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Star Trek TOS - Strandurlaub oder Abenteuer?

von

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Mondenschein und Meeresrauschen

Die drei Monde von Iridia V standen etwas versetzt in einer Reihe am nächtlichen Himmel. Ihre Abbilder spiegelten sich glänzend auf den sanften Wellen des Meeres. Die Monde waren alle von ähnlicher Größe, aber in unterschiedlichen Braun- und Beigetönen gefärbt. Auf den südlichen Inseln war die Sonne von Iridia V vor etwa einer Stunde untergegangen. Die letzten farbigen Schleier des Sonnenuntergangs waren inzwischen verblasst. Iridia V war ein Planet der Klasse M, mit gemäßigtem, feuchtwarmem Klima. Es gab viele kleine und auch einige größere Inseln, aber keine richtig großen Kontinente. Ein Großteil des Planeten war von Ozeanen bedeckt, die eine riesige Artenvielfalt an Tieren aufwiesen. Es gab auch zahlreiche Landtiere, aber bedingt durch die vielen Inseln waren die Landtiere eher klein. Die Geschöpfe im Meer dagegen erreichten durchaus teilweise die Größe der irdischen, inzwischen ausgestorbenen Blauwale.
 

James Tiberius Kirk stand am nächtlichen Strand und hatte die nackten Füße im feuchten Sand vergraben. Immer, wenn eine Welle an den Strand rollte, wurden seine Beine ein wenig vom Wasser umspült. Der trockene Sand, fernab der Wellen, war noch immer warm von der Hitze des Tages und auch das Wasser des Ozeans hatte eine angenehme Temperatur. Gedankenverloren blickte der Captain der Enterprise übers mondbeschienene Meer hinaus. Dieses Mal war er besonders froh über die Möglichkeit, Urlaub auf einem Planeten zu machen. Iridia V war für Strand- und Sonnenhungrige geradezu ein Paradies, aber auch für Forscher und Entdecker. Und es gab so viele Inseln, dass etwas Abgeschiedenheit und Einsamkeit nicht schwer zu finden war. Die einheimische Bevölkerung siedelte vor allem auf den größeren Landmassen.

Jim vergrub die Füße tiefer im Sand und erlaubte sich ein leises Seufzen, als die Wellen seine Beine sanft umspülten. Während er sich ausgiebig reckte und streckte, hörte er hinter sich leise Schritte und wandte sich um.
 

„Hallo, Spock.“, begrüßte er seinen Ersten Offizier und besten Freund.

„Captain, ist alles in Ordnung?“ Spocks Blick wanderte zu den nackten Füßen Kirks, die im nassen, schlammigen Sand vergraben waren.

Jim schmunzelte. „Spock, wir sind im Urlaub. Sagen Sie doch <i>Jim</i> zu mir.“

Spock nickte. Dann sah er seinen Freund und vorgesetzten Offizier abwartend an. Jim begriff, dass er ihm noch eine Antwort schuldig war.

„Es ist alles in Ordnung, Spock. Ich entspanne mich nur.“ Der Captain schloss die Augen und konzentrierte sich wieder auf seine Füße. Er bewegte seine Zehen im schlammigen, angenehm kühlen Boden und wartete auf die nächste Welle. Er versuchte das Gefühl irgendwie festzuhalten, es zu verinnerlichen und stellte sich vor, dass die Wellen des hiesigen Meeres seine Sorgen aus dem Alltag einfach fortspülten.
 

Der Vulkanier beobachtete Jim Kirk einen Moment lang, bevor er seinen Blick zu den drei Monden hinauf richtete. Automatisch berechnete sein Vulkaniergehirn beim Betrachten der Himmelskörper die Masseverhältnisse und die Auswirkungen auf den Meeresspiegel und auf Ebbe und Flut. Spock ließ seinen Blick übers Meer hinaus wanderte, bis er wieder auf Kirk ruhen blieb.

Für ihn selbst überraschend folgte Spock schließlich einem inneren menschlichen Impuls und zog sich ebenfalls Stiefel und Strümpfe aus. Jim schaute auf und beobachtete amüsiert, wie Spock ziemlich vorsichtig seine nackten Füße auf den nassen Sand stellte, nachdem er seine Stiefel ordentlich außer Reichweite des Wassers am Strand platziert hatte. Als der Vulkanier sich barfuß im nassen Sand bewegte, wirkte es, als würde er das jetzt zum ersten Mal in seinem Leben machen. Wahrscheinlich war das auch der Fall.
 

Mit hochgezogener Augenbraue verfolgte Spock, wie er, bedingt durch die Wellen und sein Körpergewicht, mit den Füßen immer ein Stück tiefer in dem nassen Sand versank. Jim kicherte leise. Spock kicherte zwar nicht, aber als er Jim ansah, wirkte er zufrieden.

Sie blickten wieder aufs Meer hinaus, als Jim sich zu Spock umwandte und sich zu fragen traute: „Mr. Spock haben Sie das jemals zuvor gemacht, ich meine, sind Sie je mit nackten Füßen an einem Strand spazieren gegangen?“

Spock schüttelte den Kopf. „Bisher gab es für mich dazu keine Gelegenheit und bis eben habe ich auch niemals daran gedacht.“

Jim schmunzelte. „Was hat Sie dazu bewogen, es heute auszuprobieren?“

Der Vulkanier schien einen Moment zu überlegen, ehe er sich zu erklären versuchte: „Ich betrachte es als ein Experiment. Die Erforschung menschlicher Verhaltensweisen...“ Er machte eine kurze Pause, dann ergänzte er: „Ich glaube, mich zu erinnern, dass meine Mutter manchmal barfuß an einem Strand entlang spazierte, wenn wir auf der Erde zu Besuch waren. Auch zu Hause hat sie sich oft die Schuhe ausgezogen und ging barfuß. Vermutlich tut sie das noch immer. Sie sagt, es erde sie. Bisher habe ich nie verstanden, was sie damit genau meinte. Hin und wieder hat sie mir vorgeschlagen, es auszuprobieren, aber...“ Spock verstummte, schien tief in die Vergangenheit und in seine Kindheit eingetaucht zu sein.

Jim lauschte gespannt der Stille und wartete, ob Spock etwas ergänzen würde. Spock erzählte nur selten etwas über seine Eltern und sein Leben auf Vulkan. Als sein Erster Offizier stumm blieb, fragte Jim leise: „Sie haben es nie ausprobiert?“

Spock schüttelte mit leichten Bedauern den Kopf. „Nein, Captain. Im Haus meines Vaters wollte ich keinen menschlichen Gewohnheiten frönen. Ich war meine gesamte Kindheit und Jugend damit beschäftigt, für meinem Vater ein vollständiger Vulkanier zu werden.“
 

Jim verarbeitete diese Informationen, ehe er fragte: „Und wie ist es jetzt? Versuchen Sie noch immer ein vollständiger Vulkanier zu sein?“ Er musterte Spock gespannt und ihre Blicke trafen sich. Zu Jims Überraschung schüttelte Spock den Kopf. „Nein, Captain... Jim... Ich bin, was ich bin.“, antwortete er und dann verblüffte er seinem Captain für einen Sekundenbruchteil mit einem Lächeln. Jim lächelte zurück.

Von da an verbrachten sie eine ganze Weile schweigend nebeneinander, vereint durch Sand, Meer und Wellen. Eine leichte nächtliche Brise wehte durch ihre Haare. Der Wind war sehr lau und kündigte eine warme Sommernacht an.

Nach einer Weile fragte Jim leise: „Und? Wie ist es, Spock? Barfuß zu sein? Wie fühlen sie sich?“ Spock überlegte kurz. „Ich glaube, ich kann meine Mutter jetzt viel besser verstehen. Ich fühle mich... geerdet.“, antwortete er und Jim schmunzelte angesichts dieser Antwort.
 

Etwas höher am Strand wuchsen einige einheimische Pflanzen, die Palmen ähnlich waren. Zusammen mit Büschen und Sträuchern standen die Palmen teilweise sehr dicht beieinander, sie bildenden kleine Dickichte und urwaldähnliche Wälder. Laub raschelte leise und Zweige bewegten sich, nicht nur verursacht durch den warmen Wind. Etwas entfernt von den beiden Offizieren der Enterprise, am Rand der Vegetation, schlich jemand den Strand entlang.

Sternenlicht und Unterwassergesang

Ziemlich lange hatten Jim und Spock schweigend nebeneinander am Strand gestanden und übers Meer geschaut, ihre nackten Füße waren nach wie vor in den Sand eingegraben und wurden von den Wellen umspült. Sie brauchten keine Worte, um sich zu verständigen. Immer mehr Sterne tauchten allmählich über ihnen am Himmel auf. Da es am Strand außer den drei Monden keine weiteren Lichtquellen gab, leuchteten die Trabanten und die Sterne umso strahlender. Glitzernd spiegelnden sich ihre Ebenbilder auf den sanften Wellen des Ozeans. Es war ein zauberhafter Anblick und eine wunderschöne Atmosphäre. Ab und zu warfen sich Spock und Jim stumme Blicke zu. Es war nichts zu hören, außer dem Rauschen des Meeres und den entfernten, vereinzelten Rufen nachtaktiver Tiere. Beide spürten das Band der Freundschaft zwischen ihnen wachsen. Es war fast wie eine gemeinsame Meditation oder wie eine Mentalverschmelzung, obwohl sie sich nicht berührten.
 

Spock erinnerte sich, wie Jim als jüngster Captain der Sternenflotte das Kommando über die Enterprise übernommen hatte. Spock war bereits unter Captain Christopher Pike an Bord gewesen, dem der Vulkanier große Hochachtung entgegen brachte. Den jungen Mann, der nun sein kommandierender Offizier geworden war, konnte er anfangs nicht einschätzen. Er erschien ihm im höchsten Maße impulsiv und unberechenbar. Dieser neue Captain bestand darauf, die unbekannten Planeten entgegen dem Protokoll selbst zu besuchen und zu dort forschen, wo noch nie ein Mensch zuvor gewesen war. Dabei scherte er sich auch nicht um die möglichen Gefahren. Dieses Verhalten hatte Spock schon immer verwirrt und gab ihm nach wie vor Anlass zur Sorge. Doch mit der Zeit lernte er, den Instinkten und der Intuition seines Captains zu vertrauen. Dessen Lösungen für Probleme war zwar nicht immer logisch, aber es funktionierte. Das stellte Spock nicht nur bei ihren gemeinsamen Abenteuern fest, sondern auch bei den immer häufiger stattfindenden Schachpartien. Diese halfen Spock sehr dabei, seinen Captain kennen zu lernen. Oft hatten Kirks Instinkte die Crew und das Schiff in letzter Minute gerettet, wenn mit Logik keine Lösung gefunden werden konnte. Spock war froh, diesen Mann inzwischen seinen Freund nennen zu können. Jim hatte ihm ein Zuhause zwischen den Sternen gegeben, eine Heimat, die er weder auf Vulkan noch auf der Erde gefunden hatte.
 

Plötzlich brach eben jener Jim die angenehme Monotonie des rauschenden Meeres und riss Spock aus seinen Gedanken. Scheinbar hatte der Captain sich ausreichend entspannt und war ausgeruht. Jetzt drängte es ihn nach ein wenig Aktivität. „Ich werde jetzt eine Runde schwimmen.“, verkündete er flüsternd, um die sie umgebenden Ruhe nicht zu sehr zu stören. Ohne ein Zögern, ohne auch nur darüber nachzudenken, zog Jim sich am Ufer aus. Er legte seine Kleidung im trockenen Sand ab, neben zwei vorsorglich platzierten Handtüchern, die er schon mitgebracht hatte und watete tiefer ins Wasser hinein. Das Licht der drei Monde glänzte einen Moment lang auf seiner nackten Haut, bevor er sich voller Begeisterung mit einem Sprung in die Fluten stürzte und untertauchte.
 

Verborgen durch die Vegetation und geschützt durch die Dunkelheit blickte Doktor Leonard McCoy auf den durch die drei Monde gut erhellten Strand. Über Jims nächtlichen Ausflug ins iridianische Meer konnte er nur den Kopf schütteln. Hatte er denn nicht die riesigen Meerestiere auf den Computerbildschirmen gesehen? Oder die tiefen Schluchten und die felsigen Steilhänge unter Wasser? Schon sehr nah an der Küste fiel der Meeresboden teilweise rapide ab. McCoy brummte vor sich hin. Natürlich hatte Jim all das auch gesehen. Als Captain hatte er immer über alles im Bilde und informiert zu sein und das war er auch - natürlich auch im Urlaub.

Jims Sprung ins Wasser entstammte wahrscheinlich zu gleichen Teilen dem kleinen Jungen, der noch immer in ihm steckte und zum anderen seiner, im Erwachsenenalter erhalten gebliebenen Abenteuerlust, die den Captain nicht nur ab und an, sondern beinahe regelmäßig in Gefahr brachte. McCoy seufzte leise. Und wer würde es am Ende wieder richten müssen?
 

Spock stand ziemlich perplex am Strand, überrascht und auch besorgt aufgrund von Jims spontanem Einfall. Unschlüssig stand er am Ufer. Er wollte seinem Freund und Captain nicht den Spaß verderben, aber bezüglich der hiesigen Fauna hatte er doch einige Bedenken, was nächtliche Schwimmausflüge anging. Schließlich gewann seine Sorge die Oberhand. „Captain! Jim! Seien Sie bitte vorsichtig! Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gibt es hier Meerestiere, die bei Nacht jagen. Und unterschätzen Sie die Strömungen nicht.“, rief er, als Jims Kopf wieder in den Wellen auftauchte.

Jim wusste, dass Spock natürlich Recht hatte. Trotzdem konnte er ein Grinsen nicht unterdrücken.

Spock musterte ihn. Der Captain erschien ihm plötzlich um Jahre jünger, unschuldiger, aber auch verletzlicher. Wassertropfen perlten in Jims nassen Haaren und glitzerten wie kleine Diamanten im Licht der Sterne. Spock wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Jim ihm auf seine Warnung antwortete: „Ihre Einwände sind registriert und zur Kenntnis genommen, Mr. Spock. Wollen Sie mir trotz des Risikos Gesellschaft leisten?“ Jim konnte förmlich sehen, wie Spock sich innerlich wand. Es war fast, als könnte er die Gedanken des Vulkaniers lesen.

Was sollte Spock jetzt tun? Einerseits gab es vielfältige Gefahren und Risiken, die Jim eventuell im Wasser drohten. Wäre der Vulkanier bei ihm, so könnte er schneller zur Stelle sein, wenn aus irgendwelchen Gründen Hilfe nötig war. Doch andererseits war Spock auf einem Wüstenplaneten groß geworden. Wasser war dort knapp und ihm daher nie ein vertrautes Element geworden.

Jim näherte sich schwimmend wieder dem Ufer. „Kommen Sie schon, Spock. Nun springen Sie schon rein.“, forderte er ihn auf.

Zögernd legte Spock seine Kleidung ab, so ordentlich und akkurat wie zuvor die Stiefel, bevor er seinem Captain überaus vorsichtig ins Wasser folgte.
 

McCoy, der sich bis jetzt verborgen gehalten hatte, reckte sich etwas aus seinem Versteck, um besser sehen zu können. Jetzt war dieser spitzohrige Vulkanier doch tatsächlich zu Jim ins Wasser gestiegen. Dabei hätte McCoy seinen ganzen Vorrat an saurianischem Brandy darauf verwettet, dass Spock niemals freiwillig irgendwo zum Spaß in ein Gewässer beliebiger Art steigen würde, noch dazu in ein unbekanntes Meer auf einem fremden Planeten mitten in der Nacht.

Unerwartet raschelte es hinter McCoy im Gebüsch, woraufhin der Schiffsarzt der Enterprise erschrocken zusammenzuckte und herum fuhr.

Die Vegetation teilte sich und mit Erleichterung erkannte McCoy Montgomery Scott zwischen den Zweigen, der in seiner Freizeitkleidung ohne Uniform irgendwie ungewohnt aussah. Scotty schob einige Äste zur Seite und kam aus dem Gebüsch, nicht ohne sich einige Kratzer von den dort wachsenden Dornen zu holen. Er stieß einen leisen schottischen Fluch aus, ehe er sich dem Schiffsarzt zuwandte. „Hier sind Sie also, Doktor. Wir haben Sie gesucht. Allein sollten Sie sich nachts nicht so weit weg vom Lager entfernen.“, rügte Scotty und Besorgnis klang in seiner Stimme.

McCoy murmelte eine Entschuldigung, als ein Geräusch vom Strand seine Aufmerksamkeit zurückforderte. Er schaute sich wieder nach Jim und Spock um. Scotty folgte seinem Blick und runzelte die Stirn. „Doktor? Was machen Sie eigentlich hier draußen?“, fragte der Chefingenieur, doch McCoy bedeutete ihm leise zu sein und antwortete nicht. Vom Strand kam eine leichte Brise und Jims leises Lachen wehte zu ihnen herüber, vermischt mit dem Rauschen der Wellen. Nun reckte sich Scotty ebenfalls, um besser zu sehen.
 

Die Hecke hinter Scotty und McCoy teilte sich kurz darauf erneut und während McCoy wieder zusammenzuckte, drehte Scotty sich nur gelassen um und begrüßte Lieutenant Nyota Uhura mit einem Lächeln, welches die afrikanische Schönheit erwiderte. Uhura gesellte sich zu ihren beiden Kollegen und blickte an McCoy vorbei zum Meeresufer. Dann musterte sie den Doktor tadelnd. „Sie sollten den beiden wirklich nicht nachspionieren, Doktor. Sie suchen doch nur etwas Entspannung - so wie wir alle."
 

Leonard McCoy verschränkte die Arme und brummelte etwas. Er fand keine Worte, um seine Beweggründe zu erklären. Er war sich sicher, dass es nicht nur Neugier, sondern auch Sorge um seine beiden Freunde gewesen war, die ihn dazu bewogen hatte, ihnen zu folgen. Vielleicht war es auch sein Instinkt, der sich gemeldet hatte. Es wäre nicht das erste Mal, dass vor allem Jim durch seine Abenteuerlust und seinen Forscherdrang in Gefahr geriet. Und wo Jim war, da war Spock nicht weit, egal wie groß die Bedrohung auch sein mochte. Wenn es um den Captain ging, so war auch Spocks Verhalten nicht immer von Logik geprägt, auch wenn er das niemals zugegeben hätte.
 

So wie jetzt gerade. Der Captain und sein Erster Offizier planschten gerade im Wasser herum, wie zwei kleine Jungen. Zumindest der Captain planschte. Jim hatte es scheinbar tatsächlich gewagt, den Vulkanier nass zu spritzen, der sich das sogar ausnahmsweise gefallen ließ.

Hätten Scotty, Uhura und McCoy es nicht mit eigenen Augen gesehen, hätten sie es nicht geglaubt.

Raschelndes Blattwerk kündigte weitere Besucher an. Hikaru Sulu, der Steuermann der Enterprise und der Navigator Pavel Andreievich Chekov gesellten sich zu den anderen Dreien. Die Vorgänge am Strand blieben ihnen nicht verborgen, obwohl sich inzwischen ein paar dunkle Wolken vor die Monde geschoben hatten. Jims Lachen drang über den leeren Strand zu ihnen herüber und Sulu und Chekov konnten ein Kichern nicht unterdrücken. Uhura warf beiden einen mahnenden Blick zu.
 

Spocks aufmerksamen Sinnen war nicht entgangen, dass er und Jim inzwischen keineswegs mehr allein und ungestört am Strand waren. Da er die Identität der Besucher aber kannte und wusste, dass von ihnen keine Gefahr drohte, ignorierte er deren Präsenz. Einen Moment durch seine Schiffskollegen abgelenkt, bekam Spock eine ziemliche Ladung Salzwasser ins Gesicht, als Jim das Wasser einer anrollenden Welle in erneut seine Richtung spritzte. Seelenruhig wischte der Vulkanier sich die Flüssigkeit aus den Augen, ehe er auf Jims spielerischen Angriff einging. Das Spielen duldete Spock nur Jim zuliebe, nur ihm zuliebe hatte er seine natürliche Angst vor dem Wasser zu überwinden versucht. Spock wusste, wie selten sein Captain Zeit und Gelegenheit für diese Momente der Sorglosigkeit hatte. Aus demselben Grund gab Spock vor, ihre Beobachter nicht bemerkt zu haben, denn er wusste, dass Jim sich diese Art der Lockerheit nur erlaubte, weil er sich mit Spock allein glaubte. Und der Captain hatte ein bisschen Entspannung dringend nötig, nicht nur er, sondern die gesamte Crew. Und diesmal schloss Spock sich selbst nicht aus, was schon einiges hieß. Hinter der Mannschaft der Enterprise lagen ereignisreiche, anstrengende Monate voller Missionen, Raumschlachten und anderen Notfällen unterschiedlichster Art. Dieser Landurlaub war schon seit geraumer Zeit überfällig, er war mehrfach aufgrund vielfältiger Krisen verschoben worden.
 

Im Augenwinkel nahm Spock plötzlich eine Bewegung wahr. Er sah etwas Dunkles im Wasser, nur wenige Meter hinter Jim und wollte den Captain warnen, aber nicht in Panik versetzen. Leise, mit sanfter, aber eindringlicher Stimme, rief er ihn beim Namen: „Jim...“ Und dann etwas lauter. „Captain...“

Und etwas in Spocks Stimme veranlasste Kirk sofort dazu, ernst zu werden. Mit langsamen, aber kräftigen Schwimmbewegungen kehrte er zu Spock zurück, der näher am Strand war, in flacherem Wasser. Der Vulkanier atmete hörbar auf, als Jim sicher bei ihm angekommen war und es entging dem Captain nicht.

„Spock, was ist los? Haben Sie etwas Ungewöhnliches entdeckt?“

Spock nickte und deutete aufs dunkle Wasser.

„In der Tat, Captain.“ Jim folgte seinem Blick.
 

Nur wenige Meter neben der Stelle, an der Jim eben noch geschwommen war, tauchte ein riesiger dunkler Schatten unter Wasser vorbei. Hin und wieder blitzte die glatte, schwarzglänzende Haut des Tieres im Mondschein auf, wenn das Wesen die Wasseroberfläche durchbrach. Nicht weit von Spock und Jim musste ein ziemlich tiefer Abgrund sein, wenn ein solch riesiges Tier sich so nah an den Strand wagte. Plötzlich spritzte Wasser unter lautem Klatschen meterhoch auf, als das Tier plötzlich zurück in die Tiefen abtauchte und seine Schwanzflosse auf die Meeresoberfläche schlug.

Jim stand da wie vom Donner gerührt, ihm wurde erst jetzt klar, wie viel Glück er gehabt hatte, dass am Abgrund heute gerade keine starke Strömung herrschte und dass die See ruhig war. Sonst wäre er vermutlich in die Tiefe gezogen worden. Der Captain erholte sich aber schnell von seinem Schreck. Er kniff die Augen zusammen, um im Mondlicht besser zu sehen, beobachtete die Wellen und sah dann, dass weitere Wesen am Strand vorbeischwammen. Jim versuchte die Ausmaße der Tiere abzuschätzen. Sie zogen sowohl ihn, als auch Spock in ihren Bann. Spock war versucht, seinen Tricorder zu holen, der bei seiner abgelegten Kleidung am Strand lag, doch auch er konnte sich von dem Anblick der Wesen nicht lösen.
 

Neugier und Forscherdrang bewegten Jim schließlich dazu, wieder ein paar Schritte ins tiefere Wasser zurück zu waten und den Kopf unter Wasser zu tauchen. Die Tiere waren wirklich gewaltig. Und sie sangen. An der Oberfläche hatte Jim es eigenartigerweise nicht bemerkt. Aber nun hörte er seltsam anrührende Töne, sie gingen ihm unter die Haut. Wie konnten solche riesigen Tiere so zarte Klänge erzeugen? Jim fühlte eine Hand an seiner Schulter -Spock. Der Vulkanier war ihm also ins tiefere Wasser gefolgt. Widerwillig tauchte der Captain auf und merkte erst jetzt, dass er schon längst hätte Luft holen müssen. Er hustete kurz, dann berichtete er voller Begeisterung von dem Anblick der Tiere und ihrem Gesang. „Spock, haben Sie das auch gehört? Diese Wesen singen wirklich wunderschön. Es klingt ähnlich wie Aufnahmen von irdischen Walen, aber irgendwie zauberhafter. So etwas habe ich noch nie zuvor gehört...“
 

Als Jim geendet hatte, wirkte Spock nachdenklich. Doch bevor er auf Jims Beschreibung etwas erwidern konnte, war der Captain schon wieder mit dem Kopf unter Wasser getaucht, um die vorbeiziehenden Geschöpfe zu beobachten. Spock war irritiert und verwundert. Wenn diese Wesen sangen, hätte er doch auch an der Oberfläche etwas davon hören müssen. Sein Gehör war ja wesentlich empfindlicher als Jims.
 

Jim lauschte verzaubert den zarten Lauten der riesigen Tiere. Auf der Erde waren die großen Wale schon vor Jahrhunderten vom Menschen ausgerottet worden. Jim konnte nicht verstehen, wie man solche zauberhaften Wesen hatte ausrotten können. Erneut lauschte er den Tönen, sie waren wie Musik unter Wasser und er hätte beinahe wieder das Atmen vergessen. Spock zog ihn zurück an die Oberfläche und fast hätte der Captain sich zur Wehr gesetzt, um weiter den außerirdischen Klängen lauschen zu können.
 

Obwohl es durch die aufziehenden Wolken am Strand inzwischen etwas dunkler geworden war, war McCoy, Scotty und den anderen nicht entgangen, dass am Strand inzwischen etwas Ungewöhnliches vor sich ging. Sulu, der seinen Tricorder um die Schulter geschlungen hatte, um einige hiesige Pflanzen und Bäume eingehender zu untersuchen, richtete das Gerät nun zum Meeresufer und justierte die Reichweite des Tricorders. „Wir sollten uns das unbedingt aus der Nähe ansehen.“, bemerkte er kurz darauf. „Die Tiere da draußen sind echt riesig.“ Chekov blickte über Sulus Schultern auf die Daten des Tricorders und kommentierte sie mit einem anerkennenden Pfeifen.

Gefährlicher Bann

„Jim!“ Spocks Stimme klang eindringlich und eindeutig besorgt. Der Vulkanier hielt James Kirk fest und stützte ihn, er hatte ihn ein weiteres Mal aus dem tieferen Wasser des iridianischen Ozeanes gezogen. „Jim!?“

Endlich rührte sich der Angesprochene und hustete erst einmal eine ziemliche Menge des salzigen Meerwassers aus. Jim schnappte nach Luft und Spock atmete erleichtert auf.
 

Der Captain war noch ein weiteres Mal untergetaucht gewesen, um den seltsamen Gesängen der iridianischen walähnlichen Meereswesen zuzuhören. Aber die Wirkung der außerirdischen Klänge auf ihn war wirklich fatal. Als er von alleine nach einer für Spock viel zu langen Zeit nicht mehr aufgetaucht war, hatte dieser ihn erneut aus dem Wasser gezogen. Erschreckenderweise hatte sich Jim trotz seiner offenkundigen Atemnot einen Moment lang sogar gegen das Auftauchen gewehrt.
 

Der Captain der Enterprise fühlte sich benebelt und schwindelig. Er versuchte die Benommenheit loszuwerden, die so gefährlich schleichend über ihn gekommen war. Es dauerte etwas, bis sein Blick sich wieder klärte. Fragend schaute er in Spocks dunkle, sorgenvolle Augen. Der Vulkanier musterte ihn einige Sekunden, erkannte dann, dass Jim wieder zurück war und ließ langsam dessen Arme los.

„Spock, was ist denn passiert?“, murmelte Kirk.

Spock ließ ihn nicht aus den Augen, während er nach eine Erklärung suchte und seine Worte schließlich mit Bedacht wählte. „Die Töne, welche diese Wesen produzieren, wirken sich scheinbar irgendwie auf Teile ihres Nervensystems aus, Captain. Sie lösen einen betäubenden Effekt aus und führen zur Verwirrung und Orientierungslosigkeit. Das hat wiederum dazu geführt, dass Sie nicht rechtzeitig aufgetaucht sind, um zu atmen.“ Spock machte eine kurze Pause, bevor dann etwas leiser ergänzte: „Jim, Sie sollten wirklich in Zukunft vorsichtiger sein.“
 

„Das sag ich ihm andauernd, Mr. Spock. Aber auf mich will er einfach nicht hören“, sagte da eine nur allzu bekannte Stimme hinter ihnen.

Jim und Spock fuhren erschrocken herum. Spock hatte die Nähe der Crewmitglieder aufgrund der Ereignisse ganz vergessen. Schiffsarzt Leonard McCoy stand direkt am Ufer und machte sich nun daran zu Jim und Spock ins Wasser zu kommen, dabei scherte er sich nicht um nasse Füße. Mühsam, aber von Sorge getrieben, stampfte er in Stiefeln durch die an den Strand rollenden Wellen. Scotty und die anderen der Gruppe hielten währenddessen zögerlich etwas Abstand.

„Pille, verdammt! Was macht ihr alle hier?“, schimpfte Jim empört und wollte McCoy entgegen gehen. Er marschierte in Richtung Ufer los und wurde sich im selben Moment mehrerer Tatsachen bewusst.

Erstens - er war nach seiner Benommenheit gerade viel zu schnell losgegangen und ihm wurde wieder ziemlich schwindlig. Zweitens - er war nicht nur tropfnass, sondern drittens auch immer noch splitterfasernackt vom Schwimmen. Letzteres galt auch für Spock, trotzdem war er sofort an Jims Seite und griff besorgt nach seinem Arm, um den Captain zu stützen.
 

McCoy konnte trotz seiner Sorgen ein Grinsen nicht unterdrücken. Versöhnlich reichte er Jim und Spock die Handtücher, die Jim bereits vorsorglich zum Strand mitgebracht hatte. Der Captain und sein Erster Offizier benutzten sie, um sich abzutrocknen und sich anschließend darin einzuhüllen.
 

Mit seinem Handtuch fühlte Jims sich gleich viel besser, er gewann damit einen Teil seiner Würde und so auch seine alte Selbstsicherheit zurück. „Also nochmal, Pille... Was hast du hier draußen zu suchen?“, brummte der Captain, während sie zu dritt und wesentlich langsamer zum Strand zurückgingen, wobei Jim doch einige Probleme beim Laufen in der Strömung der Wellen hatte. Trotzdem bestand er darauf allein und ohne Stütze zu gehen.
 

Am Ufer angekommen zog Jim sich seine Kleidung wieder an. Seine Bewegungen beim Anziehen waren ziemlich vorsichtig, aber er wollte keinen weiteren Schwindelanfall riskieren. Auf Schuhe und Strümpfe verzichtete der Captain, da seine Füße voller Sand waren.

Leonard McCoy verschränkte die Arme. „Verdammt nochmal, Jim! Du kannst es einfach nicht lassen, oder? Selbst im Urlaub... Ich habe nach euch gesucht, weil ich mir Sorgen gemacht habe! Und das offenbar völlig zu Recht! Was zum Teufel denkst du dir dabei, nachts auf einem fremden Planeten mal eben in ein Meer voller riesiger Monster zu springen?“

Jim ließ McCoys Ausbruch über sich ergehen, er nahm es seinem Freund nicht übel. Widerwillig gestand er sich heimlich ein, dass der Doktor Recht hatte. Als McCoy schließlich geendet hatte, gesellte sich Spock wieder zu den beiden, er hatte sich mittlerweile ebenfalls wieder angezogen, auch mit Ausnahme seiner Füße. Er schien allerdings etwas unbehaglich zu fühlen, weil der Sand an seinen nassen Füßen beim Gehen kleben blieb, doch er versuchte das Gefühl zu ignorieren.
 

Dass Spock nichts auf McCoys Worte erwiderte, beunruhigte den Captain etwas. Offenbar war der Vulkanier heute McCoys Meinung. Vielleicht war er ebenfalls sauer auf Jim, auch wenn Spock das niemals zugegeben hätte. Jim wurde aus seinen Gedanken gerissen, als sein Erster Offizier ihn besorgt fragte: „Captain, geht es Ihnen jetzt wieder besser?“
 

Etwas in Spocks Tonfall ließ den Arzt in McCoy aufhorchen, so dass er aufhörte, sich weitere Verwünschungen für seinen risikofreudigen Freund zu auszudenken. Sein Groll war vergessen, von Sorge verdrängt. Prüfend musterte er den Captain von oben bis unten.
 

Kirk spürte die sorgenvolle Blicke seiner beiden besten Freunde auf sich. Er entzog sich ihnen mit geübter Gewandtheit, indem er entschlossenen Schrittes zu Scotty und den anderen ging. Hinter seinem Rücken tauschten Spock und McCoy einen Blick, ehe der Doktor Spock leise etwas zu flüsterte.
 

Jim konzentrierte sich darauf, Spock und McCoy einen Moment lang auszublenden, sein Blick blieb dabei an Scotty haften, der sich ziemlich unbehaglich dabei fühlte. Auch Uhura, Chekov und Sulu traten nervös von einem aufs andere Bein. Würde der Captain ihnen allen jetzt eine Standpauke halten - aufgrund seiner verletzten Privatsphäre?
 

Doch Jim hatte nichts dergleichen im Sinn. „Mr. Scott, ist unser Aquashuttle derzeit einsatzbereit?", fragte er geradeheraus.

Scotty hatte mit einer solchen Frage nicht gerechnet und brauchte einen Moment, um seine Gedanken zu sortieren. Dann antwortete er: „Aye, Sir. Die Nautilus ist jederzeit startklar, ich habe sie erst letzte Woche selbst gecheckt und eine Wartung erster Klasse durchgeführt. Wenn Sie wollen, kontaktiere ich sofort das Schiff und schicke jemanden los, um sie hier herunter zu bringen.“
 

James T. Kirk war mit dieser Aussage sehr zufrieden. So kannte er seine Crew und Scotty war nochmal ein ganz besonderer Fall. Der Chefingenieur würde niemals Landurlaub nehmen, wenn an Bord noch irgendeine Arbeit auf ihn warten würde.
 

„Danke Scotty, aber heute brauchen wir alle noch ein bisschen Schlaf, denke ich. Es war eine lange Nacht.“ Jim blickte alle der Reihe nach an und stemmte dann die Arme in die Hüften. Er warf einen Blick auf den östlichen Horizont. Der Morgen graute bereits. „Also, ich schlage vor, wir ruhen uns jetzt alle einige Stunden aus. Und heute Abend bei Einbruch der Dämmerung breche ich mit der Nautilus auf, um mir dieses Phänomen und diese Wesen mal von nahem anzusehen. Das heißt, falls sie hier in der Nähe nochmal auftauchen. Falls die Wesen nicht da sein sollten, werde ich mich trotzdem unter Wasser mal umsehen. Da Sie alle Landurlaub haben, werde ich niemandem befehlen, mich zu begleiten. Gibt es trotzdem interessierte Freiwillige?“
 

Es dauerte keine Sekunde, bis Spock antwortete: „Ich melde mich freiwillig, Sir.“ McCoy brummte daraufhin leise: „Das war ja klar.“

Jim lächelte nur zufrieden und blickte seinen Bordarzt erwartungsvoll an. „Und? Was ist mit dir, Pille?“

Der Doktor zögerte und sagte dann: „Nein, lass mal gut sein, Jim. Ich bin hier im Urlaub.“ Etwas leiser fügte er an Jim gewandt hinzu: „Tut mir leid. Aber du weißt genau, dass ich es überhaupt nicht leiden kann, in einem Schiff unter Wasser zu sein.“

Jim nickte verständnisvoll und legte McCoy kurz eine Hand auf die Schulter. Dem Captain war nur allzu bekannt, warum McCoy um größere Mengen Wasser einen großen Bogen machte. Mit einem Schaudern dachte Jim an die Ereignisse auf dem Eisplaneten Nordstral zurück. Zusammen mit McCoy war Jim in einem Unterwasser-Plankton-Sammlerschiff unterwegs gewesen, um rätselhafte Fälle von Wahnsinn aufzuklären. Damals hatte McCoy Jim gegenüber von seinen traumatischen Kindheitserinnerungen im Bezug auf Wasser gesprochen.*
 

„Also, dann gehen wir jetzt erst mal ins Lager zurück.“, sagte der Captain und versuchte die beunruhigenden Erinnerungen zu vertreiben.

Gemeinsam machten sie sich alle auf den Rückweg. „Ob noch etwas von dieser köstlichen Suppe da ist, die Christine gekocht hat?“, fragte sich Scotty, ohne jemand bestimmten anzusprechen.
 

Das sogenannte Lager war eine kleine Ansammlung von Zelten, die alle um ein Shuttle herum errichtet waren. Insgesamt waren es drei Zelte, eines bewohnten Christine Chapel und Nyota Uhura. Ein Weiteres teilten sich Sulu und Chekov mit dem Chefingenieur und das dritte Zelt war die Schlafstätte von Kirk, Spock und McCoy.
 

Das Lagerfeuer brannte bereits wieder und Christine Chapel, die am Vorabend als Einzige früh zu Bett gegangen war, hatte schon mit der Zubereitung des Frühstücks begonnen. Die ersten Sonnenstrahlen krochen gerade über den Horizont und ließen den Himmel in den schönsten Farben erstrahlen.
 

„Hallo! Guten Morgen! Schön, dass Sie alle wieder da sind. Ich hatte mir bereits Sorgen gemacht, weil Sie alle solange fort waren.“

Kirk und die anderen nickten der Krankenschwester zu. Christine musterte den Captain und den Ersten Offizier verwundert, die noch immer nasse Haare hatten. Kirk ließ Spock den Vortritt und ging in sein Zelt, während Spock in die Ultraschalldusche des Shuttles verschwand. Christine sah ihnen nachdenklich nach und fragte dann McCoy: „Doktor, ist etwas passiert?“
 

McCoy zuckte die Schultern. „Wie man es nimmt... Auf jeden Fall ist eine längere Geschichte, die ich jetzt nicht mehr erzählen möchte... Ich werde versuchen, ein paar Stunden zu schlafen...“

Christine nickte nur und ließ ihn gewähren, sie wusste, dass er früher oder später reden würde, wenn ihm danach war.
 

Als McCoy kurz darauf in sein Zelt kroch, hatte Jim sich schon auf seinem Schlafplatz zusammengerollt. Zumindest tat er so, als würde er schlafen.

McCoy war sich ziemlich sicher, dass der Captain wach war. Der Doktor konnte sich nicht helfen, er war irgendwie immer noch sauer, weil Jim sich immer ohne Nachzudenken in potentiell gefährliche Situationen begab. Sogar in seiner Freizeit ging der Captain Risiken ein - und das völlig unnötig. Zumindest war das McCoys Ansicht. Missmutig setzte der Arzt sich auf sein Bett neben Kirk und zog sich trockene Sachen an. Eben erst hatte McCoy seine nassen Schuhe und Strümpfe mit viel Mühe und Anstrengung am Zelteingang ausgezogen. Hin und her gerissen zwischen Sorge und Wut musterte er seinen angeblich schlafenden Freund. Inzwischen hätte er sich doch schon längst daran gewöhnt haben müssen, dabei zuzusehen, wie leichtsinnig Jim oft mit seinem eigenen Leben umging, vor allem wenn es Neues und Unbekanntes zu entdecken gab oder wenn jemand in Gefahr war und Hilfe brauchte. Wie oft würde der Captain in Zukunft noch in letzter Sekunde davon kommen? Wie viele Male war bis jetzt alles gerade so nochmal gut gegangen? Irgendwann hatte Pille aufgegeben, es zu zählen... Irgendwann würde dieser schreckliche Tag kommen. Der Tag, an dem alles zu spät sein würde für Jim. Der Tag, an dem sie, McCoy oder auch Spock zu spät am Ort des Geschehens sein würden... Und Spock... Spock würde an diesem Tag den einzigen Menschen verlieren, dem er erlaubt hatte, hinter die Mauern der vulkanischen Selbstbeherrschung zu blicken. Leonard erschauerte. Warum musste er jetzt an so etwas denken? Eigentlich hatte er doch Urlaub... Er ballte die Fäuste.
 

Eine hochgewachsene Gestalt tauchte vor dem Zelteingang auf. „Doktor?“

McCoy zuckte ertappt zusammen.

„Doktor, könnte ich Sie bitte kurz sprechen?“, fragte Spock.

Eigentlich wollte McCoy ablehnen, die ganze Sache mit Jim hatte ihn wirklich erschöpft. Doch er ahnte, dass er trotzdem keine Ruhe finden würde, daher überlegte er sich anders. Vielleicht war es gar nicht so schlecht, mit Spock zu reden. Schließlich ging es dem Vulkanier ebenso gegen den Strich, wenn der Captain nötige und unnötige Risiken einging, nur das Spock darüber weitaus weniger laut nörgelte, als McCoy. Leonard zog sich also wieder Schuhe an und krabbelte aus dem Zelt.
 

Jim wälzte sich unruhig hin und her. Er hörte, dass McCoy das Zelt wieder verlassen hatte, dennoch hielt er die Augen geschlossen. Es fiel ihm sehr schwer, Schlaf zu finden, obwohl er hundemüde war. Die Sonne stieg immer höher und es wurde immer heller im Zelt. Der Captain war gleichzeitig erschöpft und aufgeregt von den Ereignissen der Nacht. Das Geheimnis dieser Wesen, ihr Gesang ging ihm einfach nicht aus dem Kopf. Schließlich gab er genervt auf. Er rieb sich nochmal die Augen und krabbelte dann aus dem Zelt, um sich einen Kaffee zu aufzubrühen. Von den anderen war weit und breit nichts zu sehen und zu hören. Spock und McCoy waren nirgends zu entdecken, vielleicht machten sie einen Spaziergang oder erforschten irgendwelche einheimischen Lebensformen. Sie waren auf Landurlaub und Jim machte sich frei davon, zu wissen, was seine einzelne Crewmitglieder gerade taten. Von den anderen ihrer Gruppe war auch keine Spur, wahrscheinlich waren sie wirklich nochmal zu Bett gegangen, so wie er es auch besser hätte tun sollen. Jim legte ein paar Stücke Holz auf das Feuer, damit es nicht ausging und machte sich dann eine Tasse Kaffee. Nach dem Kaffee fühlte er sich etwas wacher und hatte Lust auf einen Spaziergang.
 

McCoy und Spock waren eine Weile schweigend nebeneinander hergegangen und hatten sich schon ein Stück vom Lagerplatz entfernt. Es sah Spock gar nicht ähnlich, zunächst um ein Gespräch zu bitten und dann nicht mit der Sprache rauszurücken. Schließlich blieb McCoy abrupt stehen und blickte den Vulkanier entschlossen an. „Was ist los, Spock? Wo gehen wir eigentlich hin? Sie wollten mir doch etwas sagen, oder?“
 

Spock straffte sich und schien sich zu sammeln, bevor er antwortete: „Das ist wahr, Doktor. Ich habe bisher überlegt, was die beste Wortwahl ist, damit sie meiner Bitte entsprechen.“

McCoy knurrte: „Spock... Wenn Sie was von mir wollen, dann raus mit der Sprache! Ich kann es nicht leiden, wenn jemand um den heißen Brei herumredet. Und Ihnen sieht das auch gar nicht ähnlich...“ Noch während er sprach, kam McCoy ein beunruhigender Gedanke. Er musterte den Vulkanier forschend. „Spock... Ist irgendetwas mit Jim? Ich meine, etwas von dem ich nicht weiß?“

Spock zögerte. „Meine Bitte hat etwas mit dem Captain zu tun.“, sagte er ausweichend.

„Spock...“
 

Der Vulkanier wusste McCoys warnenden Unterton inzwischen zu deuten und versuchte auf den Punkt zu kommen, was ihm heute doch ungewöhnlich schwerfiel. „Doktor, aufgrund der heutigen Ereignisse, mache ich mir große Sorgen um den Captain. Bezüglich dieser Wesen und ihrer Gesänge scheint er sehr beeinflussbar zu sein und das sieht Jim gar nicht ähnlich. Ich bitte Sie daher, uns auf unsere Unterwasser-Expedition zu begleiten.“
 

McCoy wollte Einwände erheben, doch Spock ließ ihn nicht zu Wort kommen. „Ich weiß wohl, dass Sie abgelehnt haben, uns zu begleiten, Doktor. Ich kenne auch die offiziellen Berichte der Ereignisse auf Nordstral, obwohl diese Ihre Abneigung gegen Wasser für mich nicht ausreichend erklären. Im Bezug auf den Captain bin ich nicht immer fehlerfrei in meiner Logik. Möglicherweise brauche ich Ihre Einschätzung zu seinem... Befinden, wenn wir diesen Wesen wieder begegnen.“
 

McCoy fehlten ausnahmsweise einmal die Worte. Er war nicht nur verblüfft, sondern auch gerührt, ob des Vertrauens, welches Spock ihm entgegenbrachte. Der Vulkanier hatte ihm gerade ziemliche viele Einblicke in seine persönlichen Gedanken gewährt. Er machte sich nicht nur Sorgen wegen Jim, er gab sogar zu, dass diese besondere Freundschaft manchmal sein vulkanisches Urteilsvermögen beeinflusste. Das war schon eine ziemliche Offenbarung.
 

McCoy beschloss, Spock mit der gleichen Offenheit zu begegnen. „Spock...“, begann er, „Meine Abneigung gegen größere Mengen Wasser hat nicht nur etwas mit den Ereignissen auf Nordstral zu tun. Die Erlebnisse auf dem Eisplaneten haben in mir nur bestimmte Erinnerungen wachgerufen...“ Er verstummte und suchte nach Worten. Dabei traten Ereignisse wieder so klar in sein Gedächtnis, als wäre alles erst vor kurzem geschehen. Er sah sich wieder zum Grund des Sees sinken, beobachtete mit erschrecken das verblassende Licht...

McCoy schüttelte sich und versuchte zurück in die Gegenwart zu finden. Schließlich sammelte er sich und blickte zu dem Vulkanier auf. Einerseits fiel es ihm schwer, vor Spock davon zu sprechen, aber andererseits waren sie beide Freunde, wenn das auch keiner von beiden vor Zeugen zugegeben hätte.
 

„Spock... Als ich ein kleiner Junge war, wäre ich beim Spielen mit Freunden fast ertrunken. Ich wurde schließlich gerettet, aber einer meiner Freunde hatte nicht so viel Glück.“* Leonard spürte den alten Schmerz in sich aufsteigen und wandte den Blick ab, als seine Augen feucht wurden.

Er spürte eine Hand auf seiner Schulter und schaute in Spocks dunkle Augen.
 

„Ich verstehe... Ich bedaure Ihren Verlust.“, sagte Spock leise. Sie schauten sich einen Moment schweigend an. Dann lockerte McCoy seine angespannten Schultern und atmete tief durch. „Ich werde mitkommen, Spock.“

„Danke, Doktor.“, sagte Spock und war wieder in seinen üblichen vulkanisch-neutralen Tonfall zurückgekehrt.
 

„Gehen wir jetzt zurück?“, fragte McCoy Spock, nachdem dieser Punkt nun geklärt war. Der Vulkanier schüttelte den Kopf. „Ich werde zunächst zur Enterprise zurückkehren. Ich möchte den Bibliothekscomputer bezüglich der hiesigen Meeresfauna konsultieren. Möglicherweise gibt es Informationen, die die Wirkung der sogenannten Walgesänge auf den Captain erklären. Wir müssen außerdem annehmen, dass nicht nur er für diese Gesänge anfällig ist. Alles andere wäre unter den gegebenen Umständen unlogisch. Aus diesem Grund werde ich den diensthabenden Kommunikationsoffizier bitten, alle Crewmitglieder, die derzeit Landurlaub haben bzw. in Kürze antreten werden, über die mögliche Gefahr aufzuklären.“
 

McCoy musterte Spock nachdenklich. „Was ist mit Ihnen, Spock? Haben Sie die Wirkung der Gesänge ebenfalls gespürt? Sie waren doch auch im Wasser.“

„Ich war in der Tat im Wasser, Doktor. Allerdings waren die Gesänge nur unter Wasser zu hören. Auch als ich den Captain mehrmals aus dem Wasser gezogen habe, vermied ich es, mit dem Kopf unterzutauchen. Allerdings gehe ich davon aus, dass ich eine natürliche Immunität gegen den Einfluss dieser Klänge habe.“
 

An dieser Stelle protestierte McCoy sofort: „Woher wollen Sie das wissen, Spock? Wie Sie gerade selbst zugegeben haben, haben Sie diese Gesänge ja noch nicht einmal gehört!“

Spock zog eine Augenbraue in die Höhe. „Doktor, warum regen Sie sich so auf? Die vulkanische Physiologie unterscheidet sich in vielen Bereichen erheblich von der menschlichen Natur - was Sie auch sehr genau wissen. Vor allem im Bezug auf das Nervensystem. Ich glaube, eine natürliche Immunität zu besitzen. Sicher bin ich mir nicht. Bei nächster Gelegenheit sollte ein praktischer Test erfolgen.“
 

McCoy war keineswegs beruhigt durch die Aussage des Vulkaniers -im Gegenteil. Seine Sorge steigerte sich noch. „Ein praktischer Test? Und wenn Sie feststellen, dass Sie nicht immun sind? Vergessen Sie nicht, dass Sie zumindest zur Hälfte ebenfalls ein Mensch sind.“
 

Spock unterdrückte ein Seufzen und behielt seine übliche stoische Haltung bei. Aber es kostete ihn heute große Mühe. Diese Diskussion um vorhandene oder nicht vorhandene menschliche Schwächen hatten sie beide schon oft genug erörtert. Spock spürte, dass auch seine Geduld Grenzen hatte. Sein Tonfall war ruhig, allerdings war es die Ruhe vor dem Sturm, als er antwortete: „Doktor McCoy, meine biologischen Besonderheiten sind mir bekannt. Außerdem ist es mir unmöglich, jenen Teil meiner Physiologie zu vergessen, da Sie mich unablässig daran erinnern.“
 

Der Schiffarzt der Enterprise spürte Spocks Stimmungsumschwung nicht nur, er sah auch in seinen Augen, dass es jetzt besser war, sich in Zurückhaltung zu üben. Leonard trat einen Schritt zurück. Ihm war gerade eingefallen, dass Sie ja eigentlich Urlaub hatten und dass selbst bei Spock irgendwann der Punkt erreicht sein musste, wo er von ihren ständigen Wortgefechten genervt war. Auch wenn Spock sicher nicht bereit war, dass zuzugeben. „Tut mir leid, Spock.“, murmelte er versöhnlich.
 

Überrascht wanderte eine von Spocks Brauen in die Höhe. Er nickte dem Arzt dankbar zu, ehe er sagte: „Ich werde jetzt zum Schiff zurückkehren. Bitte informieren Sie den Captain über meine Absichten. Sie können ihm auch ausrichten, dass ich bei meiner Rückkehr die Nautilus mitbringe. Wenn er weiteres Personal für das Aquashuttle anfordern möchte, kann er sich vorher mit mir in Verbindung setzen. Ich werde dann an Bord alles in die Wege leiten.“
 

McCoy nickte, nachdem Spock geendet hatte. „Ich werde Jim Bescheid geben.“, bestätigte er.

Daraufhin klappte der Erste Offizier seinen Kommunikator auf. „Spock an Enterprise. Eine Person zum Hochbeamen.“
 

Leonard McCoy sah noch zu, wie der Vulkanier im Transporterstrahl verschwand, ehe er sich langsam auf den Rückweg zum Lager machte. Gedanklich erstellte er eine Liste medizinischer Ausrüstungsteile, die er auf Jims Mission unter Wasser möglicherweise brauchen würde.

Er war noch nicht weit gegangen, als er auf Jim Kirk stieß. „Hallo, Pille!“, begrüßte der ihn gut gelaunt.

McCoy musterte seinen Freund und Captain fachmännisch. „Du siehst nicht sehr ausgeruht aus, Jim. Wolltest du nicht eine Runde schlafen?“
 

Kirk winkte ab. „Ach, ich bin viel zu aufgeregt und finde keine Ruhe. Ich kann es kaum erwarten, dass die Reise losgeht.“ Der Captain sah sich suchend um. „Wo ist Spock? Hast du ihn gesehen?“, fragte er dann.

Der Doktor nickte. „Ja, ich habe ihn gesehen. Er ist auf die Enterprise zurückgebeamt. Er wollte deine Ruhe nicht stören und lässt dir ausrichten, dass er den Bibliothekscomputer bezüglich der singenden Meeresbewohner befragt. Anschließend kehrt er mit dem Aquashuttle hierher zurück.“
 

Jim wirkte einen Moment lang nachdenklich. Dann wandte er sich wieder an McCoy: „Ist Spock schon lange weg?“

McCoy schüttelte den Kopf. „Nein, er hat sich erst vor ein paar Minuten hinauf beamen lassen. Ist noch nicht lange her.“

Jim wirkte ein wenig enttäuscht. Dann würde es bis zu Spocks Rückkehr wohl noch etwas dauern. Da kam ihm ein Gedanke und er fragte verwundert. „Pille... Spock und du...Was habt ihr denn eigentlich hier gemacht?“
 

McCoy verschränkte die Arme. „Wir hatten etwas zu besprechen.“, gab er kurz angebunden zurück.

„So?“ Jim konnte seine Neugierde nicht zügeln. „Was denn?“
 

„Du wirst es wahrscheinlich nicht glauben, aber dein spitzohriger Erster Offizier hat mich gebeten, euch auf die Unterwassermission zu begleiten.“
 

„Tatsächlich? Und?“
 

„Und was?“
 

„Wirst du uns begleiten, Pille?“
 

„Ja, das werde ich wohl.“, antwortete McCoy zähneknirschend.
 

„Das freut mich. Ich weiß, was für eine Überwindung dich das kosten muss. Verrätst du mir, wie Spock das angestellt hat?“ Kirk konnte sein Grinsen nicht unterdrücken. Er freute sich wirklich, dass nun seine beiden besten Freunde mitkamen.
 

McCoys Tonfall ließ ihn allerdings wieder ernst werden. „Jim...“, sagte dieser nun eindringlich. „Spock macht sich große Sorgen um dich - wegen dieser Wesen. Er befürchtet, dass diese seltsame Gesänge dein Urteilsvermögen auch dann beeinträchtigen können, wenn wir im Shuttle unter Wasser sind. Und er befürchtet, dass nicht nur du, sondern auch andere Mitglieder der Crew von den Gesängen beeinflusst werden könnten. Außerdem weiß ich ja, dass du es absolut nicht lassen kannst, dich von einer gefährlichen Ecke in die nächste zu begeben....“ An dieser Stelle seiner Erklärung seufzte McCoy resigniert.
 

Der Captain allerdings war verärgert. „Nun, hör aber auf, Pille. Wenn du nur mitkommst, um den Babysitter zu spielen, dann bleib lieber gleich an Land. Ruh dich aus, entspann dich und genieß deinen Urlaub...“
 

McCoy schüttelte den Kopf. „Nein, Jim. Spock hat mich aufgrund meiner Kenntnisse als Mediziner gebeten, mitzukommen und ich werde seiner Bitte nachkommen. Ich tue es nicht gerne und das weißt du auch, aber Spock hat Recht. Es könnte gefährlicher werden, als auf den ersten Blick erkennbar ist.“
 

„Spock hat dich wirklich gebeten mitzukommen, weil er einen Arzt dabei haben möchte...“ Das musste Jim erst mal verdauen.
 

„Er musste mich sogar überreden, Jim. Und er hat mich überzeugt. Mein Entschluss steht fest. Ich komme mit.“ Für Leonard McCoy war die Diskussion damit beendet. Er verschränkte die Arme und wartete auf die Erwiderung seines vorgesetzten Offiziers.
 

Captain James T. Kirk war nun so gar nicht mehr nach Urlaub zumute. Er dachte konzentriert nach. Der Vulkanier schien sich wirklich sehr große Sorgen zu machen. Jim versuchte objektiv darüber nachzudenken. War die Sorge seiner Freunde berechtigt? Wenn er ehrlich zu sich selbst war, musste er das auf jeden Fall bejahen. Ohne Spocks Eingreifen wäre er ertrunken, weil er so sehr von den Gesängen der iridianischen Wale gefesselt war, dass er seine Atemnot gar nicht gespürt hatte. Selbst jetzt machte ihn die Neugier auf diese Wesen fast wahnsinnig. Er konnte es kaum erwarten, die Erkundung unter Wasser zu starten. War das noch seine natürliche Neugier? Sein normaler gesunder Forscherdrang? Sollte er seine Entscheidung, die Nautilus durch den iridianischen Ozean zu steuern, nochmal überdenken?
 

Kirk stellte sich vor, wie er das Geheimnis links liegen lassen würde. Er würde stattdessen zu Ruhe und Entspannung zurückkehren und am Ende seines Urlaubs den Planeten verlassen. Und mit ihm das ungelöste Geheimnis in den Tiefen des iridianischen Ozeans. Jim schüttelte sich. Es ging nicht. Er konnte es nicht ignorieren. Das Meer lockte ihn - mit all seinen Bewohnern und mit all seinen Gefahren, so wie sonst der Weltraum mit seinen unendlichen Weiten.
 

Nein, er würde keinen Rückzieher machen. Er würde Spocks und McCoys Warnungen im Hinterkopf behalten, wenn er mit der Nautilus und mit ihnen zusammen auf die Reise ging. Es gab eine neue Welt zu entdecken. Und diesmal lag sie eben unter Wasser. Sie hatten die technischen Möglichkeiten dazu und er würde sie nutzen.
 

Plötzlich wurde Jim aus seinen Gedanken gerissen. Er spürte sanft eine vertraute Hand auf seiner Schulter und blickte auf, direkt in McCoys forschende, wasserblaue Augen.

„Jim... Ist alles in Ordnung mit dir?“
 

Der Captain lächelte. „Es ist alles okay, Pille. Verzeih, dass ich zunächst wütend auf dich war. Du meinst es ja gut. Ich habe mir ein paar Gedanken gemacht. Wenn Spock zurückkehrt, werden wir starten.“
 

McCoy wollte Einwände erheben, aber Jim kam ihm zuvor. „Keine Sorge. Ich behalte eure Warnungen im Hinterkopf. Jetzt lass uns zurück zu den Anderen gehen und auf Spock warten.“
 

Und zusammen machten sie sich auf den Weg zurück zu den Zelten.
 

* An diesen Stellen verweise ich auf die Geschehnisse und Schilderungen des Romans „Die Eisfalle“ von L.A. Graf.

Tatsachen, Legenden und eine unerwartetende Warnung

Hikaru Sulu beugte sich gerade über eine besonders interessante iridianische Pflanze. Sie wuchs am Rande der urwaldähnlichen Vegetation und hatte blauviolett gefärbte Blüten, die beinahe die Form eines Sterns hatten, wenn sie sich öffneten. Der Stiel und die Blätter der Pflanze erinnerten eher an eine irdische Distel. Der junge Lieutenant wollte eine der Pflanzen vorsichtig aus der sandigen Erde ziehen und stellte überrascht fest, dass das Kraut viel tiefer und fester im lockeren Boden verankert war, als er zunächst angenommen hatte. Es kostete ihn einige Mühe, die Blume aus dem Boden zu bekommen, er war sogar zunächst gezwungen, sie ein wenig auszugraben. Schließlich konnte er sie in einer kleinen Kiste verstauen, er wollte sie an Bord der Enterprise weiteren Tests und Untersuchungen unterziehen. Botanik war neben dem Fechten eines seiner Hobbies.
 

Sulu klopfte sich die mit Erde und Sand beschmutzten Hände gerade an seiner Hose ab, als sein Kommunikator piepste. Er klappte das Gerät auf. „Hier Sulu.“
 

„Mr. Sulu, hier spricht Commander Spock. Ich befinde mich derzeit auf der Enterprise und möchte Sie bitten, sich ebenfalls auf das Schiff beamen zu lassen.“ Spock hatte es absichtlich als Bitte und nicht als Befehl formuliert, denn der Steuermann befand sich im Urlaub und war außerhalb eines dringenden dienstlichen Notfalls nicht verpflichtet, zurück an Bord zu kommen.
 

„Natürlich, Mr. Spock. Worum geht es denn?“ Hikaru hörte auch am Tonfall des Vulkaniers, dass es kein dringender Notfall war. Gerade deshalb war er neugierig und wollte wissen, wie er dem Ersten Offizier weiterhelfen konnte.
 

„Ich benötige die Daten, die Ihr Tricorder von den iridianischen Walen gemacht hat. Ich möchte diese durch den Computer an Bord analysieren lassen", erklärte der Vulkanier. „Wie schnell können Sie mir die Daten bringen?“, fragte er dann.
 

„Ich habe meinen Tricorder bei mir und kann jederzeit an Bord kommen, Mr. Spock. Ich setze mich sofort mit dem Transporterraum in Verbindung.“
 

„Das ist nicht nötig, Mr. Sulu. Ich werde Ihren Transport von hieraus veranlassen. Bitte halten Sie Ihre Position.“
 

„Aye, Sir“, bestätigte Sulu. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis er das vertraute Prickeln spürte. Für einen Moment konnte er sich nicht bewegen und als sein Körper ihm wieder gehorchte, befand er sich bereits im Transporterraum der Enterprise.
 

Transporterchief Kyle lächelte ihm zur Begrüßung zu. Dann sagte er: „Mr. Spock erwartet Sie auf der Brücke.“
 

„Bin schon unterwegs“, erwiderte Sulu mit einem Grinsen und begab sich dann flugs zum nächsten Turbolift.
 

Auf der Brücke angekommen überreichte Sulu seinen Tricorder umgehend dem Wissenschaftsoffizier des Schiffes. Spock schloss das kleine tragbare Analysegerät an die riesige Einheit des Schiffscomputers an. Nachdem der Vulkanier sich vergewissert hatte, dass die Maschine ihre Arbeit ordnungsgemäß aufgenommen hatte, wandte er sich wieder an Mr. Sulu, der geduldig abgewartet hatte.

„Vielen Dank für Ihre Hilfe, Mr. Sulu. Wenn Sie möchten, können Sie jetzt auf den Planeten zurückbeamen. Alternativ können Sie auch kurzzeitig auf mich warten und zusammen mit mir die Nautilus zur Oberfläche fliegen.“
 

Hikaru musste keine Sekunde überlegen. Diese Gelegenheit kam ihm ja wie gerufen. Er suchte schon lange nach ein bisschen Abwechslung und einer neuen Herausforderung. Möglicherweise konnte er sogar mit auf die Unterwassermission gehen und das Aquashuttle nicht nur im Weltraum, sondern auch im Meer steuern. Entschlossen sah er Spock an, der ihn abwartend gemustert hatte.

„Ich warte auf Sie, Mr. Spock. Gerne würde ich das Steuer Nautilus übernehmen. Soll ich schon in den Hangar gehen und letzte Vorbereitungen für den Start treffen?“
 

„Das wäre sehr begrüßenswert, Mr. Sulu. Ich werde noch einige Daten aus dem Schiffscomputer laden, die wir unterwegs vielleicht brauchen werden. Anschließend komme ich zu Ihnen hinunter.“
 

Sulu nickte, wandte sich dann um und betrat den Turbolift - allerdings nicht ohne dem diensthabenden Brückenpersonal noch mal zu zuwinken. Kevin Riley, der heute am Navigationspult Dienst hatte, wünschte ihm noch grinsend viel Spaß, ehe sich die roten Türen des Lifts mit einem schmatzenden Zischen schlossen.
 

Inzwischen war es ziemlich heiß geworden auf Iridia V, es war mittlerweile Nachmittag. Christine Chapel und Nyota Uhura, die gerade zusammen eine Kleinigkeit gegessen hatten, beschlossen einen gemütlichen Strandspaziergang zu machen. Am Meer wehte eine frische, kühle Brise. Die beiden Frauen hatten inzwischen gehört, dass Dr. McCoy, Mr. Spock und Captain Kirk doch begleiten würde und sie kannten auch den Grund und machten sich nun ebenfalls Sorgen.
 

„Nyota...“, begann Christine und ihre bloßen Füße malten unbewusst Muster und Linien in den heißen Sand.
 

Uhura hatte ihr schwarzes Haar heute nicht hochgesteckt, es wehte frei im Wind. Sie war ebenfalls barfuß und blickte sehnsüchtig auf die sich kräuselnden Wellen. „Ja, was ist denn?“, fragte sie, während sie sich wieder zu ihrer Freundin umdrehte und diese aufmerksam musterte.
 

Christine erwiderte den Blick. „Sollten wir nicht vielleicht mitkommen? Auf die Unterwasser-Reise mit der Nautilus, meine ich? Das Shuttle ist doch groß genug. Es ist für acht Personen zugelassen, oder? Die Vorfälle mit den Gesängen dieser Meereswesen erinnern mich an eine alte Legende aus der griechischen Mythologie. Vielleicht sind wir als Frauen immun gegen diese ...Lockrufe , denen der Captain fast zum Opfer gefallen wäre?“ Christine verstummte und schaute Uhura abwartend an.
 

Die Kommunikationsoffizierin musste nicht lange überlegen, um zu verstehen, was Chapel meinte. Sie hatte selbst schon daran gedacht, als sie im Lager die über die Geschehnisse der vergangenen Nacht gesprochen hatten. „Denkst du auch an die griechischen Sirenen, denen Odysseus nur entkam, weil seine Männer sich ihre Ohren verstopften und ihn an den Mast seines Schiffes banden?“
 

Christine nickte. „Ja, genau. Wir sollten den Captain fragen, ob wir mitkommen dürfen, oder? Wir müssen ihm ja nicht sagen, warum wir mitkommen wollen.“
 

Uhura stimmte ihr zu. „Ich bin sowieso ganz neugierig auf diese Gesänge. Vielleicht ist es eine Sprache und es gelingt mir, sie zu entschlüsseln.“ Und nach kurzer Pause, fuhr sie entschieden nickend fort:„Ja, wir sprechen mit dem Captain. Aber bevor wir ins Lager zurückgehen, würde ich mich gerne abkühlen und noch eine kleine Runde schwimmen. Was ist mit dir? Kommst du mit?“
 

Die Krankenschwester hatte auch Lust auf ein Bad und da beide nur leichte, bunt gemusterte Strandkleider trugen und ihre Bikinis darunter anhatten, dauerte das Ausziehen nur wenige Sekunden.
 

Beide Frauen waren gerade mal ein paar Schritte durch die rollenden Wellen ins Wasser gewatet, als sie eine Stimme hörten, die sie herumfahren ließ. Die Stimme war eindeutig männlichen Ursprungs und klang sehr aufgeregt, aber zunächst konnten weder Chapel noch Uhura die Worte verstehen, nur die Dringlichkeit in der Stimme realisierten sie.
 

„Iluda! Kepro se ma? Jrahar na dit! Seko ma! Seko ma!“
 

Am Ufer stand ein männlicher Iridianer, er schien ein eingeborener Inselbewohner zu sein und trug nicht viel am sonnengebrannten mit Stammeszeichen bemalten Leib. Die Iridianer waren den Menschen sehr ähnlich, doch es gab auch einige Unterschiede. Sie hatten größere, rundliche Ohren und sehr tiefliegende Augen. Ihre Hautfarbe variierte auf diesem Planeten ebenso wie die menschlichen Hautfarben auf der Erde, hatte allerdings insgesamt einen rötlicheren Ton.
 

Der Mann wirkte noch immer sehr beunruhigt, er winkte ihnen wild gestikulierend zu und sprach hektisch und aufgeregt in einer fremden Sprache auf sie ein. Immer wieder die waren es ähnliche Worte. „Iluda! Iluda! Jrahar! Jrahar na dit! Iluda to atton! Atton na Jrahar! Seko ma!“
 

Uhura hörte konzentriert zu. Sie verstand viele hundert Sprachen und konnte diese auch sprechen - unter anderem auch ein oder zwei iridianische Dialekte, aber diese örtliche Variante war ihr unbekannt. Nach etwa einer Minute begriff sie zumindest ansatzweise, was der Mann von ihnen wollte, allerdings vor allem aufgrund seiner Körpersprache. Noch immer winkte er heftig und deutete immer wieder auf die beiden Frauen und dann auf den Strand.
 

Nyota ging langsam in Richtung Ufer aus dem Wasser, nahm die zögernde Christine an die Hand und erklärte ihr im Gehen: „Ich glaube, er möchte, dass wir aus dem Wasser kommen. Er weist uns auf eine Gefahr hin... Aber was sind Jrahar? Vielleicht spricht er auch eine der iridianischen Sprachen, die besser verstehe... Moment...“ Sie überlegte kurz, dann fragte sie den Mann: „Navat la tila iridian heo?“
 

Der Mann nickte, er war nun viel ruhiger, seit sie das Wasser verlassen hatten. Christine wandte sich besorgt um und beobachtete misstrauisch die tänzelnden Wellen. Vor einigen Minuten war ihr das kühle, salzige Nass noch verlockend erschienen. Nun hatte die Reaktion des einheimischen Mannes ihr Angst gemacht. Sie fühlte sich, als ob hinter ihr ein Seeungeheuer lauern würde. Uhura sprach noch immer mit dem Mann. Der Wortwechsel der beiden war wieder schneller geworden. Scheinbar kannte er den iridianischen Dialekt, den Uhura ebenfalls sprach. Christine hörte den Worten nur am Rande zu, verstehen konnte sie nichts und sie hatte ihr Übersetzungsmodul nicht mit an den Strand genommen.
 

Ein anderes unerwartetes Geräusch ließ sie plötzlich zum Himmel aufblicken. Es war das Brummen der Triebwerke des Aquashuttles. Die Nautilus flog in einem formvollenden schleifenartigen Schlenker über sie hinweg, als wollte sie die beiden Damen von der Enterprise grüßen und verschwand dann in Richtung des Zeltlagers. „Mr. Spock und Mr. Sulu kommen zurück“, sagte Chapel unnötigerweise. Uhura hatte das Shuttle natürlich auch gesehen. Sie hatte das Gespräch mit dem Einheimischen gerade beendet und sich von ihm verabschiedet.
 

Nachdem der iridianische Eingeborene den Strand entlang seiner Wege gegangen war, zogen Uhura und Chapel sich ihre Kleider wieder an und wanderten über die sandbedeckten Dünen zum Lager zurück. Sie gingen zügig, weil sie den Aufbruch des Aquashuttles nicht verpassen wollten. Daher achteten sie auch nicht darauf, wie sich das Strandgras sanft in der kühlen Brise wiegte. Sie ignorierten auch das Kreischen der iridianischen Feuermöwen, deren Gefieder so bunt war, wie das von irdische Papageien.
 

Sulu hatte das Aquashuttle einige Meter entfernt von den Zelten auf dem weichen Boden aufsetzen lassen. Als Commander Spock und der Steuermann aus dem Shuttle stiegen, sammelten sich gerade alle auf dem kleinen freien Platz zwischen den Zelten.
 

„Schön, dass Sie beide wieder da sind“, begrüßte sie der Captain gerade, als Uhura und Chapel eben vom Strand zurückkehrten. „War Ihre Recherche erfolgreich, Mr. Spock?“, fragte Kirk dann gespannt.

Der Vulkanier nahm den Tricorder, den er sich um die Schulter geschlungen hatte, in die Hand und aktivierte ihn. „Ich habe mithilfe des Schiffscomputers tatsächlich einige interessante Anregungen gewonnen, Captain. Was allerdings nicht bedeutet, dass ich alle Rätsel bezüglich dieser Wesen schon gelöst habe. Auf Basis der neuen Informationen werde ich das Phänomen nun weiter untersuchen können. Die Nautilus ist jederzeit startklar, sobald Sie das Kommando zum Aufbruch geben, Sir. Mr. Sulu hat sich freundlicherweise bereit erklärt, dass Shuttle auch während unserer Unterwassererkundung zu steuern, sofern Sie keine Einwände haben.“

„Keine Einwände.“, erwiderte Jim und nickte seinem Steuermann zustimmend zu.

„Danke, Sir. Es ist mir eine große Freude, Captain.“ Sulu grinste ein wenig verlegen.
 

Chekov machte einen zögerlichen Schritt nach vorne. „Ah, Keptin... Ich würde auch gerne mitkommen und die Navigation übernehmen. Darf ich?“

Jim nickte freudig. „Erlaubnis erteilt, Mr. Chekov.“

Der Captain sah sich um und konnte nur mit Mühe ein Grinsen unterdrücken. „Möchte uns vielleicht noch jemand begleiten? Die Nautilus bietet acht Personen Platz, auch wenn es dann etwas beengt wird....“

Scotty nahm das Angebot sofort an. „Ich komme gerne mit, Sir. Falls es wider Erwarten Probleme mit den Maschinen geben sollte...“

Da außer Uhura und Chapel nun alle mit dabei waren, drehte sich der Captain direkt zu den beiden Frauen um. „Und was ist mit Ihnen beiden?“
 

Uhura lächelte: „Wir sind ebenfalls daran interessiert, Sie zu begleiten. Ich bin sehr neugierig auf diese eigenartigen Gesänge. Möglicherweise handelt es sich um intelligente Wesen und die Klänge stellen eine Sprache dar.“

Christine Chapel meldete sich ebenfalls zu Wort: „Ich möchte auch mitkommen. Falls es mit den Auswirkungen dieser Gesänge wirklich Probleme geben sollte, wird Doktor McCoy sich vielleicht über meine Unterstützung freuen.“ Sie warf dem Schiffsarzt einen fragenden Blick zu und McCoy nickte lächelnd. Doch dann wurde er schlagartig wieder ernst, weil er sich erinnerte, dass er sich in Kürze unter Wasser begeben würde.
 

„Sir, da wäre noch etwas...“, begann Uhura. Der Captain wandte sich ihr mit ganzer Aufmerksamkeit zu und Uhura berichtete von der Begegnung mit dem Einheimischen am Strand.

„Ich hatte, das Gefühl, er wollte uns vor etwas im Meer warnen, Captain. Einem Wesen. Er nannte es Jrahar. Ich habe nicht alles verstehen können. Aber ich könnte mir vorstellen, dass er von diesen lockenden Gesängen gesprochen hat.“ Uhura machte eine kurze Pause und überlegte. Dann fuhr sie fort: „Zunächst sprach er eine mir unbekannte iridianische Sprache, doch eine der Hauptsprachen konnte er auch, so dass ich mich schließlich mit ihm unterhalten konnte. Dennoch blieb der Begriff Jrahar bestehen. Ich bin nicht sicher, was es genau bedeutet und ob damit diese walähnlichen Wesen gemeint sind, aber ich denke, dass es ohne Zweifel der Eigenname eines Meeresbewohners ist. Soviel konnte ich aus dem sprachlichen Zusammenhang entnehmen.“
 

„Wir sollten also vorsichtig und auf alles vorbereitet sein“, fasste Captain Kirk zusammen und seine um ihn versammelten Crewmitglieder nickten zustimmend.
 

Die Dämmerung brach herein und der Abendhimmel leuchtete in roten, gelben und orangen Tönen, durchzogen von einigen violetten Streifen, die die nahende Nacht ankündigten. Am östlichen Horizont ging bereits der erste der drei Monde auf.

„Gut, da ja dann alles geklärt ist... Wir brechen in 30 Minuten auf. Jeder packt ein, was er für nötig hält. Den Rest unserer Lagerstätte hier sollten wir zusammenpacken und vor dem Start auf die Enterprise beamen lassen.“
 

Es waren vereinzelte Bestätigungen wie „Aye, Sir“ und „Ja, Captain“ zu hören, ehe alle ihre Sachen zusammenräumten.

Alle bis auf Kirk, Spock und McCoy, die drei waren zunächst beieinander stehen geblieben.
 

„Spock, was haben Sie denn jetzt genau bei ihren Nachforschungen herausgefunden?“, fragte Kirk erneut, der seine Sachen und auch das Zelt natürlich längst zusammen mit McCoy gepackt hatte, während sie auf Spock gewartet hatten. Der Schiffsarzt beugte sich interessiert vor.
 

Spock schien sich auf einen längeren Vortrag vorzubereiten, denn er legte die Hände auf den Rücken und straffte sich. „Zu den walähnlichen, iridianischen Wesen konnte ich noch ein paar weitere biologische Daten finden. Aber es waren keine überraschenden Informationen dabei. Alle entscheidenden Fakten waren mir durch die Tricorderanalyse und die Sensorenscans der Enterprise bereits bekannt. So musste ich mich mit weniger verifizierten Berichten zufrieden geben. Ob sie nützlich waren, muss sich noch zeigen.“

Heute war es an Jim Kirk eine Augenbraue zu heben. „So, welche Art von Berichten meinen Sie, Spock?“

Der Vulkanier wirkte für einen Sekundenbruchteil, als würde er sich unbehaglich fühlen, dann hatte er sich wieder vollkommen im Griff. Kirk und McCoy, die ihn beide gut kannten, war das nicht entgangen.

„Spock? Was ist los?“, fragte Jim besorgt.

„Ich hab da so eine Ahnung, Jim“, brummte McCoy und dann fragte er den Ersten Offizier direkt: „Stützen sich Ihre weitere Erkenntnisse vielleicht auf Legenden, Mythen und lokale Gerüchte, Mr. Spock?“
 

Spocks Haltung und Mimik waren so steif und steinern geworden, dass Kirk sich Mühe geben musste, ihm nicht zur Entspannung auf die Schulter zu klopfen. Es war allerdings auch fast schon wieder amüsant, zu sehen, wie sein Freund sich innerlich wand.
 

Als McCoy allerdings breit grinsend die Arme verschränkte und drauf und dran war, eine Bemerkung zu machen, warf Jim ihm einen strengen Blick zu, um dann selbst zu fragen: „Ist das wahr, Spock?“
 

Spocks Blick sprach Bände, doch da der Vulkanier weiterhin schwieg, fragte Jim erneut: „Wie lauten denn diese Legenden, Spock? Möchten Sie uns berichten?“
 

„Es handelt sich nur um Mythen und Legenden, Captain. Ich würde es begrüßen, zunächst weitere Nachforschungen anstellen zu können, bevor ich zweifelhaftes Wissen ohne Belege weitergebe.“ Wenn Spock glaubte, dass sein Captain sich mit dieser Aussage zufrieden geben würde, so irrte er sich.
 

Kirk wechselte einen vielsagenden Blick mit McCoy und sagte dann sanft: „Spock... So abwegig es auch klingen mag... Sagen Sie uns doch einfach, was sie herausgefunden haben, wir wissen ja jetzt, dass es keine harten Fakten sind.“
 

„Allerdings haben viele Legenden einen wahren Kern“, warf McCoy ein. Der gute Doktor konnte seine Neugier kaum im Zaum halten, je mehr Spock herumdruckste, desto gespannter war Pille auf die Informationen. „Jetzt spannen Sie uns nicht länger auf die Folter“, bat er den Vulkanier.
 

Spock unterdrückte den Impuls in menschlicher Manier zu seufzen. Er kannte seine beiden Freunde inzwischen gut genug, um zu wissen, dass sie beide nicht bereit waren, nachzugeben, wenn sie erst einmal einen Entschluss gefasst hatten.

Auch wenn es hier nur um eine freiwillige Forschungsunternehmung in der Freizeit ging, wenn Jim Kirk Antworten wollte, um ein Rätsel zu lösen, dann würde er nicht ruhen, ehe alle Fragen beantwortet und alle Geheimnisse gelüftet waren.
 

Spock gab also nach und begann mit seinem Bericht: „Wie Sie ja wissen, besteht Iridia V hauptsächlich aus größeren und kleineren Inseln. Viele Gruppen entwickelten sich folglich nahe dem Meer. Einige iridianische Bevölkerungsgruppen glauben, dass es noch eine weitere hochentwickelte, intelligente Spezies auf dem Planeten geben könnte – und zwar unter Wasser in den Tiefen des iridianischen Ozeans.“
 

„Unter Wasser?“, echote McCoy und man hörte seine Zweifel über eine solche Möglichkeit deutlich in seiner Stimme.
 

Der Captain war da weniger voreingenommen. „Gibt es Indizien, die darauf hinweisen könnten? Wäre es theoretisch möglich, Spock?“
 

Der Vulkanier musste nicht lange überlegen. „Es ist extrem unwahrscheinlich, Captain. Die Schiffssensoren haben die Ozeane von Iridia V wiederholt abgetastet und nichts gefunden, was auf eine solche Kultur hindeuten würde. Die Chance, dass es auf einem Planeten zwei unterschiedliche hochentwickelte Kulturen gibt, ist an sich schon sehr gering, wenn es bisweilen auch schon vorgekommen ist, dass zwei Völker friedlich auf einem Planeten koexistierten. Die Wahrscheinlichkeit allerdings, dass eine solche Kultur sogar unentdeckt besteht, ist astronomisch gering.“
 

Kirk überlegte: „Vielleicht ist etwas im Wasser, was unsere Sensoren stört. Oder sie haben ein abschirmendes Kraftfeld installiert, so dass wir sie nicht aufspüren können.“
 

„In der Landbevölkerung halten sich die Gerüchte hartnäckig. Es gibt sogar zweifelhafte Berichte von Entführungen, angeblich werden einzelne Landbewohner auf magische Art und Weise beeinflusst und verschwinden dann ins Meer.“
 

Doktor McCoy beugte sich vor. „Ähnliche Legenden gibt es auf der Erde auch, Mr. Spock. Nixen, Meerjungfrauen und andere seltsame Wasserdämonen, die kleine Kinder entführen.“
 

Jim mischte sich ein. „Aber diese Fabelwesen hat es auf der Erde nie gegeben. Ist es das, was du sagen willst, Pille?“
 

Der Doktor nickte. „Ich glaube genauso wenig wie Spock, dass es in diesem Ozean eine weitere Hochkultur gibt.“
 

„Mein Glaube tut hier nichts zur Sache, Doktor“, betonte Spock, „Ich habe lediglich die Informationen präsentiert, um der Captain mich gebeten hat.“
 

Kirk schaute in Richtung der Sanddünen, hinter denen der iridianische Ozean lag – mit all seinen Geheimnissen. Er lauschte für einen kurzen Moment dem entfernten Rauschen der Wellen, ehe er sich wieder seinen beiden besten Freunden zuwandte. „Nun, wir haben jetzt die Möglichkeit, es herauszufinden. Wollen wir aufbrechen?“

Lichter im Meer

Die Habseligkeiten der kleinen Gruppe waren in Windeseile zusammengepackt und in das Shuttle gebracht worden, mit dem sie ursprünglich ihren Landurlaub angetreten hatten. Sulu und Chekov hatten die Zelte abgebaut und Scotty, Uhura und Christine verstauten alles in der Galieo. Sie waren in kurzer Zeit fertig und es schien, als wäre der Captain inzwischen nicht mehr der Einzige, den die Abenteuerlust gepackt hatte.
 

Nacheinander gingen alle an Bord der Nautilus und die Galileo blieb verlassen am Landeplatz zurück. Das Wassershuttle war zwar für acht Personen gedacht, doch dafür war der Platz auch wirklich gerade so ausreichend. Trotz der Enge waren alle außer McCoy und Spock guter Laune. McCoy war natürlich alles andere als begeistert von dem Ausflug und Spock war so steif wie üblich. Sulu setzte sich dagegen mit einem breiten Grinsen in den Sitz des Piloten. Er freute sich wie ein kleines Kind über die Gelegenheit, sein Können auch mal in einem anderen Element unter Beweis zu stellen.
 

Chekov, der neben ihm an der Station des Navigators Platz genommen hatte, lächelte über die Euphorie seines Freundes. „Hikaru, hast du denn keine Angst, dass wir einen hiesigen Meeresgott verärgern könnten, wenn wir einfach in sein Reich eindringen?“
 

Sulu schüttelte den Kopf. „Ich nicht. Und du auch nicht, oder? Habt ihr Russen überhaupt einen Meeresgott?“
 

„Natürlich!“, rief Chekov und warf in gespielter Empörung die Arme in die Luft. „Der große Mechodonosor. Meine Großmutter hat mir zahlreiche Geschichten von ihm erzählt. Er konnte...“

Doch der russische Navigator kam nicht dazu, die speziellen Fähigkeiten der obskuren Gottheit vorzutragen, denn Sulu versuchte mit großer Anstrengung den russischen Zungenbrecher zu wiederholen: „Mechdoni... wie? Also, ehrlich Pavel, das kann doch kein Mensch aussprechen.“
 

Ein Grinsen umspielte die Mundwinkel Chekovs. „So geht es vielen, die sich nicht mit der Komplexität der russischen Mythologie auseinander gesetzt haben. Am besten, du nennst ihn Mykonos.“
 

Ein verwundertes Augenpaar blickte ihn von links an. „Mykonos? Ist das nicht eine griechische Insel?“, fragte Uhura irritiert.
 

Chekov zuckte mit den Schultern. „Ist eine lange Geschichte.“
 

Bevor Chekov dazu kam, stolz zu verkünden, dass die griechische Mythologie in Wirklichkeit von russischen Göttern abgeleitet worden sei und zu ergänzen, was der russische Mechodonosor angeblich mit der Insel Mykonos zu tun gehabt hatte, unterbrach Kirk das Geplänkel. Der Captain wandte sich an seinen Steuermann. „Mister Sulu, ich schlage vor, dass wir zunächst aus der Luft nach diesen Walen oder was auch immer es für Geschöpfe sind, suchen. Wenn wir sie entdeckt haben, können wir in der Nähe dieser Wesen dann auf Tauchstation gehen, natürlich müssen wir einen gewissen Sicherheitsabstand einhalten.“

Der Captain blickte seine Freunde erwartungsvoll an: „Oder hat jemand Einwände?“
 

Es meldete sich niemand und so gab Kirk das Zeichen zum Start: „Also los, Mister Sulu. Auf ins Abenteuer!“
 

„Aye, Sir!“, antwortete Hikaru und aktivierte die Triebwerke. Die Nautilus hob sanft vom sandigen Boden ab und schwebte immer höher in den Nachthimmel hinauf, an dem schon die ersten Sterne glitzerten. Sulu hielt das Tempo sehr gedrosselt, während Spock sich am Bedienfeld der Sensoren des Shuttles niedergelassen hatte und nach den walähnlichen Wesen scannte. Das Shuttle glitt in niedriger Höhe über dem Ozean dahin, die Sterne und auch die Monde des Planeten spiegelten sich im glatten Wasser. Die See war heute Nacht ruhig und es war fast windstill geworden.
 

Jim bedauerte es ein wenig, nicht auf einem echten Schiff zu sein, zum Beispiel einem Segelboot. Er sehnte sich danach, die Brise im Gesicht zu spüren und das Salz des Meeres zu riechen. Er wischte den Gedanken mit einer Handbewegung beiseite, als ob er Spritzer der imaginären Gischt abbekommen hätte. Einen solchen Urlaub würde er irgendwann wahrnehmen – wenn sich die Gelegenheit bot.
 

Gerade als der Captain Mister Spock fragen wollte, ob er schon etwas entdeckt habe, meldete der Vulkanier: „Sir, ich glaube, ich habe gefunden, was wir suchen.“
 

„Wie lauten die Koordinaten?“, fragte Jim.
 

„4583 Komma 9, Sir.“
 

„Mister Chekov, Mister Sulu, sie haben es gehört. Bringen Sie uns in der Nähe runter.“
 

„Aye, Captain“, erwiderte Sulu.
 

„Ankunft in zwei Minuten, einundvierzig Sekunden, Keptin“, ergänzte Chekov, ohne dass jemand ihn danach hätte fragen müssen.
 

„Seht mal dort unten!“, rief McCoy plötzlich. Der Mediziner hatte die ganze Zeit in Gedanken versunken aus dem Fenster auf das dunkle Wasser geschaut. Uhura, Jim, Scotty und Christine drehten sich nun ebenfalls zu den Scheiben des Shuttles, um hinauszuschauen.
 

Unter ihnen im Wasser blitzten helle Lichter auf und es waren nicht die Spiegelungen blinkender Sterne. Irgendetwas ging da vor sich. Plötzlich leuchtete alles unter ihnen strahlend grün und blau, es wirkte wie eine Art Polarlicht – nur unter Wasser.
 

Sulu konnte es inzwischen vom Pilotensitz aus auch sehen. „Sind Sie sicher, dass Sie da jetzt hinunter wollen, Sir?“

Jim betrachtete die Erscheinung nachdenklich. „Analyse, Mister Spock. Gibt es gefährliche Bestandteile in diesem Licht? Spricht etwas gegen eine Wasserung der Nautilus?“
 

Spock hatte die einströmenden Daten mit einem Blick erfasst und dementsprechend sofort eine Antwort parat. „Es besteht keinerlei Gefahr, Captain. Das Phänomen dürfte Ihnen eigentlich bekannt sein, auf der Erde gibt es Vergleichbares. Es handelt sich um eine weitverbreitete Art der hiesigen Flora, dem irdischen Phytoplankton nicht unähnlich.“
 

Kirk grinste. „Na dann, Sie haben es gehört, Mister Sulu. Bringen Sie uns runter und dann gehen wir auf Tauchstation.“ Aufregung vibrierte in der Stimme des Captains und er schaute weiterhin aus dem Seitenfenster, als Sulu die Nautilus langsam tiefer gleiten ließ.
 

Kaum, dass sie auf dem Wasser gelandet waren, justierten Sulu und Chekov die Maschinen so, dass der Tauchvorgang gestartet werden konnte.

Die Triebwerke veränderten leicht das Betriebsgeräusch, als Sulu den Tauchvorgang begann.

McCoy schaute ebenfalls aus dem Fenster, aber ihm gefiel überhaupt nicht, was er sah. Etwas in seinem Magen zog sich krampfartig zusammen und er unterdrückte den Impuls, sich zusammenzukrümmen.

Sie hörten alle einen Moment lang, wie die Wellen über das Dach des Aquashuttles schwappten. Der Schiffsarzt blickte dem Geräusch folgend nach oben und wünschte sich Sekunden später, das unterlassen zu haben. Das Dach der Nautilus war zumindest zum Teil transparent und ließ ihn nun beobachten, wie sie sich immer mehr von der Wasseroberfläche entfernten und tiefer sanken.

Kleine bunte Fischschwärme zogen bereits über ihnen vorbei und der grünliche Schimmer der hiesigen Algen war überall und tauchte alles in ein gespenstisches Licht. ‚Warum hab ich mich nur darauf eingelassen?‘, fragte sich McCoy stumm.
 

„Ist alles in Ordnung, Doktor McCoy?“, fragte Lieutenant Nyota Uhura, die den Anblick des leuchtenden Planktons um sie herum sichtlich genoss. Die ungewöhnliche Blässe in McCoys Gesicht war ihr dennoch aufgefallen. Auch Christine Chapel war McCoys Unbehagen nicht entgangen, doch die Krankenschwester hütete sich, eine entsprechende Bemerkung zu machen.
 

Der Arzt brummte auf Uhuras Frage hin etwas Unverständliches und löste beschämt die verkrampften Finger von den Armlehnen. Sekunden später blickte er überrascht und ertappt auf, weil sich eine Hand freundschaftlich auf seine Schulter legte.

Leonard schaute direkt in Kirks nussbraune Augen, die ihm einerseits Mitgefühl, aber auch eine aufmunternde Botschaft vermittelten.

McCoy erwiderte Jims Blick und für einen Moment lang lag Dankbarkeit in seinen blauen Augen. Er war so auf seinen Freund konzentriert, dass er gar nicht mitbekam, dass Christine Nyota schnell etwas zuflüsterte.
 

Langsam sank die Nautilus immer tiefer und schließlich konnten sie die ersten größeren Lebensformen an den Fenstern vorbeischwimmen sehen. Einige quallenartige Geschöpfe drifteten sacht vorüber, dagegen schossen andere Meerestiere in atemberaubender Geschwindigkeit und voller Neugier vor den Blicken der Sternenflottenoffiziere hin und her. Mehrere kleine Wesen, die wie eine Mischung aus Pinguinen und Seerobben aussahen, drückten ihre Nasen an den Scheiben platt, um dann wieder wie der Blitz in den Tiefen zu verschwinden, nur um Sekunden später wieder vor der Scheibe zu erscheinen.
 

Sulu verlangsamte das Shuttle und hielt schließlich mitten im Wasser an, denn vor ihnen tauchte plötzlich eine ganze Gruppe der walähnlichen Wesen auf. Wenn sie schon an der Oberfläche gewaltig gewirkt hatten, so erkannten die Insassen der Nautilus erst jetzt ihre wahren Ausmaße. Jim, der als einziger bereits unter Wasser einen Blick auf die Tiere geworfen hatte, war dennoch verblüfft, denn es waren noch weitaus größere Exemplare dabei, als diejenigen, die er gesehen hatte. Er lauschte genau wie die anderen, doch zu ihrer aller Überraschung hörten sie – nichts.
 

„Mister Spock, sind die Außenmikrophone eingeschaltet?“
 

„Ja, Captain, ich verstärke die Lautstärke.“
 

Alle hörten konzentriert hin, doch außer gelegentlichem Blubbern und ab und an einem tiefen, sonoren Brummen, vernahmen sie nichts. Keine Spur von den seltsam lockenden Gesängen, die Jim am Strand so verhängnisvoll beeinflusst hatten.
 

Verwirrung zeigte sich in Kirks Mimik und Spock entging es nicht, als er von seinen Instrumenten aufblickte. „Sir, darf ich annehmen, dass Sie andere Klänge wahrgenommen haben, als wir uns am Strand befanden?“
 

Angesichts von Spocks Formulierung musste Jim lächeln. „Ja, das dürfen Sie annehmen, Mister Spock. Ich habe etwas völlig anderes gehört, als ich diese Wesen zum ersten Mal sah.“
 

McCoy, der noch immer sichtlich blass aussah, war dennoch aus seinem Sitz aufgestanden und zu Kirk hinübergegangen. Er wollte seine Vermutung nicht quer durch den Raum äußern. „Kann es vielleicht sein, dass irgendetwas im Wasser war, was deine Sinne so sehr beeinflusst hat, dass du Halluzinationen bekommen hast, Jim?“ Der Schiffsarzt flüsterte beinahe. Er hatte schon damit gerechnet, dass der Captain von seiner Bemerkung alles andere als begeistert sein würde und erwiderte dessen warnenden Blick ungerührt. Dass Jim allerdings keine verbale Antwort gab, sprach Bände. Es mochte bedeuten, dass er jene Möglichkeit nicht völlig von sich wies, genauso konnte es aber auch heißen, dass er die Vermutung seines Freundes absurd fand.
 

Offenbar hatte McCoy nicht leise genug gesprochen, denn die Stimmung im Shuttle erfuhr einen radikalen Umschwung. Allen war wieder bewusst geworden, dass dies zwar eine Reise auf freiwilliger Basis, aber keine reine Vergnügungsfahrt ohne lauernde Gefahren war.
 

Einen Moment herrschte angespannte Stille, ehe Uhura versuchte, die Atmosphäre zu entschärfen: „Vielleicht geben diese Wesen jene Gesänge nur aus einem bestimmten Grund von sich – der hier nun nicht mehr gegeben ist. Oder es handelt sich nur um bestimmte Mitglieder dieser Spezies, die singen, jene, die bei dieser Gruppe möglicherweise nicht dabei sind. Vielleicht waren die Gesänge auch ein Versuch, mit Ihnen zu kommunizieren, Captain.“
 

Jim straffte sich und zupfte seine Freizeitkleidung zurecht, so ähnlich, wie er es sonst mit seiner Uniform tat. Er lächelte Nyota Uhura dankbar zu, ehe er sagte: „Wir werden es schon noch herausfinden. In welcher Tiefe befinden wir uns derzeit, Mister Chekov?“
 

Chekov brauchte einen kurzen Moment, ehe er meldete: „Wir befinden uns etwa fünfundzwanzig Meter unter der Oberfläche, Keptin.“
 

„Vierundzwanzig Komma sechs acht Meter, um präzise zu sein, Mister Chekov“, warf Spock ein. Kirk schmunzelte amüsiert, nickte Chekov und Spock zu und traf dann einen Entschluss: „Ich ziehe mich jetzt um und gehe nach draußen.“ Ohne auf Anmerkungen oder Einwände zu warten, wandte er sich dem hinteren Teil des Shuttles zu. Weiter als ein paar Schritte kam er allerdings nicht, denn McCoy legte die Hand auf seine Schulter.

Jim spürte, dass das der Bordarzt ihn nicht so ohne weiteres gehen lassen würde, also drehte er sich widerwillig um und streifte die Hand seines Freundes in der Bewegung ab. „Was ist denn, Pille?“
 

McCoy wusste, dass Kirk nicht gefallen würde, was er ihm zu sagen hatte, aber das hatte ihn noch nie davon abgehalten, es trotzdem zu tun. Entschlossen blickte er ihn an und sagte entschieden:
 

„Jim, du gehst nicht allein da raus.“ Es war keine Bitte und auch keine Feststellung. Es war eine Forderung, die keinen Widerspruch duldete.

Dass Jim sich von seinem Vorhaben nicht komplett abbringen lassen würde, war McCoy von vorneherein klar, also versuchte er es gar nicht. Aber er würde verdammt nochmal dafür sorgen, dass ihn dabei jemand im Auge behielt. Und wenn er selbst dafür sprichwörtlich und tatsächlich ins kalte Wasser springen musste, dann würde er es eben tun.
 

Bevor der Captain etwas erwidern konnte, trat Spock zu ihnen. Sie hatten beide gar nicht bemerkt, dass er aufgestanden war. Der Arzt blickte zu dem Vulkanier auf, als Spock unerwartet äußerte: „Captain, ich muss in diesem Fall dem Doktor beipflichten. Sie sollten auf keinen Fall alleine tauchen.“
 

Scotty, Uhura, Chapel, Sulu und Chekov gaben vor, auf etwas anderes konzentriert zu sein, doch auf dem beengten Raum war es nicht leicht, ein Gespräch zu ignorieren, schon gar nicht eines dieser Art.
 

Kirk stemmte inzwischen die Hände in die Hüften. „Freunde, dies ist kein offizieller Auftrag, es ist überhaupt keine Mission. Es ist ein Freizeitausflug und ich werde niemandem befehlen, mich zu begleiten.“ Er versuchte es mit einem beschwichtigenden, vorsichtigen Lächeln, aber die Mienen von Spock und McCoy blieben ernst, obwohl das bei Spock ja nichts Neues war.
 

„Sie brauchen es nicht zu befehlen, Sir, ich biete Ihnen meine Begleitung freiwillig an, wenn ich auch zugeben muss, wenn ich mit einer Umwelt in dieser Form wenig persönliche Erfahrungen vorzuweisen habe“, teilte Spock in seiner üblichen gelassenen Art mit, doch McCoy erkannte eine Spur von Unbehagen. Der Vulkanier schien von seinem eigenen Vorschlag nicht gerade begeistert zu sein.
 

McCoy seufzte leise, ehe er sagte: „Jim, selbst ich würde dich begleiten. Du weißt, wie ungern ich das tun würde, aber ich bin dazu bereit, weil ich mir Sorgen um dich mache. Du weißt, was das letzte Mal geschah, als du diesen Lebensformen begegnet bist.“
 

Jim Kirk war schon ziemlich gerührt. Wenn ihm die Sorge seiner Freunde auch ein wenig übertrieben erschien, so begriff er doch, wie groß ihre Befürchtungen wirklich sein mussten. Wenn McCoy sich bei seiner Vorgeschichte überwinden wollte, dann hieß das schon etwas. Und Spock... Er war auf Vulkan, einem Wüstenplaneten ohne größere Ozeane aufgewachsen, seine Erfahrungen mit Wasser waren zumindest in dieser Größenordnung vermutlich tatsächlich ziemlich begrenzt. Trotzdem hatte er angeboten, seinen Captain zu begleiten.
 

Überraschend meldete sich Chapel zu Wort und Jim fiel wieder ein, dass er, Spock und McCoy ja nicht alleine unterwegs waren.
 

„Captain, mit ihrer Erlaubnis würde ich Sie gerne begleiten“, sagte die Krankenschwester und nahm neben McCoy Haltung an.

„Bevor ich zur Enterprise kam, arbeitete ich als Biologin, daher verfüge ich über gewisse biologische Kenntnisse auch im Bezug auf maritimes Leben. Ich habe schon auf anderen Wasserplaneten Gelegenheit gehabt, an Tauchgängen teilzunehmen, teils bis zu einer Tiefe von vierzig Metern. Dabei sind wir oft von ähnlichen Shuttles aus gestartet.“
 

Christine tauschte einen Blick mit McCoy. Scheinbar las sie in seinen Augen Zustimmung oder es lag daran, dass der Schiffarzt nicht widersprach, jedenfalls fuhr sie nach ein paar Sekunden fort:

„Sollten Sie unter einer von außen initiierten Beeinflussung leiden, z.B. an Halluzinationen, dann würde ich das als Krankenschwester sofort bemerken. Ebenso könnte ich Veränderungen Ihres vegetativen Nervensystems in mithilfe eines wasserdichten medizinischen Tricorders erhalten.“
 

Jim Kirk war hin und her gerissen. Grundsätzlich hatten Spock und McCoy natürlich Recht, es war äußerst unklug alleine zu tauchen, dabei spielte es auch keine Rolle auf welchem Planeten und in welchem Ozean.

Er wusste zwar, dass die beiden angeboten hatten, mit ihm zu kommen, aber er wusste auch, wie unangenehm es ihnen sein würde.

Nun hatte er eine mögliche alternative Begleitung, die noch dazu über hilfreiche Erfahrung und da nötige Fachwissen verfügte.

Aber der Gentleman in ihm fühlte sich unbehaglich dabei, eine Frau mitzunehmen, wer wusste schon, welche Gefahren auf sie warten mochten. Was Kirk aber noch viel mehr störte, war die Tatsache, dass sie ihn begleiten sollte, um für seine eigene Sicherheit zu sorgen. Dies widerstrebte ihm zutiefst.
 

Jim überlegte einen Moment und gab sich schließlich innerlich einen Ruck. Ihm waren seine persönlichen Erlebnisse als Frau im Körper von Janice Lester wieder eingefallen und auch die Vorurteile, die noch immer im Bezug auf das weibliche Geschlecht selbst in seiner Zeit herumgeisterten. Vielleicht musste gerade er in dieser Beziehung endlich über seinen Schatten springen. Er blickte zu der Krankenschwester, die seinen Blick abwartend erwiderte, dann nickte er ihr lächelnd zu. „Also gut. Kommen Sie mit, Miss Chapel.“ Zu McCoy gewandt brummte er: „Bist du jetzt zufrieden?“



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  Ayres
2014-12-29T21:39:45+00:00 29.12.2014 22:39
Ich finde den Anfang sehr spannend. Es interessiert mich sehr, wie es weitergeht. Ich hoffe du schreibst bald weiter!
Antwort von:  leni1983
30.12.2014 11:15
Hallo, bist du sicher, dass du den Anfang gelesen hast? Animexx hat nämlich leider das dritte Kapitel vor den ersten beiden freigeschaltet,... Schau sicherheitshalber nochmal nach... :) Ich freue jedenfalls, dass dir gefallen hat, was du gelesen hast... Liebe Grüße Leni
Antwort von:  Ayres
30.12.2014 14:45
Ja, du hast Recht. Sehr seltsam, dass Animexx zuerst drei und dann die anderen freischaltet. Da haben sie wohl etwas durcheinander gebracht :D
Ich lese es ohnehin nochmal. Und dann kommentiere ich es dir wieder. Dann muss ich mich auch nicht fragen, wieso Spock ihn zum wiederholten Male rausziehen muss.


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