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Der Winterball und der Tanz der Elemente

von

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1 Wärme des Feuers • TĀPIS IS PANU

 

Schon kurz nach Sonnenaufgang, wirft die Sonne ihre Strahlen in mein Zimmer und mir direkt ins Gesicht, murrend drehe ich mich auf die andere Seite. Ich will nicht aufstehen! Nur sind die Sonnenstrahlen hartnäckiger, sodass ich noch intensiver geblendet werde, als sonst. Noch immer murrend schlage ich die Decke zurück und strecke mich einfach. Mal wieder liegen meine Kissen kreuz und quer im Bett und ein paar liegen sogar auf dem Boden. Und  dabei habe ich schon ein großes Bett in dem ich liegend noch achtmal hinein passen würde und dennoch schaffe ich es jede Nacht so ein Chaos anzurichten. Und die einfachste Methode, um aus dem Bett zu kommen, ist mit einer Rolle vorwärts genau ans Bettende. Hinaus gestiegen laufe ich mit nackten Füßen und nur im Nachthemd, über den kühlen Steinboden zu meiner Fensterfront, statt nur hinaus zu sehen, drehe ich den Griff und öffne die Balkontür, um hinaus auf die Plattform zu treten. In der Nacht hat es wieder einige Zentimeter Neuschnee gegeben, mein Geländer ist von einer handhohen weißen Pulverschicht bedeckt, genauso auch der Boden auf dem ich stehe.

Eine kleine Aufwärmrunde dürfte nicht schaden. Ich schließe die Augen und sammele die nötige Kraft, um in meinem Inneren, die Macht zu rufen, die ich rufen möchte.

»SĒN KAS PRĀBŪTISKAS WĀLDNĪKĀ WAREN BE SPARTIN, ĒN SUBS, TŪ PANU ĒNĀISTWĒI SNAĪGS KĪRSA TĀLS.« (Mit der uralten Macht und Kraft, in mir, bitte ich dich das Feuer, schmelze den Schnee auf dem Balkon.) Bereits, als ich die Augen wieder öffne, ist kein Schnee mehr zu sehen. Lächelnd trete ich näher an die warme Balkonbrüstung und sehe hinaus in den Schnee gehüllten Garten, zum Brunnen, dem Labyrinth und zu den fleißigen Gärtnern, die den Schnee von den Wegen schieben.

»Dank dir mein treuer Freund, du kannst dich nun wieder zurück ziehen.« Ich flüstere es lächelnd. Mein Blick schweift wieder hinaus in den Garten. Heute Abend würde der Winterball im großen Saal stattfinden. Und dort muss ich nicht nur meiner Familie Ehre machen, sondern auch beweisen und zeigen, dass ich die uralte Macht und Kraft unserer mächtigen Familie beherrschen kann, in der »Elementaren Prüfung«. Nur ganz schwach kann ich mich daran erinnern, wie ich zum ersten Mal das Feuer zu mir rief. Ich hatte Angst, sodass ich entsetzlich schrie und so ein Feuer sich schützend um mich erhob und alle angriff, die sich mir näherten. Das Feuer ist das Mächtigste der vier Elemente und nur wenige können es tatsächlich beherrschen. Der Einzige, der es damals schaffte mich zu erreichen, war mein Vater. Er befahl dem Feuer mich frei zu geben und das Feuer gehorchte. Wenn ich so zurück denke, ich habe nicht nur das Feuer um mich herum gerufen. Die Luft um mich, half dem Feuer und verhinderte sogar den Saal in Brand zu setzen, ebenso fühlte ich schwach die Anwesenheit der Erde und des Wassers. Doch wie die sich geäußert haben, weiß ich wirklich nicht. Es erstaunt mich sowieso, dass ich mich überhaupt an etwas erinnere, ich war gerade mal zwei Jahre alt gewesen.

Seufzend öffne ich meinen Kleiderschrank und ziehe ein Tageskleid vom Bügel, um es anzuziehen.

Meine rabenschwarzen langen Haare kämme ich und binde sie zu einem einfachen Zopf zusammen.

Vor heute Abend mag ich noch ein wenig üben. Alle vier Elemente gleichzeitig rufen, befehligen etwas zu tun und dabei Macht auszuüben, einfach wird es nicht! Damals ist es unbewusst passiert, dieses Mal muss ich es bewusst tun.

In dem dunkelblauen Tageskleid und den passenden Pumps, heben sich meine rabenschwarzen Augen und Haare vom Rest ab. Ich weiß nicht genau, wieso, aber jedes Mal, wenn ich die Macht der Elemente rufe, verändert sich meine Augenfarbe und nimmt die Farbe der Elemente an. Vater ergeht es dabei ähnlich, nur unsere Familie verfügt über alle vier Elemente, wir sind die mächtigsten aller Dämonen in unserem Reich. Dem Dämonenkönigreich Elysia.

 

»Eure Hoheit.« Daran habe ich mich von klein auf gewöhnt, mein gesellschaftlicher Stand im Palast. Ein Dienstbote, ein einfacher Dämon verneigt sich vor mir und bleibt stehen, bis ich an ihm vorbei gelaufen bin. Ich bin von den zwei Prinzessinnen im Reich, die Jüngere, meine ältere Schwester Maila verfügt nur über die Macht drei Elemente, sie kann das Feuer nicht befehligen, es würde sich gegen sie wenden und verletzen. Vor zehn Jahren zu ihrem eigenen Winterball ist das passiert.

Mich hingegen wirft das Wasser sobald ich die Konzentration verliere gerne in den Brunnen, auch die Luft schleudert mich in die Lüfte, sodass ich spätestens bei der Landung im Brunnen lande.

Im großen Saal sehe ich Bedienstete, die den Saal für heute Abend dekorieren, herrichten, putzen und polieren. Einige helfen sich gegenseitig bei den schweren schwarzen Vorhängen an der Fensterseite und arrangieren deren Dekoration.

Der Winterball beeinflusst die Dekoration im ganzen Saal, ebenso sehe ich, wie man die Anwesenheit der Elemente, in ihren Farben rot, blau, weiß und grün hervorhebt. Die feinen durchsichtigen eisblauen Stoffe schimmern vor den schwarzen und verstärken die winterliche Atmosphäre. Ich nähere mich der gegenüberliegenden Wand mit dem riesigen Wandhohen Zimmerbrunnen.

Bevor mich ein Dienstbote grüßen kann, hole ich Augenschließend dreimal tief Luft und lasse die gewohnten Worte mir durch den Kopf gehen, bevor ich sie ausspreche.

»Mit uralter Herrscher Macht und Kraft, die in mir wohnt rufe ich das ruhige Wasser zu mir und befehlige dir, bilde zwei tanzende Wasserschlangen im Saal, ohne jemanden nass zu machen!«

Bereits als ich die Augen wieder auf schlage, weiß ich, dass sie in einem meeresblau getaucht sind, während sich zwei Wasserschlangen aus dem Brunnen erheben und im Saal herum wirbeln, als wären sie ein Tanzpaar. Nachdem sie den Saal komplett umrundet haben kehren die Wasserschlangen wieder in den Brunnen zurück.

»Ich danke dir Wasser, nun ziehe dich wieder zurück!«

Kaum flüstere ich diese Worte, fließt das Wasser im Brunnen wieder ruhig aus den Ornamenten heraus. Erleichtert darüber, dass ich dieses Mal nicht nass wurde, streiche ich mir durchs Haar. Ich drehe mich vom Brunnen weg und sehe, wie die Dienstboten mich ansehen, einige lächelten sogar. Flüchtig sehe ich auf dem Gang jemanden von einigen Wachen umgeben. »Vater.«

Ob er mich beobachtet hat? Ich weiß es nicht genau, wenn ich das Wasser rufe, darf mich nichts ablenken, denn sobald ich abgelenkt werde, lande ich nur im Brunnen. Neugierig laufe ich durch den Saal in den Gang hinaus und folge den Wachen, zwei drehen sich auf meine Schritte hin um und halten mich auf.

»Lasst mich durch!«

»Verzeiht, Hoheit, der König wünscht nicht gestört zu werden, von Niemandem.«

Dennoch versuche ich zu Vater zu kommen, er redet mit einigen Gefolgsleuten des Hofes und scheint mich wirklich nicht mitbekommen zu haben. Schon seit Wochen sehe ich meinen Vater gar nicht, dabei habe ich so viele Fragen, immerhin ist er der Einzige, der mir zeigen kann, wie ich die Elemente richtig befehligen kann. Aber so musste ich alleine jeden Tag üben.

Die Wachen bemerken meinen traurigen Blick, sodass sie sich schnell wieder den Wachen bei Vater anschließen. Seufzend drehe ich um und kehre zum Saal zurück. Zwar könnte ich ja erst einmal was essen, aber so, wie die Dienstboten sich an den Kronleuchtern verrenken, beschließe ich noch ein wenig zu üben.

»Mit uralter Macht und Kraft, die in mir wohnt, rufe ich die windige Luft zu mir und befehlige dir, hilf den Dienstboten, bevor sie fallen.«

Gerade noch spüre ich den Windstoß, wie er zu den Dienstboten strömt und gar einen rechtzeitig vom Herabfallen abbremst, sodass er ohne Verletzungen auf dem Boden landet. Erleichtert sehe ich, dass keiner hinab stürzen wird. Und die Dekoration scheint nun auch an der Decke, Wänden und den Kronleuchtern befestigt zu sein.

»Dank dir helfende Luft, du kannst dich nun zurückziehen.« Ich spüre nur, wie die Luft um mich noch wirbelt und dann wieder verschwindet.

Da bemerke ich den Geruch in der Luft, es riecht eindeutig nach Zimt. Mein Blick wandert zielstrebig zu einem der Tische mit einer weißen Tischdecke, ausgerechnet da, liegen Kekse auf einem silbernen Tablett, die diesen Geruch verursachen und mich geradezu auffordern einen vom Tablett zu entfernen. Flüchtig sehe ich zu den Dienstboten, der aus den sieben Metern Höhe vom Kronleuchter gefallen war, der noch immer auf dem Boden sitzt und ziemlich blass wirkt. Seufzend wende ich mich den anderen Dienstboten zu.

»Könnte einer von euch ihm helfen?« Es ist ja nicht so, dass ich mit den Dienstboten befreundet wäre, sie sind nett und irgendwie muss man ja zeigen, dass man sie wertschätzt. Zwei andere Dienstboten sehen zu dem, der auf dem Boden sitzt und kümmern sich dann um ihn. Eine gute Gelegenheit mich dem Tablett zu nähern. Ich nehme mir einfach zwei der Zimtkekse und spüre, dass sich jemand nähert und sich neben mich stellt, sodass ich zusammen zucke.

»Erwischt! … Shekinah. Statt Kekse zu essen, solltest du erst einmal frühstücken.«

Ich blinzele ein wenig und versuche unschuldig meine Mutter anzusehen, die mich mit ihren Blick geradezu durchbohrt.

»Magst du nicht auch einen Keks essen, Mutter?« Den einen stecke ich mir in den Mund und halte ihr den anderen runden Zimt Keks entgegen, sodass sie mich noch finsterer ansieht und seufzend den Kopf schüttelt, mich an der Hand packt und mit sich zieht.

»Nicht so kräftig drücken. Ich zerbreche gleich den…« Und schon ist der Keks in meiner Hand zerbrochen zu Boden gefallen. Manchmal gönnt sie mir echt gar nichts. Wenigstens der Keks, in meinem Mund, ist noch heile. Ich liebe diese Zimtkekse, unsere Köche backen die immer im Winter. Mutter lässt mich erst los, als ich mit ihr den großen Esstisch im Speisesaal erreiche. Da bemerke ich, dass meine große Schwester bereits am Tisch sitzt, eine kleine Hoffnung keimt in mir auf. Vielleicht sehe ich Vater ja beim Essen. Ich setze mich gerade als Maila zu mir sieht.

»Vater wird nicht kommen.« Ich halte inne, beiße mir auf die Unterlippe und lasse mich auf den Stuhl sinken. Und schon ist der kleine Hoffnungsschimmer zerplatzt. Wäre ja auch zu schön gewesen. Und dabei vermisse ich meinen Vater und das, obwohl wir die ganze Zeit in einem Gebäude, unserem Palast sind!

»Jetzt schau nicht so traurig, Shekinah. Heute Abend sehen wir ihn ja wieder.«

»Ja. Ich weiß.« Ich senke den Kopf und starre auf die Teller vor mir, auf einem flachen Teller, steht ein tieferer, daneben mehrere Gabel links und rechts ebenso viele Messer und zwei Löffel oberhalb der Teller, die beiden Gläser vor den Messern, sind mit Wasser und mit dunklem Traubensaft, meinem Lieblingssaft gefüllt. Nur möchte ich nichts essen, ich will meinen Vater sehen und wenigstens eine Minute mit ihm reden dürfen.

In Gedanken versunken sehe ich nicht, wie sich das Wasser im Glas bewegt, sodass ich nicht mehr reagieren kann, als es mir entgegen kommt und ich es ins Gesicht kriege.

Knurrend sehe ich zur Seite. Ich weiß nicht, ob ich das meiner Schwester oder meiner Mutter verdanke, nass zu sein. Daher lasse ich den Kopf leicht sinken, balle die Hände zu Fäusten und spüre, wie das Wasser verdunstet. Ich weiß, dass das Feuer immer bei mir ist, sodass mein Gesicht ein paar Sekunden später wieder trocken ist.

»Sie ist wie ihr Vater. Kaum nass, schon wieder trocken.«

Überrascht sehe ich zu Mutter, die mich anlächelt. Ich merke, wie ich verlegen werde. Ich bin wirklich wie Vater, aber ich vermisse ihn einfach, wieso muss er auch so viel zu tun haben?

»Schwesterchen, dennoch solltest du was essen, dass heute Abend wird für dich sehr anstrengend werden.« Ich sehe, wie sich Maila an die Brandnarbe am rechten Arm greift, wo sie vom Feuer verletzt wurde, sodass Vater eingreifen musste.

Damals war ich sechs Jahre alt und habe mit angesehen, wie meine Schwester vom Feuer verletzt wurde, ohne Vaters Eingreifen, wäre schlimmeres passiert. Sie hat Angst, dass ich mich verletzen könnte.

»Ich werde vorsichtig sein, versprochen.« Meine Schwester nickt.

Etwas zögernd esse ich dann den Mango-Kiwi-Salat mit Ananas, Joghurt und einem Spritzer Zitrone.

Ich halte in der Bewegung inne, ich kann spüren, dass mich Mutter beobachtet. Ich weigere mich zu ihr zu sehen, selbst als mein Teller leer ist und man mir der Hauptgang serviert. Mutters Seufzen ist deutlich zu hören.

»Ich möchte mit dir nachher reden. Du wirst mich im Salon finden!«

»In Ordnung, Mutter.« Antworte ich gehorsam.

 

Still schweigend essen wir weiter, selbst den Hauptgang, ein Rinderfilet in einer roten Rotweinsoße mit gebackenem Grieß,  habe ich irgendwie geschafft. Das Dessert ist ein süßer Kuchen, mit Orangen, Kirschen und einer weißen Schokoladenglasur. Ich sehe zu Maila, die ihr Stück bereits halbiert.

Nach dem Dessert erhebe ich mich erst fünf Minuten nachdem Mutter gegangen ist. Flüchtig sehe ich zu Maila, sie geht ebenfalls, jedoch auf der anderen Seite aus dem Saal. »Und wieder bin ich alleine.«

Nun folge ich Mutter, die ich im Salon antreffe, allein ihre Haltung mit den verschränkten Armen vor der Brust lässt mich schlucken. Nicht nur, dass der Salon voller Bücherregale ist, er ist auch so schon ziemlich dunkel, sodass es einschüchtert Mutter so ernst zu sehen.

»Beantworte mir eine Frage: Wer bist du?«

Über die Frage von ihr bin ich schon nahe dran, den Kopf fragend schief zu legen, stattdessen schaue ich sie nur an. »Ich bin Shekinah, Mutter.«

Sie tippt sich mit den Fingern in einer seltsamen Abfolge auf den Oberarm, ich habe falsch geantwortet. »Ich habe dich nicht gefragt, wie du heißt, sondern wer du bist. Also beantworte mir nun die Frage richtig.« Erneut schlucke ich und hole Luft.

»Ich bin Shekinah, die Feurige und jüngere Prinzessin vom Dämonenreich Elysia. Tochter vom König der Dämonen Igneus-Alaric und Königin der Dämonen Abhilasha. Ich verfüge über die uralte Dämonenmacht und Kraft, die vier Elemente, Feuer, Erde, Luft und Wasser zu befehligen, was und wann immer ich es möchte.« Ein wenig nervös reibe ich mir über den Arm.

Endlich lockert sich die Haltung von Mutter und sie tritt näher auf mich auf zu.

»Vergiss niemals wer du bist. Ich habe dich sehr lieb, Shekinah, meine kleine Feurige. Du bist deinem Vater wirklich so ähnlich, aber auch sehr dickköpfig und stürmisch. Sei heute Abend ruhig und gelassen, dann wird auch nichts passieren. Ich bin stolz auf dich.«

Ich lächele sie an und spüre, wie sie mir über die Wange streicht.

»Ich habe dich auch sehr lieb. Und ich werde mein bestens geben.«

»Im großen Saal habe ich dich beobachtet, du hast geübt und mit der Luft es sogar geschafft einen Dienstboten zu beschützen. Du hast in den letzten Wochen fleißig geübt.« Ich nicke einfach, sobald ich gehen dürfte, würde ich auch noch weiter üben, zudem habe ich nachher noch mal Tanzstunden.

»Ich habe nachher noch Tanzstunden und auch die Erde würde ich vorher noch mal rufen wollen.« »Verausgabe dich bitte nicht, wir wollen ja nicht, dass du dann schlapp machst. Auch, wenn du deinen Vater in der letzten Zeit selten siehst. Er macht sich Sorgen um dich!«

Für einen kurzen Moment beiße ich mir auf Zunge und Unterlippe. Ich atme durch die Nase ein.

»Wenn du Vater siehst, dann sag ihm bitte, dass er sich keine Sorgen machen soll. … Ich gehe dann mal, sonst komme ich zu spät zur Tanzstunde.«

Ich verabschiede mich von Mutter, gebe ihr einen Kuss auf die Wange und flüchte regelrecht aus dem Salon, sodass ich im Gang beinahe in eine kleine Gruppe von Dienstboten renne. Bevor ich ganz hinein renne, verliere ich den Halt vom Boden und schwebe über der Gruppe vorbei, die mir irritiert nachsieht. Ich kann den Blick von Mutter auf mir spüren, sie hat mich vor dem Zusammenstoß eben bewahrt. Lächelnd renne ich weiter, als ich wieder den Boden berühre und nehme die Kurve zum großen Saal so scharf, dass ich ein paar Meter noch überm Boden rutsche. Mit einem Quietschen auf dem Boden, bleibe ich stehen und sehe, wie mein Tanzlehrer zur Seite deutet, der Mann neben ihm schüttelt den Kopf.

»Shekinah, Shekinah. Eine Prinzessin rennt nicht durch die Gegend.«

Skeptisch sehe ich zur Seite, der hat mir gerade noch gefehlt, der Zeremonienmeister. Ich kann diesen Pinguin nicht leiden, er macht mir ständig Vorschriften. Mit Handbewegungen einer meckerten Ente, zeige ich ihm beim vorbei gehen, dass es mir egal ist, was er sagt, er redet zu viel!

Ich habe die Kurve ja noch gekriegt und bin nicht mit einem Salto hier im Saal aufgeschlagen, was auch nicht das erste Mal gewesen wäre. Schnell bin ich bei meinem Tanzlehrer, der mich höflich begrüßt und sich vor mir verneigt.

»Sie wollten wohl nicht zu spät kommen, werte Prinzessin.«

»Nein. Ich hatte noch ein Gespräch mit der Königin, deswegen bin ich ein bisschen spät.«

»Verstehe. Na dann. Wir werden heute erst einmal sehen, wie gut sie sich auf die Musik bewegen und dann würde ich gerne sehen wollen, dass sie auch ohne Tanzpartner tanzen können. Die Tanzstunden mit Tanzpartner haben sie ja erfolgreich begriffen.«

Seufzend lockere ich mich, was mehr danach aussieht, als will ich mich auf einen langen Lauf vorbereiten, statt zu tanzen.

»Das heißt ja … Ich darf ganz alleine tanzen.« Mein Tanzlehrer nickt, ich habe mich schon gefragt, wo dieser andere Kerl ist, der mir am Anfang so oft auf die Füße getreten ist. Grinsend gehe ich einige Schritte in den Saal hinein und spüre die Blicke einiger Bediensteten auf mir. Nur hätte ich schon noch gerne gewusst, welche Musik gespielt wird. Als ich mich daran erinnere, dass ich mich zur Musik bewegen soll und keinen einstudierten Tanz vollführen soll.

»Bereit, Prinzessin?«

Ich nicke einfach und schon höre ich die Musik aus den Boxen, die im Saal verteilt hängen. Skeptisch sehe ich meinen Tanzlehrer an, der beinahe vom Zeremonienmeister durchgeschüttelt wird. Grinsend bewege ich mich dann im Takt überm Boden, bei manchem Bass- und Taktschlägen, trete ich deutlich auf dem Boden. Oh ja, einfach so zu tanzen, wie ich möchte und nur auf die Musik hören, gefällt mir eindeutig besser und vor allem würde der Zeremonienmeister den Tanzlehrer am liebsten umbringen. Im Moment bewege ich mich nicht wie eine Prinzessin anmutig, sondern folge nur der Musik und lasse mich von meinem Gefühl und Laune leiten. Wobei ich dadurch sogar richtig Lust bekomme, weiter zu tanzen. Geradezu schmollend sehe ich zum Tanzlehrer, der auf das nächste Lied schaltet. Nur weiß ich nicht, was ich beim nächsten Lied groß tanzen soll? Also völlig unanständig würde ich dennoch nicht tanzen, immerhin bin ich erst sechszehn und dennoch eine Prinzessin. Daher albere ich ein wenig herum und bewege mich im Takt von links nach rechts und wieder zurück. Da ich wohl nicht wie erwünscht tanze wird ein anderes Lied abgespielt. Das Lied kommt mir gar bekannt vor, aber es ist ruhiger, als die beiden vorherigen. Seufzend mache ich mich daran, halt anmutig zu dieser langweilig langsamen Musik zu bewegen und hopse ein wenig herum. Ich habe Ballett noch nie leiden können, das liegt mehr meiner Schwester, aber nicht mir. Aus dem Grund lass ich mich einfach beim letzten Knall springend zu Boden fallen. Augen verdrehend sehe ich zum Tanzlehrer, der mich nur angrinst.

»Möchten sie noch ein Lied, Hoheit, oder lieber die gelernten Schritte durchgehen?«

Ich erhebe mich und zucke mit den Schultern. »Ich nehme das Zweite. Sonst zerreißt der Zeremonienmeister sie ja noch.«

»Na dann, darf ich bitten.«
 

Alleine zu tanzen, aber die Haltung zu haben, als würde man mit einem Tanzpartner tanzen sieht einfach nur … dämlich aus. Vor allem, weil mir schon nach drei Tänzen schwindelig wird. Bei einem Tanzpartner, habe ich Punkte, wohin ich schauen kann, aber ohne, habe ich diese Punkte nicht. Es dreht sich alles. Ich bleibe schwankend stehen und sehe nur, wie sich der ganze Saal, bis hinauf zu den Kronleuchtern und Decke weiter dreht, als ich auch schon auf dem Boden aufkomme. Kaum liege ich am Boden, höre ich mehrere Schritte auf mich zu rennen. Mir schwirrt der Kopf, sodass ich sie gar nicht hören will und schon gar nicht sehen, es soll nur aufhören sich zu drehen.

Nach einigen Minuten hat sich mein Gleichgewicht zurück gedreht und beruhigt, sodass ich mich aufrichten kann und mir an den Kopf greife, wo ich hart auf den Boden aufgekommen bin.

»Hoheit, geht es ihnen gut?«

»Nur ein Drehwurm, ist nichts weiter. Kein Grund zur Sorge.«

Als ich aufstehen will, werde ich festgehalten und sehe zu beiden Seiten, als glauben die, dass ich gleich wieder umkippen würde. »Loslassen!« Knurre ich, da spüre ich schon, wie sie mich loslassen. Noch einmal werde ich nicht umfallen, so viel ist sicher. Mir schmerzt nur ein wenig der Kopf, erst jetzt nehme ich die Hand vom Kopf und habe schon befürchtet, dass ich Blut dran kleben hätte, aber nichts. Erleichterung kommt auf, also habe ich mich nicht verletzt.

»Ich ziehe mich in mein Gemach zurück. Und ich möchte nicht gestört werden. Die Tanzstunde ist vorbei!«

Der kleine Zwischenfall wirft meinen Plan, die Erde zu rufen, völlig durcheinander. Ich bin doch noch leicht benommen, als ich mein Zimmer erreiche und mich aufs Bett sinken lasse. In dem Moment als ich mich zur Seite fallen lasse, öffnet sich die Tür, sodass ich schnelle Schritte auf mich zukommen höre.

2 Der Winterball • STAS ZĒIMĀ SKALĒSNAN

 

»Mir geht es gut.« Seufzend öffne ich die Augen und spüre im nächsten Atemzug, die warme Hand an meiner Wange, bevor ich ihm in die Augen sehe. »Vater?« Ein wenig skeptisch sehe ich ihn an, er schaut mich so besorgt an. Er soll sich keine Sorgen um mich machen.

»Mir geht es wirklich gut.«

»Ich würde dir glauben, wenn du nicht in deinem Bett liegen würdest und du scheinst benommen zu sein. Das gefällt mir nicht.« Ich drücke den rechten Arm auf die Matratze und Laken, um mich ihm zuliebe wieder aufzurichten, sodass ich sitze, doch ich kann seinen Arm um mich spüren und wie seine Hand an meinem Kopf sich zu der Stelle hinbewegt, wo ich ja die Beule vom Aufprall habe.

»Mir geht es … Au.« Ich zucke zusammen, als er über die Unebenheit streicht, sofort verfinstert sich sein Blick. »Wie ist das passiert?«

Er klingt in meinen Ohren viel zu zornig, sodass ich leise seufze. »In der Tanzstunde, ich habe einen Drehwurm bekommen und mit einem Mal, lag ich auf dem Boden.«

»Halt kurz still.« Ich halte still und schließe die Augen. Ich ahne, was er vorhat, als ich auch schon die Wärme spüren kann, die sich in meinem Kopf ausbreitet, nur wenige Atemzüge später, spüre ich keinen Schmerz mehr und die Beule vom Aufprall ist verschwunden.

»DĪNKAŪT DIN TĀWS.« (Danke dir, Vater.) Meine Stimme klingt erstickt, endlich sehe ich ihn wieder. »Wir sehen uns heute Abend, pass bitte auf dich auf, meine Kleine.« Ich spüre noch den Kuss auf der Stirn und sehe auf, aber da ist er schon hinaus und weg.

»Vater.« Die Tür fällt mit einem leisem einrasten zurück ins Schloss. Wieso müssen mich heute alle nur so alleine lassen? Ausgerechnet heute brauche ich meine Familie so sehr. Grummelnd erhebe ich mich. Dank Vater geht es mir wieder gut, sodass ich mein Vorhaben zu üben doch nicht verwerfen muss. Und das Vorhaben kann ich nur draußen tun, denn draußen im Garten gibt es genügend Erde. An meinem Kleiderschrank öffne ich die Schranktüren und schaue, was ich mir am besten überziehe, draußen liegt knietief der Schnee, schnell finde ich meine Winterstiefel und schlüpfe hinein. Übers Kleid ziehe ich einfach meinen schwarzen Mantel. Mit einem klicken weiß ich, dass die Türen des Schrankes wieder zu sind, meine Zofen kümmern sich um mich, aber ich sage ihnen so oft, dass ich möchte das sie nur mein Zimmer in Ordnung halten sollen, sie haben auch immer die Mühe mein Bett wieder zu richten.

In den Gängen weiche ich den Dienstboten aus, damit ich unbemerkt hinaus in den Garten huschen kann. Im Garten sind die Gärtner noch immer damit beschäftigt den Schnee von den Wegen zu räumen. Bei dem ganzen Schnee habe ich viel mehr Lust einen Schneemann zu bauen, als zu üben die Erde zu befehligen. Und dabei muss ich wirklich mir etwas einfallen lassen, die Elemente müssen mir heute Abend gehorchen, doch ich weiß gar nicht, was sie tun sollen.

»Mit der uralten Macht und Kraft, die in mir wohnt, rufe ich die windige Luft zu mir und befehlige dir, verbinde dich mit dem Schnee zu einem Schneesturm und forme einen großen Schneemann. Und fege den Schnee im Garten von den Wegen.« 

Ich kann die Gärtner schreien hören, von den Wegen verschwindet jeglicher Schnee, der sich auf der großen Wiese zu einem Schneemann formt.

»Danke dir liebe Luft für deine Hilfe, du kannst dich nun zurückziehen.«

Einer der Gärtner weicht vor mir zurück und verneigt sich.

»Eure Hoheit, wir schulden ihnen unseren Dank.«

»Nicht wirklich, immerhin möchte ich nicht ausrutschen.«

Ich folge den Weg weiter und gehe zur großen Wiese und versinke schnell im Schnee bis zu den Knien, während ich versuche einen Schritt nach dem anderen zu setzen. Unter meinen Füßen knackt es nur, als ich sogar noch tiefer sinke.

»Schmelz das Eis und den Schnee und befreie mich aus den Fängen des Winters.« Um mich herum schmelzen Schnee und Eis, sodass ich, dann ein Stückchen grüne Wiese unter mir vorfinde.

»Dank dir Feuer, zieh dich nun zurück.« Die Wärme des Feuers streicht mir über die kalten Wangen, sodass diese wieder warm werden. Ich hocke mich auf die saftgrüne Wiese und streiche über Gras und Erde.

»SĒN KAS PRĀBŪTISKAS WĀLDNĪKĀ WAREN BE SPARTIN, ĒN SUBS, TŪ PRĒI SUBS PRĒI PARĒISEI, ZEMĒ. BE SUBS PĒRWĀKAWUNS TŪ PREI DRIBĪNSNAN BE DEBĪKAN ŠKĀDAN!«

(Mit der uralten Herrscher Macht und Kraft, bitte ich dich zu mir zu kommen, Erde. Und ich befehle dir zu beben, ohne Schaden anzurichten!)

Ich spüre, wie die Erde unter meiner Hand vibriert, erzittert und dann bebt. Von vielen Bäumen fällt durch das Wackeln der schwere Schnee, die Gärtner wurden von den Füßen gerissen, als das Beben auch schon aufhört. Zufrieden darüber streiche ich über das kleine Stück Wiese.

»Ich danke dir für dein Vertrauen Erde, du darfst dich nun zurück ziehen.«

Seufzend erhebe ich mich, als ich spüre, wie die Erde sich zurück zieht und die grüne Wiese einen Schimmer von Kälte und Frost wieder annimmt. Auch, das grün in meinen Augen verschwindet.

Nur liegt um mich herum so eine hohe Schicht Schnee, dass ich nicht so einfach über den Schneehaufen klettern kann. Und so oft, will ich heute nicht die Elemente rufen.

Grummelnd gehe ich zum anderen Ende des Lochs, drehe mich um, nehme Anlauf und springe nach oben und lande mit dem Gesicht mitten im Schnee. Wieso muss es jedes Mal so viel Schnee geben? Zurück auf dem Weg begegne ich einigen Gärtnern, die mich beobachten, ich hingegen spüre nur, wie mir das Feuer wieder Wärme spendet und meine nassen Sachen trocknet, bereits als ich die Treppe zum Saal erreiche ist meine Kleidung trocken, sodass ich ins Innere des Palastes treten kann.

»Shekinah!... Du bist ja noch gar nicht umgezogen.« Fragend sehe ich zu Maila, die mir in einem bodenlangen schwarzblauen Kleid entgegenkommt.

»Wie spät ist es denn?« Ich habe die Zeit völlig vergessen und so wie der Saal bereits aussieht, habe ich nicht mehr viel Zeit.

»In zwei Stunden fängt es an. Und wir brauchen allein für deine Haare schon eine Stunde.«

»Ich lasse sie offen.« Nicht einmal Maila lasse ich an meine Haare, aber das weiß sie auch. Nur nimmt mich meine große Schwester an die Hand und zieht mich aus dem Saal in Richtung unserer Zimmer. »Versuche schnell zu duschen, abgetrocknet bist du ja schneller als nass. Los beeil dich. … Wo sind deine Zofen schon wieder?«

»Weiß nicht, die zwei Pokern gerne mit den Wachen.«

Allein der Gesichtsausdruck von Maila, lässt mich lachend in mein Badezimmer verschwinden.

»Was weiß ich denn, wo die zwei sich herum treiben. Ich bin im Bad.«

»Shekinah! Du weißt, dass Vater will, dass unsere Zofen bei uns sind, vor allem jetzt müssten deine hier sein.«

Seufzend lasse ich Mantel, Kleid und Stiefel und meine Unterwäsche auf einem Haufen fallen und verschwinde in Richtung Dusche. »Dann geh raus auf dem Gang und rufe sie doch einfach.«

Ich drehe das Wasser auf und höre das Grummeln meiner großen Schwester nur noch gedämpft.

Diese Unterstellungen von ihr mag ich nicht, als ob ich nicht schnell nass werden würde, so schnell, wie mich das Wasser im Sommer gerne in den Brunnen oder gar in den See geworfen hat, als ich es immer wieder versucht habe, bin ich jedes Mal nass aus dem See oder dem Brunnen gekommen.

Ich kann nicht verstehen, wie sie so scharf auf das Wasser sein kann, auch wenn ihr Name sogar es beweist, dass sie ein »Kind des Wassers« ist und zum Wasser gehört, genauso heißt meiner auch, dass ich zum Feuer gehöre.

Kaum trete  ich aus der Dusche und lege ein Handtuch um meinen Körper, bin ich bereits trocken, ohne mich abzutrocknen. Ganz verschwindet das Feuer nie, es beschützt mich und spendet mir Wärme.

Als ich in mein Zimmer trete, würde ich am liebsten kehrt machen. Maila hat meine Zofen gefunden und diese sind mit einigen Utensilien bewaffnet.

»Du willst mich quälen!« Ich verschränke die Arme vor der Brust und ziehe einen Flunsch.

Maila schiebt mich in Richtung Zofen, sodass ich keine Gegenwehr leisten kann und von vier Händen eilig eingekleidet werde. Der Stoff fühlt sich weich auf der Haut an, schwarz rot, um zu zeigen, dass ich das Feuer beherrsche. Froh darüber, dass sie mich meine Haare selber kämmen lassen, sehe ich in den Spiegel.

»Nun siehst du wirklich wie eine Prinzessin der Dämonen aus. Du siehst jetzt schon so schön aus. Mutter wird begeistert sein.«

»Soll ich dir die Haare machen? Oder willst du die offen lassen?« Ich lenke mich mit der Frage ab, ich möchte jetzt nicht daran denken, was nachher passieren wird und ich habe schon, als kleines Mädchen meiner Schwester gerne die Haare gemacht. Ihre rabenschwarzen Haare zu flechten fällt mir einfacher, als jemand anderes an meine eigenen ran zu lassen. Schnell setzt sich Maila auf den Stuhl vor meinem Schmink- und Frisiertisch. Ich bin wegen nachher wirklich aufgeregt. Doch im Moment fühle ich nur die Haare meiner Schwester zwischen den Fingern, während ich diese kämme, in Abschnitte teile und zu flechten anfange. Sie beobachtet mich im Spiegel vor sich. Anscheinend bin ich ihr nicht fröhlich genug, denn ihre feingeschwungene Braue hebt  sich irgendwann fragend.

»Wieso bist du so niedergeschlagen? Hat dich jemand geärgert?« Bei ihren Fragen erreiche ich gerade das Ende ihrer Haare und befestige das Ende mit einem Haargummi, damit die Haare nicht wieder aufgehen.

»Ich bin nicht niedergeschlagen und mich hat auch keiner geärgert,… nicht direkt.«

Das würde sich hier keiner trauen. Aber es stimmt, ich bin traurig. Während Maila mich noch immer ansieht, klopft es an der Tür. Ich spüre, wie sich meine Nackenhaare aufstellen. Da ist nicht irgendwer eingetreten, ich kann spüren, wie mächtig sie sind, aber da ich zu ihnen mit dem Rücken stehe, kann ich unsere Eltern nur durch den Spiegel sehen. Den restlichen Tag, habe ich versucht ihnen nicht zu begegnen.

»Mutter. Vater. Ihr seht ja umwerfend toll aus.« Maila hat damit nicht Unrecht, unsere Eltern sehen wirklich toll aus, Mutter trägt nun ein bodenlanges schwarzes Kleid mit einigen Stickereien und schwarzen Bändern und einem Hauch grün, blau und weiß. Ihre Arme wurden von einem durchscheinenden  Stoff mit schwarzen Bändern durchzogen. Dazu noch diese hochgesteckten Haare, ja Maila hat Recht, Mutter sieht toll aus. Also wie immer. Ich traue mich nicht zu meinen Vater zu sehen und beiße mir auf die Unterlippe. Ich spüre seinen Blick auf mir.

»Dabei sehen unsere Mädchen viel bezaubernder aus.« Ich schlucke, Vaters Stimme zu hören versetzt mir einen Schlag. Kurz blicke ich durch den Spiegel zu ihm, auch er trägt schwarz, einen aufwendig verarbeiten Anzug, der einen leichten Schimmer rot, blau, grün und weiß hat. Die Farben für die Elemente. Seine schwarzen Augen suchen, die meinen, doch ich wende wieder den Blick ab. Ich will ihn einfach nicht enttäuschen. Da fällt mir der Blick von Mutter auf, wie sie Mailas Frisur begutachtet.

»Du hast wirklich eine passende Frisur für deine Schwester gewählt, aber wieso trägst du deine Haare offen? Die stören doch nur beim Tanzen. Komm ich mache dir die Haare.«

Ich wende den Blick von Mutter ab, die Wahrheit ist ja ganz einfach, ich lasse niemanden an meine Haare heran, außer einen! Meinen Vater. Auch, wenn es seltsam klingen mag, als ich noch klein war, hat er mir fast täglich eine andere Frisur gemacht. Doch seit einiger Zeit habe ich ihn auch kaum zu Gesicht bekommen. In Gedanken versunken, lasse ich auf meine Antwort warten.

»Na ja, einfach weil ich sie offen tragen will.« Sage ich dann leise. Mein Blick wandert nun zu Vater, der grinsend neben mir steht.

»Ich weiß schon, was zu meiner kleinen Prinzessin passt. Komm, setz dich.« Schmunzelnd sehe ich ihn an und setze mich auf den Stuhl, auf dem vorhin noch Maila saß. Kaum sitze ich, spüre ich auch schon, wie nervös ich bin. Mein Herz klopft mir bis zum Hals. Die Nervosität wird ein wenig schwächer, als Mutter und Maila den Spiegel mit einem Stofftuch verhängen. Nur schaue ich die beiden verunsichert an, Vater sieht beide fragend an.

»Wir wollen ja nicht, dass du dich schon vorher im Spiegel siehst.« Das vorlaute Grinsen von Maila wird vom selben Grinsen meiner Mutter unterstrichen.

»Das ist aber nicht gerecht.« So kann ich Vater nicht beobachten.

»Dann wird es halt eine Überraschung, dann legen wir mal los, damit die Gäste bei dir mal umfallen.« Ich kann das Grinsen in seiner Stimme hören.

»Es soll aber keiner umfallen.«

Es macht mich schon genug nervös, dass ich später im Mittelpunkt stehen werde. Schweigsam macht sich Vater an die Arbeit und Mühe meine Haare zu einer Frisur zu arrangieren, aber wie er, bin auch ich schweigsam. Wir brauchen keine ausgesprochenen Worte um uns gegenseitig zu verständigen.

Wir beide sind die einzigen in unserer Familie, die, die seltene Fähigkeit der Telepathie besitzen und miteinander kommunizieren können, ohne ein Wort auszusprechen.

Wir haben es eher zufällig vor einigen Jahren herausgefunden, dass ich diese Fähigkeit ebenfalls besitze.

Keine Sorge Kleines, die Frisur wird dir gefallen, wenn nicht dann…“

Vater, sie wird mir ganz bestimmt gefallen, mach dir mal keine Sorgen.“ Das sind solche Gespräche der Stille mit ihm, die ich vermisst habe, da uns keiner belauschen kann, nicht das wir Geheimnisse vor unserer Familie haben. Aber es tut gut, ihn im Moment wieder bei mir zu wissen und ihn wieder zu sehen. Nur werden die Gesichter unserer Familie misstrauisch, während Vater und ich telepathisch miteinander reden.

Mutter wird misstrauisch.“ Kaum habe ich ihm das mitgeteilt, höre ich ihn leise kichern.

»Ihr habt doch keine Geheimnisse vor uns, oder?«

Oh je, Mutter ist wie so oft misstrauisch geworden, wenigstens lenkt es Vater nicht ab, stattdessen steckt er mir irgendwas ins Haar, was ich durch verhängten Spiegel nicht sehen kann. Haarschmuck, aber was für welchen? Hat er die ganze Zeit das etwa geplant? Kurz hält Vater in seiner Bewegung inne, mir ist gar nicht aufgefallen, dass ich geknurrt habe. Nicht gut, vor allem, weil ich meinen Vater angeknurrt habe, nein nicht gut. Gerade als ich mich, für mein Verhalten entschuldigen will, kommt Vater mir zuvor.

»Shekinah und ich haben keine Geheimnisse vor euch, dass wisst ihr...« Ich merke, dass Vater nicht wegen mir aufgebracht ist, sondern wegen Mutter, weil sie uns diese Geheimnisse vorwirft. Zu spät merke ich die Haarnadel, die sich an meinen Haaren vorbei, in meine Kopfhaut bohrt, sodass ich weg sinke und auf die Unterlippe beiße, erneut knurre ich. Wenn Vater aufgebracht ist, dann wird er unberechenbar. Und das habe ich zu spüren bekommen. Gewiss ist es keine Absicht gewesen, dennoch hätte es vermieden werden können.

Tut mir leid. Ich habe mich ablenken lassen, ich wollte dich nicht verletzen.“

Schon okay. Es ist auch nicht wirklich schmerzhaft.“

Dennoch…

Vater, es ist in Ordnung, auch, wenn du mir gerade wehgetan hast. Ich liebe dich und ich mache mir um den Tanz viel mehr Sorgen, als die Haarnadel eben in meinem Kopf. Was ist, wenn ich mich und unsere ganze Familie blamiere?“

Ich drehe den Kopf zu ihm, als ich seine Stimme nicht höre. »Vater, was ist denn?«

Noch bevor, ich weiter nachfragen kann, gluckst Vater leise.

»Wenn sich jemand von uns beiden blamiert, dann werde ich das wohl eher sein. Du hast es nicht bemerkt, aber ich war oft anwesend, als du deine Tanzstunden hattest. Ich glaube meine Tochter kann sogar besser tanzen, als ich!«

Bei dem was er da sagt, wird mir bewusst, ich kann mich beim Eröffnungstanz gar nicht blamieren, weil ich ja mit Vater tanzen werde und dabei kann er so traumhaft schön tanzen. Aber in nicht einmal einer halben Stunde, würde er mich über die Tanzfläche führen und ich mit ihm tanzen. Doch das, was mich wirklich nervös macht, ist die Tatsache, dass mich dann alle anstarren werden und das gefällt mir so gar nicht! Da fällt es mir sogar leichter die Elemente zu befehligen, da ich so oder so die versammelte Gesellschaft ausblenden werde.

»So, fertig.« Kaum höre ich Vaters Worte, drehe ich mich zu ihm um, ich habe nicht mal bemerkt, dass er noch etwas gemacht hat.

»Pass auf Igneus, sie schaut dich so an, als würde sie dich gleich anspringen.«

»Meinst du wirklich, Abhilasha?«

Mein Blick wandert zwischen meinen Eltern hin und her.

Ich sehe sie fragend an, als Maila das Tuch vom Spiegel zieht, sehe ich erstaunt mein Spiegelbild an, vorsichtig berühre ich den Haarschmuck, der zwischen meinen hochgesteckten Haaren steckt, an vier schwarz schimmernden Schnüren hängen kleine Zeichen der Elemente, eine rote Flamme, blaue Tropfen, ein grünes Blatt und eine weiße geschwungene Luftströmung. „Ich muss Mutter Recht geben.“ Kaum drehe ich mich vom Spiegel weg, springe ich in Vaters Arme, der mich auffängt, umarmt und festhält. Und zwar nicht nur so, wie vor paar Stunden. Die ganze Zeit hat er so viel zu tun gehabt, dass ich ihn nicht sehen durfte. Es fällt mir schwer mich von ihm lösen.

»Danke. Es sieht wirklich toll aus.« In meinen Augen steigen Tränen auf, was Vater gar nicht mag. »Hey, nicht weinen.« Nur wollen die Tränen raus, sodass ich mich einfach mehr an ihn kuschele und  er versucht mich zu beruhigen.

Ich habe dich vermisst.“

Shekinah, es tut mir leid, ich hatte so viel zu tun, dass ich keine Zeit für meine kleine Prinzessin fand.

Ja ich bin deine kleine Prinzessin. Nur …“ Ich kann den Satz nicht zu Ende sagen, da Mutter auf uns zukommt.

»Schluss jetzt ihr beide, es wird Zeit, sonst verspäten wir uns noch.«

Ich sehe flüchtig zur Uhr und tatsächlich in einer viertel Stunde fängt alles an. Mit einem Mal kehrt eine verhängnisvollere Nervosität zurück, als ich schon den ganzen Tag über habe, ich bekomme weiche Knie und sinke gegen Vater, der mich festhält und besorgt ansieht. Auch Mutter und Maila sehen mich besorgt an. »Mir geht es gut. Nur ein wenig nervös.« Ich merke, dass mich Vater zögernd loslässt, daher atme ich ein paar Mal tief ein und spüre sogleich, die Wärme des Feuers um mich herum und in meinem Inneren. Ich will Mutter und Maila folgen, als ich sachte von Vater zurück gehalten werde.

»Warte kurz, ich habe noch etwas für dich.« Erst weiß ich nicht, was er meint, bis ich etwas um meinen schlanken Hals liegen habe, mein Blick wandert nach unten, eine rabenschwarze Kette mit einem Anhänger liegt nun um meinen Hals. »Was hat das zu bedeuten?« Einfach so schenkt mir Vater sonst nichts. Und mein Geburtstag ist vier Monate her. Bittend sehe ich zu ihm.

»Sie wird dich beschützen und dir die Angst nehmen. … Öffne den Anhänger mal.« Ich tue das, was er sagt, vorsichtig öffne an der Seite des Anhängers und klappe die beiden Seiten auseinander und sehe im Inneren ein Foto meiner Familie, auf der anderen Seite ist der Leitspruch unserer Familie.

»Bewahre die Macht und Kraft der Elemente«. Ich schließe den Anhänger vorsichtig und sehe auf die Außenseite, wo das Familienwappen als Relief, wie die Symbole, der einzelnen Elemente abgebildet sind. Für die Erde, ein Stück Erde, Luftströmungen für die Luft, für das Feuer eine Flamme und für das Wasser, Tropfen.

»Danke.« Ich flüstere es nur, weil ich wieder mit den Tränen kämpfe. Ich sehe auf, als Vater mir einen Kuss auf die Stirn drückt.

Gleich würde ich wieder alleine sein.

 

3 Die vier alten Herrschaftsmächte • PRŌ KETURJĀI WARS RĪKAŪSNAN WAREN

 

Nervös drehe ich den Anhänger der Kette zwischen meinen Fingern, während ich oben an der Treppe zum großen Saal darauf warte, dass ich angekündigt werde, so oft habe ich diesen Teil geübt um mich und meine Familie nicht zu blamieren. Ich bin von vier Wachen umgeben, während ich ein wenig auf und ab gehe.

»Verehrte Gäste, ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit. Begrüßen sie bitte Shekinah, die Feurige, Prinzessin vom Dämonenreich Elysia, die heute die Elementare Prüfung ablegen wird.« Ich atme noch einmal tief ein, ein wenig hatte ich sogar gehofft, dass mich der Zeremonienmeister besser und ausgefallener ankündigen würde. Ich kann ihn auch nicht leiden. Jetzt bloß nicht die Treppen hinunter fallen! Ich gleite über die Treppenstufen hinab, bis ich fast den Boden des Saals erreiche und zu Vater blicke, der die ganze Zeit über auf den unteren Stufen stand und mir nun seinen rechten Arm hinhält, sodass ich seinen Arm mit meiner linken Hand umfasse. In mir schreit alles, ich will nicht. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals.

Ich passe auf dich auf, mache dir keine Sorgen.“ Es hätte mich auch gewundert, wenn Vater meine Nervosität nicht bemerken würde, er ist selber nervös. Lächelnd sehe ich zu ihm auf und lasse mich von ihm zur leeren Tanzfläche führen, er verneigt sich vor mir, während ich einen Knicks mache und kaum hält er mich in den Armen ertönt auch schon Musik. Bereits bei der ersten Drehung bin ich nicht mehr nervös, sondern habe sogar Spaß beim Tanzen. Kaum verneigt sich Vater wieder vor mir, mache ich auch den Knicks und die Musik ist still geworden, bevor es auch anderen erlaubt ist auf die Tanzfläche zu treten. Ich bemerke, wie sich jemand nähert und verneigt. »Entschuldigen sie bitte König Igneus-Alaric, aber würden sie mir diesen Tanz mit ihrer bezaubernden Tochter erlauben?«

Ich sehe zu Vater, der mich an diesen jungen Dämonenfürsten reicht, diesen aber bedrohlich ansieht.

Wenn er dir was tut, ist er tot!“ Grinsend beobachte ich, wie er zu Mutter geht und sie zum Tanz auffordert. Der junge Dämonenfürst kann gut tanzen, aber nach einigen Tänzen, ist es ein wenig anstrengend, sodass ich mir eine Pause genehmige.

Seufzend sitze ich auf dem Rand des Brunnens und sehe zum Wasser, in etwa zehn Minuten, würde ich meine Elementare Prüfung ablegen müssen.

 

»Werte Damen und Herren, bitte räumen sie die Tanzfläche, Prinzessin Shekinah wird nun ihre Elementare Prüfung, der vier Elemente vor ihnen ablegen und sie bestimmen, ob sie diese besteht, oder nicht!«

Mit jedem Atemzug, den ich näher zur Tanzfläche komme, sammele ich die nötige Kraft und Ruhe, um alle vier Elemente gleichzeitig zu rufen.

Ich schließe, wie immer meine Augen dabei, während ich mich auf die Geräusche des Windes, für die Luft, das Wasserrauschen des Brunnens für das Wasser, die Düfte für die Erde und die Wärme des Feuers konzentriere, durchdringen sie mich regelrecht. Als ich die Augen öffne, spüre ich, wie die Elemente in meinem Körper bereits herum wirbeln. Daher schließe ich die Augen lächelnd, während die so vertrauten Worte mir durch Körper und Geist gehen, sodass ich sie nur flüstern brauche.

»Mit der uralten Herrscher Macht und Kraft rufe ich Euch, die vier Elemente, die in mir wohnen herbei. Wasser, Luft, Erde und Feuer, euch befehlige ich nun folgende Dinge! Wasser, bilde mehrere Wasserschlangen die an der Decke im Saal entlang tanzen. Luft, wirbele als Sturm umher. Erde, erzittere und bebe, sodass die anderen dich spüren können. Feuer fülle den Raum mit Wärme und zeige ihnen, wie schön du bist. Dies sollt ihr nun tun!«

Ich öffne die Augen nicht, ich kann die Wärme des Feuers spüren, genauso auch das Beben unter meinen Füßen. Ebenso spüre ich die Luft, wie sie mir über die Wangen streicht, als ich die Augen langsam öffne, wirbeln an der Decke die Wasserschlangen umher. Ich kann vielen ansehen, wie sie mich ansehen, meine Augenfarbe ist nicht mehr schwarz, sondern farbig, weiß, blau, grün und rot. Nun muss ich nur das Urteil der anderen abwarten.

»Ich danke euch, ihr vier mächtigen Elemente, ich befehlige euch nun, zieht euch zurück. Wasser, Luft, Erde und Feuer.« So, wie ich sie gerufen habe, sind nun keine Anzeichen mehr von den Elementen mehr zu sehen oder zu spüren. Ich lasse die Luft aus meinen Lungen entweichen und spüre, wie sich nur noch schwach Anzeichen der Elemente in mir befinden. Durch näherkommende Schritte sehe ich auf, direkt in Vaters schwarze Augen, kurz darauf umarmt er mich einfach.

Und, was sagen die anderen?

Also, so wie du das angestellt hast, würde ich sagen bestanden. Aber mal abwarten.“

Okay.“ Er streicht mir über die Wange und lächelt mich an. Am liebsten würde ich mich an Vater schmiegen, doch dies ist mir ja verwehrt.

 

Seit einer halbe Stunde steht das Ergebnis fest, sodass ich wie auf Kohlen hin und her wippe.

»Hiermit verkünde ich, dass unsere Prinzessin Shekinah erfolgreich die Elemente Erde, Wasser, Luft und das Feuer befehligen kann. Somit hat Prinzessin Shekinah ihre Elementare Prüfung bestanden und wird so als erwachsene und mächtige Dämonenprinzessin angesehen und nicht mehr als Kind!«

Kaum ist das Ergebnis raus, haut es mich wortwörtlich um, nur hat Maila nachgeholfen, sodass mich meine große Schwester von oben herab  grinsend ansieht. Wenigstens hilft sie mir wieder aufzustehen. Mutter scheint mich zu suchen, sodass sie stürmisch auf mich zukommt und umarmt.

»Mutter.« Da sehe ich, wie sie vor Freude weint.

»Mein kleines Mädchen ist nun erwachsen und wie du das mit den Elementen angestellt hast, war wirklich klug. Die Wasserschlangen waren meine Favoriten.« Schmunzelnd erwidere ich die Umarmung.

Nach einer Weile begebe ich mich abseits der Tanzfläche, ich brauche eine Pause. Suchend schaue ich mich um, wo mein Vater ist, doch als ich ihn sehe, redet er mit mehreren Leuten in einer angeregten Runde von anderen Dämonenadligen. Daher gehe ich einfach hinaus auf den Balkon und sehe in den verschneiten Garten, vor einer Stunde hat es angefangen zu schneien, sodass mehrere Zentimeter Schnee auf dem Boden liegen und einige weiße Flocken in meinem Haaren und Kleid hängen bleiben, aber schnell wieder verschwinden. Die kühle Luft beruhigt mich, kalt ist mir durch mein inneres Feuer nicht. Ich bekomme eher Lust, durch das Labyrinth zu laufen, so wie es durch den Schnee im schwachen Mondlicht schimmert mit den grünen Hecken der Koniferen, nur sollte ich Vater Bescheid sagen. Erneut drehe ich mich um und nur sehe in den Saal, aber ihn nirgendwo. Ich beschließe einfach die Treppenstufen hinab zu gehen und den Weg zum Labyrinth zu nehmen.

Am Eingang streife ich leicht beim Vorbeigehen, die schneebedeckten Rosen und Dornen der Rosenbüsche, die Wege kenne ich seit meiner Kindheit auswendig, daher gehe ich erst nach links, dann zweimal nach rechts, wieder nach links und geradeaus. An der Gabelung wähle ich dann den linken Weg, sodass ich den Ausgang fast erreicht habe. Kurz davor den Ausgang zu erreichen, höre ich Schritte. Um die Uhrzeit ist kein Gärtner mehr draußen und Wachen habe ich auch keine gesehen. Also können die es nicht sein und Wachen schleichen sich nicht an mich heran. »Wer ist da?«

Ich zucke bei einem tiefen, boshaften Lachen hinter mir zusammen, woraufhin ich mich umdrehe und einen zu schwarzgekleideten Mann sehe. Reflexartig weiche ich vor dem Mann zurück und pralle im nächsten Augenblick mit dem Rücken an einen weiteren schwarzgekleideten Mann, der sich mir von hinten genähert hatte, beide Männer überragen mich, der hinter mir packt mich auf das Zeichen des Anderen an den Schultern.

»Loslassen. Sofort!«

Statt mich loszulassen, verstärkt der Kerl den Griff um meine Oberarme, als ich versuche mich loszureißen, sodass diese schmerzhaft zusammen gepresst und regelrecht gequetscht werden!

»So, die kleine, mächtige Prinzessin will uns also etwas befehlen. Nur wir befolgen keine eurer Befehle, eure Hoheit.« Der Mann vor mir berührt fast mein Gesicht, zornig blicke ich an.

»Wer seid ihr, dass ihr es wagt mir Gewalt anzutun?«

»Nicht ihr stellt hier die Fragen, sondern ich. Also, wo befindet sich die Macht eurer Familie, viele behaupten ja, dass ihr das seid.«

Für einen kurzen Moment erstarre ich, bis ich mich zu befreien versuche, da verdreht mir der Kerl hinter mir im nächsten Atemzug die Arme, sodass ich aufschreie.

Schmerzen breiten sich, wie ein Feuer über meine Armgelenke, den ganzen Rücken aus. Meine Arme! Vor Schmerzen verziehe ich das Gesicht, zeitgleich steigt meine Wut, sodass der Mann hinter mir im nächsten Augenblick vor Schmerzen stöhnt und mich freigibt. Seine Hände und Arme sind verbrannt und seine Kleidung bis zu den Schultern hin verkohlt.

Kaum freigegeben renne ich schon los, zurück ins Labyrinth um diesen Kerlen zu entkommen.

»Hinterher!«

»Ja, Boss.«

Ich hoffe sehr, dass diese Typen, nicht das Labyrinth genauso gut kennen, wie ich. Nach zwei Minuten erreiche ich den Ausgang des Labyrinths, aber es ist ausgerechnet der, der vom Palast wegführt. Und nur ganz schwach kann ich in den beleuchteten Saal die Gesellschaft erkennen.

V-Vater?“ Meine Stimme bricht, die Schmerzen in meinen Schultern betäuben mich.

Vater!“ Angst steigt in mir auf, weil er nicht antwortet. „TĀWS!

Taumelnd lehne ich mich an die Konifere, die leicht nachgibt, sodass ich die Äste im Rücken spüre.

Wieso antwortet er nicht?

 

Shekinah, was ist passiert? ... Wo bist du?“

Erleichterung packt mich, als ich endlich seine Stimme hören kann.

Ich bin beim Labyrinth, am See… Ich wurde angegriffen…“ Weiter komme ich gar nicht, weil ich nur höre, dass Vater meint, er würde mit Wachen zu mir kommen, sodass ich mich zu Boden sinken lasse, als meine Sicht verschwimmt.

Leise fluche ich, die Schritte, die ich hören kann gehören keineswegs zu Vater oder den Wachen.

»So leicht entkommst du mir nicht, Prinzessin.« Zu spät komme ich wieder auf die Beine, als der Mann mich am rechten Arm auf die Beine zieht und dieser laut knackt, schreie ich auf.

»SĒN PRĀBŪTISKAS WĀLDNĪKĀ WAREN BE SPARTIN, ĒN SUBS, PĒRWĀKAWUNS PANU BE PĒR PALĀIPINA, PĒRPĒDA IS KĒRMENS TĒR LŪZĪS BE SŪNDIWEĪ DIN SĒN PAWĀRGEWĪNGISKAN GULTWEĪ AULAŪT!«

(Mit uralter Herrscher Macht und Kraft, in mir, rufe ich das Feuer und befehlige dir, bring diese Typen zur Strecke. Verbrenne sie bis auf die Knochen und lasse sie qualvoll verrecken!)

Kaum sind die Worte aus meinen Mund, höre ich wie die Männer schreiend zu Boden sinken, wie sie versuchen die Flammen abzuwehren und qualvoll verbrennen.

Ich schließe nur die Augen. »Danke dir, mein treuer Freund, zieh dich nun zurück.«

Seufzend senke ich den Kopf, taumelnd, knurre ich vor mich hin.

Ich habe zu viel Macht auf einmal eingesetzt.

»Shekinah!« Kaum erreicht mich Vaters Stimme, geben meine Beine nach. Ich falle ihm direkt in die Arme. »Shekinah?«

Eine warme Hand an der Wange spürend. Für ein paar Sekunden lasse ich die Augen geschlossen, bevor ich sie blinzend öffne.

»Mir ist schwindelig.«

»Ganz ruhig, ich bin ja bei dir.«

Ein sanftes Lächeln umspielt meine Lippen, als ich die Lider wieder schließe, die ganze Umgebung dreht sich dabei. Ohnmächtig sinke ich gegen Vater, der mich hochhebt und wegträgt.

 

Ich weiß nicht, wie lange ich ohnmächtig war, aber als ich die Augen öffne, liegen zwei Arme um mich, die mich festhalten, vorsichtig hebe ich den Kopf und sehe in Vaters Augen.

»Du bist wieder wach, ein Glück. Wo bist du verletzt?«

Ich versuche meine Arme zu bewegen, beiße mir aber auf die Unterlippe und knurre, während meine Schulter und Arme innerlich brennen, schmerzen und zittern.

»Meine Arme … Es schmerzt so.«

Ich kann Schritte vom Gang her hören und sehe jetzt erst, wo ich bin, im Salon. Dann sehe ich zu Mutter, die mich besorgt ansieht.

»Was ist passiert?«

»Das erzählt sie uns gleich, Abhilasha, hältst du sie bitte fest.«

Mutter setzt sich neben mich, zieht mich vorsichtig an sich und hält mich fest, ohne ihn aus den Augen zu lassen.

»Igneus, was hast du vor?«

Ich spüre, wie Vater meine Arme entlang tastet, allein bei der Berührung zucke ich zusammen. Ich kann hören, wie er den Stoff des Kleides an meinen Oberarmen und Schultern packt und einfach zerreißt. Nur knurrt er so finster und bedrohlich, dass ich schlucken muss, wobei Mutter mich besorgt ansieht. Ich traue mich nicht hinzusehen, es reicht schon den Schmerz zu spüren.

»Halte sie bitte so fest, wie du kannst.«

Mutter nickt und ich spüre, wie sie den Griff um mich verstärkt und wegsieht. Ein Schmerz zerreißt mich beinahe von neuen als Vater den einen Arm packt und so ruckartig gegen meine Schulter drückt, dass es knackt. Ich schreie auf und lasse den Kopf sinken. Jetzt verstehe ich wieso Mutter mich festhalten sollte.

»Die Rauchsäulen am Labyrinth…«

»Diese Typen sind tot. Ich habe sie verbrennen lassen.«

»Tut mir leid, dass ich so brutal sein musste.«

»Schon okay.« Ich lehne mich an Mutter und spüre Vaters warme Hände, dann wie die heilende Wärme des Feuers in meinen Schultern und Armen fließt, erst links und dann rechts. Erleichtert atme ich auf.

»Danke.« Sanft streicht er mir über die Wange und drückt mir einen Kuss auf die Wange.

»Für meine Familie tue ich alles!«

»Shekinah, was meinst du, schaffst du es aufzustehen?«

Ich schüttele sacht mit dem Kopf.

»Nein. Ich … Darf ich in mein Zimmer? Ich mag nur noch schlafen. Bitte.«

Ich sehe im Augenwinkel, wie Mutter Vater angrinst, der die Augen verdreht und mich aus ihren Armen hebt.

Vorsichtig hebe ich die Arme, um sie, um seinen Hals zu legen.

Im Moment fühle ich mich eher, wie eine Sechsjährige, statt einer verausgabten und verletzten Sechszehnjährigen. An Vater geschmiegt, schließe ich die Augen und bekomme nicht einmal mehr mit, wie ich von meinen Zofen ins Nachthemd gesteckt und von Vater ins Bett gelegt werde.

»Schlaf gut, Kleines.«

Ich bin in Sicherheit und bei meiner Familie.

 

 

WANGAN! (Ende!)



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von:  Leopawtra
2015-08-13T05:46:23+00:00 13.08.2015 07:46
Hallochen Sato. :3

Ich hab dir ja geschrieben, dass ich dir noch einen Kommentar da lassen werde.
Er wird allerdings nicht sonderlich ausladend sein und zusammen fassend für deine Geschichte. :)

Also ich finde deinen Schreibstil sehr schön und auch die Idee der Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Generell ist die Geschichte sehr gelungen und hat mich sehr gut unterhalten. Ich hatte auf jeden Fall sehr viel Spaß mich fallen zu lassen und deine Geschichte zu genießen. *-*
Da hat einfach alles gut zusammen gepasst, damit ich mich wohl fühle. Außerdem ist dein Stil schön flüssig und anschaulich. :3 Ich kann auch nicht sagen "Moah... Stelle XY im Kapitel Blablubb fand ich besonders toll!", denn es war einfach alles sehr schön zu lesen. :D

LG
Leo~♥

♪♫
Antwort von:  Satomi
13.08.2015 14:05
Hallo Leo ^^
Vielen lieben Dank für deinen Kommi ;D
Freut mich, dass es dir so gut gefallen hat.
Von: abgemeldet
2015-02-08T10:55:02+00:00 08.02.2015 11:55
Aaaaaw :3
Ich fands schön^-^
Sheki hats voll drauf :D Ein richtiges Papakind, aber egal :P
Könige haben es nicht einfach und gerade an so einem Tag muss es besonders schlimm sein :(
Aber Sheki kann sich zur Not selbst verteidigen, wie sie bewiesen hat^-^
Antwort von:  Satomi
08.02.2015 14:54
Danke für deinen Kommi :D
Na klar, immerhin hat sie fleißig geübt. Sie ist ja nicht von Anfang an so geübt mit den Elementen. Mit dem Feuer vielleicht schon, aber Wasser und Luft ... autsch. xD
Lass sie doch ein Papakind sein. :D Ihre Schwester ist dafür ein Mamakind. :P
Wenn die Pflichten einen rufen, da sieht man halt einen sehr beschäftigen Vater, in seinem Beruf als König nicht.
Sie hat auch bewiesen, dass die Elemente nicht nur schön sondern auch zerstörerisch und gar tödlich sind.
Ich freu mich über dein Kommi :D
Von:  fairy92
2015-01-30T13:29:46+00:00 30.01.2015 14:29
He mein lieber Zwilling,

wie du ja schon weest gefällt mir deine Geschichte echt gut. Sie ist gut geschrieben und fesselt einen^^

Hab dich ganz doll lieb
Antwort von:  Satomi
31.01.2015 20:39
Hey lieber Zwilling :D
Es freut mich richtig, dass dir die Geschichte so gut gefällt und zu sagt. Umso mehr Spaß hat es mir gemacht, wenn es jemanden gefällt und es gelesen wird. :D
Und ich danke dir, dass du sie beta gelesen hast.
Ich hab dich auch ganz dolle lieb ^.^


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