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Kirschblüte

1947 AU (Jeanmarco ♥)
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ein dickes Hallo von mir! Willkommen bei meiner ersten richtigen FF zu Shingeki no Kyojin. Es ist sogar das erste mal, dass ich über ein gleichgeschlechtliches Paar schreibe und wuaaah, das ist wie 'ne Premiere für mich. Ich hoffe, ihr findet gefallen daran und ich bin für Tipps und Ideen immer zu haben. Wundert euch nicht, dass es eine Weile dauert, bis Marco richtig vorkommt. Lasst euch nicht abschrecken, haha. <3 Komplett anzeigen

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Trost, 1947

Die ersten Sonnenstrahlen weckten ihn aus seinem halben Schlaf und er gab ein müdes Japsen von sich, als er sich noch mal auf die andere Seite des Bettes drehte und das Gesicht im Kissen vergrub. Es war nicht sonderlich ratsam spät ins Bett zu gehen, wenn man vier Stunden später wieder wach sein musste. Genau genommen hätte er sogar schon längst angezogen sein müssen, damit er es noch pünktlich schaffte. Das Frühstück fiel also aus. Eigentlich war dies kein Wunder, er hatte schon seit Wochen nicht mehr gefrühstückt. Ehrlich gesagt hatte er auch keinen Hunger.
 

Grummelnd und mit einer unglaublich verwüsteten Frisur, schwang Jean seine Beine aus dem Bett und kroch regelrecht zum Badezimmer. Der Wasserhahn wurde aufgedreht und das kalte Wasser schoss hinaus, in seine Handflächen und von dort aus schließlich in sein Gesicht. Kurz darauf wurde seine Frisur zurecht gekämmt und schließlich mit der Hand erst richtig gestellt. Er strich sich für einen Moment über seinen dunklen Undercut, während er etwas müde in den Spiegel schaute.
 

“Was wird dich heute erwarten, huh?”, fragte Jean sich selbst und stapfte aus dem Bad, nachdem er sich halbwegs Tagtauglich gemacht hatte. Gähnend zog er sich die Hose, sein weißes Hemd und darüber die schwarze Weste an. In die Schuhe war er ebenfalls schnell geschlüpft und wäre beinahe einfach so aus dem Apartment gegangen, wenn ihm nicht noch etwas wichtiges eingefallen.
 

Ein Polizist ging niemals ohne das Wertvollste aus dem Haus. In der Kommode neben seinem Bett hatte er sie niedergelegt. Nachdem er den Waffengurt angelegt hatte, bei welchem man den Revolver direkt unter dem Arm verstaute, schnappte er sich seine Jacke, seinen Schlüssel und verschloss die Tür seines Apartments hinter sich. Gerade als er einen Fuß in die Fußgängerzone gesetzt hatte, blieb er für einen Moment stehen und tastete seine Innentasche der Anzugjacke ab. Gott sei Dank. Er hatte schon befürchtet er müsse wieder ganz hinauf in die Wohnung sprinten um seine Geldbörse mitsamt seiner Marke zu holen. Erleichtert ging er also geradewegs zu seinem Wagen, ein schwarzer Cord 810 Softtop, und musste kurz darauf genervt seufzen. Erneut hatte man ihm einen Zettel an der Scheibe hinterlassen. Natürlich durfte er hier stehen. “Connie”, knurrte er und zerknüllte den Zettel bevor er einstieg, den Motor aufheulen ließ und schließlich zum Trost Police Department fuhr.
 

Etwas Gutes hatte es ja, dass er so früh los musste - wobei es schon Zeiten gab, wo er noch früher hatte aufstehen müssen - denn dadurch waren die Straßen immer relativ frei und es war ein entspannter Weg zur Arbeit, wenn es da nicht eine Ausnahme gäbe.
 

Etwa achthundert Meter vor seinem eigentlichen Ziel kam er am Straßenrand zum halten und lehnte sich in seinem Sitz zurück, während der Braunhaarige wartete. Er holte die Zigarettenschachtel aus dem Handschuhfach und klopfte sich gleich daraufhin eine hinaus, die er kurz darauf anzündete. Gerne wäre er einfach schon weiter gefahren, auch wenn er es nicht so eilig hatte, aber was tat man nicht alles für Arbeitskollegen. Jean erinnerte sich nicht einmal mehr, wie er sich dazu überreden lassen hat, eine Fahrgemeinschaft mit der wohl schrecklichsten Person zu gründen. Klar, es war auf dem Weg, aber dennoch hieß das noch lange nichts.
 

Ehe er sich versah wurde die Tür aufgerissen und grüne Augen schauten zu Jean rüber. “Du bist spät.”

“Du auch.”, erwiderte Jean lediglich und hätte ihm beinahe die Asche ins Gesicht geschnipst. Während sich der jüngere Braunhaarige auf dem Beifahrer bequem machte, startete Jean schon wieder den Wagen, die Zigarette zwischen den Lippen.
 

“Rauchen ist ungesund, duh.”, belehrte sein Beifahrer ihn und schnaubte verächtlich, wie jeden Tag. Dies sagte er verdammt jeden Tag. “Lass mir meine Morgen-Zigarette und halt die Klappe, klar Jaeger?”
 

Eren Jaeger, sechsundzwanzig Jahre alt, Mordkommission, meist sein Partner. Er wusste nicht genau weshalb sie ihn immer mit ihm zusammen steckten. Er befand, dass sie sich meist in ihren Ermittlungen behinderten, aber seit sie sich immer wieder versuchten wie in einem Wettkampf gegenseitig auszustechen indem sie die selben Fälle bearbeiteten, war es wahrscheinlich die beste Lösung. Das verblüffende war, dass diese Fahrt ruhiger war als sonst, wie Jean bemerkte. Für gewöhnlich gab der Braunhaarige nie sofort auf, nachdem er ihn ermahnte. “Alles okay bei dir?”, fragte er schließlich, nicht, als würde es ihn wirklich interessieren, aber er mochte es nicht, wenn etwas faul war. Eren runzelte die Stirn und warf mir einen sowohl überraschten, wie auch etwas angegriffenen Blick zu, als hätte Jean etwas falsches gesagt. “Was geht dich das an?”, fauchte der Grünäugige daraufhin und blickte nach rechts aus dem Fenster.
 

“Woah, ganz ruhig, klar? Mein Wagen, meine Fragen. Ich wundere mich nur, dass du so schweigsam bist.” Jean starrte auf das rote Licht der Ampel vor ihnen und tippte abwechselnd mit Zeigefinger und Mittelfinger auf das Lenkrad.
 

“Hatte Stress mit Mikasa, ist aber nichts Wildes.”, murmelte er schließlich offenbarend und atmete tief durch die Nase ein.

“Klingt nicht sonderlich so, als wäre es nichts ‘Wildes’.”

“Als ob du Ahnung hättest.”, raunte er als Antwort, wenn auch mehr für sich.

Jean hielt es für das richtige darauf nicht weiter einzugehen, sollte er doch machen was er wollte. Ihm gingen die Beziehungen von anderen Leuten sowieso nichts an. Eren war immerhin kein Kind mehr, er würde schon wissen was er tat. Solange er mit seinem Verhalten die Arbeit nicht behinderte.
 

Jean selbst hatte niemanden, mit dem er sich Streiten könnte, von Eren mal ganz abzusehen, und er fand auch, dies war mehr als genug. Natürlich machte man sich mit siebenundzwanzig irgendwann Gedanken über die Zukunft, aber bisher hatte es sich nicht sonderlich gut für ihn ergeben. Manchmal nahm die Arbeit einen ein und da hatte er wenig Lust sich noch um jemanden zu kümmern. Es reichte schon, wenn die Toten Aufmerksamkeit von ihm wollten. Nun, es war nicht so, als hätte er keine Beziehungen gehabt in seiner Vergangenheit. Aber wie gesagt, sie hatten ihn nicht wirklich begeistern oder halten können. Zwar war schon die Einstellung falsch, die er dem ganzen gegenüber brachte, aber wenn er sich lediglich gelangweilt und genervt fühlte, konnte es doch nicht richtig sein. Außerdem sparte man somit Geld.
 

“So, schwing deinen dreckigen Hintern aus meinem Wagen, sonst übernehme ich das.”, warf Jean ein, als der Wagen auf dem Parkplatz zum stehen kam und funkelte Eren zu.

“Keine Sorge, ich hatte nicht die Absicht gehabt in deinem stinkenden Wagen weiter herum zu sitzen.”

“Dann muss ich dich mit dem stinkenden Wagen ja nicht mehr abholen.”, entgegnete Jean zischend. Er vernahm Erens Stimme stockend im Hintergrund, als er zum Eingang des Departments ging. “Du schuldest mir im übrigen noch mindestens fünfzig Piepen.”, fügte er daraufhin hinzu und bevor Eren was deutliches von sich gab, versank er in Grummeln, setzte sich seinen Hut auf und zog etwas verärgert an seiner Jacke. Grinsend drückte Jean die Tür mit dem Rücken auf und befand sich gleich darauf schon im Flur des Trost Police Departments. Es war eigentlich groß, wirkte aber wegen der vielen Büros und Räume ziemlich eng. An der Rezeption nickte Jean einem Mann mit Glatze zu und steuerte schon die Treppe zu seiner Rechten an. Eren tat es ihm gleich und murmelte weiterhin unverständliche Worte. “Oi, bin ich dir auf den Schlips getreten?”, fragte Jean weiterhin triezend und blickte zu seinem Partner hinunter.
 

“Leck mich doch.”, sagte Eren lauter und funkelte zu dem Mann mit dem Undercut hoch.
 

“Vielleicht nach der Arbeit, ihr Turteltauben.” Es war jemand anderes der gesprochen hatte. Die Stimme war tief und hatte einen etwas kratzigen Unterton, wirkte sowohl latent genervt, wie auch gelangweilt, doch sollte man sich davon nicht beirren lassen.
 

“Chief”, grüßte Jean Levi nickend und zog die Hand aus dem Taschen um die inzwischen runter gebrannte Zigarette im Aschenbecher neben ihm zu zerdrücken. Sie waren gerade mal die Treppe hinauf gekommen und trafen jetzt schon auf den Mann, den viele mieden, obwohl er der Arbeitgeber war.
 

Levi Ackermann, für die meisten allerdings lediglich Chief, achtunddreißig Jahre alt und ‘Obermacker’ des Trost Police Departments, wie Jean es gerne Privat vertonte. Dicht hinter ihm war die etwas kleinere Petra Ackermann, geboren Ral, seine Frau und Sekretärin. Eren blickte zu ihm auf, wenn man bedachte, dass der ‘Wadenbeißer’ gerade mal gute eins sechzig war.
 

“Kirschstein, Jaeger, ich muss sagen, eure letzte Arbeit hat mich überrascht.”, begann der Schwarzhaarige zu erklären und griff zum Papierstapel, den Petra in ihren Händen hielt. Ihre kurzen Haare waren streng nach hinten gebunden, doch schien sie jetzt schon etwas gestresst und hier und da standen ein paar Strähnen ab. “W-wirklich? Vielen Dank.”, gab Eren etwas zögerlich von sich und ein Lächeln erschien auf seinen Lippen. Jean allerdings zog skeptisch die Brauen zusammen. Sie hatten noch nie ein Lob erhalten. Und ehe er sich versah, war seine Skepsis schon berechtigt.

Ihm wurden ein paar Zettel entgegen geworfen und sowohl Jean, wie auch Eren fuchtelten erst etwas wild herum, bevor sie die Zettel zufassen bekamen.

“Das war kein Kompliment, ihr Idioten.”, gab er von sich, sehr ruhig mit der Stimme, aber alles andere Innerlich. Definitiv. “Sechs verdammte Beschwerden. SECHS! Was zur Hölle treibt ihr eigentlich? Das hier ist kein verfick-” “Levi..”, murmelte Petra leise. “-verdammtes Spiel, verstanden? Wenn ihr das nicht bald auf die Reihe bekommt, schicke ich euch wieder zur Streife.” Mit den Worten machte er auf dem Absatz kehrt und stolzierte zurück zu seinem Büro auf der anderen Seite des Raumes. Zurück ließ er zwei perplexe Detektive und einen glucksenden, nah bei ihnen stehenden, Schrank.
 

“Ach, halt doch die Klappe, Reiner.”, knurrte Jean und zog die Brauen zusammen. “Er soll sich nicht so anstellen, wir haben den Typen doch erwischt. Etwas Schwund ist immer..”
 

Doch dies hielt den blonden, gut gebauten Mann nicht vom weiteren Gelächter ab. “Oh man, ich liebe eure Gesichtsausdrücke. Herrlich. Ich sollte mir ‘nen Taschenspiegel besorgen und euch den immer vorhalten, wenn Levi zu euch kommt.” Reiner Braun, dreißig Jahre alt, war Verkehrsdezernat und befasste sich vor allem mit Verkehrsunfällen und -morden. Er war eigentlich total in Ordnung, fand Jean, er hatte schon einmal das Vergnügen gehabt mit ihm zusammen zu arbeiten, da ein Fall in den anderen hinein führte.
 

“Irgendwann.. Irgendwann zahle ich es dir heim.”

“Soll das eine Drohung sein?”, schmunzelte der Blonde und klopfte seinem Arbeitskollegen auf die Schulter, sodass diese beinahe ausgekugelt wurde. Ohne darauf zu warten, ob Jean noch etwas dagegen sagen wollte, drehte er sich um und stiefelte zu seinem Abteil. Auch Jean und Eren taten dies und verschwanden in dem Büro. Der Mann mit den zweifarbigen Haaren ließ sich sofort in seinem Schreibtischsessel nieder und rollte damit zur Kaffeemaschine, die nach wenigen Minuten anfing zu sprudeln, während sie das Wasser kochte und daraufhin ein dunkles Gebräu in dem Behälter darunter erscheinen ließ.
 

“Dass du diesen Dreck trinken magst.”, fragte Eren sich abfällig und nahm ebenfalls an seinem Schreibtisch platz, nachdem er seinen Hut abgenommen und seine Jacke um den Stuhl gehangen hatte. Als er sich hinsetzte, fummelte er etwas unbeholfen an dem Verschluss seiner Hosenträger, ehe er mit einem ‘Scheißteil’ davon abließ.

Jean zuckte mit den Schultern. “Von mögen kann man nicht sprechen, aber wenn man danach nicht wach ist, dann weiß ich auch nicht.”

“Das ist wohl wahr.”, seufzte der Braunhaarige und beugte sich über die Zettel.
 

Nach einer schweigsamen Weile rutschte Jean mit dem Kaffee zurück zu seinem Tisch, nippte an dem Becher und verzog für einen Moment das Gesicht. Er vergaß über den Tag hinweg immer, wie grausam dieses Gesöff aus dem Büro schmeckte. “Ist Mikasa eigentlich auch so?”
 

“Huh?” Erens grünen Augen leuchtete für einen Moment zu Jean rüber und er lehnte sich weiter nach vorne. “Na, reicht sie auch Beschwerden bei dir ein? Und findet alles minderwertig?”

“Haha, sehr witzig, Trottel. Nur weil sie verwandt sind, heißt das nicht, dass sich deren Charakter ähnelt.” Jean lachte etwas unterdrückt, da er anderer Meinung war und stützte seinen Kopf am Kinn mit der linken Hand, während er mit der anderen die Zettel, die er abbekommen hatte, untersuchte. “Wann haben wir ‘nen Hund überfahren?”

“Echt jetzt?” Diesmal war es Eren der vor Lachen sich etwas weiter nach vorne beugte. “Ich hatte doch gewusst, dass da was gequietscht hatte, oh Gott.” Dies beantwortete Jeans Frage zwar nicht, aber es bestätigte, dass es wohl passiert war. Etwas räuspernd schob er die Zettelwirtschaft beiseite. “Die Leute beschweren sich aber auch bei allem, aber wenn man sie tot in der Gasse finden, dann wollen sie unsere Hilfe.”

“Ich weiß ja nicht, ob die das dann wirklich entscheiden, dass man ihnen hilft.”, entgegnete Eren und hob eine Augenbraue. Schweigend nahm Jean einen Beschwerdezettel, zerknüllte diesen und warf ihn hinüber zu dem Braunhaarigen, der noch versuchte auszuweichen, aber an der Schulter erwischt wurde.

“Deine Reflexe sind unter aller Sau, und du willst Cop sein?”

“Du kannst nicht mal treffen, ist viel schlimmer.”

“Du kannst mich mal, Jaeger.”

“Ach komm, du liebst mich.”, erwiderte er scherzend und wackelte mit den Augenbrauen.

“Oh ja und wie, und ich würde dich am liebsten als Schutzschild bei einem Schusswechsel benutzen.”

“Naw, das ist das süßeste was du jemals zu mir gesagt hast, Jeanbo.”
 

So in etwa ging es jeden Tag, sowohl während eines Falles, wie auch bei der bloßen Präsenz des anderen. Sie hatten sich schon damals nicht sonderlich leiden können, als sie jeweils noch Streifenpolizisten gewesen waren. Wobei man sagen musste, dass es damals viel schlimmer gewesen war. Besonders zur Zeit, als sich beide in die Schwester des Käptens, Levi, verguckt hatten. Seit dem macht er ihnen die Hölle heiß, obwohl es für Jean ganz klar auf der Hand lag, dass man ihn eigentlich verschonen müsste, da immerhin Eren der jenige war, der Mikasa letztendlich sogar geheiratet hatte.

Alles allerdings nur unwichtige Details, anscheinend.
 

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So lustig das beisammen sein auch sein konnte, früher oder später mussten sie sich mit dem Papierkram beschäftigen und diverse Entschuldigungen verzeichnen, berichte der letzten Fälle verfassen und noch einmal ein paar Rechtslagen für die Verhandlungen ihrer gefassten Täter durchgehen.
 

“Ich mach Mittagspause. Kommst du mit?”, fragte Eren und zog sich seine Jacke wieder über, ging zur Tür und blickte noch einmal zurück zu Jean. Dieser rieb sich etwas müde über den leichten Bart, den er sich schon vor einer Weile hatte rasieren wollen. “Ja, klar.” Auch er schnappte sich seine Jacke und begleitete ihn hinaus. Glücklicherweise trafen sie beim Weg hinaus nicht wieder auf Levi, allerdings auf Reiner, der gehetzt an ihnen vorbei huschte. Jean war gerade noch zur Seite ausgewichen. “Oi, Reiner! ‘was passiert?” Der Blonde legte sich gerade seine Jacke um und machte kurz vor den Stufen noch mal kehrt, hüpfte aber etwas auf der Stelle, als würde es unter seinen Füßen brennen. Das tat er immer, wenn er gehetzt war. “Hoffentlich nicht”, erwiderte er schnell. “Unfall an der Grenze von Chlorba und Trost.”

“Pass auf, du.”, rief Jean ihm noch nach, da stolperte dieser schon förmlich die Treppe hinunter.
 

“Erstaunlich viele Unfälle in letzter Zeit, findest du nicht?”, meinte Eren und ging ebenfalls die Treppe mit Jean hinunter, durch die Tür und fand sich nach wenigen Minuten im Wagen wieder.

“Können halt nicht alle so hervorragend fahren wie ich.”, antwortete Jean schmunzelnd und steckte den Schlüssel in den Zünder.

“Du fährst wie meine Oma.”, zog Eren Jean runter und grinste über seinen Erfolg, da Jean darauf erstmal nichts erwiderte.
 

Trost, die Stadt die für seine Verbrechen bekannt war. Es war eines der Städte, die eher aus der Unterschicht der Bevölkerung bestand. Mit der Zeit hatte sich zwar das düstere Image gebessert und an manchen Orten wurden sogar zur Aufbesserung teure Hotels gebaut, doch änderte dies nichts an der Rate der Verbrechen. An sich war Trost eine schöne Stadt. Sie hatten erstaunlich viele Parks, beziehungsweise Grünanlagen, und einige Museen und Galerien, doch die Menschen machten die Stadt. Jean fand es etwas übertrieben, wenn die Leute von Außerhalb davon sprachen wie gefährlich es doch sei. Gut, er konnte nicht behaupten wie es andernorts war, aber er fand es nun nicht übertrieben. Genau genommen wäre er doch sogar ohne dies alles arbeitslos.
 

Die Straßen waren belebter geworden. Von überall hörte man ab und zu das dröhnende Hupen. Auf den Fußgängerwegen liefen die Männer mit Aktenkoffern zur Arbeit, die Frauen in ihrer bunten Kleidern und den hochgesteckten Frisuren gingen einkaufen und hetzten ihren kleinen Kindern nach, die Läden klingelten, wenn jemand eintrat und ein anderer saß auf der Bank und las seine morgendliche Zeitung. Jean verstand nicht was sie alle hatten, er fand es äußerst friedlich. Trost, die Stadt die für Verbrechen bekannt war, im Jahr 1947.
 

“Woah! Halt an! Wir sind doch da!”, rief Eren plötzlich aus und wäre Jean beinahe entgegen gesprungen um den Wagen schnell zu stoppen, als wären sie an einem Mord vorbei gefahren.

“Ruhig, man.”, schnappte Jean und musste sein erschrockenes Herz erstmal wieder beruhigen. Er hatte wirklich zucken müssen, da er etwas schlimmes erwartet hatte. Bei der nächsten Möglichkeit wendete er seinen Cord und hielt auf dem, überraschender Weise, freien Parkplatz vor dem Braus Imbiss. Es war ein kleiner Imbiss, mit etwa fünfzehn Tischen und einer kleinen Theke. Als Jean und Eren hinein traten, wurden sie sofort begrüßt, als hätte die Person nur darauf gewartet, was nicht einmal so abwegig war.
 

Die junge Frau mit dem dunkel, leicht rostigem, braunen Haar warf sich förmlich auf die beiden Männer und gab ein unmenschliches Geräusch von sich. “Meine Lieblingsdetektive sind da!”, rief sie aus, sodass es jeder im Imbiss hören konnte. Gut, es waren auch vielleicht nur fünf, wovon auch nur einer hinter seiner Zeitung aufschaute, sich dann aber wieder seinem Fleisch auf dem Teller widmete.

Leicht gurgelnd klopfte Jean ihr auf den Rücken, ähnlich wie Eren, und sie ließ von ihnen ab, wenn auch weiterhin breit strahlend. “Das übliche?”, fragte sie daraufhin und die beiden lächelten. “Natürlich.”, sagten sie wie aus einem Munde und blickten sich kurz darauf etwas verstört an, konnten sich allerdings keine herablassenden Beschimpfungen zusprechen, da sie schon wieder von der Dunkelhaarigen überrascht worden. Sie hatte zwei Teller in ihren Händen und blickte die beiden verwirrt an. “Was steht ihr denn hier rum? Wollt ihr im stehen essen?”
 

“Sasha… wie…?”

“Ich weiß doch wann ihr vorbei kommt.”, kicherte sie und stellte das Essen einfach auf dem nächsten Tisch ab und zog sogar die Stühle etwas zurück und lud zum sitzen ein. Das war Sasha Braus, übereifrig wenn es ums essen ging. Die Geschichte, wie sie sich kennen lernten und schließlich eine solche feste freundschaftliche Verbindung hatten, war etwas unangenehm. Zumindest für Jean, auch wenn es sich nicht anmerken ließ. Eren und er hatten schon sehr früh angefangen hier ihre Mittagspause zu verbringen. Es war günstig und nicht weit weg, außerdem nicht so überfüllt wie die großen Restaurants mit ihren Leuchtreklamen. Jedenfalls hatte Jean früh angefangen ein Auge auf Sasha zu werfen und, er konnte sich nicht einmal mehr erinnern wieso, zumindest wachte er eines Tages in einem fremden Bett auf und erblickte sie neben sich. Naja, es war nichts festes geworden und das war auf beiden Seiten okay gewesen. Eren wusste dies und die erste Zeit hatte er Jean immer damit aufgezogen und gut und gerne seine Witze gerissen.
 

“Was wollt ihr den trinken, huh?”, fragte sie freundlich und lehnte sich sachte gegen Jean, tätschelte ihm den Kopf, während sie grinste, als würde sie etwas wissen. Eren war gerade dabei seine Jacke über die Stuhllehne zu hängen und wackelte mit der Nase. “Ich glaube jetzt hätte ich gerne einen Kaffee. ‘nen richtig schön starken Kaffee.”

“Bloß nicht, besser nicht. Alles, nur keinen überdrehten Jaeger.”

Sasha kicherte etwas und schaute kurz über die kleine Runde, um sich zu vergewissern, dass es niemand anderes sie gerade brauchte. Jean überlegte nur kurz. “Für mich reicht ‘n Wasser.”

“Das kannste auch aus dem Wasserhahn trinken, dafür zahlt man doch kein Geld.”, entgegnete Eren.

“So so, das merke ich mir, Mr. Jaeger.”, schmunzelte die Imbissbesitzerin und stieß ihm kurz mit der Faust gegen die Schulter. “Bertl, Schatz, kannst du einen Kaffee und ein Wasser für mich machen?”

Ein dumpfes Geräusch trat aus dem Nebenraum hinter der Theke und Jean zog die Brauen zusammen.

“Schatz?”

“Eifersüchtig?”

“W-was.. Nein, nein ich frag nur.”

Eren konnte nicht anders als zu glucksen und verschluckte sich beinahe an seiner eigenen Spucke, die ihm im Mund zusammen lief, während er sich die frittierten Kartoffeln und das Steak anschaute.

“Er ist nicht mein Mann, wenn du das denkst.”, kicherte sie leise. “Er arbeitet hier.”

“Was ist mit dem anderen?”

“Hat sich die Mäuse aus dem Topf geholt.”, seufzte sie.

Jean schüttelte den Kopf. “Hättest du mal was gesagt, ich wäre gerne vor seiner Haustür erschienen.”

“Ach, so viel war es nicht. Ich hatte keine Lust daraus eine große Nummer zu machen. Aber danke.”

Mit den Worten wandte sie sich ab und gesellte sich zu einem anderen Gast, welcher sich einen Nachschlag bestellte. Verständlich, denn wenn einer die besten Steaks machen konnte, dann war es Sasha Braus.
 

In der Zwischenzeit kam ein Mann an ihren Tisch und Jean wäre beinahe zusammen gezuckt. Der Typ war mindestens zwei Meter und das kleine Wasserglas in seiner Hand hätte auch beinahe ein Fingerhut sein können. Dies war dann wohl Bertl, oder wie auch immer sein richtiger Name war. Er stellte den Kaffee und das Glas ab, nahm die Wasserflasche und versuchte erst mit der bloßen Hand diese zu öffnen. Es hätte Jean nicht gewundert, wenn diese tatsächlich aufgegangen wäre. Stattdessen aber zog er ein Taschenmesser aus seiner Hose. Es war verziert und die Klinge sah aus dem Augenwinkel unglaublich scharf aus. Etwa vierzehn Zentimeter lang, mit Griff. Die Klinge an sich, Jean musste überlegen, acht oder sieben? Warum dachte er da überhaut drüber nach? Musste an der Arbeit liegen. Zumindest war die kleine Wasserflasche damit geöffnet worden und der mindestens zwei Meter Mann lächelte etwas schüchtern. Ein riesiger Kerl und schüchtern? Na, es gab alles. “Danke”, nickte Jean ihm zu und er nickte zurück, bevor er wegtrat.

“Komischer Kerl.”, flüsterte Eren und schob sich ein zu großes Stück seines Steaks in den Mund, was ihn angestrengt kauen ließ.

“Zumindest muss ich mir um Sasha keine Sorgen machen. Den Kerl greift doch niemand an.”

“Süß, dass du dir überhaupt Sorgen machst.”, ertönte daraufhin die Stimme der Dunkelhaarigen und schmunzelte Jean an. Dieser bemerkte, wie ihm etwas warm um die Ohren wurde und er räusperte sich. “Dazu musst du dich aber nicht verpflichtet fühlen.”, fügte sie noch hinzu und ihre Hand landete wieder in seinem Haar. Er erinnerte sich, dass sie eine gewisse Faszination dafür hegte. Eren gluckste für sich und machte auch nicht die Anstalten es heimlich zu tun. Jean zuckte mit den Schultern. “Tja, was will man machen. Will doch nicht, dass ich mir mein Mittag in Zukunft woanders besorgen muss und ich möchte mich auch ungern mit einem Fall meiner Freunde befassen müssen.” Sasha schmunzelte und goss Eren etwas Kaffee nach. “Keine Sorge, Jeany, ich hab Berthold bei mir, wie du sagtest. Solange der im Laden steht, wird sich keiner trauen mich auch nur anzufassen.”, kicherte sie und trat wieder vom Tisch weg, zu anderen Gästen. “Jeany? Warum höre ich das zum ersten mal?”, gurgelte Eren und ertränkte sein Lachen mit dem Kaffee. Jean funkelte nur zu ihm rüber. “Ich frage demnächst mal Mikasa, wie sie dich nennt.”, murmelte er lediglich und widmete sich letzt endlich auch seinem Essen, welches so unglaublich lecker duftete, dass er sich fragte, wie es überhaupt möglich gewesen war, dem so lange zu widerstehen.

"Oi, wollt ihr mal wieder in die Zeitung?"

“Vielen Dank.”, meinte der kleinere Braunhaarige und platzierte seinen Hut wieder auf den Schädel, nachdem er seine Jacke überwarf. Jean rieb sich noch kurz die Hände und erhob sich ebenfalls. “Gerne doch, ich hoffe es hat geschmeckt. Seid ihr morgen wieder da?”, lächelte Sasha und trocknete sich die Hände an der Schürze ab, bevor sie die leeren Teller vom Tisch nahm.

“Das fragst du noch? Natürlich und wenn nichts dazwischen kommt, sind wir sicherlich wieder da.”, entgegnete Jean schief lächelnd und war diesmal der jenige, der Sasha leicht den Kopf tätschelte, was sich so auch viel besser anbot, da er fast zwei Köpfe größer war als sie. Ein leichtes kichern trat aus ihrer Kehle und sie nickte ihnen zu. “Das ist fein. Dann sehen wir uns hoffentlich morgen wieder. Passt auf euch auf!”
 

“Aber immer!”

Mit den Worten traten sie hinaus und zurück zum Wagen. “Sag mal, Jeany-”, begann Eren und sein Partner warf ihm jetzt schon einen genervten Blick zu. Wunderbar, da hatte er wieder was gelernt. Die Türen wurden aufgerissen und sie nahmen Platz. “- Ich frag mich schon seit Jahren, weshalb ihr nicht zusammen seid. Warst du so schlecht?” Jean verstand natürlich sofort, worauf er anspielte und seufzte. “Es gibt noch Leute auf der Welt, die nicht gleich die erst beste nehmen, die sich bereit stellt.” Eren verzog das Gesicht. “Mikasa war nicht die erst beste. Die beste schon, aber nicht die erste.” Jean hob eine Augenbraue während er den Motor startete. “Und? Warum hast du dann nicht die anderen?” - “Weil ich die nicht geliebt habe? Oh, ah okay.” Eren lehnte sich zurück. “Auch wenn es mir nicht so vor kommt, als würdest du sie nicht lieben. Ich meine, ihr turtelt pausenlos herum. Und wie sie dich ansieht..” Nun lehnte sich Jean zurück und schaute kurz in den Rückspiegel, ehe er auf die Straße fuhr. “Man kann das vergangene nicht ungeschehen machen. Außerdem, was geht dich das überhaupt an? Hat sie dir etwas in den Kaffee gemischt?” - “Ich hab nur keine Lust dich irgendwann erhängt in deiner Bude zu finden, weil du dich so einsam fühlst.” Jean lachte etwas und warf Eren einen amüsierten Blick zu. “Ich bin gerührt, Eren. So viel Mitgefühl hätte ich dir gar nicht zugetraut.” - “Ach, halt’s Maul,… Arsch.”
 

Jean hatte schon genügend Fälle gesehen, bei welchem sich verzweifelte Frauen oder Männer selbst erdrosselt hatten. Ein extremer Fall war sogar Selbstverstümmelung gewesen. Es stellte sich heraus, dass der Mann an Depressionen litt und sich selbst hasste. Er war alleine, etwa dreißig Jahre alt und ein einfacher Obsthändler. Jean war sich sicher, dass er dies niemals tun würde. Dafür liebte er sich selbst viel zu sehr, als dass er sich selbst umbringen könnte. Wer tagtäglich mit dem Tod zutun hatte, hatte nach einer gewissen Zeit eine Abneigung dagegen.
 

“Oi, Oma, halt mal an.”, erklang Erens Stimme und Jean runzelte die Stirn, fuhr aber an die Seite. Noch bevor er fragen konnte, was los war, stieg der Dunkelhaarige aus und Jean folgte seinem Beispiel. Als er sah, wie sich Eren an das Waffenholster griff, aber seinen Revolver nicht zückte, spannte sich Jean augenblicklich an. “Dort drüben.”, wies Eren ihn schließlich an und Jeans Blick ging zur anderen Straßenseite, wo sich eine kleine scharr gebildet hatte. Es war vor einem Juwelier und man konnte den Grund für das Getümmel nicht sehen, aber dies würde sich bald ändern.

Jean und Eren warteten einen Moment und huschten dann über die Straße, drängten sich durch die kleine Schar von Menschen und wurden augenblicklich alarmiert, als ein Schuss ertönte. Eine Frau kreischte auf und die meisten der Scharr verstreuten sich fluchtartig. Noch bevor der Schall des Schusses verklungen war, hatten sowohl Jean wie auch Eren ihre Waffe gezogen. Ein Mann lag auf dem Boden und japste schwer, während das Blut aus seiner Schusswunde floss, welche direkt bei seinem Brustkorb aufzufinden war. Angespannt schaute er sich nach dem Täter um, was etwas kompliziert war, wenn alle wild herum rannten. “Jean!”, rief Eren alarmierend auf. “Da drüben!” Autos stoppten quietschend und hupend, als ein Mann panisch über die Straße rannte und während dessen sogar seinen Hut verlor. An Erens Seite stand eine verängstige Frau, er vermutete die Ladenbesitzerin, und sie nickte wild in seine Richtung. “Gib der Zentrale bescheid. Ich kümmere mich drum.”
 

Mit den Worten sprintete Jean voran, wich dabei knapp den Wagen auf der Straße aus und hetzte zur anderen Straßenseite. Einige Meter voran stolperte der vermeintliche Täter über den Asphalt. Hin und wieder stürzten ein paar Leute zur Seite, die er beiseite stieß und andere wichen in letzter Sekunde noch aus. Selbst Jean riefen einige Beleidigungen hinterher, was dies denn für ein Verhalten sei, aber dies war nun gerade wirklich vollkommen egal. “Stehen bleiben, oder ich schieße!”, warnte der Braunhaarige und hetzte dem Täter weiter hinterher, welcher etwas an Tempo verlor. Hervorragend. Jean hatte doch nicht jahrelang für so einen Mist trainiert, um sich dann von einem übereifrigen Mörder abhängen zu lassen. Die Drohung schien allerdings nicht ganz bei ihm angekommen zu sein, da er nicht den Anschein machte, als würde er sich ergeben. Stattdessen jagte er wieder auf die andere Straßenseite und hinein in eine Gasse, warf Mülltonnen um und kletterte, so gut er konnte, über einen Metallzaun, der gerade mal bis zur Hüfte ging. “Ich sag’s gerne noch mal!”, brüllte Jean, etwas außer Atem, und sprang mit einem Satz über den Zaun, folgte dem Täter weiterhin. Dieser kletterte ein metallisches Treppengeländer außerhalb von Apartmenthäusern hinauf, bis auf das Dach. Seufzend folgte Jean diesem auch dort hin. Was tat man nicht alles für Geld. “Sie machen es sich nur unnötig schwer.” Mit den Worten kam er gerade auf dem Dach an und konnte im rechten Moment noch zur Seite springen, da ertönte ein weiterer Schuss. Der Mann kam nicht weiter, da es keinen Weg vom Dach hinunter, oder zu einem anderen Dach gab. “Okay, jetzt ist Schluss mit lustig.”, knurrte Jean und zog die Brauen zornig zusammen. Der Mann richtete weiterhin zittrig die Waffe auf den Polizisten und Jean meinte sogar den Schweiß auf dessen Stirn in der Sonne glitzern zu sehen. Selbst wenn er weiter gerannt wäre, irgendwann wäre er von alleine zusammen gebrochen.
 

“I-ich bin unschuldig!”, rief der Mann aus und schluckte. Sein bärtiges Kinn zitterte und er machte einen Schritt zurück, als Jean nach vorne trat, ebenfalls den Revolver auf den Mann gegenüber gerichtet.

“Das zu glauben fällt mir etwas schwer, wenn Sie bereit sind, mich zu erschießen.”, entgegnete der Braunhaarige und machte einen weiteren Schritt nach vorne. Der Mann diesmal wich allerdings zurück. Verängstige Bürger mit Waffen waren niemals gut. Er musste schnell reagieren. Er konnte ihn nicht einfach erschießen.

“I-ich schwöre es!”

“Gut, dann beweisen Sie es auch. Legen Sie die Waffe nieder und wir können über alles reden.”

“…” Für einen Moment hatte er tatsächlich geglaubt, der Mann würde darauf reagieren, da er den Arm leicht senkte. “Ich will nicht in die Gaskammer!”, rief er aus und Jean sah, dass er abdrückte. Sofort zuckte er zusammen, wich zur Seite aus und drückte ab. Ähnlich wie das zerknüllte Papier, traf die Kugel die Schulter des Mannes und er flog förmlich zurück. Leider war Jeans Reaktion nicht die schnellste gewesen und auch er verzog das Gesicht nach dem Schuss. Blut sammelte sich in seinem Ärmel und er seufzte. Es war nur ein Streifschuss gewesen, aber dennoch versaute es eines seiner besten Hemden. Wunderbar. Ohne sich davon lange aufhalten zu lassen trat er schnell voran und kickte die Waffe des anderen beiseite. Daraufhin ging Jean in die Knie und drehte den verletzten Mann auf den Bauch, verschränkte dessen Arme hinter dem Rücken und zückte die Handschellen an seinem Gürtel. “Falls Sie es noch nicht bemerkt haben, Sie sind wegen Mord verhaftet. Mistkerl.”
 

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Zurück am Tatort wurde der Täter von anderen Polizisten abgeführt. Eren lehnte sich gegen die Fassade des Juweliers und trat zu Jean, nachdem er diesen erblickte. “Meine Güte, hat er dich echt erwischt?” - “Ich hab ihn besser erwischt.”, antwortete er darauf nur und rieb sich über den Nacken. “Kann ich mir wieder ein neues Hemd kaufen, tz. Lebt der andere noch?” Eren verzog das Gesicht. “Nein, ist kurze Zeit später verstorben. Ein paar Augenzeugen meinten, dass die Waffe ursprünglich die von dem Opfer war.” - “Also hat das Opfer eigentlich irgendwen überfallen?”

“Zumindest habe ich das so bisher verstanden. Aber Kollegen kümmern sich gerade um die Befragung.” Eren hob den Arm und klopfte Jean auf die Schulter. “Gut gemacht, würde ich sagen.”, lobte er seinen Partner und Jean musste dadurch doch etwas schmunzeln. “Du scheinst wirklich einen guten Tag zu haben, oder? Solltest dich öfter mit Mikasa streiten.”

“Überstrapazier dein Glück nicht, Pferdefresse.”

Jean musste daraufhin lachen und schüttelte den Kopf, bevor er seufzte. “Das bedeutete dann wohl noch mehr Papierkram.”

“Der schreit schon nach uns.”

Jean machte einen Schritt zurück und wollte gerade vom Tatort wegtreten, da hielt der anderen ihn wieder auf. “Sollen wir beim Krankenhaus anhalten?”

Der andere runzelte die Stirn und gab ein abfälliges schnauben von sich. “Ach was, das ist nur ein Streifschuss. Alles okay. Werde den Tag schon überleben.”
 

Gemeinsam gingen sie zu seinem Wagen und fuhren zurück zum Department. Zurück im Büro lehnte sich Jean in seinem Stuhl zurück und legte die Hände ins Gesicht. Eren gab ein lautes Gähnen von sich und fiel beinahe vornüber auf seinen Schreibtisch. Es dauerte keine Stunde, da bekamen sie schon die ersten Unterlagen zum Fall der vorherigen Stunde.
 

“Huh, scheint wohl so, dass der Kerl ursprünglich das Opfer war.”, gab Jean überrascht von sich und rieb sich die Schläfen. Eren ging zu dem Schreibtisch seines Partners und rollte mit seinem Stuhl neben ihn, um ebenfalls einen Blick in die Zettel zu haben.

“Ursprünglich trifft es gut. Ich verstehe einfach nicht, wie die so doof sein können dann weiterhin zu schießen.”, raunte Eren und schüttelte den Kopf. “Ich mein, damit schießen die sich förmlich ins eigene Bein.” Zustimmend nickte Jean und lehnte sich wieder zurück, überließ Eren die Zettel. Keine Sekunde darauf klopfte es an der Tür.
 

“Oi, wollt ihr mal wieder in die Zeitung?”, fragte ein braunhaariger, großer Polizist und lugte in das Büro hinein. Jean und Eren runzelten beide gleichzeitig die Stirn. “Wegen der Sache vorhin?”, fragte der Grünäugige und rutschte mit seinem Stuhl nach hinten, gegen die Wand. Franz nickte und deutete hinter sich. “Einer von der Presse war unter den Zeugen. Levi kann doch nie nein sagen zu positiven Berichten.” Eren erhob sich quietschend aus seinem Stuhl und schnappte sich seine Jacke. Jean hingegen sah darin keinen großen Sinn sich nun ordentlich anzuziehen. Seine Jacke war sowieso blutig und angeschossen, da würde es keinen großen Unterschied machen. Sein Hemd hatte er auf beiden Seiten hochgekrempelt und um seinen, doch etwas tieferen, Streifschuss einen Verband gewickelt. “Wo wartet das Klatschblatt?”, fragte der Braunäugige und fuhr sich wieder mit der Hand über den Undercut. “Haben ihn im hinteren Verhörzimmer abgestellt. Raum zwölf. Der kleine.” Synchron nickten die beiden Detektive und Jean ließ seine Finger knacken. “Wenn er Fotos macht, kannst du gerne auf das Titelblatt.” Eren schmunzelte. “Zu gütig, aber es hätte doch einen verruchten Charme, wenn du deine Verletzung direkt in die Linse hältst.”, scherzte Eren und trat aus der offenen Tür, gefolgt von Jean.
 

Sie gingen in einem gemütlichen Tempo die Stufen hinunter und durch den relativ engen Flur. Aus einigen Büros hörte man die Telefone klingen und anderweitig wurde sogar heftig diskutiert. An sich war es dennoch eine angenehme Atmosphäre, wie Jean befand. Er war inzwischen so sehr daran gewöhnt und irgendwie ließ es ihn selbst ruhig werden, wenn es um ihn herum schnell und aufgeregt zu ging. Dennoch war er nicht abgeneigt davon, in sein stilles Apartment zurück zu kehren. Petra kam ihnen lächelnd entgegen und deutete hinter sich zu einem Raum. “Er ist da drin. Habt ihr die Berichte gelesen?”, fragte sie und Jean blickte etwas räuspernd zu Eren. “Ja, haben wir.”, sagte dieser und Petra stapfte mit ihren Unterlagen davon. “Ein Glück, dass ich dich habe.”, nuschelte Jean und seufzte. Eren grinste und zuckte mit den Schultern. “Weiß ich doch.”
 

Raum zwölf war ein Verhörzimmer, eines der ersten genau genommen. Erst vor kurzem war das Department um einen weiteren Stock erweitert worden und bot nun mehr Platz für die Angestellten, Papierkram und Zimmer wie diese. Jean mochte es eigentlich nicht sonderlich die Angeklagten zu befragen. Er hatte ziemliche Probleme damit auf einer oberflächlichen Ebene zu bleiben. Er ließ sich viel zu schnell von seinen Gefühlen mitnehmen, welche aus Wut bestand. Eren war dabei nicht besser, wenn nicht sogar noch ein ticken schlimmer. Doch nun hatten sie Glück, immerhin handelte es sich dabei nicht um einen Verbrecher, oder einen den man als Täter vermutete. Es war ein harmloses Interview, wo sich die Journalisten nur das hinaus pickten, was man in gedruckter Fassung gerne falsch verstand, da sie es gerne aus dem Kontext nahmen. Jean dachte schon darüber nach, was er sagen sollte, ohne dass eben dies passierte.
 

Eren öffnete die Tür und beide traten ein. Ihnen fiel sofort der schwarzhaarige Mann ins Blickfeld, welcher sich beinahe schon erschrocken aufrichtete, als hätte man ihn bei etwas illegalem erwischt. Sein erst überraschtes, leicht rundliches, Gesicht wurde sofort von einem freundlichen Lächeln erhellt. Seine Augen hatten ein angenehmes haselnussbraun und Jean runzelte die Stirn, als er diese deutlich erkennbaren Sommersprossen auf dessen Gesicht erblickte. Trotz des maßgeschneiderten schwarzen Anzuges, wirkte der Mann viel zu freundlich. Für gewöhnlich hatten die meisten Journalisten mit welchen sie sich bisher abgeben musste, immer ein ernstes Gesicht und würden sich sogar ins Schussfeld werfen, wenn sie dadurch eine gute Story bekommen würden. Doch dieser Kerl schien neu im Geschäft zu sein, oder hatte einfach noch viel zu wenig von Storys über Morde geschrieben.
 

Euphorisch war er also aus seinem Stuhl aufgesprungen und ging zu Jean und Eren hinüber, reichte ihnen die Hand und stellte sich vor. “Marco Bodt”, erklärte er und nahm wieder Platz. Er musste eindeutig neu im Geschäft sein, die meisten machten nicht mal die Anstalten sich vorzustellen.

“Ehm, Eren Jaeger”, erklärte Jean und deutete auf seinen Partner, der etwas perplex zu ihm schaute, da er sich auch hätte selbst vorstellen können. “Jean Kirschstein.”, fügte er hinzu und deutete auf sich. “Freut mich.” Immer schön freundlich sein, dachte er sich, das macht einen guten Eindruck und das ist es doch, was Levi will.
 

“Freut mich ebenso! Ich hätte nicht gedacht, dass ich wirklich darüber berichten darf.”, lächelte er und zog seinen Becher Kaffee zu sich, den er wahrscheinlich von Petra bekommen hatte.

“Sind Sie neu?”, fragte Jean frei heraus und verschränkte die Arme vor der Brust, nachdem er sich gesetzt hatte.

“Also, Sie müssen nicht so förmlich mit mir reden. Ich habe mich immerhin mit meinem Namen vorgestellt.”, bot er an und lächelte weiterhin. “Jedenfalls, ich bin aus Jinae zu einer anderen Zeitung gewechselt, also prinzipiell, ja.”

“Hmh, und wie kommt’s?” Eren runzelte die Stirn, wie Jean aus dem Augenwinkel erkennen konnte, sagte allerdings nichts gegen seine Neugierde. Jean mochte es einfach, wenn er recht hatte.

“Ich hatte keine Aufstiegschancen. Bei der jetzigen schon. Sogar ziemlich gute, hatte man mir versichert.”

Jean schnaubte und rieb sich kurz unter der Nase. “Du wirst da unter gehen, Marco.”, erklärte der Braunhaarige und schmunzelte schief. Er bemerkte, wie der Schwarzhaarige für einen Moment den Blick senkte, als hätte er etwas falsches gesagt. “W-warum das?”

“Du bist viel zu.. Unschuldig. Ich weiß ja nicht was du in Jinae für Nachrichten hattest, aber hier werfen sie sich wie Assgeier auf die Opfer und deren Fälle. Wenn du da keine spitzen Ellenbogen hast, wirst du auch hier nicht weit aufsteigen.” Er spürte wie jemand gegen sein Bein trat und Jean schaute sofort zu Eren. “Was denn, ist doch so?”

“Entschuldige meinen Partner. Was er sagen will ist, es ist echt hart dich von der Menge an Journalisten hervorzuheben. Aber ich bin sicher, wir sind ja alle noch jung, dass du das bestimmt hinbekommst. Ich meine, du bist jetzt an einer Exklusivstory dran.”, munterte Eren den Schwarzhaarigen wieder auf und lächelte. “Du bist der erste, der es von uns hört.” Marco lächelte wieder und schaute auf. Jean gab ein abfälliges Geräusch von sich, wie so oft schon an diesem Tag, und zog dann die Brauen hoch. “Wie auch immer, fangen wir an?”
 

“Oh, ja, natürlich!”
 

_____
 

“Ich danke wirklich, vielen, vielen Dank! Es ist vielleicht nicht die Story des Monats, aber für mich schon mal was besonderes!”, sagte Marco und schüttelte etwas überschwänglich sowohl Jeans wie auch Erens Hand. Sie begleiteten den Reporter zur Tür und lächelten freundlich. Für einen Moment nahm Marco den Hut um damit eine verabschiedende Geste zu machen und stieg schließlich in seinen Wagen. Es war ein älterer Buick Copé. Ein einfacher Zweitürer mit einer ekelhaften grünen Farbe. Jean räusperte sich bei dem Anblick, sparte sich aber einen Kommentar. Wenige Sekunden später wurde der Motor angelassen und Bodt ratterte förmlich davon. “Vielleicht sollten wir den Wagen Reiner melden, nur für den Fall, dass er einen Unfall baut. Gesund hörte sich das nicht an.”, seufzte daraufhin Eren und machte auf dem Absatz kehrt. Jean schmunzelte, da er so etwas nicht von seinem Partner erwartet hatte.
 

Zurück im Department steuerten die beiden wieder ihr Büro an. Über das dunkle Holzparkett und vorbei an den Sekretärinnen, die hinter einer hüfthohen Abtrennung des Raumes auf ihren Schreibmaschinen tippten. Links vor der Treppe, die etwas um die Kurve ging in den nächsten Stock, befand sich der Empfang, die Rezeption. Dort meldeten sich meist die Bürger, wenn sie irgendetwas gesehen oder erlebt hatten. Auf dieser Etage befanden sich auch die Zellen, in welchen die Täter ihre Haft absaßen, bevor das Urteil gesprochen wurde. Das Erdgeschoss war somit größtenteils nur der Abteil für Papierkram der Sekretärinnen und der Stauraum. Im hinteren Bereich des Gebäudes gab es eine Verbindung zu einer Krankenstation. Dort wurden Opfer versorgt und gleichzeitig befragt. Auch war es der Ort gewesen, an welchem Jean sich seinen Verband abgeholt hatte. Im Untergeschoss konnte man die Toiletten und Duschen finden, wobei die selten jemand benutzte. Und so sah es auch unten aus. Düster, beklemmend und etwas feucht. Es war wie ein Keller. Eine Lampe hing von der Decke und beleuchtete nicht mal die Hälfte des Raumes. Darüber beschwerte sich allerdings niemand.
 

Im ersten Stock fand man vor allem die Büros der Detektive, sowie das von Captain Levi Ackermann und jenes von Captain Erwin Smith. Sie teilten die Arbeit untereinander. Während Levi auf die Mordkommission und Sitte spezialisiert war, arbeitete Erwin mit der Brandstiftung, den Verkehrsdezernaten und der Streife. Ein Wasserspender blubberte etwas in der Ecke und ein Arbeitskollege saß auf einer der Bänke, die hier und da im Gebäude aufgestellt worden war.
 

Zurück im Büro warf sich Jean sofort in seinen Stuhl, lehnte sich zurück und schaute aus dem Fenster. “Lief doch gar nicht so schlecht.”, meinte er daraufhin, da er diese Stille irgendwie nicht leiden konnte. Eren gab nur ein ‘hmh’ von sich und rieb sich über das Kinn. “Wie kommst du eigentlich darauf, dass er für den Job nicht gemacht sei?”, fragte er daraufhin und hob eine Augenbraue.

Jean kippelte etwas nach hinten, soweit die Rollen es zuließen und er schaute an die Decke. “Der Typ hatte verdammte Sommersprossen.” Eren schnaubte auf. “Das heißt ja noch lange nichts.”

“Doch, finde ich schon. Allein schon dieses permanente Grinsen. Entweder er wollte uns lediglich um den Finger wickeln und verwirren, oder er hatte bisher nur die fröhlichen Seiten der Zeitung. Wovon es nicht mal so viel gibt.”
 

“Du bist ganz schön oberflächlich.”, stellte Eren fest, schüttelte allerdings nur den Kopf und wandte sich wieder an den Papierkram.

“Und wenn schon, manchmal ganz gut für den Job.”
 

Den Rest der Schicht über kam kein neuer Auftrag rein, sodass Eren und Jean seufzend aus dem grauen Gebäude traten. Die schwere Holzeingangstür schlug mit einem etwas lauten Knall zu und Jean griff sich in die Jackentasche, nachdem er diese angezogen hatte. Er fischte sein Feuerzeug und seine Zigarette hinaus, zündete diese an und drehte sich in Richtung Parkplatz.

“Ey, hast du auch eine für mich?”, rief der kleinere Braunhaarige aus und nickte Jean zu. Für einen Moment zögerte Jean, wollte dann allerdings nicht wieder Ärger anfangen und reichte Eren die Packung, sowie das Feuerzeug. Auch er zündete sich diese an und pustete daraufhin den Rauch gen Himmel.
 

Es war schon Nacht geworden und die Laternen flackerten etwas. Die Stadt wirkte nun grauer und liebloser als zuvor. Die Läden waren teilweise schon geschlossen und die Fenster mit Rollläden verdeckt worden, sodass man nicht einmal mehr reinschauen konnte. Lediglich das schwache Licht aus ein paar Restaurants strahlte durch deren Fenster und ließen die Umgebung etwas freundlicher erscheinen. Die Straßen waren wieder etwas leeren geworden. Hin und wieder hörte man das vertraute ‘pling’ einer Ampel, welche von Stop zu Go wechselte.
 

Die beiden Detektive stiegen noch nicht sofort in den Wagen, sondern lehnten sich an die Umzäunung des Parkplatzes, beobachteten das Geschehen auf den Straßen und gaben sich dem Nikotin hin. Jean schloss für einen Moment die Augen und genoss die Töne der Stadt. Er konnte wirklich nicht nachvollziehen, weshalb manche sich beschwerten. Überall wo Menschen aufeinander trafen, war es gefährlich. Ob nun Trost oder eine andere Stadt. Dort wo es Menschen, Geld und Drogen gab, konnte man nichts anderes erwarten, als dass irgendwann jemand erdrosselt, erschlagen oder erschossen wurde. Nicht, dass es gut war, aber es war auch nicht sonderlich überraschend.
 

“Ey, Kirschstein”, rief Eren ihn wieder zurück aus den Gedanken und drückte seine Zigarette auf dem Boden mit dem Schuh aus. “Noch Zeit was trinken zu gehen?”

Jean rieb sich über den Nacken und atmete hörbar sowohl ein, wie auch aus. “Na, mich erwartet sowieso niemand. Wird sich Mikasa nicht wieder Sorgen machen?”

“Ach, ich bin doch kein Kind mehr.”, lachte er etwas und ließ seine Fingerknochen knacken. “Ich hab von diesem neuen Jazzclub gehört. Green Pain, oder so was. Ist in der Nähe von der Stadtbibliothek. Man sollte sein Revier doch kennen, huh?”

Jean schmunzelte. “Du musst mich nicht mehr überzeugen, du hattest mich schon bei ‘trinken’.” Auch Eren zeigte ein Schmunzeln und zog seine Jacke gerade, die sich etwas vom anlehnen zerknittert hatte. “Gut, du fährst.”

“Ist ja auch mein Wagen.”

"(...)wollte, dass man die Leiche findet."

Doch wer auch immer der Täter war, er war doch ordentlicher als er dachte. Das einzige was ihm in der Umgebung aufgefallen war, waren diese Unmengen an Kirschblütenblätter. Zwei schön zurecht geschnittene Bäume befanden sich in der Mitte der grünen Wiese und der kleinste Windhauch brachte sie dazu, ein paar ihrer Blüten abzuwerfen, als wären sie diese Leid.
 

“Bitte sag mir du hast die Tatwaffe gefunden.”, seufzte Eren und stellte seine Aussage als fast verzweifelte Frage dar. Jean schüttelte nur resignierend den Kopf. Eren gab ein Raunen von sich und nahm den Hut vom Schädel, bevor er sich am Ansatz kratzte. “Fein, dann gehen wir wohl erst zur Frau.” Gerade als sein Partner auf der Stelle kehrt und zum Auto von Jean zurück kehren wollte, gab dieser ein Ton von sich, der gegen die Aussage war. “Wir haben nichts was wir ihr vorwerfen können, ausgenommen die Tatsache, dass ihr Mann tot ist. Wir sollten abwarten ob wir wirklich eine Spur auf die Waffe bekommen. Wenn sie zufällig der Besitzer ist, haben wir zumindest schon mal einen guten Punkt.” Natürlich hätte Jean nichts dagegen gehabt sich in die Arbeit zu stürzen. Er liebte es die Menschen kennen zu lernen und auszusaugen wie eine hungrige Mücke nach einem heißen Tag, doch unvorbereitet in die Sache hinein springen führte nur zu Problemen die sie wirklich nicht gebrauchen konnten. Und Beschwerden hatten sie auch genug. “aber wir können ja mal gucken, ob unser Millius schon mal was anderes gemacht hat, außer sich erschießen lassen.” Denn so ganz untätig konnte er dann doch nicht bleiben. In der Zwischenzeit, bei welcher sie wieder zurück zu seinem Wagen gingen, kam der Leichenwagen vor ihnen zum stehen und holten den armen Kerl ab. Hanji, die begeistert die Sache mit ansah, sprudelte förmlich vor Tatendrang und konnte es kaum abwarten ihre Finger an den Toten zu legen und wahrscheinlich in ihm rumzuschneiden. Nun, immerhin wusste sie, was sie tat.
 

Jean ließ den Motor an und lehnte sich zurück, als er auf die Straße fuhr. “-sehen.”

“Huh?”, gab Jean als Frage von sich und blickte kurz zu seinem Partner, während er zum Department zurück fuhr.

“Ich hab nur laut gedacht.”, erklärte er sich und strich mit der Hand über sein Kinn und Kehle. “Ich glaube, wer auch immer das getan hat, wollte, dass man die Leiche findet.”

Manchmal musste das offensichtlichste ausgesprochen werden, damit man dem Täter ein Profil geben konnte. “Ich meine, er hätte die Leiche auch verstecken können, aber sie wurde direkt auf einer normalen und öffentlichen Bank platziert. An einem Ort, wo jeder hinkommt und wo jeder gerne hingeht.” Es war praktisch, dass Eren laut nachdachte, so musste Jean dies nicht machen und er konnte trotzdem darüber nachdenken und seine Ideen und Vermutung anknüpfen. “Und wenn der Mord in der Nähe war und die Zeit knapp?”, stellte er als anstoßende Frage.

“Dann hätte ich mir nicht die Mühe gemacht, die Leiche auf eine Bank zu hieven und schon gar nicht so, dass sie aufrecht sitzt. Bei meinem Glück wäre sie wie ein Mehlsack umgekippt oder runtergerutscht.” Das leise Radio gab einen surrenden Ton von sich, als wären sie in einem Verbindungsloch gefangen und der Empfang schwer. Stattdessen wurde die Musik mit einer Stimme ersetzt, da ein Offizier eine Meldung durchgab von einem Zwischenfall, dabei sprach der Polizist alle an, die sich in der Nähe befänden und Zeit hätten, sich darum zu kümmern.
 

“-sswechsel beim Maria-Wallweg 23, gemeldet sind drei bewaffnete, Grund ist unbekannt. Bitten Offiziers zur sofortigen Annah-” Noch bevor der Sprecher den Funk hatte zu Ende durchgeben können, hatte Eren nach der Sprechanlage gegriffen und das Mikro mit dem gedrehten Kabel gegriffen.

“Hier Einheit 104, wir nehmen es uns vor. Erstatten Rückmeldung in Kürze.”

“Verstanden.”

“Na wir sind aber heute doch nicht so müde, huh? Willst du mich jetzt doch tot sehen?”, scherzte Jean und orientierte sich etwas um, suchte nach dem schnellsten und unkompliziertesten Weg.

“Vielleicht brauche ich auch einfach etwas Aktion. Ich meine, Zerawasauchimmer, läuft nicht weg.”

Das stimmte allerdings.
 

_____
 

Natürlich fuhren sie nicht direkt einfach in das Geschehen hinein und wahrscheinlich die Täter noch um, wobei Jean dagegen absolut nichts hätte. Sie parkten etwas weiter entfernt und zückten sofort ihre Dienstwaffen. Zwei Polizisten, die sich hinter ihrem Wagen versteckt hatten, winkten die Detektive zu sich. “Gott sei Dank.”, japste der Polizist und schaute für einen Moment über seine Schulter. Es war erschreckend still, dafür, dass ein Schusswechsel gemeldet worden war. Das ganze spielte sich in einer breiten Gasse zwischen zwei Blocks ab. Jean konnte sich vorstellen, dass sie sich hinter den Müllcontainern und anderen Halbwänden versteckten, die Hintereinfahrten markierten. “Was ist der Grund für den Scheiß?”, fragte Jean und lugte hinter dem Wagen für einen Augenblick hervor, zuckte aber sofort wieder nach unten, als ein Schuss ertönte. “Es sind vielleicht.. Sieben oder mehr Leute. Meine Vermutung liegt bei Straßengangs.” Im Grunde war es egal, sie hatten geschossen und das war ihr Todesurteil, selbst wenn sie sich ergaben, der Prozess würde schnell sein. Eren nickte seinem Partner zu und hechtete vom Auto hervor und presste sich an die Ecke der Hauswand. Jean tat es ihm gleich, beim anderen Gebäude. Während die Polizisten ihnen Rückendeckung gab, trat Jean hervor, die Waffe ausgestreckt und den Finger am Abzug. Einer der Täter trat hinter dem Container hervor und wollte gerade mit seinem Revolver auf Jean schießen, doch Jeans Arm zuckte sofort in seine Richtung, als hätte jemand ruckartig eine Schnur gezogen, und der Schuss ertönte von seiner aus. Der bewaffnete Mann taumelte zurück und starb kurz darauf aufgrund eines Kopfschusses. Auch Erens Reflexe waren nicht minder bemerkenswert. Wie aus dem Nichts sprang ein weiterer Idiot hervor und hätte beinahe Jean mit einer Schrotflinte durchlöchert, wenn sein Partner nicht rechtzeitig reagiert hätte. Ein gezielter Schuss und Jean kickte ihm die Waffe aus den Händen, als dieser sterbend zu Boden stürzte. “Arschlöcher”, knurrte der Detektiv und rümpfte angewidert die Nase. Ein Wagen von der anderen Seite, ihnen gegenüber, kam mit einem lauten Quietschen in der Gasse zum stehen, nachdem es dunkle Streifen auf dem Boden hinterlassen hatte. Dass es sich dabei um weitere bewaffnete Männer handeln würde, die ausstiegen, war stark anzunehmen. Drum zögerten Jean, Eren und die anderen beiden Cops nicht lange, um das Feuer zu eröffnen.
 

Es tat Jean in der Seele weh, auf dieses wunderschöne Gefährt zu schießen. Es handelte sich um einen Delahaye 135MS Cabriolet. Glänzendes schwarz und mit einem silberpolierten Stoßfänger. Es würde ihn nicht wundern, wenn man sich darin spiegeln könne. Doch leider konnte er sich nicht an diesem Wagen satt sehen, da die Insassen genauso versessen darauf waren die Cops loszuwerden, wie andersherum. Zwei beugten sich aus dem Wagen und schossen erbarmungslos mit ihrer Tommy Gun, eine Thompson Maschinenpistole. Zwei andere, die auf der anderen Seite ausgestiegen waren, versuchten Schaden mit normalen Handfeuerwaffen anzurichten. Das offene Feuer war zu gefährlich und zügig zogen sich die vier Polizisten wieder zurück in Sicherheit. Jean hechtete von seiner schützenden Hauswand hinüber zu Erens Seite und war förmlich gesprungen. “Schlüssel!”, befehligte er einen der Cops, der sich ebenfalls an der Wand befand. “Uhm, für den Wagen?”

“Nein, für deine Wohnung.” Er runzelte kopfschüttelnd die Stirn und ergriff schließlich die Schlüssel des Polizeigefährts. Er würde gewiss nicht mit seinem Wagen diesen Unfug machen. Schnell suchte er auf der linken Seite des Wagens Schutz und hörte die schallenden Schüsse, die ertönten, wenn sich einer der Bullen zeigte. Vorsichtig öffnete er die Tür. Bevor er sich richtig hinein setzte, streckte er den Arm nach dem Zündschlüssel aus und versenkte den klimpernden Schlüssel. Vorsichtig und in einer geduckten Haltung ließ er den Motor aufheulen, schloss geschwind die Tür und zögerte nicht lange um loszufahren. Die Scheiben waren schon so gut wie niedergeschossen worden und das Polster sah auch nicht mehr so wunderschön aus.
 

Verdutzt beobachtete Eren wie Jean davon fuhr und für einen Moment klappte dessen Kinnlade gen Boden, sodass, wenn es möglich gewesen wäre, ein Geräusch des Aufpralls ertönt wäre. “Wo will der Sack jetzt hin?!” Der Polizist neben ihm zuckte mit den Schultern und schielte kurz um die Ecke. Ein Fehler. Im nächsten Moment stürzte er zurück und Eren japste auf. Eine Kugel hatte den Mann direkt an der Brust getroffen und er keuchte schwer. “Fuck”, fluchte der Braunhaarige. Er konnte allerdings dem Mann nicht helfen, da er sich dadurch selbst ins Schussfeld begeben würde. Vielleicht hatten sie Glück und es war keine lebensbedrohliche Schussverletzung. Just in diesem Moment erfüllte ein blechernes Geräusch die Umgebung, was Eren als einen starken Aufprall erkannte. Er wagte es hinter seiner Hausecke hervor zu blicken und starrte mit offenen Mund das an, was für das Geräusch verantwortlich gewesen war. Qualm stieg in den Himmel auf und stöhnende, bewaffnete Männer lagen fluchend auf dem Boden, ein anderer lag auf der Motorhaube des Polizeiwagens, eingeklemmt zwischen der Beifahrerseite des Cabriolets und des Stoßfängers des Streifenwagens. Jean hustete als er aus dem Wagen strauchelte und rieb sich den Kopf, war aber sofort dabei zu den verbliebenen am Boden zu hechten und deren Waffen aus der Hand zu kicken. Sie waren geradewegs beim Aufprall aus dem Wagen geflogen und auf den harten Boden aufgeschlagen. Auch Eren sprintete herbei und kümmerte sich um den anderen, richtete die Waffe an dessen Kopf und zog ihn am Schopf hoch. “Seid ihr noch mehr, huh?” Der unverletzte Polizist joggte zu ihnen und legte dem ersten Schützen die Handschellen an, Jean ließ von ihm ab und rieb sich erneut den Kopf. Beim Aufprall hatte ihn der Ruck ziemlich nach vorne und gegen das Lenkrad gerissen, obwohl er sich mit aller Mühe dagegen gesträubt hatte.
 

Der Mann, den Eren noch immer im Griff hatte, spuckte ihm ins Gesicht und fing sich kurz darauf die Faust ein. Mit netten Worten kam man bei ihnen nicht voran und Eren war viel zu temperamentvoll, als dass er es mit einem Lächeln abtun würde. “Ach komm, Eren, sollen die von der Station sich darum kümmern. Wir haben schon einen Fall. Ich gebe den Funk durch.” Der kleinere Braunhaarige nickte und legte dem Mann Handschellen an, während Jean seinen Wagen ansteuerte. “Hier Einheit 104”, sprach er in das Funkgerät seines Wagens. “Benötigen Krankenwagen, Leichenwagen und den Abschleppdienst.”, erklärte er. “Einen Polizisten hat es erwischt.”

Es rauschte auf der anderen Seite.

“Verstanden.”

_____
 

“Soll ich lieber fahren?”, fragte Eren und neigte den Kopf zur Seite um seinen Partner zu betrachten, der sich mit einem etwas finsteren Blick die Stirn hielt.

“Nein, geht schon.”, lehnte er ab und senkte die Hand, lehnte sich an die Tür zu seiner linken und behielt den Blick auf der Straße, während er zurück zum Department fuhr.

“Ich bin ja immer noch etwas skeptisch, wie das du das gehandhabt hast.”, murmelte Eren und schaute aus seinem Fenster und unterdrückte erneut sein müdes Gähnen. “Das war irgendwie.. brutal.”

“Tz, was anderes haben die doch gar nicht verdient. Mir tut eher der Wagen leid.”, seufzte er und stellte sich vor, wie schön es wäre, das Cabriolet mit seinem auszutauschen. Es wäre definitiv ein Blickfang.
 

Jean musste darüber etwas innerlich schmunzeln, dass gerade Eren behauptete, seine Vorgehensweise wäre brutal gewesen. Dabei war es gerade sein Partner, der gut und gerne davon schwärmte, jeden einzelnen hinter Gittern und in die Gaskammer zu bekommen. Wenn es um Verbrechen ging, kannte Eren nichts. Er hatte einen Hass gegen sie. Verständlich. Als er, lass es eine Lüge sein, 13 Jahre alt war, war seine Mutter überfallen und ermordet worden. Dies veränderte durchaus einen, besonders wenn man noch so jung wie er war. Danach hatte er sich geschworen alles zu tun, um so was in der Zukunft zu verhindern. Jean war das ganz recht, wenn sein Partner drauf und dran war sich darum zu kümmern, musste er sich lediglich um die offensichtlichen und praktischen Dinge kümmern.
 

Im Gebäude wurden sie nicht mit einem Kuchen und Luftballons empfangen, dafür, dass sie den Nebenjob erledigt hatten, aber das war auch nichts überraschendes. Man wurde leider nicht immer für etwas gelobt. Wahrscheinlich hatte man deswegen einen Partner, damit er das übernahm.

“Soll ich zu Levi gehen und du fragst bei den Ladies nach ob sie was für uns über Millius haben?”, fragte Jean und stand erfreut vor der Kaffeemaschine. Es war zwar schon zu spät für einen Morgenkaffee, aber müde war er trotzdem und dies würde sich nach dem Geschmacksschock hoffentlich ändern. “Kann ich machen.”, gab Eren nach einer kurzen Schweigeminute von sich und stapfte zur Tür. “Oh und” Er war gerade aus der Tür gegangen, ehe er wieder hinein lugte. “machst du mir auch einen?” Er wartete gar keine Antwort ab, da war er schon zum Büro des Captain verschwunden.
 

Nachdem er sich mitsamt seiner Kaffeetasse auf den Weg zu den Tippsen machte, dachte er noch mal über ihren aktuellen Fall nach. Es war wirklich schon eine gewisse Weile her, seit sie sich wieder um etwas größeres kümmerten. Jean fiel wieder ein, was Eren gesagt hatte. Dass der Täter wollte, dass man die Leiche fand. Es war nur fragwürdig, wieso? Sie war weder verstümmelt, noch trug sie eine Botschaft bei sich oder machte sonst irgendwie eine Pose, die man irgendwie interpretieren konnte. Die einzige mögliche Erklärung war der Grund, für den Mord. Dieser Mann war niemand den er kannte, ein normaler Bürger. Demnach konnte man nicht erwarten, dass man um ihn trauern würde, als wäre es ein Schauspieler. War es eine Drohung? Die Frage war nur, an wen?
 

Leider konnte er keine Akten über den Mann ausmachen, die irgendwie relevant gewesen wären. Er hatte einen normalen Job, war nicht vorbestraft, hatte keine Kinder. Einzig und alleine seine Frau würden sie befragen können. Wenn sie Glück hatten, würde sich dort weiteres ergeben. Vielleicht wäre der Fall sogar dann schon erledigt, weil sie ihre Schuld eingestand und aussagte. Allerdings hatte Jean den verdacht, dass es nicht so einfach werden würde, wie er es gerne hätte. Für gewöhnlich gingen die Sachen nie so, wie er sie gerne hätte. Wäre auch ein Wunder, wenn sie dies nun ändern würde. Als er zurück in das Büro kam, saß Eren schon an seinem Schreibtisch und nippte an dem bitteren Kaffee. “Levi meint, dass Hanji schnell wäre. Sie waren schon hier angekommen, als wir noch unterwegs und abgelenkt waren. Sie wird uns bescheid geben und wir können uns die Leiche noch mal ansehen. Hoffen wir, dass sie was mit der Kugel anfangen kann, falls sie sich noch in der Leiche befindet.” Jean war etwas perplex und schüttelte den Kopf. Er war für den Moment gar nicht aufnahmefähig gewesen und nickte verstehend. “Uhm, klar.”, antwortete er nur und ließ sich ebenfalls auf seinem Stuhl nieder.

“Oh und wir bekommen demnächst die Bilder vom Tatort. Nur für alle Fälle.”

Der Ältere nickte nur verstehend und kippte sich den Kaffee den Rachen hinunter. Während er trank, kam ihm eine Idee, die ihn zum schmunzeln brachte. “Ich wette fünfzig Mäuse, dass der Mord einen banalen Grund hat. Der Täter wollte nur das Geld.”, meinte Jean und beugte sich bei seinem Schreibtisch nach vorne und stützte sich mit den Ellenbogen ab. Eren zog eine Augenbraue hoch und schnaufte. “Niemals. Ich hab dir gesagt, die Leiche ist platziert worden. Ich würde sagen, mindestens Eifersucht ist im Spiel.”, schlug er vor und Jean rümpfte die Nase. “Also wettest du?”

“Klar, bei einfachem Geld bin ich doch immer dabei.”

“Oh, so einer bist du also.”

“Hey, so hab ich das nicht gemeint!”

“Schon klar Jaeger.”, gluckste Jean und lehnte sich wieder zurück, mit dem blick aus dem Fenster. Eren murrte vor sich hin und schnaubte beleidigt auf, sagte aber nichts mehr dagegen.

_____
 

Im Büro war es still geworden und Jean bemerkte dies erst, als er ein ruhiges und rhythmisches Atmen hörte. Eren hatte sein Gesicht auf seine verschränkten Hände gelegt, mit dem Blick aus dem Fenster und über seinen Schreibtisch gebeugt. Natürlich hätte Jean gemein sein können wie immer und ihn auf die grausamste Weise wecken können, doch diesmal hielt er sich zurück. Außerdem wusste er, wenn er ihn jetzt wecken würde, hätte er einen sehr genervten und zornigen Eren an seiner Seite und wer wusste, wie weit sie heute noch kommen würden. Das wollte er sich selbst nicht antun. Es klopfte an der Tür und Jean schaute vom schlafenden und leise schnarchenden Eren weg, zur Tür, die sich langsam öffnete. Es war Levi. Verdammt, Captain Levi höchstpersönlich klopfte, er wiederholte gedanklich, klopfte, an ihre Bürotür. Hatte sich seine Stimmung etwa wieder gebessert?
 

Als der kleinere Mann mit den schwarzen Haaren kommentarlos hinein trat, zog er sich die Handschuhe zurecht, die er wohl niemals ablegte, und schaute in die Runde. Jean verzog kurz erschrocken das Gesicht und warf zügig einen Stift nach seinem Partner. Doch der grummelte nur und bewegte kurz seinen Kopf auf die andere Seite. Levi räusperte sich und Jean schnalzte etwas lauter mit der Zunge. Hätte er ihn doch geweckt. “Jaeger!”, rief der Captain schließlich aus und sogar Jean zuckte zusammen, als Eren zusammen fuhr und mit einem mal hellwach war. Seine Augen waren weit aufgerissen und der größere Polizist im Raum meinte sogar, dessen Herzschlag zu hören.
 

“L-levi! Uhm, ich meine Captain!” Seine Hand zuckte, als hätte er für einen Moment in Erwägung gezogen, zu salutieren. “Guten morgen, Eren.”, äußerte der Chef der beiden und blickte zwischen ihnen hin und her. “Ich hoffe, ihr seid wach, wenn es um euren Fall geht.”

“Selbstverständlich.”, japste Eren und stand auf den Beinen, bereit, etwas zu tun.

“Gut. Hanji wartet im Keller.”
 

Jean schmunzelte, erhob sich aber ebenfalls sofort. Sie traten gemeinsam aus dem Büro und gingen über den dunklen Holzboden zur Treppe. Dem Braunhaarigen fiel auf, wie hässlich die Tapeten eigentlich waren. Sie waren so dunkel und ungemütlich. Braungraugestreift. Selbst die Bilder, die sich mit der Zeit angesammelt hatten, verschönerten den Anblick nicht, auch wenn sich alle sehr viel Mühe machten, sie zu verdecken. Urkunden, Auszeichnungen oder einfach bloße Gesichter von Mitarbeitern zierten teilweise die Wände. Oder es wurde einfach eine Bank, oder ein Wasserspender davor platziert. Hauptsache der Blick wurde von dieser grausamen Wand abgelenkt. Im Erdgeschoss liefen sie an der Rezeption vorbei, hörten ein paar angeregte Gespräche in Verhörräumen oder und gingen im Takt des stetigen ‘Pling’ der Schreibmaschinen, die von den Sekretären bedient wurden. Es folgten die wenigen Zellenblocks und der kleine, offene Raum in welchem Bilder von Tätern geschossen wurden oder Zeugen diese identifizieren sollten.
 

“Na, Jean?”, wurde dieser von der Seite begrüßt und er schaute mit gehobener Augenbraue in die Richtung, aus welcher die Stimme gekommen war. Ein etwas kleinerer, uniformierter Mann stand neben dem Wasserspender und an die Wand eines der Büros gelehnt. Er trug die Polizeimütze auf seinem kahlen Kopf und grinste breit. Connie Springer von der Streife. Dieser kleine Mistkerl bescherte dem Braunhaarigen permanent Strafzettel, weil es ihm Spaß machte.
 

“Na, Connie?”, erwiderte er lediglich und schüttelte etwas den Kopf.

“Schon bezahlt?”, stichelte der Cop und grinste breiter als zuvor, schüttete sich aber kurz darauf das Wasser den Hals hinunter.

“Bestimmt nicht. Hättest du wohl gerne.”

“Muss ich dich etwa melden, huh?”

Eren war stehengeblieben, da es Jean getan hatte. Levi allerdings hielt sich davon nicht auf und ging weiter den Gang entlang zu der offene stehenden Tür, die in einen kleineren Raum führte.

“Na, besser nicht. Wer soll sich denn dann um den Täter kümmern, der deine Leiche hinterlassen hat?”

Connie streckte seinem Kollegen lediglich die Zunge heraus und klopfte sich auf die Brust. “Hau rein.”, verabschiedete er sich nur noch und stieß sich von der Wand ab, ehe er sich in Bewegung setzte und den Flur verließ. Eren war zurück gegangen und wirkte etwas nervös. Wie immer, wenn er in Levis Nähe war. “Jetzt komm, genug geplaudert.”, zischte er und nickte in Richtung der offenstehenden Tür.
 

Der Raum war in etwa doppelt so groß wie das Büro der beiden Detektive und diente mehr oder weniger als Mittelpunkt. Türen waren auf allen Seiten und führten zu weiteren Räumen. Zur Department eigenen Krankenstation, einen Abstellraum und dem technischen Bereich, welcher im Keller fortgesetzt wurde. Die Treppe befand sich mit im Raum, umzäumt, damit auch niemand hinunter fiel. Sie war breit und dunkel, hatte definitiv schon bessere Tage gesehen. Während sie hinunter gingen wurde es immer dunkler. Die schwache Lampe an der Decke beleuchtete den kommenden Raum nur spärlich. Es hatte sich nicht einmal jemand die Mühe gemacht, die Wände zu tapezieren. Sie waren einfach so geblieben, wie sie errichten worden waren. Grau und schmutzig. Hier und da standen ein paar Kisten in den Ecken und wenn man dem schmalen Flur weiter folgte, würde man zu den Toiletten kommen. Welche, wie schon erwähnt, nicht wirklich einladend war. Jean spürte schon, dass er ungern zu lange hier unten verweilen wollte. Mit schnellen Schritten folgte er seinem Partner durch die schwere Eisentür mit der Aufschrift “Armor”, sprich “Waffen”. Es war das Lager der verschiedensten Dienstwaffen und all jener, die sie konfisziert hatten.
 

Hanji hatte sich an die Wand gelehnt und drehte lässig einen Revolver in ihrer Hand, während ihre andere in der Kitteltasche verschwunden war. Sie lächelte breit und nahm ihren Blick nicht von Levi, nicht einmal, als Eren sie fragte, was sie heraus gefunden hätte. Erst als der Schwarzhaarige sich räusperte, zuckte sie zusammen und verlor beinahe die Waffe aus ihrer Hand.

“Uhm, ach ja. Genau.” Sie zog ihre Hand aus der Tasche und warf Eren etwas kleines zu. Sofort schnappte der Braunhaarige danach und nahm es zwischen Daumen und Zeigefinger seiner rechten Hand. Jean zog die Augen schmal, als er versuchte, den Gegenstand zu identifizieren. Was nicht allzu lange dauerte. Es handelte sich um eine längliche, leicht goldige Patrone. “Diese Patronen gehören in diesen Revolver.”, erklärte sie und wedelte mit einer Smith & Wessons herum.

Eren runzelte die Stirn. “Und woher..?”

“Unser guter Millius hatte ein Projektil direkt in seinem Herzen. Ein Projektil, welches nur in diese Patrone passt.” Jean nahm die Patrone aus der Hand und neigte den Kopf zur Seite, während er sie unter die Lupe nahm. “Magnum”, murmelte er. “.357 Magnum.”, erkannte er und streckte die Hand nach dem Revolver aus. Es war das Modell 27 und Jean runzelte die Stirn. “Weswegen bist du dir sicher, dass es dieser Revolver ist?”, fragte er vorsichtig, da er seine Bedenken hatte.

Hanji schob sich ihre Brille etwas höher und lächelte etwas. “Nur diese Waffe nutzt diese Patronen.”

Kurz nach ihren Worten gab Jean ein kehliges Geräusch von sich, was seine Skepsis zum Ausdruck brachte. Levi schwieg weiterhin, beobachtete das Gespräch und verschränkte die Arme vor der Brust. Eren war weiterhin angespannt und schaute zwischen den beiden Waffenexperten hin und her. Erst wollte Jean noch etwas sagen, doch während er sich die Waffe genau ansah, ebbte seine Skepsis ab, da er sich nicht mehr sicher war, ob es noch eine andere gab, die diese Munition nutzte.
 

“Glaubst du mir etwa nicht?”, äußerte Hanji, da sie gemerkt hatte, dass er ihr nicht ganz geglaubt hatte.

“D-doch, doch, schon, alles klar. Vielleicht sollten wir in den Waffenläden in der Nähe vorbeischauen und uns die letzten Käufe ansehen. Möglicherweise war der Täter erst vor kurzem dort, oder besitzt den Revolver nicht allzu lange.”, schlug er vor und ließ sich nicht anmerken, dass er sich gedanklich geirrt hatte. Obwohl er nicht gesagt hatte, wurmte es ihn etwas. Er machte sich wirklich über die dämlichsten Sachen einen Kopf. Hanji würde es ihm sicherlich nicht übel nehmen, dass er ihre Aussage für einen Moment angezweifelt hatte. Eren nickte zustimmend und klatschte in die Hände, da seine Anspannung ihn langsam etwas wahnsinnig machte. Levi kratzte sich am Hals und nickte Hanji zu, die dadurch sofort ihre Körpertemperatur ankurbelte und sich angestrengt darum bemühte, nicht rot im Gesicht zu werden.
 

Hanji Zoe war wohl schon seit Ewigkeiten in Levi verschossen, noch bevor es überhaupt öffentlich wurde, dass der Captain etwas mit seiner Sekretärin Petra Ral hatte. Jean erinnerte sich daran, dass die Brillenträgerin daraufhin eine Woche Urlaub genommen hatte. Jean wusste gar nicht, was verblüffender war. Dass Hanji in den Captain verschossen war, oder die Tatsache, dass Levi ein Herz besaß und dann auch noch einer zuckersüßen Petra Ral schenkte. Womöglich hatte er nur keine Lust darauf gehabt, dass Sekretärinnen und Boss Klischee zu bestätigen. Das merkwürdigste an der ganzen Sache war wohl, wie Jean auffiel, wie er sich in ihrer Anwesenheit veränderte. Zwar hatte er immer noch seine genervte und leicht aggressive Haltung gegenüber anderen, doch hielt er sich, vor allem was die Wortwahl anging, stark zurück. Einerseits war dies ganz niedlich, musste er zugeben, Petra war eben ein Schatz, aber andererseits zeigte dies nur, wie manipulativ diese ganze Liebessache sein musste. Warum veränderten sich Menschen dabei? War das der Sinn der Sache? Soweit er wusste, verliebte man sich doch überhaupt erst in die Person wie sie eben war und wenn sie sich dann veränderte oder verändert wurde, war dies nicht irgendwie… falsch?
 

Schulterzuckend drehte er sich um und wollte gerade den Raum verlassen um seinem vorher angekündigten Plan nachzugehen, da hielt die aufgeregte Stimme der Medizinerin und Expertin ihn auf. “Ich muss euch noch etwas zeigen.”, sagte sie lediglich und sprang förmlich an ihnen vorbei und die Treppe hinauf in die Krankenstation. “Ich wollte es euch jetzt schon zeigen, da die Leiche schon bald nicht mehr zu gebrauchen ist. Kann sie leider nicht lange behalten.” Leider. Hanji war schon immer etwas merkwürdig gewesen, aber gerade dies machte sie irgendwie besonders. Sie wurde besonders nervig, wenn sie niemanden aufschneiden oder untersuchen durfte.
 

Auf einer Liege in einem der Räume der Station lag die verdeckte und nackte Leiche von Millius. Zumindest vermuteten Jean und Eren einfach, dass dieser Mann darunter lag. Aus welchem Grund sollten sie sonst auch hier sein? Levi folgte ihnen immer noch schweigend. Beschattete er sie und beobachtete, wie sie zusammen arbeiteten? Irgendwie war dies etwas unangenehm.

Hanji zog sich kurzerhand die Handschuhe über und griff an die grünfarbene Plane, die den Mann bedeckte. Er sah noch blasser aus, als vor wenigen Stunden. Hanji gab seinen Oberkörper frei und eine Naht auf der linken Seite seines Herzens wurde sichtbar. Dort hatte sie die Kugel hinaus gefischt. Schlecht wurde ihm schon lange nicht mehr bei dem Anblick einer Leiche. Mit der Zeit gewöhnte man sich daran. Eren verzog das Gesicht und rieb sich für einen Moment über das Kinn. Jean wusste, dass sein Partner ebenso dachte wie er, allerdings hatten die Leichen eine andere Wirkung auf ihn. Es war etwas mehr psychisches. Es ging um die Leiche an sich, nicht, dass dort ein toter Mann lag.
 

Für einen Moment zog Jean in Erwägung, seinem etwas kleineren Partner auf die Schulter zu tätscheln, ließ es dann aber lieber bleiben und bat Hanji lieber darum, sich zu beeilen mit was auch immer sie ihnen zeigen wollte.
 

“Ich hab es so gelassen, anstatt es zu entfernen, bevor ich es euch gezeigt hätte.”, erklärte sie und als sie nach dem Kiefer des Mannes griff, rückte auch Levi näher ran, um einen Blick zu erhaschen. Was nicht sonderlich einfach war, wenn er hinter den beiden Detektiven stand. Hastig wechselte er die Seiten und befand sich neben Hanji, die sich für einen Moment deswegen ablenken ließ. Langsam öffnete sie den Mund des Toten und schaltete kurz darauf das Licht über der Liege an, sodass man erkennen konnte, was sich ihm Mund des Mannes befand. “Ich weiß nicht wieso, aber ich bezweifle, dass Zeramusky Appetit darauf hatte.”
 

Eren runzelte die Stirn und schaute in das Gesicht seines nicht minder verwirrten Partners.
 

“Das ist.. eine Kirschblüte.”



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  Mismar
2014-10-10T09:06:13+00:00 10.10.2014 11:06
Keine Kommentare ;n;" ... (war ja mitunter ein Grund, die Plattform zu verlassen)

Story: AU finde ich immer sehr fein, besonders wenn man sich etwas einfallen lässt, das keine Schulbeziehung schildert.
Den Anfang finde ich auch sehr interessant, man war teilweise sogar gespannt, welchem Charakter du welche Rolle gibst, und Braus Imbiss für Sasha war so... asdfghjkl und das mit Berthold kam sehr unerwartet. Obwohl ich sagen muss, dass ich nicht so verstanden habe, ob Sasha und Berthold zu Beginn ein Pair sein sollen (wegen Schatz) oder ob das mehr so als "Aufziehen" gedacht war.
Ich habe am Ende wieder gemerkt, dass ich niemals Jean und Eren supporten könnte als Pair, dafür nerven mich ihre Streiterein zu sehr, aber du hast die Beziehung der beiden sehr gut auf den Punkt gebracht.
Allgemein bin ich gespannt, was du dir noch einfallen lässt und wie dramatisch/düster die Geschichte noch werden wird.

Hier noch ein paar sprachliche Sachen:
- zweifarbigen Haaren: Ich finde das sehr komisch zu lesen, weil für mich hatte Jean eigentlich immer blondes Haar mit dunklem Ansatz, wenn ich das so lesen, stelle ich mir Animefiguren immer vor, die wirklich zwei unterschiedliche Haarfarben hat.
- Und noch etwas, was ich halt öfters gesehen habe:
Etwas gutes, etwas falsches, nichts wildes usw. <- man schreibt das zweite Wort "Etwas Gutes" usw. immer groß, das gilt für alles mit "nichts" oder "etwas" + -es Endung.
Ausnahme wären die Wörter mit "anders" - warum genau kann ich es nicht erklären, aber vermutlich weil das Wort "anders" in der Grammatik als Numeral verwendet wird...
- Außerdem:
zum halten, zum stehen - wird ebenfalls groß geschrieben... das ist etwas schwerer zu erklären, daher versuche ich es gar nicht erst, es verwirrt nur, aber wenn "zum" vor einem Infintiv steht, wird das immer groß geschrieben, also zum Gehen, zum Reden usw.

Ansonsten hast du einen sehr angenehmen Schreibstil, ich mag den Wechsel von kurzen und langen Sätzen sehr gerne.

... uhm, das wars eigentlich '.'... bisher wars sehr gut.
Antwort von:  Cherrybodt
10.10.2014 15:04
Oi, riesiges Dankeschön erstmal. Habe total vergessen, dass ich die FF hier hochgeladen habe. X) Also, bei fanfiktion.de und sowas habe ich die schon etwas länger und auch aktueller. X)
Und viiiiielen Dank für die Korrekturen! Ich werde sie mir für die Zukunft seeeeehr zu Herzen nehmen. Dickes Danke dabei von mir. Es ist, denke ich, kein Geheimnis dass ich dabei echt so gut wie immer Probleme habe, drum ist die Hilfe wunderbar. Ich hoffe, dass ich das nicht wieder vergessen werde.

Freut mich, dass sie dir bisher gefällt. Für jetzige Fehler übernehme ich keine Haftung, haha, mit dem Handy hier antworten ist anstrengend. Uff. Liebe Grüße!

Und ich merkte gerade, dass DU es ja bist. Oha, damit hätte ich jetzt nicht gerechnet! Also gleich doppeltes Dankeschön :D


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