war bewusst geworden, dass er Yuma ab sofort etwas voraus haben würde. Denn der Schwarzhaarige hatte Astral noch nie schlafen gesehen. Und auch wenn das sicher absolut unangebracht war, freute sich Kaito über diese Tatsache. Über die Tatsache, dass er und das Wesen aus Licht etwas teilten, das Yuma fremd war. In dem Moment, als ihm das klar geworden war, hatte der andere sich umgedreht, so dass der Duellant in den Genuss des hübschen Gesichtes des Astralwesens gekommen war. Er lag mit einer Wange halb auf seiner zur Faust geballten Hand und seine sinnlichen Lippen waren einen Spalt weit geöffnet gewesen. Und für Kaito hatte Astral noch nie schöner ausgesehen als in diesem Moment. Seine Engelsgleichheit war so offensichtlich gewesen, seine Unschuld und Reinheit fast greifbar. Und das war der Moment gewesen, in dem Kaito aus dem Häuschen geflohen war. Kurz danach hatten Tara und ihre Freunde ihn abgefangen und er hatte Kuriphoton gerufen, damit sie ein wenig mit ihm spielen konnten.

Als Kaito jetzt an diese Begebenheit zurückdachte, schlug sein Herz heftig in der Brust. Und gleichzeitig fühlte er sich elend, dass er ausgerechnet jetzt daran dachte. Immerhin waren sie auf der Flucht. Durch das Tosen des Windes konnte er die Flüchtlinge leise weinen und schniefen hören und auch Tara hatte sich noch nicht wirklich beruhigt. Sie lag zwischen Kaitos Armen und hatte sich an einem seiner Arme festgekrallt, als wäre dieser ihr einziger Beweis dafür, dass sie noch lebte. Die anderen Monster Kaitos waren inzwischen verschwunden, da die unmittelbare Gefahr vorüber war. Schon mehrfach hatte Kaito sich umgesehen und bisher schien ihnen niemand zu folgen. Das war auch der Grund gewesen, wieso er so in seine eigene Gedankenwelt abgedriftet war. Und wenn das passierte, landete er zwangsweise immer bei Astral. Doch er musste fokussiert bleiben. Nicht nur hinter ihnen lauerte Gefahr.

Auch vor ihnen.

Eigentlich lauerte sie sogar überall. Und wie Astrum ihnen gezeigt hatte, auch in jedem. Obwohl der gelbe Wächter sich am Ende für sie entschieden hatte, war es doch er gewesen, der die Dunkelheit und deren Soldaten, allen voran Corvo, zu ihnen geführt hatte. Also war Kaitos Vermutung doch richtig gewesen. Er hatte ja bereits am Anfang so seine Zweifel gehabt, was den Wächter anging. Und nun… Nun war er fort. Er hatte Astral gerettet und sich selbst geopfert. Das bedeutete, dass er seine verloren geglaubte Hoffnung wiedergefunden hatte. Oder seinen Mut. Vielleicht auch sein Pflichtgefühl. Was auch immer es am Ende gewesen war, das Opfer des Astralwesens durfte nicht umsonst gewesen sein. Sie mussten kämpfen und sie mussten siegen. Jetzt wieder fokussiert richtete Kaito sich auf dem Rücken seines Drachen ein wenig mehr auf, um besser sehen zu können. Unter ihnen zogen die verschiedensten Landschaften vorbei. Von der Zerstörung auf dem Schlachtfeld, wie Najm es bei ihrer Ankunft genannt hatte, war hier nichts zu sehen. Die Astralwelt lag gesund und in voller Pracht unter ihren Füßen. Kaito sah grüne Wiesen, Seen und Flüsse, spitze Bergketten, die wie die Zähne eines Raubtieres dem Himmel entgegenwuchsen, Wälder und Haine. Das einzige, was die ganze Zeit bedrohlich über ihnen schwebte, war das blutrot des Himmels. Dieser warf sein rotes Licht auf alles, das Kaito erblickte. Die Wiesen und Wälder hatten einen roten Einschlag, die Flüsse und Seen leuchteten rot, anstatt im Licht der Sonne zu funkeln. Und außerdem war dort die allgegenwärtige Dunkelheit. Erst seit sie den schimmernden Wald wieder verlassen hatten, war es wieder klar. Die Dunkelheit breitete sich aus. Es war noch genauso dunkel wie zu dem Zeitpunkt, als sie hierangekommen waren, wen nicht sogar noch etwas dunkler. Astral und die anderen Astralwesen auf dem Rücken des Drachen leuchteten weit sichtbar in jede Richtung. Nicht einmal Galaxieaugen selbst war so auffällig, trotz seiner blauen Schuppen und der sprichwörtlichen Energie, die ihm innewohnte. Bei einem Blick auf den Horizont entdeckte Kaito etwas, das nicht natürlich aussah. Mit zusammengekniffenen Augenbrauen versuchte er, etwas mehr zu erkennen und als hätte er seinem Monster einen Befehl erteilt, verlor es langsam an Höhe, um seinem Meister einen besseren Blick zu ermöglichen. Und als sie näher kamen, erkannte Kaito, dass es sich bei dem, was er gesehen hatte, um ein Dorf handelte. Oder was von ihr übrig war. Die meisten Häuser waren vollkommen zerstört und glichen eher einem Haufen Steinen als einem Gebäude, Straßen und Plätze waren verwüstet und zerstört. Nichts schien verschont worden zu sein. Neugierig geworden befahl Kaito seinem Drachen, zu landen. Astral warf ihm einen Blick zu, als das Monster schließlich sanft auf dem Boden aufsetzte und seine Passagiere absteigen ließ.

„Wartet hier“, meinte der Mensch und machte sich auf den Weg. Tara wollte ihn erst begleiten, doch ein junges Mädchen hielt sie fest, so dass sie nur die Hand nach Kaito ausstreckte, bis er sich kurz zu ihr umdrehte und sie anlächelte. Dadurch etwas beruhigt ließ sie sich von dem Mädchen zurück zu ihrem Beschützer bringen, der die großen Flügel schützend über die Flüchtlinge gelegt hatte.

Astral folgte Kaito und zusammen betraten sie das zerstörte Dorf.

Aus der Nähe erkannten die beiden jetzt das ganze Ausmaß der Zerstörung. Kaum eines der Häuser war noch bewohnbar. Die meisten waren in sich zusammengestürzt und hatten mit Sicherheit den einen oder anderen der Bewohner unter sich begraben. Astral fiel auf, dass die Bauweise der Gebäude nicht zu dem passte, was er kannte. Die Häuser der Astralwesen waren eher runder Natur. Sie wiesen bei weitem weniger Kanten auf und waren normalerweise aus anderen Materialien als Stein gebaut. Die Bewohner der Astralwelt fühlten sich in Gebäuden aus Stein eher unwohl. Meistens nutzten sie den natürlich vorkommenden Kristall der Astralwelt zum Bauen von Häusern oder wie im Flüchtlingslager Holz. Deshalb war er nicht sicher, was genau das hier zu bedeuten hatte. Wer hatte hier gelebt? Die Antwort auf diese ungestellte Frage sollte er schon bald erhalten, denn nur kurz danach wurde ihre Aufmerksamkeit auf einen leblosen Körper auf der Straße gelenkt. Von weitem war kaum etwas zu erkennen, abgesehen von der menschlich anmutenden Körperstruktur mit Armen und Beinen. Bei näherer Betrachtung allerdings weiteten sich Astrals Augen. Vor ihnen lag nichts anderes als ein Barianer. Offensichtlich männlich, wirkte er wie eine billige Version der Bariankaiser. Seine Haut war von einem dunklen grün, einige wenige Edelsteine waren auf seinem Körper zu sehen, die in einem helleren Grün schimmerten. Seine graue Kleidung war zerrissen und schmutzig von Dreck und Blut. Er hatte mehrere Verletzungen und einer seiner Arme war in einem seltsamen Winkel verdreht. Seine Augen waren geschlossen und dreckige, mit Staub und Blut verklebte, weiße Haarsträhnen klebten in seinem charakteristischen barianischen Gesicht ohne Mund und Nase.

Sprachlos starrten Kaito und Astral den Barianer an und schließlich kniete sich der Mensch zu ihm hinunter und hob dessen linke Hand am Handgelenk an. Er wusste zwar nicht genau, ob Barianer einen Puls besaßen, doch schließlich bluteten sie. Deshalb prüfte Kaito am Handgelenk, ob das Herz des Barianers noch immer schlug und wurde enttäuscht. Vorsichtig legte er dessen kalte Hand zurück und blickte Astral wortlos an.

„Er ist tot?“, fragte das Geschöpf leise und Kaito nickte.

Der Mensch erhob sich wieder und sah sich erneut um. Was war hier nur geschehen? Ein schmerzlicher Zug hatte sich auf Kaitos Gesicht gelegt. Wie viele Tote mochte es hier wohl noch geben? Wie viele beendete Leben, zerstörte Träume und geweinte Tränen verbargen sich unter diesen Bergen von Schutt? Tief durchatmend schloss der Blonde die Augen, als er eine sanfte Berührung an seinem Arm wahrnahm. Daraufhin schaute er Astral an und folgte dessen Blick. In der zerstörten Tür eines eingestürzten Hauses stand eine junge Barianerin und blickte sie stumm an. Dann setzte sie sich langsam in Bewegung und kam auf sie zu, ohne den Blick von ihnen abzuwenden. Auch ihre Kleidung war verdreckt und wies mehrere Löcher und Risse auf. Doch ansonsten schien sie unverletzt zu sein. Ihr blutrotes langes Haar wehte in einer aufkommenden Brise und ihre blauen Augen erinnerten Kaito und Astral unweigerlich an Mizael. Direkt vor den beiden Besuchern blieb sie stehen und verbeugte sich, bevor sie zu sprechen begann.

„Willkommen.“

Ihre Stimme klang leicht verzerrt, als spräche sie durch ein Telefon oder ein Walkie-Talkie.

Dann hockte sie sich auf den Boden zu dem Toten und strich diesem zärtlich eine weiße Haarsträhne aus dem Gesicht.

Astral und Kaito waren sich nicht sicher, ob sie etwas sagen sollten oder lieber nicht, denn die junge Frau schien sich bereits nicht mehr für sie zu interessieren. Stumm hockte sie bei dem Verstorbenen und strich über dessen Wange, als wollte sie ihn sanft aufwecken. Kaito vermutete, sie kannte ihn.

„Ihr dürft nicht hier bleiben.“, meinte sie schließlich und obwohl sie weder Astral noch Kaito ansah, wussten sie beide, dass sie mit ihnen sprach.

„Wieso? Was ist hier geschehen? Wer hat euch das angetan?“, fragte Astral und es fiel ihm nicht so leicht wie sonst, seine Stimme ruhig und klar zu halten. Es schien egal zu sein, wo sie auch hingingen, überall fanden sie nur Tod und Zerstörung.

„Die Dunkelheit.“

Und wieder war sie es gewesen. Eigentlich hätten sie es sich denken müssen. Wer oder was sonst konnte in dieser Welt gerade eine solche Zerstörung anrichten, wenn nicht die Dunkelheit?

„Sie verzehrt Astralwesen und tötet Barianer. Wir können nichts gegen sie ausrichten… Obwohl wir als unastrale Wesen in der Lage wären, die Hüllen aufzuhalten, sind wir zu schwach. Ohne unsere Herrscher haben wir keine Chance zu kämpfen. Wir besitzen doch keine besonderen Kräfte, so wie sie.“

Richtig. Astral hatte die sieben Bariankaiser mithilfe des Numeron-Codes in die Menschenwelt geschickt, um ihre verlorenen und durch Don Thousand korrumpierten Leben zu vergelten und ihnen die Möglichkeit auf ein neues zu geben, eines im Licht und ohne Dunkelheit. Doch so hatte er den Barianern die Führung genommen. Er hatte sie zurückgelassen in einer neuen, unbekannten Welt, die sie wahrscheinlich nicht verstanden und ohne jemanden, der sie führte, der ihnen half, sich zurechtzufinden und neue Leben aufzubauen.

Das Astralwesen presste die zitternden Lippen aufeinander und schwieg. Er hatte nicht darüber nachgedacht, was die Entscheidung für die Barianer bedeuten konnte.

„Versucht die Dunkelheit nicht, euch zu verzehren?“

Kaito hatte sich zu der jungen Barianerin hinunter begeben, damit er nicht auf sie hinunterschauen musste und sein Blick ruhte auf ihrem in seinen Augen so unvollständigen Gesicht. Es wirkte nicht wie ein Gesicht, sondern eher wie eine Maske. Und doch erkannte er die Emotionen darin wie in jedem menschlichen Gesicht. Er sah die Trauer und die Angst. Er sah die Hoffnungslosigkeit und Wut auf alles und nichts. Sie drehte ihren Kopf in seine Richtung und eine rote Haarsträhne fiel ihr ins Gesicht. Sie strich sie mit einer geschmeidigen Bewegung zurück, bevor sie ihm antwortete.

„Nein, Duellant“, erwiderte sie und Kaito stutzte ob der Bezeichnung, die sie für ihn verwendet hatte, bis ihm einfiel, dass man die Duel Disk an seinem Handgelenk wahrscheinlich genauso schwer übersehen konnte wie das Monster, das kurz vor dem Dorf wartete.

„Die Dunkelheit kann uns nicht verzehren. Denn wir sind Dunkelheit. Wo Astralwesen das Licht verkörpern, verkörpern wir die Dunkelheit. Wir kennen die Dunkelheit und fürchten sie nicht. Deshalb kann sie uns nicht korrumpieren.“

Kaito nickte.

„Ich verstehe.“

„Und jetzt solltet ihr gehen. Es ist hier nicht sicher.“

Sie erhob sich, wenn auch leicht widerwillig und blickte Astral ins Gesicht. Sie machte einen Schritt auf ihn zu und dem Astralen stand in den Augen geschrieben, dass er am liebsten vor ihr zurückgewichen wäre. Trotz allem war sie eine Barianerin und zu vergessen, was gewesen war, würde sicher noch lang dauern. Doch er blieb an Ort und Stelle schweben und hielt sein Gesicht neutral. Als sie vor ihm stehen blieb und eine Hand an sein Gesicht hob, zuckte er trotz seiner Selbstbeherrschung zusammen, doch schnell merkte er, dass sie ihm nichts Böses wollte. Sie fuhr lediglich einmal sanft mit ihren Fingern über Astrals Wange, bevor sie seine Hand nahm und einen mundlosen Kuss darauf hauchte. Dann trat sie wieder einen Schritt zurück und blickte in Astrals verwirrtes Gesicht.

„Du hast uns viel genommen, Astral“, sagte sie. „Du nahmst uns die Herrscher unserer Welt, alle sieben. Du verbanntest uns in eine uns unbekannte Welt, einer Welt, die nicht gemacht ist, um Wesen wie uns zu beherbergen. Ohne Heimat waren wir verloren in einer Welt voller Licht.“

Sie machte eine kleine Pause.

„Doch du hast uns auch viel gegeben. Du gabst uns ein neues Leben und dank dir wissen wir jetzt, dass nicht alle Astralwesen schlecht sind. Viele von ihnen haben uns geholfen, uns zurechtzufinden. Haben uns verteidigt gegen jene, die uns nicht trauen. Du zeigtest uns, was wir verloren hatten. Was Liebe bedeutet, Zuneigung und Freundschaft.

Du gabst uns eine Zukunft, die wir auf andere Weise niemals gehabt hätten. Und dafür danke ich dir.“

Kaito lächelte sacht, als er Astrals Reaktion auf das beobachtete, was die junge Frau ihm gesagt hatte. Gerade vorhin noch hatte er sich innerlich selbst gepeinigt, weil er nicht darüber nachgedacht hatte, was der Zusammenschluss der beiden Welten und der Verlust ihrer Kaiser für die Barianer bedeutet hatte und jetzt, wo er sah, dass sie es schaffen konnten, dass sie sich ein Leben hier in der Astralwelt aufbauen konnten und ihm nicht übel nahmen, was er getan hatte, war es, als wäre ihm ein riesiger Stein vom Herzen gefallen, von dem er nicht gewusst hatte, dass er da gewesen war.

„Ich danke dir“, erwiderte der Astrale leise.

„Und jetzt geht. Los.“

„Kommt ihr denn hier zurecht?, fragte Kaito.

Sie nickte, schob sie beide leicht nach vorn und begleitete sie noch ein Stück in Richtung des Drachen, den Kaito in einiger Entfernung brüllen hören konnte. Offenbar wurde er langsam ungeduldig. Auf ihrem Weg entdeckten die beiden Besucher nun immer mehr Barianer, die aus ihren Verstecken kamen, um sie zu sehen. Sie alle sahen abgekämpft und müde aus und Kaito freute sich zu sehen, dass es auch unter ihnen Kinder gab. Mit großen, neugierigen Augen standen sie zwischen den Erwachsenen, die sie an den Händen hielten und blickten die beiden Unbekannten an, die durch ihr zerstörtes Dorf liefen. Einige der Beobachter verbeugten sich, andere winkten und als ihre rothaarige Führerin schließlich stehen blieb, gesellten sich einige zu ihr.

Kaito und Astral gingen allein weiter, wurden allerdings noch einmal von ihr aufgehalten.

„Astral.“

Sie blieben stehen und drehten sich zu ihr um.

„Viel Glück.“

Darauf antwortete das Astralwesen mit einem Lächeln, bevor es sich zusammen mit dem Duellanten zurück zu den wartenden Flüchtlingen machte. Sie kletterten erneut alle auf den Rücken des majestätischen Drachen, der daraufhin mit einem lauten Brüllen in die Luft stieg. Wirklich groß reden konnten sie jetzt nicht, da der Wind erneut um ihre Ohren peitschte, so dass jeder erst einmal mit sich selbst das eben Erlebte ausmachte. Astral hatte Antworten auf einige seiner Fragen erhalten und doch waren noch viele unbeantwortet. Er würde mit Najm darüber sprechen, wenn sie ihn und Yuma gefunden hatten.

Yuma.

Ihn hatte Astral in all der Hektik und dem Chaos fast vergessen. Hoffentlich ging es ihm gut. So wie er seinen Partner kannte, hatte Najm alle Hände voll zu tun, ihn zu bremsen und ihn von Dummheiten abzuhalten. Aber so wie er seinen Wächterkameraden einschätzte, konnte der sich schon gegen den Teenager behaupten. Und immerhin kannte der Violette sich hier aus, wusste, was los war – sogar besser als er selbst – und wenn Yuma auch nur ein bisschen sein Hirn anstrengte, würde er auf das hören, was der andere sagte. Und dann würden sie schon zurechtkommen. Hoffte er.

Es dauerte etwa eine Stunde, bis sie die schroffen Berge aus dunklem Gestein überwunden hatten, die sich in der Nähe des Dorfes befanden und Astral war sich fast sicher, dass diese Berge aus der Barianwelt stammten. Er konnte sich nicht erinnern, dass es in seiner Heimat solches Gestein gegeben hatte, als er aufgebrochen war. Also hatte sich auch die Astralwelt gewandelt. Und kaum waren sie darüber hinweg geflogen, als sich vor ihnen ein Ozean erstreckte. Das Rot des Himmels ließ das Wasser wie Blut erscheinen. Und doch war es unleugbar wunderschön. Diese Weite, wenn auch blutig, war atemberaubend. Bis zum Horizont erstreckte es sich und Kaito erkannte die leichte Rundung, die der Horizont auf der Erde aufgrund ihrer Krümmung ebenfalls aufwies. Entweder war die Astralwelt also ebenfalls auf einem Planeten angesiedelt, so wie die ihre oder aber das war eine optische Täuschung, die auf die Verwandtschaft und Verbundenheit der beiden Welten zurückzuführen war. Kaito entschied, dass sie den Ozean nicht überqueren würden, da er nicht wusste, wie lang Galaxieaugen noch zu ihrer Verfügung stand und er keine Lust hatte, mit Astralwesen und Drachen unterzugehen. Der Duellant spürte inzwischen immer deutlicher, dass die Tatsache, dass sein Monster noch hier war, an seinen Kräften zehrte und es war wahrscheinlich, dass sie bald zu Fuß würden weiter müssen. Deshalb drehte der Drache ab und folgte dem Strandverlauf des Meeres. Nicht einmal eine halbe Stunde später war es dann soweit. Galaxieaugen landete und ließ die Flüchtlinge absteigen, bevor er sich ein letztes Mal zu einem erschöpften Kaito hinunter beugte und dann verschwand. Sie machten eine Pause, damit Kaito sich erholen konnte und inzwischen waren sie wieder weiter ins Landesinnere vorgestoßen, so dass sie das blutrot schimmernde Meer nur noch durch einige Bäume hindurch sehen konnten, wenn sie sich anstrengten. Müde setzte sich Kaito und lehnte sich an einen der Bäume. Tara kam sofort zu ihm herüber und kuschelte sich an ihn, während er eine nArm auf ihren Schopf legte und die Augen schloss. Astral schwebte zwischen den anderen Flüchtlingen hin und her und versuchte, ihnen Mut zu machen, als sie von weiter hinten schnelle Schritte vernahmen. Astral drehte sich sofort um, denn er kannte diese Schritte wie niemand sonst und schließlich tauchte zwischen den Bäumen der schwarze Schopf Yumas auf, der strahlte wie ein Honigkuchen.

„ASTRAL!“, rief er und bekam jetzt auch die Aufmerksamkeit Kaitos. Dieser öffnete nach diesem enthusiastischen Schrei die Augen, blieb allerdings sitzen. Er war einfach zu erledigt, um sich jetzt zu bewegen. Ein Lächeln schlich sich allerdings auf seine Züge, als er sah, wie Yuma seinen Partner sofort überfiel und ihn so fest umarmte, als hätten sie sich Jahre nicht gesehen.

Astral erwiderte die Umarmung mit etwas weniger Enthusiasmus, obwohl er sich wahrscheinlich mindestens genauso sehr freute, Yuma zu sehen wie umgekehrt. Doch er war eben niemand, der seine Gefühle auf der Zunge trug. Schließlich löste Yuma die Umarmung auf und hielt Astral an den Schultern fest, um ihn von Kopf bis Fuß zu mustern.

„Geht’s dir gut? Wo ist Kaito? Ist irgendwas passiert? Was habt ihr gemacht?“

Diese und noch unendlich viele weiter Fragen prasselten auf das Astralwesen nieder und noch bevor er auch nur die Worte finden konnte, eine zu beantworten, hatte Yuma schon mindestens zwei weitere gestellt. Also drehte Astral sich so, dass er den Blick auf die Flüchtlinge und Kaito freigab und sofort verstummte Yuma wie vom Blitz getroffen. Offenbar hatten Kaito und sein Partner einiges erlebt.

Seine Augen flogen über die Astralwesen, die leicht verschüchtert zusammenstanden und abgekämpft und erschöpft aussahen. Yuma sah Frauen und Männer, Erwachsene und Kinder und das kleine Mädchen, das sich an Kaito schmiegte, sorgte dafür, dass eine der Augenbrauen des Schwarzhaarigen in die Höhe wanderten.

Also offenbar hatte Astral eine Menge zu berichten, so wie sich die Situation hier darstellte.

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Das wars. :3

Das nächste Kapitel gibt es wahrscheinlich erst im neuen Jahr. Mal sehen, ob die Feiertage ein bisschen Zeit hergeben. :D

Ansonsten wünsche ich all meinen Lesern und auch den lieben Freischaltern und Animexx-Admins/Mods fröhliche Weihnachten und einen guten und schmerzfreien Rutsch ins Jahr 2015! Lasst euch reich beschenken und beschenkt die reich, die ihr lieb habt. *euch alle beschenk* :3
 

Ich freue mich wie immer über Kommentare, konstruktive Kritik und Favoriteneinträge. :3
 

Grüße und Weihnachtsplätzchen,

euer Weihnachtswiesellein :D

Erst jetzt merke ich, wie unterschiedlich wir wirklich sind

Hallo, meine Lieben...
 

Ich entschuldige mich bei euch allen für die viel viel viel zu lange Wartezeit, doch ich stecke derzeit in einer furchtbaren Schreibkrise... Die Tatsache, dass Darkness Ahead inzwischen als abgebrochen galt, hat mich aber etwas aufgerüttelt, so dass ich mich mal wieder zum Schreiben motivieren konnte und das seit Monaten begonnene Kapitel endlich fertig ist.

Wie das allerdings weitergeht, kann ich euch nicht sagen.

Ich habe noch keine genauen Vorstellungen davon, was als nächstes passiert und muss die Bruchstücke, die ich habe, erst noch irgendwie verbinden. Ich versuche aber, dass es nicht wieder so lange dauert, wie mit diesem Kapitel...

Jetzt bedanke ich mich noch für Kommentare und gute Wünsche (auch, wenn die schon lange her sind xD) und für euch gibt es noch ein kleines Bildchen, das ich schon vor einiger Zeit gezeichnet hatte , in den Illustrationen.
 

Und jetzt wünsche ich euch allen viel Spaß und drückt mir die Daumen, dass mir bald was einfällt. :3
 

Grüße und Kekse,

euer Wieselchen ♥
 

Kapitel 17

Beobachtung 60: Erst jetzt merke ich, wie unterschiedlich wir wirklich sind.
 

In diesem Augenblick trat Eliphas zwischen den Bäumen hervor und warf erst einen Blick auf die Flüchtlinge, bevor er Kaito kurz musterte. Das musste also Najms Auserwählter sein. Er machte einen starken Eindruck, auch wenn er gerade ziemlich erschöpft wirkte. Doch ihm war sofort aufgefallen, dass die leicht verschreckt wirkenden Astralwesen, die in einer kleinen Gruppe beisammen standen, ihm vertrauten. Denn als sie Eliphas entdeckt hatten, den wahrscheinlich keiner von ihnen persönlich kannte, waren sie etwas näher zu ihm getreten, so als könne er sie beschützen. Und das Kind auf dem Schoß des Menschen war ebenfalls mehr als nur ein dezenter Hinweis.

All das sprach für Najms Wahl.

Offenbar hatten der Duellant und Astral die anderen gerettet. Zumindest war das am naheliegendsten, wenn er sich den allgemeinen Zustand der Astralwesen so ansah. Ihre Kleidung war abgetragen und alt, wenn auch gut gepflegt. Sie wirkten allerdings sehr verschreckt und misstrauisch, viele von ihnen sahen abgemagert aus und er war sicher, sie waren alle hungrig und durstig.

Eliphas vermutete, Astral und der Mensch waren in einem der kleineren Flüchtlingslager gelandet, nachdem sie von Yuma und Najm getrennt worden waren und hatten diese Flüchtlinge gerettet. Also war wohl wieder ein Flüchtlingslager ausgelöscht worden.

Das Glück im Unglück dieser Tatsache war wohl nur, dass die beiden jetzt mit der Situation schon recht vertraut sein müssten. Also war es nicht mehr nötig, so viel zu erklären.

Yuma plapperte derzeit auf Astral ein und erzählte ihm lang und breit alles, was Najm und er erlebt hatten und zwischendurch stellte er immer wieder Fragen, ohne darauf zu warten, dass Astral sie beantwortete. Es war Eliphas, der ihn schließlich unterbrach.

„Yuma. Reden können wir später. Jetzt sollten wir aufbrechen. Je eher wir das tun, desto eher sind alle in Sicherheit und Astral und dein Freund können deine Fragen beantworten.“

Der Schwarzhaarige unterbrach sich selbst und nickte.

Da der astrale Krieger nicht umhinkam, mitzubekommen, dass die Astralwesen noch immer misstrauisch waren, ging er langsam zu ihnen hinüber und stellte sich vor. Sofort wich der Argwohn aus ihren Gesichtern, denn sie kannten seinen Namen natürlich. Auch wenn sie ihm bisher kein Gesicht hatten zuordnen können. Yuma half seinem Freund zwischenzeitlich beim Aufstehen, während das kleine Mädchen ihn aufmerksam beobachtete. Sie wirkte nicht verängstigt, eher wachsam. Als wolle sie aufpassen, dass der Fremde ihrem Freund auch ja nichts tat. Als alle sich langsam in Bewegung setzten, herrschte erstaunlicherweise Stille. Niemand sprach. Es waren nur die Geräusche der Füße zu hören, die nicht über dem Boden schwebten. Doch schließlich nutzte Astral die Gunst der Stille und stellte Yuma seinerseits eine Frage. Daraufhin bekam er nicht nur die Aufmerksamkeit seines Partners, sondern auch die von Eliphas, Kaito und den meisten anderen.

„Wo ist eigentlich Najm? Ist er nicht bei euch?“

Yuma warf erst einen Blick auf den astralen Krieger, um zu sehen, ob dieser die Frage beantworten wollte, doch Eliphas blieb stumm, weshalb der Duellant das übernahm.

„Der ist in der Stadt geblieben. Mit seiner Verletzung wollte Eliphas ihn nicht mitnehmen, obwohl er unbedingt beim Suchen helfen wollte.“

„Verletzung?“, antwortete diesmal Kaito und man hörte eine gewisse Sorge in der dunklen Stimme des Blonden. Auch wenn der Violette so ganz anders war als Astral und sehr viel nervenaufreibender, hatte er ihn doch schon ein wenig ins Herz geschlossen. „Doch nichts Ernstes, hoffe ich…“

Yuma winkte ab.

„Er hat sich den Fuß verstaucht, als wir gestern vor ein paar Hüllen geflohen sind. Aber sonst ist alles in Ordnung.“

Kaito nickte und warf einen kurzen Blick auf das Mädchen, das, die kleine Hand in seiner, neben ihm herlief. Der Mensch fand wohl in jeder Welt jemanden, den er bemuttern konnte. Bei dem Gedanken musste Yuma schmunzeln. War ja schon irgendwie süß. Kaito machte ja eigentlich immer so auf Eisblock, vor allem früher, auch wenn er noch immer gern so tat, als könnte ihn nichts wirklich berühren, doch wenn er mit kleinen Kindern zusammen war, sah man, wie lieb und knuddelig er eigentlich sein konnte. Wie ein Teddybär.

In diesem Moment ploppte ein Bild vor seinem inneren Auge auf von Kaito in einem braunen Teddybär-Kostüm und er prustete los. Das bescherte ihm verwirrte Blicke von allen und er versuchte sofort, sich zu beruhigen. Sollte Kaito jemals von diesem Gedanken erfahren, wäre er mal lebendig gewesen…

„‘Tschuldigung…“, murmelte er, noch immer ab und zu leise kichernd. Dieses Bild würde er nie mehr loswerden… Jedes Mal, wenn er Kaito jetzt ansah, würde es vor seinem inneren Auge auftauchen, da war sich Yuma vollkommen sicher.

Der Marsch dauerte etwas über eine Stunde und Kaitos Erschöpfung wuchs. Er hatte nicht allzu lang Zeit gehabt, sich auszuruhen, nachdem sein Monster sich dematerialisiert hatte, doch er wusste auch, dass es am besten war, an einen sicheren Ort zu gelangen. Vor allem für Astral und die Flüchtlinge. Deshalb setzte er weiter einen Fuß vor den anderen, ohne sich zu beschweren. Und schließlich erreichten sie einen weiteren Wald. Doch dieser war anders als der, den sie bereits gesehen hatten. Das Leuchten war auch hier allgegenwärtig, doch die Bäume waren größer, höher, und so gerade und symmetrisch gewachsen, dass sie auf keinen Fall natürlich sein konnten. Und auch der Boden war anders. Keine Farne, kein Moos, kein Gras. Es sah eher aus wie…Kristall. Und bei einem genauen Blick auf einen der Bäume erkannte Kaito, dass auch dieser offenbar aus Kristall bestand. Er blieb stehen und berührte den Stamm des Baumes mit seinen Fingerspitzen, spürte, wie dessen Energie durch sie hindurch floss und in seinen Körper hinein. Es kribbelte etwas, war aber keineswegs unangenehm und er fühlte sich gleich etwas besser. Er konnte zwar noch immer keine Bäume ausreißen und würde sicher trotz allem sofort einschlafen, sobald sein Kopf etwas berührte, das auch nur ansatzweise ein Kissen sein könnte, doch immerhin fühlte sich der Mensch frisch genug, um den Weg bis zu dem riesigen Gebäude zurücklegen zu können, das ihn auf seltsame Weise an einen Pilz erinnerte. In der Nähe hörte er ein Rauschen, das sehr wie das Meer klang und sonst waren nur noch die anderen zu hören, wie sie leise sprachen, das Rascheln von Kleidung und Yumas leise Schritte. Ohne diese Geräusche war es hier sicher totenstill. Astral gesellte sich zu Kaito und fasste ihn am Arm.

„Komm, Kaito. Wir sind fast da. Dort kannst du dich ausruhen.“

„Wo sind wir?“, fragte der Mensch, während sie gemeinsam zu den anderen zurückgingen, die schon ein ganzes Stück weiter waren als sie.

Astral, der noch immer den Arm des Menschen hielt, blickte kurz zu dem pilzartigen Gebäude, das sich vor ihnen in den Baumkronen erstreckte und so groß sein musste, dass es sicher ganz Heartland hätte fassen können, bevor er Kaito antwortete.

„Das hier ist der Kristallwald. Und das dort vorn ist Sūraj (Hindi Urdu Sonne), die Hauptstadt der Astralwelt.“

Ein lautloses „Oh“ verließ Kaitos sinnlichen Mund, als er mit neuem Interesse und einem kaum zu übersehenden Respekt zu dem riesigen Gebäude hochblickte. Sie schlossen langsam zu den anderen auf, doch Astral hatte gerade nicht das Bedürfnis, sich ihnen wieder anzuschließen. Während des Weges hierher war ihm bewusst geworden, dass es für ihn jetzt wohl fast unmöglich sein würde, Zeit mit Kaito allein zu verbringen, weshalb er diese wenigen Minuten, die ihnen jetzt blieben, möglichst lang genießen wollte. Deshalb schloss er die Augen und genoss die Wärme, die vom Arm des Menschen auf ihn übersprang, genoss die Berührung und die Nähe zu dem Blonden. Doch schließlich kamen sie bei der Gruppe an und schon kurz darauf erreichten sie den Sockel des Gebäudes. Erst jetzt konnten sie sich einen halbwegs realistischen Eindruck von den wahren Ausmaßen dessen machen, was die Hauptstadt der Astralwelt war. Allein der Sockel hatte einen gewaltigen Durchmesser, welchen man von Weitem nicht einmal hatte erahnen können. Ganz zu schweigen von dem, was auf diesem Sockel ruhte, hoch über ihren Köpfen. Dass es überhaupt dort oben blieb und der Sockel nicht einfach brach wie ein Streichholz, war in Kaitos Augen ein Wunder. Yuma, der diesen Anblick ja bereits einmal zu genießen vermocht hatte, war nicht ganz so eingeschüchtert davon, doch auch er hatte sich noch nie hier unten direkt unter der Stadt aufgehalten und war nicht weniger froh als Kaito, als sie den Sockel betraten und mit einer Art Fahrstuhl nach oben fuhren.

Oben angekommen, wurden sie von einigen Astralwesen erwartet, unter anderem Najm, der sofort auf Kaito zugeschwebt kam und ihn stürmisch umarmte, fast so, wie Yuma es bei Astral getan hatte.

„Kaito! Dir geht’s gut! Dem Kristall sei Dank!“, rief er, während er seine Nase in Kaitos blondem Haar vergrub und auch das leise Kichern einiger der anderen Anwesenden konnte ihn nicht davon abhalten. Kaito selbst war leicht verblüfft und ein wenig irritiert über diese überschwängliche Begrüßung, allerdings wunderte er sich in Bezug auf den Wächter inzwischen über gar nichts mehr. Astral versuchte, nicht allzu eifersüchtig auszusehen und beschloss, Najm einfach zu ignorieren. Stattdessen schwebte er hinüber zu Ena, die zusammen mit ein paar anderen ebenfalls hier war.

„Ena“, meinte er und umarmte sie kurz.

Die junge Frau lächelte und erwiderte die Umarmung.

„Ich freue mich, dass du hier bist, Astral. Ich war, ehrlich gesagt, ein wenig in Sorge, weil du einfach nicht heim gekommen bist, obwohl deine Aufgabe abgeschlossen war. Doch jetzt bist du endlich zurück.“

Der Wächter lächelte daraufhin nur leicht gequält. Er konnte sich nicht dazu überwinden, ihr zu sagen, dass er wahrscheinlich nicht hierblieb. Wieder wanderte sein Blick unwillkürlich zu Kaito hinüber, der mit Najm sprach. Wenigstens umklammerte der Violette ihn inzwischen nicht mehr…

„Und das ist also Najms Auserwählter…“, meine Ena nun, während sie Astrals Blick folgte. „Er ist älter als Yuma, nicht wahr?“

Die Astrale hatte nicht allzu viel Ahnung von der Welt der Menschen und wusste nicht, wie man dort das Alter festlegte. Also konnte sie nur vermuten. Astral bestätigte ihre Vermutung nickend.

„Ja, ist er.“

„Kennst du ihn gut?“

Astral seufzte. Das brachte ihm die Aufmerksamkeit der jungen Frau zurück und sie musterte ihn interessiert. Sie nahm das Leuchten in den verschiedenfarbigen Augen wahr, die zitternde Unterlippe und die leichte Bläue auf Astrals Wangen und verstand.

Ein liebevolles Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht.

„Du magst ihn.“

Die Bläue auf Astrals Wangen vertiefte sich und er öffnete den Mund, um zu widersprechen. Doch ein Blick in Enas wissendes und äußerst zufriedenes Gesicht ließ ihn schweigen und er verschloss seine Lippen wieder, ohne ein Wort gesagt zu haben.

Die Frau legte ihm eine Hand auf die Schulter und drückte sie leicht.

„Du musst dich dafür nicht schämen, Astral. Auch für uns ist die Liebe eine vollkommen natürliche Sache, selbst wenn es bei Wächtern nicht allzu oft vorkommt, dass sie sich verlieben. Und sie ist toll, oder nicht?“

Astral war sich nicht so sicher, dass diese Liebe, die er für Kaito empfand, wirklich so toll war. Er presste seine Lippen aufeinander und warf einen weiteren Blick auf den Menschen. Wie konnte etwas toll ein, das so sehr schmerzte? Wie konnte etwas toll sein, das ihn so egoistisch werden ließ, dass er die Sicherheit Kaitos über die seiner Heimat stellte?

„Ich…“, begann er, brach jedoch ab. Es schmerzte so sehr. So sehr, zu wissen, dass Kaito seine Gefühle nicht erwiderte.

Ena sah, dass etwas in Astrals Innerem vorging und strich ihm über die Wange. Sie ahnte etwas. Immerhin war Astral laut ihres Wissens noch nie zuvor verliebt gewesen, also wusste er nicht, wie man mit diesem Gefühl am besten umging. Und sicher war er erschrocken über seine Gedanken und Gefühle in Bezug auf den Menschen.

„Wenn du reden möchtest, ich bin für dich da. Da weißt du, ja?“

Astral nickte. Ena fasste ihn an der Hand und führte ihn zurück zu den anderen, die gerade ein scheinbar ernstes Gespräch führten.

Die Flüchtlinge waren nicht mehr zu sehen. Wahrscheinlich wurden sie bereits untergebracht, damit sie sich ausruhen konnten. Najm schwebte hinter Kaito und hatte seine Arme auf dessen blondem Schopf verschränkt und sein Kinn auf sie gebettet. Es wirkte leicht seltsam, aber Kaito hatte sich offenbar damit abgefunden. Sein Gesicht war ernst und auch Eliphas und die anderen Wächter hatten eine ernste Miene aufgesetzt. Nur Yuma schien keine Ahnung zu haben, worum es ging. Als Astral und Ena näherkamen, hörte der Wächter einen Gesprächsfetzen und wusste gleich darauf, worum es ging.

Kaito sprach. Und er sprach über den Angriff auf das Flüchtlingslager. Über Astrum und Corvo.

„Also habt ihr ihn getroffen. Corvo“, erwiderte Eliphas gerade. Kaito nickte bestätigend.

„Was ist mit ihm geschehen?“, konnte Astral sich nicht verkneifen, zu fragen. „Er war so…dunkel.“ Ein anderes Wort fiel dem Wächter nicht ein, um zu beschreiben, wie der andere sich verhalten hatte. Natürlich konnte Astral nicht beurteilen, wie Corvo gewesen war, bevor er der Dunkelheit verfiel, da sie sich nie kennengelernt hatten. Doch alles, was er über seinen Vorgänger gelernt hatte, stand in völligem Widerspruch zu dem Corvo, dem er in diesem Wald begegnet war.

„Wer ist Corvo?“, fragte Yuma, wurde jedoch von allen Anwesenden ignoriert.

„Das wissen wir leider nicht, Astral“, antwortete Eliphas. „Um ehrlich zu sein, hielten wir Corvo für vernichtet. Sonst hätten wir dich nicht erschaffen müssen.“

Kaito runzelte die Stirn, als Eliphas davon sprach, Astral erschaffen zu haben, hielt sich allerdings mit Fragen zurück. Das war nicht der richtige Ort und Zeitpunkt dafür.

„Wer ist Corvo?“, versuchte es Yuma erneut, doch wieder wurde er vollkommen ignoriert.

„Was wir allerdings wissen, ist, dass er offenbar der General der Dunkelheit ist. Er koordiniert die Angriffe, er befiehlt die Hüllen und die Späher und er entscheidet, wer getötet und wer verzehrt wird.“

Astral dachte an die Barianer. Also war es auch Corvo gewesen, der beschlossen hatte, sie zu vernichten.

„Wer zum Teufel ist CORVO!?“, rief Yuma, inzwischen leicht verärgert über die Tatsache, dass sich hier niemand mit ihm beschäftigte. Aufgrund seiner erhöhten Lautstärke erlangte er dieses Mal allerdings die Aufmerksamkeit der anderen, die ihn leicht irritiert anblickten. Fast so, als hätten sie vollkommen vergessen, dass er überhaupt da war.

„Corvo ist mein Vorgänger, Yuma“, erwiderte Astral schließlich, allerdings wurde Yumas Gesicht nur noch fragender. Manchmal kam er mit der kryptischen Sprache seines Freundes wirklich nicht zurecht. Astral las natürlich richtig in den Zügen des Menschen und präzisierte seine Aussage.

„Bevor ich erschaffen wurde, um Don Thousand zu vernichten, gab es bereits einmal einen Wächter, der das tun sollte. Dieser Wächter war Corvo.“

Auch Kaito hörte Astral aufmerksam zu, denn auch er kannte die genauen Umstände nicht und wusste nur das, was er gesehen hatte. Der Rest waren nur Vermutungen, die sich jetzt allerdings zu bestätigen schienen, während Astral erzählte. Doch wieder stolperte der Blonde über das Wort „erschaffen“, das der andere verwendete.

„Er führte einen harten und langwierigen Kampf voller Siege und Niederlagen, der unsere Welt noch bis heute prägt. Am Ende jedoch war er nicht erfolgreich. Lange Zeit hielten wir ihn für tot. Doch er wurde ein Symbol. Er wurde ein Symbol dafür, dass wir niemals aufgeben würden, gegen das Chaos zu kämpfen. Seine Niederlage war es letztendlich, die die Astralwelt zu dem gemacht hat, was sie lange Zeit war. Denn nach Corvos Verschwinden verfielen die Astralen in Trauer um ihren Helden und schworen, Don Thousand mit noch größerem Einsatz zu bekämpfen, bis er zerstört würde. Und sie fixierten sich auf das Rank Up.“

So war das also gewesen. Corvos Niederlage hatte sie dazu gedrängt, im Rank zu steigen, um bessere Chancen gegen Don Thousand zu haben. Und sie stiegen immer weiter und weiter und vergaßen dabei alles andere. Um nicht noch einmal eine Niederlage zu erleiden und einen der Ihren zu verlieren.

„Ich verstehe…“, meinte der Schwarzhaarige und wirkte plötzlich, als sei ihm sein Ausbruch peinlich.

Astral blickte seinen Freund einen Moment lang an und warf ihm ein aufmunterndes Lächeln zu.

„Also…“, fing nun Kaito an. „Was tun wir? Wie können wir Corvo und die Dunkelheit aufhalten?“

Darauf folgte allerdings eine fast schon bedrückende Stille. Niemand konnte dem Duellanten darauf antworten. Sie hatten einfach nicht genug Informationen, wussten nicht einmal, was genau die Dunkelheit war. Alles, was sie bisher gesehen hatten, waren nur Bruchstücke und Teile eines Puzzles gewesen und davon gab es noch zu viele, die sie nicht kannten. Kaito vermochte nicht, die Teile, die sie bereits besaßen, zu einem Ganzen zusammenzusetzen. Und so wie ihm ging es jedem in diesem Raum. Nicht einmal Ena und Eliphas, die schon sehr viel länger mit der Dunkelheit rangen, konnten sehr viel mehr sagen. Vielleicht konnte Najm ihm ja noch ein paar Dinge erzählen, die ihm helfen konnten. Denn wenn er nicht herausfand, was die Dunkelheit wirklich war, konnte er sie nicht bezwingen. Er blickte in die hilflosen Gesichter seiner Kameraden. Doch was er sah, zeigte ihm, was er tun musste. Er brauchte Informationen.

Bevor er allerdings etwas sagen konnte, meldete sich Ena zu Wort. Sie klatschte einmal in dioe Hände und erschreckte so die meisten Anwesenden fast zu Tode.

„Genug jetzt damit“, meinte sie. „Es ist spät und wir sind alle erschöpft. Also… Astral…“

Sie drehte sich zu dem Wächter um und lächelte ihn spitzbübisch an.

„Wie wärs, wenn du Kaito zu seinem Zimmer bringst? Ihr beide braucht auf jeden Fall viel Ruhe. Ihr könnt euch später weiter den Kopf zerbrechen. Und ihr…“

Begann sie erneut und nahm so Yuma und Najm den Wind aus den Segeln, während Astrals Wangen eine Nuance blauer wurden.

„Ihr geht auch schlafen. Na los, husch husch!“

Sie scheuchte Najm und Yuma vor sich her und auch Eliphas zog sich leicht grinsend zurück. Ena war schon manchmal eine Persönlichkeit für sich.

Natürlich wusste Astral genau, weshalb die Astrale sich so verhalten hatte und er spürte förmlich, wie ihm das Blut in den Kopf stieg. Doch gleichzeitig war er ihr auch dankbar dafür, denn so konnte er etwas Zeit mit Kaito allein verbringen. Sie machten sich gemeinsam auf den Weg und eine kleine Weile schwiegen sie, während die einzigen Geräusche um sie herum Kaito verursachte, dessen leise Schritte leicht in dem kristallinen Flur widerhallten. Es war noch immer so unwirklich…

„Astral, sag mal…“, meinte der Mensch schließlich und seine Stimme klang durch den Hall leicht verzerrt.

„Hmmm?“, hörte er das Astralwesen und drehte den Kopf in die Richtung des anderen. Sein Blick fiel auf Astrals Profil und ihm fiel wieder einmal auf, wie geradlinig, markant und geschmeidig dessen Gesicht im seitlichen Profil aussah. Er wirkte wie eine perfekt modellierte kristalline Skulptur. Obwohl Kaito ja inzwischen wusste, dass auch Astrals so makellos ausschauende Haut nur so aussah. Wie die Haut eines Menschen wies auch die des Astralwesens kleine Unebenheiten auf, die ihn allerdings nur lebendiger wirken ließen.

„Du sagtest vorhin, du wärst erschaffen worden…“

Astral drehte den Kopf und erwiderte Kaitos Blick.

„Das stimmt. Ich wurde erschaffen. Warum?“

Kaito blinzelte ein paar Mal.

„Werden Astralwesen nicht geboren?“

Diesmal blinzelte Astral, bis diesem einfiel, dass Kaito ja gar nichts Genaues darüber wusste, wie Astralwesen entstanden. Ein schmales Lächeln schlich sich auf seine kristallinen Züge und er nahm Kaitos Hand.

„Komm mit.“

Er führte ihn in einen anderen Korridor, der allerdings genauso aussah wie der vorherige. Kaito spürte die zierlichen Finger in seinen und sie fühlten sich kühl an. Doch je länger Kaito sie festhielt, desto wärmer wurden sie. Schließlich erreichten die beiden das Ende des Korridors und blieben vor einer großen, zweiflügeligen Tür stehen. Astral ließ Kaitos Hand los und zusammen öffneten sie einen der großen Flügel. Sie schlüpften durch den entstandenen Spalt und als Kaito sich dem Raum zudrehte, in dem sie sich nun befanden, blieb ihm für einen Moment die Luft im Hals stecken. Seine Augen wurden groß und in Ehrfurcht erstarrt ließ er den Anblick auf sich wirken, der sich ihm bot. Astral und er standen in einem riesigen Saal, dessen kristalline Wände aus sich selbst heraus leicht schimmerten. Riesige Säulen stützten eine hohe Decke und gaben dem großen Raum die Erhabenheit eines Thronsaales. Im hinteren Bereich entdeckte Kaito einen großen, wunderschönen, durchscheinenden, unbehandelten Kristall, dessen Spitzen wie die Zacken einer Krone in Richtung der Decke ragten. Das Licht der Wände wurde von dem Kristall reflektiert und zurückgeworfen, so dass der gesamte Saal von einem wunderschönen Lichtspiel erhellt wurde. Vor den Säulen hingen kleine Kugeln an silbernen Ständern in Baumform, die ein sanftes, kaltweißes Licht in den Raum gossen wie flüssiges Silber und alles in allem verschmolzen all diese Lichtquellen zu einer einzigen, die sich wie eine warme Decke in den Raum legte und Kaito den Atem raubte.

Erneut griff Astral nach Kaito Hand und führte ihn weiter, vorbei an den Säulen und den silbernen Lichtbäumchen bis hin zu einer kleinen kristallinen Treppe, die sie auf ein Podest führte. Auf diesem ruhte der Kristall, der jetzt, wo Kaito näher gekommen war, erst seine wahren Ausmaße erkennen ließ. Der Mensch hatte noch nie einen größeren Kristall gesehen. Das massive Gebilde war höher als er selbst und bestand aus nicht nur einer Kristallspitze, sondern vielen. Sie besaßen unterschiedliche Größen und Höhen und Kaito stellte sich so einen Kristall vor, der ohne die Einmischung der Menschen seit Jahrmillionen langsam wuchs.

„Das ist der Kristall“, hörte er Astrals leise Stimme neben sich. „Er ist der Ursprung der Astralwelt. Aus ihm werden wir geboren, wenn du es so nennen möchtest.“

Astral ließ Kaitos Hand los und trat einige weitere Schritte an den riesigen Kristall heran.

„Du weißt, dass Menschen, die in eurer Welt sterben, entweder in die Astralwelt oder die Barianwelt kommen bzw. kamen. Doch eigentlich tun sie das auch nicht. Zumindest nicht ihre Körper. Was zu uns kommt, ist nur ihre Seele. Gute Menschen mit einer reinen Seele kommen hier her. Der Kristall ruft ihr Licht und die Seelen folgen diesem Ruf. Er nimmt sie in sich auf, komprimiert sie und erschafft ein Astralwesen aus ihnen. Jedes Astralwesen, das du in diesem Flüchtlingscamp gerettet hast, war einmal ein Mensch. Sie wachsen auf und leben ein Leben in dieser Welt. Während dieser Zeit wird alles, was der Mensch in seinem Leben erlebt hat, verarbeitet, die Seele wird gereinigt und in ihren ursprünglichsten Zustand zurückversetzt. Wenn dieser Prozess dann abgeschlossen ist, kehrt das Astralwesen zum Kristall zurück und wird erneut ein Teil von ihm. Die Seele wird zurück in eure Welt entsandt und dort wiedergeboren.“

Den Blick auf den riesigen Kristall gerichtet, hörte Kaito Astral stumm zu und was er hörte, war so unglaublich, dass er es gar nicht wirklich erfassen konnte. Er hörte gerade die Antwort auf das größte Rätsel der Menschheit. Astral gab ihm das, was jede Religion, jeder Mensch so unbedingt wissen wollte. Die Antwort auf die Frage, was nach dem Tod geschah.

„Es ist aber für die Astralwesen kein Tod in dem Sinne. Das Wesen des Astralwesens bleibt im Kristall zurück und jedes zukünftige wird einen Teil dessen in sich tragen. So lebt jedes Astralwesen in der nächsten Generation fort.“

„Das hört sich schön an…“, meinte Kaito leise und schaute an dem Kristall empor.

Aus einem ihm unerfindlichen Grund wollte er nicht zu laut sprechen. Vielleicht störte er die Seelen im Inneren des Kristalls ja…

Nur wusste Kaito bisher noch immer nicht, was es bedeutete, das Astral „erschaffen“ wurde.

„Aber was ist mit dir? Wurdest du auch so…geboren?“

Der Blick seiner grau-blauen Augen wanderte über den Kristall und dann zu Astrals Gesicht, während dieser sich zu ihm umdrehte.

„Nein. Ich wurde aus dem Kristall geboren…“, begann das Astralwesen, während es eine seiner zierlichen Hände auf die makellose Oberfläche des riesigen Kristalls legte. „Doch nicht aus der Seele eines Menschen. Wächter wie Najm und ich werden aus der Energie des Ursprungs geboren, bzw. erschaffen, die dem Kristall innewohnt. Diese Energie ist es gewesen, die die Astralwelt geschaffen hat. Und sie ist es auch, die unsere Welt am Leben erhält.“

Als Astral dem Menschen das erklärte, merkte er erst, wie unterschiedlich er und Kaito eigentlich waren. Es war ein wenig erschreckend, wenn er so darüber nachdachte. Astral lebte zwar, doch er wurde nicht geboren, so wie Kaito. Seine Haut bestand aus etwas anderem als Kaitos, etwas anorganischem… In seinen Adern floss Blut, er aß und trank… Doch selbst das lief bei ihnen vollkommen anders ab als bei Menschen. Sie verarbeiten komplett, was sie zu sich nahmen. Das bedeutete, sie mussten nicht, wie Menschen auf Toilette gehen. Wie viele Gemeinsamkeiten würde Astral wohl finden, wenn er Astralwesen und Menschen verglich…? Er war kurz tief in Gedanken, ließ sich das aber nicht anmerken.

„Corvo und ich sind besonders.

Da unsere Hauptaufgabe darin bestand, Don Thousand zu bezwingen, wurde bei unserer Erschaffung mehr der Energie verwendet, als für die anderen Wächter. Das machte uns stärker. Die anderen Astralwesen werden ohne unser Zutun aus dem Kristall geboren. Komm mit, ich zeig es dir.“

Er führte Kaito an eine der Seiten des riesigen Kristalls und dort entdeckte der Duellant einige Kristallspitzen, in denen kleine, runde Lichtkugeln eingeschlossen waren. Sie pulsierten leicht und bei einigen entdeckte Kaito, dass sich um sie herum eine Art Hülle zu bilden begann.

„Sind das…Seelen?“

Astral nickte.

„Ja. Das sind menschliche Seelen. Sie verbleiben so lang im Kristall, bis dieser eine Hülle für sie geschaffen hat. Dann wird er sie freigeben und aus diesen körperlosen Seelen sind Astralwesen geworden.“

Fasziniert beobachtete Kaito die Seelen im Kristall, während Astral weitersprach.

„Anders als diese Seelen werden Wächter nicht ohne das Zutun der Astralwesen geschaffen. Wir bitten um Hilfestellung und geben dem Kristall einen Kern, um den herum er mit Hilfe der Energie des Ursprungs dann einen Wächter erschafft. Je nachdem, woraus dieser Kern bestand, sieht der erschaffene Wächter am Ende anders aus. Kerne bilden in der Astralwelt die bei euch als Heil- und Edelsteine bekannten Mineralien. Najms Kern war ein von euch Amethyst genannter Stein. Und der von Corvo und mir war ein…“

„…Diamant“, beendete Kaito den Satz des anderen leise und Astral war leicht überrascht.

„Das stimmt. Woher wusstest du das?“

Der Mensch löste den Blick von den im Kristall eingeschlossenen Seelen und blickte in das so hübsche Gesicht des Astralwesens.

Woher wusste er, dass Astrals Kern ein Diamant war? Man sah es ihm an. Er wirkte genauso unbezahlbar und genauso wunderschön wie ein reiner, geschliffener Diamant. Obwohl er nicht sicher war, ob diese Gedanken wirklich objektiv waren oder eher davon herrührten, dass er bis über beide Ohren verliebt war. Allerdings konnte er das schlecht sagen. Deshalb sagte er was anderes.

„Der Diamant gilt in der Welt der Menschen als das härteste Material, das existiert. Kein den Menschen bekanntes Material kann einen Diamanten zerstören. Sie sind, wenn du es so willst, die stärksten Edelsteine. Und wenn ihr eine so schwere Aufgabe hattet, wie Don Thousand zu vernichten, musstet ihr so stark sein, wie möglich. Deshalb hielt ich den Diamant für ein logisches Material für einen Kern.“

Astral lächelte und Kaitos Herz hüpfte in seiner Brust.

„Klingt logisch…“

„Aber das bedeutet, dass du der einzige bist, der in der Lage wäre, Corvo aufzuhalten, oder? Denn kein anderer Wächter ist so stark wie ihr.“

Astral senkte den Kopf und nickte.

Dann war es ja ganz gut, dass er mit gekommen war. Sogar unverschämtes Glück.

„Los… Es ist spät. Gehen wir uns ausruhen. Du musst so erschöpft sein von den Kämpfen und der Beschwörung deiner Monster… Ganz zu schweigen von dem Fußmarsch.“

Kaito merkte natürlich, dass der andere vom Thema ablenken wollte, doch er sprach ihn nicht darauf an. Er konnte ja niemanden zwingen, mit ihm über Dinge zu sprechen, die der andere lieber für sich behielt. Er folgte Astral und bevor sie den Saal verließen, drehte er sich noch einmal um und ließ den Anblick des riesigen Kristalls und des Raumes an sich auf sich wirken. Diesen Anblick würde er niemals wieder vergessen…

Astral führte ihn durch noch einige Korridore und der Mensch hatte das Gefühl, er würde sich hier womöglich ständig verlaufen. Vor einer Tür stoppte der Astrale und drehte sich zu dem Duellanten um.

„Hier sind wir. Schlaf gut.“

„Du auch“, antwortete Kaito leise und versank leicht in den Augen Astrals, während es diesem nicht anders ging. Sie standen eine Weile einfach da und blickten sich an und Astral hätte sich beinahe vorgebeugt, um Kaito zu küssen. Gerade in diesem Moment hatte das Astralwesen mal wieder das furchtbare Bedürfnis und es fiel ihm unglaublich schwer, ihm nicht nachzugeben. Schließlich riss sich Astral von den wunderschönen Augen Kaitos los und ließ diesen allein, damit der Mensch sich ausruhte. Während Astral davon schwebte, hörte er die leisen Geräusche einer sich öffnenden und wieder schließenden Tür und erst, als es wieder still war, erhöhte er das Tempo, um möglichst schnell möglichst weit von Kaito wegzukommen…
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
 

Das wars.

Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen und ihr bleibt mir treu, obwohl ich so ein megalahmes Wiesel bin. :B

Ich freue mich wie immer über konstruktive Kritik, Kommentare und Favoriteneinträge. :3
 

Grüße und Kekse,

euer Wieselchen ♥



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Kommentare zu dieser Fanfic (20)
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Von:  ReginaldKastle16
2016-08-07T15:46:11+00:00 07.08.2016 17:46
Als du geschrieben hast:
"einmal war sogar Mizael mit dabei und erkundigte sich im Namen der restlichen sechs der Sieben Könige nach seinem Befinden." War ich verwirrt denn Shark und Rio gehören auch zu den sieben Imperatoren also müsste da stehen das Mizael von den anderen 5 Imperatoren nach seinem Befinden fragt. Sonst war alles logisch und gut zu verstehen.
Von:  Sakura_Kuromi
2016-03-26T01:24:06+00:00 26.03.2016 02:24
Hui was für ein knuffiges Kapitel.

Ich würde mich freuen wenn du weiterschreibst^^

Uh~ Schreibblockaden sind böse... Ich hab eine in meiner allerersten Geschichte ( und die schwerste -Sachthema Mobbing is net so einfach ^^°) und da tut sich seit ca 10 Jahren nichts mehr >_<
Hab andere Projekte vorgeschoben die mir wichtiger und aktueller waren.
Aber es gibt etwas was noch schlimmer ist: Ne Geschichte tippen zu wollen wenn weder PC noch Laptop zugänglich sind xD

Ich hoffe für dich, dass du die Blockade bald loswirst ;)

Lg Sakura Kuromi
Von:  Sakura_Kuromi
2016-03-25T21:50:23+00:00 25.03.2016 22:50
Hallo^^
Hab heute Mittag deine FF gefunden und les sie grad durch xD

Dabai kann ich mit dem pairing Astral x Kaito nichts anfangen... Na egal, du beschreibst das ganze so dass ich mir nur denk wie putzig die doch eigentlich sind obwohl ich immer noch zu Astral x Yuma odee Astral x Black Mist tendiere xD

und eigentlich wollte ich erst am Ende einen Kommi dalassen, ABER...

Ich finde es echt cool, dass du das Stenbild Rabe mit einbezogen hast?
Kennst du eigentlich die Mythologie zu diesem Sternbild? Ich mag sie aber mir wäre nie eingefallen das in einer ff zu verwenden. Toll ^^

Lg Sakura Kuromi
Von: abgemeldet
2014-12-24T22:23:00+00:00 24.12.2014 23:23
Das Kapitel war echt Wow. *O*
Endlich trefen sich Yuma und Astral wieder. Bin ich auch frfroh darüber, dass es Astral und Kaito es geschafft und wohl auf sind.
Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel.
Wieder wünsche ich dir frohe Weihnachten und ein schönes neues Jahr.

LG^^Alien^^

Von: abgemeldet
2014-12-16T20:43:17+00:00 16.12.2014 21:43
Das Kapitel war echt großartig und spannend *-* der Kampf - einfach toll. Ich liebe dieses FF :3
In jeden Kapitel wird es spannender und fantastischer. Ich freue mich schon sehr auf das nächste Kapitel.

LG^^Alien^^
Antwort von: abgemeldet
16.12.2014 21:52
Ach ja ich wünsche dir auch noch schöne Weihnachten^^
Von: abgemeldet
2014-11-30T13:11:11+00:00 30.11.2014 14:11
Hey ein echt klasse Kapitel^^
Schön dass es weiter geht.
Von: abgemeldet
2014-11-24T15:42:33+00:00 24.11.2014 16:42
Das Kapitel war echt toll =D
Mach bitte schnell weiter. =)
Von: abgemeldet
2014-11-18T15:49:46+00:00 18.11.2014 16:49
Das Kapitel war großartig und cool. *-*
Von: abgemeldet
2014-11-09T18:00:43+00:00 09.11.2014 19:00
Wow das Kapitel war supertoll.
Von: abgemeldet
2014-11-01T17:00:35+00:00 01.11.2014 18:00
Wow das Kapi war großartig. Schreib bitte schnell weiter.


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